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Unterhaltsrecht - KD Mainlaw - www.mainlaw.de

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Stand: 11. Dezember 2023 - Nutzerhinweis: direkt zur Leitsatzkommentierung

Dieser Leitsatzkommentar wird nahezu werktäglich aktualisiert und ist urheberrechtlich geschützt. Der Kanzlei Döhmer steht das alleinige Verwertungsrecht zu. Im Falle der Verletzung des Urheberrechtes werden Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche geltende gemacht. Die zitierten Entscheidungen des BGH sind unter http://www.bundesgerichtshof.de/ im Volltext ab dem 01.01.2000 abrufbar.

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Die zitierten Leitsätze vermitteln im Zusammenhang mit der jeweiligen Gesetzesbestimmung eine erste Orientierung. Sie werden daher auch „Orientierungssätze" genannt. Die schlichte Lektüre von Leitsätzen ist keine juristische Arbeitsweise und macht die Arbeit am Sachverhalt ebensowenig entbehrlich wie das Studium der zitierten Entscheidungen im Volltext.

***

Gegenüberstellung des alten Rechts zum neuen Recht (Verlag Dr. Otto Schmidt)

Wer der Auffassung ist, dass
- sich durch die Unterhaltsrechtsreform nachhaltig etwas zugunsten der Kinder, Mütter und/oder Väter geändert hat,
- das Unterhaltsrecht nun einfacher und besser anzuwenden ist,
- das Unterhaltsrecht bürgerfreundlicher geworden ist,
- die Praxis nun zügig, unbürokratischer und kostengünstiger Unterhaltsrecht anwenden kann,
- eins und zwei minus vier sind,
der wird höflichst darum gebeten, den Bearbeiter dieses Leitsatzkommentars zu kontaktieren und die Gründe für seine Einschätzung darzulegen! Grüße aus den Niederungen der Rechtspraxis! (Hinweis: Niemand äußerte sich bis heute entsprechend!)

Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfalleistungen (UhVorschG - bzw. UVG)

Ein Teil der Regelungen ist am 01.07.2013 in Kraft getreten.

Leitsatzkommentierung

§ 1353 Eheliche Lebensgemeinschaft
§ 1357 Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs
§ 1360 Verpflichtung zum Familienunterhalt
§ 1360 a Umfang der Unterhaltspflicht
§ 1360 b Zuvielleistung
§ 1361 Unterhalt bei Getrenntleben (neu)
§ 1361 b Ehewohnung bei Getrenntleben
§ 1569 Grundsatz der Eigenverantwortung - Elementarunterhalt (neu)
§ 1570 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes (neu)
§ 1571 Unterhalt wegen Alters
§ 1572 Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen
§ 1573 Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt (neu)
§ 1574 Angemessene Erwerbstätigkeit (neu)
§ 1575 Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung
§ 1576 Unterhalt aus Billigkeitsgründen
§ 1577 Bedürftigkeit (neu)
§ 1578 Maß des Unterhalts
§ 1578 a Deckungsvermutung bei schadensbedingten Mehraufwendungen
§ 1578 b Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit (neu)
§ 1579 Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit (neu)
§ 1580 Auskunftspflicht
§ 1581 Leistungsfähigkeit
§ 1582 Rang des geschiedenen Ehegatten bei mehreren Unterhaltsberechtigten (neu)
§ 1583 Einfluss des Güterstands
§ 1584 Rangverhältnisse mehrerer Unterhaltsverpflichteter
§ 1585 Art der Unterhaltsgewährung
§ 1585 a Sicherheitsleistung
§ 1585 b Unterhalt für die Vergangenheit (neu)
§ 1585 c Vereinbarungen über den Unterhalt (neu)
§ 1586 Wiederverheiratung, Begründung einer Lebenspartnerschaft oder Tod des Berechtigten
§ 1586 a Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs (neu)
§ 1586 b Kein Erlöschen bei Tod des Verpflichteten
§ 1589 Verwandtschaft
§ 1601 Unterhaltsverpflichtete - Kindesunterhalt
§ 1602 Bedürftigkeit
§ 1603 Leistungsfähigkeit - Erwerbsobliegenheit
§ 1604 Einfluss des Güterstands (neu)
§ 1605 Auskunftspflicht
§ 1606 Rangverhältnisse mehrerer Pflichtiger
§ 1607 Ersatzhaftung und gesetzlicher Forderungsübergang
§ 1608 Haftung des Ehegatten oder Lebenspartners
§ 1609 Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter (neu)
§ 1610 Maß des Unterhalts - Ausbildungsunterhalt - Volljährigenunterhalt
§ 1610 a Deckungsvermutung bei schadensbedingten Mehraufwendungen
§ 1611 Beschränkung oder Wegfall der Verpflichtung
§ 1612 Art der Unterhaltsgewährung (neu)
§ 1612 a Mindestunterhalt minderjähriger Kinder (neu)
§ 1612 b Deckung des Barbedarfs durch Kindergeld (neu)
§ 1612 c Anrechnung anderer kindbezogener Leistungen
§ 1613 Unterhalt für die Vergangenheit
§ 1614 Verzicht auf den Unterhaltsanspruch; Vorausleistung
§ 1615 Erlöschen des Unterhaltsanspruchs
§ 1615 l Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt (neu)
§ 1615 m Beerdigungskosten für die Mutter
§ 1615 n Kein Erlöschen bei Tod des Vaters oder Totgeburt
§ 1615 o Einstweilige Verfügung

*nach oben*

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)

§ 36 EGZPO - Übergangsvorschriften

§ 11 SGB II Grundsicherung für Arbeitsuchende - zu berücksichtigendes Einkommen

Die Hinweise auf die ZPO sind überwiegend nicht mehr aktuell! Es gilt das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)!

§ 645 ZPO Statthaftigkeit des vereinfachten Verfahrens (neu)
§ 646 ZPO Antrag (neu)
§ 647 ZPO Maßnahmen des Gerichts (neu)
§ 648 ZPO Einwendungen des Antragsgegners (neu)
§ 649 ZPO Festsetzungsbeschluss
§ 650 ZPO Mitteilung über Einwendungen
§ 651 ZPO Streitiges Verfahren
§ 652 ZPO Sofortige Beschwerde
§ 653 ZPO Unterhalt bei Vaterschaftsfeststellung (neu)
§ 654 ZPO Abänderungsklage
§ 655 ZPO Abänderung des Titels bei wiederkehrenden Unterhaltsleistungen (neu)
§ 656 ZPO Klage gegen Abänderungsbeschluss
§ 657 ZPO Besondere Verfahrensvorschriften
§ 658 ZPO Sonderregelungen für maschinelle Bearbeitung
§ 659 ZPO Formulare
§ 660 ZPO Bestimmung des Amtsgerichts
§ 790 ZPO Bezifferung dynamisierter Unterhaltstitel (neu)
§ 850 d ZPO Pfändbarkeit bei Unterhaltsansprüchen (neu)

*nach oben*

Düsseldorfer Tabelle

Düsseldorfer Tabelle (OLG Düsseldorf)

Stand: 01.07.1998 - 01.07.1999 - 01.07.2001 - 01.01.2002 - 01.07.2003 - 01.07.2005 - 01.07.2007 - 01.01.2008 - 01.01.2009 (jeweils mit Anmerkungen)

Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt

http://www.hefam.de/DT/ffmAPap.html

***

Oberlandesgerichte
Familienrecht Deutschland.de - Rechtsprechung zum Unterhalt
Familienrecht-Ratgeber
(mit Infos zum Unterhaltsrecht)
ISUV/VDU e.V. - Interessenverband Unterhalt und Familienrecht
VAK. Verband Anwalt des Kindes. Bundesverband e.V.


*nach oben*

§ 1353 Eheliche Lebensgemeinschaft

(1) Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung.

(2) Ein Ehegatte ist nicht verpflichtet, dem Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn sich das Verlangen als Missbrauch seines Rechtes darstellt oder wenn die Ehe gescheitert ist.

Leitsätze/Entscheidungen:

Das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgende allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt mit der Privat- und Intimsphäre auch das Recht, selbst darüber zu befinden, ob, in welcher Form und wem Einblick in die Intimsphäre und das eigene Geschlechtsleben gewährt wird. Dies umschließt das Recht, geschlechtliche Beziehungen zu einem bestimmten Partner nicht offenbaren zu müssen. Die gerichtliche Verpflichtung einer Mutter, zur Durchsetzung eines Regressanspruchs des Scheinvaters (§ 1607 Abs. 3 BGB) Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, überschreitet die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, weil es hierfür an einer hinreichend deutlichen Grundlage im geschriebenen Recht fehlt (BVerfG, Beschluss vom 24.02.2015 - 1 BvR 472/14).

*** (BGH)

Aus der Verpflichtung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft folgt ihr wechselseitiger Anspruch, sich über die für die Höhe des Familienunterhalts maßgeblichen finanziellen Verhältnisse zu informieren. Geschuldet wird die Erteilung von Auskunft in einer Weise, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Die Vorlage von Belegen kann nicht verlangt werden (BGH, Urteil vom 02.06.2010 - XII ZR 124/08 zu BGB §§ 1605 Abs. 1, 1353 Abs. 1 Satz 2, 1360, 1360 a):

„... 1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR Jena 2008, 823 veröffentlicht ist, hat angenommen, dass dem Kläger gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf grobe Information über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau zustehe (§ 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten sei der Unterhaltsanspruch gegen seine Ehefrau zu berücksichtigen. Da der Beklagte nach den bisherigen Auskünften über Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit verfüge, die weit unter seinem notwendigen Selbstbehalt lägen, könne erst ein etwaiger Anspruch auf Familienunterhalt seine Leistungsfähigkeit begründen. Insofern komme in Betracht, dass der Familienunterhalt bis zur Höhe des Taschengeldes, das mit fünf bis sieben Prozent des zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens anzunehmen sei, für die Unterhaltsansprüche des Klägers herangezogen werde. Zur Feststellung des dem Beklagten zustehenden Anspruchs auf Familienunterhalt sei der Kläger aber auf die Mitteilung einkommensrelevanter Tatsachen der neuen Familie angewiesen. Dies gelte im vorliegenden Fall um so mehr, als der privilegiert volljährige Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe seines Unterhaltsanspruchs sowie die Haftungsanteile seiner Eltern trage und diesen Anforderungen ohne Kenntnis der Einkommensverhältnisse nicht genügen könne. Allerdings stehe dem Kläger nur ein Anspruch auf grobe Information hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der Ehefrau des Beklagten zu, da weiter gehende Auskünfte vom Beklagten rechtlich nicht zu beschaffen seien. Denn für den Familienunterhalt sehe das Gesetz derzeit keinen ausdrücklichen Auskunftsanspruch vor. Der Anspruch gegen den Beklagten auf Auskunftserteilung könne aber nicht weiter gehen als sein eigener Auskunftsanspruch, was insbesondere den Beleganspruch (§ 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB) betreffe. Vergleichbar sei der Umfang der Informationspflicht beim vorzeitigen Zugewinnausgleich (§ 1386 Abs. 3 BGB aF). Der Regelung liege die aus § 1353 BGB folgende Verpflichtung der Ehegatten zugrunde, sich während des Bestehens der Ehe wechselseitig über den Bestand des eigenen Vermögens zu informieren, wobei die Unterrichtung jedoch nur in groben Zügen, also im Sinne eines Überblicks mit groben Rastern, zu erfolgen habe und die Vorlage von Unterlagen nicht geschuldet werde. Daran anknüpfend schulde die Ehefrau des Beklagten diesem lediglich Auskunft über Eckpunkte ihrer Einkommensverhältnisse, ohne die einzelnen Einnahmen und Ausgaben detailliert darstellen zu müssen. Mit Rücksicht darauf werde es als ausreichend erachtet, hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit sowie aus Vermietung und Verpachtung auf den steuerlichen Gewinn/Verlust sowie hinsichtlich der Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit auf das Jahresnettoeinkommen abzustellen. Zwar könne hieraus nicht ohne weiteres auf das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen geschlossen, geschweige denn der Familienunterhaltsanspruch exakt berechnet werden. Mit Kenntnis der Eckdaten sei der Kläger aber in der Lage, die wirtschaftliche Situation der Familie in groben Zügen zu beurteilen. Darüber hinaus stelle sich eine solchermaßen begrenzte Auskunft auch als praktikabel für den Auskunftsverpflichteten dar, weil er die betreffenden Informationen ohne großen Aufwand erteilen könne.

Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

2. Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 50/08 - FamRZ 2010, 357).

3. a) Nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Der Auskunftsberechtigte soll dadurch die Möglichkeit erhalten, sich rechtzeitig Gewissheit über die jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu verschaffen, um seine Ansprüche genau zu berechnen und Einwendungen in begründeter Form vorbringen zu können sowie das Kostenrisiko für das Betragsverfahren zu begrenzen. Dabei ist der Auskunftsanspruch auf die Offenbarung der Verhältnisse des Auskunftspflichtigen gerichtet. Um die notwendigen Kenntnisse über die unterhaltsrelevanten Tatsachen zu erhalten, können indessen weitergehende Angaben erforderlich sein, als sie sich aus den vom Auskunftspflichtigen aus selbständiger oder nicht selbständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb, Vermögen, Vermietung und Verpachtung oder dergleichen erzielten Einkünften ergeben. Gleichermaßen von Bedeutung kann, etwa bei unzureichendem Einkommen des Unterhaltspflichtigen, sein, ob er seinerseits über Unterhaltsansprüche verfügt die seinen Eigenbedarf decken. Ob den Auskunftspflichtigen auch insoweit eine Unterrichtungspflicht trifft, wird in Rechtsprechung und Schriftum nicht einheitlich beurteilt.

b) Hierzu wird die Auffassung vertreten, der Auskunftspflichtige habe nur über seine eigenen Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, nicht dagegen über das Einkommen dritter Personen, demgemäß auch nicht über das Einkommen seines Ehegatten. Soweit es für die Frage der Unterhaltsverpflichtung eines wieder verheirateten Elternteils auf dessen Anspruch auf Familienunterhalt ankomme, sei dieser nach den allgemeinen Grundsätzen über die Darlegungs- und Beweislast im Hauptsacheverfahren zu klären (OLG Karlsruhe FamRZ 1993, 1481 zum Kindesunterhalt). Nach Auffassung des OLG München (OLGR 2000, 123) gibt es im Rahmen des Familienunterhalts keinen Auskunftsanspruch, weil § 1360 a Abs. 3 BGB nicht auf § 1605 BGB verweist. Danach wäre der auf Auskunft in Anspruch Genommene bereits nicht in der Lage, einem Auskunftsbegehren über das Einkommen seines Ehegatten zu entsprechen.

Diese Auffassung macht sich auch die Revision zueigen. Sie macht geltend, bei der Reichweite und dem Umfang des Auskunftsanspruchs sei grundsätzlich das verfassungsrechtlich geschützte Geheimhaltungsinteresse zu beachten. Zwar könne sich der Unterhaltspflichtige selbst im Hinblick auf die gesetzliche Bestimmung des § 1605 BGB auf dieses Interesse nicht mit Erfolg berufen. Anders stelle sich jedoch die Sachlage für einen Dritten, hier die Ehefrau des Beklagten, dar. Ihr werde nach Auffassung des Berufungsgerichts abverlangt, ihre Einkommensverhältnisse entsprechend der Tenorierung des angefochtenen Urteils umfassend preiszugeben, wenn auch über den Umweg einer ‚mittelbaren' Einschaltung des Beklagten. Im Ergebnis werde die Ehefrau des Beklagten damit so gestellt, wie wenn dem Kläger ein eigener Unterhaltsanspruch gegen diese zustünde, wofür es jedoch weder nach § 1605 BGB noch nach § 242 BGB eine Grundlage gebe. Damit kann die Revision nicht durchdringen.

c) aa) Der Senat hat zu einem im Rahmen des Elternunterhalts erhobenen Auskunftsverlangen entschieden, dass zwar ein gegenüber seinen Eltern Unterhaltspflichtiger von den Ehegatten seiner Geschwister nicht Auskunft über deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse beanspruchen kann. Denn in diesem Verhältnis besteht keine besondere Rechtsbeziehung in deren Folge sich aus dem - insofern allein in Betracht kommenden - § 242 BGB eine Auskunftspflicht ergeben könnte. Gleichwohl besteht für den Auskunftbegehrenden die Möglichkeit, die für die Bestimmung der anteiligen Haftung der Geschwister nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB erforderliche Kenntnis zu erlangen. Er kann nämlich seine Geschwister auf Auskunftserteilung in Anspruch nehmen. Diese haben nicht nur über ihre eigenen Einkommensverhältnisse Auskunft zu geben, sondern - auf Verlangen - zusätzlich Angaben über die Einkünfte ihrer Ehegatten zu machen, soweit solche erforderlich sind, um deren Anteil am Familienunterhalt bestimmen zu können (Senatsurteil vom 7. Mai 2003 - XII ZR 229/00 - FamRZ 2003, 1836, 1838 f. mit Anmerkung Strohal; ebenso Eschenbruch/Klinkhammer Unterhaltsprozess 5. Aufl. Kap. 5 Rn. 318; Johannsen/Henrich/Graba Familienrecht 5. Aufl. § 1605 Rn. 10; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 6. Aufl. Kap. IV Rn. 593; HK-FamR/Pauling § 1605 Rn. 2; Heiß/Born/Kleffmann Unterhaltsrecht Teil G Rn. 182).

bb) Eine dementsprechende Verpflichtung gilt auch für das auf § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB gestützte Auskunftsbegehren, mit dem das Kind eines aus eigenen Einkommensverhältnissen nicht leistungsfähigen, wieder verheirateten Elternteils von diesem Informationen über das Einkommen des neuen Ehegatten begehrt. Bei einem Anspruch aus § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt eine Unterrichtung des Auskunftsberechtigten auch über das Einkommen des Ehegatten sogar noch näher, denn der an den Unterhaltspflichtigen zu leistende Familienunterhalt lässt sich zwanglos unter die nach dem Wortlaut des § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB zu offenbarenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse fassen. Da der Anspruch auf Familienunterhalt nach seiner Ausgestaltung allerdings nicht auf Gewährung einer - frei verfügbaren - laufenden Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet ist, dass jeder von ihnen seinen Beitrag entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 366; vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24, 25 und vom 8. Juni 2005 - XII ZR 75/04 - FamRZ 2006, 26, 29) wird er grundsätzlich nicht beziffert. Zu seiner Darlegung sind deshalb die ihn beeinflussenden Einkünfte mitzuteilen.

Ein solches Verständnis steht auch mit dem Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs in Einklang. Eine Klärung der in Rede stehenden Einkommensverhältnisse erst im Rahmen des Rechtsstreits über den Unterhalt wäre hiermit nicht zu vereinbaren: Dem Unterhaltsgläubiger verbliebe das Risiko, zu geringen Unterhalt geltend zu machen bzw. im Fall einer zu hohen Unterhaltsforderung die mit dem teilweise Unterliegen verbundene Kostenbelastung (vgl. auch Hoppenz FamRZ 2008, 733, 735; Viefhues in juris PK-BGB 4. Aufl. 2008 § 1605 Rn. 24.2; Heiß/Born/Kleffmann aaO Teil G Rn. 181; vgl. auch Strohal FamRZ 2003, 1838, 1839).

cc) Auch ein von der Revision angeführtes Geheimhaltungsinteresse der Ehefrau steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Senats muss der Ehegatte eines Unterhaltspflichtigen es zum Beispiel hinnehmen, dass der Unterhaltspflichtige im Rahmen der zu belegenden Auskunft über sein Einkommen Steuerbescheide vorzulegen hat, die aufgrund einer Zusammenveranlagung der Ehegatten ergangen sind. In einem solchen Fall können zwar die Angaben geschwärzt werden, die von dem Auskunftsanspruch nicht umfasst werden. Soweit der Steuerbescheid aber Angaben enthält, in denen Beträge für Ehemann und Ehefrau zusammengefasst sind, bleibt es bei der Vorlagepflicht, falls insofern Auskunft zu erteilen ist. Wenn hierdurch Schlüsse auf die Verhältnisse des Ehegatten bezogen werden können, muss dies hingenommen werden (Senatsurteil vom 13. April 1983 - IVb ZR 374/81 - FamRZ 1983, 680, 682). Daraus ergibt sich, dass das Interesse des Auskunftbegehrenden dem Geheimhaltungsinteresse des Auskunftspflichtigen oder einem Dritten grundsätzlich vorgeht (st. Rechtsprechung, vgl. etwa Senatsurteil vom 6. Oktober 1993 - XII ZR 116/92 - FamRZ 1994, 28 f.).

dd) Diese Rechtsprechung wirkt sich auch auf die Erfüllung der Auskunftspflicht aus. Wenn und soweit die Kenntnis der Einkommensverhältnisse des Ehegatten erforderlich ist, weil diese eine Grundlage für die Beurteilung des Unterhaltsanspruchs bilden, muss der Ehegatte akzeptieren, dass seine Verhältnisse dem Auskunftsberechtigten bekannt werden. Der Ehegatte steht zwar außerhalb des Unterhaltsrechtsverhältnisses, weshalb er nicht auf Auskunft in Anspruch genommen werden kann. Wie die Revisionserwiderung zu Recht ausführt, ist er aber kein unbeteiligter Dritter, sondern mit dem Unterhaltspflichtigen verheiratet, und schuldet diesem seinerseits Familienunterhalt. Er muss es deshalb hinnehmen, dass seine Einkommensverhältnisse, soweit erforderlich, bekannt gegeben werden, wie er gleichermaßen akzeptieren müsste, wenn der Unterhaltspflichtige im Rahmen der Erteilung von Auskünften über bezogene Steuererstattungen beide Ehegatten betreffende Steuerbescheide nach den vorgenannten Maßgaben vorlegen müsste.

Dadurch steht der Ehegatte auch nicht so, als ob er selbst Auskunft erteilen müsste. Die Auskunftsverpflichtung nach Maßgabe des Berufungsurteils bleibt schon deshalb hinter den Anforderungen zurück, die für die Auskunftserteilung des Unterhaltspflichtigen über eigenes Einkommen gelten, weil keine Belege vorzulegen sind.

4. a) Hinsichtlich des Umfangs der geschuldeten Auskunft hat das Berufungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass dieser nicht weiter reichen kann, als dem Beklagten seinerseits ein Anspruch auf Information gegenüber seiner Ehefrau zusteht. Ein solcher Informationsanspruch ergibt sich während des Zusammenlebens der Ehegatten zwar nicht aus § 1605 Abs. 1 BGB, da in den den Familienunterhalt betreffenden Bestimmungen der §§ 1360, 1360 a BGB - anders als in dem für die Zeit des Getrenntlebens maßgebenden § 1361 Abs. 4 BGB - nicht auf § 1605 BGB verwiesen wird. Ehegatten haben aber nach der Generalklausel der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB) einander wenigstens in groben Zügen über die von ihnen vorgenommenen Vermögensbewegungen zu unterrichten (Senatsurteil vom 5. Juli 2000 - XII ZR 26/98 - FamRZ 2001, 23, 25; BGH Urteil vom 25. Juni 1976 - IV ZR 125/75 - FamRZ 1978, 677, 678; OLG Karlsruhe FamRZ 1990, 161, 162) sowie sich über den Bestand des eigenen Vermögens zu informieren (OLG Brandenburg FamRZ 2008, 1441, 1442; MünchKomm/Koch 5. Aufl. §§ 1385, 1386 Rn. 25; Staudinger/Thiele BGB [2007] § 1386 Rn. 23).

b) In Rechtsprechung und Schriftum ist dieser Maßstab auch auf die Verpflichtung zur Unterrichtung über das laufende Einkommen der Ehegatten übertragen worden (OLG Karlsruhe FamRZ 1990, 161, 162; Staudinger/Voppel aaO § 1353 Rn. 97; MünchKomm/Roth aaO § 1353 Rn. 38; Wendel/Dose aaO § 1 Rn. 664; Heiß/Born/Kleffmann aaO Teil G Rn. 181; Palandt/Brudermüller BGB 69. Aufl. § 1353 Rn. 13).

Im Schrifttum wird allerdings auch die Auffassung vertreten, der Anspruch gehe nicht nur auf eine Information in groben Zügen, sondern umfasse dieselben Auskunftspflichten wie nach § 1605 Abs. 1 BGB. Dass der Anspruch während des Zusammenlebens der Ehegatten schwächer sein solle als im Fall des Getrenntlebens, lasse sich aus § 1353 BGB nicht ableiten (Schwab/Borth aaO Kap. IV Rn. 590; Eschenbruch/Klinkhammer aaO Kap. 5 Rn. 308).

c) Der Senat teilt im Grundsatz die zuletzt genannte Meinung. Ehegatten haben nach den §§ 1360, 1360 a BGB einen Anspruch auf Familienunterhalt. Dieser kann aber nur bei genauer Kenntnis der Einkommensverhältnisse des anderen Ehegatten beziffert werden. Aus der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB) folgt deshalb auch der wechselseitige Anspruch, sich über die für die Höhe des Familienunterhalts und eines Taschengeldes maßgeblichen finanziellen Verhältnisse zu informieren. Seinem Umfang nach geht dieser Anspruch nicht nur auf eine Unterrichtung in groben Zügen, da eine derart eingeschränkte Kenntnis den Ehegatten nicht in die Lage versetzten würde, den ihm zustehenden Unterhalt zu ermitteln. Geschuldet wird deshalb die Erteilung von Auskunft in einer Weise, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Die Auskunftspflicht entspricht damit derjenigen, wie sie nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht. Eine solche Verpflichtung läuft nicht etwa dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme der Ehegatten zuwider; diese erfordert vielmehr gerade, den anderen ausreichend über die eigenen Einkommensverhältnisse zu unterrichten.

Nicht geschuldet wird allerdings die Vorlage von Belegen oder die eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben. Eine solche Kontrollmöglichkeit wäre mit dem in einer Ehe herrschenden Vertrauen nicht zu vereinbaren (aA Borth aaO Kap. IV Rn. 590 und Klinkhammer aaO Kap. 5 Rn. 308, die auch eine Belegpflicht bejahen).

d) Da der Beklagte mithin von seiner Ehefrau Angaben über ihre unterschiedlichen Einkünfte verlangen kann, ist er jedenfalls im Stande, dem Kläger die dem Berufungsurteil entsprechende Auskunft zu erteilen. Danach ist auch der Umfang der ausgeurteilten Auskunft rechtlich nicht zu beanstanden.

5. Dass die in Rede stehenden Angaben zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs des Klägers erforderlich sind, hat das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision unbeanstandet bejaht. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Wiederverheiratung eines unterhaltspflichtigen Elternteils unterhaltsrechtlich beachtlich; denn es kann sich zum Vorteil des Kindes auswirken, dass der aus eigenen Einkünften nicht leistungsfähige Elternteil einen Anspruch auf Familienunterhalt hat, so dass sein Bedarf hierdurch gedeckt sein kann und ihm aus eigenem Einkommen und Taschengeld freie Mittel zur Unterhaltsleistung verbleiben (vgl. Senatsurteile BGHZ 169, 200, 212 ff. = FamRZ 2006, 1827, 1830 f. und vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24 f. jeweils mwN). ..."

***

Hat der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte dem Antrag des Unterhaltspflichtigen auf Durchführung des steuerlichen Realsplittings (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG) zugestimmt und hat er für denselben Veranlagungszeitraum mit einem neuen Ehegatten die Zusammenveranlagung (§§ 26, 26 b EStG) gewählt, so kann er von dem Unterhaltspflichtigen höchstens den Ausgleich des steuerlichen Nachteils verlangen, der ihm bei getrennter Veranlagung (§ 26 a EStG) durch die Besteuerung der Unterhaltsbezüge (§ 22 Nr. 1 EStG) entstanden wäre (im Anschluss an die Senatsurteile vom 29. Januar 1992 - XII ZR 248/90 - FamRZ 1992, 534 und vom 29. April 1992 - XII ZR 50/91 - FamRZ 1992, 1050). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Unterhaltszahlungen nicht zeitgerecht, sondern verspätet (hier: in dem auf die Wiederheirat folgenden Jahr) geleistet worden sind (BGH, Urteil vom 17.02.2010 - XII ZR 104/07 zu BGB § 1353; EStG §§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 22 Nr. 1, 26, 26 a, 26 b).

***

Ein Ehegatte kann auch dann verpflichtet sein, dem - der steuerlichen Entlastung des anderen Ehegatten dienenden - Antrag auf Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer zuzustimmen, wenn er während der Zeit des Zusammenlebens steuerliche Verluste erwirtschaftet hat, die er im Wege des Verlustvortrags in einem späteren Veranlagungszeitraum zur Verminderung seiner eigenen Steuerlast einsetzen könnte. Wenn die Ehegatten die mit Rücksicht auf eine - infolge der Verluste zu erwartende - geringere Steuerbelastung zur Verfügung stehenden Mittel für ihren Lebensunterhalt oder eine Vermögensbildung, an der beide Ehegatten teilhaben, verwendet haben, ist es einem Ehegatten im Verhältnis zu dem anderen verwehrt, für sich die getrennte steuerliche Veranlagung zu wählen. Durch die Verweigerung der Zustimmung zur Zusammenveranlagung macht er sich schadensersatzpflichtig (BGH, Urteil vom 18.11.2009 - XII ZR 173/06 zu BGB § 1353 Abs. 1 Satz 2; EStG §§ 10 d, 26).

*** (OLG)

„... 1. Die Beteiligten - seit 2010 getrennt lebende und seit dem 29. September 2012 rechtskräftig geschiedene Eheleute - streiten um die Verpflichtung zur Zustimmung zum begrenzten Realsplitting.

Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 21. Januar 2015 antragsgemäß verpflichtet, dem Finanzamt … gegenüber zu erklären, sie stimme für den Veranlagungszeitraum 2011 und 2012 dem begrenzten Realsplitting zu. Den Hilfs(wider)antrag der Antragsgegnerin, die Zustimmung mit der Maßgabe zu versehen, dass der Antragsteller sie von etwaigen Steuernachzahlungen für die Jahre 2011 und 2012 sowie von sämtlichen steuerlichen Nachteilen ab dem Kalenderjahr 2011 freizustellen habe, hat das Amtsgericht zurückgewiesen, nachdem der Antragsteller sowohl vorgerichtlich als auch erneut im zugrunde liegenden Verfahren schriftsätzlich zugesichert hat, ihr alle aus der Inanspruchnahme des Realsplittings resultierenden Nachteile zu ersetzen.

Gegen diese ihr am 2. Februar 2015 zugestellte Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 2. März 2015 beim Amtsgericht eingereichten Beschwerde, die sie - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zu diesem Tage - eingehend am 4. Mai 2015 begründet hat. Die Antragstellerin verfolgt ihr erstinstanzliches Ziel in vollem Umfang weiter und wiederholt und vertieft hierzu ihr Vorbringen dahin, dass der Antragsteller im Streitfall gehalten sei, die Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung nach § 33 a EStG geltend zu machen.

Der Antragsteller verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Der Senat hat mit Schreiben vom 2. Juni 2015 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Beschwerde, der aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keine Erfolgsaussichten beizumessen seien, im schriftlichen Verfahren nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG zurückzuweisen.

2. Die gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2, 117 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit § 520 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen deshalb zunächst Bezug genommen wird, verpflichtet, die begehrte Zustimmung zum begrenzten Realsplitting für den Veranlagungszeitraum 2011 und 2012 gegenüber dem zuständigen Finanzamt … zu erklären.

a) Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, der Antragsteller sei vorliegend verpflichtet, von der Alternativmöglichkeit, die in den Kalenderjahren 2011 und 2012 unstreitig im Umfang von 5.400 EUR und 4.414 EUR erbrachten Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung über § 33a EStG steuermindernd geltend zu machen, kann sie damit keinen Erfolg haben. Entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin ist nämlich nicht „offenkundig", dass die von ihr präferierte Alternative wirtschaftlich vorteilhafter als das begrenzte Realsplitting ist, so dass auch aus Gründen der ehelichen Rücksichtnahme bzw. der nachehelichen Solidarität eine Beschränkung des - grundsätzlich bestehenden - Wahlrechts des Unterhaltspflichtigen nicht geboten ist. Noch weniger kann dem Antragsteller bereits das Rechtsschutzbedürfnis für seinen Antrag abgesprochen werden.

Es kann nämlich im Streitfall tatsächlich nicht ohne weiteres festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für die - uneingeschränkte - Berücksichtigung der geleisteten Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung über § 33a EStG vorliegen. Zwar halten sich die Unterhaltsaufwendungen im Rahmen des im Veranlagungszeitraum 2011/12 gültigen Höchstbetrages von 8.004 EUR. Daraus allein ergibt sich indes noch nicht die Absetzbarkeit der geleisteten Zahlungen in vollem Umfange, wie dies im Wege des begrenzten Realsplittings erreicht werden kann.

Im Rahmen von § 33a EStG sind nämlich - abgesehen von einem Freibetrag von 624 EUR/Jahr - eigene Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsberechtigten auf den höchst möglichen Abzugsbetrag anzurechnen (§ 33a Abs. 1 Satz 5 EStG). Im Streitfall bedeutet dies, dass der Antragsteller die geleisteten Unterhaltszahlungen nur dann in voller Höhe steuermindernd geltend machen kann, wenn die Antragsgegnerin im Veranlagungszeitraum 2011 nicht mehr als (8.004 - 5.400 + 624 EUR =) 3.228 EUR und im Veranlagungszeitraum 2012 nicht mehr als (8.004 - 4.414 + 624 EUR =) 4.214 EUR an Einkünften und Bezügen erzielt hat.

Die Antragstellerin behauptet zwar, sie habe in den hier streitgegenständlichen Kalenderjahren nur Einkünfte (und Bezüge) erzielt, die den Freibetrag von 624 EUR nicht erreichen. Dieses Vorbringen genügt indes für die Annahme einer uneingeschränkten Absetzbarkeit der Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung nicht. Wie der Antragsteller in seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 21. Oktober 2014 bereits zutreffend ausgeführt hat, beschränkt sich der Begriff der Einkünfte und insbesondere der Bezüge in § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG nämlich nicht auf das zu versteuernde Einkommen des Unterhaltsberechtigten, sondern ist deutlich weiter gefasst.

Zwar mag aufgrund der der Antragsgegnerin erteilten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2011 und 2012 (Bl. 77 ff. GA) und des weiteren Bescheides über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2012 (Bl. 51 GA) davon auszugehen sein, dass die Antragsgegnerin keine 624 EUR jährlich übersteigenden Einkünfte im Sinne von § 33 a Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 EStG erzielt hat, weil die dort ausgewiesenen (Negativ-)Einkünfte nicht das Ergebnis eines Verlustabzuges nach § 10d EStG sind, der bei der Ermittlung der Einkünfte im Sinne von § 33a EStG grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben hat (vgl. dazu BFH, Beschluss vom 31. März 2008, Az. III B 90/06 - zitiert nach juris, dort Rdnr. 14; Schmidt, EStG, 31. Aufl., 2012, § 33a Rdnr. 26).

Allerdings sind neben Einkünften im Sinne von § 2 Abs. 2 EStG auch Bezüge anzurechnen. Der Begriff der Bezüge erfasst alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die nicht steuerbar oder - z.B. nach §§ 3, 3b EStG - steuerfrei sind und daher im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkunftsermittlung nicht erfasst werden, soweit sie zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt oder geeignet sind (vgl. dazu BFH, Beschluss vom 26. März 2009, Az. VI R 60/08 - zitiert nach juris, dort Rdnr. 13 mit weiteren Nachweisen; Schmidt, a.a.O., Rdnr. 27), also etwa auch (ergänzende) Leistungen nach dem SGB II, Krankengeld o.ä.

Hierzu allerdings hat sich die Antragsgegnerin trotz der ausdrücklichen - und mit einer entsprechenden Stellungnahme des von ihm beauftragten Steuerbüros G… vom 13. Oktober 2014 untermauerten - Beanstandung des Antragstellers im Schriftsatz vom 21. Oktober 2014 auch in der Folgezeit nicht erklärt. Der Einwand fehlender Auskunft über sonstige Bezüge der Antragsgegnerin im streitigen Veranlagungszeitraum ist auch nicht treuwidrig. Die Frage nach sonstigen Bezügen drängt sich vielmehr mit Blick auf die (auch) im Veranlagungszeitraum erwirtschafteten Verluste aus der selbständigen Erwerbstätigkeit geradezu auf, weil die seinerzeit vereinnahmten Unterhaltszahlungen schon ohne diese Verluste einen selbst bescheidenen Lebensunterhalt abzusichern ersichtlich nicht ausreichend waren.

Wenn aber nicht sicher erwartet werden kann, dass ein vollständiger Abzug der geleisteten Unterhaltszahlungen (auch) im Wege der Geltendmachung als außergewöhnliche Belastung nach § 33 a EStG erzielt werden kann, dann stellt das Begehren des Antragstellers auf Zustimmung zum begrenzten Realsplitting keinen Verstoß gegen das eheliche Rücksichtnahmegebot oder die nacheheliche Solidarität dar. Es ist davon auszugehen, dass der Antragsteller - ausgestattet mit allen erforderlichen Informationen zur Einschätzung insoweit - tatsächlich auch die insgesamt wirtschaftlich günstigere Alternative der steuerlichen Absetzung der Unterhaltsleistungen wählen wird.

b) Soweit die Antragsgegnerin daran festhält, ihre Zustimmung zum begrenzten Realsplitting nur Zug um Zug gegen Freistellung von etwaigen steuerlichen Nachteilen erteilen zu müssen, kann sie auch damit nicht durchdringen. Der Unterhaltsberechtigte kann seine Zustimmung grundsätzlich nur von der bindenden Zusage des unterhaltspflichtigen (geschiedenen) Ehegatten, die aus der Inanspruchnahme des begrenzten Realsplittings erwachsenden steuerlichen Nachteile für den anderen auszugleichen, abhängig machen (vgl. schon BGH FamRZ 1983, 576 - Rdnr. 13 bei juris). Diese Zusage allerdings hat der Antragsteller vor und erneut im dem laufenden Gerichtsverfahren mehrfach schriftsätzlich erteilt, so dass er die ihn treffenden Voraussetzungen für die Geltendmachung des Zustimmungsanspruchs in - auch zu Beweiszwecken - ausreichender Weise erfüllt hat.

Soweit in dem jüngsten Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 25. Juni 2015 anklingt, dass sie ihre Zustimmung im Streitfall von der Hinterlegung des voraussichtlichen Nachteilsbetrages an geeigneter Stelle abhängig machen könne, weil der Antragsteller sich bereits im Zusammenhang mit der Zahlung von Trennungsunterhalt nicht an eine schriftliche Vereinbarung gehalten habe, so dass sie gerichtliche Hilfe zur Durchsetzung desselben habe in Anspruch nehmen müssen und deshalb zu erwarten sei, dass sie trotz der Zusage erneut ein aufwendiges Klageverfahren wegen des Nachteilsausgleichs werde führen müssen, führt auch das nicht zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

Nur ganz ausnahmsweise besteht für den Unterhaltsberechtigten ein Anspruch auf Sicherung seines Erstattungsanspruches durch vorherige Erbringung einer Sicherheitsleistung, wenn zu besorgen ist, dass der Unterhaltsverpflichtete seine Verpflichtung zum Ausgleich des Steuernachteils künftig nicht erfüllen kann. Dafür indes bietet das Vorbringen der Antragsgegnerin keine hinreichend belastbare Grundlage. Die etwaige Notwendigkeit der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe zur Durchsetzung des Nachteilsausgleichs bietet für sich keinen hinreichenden Anlass für die Anordnung einer Sicherheitsleistung, weil auch im Zusammenhang mit der für die Freigabe der Sicherheitsleistung erforderlichen Zustimmung solche unberechtigten Verzögerungen eintreten könnten (vgl. OLGR Zweibrücken 2006, 293 - Rdnr. 46 ff bei juris).

Es kommt hinzu, dass vorliegend ein entsprechender - hinreichend konkretisierter - Antrag tatsächlich nicht gestellt ist. Schließlich fehlt es im Streitfall an jeglicher - gerade mit Blick auf die Besonderheiten des vorliegenden Falles wegen der Inanspruchnahme von Verlustabzügen nach § 10d EStG durch die Antragsgegnerin erforderlichen - Darlegung der aus der steuerlichen Geltendmachung nach § 10 Abs. 1 EStG voraussichtlich zu erwartenden steuerlichen Nachteile, so dass auch jede belastbare Grundlage für eine Schätzung derselben nach § 287 ZPO fehlt. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 22.10.2015 - 9 UF 72/15).

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Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Ehegatten hat der Insolvenzverwalter keinen Anspruch gegen den anderen Ehegatten auf Zustimmung zur steuerlichen Zusammenveranlagung, um den dem anderen Ehegatten zustehenden Verlustvortrag zu nutzen. Dem Anspruch auf Zustimmung steht die zusätzliche steuerliche Belastung des anderen Ehegatten entgegen, da dieser die Verlustvorträge nicht mehr zur Reduzierung seines eigenen steuerlichen Einkommens verwenden kann. Auch die besonderen Wirkungen der ehelichen Lebensgemeinschaft (vgl. BGH FamRZ 2012, 357) führen in dieser Konstellation zu keinem Anspruch auf Zustimmung. Denn die Nutzung des Verlustvortrages würde der Insolvenzmasse und damit den Gläubigern des insolventen Ehegatten und nicht dem Familienunterhalt zugutekommen (OLG Schleswig, Beschluss vom 23.05.2014 - 10 UF 63/13).

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Anspruch auf Zustimmung zum begrenzten Realsplitting ( KG Berlin, Beschluss vom 22.10.2013 - 18 UF 119/13).

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Zu Auskunfts- und Schadensersatzansprüchen bei Unterhaltszahlungen für ein scheineheliches Kind. Die Auskunftsverpflichtung der Mutter über den als biologischen Vater in Betracht kommenden Mann besteht nur, wenn der Scheinvater sie zur Durchsetzung des Unterhaltsregresses zwingend benötigt. Bei anderweitigen Motiven des Vaters ist das Grundrecht der Mutter aus Art. 2 GG vorrangig. Dies gilt auch dann, wenn vermeintliche Interessen des Kindes geltend gemacht werden (OLG Brandenburg, Beschluss vom 28.03.2013 - 9 UF 148/12):

„... Dem Antragsteller steht kein Anspruch auf Auskunft gegen die Antragsgegnerin betreffend der Offenlegung des vermutlichen biologischen Vaters bzw. der Geschlechtspartner innerhalb der Empfängniszeit des Kindes M. A. zu.

1. Ein unmittelbarer Anspruch aus § 1353 BGB auf Auskunftserteilung scheidet aus.

Als Ausprägung der ehelichen Lebensgemeinschaft sind Eheleute gehalten, einander Beistand und Fürsorge zu gewähren (OLG Dresden FamRZ 2013, 410). Aus der in § 1353 BGB normierten Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft, die auch nachehelich fortwirkende Pflichten begründen kann, folgen deshalb im Wesentlichen allein Beistands- und Rücksichtnahmepflichten. Eine Auskunftsverpflichtung schafft die Norm nur in Ausnahmefällen, sofern es um vermögensrechtliche Angelegenheiten innerhalb der Ehe geht. So kann ausnahmsweise ein Anspruch auf Mitteilung der Höhe des eigenen Einkommens (BGH FamRZ 2011, 21) oder Unterrichtung von Vermögensbewegungen wenigstens in groben Zügen (vgl. BGH FamRZ 1986, 558, 560; Palandt-Brudermüller, BGB, 72. Aufl. 2013, § 1353 Rn. 13) aus § 1353 BGB herzuleiten sein. Vorliegend geht es aber nicht um eine vermögensrechtliche Auskunftsverpflichtung, vielmehr um eine Offenbarungspflicht, die die persönliche Lebensgestaltung der Antragstellerin berührt (Nennung der früherer Geschlechtspartner bzw. des - vermeintlichen - Vaters des Kindes M.). Eine solche Auskunftsverpflichtung statuiert § 1353 BGB nicht.

2. Ebenso wenig kommt ein solcher Anspruch des Antragstellers auf Auskunftserteilung gegen die Antragsgegnerin unmittelbar aus Deliktsrecht, insbesondere aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, in Frage.

§ 826 BGB statuiert einen Schadensersatzanspruch, daneben u.U. auch negatorische Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche (vgl. BGHZ 8, 387, 395). Eine Auskunftsverpflichtung des vermeintlichen Schädigers außerhalb von gegen diesen gerichteten Schadensersatzansprüchen scheidet aus.

Der Antragsteller hat zudem nicht den Tatbestand einer sittenwidrigen, durch die Antragsgegnerin erfolgten Schadenszufügung dargetan. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es insoweit in der Regel eines positiven Tuns des Schädigers bedarf, schon weil eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens vorausgesetzt wird (allgemein dazu: BGH NJW 2012, 1800; vgl. auch Palandt-Sprau, BGB, 72. Aufl. 2013, § 826 Rn. 4). Die Behauptungen und Rechtsausführungen des Antragstellers dazu beziehen sich jedoch nicht auf ein aktives Tun der Antragsgegnerin; vielmehr wirft er ihr vor, dass sie ihm die Nichtvaterschaft zu dem Kind M… zu keinem Zeitpunkt offengelegt hat. Damit käme eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gem. § 826 BGB durch die Antragsgegnerin nur in Gestalt eines Unterlassens in Betracht. Dies setzt voraus, dass das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht; allein die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht oder einer vertraglichen Pflicht reicht dafür nicht aus, es müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder wegen des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich machen (BGH MDR 2013, 87 und MDR 2011, 34).

Ein derartiges, besonders anstößiges Verhalten der Antragsgegnerin hat der Antragsteller nicht im Einzelnen dargetan. Die Tatsache des Wissens über die Nichtvaterschaft des Antragstellers bzw. der Nichtoffenbarung des anderweitigen Geschlechtsverkehrs in der Empfängniszeit stellt für sich betrachtet kein solches verwerfliches Verhalten dar. Dass die Antragsgegnerin ihr Schweigen bewusst eingesetzt hat, um Unterhaltsleistungen des Antragstellers für sich oder das Kind M. zu erhalten, hat der Antragsteller schon nicht in substantiierter Art vorgebracht; im Übrigen hat die Antragsgegnerin ihr Verhalten auch damit erläutert, dass sie aus ihrer Sicht die Geburt von M… als Chance für ihre zu damaliger Zeit unglücklich geführte Ehe wahrnahm. Aber auch nach dem Eintritt in die Trennungsphase der Beteiligten ist kein besonderes, außergewöhnlich anstößiges Verhalten der Antragsgegnerin erkennbar. Allein der Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung kann dafür nicht ausreichen.

Aus den gleichen Gründen scheidet ein unmittelbarer Auskunftsanspruch des Antragstellers aus § 823 Abs. 2 BGB aus, zumal weder vorgetragen noch erkennbar ist, welches Schutzgesetz die Antragsgegnerin verletzt haben soll. Insbesondere die tatbestandlichen Voraussetzungen eines vorsätzlichen Betruges durch Unterlassen sind durch den Antragsteller nicht im Einzelnen vorgetragen worden.

3. Als einzig näher in Betracht kommende Anspruchsgrundlage verbleibt ein Anspruch des Antragstellers aus § 242 BGB, gegebenenfalls insoweit ausfüllend in Verbindung mit § 1353 BGB oder auch § 826 BGB. Die Voraussetzungen einer solchen ausnahmsweise bestehenden Auskunftspflicht liegen aber nicht vor.

Dabei kann nunmehr - anders als noch im Hinweisbeschluss vom 11. Oktober 2012 und dort S. 4 - 6 ausgeführt - insbesondere dahingestellt bleiben, ob einem solchen Anspruch das Fehlen einer rechtlichen Sonderverbindung zwischen den vormals verheirateten Beteiligten generell entgegensteht. Denn selbst wenn in allgemeiner Hinsicht ein solcher Anspruch aus § 242 BGB auch zwischen (geschiedenen) Ehegatten zu bejahen wäre, muss der grundrechtliche Schutz der Antragsgegnerin gewahrt bleiben (vgl. bereits die Ausführungen im Hinweisbeschluss des Senats vom 11. Oktober 2012, dort S. 7). Das Bejahen einer Auskunftsverpflichtung aus § 242 BGB würde hier gegen die Grundrechte der Antragsgegnerin verstoßen. Dieser grundrechtliche Schutz muss in jedem Falle gewährleistet sein, unabhängig davon, ob sich zwei miteinander verheiratete, voneinander geschiedene oder nicht mit einander verheiratete Beteiligte gegenüber stehen.

Der grundrechtliche Schutz der Antragsgegnerin betrifft ihr Recht auf Geheimhaltung von Informationen bzgl. der Personen, mit denen sie geschlechtlich verkehrt hat. Dies leitet sich aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, welches seinerseits Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG ist, ab. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird zwar nicht schrankenlos gewährleistet. Es darf aber nur im überwiegenden Interesse anderer Personen oder der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden (BGH FamRZ 2013, 118; vgl. auch BVerfG FamRZ 2007, 441, 443).

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragsgegnerin wird durch das Recht des Antragstellers auf einen effektiven Rechtsschutz hinsichtlich der Verfolgung seiner Ansprüche auf Unterhaltsregress begrenzt. Ohne eine Auskunft der Kindesmutter zu der Person, die ihr während der Empfängniszeit zusätzlich beigewohnt hat, kann ein Scheinvater seinen Anspruch auf einen Unterhaltsregress nicht auf rechtsstaatliche Weise durchsetzen, weshalb in einem derartigen Fall die Interessen des Scheinvaters schwerer als diejenigen der Mutter wiegen können (vgl. auch BGH, FamRZ 2012, 200, 203). Anders liegt es dagegen, wenn es dem Scheinvater nicht um die Durchsetzung seines Anspruchs auf Unterhaltsregress geht, vielmehr mit der Durchsetzung der Auskunftsansprüche eine Bloßstellung der Mutter oder des noch zu ermittelnden biologischen Vaters bezweckt wird (vgl. auch insoweit BGH FamRZ 2012, 200, 203).

Es ist also eine Interessensabwägung dahingehend geboten, ob dem Grundrecht der Antragsgegnerin auf Schutz ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz) Vorrang gegenüber dem hier verfolgten Auskunftsinteresse des Antragstellers zuzuweisen ist. Insoweit kann der Senat insbesondere angesichts des in der mündlichen Verhandlung bei der persönlichen Anhörung beider Beteiligten gewonnenen Eindrucks nicht erkennen, dass ein überwiegendes Interesse des Antragstellers besteht.

Der Antragsteller hat vor dem Senat ausdrücklich erklärt, dass er grundsätzlich den Sachen gerne auf den Grund gehe. Ferner hat er auch die Interessen des Kindes M… hinsichtlich vermeintlicher Ansprüche gegen den biologischen Vater angeführt. Erst als letzten Grund hat er angeführt, eventuell die Möglichkeit zu haben, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Abschließend hat er erneut betont, es gehe ihm darum, Klarheit zu erlangen.

Diese Ausführungen des Antragstellers lassen erkennen, dass es ihm nicht primär, vielmehr erst an letzter Stelle um die Verfolgung eines Unterhaltsregresses geht. Vorrangig will er aus persönlichen Motiven Klarheit darüber erlangen, wer denn der tatsächliche biologische Vater des Kindes M… ist. Zudem deuten seine Ausführungen vor dem Senat sogar darauf hin, dass es ihm darum geht, sowohl die Antragsgegnerin als auch den vermeintlichen biologischen Vater bloßzustellen. So hat er die Antragsgegnerin als Hure von C. bezeichnet und Mutmaßungen dahingehend angestellt, dass sie in der fraglichen Zeit auch mit Arbeitskollegen geschlechtlich verkehrt habe; er vermute zu wissen, um wen es sich dabei handele. Ein solches herabwürdigendes Verhalten des Antragstellers steht auch im Zusammenhang damit, dass der Antragsteller nach den unwidersprochenen Angaben der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 20. März 2012 (dort S. 3) wegen eines Vaterschaftstest vermeintliche Geschlechtspartner des Antragsgegnerin angeschrieben haben soll. Ein solches allein aus allgemeinen persönlichen Motiven herzuleitendes Interesse hat aber jedenfalls hinter dem grundrechtlichen Schutz des Persönlichkeitsrechts der Antragsgegnerin auf Nichtoffenbarung ihrer Geschlechtspartner zurückzustehen.

Ebenso wenig kann sich der Antragsteller in diesem Zusammenhang auf vermeintliche Interessen des Kindes M. berufen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller nicht (mehr) sorgeberechtigt für dieses Kind ist und er schon aus diesem Grunde dessen Interessen in rechtlicher Hinsicht nicht (mehr) vertreten kann. Ein damit durch einen rechtlich unbeteiligten Dritten (dem nicht mehr sorgeberechtigten Antragsteller) für den unmittelbar Betroffenen (das Kind M.) geltend gemachtes Interesse hat jedenfalls hinter dem grundrechtlichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kindesmutter zurückzustehen. Allein vorsorglich wird in diesem Zusammenhang noch darauf hingewiesen, dass M. - mag er derzeit auch noch minderjährig sein - jedenfalls deutlich fortgeschrittenen Alters ist und in Kürze die Volljährigkeit erlangt; insoweit wäre zumindest eine Erklärung des Antragstellers darüber geboten, welche eigenen Vorstellungen das Kind M. insoweit hätte, will er die Interessen des Kindes M. überhaupt mit Erfolg vertreten. Dass aber der Antragsteller mit M. Kontakt aufgenommen und ihn dazu befragt hat, um sodann in seinem wohlverstandenen Interesse den Auskunftsanspruch für M… geltend zu machen, ist nicht vorgetragen. Erst recht ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Kindesmutter unwidersprochen mit dem Sohn M. bereits gesprochen und auch diesem erklärt hat, sie könne ihm keine nähere Auskunft über den wahren biologischen Vater geben.

Ist nach alledem das Interesse des Antragstellers hinsichtlich der Geltendmachung von Unterhaltsregressansprüchen nachrangig gegenüber seinen sonstigen verfolgten Interessen, behält er sich insoweit allein die Möglichkeit einer Geltendmachung von Schadensersatz vor, so muss ein solches Interesse hinter dem grundrechtlichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Antragsgegnerin zurückstehen. Nur das Recht des Antragstellers auf einen effektiven Rechtsschutz hinsichtlich der Verfolgung seiner Ansprüche auf Unterhaltsregress kann das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragsgegnerin begrenzen, wie zuvor dargestellt. Damit muss die Verfolgung eines Unterhaltsregresses bzw. der damit verbundene Ersatz entstandener Vermögensschäden zweifelsfrei das leitende Motiv des geltend gemachten Auskunftsanspruchs sein, was hier aber nicht der Fall ist.

Daran ändert nichts, dass der Antragsteller nach den durch den Senat im Verlauf der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweisen über die mit Blick auf die verfolgten Ziele Erfolglosigkeit der Beschwerde sodann erklärt hat, dass es ihm jetzt ausschließlich um die Verfolgung finanzieller Interessen gehe. Der Senat hat erhebliche Zweifel daran, dass diese Erklärung dem wahren Willen des Antragstellers entspricht, da sie offenkundig unter dem Eindruck der Erläuterungen durch den Senat abgegeben wurde. Zudem ist auch zu beachten, dass diese Erklärungen in deutlichem Widerspruch zu den vorangestellten Erklärungen des Antragstellers über seine Interessen hinsichtlich der Verfolgung der Auskunftspflicht stehen. Zuletzt muss auch Berücksichtigung finden, dass der Antragsteller insoweit in keiner Weise näher erläutert hat, weshalb er sich nunmehr auf dieses Interesse beschränken will; insbesondere hat der Antragsteller dabei nicht im Einzelnen erläutert, weshalb er zuvor vor allem sein Interesse an einer allgemeinen Klarheit jetzt tatsächlich nicht mehr verfolgen wolle.

Rein vorsorglich wird noch darauf hingewiesen, dass selbst dann, wenn ein überwiegendes Interesse des Antragstellers für den aus § 242 BGB herzuleitenden Auskunftsanspruch feststellbar wäre, gleichwohl erhebliche Zweifel am Bestehen dieses Auskunftsanspruches vorlägen. Denn die Antragsgegnerin hat auf mehrfaches eindringliches Befragen des Senats deutlich erklärt, sie habe nie gewusst, wer der Vater von M… sei, und könne sich auch nicht mehr erinnern, mit wem sie in der fraglichen Empfängniszeit geschlechtlich verkehrt habe. Sie hat dies nachvollziehbar damit erläutert, dass ihr die damaligen Bekanntschaften und die Anzahl der Geschlechtspartner völlig egal gewesen seien und sie auch hinsichtlich der Identitäten ihrer vielzähligen vormaligen Geschlechtspartner nichts weiter veranlasst habe. Legt aber die Antragsgegnerin insoweit nachvollziehbar dar, dass sie auch bei gehöriger Gedächtnisanstrengung die früheren Identitäten nicht näher bezeichnen könne, so erscheint es äußerst fraglich, ob sie überhaupt noch zur Auskunftserteilung verpflichtet werden darf. Letztendlich kann dies hier aber offen bleiben. ..."

***

„...1) Die Klage wurde vom Landgericht zu Unrecht als unschlüssig angesehen. Der Ausgangspunkt der Klage ist zutreffend und wurde vom Beklagten auch gar nicht in Zweifel gezogen: Die Klägerin hatte die Unterhaltsleistungen, die sie vom Beklagten erhielt, gemäß § 22 Nr. 1 a EStG zu versteuern, da sie, wozu sie gemäß § 1353 BGB verpflichtet war, der Durchführung des begrenzten Realsplittings zugestimmt hatte. Die dadurch bei ihr entstehende Steuermehrbelastung kann sie vom Beklagten ersetzt verlangen.

2) Die von ihr tatsächlich erbrachten Steuerleistungen hat sie durch Vorlage der entsprechenden Steuerbescheide nachgewiesen. Die durch die Besteuerung der unstreitig in den von ihr angegebenen Unterhaltsleistungen des Beklagten hervorgerufene Mehrbelastung hat sie nachvollziehbar und anhand der steuerlichen Bestimmungen nachprüfbar berechnet. Dass sie dabei von falschen steuerrechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, wird von Beklagten nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. Der so dargestellte Anspruch ist schlüssig vorgetragen. Allein fraglich ist, ob dieser Berechnung nicht deshalb jede Grundlage entzogen ist, weil bei der Berechnung ihres Unterhaltsanspruchs zu ihren Gunsten bereits berücksichtigt wurde, dass sie vom Beklagten den Ausgleich der steuerlichen Mehrbelastung beansprucht und dann dieser Anspruch auf den sich unabhängig davon errechnenden Unterhalt monatlich bereits aufgeschlagen wurde. Dies ist keine Frage der Schlüssigkeit ihres Sachvortrages, zumal sie hierzu vorgetragen hat, dies sei nicht der Fall gewesen. Wäre dies entgegen ihrem Vorbringen doch der Fall gewesen, wäre die Klage nicht als unschlüssig zu behandeln. Vielmehr wäre dann der Anspruch abzuweisen, weil der Beklagte diesen Anspruch durch Zahlung der monatlichen Unterhaltsleistungen im Sinne von § 362 Abs. 1 BGB bereits erfüllt hätte, der Vergleich vom 11.10.2006 also eine abschließende Regelung dargestellt hätte. Davon ist nicht auszugehen.

3) Der Einwand des Beklagten, die Klägerin habe die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts gegen sich gelten zu lassen, ist in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar, da die Berufungsbegründung hinlänglich deutlich die Rüge gemäß § 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO enthält, dass die Annahme des Erstgerichts, der Realsplittingnachteil sei bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt, was objektiv sicher zutrifft, nicht beinhaltet, dass die monatlich ihr zu bezahlenden Unterhaltsbeträge um die ihr zustehenden Ausgleichsansprüche erhöht wurde.

4) Dass dies nicht der Fall war, ergibt sich für den Senat schon aus der Höhe der jeweils monatlich zugebilligten bzw. im Vergleichsweg zugestandenen Unterhaltsbeträge, die, wie von der Klägerin aufgezeigt, auf einer Berechnung unter Zuhilfenahme des Programms von Gutdeutsch erfolgt ist. Der Einvernahme des als Sachverständigen von der Klägerin angebotenen Urhebers dieses Programms bedurfte es nicht, da, wie vom Beklagten in der Berufungserwiderung zutreffend festgestellt, maßgeblich allein ist, welche Daten in das Programm eingespeist wurden, wozu der Programmverfasser keine Angaben machen kann.

5) Auch der Umstand, dass der Ausgleichsanspruch auf den jeweils maßgeblichen Veranlagungszeitraum, hier also das Kalenderjahr bezogen ist, zeigt, dass die vom Beklagten postulierte monatliche Teiltilgung durch Erhöhung des Unterhaltsanspruchs nicht plausibel erscheint, zumal die tatsächliche Höhe des auszugleichenden Steuernachteils sich erst nach dem Ende des Veranlagungszeitraums ermitteln lässt.

6) Namentlich die Berechnung, die dem Urteil des OLG München vom 15.07.2009 zugrunde liegt, zeigt zudem, dass eine Erhöhung des sich ergebenden monatlich zu zahlenden Trennungsunterhalts um die Ausgleichsansprüche nicht vorgenommen wurde. Der Hinweis des Beklagten darauf, dass sich die Besetzung des Familiensenats zwischen dem Vergleich vom 11.10.2006 und dem Urteil vom 15.07.2009 geändert hat, vermag hieran nichts zu ändern.

7) Der Denkfehler der Argumentation des Beklagten beruht darauf, dass zur Ermittlung der Höhe des monatlichen Unterhaltsanspruchs auf die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten und die Bedürftigkeit des Berechtigten abzustellen ist. Zur Ermittlung der hierfür maßgeblichen Beträge wurde berücksichtigt, dass der Beklagte aufgrund der für ihn günstigeren Steuerklasse über mehr Netto-Einkommen verfügt, also von einer entsprechend höheren Leistungsfähigkeit auszugehen ist und die Beklagte aufgrund des unabhängig vom Unterhaltsanspruch zu sehenden Ausgleichsanspruchs entsprechend weniger bedürftig ist. Allein aus diesem Grund taucht der Splittingvorteil bzw. Splittingnachteil in den von den Familiengerichten angestellten Berechnungen auf. Eine Erhöhung des sich so errechnenden Unterhaltsanspruchs um den rechtlich hiervon unabhängigen Ausgleichsanspruch wurde dagegen nicht vorgenommen.

8) Auch der Umstand, dass in der Unterhaltsberechnung teilweise von einem höheren Einkommen der Klägerin ausgegangen wurde als sie tatsächlich erzielte, ändert hieran nichts, denn die Klägerin hat ihrer Berechnung ihres Ausgleichsanspruchs nur die tatsächlichen Einkünfte zugrunde gelegt, die, da sie niedriger waren, zu einer niedrigeren Steuer führten. Die Klägerin musste zur Bezifferung ihres Anspruchs nicht darlegen, wie hoch hier Steuernachteil unter Zugrundelegung eines fiktiven Einkommens gewesen wäre. Der Ausgleichsanspruch berechnet sich allein nach den tatsächlichen Verhältnissen.

9) Der Umstand, dass im Vergleich von einer zwischenzeitlich eingetretenen Überzahlung der Unterhaltsansprüche ausgegangen wurde, die mit künftigen Unterhaltsansprüchen monatlich in Höhe von 150 € verrechnet werden sollten, ohne dass erkennbar gemacht wurde, in welcher Höhe in welchem Monat zu viel bezahlt worden ist, steht der Geltendmachung des vorliegenden Ausgleichsanspruchs nicht entgegen. Maßgeblich ist für die Einkommenssteuer der Klägerin gemäß § 4 Abs. 3 EStG ausschließlich der Zeitpunkt des Zuflusses der Unterhaltsleistung.

10) Die der Klägerin vom Erstgericht -von dessen Standpunkt aus folgerichtig -aberkannten vorgerichtlichen Anwaltskosten hat die Klägerin mit der Berufung nicht weiterverfolgt, weswegen es insoweit bei der Klageabweisung sein Bewenden hat. ..." (OLG München, Urteil vom 23.01.2013 - 3 U 947/12)

*nach oben*

§ 1357 Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs

(1) Jeder Ehegatte ist berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt.

(2) Ein Ehegatte kann die Berechtigung des anderen Ehegatten, Geschäfte mit Wirkung für ihn zu besorgen, beschränken oder ausschließen; besteht für die Beschränkung oder Ausschließung kein ausreichender Grund, so hat das Familiengericht sie auf Antrag aufzuheben. Dritten gegenüber wirkt die Beschränkung oder Ausschließung nur nach Maßgabe des § 1412.

(3) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben.

Leitsätze/Entscheidungen:

Die im Rahmen eines Bedarfsdeckungsgeschäftes nach § 1357 Abs. 1 BGB wirksam begründete Mitverpflichtung eines Ehegatten aus einem von dem anderen Ehegatten vor der Trennung abgeschlossenen Energielieferungsvertrag für die Ehewohnung endet nicht ohne weiteres schon mit der Trennung oder mit dem Auszug des mitverpflichteten Ehegatten aus der Ehewohnung; dies gilt auch für die nach Trennung oder Auszug verbrauchte Energie. Wird die Revision durch das Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen und ergeben sich tatsächlich keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen, die einer Klärung durch höchstrichterliche Entscheidung bedürfen, kommt es für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe allein auf die Erfolgsaussichten in der Sache an (BGH, Beschluss vom 24.04.2013 - XII ZR 159/12):

„... a) Es wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen, dass der Abschluss eines Stromlieferungsvertrages durch den Ehemann der Beklagten ein Bedarfsdeckungsgeschäft im Sinne des § 1357 Abs. 1 BGB darstellt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte der Klägerin bis zum Ende des Abrechnungszeitraumes am 14. September 2010 die Trennung von ihrem Ehemann bzw. ihren Auszug aus der Ehewohnung nicht mitgeteilt. Auch haben weder die Beklagte noch ihr Ehemann bis zu diesem Zeitpunkt eine Kündigung des Stromlieferungsvertrages erklärt.

b) Entscheidungserheblich könnte daher allenfalls die Rechtsfrage sein, ob die nach § 1357 Abs. 1 BGB wirksam begründete Mitverpflichtung eines Ehegatten aus einem von dem anderen Ehegatten vor der Trennung abgeschlossenen Energielieferungsvertrag für die Ehewohnung ohne weiteres bereits mit der Trennung oder mit dem Auszug aus der Ehewohnung endet. Dies wird in der Rechtsprechung (vgl. LG Koblenz RdE 1988, 215 f.; LG Oldenburg FamRZ 2006, 703; AG Wuppertal ZMR 1980, 239, 240; AG Bad Oeynhausen RdE 1984, 28, 29; AG Erlangen RdE 1986, 50, 51; AG Beckum FamRZ 1988, 501 f.; AG Neuruppin FamRZ 2009, 1221, 1222) und in der Literatur (vgl. Palandt/Brudermüller BGB 72. Aufl. § 1357 Rn. 9; MünchKommBGB/Roth 6. Aufl. § 1357 Rn. 49; Staudinger/Voppel BGB [Bearbeitungsstand: April 2007] § 1357 Rn. 103; Eckebrecht in Scholz/Kleffmann/Motzer [Bearbeitungsstand: Mai 2012] Teil A Rn. 56; Soergel/Lange BGB 12. Aufl. § 1357 Rn. 18; Gernhuber/Coester-Waltjen Familienrecht 6. Aufl. § 19 Rn. 71; Hahn in BeckOK BGB [Stand: 1. Februar 2013] § 1357 Rn. 44; Grüne RdE 1986, 42, 45; Schütte/Horstkotte in Hempel/Franke Recht der Energie- und Wasserversorgung [Bearbeitungsstand: Juni 2011] § 32 AVBWasserV Rn. 68 mit zahlreichen weiteren Nachweisen) einhellig und zutreffend verneint:

aa) Eine solche Enthaftung des mitverpflichteten Ehegatten lässt sich insbesondere nicht aus § 1357 Abs. 3 BGB herleiten. Unmittelbar ist diese Vorschrift hier nicht anwendbar, weil sie für den Fall des Getrenntlebens nur die Wirkungen des § 1357 Abs. 1 BGB und damit die Mithaftung des nicht vertragschließenden Ehegatten bei Abschluss eines neuen Bedarfsdeckungsgeschäftes in der Trennungszeit ausschließt. So liegt der Fall hier nicht, weil es sich bei einem Versorgungsvertrag über die Lieferung von Strom um einen Bezugsvertrag (Dauerlieferungsvertrag) und damit um ein echtes Dauerschuldverhältnis handelt (Palandt/Grüneberg BGB 72. Aufl. vor § 311 Rn. 28, 30) und es für die Begründung der hieraus resultierenden Forderungen auf den Abschluss des Dauerschuldvertrags und nicht auf die daraus hervorgehenden Einzelverbindlichkeiten ankommt (BGH Urteil vom 12. Dezember 2005 - II ZR 283/03 - NJW 2006, 765 mit weiteren Nachweisen). Eine Regelung zur Enthaftung eines Ehegatten von einer während bestehender ehelicher Lebensgemeinschaft wirksam begründeten Mitverpflichtung lässt sich § 1357 Abs. 3 BGB dagegen nicht entnehmen.

bb) Auch eine entsprechende Anwendung von § 1357 Abs. 3 BGB auf die Enthaftung des getrennt lebenden Ehegatten in den Fällen eines Dauerschuldverhältnisses kommt nicht in Betracht. Es fehlt bereits an einer Regelungslücke in Bezug auf den Fortbestand der Mithaftung des zwischenzeitlich getrennt lebenden Ehegatten für die nach der Trennung aus einem Dauerschuldverhältnis hervorgehenden Einzelverbindlichkeiten. Mit Recht weist die Revisionserwiderung darauf hin, dass sich ein gleichgelagertes Problem bei allen Bedarfsdeckungsgeschäften stellt, bei denen zwischen Vertragsschluss und Leistungserbringung der Fall des Getrenntlebens eintritt. Wenn es insoweit an einer speziellen gesetzlichen Regelung fehlt, lässt dies darauf schließen, dass der Gesetzgeber eine automatische, nur an den Tatbestand des Getrenntlebens anknüpfende Enthaftung des zuvor wirksam mitverpflichteten Ehegatten nicht gewollt hat. ..."

*** (LG)

Eine Inanspruchnahme des Ehegatten wegen der Kosten einer stationären Krankenhausbehandlung auf der Grundlage der in § 1357 BGB enthaltenen gesetzlichen Verpflichtungsermächtigung ist nicht in dem einheitlichen Gerichtsstand des vertraglichen Erfüllungsortes gemäß § 29 Abs. 1 ZPO am Sitz der Klinik möglich (LG Heidelberg, Beschluss vom 14.02.2014 - 5 O 275/13).

*nach oben*

§ 1360 Verpflichtung zum Familienunterhalt

Die Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, so erfüllt er seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch die Führung des Haushalts.

Leitsätze/Entscheidungen:

Art. 3 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die eine gerichtliche Zuständigkeitskonzentration für grenzüberschreitende Unterhaltssachen bei dem für den Sitz des Rechtsmittelgerichts zuständigen erstinstanzlichen Gericht begründet, es sei denn, diese Regelung trägt zur Verwirklichung des Ziels einer ordnungsgemäßen Rechtspflege bei und schützt die Interessen der Unterhaltsberechtigten, indem sie zugleich eine effektive Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen begünstigt, was zu prüfen jedoch Sache der vorlegenden Gerichte ist (EuGH, Urteil vom 18.12.2014 - C-400/13).

***

Artikel 3 Allgemeine Bestimmungen

Zuständig für Entscheidungen in Unterhaltssachen in den Mitgliedstaaten ist

a) das Gericht des Ortes, an dem der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder
b) das Gericht des Ortes, an dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder
c) das Gericht, das nach seinem Recht für ein Verfahren in Bezug auf den Personenstand zuständig ist, wenn in der Nebensache zu diesem Verfahren über eine Unterhaltssache zu entscheiden ist, es sei denn, diese Zuständigkeit begründet sich einzig auf der Staatsangehörigkeit einer der Parteien, oder
d) das Gericht, das nach seinem Recht für ein Verfahren in Bezug auf die elterliche Verantwortung zuständig ist, wenn in der Nebensache zu diesem Verfahren über eine Unterhaltssache zu entscheiden ist, es sei denn, diese Zuständigkeit beruht einzig auf der Staatsangehörigkeit einer der Parteien (Verordnung EG Nr. 4/2009)

*** (BGH)

Wird ein Ehegatte stationär pflegebedürftig, so entsteht ihm ein besonderer persönlicher Bedarf, der vor allem durch die anfallenden Heim- und Pflegekosten bestimmt wird. In diesem Fall richtet sich der Familienunterhaltsanspruch ausnahmsweise auf Zahlung einer Geldrente. Ein solcher Unterhaltsanspruch setzt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners voraus. Der dem Unterhaltsschuldner mindestens zu belassende Eigenbedarf kann in zulässiger Weise nach dem in der Düsseldorfer Tabelle und den Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen sogenannten eheangemessenen Selbstbehalt bemessen werden (BGH, Beschluss vom 27.04.2016 - XII ZB 485/14):

„... aa) Der Anspruch auf Familienunterhalt nach den §§ 1360, 1360 a BGB lässt sich zwar nicht ohne weiteres nach den zum Ehegattenunterhalt nach Trennung oder Scheidung entwickelten Grundsätzen bemessen. Seinem Umfang nach umfasst der Anspruch auf Familienunterhalt gemäß § 1360 a BGB alles, was für die Haushaltsführung und die Deckung der persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und eventueller Kinder erforderlich ist. Sein Maß bestimmt sich aber nach den ehelichen Lebensverhältnissen, so dass der Senat in Fällen der Konkurrenz mit anderen Unterhaltsansprüchen § 1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen hat (Senatsurteil BGHZ 196, 21 = FamRZ 2013, 363 Rn. 33 mwN; BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 30).

Der insofern anzuwendende Halbteilungsgrundsatz ist indessen nur auf den Regelfall zugeschnitten und dient dazu, das für Konsumzwecke zur Verfügung stehende Familieneinkommen bei gleichartiger Bedarfslage gerecht unter den Ehegatten aufzuteilen. Wird ein Ehegatte hingegen pflegebedürftig, so entsteht ihm aufgrund seiner Pflegebedürftigkeit ein besonderer, in der Regel existenznotwendiger Bedarf. Dieser wird, wie der vorliegende Fall zeigt, das Einkommen der Ehegatten nicht selten erreichen oder sogar übersteigen. Als unabweisbarer konkreter Bedarf kann er dann - insoweit ähnlich dem allgemeinen Mindestbedarf (vgl. Senatsurteile BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn. 25 ff. und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 32) - nicht auf einen hälftigen Anteil am Familieneinkommen beschränkt bleiben, sondern bemisst sich nach den für den Lebensbedarf des pflegebedürftigen Ehegatten konkret erforderlichen Kosten (vgl. OLG Düsseldorf NJW 2002, 1353; OLG Köln FamRZ 2010, 2076; OLG Celle FamRB 2016, 133). Der Bedarf kann in diesem Fall wie der Bedarf pflegebedürftiger Eltern im Rahmen des Elternunterhalts bemessen werden. Er bestimmt sich somit bei stationärer Pflege nach den Heim- und Pflegekosten zuzüglich eines Barbetrags für die Bedürfnisse des täglichen Lebens (vgl. Senatsurteile vom 21. November 2012 - XII ZR 150/10 - FamRZ 2013, 203 Rn. 15 ff. mwN und vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860).

bb) Aufgrund der Besonderheiten des Familienunterhalts ist der Senat bislang davon ausgegangen, dass abweichend von der regelmäßigen Rechtsnatur des Unterhalts die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen keine Voraussetzung des Unterhaltsanspruchs sei. Der Verpflichtete könne im Verhältnis zu seinem Partner seinen Beitrag zum Familienunterhalt nicht unter Hinweis darauf verweigern, er sei ohne Gefährdung seines Eigenbedarfs zur Unterhaltsleistung nicht in der Lage. Ein solches Verhalten wäre dem ehegemeinschaftlichen Prinzip fremd und widerspräche der familienrechtlichen Unterhaltsregelung (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - FamRZ 2006, 1010 Rn. 36 mwN; ebenso BVerfG FamRZ 1984, 346, 350 mwN; vgl. Wendl/Bömelburg Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 3 Rn. 43; NK-BGB/Kaiser 3. Aufl. § 1360 Rn. 14).

Diese Erwägungen beziehen sich indessen, wie das Oberlandesgericht richtig gesehen hat, auf den Regelfall des häuslichen Zusammenlebens der Familie. Beim häuslichen Zusammenleben kommen die vom Unterhaltspflichtigen an die Familie geleisteten Beiträge diesem selbst wieder zugute, indem sie auch für seine Lebensbedürfnisse Verwendung finden. Daher besteht in der Regel keine Veranlassung dazu, dem Ehegatten als Selbstbehalt einen Betrag zu belassen, der vergleichbar mit dem Trennungsunterhalt und dem nachehelichen Unterhalt zur Bestreitung seines eigenen Unterhalts bestimmt ist. Zugleich hat der Unterhaltspflichtige regelmäßig seinerseits einen Unterhaltsanspruch. Dieser richtet sich grundsätzlich auf einen gleichwertigen Beitrag des anderen Ehegatten zum Familienunterhalt und kann bei einem nicht erwerbstätigen Ehegatten etwa in der Haushaltsführung bestehen. Es dürfte auch tatsächlicher Handhabung von in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebenden Ehegatten entsprechen, dass sie - abgesehen von einer möglichen Vermögensbildung - die verfügbaren Geldmittel zum gemeinsamen Verbrauch verwenden. Reichen diese zur Bestreitung des Familienunterhalts nicht aus, werden - abgesehen von der Aufnahme von Konsumentenkrediten - folgerichtig Sozialleistungen beantragt werden müssen, wobei das Sozialrecht ebenfalls den Bedarf sämtlicher Familienmitglieder einbezieht und im Rahmen der Bedarfs- bzw. Einsatzgemeinschaft das Einkommen beider Ehegatten berücksichtigt (§§ 7 Abs. 3, 9 Abs. 2 SGB II; § 27 Abs. 2 SGB XII).

Vom Regelfall familiären Zusammenlebens in einer häuslichen Gemeinschaft, in dem bei den einzelnen Familienmitgliedern nur der Elementarbedarf als Regelbedarf anfällt, unterscheidet sich der Fall einer bei einem Ehegatten aufgetretenen Pflegebedürftigkeit wesentlich. Wegen des besonderen Mehrbedarfs des pflegebedürftigen Ehegatten, der seinerseits zu eigenen Familienunterhaltsleistungen nicht in der Lage ist, stellt sich die Frage der gleichmäßigen Verteilung aller verfügbaren Mittel (vgl. § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) nicht länger. Vielmehr übersteigen die Pflegekosten - wie im vorliegenden Fall - oftmals das gesamte Familieneinkommen und würden bei unbeschränkter Unterhaltspflicht des anderen Ehegatten der übrigen Familie die Mittel entziehen, die diese für den eigenen Lebensbedarf benötigt. Das würde dann folgerichtig etwa auch für minderjährige haushaltsangehörige Kinder gelten und dürfte schon mit deren nach § 1609 Nr. 1 BGB gegenüber dem Familienunterhalt des bedürftigen Ehegatten zu beachtenden unterhaltsrechtlichem Vorrang nicht zu vereinbaren sein.

Diese Erwägungen führen dazu, dass bei einem trotz fortbestehender ehelicher Lebensgemeinschaft wegen individueller besonderer Bedürfnisse eines Ehegatten zu dessen gesonderter Verwendung zu leistenden Unterhalt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen auch beim Familienunterhalt als Anspruchsvoraussetzung zu beachten ist. Dem Unterhaltspflichtigen muss daher in diesem Fall im Unterschied zum Fall des häuslichen Zusammenlebens auch beim Familienunterhalt der angemessene eigene Unterhalt als Selbstbehalt belassen werden. Das Oberlandesgericht hat diesen mit dem sogenannten Ehegattenselbstbehalt (vgl. Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683, 685 f.) bemessen und hat sich hierfür auf eine insoweit dem Trennungsunterhalt vergleichbare Situation berufen (ebenso OLG Düsseldorf NJW 2002, 1353; OLG Köln FamRZ 2010, 2076; OLG Celle FamRB 2016, 133).

Dem ist zuzustimmen. Das Oberlandesgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die vorliegende Konstellation der Trennungssituation weitgehend angenähert ist. Zwar ist zusammenlebenden Ehegatten grundsätzlich ein höheres Maß an ehelicher Solidarität abzuverlangen als nach der Trennung. Tritt hingegen die stationäre Pflegebedürftigkeit ein, so ist auch beim Familienunterhalt eine übermäßige Belastung des Unterhaltspflichtigen mit den Pflegekosten zu vermeiden. Der Unterhaltspflichtige wird zudem bei Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht selten weiterhin Fürsorge für den pflegebedürftigen Ehegatten wahrnehmen und diese etwa in Form von Besuchen, Organisation der Pflege oder sonstiger immaterieller Unterstützung leisten. Würde sich in dieser Situation ein Unterschied zwischen Familienunterhalt und Trennungsunterhalt ergeben, stünde der Ehegatte besser, der sich zur Trennung vom pflegebedürftigen Ehegatten entschließt, was nicht zuletzt diesen weiter beeinträchtigen dürfte.

Ob darüber hinaus dem Unterhaltspflichtigen auch gegenüber dem konkreten Bedarf des Unterhaltsberechtigten generell die Hälfte seines Einkommens als Selbstbehalt zu belassen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 33 ff.), erscheint naheliegend, bedarf in der vorliegenden Fallkonstellation eines den Ehegattenselbstbehalt nur geringfügig übersteigenden Einkommens aber keiner Entscheidung.

Dass sich durch einen gegenüber der (bisherigen) sozialhilferechtlichen Bedarfs- und Leistungsermittlung erhöhten Betrag des dem unterhaltspflichtigen Ehegatten unterhaltsrechtlich zuzubilligenden Eigenbedarfs (Selbstbehalt) eine Deckungslücke hinsichtlich der Heimkosten ergibt, stellt schließlich keinen entscheidenden Hinderungsgrund dar. Da es der Ehefrau insoweit an einem dem sozialhilferechtlich der Einsatzgemeinschaft zugerechneten Einkommen korrespondierenden Unterhaltsanspruch mangelt, ist es vielmehr Aufgabe der Sozialhilfe, im Rahmen der gebotenen Existenzsicherung auch für den noch offenen Betrag durch ergänzende Leistungen aufzukommen. Dies entspricht etwa der Lage, wie sie sich bei einem Ausschluss des Anspruchsübergangs auch in anderen Fällen ergibt (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 206, 177 = FamRZ 2015, 1467 Rn. 31 ff.).

cc) Das Oberlandesgericht hat dementsprechend zu Recht den nach seinen Leitlinien für die streitbefangene Zeit maßgebenden Selbstbehaltssatz angewendet. Dass dieser nach einem Zwischenbetrag aus dem sogenannten angemessenen und dem notwendigen Selbstbehalt bemessen ist, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zwar erspart der Antragsgegner - wie vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin im Senatstermin zutreffend geltend gemacht worden ist - durch die Heimpflege der Antragstellerin Kosten, die im Fall einer fortbestehenden häuslichen Gemeinschaft der Ehegatten anfallen würden. Daraus kann sich aber schon deshalb keine andere Beurteilung ergeben, weil der Selbstbehalt bereits auf den Bedarf eines alleinstehenden Unterhaltspflichtigen zugeschnitten ist. ..."

***

Schließt die Gläubigerin eines Anspruchs auf Betreuungsunterhalt aus § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB aufgrund einer fehlerhaften Beratung durch ihren Rechtsanwalt über den Fortbestand des Anspruchs bei Eheschließung die Ehe mit einem neuen Partner, kann der Wegfall des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt durch den Anspruch auf Familienunterhalt kompensiert werden (BGH, Urteil vom 16.03.2016 - XII ZR 148/14):

„... Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen unrichtiger anwaltlicher Auskunft.

Die Klägerin ist Mutter einer im Oktober 2010 nichtehelich geborenen Tochter. Sie beauftragte den Beklagten, der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht ist, mit der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen den Vater ihres Kindes.

In einer E-Mail vom 4. Mai 2011 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie in einer neuen Partnerschaft lebe und eine Heirat sowie weitere Kinder plane. Auf den Unterhalt nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB, der ihr bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres zustehe, wolle sie einerseits nicht verzichten, andererseits aber auch nichts mehr mit dem Kindesvater zu tun haben. Sie regte daher an, sich mit diesem auf eine Hochrechnung ihres Unterhalts für die drei Jahre zu einigen. Sollte dieser daran kein Interesse haben, sei sie auch gern bereit, bis zum Ablauf ihres Unterhaltsanspruchs in "wilder Ehe" mit getrennten Wohnungen zu leben, um "voll zu kassieren". Sie bat den Beklagten um Rat für das weitere Vorgehen.

Der Beklagte antwortete mit E-Mail vom 17. Mai 2011, der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB bestehe mindestens für die dreijährige Regelbetreuung der Tochter und dauere auch fort, wenn die Klägerin heiraten oder in anderer "Lebenspartnerschaft" leben sollte. Sie müsse nicht in "wilder Ehe" leben. Die Eheschließung ändere grundsätzlich nichts am Unterhaltsanspruch gegen den Kindesvater.

Die Klägerin heiratete daraufhin im August 2011. Ihr Ehemann ist leitender kaufmännischer Angestellter mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 7.200 €. Die Klägerin verlangt Schadensersatz wegen entgangenen Unterhalts nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB für die Zeit von der Eheschließung bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes in Höhe von 31.173 €.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin. ... Die Revision bleibt ohne Erfolg. ..."

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Die (Inzident-)Anerkennung einer vor dem 18. Juni 2011 ergangenen und ursprünglich in den Anwendungsbereich der Brüssel I-Verordnung fallenden ausländischen Unterhaltsentscheidung richtet sich in einem nach dem 18. Juni 2011 eingeleiteten Abänderungsverfahren nach den Vorschriften der Europäischen Unterhaltsverordnung über die Anerkennung und Vollstreckung exequaturbedürftiger Titel (Art. 75 Abs. 2 iVm Art. 23 ff. EuUnthVO).

Kann die Verfahrensführungsbefugnis eines Kindes in einem Verfahren zur Abänderung einer ausländischen Entscheidung zum Kindesunterhalt nicht an dessen formelle Parteistellung im Erstverfahren angeknüpft werden (etwa weil die Ausgangsentscheidung in einem Verfahren zwischen seinen Eltern ergangen ist), hängt diese davon ab, ob die abzuändernde ausländische Unterhaltsentscheidung für und gegen das Kind wirkt; diese Frage ist nach dem Recht des Entscheidungsstaates zu beurteilen (im Anschluss an Senatsurteile vom 29. April 1992, XII ZR 40/91, FamRZ 1992, 1060 und vom 1. Juni 1983, IVb ZR 386/81, FamRZ 1983, 806). In einem nach dem 18. Juni 2011 eingeleiteten Unterhaltsverfahren (hier: Abänderungsverfahren) mit Auslandsbezug ist das maßgebliche Kollisionsrecht dem Haager Unterhaltsprotokoll zu entnehmen. Dies gilt im Verhältnis der durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebundenen EU-Staaten auch, soweit das Verfahren Unterhaltszeiträume vor dem Inkrafttreten des Haager Unterhaltsprotokolls am 18. Juni 2011 umfasst. Das einem abzuändernden ausländischen Unterhaltstitel zugrundeliegende Sachrecht kann in einem in Deutschland betriebenen Abänderungsverfahren grundsätzlich nicht ausgetauscht werden, sondern bleibt für Art und Höhe der anzupassenden Unterhaltsleistung weiterhin maßgeblich; dies gilt nicht, wenn nach Erlass der abzuändernden Entscheidung infolge eines Aufenthaltswechsels der unterhaltsberechtigten Person ein vom deutschen Kollisionsrecht beachteter Statutenwechsel (Art. 3 Abs. 2 HUP) eingetreten ist (Fortführung von Senatsurteil vom 1. Juni 1983, IVb ZR 386/81, FamRZ 1983, 806; BGH, Beschluss vom 10.12.2014 - XII ZB 662/13).

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Wegen der sich aus der Regelung des § 850d ZPO ergebenden rechtlichen Schwierigkeiten bei der Pfändung aus einem Unterhaltstitel ist es in der Regel erforderlich, einem Unterhaltsgläubiger, dem Prozesskostenhilfe für die Stellung eines Antrags auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gewährt wird, einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt beizuordnen (BGH, Beschluss vom 09.08.2012 - VII ZB 84/11).

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Aus der Verpflichtung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft folgt ihr wechselseitiger Anspruch, sich über die für die Höhe des Familienunterhalts maßgeblichen finanziellen Verhältnisse zu informieren. Geschuldet wird die Erteilung von Auskunft in einer Weise, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Die Vorlage von Belegen kann nicht verlangt werden (BGH, Urteil vom 02.06.2010 - XII ZR 124/08 zu BGB §§ 1605 Abs. 1, 1353 Abs. 1 Satz 2, 1360, 1360 a):

„... 1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR Jena 2008, 823 veröffentlicht ist, hat angenommen, dass dem Kläger gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf grobe Information über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau zustehe (§ 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten sei der Unterhaltsanspruch gegen seine Ehefrau zu berücksichtigen. Da der Beklagte nach den bisherigen Auskünften über Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit verfüge, die weit unter seinem notwendigen Selbstbehalt lägen, könne erst ein etwaiger Anspruch auf Familienunterhalt seine Leistungsfähigkeit begründen. Insofern komme in Betracht, dass der Familienunterhalt bis zur Höhe des Taschengeldes, das mit fünf bis sieben Prozent des zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens anzunehmen sei, für die Unterhaltsansprüche des Klägers herangezogen werde. Zur Feststellung des dem Beklagten zustehenden Anspruchs auf Familienunterhalt sei der Kläger aber auf die Mitteilung einkommensrelevanter Tatsachen der neuen Familie angewiesen. Dies gelte im vorliegenden Fall um so mehr, als der privilegiert volljährige Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe seines Unterhaltsanspruchs sowie die Haftungsanteile seiner Eltern trage und diesen Anforderungen ohne Kenntnis der Einkommensverhältnisse nicht genügen könne. Allerdings stehe dem Kläger nur ein Anspruch auf grobe Information hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der Ehefrau des Beklagten zu, da weiter gehende Auskünfte vom Beklagten rechtlich nicht zu beschaffen seien. Denn für den Familienunterhalt sehe das Gesetz derzeit keinen ausdrücklichen Auskunftsanspruch vor. Der Anspruch gegen den Beklagten auf Auskunftserteilung könne aber nicht weiter gehen als sein eigener Auskunftsanspruch, was insbesondere den Beleganspruch (§ 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB) betreffe. Vergleichbar sei der Umfang der Informationspflicht beim vorzeitigen Zugewinnausgleich (§ 1386 Abs. 3 BGB aF). Der Regelung liege die aus § 1353 BGB folgende Verpflichtung der Ehegatten zugrunde, sich während des Bestehens der Ehe wechselseitig über den Bestand des eigenen Vermögens zu informieren, wobei die Unterrichtung jedoch nur in groben Zügen, also im Sinne eines Überblicks mit groben Rastern, zu erfolgen habe und die Vorlage von Unterlagen nicht geschuldet werde. Daran anknüpfend schulde die Ehefrau des Beklagten diesem lediglich Auskunft über Eckpunkte ihrer Einkommensverhältnisse, ohne die einzelnen Einnahmen und Ausgaben detailliert darstellen zu müssen. Mit Rücksicht darauf werde es als ausreichend erachtet, hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit sowie aus Vermietung und Verpachtung auf den steuerlichen Gewinn/Verlust sowie hinsichtlich der Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit auf das Jahresnettoeinkommen abzustellen. Zwar könne hieraus nicht ohne weiteres auf das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen geschlossen, geschweige denn der Familienunterhaltsanspruch exakt berechnet werden. Mit Kenntnis der Eckdaten sei der Kläger aber in der Lage, die wirtschaftliche Situation der Familie in groben Zügen zu beurteilen. Darüber hinaus stelle sich eine solchermaßen begrenzte Auskunft auch als praktikabel für den Auskunftsverpflichteten dar, weil er die betreffenden Informationen ohne großen Aufwand erteilen könne.

Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

2. Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 50/08 - FamRZ 2010, 357).

3. a) Nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Der Auskunftsberechtigte soll dadurch die Möglichkeit erhalten, sich rechtzeitig Gewissheit über die jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu verschaffen, um seine Ansprüche genau zu berechnen und Einwendungen in begründeter Form vorbringen zu können sowie das Kostenrisiko für das Betragsverfahren zu begrenzen. Dabei ist der Auskunftsanspruch auf die Offenbarung der Verhältnisse des Auskunftspflichtigen gerichtet. Um die notwendigen Kenntnisse über die unterhaltsrelevanten Tatsachen zu erhalten, können indessen weitergehende Angaben erforderlich sein, als sie sich aus den vom Auskunftspflichtigen aus selbständiger oder nicht selbständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb, Vermögen, Vermietung und Verpachtung oder dergleichen erzielten Einkünften ergeben. Gleichermaßen von Bedeutung kann, etwa bei unzureichendem Einkommen des Unterhaltspflichtigen, sein, ob er seinerseits über Unterhaltsansprüche verfügt die seinen Eigenbedarf decken. Ob den Auskunftspflichtigen auch insoweit eine Unterrichtungspflicht trifft, wird in Rechtsprechung und Schriftum nicht einheitlich beurteilt.

b) Hierzu wird die Auffassung vertreten, der Auskunftspflichtige habe nur über seine eigenen Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, nicht dagegen über das Einkommen dritter Personen, demgemäß auch nicht über das Einkommen seines Ehegatten. Soweit es für die Frage der Unterhaltsverpflichtung eines wieder verheirateten Elternteils auf dessen Anspruch auf Familienunterhalt ankomme, sei dieser nach den allgemeinen Grundsätzen über die Darlegungs- und Beweislast im Hauptsacheverfahren zu klären (OLG Karlsruhe FamRZ 1993, 1481 zum Kindesunterhalt). Nach Auffassung des OLG München (OLGR 2000, 123) gibt es im Rahmen des Familienunterhalts keinen Auskunftsanspruch, weil § 1360 a Abs. 3 BGB nicht auf § 1605 BGB verweist. Danach wäre der auf Auskunft in Anspruch Genommene bereits nicht in der Lage, einem Auskunftsbegehren über das Einkommen seines Ehegatten zu entsprechen.

Diese Auffassung macht sich auch die Revision zueigen. Sie macht geltend, bei der Reichweite und dem Umfang des Auskunftsanspruchs sei grundsätzlich das verfassungsrechtlich geschützte Geheimhaltungsinteresse zu beachten. Zwar könne sich der Unterhaltspflichtige selbst im Hinblick auf die gesetzliche Bestimmung des § 1605 BGB auf dieses Interesse nicht mit Erfolg berufen. Anders stelle sich jedoch die Sachlage für einen Dritten, hier die Ehefrau des Beklagten, dar. Ihr werde nach Auffassung des Berufungsgerichts abverlangt, ihre Einkommensverhältnisse entsprechend der Tenorierung des angefochtenen Urteils umfassend preiszugeben, wenn auch über den Umweg einer ‚mittelbaren' Einschaltung des Beklagten. Im Ergebnis werde die Ehefrau des Beklagten damit so gestellt, wie wenn dem Kläger ein eigener Unterhaltsanspruch gegen diese zustünde, wofür es jedoch weder nach § 1605 BGB noch nach § 242 BGB eine Grundlage gebe. Damit kann die Revision nicht durchdringen.

c) aa) Der Senat hat zu einem im Rahmen des Elternunterhalts erhobenen Auskunftsverlangen entschieden, dass zwar ein gegenüber seinen Eltern Unterhaltspflichtiger von den Ehegatten seiner Geschwister nicht Auskunft über deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse beanspruchen kann. Denn in diesem Verhältnis besteht keine besondere Rechtsbeziehung in deren Folge sich aus dem - insofern allein in Betracht kommenden - § 242 BGB eine Auskunftspflicht ergeben könnte. Gleichwohl besteht für den Auskunftbegehrenden die Möglichkeit, die für die Bestimmung der anteiligen Haftung der Geschwister nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB erforderliche Kenntnis zu erlangen. Er kann nämlich seine Geschwister auf Auskunftserteilung in Anspruch nehmen. Diese haben nicht nur über ihre eigenen Einkommensverhältnisse Auskunft zu geben, sondern - auf Verlangen - zusätzlich Angaben über die Einkünfte ihrer Ehegatten zu machen, soweit solche erforderlich sind, um deren Anteil am Familienunterhalt bestimmen zu können (Senatsurteil vom 7. Mai 2003 - XII ZR 229/00 - FamRZ 2003, 1836, 1838 f. mit Anmerkung Strohal; ebenso Eschenbruch/Klinkhammer Unterhaltsprozess 5. Aufl. Kap. 5 Rn. 318; Johannsen/Henrich/Graba Familienrecht 5. Aufl. § 1605 Rn. 10; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 6. Aufl. Kap. IV Rn. 593; HK-FamR/Pauling § 1605 Rn. 2; Heiß/Born/Kleffmann Unterhaltsrecht Teil G Rn. 182).

bb) Eine dementsprechende Verpflichtung gilt auch für das auf § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB gestützte Auskunftsbegehren, mit dem das Kind eines aus eigenen Einkommensverhältnissen nicht leistungsfähigen, wieder verheirateten Elternteils von diesem Informationen über das Einkommen des neuen Ehegatten begehrt. Bei einem Anspruch aus § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt eine Unterrichtung des Auskunftsberechtigten auch über das Einkommen des Ehegatten sogar noch näher, denn der an den Unterhaltspflichtigen zu leistende Familienunterhalt lässt sich zwanglos unter die nach dem Wortlaut des § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB zu offenbarenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse fassen. Da der Anspruch auf Familienunterhalt nach seiner Ausgestaltung allerdings nicht auf Gewährung einer - frei verfügbaren - laufenden Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet ist, dass jeder von ihnen seinen Beitrag entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 366; vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24, 25 und vom 8. Juni 2005 - XII ZR 75/04 - FamRZ 2006, 26, 29) wird er grundsätzlich nicht beziffert. Zu seiner Darlegung sind deshalb die ihn beeinflussenden Einkünfte mitzuteilen.

Ein solches Verständnis steht auch mit dem Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs in Einklang. Eine Klärung der in Rede stehenden Einkommensverhältnisse erst im Rahmen des Rechtsstreits über den Unterhalt wäre hiermit nicht zu vereinbaren: Dem Unterhaltsgläubiger verbliebe das Risiko, zu geringen Unterhalt geltend zu machen bzw. im Fall einer zu hohen Unterhaltsforderung die mit dem teilweise Unterliegen verbundene Kostenbelastung (vgl. auch Hoppenz FamRZ 2008, 733, 735; Viefhues in juris PK-BGB 4. Aufl. 2008 § 1605 Rn. 24.2; Heiß/Born/Kleffmann aaO Teil G Rn. 181; vgl. auch Strohal FamRZ 2003, 1838, 1839).

cc) Auch ein von der Revision angeführtes Geheimhaltungsinteresse der Ehefrau steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Senats muss der Ehegatte eines Unterhaltspflichtigen es zum Beispiel hinnehmen, dass der Unterhaltspflichtige im Rahmen der zu belegenden Auskunft über sein Einkommen Steuerbescheide vorzulegen hat, die aufgrund einer Zusammenveranlagung der Ehegatten ergangen sind. In einem solchen Fall können zwar die Angaben geschwärzt werden, die von dem Auskunftsanspruch nicht umfasst werden. Soweit der Steuerbescheid aber Angaben enthält, in denen Beträge für Ehemann und Ehefrau zusammengefasst sind, bleibt es bei der Vorlagepflicht, falls insofern Auskunft zu erteilen ist. Wenn hierdurch Schlüsse auf die Verhältnisse des Ehegatten bezogen werden können, muss dies hingenommen werden (Senatsurteil vom 13. April 1983 - IVb ZR 374/81 - FamRZ 1983, 680, 682). Daraus ergibt sich, dass das Interesse des Auskunftbegehrenden dem Geheimhaltungsinteresse des Auskunftspflichtigen oder einem Dritten grundsätzlich vorgeht (st. Rechtsprechung, vgl. etwa Senatsurteil vom 6. Oktober 1993 - XII ZR 116/92 - FamRZ 1994, 28 f.).

dd) Diese Rechtsprechung wirkt sich auch auf die Erfüllung der Auskunftspflicht aus. Wenn und soweit die Kenntnis der Einkommensverhältnisse des Ehegatten erforderlich ist, weil diese eine Grundlage für die Beurteilung des Unterhaltsanspruchs bilden, muss der Ehegatte akzeptieren, dass seine Verhältnisse dem Auskunftsberechtigten bekannt werden. Der Ehegatte steht zwar außerhalb des Unterhaltsrechtsverhältnisses, weshalb er nicht auf Auskunft in Anspruch genommen werden kann. Wie die Revisionserwiderung zu Recht ausführt, ist er aber kein unbeteiligter Dritter, sondern mit dem Unterhaltspflichtigen verheiratet, und schuldet diesem seinerseits Familienunterhalt. Er muss es deshalb hinnehmen, dass seine Einkommensverhältnisse, soweit erforderlich, bekannt gegeben werden, wie er gleichermaßen akzeptieren müsste, wenn der Unterhaltspflichtige im Rahmen der Erteilung von Auskünften über bezogene Steuererstattungen beide Ehegatten betreffende Steuerbescheide nach den vorgenannten Maßgaben vorlegen müsste.

Dadurch steht der Ehegatte auch nicht so, als ob er selbst Auskunft erteilen müsste. Die Auskunftsverpflichtung nach Maßgabe des Berufungsurteils bleibt schon deshalb hinter den Anforderungen zurück, die für die Auskunftserteilung des Unterhaltspflichtigen über eigenes Einkommen gelten, weil keine Belege vorzulegen sind.

4. a) Hinsichtlich des Umfangs der geschuldeten Auskunft hat das Berufungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass dieser nicht weiter reichen kann, als dem Beklagten seinerseits ein Anspruch auf Information gegenüber seiner Ehefrau zusteht. Ein solcher Informationsanspruch ergibt sich während des Zusammenlebens der Ehegatten zwar nicht aus § 1605 Abs. 1 BGB, da in den den Familienunterhalt betreffenden Bestimmungen der §§ 1360, 1360 a BGB - anders als in dem für die Zeit des Getrenntlebens maßgebenden § 1361 Abs. 4 BGB - nicht auf § 1605 BGB verwiesen wird. Ehegatten haben aber nach der Generalklausel der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB) einander wenigstens in groben Zügen über die von ihnen vorgenommenen Vermögensbewegungen zu unterrichten (Senatsurteil vom 5. Juli 2000 - XII ZR 26/98 - FamRZ 2001, 23, 25; BGH Urteil vom 25. Juni 1976 - IV ZR 125/75 - FamRZ 1978, 677, 678; OLG Karlsruhe FamRZ 1990, 161, 162) sowie sich über den Bestand des eigenen Vermögens zu informieren (OLG Brandenburg FamRZ 2008, 1441, 1442; MünchKomm/Koch 5. Aufl. §§ 1385, 1386 Rn. 25; Staudinger/Thiele BGB [2007] § 1386 Rn. 23).

b) In Rechtsprechung und Schriftum ist dieser Maßstab auch auf die Verpflichtung zur Unterrichtung über das laufende Einkommen der Ehegatten übertragen worden (OLG Karlsruhe FamRZ 1990, 161, 162; Staudinger/Voppel aaO § 1353 Rn. 97; MünchKomm/Roth aaO § 1353 Rn. 38; Wendel/Dose aaO § 1 Rn. 664; Heiß/Born/Kleffmann aaO Teil G Rn. 181; Palandt/Brudermüller BGB 69. Aufl. § 1353 Rn. 13).

Im Schrifttum wird allerdings auch die Auffassung vertreten, der Anspruch gehe nicht nur auf eine Information in groben Zügen, sondern umfasse dieselben Auskunftspflichten wie nach § 1605 Abs. 1 BGB. Dass der Anspruch während des Zusammenlebens der Ehegatten schwächer sein solle als im Fall des Getrenntlebens, lasse sich aus § 1353 BGB nicht ableiten (Schwab/Borth aaO Kap. IV Rn. 590; Eschenbruch/Klinkhammer aaO Kap. 5 Rn. 308).

c) Der Senat teilt im Grundsatz die zuletzt genannte Meinung. Ehegatten haben nach den §§ 1360, 1360 a BGB einen Anspruch auf Familienunterhalt. Dieser kann aber nur bei genauer Kenntnis der Einkommensverhältnisse des anderen Ehegatten beziffert werden. Aus der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB) folgt deshalb auch der wechselseitige Anspruch, sich über die für die Höhe des Familienunterhalts und eines Taschengeldes maßgeblichen finanziellen Verhältnisse zu informieren. Seinem Umfang nach geht dieser Anspruch nicht nur auf eine Unterrichtung in groben Zügen, da eine derart eingeschränkte Kenntnis den Ehegatten nicht in die Lage versetzten würde, den ihm zustehenden Unterhalt zu ermitteln. Geschuldet wird deshalb die Erteilung von Auskunft in einer Weise, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Die Auskunftspflicht entspricht damit derjenigen, wie sie nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht. Eine solche Verpflichtung läuft nicht etwa dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme der Ehegatten zuwider; diese erfordert vielmehr gerade, den anderen ausreichend über die eigenen Einkommensverhältnisse zu unterrichten.

Nicht geschuldet wird allerdings die Vorlage von Belegen oder die eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben. Eine solche Kontrollmöglichkeit wäre mit dem in einer Ehe herrschenden Vertrauen nicht zu vereinbaren (aA Borth aaO Kap. IV Rn. 590 und Klinkhammer aaO Kap. 5 Rn. 308, die auch eine Belegpflicht bejahen).

d) Da der Beklagte mithin von seiner Ehefrau Angaben über ihre unterschiedlichen Einkünfte verlangen kann, ist er jedenfalls im Stande, dem Kläger die dem Berufungsurteil entsprechende Auskunft zu erteilen. Danach ist auch der Umfang der ausgeurteilten Auskunft rechtlich nicht zu beanstanden.

5. Dass die in Rede stehenden Angaben zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs des Klägers erforderlich sind, hat das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision unbeanstandet bejaht. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Wiederverheiratung eines unterhaltspflichtigen Elternteils unterhaltsrechtlich beachtlich; denn es kann sich zum Vorteil des Kindes auswirken, dass der aus eigenen Einkünften nicht leistungsfähige Elternteil einen Anspruch auf Familienunterhalt hat, so dass sein Bedarf hierdurch gedeckt sein kann und ihm aus eigenem Einkommen und Taschengeld freie Mittel zur Unterhaltsleistung verbleiben (vgl. Senatsurteile BGHZ 169, 200, 212 ff. = FamRZ 2006, 1827, 1830 f. und vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24 f. jeweils mwN). ..."

***

Ein Unterhaltsschuldner, der nur Teilleistungen auf den geschuldeten Unterhalt erbringt, gibt auch dann Veranlassung für eine Klage auf den vollen Unterhalt, wenn er zuvor nicht zur Titulierung des freiwillig gezahlten Teils aufgefordert worden ist (BGH, Beschluss vom 02.12.2009 - XII ZB 207/08 zu ZPO § 93; FamFG § 243 Nr. 4).

*** (OLG)

„... I. Die Beschwerde des Antragsgegners richtet sich gegen seine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten der Erstausstattung seines Sohnes sowie die Verpflichtung zur Bezahlung rückständigen und laufenden Unterhalts gemäß § 1615l BGB an die Kindsmutter.

Die jeweils verheirateten und sonst kinderlosen Beteiligten hatten eine außereheliche Beziehung, aus der der gemeinsame Sohn K., geboren am 4.7.2013, hervorging. Die Antragstellerin hatte sich vorübergehend (ab Mai 2011) wegen des Antragsgegners auch von ihrem Ehemann getrennt, wobei der Antragsgegner die außereheliche Beziehung nach Feststellen der Schwangerschaft aufgegeben hatte. Beide Elternteile leben mittlerweile (wieder) mit ihren jeweiligen Ehepartnern zusammen. Die Vaterschaft des Antragsgegners wurde nach Einholung eines Abstammungsgutachtens im Vaterschaftsanfechtungsverfahren 6 F 1274/13 vom AG Reutlingen festgestellt.

Die Antragstellerin war bis zur Geburt von K. und jetzt wieder seit 1.7.2015 berufstätig bei der K. GmbH & Co. KG, wo sie vor der Geburt des Sohnes rund 2.400,-- € netto monatsdurchschnittlich verdient hatte. Ihr Ehemann C. J. verfügt über ein geringeres monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen.

Der Antragsgegner hatte von Juni 2013 bis Mai 2014 seinen Angaben nach ein monatliches (Steuer-)bruttoeinkommen von rund 7.905,-- € (netto ca. 4.200,-- €) ohne Erfolgsprämie, ebenfalls bei der K. GmbH & Co. KG. Seine teilzeitbeschäftigte Ehefrau verdient bei der D. monatsdurchschnittlich netto ca. 900,-- €.

Die Antragstellerin lässt sich das Elterngeld in Höhe von 900,-- € in vollem Umfang auf ihren Bedarf anrechnen und macht von ihrem Restbedarf nur die Hälfte in Höhe von 750,-- € als Unterhaltsanspruch gegen die Antragsgegner geltend. Nach der erstinstanzlichen Entscheidung teilte sie dem Antragsgegner (Bl. 203) mit Schreiben vom 4.8.2015 mit, dass sie ab 1.7.2015 keine Unterhaltsansprüche mehr gegen den Antragsgegner geltend mache, da sie mittlerweile wieder einer vollschichtigen Berufstätigkeit nachgehe.

Das Familiengericht hat den Antragsgegner antragsgemäß zur Erstattung der Erstausstattungskosten und einem monatlichen Unterhalt in Höhe von 750,-- € sowie Unterhaltsrückständen für die Zeit von Juli 2013 bis Januar 2015 in Höhe von 3.540,-- € verpflichtet.

Dagegen richtet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde und beantragt die Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses und Zurückweisung der Anträge.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass der Ehemann der Antragstellerin im Hinblick auf den Familienunterhaltsanspruch gemäß § 1360 BGB vorrangig unterhaltsverpflichtet sei. Der Beschwerdeführer habe daher die bisherigen Unterhaltsleistungen überzahlt und insoweit auch einen Rückforderungsanspruch gegen die Antragstellerin gemäß § 812 BGB, mit dem er bezüglich der Erstausstattungsforderung aufrechne.

Im Übrigen sei der Antragsgegner im Hinblick auf den Unterhaltsbedarf seiner Ehefrau, der entsprechend § 1609 Ziff. 2 BGB gleichrangig zu befriedigen sei, nicht leistungsfähig. Aufgrund der langen Dauer seiner am 15.1.1999 geschlossenen Ehe sei demgegenüber der Unterhaltsanspruch der Beschwerdegegnerin nicht vorrangig. Der angefochtene Beschluss sei zeitlich zu begrenzen bis einschließlich 30.6.2015, da die Beschwerdegegnerin ab 1.7.2015 nicht mehr unterhaltsbedürftig sei.

Mit dem Beschwerdeabweisungsantrag beruft sich die Antragstellerin darauf, dass ein voriger Anspruch der Beschwerdegegnerin gegen ihren Ehemann auf Familienunterhalt daran scheitere, dass jener ein geringeres Einkommen erziele. Im Übrigen werde dem Zusammenleben mit ihrem Ehemann im Hinblick auf den Unterhaltsanspruch dadurch Rechnung getragen, dass lediglich die Hälfte des Bedarfs in Höhe von 750,-- € monatlich geltend gemacht werde. Der Beschwerdeführer sei auch leistungsfähig, da er bis einschließlich November 2014 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 630,-- € bezahlt habe.

Der Senat hat von einer weiteren mündlichen Verhandlung gemäß § 68 Abs. 3 FamFG mangels neuen Erkenntnisgewinnes abgesehen und die Beteiligten auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen.

II. Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig, jedoch unbegründet. Die Antragstellerin hat einen Unterhaltsanspruch gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB gegen den Antragsgegner, der weder aufgrund einer Vorrangigkeit des Familienunterhaltsanspruchs gemäß §§ 1360, 1360a BGB gegen den Ehemann der Antragstellerin noch wegen einer Gleichrangigkeit der unterhaltsberechtigten Ehefrau des Antragsgegners gemäß § 1609 Ziff. 2 oder dessen Leistungsunfähigkeit entfällt. Der Betreuungsunterhaltsanspruch wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes K. ist auch nicht durch die analoge Anwendung des § 1586 Abs. 1 BGB, eine entsprechende Anwendung des § 1608 BGB oder durch den Rechtsgedanken und die analoge Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB ausgeschlossen.

a) Ein Rangverhältnis der Unterhaltsansprüche in der Form, dass der Anspruch gegen den Ehemann gemäß § 1360 BGB der stärkere ist und der gegen den nichtehelichen Vater gemäß § 1615 l BGB dahinter zurücktritt, gibt es nicht. Vielmehr wird in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zur anteiligen Haftung analog § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB bei konkurrierenden Betreuungsunterhaltsansprüchen der Mutter ehelicher und nichtehelicher Kinder gegen den getrennt lebenden Ehemann einerseits und den nichtehelichen Vater andererseits (BGH FamRZ 1998, 541) von einem Grundsatz gleichrangiger Unterhaltspflicht ausgegangen (KG NZFam 2015, 721; BGH FamRZ 08, 1739). Anders als in dem vom KG entschiedenen Fall und den zitierten Entscheidungen des BGH zur Aufteilung der Verantwortlichkeit zwischen dem Ehemann und dem Vater sind die beteiligten Eltern hier in ihren jeweiligen Ehen kinderlos. Im vorliegenden Fall liegt es sogar so, dass, wenn die Antragstellerin kein Kind bekommen hätte, sie auch gegenüber ihrem Ehemann im Falle des Getrenntlebens nicht unterhaltsbedürftig und unterhaltsberechtigt geworden wäre, da sie weiterhin in vollem Umfang erwerbstätig und damit gegenüber ihrem Ehemann in höherem Maße leistungsfähig geblieben wäre. Gerade in diesem Fall ist eine Alleinhaftung des nichtehelichen Vaters sachgerecht (vgl. Viefhus in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., juris PK-BGB, 7. Auflage 2014, § 1615l BGB RZ 214 m.w.N.).

b) Der streitgegenständliche Unterhaltsanspruch der Antragstellerin scheidet auch nicht wegen ihrer nach der Schwangerschaft wieder aufgenommenen und bis heute bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann entsprechend § 1586 Abs. 1 BGB aus. Im Gegensatz zu der Anwendung des §1586 Abs. 1 BGB in Fällen, in denen das nichteheliche Kind in den Schutzbereich der Ehe durch eine spätere Heirat der Eltern einbezogen wird, liegt hier ein Fall vor, in dem das nichteheliche Kind gerade in eine weiterhin bestehende eheliche Beziehung drängt. Nach der insoweit zutreffenden Rechtsprechung des Kammergerichts( a.a.O.) würde die analoge Anwendung des § 1586 BGB auf Fälle, in denen ein Kind außerehelich gezeugt wird, dies aber gerade nicht zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft und Begründung einer neuen Lebensgemeinschaft mit dem Vater des außerehelich gezeugten Kindes führt, auf eine Doppelanalogie des § 1586 BGB hinauslaufen. § 1586 Abs. 1 BGB setzt nämlich nicht nur eine Wiederheirat voraus, an deren Stelle vorliegend die Fortsetzung der Ehe treten soll, sondern außerdem, dass ein anderweitiger Unterhaltsanspruch bereits besteht, der durch die Wiederheirat zum Erlöschen gebracht wird. Der Anspruch aus § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB wird hier aber nicht durch die Fortsetzung der Ehe der Antragstellerin mit dem Ehemann zum Erlöschen gebracht, sondern soll angesichts bestehender Ehe erst gar nicht zur Entstehung gelangen. Insoweit kommt es hier auch nicht nur auf die Interessen- und Versorgungslage der Mutter, sondern auch auf die Sicht des unstreitig nicht leistungsfähigen Ehemannes der Mutter an, der an der Zeugung des Kindes unbeteiligt war und die damit einhergehende finanziellen Belastungen hinnehmen muss, will er weitergehende Auswirkungen auf sein Familienleben - wie etwa die Trennung von der Kindesmutter - vermeiden (so KG a.a.O.).

c) Auch der in § 1608 Satz 1 BGB normierte grundsätzliche unterhaltsrechtliche Vorrang des Ehegattens der Antragstellerin ist hier aufgrund der in § 1615l Abs. 3 Satz 2 BGB lege specialiter festgelegten Vorrangstellung und primären Unterhaltsverpflichtung des nichtehelichen Vaters nachrangig.

d) Der im Verwirkungsgrund des § 1579 Nr. 2 BGB enthaltene Rechtsgedanke führt hier ebenfalls nicht zum Wegfall der Betreuungsunterhaltsanspruchs der Antragstellerin. Entgegen der Verwirkungsgründe im Ehegattenunterhaltsrecht setzt § 1615 l Abs. 2 BGB ein (früheres) Zusammenleben und eine daraus resultierende engere Verbundenheit der Eltern gerade nicht voraus (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2011, 735). Insbesondere fehlt es auch an einer groben Unbilligkeit im Sinne des § 1579 BGB, weil die beteiligten Eltern nach der Geburt des Kindes zu keinem Zeitpunkt in eheähnlicher Gemeinschaft zusammengelebt und ein solches Zusammenleben jedenfalls ab der Schwangerschaft der Antragstellerin auch nicht geplant hatten, so dass ein im Rahmen des § 1579 Nr. 2 BGB vorausgesetzten Herauslösen aus der ehelichen Solidarität durch eine neue bzw. hier die „alte" Lebensgemeinschaft gerade nicht vorliegt, weshalb sich eine analoge Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB verbietet (so auch OLG Nürnberg a.a.O.).

2. Mit dem Familiengericht (vgl. schon den Hinweisbeschluss vom 1.6.2015, Bl. 149) geht auch der Beschwerdesenat davon aus, dass der Unterhaltsanspruch der Ehefrau des Antragsgegners hier nachrangig ist, da die Voraussetzungen des § 1609 Ziff.2 BGB nicht vorliegen. Eine Gleichrangigkeit gemäß § 1609 Ziff. 2 BGB setzt sowohl das Bestehen einer Ehe von langer Dauer als auch die Feststellung von Nachteilen im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB voraus.

a) Nachdem, wie unter b) ausgeführt wird, ein ehebedingter Nachteil der Ehefrau des Antragsgegners hier weder dargetan noch ersichtlich ist, kann letztlich dahingestellt bleiben, ob es sich bei der am 15.1.1999 geschlossenen Ehe des Antragsgegners um eine solche von langer Dauer handelt, da sie bis zur Geburt von K. 14,5 Jahre lang dauerte und bis zur Entscheidung über den Unterhaltsanspruch 16,5 Jahre. Nach der Rechtsprechung (vgl. dazu OLG Celle FamRZ 2009, 348 m.w.N.) dürfte es sich bei der vorliegenden Ehe um eine im unteren Bereich der „langen Dauer" anzusiedelnden handeln, da eine Ehe erst ab etwa 15 Jahren als „lang" angesehen wird. Dies ist jedoch hier nicht entscheidungsrelevant, da der 2. Rang jedenfalls nur dann gewahrt ist, wenn über das Zeitmoment hinaus der unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingte Nachteile erlitten hat (so jedenfalls der BGH FamRZ 2008, 1911 im Fall eines gemäß §§ 1609 Nr. 2,3 nachrangigen -geschiedenen- Ehegatten).

b) Nichts anderes muss aber in dem Fall der konkurrierenden verheirateten und -wie hier- kinderlosen Ehefrau gelten. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Ehefrau selbst bei Vorliegen eines ehebedingten Nachteils, wie er jedoch gerade nicht dargelegt ist, im Gegensatz zur Antragstellerin mangels Kinderbetreuung in der Lage ist, einen möglichen Nachteil z.B. durch Ausweitung ihrer Berufstätigkeit auszugleichen. Bei der Feststellung des ehebedingten Nachteils soll die Rechtsprechung zu § 1578b BGB zu beachten sein und ein solcher Nachteil folglich vorliegen, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (vgl. Viefhus a.a.O. § 1609 RZ 49 und 53 m.w.N.).

Zum Bestehen eines ehelichen Nachteils bei seiner teilzeiterwerbstätigen Ehefrau hat der Beschwerdeführer nichts vorgetragen. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die 50jährige Ehefrau weder aus gesundheitlichen noch aus ehebedingten Gründen in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist. Nachdem somit die Voraussetzungen einer Gleichrangigkeit der Antragstellerin und der Ehefrau des Antragsgegners gemäß § 1609 Ziff. 2 BGB nicht vorliegen, kommt eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens des Antragsgegners auch nicht in Betracht, da eine solche nur im Fall der Gleichrangigkeit durchgeführt wird (vgl. Viefhus a.a.O. § 1615 l RZ 218 ff.).

3. Auch der Höhe nach gibt es keinen Anlass zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung, wobei die Zugrundelegung eines (nur hälftigen) Bedarfs in Höhe von 750,-- € in Anlehnung an das Einkommen der Antragstellerin vor der Geburt von K. und nicht entsprechend ihrer ehelichen Lebensverhältnisse sich zugunsten des Antragsgegners auswirkt. Darüber hinaus hat der Beschwerdesenat auch keine Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners und der Wahrung der erforderlichen Deckelung durch den Halbteilungsgrundsatz bei dem geltend gemachten Bedarf der Antragstellerin. Den eigenen Angaben des Antragsgegners nach verfügt er über monatsdurchschnittliche Nettoeinkünfte von 4.138,-- € (Bl. 92), abzüglich berufsbedingter

Aufwendungen somit in Höhe von 3.931,00 €
abzüglich Kindesunterhalt in Höhe von 390,00 €
zuzüglich Wohnwert in Höhe von 1.000,00 €
insgesamt 4.541,00 € monatlich.

Selbst bei der Berücksichtigung der behaupteten monatlichen Belastungen und Schulden des Antragsgegners in Höhe von 2.172,54 € ist der Antragsgegner damit noch leistungsfähig für den geltend gemachten Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 750,-- €.

4. Soweit der Antragsgegner die Zurückweisung des Unterhaltsanspruchs für den Zeitraum ab dem 1.7.2015 geltend macht, so hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren weder den Wegfall der Bedürftigkeit nach dem 1.7.2015 ausdrücklich geltend gemacht (Bl. 241) noch demgegenüber signalisiert, dass bei einem Wegfall des Bedarfs - wie behauptet - der titulierte Unterhaltsanspruch für diesen Zeitraum weiter verfolgt oder gar vollstreckt werden wird (vgl. Bl. 209). Insoweit besteht derzeit kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs. ..." (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.12.2015 - 18 UF 123/15)

***

„... A. Da das Vollstreckungsabwehrverfahren zeitlich nach dem 01.09.2009 eingeleitet worden ist, richtet es sich gemäß Art. 111 I FG-RG nach neuem Recht.

B. Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin vom 14.7.2010 ist als sofortige Beschwerde nach §§ 113 I S. 2 FamFG, 127 II S. 2 ZPO statthaft.

Es ist zulässig, insbesondere fristgerecht gemäß §§ 113 I S. 2 FamFG, 127 II S. 3 ZPO eingelegt worden.

C. In der Sache ist die sofortige Beschwerde allerdings nicht begründet.

Zu Recht hat das Amtsgericht eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne der §§ 113 I S. 2 FamFG, 114 S. 1 ZPO für die Verteidigung der Antragsgegenerin gegen den Antrag des Antragstellers auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vor dem Amtsgericht Marl vom 03.06.2005 unter dem Az: 12 F 455/03 abgelehnt. Nach summarischer Prüfung ist die Zwangsvollstreckung der Antragsgegnerin aus diesem Vergleich wegen Trennungsunterhaltes ab dem 01.01.2010 unzulässig im Sinne der §§ 113 I S. 2 FamFG, 767 ZPO.

1. Zwar haben sich die Beteiligten erstmals bereits im Jahr 2003 getrennt. Daraufhin sind sowohl das Ehescheidungsverfahren unter dem Az: 12 F 151/04 als auch das erste Trennungsunterhaltsverfahrens unter dem Az: 12 F 455/03 eingeleitet worden.

2. Danach haben die Beteiligten allerdings zwischen dem 01.04.2008 und dem 01.04.2009 wieder zusammengelebt.

a) Im Rahmen ihrer Ehescheidung unter dem Az: 12 F 151/04 hatten die Beteiligten bereits unter dem 15.02.2006 "aus familiären und persönlichen Gründen" übereinstimmend das Ruhen des Verfahrens beantragt. Noch am 27.04.2009 haben sie dem Amtsgericht gegenüber per Fax mitgeteilt, sich in einer "neuen Familienberatung" zu befinden. Erst weitere 5 Monate später hat der Antragsteller unter dem 26.09.2009 die Wiederaufnahme des Verfahrens begehrt.

b) In diesem Zusammenhang hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 06.01.2010 unter dem Az: 12 F 151/04 vorgetragen, die Beteiligten seien zum 01.04.2008 wieder zusammengezogen. Der Antragsteller sei in die Wohnung der Antragsgegnerin gezogen. Seit diesem Zeitpunkt hätten beide Beteiligten zusammengelebt. Erst zum 01.04.2009 sei es zu einer "neuerlichen" Trennung gekommen, und der Antragsteller habe versprochen, die eheliche Wohnung zu verlassen.

Dies sei erst zum 10.12.2009 geschehen. Zuvor hätten die Beteiligten zusammen gelebt, gemeinsame Urlaube verbracht und Familienbesuche unternommen.

c) In einem nachfolgenden Schriftsatz vom 04.02.2010 hat die Antragsgegnerin noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es im Zusammenhang mit dem Zusammenzug der Beteiligten zum 01.04.2008 zu einer Versöhnung zwischen ihnen gekommen sei. "De facto" hätten sie ihre Scheidungsanträge zurückgenommen.

d) Vor diesem Hintergrund ging die Antragsgegnerin im Januar 2010 sogar davon aus, dass das gesamte Ehescheidungsverfahren bereits abgeschlossen und abgerechnet worden sei.

3. Aufgrund des zwischenzeitlichen Zusammenlebens der Beteiligten ist der ursprüngliche Anspruch der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller auf Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB durch einen Anspruch auf Familienunterhalt nach den §§ 1360, 1360 a BGB abgelöst worden. Die unterschiedliche rechtliche Qualität dieser Ansprüche hat den im Vergleich vom 03.06.2005 unter dem Az: 12 F 455/03 titulierten Anspruch der Antragsgegnerin auf Trennungsunterhalt erlöschen lassen. Dieser Anspruch lebt auch nach der erneuten Trennung der Beteiligten zum 01.04.2009 nicht wieder auf. Vielmehr muss er neu bemessen und tituliert werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 10.03.1998, Az: 10 WF 280/97, FamRZ 1999, 30, Juris, Rdnr. 3; OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.01.1992, Az: 6 UF 140/91, FamRZ 1992, 943, Juris, Rdnr. 2; OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.06.1982, Az: 17 WF 37/82, FamRZ 1982, 1012, Juris, Rdnr. 3).

4. Folgerichtig hat die Antragsgegnerin aufgrund ihrer erneuten Trennung ein zweites Trennungsunterhaltsverfahren vor dem Amtsgericht Marl unter dem Az: 12 F 484/09 eingeleitet. In der Antragsschrift vom 23.10.2009 hat sie zwar auf das Ehescheidungsverfahren unter dem Az: 12 F 151/04, nicht aber auf den Vergleich vom 03.06.2005 unter dem Az: 12 F 455/03 zum Trennungsunterhalt Bezug genommen. Das Datum der "neuerlichen" Trennung hat die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang ebenfalls mit April 2009 angegeben.

5. Es wird nicht verkannt, dass die Beteiligten bereits unter dem 27.10.2008 eine privatschriftliche Vereinbarung getroffen haben, wonach sie ihren "Versöhnungsversuch seit April 2008" für gescheitert erachteten. Selbst unter Zugrundelegung einer zweiten Trennung bereits im Oktober 2008 hätten sie jedoch für einen Zeitraum von wenigstens 6 Monaten zusammengelebt. Für die Annahme einer lediglich vorübergehenden Versöhnung wäre auch unter diesen Voraussetzungen kein Raum (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 30.01.1986, Az: 1 WF 20/86, NJW-RR 1986, 554, 555, Juris, Leitsatz; Palandt-Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Auflage, § 1361, Rdnr. 9)

6. Schließlich wird nicht übersehen, dass die Beteiligten in die privatschriftliche Vereinbarung vom 27.10.2008 auch eine Trennungsunterhaltsverpflichtung des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin in Höhe von monatlich 1.100,00 € aufgenommen haben. Hierdurch haben sie allerdings in Übereinstimmung mit der bestehenden Rechtslage gehandelt. Denn mangels eines fortbestehenden Unterhaltstitels war die Unterhaltsfrage nach der zweiten Trennung der Beteiligten erneut regelungsbedürftig.

Dementsprechend ist zwar die Unterhaltshöhe aus dem Vergleich vom 03.06.2005 übernommen worden. Eine Bezugnahme auf diesen Unterhaltstitel ist aber nicht erfolgt. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 24.01.2011 - II-2 WF 277/10)

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„... Der beabsichtigten Klage kann in dem aus dem Tenor des Beschlusses ersichtlichen Umfang eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abgesprochen werden. Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Familienunterhalt gem. §§ 1360, 1360 a BGB. Denn der Umstand, dass ein Ehegatte in einem Pflegeheim aufgenommen wird, führt noch nicht zu einer Trennung im Sinne des § 1567 BGB, so dass ein Unterhaltsanspruch nach § 1361 BGB nicht in Betracht kommt (OLG Nürnberg, FamRZ 08, 788 f. = juris RN 11; Staudinger/Voppel, Neubearbeitung 2007, § 1360 BGB RN 12; MK-BGB/ Weber-Monecke, 5. Aufl. 2010, § 1360 BGB RN 2; Wendl/Staudigl/Scholz, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 3 RN 5, 34). Auch nur ansatzweise nachvollziehbare Gründe, weshalb die Parteien gleichwohl getrennt leben sollen, lassen sich den vorgelegten Schreiben und Bescheiden des Sozialamts der Stadt C. nicht entnehmen. Die dort vorgenommene abweichende Beurteilung hat zudem für die von den Familiengerichten zu treffenden unterhaltsrechtlichen Entscheidungen keinerlei Bindungswirkung.

Nach der Rspr. des BVerfG (BVerfGE 66, 84 ff = NJW 1984, 1523, 1525 = FamRZ 1984, 346, 350) und des BGH (NJW 2006, 2402, 2407 = FamRZ 2006, 1010, 1014) kann der Verpflichtete im Verhältnis zu seinem Partner seinen Beitrag zum Familienunterhalt nicht unter Hinweis darauf verweigern, er sei ohne Gefährdung seines Eigenbedarfs zur Unterhaltsleistung nicht in der Lage. Nach dieser Auffassung, die auch in der Literatur Zustimmung erfährt (Weber-Monecke a.a.O. RN 5; Heiß/Born, Unterhaltsrecht, Kap. 11 RN 6; Eschenbruch in Unter-haltsprozess, 5. Aufl., Kap 1 RN 60; Massfeller/Böhmer/Coester, Familienrecht, § 1360 BGB RN 4: "… haben die Eheleute miteinander alles gemeinsam zu verbrauchen und evtl. gemeinsam Sozialhilfe zu beantragen"), kann der Antragsgegner sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er benötige die von ihm bezogenen Renten, um seinen eigenen Bedarf zu decken und sei damit nicht in der Lage, der Antragstellerin Familienunterhalt zu gewähren. Im Hinblick auf diese höchstrichterliche Rechtsprechung kann der Antragstellerin nicht auf Grund der Erwägungen im angefochtenen Beschluss die Prozesskostenhilfe verweigert werden.

Aber auch wenn von dieser für die Antragstellerin günstigen Rechtsauffassung ausgegangen wird, hat die beabsichtigte Klage nur zum Teil Aussicht auf Erfolg. Die Antragstellerin kann nämlich keinesfalls von dem Gesamtrenteneinkommen der Parteien von knapp 982 € einen Anteil von 689 € für sich beanspruchen, wie sie es ausweislich der Berechnung im Schriftsatz vom 3.12.2009 (GA 40/1) tut, mit der Folge, dass sich der Antragsgegner mit einem Rest von nur knapp 293 € begnügen muss. Für eine derartige Bevorzugung der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner gibt es nicht die geringste Rechtfertigung, zumal der Bedarf des Antragsgegners im Hinblick auf die Kosten der Heimunterbringung höher zu veranschlagen ist als der der Antragstellerin. Bei der günstigsten für die Antragstellerin möglichen Betrachtungsweise kann ihr als Anspruch gegen den Antragsgegner nur die Hälfte des Gesamteinkommens unter Anrechnung des darin enthaltenen eigenen Einkommens zugeteilt werden (vgl. Weber-Monecke a.a.O. RN 3), also ein Betrag von 982 € : 2 - 75 € = 416 €. Damit verfügen beide Ehegatten über einen Anteil von 491 € am Gesamteinkommen.

Nicht zu verkennen ist allerdings, dass diese strikte Aufteilung des Familieneinkommens im Rahmen der §§ 1360, 1360a BGB unabhängig von einem Selbstbehalt des Anspruchsgegners nicht unumstritten ist. So wird in der Literatur auch bei grundsätzlicher Anerkennung des Grundsatzes, dass sich im Rahmen des Familienunterhalts einer der Ehegatten nicht auf beschränkte Leistungsfähigkeit oder einen Selbstbehalt berufen kann, angenommen, dass ihm gleichwohl sein Existenzminimum zu belassen ist (Staudinger/Voppel, a.a.O. § 1360 RN 15; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl., § 21 RN 19), was bei der vorstehend vorgenommen Verteilung des Renteneinkommens des Antragsgegners nicht mehr der Fall wäre. Desweiteren wird für Fälle in denen - wie vorliegend - der Familienunterhalt als Geldrente zu bemessen ist, die Auffassung vertreten, dass auf die Selbstbehaltsbeträge der Unterhaltsleitlinien abzustellen ist (Wendl/Staudigl/Scholz a.a.O. § 3 RN 7, 34; ähnlich OLG Düsseldorf NJW 2002, 1353 für den umgekehrten Fall, in dem es um die Bemessung des Unterhaltsanspruchs des im Pflegeheim lebenden Ehegatten gegen den anderen Ehegatten mit höheren Einkünften geht; dem sich anschließend Jauernig, BGB, 13. Aufl., §§ 1360, 1360a RN 6). Ob diese Auffassungen nicht vorzugswürdig sind, kann im summarischen Prozesskosten-hilfeprüfungsverfahren allerdings dahinstehen, da es der Antragstellerin mit Blick auf die für sie günstige Rechtsauffassung der höchsten Gerichte nicht verwehrt werden kann, unter Kostenbefreiung den Rechtsweg zu beschreiten.

Die Parteien sollten erwägen, sich im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen - zweckmäßigerweise unter Einbeziehung des Sozialamts - zu verständigen, statt einen Rechtsstreit zu führen. Das von der Antragstellerin angestrebte Ziel, aus dem Gesamteinkommen soviel zugeteilt zu erhalten, dass sie ihren notwendigen Bedarf damit decken kann, lässt sich auf keinen Fall erreichen. Andererseits reicht selbst das volle Renteneinkommen des Antragsgegners (ca. 907 €) zzgl. des Pflegegelds (1.279 €) und des Pflegewohngelds (knapp 529 €) nicht aus, um seinen Bedarf (ca. 3.455 €) zu decken, so dass beide Ehegatten auf unterstützende Leistungen nach dem SGB XII angewiesen sind (die Antragstellerin nunmehr Grundsicherung im Alter und der Antragsgegner Hilfe zur Pflege). Damit dürfte es im wirtschaftlichen Endergebnis für die Parteien gleichgültig sein, wie sie das schmale Renteneinkommen intern verteilen.

Abschließend ist noch anzumerken, dass nicht nachvollziehbar ist, warum das Sozialamt der Stadt Bochum bei völlig unveränderter Sachlage am 14.5.2009 plötzlich zu der Auffassung gelangt ist, "unter den gegebenen Umständen" (?) könne "nicht mehr länger von einem ehelichen Zusammenleben ausgegangen werden", so dass die gesamte Rente des Antragsgegners für seinen Heimaufent-halt einzusetzen sei (und damit den Anlass für die Auseinandersetzung der Parteien geschaffen hat). Ein sachlicher Grund hierfür ist weder dem Schreiben selbst zu entnehmen noch sonst ersichtlich. Es dürfte sich bei den Beteiligten des hiesigen Verfahrens deshalb weiterhin um nicht getrennt lebende Ehegatten im Sinne von § 19 SGB XII handeln. Der Begriff des Getrenntlebens von Ehegatten im Sozialrecht richtet sich nämlich nach den familienrechtlichen Grundsätzen des BGB (BSG Urteil vom 18.02.2010 - B 4 AS 49/09 R -, zit. nach juris). Die Parteien führten seit der Verlegung des Antragsgegners in ein Pflegeheim eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt (gemeinsame Wohnung), bildeten aber - nach wie vor - eine Bedarfsgemeinschaft i. S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II (vgl. BSG, aaO). ..." (OLG Köln, Beschluss vom 21.04.2010 - 27 WF 21/10)

§ 1360 a Umfang der Unterhaltspflicht

(1) Der angemessene Unterhalt der Familie umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen.

(2) Der Unterhalt ist in der Weise zu leisten, die durch die eheliche Lebensgemeinschaft geboten ist. Die Ehegatten sind einander verpflichtet, die zum gemeinsamen Unterhalt der Familie erforderlichen Mittel für einen angemessenen Zeitraum im Voraus zur Verfügung zu stellen.

(3) Die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltenden Vorschriften der §§ 1613 bis 1615 sind entsprechend anzuwenden.

(4) Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Das Gleiche gilt für die Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das gegen einen Ehegatten gerichtet ist.

Leitsätze/Entscheidungen:

Wird ein Ehegatte stationär pflegebedürftig, so entsteht ihm ein besonderer persönlicher Bedarf, der vor allem durch die anfallenden Heim- und Pflegekosten bestimmt wird. In diesem Fall richtet sich der Familienunterhaltsanspruch ausnahmsweise auf Zahlung einer Geldrente. Ein solcher Unterhaltsanspruch setzt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners voraus. Der dem Unterhaltsschuldner mindestens zu belassende Eigenbedarf kann in zulässiger Weise nach dem in der Düsseldorfer Tabelle und den Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen sogenannten eheangemessenen Selbstbehalt bemessen werden (BGH, Beschluss vom 27.04.2016 - XII ZB 485/14):

„... aa) Der Anspruch auf Familienunterhalt nach den §§ 1360, 1360 a BGB lässt sich zwar nicht ohne weiteres nach den zum Ehegattenunterhalt nach Trennung oder Scheidung entwickelten Grundsätzen bemessen. Seinem Umfang nach umfasst der Anspruch auf Familienunterhalt gemäß § 1360 a BGB alles, was für die Haushaltsführung und die Deckung der persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und eventueller Kinder erforderlich ist. Sein Maß bestimmt sich aber nach den ehelichen Lebensverhältnissen, so dass der Senat in Fällen der Konkurrenz mit anderen Unterhaltsansprüchen § 1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen hat (Senatsurteil BGHZ 196, 21 = FamRZ 2013, 363 Rn. 33 mwN; BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 30).

Der insofern anzuwendende Halbteilungsgrundsatz ist indessen nur auf den Regelfall zugeschnitten und dient dazu, das für Konsumzwecke zur Verfügung stehende Familieneinkommen bei gleichartiger Bedarfslage gerecht unter den Ehegatten aufzuteilen. Wird ein Ehegatte hingegen pflegebedürftig, so entsteht ihm aufgrund seiner Pflegebedürftigkeit ein besonderer, in der Regel existenznotwendiger Bedarf. Dieser wird, wie der vorliegende Fall zeigt, das Einkommen der Ehegatten nicht selten erreichen oder sogar übersteigen. Als unabweisbarer konkreter Bedarf kann er dann - insoweit ähnlich dem allgemeinen Mindestbedarf (vgl. Senatsurteile BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn. 25 ff. und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 32) - nicht auf einen hälftigen Anteil am Familieneinkommen beschränkt bleiben, sondern bemisst sich nach den für den Lebensbedarf des pflegebedürftigen Ehegatten konkret erforderlichen Kosten (vgl. OLG Düsseldorf NJW 2002, 1353; OLG Köln FamRZ 2010, 2076; OLG Celle FamRB 2016, 133). Der Bedarf kann in diesem Fall wie der Bedarf pflegebedürftiger Eltern im Rahmen des Elternunterhalts bemessen werden. Er bestimmt sich somit bei stationärer Pflege nach den Heim- und Pflegekosten zuzüglich eines Barbetrags für die Bedürfnisse des täglichen Lebens (vgl. Senatsurteile vom 21. November 2012 - XII ZR 150/10 - FamRZ 2013, 203 Rn. 15 ff. mwN und vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860).

bb) Aufgrund der Besonderheiten des Familienunterhalts ist der Senat bislang davon ausgegangen, dass abweichend von der regelmäßigen Rechtsnatur des Unterhalts die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen keine Voraussetzung des Unterhaltsanspruchs sei. Der Verpflichtete könne im Verhältnis zu seinem Partner seinen Beitrag zum Familienunterhalt nicht unter Hinweis darauf verweigern, er sei ohne Gefährdung seines Eigenbedarfs zur Unterhaltsleistung nicht in der Lage. Ein solches Verhalten wäre dem ehegemeinschaftlichen Prinzip fremd und widerspräche der familienrechtlichen Unterhaltsregelung (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - FamRZ 2006, 1010 Rn. 36 mwN; ebenso BVerfG FamRZ 1984, 346, 350 mwN; vgl. Wendl/Bömelburg Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 3 Rn. 43; NK-BGB/Kaiser 3. Aufl. § 1360 Rn. 14).

Diese Erwägungen beziehen sich indessen, wie das Oberlandesgericht richtig gesehen hat, auf den Regelfall des häuslichen Zusammenlebens der Familie. Beim häuslichen Zusammenleben kommen die vom Unterhaltspflichtigen an die Familie geleisteten Beiträge diesem selbst wieder zugute, indem sie auch für seine Lebensbedürfnisse Verwendung finden. Daher besteht in der Regel keine Veranlassung dazu, dem Ehegatten als Selbstbehalt einen Betrag zu belassen, der vergleichbar mit dem Trennungsunterhalt und dem nachehelichen Unterhalt zur Bestreitung seines eigenen Unterhalts bestimmt ist. Zugleich hat der Unterhaltspflichtige regelmäßig seinerseits einen Unterhaltsanspruch. Dieser richtet sich grundsätzlich auf einen gleichwertigen Beitrag des anderen Ehegatten zum Familienunterhalt und kann bei einem nicht erwerbstätigen Ehegatten etwa in der Haushaltsführung bestehen. Es dürfte auch tatsächlicher Handhabung von in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebenden Ehegatten entsprechen, dass sie - abgesehen von einer möglichen Vermögensbildung - die verfügbaren Geldmittel zum gemeinsamen Verbrauch verwenden. Reichen diese zur Bestreitung des Familienunterhalts nicht aus, werden - abgesehen von der Aufnahme von Konsumentenkrediten - folgerichtig Sozialleistungen beantragt werden müssen, wobei das Sozialrecht ebenfalls den Bedarf sämtlicher Familienmitglieder einbezieht und im Rahmen der Bedarfs- bzw. Einsatzgemeinschaft das Einkommen beider Ehegatten berücksichtigt (§§ 7 Abs. 3, 9 Abs. 2 SGB II; § 27 Abs. 2 SGB XII).

Vom Regelfall familiären Zusammenlebens in einer häuslichen Gemeinschaft, in dem bei den einzelnen Familienmitgliedern nur der Elementarbedarf als Regelbedarf anfällt, unterscheidet sich der Fall einer bei einem Ehegatten aufgetretenen Pflegebedürftigkeit wesentlich. Wegen des besonderen Mehrbedarfs des pflegebedürftigen Ehegatten, der seinerseits zu eigenen Familienunterhaltsleistungen nicht in der Lage ist, stellt sich die Frage der gleichmäßigen Verteilung aller verfügbaren Mittel (vgl. § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) nicht länger. Vielmehr übersteigen die Pflegekosten - wie im vorliegenden Fall - oftmals das gesamte Familieneinkommen und würden bei unbeschränkter Unterhaltspflicht des anderen Ehegatten der übrigen Familie die Mittel entziehen, die diese für den eigenen Lebensbedarf benötigt. Das würde dann folgerichtig etwa auch für minderjährige haushaltsangehörige Kinder gelten und dürfte schon mit deren nach § 1609 Nr. 1 BGB gegenüber dem Familienunterhalt des bedürftigen Ehegatten zu beachtenden unterhaltsrechtlichem Vorrang nicht zu vereinbaren sein.

Diese Erwägungen führen dazu, dass bei einem trotz fortbestehender ehelicher Lebensgemeinschaft wegen individueller besonderer Bedürfnisse eines Ehegatten zu dessen gesonderter Verwendung zu leistenden Unterhalt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen auch beim Familienunterhalt als Anspruchsvoraussetzung zu beachten ist. Dem Unterhaltspflichtigen muss daher in diesem Fall im Unterschied zum Fall des häuslichen Zusammenlebens auch beim Familienunterhalt der angemessene eigene Unterhalt als Selbstbehalt belassen werden. Das Oberlandesgericht hat diesen mit dem sogenannten Ehegattenselbstbehalt (vgl. Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683, 685 f.) bemessen und hat sich hierfür auf eine insoweit dem Trennungsunterhalt vergleichbare Situation berufen (ebenso OLG Düsseldorf NJW 2002, 1353; OLG Köln FamRZ 2010, 2076; OLG Celle FamRB 2016, 133).

Dem ist zuzustimmen. Das Oberlandesgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die vorliegende Konstellation der Trennungssituation weitgehend angenähert ist. Zwar ist zusammenlebenden Ehegatten grundsätzlich ein höheres Maß an ehelicher Solidarität abzuverlangen als nach der Trennung. Tritt hingegen die stationäre Pflegebedürftigkeit ein, so ist auch beim Familienunterhalt eine übermäßige Belastung des Unterhaltspflichtigen mit den Pflegekosten zu vermeiden. Der Unterhaltspflichtige wird zudem bei Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht selten weiterhin Fürsorge für den pflegebedürftigen Ehegatten wahrnehmen und diese etwa in Form von Besuchen, Organisation der Pflege oder sonstiger immaterieller Unterstützung leisten. Würde sich in dieser Situation ein Unterschied zwischen Familienunterhalt und Trennungsunterhalt ergeben, stünde der Ehegatte besser, der sich zur Trennung vom pflegebedürftigen Ehegatten entschließt, was nicht zuletzt diesen weiter beeinträchtigen dürfte.

Ob darüber hinaus dem Unterhaltspflichtigen auch gegenüber dem konkreten Bedarf des Unterhaltsberechtigten generell die Hälfte seines Einkommens als Selbstbehalt zu belassen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 33 ff.), erscheint naheliegend, bedarf in der vorliegenden Fallkonstellation eines den Ehegattenselbstbehalt nur geringfügig übersteigenden Einkommens aber keiner Entscheidung.

Dass sich durch einen gegenüber der (bisherigen) sozialhilferechtlichen Bedarfs- und Leistungsermittlung erhöhten Betrag des dem unterhaltspflichtigen Ehegatten unterhaltsrechtlich zuzubilligenden Eigenbedarfs (Selbstbehalt) eine Deckungslücke hinsichtlich der Heimkosten ergibt, stellt schließlich keinen entscheidenden Hinderungsgrund dar. Da es der Ehefrau insoweit an einem dem sozialhilferechtlich der Einsatzgemeinschaft zugerechneten Einkommen korrespondierenden Unterhaltsanspruch mangelt, ist es vielmehr Aufgabe der Sozialhilfe, im Rahmen der gebotenen Existenzsicherung auch für den noch offenen Betrag durch ergänzende Leistungen aufzukommen. Dies entspricht etwa der Lage, wie sie sich bei einem Ausschluss des Anspruchsübergangs auch in anderen Fällen ergibt (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 206, 177 = FamRZ 2015, 1467 Rn. 31 ff.).

cc) Das Oberlandesgericht hat dementsprechend zu Recht den nach seinen Leitlinien für die streitbefangene Zeit maßgebenden Selbstbehaltssatz angewendet. Dass dieser nach einem Zwischenbetrag aus dem sogenannten angemessenen und dem notwendigen Selbstbehalt bemessen ist, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zwar erspart der Antragsgegner - wie vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin im Senatstermin zutreffend geltend gemacht worden ist - durch die Heimpflege der Antragstellerin Kosten, die im Fall einer fortbestehenden häuslichen Gemeinschaft der Ehegatten anfallen würden. Daraus kann sich aber schon deshalb keine andere Beurteilung ergeben, weil der Selbstbehalt bereits auf den Bedarf eines alleinstehenden Unterhaltspflichtigen zugeschnitten ist. ..."

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Die Beurteilung, ob eine unzulässige Unterschreitung des angemessenen Unterhalts und damit ein nach § 134 BGB unwirksamer Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt vorliegt, setzt voraus, dass zunächst die Höhe dieses angemessenen Unterhaltsanspruchs im hierfür erforderlichen Umfang festgestellt worden ist. Sonstige ehevertragliche Regelungen, die dem Unterhaltsberechtigten zum Vorteil gereichen können, sind in die Prüfung nicht einzubeziehen. Denn die Wirksamkeit der Regelung des Trennungsunterhalts ist isoliert zu betrachten und wird nicht durch Vereinbarungen zu anderen Gegenständen berührt (BGH, Beschluss vom 30.09.2015 - XII ZB 1/15).

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Aus der Verpflichtung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft folgt ihr wechselseitiger Anspruch, sich über die für die Höhe des Familienunterhalts maßgeblichen finanziellen Verhältnisse zu informieren. Geschuldet wird die Erteilung von Auskunft in einer Weise, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Die Vorlage von Belegen kann nicht verlangt werden (BGH, Urteil vom 02.06.2010 - XII ZR 124/08 zu BGB §§ 1605 Abs. 1, 1353 Abs. 1 Satz 2, 1360, 1360 a):

„... 1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR Jena 2008, 823 veröffentlicht ist, hat angenommen, dass dem Kläger gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf grobe Information über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau zustehe (§ 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten sei der Unterhaltsanspruch gegen seine Ehefrau zu berücksichtigen. Da der Beklagte nach den bisherigen Auskünften über Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit verfüge, die weit unter seinem notwendigen Selbstbehalt lägen, könne erst ein etwaiger Anspruch auf Familienunterhalt seine Leistungsfähigkeit begründen. Insofern komme in Betracht, dass der Familienunterhalt bis zur Höhe des Taschengeldes, das mit fünf bis sieben Prozent des zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens anzunehmen sei, für die Unterhaltsansprüche des Klägers herangezogen werde. Zur Feststellung des dem Beklagten zustehenden Anspruchs auf Familienunterhalt sei der Kläger aber auf die Mitteilung einkommensrelevanter Tatsachen der neuen Familie angewiesen. Dies gelte im vorliegenden Fall um so mehr, als der privilegiert volljährige Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe seines Unterhaltsanspruchs sowie die Haftungsanteile seiner Eltern trage und diesen Anforderungen ohne Kenntnis der Einkommensverhältnisse nicht genügen könne. Allerdings stehe dem Kläger nur ein Anspruch auf grobe Information hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der Ehefrau des Beklagten zu, da weiter gehende Auskünfte vom Beklagten rechtlich nicht zu beschaffen seien. Denn für den Familienunterhalt sehe das Gesetz derzeit keinen ausdrücklichen Auskunftsanspruch vor. Der Anspruch gegen den Beklagten auf Auskunftserteilung könne aber nicht weiter gehen als sein eigener Auskunftsanspruch, was insbesondere den Beleganspruch (§ 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB) betreffe. Vergleichbar sei der Umfang der Informationspflicht beim vorzeitigen Zugewinnausgleich (§ 1386 Abs. 3 BGB aF). Der Regelung liege die aus § 1353 BGB folgende Verpflichtung der Ehegatten zugrunde, sich während des Bestehens der Ehe wechselseitig über den Bestand des eigenen Vermögens zu informieren, wobei die Unterrichtung jedoch nur in groben Zügen, also im Sinne eines Überblicks mit groben Rastern, zu erfolgen habe und die Vorlage von Unterlagen nicht geschuldet werde. Daran anknüpfend schulde die Ehefrau des Beklagten diesem lediglich Auskunft über Eckpunkte ihrer Einkommensverhältnisse, ohne die einzelnen Einnahmen und Ausgaben detailliert darstellen zu müssen. Mit Rücksicht darauf werde es als ausreichend erachtet, hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit sowie aus Vermietung und Verpachtung auf den steuerlichen Gewinn/Verlust sowie hinsichtlich der Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit auf das Jahresnettoeinkommen abzustellen. Zwar könne hieraus nicht ohne weiteres auf das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen geschlossen, geschweige denn der Familienunterhaltsanspruch exakt berechnet werden. Mit Kenntnis der Eckdaten sei der Kläger aber in der Lage, die wirtschaftliche Situation der Familie in groben Zügen zu beurteilen. Darüber hinaus stelle sich eine solchermaßen begrenzte Auskunft auch als praktikabel für den Auskunftsverpflichteten dar, weil er die betreffenden Informationen ohne großen Aufwand erteilen könne.

Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

2. Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 50/08 - FamRZ 2010, 357).

3. a) Nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Der Auskunftsberechtigte soll dadurch die Möglichkeit erhalten, sich rechtzeitig Gewissheit über die jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu verschaffen, um seine Ansprüche genau zu berechnen und Einwendungen in begründeter Form vorbringen zu können sowie das Kostenrisiko für das Betragsverfahren zu begrenzen. Dabei ist der Auskunftsanspruch auf die Offenbarung der Verhältnisse des Auskunftspflichtigen gerichtet. Um die notwendigen Kenntnisse über die unterhaltsrelevanten Tatsachen zu erhalten, können indessen weitergehende Angaben erforderlich sein, als sie sich aus den vom Auskunftspflichtigen aus selbständiger oder nicht selbständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb, Vermögen, Vermietung und Verpachtung oder dergleichen erzielten Einkünften ergeben. Gleichermaßen von Bedeutung kann, etwa bei unzureichendem Einkommen des Unterhaltspflichtigen, sein, ob er seinerseits über Unterhaltsansprüche verfügt die seinen Eigenbedarf decken. Ob den Auskunftspflichtigen auch insoweit eine Unterrichtungspflicht trifft, wird in Rechtsprechung und Schriftum nicht einheitlich beurteilt.

b) Hierzu wird die Auffassung vertreten, der Auskunftspflichtige habe nur über seine eigenen Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, nicht dagegen über das Einkommen dritter Personen, demgemäß auch nicht über das Einkommen seines Ehegatten. Soweit es für die Frage der Unterhaltsverpflichtung eines wieder verheirateten Elternteils auf dessen Anspruch auf Familienunterhalt ankomme, sei dieser nach den allgemeinen Grundsätzen über die Darlegungs- und Beweislast im Hauptsacheverfahren zu klären (OLG Karlsruhe FamRZ 1993, 1481 zum Kindesunterhalt). Nach Auffassung des OLG München (OLGR 2000, 123) gibt es im Rahmen des Familienunterhalts keinen Auskunftsanspruch, weil § 1360 a Abs. 3 BGB nicht auf § 1605 BGB verweist. Danach wäre der auf Auskunft in Anspruch Genommene bereits nicht in der Lage, einem Auskunftsbegehren über das Einkommen seines Ehegatten zu entsprechen.

Diese Auffassung macht sich auch die Revision zueigen. Sie macht geltend, bei der Reichweite und dem Umfang des Auskunftsanspruchs sei grundsätzlich das verfassungsrechtlich geschützte Geheimhaltungsinteresse zu beachten. Zwar könne sich der Unterhaltspflichtige selbst im Hinblick auf die gesetzliche Bestimmung des § 1605 BGB auf dieses Interesse nicht mit Erfolg berufen. Anders stelle sich jedoch die Sachlage für einen Dritten, hier die Ehefrau des Beklagten, dar. Ihr werde nach Auffassung des Berufungsgerichts abverlangt, ihre Einkommensverhältnisse entsprechend der Tenorierung des angefochtenen Urteils umfassend preiszugeben, wenn auch über den Umweg einer ‚mittelbaren' Einschaltung des Beklagten. Im Ergebnis werde die Ehefrau des Beklagten damit so gestellt, wie wenn dem Kläger ein eigener Unterhaltsanspruch gegen diese zustünde, wofür es jedoch weder nach § 1605 BGB noch nach § 242 BGB eine Grundlage gebe. Damit kann die Revision nicht durchdringen.

c) aa) Der Senat hat zu einem im Rahmen des Elternunterhalts erhobenen Auskunftsverlangen entschieden, dass zwar ein gegenüber seinen Eltern Unterhaltspflichtiger von den Ehegatten seiner Geschwister nicht Auskunft über deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse beanspruchen kann. Denn in diesem Verhältnis besteht keine besondere Rechtsbeziehung in deren Folge sich aus dem - insofern allein in Betracht kommenden - § 242 BGB eine Auskunftspflicht ergeben könnte. Gleichwohl besteht für den Auskunftbegehrenden die Möglichkeit, die für die Bestimmung der anteiligen Haftung der Geschwister nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB erforderliche Kenntnis zu erlangen. Er kann nämlich seine Geschwister auf Auskunftserteilung in Anspruch nehmen. Diese haben nicht nur über ihre eigenen Einkommensverhältnisse Auskunft zu geben, sondern - auf Verlangen - zusätzlich Angaben über die Einkünfte ihrer Ehegatten zu machen, soweit solche erforderlich sind, um deren Anteil am Familienunterhalt bestimmen zu können (Senatsurteil vom 7. Mai 2003 - XII ZR 229/00 - FamRZ 2003, 1836, 1838 f. mit Anmerkung Strohal; ebenso Eschenbruch/Klinkhammer Unterhaltsprozess 5. Aufl. Kap. 5 Rn. 318; Johannsen/Henrich/Graba Familienrecht 5. Aufl. § 1605 Rn. 10; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 6. Aufl. Kap. IV Rn. 593; HK-FamR/Pauling § 1605 Rn. 2; Heiß/Born/Kleffmann Unterhaltsrecht Teil G Rn. 182).

bb) Eine dementsprechende Verpflichtung gilt auch für das auf § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB gestützte Auskunftsbegehren, mit dem das Kind eines aus eigenen Einkommensverhältnissen nicht leistungsfähigen, wieder verheirateten Elternteils von diesem Informationen über das Einkommen des neuen Ehegatten begehrt. Bei einem Anspruch aus § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt eine Unterrichtung des Auskunftsberechtigten auch über das Einkommen des Ehegatten sogar noch näher, denn der an den Unterhaltspflichtigen zu leistende Familienunterhalt lässt sich zwanglos unter die nach dem Wortlaut des § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB zu offenbarenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse fassen. Da der Anspruch auf Familienunterhalt nach seiner Ausgestaltung allerdings nicht auf Gewährung einer - frei verfügbaren - laufenden Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet ist, dass jeder von ihnen seinen Beitrag entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 366; vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24, 25 und vom 8. Juni 2005 - XII ZR 75/04 - FamRZ 2006, 26, 29) wird er grundsätzlich nicht beziffert. Zu seiner Darlegung sind deshalb die ihn beeinflussenden Einkünfte mitzuteilen.

Ein solches Verständnis steht auch mit dem Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs in Einklang. Eine Klärung der in Rede stehenden Einkommensverhältnisse erst im Rahmen des Rechtsstreits über den Unterhalt wäre hiermit nicht zu vereinbaren: Dem Unterhaltsgläubiger verbliebe das Risiko, zu geringen Unterhalt geltend zu machen bzw. im Fall einer zu hohen Unterhaltsforderung die mit dem teilweise Unterliegen verbundene Kostenbelastung (vgl. auch Hoppenz FamRZ 2008, 733, 735; Viefhues in juris PK-BGB 4. Aufl. 2008 § 1605 Rn. 24.2; Heiß/Born/Kleffmann aaO Teil G Rn. 181; vgl. auch Strohal FamRZ 2003, 1838, 1839).

cc) Auch ein von der Revision angeführtes Geheimhaltungsinteresse der Ehefrau steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Senats muss der Ehegatte eines Unterhaltspflichtigen es zum Beispiel hinnehmen, dass der Unterhaltspflichtige im Rahmen der zu belegenden Auskunft über sein Einkommen Steuerbescheide vorzulegen hat, die aufgrund einer Zusammenveranlagung der Ehegatten ergangen sind. In einem solchen Fall können zwar die Angaben geschwärzt werden, die von dem Auskunftsanspruch nicht umfasst werden. Soweit der Steuerbescheid aber Angaben enthält, in denen Beträge für Ehemann und Ehefrau zusammengefasst sind, bleibt es bei der Vorlagepflicht, falls insofern Auskunft zu erteilen ist. Wenn hierdurch Schlüsse auf die Verhältnisse des Ehegatten bezogen werden können, muss dies hingenommen werden (Senatsurteil vom 13. April 1983 - IVb ZR 374/81 - FamRZ 1983, 680, 682). Daraus ergibt sich, dass das Interesse des Auskunftbegehrenden dem Geheimhaltungsinteresse des Auskunftspflichtigen oder einem Dritten grundsätzlich vorgeht (st. Rechtsprechung, vgl. etwa Senatsurteil vom 6. Oktober 1993 - XII ZR 116/92 - FamRZ 1994, 28 f.).

dd) Diese Rechtsprechung wirkt sich auch auf die Erfüllung der Auskunftspflicht aus. Wenn und soweit die Kenntnis der Einkommensverhältnisse des Ehegatten erforderlich ist, weil diese eine Grundlage für die Beurteilung des Unterhaltsanspruchs bilden, muss der Ehegatte akzeptieren, dass seine Verhältnisse dem Auskunftsberechtigten bekannt werden. Der Ehegatte steht zwar außerhalb des Unterhaltsrechtsverhältnisses, weshalb er nicht auf Auskunft in Anspruch genommen werden kann. Wie die Revisionserwiderung zu Recht ausführt, ist er aber kein unbeteiligter Dritter, sondern mit dem Unterhaltspflichtigen verheiratet, und schuldet diesem seinerseits Familienunterhalt. Er muss es deshalb hinnehmen, dass seine Einkommensverhältnisse, soweit erforderlich, bekannt gegeben werden, wie er gleichermaßen akzeptieren müsste, wenn der Unterhaltspflichtige im Rahmen der Erteilung von Auskünften über bezogene Steuererstattungen beide Ehegatten betreffende Steuerbescheide nach den vorgenannten Maßgaben vorlegen müsste.

Dadurch steht der Ehegatte auch nicht so, als ob er selbst Auskunft erteilen müsste. Die Auskunftsverpflichtung nach Maßgabe des Berufungsurteils bleibt schon deshalb hinter den Anforderungen zurück, die für die Auskunftserteilung des Unterhaltspflichtigen über eigenes Einkommen gelten, weil keine Belege vorzulegen sind.

4. a) Hinsichtlich des Umfangs der geschuldeten Auskunft hat das Berufungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass dieser nicht weiter reichen kann, als dem Beklagten seinerseits ein Anspruch auf Information gegenüber seiner Ehefrau zusteht. Ein solcher Informationsanspruch ergibt sich während des Zusammenlebens der Ehegatten zwar nicht aus § 1605 Abs. 1 BGB, da in den den Familienunterhalt betreffenden Bestimmungen der §§ 1360, 1360 a BGB - anders als in dem für die Zeit des Getrenntlebens maßgebenden § 1361 Abs. 4 BGB - nicht auf § 1605 BGB verwiesen wird. Ehegatten haben aber nach der Generalklausel der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB) einander wenigstens in groben Zügen über die von ihnen vorgenommenen Vermögensbewegungen zu unterrichten (Senatsurteil vom 5. Juli 2000 - XII ZR 26/98 - FamRZ 2001, 23, 25; BGH Urteil vom 25. Juni 1976 - IV ZR 125/75 - FamRZ 1978, 677, 678; OLG Karlsruhe FamRZ 1990, 161, 162) sowie sich über den Bestand des eigenen Vermögens zu informieren (OLG Brandenburg FamRZ 2008, 1441, 1442; MünchKomm/Koch 5. Aufl. §§ 1385, 1386 Rn. 25; Staudinger/Thiele BGB [2007] § 1386 Rn. 23).

b) In Rechtsprechung und Schriftum ist dieser Maßstab auch auf die Verpflichtung zur Unterrichtung über das laufende Einkommen der Ehegatten übertragen worden (OLG Karlsruhe FamRZ 1990, 161, 162; Staudinger/Voppel aaO § 1353 Rn. 97; MünchKomm/Roth aaO § 1353 Rn. 38; Wendel/Dose aaO § 1 Rn. 664; Heiß/Born/Kleffmann aaO Teil G Rn. 181; Palandt/Brudermüller BGB 69. Aufl. § 1353 Rn. 13).

Im Schrifttum wird allerdings auch die Auffassung vertreten, der Anspruch gehe nicht nur auf eine Information in groben Zügen, sondern umfasse dieselben Auskunftspflichten wie nach § 1605 Abs. 1 BGB. Dass der Anspruch während des Zusammenlebens der Ehegatten schwächer sein solle als im Fall des Getrenntlebens, lasse sich aus § 1353 BGB nicht ableiten (Schwab/Borth aaO Kap. IV Rn. 590; Eschenbruch/Klinkhammer aaO Kap. 5 Rn. 308).

c) Der Senat teilt im Grundsatz die zuletzt genannte Meinung. Ehegatten haben nach den §§ 1360, 1360 a BGB einen Anspruch auf Familienunterhalt. Dieser kann aber nur bei genauer Kenntnis der Einkommensverhältnisse des anderen Ehegatten beziffert werden. Aus der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB) folgt deshalb auch der wechselseitige Anspruch, sich über die für die Höhe des Familienunterhalts und eines Taschengeldes maßgeblichen finanziellen Verhältnisse zu informieren. Seinem Umfang nach geht dieser Anspruch nicht nur auf eine Unterrichtung in groben Zügen, da eine derart eingeschränkte Kenntnis den Ehegatten nicht in die Lage versetzten würde, den ihm zustehenden Unterhalt zu ermitteln. Geschuldet wird deshalb die Erteilung von Auskunft in einer Weise, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Die Auskunftspflicht entspricht damit derjenigen, wie sie nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht. Eine solche Verpflichtung läuft nicht etwa dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme der Ehegatten zuwider; diese erfordert vielmehr gerade, den anderen ausreichend über die eigenen Einkommensverhältnisse zu unterrichten.

Nicht geschuldet wird allerdings die Vorlage von Belegen oder die eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben. Eine solche Kontrollmöglichkeit wäre mit dem in einer Ehe herrschenden Vertrauen nicht zu vereinbaren (aA Borth aaO Kap. IV Rn. 590 und Klinkhammer aaO Kap. 5 Rn. 308, die auch eine Belegpflicht bejahen).

d) Da der Beklagte mithin von seiner Ehefrau Angaben über ihre unterschiedlichen Einkünfte verlangen kann, ist er jedenfalls im Stande, dem Kläger die dem Berufungsurteil entsprechende Auskunft zu erteilen. Danach ist auch der Umfang der ausgeurteilten Auskunft rechtlich nicht zu beanstanden.

5. Dass die in Rede stehenden Angaben zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs des Klägers erforderlich sind, hat das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision unbeanstandet bejaht. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Wiederverheiratung eines unterhaltspflichtigen Elternteils unterhaltsrechtlich beachtlich; denn es kann sich zum Vorteil des Kindes auswirken, dass der aus eigenen Einkünften nicht leistungsfähige Elternteil einen Anspruch auf Familienunterhalt hat, so dass sein Bedarf hierdurch gedeckt sein kann und ihm aus eigenem Einkommen und Taschengeld freie Mittel zur Unterhaltsleistung verbleiben (vgl. Senatsurteile BGHZ 169, 200, 212 ff. = FamRZ 2006, 1827, 1830 f. und vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24 f. jeweils mwN). ..."

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Für einen Anspruch auf Zugewinnausgleich besteht ein Prozesskostenvorschussanspruch gegen den neuen Ehegatten (BGH, Beschluss vom 25.11.2009 - XII ZB 46/09 zu BGB § 1360a).

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Eltern schulden in entsprechender Anwendung des § 1360a Abs. 4 BGB auch ihren volljährigen Kindern einen Vorschuß für die Kosten eines Rechtsstreits in persönlichen Angelegenheiten, wenn die Kinder wegen der Fortdauer ihrer Ausbildung noch keine eigene Lebensstellung erreicht haben (BGH, Beschluss vom 23.03.2005 - XII ZB 13/05):

„... 2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, weil das Beschwerdegericht der Klägerin die begehrte Prozeßkostenhilfe zu Recht mangels Bedürftigkeit versagt hat. Nach § 115 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO hat eine Partei für die Prozeßkostenhilfe zunächst alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert einzusetzen, wozu nach einhelliger Auffassung auch ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß gehört (Senatsbeschluß vom 4. August 2004 aaO, 1635). Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts steht der Klägerin ein solcher - vorrangiger - Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß jedenfalls gegen den Beklagten als ihrem Vater zu.

a) Die Verpflichtung zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses ist im Gesetz ausdrücklich nur für verheiratete (§ 1360 a Abs. 4 BGB) und für getrennt lebende Ehegatten (§ 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB) geregelt. Andere Vorschriften, wie z.B. § 127 a ZPO, § 620 Nr. 10 ZPO oder § 621 f. Abs. 1 ZPO regeln lediglich verfahrensrechtliche Möglichkeiten zur Durchsetzung des Anspruches auf einen Prozeßkostenvorschuß und können nicht als Anspruchsgrundlage für den Anspruch selbst dienen.

aa) Gleichwohl schulden Eltern ihren minderjährigen unverheirateten Kindern nach einhelliger Auffassung einen Prozeßkostenvorschuß für erfolgversprechende Rechtsstreitigkeiten in persönlichen Angelegenheiten (Senatsbeschluß vom 4. August 2004 aaO S. 1634; Dose Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen 2. Aufl. Rdn. 106 m.w.N.). Diese Verpflichtung findet ihren Grund in den besonders engen unterhaltsrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern und der sich daraus ergebenden besonderen Verantwortung des Unterhaltspflichtigen, die hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit in § 1603 Abs. 2 BGB Ausdruck gefunden hat.

bb) Ob auch volljährigen Kindern ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß zusteht, ist seit langem in Rechtsprechung und Literatur umstritten (vgl. BFH DStZ 1997, 791).

Teilweise wird volljährigen Kindern ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß gegenüber ihren Eltern generell versagt. Nach der gesetzlichen Regelung komme für die Annahme einer solchen Verpflichtung lediglich eine analoge Anwendung des § 1360 a Abs. 4 BGB in Betracht, was allerdings eine besonders enge Verbundenheit und eine daraus resultierende besondere Verantwortung des Unterhaltspflichtigen für den Unterhaltsberechtigten voraussetze. Eine solche besonders enge Beziehung bestehe zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern nicht mehr (OLG Hamm FamRZ 1995, 1008; KG KGR 1997, 32; Heiß/Heiß Unterhaltsrecht Stand Juli 2004 3. Kap. Rdn. 429).

Andererseits wird im Hinblick auf die zum 1. Juli 1998 in Kraft getretene Neuregelung des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB vertreten, Eltern seien jedenfalls auch den dort erfaßten volljährigen unverheirateten Kindern (sog. privilegierte Volljährige) zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses verpflichtet. Zwar spreche die ausdrückliche Regelung des Anspruchs auf Prozeßkostenvorschuß in den §§ 1360 a Abs. 4, 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB für eine entsprechende Beschränkung des Anspruchs nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers. Der Anspruch lasse sich deswegen jedenfalls nicht allgemein aus § 1610 Abs. 3 BGB herleiten. Gleichwohl sei eine entsprechende Anwendung des § 1360 a Abs. 4 Satz 1 BGB auf den Kindesunterhalt möglich. Diese müsse sich aber auf privilegierte volljährige Kinder beschränken, weil zu sonstigen volljährigen Kindern keine entsprechend enge Verantwortung und Verbundenheit bestehe (Göppinger/Wax/Vogel Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 2591 f.; Scholz/Stein/Kühner Praxishandbuch Familienrecht Stand September 2004 Teil K Rdn. 114 f. unter Hinweis auf BT-Drucks. 13/7338 S. 21).

Andere Stimmen in Rechtsprechung und Literatur leiten den Anspruch eines volljährigen Kindes auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses allgemein aus der Regelung zum Unterhaltsbedarf in § 1610 Abs. 2 BGB her. Der Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß sei Teil des allgemeinen Lebensbedarfs und deswegen von § 1610 Abs. 2 BGB erfaßt, was eine Analogie zu § 1360 a Abs. 4 BGB ausschließe (OLG Hamm FamRZ 1982, 1073; OLG Köln FamRZ 1986, 1031; OLG Hamburg FamRZ 1990, 1141; OLG München FamRZ 1991, 347; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 379; Weinreich/Klein Kompaktkommentar Familienrecht § 1360 a Rdn. 29; AnwK-BGB/Kaiser § 1360 a Rdn. 43; wohl auch Luthin/Schumacher Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 3054).

Überwiegend wird hingegen vertreten, daß sich ein Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses nicht schon allgemein aus der Vorschrift über das Maß des Unterhalts in § 1610 Abs. 2 BGB ergebe. Das schließe es allerdings nicht aus, einen solchen Anspruch in entsprechender Anwendung des § 1360 a Abs. 4 BGB anzunehmen. Nach einhelliger Auffassung sei jedenfalls die Situation des unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindes der des noch nicht geschiedenen Ehegatten vergleichbar. Wegen der Identität des Unterhaltsanspruchs volljähriger Kinder mit dem Minderjähriger (vgl. Senatsbeschluß vom 26. Januar 1983 - IVb ZA 8/82 - FamRZ 1983, 582) müsse dies im Grundsatz auch für volljährige Kinder gelten. Jedenfalls dann, wenn diese noch keine eigene Lebensstellung haben, sei die Situation mit derjenigen minderjähriger Kinder vergleichbar. Aus der Vorschrift des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB über privilegierte Volljährige lasse sich keine weitere Einschränkung herleiten, weil diese Norm lediglich die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und nicht den Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtigten betreffe (OLG Celle OLGR 1994, 223; OLG Nürnberg FamRZ 1996, 814; OLG Zweibrücken FamRZ 1996, 891; OLG Braunschweig OLGR 1999, 307; OLG Hamm FamRZ 2000, 255; OLG Köln FamRZ 2000, 757; OLG Bremen OLGR 2001, 321; KG KGR 2002, 184; OLG München FamRZ 2002, 1219; im Ergebnis ebenso BSG NJW 1970, 352 m. Anm. Lange NJW 1970, 830 und BVerwG FamRZ 1974, 370; Dose aaO Rdn. 107; Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 6 Rdn. 24; Eschenbruch/Klinkhammer Der Unterhaltsprozeß 3. Aufl. Rdn. 5172; Johannsen/Henrich/Thalmann Eherecht 4. Aufl. § 115 ZPO Rdn. 67; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Teil IV Rdn. 65 f.; FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. 6. Kap. Rdn. 194).

b) Der Senat folgt der zuletzt genannten Auffassung.

Auch dem volljährigen Kind steht ein Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses gegen seine Eltern zu, wenn es sich noch in der Ausbildung befindet und noch keine selbständige Lebensstellung erreicht hat.

Allerdings folgt dieser Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses nicht schon aus § 1610 Abs. 2 BGB, der den Anspruch auf Verwandtenunterhalt nach dem gesamten Lebensbedarf bemißt. Denn auch das Maß des Anspruchs auf nachehelichen Ehegattenunterhalt nach § 1578 BGB umfaßt grundsätzlich den gesamten Lebensbedarf. Gleichwohl schuldet ein geschiedener Ehegatte nach der Rechtsprechung des Senats seinem früheren Ehegatten keinen Prozeßkostenvorschuß (Senatsurteil BGHZ 89, 33, 35 ff.). Obwohl auch der Anspruch auf Familienunterhalt nach § 1360 a Abs. 1 BGB den gesamten Lebensbedarf umfaßt, ist dem Ehegatten in § 1360 a Abs. 4 BGB ausdrücklich ein über diesen allgemeinen Lebensbedarf hinausgehender Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenhilfevorschusses zugebilligt worden. Nach dem Gesetzeswortlaut ist diese Regelung allerdings auf den Familienunterhalt (und durch die Bezugnahme in § 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB auf den Trennungsunterhalt) beschränkt. Für den nachehelichen Unterhalt ist § 1360 a Abs. 4 BGB auch nicht entsprechend anwendbar, weil diese unterhaltsrechtliche Beziehung nicht in gleichem Umfang Ausdruck einer besonderen Verantwortung des Verpflichteten für den Berechtigten ist, die derjenigen von Ehegatten vergleichbar ist (Senatsurteil BGHZ 89 aaO, 39 f.).

Daß im Verwandtenunterhalt eine Regelung zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses fehlt, schließt allerdings eine entsprechende Anwendung des § 1360 a Abs. 4 BGB für solche Fälle nicht aus, die der besonderen Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten vergleichbar ist (Senatsunterhalt BGHZ 89 aaO, 40). Das ist nach inzwischen einhelliger Auffassung für die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren minderjährigen unverheirateten Kindern der Fall (vgl. Senatsbeschluß vom 4. August 2004 aaO, 1634 m. Anm. Viefhues FamRZ 2004, 1635 f.). Die dem gesetzlichen Zweck vergleichbare Situation ist jedoch nicht auf den Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder beschränkt, sondern im wesentlichen darauf zurückzuführen, daß die Kinder wegen ihres Alters und Ausbildungsbedarfs noch keine eigene Lebensstellung erreicht haben und sich deswegen noch nicht selbst unterhalten können. Das allerdings gilt für volljährige Kinder vor Erreichen einer eigenen Lebensstellung entsprechend, zumal ihr Unterhaltsanspruch mit dem Anspruch auf Minderjährigenunterhalt identisch ist (Senatsbeschluß vom 28. Januar 1983 aaO; Wendl/Scholz aaO § 3 Rdn. 17 und 339).

Zwar sind durch die zum 1. Juli 1998 in Kraft getretene Neuregelung des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB nur solche volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres den minderjährigen Kindern völlig gleichgestellt worden, die noch im Haushalt eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Das kann eine Beschränkung des Anspruchs auf Prozeßkostenvorschuß auf diese privilegierten Volljährigen aber nicht rechtfertigen. Denn § 1603 BGB verhält sich nicht zum Unterhaltsbedarf, sondern betrifft die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und kommt somit erst im Mangelfall zum Tragen (Eschenbruch/Klinkhammer aaO Rdn. 5172).

Das Gesetz enthält deswegen mit der unvollständigen Regelung des § 1610 BGB eine unbewußte Regelungslücke, die durch entsprechende Anwendung des § 1360 a Abs. 4 BGB geschlossen werden kann, wenn die Situation des bedürftigen volljährigen Kindes derjenigen eines unterhaltsberechtigten Ehegatten vergleichbar ist. Das ist hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs volljähriger Kinder dann der Fall, wenn sie wegen der Fortdauer ihrer Ausbildung noch keine eigene Lebensstellung erworben haben und deswegen übergangsweise wie minderjährige Kinder der Unterstützung durch ihre Eltern bedürfen. Das Berufungsgericht hat die noch in Berufsausbildung befindliche volljährige Klägerin somit zu Recht auf einen Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß gegen ihre Eltern verwiesen.

Zwar besteht der Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses, der die Bedürftigkeit der Klägerin entfallen läßt, nur für solche Rechtsstreitigkeiten, die persönliche Angelegenheiten des Unterhaltsberechtigten betreffen (vgl. insoweit Dose aaO Rdn. 110 f.). Um eine solche Angelegenheit handelt es sich allerdings bei der hier beabsichtigten Klage auf Kindesunterhalt (vgl. BGH vom 18. Dezember 1959 - IV ZR 145/59 - FamRZ 1960, 130).

c) Auch sonst hält die Versagung der Prozesskostenhilfe für die Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs der volljährigen Klägerin den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.

Ob der Rechtsstreit in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg hat, konnte das Oberlandesgericht hier dahinstehen lassen. Zwar schuldet der Beklagte der Klägerin nur dann einen Prozeßkostenvorschuß, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Insoweit entsprechen die Anforderungen an einen Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses denen der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gemäß § 114 ZPO (Senatsbeschluß vom 7. Februar 2001 - XII ZB 2/01 - FamRZ 2001, 1363, 1364). Fehlt der Hauptsache die erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht, entfällt zwar ein Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses; dann fehlt es aber auch an der hinreichenden Erfolgsaussicht für die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe. Liegt hingegen hinreichende Erfolgsaussicht vor, steht der Klägerin ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß zu, der die Bedürftigkeit für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entfallen läßt.

Nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses ist jedenfalls die Leistungsfähigkeit des Beklagten für einen Prozeßkostenvorschuß "zweifelsfrei gegeben". Weil somit der unterhaltsrechtlich geltende angemessene Selbstbehalt gegenüber volljährigen Kindern gewahrt bleibt (vgl. insoweit Senatsbeschluß vom 4. August 2004 aaO S. 1634), entspricht die Verpflichtung zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses auch der Billigkeit. Der Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entfällt aber schon dann, wenn wenigstens ein unterhaltspflichtiger Elternteil des volljährigen Kindes zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses in der Lage ist. ..."

*** (OLG)

Ein der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe entgegenstehender Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss gegen den Antragsgegner kommt, sofern der angemessene Selbstbehalt der Beteiligten nicht beeinträchtigt wird, auch bei der Geltendmachung von Trennungsunterhalt als Quotenunterhalt in Betracht, wenn dieser noch nicht laufend gezahlt wird. In diesem Falle ist der geleistete Verfahrenskostenvorschuss zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes vorab - auf einen angemessenen Zeitraum verteilt - zur Bestimmung des Trennungsunterhalts vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen (OLG Bremen, Beschluss vom 30.03.2022 - 5 WF 4/22):

„ ... I. Die Antragstellerin sucht um Verfahrenskostenhilfe für die von ihr beabsichtigte Inanspruchnahme des Antragsgegners, ihres von ihr seit April 2020 getrenntlebenden Ehemannes, dessen bereinigtes Nettoeinkommen sie vor Abzug des Erwerbstätigenbonus für die Zeit bis Februar 2021 auf rund 4.260 € und für die Zeit ab März 2021 auf rund 3.898 € beziffert, auf Zahlung eines nach Quote bemessenen rückständigen und laufenden Trennungsunterhalts in Höhe von monatlich 1.167 € nach. Mit Beschluss vom 5.11.2021 hat das Familiengericht den Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragstellerin mit der Begründung zurückgewiesen, dass sie ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend dargelegt habe, weil sie das Nichtbestehen eines Anspruchs gegen den Antragsgegner auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses, der auch bei der Geltendmachung eines Trennungsunterhaltsanspruch nach Quote in Betracht komme, nicht dargetan habe. Gegen diese Entscheidung, die ihr am 24.11.2021 zugestellt worden ist, wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 21.12.2021, mit der sie ihre bereits bei Antragstellung mitgeteilte Auffassung, wonach im Falle eines nach Quote geltend gemachten Trennungsunterhaltsanspruchs kein Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses gegen den Antragsgegner bestehe, weil dies dem Halbteilungsgrundsatz widersprechen würde, bekräftigt. Das Familiengericht hat die Sache mit Nichtabhilfebeschluss vom 11.1.2022 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Das Familiengericht hat ihr die Verfahrenskostenhilfe zu Recht versagt, weil sie - mangels Vortrags zum (Nicht-)Bestehen bzw. zur (Nicht-)Durchsetzbarkeit eines Anspruchs auf Verfahrenskostenvorschuss gegen den Antragsgegner - ihre Bedürftigkeit i. S. des § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 FamFG nicht hinreichend dargetan hat. Verfahrenskostenhilfe ist eine als Sonderform der Sozialhilfe geltende staatliche Fürsorgeleistung und als solche gegenüber einem zu dem nach § 115 Abs. 2 ZPO für die Verfahrenskosten einzusetzenden Vermögen gehörenden Anspruch der Antragstellerin nach §§ 1360a Abs. 4 S. 1, 1361 Abs. 4 S. 4 BGB auf Verfahrenskostenvorschuss gegen den Antragsgegner, der hier nach dessen von der Antragstellerin behaupteter Einkommenssituation durchaus in Betracht kommt, subsidiär (vgl. BeckOGK/Preisner, Stand 1.2.2022, § 1360a Rn. 221). Es obliegt daher, wie vom Familiengericht gefordert, der Antragstellerin, darzulegen, dass ein Verfahrenskostenvorschuss von dem Antragsgegner nicht zu erlangen ist, weil er entweder nicht besteht oder nicht zeitnah durchsetzbar ist (vgl. BeckOGK/Preisner, a.a.O. Rn. 224.1). Diese Obliegenheit hat die Antragstellerin nicht erfüllt, sodass ihre für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe notwendige Bedürftigkeit nicht feststellbar ist. Soweit die Antragstellerin meint, sie müsse entsprechende Darlegungen nicht machen, weil bei der Geltendmachung von Trennungsunterhalt als Quotenunterhalt grundsätzlich kein Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses gegen den Unterhaltspflichtigen bestehe, ist das Familiengericht dieser Auffassung zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat ergänzend Bezug nimmt, entgegengetreten.

Zwar trifft es zu, dass nach wohl überwiegender Meinung ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss neben der Zahlung von Trennungsunterhalt nur bejaht wird, wenn dadurch der Halbteilungsgrundsatz nicht verletzt werde, was nur dann der Fall sei, wenn der Unterhaltspflichtige über nicht prägende Einkünfte, über ein hohes Vermögen oder über ein so hohes Einkommen verfügt, dass der Bedarf konkret und nicht - wie im vorliegenden Fall - nach Quote zu bemessen ist; bei der Geltendmachung vom Quotenunterhalt entspricht nach dieser Auffassung der Vorschussanspruch regelmäßig nicht der Billigkeit im Sinne des § 1360a Abs. 4 S. 1 BGB (so etwa OLG Düsseldorf FamRZ 2019, 992; OLG Karlsruhe, FamRZ 2016, 1279; OLG Hamm, FamRB 2012, 182; Dürbeck, MDR 2020, 462, 463; Wendl/Dose/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 6 Rn. 31; Johannsen/Henrich/Althammer/Hammermann, Familienrecht, 7. Aufl., § 1361 BGB Rn. 55; Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 14. Aufl., Rn. 436; MünchKommBGB/Weber-Monecke, 8. Aufl., § 1360a Rn. 24; MünchKommBGB/Maurer, 8. Aufl., § 1578 Rn. 371; Ehinger, in: Ehinger/Rasch/Schwonberg/Siede, Handbuch Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rn. 5.278).

Nach anderer und aus Sicht des Senats vorzugswürdiger, wenngleich in der Praxis zu aufwendigerem Vorgehen nötigender, Ansicht, die sich mit der vom Familiengericht vertretenen Auffassung deckt, kann Vorstehendes zumindest in dieser Allgemeinheit indes nicht gelten. Vielmehr muss jedenfalls dann, wenn - wie hier - noch kein laufender Trennungsunterhalt im Rahmen des Halbteilungsgrundsatzes gezahlt wird, die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen also noch nicht bereits aufgeteilt sind, vorab der Verfahrenskostenvorschuss verlangt werden können, wenn der beiderseitige angemessene Selbstbehalt hierdurch nicht beeinträchtigt wird. In diesem Fall ist der geleistete Verfahrenskostenvorschuss zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes vorab - auf einen angemessenen Zeitraum verteilt - vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen zur Bestimmung des Trennungsunterhalts abzuziehen (so Anm. d. Red. zu OLG Karlsruhe, FamRZ 2011, 1235; ebenso B.Heiß/H. Heiß, in: Heiß/Born, Unterhaltsrecht, 60. EL Rn.684a; vgl. in diesem Sinne auch Christl, NZFam 2016, 913, 916; Schürmann, FamRZ 2020, 1233, 1243; MAH Familienrecht/Grandel, 5. Aufl., § 8 Rn. 140). Auf diese Weise kann ohne Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes der Vorrang der Inanspruchnahme des Verfahrenskostenvorschussanspruchs gegenüber der Verfahrenskostenhilfe Rechnung getragen werden.

Der mit der sofortigen Beschwerde vorgebrachte Einwand der Antragstellerin, wonach Unterhaltspflichten zur Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs der Vorschusspflicht vorgingen und die Nachrangigkeit des Anspruchs auf Verfahrenskostenvorschuss gegenüber dem Trennungsunterhaltsanspruch ausgehebelt würde, wenn der Unterhaltspflichtige Vorschusszahlungen leisten müsste und diese als Abzugsposten bei der Berechnung des Trennungsunterhalts berücksichtigt und somit die Unterhaltshöhe verringern würden, führt zu keiner anderen Bewertung. Es ist schon zweifelhaft, ob die von ihr in diesem Zusammenhang angeführte Zitatstelle (Grüneberg/von Pückler, BGB, 81. Aufl., § 1360a Rn. 12) überhaupt den Unterhaltsanspruch einschließt, für dessen Geltendmachung ein Verfahrenskostenvorschuss in Betracht kommt, oder ob damit lediglich bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des potentiell Vorschusspflichtigen zu berücksichtigende sonstige Unterhaltspflichten gemeint sind. Unabhängig davon aber verkennt dieses Vorbringen der Antragstellerin, dass sich - worauf Schürmann (FamRZ 2020, 1233, 1243) zutreffend hinweist - nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. FamRZ 2020, 21) der Halbteilungsgrundsatz allein auf das für Konsumzwecke verfügbare „unterhaltsrelevante" Einkommen bezieht und dieses sich durch konkrete Bedarfspositionen vermindert. ..."

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Auch ein rechtshängiger (hier: nachehelicher) Unterhaltsanspruch kann verwirkt werden. Das Zeitmoment der Verwirkung ist jedenfalls bei einem fast dreijährigen Verfahrensstillstand erfüllt. Die Untätigkeit des Unterhaltsgläubigers in einem derart langen Zeitraum darf bei dem Unterhaltsschuldner den Eindruck erwecken, der Unterhaltsanspruch werde trotz Rechtshängigkeit des Verfahrens nicht weiterverfolgt. Insoweit ist jedenfalls das Umstandsmoment der Verwirkung erfüllt, wenn das Gericht erkennbar nicht gewillt ist, dem Verfahren Fortgang zu geben, der Antrag des Unterhaltsgläubigers auf Verfahrenskostenhilfe noch nicht beschieden ist und die Erfolgsaussicht des Unterhaltsanspruchs unsicher ist (hier: wegen des Einwands, die Unterhaltsgläubigerin habe in einer verfestigten Lebensgemeinschaft gelebt; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.06.2018 - 8 UF 217/17).

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Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Ehegatte und Mieter, der nach Trennung der Eheleute die volle Miete für die Ehewohnung an den Vermieter gezahlt hat, von seinem Ehegatten und Mitmieter Erstattung des hälftigen Betrages verlangen. Für eine hiervon abweichende Beteiligungsverpflichtung an der Mietzahlung und somit eine anderweitige Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ist derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der sich darauf beruft. Eine derartige anderweitige Bestimmung im Sinne des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB kann nicht allein daraus hergeleitet werden, dass der wegen der Hälfte der Miete in Anspruch genommene Ehegatte während des verfahrensgegenständlichen Mietzeitraums an den anderen Ehegatten sowohl Trennungs- als auch Kindesunterhalt gezahlt hat, wenn bei der Unterhaltsberechnung weder die Mietzahlungen durch den Unterhaltsempfänger noch sein Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB berücksichtigt worden sind (OLG Bremen, Beschluss vom 17.02.2016 - 4 WF 184/15).

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„... I. Die Beschwerde des Antragsgegners richtet sich gegen seine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten der Erstausstattung seines Sohnes sowie die Verpflichtung zur Bezahlung rückständigen und laufenden Unterhalts gemäß § 1615l BGB an die Kindsmutter.

Die jeweils verheirateten und sonst kinderlosen Beteiligten hatten eine außereheliche Beziehung, aus der der gemeinsame Sohn K., geboren am 4.7.2013, hervorging. Die Antragstellerin hatte sich vorübergehend (ab Mai 2011) wegen des Antragsgegners auch von ihrem Ehemann getrennt, wobei der Antragsgegner die außereheliche Beziehung nach Feststellen der Schwangerschaft aufgegeben hatte. Beide Elternteile leben mittlerweile (wieder) mit ihren jeweiligen Ehepartnern zusammen. Die Vaterschaft des Antragsgegners wurde nach Einholung eines Abstammungsgutachtens im Vaterschaftsanfechtungsverfahren 6 F 1274/13 vom AG Reutlingen festgestellt.

Die Antragstellerin war bis zur Geburt von K. und jetzt wieder seit 1.7.2015 berufstätig bei der K. GmbH & Co. KG, wo sie vor der Geburt des Sohnes rund 2.400,-- € netto monatsdurchschnittlich verdient hatte. Ihr Ehemann C. J. verfügt über ein geringeres monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen.

Der Antragsgegner hatte von Juni 2013 bis Mai 2014 seinen Angaben nach ein monatliches (Steuer-)bruttoeinkommen von rund 7.905,-- € (netto ca. 4.200,-- €) ohne Erfolgsprämie, ebenfalls bei der K. GmbH & Co. KG. Seine teilzeitbeschäftigte Ehefrau verdient bei der D. monatsdurchschnittlich netto ca. 900,-- €.

Die Antragstellerin lässt sich das Elterngeld in Höhe von 900,-- € in vollem Umfang auf ihren Bedarf anrechnen und macht von ihrem Restbedarf nur die Hälfte in Höhe von 750,-- € als Unterhaltsanspruch gegen die Antragsgegner geltend. Nach der erstinstanzlichen Entscheidung teilte sie dem Antragsgegner (Bl. 203) mit Schreiben vom 4.8.2015 mit, dass sie ab 1.7.2015 keine Unterhaltsansprüche mehr gegen den Antragsgegner geltend mache, da sie mittlerweile wieder einer vollschichtigen Berufstätigkeit nachgehe.

Das Familiengericht hat den Antragsgegner antragsgemäß zur Erstattung der Erstausstattungskosten und einem monatlichen Unterhalt in Höhe von 750,-- € sowie Unterhaltsrückständen für die Zeit von Juli 2013 bis Januar 2015 in Höhe von 3.540,-- € verpflichtet.

Dagegen richtet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde und beantragt die Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses und Zurückweisung der Anträge.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass der Ehemann der Antragstellerin im Hinblick auf den Familienunterhaltsanspruch gemäß § 1360 BGB vorrangig unterhaltsverpflichtet sei. Der Beschwerdeführer habe daher die bisherigen Unterhaltsleistungen überzahlt und insoweit auch einen Rückforderungsanspruch gegen die Antragstellerin gemäß § 812 BGB, mit dem er bezüglich der Erstausstattungsforderung aufrechne.

Im Übrigen sei der Antragsgegner im Hinblick auf den Unterhaltsbedarf seiner Ehefrau, der entsprechend § 1609 Ziff. 2 BGB gleichrangig zu befriedigen sei, nicht leistungsfähig. Aufgrund der langen Dauer seiner am 15.1.1999 geschlossenen Ehe sei demgegenüber der Unterhaltsanspruch der Beschwerdegegnerin nicht vorrangig. Der angefochtene Beschluss sei zeitlich zu begrenzen bis einschließlich 30.6.2015, da die Beschwerdegegnerin ab 1.7.2015 nicht mehr unterhaltsbedürftig sei.

Mit dem Beschwerdeabweisungsantrag beruft sich die Antragstellerin darauf, dass ein voriger Anspruch der Beschwerdegegnerin gegen ihren Ehemann auf Familienunterhalt daran scheitere, dass jener ein geringeres Einkommen erziele. Im Übrigen werde dem Zusammenleben mit ihrem Ehemann im Hinblick auf den Unterhaltsanspruch dadurch Rechnung getragen, dass lediglich die Hälfte des Bedarfs in Höhe von 750,-- € monatlich geltend gemacht werde. Der Beschwerdeführer sei auch leistungsfähig, da er bis einschließlich November 2014 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 630,-- € bezahlt habe.

Der Senat hat von einer weiteren mündlichen Verhandlung gemäß § 68 Abs. 3 FamFG mangels neuen Erkenntnisgewinnes abgesehen und die Beteiligten auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen.

II. Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig, jedoch unbegründet. Die Antragstellerin hat einen Unterhaltsanspruch gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB gegen den Antragsgegner, der weder aufgrund einer Vorrangigkeit des Familienunterhaltsanspruchs gemäß §§ 1360, 1360a BGB gegen den Ehemann der Antragstellerin noch wegen einer Gleichrangigkeit der unterhaltsberechtigten Ehefrau des Antragsgegners gemäß § 1609 Ziff. 2 oder dessen Leistungsunfähigkeit entfällt. Der Betreuungsunterhaltsanspruch wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes K. ist auch nicht durch die analoge Anwendung des § 1586 Abs. 1 BGB, eine entsprechende Anwendung des § 1608 BGB oder durch den Rechtsgedanken und die analoge Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB ausgeschlossen.

a) Ein Rangverhältnis der Unterhaltsansprüche in der Form, dass der Anspruch gegen den Ehemann gemäß § 1360 BGB der stärkere ist und der gegen den nichtehelichen Vater gemäß § 1615 l BGB dahinter zurücktritt, gibt es nicht. Vielmehr wird in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zur anteiligen Haftung analog § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB bei konkurrierenden Betreuungsunterhaltsansprüchen der Mutter ehelicher und nichtehelicher Kinder gegen den getrennt lebenden Ehemann einerseits und den nichtehelichen Vater andererseits (BGH FamRZ 1998, 541) von einem Grundsatz gleichrangiger Unterhaltspflicht ausgegangen (KG NZFam 2015, 721; BGH FamRZ 08, 1739). Anders als in dem vom KG entschiedenen Fall und den zitierten Entscheidungen des BGH zur Aufteilung der Verantwortlichkeit zwischen dem Ehemann und dem Vater sind die beteiligten Eltern hier in ihren jeweiligen Ehen kinderlos. Im vorliegenden Fall liegt es sogar so, dass, wenn die Antragstellerin kein Kind bekommen hätte, sie auch gegenüber ihrem Ehemann im Falle des Getrenntlebens nicht unterhaltsbedürftig und unterhaltsberechtigt geworden wäre, da sie weiterhin in vollem Umfang erwerbstätig und damit gegenüber ihrem Ehemann in höherem Maße leistungsfähig geblieben wäre. Gerade in diesem Fall ist eine Alleinhaftung des nichtehelichen Vaters sachgerecht (vgl. Viefhus in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., juris PK-BGB, 7. Auflage 2014, § 1615l BGB RZ 214 m.w.N.).

b) Der streitgegenständliche Unterhaltsanspruch der Antragstellerin scheidet auch nicht wegen ihrer nach der Schwangerschaft wieder aufgenommenen und bis heute bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann entsprechend § 1586 Abs. 1 BGB aus. Im Gegensatz zu der Anwendung des §1586 Abs. 1 BGB in Fällen, in denen das nichteheliche Kind in den Schutzbereich der Ehe durch eine spätere Heirat der Eltern einbezogen wird, liegt hier ein Fall vor, in dem das nichteheliche Kind gerade in eine weiterhin bestehende eheliche Beziehung drängt. Nach der insoweit zutreffenden Rechtsprechung des Kammergerichts( a.a.O.) würde die analoge Anwendung des § 1586 BGB auf Fälle, in denen ein Kind außerehelich gezeugt wird, dies aber gerade nicht zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft und Begründung einer neuen Lebensgemeinschaft mit dem Vater des außerehelich gezeugten Kindes führt, auf eine Doppelanalogie des § 1586 BGB hinauslaufen. § 1586 Abs. 1 BGB setzt nämlich nicht nur eine Wiederheirat voraus, an deren Stelle vorliegend die Fortsetzung der Ehe treten soll, sondern außerdem, dass ein anderweitiger Unterhaltsanspruch bereits besteht, der durch die Wiederheirat zum Erlöschen gebracht wird. Der Anspruch aus § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB wird hier aber nicht durch die Fortsetzung der Ehe der Antragstellerin mit dem Ehemann zum Erlöschen gebracht, sondern soll angesichts bestehender Ehe erst gar nicht zur Entstehung gelangen. Insoweit kommt es hier auch nicht nur auf die Interessen- und Versorgungslage der Mutter, sondern auch auf die Sicht des unstreitig nicht leistungsfähigen Ehemannes der Mutter an, der an der Zeugung des Kindes unbeteiligt war und die damit einhergehende finanziellen Belastungen hinnehmen muss, will er weitergehende Auswirkungen auf sein Familienleben - wie etwa die Trennung von der Kindesmutter - vermeiden (so KG a.a.O.).

c) Auch der in § 1608 Satz 1 BGB normierte grundsätzliche unterhaltsrechtliche Vorrang des Ehegattens der Antragstellerin ist hier aufgrund der in § 1615l Abs. 3 Satz 2 BGB lege specialiter festgelegten Vorrangstellung und primären Unterhaltsverpflichtung des nichtehelichen Vaters nachrangig.

d) Der im Verwirkungsgrund des § 1579 Nr. 2 BGB enthaltene Rechtsgedanke führt hier ebenfalls nicht zum Wegfall der Betreuungsunterhaltsanspruchs der Antragstellerin. Entgegen der Verwirkungsgründe im Ehegattenunterhaltsrecht setzt § 1615 l Abs. 2 BGB ein (früheres) Zusammenleben und eine daraus resultierende engere Verbundenheit der Eltern gerade nicht voraus (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2011, 735). Insbesondere fehlt es auch an einer groben Unbilligkeit im Sinne des § 1579 BGB, weil die beteiligten Eltern nach der Geburt des Kindes zu keinem Zeitpunkt in eheähnlicher Gemeinschaft zusammengelebt und ein solches Zusammenleben jedenfalls ab der Schwangerschaft der Antragstellerin auch nicht geplant hatten, so dass ein im Rahmen des § 1579 Nr. 2 BGB vorausgesetzten Herauslösen aus der ehelichen Solidarität durch eine neue bzw. hier die „alte" Lebensgemeinschaft gerade nicht vorliegt, weshalb sich eine analoge Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB verbietet (so auch OLG Nürnberg a.a.O.).

2. Mit dem Familiengericht (vgl. schon den Hinweisbeschluss vom 1.6.2015, Bl. 149) geht auch der Beschwerdesenat davon aus, dass der Unterhaltsanspruch der Ehefrau des Antragsgegners hier nachrangig ist, da die Voraussetzungen des § 1609 Ziff.2 BGB nicht vorliegen. Eine Gleichrangigkeit gemäß § 1609 Ziff. 2 BGB setzt sowohl das Bestehen einer Ehe von langer Dauer als auch die Feststellung von Nachteilen im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB voraus.

a) Nachdem, wie unter b) ausgeführt wird, ein ehebedingter Nachteil der Ehefrau des Antragsgegners hier weder dargetan noch ersichtlich ist, kann letztlich dahingestellt bleiben, ob es sich bei der am 15.1.1999 geschlossenen Ehe des Antragsgegners um eine solche von langer Dauer handelt, da sie bis zur Geburt von K. 14,5 Jahre lang dauerte und bis zur Entscheidung über den Unterhaltsanspruch 16,5 Jahre. Nach der Rechtsprechung (vgl. dazu OLG Celle FamRZ 2009, 348 m.w.N.) dürfte es sich bei der vorliegenden Ehe um eine im unteren Bereich der „langen Dauer" anzusiedelnden handeln, da eine Ehe erst ab etwa 15 Jahren als „lang" angesehen wird. Dies ist jedoch hier nicht entscheidungsrelevant, da der 2. Rang jedenfalls nur dann gewahrt ist, wenn über das Zeitmoment hinaus der unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingte Nachteile erlitten hat (so jedenfalls der BGH FamRZ 2008, 1911 im Fall eines gemäß §§ 1609 Nr. 2,3 nachrangigen -geschiedenen- Ehegatten).

b) Nichts anderes muss aber in dem Fall der konkurrierenden verheirateten und -wie hier- kinderlosen Ehefrau gelten. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Ehefrau selbst bei Vorliegen eines ehebedingten Nachteils, wie er jedoch gerade nicht dargelegt ist, im Gegensatz zur Antragstellerin mangels Kinderbetreuung in der Lage ist, einen möglichen Nachteil z.B. durch Ausweitung ihrer Berufstätigkeit auszugleichen. Bei der Feststellung des ehebedingten Nachteils soll die Rechtsprechung zu § 1578b BGB zu beachten sein und ein solcher Nachteil folglich vorliegen, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (vgl. Viefhus a.a.O. § 1609 RZ 49 und 53 m.w.N.).

Zum Bestehen eines ehelichen Nachteils bei seiner teilzeiterwerbstätigen Ehefrau hat der Beschwerdeführer nichts vorgetragen. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die 50jährige Ehefrau weder aus gesundheitlichen noch aus ehebedingten Gründen in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist. Nachdem somit die Voraussetzungen einer Gleichrangigkeit der Antragstellerin und der Ehefrau des Antragsgegners gemäß § 1609 Ziff. 2 BGB nicht vorliegen, kommt eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens des Antragsgegners auch nicht in Betracht, da eine solche nur im Fall der Gleichrangigkeit durchgeführt wird (vgl. Viefhus a.a.O. § 1615 l RZ 218 ff.).

3. Auch der Höhe nach gibt es keinen Anlass zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung, wobei die Zugrundelegung eines (nur hälftigen) Bedarfs in Höhe von 750,-- € in Anlehnung an das Einkommen der Antragstellerin vor der Geburt von K. und nicht entsprechend ihrer ehelichen Lebensverhältnisse sich zugunsten des Antragsgegners auswirkt. Darüber hinaus hat der Beschwerdesenat auch keine Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners und der Wahrung der erforderlichen Deckelung durch den Halbteilungsgrundsatz bei dem geltend gemachten Bedarf der Antragstellerin. Den eigenen Angaben des Antragsgegners nach verfügt er über monatsdurchschnittliche Nettoeinkünfte von 4.138,-- € (Bl. 92), abzüglich berufsbedingter

Aufwendungen somit in Höhe von 3.931,00 €
abzüglich Kindesunterhalt in Höhe von 390,00 €
zuzüglich Wohnwert in Höhe von 1.000,00 €
insgesamt 4.541,00 € monatlich.

Selbst bei der Berücksichtigung der behaupteten monatlichen Belastungen und Schulden des Antragsgegners in Höhe von 2.172,54 € ist der Antragsgegner damit noch leistungsfähig für den geltend gemachten Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 750,-- €.

4. Soweit der Antragsgegner die Zurückweisung des Unterhaltsanspruchs für den Zeitraum ab dem 1.7.2015 geltend macht, so hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren weder den Wegfall der Bedürftigkeit nach dem 1.7.2015 ausdrücklich geltend gemacht (Bl. 241) noch demgegenüber signalisiert, dass bei einem Wegfall des Bedarfs - wie behauptet - der titulierte Unterhaltsanspruch für diesen Zeitraum weiter verfolgt oder gar vollstreckt werden wird (vgl. Bl. 209). Insoweit besteht derzeit kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs. ..." (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.12.2015 - 18 UF 123/15)

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Aus der ursprünglich erfolgten Titulierung eines Barunterhaltsanspruches des minderjährigen Kindes gegenüber seinem damals nichtehelichen Vater kann nach Heirat der Eltern und mehrjährigem Zusammenleben der Familie unter Leistung von Betreuungs- und Naturalunterhalt nicht erneut vollstreckt werden (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 22. November 1996, FamRZ 1997, 281 ff. = NJW 1997, 735 ff = MDR 1997, 362 ff. = juris [Tz. 14]). Der (hier durch das als Beistand tätige Jugendamt) erklärte bloße "Vollstreckungsverzicht" hinsichtlich titulierten Kindesunterhalts beseitigt weder das Rechtsschutzbedürfnis des Verpflichteten für einen Vollstreckungsabwehr- bzw. einen Abänderungsantrag, noch hat er die Folge, daß derartige Anträge verfahrenkostenhilferechtlich mutwillig wären (OLG Celle, Beschluss vom 18.08.2014 - 10 WF 50/14).

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Das Hauptsacheverfahren nach § 52 FamFG dient der Überprüfung der zuvor erlassenen einstweiligen Anordnung unter umfassender Prüfung der Sach- und Rechtslage. Kann allenfalls ein Anspruch auf ratenweisen Verfahrenskostenzuschuss bestehen, so kommt es wegen des Charakters des Vorschussanspruchs auf die Leistungsfähigkeit des Vorschussverpflichteten ab Fälligkeit der ersten Raten an. Liegen daher im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Hauptsacheverfahrens Einkommensbelege für den Zeitraum vor, in dem die in der einstweiligen Anordnung angeordneten Raten zu leisten waren, so müssen diese aktuellen Belege verwertet werden. Die Unterlagen zu den Auskünften für zurückliegende Zeiträume, auf die noch die einstweilige Anordnung gegründet und deren Zahlen im Wege der Prognose fortgeschrieben wurden, können nicht mehr herangezogen werden (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24.05.2012 - 6 UF 148/11).

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Private Krankenversicherung gehört zum angemessenen Lebensbedarf, wenn die Kinder seit ihrer Geburt privat krankenversichert sind. (OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.04.2012 - 3 UF 279/11):

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„... Der beabsichtigten Klage kann in dem aus dem Tenor des Beschlusses ersichtlichen Umfang eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abgesprochen werden. Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Familienunterhalt gem. §§ 1360, 1360 a BGB. Denn der Umstand, dass ein Ehegatte in einem Pflegeheim aufgenommen wird, führt noch nicht zu einer Trennung im Sinne des § 1567 BGB, so dass ein Unterhaltsanspruch nach § 1361 BGB nicht in Betracht kommt (OLG Nürnberg, FamRZ 08, 788 f. = juris RN 11; Staudinger/Voppel, Neubearbeitung 2007, § 1360 BGB RN 12; MK-BGB/ Weber-Monecke, 5. Aufl. 2010, § 1360 BGB RN 2; Wendl/Staudigl/Scholz, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 3 RN 5, 34). Auch nur ansatzweise nachvollziehbare Gründe, weshalb die Parteien gleichwohl getrennt leben sollen, lassen sich den vorgelegten Schreiben und Bescheiden des Sozialamts der Stadt C. nicht entnehmen. Die dort vorgenommene abweichende Beurteilung hat zudem für die von den Familiengerichten zu treffenden unterhaltsrechtlichen Entscheidungen keinerlei Bindungswirkung.

Nach der Rspr. des BVerfG (BVerfGE 66, 84 ff = NJW 1984, 1523, 1525 = FamRZ 1984, 346, 350) und des BGH (NJW 2006, 2402, 2407 = FamRZ 2006, 1010, 1014) kann der Verpflichtete im Verhältnis zu seinem Partner seinen Beitrag zum Familienunterhalt nicht unter Hinweis darauf verweigern, er sei ohne Gefährdung seines Eigenbedarfs zur Unterhaltsleistung nicht in der Lage. Nach dieser Auffassung, die auch in der Literatur Zustimmung erfährt (Weber-Monecke a.a.O. RN 5; Heiß/Born, Unterhaltsrecht, Kap. 11 RN 6; Eschenbruch in Unter-haltsprozess, 5. Aufl., Kap 1 RN 60; Massfeller/Böhmer/Coester, Familienrecht, § 1360 BGB RN 4: "… haben die Eheleute miteinander alles gemeinsam zu verbrauchen und evtl. gemeinsam Sozialhilfe zu beantragen"), kann der Antragsgegner sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er benötige die von ihm bezogenen Renten, um seinen eigenen Bedarf zu decken und sei damit nicht in der Lage, der Antragstellerin Familienunterhalt zu gewähren. Im Hinblick auf diese höchstrichterliche Rechtsprechung kann der Antragstellerin nicht auf Grund der Erwägungen im angefochtenen Beschluss die Prozesskostenhilfe verweigert werden.

Aber auch wenn von dieser für die Antragstellerin günstigen Rechtsauffassung ausgegangen wird, hat die beabsichtigte Klage nur zum Teil Aussicht auf Erfolg. Die Antragstellerin kann nämlich keinesfalls von dem Gesamtrenteneinkommen der Parteien von knapp 982 € einen Anteil von 689 € für sich beanspruchen, wie sie es ausweislich der Berechnung im Schriftsatz vom 3.12.2009 (GA 40/1) tut, mit der Folge, dass sich der Antragsgegner mit einem Rest von nur knapp 293 € begnügen muss. Für eine derartige Bevorzugung der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner gibt es nicht die geringste Rechtfertigung, zumal der Bedarf des Antragsgegners im Hinblick auf die Kosten der Heimunterbringung höher zu veranschlagen ist als der der Antragstellerin. Bei der günstigsten für die Antragstellerin möglichen Betrachtungsweise kann ihr als Anspruch gegen den Antragsgegner nur die Hälfte des Gesamteinkommens unter Anrechnung des darin enthaltenen eigenen Einkommens zugeteilt werden (vgl. Weber-Monecke a.a.O. RN 3), also ein Betrag von 982 € : 2 - 75 € = 416 €. Damit verfügen beide Ehegatten über einen Anteil von 491 € am Gesamteinkommen.

Nicht zu verkennen ist allerdings, dass diese strikte Aufteilung des Familieneinkommens im Rahmen der §§ 1360, 1360a BGB unabhängig von einem Selbstbehalt des Anspruchsgegners nicht unumstritten ist. So wird in der Literatur auch bei grundsätzlicher Anerkennung des Grundsatzes, dass sich im Rahmen des Familienunterhalts einer der Ehegatten nicht auf beschränkte Leistungsfähigkeit oder einen Selbstbehalt berufen kann, angenommen, dass ihm gleichwohl sein Existenzminimum zu belassen ist (Staudinger/Voppel, a.a.O. § 1360 RN 15; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl., § 21 RN 19), was bei der vorstehend vorgenommen Verteilung des Renteneinkommens des Antragsgegners nicht mehr der Fall wäre. Desweiteren wird für Fälle in denen - wie vorliegend - der Familienunterhalt als Geldrente zu bemessen ist, die Auffassung vertreten, dass auf die Selbstbehaltsbeträge der Unterhaltsleitlinien abzustellen ist (Wendl/Staudigl/Scholz a.a.O. § 3 RN 7, 34; ähnlich OLG Düsseldorf NJW 2002, 1353 für den umgekehrten Fall, in dem es um die Bemessung des Unterhaltsanspruchs des im Pflegeheim lebenden Ehegatten gegen den anderen Ehegatten mit höheren Einkünften geht; dem sich anschließend Jauernig, BGB, 13. Aufl., §§ 1360, 1360a RN 6). Ob diese Auffassungen nicht vorzugswürdig sind, kann im summarischen Prozesskosten-hilfeprüfungsverfahren allerdings dahinstehen, da es der Antragstellerin mit Blick auf die für sie günstige Rechtsauffassung der höchsten Gerichte nicht verwehrt werden kann, unter Kostenbefreiung den Rechtsweg zu beschreiten.

Die Parteien sollten erwägen, sich im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen - zweckmäßigerweise unter Einbeziehung des Sozialamts - zu verständigen, statt einen Rechtsstreit zu führen. Das von der Antragstellerin angestrebte Ziel, aus dem Gesamteinkommen soviel zugeteilt zu erhalten, dass sie ihren notwendigen Bedarf damit decken kann, lässt sich auf keinen Fall erreichen. Andererseits reicht selbst das volle Renteneinkommen des Antragsgegners (ca. 907 €) zzgl. des Pflegegelds (1.279 €) und des Pflegewohngelds (knapp 529 €) nicht aus, um seinen Bedarf (ca. 3.455 €) zu decken, so dass beide Ehegatten auf unterstützende Leistungen nach dem SGB XII angewiesen sind (die Antragstellerin nunmehr Grundsicherung im Alter und der Antragsgegner Hilfe zur Pflege). Damit dürfte es im wirtschaftlichen Endergebnis für die Parteien gleichgültig sein, wie sie das schmale Renteneinkommen intern verteilen.

Abschließend ist noch anzumerken, dass nicht nachvollziehbar ist, warum das Sozialamt der Stadt Bochum bei völlig unveränderter Sachlage am 14.5.2009 plötzlich zu der Auffassung gelangt ist, "unter den gegebenen Umständen" (?) könne "nicht mehr länger von einem ehelichen Zusammenleben ausgegangen werden", so dass die gesamte Rente des Antragsgegners für seinen Heimaufent-halt einzusetzen sei (und damit den Anlass für die Auseinandersetzung der Parteien geschaffen hat). Ein sachlicher Grund hierfür ist weder dem Schreiben selbst zu entnehmen noch sonst ersichtlich. Es dürfte sich bei den Beteiligten des hiesigen Verfahrens deshalb weiterhin um nicht getrennt lebende Ehegatten im Sinne von § 19 SGB XII handeln. Der Begriff des Getrenntlebens von Ehegatten im Sozialrecht richtet sich nämlich nach den familienrechtlichen Grundsätzen des BGB (BSG Urteil vom 18.02.2010 - B 4 AS 49/09 R -, zit. nach juris). Die Parteien führten seit der Verlegung des Antragsgegners in ein Pflegeheim eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt (gemeinsame Wohnung), bildeten aber - nach wie vor - eine Bedarfsgemeinschaft i. S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II (vgl. BSG, aaO). ..." (OLG Köln, Beschluss vom 21.04.2010 - 27 WF 21/10)


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Ein Prozesskostenvorschussanspruch eines Ehegatten, der vom anderen Ehegatten getrennt lebt, besteht nach § 1316 Abs. 4 S. 4 in Verbindung mit § 1360a Abs. 4 S. 1 BGB auch dann, wenn dieser den Prozesskostenvorschuss zwar nicht in einer Summe zahlen kann, aber nach § 115 Abs. 1 und 2 ZPO, der regelmäßig auch seinen notwendigen Selbstbehalt wahrt, für eine eigene Prozessführung zu Ratenzahlungen in der Lage wäre. Dann kann dem vorschussberechtigten Ehegatten Prozesskostenhilfe nach §§ 114, 115 Abs. 3 S. 1 ZPO auch nur gegen entsprechende Ratenzahlung bewilligt werden (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 20.08.2009, 6 WF 84/09).

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Eine Prozesspartei, die selbst Prozesskostenhilferaten zu zahlen hat, ist daneben nicht auch noch verpflichtet, dem Prozessgegner einen Prozesskostenvorschuss in Ratenform zu erbringen, weil dieses nicht der Billigkeit entspricht (OLG Celle, Beschluss vom 29.07.2009 - 10 WF 222/09).

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Dagegen führt die ebenfalls zulässige Berufung der Klägerin, mit der diese Krankenvorsorgeunterhalt begehrt, in vollem Umfang zum Erfolg. Der Krankenversicherungsaufwand gehört beim Trennungsunterhalt zu dem gemäß § 1361 BGB zu zahlenden eheangemessenen Bedarf (vgl. Eschenbruch, Unterhaltsprozeß, Rdnr. 359). Der Beklagte wendet sich auch nicht gegen die Höhe des von der Klägerin insoweit geltend gemachten Bedarfs, sondern bestreitet im Berufungsverfahren nur noch seine Verpflichtung zur Zahlung von Trennungsunterhalt überhaupt. Der Krankenvorsorgebedarf der Klägerin ist in die zweistufige Unterhaltsberechnung einzubeziehen (vgl. unten II. ab 3.). ...

3. Für 3/95 bis 8/95 (mit Krankenvorsorgebedarf): je 1.735,-- DM.

Bereinigtes Einkommen des Beklagten: 3.782,-- DM
./. Krankenvorsorgebedarf: 199,50 DM
-----------
endgültig bereinigtes Einkommen: 3.582,50 DM
hiervon 3/7: 1.535,36 DM
+ Krankenvorsorgeunterhalt: 199,50 DM
-----------
Gesamtbedarf: 1.734,86 DM
rund 1.735,-- DM.

Der Beklagte ist ausreichend leistungsfähig; ihm verbleiben noch 2.047,-- DM.

4. Für 9/95 bis 12/95 (mit Krankenvorsorgebedarf): 1.750,-- DM.

Bereinigtes Einkommen des Beklagten: 3.782,-- DM
./. Krankenvorsorgebedarf: 226,50 DM
-----------
endgültig bereinigtes Einkommen: 3.555,50 DM
hiervon 3/7: 1.523,79 DM
+ Krankenvorsorgeunterhalt: 226,50 DM
-----------
Gesamtunterhalt: 1.750,29 DM
rund 1.750,-- DM.

Der Beklagte ist ausreichend leistungsfähig; ihm verbleiben noch 2.032,-- DM.

5. Für 1/96 bis 2/96: je 2.015,-- DM.

Bereinigtes Einkommen des Beklagten: 4.437,-- DM
./. Krankenvorsorgebedarf: 266,50 DM
-----------
endgültig bereinigtes Einkommen: 4.170,50 DM
hiervon 3/7: 1.787,36 DM
+ Krankenvorsorgeunterhalt: 226,50 DM
-----------
Gesamtbedarf: 2.013,86 DM
rund 2.015,-- DM.

Der Beklagte ist ausreichend leistungsfähig; ihm verbleiben noch 2.422,-- DM.

6. Für 3/96: 1.915,-- DM.

Bedarf der Klägerin (wie oben 5.): 2.015,- DM
./. eigene Einkünfte: 100,- DM
-------- --
ungedeckter Bedarf: 1.915,- DM

Angesichts des geringen Umfangs der Erwerbstätigkeit, die nicht zu einer Beeinträchtigung der Kindesbetreuung geführt hat, kann sich die Klägerin, deren eheangemessener Bedarf vom Beklagten gedeckt werden kann, nicht auf die Überobligationsmäßigkeit dieser Tätigkeit berufen (§ 1577 Abs. 2 BGB). Nach Abzug des Anreiz-Siebtels verbleibt ein Betrag von rund 100,-- DM.

Der Beklagte ist ausreichend leistungsfähig; ihm verbleiben noch 2.522,-- DM.

7. Für 4/96 bis 6/96: je 1.900,-- DM.

Bereinigtes Einkommen des Beklagten: 4.362,-- DM
./. Krankenvorsorgebedarf: 226,50 DM
-----------
endgültig bereinigtes Einkommen: 4.135,50 DM
hiervon 3/7: 1.772,36 DM
+ Krankenvorsorgeunterhalt: 226,50 DM
-----------
Gesamtbedarf: 1.998,86 DM
rund 2.000,-- DM.

Nach Abzug der Eigeneinkünfte der Klägerin von 100,-- DM verbleibt ein ungedeckter Bedarf von 1.900,-- DM. ..." (OLG Zweibrücken, Urteil vom 18.12.1997 - 5 UF 149/96, 5 UF 67/96)

*nach oben*

§ 1360 b Zuvielleistung

Leistet ein Ehegatte zum Unterhalt der Familie einen höheren Beitrag als ihm obliegt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass er nicht beabsichtigt, von dem anderen Ehegatten Ersatz zu verlangen.

§ 1361 Unterhalt bei Getrenntleben

(1) Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen; für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens gilt § 1610a. Ist zwischen den getrennt lebenden Ehegatten ein Scheidungsverfahren rechtshängig, so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der Rechtshängigkeit an auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderte Erwerbsfähigkeit.

(2) Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.

(3) Die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 über die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit ist entsprechend anzuwenden.

(4) Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im Voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt. § 1360a Abs. 3, 4 und die §§ 1360b, 1605 sind entsprechend anzuwenden.

Leitsätze/Entscheidungen:

Der eheangemessene Unterhaltsbedarf beim Trennungsunterhalt ist im Falle einer konkreten Bedarfsbemessung nach den Kosten zu ermitteln, die für die Aufrechterhaltung des in der Ehe erreichten Lebensstandards erforderlich sind (im Anschluss an Senatsurteil vom 1. April 1987 - IVb ZR 33/86, FamRZ 1987, 691). Der konkrete Wohnbedarf entspricht dem, was der Unterhaltsberechtigte als Mieter (einschließlich Nebenkosten) für eine dem Standard der Ehewohnung entsprechende und angemessen große Wohnung aufzubringen hätte (im Anschluss an Senatsurteil vom 18. Januar 2012 - XII ZR 178/09, FamRZ 2012, 517). Der Quotenunterhalt stellt unter Berücksichtigung eines objektiven Maßstabs im Hinblick auf die Halbteilung die Obergrenze auch bei der konkreten Bedarfsbemessung dar (BGH, Beschluss vom 29.09.2021 - XII ZB 474/20).

***

Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setzt nicht voraus, dass die Ehegatten zusammengelebt oder gemeinsam gewirtschaftet haben (im Anschluss an Senatsurteil vom 9. Februar 1994 - XII ZR 220/92, FamRZ 1994, 558; BGH, Beschluss vom 19.02.2020 - XII ZB 358/19).

***

Die Beurteilung, ob eine unzulässige Unterschreitung des angemessenen Unterhalts und damit ein nach § 134 BGB unwirksamer Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt vorliegt, setzt voraus, dass zunächst die Höhe dieses angemessenen Unterhaltsanspruchs im hierfür erforderlichen Umfang festgestellt worden ist. Sonstige ehevertragliche Regelungen, die dem Unterhaltsberechtigten zum Vorteil gereichen können, sind in die Prüfung nicht einzubeziehen. Denn die Wirksamkeit der Regelung des Trennungsunterhalts ist isoliert zu betrachten und wird nicht durch Vereinbarungen zu anderen Gegenständen berührt (BGH, Beschluss vom 30.09.2015 - XII ZB 1/15).

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Zur Nachforderung "vergessenen" Altersvorsorgeunterhalts (Fortführung von Senatsurteil vom 3. April 1985, IVb ZR 19/84, BGHZ 94, 145 = FamRZ 1985, 690; BGH, Beschluss vom 19.11. 2014 - XII ZB 478/13):

„... I. Die Beteiligten sind rechtskräftig geschiedene Eheleute. Sie streiten um Altersvorsorgeunterhalt für einen Teil der Trennungszeit.

Die Beteiligten lebten seit 1999 getrennt; ihr Scheidungsverfahren war seit dem Jahr 2001 rechtshängig. Mit Schreiben vom 2. Juni 2009 forderte die Antragstellerin den Antragsgegner zur Auskunft über seine Einkünfte aus allen Einkommensarten auf. In einem anschließenden Trennungsunterhaltsverfahren wurde der Antragsgegner durch Beschluss des Amtsgerichts vom 7. Dezember 2010 verpflichtet, für die Zeit ab Dezember 2010 einen laufenden Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 2.074,19 € und für den Zeitraum von Juni 2009 bis November 2010 einen Unterhaltsrückstand in Höhe von insgesamt 9.725,58 € zu zahlen. Die Unterhaltsbemessung in diesem Verfahren beruhte auf einer konkreten Bedarfsermittlung. Dieser lagen die von der Antragstellerin geltend gemachten Aufwendungen für Lebensmittel, Bekleidung, Urlaub, Halten eines Kraftfahrzeuges, Nebenkosten eines mietfrei von ihr bewohnten gemeinsamen Einfamilienhauses, Gesundheitspflege (Arztbesuche, Arzneimittel, Körperpflege), Medien (Zeitschriften, Bücher, Kabelfernsehen, Rundfunkgebühren), Telefon, Kontoführungsgebühren und Geschenke zugrunde.

Mit einem am 9. Dezember 2011 zugestellten Abänderungsantrag verlangte die Antragstellerin unter Hinweis darauf, dass sie nach dem Auszug aus dem ehemaligen Familienheim durch die Anmietung einer Mietwohnung höhere Wohnkosten habe, eine Erhöhung des laufenden Trennungsunterhalts von monatlich 2.047,19 € auf zuletzt monatlich 2.547,75 €. Auf diesen Antrag wurde der Antragsgegner im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 26. April 2012 durch Beschluss des Amtsgerichts vom 8. Mai 2012 unter Abänderung des Ausgangsbeschlusses dazu verpflichtet, für die Zeit ab dem 9. Dezember 2011 an die Antragstellerin einen erhöhten monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 2.295,46 € zu zahlen; die von beiden Eheleuten gegen die Abänderungsentscheidung eingelegten wechselseitigen Beschwerden wurden am 23. November 2012 zurückgenommen. Die Scheidung der Beteiligten ist seit dem 6. September 2013 rechtskräftig.

Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin mit einem am 5. September 2012 zugestellten Nachforderungsantrag begehrt, ihr für den Zeitraum ab dem 1. Juni 2009 über den bereits titulierten Trennungsunterhalt hinaus einen rückständigen und laufenden Altersvorsorgeunterhalt in wechselnder monatlicher Höhe zwischen 669,69 € und 746,21 € zuzusprechen. Das Amtsgericht hat diesem Antrag teilweise entsprochen und den Antragsgegner unter Zurückweisung des weitergehenden Antrages verpflichtet, seit dem 1. Juli 2011 über den in der Entscheidung vom 7. Dezember 2010 und in der Abänderungsentscheidung vom 8. Mai 2012 festgesetzten ‚Trennungs-Elementarunterhalt' hinaus einen Altersvorsorgeunterhalt in unterschiedlicher monatlicher Höhe zwischen 569,61 € und 629,90 € zu zahlen. Gegen diese Entscheidung haben die beiden Beteiligten Beschwerde eingelegt. Während die Beschwerde der Antragstellerin erfolglos geblieben ist, hat das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts auf das Rechtsmittel des Antragsgegners geändert und den Antrag insgesamt als unzulässig zurückgewiesen.

Dagegen wendet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihre Anträge auf Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt seit Juni 2009 weiterverfolgt.

II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in juris veröffentlicht ist, hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Antragstellerin aus verfahrensrechtlichen Gründen daran gehindert sei, Altersvorsorgeunterhalt isoliert geltend zu machen. Hierzu hat es das Folgende ausgeführt:

Zwar entfalle bei der konkreten Bedarfsberechnung die zweistufige Berechnung von Elementar- und Vorsorgeunterhalt, so dass über diese Ansprüche im Falle ihrer gemeinsamen Anhängigkeit per Teilbeschluss entschieden werden könne. Die Möglichkeit einer Entscheidung durch Teilbeschluss eröffne dem Unterhaltsberechtigten aber nicht in jedem Fall die Geltendmachung des Altersvorsorgeunterhalts im Wege des Teilantrages. Wenn im Vorverfahren Unterhalt ohne nähere Aufschlüsselung in Elementar- und Vorsorgeunterhalt geltend gemacht werde, könne Vorsorgeunterhalt mit einem isolierten Zusatzantrag grundsätzlich nur noch dann nachträglich geltend gemacht werden, wenn sich der Unterhaltsberechtigte zumindest erkennbar eine Nachforderung vorbehalten habe.

Auch bei einem konkret berechneten Unterhaltsbedarf müsse sich ein Unterhaltsschuldner nicht generell darauf einrichten, dass noch Altersvorsorgeunterhalt geltend gemacht werde. Einen Vorbehalt bezüglich einer weiteren Nachforderung habe die Antragstellerin im Ausgangsverfahren nie ausdrücklich erklärt. Zwar habe der von der Antragstellerin konkret geltend gemachte Bedarf keinerlei Positionen enthalten, die dem Bereich der Altersvorsorge zugerechnet werden könnten. Ohne weitere Anzeichen müsse der Unterhaltsschuldner aber selbst dann noch nicht damit rechnen, dass noch Altersvorsorgeunterhalt geltend gemacht werden würde. Gerade bei guten Einkommensverhältnissen könne bereits ein zur Versorgung im Alter geeignetes Vermögen auf Seiten des Unterhaltsberechtigten vorhanden sein. Die Antragstellerin sei Miteigentümerin eines Grundstücks gewesen und es habe angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten nahegelegen, dass sie ihren Miteigentumsanteil - wie später auch geschehen - gegen Zahlung eines angemessenen Kapitalbetrags als Wertausgleich auf den Antragsgegner übertragen würde. Es sei auch denkbar, dass der Unterhaltsberechtigte beabsichtigt habe, durch ein im Wege des Zugewinnausgleichs zugeflossenes Vermögen Altersvorsorge zu betreiben und deshalb keinen gesonderten Altersvorsorgeunterhalt geltend gemacht habe. Hier habe die Antragstellerin im Scheidungsverfahren in der Folgesache Zugewinnausgleich von dem Antragsgegner die Zahlung eines erststelligen Teilbetrags in Höhe von 1.000.000 € verlangt. Die Antragstellerin habe auch sonst nicht erkennen lassen, dass sie beim Trennungsunterhalt zunächst nur einen Elementarunterhalt geltend gemacht habe. Auch im Scheidungsverfahren habe sie ihren nachehelichen Unterhaltsanspruch zunächst nur nach einem konkret ermittelten (Elementar-) Bedarf berechnet und erst fast drei Jahre nach Anhängigkeit der Folgesache Unterhalt zeitgleich mit dem Antrag im vorliegenden Verfahren zusätzlichen Vorsorgeunterhalt verlangt.

Aus dem verzugsbegründenden Schreiben vom 2. Juni 2009 könne die Antragstellerin nichts herleiten. Allein die Schaffung der Voraussetzungen, um Unterhalt für die Vergangenheit fordern zu können, bedeute noch nicht, dass sich der Unterhaltsschuldner deshalb auf eine Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt auf unabsehbare Zeit einrichten müsste. Die Antragstellerin habe die Möglichkeit gehabt, Altersvorsorgeunterhalt im Wege eines Abänderungsverfahrens geltend zu machen, wobei dann, wenn die Voraussetzungen für einen zulässigen Abänderungsantrag gegeben seien, auch Altersvorsorgeunterhalt erstmals geltend gemacht werden könne. Dies hätte die Antragstellerin zum Anlass nehmen müssen, in dem am 9. Dezember 2011 rechtshängig gewordenen Abänderungsverfahren einen weiteren Unterhalt in Form des Altersvorsorgeunterhalts geltend zu machen. Dies sei aber in dem Abänderungsverfahren nicht geschehen, welches bis zum rechtskräftigen Abschluss in der Beschwerdeinstanz nur den Elementarunterhalt zum Gegenstand gehabt habe. Die Rechtskraft des zwischenzeitlich durchgeführten Abänderungsverfahrens habe damit zur Konsequenz, dass der im Weg des Zusatzantrags verfolgte Anspruch der Antragstellerin auf Altersvorsorgeunterhalt als unzulässig zurückzuweisen sei.

Gegen diese Ausführungen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.

2. Mit Recht hat das Beschwerdegericht erkannt, dass der Zulässigkeit des von der Antragstellerin angebrachten Nachforderungsantrags die Rechtskraft der in den Trennungsunterhaltsverfahren ergangenen Entscheidungen entgegensteht.

a) In der zivilprozessualen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist seit jeher anerkannt, dass sich das Problem der sogenannten verdeckten Teilklage nicht stellen kann, wenn in einem Vorprozess wiederkehrende Leistungen im Sinne von § 258 ZPO zuerkannt worden sind. Hat die im Vorprozess obsiegende Partei in diesem Verfahren nur scheinbar die volle Leistung geltend gemacht, kann sie im folgenden Prozess um eine Zusatz- oder Nachforderungsklage dem Einwand entgegenstehender Rechtskraft nicht mit dem Argument begegnen, dass sich die Rechtskraft der im Vorprozess erstrittenen Entscheidung von vornherein nur auf den dort eingeklagten Betrag beschränke. Dies beruht auf der Regelung des § 323 ZPO. Nach deren Sinn und Zweck ist nach rechtskräftiger Verurteilung zu wiederkehrenden, sich aus einem bestimmten Rechtsverhältnis ergebenden Leistungen eine Klage auf zusätzliche Leistungen nur unter den Voraussetzungen und im Umfang des § 323 ZPO zulässig. Außerhalb des Anwendungsbereichs von § 323 ZPO ist eine isolierte Zusatz- oder Nachforderungsklage nur in den Ausnahmefällen zulässig, in denen in dem Vorprozess die aus dem bestimmten Rechtsverhältnis fließenden wiederkehrenden Leistungen nur teilweise eingeklagt waren. Eine solche Teilklage im Vorprozess ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn dort ausdrücklich erklärt oder aus den Umständen eindeutig zu entnehmen war, dass die in bestimmter Höhe begehrten wiederkehrenden Leistungen nur einen Teil einer an sich höheren Forderung darstellen (BGH Urteil vom 10. Juli 1986 - IX ZR 138/85 - NJW 1986, 3142 f. und grundlegend BGHZ 34, 110, 113 ff. = NJW 1961, 871, 872 f.).

b) In Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass ein Leistungsantrag auf Unterhalt nur dann zulässig ist, wenn kein Abänderungsantrag zu erheben ist. Die Forderung eines zusätzlichen Unterhalts im Wege des Zusatz- oder Nachforderungsantrages ist folglich nur dann möglich, wenn sich der schon vorliegende Unterhaltstitel eindeutig nur auf einen Teilbetrag des geschuldeten Unterhalts beschränkt (Senatsurteile BGHZ 94, 145, 146 ff. = FamRZ 1985, 690 f. und vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 - FamRZ 2009, 314 Rn. 13). Wie der Senat in diesem Zusammenhang wiederholt entschieden hat, ist im Unterhaltsrecht im Zweifel davon auszugehen, dass Unterhalt in voller Höhe geltend gemacht wird, so dass die Vermutung gegen das Vorliegen eines Teilantrags spricht. Für die Annahme eines Teilantrags ist daher zu fordern, dass der Unterhaltsberechtigte im Erstverfahren entweder ausdrücklich einen Unterhaltsteilanspruch geltend gemacht oder sich wenigstens erkennbar eine Nachforderung von Unterhalt vorbehalten hat (Senatsurteile BGHZ 94, 145, 147 = FamRZ 1985, 690, 691; vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 22/89 - FamRZ 1990, 863, 864; vom 27. November 2002 - XII ZR 295/00 - FamRZ 2003, 444 f. und vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 - FamRZ 2009, 314 Rn. 13).

Hinsichtlich des Anspruchs auf Altersvorsorgeunterhalt gelten in dieser Hinsicht keine grundlegenden Besonderheiten. Der nach § 1361 Abs. 1 Satz 2 BGB bzw. nach § 1578 Abs. 3 BGB geschuldete Vorsorgeunterhalt ist dazu bestimmt, als Teil des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf des Berechtigten umfassenden Unterhaltsanspruchs den Aufbau einer Altersvorsorge zu ermöglichen. Ob der Unterhaltsberechtigte neben seinem laufenden Elementarunterhalt auch Vorsorgeunterhalt geltend machen will, steht in seinem freien Belieben. Hat der Unterhaltsberechtigte im Erstverfahren lediglich Elementarunterhalt geltend gemacht, hängt die Zulässigkeit einer Nachforderung von Vorsorgeunterhalt im Wege eines neuen Leistungsantrags davon ab, ob sich der Berechtigte diese Nachforderung im Erstverfahren vorbehalten hat (Senatsurteil BGHZ 94, 145, 147 f. = FamRZ 1985, 690, 691).

c) Ob im Erstverfahren ein Nachforderungsvorbehalt erklärt worden ist oder ob aus den Umständen eindeutig entnommen werden kann, dass sich der Anspruchsteller im Erstverfahren die Geltendmachung weiterer Unterhaltsansprüche vorbehalten wollte, unterliegt der selbständigen und unbeschränkten Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht (vgl. Senatsurteil vom 15. Juni 1994 - XII ZR 128/93 - FamRZ 1994, 1095, 1096; BGH Urteil vom 20. November 1997 - VII ZR 26/97 - NJW 1998, 995). Der Senat teilt im vorliegenden Fall das vom Beschwerdegericht gefundene Auslegungsergebnis.

aa) Die Antragstellerin hat sich im Erstverfahren zum Trennungsunterhalt die Nachforderung von Vorsorgeunterhalt nicht ausdrücklich vorbehalten, was auch die Rechtsbeschwerde nicht in Abrede stellt. Die Rechtsbeschwerde zeigt auch - über den Umstand der Nichtgeltendmachung von solchen, der Vermögensbildung dienenden Bedarfspositionen im Erstverfahren hinaus - keine weiteren Gesichtspunkte auf, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass sich die Antragstellerin die Nachforderung von Vorsorgeunterhalt vorbehalten haben könnte. Die bloße Nichtgeltendmachung von Vorsorgeunterhalt im Erstverfahren kann aber für sich genommen noch nicht die Annahme eines Nachforderungsvorbehalts begründen.

bb) In den Fällen der zweistufigen Unterhaltsberechnung nach einer Einkommensquote ergibt sich dies bereits daraus, dass die Forderung von Vorsorgeunterhalt zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes zwangsläufig zu einer Verkürzung des laufenden Elementarunterhalts führt. Daher kann in diesen Fällen ein naheliegendes Motiv für die unterlassene Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt in der fehlenden Bereitschaft des Berechtigten liegen, sich auf den mit dem Aufbau eines Altersvorsorgevermögens einhergehenden Konsumverzicht einzulassen. Schon dieser Gedanke schließt die Annahme eines Nachforderungsvorbehalts regelmäßig aus (Senatsurteil BGHZ 94, 145, 148 = FamRZ 1985, 690, 691).

cc) Aber auch in den Anwendungsfällen der einstufigen Unterhaltsberechnung (etwa bei der Geltendmachung eines konkreten Unterhaltsbedarfs oder bei einer am Nachteilsausgleich orientierten Unterhaltsbemessung), in denen der Unterhaltspflichtige Altersvorsorgeunterhalt ohne Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes neben dem vollen ungekürzten Elementarunterhalt leisten kann, können allein aus der unterbliebenen Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt für sich genommen keine genügenden Anhaltspunkte für einen Nachforderungsvorbehalt gewonnen werden.

Denn die unterlassene Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt kann auch dadurch begründet sein, dass sich der Unterhaltsberechtigte im Erstverfahren überhaupt nicht bewusst war, ohne Kürzung des Elementarunterhalts auch Vorsorgeunterhalt verlangen zu können. Auch dann kann ein Nachforderungsvorbehalt nicht bejaht werden, weil aus Sicht des Unterhaltsberechtigten nämlich der gesamte von ihm erstrebte Unterhalt geltend gemacht worden ist, während die Annahme eines Nachforderungsvorbehalts gerade voraussetzt, dass sich dieser des Bestehens einer weiteren Forderung bewusst war (vgl. Senatsurteil BGHZ 94, 145, 148 = FamRZ 1985, 690, 691 und Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 229/11 - FamRZ 2013, 109 Rn. 46).

Selbst wenn das Bewusstsein für die Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt beim Unterhaltsberechtigten vorhanden gewesen sein sollte, sind bei der einstufigen Unterhaltsberechnung - abhängig von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls - durchaus wirtschaftliche Opportunitätsgründe für die unterlassene Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt denkbar. Bei einer zeitlich absehbar begrenzten Unterhaltspflicht - etwa wegen einer beabsichtigten Wiederverheiratung des Unterhaltsberechtigten - kann die Beschränkung auf den Elementarunterhalt dadurch veranlasst sein, dass die zusätzliche Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt nur zum Aufbau einer Bagatellversorgung führen würde, die für den Unterhaltsberechtigten von geringem Interesse ist. Bei überdurchschnittlich günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen kann - wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt - ein mögliches Motiv für die Beschränkung auf den Elementarunterhalt auch darin gesehen werden, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte aus der vermögens- und güterrechtlichen Auseinandersetzung der Eheleute den Zuwachs eines erheblichen Kapitalvermögens erwartet, mit dem er sich für das Alter ausreichend versorgt sieht und der deshalb die gesonderte Geltendmachung eines Altersvorsorgebedarfs bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise entbehrlich erscheinen lässt (zur Auswirkung von Kapitaleinkünften auf den Altersvorsorgebedarf vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 1991 - XII ZR 2/91 - FamRZ 1992, 423, 425).

d) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht diesem Ergebnis auch die Rechtsprechung des Senats zu §§ 1360 a Abs. 3, 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entgegen. Der Senat hat ausgesprochen, dass es wegen der Einheitlichkeit von Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt für eine Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen für die Vergangenheit ausreicht, wenn von diesem Auskunft mit dem Ziel der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs begehrt worden ist; eines gesonderten Hinweises, es werde auch Altersvorsorgeunterhalt verlangt, bedarf es nicht (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2006 - XII ZR 24/04 - FamRZ 2007, 193 Rn. 43 f.). Diese Ausführungen beziehen sich aber - wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat - allein auf die Schaffung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt für die Vergangenheit. Ihnen lässt sich nichts für die Beurteilung der hier maßgeblichen Frage entnehmen, ob es dem Unterhaltsberechtigten angesichts eines bestehenden rechtskräftigen Unterhaltstitels aus verfahrensrechtlichen Gründen verwehrt ist, die zusätzliche Leistung von Altersvorsorgeunterhalt im Rahmen eines weiteren Leistungsantrages nachzufordern (vgl. auch Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 229/11 - FamRZ 2013, 109 Rn. 46).

3. Es kommt auch nicht in Betracht, den als Nachforderungsantrag unzulässigen Antrag der Antragstellerin entsprechend § 140 BGB in einen Abänderungsantrag (§ 238 FamFG) umzudeuten.

a) Hat sich der Unterhaltsberechtigte im Erstverfahren die Nachforderung von Vorsorgebedarf nicht vorbehalten und damit aus Sicht des Gerichts und des Verfahrensgegners den gesamten Unterhaltsanspruch zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, kann er eine Erhöhung des im Erstverfahren titulierten Unterhalts wegen des nicht geltend gemachten Vorsorgebedarfs allerdings noch mit einem Abänderungsantrag erreichen. Haben dabei - wie hier - die Voraussetzungen des § 1361 Abs. 1 Satz 2 BGB (oder des § 1578 Abs. 3 BGB) bereits im Erstverfahren vorgelegen, kann eine wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse (§ 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG) nicht allein mit dem nachträglich gefassten Entschluss begründet werden, nunmehr auch einen - im Erstverfahren möglicherweise ‚vergessenen' - Altersvorsorgebedarf nachträglich geltend machen zu wollen. Erst wenn eine Anpassung des bestehenden Unterhaltstitels dadurch eröffnet wird, dass sich die für die Unterhaltsbemessung in der Erstentscheidung maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben, kann auch Vorsorgeunterhalt verlangt werden (Senatsurteil BGHZ 94, 145, 149 = FamRZ 1985, 690, 691; Wendl/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 10 Rn. 168).

b) Die Umdeutung eines unzulässigen Nachforderungsantrags in einen (zulässigen) Abänderungsantrag ist zwar grundsätzlich möglich, wenn die Antragsbegründung die abzuändernde Endentscheidung bezeichnet und im Übrigen den Anforderungen des § 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG genügt (vgl. BGH Urteil vom 2. Juli 2004 - V ZR 290/03 - FamRZ 2004, 1712, 1713). Unter den hier obwaltenden Umständen scheidet eine Umdeutung aber aus, weil der Antrag der Antragstellerin auch als Abänderungsantrag aus mehreren Gründen unzulässig wäre.

aa) Ändern sich nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz oder nach dem ihm im schriftlichen Verfahren gleichstehenden Zeitpunkt (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG iVm § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO) die der erstinstanzlichen (Abänderungs-) Entscheidung zugrunde gelegten Verhältnisse, kann der durch diese Entwicklung begünstigte Beteiligte nach seiner Wahl entweder Beschwerde einlegen oder einen (neuen) Abänderungsantrag stellen (vgl. Keidel/Meyer-Holz FamFG 18. Aufl. § 238 Rn. 47; Wendl/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 10 Rn. 171; Prütting/Helms/Bömelburg FamFG 3. Aufl. § 238 Rn. 34).

Im vorliegenden Fall könnte der Antrag der Antragstellerin als neuer Abänderungsantrag nur dann die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG erfüllen, wenn mit dem Antrag (auch) geltend gemacht worden wäre, dass sich die für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse seit dem Ablauf der Schriftsatzfrist im erstinstanzlichen Abänderungsverfahren (26. April 2012) wesentlich geändert hätten. Ein solches Vorbringen ist weder der Antragsbegründung noch dem sonstigen Vortrag der Antragstellerin zu entnehmen; ihr Antrag stützt sich allein auf die nachträgliche Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt.

bb) Darüber hinaus hatte die Antragstellerin ihr Wahlrecht, gegen den erstinstanzlichen Abänderungsbeschluss vom 8. Mai 2012 entweder Rechtsmittel einzulegen oder neuerlichen Abänderungsantrag zu erheben, bereits verloren, nachdem die erstinstanzliche Entscheidung von dem Antragsgegner (und auch von der Antragstellerin selbst) mit der Beschwerde angegriffen worden war. Im Zeitpunkt seiner Anbringung bei Gericht im Juli 2012 wäre der Antrag der Antragstellerin somit als (neuer) Abänderungsantrag auch deshalb offenkundig unzulässig gewesen, weil ihm als Verfahrenshindernis die anderweitige Rechtshängigkeit (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG iVm § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) des bis zur Rücknahme der Beschwerden im November 2012 noch in der Beschwerdeinstanz anhängigen Abänderungsverfahrens entgegenstand. ..."

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Verfassungsbeschwerde gegen gerichtliche Berechnung von Trennungsunterhalt (BayVerfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 14.09.2012 - Vf. 29-VI-12):

„... Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Das angegriffene Berufungsurteil des Oberlandesgerichts München vom 20. Dezember 2011 verstößt nicht gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV).

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs könnte ein solcher Verstoß nur dann festgestellt werden, wenn die angegriffene Entscheidung bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich wäre und sich der Schluss aufdrängte, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Die Entscheidung dürfte also unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar sein; sie müsste schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sein. Selbst eine zweifelsfrei fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts begründet deshalb für sich allein noch keinen Verstoß gegen das Willkürverbot als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes (vgl. VerfGH vom 8.12.2000 = VerfGH 53, 187/193; VerfGH vom 11.3.2003 = VerfGH 56, 22/25).

2. Nach diesem Maßstab ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die Gewinnausschüttungen an den Ehemann in den Jahren 2004 (90.000 €) und 2005 (140.000 €) bei der Bemessung des Trennungsunterhalts nicht berücksichtigt hat.

Leben die Ehegatten getrennt, so kann gemäß § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen. Maßgeblich für die Bemessung des Trennungsunterhalts sind die gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten in dem Zeitraum, für den der Unterhalt verlangt wird (Bömelburg in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl. 2011, § 4 RdNr. 62). Es sind grundsätzlich alle Einkünfte heranzuziehen (Brudermüller in Palandt, BGB, 71. Aufl. 2012, RdNr. 28 zu § 1361 m. w. N.). Dazu gehören auch Gewinnausschüttungen aus einer Unternehmensbeteiligung. Da diese Einkünfte ähnlich wie bei einem selbständigen Gewerbetreibenden oftmals größeren Schwankungen unterliegen, wird regelmäßig das durchschnittliche Einkommen über einen Zeitraum von drei Jahren herangezogen (BGH vom 7.4.1982 = FamRZ 1982, 680/681; Voppel in Staudinger, BGB, 2007, RdNr. 47 zu § 1361 m. w. N.). Voraussetzung ist allerdings, dass die jeweiligen Einkünfte die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten nachhaltig und dauerhaft prägen und ihnen während des Zusammenlebens tatsächlich zur Verfügung gestanden haben (Voppel, a. a. O., RdNrn. 22 und 90 zu § 1361 m. w. N.; Weber-Monecke in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2010, RdNr. 7 zu § 1361).

Das Oberlandesgericht hat in dem angegriffenen Urteil einen die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten prägenden Charakter der Gewinnausschüttungen in den Jahren 2004 und 2005 verneint. Zur Begründung verweist es darauf, diese Auszahlungen seien zum einen - verglichen mit der Ausschüttung 2008 - „geringfügig" und zum anderen „erst am Ende der 25 Jahre dauernden Ehe" erfolgt.

Ob diese Erwägungen einfachrechtlich vertretbar sind, wird im Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht überprüft. Der Verfassungsgerichtshof ist kein Rechtsmittelgericht; es ist nicht seine Aufgabe, fachgerichtliche Entscheidungen dahingehend zu kontrollieren, ob die (einfachen) Gesetze richtig aus gelegt und angewandt wurden (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 30.1.2007 = VerfGH 60, 14/20 f.). Eine Verletzung des in Art. 118 Abs. 1 BV gewährleisteten Willkürverbots lässt sich jedenfalls nicht feststellen.

Das Oberlandesgericht stützt sich bei seiner Beurteilung u. a. auf den am 26. März 2008 geschlossenen Ehevertrag, in dem die Ehegatten rückwirkend zum 30. Juni 2007 den Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausschlossen und Gütertrennung vereinbarten sowie übereinkamen, die eheliche Gemeinschaft nicht wiederherzustellen. Dadurch haben sie nach Ansicht des Gerichts die am 17. Dezember 1982 geschlossene Ehe als beendet deklariert, sodass die streitgegenständlichen Ausschüttungen gegen Ende der Ehezeit erfolgten. Das Oberlandesgericht hat ferner im Blick, dass lediglich in zwei Jahren des insgesamt fast 25-jährigen gemeinsamen Wirtschaftens Gewinne ausbezahlt wurden. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht völlig sachfremd, dass die Ausschüttungen als nicht die ehelichen Verhältnisse prägend angesehen wurden. Diese Einschätzung des Oberlandesgerichts wird nicht dadurch willkürlich, dass es die Zahlungen in den Jahren 2004 und 2005 darüber hinaus als „geringfügig" bezeichnet hat. Zwar ist diese Erwägung - wie die Beschwerdeführerin zu Recht beanstandet - nicht nachvollziehbar. Sie ist jedoch für die Entscheidung nicht tragend, sodass ein diesbezüglicher Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV im Ergebnis keine Auswirkung auf die Bemessung des Trennungsunterhalts hat. Dass auch die Ausschüttung im Jahr 2008 nicht berücksichtigt wurde, wird mit der Verfassungsbeschwerde nicht gerügt. ..."

*** (BGH)

Steuerliche Abschreibungen für die Abnutzung von Gebäuden berühren das unterhaltsrechtlich maßgebende Einkommen nicht (Bestätigung des Senatsurteils vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02, FamRZ 2005, 1159). Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, die mittels kreditfinanzierter Immobilien erzielt werden, ist bis zur erzielten Miete nicht nur die - die Einkünfte bereits steuerrechtlich vermindernde - Zins-, sondern auch die Tilgungsleistung unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen (Fortführung von Senatsbeschlüssen vom 18. Januar 2017 - XII ZB 118/16, BGHZ 213, 288 = FamRZ 2017, 519 und vom 4. Juli 2018 - XII ZB 448/17, FamRZ 2018, 1506). Selbständige können in der Summe 24% ihres Bruttoeinkommens des jeweiligen Jahres für die Altersvorsorge aufwenden und damit - soweit eine solche Vorsorge tatsächlich betrieben wird - von ihrem unterhaltsrelevanten Einkommen absetzen (im Anschluss an Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05, BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739). Im Rahmen der Ermittlung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigte Tilgungsleistungen sind auf diese Altersvorsorgequote nicht anzurechnen (Fortführung von Senatsbeschluss vom 18. Januar 2017 - XII ZB 118/16, BGHZ 213, 288 = FamRZ 2017, 519). Werden die mit der Berufsausübung verbundenen höheren Aufwendungen bereits pauschal oder konkret bei der Einkommensermittlung berücksichtigt, bedarf es im Einzelnen einer Begründung des Tatgerichts, wenn es mehr als ein Zehntel des Erwerbseinkommens der Bedarfsbemessung entzieht. Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch steht in einem Alternativverhältnis zu den Unterhaltsansprüchen des Kindes, weil er nur entsteht, wenn der Unterhaltsanspruch erfüllt worden ist (BGH, Beschluss vom 15.12.2021 - XII ZB 557/20).

***

Getrennt leben die Ehegatten nach § 1567 Abs. 1 BGB, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Ehegatten vorher zusammengelebt und die Trennung durch Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft herbeigeführt haben oder ob sie von Anfang an getrennt gelebt haben. Ebenso wenig kommt es darauf an, inwieweit es zur Verwirklichung der Lebensgemeinschaft und zur Verflechtung und Abhängigkeit der Lebensdispositionen beider Ehegatten gekommen ist oder ob die Unterhaltsbedürftigkeit ihre Ursache in dem vorherigen Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft hat. Ein Trennungsunterhaltsanspruch scheitert auch nicht an fehlenden Bemessungsgrundlagen, wenn die Ehegatten nicht zusammengelebt und getrennt gewirtschaftet haben. Die ehelichen Lebensverhältnisse zur Ermittlung des Unterhaltsbedarfs bemessen sich in erster Linie nach dem verfügbaren Gesamteinkommen. Im Durchschnittsfall ist dabei mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die tatsächliche Lebensgestaltung während der Ehe auch objektiv vernünftigen Maßstäben entspricht. Jedenfalls kann aber der angemessene Bedarf unabhängig davon ermittelt werden, ob die Ehegatten zusammengelebt und/oder gemeinschaftlich gewirtschaftet haben (BGH, Beschluss vom 19.02.2020 - XII ZB 358/19 - Orientierungssätze).

***

Zur (hier: dreißigjährigen) Verjährungsfrist für Unterhaltsforderungen aus einem vollstreckbaren Unterhaltsabfindungsvergleich (BGH, Beschluss vom 09.07.2014 - XII ZB 719/12):

„... 2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Anspruch auf Zahlung der Hauptforderung ist nicht verjährt, weil das Berufungsgericht insoweit zu Recht von einer 30-jährigen Verjährungsfrist ausgegangen ist.

a) Nach § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB verjähren Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen in 30 Jahren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Nach Abs. 2 der Bestimmung tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB), soweit die Ansprüche nach Abs. 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben.

Ein Anspruch auf Rückstände von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen iSv § 197 Abs. 2 BGB ist dann gegeben, wenn der Anspruch von vornherein und seiner Natur nach auf Leistungen gerichtet ist, die nicht einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind, insbesondere wenn der Gesamtumfang der geschuldeten Leistungen nicht beziffert werden kann, weil der Anspruch zeitabhängig entsteht (BGH Urteil vom 24. Juni 2005 - V ZR 350/03 - NJW 2005, 3146, 3147 mwN). Andererseits findet nicht auf jeden Zahlungsanspruch auf wiederkehrende Leistungen die regelmäßige Verjährungsfrist Anwendung. So sind die vorgenannten Voraussetzungen bei einem Rückforderungsanspruch nach § 528 Abs. 1 BGB auch in den Fällen nicht erfüllt, in denen wegen wiederkehrenden Bedarfs wiederkehrende Teilwertersatzleistungen in Geld bis zur Erschöpfung des Werts der Schenkung zu erbringen sind. Zwar besteht in diesen Fällen ein Anspruch auf Zahlung einer Geldrente. Für eine Qualifizierung als regelmäßig wiederkehrende Leistung iSv § 197 Abs. 2 BGB ist jedoch nicht ausreichend, dass eine bestimmte Verbindlichkeit in Rentenform geschuldet wird. Gegen eine Einordnung als regelmäßig wiederkehrende Leistung im Sinne dieser Vorschrift spricht entscheidend, dass sich der Rückforderungsanspruch des Schenkers - anders als etwa Unterhaltsansprüche - nicht als ein "Stammrecht" darstellt, aus dem einzelne abtrennbare Ansprüche (laufend) fließen. Vielmehr handelt es sich auch bei dem auf wiederkehrende Leistungen gerichteten Teilwertersatzanspruch um einen einheitlichen Anspruch auf teilweise Herausgabe des Geschenkes in Form einer Ersatzleistung in Geld (BGHZ 146, 228, 233 = FamRZ 2001, 409, 410 mwN).

b) Wiederkehrende Leistungen iSv § 197 Abs. 2 BGB, zu denen Unterhaltsforderungen regelmäßig gehören, verlieren diesen Charakter grundsätzlich nicht dadurch, dass sie in einer Summe ausgeworfen werden (Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2009] § 197 Rn. 74). Zur Kapitalisierung künftiger Leistungen, etwa einer Unterhaltsrente, wird insofern allerdings vertreten, dass sich hierdurch der Charakter der Schuld so nachhaltig ändere, dass in aller Regel von einer Novation auszugehen sei, weshalb § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BGB und nicht § 197 Abs. 2 BGB anwendbar sei (Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2009] § 197 Rn. 74).

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Abgrenzung zwischen einer Änderung des Schuldverhältnisses und einer Novation durch Auslegung zu ermitteln, was die Parteien im Einzelfall gewollt haben. Bei dieser Auslegung ist die anerkannte Auslegungsregel zu beachten, dass bei der Feststellung des Willens der Parteien, das alte Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neu begründetes Rechtsverhältnis zu ersetzen, im Hinblick auf die damit verbundenen einschneidenden Folgen große Vorsicht geboten ist und von einer Novation nur ausnahmsweise ausgegangen werden darf, sofern die Parteien einen solchen Willen unzweifelhaft zum Ausdruck bringen. Im Zweifel ist daher eine bloße Änderung des Schuldverhältnisses anzunehmen (BGH Urteil vom 14. März 2013 - III ZR 417/12 - NZM 2013, 545 Rn. 14 mwN).

bb) Ob das Beschwerdegericht von einer Novation des Schuldverhältnisses oder von dessen Änderung ausgegangen ist, lässt sich der Entscheidung nicht zweifelsfrei entnehmen. Die vom Beschwerdegericht angestellten Erwägungen tragen aber die Annahme, dass das Schuldverhältnis in der Weise geändert worden ist, dass an die Stelle laufender Unterhaltszahlungen im Interesse beider Beteiligten ein Abfindungsbetrag getreten ist. Die für eine Unterhaltsschuld charakteristische Erbringung der Leistung in zeitlicher Wiederkehr und für bestimmte Zeitabschnitte ist entfallen. Die Unterhaltsschuld ist nicht mehr in einzelne Forderungen zerlegbar, vielmehr ist sogar der bei Abschluss des Vergleichs bereits fällige rückständige Trennungsunterhalt in dem Betrag von 65.000 € mit erfasst worden, obwohl es sich von vornherein nicht um künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen iSv § 197 Abs. 2 BGB handelt. Angesichts dieser Sachlage begegnet die tatrichterliche Würdigung keinen Bedenken, dass den Unterhaltsleistungen durch die begründete Verpflichtung zur Zahlung eines Abfindungsbetrags der Charakter einer wiederkehrenden Leistung iSv § 197 Abs. 2 BGB genommen worden ist. Der Umfang der Unterhaltsleistung steht fest, weitere Zahlungen werden im Hinblick auf den Unterhaltsverzicht nicht geschuldet. Umstände, die unterhaltsrechtlich grundsätzlich von Bedeutung sind, wie Änderungen von Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit, die Wiederheirat des Berechtigten oder dessen Tod (vgl. § 1586 Abs. 1 BGB), wirken sich nicht mehr aus (vgl. Senatsbeschluss vom 10. August 2005 - XII ZR 73/05 - FamRZ 2005, 1662, 1663). Mit Rücksicht auf die daher überschaubare Belastung bedarf es auch nicht des Schutzes durch eine kurze Verjährung. Denn der Schuldner kann sich auf eine bestimmte Höhe des Anspruchs einstellen und muss nicht mit der Geltendmachung einer über Jahre aufgelaufenen Schuld rechnen, was durch die regelmäßige Verjährung verhindert werden soll (vgl. BGH Urteil vom 24. Juni 2005 - V ZR 350/03 - NJW 2005, 3146, 3147). An diesem Ergebnis vermag der Umstand nichts zu ändern, dass der Abfindungsbetrag in vier Raten zu zahlen ist. Hierbei handelt es sich, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, um eine besondere Form der Erfüllung eines einheitlichen Anspruchs und nicht um wiederkehrende Leistungen (vgl. BGH Urteil vom 6. Mai 1957 - III ZR 12/56 - NJW 1957, 1148, 1149). ..."

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Das gesetzliche Verbot des Verzichts auf Trennungsunterhalt kann durch ein pactum de non petendo nicht umgangen werden (BGH, Beschluss vom 29.01.2014 - XII ZB 303/13):

„... 3. Allerdings hat sich das Beschwerdegericht nicht mit der Wirksamkeit der in der notariellen Vereinbarung beurkundeten Vereinbarung zum Trennungsunterhalt unter dem Gesichtspunkt des § 134 BGB und den Auswirkungen einer etwaigen Nichtigkeit dieser Abrede auf die Wirksamkeit des Gesamtvertrages befasst (§ 139 BGB).

a) Nach §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1360 a Abs. 3 iVm § 1614 BGB ist ein Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt unwirksam und daher nach § 134 BGB nichtig. Die Vorschrift hat sowohl individuelle als auch öffentliche Interessen im Blick und will verhindern, dass sich der Unterhaltsberechtigte während der Trennungszeit durch Dispositionen über den Bestand des Unterhaltsanspruches seiner Lebensgrundlage begibt und dadurch gegebenenfalls öffentlicher Hilfe anheimzufallen droht. Ein sogenanntes pactum de non petendo, d.h. die Verpflichtung oder das Versprechen des unterhaltsberechtigten Ehegatten, Trennungsunterhalt nicht geltend zu machen, berührt zwar den Bestand des Unterhaltsanspruches nicht, doch begründet dieses eine Einrede gegen den Unterhaltsanspruch, die wirtschaftlich zu dem gleichen Ergebnis führt wie ein Unterhaltsverzicht. Die ganz herrschende Meinung sieht daher in einem pactum de non petendo zu Recht ein unzulässiges und daher unwirksames Umgehungsgeschäft (OLG Karlsruhe FamRZ 1992, 316, 317; MünchKommBGB/Weber-Monecke 6. Aufl. § 1361 Rn. 49; Büte in Büte/Poppen/Menne Unterhaltsrecht 2. Aufl. § 1614 BGB Rn. 2; Kilger/Pfeil in Göppinger/Börger Vereinbarungen anlässlich der Ehescheidung 10. Aufl. 5. Teil Rn. 140; Niepmann/Schwamb Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 12. Aufl. Rn. 153; Erman/Hammermann BGB 13. Aufl. § 1614 Rn. 5; jurisPK-BGB/Viefhues [Stand: 1. Oktober 2012] § 1614 Rn. 11; Deisenhofer FamRZ 2000, 1368 f.; Schwackenberg FPR 2001, 107, 108; Huhn RNotZ 2007, 177, 187; aA OLG Köln FamRZ 2000, 609). Auch ergänzende ‚Feststellungen' der Ehegatten zum Nichtbestehen eines ungedeckten Unterhaltsbedarfs oder zum Vorliegen eines Verwirkungsgrundes können einem pactum de non petendo nicht zur Wirksamkeit verhelfen. Denn der Schutzzweck von § 1614 BGB verbietet es generell, der unterhaltsberechtigten Person unter Hinweis auf den Parteiwillen den Unterhaltsanspruch ganz zu versagen (Deisenhofer FamRZ 2000, 1368, 1369). Damit wäre es nicht in Einklang zu bringen, wenn die Ehegatten durch eine Parteivereinbarung, der im Übrigen das Risiko einer unrichtigen Tatsachenermittlung oder falschen Einschätzung der Rechtslage anhaftet, eine den Trennungsunterhaltsanspruch ausschließende Situation darstellen und diese anschließend durch ein pactum de non petendo unangreifbar machen könnten (vgl. auch Huhn RNotZ 2007, 177, 187).

b) Durch Auslegung der notariellen Vereinbarung vom 18. Januar 2007 ist zu ermitteln, ob die Bestimmung, wonach ‚für den Fall der Trennung keine der Parteien gegen die andere Getrenntlebensunterhaltsansprüche geltend machen' wird, ein unzulässiges pactum de non petendo darstellt. Das wäre dann der Fall, wenn die Bestimmung über eine bloße Absichtserklärung oder die Mitteilung einer Geschäftsgrundlage hinaus eine verbindliche Rechtsposition in Bezug auf die Abwehr einer künftigen gerichtlichen oder außergerichtlichen Geltendmachung des Anspruches auf Trennungsunterhalt begründen soll. Der Wortlaut der Bestimmungen in der vorliegenden notariellen Urkunde schließt eine solche Auslegung jedenfalls nicht aus.

c) Sollte die Auslegung der Bestimmungen zum Trennungsunterhalt ergeben, dass sie ein unwirksames pactum de non petendo enthalten, ist im Hinblick auf den dann vorliegenden Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) weiter zu prüfen, ob die Teilnichtigkeit gemäß § 139 BGB auch die weiteren Bestimmungen in der notariellen Vereinbarung erfasst. Dabei kommt es zunächst darauf an, ob und inwieweit ein enger Zusammenhang zwischen den einzelnen Vereinbarungen besteht und nach dem Willen der Parteien bestehen soll. Ob es sich bei gemeinsam beurkundeten Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen aufgrund eines Einheitlichkeitswillens der Vertragsparteien um ein einheitliches Rechtsgeschäft handelt, ist durch Ermittlung und Auslegung des Parteiwillens festzustellen, wobei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei gemeinsamer Aufnahme mehrerer Vereinbarungen in eine Urkunde eine tatsächliche Vermutung für einen Einheitlichkeitswillen besteht (vgl. BGHZ 157, 168, 173 f. = NVwZ 2005, 484, 485; BGHZ 54, 71, 72 = NJW 1970, 1414, 1415). Ist von einem einheitlichen Rechtsgeschäft auszugehen, muss nach den für die ergänzende Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen weiter ermittelt werden, ob die beteiligten Eheleute die gleichen Vereinbarungen zu den Scheidungsfolgen auch getroffen hätten, wenn ihnen bewusst gewesen wäre, dass ein Verzicht auf Trennungsunterhalt oder eine ihm gleichstehende Beschränkung der Rechte auf Geltendmachung von Trennungsunterhalt für die Zukunft nicht wirksam vereinbart werden kann (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2003, 764, 765; Huhn RNotZ 2007, 177, 184). Dagegen könnte es unter Umständen sprechen, wenn der unwirksame Ausschluss von Trennungsunterhalt durch Leistungen ausgeglichen werden sollte, die dem berechtigten Ehegatten im Rahmen der Auseinandersetzung über die Scheidungsfolgen zugesagt worden sind (vgl. auch Langenfeld in Heiß/Born Unterhaltsrecht [Bearbeitungsstand: 2013] 15. Kap. Rn. 14).

d) Die Auslegung von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen ist Sache des Tatrichters. Eine vom Beschwerdegericht nicht vorgenommene Auslegung darf das Rechtsbeschwerdegericht nur dann selbst vornehmen, wenn alle dazu erforderlichen Feststellungen getroffen sind und eine weitere Aufklärung nicht mehr in Betracht kommt (BGH Urteil vom 12. Dezember 1997 - V ZR 250/96 - NJW 1998, 1219 mwN.). Davon kann hier nicht ausgegangen werden, zumal die beteiligten Ehegatten noch keine Gelegenheit hatten, zu diesen erkennbar noch nicht beachteten Gesichtspunkten vorzutragen.

4. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG).

Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Erwägungen des Beschwerdegerichts zu der Frage, ob dem Antragsteller die Berufung auf die Regelungen des Ehevertrages nach Treu und Glauben zu versagen oder der Ehevertrag wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage anzupassen sei, keinen rechtlichen Bedenken begegnen. Ob sich der Ausschluss des Versorgungsausgleichs nachträglich zu einer einseitigen und unzumutbaren Lastenverteilung für die Antragsgegnerin hätte entwickeln können, wenn diese bei einem Fortbestand der Ehe aufgrund ehelicher Arbeitsteilung weiterhin auf eine eigene versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit verzichtet hätte und die Ehe erst in hohem Alter der Eheleute geschieden worden wäre, bedarf hier keiner näheren Erörterung, weil die dem Vertragsschluss zugrunde liegende Ehekrise bereits nach vergleichsweise kurzer Zeit zum Scheitern der Ehe geführt hat. Auch die weitere Auffassung des Beschwerdegerichts, dass etwaige Vorstellungen und Erwartungen der Antragsgegnerin hinsichtlich der von ihr zu erzielenden Vermögenseinkünfte nicht zur Geschäftsgrundlage der notariellen Vereinbarung geworden sind, lässt keine Rechtsfehler erkennen und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffen. ..."

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Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 5 Nr. 2 EuGVVO ist auch für eine Stufenklage gemäß § 254 ZPO gegeben, mit der Auskunft über das Einkommen des Unterhaltspflichtigen und Zahlung von Unterhalt in noch zu beziffernder Höhe verlangt wird. Ist zunächst eine Leistungsklage auf Zahlung von Unterhalt erhoben worden und wird das Unterhaltsbegehren erst nachträglich im Wege der Stufenklage verfolgt, so hat dies auf die internationale Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 2 EuGVVO auch dann keinen Einfluss, wenn der Kläger bei Rechtshängigkeit der Stufenklage nicht mehr in Deutschland wohnt (BGH, Urteil vom 17.04.2013 - XII ZR 23/12).

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Zur Berücksichtigung eines nach Eintritt der gesetzlichen Regelaltersgrenze erzielten Erwerbseinkommens aus einer Nebentätigkeit (im Anschluss an Senatsurteil BGH, 12. Januar 2011, XII ZR 83/08, BGHZ 188, 50 = FamRZ 2011, 454). Zur Bemessung des sogenannten angemessenen Wohnwerts, wenn der Unterhaltspflichtige das Eigenheim zusammen mit einem unterhaltsberechtigten Kind bewohnt. An den Unterhaltsberechtigten erbrachte Leistungen der Krankentagegeldversicherung, die auf während bestehender ehelicher Lebensgemeinschaft erbrachten Beitragsleistungen beruhen, sind regelmäßig in die Bedarfsbemessung einzubeziehen (BGH, Urteil vom 31.10.2012 - XII ZR 30/10):

„...1. Bei der Bedarfsermittlung hat das Berufungsgericht die vom Beklagten bezogenen Einkünfte aus einer nach seiner Pensionierung ausgeübten Nebentätigkeit vollständig unberücksichtigt gelassen. Das begegnet durchgreifenden Bedenken.

a) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass nach Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze grundsätzlich keine Erwerbsobliegenheit mehr besteht. Eine vom Unterhaltspflichtigen nach Erreichen der Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente ausgeübte Erwerbstätigkeit ist vielmehr - entsprechend der Lage bei dem Unterhaltsberechtigten - regelmäßig überobligatorisch (Senatsurteil BGHZ 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn. 19 ff. m.w.N.). Diese vom Senat für den nachehelichen Unterhalt aufgestellten Grundsätze gelten auch für den Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB.

b) Aus der grundsätzlichen Überobligationsmäßigkeit (Unzumutbarkeit) der Erwerbstätigkeit folgt indessen noch nicht ohne weiteres, dass das daraus erzielte Einkommen für die Unterhaltsbemessung außer Betracht zu lassen ist. In welchem Umfang das Einkommen aus überobligatorischer Tätigkeit für den Unterhalt heranzuziehen ist, ist vielmehr nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei können etwa das Alter und die mit der fortgesetzten Erwerbstätigkeit zunehmende körperliche und geistige Belastung, ergänzend auch die ursprüngliche Planung der Eheleute und die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse herangezogen werden (Senatsurteil BGHZ 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn. 23 ff. m.w.N.).

c) Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile BGHZ 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn. 25; vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 19 und vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 48).

Diesen Anforderungen genügt das Berufungsurteil nicht in vollem Umfang. Zwar hat es auf die wirtschaftliche Verflechtung der Parteien abgestellt und auf die finanzielle Lage des Beklagten nach Abzug des Ehegatten- und Kindesunterhalts sowie der auf den Hauskredit zu erbringenden Zins- und Tilgungsleistungen. Hierbei hat es aber nicht berücksichtigt, dass nach seiner Berechnung der Trennungsunterhalt der Klägerin bereits dadurch geschmälert worden ist, dass der Kindesunterhalt sowie die Zins- und Tilgungsleistungen bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt worden sind. Die damit verbundene Einkommensminderung wird daher im Ergebnis von beiden Parteien zur Hälfte getragen, so dass sich daraus allein noch nicht ohne weiteres ergibt, dass dem Beklagten für die genannten Zwecke zusätzliche Geldmittel anrechnungsfrei verbleiben müssen. Für die Abwägung der beiderseitigen Belange ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts des Weiteren von Bedeutung, welche Höhe das Einkommen aus der Nebentätigkeit erreicht. Nicht zuletzt von der konkreten Höhe hängt es ab, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Beklagten der Einsatz des Erwerbseinkommens für den Trennungsunterhalt zuzumuten ist. Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.

Die vom Berufungsgericht durchgeführte Abwägung beruht demnach neben dem aufgezeigten Widerspruch auf einer unvollständigen Tatsachengrundlage und kann somit keinen Bestand haben.

2. Die hinsichtlich des Beklagten angestellte Einkommensermittlung des Berufungsgerichts bleibt ebenfalls nicht frei von Beanstandungen.

a) Die Revision rügt zunächst teilweise mit Recht, dass das Berufungsgericht die dem Beklagten in den Jahren 2008 und 2009 zugeflossenen Steuererstattungen nicht berücksichtigt hat. Die im Jahr 2008 geflossene Steuererstattung war in erster Instanz unstreitig. Im Berufungsurteil ist die Steuererstattung nicht berücksichtigt worden, ohne dass das Berufungsgericht dies begründet hat. Es ist daher davon auszugehen, dass das Berufungsgericht den Sachvortrag insoweit versehentlich übergangen hat.

Im Hinblick auf die nach dem Vorbringen der Revision im Jahr 2009 zugeflossene Steuererstattung mangelt es indessen - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - an einer den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Nr. 2 b ZPO entsprechenden Verfahrensrüge, da mit der Revisionsbegründung insoweit nicht näher bezeichnet worden ist, welcher konkrete Vortrag vom Berufungsgericht übergangen worden sei (vgl. Musielak/Ball ZPO 9. Aufl. § 551 Rn. 11 m.w.N.).

b) Die Revision rügt weiter, das Berufungsgericht habe den Wohnwert des dem Beklagten gehörenden Hausgrundstücks zu niedrig veranschlagt. Auch dieser Rüge bleibt der Erfolg nicht versagt.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist von der Berücksichtigung des vollen Wohnwerts dann abzusehen, wenn die Wohnung gemessen an den Einkommensverhältnissen der Eheleute zu groß ist und eine Pflicht zur Verwertung des Wohneigentums (noch) nicht besteht (Senatsurteile vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963, 965; vom 18. Januar 2012 - XII ZR 177/09 - FamRZ 2012, 514 und BGHZ 154, 247, 254 = FamRZ 2003, 1179, 1182 m.w.N.). Dann ist der Vorteil mietfreien Wohnens nach der Trennung der Parteien nur in dem Umfang zu berücksichtigen, wie er sich als angemessene Wohnungsnutzung durch den in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten darstellt. Dabei ist auf den Mietzins abzustellen, den er auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine dem ehelichen Lebensstandard entsprechende kleinere Wohnung zahlen müsste (Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879, 880 f.; vgl. Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 479). Ist eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft allerdings nicht mehr zu erwarten, etwa wenn ein Scheidungsantrag rechtshängig ist oder die Ehegatten die vermögensrechtlichen Folgen ihrer Ehe abschließend geregelt haben, sind solche Ausnahmen von der Berücksichtigung des vollen Mietwerts nicht mehr gerechtfertigt (Senatsurteil vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963 Rn. 15).

Das Berufungsgericht hat für das erste Trennungsjahr den sogenannten angemessenen Wohnwert zugrunde gelegt und diesen mit 330 € bemessen. Für die Zeit danach hat es einen "objektiven" Wohnwert in Ansatz gebracht und diesen auf ebenfalls 330 € geschätzt.

Das begegnet Bedenken. Hinsichtlich des angemessenen Wohnwerts hat das Berufungsgericht zur Begründung auf den in seinen Unterhaltsgrundsätzen (vgl. FamRZ 2008, 224, 229 Nr. 21.4) ausgewiesenen Betrag von (seinerzeit) 330 € hingewiesen. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um einen Mindestbetrag handelt, hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass sich dieser Betrag allein auf den Unterhaltspflichtigen bezieht. Im vorliegenden Fall kommt das mietfreie Wohnen aber auch dem gemeinsamen Sohn zugute. Der Beklagte leistet insoweit Naturalunterhalt, der ihn von der Unterhaltspflicht gegenüber dem Sohn teilweise befreit (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 - XII ZR 63/07 - FamRZ 2009, 404 Rn. 16). Dieser Umstand ist im Rahmen der Festlegung des angemessenen Wohnwerts zu berücksichtigen, zumal das Berufungsgericht den nicht um den Wohnbedarf gekürzten Unterhaltsanspruch des Sohnes vom Einkommen des Beklagten abgezogen hat.

Hinsichtlich des für die Zeit nach Juli 2009 auf denselben Betrag geschätzten vollen Wohnwerts hat das Berufungsgericht nicht begründet, warum es einen geänderten Bewertungsmaßstab bereits nach Beendigung des ersten Trennungsjahres angewendet hat, statt wie nach der oben angeführten Senatsrechtsprechung, erst wenn ein Scheidungsantrag rechtshängig ist oder die Ehegatten die vermögensrechtlichen Folgen ihrer Ehe abschließend geregelt haben. Im Übrigen rügt die Revision zu Recht, dass eine tragfähige Grundlage für eine Schätzung nach § 287 ZPO im Berufungsurteil nicht aufgeführt ist.

c) Die Revision macht zu Unrecht geltend, das Berufungsgericht habe den Tilgungsanteil der vom Beklagten bedienten Kreditverbindlichkeiten nicht berücksichtigen dürfen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind vom Wohnwert die mit dem Eigentumserwerb verbundenen Kosten abzusetzen (Senatsurteil vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963 Rn. 17 ff.). Dazu gehören grundsätzlich auch die Tilgungsleistungen. Dass diese der Vermögensbildung dienen, steht dem nicht entgegen, solange der andere Ehegatte von der Vermögensbildung profitiert. Letzteres ist nicht nur gegeben, wenn der andere Ehegatte Miteigentümer des Grundstücks ist, sondern auch bei bestehendem Alleineigentum, solange sich die Vermögensbildung noch im Zugewinn niederschlägt. Das ist hier der Fall, weil die Parteien im gesetzlichen Güterstand leben und der Scheidungsantrag bei Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht zugestellt und der Stichtag nach §§ 1376 Abs. 2, 1384 BGB demnach noch nicht eingetreten war.

3. Im Wesentlichen ohne Erfolg bleibt die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Unterhaltsleistungen (Zahlbeträge) an die volljährigen Kinder nicht einkommensmindernd berücksichtigen dürfen.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats sind auch nachrangige Unterhaltsansprüche volljähriger Kinder bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs des Ehegatten zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 31. Januar 1990 - XII ZR 21/89 - FamRZ 1990, 979, 980 m.w.N. und vom 25. Februar 1987 - IVb ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Der Nachrang der weiteren Unterhaltspflichten wirkt sich erst bei der Leistungsfähigkeit aus und hindert eine Berücksichtigung der Unterhaltslast bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nicht (vgl. auch Senatsurteile BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189 Rn. 18 f. zum Verhältnis zwischen vorrangigem Minderjährigenunterhalt und Ehegattenunterhalt und vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 865 zum Verhältnis von Elternunterhalt und Familienunterhalt). Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Januar 2011 (FamRZ 2011, 437) steht dem nicht entgegen. Vielmehr kommt es nach der daran ausgerichteten neuen Rechtsprechung des Senats darauf an, ob es sich bei dem nachrangigen Unterhaltsanspruch um eine eheprägende Verbindlichkeit handelt, was bei vor der Scheidung geborenen gemeinsamen Kindern regelmäßig der Fall ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 18 f.).

Ein Mangelfall liegt nach den insoweit revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor.

b) Allerdings rügt die Revision zu Recht, dass der in Abzug gebrachte Unterhalt für den Sohn nicht ohne weiteres der Einkommensgruppe 3 der Düsseldorfer Tabelle entnommen werden durfte. Dem Berufungsurteil mangelt es insoweit an einer Angemessenheitsbetrachtung unter Einbeziehung des Ehegattenunterhalts, die unter Umständen dazu führen kann, dass der Kindesunterhalt der ersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle zu entnehmen ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 175, 182, 200 f. = FamRZ 2008, 968, 973; BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189 Rn. 20 jeweils m.w.N.).

4. Die Angriffe der Revision gegen die auf Seiten der Klägerin durchgeführte Einkommensermittlung des Berufungsgerichts haben teilweise Erfolg.

a) Eine von der Klägerin zur Finanzierung ihres Unterhalts aufgenommene Kreditbelastung ist nicht zu berücksichtigen, weil dies - wie das Berufungsgericht zu Recht aufgeführt hat - zu einer doppelten Befriedigung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin führen würde. Im Hinblick auf die Zahnbehandlung der Klägerin hat das Berufungsgericht schließlich die Darlegung der Notwendigkeit einer Darlehensaufnahme vermisst, was revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

b) Dass das Berufungsgericht das der Klägerin zugeflossene Krankenhaustagegeld berücksichtigt hat, entspricht der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 68/85 = FamRZ 1987, 36, 38; vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 115 m.w.N. sowie zum Abzug der entsprechenden Versicherungsbeiträge Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Rn. 28). Die teilweise Weiterleitung des Krankenhaustagegeldes an den Beklagten hat das Berufungsgericht berücksichtigt.

Zu Unrecht hat das Berufungsgericht indessen das Krankenhaustagegeld nicht als bedarfsbestimmend (eheprägend) behandelt. Der Senat hat bereits in einem Fall - nach der Trennung der Ehegatten bezogenes - Krankenhaustagegeld auf Seiten des Unterhaltsberechtigten als eheprägendes Einkommen zugrunde gelegt (Senatsurteil vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 68/85 = FamRZ 1987, 36, 38). Der Umstand, dass die Klägerin für die Zeiträume des Krankentagegeldbezugs außerdem eine Erwerbsminderungsrente bezog, begründet entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, die auch durch die von ihm angeführte Entscheidung des OLG Bremen (FamRZ 1991, 86) nicht gestützt wird, keine entscheidende Besonderheit. Zwar kann unter Umständen ein neben das unveränderte Einkommen tretender Bezug eine unerwartete und vom Normalverlauf abweichende Entwicklung darstellen, die dessen Berücksichtigung bei der Bedarfsbemessung entgegensteht (vgl. Senatsurteil vom 2. Juni 2010 - XII ZR 138/08 - FamRZ 2010, 1311 Rn. 28 f. zu einer an den Unterhaltspflichtigen gezahlten Abfindung). Das ist aber im vorliegenden Fall bereits deshalb ausgeschlossen, weil es sich um eine Versicherungsleistung handelt, die unter Konsumverzicht durch entsprechende Beitragsleistungen während der bestehenden Lebensgemeinschaft erkauft worden ist. Wie die Beitragsleistungen ist demnach regelmäßig auch die Versicherungsleistung als deren Äquivalent bei der Bedarfsbemessung zu berücksichtigen. ..."

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Berücksichtigung des Vorteils mietfreien Wohnens als Einkommen beim Trennungsunterhalt (BGH, Urteil vom 18.01.2012 - XII ZR 177/09 zu § 1361 I, II, 1577 I, III, 1613 II Nr 1 BGB u.a. - Volltext unter § 1577 BGB).

*** (OLG)

Sieht der Unterhaltsberechtigte trotz besonders günstiger Einkommensverhältnisse davon ab, seinen Unterhaltsbedarf konkret darzulegen, und beschränkt er sich stattdessen darauf, diesen in Höhe des von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gebilligten höchsten Quotenbedarfs anzusetzen, so kann er nicht zugleich einen - aus Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt zusammengesetzten - Gesamtunterhaltsanspruch geltend machen, welcher jenen Quotenbedarf übersteigt. Anders kann die Lage nur sein, wenn der Altersvorsorgeunterhaltsberechtigte darlegt - und bei Bestreiten beweist -, dass ausreichend zusätzliche, nichtprägende Einkünfte vorhanden sind, aus denen der Vorsorgebedarf neben dem laufenden Unterhaltsbedarf befriedigt werden kann, ohne dass deshalb der Halbteilungsgrundsatz verletzt wird. Im Falle der gleichzeitigen Zuerkennung von Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt ist im Rahmen der Tenorierung zu beachten, dass beide lediglich unselbständige Bestandteile des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf umfassenden Unterhaltsanspruchs sind, sodass der Gesamtunterhaltsanspruch zu titulieren - und der auf den Altersvorsorgeunterhalt entfallende Anteil dennoch gesondert auszuweisen - ist (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 23.03.2021 - 6 UF 136/20).

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Neuberechnung des Unterhaltes - fehelende Veränderung der Verhältniss (OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.01.2021 - 9 UF 132/20):

„... I. Die Beteiligten streiten um Trennungsunterhalt. Die Beteiligten haben am …1993 die Ehe geschlossen, aus der eine (mittlerweile volljährige) Tochter hervorgegangen ist. Die Trennung erfolgte am 28.02.2018 mit dem Auszug des Antragsgegners aus der gemeinsamen Ehewohnung. Das Ehescheidungsverfahren ist bei dem Amtsgericht Oranienburg (Az.: 31 F 71/19) anhängig.

Der Antragsgegner hat an die Antragstellerin in dem Zeitraum von März 2018 bis Dezember 2018 monatlich einen Betrag in Höhe von 500,00 € und von Januar 2019 bis Oktober 2019 einen monatlichen Betrag in Höhe von 700,00 € gezahlt. Seit dem 01.11.2019 zahlte der Antragsgegner (nach vorheriger Ankündigung mit Schreiben vom 24.09.2019) einen monatlichen Trennungsunterhalt von 154,00 € an die Antragstellerin.

Die am ...1958 geborene Antragstellerin (derzeit 62 Jahre alt) ist seit dem 18.09.2017 bei der Firma … Gesellschaft mbH als Reinigungskraft im Umfang von 20 Stunden an 5 Tagen in der Woche tätig und erzielt einen monatlichen Verdienst in Höhe von durchschnittlich 575,38 € netto. Sie ist an Kinderlähmung erkrankt und schwerbehindert mit einem GdB von 50 %.

Der am …1951 geborene Antragsgegner (derzeit 69 Jahre alt) bezieht seit 2004 eine monatliche Altersrente in Höhe von insgesamt 2.087,92 €. Er übt eine Nebentätigkeit in dem Supermarkt … aus, wofür er ein monatliches Entgelt in Höhe von durchschnittlich 389,52 € erhält. Aufgrund einer dauerhaften körperlichen Bewegungseinschränkung ist er behindert mit einem GdB von 30 %.

Die Antragstellerin hat mit ihrem seit dem 18.11.2019 bei dem Amtsgericht anhängigen Antrag die Zahlung rückständigen (für November 2019 einen - restlichen - Betrag von 346,00 €) sowie laufenden Trennungsunterhalts (ab Dezember 2019 monatlich 500,00 €) begehrt. Sie hat ausgeführt, anlässlich der Trennung habe sie mit dem Antragsgegner Anfang März 2018 eine Vereinbarung zur Zahlung eines monatlichen Trennungsunterhalts von 500,00 € getroffen. Im Dezember 2018 habe sie dann mit dem Antragsgegner die Zahlung eines höheren Unterhaltsbetrages von 700,00 € vereinbart. Die Unterhaltsvereinbarungen seien jeweils in Kenntnis und auf Grundlage aller für die Höhe des Unterhaltsanspruchs maßgeblichen und zumindest absehbaren Umstände betreffend die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten geschlossen worden, die sich nachträglich nicht geändert haben.

Der Antragsgegner ist dem unter Hinweis auf seine mangelnde Leistungsfähigkeit entgegen getreten. Er hat ausgeführt, mit Erreichen der Regelaltersgrenze von 67 Jahren am 02.05.2018 sei er nicht mehr verpflichtet einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Daher seien die aus seiner Nebentätigkeit allein zur Deckung der bestehenden hohen Verbindlichkeiten sowie der gewöhnlichen und angemessenen Lebenskosten erzielten überobligatorischen Einkünfte auch nicht teilweise anzurechnen. Aufgrund seines Alters sowie seiner körperlichen Beeinträchtigungen und der zunehmenden körperlichen Belastung sei eine weitere Ausübung der Nebentätigkeit unzumutbar. Der Forderung der Antragstellerin nach Zahlung eines höheren Unterhaltsbetrages von 700,00 € habe er nur für die Dauer seiner finanziellen Leistungsfähigkeit zugestimmt. Durch die Zahlung von 500,00 €, erst recht aber durch diejenige in Höhe von 700,00 € werde seine Leistungsfähigkeit erheblich unterschritten, weshalb die Vereinbarungen sittenwidrig und nichtig seien. Sofern eine Vereinbarung über den Zahlbetrag von 500,00 € überhaupt entstanden sein sollte, sei jedenfalls ein Abänderungsausschluss zu keinem Zeitpunkt vereinbart worden. Sein Einkommen sei bezüglich der monatlichen Ratenzahlungen in Höhe von 54,43 € betreffend den Darlehensvertrag bei der (X) Bank sowie der zu zahlenden Beiträge für die Sterbeversicherungen von 7,00 € und 9,89 € monatlich und die Kfz-Versicherung von 52,17 € zu bereinigen. Seit Februar 2020 sei er aufgrund der monatlich zu zahlenden Raten von 260,00 € an die Staatskasse für die Kosten des Scheidungsverfahrens nicht mehr leistungsfähig. Jedenfalls sei die Antragstellerin mit Ablauf des Trennungsjahres trotz bestehender Behinderung zur Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit verpflichtet.

Mit Beschluss vom 20.05.2020 hat das Amtsgericht den Antragsgegner antragsgemäß zur Zahlung rückständigen und laufenden Trennungsunterhalts verpflichtet. Im März 2018 sei von den Beteiligten anlässlich ihrer Trennung eine mündliche Unterhaltsvereinbarung getroffen worden. Eine schwerwiegende Änderung von Umständen nach Vertragsabschluss habe der Antragsgegner nicht vorgetragen. Die Tatsache, dass der Antragsgegner zwei Monate nach Vertragsschluss die Regelaltersgrenze erreichen werde, sei offensichtlich und dem Antragsgegner die Erzielung möglicher überobligatorischer Einkünfte aus seiner Nebentätigkeit zu diesem Zeitpunkt entweder egal oder nicht bewusst gewesen. Jedenfalls seien die Beteiligten davon ausgegangen, dass dieses Einkommen auch weiterhin erzielt werden würde, wodurch es ebenfalls Grundlage der Vereinbarung geworden sei. Ebenso die gesundheitlichen Einschränkungen der Antragstellerin, die eine Vollzeitbeschäftigung auch künftig nicht zulassen würden, sowie die Belastungen des Antragsgegners mit den aus der Ehe stammenden Schulden seien bekannt gewesen. Mangels wesentlicher Veränderungen sei daher an dem Vertrag festzuhalten.

Gegen die ihm am 28.05.2020 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 25.06.2020 eingegangene Beschwerde des Antragsgegners, die er mit einem am 27.07.2020 eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens sucht der Antragsgegner die Abweisung des zugesprochenen Unterhaltsanspruchs zu erreichen, soweit er zur Unterhaltszahlung von mehr als 154,00 € monatlich verpflichtet worden ist. Er führt hierzu aus, zur Zahlung eines weitergehenden Betrages sei er weder leistungsfähig noch verpflichtet. Eine mündliche Unterhaltsvereinbarung sei nicht getroffen worden. Die Antragstellerin habe vielmehr einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 500,00 € gefordert, den er daraufhin geleistet habe. Keiner der Beteiligten sei davon ausgegangen, dass er das Einkommen aus Nebentätigkeit auch weiterhin erzielen werde und daher Grundlage für eine Vereinbarung sei. Ein Ausschluss einer Abänderung sei jedenfalls nicht ausdrücklich geregelt worden. Aufgrund seines Alters sei ihm eine körperlich belastende Tätigkeit nicht mehr zuzumuten. Die Grenze der Zumutbarkeit sei aufgrund der Überbelastung spätestens seit Vollendung des 68. Lebensjahres überschritten. Dies stelle eine die Abänderung rechtfertigende wesentliche Veränderung dar und stünde einer Berücksichtigung der Nebeneinkünfte entgegen. Zum 31.12.2020 sei das Beschäftigungsverhältnis auch beendet worden. Zudem seien die zusätzlichen Ratenzahlungsverpflichtungen von insgesamt 160,00 € für die unter Anordnung einer Ratenzahlung bewilligte Verfahrenskostenhilfe für das Scheidungsverfahren und das vorliegende Verfahren zu berücksichtigen. Jedenfalls führe die körperliche Behinderung der Antragstellerin nicht zu einer Erwerbsminderung, so dass ihr die Aufnahme einer („leidensgerechten") vollschichtigen Tätigkeit zuzumuten sei. Unzutreffend habe das Amtsgericht ausgeführt, dass den Beteiligten bewusst gewesen sei, dass er aufgrund seines Einkommens die gemeinsamen Verbindlichkeiten allein zurückzahlen werde.

Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung. Über die Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von zunächst 500,00 € und später 700,00 € monatlich sei ein Vertrag geschlossen worden. Eine Abänderung dieser Unterhaltsvereinbarung käme nur bei einer Störung der Geschäftsgrundlage, bei zutage treten der hierfür maßgeblichen Gründe nach Abschluss der getroffenen Vereinbarung in Betracht, was gerade nicht der Fall sei. Der Antragsgegner schulde daher einen monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 700,00 €, wovon sie einen Teilbetrag in Höhe von monatlich 500,00 € geltend mache.

II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde des Antragsgegners hat teilweise Erfolg. Sie ist teilweise begründet, im Übrigen unbegründet.Der Antragstellerin steht gegen den Antragsgegner ein Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt aufgrund der Anfang März 2018 von den Beteiligten getroffenen vertraglichen Unterhaltsvereinbarung gemäß §§ 145, 151, 157 BGB jedoch nur im tenorierten Umfange zu. Zu Recht ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin ihren Anspruch auf Trennungsunterhalt grundsätzlich auf die mit dem Antragsgegner Anfang März 2018 geschlossene vertragliche Unterhaltsvereinbarung stützen kann.

Ehegatten können grundsätzlich Unterhaltsvereinbarungen abschließen, die im Hinblick auf den Getrenntlebensunterhalt (§ 1361 BGB) formlos möglich sind (vgl. Wendl/ Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Auflage, Rn. 601). Hierbei handelt es sich um Verträge, die nach allgemeinen Grundsätzen des Angebots und der Annahme bedürfen (§§ 145 ff. BGB), wobei insbesondere auch durch konkludentes Verhalten ein Unterhaltsvertrag zustande kommen kann, etwa wenn ein Ehegatte dem anderen längere Zeit regelmäßig Zahlungen zukommen lässt (Hoffmann in: Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht, 9. Auflage, Rn. 1378 m. w. N.). Von dem Abschluss einer Unterhaltsvereinbarung - jedenfalls soweit es die Zahlung eines Trennungsunterhalts in Höhe von 500,00 € anbelangt - kann danach ausgegangen werden. Der Antragsgegner hat - unstreitig - von März 2018 bis Dezember 2018 einen monatlichen Trennungsunterhalt an die Antragstellerin in Höhe von 500,00 € gezahlt. Hierin ist das Angebot auf Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung durch schlüssiges Verhalten, gerichtet auf monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von 500,00 € zu sehen, welches die Antragstellerin durch Entgegennahme der ihr offerierten Zahlung (konkludent) angenommen hat. Zwar ergeben sich danach keine Einzelheiten hinsichtlich der Vertragsgrundlagen und -ausgestaltung, dies ist indes für das Zustandekommen eines Vertrages über die Zahlung eines monatlichen Trennungsunterhaltes in der genannten Höhe nicht erforderlich. Die Beteiligten haben mithin - ohne nähere Ausgestaltung - eine die gesetzliche Unterhaltspflicht konkretisierende vertragliche Regelung getroffen, mit der eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung eines monatlichen Trennungsunterhalts (jedenfalls) in Höhe eines Betrages von 500,00 € ab März 2018 festgelegt wurde.

Soweit der Antragsgegner die Vereinbarung über einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 500,00 € wegen Unterschreitung seiner Leistungsfähigkeit als sittenwidrig und damit als nichtig erachtet, verfängt dies nicht.

Unterhaltsvereinbarungen unterliegen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit den allgemeinen Vorschriften und können wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn sie gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden verstoßen. Zu würdigen sind hierbei Inhalt, Beweggründe und Zweck des Geschäfts sowie dessen Gesamtcharakter. Maßgebend für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit sind die objektiven und subjektiven Verhältnisse im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts. Die erforderliche Gesamtwürdigung hat daher auf die individuellen Verhältnisse bei Vertragsschluss abzustellen (Wendl/ Dose, a. a. O., § 6 Rn. 610 m. w. N.). Gemessen an diesen Grundsätzen kann vorliegend angesichts der bloßen Vereinbarung eines Zahlbetrages nicht von einer Sittenwidrigkeit der Unterhaltsvereinbarung ausgegangen werden. Weder liegen Anhaltspunkte für das Vorliegen eines auffälligen Missverhältnisses der Lastenverteilung innerhalb der Vereinbarung vor, noch gibt es tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragswirkungen bereits bei Vertragsschluss offenkundig einseitig negativ waren. Zwar kann auch bei einer Vereinbarung einer Zahlungsverpflichtung unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen Sittenwidrigkeit im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB zu erwägen sein (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 477). Der Antragsgegner hat jedoch in Kenntnis seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Zahlung eines monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von 500,00 € im März 2018 angeboten bzw. einer entsprechenden Forderung zugestimmt und in den folgenden Monaten auch ohne Einschränkung oder widersprechender Erklärungen geleistet. Erst mit Schreiben vom 24.09.2019 hat er sich auf seine mangelnde Leistungsfähigkeit berufen. Allein dies spricht bereits - mangels weiterer tragfähiger Anhaltspunkte und hinreichender Darlegungen - dagegen, dass die Vereinbarung über die Zahlung eines monatlichen Trennungsunterhalts von 500,00 € unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners getroffen worden ist. Zudem bleibt es dem Unterhaltsschuldner gerade im Rahmen der hier zu beachtenden Vertragsfreiheit und Privatautonomie überlassen, die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit selbst zu bestimmen. Daher macht nicht jede eingegangene Verpflichtung, die das Leistungsvermögen des Unterhaltspflichtigen überfordert, die Vereinbarung automatisch sittenwidrig (vgl. Wendl/Dose, a. a. O., § 6 Rn. 611 m. w. N.). Von einer Unterlegenheitsposition des Antragsgegners zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, die zu einer offensichtlich einseitigen Aufbürdung vertraglicher Lasten führt, kann danach nicht ausgegangen werden. Jedenfalls hat der Antragsgegner nicht einmal ansatzweise dargelegt, dass er sich in einer derart unterlegenen Verhandlungsposition befunden hat, die von der Antragstellerin tatsächlich bewusst ausgenutzt worden ist.

Allerdings kann den Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung nicht gefolgt werden, soweit hierin von einem Festhalten an der vertraglichen Unterhaltsvereinbarung mangels Darlegung einer wesentlichen Änderung nach Vertragsschluss ausgegangen wird. Vielmehr ist hier mit Blick auf den konkludenten Abschluss der Unterhaltsvereinbarung über die Zahlung eines monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von 500,00 € zu berücksichtigen, dass die Beteiligten zu den konkreten Vertragsgrundlagen sowie der vertraglichen Ausgestaltung gerade keine weiteren Vereinbarungen getroffen haben. Eine Feststellung, ob und gegebenenfalls welche Umstände hier Grundlage der von den Beteiligten getroffenen Unterhaltsvereinbarung geworden ist, ist daher nicht möglich. Hierzu im Einzelnen:

Die Frage, ob der Antragsgegner eine Abänderung der Unterhaltsvereinbarung mit der Begründung seiner mangelnden Leistungsfähigkeit verlangen kann, beurteilt sich allein nach materiell-rechtlichen Kriterien. Dabei entscheiden vorrangig der durch Auslegung zu ermittelnde Vertragsinhalt und gegebenenfalls die Grundsätze der Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), die auch auf die von den Beteiligten getroffene Unterhaltsvereinbarung Anwendung finden (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 78. Auflage, § 313 Rn. 54).

Angesichts der getroffenen Vereinbarung der Beteiligten allein zur Höhe des Unterhaltsbetrages kann vorliegend - zunächst - nicht davon ausgegangen werden, dass eine Anpassung der Vereinbarung an veränderte Umstände gänzlich ausgeschlossen sein soll. Ein Wille der Beteiligten dahingehend, dass die Unterhaltsvereinbarung eine abschließende Regelung enthalten soll, kann danach nicht angenommen werden. Vielmehr bedeutet die pauschale Bestimmung des Unterhaltsbetrages ohne konkrete Berechnung und ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Einkommensverhältnisse gerade keinen umfassenden Abänderungsausschluss. Ein Wille dahin, dass die Unterhaltsleistung unter allen Umständen, also auch bei einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse unverändert bleiben soll, ist nicht zu vermuten, sondern kann nur einer ausdrücklichen Vereinbarung entnommen werden (BGH, Beschluss vom 11.02.2015 - XII ZB 66/14 -, Rn. 24, juris), an der es hier mangelt.

Aufgrund einer vorrangig vorzunehmende Auslegung der Unterhaltsvereinbarung lässt sich mangels konkreter Ausgestaltung der Vereinbarung betreffend die Vertragsgrundlagen und -modalitäten nicht ermitteln, mit welchem Inhalt die Beteiligten hier eine bindende Regelung über die Dauer und mögliche Begrenzung der Zahlungsverpflichtung des Antragsgegners sowie deren Abänderungsvoraussetzungen getroffen haben. Eine genaue Festlegung, insbesondere die Angabe des gesetzlichen Unterhaltstatbestandes, der Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie der Unterhaltsberechnung ist gerade nicht erfolgt. Allein die vereinbarte Höhe des Unterhalts lässt mangels konkreter Darlegung der für den Abschluss und konkreten Inhalt der getroffenen Vereinbarung darlegungs- und beweisbelasteten Antragstellerin (vgl. Wendl/Dose, a. a. O., § 6 Rn. 703) keine Rückschlüsse hierauf zu.

Somit ist nach den Grundsätzen der Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB, wonach die Geschäftsgrundlage anzupassen ist, wenn sich die nach dem Vertrag für die Bemessung des Unterhaltsanspruchs maßgeblichen Verhältnisse wesentlich verändert haben (Palandt-Grüneberg, a. a. O., § 313 Rn. 54), eine Abänderung der Vereinbarung möglich.
Zwar sind danach nur solche Veränderungen beachtlich, die die Geschäftsgrundlage zu erschüttern und den von beiden Beteiligten verfolgten Endzweck zu vereiteln geeignet sind. Die Frage, welche tatsächlichen Umstände Geschäftsgrundlage der Unterhaltsvereinbarung waren und welche Veränderungen deshalb zu einer Anpassung des Vertrages führen, bestimmt sich jedoch nach dem der Einigung zugrunde gelegten Parteiwillen. Dieser ist Geltungsgrund der Vereinbarung und entscheidet darüber, welche Verhältnisse zur Grundlage des Vergleichs gehören und wie die Parteien diese Verhältnisse bewertet haben (BGH, Urteil vom 21.09.2011 - XII ZR 173/09 -, Rn. 29, juris). Vorliegend kann jedoch allein aufgrund der vereinbarten Unterhaltshöhe keine Feststellung getroffen werden, welche Vorstellungen der Beteiligten für die vertragliche Bemessung des Unterhalts bestimmend waren. Mag der Antragsgegner die Regelaltersgrenze hier zwei Monate nach Abschluss der Unterhaltsvereinbarung erreicht haben, so liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor - und wurden auch nicht dargetan -, dass sich die Beteiligten über den bevorstehenden Ruhestand des Antragsgegners und der sich daraus ergebenden Konsequenzen Gedanken gemacht und diesen Umstand der Bemessung der Unterhaltszahlung zugrunde gelegt haben. Dies gilt auch im Hinblick auf die erzielten Einkünfte des Antragsgegners aus seiner Nebentätigkeit sowie der von der Antragstellerin derzeit und künftig ausgeübten (eingeschränkten) Erwerbstätigkeit. Tragfähige Anhaltspunkte die einen entsprechenden Willen der Beteiligten für die vertragliche Bemessung des Unterhaltsanspruchs auf der Grundlage und in Kenntnis der vorgenannten Umstände erkennen lassen, liegen nicht vor und wurden auch nicht dargelegt. Angesichts der tatsächlichen Umstände ist vielmehr davon auszugehen, dass der Antragsgegner der Forderung der Antragstellerin nach Zahlung eines Trennungsunterhalts in Höhe von 500,00 € durch Zahlung nachkam bzw. diese Zahlungen angeboten hat, da er sich zu diesem Zeitpunkt hierzu in der Lage und (gegebenenfalls) auch verpflichtet sah. Weitere, zur Vertragsgrundlage gewordene Vorstellungen der Beteiligten können hier jedoch weder festgestellt noch angenommen werden.

Sind die Grundlagen der Unterhaltsvereinbarung - wie vorliegend - nicht festgestellt und auch durch Auslegung oder auf sonstige Weise nicht feststellbar, besteht bereits kein hinreichender Ansatz für eine Anpassung an die veränderten Umstände. Mit der nach Ablauf des Trennungsjahres am 28.02.2019 eingetretenen Verfestigung der Trennung der Beteiligten sowie angesichts des Alters des Antragsgegners mit Blick auf das Erreichen der Regelaltersgrenze - hierzu nachfolgend - haben sich jedoch die Verhältnisse der Beteiligten seit Abschluss der vertraglichen Unterhaltsvereinbarung Anfang März 2018 maßgeblich verändert. Der Unterhalt ist daher nach den gesetzlichen Vorschriften wie bei einer Erstfestsetzung neu zu berechnen (vgl. BGH NJW 2001, 2259; Wendl/Dose, a. a. O., § 6 Rn. 618; Meyer-Holz in Keidel, FamFG, 19 Auflage, § 239 Rn. 53).

Nach § 1361 Abs. 1 BGB kann ein Ehegatte von dem anderen während der Dauer des Getrenntlebens den nach den ehelichen Lebensverhältnissen, das heißt den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen, solange er allein nicht in der Lage ist, diesen sicherstellen zu können. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bemessung des Trennungsunterhalts sind die jeweils gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse in dem Zeitraum, für den der Unterhalt begehrt wird, soweit sich diese prägend auf die ehelichen Lebensverhältnisse ausgewirkt haben.

Nach § 1361 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1567 Abs. 1 BGB leben die Ehegatten getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil der die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt (BGH FamRZ 2016, 1142).

Danach bestehen keine Bedenken an einer Trennung der Beteiligten am 28.02.2018, die unstreitig zu diesem Zeitpunkt durch den Auszug des Antragsgegners aus der gemeinsamen Ehewohnung erfolgt ist.

1. Unterhaltsrechtliches Einkommen der Antragstellerin

Das Erwerbseinkommen der Antragstellerin als Teilzeitbeschäftigte belief sich in dem Zeitraum September 2018 bis August 2019 auf durchschnittlich 575,38 € monatlich. Nach Abzug einer Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen, mithin in Höhe eines Betrages von 28,77 € (vgl. Ziffer 10.2.1. der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts) sowie des Erwerbstätigenbonus (im Umfang eines Siebtels) in Höhe von 78,09 € verbleiben davon monatlich 468,52 €. Hiermit wurde und wird die Antragstellerin ihrer unterhaltsrechtlichen Erwerbsobliegenheit gerecht. Fiktive Einkünfte aus einer der Antragstellerin zumutbaren Vollzeittätigkeit wegen Verstoßes gegen die sie in Anbetracht der unterhaltsrechtlichen Eigenverantwortung treffende Erwerbsobliegenheit sind ihr nicht hinzuzurechnen.

Nach § 1361 Abs. 2 BGB treffen den unterhaltsberechtigten Ehegatten Erwerbsobliegenheiten, die bei einer Verletzung zur Anrechnung fiktiver Einkünfte führen kann. Zwar tritt erst mit der Scheidung die volle wirtschaftliche Eigenverantwortung gemäß § 1569 BGB ein, jedoch führt bereits die Trennung zu einer gesteigerten Eigenverantwortung der Ehegatten, ihren Bedarf selber zu decken. Sofern aufgrund einer Abwägung aller maßgeblichen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit zu bejahen ist, kann auch von dem während des ehelichen Zusammenlebens (teilweise) erwerbstätigen Ehegatten eine Ausweitung seiner bestehenden Teilzeittätigkeit zu einer Vollzeittätigkeit jedenfalls nach Ablauf des Trennungsjahres und bei - zumindest wegen des gestellten Scheidungsantrages - Feststehen des Scheiterns der Ehe zugemutet werden (vgl. Viefhues in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Werth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Auflage, § 1361 Rn. 761 m. w. N.). Dabei bestimmt sich der Umfang der regelmäßig erforderlichen Erwerbstätigkeit und eventuelle Abweichungen hiervon nach den individuellen Verhältnissen des Unterhaltsberechtigten, die seine Erwerbsfähigkeit bestimmen, insbesondere dessen berufliche Vorbildung, Lebensalter, Gesundheitszustand, Zeitpunkt der letzten Berufstätigkeit sowie die Dauer der Ehe. Wenn nicht gewichtige Umstände entgegenstehen, obliegt es dem Trennungsunterhalt begehrenden Ehegatten grundsätzlich, die von ihm im Trennungszeitpunkt ausgeübte zumutbare und angemessene Erwerbstätigkeit fortzusetzen und nach Ablauf des Trennungsjahres und bei Feststehen des Scheiterns der Ehe eine bestehende Teilzeittätigkeit zu einer Vollzeittätigkeit auszuweiten, gegebenenfalls zur Sicherung seines Unterhalts eine weitere Teilzeittätigkeit aufzunehmen (vgl. Viefhues, a. a. O., § 1361 Rn. 794 m. w. N.).

Gemessen an diesen Grundsätzen kann der Antragstellerin ein Verstoß gegen sie treffende Erwerbsobliegenheiten mit daraus folgender Zurechnung fiktiver Erwerbseinkünfte nicht angelastet werden. Eine Verpflichtung der Antragstellerin zur Ausweitung ihrer in Teilzeit ausgeübten Erwerbstätigkeit bestand und besteht nicht. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass für die Antragstellerin aufgrund der ab März 2018 freiwillig und widerspruchsfrei geleisteten Zahlungen des Antragsgegners von Trennungsunterhalt in nicht unbeträchtlicher Höhe jedenfalls bis einschließlich September 2019 zunächst keine Veranlassung bestand, von einer Verpflichtung zur Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit auszugehen. Denn auch das Verhalten des Unterhaltspflichtigen während der Trennungszeit kann Auswirkungen auf die weitere Unterhaltspflicht haben. Widerspruchslose Zahlungen während der Trennungszeit schaffen - wie vorliegend - unterhaltsrechtlich einen Vertrauenstatbestand, der den Zeitpunkt für eine Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten hinausschiebt (vgl. Viefhues, a. a. O., § 1361 Rn. 797). Demnach setzte die Erwerbsobliegenheit der Antragstellerin grundsätzlich erst nach Ankündigung der Reduzierung der Unterhaltszahlungen zum 01.10.2019 mit Schreiben des Antragsgegners vom 24.09.2019 (frühestens) im Oktober 2019 und nicht bereits mit Ablauf des Trennungsjahres am 28.02.2019 ein. Jedoch ist der Antragstellerin aufgrund ihrer bestehenden körperlichen Einschränkungen infolge ihrer Erkrankung an Kinderlähmung sowie aufgrund der Behinderung im Grad von 50 % nach Auffassung des Senats weder eine Aufstockung ihrer bisher in Teilzeit ausgeübten Erwerbstätigkeit noch eine (weitere) Teilzeittätigkeit - auch nicht in einem anderen Berufsfeld - zumutbar. Die Antragstellerin übt als Reinigungskraft bereits eine körperlich anstrengende Tätigkeit in einem nicht unerheblichen Umfang von 20 Stunden an 5 Tagen in der Woche aus. Eine Ausweitung dieser Teilzeittätigkeit, die mit einer weiteren körperlichen Belastung verbunden wäre, kann der Antragstellerin angesichts ihrer (unstreitigen) körperlichen Einschränkungen nicht zugemutet werden. Zu berücksichtigen sind darüber hinaus das Alter der Antragstellerin (derzeit 62 Jahre) sowie die Ehedauer von 26 Jahren, die auch der Aufnahme einer (weiteren) Teilzeittätigkeit, verbunden mit einer Intensivierung der körperlichen Anstrengungen, wegen Unzumutbarkeit entgegen stehen. Dass die Antragstellerin eine nicht körperlich anstrengende Arbeit finden könnte, mit der sie mehr verdienen könnte als bisher, ist weder ersichtlich noch konkret vom Antragsgegner dargelegt worden.

2. Unterhaltsrechtliches Einkommen des Antragsgegners

Auf Seiten des Antragsgegners sind unstreitig monatliche Renteneinkünfte in Höhe von insgesamt 2.087,92 € einzustellen (Deutsche Rentenversicherung: 1.072,69 € V…: 686,18 € V…: 329,05).

Die von dem Antragsgegner nach Erreichen der Regelaltersgrenze fortgesetzte Nebentätigkeit bei dem Supermarkt … ist im Hinblick auf den Trennungsunterhalt überobligatorisch. Der Antragsgegner war bereits zum Zeitpunkt der Trennung der Beteiligten am 28.02.2018 aufgrund seines Alters nicht mehr zur Fortsetzung der Nebentätigkeit verpflichtet. Die hieraus erzielten monatlichen Einkünfte in Höhe von durchschnittlich 389,52 € sind damit unter Billigkeitsgesichtspunkten (insgesamt) nicht anzurechnen.

Nach der Rechtsprechung ist eine Erwerbstätigkeit, die über die Regelaltersgrenze hinaus ausgeübt wird, überobligatorisch, denn beim Ehegattenunterhalt gilt der Maßstab der gesetzlichen Regelaltersgrenze auch für den Unterhaltspflichtigen unabhängig davon, ob der Unterhaltspflichtige in einem abhängigen Arbeits- oder Dienstverhältnis steht oder ob er gewerblich oder freiberuflich tätig ist. Es ist auch unerheblich, ob sich die Erwerbstätigkeit im Rentenalter als berufstypisch darstellt oder von den Ehegatten während des Zusammenlebens geplant war. In welchem Umfang eine Anrechnung der hieraus erzielten Einkünfte erfolgt, beurteilt sich nach Treu und Glauben unter Billigkeitsgesichtspunkten nach den Umständen des Einzelfalls, wobei insbesondere das Alter, die körperliche und geistige Belastung, die ursprüngliche Lebensplanung sowie die Höhe der Altersvorsorge als Kriterien zu prüfen sind (Palandt-Brudermüller, a. a. O., § 1581 Rn. 10; BGH FamRZ 2011, 454).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die von dem Antragsgegner mit Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 35 SGB VI S. 2 i. V. m. § 235 SGB VI Abs. 2 Satz 1 am 02.10.2016 (Geburtsjahrgang 1951 = 65 Jahre + 5 Monate) ausgeübte Nebentätigkeit in dem hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum überobligatorisch. Aufgrund seines Alters war der Antragsgegner nicht mehr zur Fortsetzung dieser Erwerbstätigkeit verpflichtet und ist daher auch nicht daran gehindert, die Tätigkeit (entsprechend seiner Ankündigung nunmehr zum 31.12.2020) aufzugeben. Zwar folgt aus dieser grundsätzlich überobligatorischen und damit unzumutbaren Erwerbstätigkeit des Antragsgegners noch nicht zwingend, dass die hieraus erzielten Einkünfte insgesamt oder auch (nur) teilweise außer Betracht zu lassen sind. Allerdings scheidet hier eine Anrechnung nicht nur angesichts des Alters des Antragsgegners, der im November 2019 bereits 68 Jahre alt war, sondern auch unter Berücksichtigung der körperlichen Beeinträchtigungen des Antragsgegners sowie des Grads seiner Behinderung von 30 % gänzlich aus. Der Antragsteller, der in seinem Beruf als Schichtschlosser bereits einer anstrengenden körperlichen Berufstätigkeit nachging, musste seinen Beruf aufgeben, nachdem er sich (unstreitig) wiederholt einer Operation an der Halswirbelsäule unterziehen musste. Aufgrund der hieraus resultierenden dauerhaften körperlichen Einschränkungen, die die Antragstellerin lediglich pauschal und damit nicht tauglich in Abrede gestellt hat, stellt die (weitere) Ausübung der Nebentätigkeit eine zunehmende körperliche Belastung dar, die dem Antragsgegner nicht mehr zumutbar ist. Gegen eine auch nur eingeschränkte Anrechnung des Einkommens aus der überobligatorischen Nebentätigkeit spricht zudem der Umstand, dass diese besonderen Erwerbsanstrengungen des Antragsgegners vorwiegend dem Zweck der Deckung seiner bestehenden finanziellen Belastungen dienen. Neben der monatlichen Ratenzahlungen in Höhe von 551,00 € für ein von den Beteiligten bei der (Y) Bank aufgenommenes Darlehen, leistet der Antragsgegner weitere monatliche Ratenzahlungen in Höhe von 54,43 € für ein Darlehen bei der (X) Bank sowie in Höhe von (zuletzt) monatlich 160,00 € für die Kosten des Scheidungsverfahrens. Soweit der Antragsgegner angesichts seiner bestehenden monatlichen Zahlungsverpflichtungen an die Antragstellerin bis über die Grenze seiner Leistungsfähigkeit einen monatlichen Trennungsunterhalt von zunächst 500,00 € und sodann 700,00 € monatlich gezahlt hat, scheidet in Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung bedeutsamen Gesichtspunkte eine Anrechnung der aus der (überobligatorischen) Nebentätigkeit erzielten Einkünfte vorliegend vollständig aus.

Von dem einzusetzenden Einkommen des Antragsgegners in Höhe von 2.087,92 € sind zunächst einkommensmindernd die von dem Antragsgegner (unstreitig) monatlich aufgewendeten Beiträge für die Krankenversicherung bei der … Krankenkasse in Höhe von 57,65 € zu berücksichtigen.

Das Einkommen des Antragsgegners ist ferner unstreitig um monatlich 551,87 € zu bereinigen, die dieser für die Rückführung des von den Beteiligten aufgenommenen Darlehens bei der (Y) Bank allein aufwendet.

Verbindlichkeiten, die die Ehegatten vor der Trennung in ausdrücklichem oder stillschweigendem Einvernehmen eingegangen sind, sind einkommensmindernd zu berücksichtigen. Die zu ihrer Tilgung eingesetzten Mittel hätten auch bei Fortsetzung der Ehe für den allgemeinen Lebensbedarf nicht zur Verfügung gestanden und mindern daher als berücksichtigungswürdige Ausgaben das für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehende Einkommen (vgl. Wendl/ Dose, a. a. O., § 1 Rn. 1073). Dabei ist es unerheblich, welcher Ehegatte die Kreditverbindlichkeiten eingegangen ist und wofür das Geld ausgegeben worden ist, insbesondere auch, wer die mit dem Darlehen angeschafften Vermögenswerte nach der Trennung erhalten hat (vgl. Viefhues, a. a. O, § 1361 Rn. 446). Das Darlehen bei der (Y) Bank haben die Beteiligten gemeinsam am 06.02.2018, noch vor ihrer Trennung aufgenommen. Demgegenüber kommt es nicht darauf an, dass die Darlehensauszahlung in Teilbeträgen jeweils an die Antragstellerin und den Antragsgegner in unterschiedlicher Höhe sowie an die Lebensversicherung des Antragsgegners bei der … AG erfolgt und zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt worden ist. Maßgebend ist vielmehr die Begründung der Verbindlichkeit mit ausdrücklicher Zustimmung der Antragstellerin. Im Übrigen wurden die ausgezahlten Darlehensbeträge auch zur Finanzierung des laufenden Lebensbedarfs der Beteiligten (Zahnbehandlung) sowie zur Finanzierung eines Fahrzeuges eingesetzt, wobei der Verbleib des Fahrzeuges insoweit unerheblich ist. Dies müssen die Beteiligten im Rahmen der Hausrats- und Vermögensauseinandersetzung und des Zugewinns klären (Wendl/Dose, a. a. O., § 1 Rn. 1083).

Die monatliche Ratenbelastung in Höhe von 54,43 € für das von dem Antragsgegner bei der (X) Bank am 17.07.2018 aufgenommene Darlehen mindert sein Einkommen hingegen nicht.

Zwar können die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners auch Schulden mindern, die erst nach der Trennung - in Kenntnis der Unterhaltsverpflichtung - begründet worden sind. Jedoch stellen neue einseitige Verbindlichkeiten des Pflichtigen nur dann berücksichtigungsfähige Schulden dar, wenn sie unausweichlich notwendige und nicht durch anderweitige Mittel finanzierbare Anschaffungen oder Dienstleistungen betreffen (Wendl/Dose, a. a. O., § 1 Rn. 1084). Unter Beachtung dieses strengen Maßstabes werden auch trennungs- und scheidungsbedingte Verbindlichkeiten erfasst, jedoch ist im Rahmen der hier vorzunehmenden Interessenabwägung insbesondere der Zweck der Verbindlichkeit zu berücksichtigen (Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 14. Auflage, Rn. 1039). Gemessen hieran kann der zur Begründung der Darlehensaufnahme vorgetragene Finanzierungsaufwand des Antragsgegners für die Zahlung des Trennungsunterhalts an die Antragstellerin keine Berücksichtigung finden. Die Beteiligten haben vertraglich die Zahlung eines monatlichen Trennungsunterhalts vereinbart, so dass der Antragsgegner auch verpflichtet ist, für die Erfüllung der eingegangenen Verpflichtung Sorge zu tragen. Die hierfür von dem Antragsgegner aufgewendeten finanziellen Kosten kann er der Antragstellerin nicht entgegen halten, da diese anderenfalls ihren Anspruch auf Trennungsunterhalt mittragen würde.

Ein Abzug für die monatlichen Beiträge für die Sterbeversicherung in Höhe von 7,00 € und 9,89 € kann bereits mit Rücksicht auf die geringe Prämienhöhe nicht erfolgen. Diese Kosten gehören ebenso wie die monatlichen Aufwendungen für die Kfz-Versicherung in Höhe von 52,17 € sowie die monatlichen Ratenzahlungen in Höhe von 80,00 € gemäß der Stromabrechnung vom 02.03.2020 zum allgemeinen Lebensbedarf (Palandt-Brudermüller, a. a. O., § 1361 Rn. 57).

Die von dem Antragsgegner (zuletzt) in Höhe von 160,00 € bezifferten monatlichen Raten, die er wegen der unter Anordnung einer Ratenzahlung bewilligten Verfahrenskosten für die Kosten des Scheidungsverfahrens und des vorliegenden Verfahrens zu leisten hat, können ebenfalls keine Berücksichtigung finden. Ungeachtet der Tatsache, dass der Antragsgegner die bestehende Verpflichtung im Einzelnen nicht konkret dargelegt hat, sind Verfahrenskosten für Scheidungs- und Folgeverfahren von jeder Partei in der Höhe, in der sie ihr auferlegt wurden, aus den Lebenshaltungskosten, selbst zu tragen. Sofern Verfahrenskostenhilfe unter Anordnung einer Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt worden ist, müssen auch diese selbst getragen werden, da die Freibeträge so angelegt sind, dass sie für die Lebenshaltungskosten ausreichen (Wendl/Dose, a. a. O., § 1 Rn. 1098).

Danach ergibt sich grundsätzlich ein Anspruch der Antragstellerin auf Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 504,94 € (= 468,52 € + 1.478,40 € = 1.946,92 € : 2 = 973,46 € - 468,52 € = 504,94 €). Unter Berücksichtigung des eheangemessenen Selbstbehalts gemäß Ziffer 21.4 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts - also monatlich 1.200,00 € in 2019 und 1.280,00 € in 2020 - ist der Antragsgegner nur zur Zahlung eines monatlichen Trennungsunterhalts für November 2019 und Dezember 2019 in Höhe von jeweils 278,40 € (= 1.478,40 € - 1.200,00 €) sowie ab Januar 2020 in Höhe von monatlich 198,40 € (= 1.478,40 € - 1.280,00 €) in der Lage. Unter Berücksichtigung der von dem Antragsgegner im November 2019 und Dezember 2019 geleisteten Unterhaltszahlungen in Höhe von jeweils 154,00 €, besteht noch eine Verpflichtung zur Zahlung eines (restlichen Betrages) von jeweils 124,40 €. Für die Zeit ab 01.12.2020 schuldet der Antragsgegner der Antragstellerin einen laufenden Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 198,40 €. Da nicht sicher festgestellt werden konnte, welche Zahlungen seit Januar 2020 auf den Unterhalt geleistet worden sind, konnten diese vorliegend nicht bei der Bezifferung der Zahlungspflicht berücksichtigt werden. ..."

***

Erwerbsobliegenheit bei bevorstehender Verrentung (OLG Brandenburg, Beschluss vom 03.08.2020 - 9 UF 39/20):

„ ... I. Die seit 1988 miteinander verheirateten Ehegatten streiten noch um die Zahlung von rückständigen Trennungsunterhalt für die Zeit von Juni 2018 bis zum 16. Oktober 2019; seit dem 17. Oktober 2019 sind sie rechtskräftig geschieden. Unstreitig ist, dass der Antragsgegner spätestens zum 01. Oktober 2018 aus der vormals ehelichen Wohnung, die den Ehegatten gemeinsam gehörte, ausgezogen ist. Zumindest bis zu diesem Zeitpunkt hat er die Darlehensraten für die Wohnung in Höhe von rund 220 € monatlich allein gezahlt. Die am 08. Oktober 1956 geborene Antragstellerin war während der Ehe zunächst erwerbstätig. Nachfolgend bezog sie bis einschließlich Mai 2018 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (ALG I). Anschließend erzielte sie kein eigenes Einkommen mehr. Der Antragsgegner befand sich bis einschließlich Februar 2019 im Vorruhestand, seither im Altersruhestand. Zudem hat er aus einer Nebenerwerbstätigkeit Einkünfte erzielt. Mit handschriftlichem Schreiben vom 30. Mai 2018 forderte die Antragstellerin den Antragsgegner zur Zahlung von Unterhalt in Höhe von monatlich 600 € ab dem 01. Juni 2018 auf (Bl. 4). Am Folgetag, den 02. Juni 2018, regelten die Beteiligte in schriftlicher Weise ihre Vermögensverhältnisse; auf die zu den Akten gereichten handschriftlichen Vereinbarungen wird verwiesen (Bl. 23, 165). Im Übrigen wird auf den unstreitigen Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat behauptet, spätestens seit Juni 2018 habe man innerhalb der vormals ehelichen Wohnung getrennt gelebt. Die Antragstellerin hat (nach mehrmaligem Wechsel ihrer Anträge, vgl. dazu Bl. 2, 137, 145) erstinstanzlich zuletzt beantragt (vgl. den Tatbestand des angefochtenen Beschlusses), den Antragsgegner zu verpflichten, an sie einen rückständigen Trennungsunterhalt für den Zeitraum von Juni 2018 bis einschließlich Oktober 2019 in Höhe von insgesamt 10.790,95 € (bei monatlichen Betrag von 634,75 €) zzgl. 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den jeweiligen monatlichen Betrag zu zahlen.

Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

Er hat behauptet, eine Trennung der Beteiligten sei nicht bereits im Juni 2018, letztendlich frühestens mit seinem Auszug aus der vormals ehelichen Wohnung erfolgt. Die Antragsgegnerin müsse sich einen Erwerbsobliegenheitsverstoß entgegenhalten lassen, da sie in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Hinsichtlich der Vereinbarungen der Beteiligten aus Juni 2018 führt er an, es habe ihm an der entsprechenden Ernsthaftigkeit gemangelt, da mit derartigen Trennungs- und Scheidungsabsichten die Antragstellerin bereits jahrelang angesichts bei ihr vorherrschender Psychosen auf ihn zugekommen sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Eberswalde den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin Trennungsunterhalt für die Zeit vom 01. Juni 2018 bis einschließlich 16. Oktober 2019 in Höhe von insgesamt 10.483,61 € nebst gestaffelten Zinsen zu zahlen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, mit welcher dieser in Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens die vollständige Abweisung des Trennungsunterhaltsanspruches begehrt. Der Antragsgegner hat ursprünglich beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses den Antrag der Antragstellerin auf Zahlung von Trennungsunterhalt zurückzuweisen. Zuletzt hat er noch beantragt (vgl. den Schriftsatz vom 12. Mai 2020, Bl. 293 f.), den angefochtenen Beschluss insoweit aufzuheben, als dass in diesem ein über den Betrag in Höhe von 9.609,49 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
- aus 364,75 € seit dem 01. Juni 2018,
- aus weiteren jeweils monatlich 634,75 € seit dem 01. Juli 2018, seit dem 01. August 2018, seit dem 01. September 2018, seit dem 01. Oktober 2018, seit dem 01. November 2018, seit dem 01. Dezember 2018, seit dem 01. Januar 2019 und seit dem 01. Februar 2019,
- aus weiteren jeweils monatlich 483,72 € seit dem 01. März 2019, seit dem 01. April 2019, seit dem 01. Mai 2019 und seit dem 01. Juni 2019
- aus weiteren monatlich 634,75 € seit dem 1. Juli 2019, seit dem 1. August 2019, seit dem 01. September 2019 und
- aus weiteren 327,61 € seit dem 01.10.2019
hinausgehender Betrag der Antragstellerin zugesprochen worden ist.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Über ihre als Notanwältin mit Senatsbeschluss vom 27. April 2020 bestellte Verfahrensbevollmächtigte hat sie zudem mehrfach die Erklärung der Beschwerderücknahme durch den Antragsgegner gefordert.

II. Die gem. §§ 58 ff. FamFG statthafte und zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat, soweit er diese nach erfolgter Rücknahme seiner Beschwerde noch aufrechterhalten hat (vgl. dazu die Senatsverfügung vom 22. Juni 2020 - Bl. 321 d.A., zu welcher sich die Beteiligten auch nicht mehr inhaltlich eingelassen haben), Erfolg, sie ist insoweit begründet.

Das Amtsgericht hat im Wesentlichen zutreffend einen Anspruch der Antragstellerin auf Zahlung von rückständigem Trennungsunterhalt gemäß § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB bejaht. Insoweit ist allein hinsichtlich der konkreten Höhe des rückständigen Anspruches eine Korrektur geboten, die dem nunmehr verbliebenen Beschwerdeantrag entspricht.

1. Trennungszeitpunkt

Es bestehen keine Bedenken an einer Trennung der Beteiligten zum Juni 2018.

Ein Getrenntleben i.S.v. § 1361 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1567 Abs. 1 BGB ist dann gegeben, wenn zwischen den Ehegatten keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt und die häusliche Gemeinschaft erkennbar nicht herstellen will (BGH FamRZ 2016, 1142). Von einem Getrenntleben kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn die Ehegatten - beide noch in der Ehewohnung lebend - keinen gemeinsamen Haushalt mehr führen (Ehinger in: Ehinger/Rasch/Schwonberg/Siede, Handbuch Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2018, Rn. 5.8.).Das Nichtbestehen oder die Aufhebung eines gemeinsamen Haushalts sind allerdings keine zwingende Voraussetzung für das Getrenntleben der Ehegatten, wesentlich ist vielmehr der eindeutig erklärte Trennungswille (vgl. auch Viefhues in: Herberger/Martinek/ Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 1361 BGB - Stand: 15.04.2020 - Rn. 16).

Sämtlicher vorgelegter Schriftwechsel lässt zweifelsfrei eine Trennungsabsicht der Antragstellerin ab Juni 2018 und eine chronologische Fortentwicklung dieser Trennung erkennen. Dies folgt bereits daraus, dass sie selbst mit Schreiben vom 30. Mai 2018 (Bl. 4) den Antragsgegner auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch genommen hat und bereits wenige Tage später mit anwaltlichem Schriftsatz (vom 06. Juni 2018, Bl. 5) diesen weiterverfolgte. Erst recht folgt dies aus dem Umstand, dass sodann mit der Antragsschrift vom 26. Juni 2018 der Trennungsunterhaltsanspruch durch die Antragstellerin gerichtlich verfolgt wurde.

Auch die übrigen Schreiben der Antragstellerin bzw. die Vereinbarungen der Beteiligten z.B. Bl. 23 der Akte vom 02. Juni 2018, Bl. 20, 44, 165) lassen jeweils erkennen, dass zumindest die Antragstellerin einseitig, eher aber beide Ehegatten ihren Willen zur Abkehr von der Ehe bekundet haben. Ebenso spricht für die mindestens einseitige Abkehr der Antragstellerin von der Ehe der Umstand, dass nachfolgend die Antragstellerin die Herbeiführung einer entsprechenden notariellen Vereinbarung über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung versucht hat.

Mindestens liegt daher eine einseitige Abkehr der Antragstellerin von der Ehe vor. Dann ist es hinsichtlich der Trennung der Beteiligten im Juni 2018 unschädlich, dass in Teilbereichen nach der Behauptung des Antragsgegners noch gemeinsam gewirtschaftet wurde, vgl. bereits zuvor. Dies ist auch nicht unüblich angesichts des Umstandes, dass noch für einige weitere Monate die Beteiligten unstreitig in der ehelichen Wohnung weiter gelebt haben.

2. Erwerbsobliegenheitsverstoß

Der Antragstellerin ist kein Erwerbsobliegenheitsverstoß anzulasten und daher auch kein fiktives Einkommen zuzurechnen. Zu Recht hat das Amtsgericht unter Beachtung der Vorschrift des § 1361 Abs. 2 BGB ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit von der Antragstellerin nicht erwartet werden konnte. Nach dieser Vorschrift kann der nicht erwerbstätige Ehegatte nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.

a. Trennungsjahr

Einen im Zeitpunkt der Trennung längere Zeit nicht erwerbstätig gewesenen Ehegatten trifft im ersten Trennungsjahr in der Regel keine Erwerbsobliegenheit (allg. Ansicht, z.B. OLG Hamm FamRZ 2018, 678), so auch hier. Daher käme eine Erwerbsobliegenheit frühestens für die Zeit ab Juni 2019 mit Ablauf des Trennungsjahres in Betracht.

b. Individualverhältnisse

Aber auch für die folgenden rd. 4,5 Monate bis zur Rechtskraft der Scheidung besteht keine Erwerbsobliegenheit der Antragstellerin.

Der Umfang der regelmäßig erforderlichen Erwerbstätigkeit und eventuelle Abweichungen davon bestimmen sich vielmehr nach den individuellen Verhältnissen des jeweils betroffenen Ehegatten (Viefhues in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 1361 BGB - Stand: 15.04.2020 - Rn. 759). Vorliegend spricht gegen eine (unmittelbar nach Ablauf des Trennungsjahres einsetzende) Erwerbsobliegenheit der Antragstellerin, dass die Ehe bei Trennung bereits rd. 20 Jahre bestand, die Antragstellerin bereits vor der Trennung längere Zeit nicht arbeitete, zum Zeitpunkt der Trennung bereits über 61,5 Jahre alt war und daher auch in realer Hinsicht die Aussicht auf Erlangung einer Arbeitsstelle deutlich unrealistisch erschien. In diesem Kontext ist zudem zu beachten, dass die Antragstellerin seit dem 1. November 2019 sich im Altersruhestand befindet. Die Phase nach Beendigung des ALG I - Bezuges bis hin zum Eintritt in den Altersruhestand stellt sich daher als bloße Übergangsphase dar, die auch von ihrer Länge her keine Erwerbsobliegenheit hervorruft.

c. vermeintlich krankhafter Zustand

Erst recht folgt die Unzumutbarkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit daraus, dass nach der Behauptung des Antragsgegners die Antragstellerin an einer manisch-depressiven Psychose leidet (wobei sich die Beteiligten mit derartigen Vorwürfen wechselseitig überziehen). Wäre dies der Fall, wären eventuelle Verpflichtungen der Antragstellerin auf den Einsatz eigener Arbeitskraft (bzw. eigenen Stammvermögens, vgl. dazu die nachfolgenden Ausführungen) angesichts des gesundheitlichen Zustandes sowie des unmittelbar nach der Trennung einsetzenden hier streitgegenständlichen Trennungsunterhaltszeitraumes nicht angezeigt.

Letztendlich kommt es hierauf aber nicht Streit entscheidend an.

3. Vermögensstamm

Zutreffend hat der das Amtsgericht auch ausgeführt, dass die Antragstellerin nicht zum Einsatz von Vermögen bzw. des Vermögensstammes gehalten war. Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre, § 1577 Abs. 3 BGB.Diese für den nachehelichen Unterhalt geltende Vorschrift kann allerdings lediglich die äußerste Grenze, bis zu der dem unterhaltsberechtigten Ehegatten im Falle des Getrenntlebens der Einsatz seines Vermögensstamms allenfalls angesonnen werden darf, bilden. An die Verwertung des Vermögensstamms vor Scheidung sind vielmehr noch höhere Anforderungen zu stellen als beim nachehelichen Unterhalt (BGH FamRZ 2012, 514; OLG Saarbrücken FamRZ 2020, 422). Insbesondere bei einer lang andauernden Ehe und einer noch nicht langen Trennungszeit wird eine Verwertungspflicht nahezu stets ausscheiden (vgl. auch Viefhues in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 1361 BGB - Stand: 15.04.2020 - Rn. 311 ff.), wobei eine 1,5 Jahre andauernde Trennung noch nicht lang i.d.S. ist (OLG Saarbrücken FamRZ 2020, 422). Nach Maßgabe dessen scheidet eine Pflicht der Antragstellerin zum Einsatz eines Stammvermögens hier angesichts der langen Ehedauer und der noch nicht langen Trennungszeit von vornherein aus.

Nur vorsorglich wird deshalb ergänzend darauf hingewiesen, dass eine Verwertung auch im Übrigen nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen geboten wäre, deren Voraussetzungen im Einzelnen durch den hierdurch Begünstigten - den Unterhaltspflichtigen - darzulegen sind. Dabei kommt es auch wesentlich auf die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen an (vgl. auch Viefhues in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 1361 BGB - Stand: 15.04.2020 - Rn. 311 ff.), über welche hier nur wenig bekannt ist. Ebenso wenig können deshalb vermeintlich eigenmächtig vorgenommene, zu Lasten des Antragsgegners wirkende Vermögensverschiebungen der Antragstellerin hier von Bedeutung sein. Diese könnten allenfalls eventuelle Ausgleichsansprüche des Antragsgegners gegen die Antragstellerin hervorrufen, nicht aber Grundlage einer Einsatzpflicht für das Stammvermögen sein.

Insgesamt kann für die Frage einer Erwerbsobliegenheitsverletzung und des Einsatzes von Stammvermögen auf die zutreffenden, dies verneinenden Ausführungen des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung - dort Seite 6 f. - Bezug genommen werden.

4. Einkünfte des Antragsgegners

a. unstreitige Einkünfte

Soweit der Antragsgegner mit der Beschwerde lediglich die Zurechnung von eigenen, vermeintlich unstreitigen Einkünfte i.H.v. 1.714,75 € für die Zeit bis einschließlich Februar 2019 begehrt, geht dies fehl. Zwar befindet sich dieser Betrag tatsächlich innerhalb der ursprünglichen Antragsschrift der Antragstellerin. Bereits dieser Betrag beruhte jedoch darauf, dass die Antragstellerin insoweit als Abzugspositionen von den Einkünften des Antragsgegners solche Position anerkannte, die im Grundsatz unterhaltsrechtlich in aller Regel nicht bereinigungsfähig sind (insbesondere die genannten Medien). Im Übrigen hat die Antragstellerin nachfolgend auch die Abzugsfähigkeit der Positionen in Abrede gestellt und ausdrücklich die volle Zurechnung der von dem Antragsteller - insoweit tatsächlich auch unstreitig - erzielten Einkünfte aus Vorruhestandsbezügen und Erwerbseinkommen begehrt. Selbst eventuelle berufsbedingte Aufwendungen hat sie ausdrücklich sodann nicht mehr anerkennen wollen (vergleiche insbesondere den Inhalt Ihres Schriftsatzes vom 24. Juni 2019, Bl. 144).

b. Darlehensrate

Im Übrigen ist dem Begehren des Antragsgegners auch nicht darin zu folgen, dass er den Abzug der von ihm gezahlten Darlehensraten auf die eheliche Wohnung geltend machen kann. Zum einen ist bereits unklar, ob der Antragsgegner nur bis zu seinem Auszug oder auch darüber hinaus diese Raten beglichen hat. Eine Zahlung nach September 2018 würde jedenfalls dem Inhalt der entsprechenden Vereinbarung der Beteiligten vom 02. Juni 2018, nach welcher die Antragstellerin diese Raten ab dem Auszug übernehmen sollte, widersprechen. Zum anderen widerspricht der Abzugsfähigkeit der Inhalt der Vereinbarung der Beteiligten vom 02. Juni 2018 (zur Wirksamkeit der Vereinbarung vgl. noch weiter unten), innerhalb welcher die Frage einer Abzugsfähigkeit und ein damit verbundener Ausgleich der Ratenzahlungen beim Unterhalt keine Rolle gespielt hat. Im Übrigen läge - so denn gemäß den Behauptungen des Antragsgegners die Beteiligten noch bis September 2018 gemeinsam gewirtschaftet hätten - es nahe, dass dann nach dem Grundsatz der eine zahlt dies, der andere das keine wechselseitige Ausgleichspflicht bestand. Zuletzt käme eine Berücksichtigung der Darlehensraten grundsätzlich allein im Rahmen einer Wohnwertberechnung in Betracht, die hier von keiner Seite vorgenommen worden ist und die im Übrigen ebenso dem Inhalt der Vereinbarung der Beteiligten vom 02. Juni 2018 widerspricht.

c. berufsbedingte Aufwendungen

Zu folgen ist dem Antragsgegner aber darin, dass das Amtsgericht ihm zu Unrecht keine berufsbedingten pauschalierten Aufwendung anerkannt hat. Für seine Einkünfte aus der Nebenerwerbstätigkeit sind ihm nach den allgemeinen Grundsätzen (vgl. Ziff. 10.2.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen OLG) pauschalierte berufsbedingte Aufwendungen, die auch nicht bereits zuvor bei Ermittlung seiner Netto-Nebenerwerbseinkünfte abgezogen wurden, anzuerkennen. Gründe, davon abzuweichen, sind derzeit nicht erkennbar.

5. Unterhaltshöhe ...


6. Verzug

Im Weiteren ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin von dem Antragsgegner den ermittelten (monatlichen) Unterhaltsbetrag nur insoweit verlangen kann, wie er dessen Inverzugsetzung entspricht, §§ 286 Abs. 1, 1613 Abs. 1 BGB. Dabei ist zu beachten, dass sie im laufenden Verfahren den Unterhaltsanspruch mehrfach verändert hat. Hiermit ist, soweit eine Reduzierung erfolgt ist, zugleich eine entsprechende Rücknahme der Inverzugsetzung verbunden, die einen höheren Unterhalt für die Zukunft bzw. bis zu dem Zeitpunkt, ab welchem erneut ein höherer Unterhalt in verzugsbegründender Wirkung verlangt wird ausschließt. Denn nach § 1613 Abs. 1 BGB kann für die Vergangenheit Unterhalt nur von der Zeit an gefordert werden, zu welcher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Zur Inverzugsetzung gehört grundsätzlich eine Mahnung nach Eintritt der Fälligkeit (§ 284 Abs. 1 S. 1 BGB).Auch wenn im Allgemeinen eine Mahnung wegen laufenden Unterhalts nicht monatlich wiederholt zu werden braucht, können von einer zurückgenommenen Mahnung keinerlei Rechtswirkungen für künftigen Unterhalt ausgehen. Eine (teilweise) Rücknahme der Mahnung ist aber in der (teilweisen) Rücknahme des Unterhaltsantrags zu sehen (BGH FamRZ 1983, 352, 354; Siebert in: Wendl/Dose, das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 6 Rn. 141). Ihren ursprünglichen Antrag von monatlich 634,75 € aus der Antragsschrift (Bl. 2) hat die Antragstellerin im Schriftsatz vom 04. Juni 2019 (Bl. 135 ff.) teilweise ermäßigt (so für Juni 2018 sowie für die Zeit ab März 2019). Mit weiterem Schriftsatz vom 24. Juni 2019 (Bl. 144) hat sie sodann erneut und durchgängig 634,75 € monatlich begehrt. Diesen Unterhalt kann sie daher erst wieder ab Juli 2019 weiter verfolgen. Dies ergibt entsprechend der nachfolgenden Tabelle insgesamt folgendes: ...

7. (Hilfs)Aufrechnung ..."

***

Die tatsächliche Vermutung, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe des Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrags vollständig für den Lebensbedarf verwendet worden ist (vgl. BGH, Bes. v. 15. November 2017 - XII ZB 503/16, FamRZ 2018, 260 ff. und Bes. v. 25. September 2019 - XII ZB 25/19, FamRZ 2020, 21 ff.), kann von dem Unterhaltspflichtigen entkräftet werden. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Unterhaltspflichtige (OLG Hamm, Beschluss vom 23.04.2020 - 2 UF 152/19):

„... I. Das Amtsgericht hat das Unterhaltsbegehren der Antragstellerin im Ergebnis zu Recht abschlägig beschieden, soweit diese Trennungsunterhalt gemäß § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB nach der Einkommensquote verlangt und der Höhe nach einen - über den mit Teil-Anerkenntnis-Beschluss vom 15.01.2019 titulierten Trennungsunterhalt hinausgehenden - weiteren Unterhaltsanspruch in Höhe von 2.469 EUR im Monat geltend gemacht hat. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, eine von dem angefochtenen Beschluss abweichende, der Antragstellerin günstigere Entscheidung zu tragen.

1. Der Antragstellerin steht für den Unterhaltszeitraum ab Mai 2018 kein Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt in einer den anerkannten monatlichen Unterhaltsbetrag von 580 EUR übersteigenden Höhe zu. Der Unterhaltsanspruch ist mit Blick auf die erheblich über dem Durchschnitt liegenden Einkommensverhältnisse der beteiligten Ehegatten nach dem konkreten Bedarf zu bemessen und unter Abzug des Eigeneinkommens der Antragstellerin festzusetzen.

Sofern die Antragstellerin in Anlehnung an die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des BGH zu einer quotalen Unterhaltsbedarfsbemessung auch bei gehobenen Einkommen (vgl. Beschlüsse vom 15.11.2017 - XII ZB 503/16, FamRZ 2018, 260 und vom 25.09.2019 - XII ZB 25/19, FamRZ 2020, 21) von der im Trennungsjahr vorgenommenen konkreten Bedarfsermittlung abrücken möchte und ihren Trennungsunterhaltsanspruch nunmehr mit dem für sie deutlich günstigeren Quotenbedarf begründet, dringt sie hiermit nicht durch.

a) Nach § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB bestimmt sich das Maß des eheangemessenen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen, insbesondere den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eheleute. Die Lebensverhältnisse werden - wie beim nachehelichen Unterhalt - im Wesentlichen bestimmt durch das in der Ehe zur Deckung des Lebensbedarfs verfügbare Einkommen der Eheleute (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 06.02.2008 - XII ZR 14/06, FamRZ 2008, 968; Urteil vom 28.02.2007 - XII ZR 37/05, FamRZ 2007, 793; Urteil vom 23.03.1983 - IV b ZR 371/81, FamRZ 1983, 676). Der Unterhalt wird dementsprechend in der Praxis bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen in den weitaus meisten Fällen nach einer Quote des Gesamteinkommens der Ehegatten bemessen. Bei dieser Methode wird im Sinne einer tatsächlichen Vermutung angenommen, dass im Wesentlichen das gesamte Einkommen für den Lebensunterhalt verwendet wird. Dieses wird daher bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach dem Halbteilungsgrundsatz (für Einkommen aus Erwerbstätigkeit modifiziert um einen Erwerbsanreiz) auf beide Ehegatten verteilt.

Bei besonders günstigen Einkommensverhältnissen ist allerdings die Annahme, dass das gesamte vorhandene Einkommen für den Lebensunterhalt der Ehegatten verwendet wird, nicht mehr ohne weiteres gerechtfertigt. Vielmehr ist in diesen Fällen regelmäßig davon auszugehen, dass ein Teil des Einkommens der Vermögensbildung zufließt (vgl. beispielhaft: BGH, Urteil vom 30.11.2011 - XII ZR 35/09, FamRZ 2012, 945; Urteil vom 04.07.2007 - XII ZR 141/05, FamRZ 2007, 1532). Da der Unterhalt allein dazu bestimmt ist, den laufenden Lebensbedarf abzudecken, muss der Unterhaltsberechtigte in solchen Fällen auf geeignete Weise vortragen, in welchem Umfang das Familieneinkommen für den Konsum verbraucht worden ist. Dieser Darlegungslast für seinen Unterhaltsbedarf kann der Unterhaltsberechtigte dadurch genügen, dass er den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB) konkret vorträgt und beziffert (vgl. zur konkreten Bedarfsermittlung: BGH, Urteile vom 30.11.2011 - XII ZB 34/09, FamRZ 2012, 947 und vom 10.11.2010 - XII ZR 197/08, FamRZ 2011, 192). Sofern er gleichwohl Unterhalt nach der Einkommensquote beansprucht, muss er mangels tatsächlicher Vermutung für den vollständigen Verbrauch der Einkünfte zu Konsumzwecken tatsächlich vortragen und im Bestreitensfall in vollem Umfang beweisen, dass und in welchem Umfang die hohen Einkünfte zur Deckung der ehelichen Lebensverhältnisse tatsächlich verwendet worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 11.08.2010 - XII ZR 102/09, FamRZ 2010, 1637).

Bis zu welcher Einkommenshöhe die Vermutung eines vollständigen Verbrauchs des Familieneinkommens für den Lebensunterhalt zugunsten des Unterhaltsberechtigten streitet, ist in der Vergangenheit von den Oberlandesgerichten unterschiedlich beurteilt worden. Während teilweise die Grenze des Quotenhöchstbedarfs ab einem gemeinsamen bereinigten Einkommen oberhalb der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle gezogen wurde (so OLG Oldenburg, OLG Bremen, jeweils Ziff. 15.3 der Leitlinien) oder eine quotale Berechnung bis zu einem Unterhaltsbedarf von lediglich 2.500 EUR angenommen wurde (so OLG Jena, Ziff. 15.3 der Leitlinien), haben andere Obergerichte eine Obergrenze für die Bedarfsbemessung nach der Einkommensquote erst bei einem Unterhaltsbedarf von über 5.000 EUR bzw. ab einem Einkommen in Höhe des Doppelten der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle gesetzt (so OLG Koblenz, Köln, Dresden, jeweils Ziff. 15.3. der Leitlinien). Die unterhaltsrechtlichen Leitlinien des OLG Hamm (Stand zum 01.01.2018) sahen in Ziff. 15.3 vor, dass bei besonders günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen in der Regel eine konkrete Bedarfsberechnung erforderlich ist.

Der BGH hat diese Frage mit seiner von der Antragstellerin maßgeblich in Bezug genommenen Entscheidung vom 15.11.2017 (XII ZB 503/16, a.a.O.) nunmehr dahin entschieden, dass es aus rechtsbeschwerderechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist, wenn die Tatgerichte zur praktikablen Bewältigung des Massenphänomens Unterhalt von einer tatsächlichen Vermutung für den vollständigen Verbrauch des Familieneinkommens ausgehen, soweit dieses das Doppelte des höchsten Einkommensbetrags der Düsseldorfer Tabelle, mithin einen Betrag von 11.000 EUR (Stand Düsseldorfer Tabelle ab 2018) nicht übersteigt. Bis zu dieser Grenze hat der BGH eine Bedarfsbemessung nach der Einkommensquote ausdrücklich für zulässig erachtet und ausgeführt, dass der Unterhaltsbedarf in einem solchen Fall ohne Darlegung der konkreten Einkommensverwendung nach der Einkommensquote bemessen werden kann. Diese Rechtsprechung hat der BGH mit Beschluss vom 25.09.2019 (XII ZB 25/19, FamRZ 2020, 21) fortgeführt und weiter konkretisiert. In diesem auf Leistung gerichteten Verfahren hat er die Obergrenze für eine pauschale Quotenbedarfsbemessung nach der Einkommensquote bei einem Bedarf in Höhe der Quote aus dem Doppelten des höchsten Einkommenssatzes der Düsseldorfer Tabelle - unter Berücksichtigung des Anreizsiebtels bei Erwerbseinkommen - gezogen, mithin bei einem Bedarf in Höhe von rd. 4.714 EUR (3/7 x 11.000 EUR). Weiter hat er klargestellt, dass ein über dem Doppelten des höchsten Einkommensbetrages der Düsseldorfer Tabelle liegendes Familieneinkommen die tatsächliche Vermutung für den vollständigen Verbrauch des bis zur Grenze reichenden Familieneinkommens nicht entfallen lässt. In diesem Bereich hat der BGH den Bedarf des Unterhaltsberechtigten auch dann als schlüssig dargelegt erachtet, wenn dieser nichts zur konkreten Verwendung des Familieneinkommens vorträgt (vgl. BGH, Beschluss vom 25.09.2019 - XII ZB 25/19, FamRZ 2020, 21-27; Viefhues, jurisPR-FamR 5/2020 Anm. 3). Als Familieneinkommen hat er dabei das Einkommen definiert, das für den ehelichen Lebensbedarf der beiden Ehegatten zur Verfügung steht und damit unterhaltsrelevant ist mit Ausnahme des nicht hierzu gehörigen Erwerbsanreizes.

In Anlehnung an die dargestellte Rechtsprechung des BGH legen die Leitlinien des OLG Hamm (Stand zum 01.01.2020) in Ziff. 15.3. nunmehr fest, dass von besonders günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen in der Regel bei einem Familieneinkommen in Höhe von 11.000 EUR ausgegangen werden kann, wobei die Einkünfte vorab um vorrangigen Kindesunterhalt, sonstige eheprägende Unterhaltsverpflichtungen, berufsbedingte Aufwendungen und etwaige weitere berücksichtigungsfähige Positionen, nicht aber einen Erwerbsbonus zu bereinigen sind.

b) Nach diesen Maßgaben ist es der Antragstellerin zwar im Ausgangspunkt rechtlich unbenommen, ihren Unterhaltsbedarf im vorliegenden Verfahren - in Abweichung von dem ihrerseits zuvor ermittelten konkreten Bedarf in Höhe von 3.076 EUR - auf der Basis des deutlich höheren Quotenbedarfs (4.614,01 EUR = quotaler Bedarf für den Elementarunterhalt laut Unterhaltsberechnung Anlage BGM 8, Bl. 80 d.A.) zu fordern. Auch streitet zu ihren Gunsten zunächst die von dem BGH zur Bedarfsermittlung bei überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen aufgestellte tatsächliche Verbrauchsvermutung. Gleichwohl erweist sich der von der Antragstellerin im Wege der Quotenberechnung geltend gemachte Trennungsunterhaltsanspruch als unbegründet, weil die Vermutung durch die besonderen Umstände des Streitfalls erschüttert wird und die Antragstellerin weder dargelegt noch unter Beweis gestellt hat, dass während der Ehe ein Familieneinkommen entsprechend dem von ihr angemeldeten quotalen Bedarf tatsächlich für Konsumzwecke verwendet worden ist.

aa) Im Streitfall bedarf es zunächst keiner vertiefenden Ausführungen des Senats, dass die über dem Durchschnitt liegenden Familieneinkünfte der Beteiligten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum die Obergrenze für eine Bedarfsbemessung nach der Einkommensquote übersteigen und sich in einem Bereich bewegen, in denen der Unterhaltsbedarf für gewöhnlich konkret zu ermitteln ist. Hiervon gehen auch die Beteiligten übereinstimmend aus.

Im Jahr 2018 sind auf Seiten des Antragsgegners ein bereinigtes Erwerbseinkommen von durchschnittlich 7.842,39 EUR netto (Nettoeinkommen: 7.378,08 EUR zzgl. geldw. Vorteil Firmenwagen: 475 EUR zzgl. anteil. Steuererstattung: 1.050,81 EUR abzgl. anteil. Steuerausgleichszahlung: 356,25 EUR abzgl. Versicherungsbeiträge: 5,68 EUR und 48,57 EUR abzgl. Kindesunterhalt 651 EUR), Mieteinkünfte in Höhe von 39,57 EUR netto und der von den Beteiligten übereinstimmend mit 800 EUR zugrunde gelegte Wohnwert der von ihm bewohnten Immobilie in E zu berücksichtigen. Die Antragstellerin hat im Jahr 2018 unstreitig ein unterhaltsrelevantes Erwerbseinkommen von 2.301,71 EUR netto (Nettoeinkommen: 2.172,52 EUR abzgl. anteil. Steuernachzahlung: 210,58 EUR zzgl. anteil. Steuerausgleichszahlung: 356,25 EUR abzgl. Zahnzusatzversicherung 16,48 EUR) und Mieteinkünfte in Höhe von 296,75 EUR netto im Monat erzielt. In der Summe ergeben sich für das Jahr 2018 unterhaltsrelevante Familieneinkünfte in Höhe von 11.280,42 EUR.

Für das 2019 ist die Einkommensgrenze des höchstmöglichen Quotenunterhalts deutlich überschritten, weil das Erwerbseinkommen des Antragstellers in diesem Jahr aufgrund einer von ihm im März 2019 empfangenen Sonderzahlung seines Arbeitgebers in Höhe von 203.732,25 EUR brutto (vgl. Entgeltabrechnung vom 21.03.2019, Bl. 451 f. d.A.) gegenüber den Vorjahren erheblich angestiegen ist. Anhand der vorgelegten Gehaltsmitteilungen des Antragsgegners errechnet sich allein unter Zugrundelegung der darin ausgewiesenen Auszahlungsbeträge (172.985,98 EUR /12 = 14.415,50 EUR) zuzüglich des von den Beteiligten für die private Nutzung eines Firmenfahrzeugs angesetzten geldwerten Vorteils (475 EUR) sowie einer im Jahr 2019 von ihm erhaltenen Steuererstattung in Höhe von 5.485 EUR ein monatliches Erwerbseinkommen des Antragsgegners in Höhe von rd. 15.348 EUR netto. Nach Abzug von Versicherungsprämien (N Nr. 01: 5,68 EUR und Nr. 03: 48,57 EUR) und Kindesunterhalt und Addition von Wohnwert (800 EUR) und Mieteinkünften (39,57 EUR) ergeben sich für den Antragsgegner unterhaltsrelevante Einkünfte in Höhe von durchschnittlich rd. 15.470 EUR. Hinzu kommen bereinigte Einkünfte der Antragstellerin in Höhe von rd. 3.000 EUR (durchschnittliches Erwerbseinkommen netto: 2.720,26 EUR abzgl. Kosten für Zahnzusatzversicherung: 16,48 EUR zzgl. Mieteinkünfte 296,75 EUR), so dass für das Jahr 2019 von einem verfügbaren Familieneinkommen von insgesamt rd. 18.400 EUR auszugehen ist. Dass sich die Einkommensverhältnisse im Jahr 2020 grundlegend anders darstellen als zu Ehezeiten und sich unterhalb der maßgeblichen Grenze von 11.000 EUR bewegen, ist weder von einem der Beteiligten dargetan noch sonst ersichtlich.

bb) Entgegen der Annahme des Amtsgerichts führt der Umstand, dass die verfügbaren Familieneinkünfte der beteiligten Ehegatten über der für einen Quotenunterhalt relevanten Grenze liegen, allerdings nicht dazu, dass der Antragstellerin eine Unterhaltsberechnung nach der Einkommensquote und eine Inanspruchnahme der von dem BGH konstatierten tatsächlichen Verbrauchsvermutung von vornherein zu verwehren wäre. Nach den dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen hat der Unterhaltsberechtigte in einem solchen Fall vielmehr die Wahl, ob er seinen Bedarf konkret vorträgt oder nach der Einkommensquote bemisst. Sofern er die Quotenmethode wählt, kann er indes die Verbrauchsvermutung nur insoweit für sich in Anspruch nehmen und auf eine Darlegung der konkreten Einkommensverwendung verzichten, als der von ihm aus der Einkommensquote ermittelte Bedarf die relative Sättigungsgrenze nicht übersteigt (vgl. BGH, Beschluss vom 25.09.2019 - XII ZB 25/19, FamRZ 2020, 21-27). Vorliegend liegt der von der Antragstellerin zur Berechnung ihres Elementarunterhalts angemeldete Quotenbedarf mit 4.614,01 EUR noch unterhalb der 3/7-Quote aus 11.000 EUR (4.714 EUR).

cc) Die Antragstellerin kann die von ihr maßgeblich angeführte Verbrauchsvermutung aber deshalb nicht mit Erfolg zu ihren Gunsten reklamieren, weil diese im Streitfall zur sicheren Überzeugung des Senats durch besondere Umstände entkräftet wird. Bei der gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 286 Abs. 1 ZPO vorzunehmenden Gesamtbetrachtung lässt sich damit gerade nicht feststellen, dass die Beteiligten ein verfügbares Familieneinkommen in Höhe von rd. 11.000 EUR im Monat für den Lebensunterhalt verbraucht hätten.

Das Amtsgericht hat, auch wenn es bei der weiteren Prüfung nicht ohne vorherigen Hinweis Erkenntnisse aus einem Parallelverfahren hätte verwerten dürfen, zu Recht angenommen, dass dem Unterhaltspflichtigen die Möglichkeit offensteht, die tatsächliche Verbrauchsvermutung zu erschüttern. Hierfür ist von dem Unterhaltspflichtigen nicht der volle Beweis des Gegenteils zu erbringen, denn auf tatsächliche Vermutungen, die nicht auf gesetzlicher Anordnung, sondern auf allgemeinen Erfahrungssätzen beruhen, findet § 292 ZPO keine Anwendung (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 292 Rn. 1). Tatsächlichen Vermutungen wird lediglich eine Bedeutung bei der Beweiswürdigung in dem Sinne zugemessen, als sie einen Anscheins- oder Indizienbeweis für die behauptete Tatsache begründen können (vgl. beispielhaft BGH, Urteil vom 09.10.2009 - V ZR 178/08, NJW 2010, 363 m.w.N.). An der Beweis- und Darlegungslast des Beweispflichtigen ändert sich hingegen nichts (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., Vorbemerk. zu § 284 BGB Rn. 33 m.w.N.). Dabei wird der Anschein bereits durch den Nachweis der ernsthaften Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufes entkräftet (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., Vorbemerk. zu § 284 BGB Rn. 29 m.w.N.).

Dies zugrunde legend, ist der Beschwerde zunächst zuzugestehen, dass der Antragsgegner in erster Instanz zu den bedarfsprägenden Lebensverhältnissen in der Ehe keinen Vortrag gehalten hat und der Vermutung im Wesentlichen unter allgemeinem Hinweis auf regional unterschiedliche Lebenshaltungskosten innerhalb des Bundesgebiets entgegengetreten ist. Die diesbezüglich von ihm vertretene und in zweiter Instanz wiederholte Auffassung, die Instanzgerichte hätten im Rahmen ihres tatrichterlichen Ermessens die relative Sättigungsgrenze und die darauf bezogene Verbrauchsvermutung zunächst den regionalen Lebenshaltungskosten anzupassen, findet in den maßgeblichen Entscheidungen des BGH vom 15.11.2017 - XII ZB 503/16 und vom 25.09.2019 - XII ZB 25/19 indes keine hinreichende Stütze. Diesen lässt sich nichts dafür entnehmen, dass die von dem BGH konstatierte Obergrenze für eine Quotenbedarfsbemessung ohne Darlegung zur konkreten Einkommensverwendung nur unter Beachtung der regionalen Lebenshaltungskosten Geltung beanspruchen soll und darf. Die davon zu trennende Frage, ob und inwieweit sich räumlich unterschiedliche Lebenshaltungskosten im Einzelfall auf die Höhe der relativen Sättigungsgrenze auswirken können, bedarf vorliegend indes keiner abschließenden Entscheidung.

Denn der Antragsgegner hat jedenfalls in zweiter Instanz - unter detaillierter Darlegung der ehelichen Lebensverhältnisse und der in der Ehe betriebenen Vermögensbildung - besondere Umstände dargetan, die in der Gesamtschau die tatsächliche Verbrauchsvermutung vollständig entkräften.

(1) In der Beschwerdeinstanz hat der Antragsgegner mit Recht darauf verwiesen, dass die von der Antragstellerin ursprünglich vorgenommene konkrete Bedarfsermittlung und der von ihr mit einem Betrag von insgesamt 3.076 EUR bezifferte Elementarbedarf bereits eindeutig gegen die Annahme spricht, die beteiligten Ehegatten hätten während der Ehe ein verfügbares Gesamteinkommen von 11.000 EUR im Monat verlebt. Die Antragstellerin hat mit Schreiben ihrer früheren Verfahrensbevollmächtigten vom 25.01.2017 ihren Unterhaltsbedarf mittels einer ausführlichen Auflistung der einzelnen Bedarfspositionen (Bl. 159 ff. d.A.) konkret dargelegt. Die tabellarische Aufstellung, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 162 f. d.A.), weist neben den Kosten für den allgemeinen Lebensbedarf (Wohnen mit Nebenkosten, Haushalt und Hygiene) Aufwendungen für folgende Lebensbereiche

aus: Telefon, Rundfunkgebühren und Zeitung, Putzhilfe, Versicherungen (u.a. Hausratsversicherung, Krankenzusatzversicherung, priv. Haftplichtversicherung), ungedeckte Krankheitskosten, Aufwendungen im Rahmen gesetzlicher Verpflichtungen, Auto (Kfz-Versicherung und -steuer, Inspektion/Reifenwechsel, Benzin, Stellplatz, Rücklage für Neuanschaffung), Freizeitaktivitäten/kultureller Bedarf, Frisör, Kosmetik, Fußpflege, Kleidung und Urlaub. Die Auflistung, die von der Antragstellerin zur Bemessung ihres Unterhaltsbedarfs erstellt worden ist, beinhaltet damit eine umfassende Zusammenstellung der von ihr benötigten Lebenshaltungskosten und entspricht den Anforderungen, die an eine konkrete Bedarfsermittlung zu stellen sind (vgl. hierzu: BGH, Beschluss vom 18.01.2012 - XII ZR 177/09, FamRZ 2012, 514; OLG Hamm, Beschluss vom 21.03.2016 - II-4 UF 14/14, FamRB 2016, 379).

Dass die von ihr gefertigte Aufstellung, welche von den Beteiligten zur Bemessung des Elementarbedarfs für das Trennungsjahr zugrunde gelegt worden ist, unvollständig oder unrichtig ist, hat die Antragstellerin nicht dargelegt. Sofern sie allgemein die Auffassung vertreten hat, der konkrete Bedarf könne nicht mit dem tatsächlich zur Lebenshaltung verbrauchten Einkommen gleichgesetzt werden, da regelmäßig während der Ehe kein Haushaltsbuch geführt werde und der Unterhaltsberechtigte deshalb erheblichen Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten unterworfen sei, verfangen ihre Ausführungen nicht. Unabhängig davon, dass sie nichts dazu vorgetragen hat, welche Bedarfspositionen sie in welcher ungefähren Größenordnung angeblich nicht habe angemessen berücksichtigen können, haben die Beteiligten vorliegend ein Haushaltsbuch geführt und die Antragstellerin hat an der monatlichen Erfassung der von ihr getätigten Ausgaben für den Lebensunterhalt der Familie mitgewirkt (siehe dazu unter (2)). Dass und weshalb sie auf dieser Basis ihren konkreten Bedarf nicht hat entsprechend beziffern können, erschließt sich nicht. Eine aktualisierte oder abweichende Bedarfsermittlung hat sie im vorliegenden Verfahren auch nicht hilfsweise vorgelegt. Aus der von ihr vorgelegten Entscheidung des 3. Senats für Familiensachen des erkennenden OLG vom 12.10.2018 - 3 UF 87/18 - kann sie schon deshalb nichts zu ihren Gunsten herleiten, weil sich dem mitgeteilten Sachverhalt bereits nicht entnehmen lässt, dass im dortigen Verfahren von dem Unterhaltspflichtigen ebenfalls die tatsächliche Verbrauchsmutung angegriffen worden ist.

Da eine konkrete Bedarfsermittlung die Lebenshaltungskosten abbildet, welche zur Aufrechterhaltung des ehelichen Lebensstandards erforderlich sind, spiegelt die Auflistung vom 25.01.2017 mit einem darin angegebenen Elementarbedarf von 3.076 EUR deutlich niedrigere Lebenshaltungskosten wider als die Antragstellerin nunmehr im Wege der Einkommensquote verlangt. Der von ihr angemeldete Quotenbedarf von 4.614,01 EUR (6/7 des eigenen Erwerbseinkommens: 1.972,89 EUR zzgl. Mieteinkünfte: 296,75 EUR zzgl. ungedeckter Elementarbedarf: 2.344,37 EUR) übersteigt den konkreten Bedarf um einen Betrag von 1.538,01 EUR, mithin um ca. 50%. Zu dieser beträchtlichen Differenz, die sich nicht mit dem pauschalen Hinweis auf Darlegungsschwierigkeiten bei der konkreten Bedarfsermittlung erklären lässt, hat die Antragstellerin nichts dargetan. Der von ihr zuvor selbst ermittelte konkrete Bedarf steht der vollständigen Verbrauchsvermutung entgegen und ist umgekehrt ein starkes Indiz dafür, dass sie ihrerseits zu Ehezeiten monatlich gerade keinen Betrag in Höhe des Quotenbedarfs ausgegeben und verlebt hat.

(2) Weiter erschüttert wird die tatsächliche Verbrauchsvermutung auch durch das von den Beteiligten während der Ehe geführte Haushaltsbuch.

Die beteiligten Ehegatten haben in der Zeit von Januar 2004 bis einschließlich Dezember 2015 als dem der Trennung vorausgegangenen Jahr, über die Einnahmen und Ausgaben der Familie mit großer Genauigkeit einen Haushaltsplan per Excel-Tabelle geführt, wie er in der Praxis der vorkommenden Unterhaltsstreitigkeiten selten anzutreffend ist. Dabei hat jeder Ehegatte - wie der Antragsgegner unter Vorlage der Monatslisten für den Zeitraum von Januar 2010 bis einschließlich Dezember 2015 (Anlage AG II1, Bl. 327 ff. d.A.) dargelegt und in seiner Beschwerdeerwiderung im Einzelnen erläutert hat - anhand der gesammelten Belege die von ihm getätigten Ausgaben für die Lebenshaltung in eine Excel-Tabelle eingetragen, in welcher für jeden Monat die festen laufenden Kosten (Telefon, Haushaltshilfe, Zeitung, sonstige Abonnements, Immobilien usw.) sowie die Ausgaben für den allgemeinen Lebensunterhalt und diese wiederum geordnet nach einzelnen Ausgabenpositionen (u.a. Verpflegung, Auto, Kleidung, Frisör, "Y" = Ausgaben für die gemeinsame Tochter, Urlaub usw.) erfasst worden sind. Die Monatslisten sind anschließend von dem Antragsgegner zu Jahrestabellen zusammengefasst worden, in denen - dezidiert aufgeschlüsselt nach den einzelnen Positionen - die monatlichen Ausgaben für den Lebensunterhalt der Familie, die laufenden Beiträge für Versicherungen, unregelmäßige Ausgaben für Urlaube, Geschenke, Spenden usw. sowie auch die Aufwendungen für die Immobilien der Beteiligten und deren Finanzierung ausgewiesen sind und quasi buchhalterisch den monatlichen Einkünften der Familie gegenübergestellt werden. Die als Anlage AG II2 (Bl. 398 ff. d.A.) für die Jahre 2004 bis 2015 vorgelegten Jahreslisten bilden sonach die Lebenshaltungskosten der Familie sowie u.a. auch die Aufwendungen der Beteiligten für die von ihnen gehaltenen Immobilien und deren Finanzierung ab. Aus den Ergebnissen der Jahreslisten hat der Antragsgegner eine Gesamtübersicht für den Zeitraum von 2004 bis Ende 2015 erstellt und darin die jährlichen Ausgaben nach vermögensbildenden Aufwendungen für die Immobilien und nach Aufwendungen für die gemeinsame Tochter sowie für den Lebensunterhalt der beteiligten Ehegatten getrennt dargestellt (Anlage AG II3, Bl. 410 d.A.). Danach haben die Lebenshaltungskosten der Beteiligten in dem genannten Zeitraum durchschnittlich 4.467 EUR betragen. Selbst wenn - entsprechend dem Einwand der Antragstellerin - Wohnkosten in Höhe von ca. 1.900 EUR für die Anmietung eines entsprechenden Wohnobjekts einschließlich Nebenkosten hinzugerechnet würden, ergäben sich deutlich unterhalb des vermuteten Verbrauchs liegende durchschnittliche Lebenshaltungskosten der Beteiligten in Höhe von rd. 6.400 EUR monatlich.

Die Antragstellerin ist den detaillierten Ausführungen des Antragsgegners zu dem während der Ehe geführten Kassenbuch schon nicht in erheblicher Weise entgegengetreten. Zunächst hat sie selbst bestätigt, dass sie im Hinblick auf das von ihr für den Lebensunterhalt bereitzustellende Eigeneinkommen dem Antragsgegner die Verwendung von Einzelbeträgen habe darlegen müssen. Sofern sie im Weiteren die Validität der zur Akte gereichten Ein- und Ausgabenaufstellungen bezweifelt und die Unvollständigkeit der darin erfassten Ausgaben gerügt hat, ist sie jedweden konkreten Tatsachenvortrags dafür schuldig geblieben, dass, weshalb und in welcher Größenordnung die Kassenbuchaufzeichnungen den ehelichen Bedarf angeblich nicht zutreffend widerspiegeln. Zu den vorgelegten Aufstellungen und den darin ausgewiesenen Beträgen hat sie sich inhaltlich nicht erklärt. Ihr lediglich allgemein erhobener Einwand, die Auflistungen stellten nur die Ausgaben zum Zwecke der "Grundversorgung" dar, nicht dagegen auch Nebenausgaben in Urlauben und die Verwendung von Barmitteln, ist damit nicht im Ansatz greifbar und nachvollziehbar. Einen Gegenvortrag zu den nach ihrem Dafürhalten getätigten Konsumausgaben hat die Antragstellerin nicht gehalten. Da der während der Ehe geführte Lebensstandard Gegenstand ihrer eigenen unmittelbaren Wahrnehmung gewesen ist, durfte sie sich jedoch auf ein pauschales Bestreiten der Kassenbuchaufzeichnungen und der darin enthaltenen dezidierten Ausgabenaufstellungen nicht beschränken. Auch dem übrigen Vorbringen der Antragstellerin sind keine Umstände zu entnehmen, die auf die sachliche Unrichtigkeit der Kassenbuchaufzeichnungen oder darauf hinweisen, der Antragsgegner könnte die Monats- und Jahreslisten möglicherweise manipuliert haben. Soweit sie Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit der Ein- und Ausgabenaufstellungen unter Hinweis auf das Auskunftsverhalten des Antragsgegners in der Folgesache Zugewinn erhoben hat, enthalten ihre Ausführungen wiederum keinen sachlichen Angriff gegen die Richtigkeit des Kassenbuchs. Dass die von dem Antragsgegner im zeitlichen Zusammenhang mit der Trennung vorgenommenen Barabhebungen nicht eheprägend gewesen sind, ergibt sich bereits aus deren Beanstandung von der Antragstellerin als "illoyale Vermögensverfügungen". Ungeachtet dessen muss sich die Beschwerde darauf verweisen lassen, dass die aus den Kassenbuchaufzeichnungen ersichtlichen Lebenshaltungskosten in der Größenordnung zu dem von der Antragstellerin im Trennungsjahr angemeldeten konkreten Bedarf passen. Die Vermutung, die beteiligten Ehegatten hätten monatlich einen Betrag in Höhe des Doppelten des Höchstsatzes der Düsseldorfer Tabelle zum Lebensunterhalt verbraucht, wird damit durch das während der Ehe minutiös geführte Kassenbuch entkräftet.

(3) Hinzu kommt, dass die Beteiligten während der Ehe durch die vollständige Entschuldung zweier Immobilien in erheblichem Umfang Vermögensbildung betrieben haben. Die Beteiligten haben unstreitig während der Ehe zum einen die auf der Eheimmobilie in E lastenden Kreditverbindlichkeiten in Höhe von 304.542,89 EUR und ein für die Eigentumswohnung der Antragstellerin bestehendes Immobiliendarlehen in Höhe von 88.499 EUR in vollem Umfang abgelöst. Darüber hinaus hat der Antragsgegner Anfang 2016 - ebenfalls unstreitig - auf zwei private Altersvorsorgeverträge bei der U2 Einzahlungen in Höhe von insgesamt 34.279 EUR vorgenommen (vgl. AG Dülmen - 6 F 279/17, Bl. 37-40), im Oktober 2016 einen Betrag in Höhe von insgesamt 140.000 EUR an seine Eltern überwiesen (vgl. AG Dülmen - 6 F 279/17, Bl. 278) und in demselben Monat einen Betrag von 40.000 EUR in eine Unternehmensbeteiligung investiert (vgl. AG Dülmen - 6 F 279/17, Bl. 519, 523 ff.). Im Zugewinnausgleichsverfahren stehen weitere illoyale Vermögensverfügungen im Raum. Die genannten Aufwendungen in einer Gesamthöhe von rd. 607.000 EUR sprechen eindeutig dafür, dass zu Ehezeiten erhebliche Vermögenswerte gebildet und Gelder angespart worden sind. Nach dem insoweit unbestrittenen Vorbringen des Antragsgegners haben die Beteiligten in der Zeit von 2004 bis 2015 über durchschnittliche Gesamteinkünfte in Höhe von 9.610 EUR im Monat verfügt (vgl. Anlage AGII 3, Bl. 410 d.A.). In den Jahren 2017 und 2018 beliefen sich die Gesamteinkünfte der Beteiligten auf rd. 11.000 EUR im Monat. Auch unter Berücksichtigung dieser besonders günstigen Einkommensverhältnisse der Beteiligten hätten indes Tilgungsleistungen und Investitionen in vorbezifferter Höhe nicht vorgenommen werden können, wenn die Ehegatten monatlich auch nur annähernd einen Betrag in Höhe des Doppelten des höchsten Einkommenssatz es der Düsseldorfer Tabelle zu Konsumzwecken ausgegeben hätten.

Anderes hat auch die Antragstellerin nicht dargelegt. Soweit sie pauschal geltend gemacht hat, der Antragsgegner habe "nicht unerhebliche Werte" in die Ehe eingebracht, hat sie ihre Behauptung nicht weiter konkretisiert und sich zu der von ihm vorgelegten Aufstellung über sein Anfangsvermögen in Höhe von 23.982 EUR bzw. 33.382 EUR einschließlich des durch den Ehevertrag vom Zugewinn ausgenommenen Kapitalvermögens (vgl. Anlage AGII 4, Bl. 411 d.A.) nicht erklärt. Den Ausführungen des Antragsgegners in der Beschwerdeerwiderung zu den einzelnen vermögensbildenden Maßnahmen ist sie im Schriftsatz vom 24.02.2020 nicht weiter entgegengetreten. Im Zugewinnausgleichsverfahren hat sie die Auskunftsstufe bereits unter dem 17.05.2019 für erledigt erklärt. Soweit sie sich auf Umschichtungen des bereits im Jahr 2015 vorhandenen Vermögens berufen hat, erweist sich ihr Vorbringen im Hinblick auf die zur Entscheidung stehende Frage der Erschütterung der Verbrauchsvermutung als unerheblich. Aus diesem Grund bleibt auch ihr Verweis auf den Beschluss des OLG Köln vom 26.11.2015 - 4 UF 138/15 (NZFam 2016, 994) und die daraus von ihr hergeleitete zeitliche Schranke bei der Berücksichtigung von Aufwendungen zur Vermögensbildung unbehelflich. Die Entscheidung ist deutlich vor den maßgeblichen Entscheidungen des BGH vom 15.11.2017 - XII ZB 503/16 - und vom 25.09.2019 - XII ZB 25/19 - ergangen und befasst sich damit, ob und inwieweit im Einzelfall bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Gesamteinkommens einer Vermögensbildung Rechnung getragen werden kann. Den Begriff des für die Methode der Bedarfsbemessung maßgebenden verfügbaren Familieneinkommens hat der BGH indes in seiner Entscheidung vom 25.09.2019 - XII ZB 25/19 definiert und dabei nicht auf nur eine zeitanteilige Berücksichtigungsfähigkeit von vermögensbildenden Maßnahmen abgestellt.

In der Gesamtschau dieser spiegelbildlich ineinandergreifenden Umstände (vgl. (1-3)) hält der Senat die tatsächliche Verbrauchsvermutung im Streitfall nicht nur für erschüttert, sondern auch für widerlegt (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 286 Abs. 1 ZPO).

c) Jenseits des Vermutungstatbestandes hat die Antragstellerin die Voraussetzungen eines Trennungsunterhaltsanspruchs nach der Einkommensquote nicht dargetan. Sie hat zur konkreten Verwendung des verfügbaren Familieneinkommens nichts vorgetragen und auch nicht dargelegt, dass die Beteiligten während der Ehe einen Betrag in Höhe des von ihr geltend gemachten Quotenbedarfs für den Lebensunterhalt verbraucht haben.

d) Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin aus § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB bemisst sich damit nach ihrem konkreten Bedarf. Heranzuziehen ist insoweit die von ihr für das Trennungsjahr mit Schreiben ihrer früheren Bevollmächtigten vom 25.01.2017 vorgenommene konkrete Bedarfsermittlung. Die Antragstellerin hat im vorliegenden Verfahren weder geltend gemacht, dass sich der von ihr in Höhe von 3.076 EUR angemeldete Elementarbedarf zwischenzeitlich geändert hätte, noch hat sie ihren konkreten Bedarf sonst abweichend beziffert.

Unter Zugrundelegung eines konkreten Bedarfs von 3.076 EUR ergibt sich für den Unterhaltszeitraum ab Mai 2018 kein über den vom Antragsgegner anerkannten Unterhaltsbetrag von monatlich 580 EUR hinausgehender Trennungs-unterhaltsanspruch der Antragstellerin. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst auf die Bedarfsberechnung in dem angefochtenen Beschluss Bezug, die mit der Beschwerde nicht angegriffen wird. Das Amtsgericht hat unter Abzug der eigenen Einkünfte der Antragstellerin in Höhe von insgesamt 2.598,46 EUR zutreffend einen ungedeckten Elementarbedarf in Höhe 477,54 EUR ermittelt; bei der Unterhaltsberechnung nach den tatsächlichen Lebensverhältnissen ist das Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten in vollem Umfang und nicht gekürzt um einen Erwerbsbonus auf den konkreten Bedarf anzurechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 10.11.2010 - XII ZR 197/08, FamRZ 2011, 192). Ebenso wie der Unterhalt nach der Einkommensquote betrifft auch der konkret ermittelte Bedarf nur den Elementarunterhalt, so dass ein ab Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens gemäß § 1362 Abs. 1 S. 2 BGB geschuldeter Bedarf für die Altersvorsorge zusätzlich zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.11.2011 - XII ZR 35/09, FamRZ 2012, 945). Dabei ist der Elementarunterhalt zu dem Entgelt aus einer Erwerbstätigkeit und der Vorsorgeunterhalt zu den Versicherungsbeiträgen in Beziehung zu setzen, die im Hinblick auf ein derartiges Erwerbseinkommen zu zahlen wären. Damit wird der Berechtigte hinsichtlich der Altersvorsorge so behandelt, wie wenn er aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit Einkünfte in Höhe des ihm an sich zustehenden Elementarunterhalts hätte (vgl. BGH, Urteile vom 11.08.2010 - XII ZR 102/09, FamRZ 2010, 1637 und vom 25.11.1998 - XII ZR 33/97, FamRZ 1999, 372, 373 f.). Das gilt unabhängig davon, ob der Elementarunterhalt als Quotenunterhalt oder aufgrund einer konkreten Bedarfsbemessung ermittelt wird. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze errechnet sich aus dem verbleibenden Elementarbedarf von 477,54 EUR nach der Bremer Tabelle zunächst ein fiktiver altersversicherungsrechtlicher Bruttolohn von 539,62 EUR (477,54 EUR + (477,54 EUR x 13%) = 539,62 EUR) und mittels des seit dem 01.01.2018 geltenden Beitragssatzes für die Rentenversicherung von 18,6% ein Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 100,37 EUR.

In der Summe ergibt sich danach zu Gunsten der Antragstellerin für den Zeitraum ab Mai 2018 ein das Teil-Anerkenntnis des Antragsgegners nicht übersteigender monatlicher Trennungsunterhaltsanspruch der Antragstellerin in Höhe von 578 EUR gerundet.

2. Für den Monat März 2018 steht der Antragstellerin ein Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt nicht zu. Der Anspruch ist durch die von dem Antragsgegner für diesen Monat geleistete Unterhaltszahlung erfüllt.

3. Auf die Beschwerde der Antragstellerin unterliegt der angefochtene Beschluss lediglich insoweit der Abänderung, als das Amtsgericht die für April 2018 geltende gemachte Unterhaltsnachforderung zurückgewiesen hat. Der Antragstellerin steht für diesen Monat gemäß § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt zu.

a) Entgegen der Annahme des Amtsgerichts sind vorliegend die Voraussetzungen der §§ 1361 Abs. 4 S. 4, 1360 a Abs. 3, 1613 Abs. 1 S. 1 BGB für die Geltendmachung von Trennungsunterhalt für die Vergangenheit gegeben. Zwar ist der Unterhaltsanspruch erst mit der am 28.05.2018 an den Antragsgegner bewirkten Zustellung des Stufenantrags rechtshängig geworden, § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO. Die Antragstellerin hat mit vorgerichtlichem Schreiben ihrer jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vom 22.03.2018 den Antragsgegner jedoch rechtswirksam zum Zwecke der Geltendmachung von Trennungsunterhalt zur Auskunftserteilung aufgefordert. Auch wenn mit Blick auf die analog anzuwendende Bestimmung des § 174 BGB dem Auskunftsbegehren durch einen Rechtsanwalt grundsätzlich eine Vollmachtsurkunde im Original beizufügen ist (vgl. hierzu: Siebert in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 6 Rn. 107; Sauer in FamRZ 2010, 617-618), durfte der Antragsgegner vorliegend das anwaltlich gestellte Auskunftsverlangen nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht allein mangels Vorlage einer Vollmachtsurkunde zurückweisen. Die jetzigen Bevollmächtigten der Antragstellerin hatten sich bereits mit Schreiben vom 15.09.2017 an die Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners gewandt, die Vertretung der Antragstellerin angezeigt und mitgeteilt, dass das Mandat bei der zuvor tätigen Rechtsanwältin beendet sei. Die Vertretungsanzeige ist verbunden mit der Aufforderung erfolgt, die jetzigen Rechtsanwälte der Antragstellerin im Hinblick auf einen etwaigen Scheidungsantrag oder "weitere" aus ihrer Sicht zu regelnde Fragen unmittelbar als Bevollmächtigte" zu benennen. Das Schreiben vom 15.09.2017 ist als umfassende Vertretungsanzeige zu werten und zwanglos dahin zu verstehen, dass die von der früheren Rechtsanwältin der Antragstellerin bearbeiteten Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Trennung der Beteiligten nunmehr von den jetzigen Verfahrensbevollmächtigten fortgeführt werden. Eine Vollmachtserteilung ist von Seiten des Antragsgegners daraufhin nicht angezweifelt worden, obwohl dem genannten Schreiben ebenfalls keine Originalvollmacht beigefügt gewesen ist. Vielmehr haben seine Verfahrensbevollmächtigten im Oktober 2017 bei der Einleitung des Scheidungsverfahrens in dem Rubrum des Scheidungsantrags die jetzigen Rechtsanwälte der Antragstellerin als Bevollmächtigte aufgeführt und auch in der Folgesache Versorgungsausgleich mit diesen korrespondiert. Darüber hinaus haben sich die jetzigen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin in der Kindesunterhaltsangelegenheit an den Antragsgegner gewandt. Unter diesen Umständen erscheint die Zurückweisung des Auskunftsverlangens durch den Antragsgegner in der vorliegenden Unterhaltsangelegenheit als Ausübung einer formalen Rechtsposition, nicht aber berechtigten Zweifeln an der Bevollmächtigung der bereits mehrfach für die Antragstellerin tätig gewordenen Bevollmächtigten geschuldet.

b) Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin ist schließlich auch nicht gemäß § 1579 Nr. 7 BGB verwirkt. Hierfür kann dahinstehen, ob die Antragstellerin tatsächlich das von dem Antragsgegner behauptete außereheliche Verhältnis unterhalten hat und ob ein etwaiger Verstoß gegen die eheliche Treupflicht rechtlich als offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten zu werten wäre, welches allein die Anwendung der Härteklausel rechtfertigen könnte. Der Antragsgegner kann den Verwirkungseinwand nämlich schon deshalb nicht mit Erfolg zu seinen Gunsten reklamieren, weil er trotz Kenntnis des von ihm behaupteten Verwirkungsgrundes während des gesamten Trennungsjahres Unterhalt an die Antragstellerin gezahlt und auch im vorliegenden Verfahren den Unterhaltsanspruch teilweise anerkannt hat (vgl. hierzu ausführlich: Siebert in Wendel/Dose, a.a.O., § 4 Rn. 1241). Damit hat der Antragsgegner durch sein eigenes Verhalten zu erkennen gegeben, dass die Unterhaltszahlung für ihn trotz des angeblich ehewidrigen Verhaltens der Antragstellerin keine grobe Unbilligkeit darstellt. Darauf, dass die Unterhaltszahlungen seinerseits mit Blick auf das seit Januar 2018 bei der Antragstellerin lebende Kind erfolgt sind, hat er sich nicht berufen.

c) Ausgehend von einem Unterhaltsanspruch in Höhe von 578 EUR im Monat (Elementarunterhalt: 478 EUR und Altersvorsorgeunterhalt: 100 EUR) ergibt sich zu Gunsten der Antragstellerin für den Monat April 2018 abzüglich der von dem Antragsgegner geleisteten Unterhaltszahlung in Höhe von 433,33 EUR ein noch zur Zahlung verbleibender Trennungsunterhalt von insgesamt 144,67 EUR. ..."

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Bei darlehensfinanzierten Betriebsmitteln kommt - neben dem Abzug der Darlehenszinsen und der Abschreibung für Abnutzung - grundsätzlich kein Abzug der Darlehenstilgungsleistungen in Betracht, soweit die Abschreibungen dem Wertverzehr der Gegenstände Rechnung tragen und - wie Tilgungen - gewinnmindernd wirken (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 14.11.2019 - 6 UF 78/19):

„ ... Es ist Sache des selbstständig erwerbstätigen Unterhaltsschuldners, seine Einnahmen und Ausgaben so darzustellen, dass die steuerlich beachtlichen Aufwendungen von den unterhaltsrechtlich relevanten abgegrenzt werden können (BGH FamRZ 2012, 288; 1993, 789, m.w.N.). Insoweit hat der Unterhaltsschuldner für die unterhaltsrechtliche Berücksichtigung betrieblicher Abschreibungen darzulegen, dass und weshalb der Zeitraum der steuerlichen Abschreibung und die tatsächliche Lebensdauer der betroffenen Güter deckungsgleich sind (Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., § 6, Rz. 723 m.w.N.). Bei darlehensfinanzierten Betriebsmitteln kommt zudem - neben dem Abzug der Darlehenszinsen und der Abschreibung für Abnutzung - grundsätzlich kein Abzug der Darlehenstilgungsleistungen in Betracht, soweit die Abschreibungen dem Wertverzehr der Gegenstände Rechnung tragen und - wie Tilgungen - gewinnmindernd wirken (vgl. BGH FamRZ 2004, 1179; Urteil des 9. Zivilsenats vom 29. März 2006 - 9 UF 5/05 -, FamRZ 2005, 1756; Wendl/Spieker, a.a.O., § 1, Rz. 359). Darüber hinaus ist der Unterhaltsschuldner für Verbindlichkeiten, deren unterhaltsrechtliche Berücksichtigung er begehrt, nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet (BGH FamRZ 1990, 283; Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 1, Rz. 1095; Wendl/Dose, a.a.O., § 6, Rz. 728 m.w.N.).

Hieran gemessen hat der Antragsgegner - wie im Senatstermin erörtert - schon nicht substantiiert zu den tatsächlichen Umständen vorgetragen, aufgrund derer ausnahmsweise ein Abzug von Tilgungsleistungen für die betrieblich veranlassten Darlehen - neben den Abschreibungen - in Betracht kommen soll.

Unstreitig ist, dass der Zinsanteil dieser Darlehen gewinnmindernd berücksichtigt und diejenigen betrieblich genutzten Gegenstände, welche der Antragsgegner mit diesen Darlehen finanziert hat, von ihm abgeschrieben worden sind und werden. Entgegen seiner Darstellung in der Beschwerdebegründung hat der Antragsgegner Gewinnermittlungen für die Jahre ab 2015 nicht vorgelegt, mithin insbesondere keine Abschreibungslisten. Er hat lediglich Betriebswirtschaftliche Auswertungen für die Jahre 2017 - aus der sich auch die Zahlen für 2016 ergeben - und 2018 vorgelegt. Mangels konkreten Sachvortrags dazu, in welcher Höhe für welche Betriebsmittel Abschreibungen gewinnmindernd berücksichtigt sind, kann der Senat anhand dieser Betriebswirtschaftlichen Auswertungen allerdings insbesondere keine Rückschlüsse darauf ziehen, ob und über wie viele Jahre der Antragsgegner die betrieblich genutzten und darlehensweise finanzierten Güter abschreibt. Weder dargelegt noch belegt ist außerdem, ob der Antragsgegner die komplette Valuta beider Darlehen für solche Güter verwandt hat, die er abschreibt, oder ob und ggf. in welcher Höhe er die Darlehensmittel für die Finanzierung anderer - dann: welcher? - Betriebsmittel verwandt hat. Der Antragsgegner hat in der Beschwerdebegründung lediglich - völlig unsubstantiiert - ausgeführt, die beiden Betriebsdarlehen seien „auch für Materialkosten und Betriebsausgaben" eingesetzt worden, die nicht der Abschreibung unterlägen. Dies gilt umso mehr, als die vom Antragsgegner insoweit in Bezug genommene, erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 29. März 2019 vorgelegte Tabelle (Bl. 112 d.A.) gerade dafür spricht, dass sämtliche Gegenstände, soweit sie mit den beiden in Rede stehenden Darlehen finanziert worden sind, auch abgeschrieben werden; denn dort ist ausdrücklich ausgeführt, dass die Darlehen „für Firmengüter" - wohl den Lkw, von dem an anderer Stelle die Rede ist - bzw. „für Anschaffung einer Waage und eines Gabelstaplers" verwendet worden seien. Auch aus den ebenfalls vom Antragsgegner konkret in Bezug genommenen Einkommensteuererklärungen für 2015 und 2016 geht nichts Gegenteiliges hervor, nachdem insoweit lediglich der Mantelbogen - ohne Anlagen - vorgelegt worden ist, der keinerlei Aussage des vom Antragsgegner behaupteten Inhalts enthält.

Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass sich ohnehin ausweislich des vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 28. Februar 2019 vorgelegten Girokontoauszugs der Saldo des Darlehens bei der Sparkasse zum Ende Februar 2019 auf 1.406,01 EUR belaufen hat, sodass das Darlehen zwischenzeitlich getilgt ist, was der Antragsgegner im Senatstermin auf Vorhalt des Senats auch ausdrücklich eingeräumt hat. ..."

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Grob unbillige Inanspruchnahme des Ehegatten auf Trennungsunterhalt bei 20-jähriger Trennung (OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.10.2019 - 7 UF 45/19):

„ ... Zu Recht und mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung hat das Familiengericht den auf Gewährung von Trennungsunterhalt gerichteten Stufenantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Der mit dem Stufenantrag verfolgte Anspruch auf Trennungsunterhalt (§ 1361 Abs. 1 BGB) ist zu versagen, weil eine - sei es auch der Höhe nach oder zeitlich begrenzte - Inanspruchnahme des Antragsgegners grob unbillig wäre (§§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 8 BGB).

Zutreffend ist das Familiengericht davon ausgegangen, dass der die Gewährung von Trennungsunterhalt tragende Gedanke ehelicher Solidarität mit fortschreitender Trennungszeit angesichts schwindender Versöhnungschancen zunehmend an Bedeutung verliert (vgl. auch MünchKomm-BGB/Weber-Monecke, 7. Aufl., § 1361 Rdn. 1). Deshalb kann die Inanspruchnahme eines Ehegatten auf Trennungsunterhalt grob unbillig sein, wenn sich die Lebensverhältnisse der Eheleute nach sehr langer Trennungszeit derart verselbständigt haben, dass die implizite Berufung des den Anspruch geltend machenden Ehegatten auf eine fortwirkende eheliche Solidarität in offenkundigem Widerspruch zur tatsächlich geübten eigenverantwortlichen Lebensführung der Eheleute steht (OLG Frankfurt am Main, FamRZ 2004, 1574, juris Rdn. 8, 11; OLG Bamberg, FamRZ 2014, 1707, juris Rdn. 15; Hollinger in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 1579 Rdn. 190; Staudinger/Voppel, BGB, 2018, § 1361 Rdn. 275; BeckOGK-BGB/Haidl, § 1579 Rdn. 199; Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 14. Aufl., Rdn. 1174).

Das ist hier der Fall. Die beteiligten Eheleute leben seit beinahe zwanzig Jahren voneinander getrennt. Sie sind weder in wirtschaftlicher noch in persönlicher Hinsicht miteinander verbunden. Während der Ehezeit waren beide Ehegatten stets berufstätig. Die Antragstellerin ist alleinige Eigentümerin eines Wohnhauses, das sie zur Erzielung von Einnahmen jedenfalls teilweise vermieten könnte. An den Finanzierungslasten beteiligt sich der Antragsgegner seit Anfang 2004 nicht mehr. Seine ursprünglich im Kellergeschoss des Hauses betriebene Psychotherapiepraxis hat er mittlerweile verlegt. Der gemeinschaftliche Sohn der Beteiligten ist volljährig und hat sein eigenes Auskommen. Die Antragstellerin hat während der Trennungszeit eine langjährige eheähnliche Beziehung zu einem anderen Mann unterhalten, die jedenfalls von 2003 bis 2015 währte. Dadurch, dass die Antragstellerin nach der im Jahr 1999 erfolgten Trennung bis zum Jahr 2018 keinen Trennungsunterhaltsanspruch geltend gemacht hat, hat sie ihren Willen und ihre Fähigkeit zu eigenverantwortlicher Lebensgestaltung nachdrücklich dokumentiert. Vor diesem Hintergrund musste der Antragsgegner unabhängig von seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen mit einer Inanspruchnahme auf Trennungsunterhalt schlechterdings nicht mehr rechnen.

Steht somit unabhängig vom Inhalt einer möglichen Auskunft des Antragsgegners über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse fest, dass der Antragstellerin ein Anspruch auf Trennungsunterhalt zu versagen ist, dann kann sie auch die auf der ersten Stufe des Stufenantrags begehrte Auskunftserteilung nicht verlangen.

Der Senat hat nach entsprechendem Hinweis (§ 117 Abs. 3 FamFG) von einer - von den Beteiligten auch nicht angeregten - mündlichen Erörterung der Sache in der Beschwerdeinstanz gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG abgesehen, da hiervon den Umständen nach unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung keine zusätzlichen entscheidungserheblichen Erkenntnisse zu erwarten waren. ..."

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Trennungsunterhalt auch ohne früheres Zusammenleben (OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.07.2019 - 4 UF 123/19):

„ ... Der Antragstellerin steht gegen den Antragsgegner ein Anspruch auf Trennungsunterhalt gemäß § 1361 BGB in Höhe von 1.320,00 € ab Dezember 2018 monatlich zu.

Die Voraussetzungen des § 1361 BGB sind erfüllt. Die Beteiligten sind seit dem 23.08.2017 miteinander verheiratet und leben seit August 2018 voneinander getrennt. Die Beteiligten hatten zwar vorher nicht in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Durch die Erklärung des Antragsgegners, er wolle an der ehelichen Gemeinschaft nicht mehr festhalten, ist jedoch ein Trennungsbegehren im Sinne des § 1567 Abs. 1 BGB hinreichend deutlich nach außen getreten.

Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setzt weder voraus, dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammengelebt haben (vgl. BGH vom 17.03.1982- IV B ZR 664/80 -, FamRZ 1982, 573; BGH vom 24.06.1987 - IV B ZR 73/86 -, FamRZ 1989, 838; BGH vom 09.02.1994 - XII ZR 220/92 -, FamRZ 1994, 558) noch dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen und zu einer inhaltlichen Verwirklichung der Lebensgemeinschaft gekommen ist (BGH FamRZ 1985, 376).

Dem wurde in der Literatur (vgl. Staudinger/Voppel ( 2018) BGB § 1361, Rdnr. 13; MüKoBGB /Weber-Monecke, § 1361, Rdnr. 5; Soergel/Leiß BGB § 1361, Rdnr. 16) und vereinzelt in der Rechtsprechung (vgl. OLG Hamburg, FamRZ 2002, 753; Amtsgericht Essen, FamRZ 2000, 23) unter Hinweis darauf widersprochen, dass eheliche Lebensverhältnisse im Sinne des § 1361 Abs. 1 BGB in diesem Fall nicht entstanden seien. Ein in gegenseitiger Aufgabenverteilung geschaffener Lebensbereich, dessen Standard aufrechterhalten werden könnte, existiere in einem solchen Fall nicht.

Dem ist entgegenzuhalten, dass es eine nur formell bestehende Ehe mit modifizierten bzw. verminderten als den gesetzlichen Rechten nicht gibt (vgl. BGH, FamRZ 1994, 558; OLG München, FamRZ 1994, 1108, 1109; OLG Hamm, FamRZ 1980, 882; Erman/Kroll-Ludwigs, BGB, § 1361 Rdnr. 5; Johansen/Henrich-Hammermann, Eherecht, 6. Aufl., § 1361 BGB Rdnr. 9; Wendl/Dose-Bömelburg, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., § 4 Rdnr. 28). Der BGH hat lediglich in einem Fall, in dem die beteiligten Eheleute sich vor der Eheschließung darüber einig waren, dass wegen einer kirchlich nicht geschiedenen Vorehe eines Ehegatten eine Gemeinschaft irgendeiner Art nicht aufgenommen werden sollte und ein Zusammenleben deshalb unterblieb, einen Anspruch auf Trennungsunterhalt nach den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 7 BGB (heute Nr. 8) versagt (BGH vom 09.02.1994 -XII ZR 220/92 -, FamRZ 1994, 558). Gleichzeitig hat der BGH an seiner Rechtsprechung aus der Entscheidung vom 17.03.1982, FamRZ 1982, 573, festgehalten.

Der Senat schließt sich dem an. Der Unterhaltsanspruch entsteht grundsätzlich mit dem Eingehen der Ehe, bei Zusammenleben als Familienunterhaltsanspruch nach § 1360 BGB und ab dem Zeitpunkt des Getrenntlebens gemäß § 1361 BGB als Trennungsunterhaltsanspruch. Der Unterhaltsanspruch entsteht nicht erst, wenn die Beteiligten sich eine Zeit lang, wobei auch zweifelhaft wäre, wie lang dieser Zeitraum sein müsste, wirtschaftlich aufeinander eingestellt haben.

Grundsätzlich besteht ein Barunterhaltsanspruch ab dem Zeitpunkt der Trennung nach den ehelichen Lebensverhältnissen, die nach objektiven Maßstäben zu bestimmen sind. Entscheidend ist derjenige Lebensstandard, der nach den ehelichen Lebensverhältnissen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters als angemessen erscheint (BGH vom 24.06.1987, - IV B ZR 73/86 -, FamRZ 1989, 838). Der Antragstellerin kann nicht entgegengehalten werden, dass sie bis zu dem Zeitpunkt der Trennung auf entsprechende Barmittel im Rahmen des Familienunterhaltes verzichtet hat. Vielmehr haben die Einkommensverhältnisse der beteiligten Eheleute die ehelichen Lebensverhältnisse latent geprägt. Eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs nach einem objektiven Maßstab ist schon deswegen nicht angezeigt, da die Beteiligten gemäß §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1360 a Abs. 3, 1614 Abs. 1 BGB auf den Trennungsunterhalt nicht verzichten könnten. Ist der Unterhaltsanspruch nicht durch eine Vereinbarung zu beschränken, kann er auch nicht durch ein Verhalten der Beteiligten für die Zukunft eingeschränkt werden. So ist es hier.

Die von Anfang an bestehende Trennung der Ehegatten rechtfertigt es auch nicht, von einer Verwirkung im Rahmen des § 1579 BGB auszugehen.

Gemäß § 1361 Abs. 3 ist der Verwirkungsgrund der kurzen Ehedauer nach § 1579 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht in Bezug genommen. Eine Begründung des kurzen Zusammenlebens bzw. wie hier des noch gar nicht erfolgten Zusammenlebens für die Begründung der Verwirkung scheidet dann von vorneherein aus (vgl. BGH vom 17.03.1982 - IV B ZR 664/80 -, FamRZ 1982, 573). Soweit vereinzelt von einer Verwirkung wegen des kurzen Zusammenlebens in der Rechtsprechung ausgegangen wurde, ist dem nicht zu folgen (vgl. Amtsgericht Essen, FamRZ 2000, 23,24, Dauer des Zusammenlebens 14 Tage); OLG Hamburg, FamRZ 2002, 753 (Zusammenleben 1,5 Monate)). Von einer kurzen Ehedauer kann schon begrifflich keine Rede sein, da die eheliche Lebensgemeinschaft zwar nicht mehr besteht, die Ehe aber bis zur Scheidung fortdauert. Beide Entscheidungen setzen sich mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch nicht auseinander und sind daher Einzelmeinungen geblieben.

Es scheidet auch eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin wegen Aufnahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft oder eines Ausbruchs aus einer intakten Ehe aus (§§ 1361 Abs. 3, 1579 Nrn. 2 und 7 BGB). Soweit der Antragsgegner behauptet, die Antragstellerin habe ihm im Dezember 2017 eröffnet, sie habe noch einen anderen Mann, ist der Vortrag seitens der Antragstellerin bestritten worden und der Antragsgegner hat keinen Beweis angeboten. Der beweisbelastete Antragsgegner ist daher beweisfällig geblieben.

Bei den Beteiligten ist auch nicht davon auszugehen, dass vereinbart wurde, nach Eheschließung keine eheliche Lebensgemeinschaft aufzunehmen, was gegebenenfalls zu einer Verwirkung führen könnte (vgl. BGH vom 09.02.1994 -XII ZR 220/92 -, FamRZ 1994, 558). Vielmehr hatten die Beteiligten zunächst geplant, dass die Antragstellerin sich nach Stadt2 versetzen lässt und ein gemeinsames Leben geführt werden soll. Erst nach der Trennung im August 2018 wurde dieser Plan aufgegeben.

Die Höhe des Anspruchs errechnet sich nach dem Einkommen der Beteiligten. Anhaltspunkte dafür, dass die Einkünfte der Beteiligten für eine Vermögensbildung verwendet worden sind, sind nicht ersichtlich, weswegen sich der Anspruch der Antragstellerin nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt bis zu einem Bedarf in Höhe von 4.000,00 € aus einer quotalen Berechnung ergibt (Nr. 12.3 der Frankfurter Unterhaltsgrundsätze).

Nach der Berechnung der beiderseitigen Einkünfte ergibt sich ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin in Höhe von 1.320,00 €. Auf Seiten des Antragsgegners sind die Einkünfte aus Erwerb in Höhe von 4.000,00 €, der Wohnvorteil aus seiner selbstbewohnten Eigentumswohnung in Stadt2 in Höhe von 500,00 € und seine Einkünfte aus Vermietung in Höhe von 1.000,00 € aus seiner Eigentumswohnung in Stadt3 zu berücksichtigen. Das Erwerbseinkommen ist vorab um einen Erwerbstätigenbonus in Höhe von 1/7 zu bereinigen (Nr. 15.2 der Frankfurter Unterhaltsgrundsätze).

Das um ein 1/7 bereinigte Erwerbseinkommen beträgt 3.429,00 € (4.000 X 6/7). Es errechnet sich daher ein Einkommen in Höhe von 4.929,00 € (3.429 + 500 + 1000). Soweit die Antragstellerin in der Antragsschrift ein Gesamteinkommen von 6.500,00 € errechnet hat, handelt es sich insoweit um einen Rechenfehler. Zudem war der Erwerbstätigenbonus nicht auf die Erwerbseinkünfte beschränkt.

Die Antragstellerin verfügt unstreitig über ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.670,00 €. Bereinigt um den Erwerbstätigenbonus von 1/7 errechnet sich ein bereinigtes Einkommen in Höhe von 2.289,00 €. Die Differenz der beiden Einkommen beträgt 2.640,00 € (4.929- 2.289). Die Hälfte hiervon steht der Antragstellerin als Trennungsunterhalt monatlich zu. ..."

***

„ ... Das Familiengericht hat die internationale Zuständigkeit des Amtsgerichts und die Anwendung deutschen materiellen Rechts zu Recht bejaht. Insoweit wird auf die Hinweise in der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2017 verwiesen. Es hat den Antrag der Antragstellerin jedoch wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt und die fehlende Bedürftigkeit mit dem Anspruch auf Entschädigung in Höhe von derzeit einmalig 3.403,-- € und 276,-- € begründet. Bei der durch das marokkanische Gericht ausgeurteilten Zahlung handelt es sich allerdings nicht um Trennungsunterhalt für die Zeit ab 1.10.2016 bis zur Rechtskraft der Ehescheidung. Es wurde kein monatlicher Unterhalt ausgewiesen, sondern eine einmalige Abfindung und Wohngeld im Anschluss an die Ehescheidung. Im Gegensatz hierzu verlangt die Antragstellerin im hiesigen Verfahren Trennungsunterhalt ab Oktober 2010 bis zur Rechtskraft, mithin längstens bis zum 30.8.2017. Darüber hinaus verlangt sie Auskunft durch Vorlage von Verdienstbescheinigungen und Steuererklärungen der Jahre 2014 und 2015, Belege über Bankkonten in der Zeit vom 1.9. bis 30.11.2016 und Belege über Einkünfte aus Anlagevermögen. Diese Auskunft ist von dem Antragsgegner bislang nicht erteilt worden. Es handelt sich damit gerade nicht um eine zweite Rechtshängigkeit des gleichen Antragsgegenstandes.

Auch der im marokkanischen Berufungsverfahren gestellte Antrag richtet sich ersichtlich nicht auf laufenden Unterhalt im Sinne eines Trennungsunterhaltes, sondern ausdrücklich um eine Entschädigung in Höhe von 200.000,-- MAD. Eine nacheheliche Unterhalts- oder Entschädigungsleistung kann aber die Bedürftigkeit für den Trennungsunterhalt nicht vermindern. Dem Antrag der Antragstellerin kann daher nicht von vornherein die Erfolgsaussicht abgesprochen werden. ..." (OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.03.2019 - 11 WF 19/19)

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Unterhaltsrechtlicher Bedarf im Falle betreuten Wohnens oder Heimunterbringung des getrennt lebenden Ehegatten (OLG Hamm, Beschluss vom 30.06.2017 - 6 WF 105/17):

„... I. Der Antragsteller nimmt als Träger der Sozialhilfe die Antragsgegnerin aus übergegangenem Recht auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch. Der am ##.##.1954 geborene Ehemann der Antragsgegnerin erlitt im Jahr 2003 mehrere Schlaganfälle und entwickelte anschließend Depressionen. Seit November 2003 bezieht er eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Seit 2006 arbeitet er in einer Werkstatt für Behinderte. Im Jahre 2011 trennten sich die Eheleute und der Ehemann zog in eine Einrichtung des betreuten Wohnens. Die Antragsgegnerin war während des Zusammenlebens der Eheleute und auch darüber hinaus zunächst teilschichtig als Hauswirtschafterin beschäftigt. Sie weist wegen orthopädischer Beschwerden einen Grad der Behinderung von 30 auf. Ab Juni 2015 weitete sie ihre Tätigkeit auf eine vollschichtige Beschäftigung aus und erzielte anschließend ein bereinigtes Einkommen von mindestens 1.785,93 EUR.

Der Antragsteller leistet dem Ehemann Sozialhilfe in Form von Leistungen der Eingliederungshilfe, und zwar Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten, und teilte dies der Antragsgegnerin erstmalig mit Schreiben vom 04.11.2015 rechtswahrend mit. Die Höhe der Sozialleistungen übersteigen die geltend gemachten Unterhaltsbeträge von 416,00 EUR monatlich für die Zeit von November 2015 bis September 2016 und von jeweils 585,00 EUR für die Monate Oktober und November 2016.

Zum 01.12.2016 reduzierte die Antragsgegnerin ihren Arbeitseinsatz auf 24 Stunden pro Woche. Sie erzielt seither ein bereinigtes Einkommen von weniger als 1.200,00 EUR.

Der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn rückständigen Ehegattenunterhalt für den Zeitraum vom 01.11.2015 bis zum 30.11.2016 in Höhe von 5.746,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.11.2016 zu zahlen. Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass ihr Einkommen auf einer überobligatorischen Erwerbstätigkeit beruhe, soweit es über den angemessenen Selbstbehalt von 1.200,00 EUR hinausgeht. Dieses Einkommen müsse sie nicht für Unterhaltsleistungen einsetzen.

Das Amtsgericht hat den Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Rechtsverteidigung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin.

II. Die gemäß §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist auch begründet. Ihrer Verteidigung kann nach derzeitigem Sach- und Streitstand eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abgesprochen werden, so dass ihr Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen ist, §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 114 Abs. 1 ZPO.

Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt für die Zeit vom 01.11.2015 bis zum 30.11.2016 aus übergegangenem Recht nach §§ 1361 BGB, 94 Abs. 1 SGB XII in geltend gemachter Höhe schlüssig dargelegt; der von der Antragsgegnerin erhobene Einwand der fehlenden Leistungsfähigkeit ist jedoch erheblich.

1. Der Bedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten richtet sich gemäß § 1361 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Diese ehelichen Lebensverhältnisse werden aber nicht nur durch die jeweiligen Einkommen der Eheleute, sondern auch und insbesondere durch krankheits- und pflegebedingte Kosten einschließlich der Kosten für betreutes Wohnen oder die Unterbringung in einem Pflegeheim geprägt (Maurer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 1578 Rn. 195). Die Kosten einer erforderlichen Heimunterbringung können damit den Unterhaltsbedarf des getrennt lebenden Ehegatten konkret bestimmen (OLG Koblenz, Urteil vom 12.01.1998, 13 UF 468/97, FamRZ 1998, 1513; OLG Nürnberg, Urteil vom 30.12.1980, 11 UF 2222/80 - zitiert nach juris).

Im Streitfall wird der Bedarf des getrennt lebenden Ehemannes der Antragsgegnerin bestimmt durch seine erforderliche Aufnahme in betreute Wohnmöglichkeiten und deckt sich mit den dort anfallenden Kosten. Der Antragsteller hat nach Abzug entgegenzurechnender Einnahmen aus den Einkünften des Ehemannes monatlich durchschnittlich 2.679,93 EUR im relevanten Zeitraum auf diese Kosten geleistet.

Dieser Bedarf hat auch die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bedarfsbemessung im Rahmen des Trennungsunterhalts sind die aktuellen Verhältnisse, es sei denn, sie beruhen auf Veränderungen nach der Trennung, die auf einer unerwarteten und vom Normalfall erheblich abweichenden Entwicklung beruhen (Wendl/Dose-Bömelburg, a.a.O., § 4 Rn. 61 ff. m.w.N.; Palandt-Brudermüller, a.a.O., § 1361 Rn. 63). Nach den bislang vorliegenden Informationen zog der Ehemann im Zusammenhang mit der Trennung von der Antragsgegnerin in die Betreuungseinrichtung. Bereits zuvor war das Zusammenleben der Eheleute nach den schon im Jahr 2003 erlittenen Schlaganfällen durch die Arbeitsunfähigkeit und die Hilfsbedürftigkeit des Ehemanns geprägt. Damit ist die Inanspruchnahme des betreuten Wohnens auch keine unerwartete Entwicklung.

2. Soweit sich aber die Antragsgegnerin auf ihre Leistungsunfähigkeit für den in Rede stehenden Zeitraum zwischen November 2015 und November 2016 beruft, können ihr die Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung nicht abgesprochen werden.

Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten ist eine ungenannte Voraussetzung des Trennungsunterhalts nach § 1361 BGB (Wendl/Dose-Bömelburg, a.a.O., § 4 Rn. 76). Bei der Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen sind grundsätzlich alle Einkünfte zu berücksichtigen, die er in dem Zeitraum erzielt, für den er Unterhalt leisten soll. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang aber ein aus einer überobligatorischen Tätigkeit erzieltes Einkommen für den Ehegattenunterhalt einzusetzen ist, ist auch für die Prüfung der Leistungsfähigkeit nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BGH, Urteil vom 26.06.2013, XII ZR 133/11, FamRZ 2013, 1366 ff., Rn. 87 f.; Johannsen/Henrich-Hammermann, Familienrecht, 6. Auflage 2015, § 1581 Rn. 19 f.). Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere das Alter und die mit der Tätigkeit verbundenen Belastungen, ergänzend auch die ursprünglichen Planungen der Eheleute und die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse. Nach den Umständen des Einzelfalls kann ein solches Einkommen auch ganz unberücksichtigt bleiben (BGH, Urteil vom 12.01.2011, XII ZR 83/08, FamRZ 2011, 454 ff., Rn. 23; Wendl/Dose-Gerhardt, a.a.O., § 1 Rn. 837).

Im Streitfall verteidigt sich die Antragsgegnerin mit der erheblichen Behauptung, dass ihr aufgrund ihres Alters und ihrer körperlichen Beeinträchtigungen lediglich eine - von ihr seit Dezember 2016 auch ausgeübte - Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden täglich zugemutet werden könne und dass ihr Einkommen aus einer darüber hinausgehenden Tätigkeit überobligatorisch erzielt worden sei. Ob die Antragsgegnerin tatsächlich nur eingeschränkt arbeiten kann und ob und in welcher Höhe die Antragsgegnerin das aus einer etwa überobligatorischen Tätigkeit erzielte Einkommen für den Trennungsunterhalt einsetzen muss, wird vom Amtsgericht im Hauptsacheverfahren zu prüfen sein. Im Verfahren zur Prüfung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe können diese Fragen nicht abschließend geklärt werden. ..."

***

Erfüllung des Tatbestandes des Verfahrensbetruges durch wissentlich unwahre Parteibehauptung. Der Widerruf eines Unterhaltsanerkenntnisses kann im anhängigen Rechtsstreit geltend gemacht werden, auch wenn noch keine strafrechtliche Verurteilung erfolgt ist (OLG Hamm, Beschluss vom 09.01.2017 - 4 UF 181/16).

***

Aus der Gesamtschau der objektiven Umstände in der Entwicklung der Beziehung zwischen einer getrennt lebenden Ehefrau und ihrem neuen Lebensgefährten, die auch durch das Auftreten als Paar bereits eine Eheähnlichkeit entwickelt hatte, kann eine verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne von §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 BGB auch schon vor Ablauf von zwei Jahren mit dem Einzug in die Wohnung des Lebensgefährten anzunehmen sein (OLG Oldenburg, Beschluss vom 16.11.2016 - 4 UF 78/16).

***

„... 1. Nach Zurückverweisung der Sache durch den Bundesgerichtshof im Beschluss vom 30.09.2015 (XII ZB 1/15) hat der Senat den konkreten Bedarf der Antragstellerin zu ermitteln, um ausgehend davon prüfen zu können, ob in der Unterhaltsvereinbarung im notariellen Ehevertrag vom 04.01.2005, in der der Trennungsunterhalt auf indexierte 3370 € beschränkt wurde, ein gem. § 1614 Abs. 1 BGB unwirksamer Verzicht auf Zahlung von Trennungsunterhalt zu sehen ist. Wie sich aus der nachfolgenden Übersicht des konkreten Bedarfs der Antragstellerin ergibt, weicht dieser erheblich von der vom Bundesgerichtshof grundsätzlich noch als angemessen angesehenen Unterschreitung von bis zu 20 % ab. Da auch die Grenze von einem Drittel, ab der eine Unterschreitung in der Regel nicht mehr zulässig ist, deutlich überschritten ist, ist die Vereinbarung zum Trennungsunterhalt insgesamt unzulässig, so dass die Antragstellerin vom Antragsgegner ihren vollen gesetzlichen Trennungsunterhaltsanspruch gem. § 1361 BGB verlangen kann.

2. Bei der Bemessung des ehelichen und nachehelichen Unterhalts ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist derjenige Lebensstandard, der nach den ehelichen Lebensverhältnissen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters als angemessen erscheint. Eine nach den Verhältnissen zu dürftige Lebensführung bleibt ebenso außer Betracht wie ein übertriebener Aufwand.

Die für das Maß des Unterhalts ausschlaggebenden ehelichen Lebensverhältnisse bestimmen sich grundsätzlich nach den für den allgemeinen Lebensbedarf genutzten Einkünften. Um sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch einen übermäßigen Aufwand als Maßstab für die Ansprüche auf Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt auszuschließen, ist dabei ein objektiver Maßstab anzulegen. Der für eine Korrektur unangemessener Vermögensbildung heranzuziehende Maßstab darf allerdings nicht dazu führen, dass der Boden der ehelichen Lebensverhältnisse verlassen wird und Vermögenseinkünfte als eheprägend zugrunde gelegt werden, die auch nach einem objektiven Maßstab nicht für die allgemeine Lebensführung verwendet worden wären (vgl. BGH FamRZ 2007, 1532; OLG Düsseldorf FamRZ 2015, 1392).

3. Nach diesen Grundsätzen ist von folgender Berechnung des Bedarfs auszugehen: ...

Die Tabelle bedarf folgender Erläuterungen:

a) Wohnkosten

Die von der Antragstellerin geltend gemachten Wohnkosten von monatlich 300 € bis 7/12 sind nicht zu beanstanden. Ob sie in dieser Höhe tatsächlich Hotelkosten hatte, kann dahinstehen. Soweit sie in dieser Zeit möglicherweise bei Bekannten oder gar schon bei ihrem Lebensgefährten gelebt hat, ist unerheblich. Es würde sich um eine freiwillige Leistung Dritter handeln, die den Unterhaltsschuldner nicht entlasten soll.

b) Krankenversicherung, Medikamente

Aus dem Komplex Versicherung/Medikamente sind lediglich der Selbstbehalt in der Krankenversicherung sowie der Eigenanteil an Medikamenten streitig. Die Antragstellerin hat in der Krankenversicherung einen Tarif mit einem jährlichen Selbstbehalt von 2.600 € (monatlich 216 €) und behauptet, in entsprechender Höhe Arztrechnungen selbst gezahlt zu haben. Sie hat hierzu in der Antragsschrift Belege für Behandlungen in den Monaten 1-5/12 in Höhe von insgesamt 648,82 € vorgelegt. Auf ausdrücklichen Vortrag des Antragsgegners, dass sie sämtliche Kosten zu belegen habe, hat sie um Hinweis des Senats gebeten, falls dies erforderlich sei. Da Arztrechnungen üblicherweise schon deshalb gesammelt werden, um sie später ggf. bei der Krankenkasse einzureichen, kann grundsätzlich von einem Unterhaltsgläubiger verlangt werden, die Kosten zu belegen. Allerdings hat die Antragstellerin nachvollziehbar ausgeführt, dass sich aus den Arztrechnungen auch Rückschlüsse auf Erkrankungen ziehen lassen, die den Antragsgegner nichts angehen. Sie hätte aber wenigstens die Kosten auflisten können, um prüfen zu können, ob sie tatsächlich Kosten in Höhe von 2.600 € jährlich hatte. Die Rechnungen hätte sie dann dem Senat im Termin zur Einsicht geben können oder Diagnosen schwärzen. Da Zweifel daran bestehen, ob sie die behaupteten Arztkosten überhaupt hatte, können diese nicht akzeptiert werden. Die belegten Kosten von 648,82,71 € sind daher auf 17 Monate (1/12-5/13) zu verteilen, so dass sie einen monatlichen Bedarf von lediglich 38,17 € hat.

Allerdings bestand keine Verpflichtung, Rechnungen über sämtliche rezeptfreien Medikamente zu sammeln, weil diese offenbar nicht von der Krankenversicherung erstattet werden. Insoweit ist ihr Bedarf also der Schätzung zugänglich. Es bestehen keine Bedenken, die geltend gemachten 50 € monatlich zu akzeptieren.

c) Telefonkosten

Telefonkosten von rd. 200 € sind abweichend von der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend belegt, weil die eingereichten Rechnungen (Anlage 14 d. Anlagenordners) ausdrücklich einen Geschäftskundentarif betreffen, also die Firma der Antragstellerin. Sie hat lediglich einen Unterhaltsanspruch auf einen Privatkundentarif, der mit ca. 100 € zu schätzen ist.

d) Alltäglicher Aufwand, Kosmetik und Freizeit

Diese Ausgabenpositionen (TV, Textilreinigung, Frisör, Kosmetik, Lebensmittel, Blumen, Geschenke, Medien, Hausrat, Putzmittel, Restaurantbesuche) sind entgegen der Ansicht des Antragsgegners nicht im einzelnen zu belegen, sondern der Schätzung zugänglich. Bei Anlegung eines objektiven Maßstabs und des luxuriösen Lebensstandards der Beteiligten während der Ehe sind die geltend gemachten Kosten nicht zu beanstanden. Allerdings hat die Antragstellerin lediglich einen Bedarf für Textilreinigung von 70 € geltend gemacht, so dass die Zubilligung eines Betrages von 200 € in der angefochtenen Entscheidung unzutreffend ist.

e) Kleidung

Keine Bedenken bestehen gegen die von der Antragstellerin verlangten Kosten für Kleidung von monatlich 2.000 €, die angesichts der glaubhaft vorgetragenen Ausgaben in den Jahren 2009 bis 2011 von 84.660 € sogar noch moderat sind. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners war die Antragstellerin nicht verpflichtet, ihre während der Ehe angeschafften hochwertigen Kleidungsstücke während der Trennungszeit "aufzutragen". Vielmehr dient der Trennungsunterhalt dazu, den ehelichen Lebensstandard auch in der Trennungszeit fortführen zu können. Die Ehe der Beteiligten war davon geprägt, dass die Antragstellerin regelmäßig hochwertige und der aktuellen Mode entsprechende Kleidungsstücke getragen hat, so dass sie bei Anlegung eines objektiven Standpunktes dieses Konsumverhalten fortsetzen durfte. Dass sie dies rückblickend betrachtet möglicherweise nicht in dem gewohnten Umfang gemacht hat, lag auch daran, dass die tatsächlichen Unterhaltszahlungen des Antragsgegners es nicht erlaubt haben, diese hohen Ausgaben zu tätigen.

f) Fahrzeugkosten

Dass das Amtsgericht die Leasingkosten für den Audi Q5 bis 10/12 akzeptiert hat, ist nicht zu beanstanden.

Zunächst ist unerheblich, dass die Antragstellerin nach der Trennung in 2/12 einen neuen Vertrag abgeschlossen hat, weil sie bereits während der Ehe einen gleichwertigen Wagen geleast hat, dessen Vertrag ausgelaufen ist. Es hat daher die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, dass sie mit einem Audi Q5 fährt.

Zwar handelt es sich dabei um ein Fahrzeug, dessen Kosten in der Gewinn- und Verlustrechnung des Betriebes der Antragstellerin berücksichtigt wurden, jedoch ist unstreitig, dass sie dieses auch zu privaten Zwecken genutzt hat. Die Berücksichtigung in der Gewinn- und Verlustrechnung lässt den Unterhaltsanspruch nicht entfallen, weil die Antragstellerin im Jahr 2012 auch ohne die PKW-Kosten keinen Gewinn erwirtschaftet hätte. Das Fahrzeug musste daher aus privaten Mitteln finanziert werden, über die allein der Antragsgegner verfügt hat.

Der Fahrzeugbedarf der Antragstellerin wurde auch nicht durch die Zurverfügungstellung des Porsche Speedster gedeckt, weil es sich dabei um einen Oldtimer handelt, der nicht für Alltagsfahrten geeignet ist. Für solche Zwecke wurde er auch während der Ehe nicht genutzt, weil die Antragstellerin zusätzlich immer noch über ein weiteres Fahrzeug verfügte.

Abweichend von der angefochtenen Entscheidung waren die Kosten aber nicht bis 10/12 zuzusprechen, sondern nur bis 9/12, da die Antragstellerin vorgetragen hat, sie haben den Leasingvertrag für den Audi Q5 zum 21.09.2012 beenden können. Auf diesen Monat hat eigentlich auch das Amtsgericht abgestellt (III. 5.).

g) Reisen

Zu dem Reisebedarf von monatlich 1.000 €, den die Antragstellerin plausibel dargestellt hat, hat der Antragsgegner lediglich bestritten, dass derartige Ausgaben privat veranlasst waren. Er will damit offenbar sagen, dass die Antragstellerin ihn auf geschäftlichen Reisen begleitet hat, er diese also steuerlich geltend gemacht hat. Die steuerliche Berücksichtigung betrifft aber nur seine eigenen Kosten, nicht aber die einer Begleitperson, so dass es sich für die Antragstellerin um private Urlaubsfahrten gehandelt hat.

h) Restaurantbesuche

Die gleiche Argumentation gilt auch für den monatlich geltend gemachten Bedarf von 500 € für Restaurantbesuche, soweit der Antragsgegner die private Veranlassung bestreitet. Im übrigen ist die Höhe der Aufwendungen nicht zu beanstanden.

i) Sport, Fitnesstraining

Die Antragstellerin hat durch Vorlage von Rechnungen belegt, für Fitnesstraining monatlich 390 € ausgegeben zu haben, und angesichts der luxuriösen Lebensverhältnisse der Beteiligten war es auch nicht zu beanstanden, dass sie sich einen Privattrainer geleistet hat.

j) Hund

Auch die Kosten für den Hund in Höhe von monatlich 287 € sind angemessen. Der Antragsgegner rügt insoweit lediglich, dass diese nicht belegt wurden, was jedoch nicht verlangt werden kann, weil es sich um alltägliche Kosten handelt. Er hat jedenfalls nicht bestritten, dass der Hund aufgrund einer Allergie spezielles Hundefutter benötigt, weswegen die geltend gemachten Kosten durchaus plausibel sind.

k) Rechtsberatungskosten

Rechtsberatungskosten macht die Antragstellerin ausdrücklich für die vorgerichtliche Beratung ihrer Auseinandersetzungen mit dem Antragsgegner geltend, nicht für die Kosten der gerichtlichen Auseinandersetzungen. Ob wegen solcher Kosten ein Erstattungsanspruch überhaupt besteht (vgl. hierzu Kleinwegener FamRZ 1992, 755) und dieser im Wege des Unterhalts geltend gemacht werde kann, kann dahinstehen. Vor dem Hintergrund, dass die (vorgerichtliche) Geschäftsgebühr gem. Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 S. 1 VV-RVG zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr angerechnet wird, wäre Vortrag zu sämtlichen Kosten sowohl vor als auch in den jeweiligen Verfahren erforderlich gewesen, um zu sehen, welche der ohnehin nur pauschal vorgetragenen Rechtsberatungskosten tatsächlich von der Antragstellerin zu zahlen waren. Auch ohne den ausdrücklich beantragten Hinweis des Senats wäre die Antragstellerin aufgrund des Bestreitens des Antragsgegners hierzu verpflichtet gewesen.

4. Da sich die Antragstellerin aufgrund der Unwirksamkeit des notariellen Ehevertrages auf den gesetzlichen Unterhaltsanspruch nach § 1361 BGB beruft, sind abweichend von der vertraglichen Vereinbarung bedarfsdeckende Einkünfte in Abzug zu bringen.

Im Jahr 2012 hatte die Antragstellerin ausweislich der für dieses Jahr vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung einen betrieblichen Verlust von 19.536,30 € erlitten. Auch wenn dieser nach obigen Ausführungen um die PKW-Kosten i.H.v. 13.775,68 € zu korrigieren ist, verbleibt ein Verlust, so dass ihr in diesem Jahr keine bedarfsdeckenden Einkünfte zuzurechnen sind.

Im Jahr 2013 hatte sie einen steuerlichen Verlust in Höhe von 4178,73 €, der jedoch unterhaltsrechtlich nicht zu akzeptieren ist, weil das Trennungsjahr abgelaufen ist und sie daher verpflichtet war, ihre Arbeitstätigkeit so weit auszuweiten, dass sie einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entspricht. Dass ihr bisheriger Zeitaufwand für ihr Kochstudio keiner vollen Arbeitszeit entsprach, wurde mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 12.01.2016 besprochen und ist bereits aufgrund der zeitintensiven Reisen, die die Beteiligten während des Zusammenlebens gemeinsam gemacht haben, naheliegend. Entgegen den Ausführungen im Schriftsatz der Antragstellerin vom 23.02.2016 folgert der Senat daraus nicht zwingend, dass sie ihren Betrieb hätte aufgeben und sich um eine abhängige Beschäftigung hätte bemühen müssen. Dies wäre ihr angesichts der am 07.06.2013 eingetretenen Rechtskraft der Scheidung für die wenigen Monate im Jahr 2013 nicht zuzumuten gewesen. Denn ab der Scheidung stand ihr aufgrund des Ehevertrages ein Unterhaltsanspruch zu, der nicht um eigene Einkünfte zu reduzieren war. Es ist stattdessen zu schätzen, wie hoch ihr Gewinn gewesen wäre, wenn sie sich mit voller Arbeitskraft ihrem Kochstudio gewidmet hätte. Der Senat schätzt das bereinigte Nettoeinkommen auf monatlich 2.000 €, um die sich ihr Bedarf reduziert.

5. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners hat die Antragstellerin ihren Unterhaltsanspruch nicht verwirkt. Aufgrund ihrer Schilderung in der eidesstattlichen Versicherung vom 08.12.2012, die sich der Antragsgegner sogar teilweise zu eigen gemacht hat, ist spätestens seit dem Sommer 2011 von einer Krise der Ehe auszugehen, so dass die im Dezember 2011 vollzogene Trennung nicht als Ausbruch aus einer intakten Ehe gewertet werden kann. Als Indiz für die sich anbahnende Krise ist beispielsweise zu werten, dass nach den unwidersprochenen Angaben der Antragstellerin die Beteiligten zuletzt im Juni 2011 geschlechtlich miteinander verkehrt haben und sie im Zeitraum davor regelmäßig Geschlechtsverkehr hatten.

6. Abweichend von der angefochtenen Entscheidung entfällt der weitergehende Unterhaltsanspruch nicht ab 3/13. Sie ist nicht verpflichtet, ihren Lebensstandard aufgrund des Zusammenlebens mit ihrem Lebensgefährten an ihre neue Lebenssituation anzupassen. Vielmehr kann ein solcher Umstand nur bei Verfestigung einer Lebensgemeinschaft gem. § 1579 Nr. 2 BGB zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs führen, wobei in der Regel von einem Verfestigungszeitraum von 2-3 Jahren auszugehen ist, der noch nicht abgelaufen war. Bis dahin steht einem Ehegatten für die Zeit der Trennung der volle Unterhalt zu.

Da die Rechtskraft der Scheidung abweichend von der Erwartung des Amtsgerichts erst am 07.06.2013 eingetreten ist, kann der Trennungsunterhalt entsprechend der Anschlussbeschwerde jedenfalls bis einschließlich 5/13 verlangt werden.

7. Nach der Berechnung gem. obiger Tabelle hat die Antragstellerin einen Bedarf von insgesamt 138.700 € (7 x 8900 €, 2 x 8600 €, 8 x 7400 €). Hiervon abzuziehen sind bedarfsdeckenden Einkünfte in Höhe von 10.000 € (5 x 2000 €).

Zu Zahlungen auf den Unterhaltsanspruch hat der Antragsgegner mit Schriftsätzen vom 25.01.2016 und 27.01.2016 in Ergänzung zu seinem bisherigen Vorbringen zusammenfassend vorgetragen. Er kommt auf einen Betrag von 16.798,90 € zuzüglich 955 € an Kfz-Steuer für den Porsche Speedster. Diese Beträge werden von der Antragstellerin weitestgehend akzeptiert bis auf die Zahlung in Höhe von 1.791,95 € an die Zürich Versicherung, den Aufwendungen für den Speedster in Höhe von 210,00 € und den Anteil der Kfz-Steuer für das Jahr 2011 in Höhe von 191,00 €. Diese Einwände sind berechtigt, so dass mangels weiteren Vortrags des Antragstellers hierzu die Zahlungen um diese Beträge zu reduzieren sind und somit nur noch insgesamt 15.560,95 € an Zahlungen zu berücksichtigen sind. Bei der Zahlung an die Zürich Versicherung soll es sich um eine Nachzahlung für die Zeit vom 05.07.2010 bis 01.01.2012 handeln, die noch vor der Trennung lag. Die Aufwendungen für den Speedster in Höhe von 210 € seien nicht näher dargelegt und in den Versicherungskosten enthalten, was zu einer Doppelberücksichtigung führen würde. Die Zahlung der Kfz-Steuer würde in Höhe eines Jahresbetrages von 191 € noch in die Ehezeit fallen.

Darüber hinaus ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die vom Antragsgegner auf die einstweilige Anordnung in den Monaten 6/12-4/13 gezahlten monatlichen 3370 €, also insgesamt 37.070 €, auf den Unterhalt angerechnet werden (vgl. S. 3 des Sitzungsprotokolls vom 12.03.2014 und S. 2 des Schriftsatzes des Antragsgegners vom 07.10.2014). Darüber hinaus besteht Anlass, diese monatlichen Zahlung auch im Monat 5/13 in voller Höhe von 3370 € in Abzug zu bringen, obwohl der Antragsgegner aufgrund einer unzutreffenden Berechnung der Rechtskraft der Scheidung (07.05.2013 statt 07.06.2013) selbst nur einen anteiligen Abzug in Höhe von 760,97 € vorgenommen hat. Der volle Abzug ist schon deshalb gerechtfertigt, weil auch die Antragstellerin mit ihrer Anschlussbeschwerde für den Monat 5/13 einen Anspruch geltend gemacht hat, der eine Zahlung aufgrund der einstweiligen Anordnung in Höhe von 3370 € berücksichtigt hat (S. 2 des Schriftsatzes vom 29.09.2014).

Der noch zu zahlende Unterhalt berechnet sich daher wie folgt: ...

8. Was den titulierten Zinsanspruch anbelangt, war zu berücksichtigen, dass Zinsen nur mit der Anschlussbeschwerde betreffend den Zeitraum 3/13-5/13 geltend gemacht wurden, nicht aber mit dem erstinstanzlichen Zahlungsantrag. Die jeweiligen Zinsen waren aus einem Betrag von verbleibenden Betrag von 2030 € (7400 € Bedarf - 2000 € bedarfsdeckende fiktive Einkünfte - 3370 € Zahlung auf eA) zu zahlen.

9. Die Kostenentscheidung folgt aus § 243 FamFG. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin bestehen keine Bedenken, eine einheitliche Kostenentscheidung für alle Instanzen zu treffen. Die Verfahrenswerte des erstinstanzlichen Verfahrens und des (ersten) Beschwerdeverfahrens sind nahezu identisch, so dass das endgültige Obsiegen und Unterliegen beide Instanzen betrifft. Das Rechtsbeschwerdeverfahren kann nicht nur auf die Frage reduziert werden, ob sich die Antragstellerin mit ihrer Rechtsansicht durchgesetzt hat. Sie hat beim Bundesgerichtshof ausdrücklich ihr Begehren bezüglich des Trennungsunterhalts weiterverfolgt, so dass sich auch die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach der schlussendlichen Obsiegensquote richten. Nichts anderes gilt für die Kosten des (zweiten) Beschwerdeverfahrens vor dem Senat. Zwar hat sich der Verfahrenswert um den zwischenzeitlich erledigten Rückzahlungsanspruch reduziert, jedoch hing auch dieser ebenso wie der Unterhaltsanspruch von der Höhe des zu zahlenden Unterhaltsanspruchs ab. ..." (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.03.2016 - 3 UF 141/14)

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Der Beweis dafür, dass der Unterhaltsschuldner seine Arbeitsstelle aus unterhaltsbezogener Leichtfertigkeit aufgegeben hat, obliegt dem Unterhaltsberechtigten. Er genügt seiner Darlegungslast, wenn er zunächst die Behauptung aufstellt, der Unterhaltsverpflichtete habe durch vorwerfbares Verhalten seine bisherige Arbeitsstelle aufgegeben. Diesen Vortrag muss der Unterhaltspflichtige substanziiert bestreiten. Dem Unterhaltsberechtigten obliegt es dann, den Beweis zu führen, dass die vom Unterhaltsverpflichteten genannten Gründe des Arbeitsplatzverlustes nicht zutreffen. Die unterhaltsrechtliche Vorwerfbarkeit einer durch einen selbstverschuldeten Verlust des Arbeitsplatzes entstehenden Einkommensminderung ist auf schwerwiegende Fälle zu beschränken. In der Regel sind daher Feststellungen dazu erforderlich, dass sich der Verpflichtete mit seinem Fehlverhalten am Arbeitsplatz bzw. gegenüber seinem Arbeitgeber der Unterhaltsverpflichtung hat entziehen wollen, oder dass ihm jedenfalls bewusst gewesen ist, dass er als Folge seines Verhaltens Nachteile in seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit erleiden könnte (OLG Hamburg, Beschluss vom 07.05.2015 - 2 UF 82/14).

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Hat der selbständig tätige Unterhaltsberechtigte die vollständigen Einnahme- und Überschussrechnungen mit Kontennachweisen sowie die vollständigen Steuerbescheide für den Unterhaltszeitraum vorgelegt, genügt er damit grundsätzlich seiner Darlegungslast. Es ist dann grundsätzlich Sache des Unterhaltsschuldners, die in den Einnahme- und Überschussrechnungen aufgeführten Einzelpositionen substantiiert zu bestreiten. Nur wenn ein solches substantiiertes Bestreiten vorliegt, ist der Unterhaltsberechtigte gehalten, weiteren substantiierten Vortrag und gegebenenfalls Beweisantritt zu erbringen (OLG Schleswig, Beschluss vom 06.01.2015 - 10 UF 75/14).

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„... 1. Der Anspruch der Antragstellerin auf Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB) beziffert sich für Oktober und November 2012 jeweils auf einen Elementarbedarf von 575 € und einen Altersvorsorgeunterhaltsanspruch von 127,35 €.

a) Der Unterhaltsbedarf der Antragstellerin ist konkret zu bemessen (Nr. 15.3 UL-BRB), da das die ehelichen Lebensverhältnisse prägende monatliche Nettoeinkommen aus der selbständigen Tätigkeit der Eheleute von insgesamt ca. 10.000,00 € (2) außergewöhnlich hoch war und in der hier vorliegenden Größenordnung nicht davon auszugehen ist, dass es in dieser Höhe vollständig für den laufenden Unterhalt der Eheleute verbraucht wurde. Den konkreten Bedarf von zunächst 2.000,00 € hat die Antragstellerin durch ihre Aufschlüsselung in die zugrunde liegenden Verbrauchspositionen mit einer Gesamtsumme von knapp 2.000,00 € hinreichend schätzbar (§ 287 ZPO) dargetan, ohne dass das Beschwerdevorbringen insoweit noch Angriffe führt. Der Bedarf ist um die Kosten der darin noch nicht enthaltenen privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu erhöhen, die das Amtsgericht von den Beschwerden unbeanstandet für 2012 mit monatlich 552,23 € angesetzt hat (123).

Bedürftig ist die Antragstellerin nur in Höhe von 575 €, da sie im Übrigen in der Lage ist, ihren Bedarf durch eigene Einkünfte zu decken (vgl. § 1577 BGB, Nr. 16 UL-BRB).

Sie traf und trifft nach den Umständen des hier zu beurteilenden Einzelfalles (Nr. 17.2 UL-BRB) eine Erwerbsobliegenheit in der Trennungszeit.

Die Trennung der Beteiligten, die die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 26.04.2012 im Scheidungsverfahren 55 F 68/12 beim Amtsgericht Neuruppin auf den Juli 2008 datiert hatte (137), lag geraume Zeit vor den hier zu beurteilenden Zeiträumen, woran der Senat im Übrigen auch deswegen keinen greifbaren Zweifel hegt, weil sich die Eheleute spätestens für die Veranlagungszeiträume ab 2011 steuerlich getrennt haben veranlagen lassen (vgl. Steuerbescheid von Ende August 2013 über die Einkommenssteuer der Antragstellerin für 2011, 113).

Bei Trennung und während der Trennungszeit bis zu ihrer Krankschreibung am 27.04.2012 war die Antragstellerin in einer eigenen Praxis und in einem Umfang erwerbstätig, der ihr Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von jährlich mehr als 114.000,00 € brutto verschaffte (vgl. 113 R). Diese Erwerbsmöglichkeit endete allerdings mit Sozietätskündigung zum 25.04.2012. Ab diesem Zeitpunkt traf die Antragstellerin die Obliegenheit, sich in ihrem Beruf als Zahnärztin neu zu orientieren. Der Senat hält eine Orientierungsphase von drei Monaten für regelmäßig ohne weiteres ausreichend, um bei langjähriger Berufserfahrung in einem hinreichend verbreiteten Beruf eine neue Beschäftigungsmöglichkeit zu finden. Soweit die Antragstellerin nach Zugang der Sozietätskündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben war, hält er es für angemessen, die Orientierungsphase um zwei weitere Monate auf dann insgesamt fünf Monate zu verlängern. Eine Krankschreibung zur Arbeitsunfähigkeit verhindert zwar keine Stellensuche, kann sie aber durchaus erschweren. Eine weitere Verlängerung der Orientierungsphase hält der Senat vorliegend für nicht geboten, zumal ein stellensuchender Zahnarzt in Brandenburg u. a. auf erhebliche berufsständische Hilfeleistungen zurückgreifen kann, wie sie etwa die Landeszahnärztekammer mit ihrer Job- und Praxisbörse für Stellenvermittlungen anbietet (vgl. 136 ff BA).

Die Höhe des von der Antragstellerin erzielbaren Einkommens schätzt der Senat (§ 287 ZPO) entsprechend ihres später tatsächlich erwirtschafteten Einkommens mit monatlich netto 2.381,30 €. Hierbei berücksichtigt er u. a. das fortgeschrittene Alter der Antragstellerin und den Umstand, dass sie in den letzten Jahren ihrer Sozietätstätigkeit dort ganz überwiegend verwaltend tätig war und zuletzt medizinisch nur noch sechs oder sieben eigene Patienten behandelt hatte.

Das Einkommen ist zu bereinigen um die Fahrtkosten, soweit diese berufsbedingt sind und neben den bereits konkret berechneten sonstigen Autokosten anfallen. Da in dem konkret berechneten Bedarf von 2.000,00 € monatlich bereits die Fixkosten für das Auto und seine Betriebskosten für ihren privaten Gebrauch enthalten sind, verbleiben die mit der Berufsausübung verbundenen zusätzlichen Betriebskosten, die der Senat mit 0,20 €/km ansetzt und die sich damit auf monatlich 108,80 € errechnen (16 x 2 x 0,20 € x 17). Zu berücksichtigen waren sodann die monatlichen Kosten für das Bahnticket von 93,60 €, den Kammerbeitrag von 40,83 €, den Beitrag zum zahnärztlichen Versorgungswerk in Höhe von 111,00 € sowie die Berufshaftpflichtprämie von 50,03 €. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.11.2014 - 13 UF 237/13)

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Leben die Ehegatten mehr als zehn Jahre getrennt, ist der Trennungsunterhalt gemäß § 1579 Nr. 8 BGB zu versagen, weil angesichts der langen Dauer der Trennung der Gesichtspunkt der ehelichen Solidarität nicht mehr eingreift (OLG Bamberg, Beschluss vom 13.05.2014 - 7 UF 361/13).

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„... Mit ihrer Antragsschrift vom 10.01.2014 begehrt die Antragstellerin nach § 54 FamFG die Abänderung der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden vom 14.10.2013. Das Abänderungsverfahren hat sie beim Oberlandesgericht Frankfurt eingeleitet, da hier unter Geschäftsnummer 1 UF 9/14 ein Beschwerdeverfahren anhängig ist. Dieses betrifft den im Stufenverfahren zum Trennungsunterhalt im Verfahren 532 F 105/13 vom Amtsgericht Wiesbaden verkündeten Teilbeschluss, mit welchem der Antragsgegner unter Zurückweisung eines weitergehenden Auskunftsbegehrens der Antragstellerin zur Auskunftserteilung verpflichtet wurde. Hiergegen haben sowohl der Antragsgegner als auch die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Die Antragstellerin verfolgt mit der Beschwerde ihr Auskunftsbegehren weiter, soweit der Antrag vom Amtsgericht zurückgewiesen wurde. Der Antragsgegner wendet sich gegen die Auskunftsverpflichtung, weil er meint, die Antragstellerin sei nicht unterhaltsbedürftig.

Der Senat hat mit Verfügung vom 04.02.2013 darauf hingewiesen, dass für das EA-Abänderungsverfahren nicht das Beschwerdegericht, sondern das Amtsgericht Wiesbaden zuständig ist. Die Antragstellerin teilt diese Auffassung nicht, hat jedoch hilfsweise die Verweisung an das Amtsgericht Wiesbaden beantragt.

Gem. § 54 Abs. 3 FamFG ist für die Abänderung einer einstweiligen Anordnung das Gericht zuständig, das die einstweilige Anordnung erlassen hat. Gem. § 50 Abs. 1 S. 2 FamFG ist für ein EA-Verfahren dann, wenn bereits eine Hauptsache anhängig ist, das Gericht der Hauptsache zuständig, während der Anhängigkeit beim Beschwerdegericht das Beschwerdegericht.

Der Senat lässt offen, ob der Auffassung des OLG Brandenburg (Beschluss v. 29.04.2013 - 13 UFH 1/12, MDR 2013, 854) zu folgen ist, dass die Regelung des § 54 FamFG über die Zuständigkeit für das Abänderungsverfahren derjenigen des § 50 Abs. 1 FamFG vorgehe, weshalb für ein Verfahren nach § 54 FamFG das Amtsgericht auch dann zuständig sei, wenn die Hauptsache beim Beschwerdegericht anhängig ist.

Hier scheitert die Zuständigkeit des Beschwerdegerichts jedenfalls daran, dass im Beschwerdeverfahren nicht der Leistungsantrag anhängig ist. Dieser ist weiterhin beim Amtsgericht Wiesbaden anhängig, weshalb § 50 Abs. 1 S. 2 FamFG hier nicht zur Zuständigkeit des Beschwerdegerichts führt (vgl. Schonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, Kommentar zum FamFG, § 50 Rdn. 13). Der Streitgegenstand zwischen dem in der Beschwerdeinstanz geltend gemachten Anspruch und dem mit der einstweiligen Anordnung verfolgten Zahlungsanspruch müssen identisch sein (Soyka in Münchner Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. 2013, § 50 Rdn. 9; Zöller/Feskorn, Kommentar zur ZPO, 30. Aufl., § 50 FamFG Rdn. 4). Deshalb bleibt es bei der Zuständigkeit des Amtsgerichts für das EA-Verfahren, wenn in einem Stufenverfahren alleine der Auskunftsanspruch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist (so auch Wendl/Staudigl/Schmitz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 10 Rdn. 410).

Die gegenteilige Auffassung (z.B. Stößer in Prütting/Helms, FamFG, 3. Aufl. § 50 Rdn. 4), wonach auch dann, wenn nur die Auskunftsstufe beim Beschwerdegericht anhängig ist, die dortige Zuständigkeit für das EA-Verfahren begründet sei, überzeugt nicht. Der Zweck der Regelung des § 50 Abs. 1 S. 2 FamFG besteht darin, dass es nicht zu divergierenden Entscheidungen kommen soll. Deshalb will die Regelung gewährleisten, dass sowohl über die Hauptsache als auch über die diese Hauptsache betreffende einstweilige Anordnung das gleiche Gericht entscheidet. Die Gefahr divergierender Entscheidungen besteht aber nur, soweit beide Verfahren den gleichen Streitgegenstand betreffen. Daran fehlt es hier. Das Beschwerdegericht ist hier gerade nicht berufen, in dem anhängigen Beschwerdeverfahren über die Höhe des geschuldeten Unterhalts zu entscheiden. Der Auskunftsanspruch ist ein anderer Streitgegenstand als der Zahlungsanspruch. In erster Instanz sind beide Ansprüche im Wege objektiver Klagehäufung anhängig gemacht worden. Die Beschwerde gegen den Teilbeschluss betrifft den Zahlungsanspruch nicht. Dieser ist weiterhin beim Amtsgericht anhängig.

Deshalb ist das Verfahren auf den hilfsweise gestellten Verweisungsantrag, zu dem rechtliches Gehör gewährt wurde, an das Amtsgericht Wiesbaden zu verweisen. ..." (OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.03.2014 - 1 UFH 1/14)

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Wird einem Arbeitnehmer ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt, erhöht sich grundsätzlich sein unterhaltspflichtiges Einkommen, soweit er eigene Aufwendungen für die Unterhaltung eines Pkw erspart (OLG Hamm, Beschluss vom 10.12.2013 - 2 UF 216/12):

„... (2) Der Nutzungsvorteil, mit monatlich 236,00 EUR in den Gehaltsabrechnungen ausgewiesen, war nicht abzusetzen. Der monatliche Betrag für den PKW wird zwar in Höhe von jeweils 236,00 EUR als Bruttoeinkommen behandelt, entsprechend versteuert und sodann als Nettobetrag dem Einkommen wieder abgezogen. Aus den Abrechnungen ergibt sich insoweit, dass ihm insoweit ein zu versteuernder Nutzungswert in Höhe von monatlich 236,00 EUR brutto als Einkommen zugerechnet wurde. Soweit der Nutzungsvorteil von dem errechneten Nettoeinkommen abgesetzt wurde, was zu einer Reduzierung des Auszahlungsbetrages führt, ist dies allein darauf zurückzuführen, dass die Fahrzeugnutzung dem Antragsgegner als Sachwert zur Verfügung stand und ihm deswegen nicht zusätzlich monetär ausgezahlt werden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 -, BGHZ 177, 272 = NJW 2008, 3125 = FamRZ 2008, 1739).

Dass der Antragsgegner durch die Erhöhung des Bruttoeinkommens wegen der Nutzung des Firmenwagens steuerlich mehr belastet wird, führt zu keiner anderen Bewertung, da er ansonsten den ihm zukommenden Sachwert in Form der tatsächlichen Nutzung nicht versteuern würde.

(a) Wird einem Arbeitnehmer ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt, erhöht sich grundsätzlich sein unterhaltspflichtiges Einkommen, soweit er eigene Aufwendungen für die Unterhaltung eines PKW erspart. Nach Ziffer 4 der Hammer Leitlinien bieten die hierfür steuerlich in Ansatz gebrachten Beträge einen Anhaltspunkt für die Bewertung des geldwerten Vorteils (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 23.04.2004 - 10 UF 44/02 - OLGR Hamm 2004, 304; vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 15. September 2009 - 17 UF 128/09 - FamRZ 2010, 217). Der unterhaltsrechtlich relevante Betrag ist - hier - identisch mit dem Betrag, der sich grundsätzlich der Verdienstabrechnung entnehmen lässt.

Dafür, dass der wirtschaftliche Nutzungsvorteil für den Antragsgegner deutlich unter der steuerlichen Mehrbelastung liegt (vgl. OLG München, Beschluss vom 19. Februar 1999 - 12 UF 1545/98 - FamRZ 1999, 1350), ist nichts dargetan und auch ansonsten nichts anderweit erkennbar. Der Antragsgegner hat unwidersprochen im Senatstermin vom 19.11.2013 behauptet, es sei von der 1%-Regelung, mithin von der Berechnung nach § 8 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, wonach für jeden Kalendermonat dem Bruttoeinkommen 1% des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zzgl. der Kosten für Sonderausstattung und Umsatzsteuer zugerechnet werden, Gebrauch gemacht worden.

(b) Der Antragsgegner nutzt den Pkw auch privat. Er hat jedenfalls nunmehr eine anteilige private Nutzung für das Abholen und Zurückbringen der gemeinsamen Tochter einräumt. Dann ist eine entsprechend anteilige private Nutzung anzunehmen. In welchem Umfang diese Privatnutzung im Verhältnis zur Gesamtnutzung steht, ist aber durch den insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Antragsgegner nicht dargetan, was indes zu seinen Lasten geht.

Sein Hinweis, er hätte sich ein derartiges Fahrzeug nie angeschafft, habe also keine Aufwendungen erspart, verfängt damit nicht. Denn nach seiner unwidersprochen gebliebenen Behauptung weigert sich die gemeinsame Tochter, mit ihm auf dem Motorrad zu fahren, so dass er sich allein schon wegen der Ausübung der Umgangskontakte ein Fahrzeug hätte zulegen müssen, so dass Aufwendungen erspart sind.

(3) Zutreffend hat das Amtsgericht berufbedingten Aufwand in Form von Fahrtkosten verneint. Beachtlich ist, dass der Arbeitgeber des Antragsgegners sämtliche Kosten trägt. Dann aber kommen weder ein zusätzlicher Ansatz von pauschalen 5 % berufsbedingten Aufwendungen noch ein konkreter Aufwand für Fahrten von der Wohnung zum Arbeitsplatz oder vom Arbeitsplatz zu Kunden in Betracht. ..."

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Gemäß § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB kann die Klägerin den nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Eheleute angemessenen Unterhalt verlangen. Die Lebensverhältnisse richten sich nach den für die allgemeine Lebensführung verfügbaren Einkünften der Ehegatten. Soweit Einkommensteile der Vermögensbildung vorbehalten bleiben, dienen sie nicht der Befriedigung der laufenden Lebensbedürfnisse und sind damit grundsätzlich der Unterhaltsbemessung entzogen. Dabei ist bei der Bemessung sowohl des Trennungsunterhalts als auch des nachehelichen Unterhalts ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist derjenige Lebensstandard, der nach dem vorhandenen Einkommen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus angemessen erscheint. Außer Betracht bleiben - gemessen am verfügbaren Einkommen - sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch ein übermäßiger Aufwand (vgl. BGH FamRZ 2013, 363 ff. m. w. N.). Der Unterhalt soll nämlich nur der Bedarfsdeckung dienen und nicht der Vermögensteilhabe des Unterhaltsberechtigten (BGH FamRZ 2007, 1532; OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.06.2013 - 16 UF 285/12).

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Erhöhung der Fahrtkosten nach der Veräußerung der Ehewohnung (OLG Köln, Beschluss vom 10.01.2013 - 4 UF 164/12):

„... Den Senat überzeugt die auch in der Beschwerdeinstanz wiederholte Auffassung der Antragstellerin, lediglich der hälftige Betrag dieser tatsächlichen Einkünfte sei unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen, weil sie mit einem Grad von 60 mit dem Merkzeichen ‚G' als schwerbehindert anerkannt und deshalb überobligatorisch erwerbstätig sei, nicht. Eine vom zuständigen Versorgungsamt erteilte Bescheinigung über die Schwerbehinderung einer Person ist nicht aussagekräftig hinsichtlich der Beantwortung der maßgeblichen Frage, ob diese infolge physischer und/oder psychischer Beeinträchtigungen nicht in der Lage ist, einer Vollerwerbstätigkeit nachzugehen. An diesbezüglichen verifizierbaren Angaben der Antragstellerin, die konkrete Anhaltspunkte für die Unzumutbarkeit vollschichtiger Erwerbstätigkeit nahelegen könnten, fehlt es. Zu berücksichtigen ist auch die Förderung von Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte und die gesetzlich vorgegebene Rücksichtnahme auf die Arbeitsbedingungen entsprechender Personen.

Der damit zugrunde zu legende monatliche Nettolohn der Antragstellerin in Höhe von 1.014,42 € ist in teilweiser Abweichung von dem Erkenntnis des Amtsgerichts und von den unterschiedlichen Vorstellungen der Beteiligten um Aufwendungen für berufsbedingte Fahrten in der Höhe von monatlich 366,67 € zu bereinigen. Ausweislich der von der Antragstellerin mit der Antragsschrift überreichten Anlage AS 4 beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 34,8 km, gerundet 35 km, so dass nach Ziffer 10.2.2 der Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Köln für die ersten 30 km (einfache Strecke) x 2 (für Rückweg) = 60 km je km 0,30 € (Zwischensumme: 18,00 €) und die weitere Fahrtstrecke von (2 x 5 km =) 10 km je 0,20 € (Zwischensumme: 2,00 €), in der Summe also 20,00 € je Arbeitstag anzusetzen sind und damit je Monat (multipliziert mit 220 Arbeitstagen geteilt durch 12) der Betrag von 366,67 €.

Andererseits ist gegenläufig zu sehen, dass die Antragstellerin die Wegstrecke zur Arbeitsstätte gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG mit 0,30 € je Entfernungskilometer steuerlich absetzen und als Freibetrag bereits bei der Bemessung der monatlichen Lohnsteuern geltend machen kann, also in der Höhe von 35 km x 0,30 € x 220 Tage = 2.310,00 €, allerdings wiederum abzüglich der dem Steuerzahlungspflichtigen gemäß der mit Wirkung ab dem 01.11.2011 in Kraft getretenen Vorschrift des § 9a S. 1 Nr. 1 lit. a EStG (auch für den Veranlagungszeitraum 2011 insgesamt, § 52 Abs. 23e EStG) ohnehin zugute kommenden Werbungskostenpauschale von 1.000,00 €, also in der Höhe von 1.310,00 € im Jahr und von 109,17 € im Monat. Die Berücksichtigung dieses Betrages bei der Brutto-Netto-Rechnung für das Steuerjahr 2011 nach dem WinFam-Programm führt zu einem monatlichen Nettolohn von 1.040,58 € und damit zu einem steuerlichen Vorteil von monatlich 26,16 €.

Dem so zu ermittelnden bereinigten Nettoeinkommen der Antragstellerin aus unselbständiger Erwerbstätigkeit ist ein fiktiver Zinsertrag von 2 % von 70.000,00 € in der Höhe von monatlich 116,67 € hinzusetzen. Grundsätzlich gilt, dass an die Stelle der Vorteile, die Eheleute aus der Nutzung einer in ihrem gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Ehewohnung zogen, im Fall der Veräußerung dieser Wohnung die Vorteile treten, den die Eheleute nunmehr in Form von Zinsgewinnen aus dem Erlös ihrer Miteigentumsanteile erzielen oder erzielen können (BGH, Urteil vom 01.10.2008 - XII ZR 62/07 - zitiert nach juris Rn. 17, und Urteil vom 31.10.2001 - XII ZR 292/99 - zitiert nach juris Rn. 37). Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Antragstellerin aus der Veräußerung der gemeinsamen Ehewohnung ein Erlös von 70.000,00 € zugeflossen ist, ferner, dass sie in der Lage ist, hieraus einen Zinserlös von 2 % p.a. zu erzielen.

Dem von dem Antragsgegner bemühten Umstand, die Antragstellerin führe einen gemeinsamen Haushalt mit dem am 22.03.1990 geborenen und selbst erwerbstätigen, gemeinschaftlichen Sohn M misst der Senat entgegen der Auffassung des Antragsgegners keine einkommenserhöhende Bedeutung zu. Der Vorteil, der sich aus einer Ersparnis infolge gemeinsamer Haushaltsführung ergeben kann, ist nach Ziffer 21.5 der Kölner Unterhaltsleitlinien (Stand 01.01.2011) nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen, sondern kann zu einer Kürzung des Selbstbehalts führen, und zwar auch nur auf Seiten des Unterhaltsverpflichteten (so grundlegend: BGH, Urteil vom 09.01.2008 - XII ZR 170/05 - zitiert nach juris Rn. 30 ff.; auch: BGH, Urteil vom 03.12.2008 - XII ZR 182/06 - zitiert nach juris Rn. 35). Ohnehin kommt es nach allgemeiner Lebenserfahrung grundsätzlich nicht zu einer Wirtschaftsgemeinschaft zwischen einem Elternteil und dem in dessen Haushalt weiter mit wohnenden (hier 21 oder 22 jährigen) Kind, selbst wenn dieses über ein eigenes Einkommen verfügt. Ob etwas Anderes gilt, wenn das erwerbstätige Kind durch Zahlungen beiträgt, die deutlich über den ihm zuzurechnenden Aufwendungen für Kost und Logis liegen, bedarf hier keiner Entscheidung, da von dem Antragsgegner weder dargetan ist, in welcher Höhe der gemeinsame Sohn zur Bewältigung des Haushalts beiträgt, noch, dass er hierzu überhaupt Zahlungen an die Antragstellerin erbringt.

Für seine Behauptung, die Antragstellerin habe ihren neuen Lebensgefährten in die Wohnung aufgenommen, und die daran angeknüpfte Auffassung, jedenfalls deswegen sei eine Ersparnis infolge gemeinsamer Haushaltsführung zu berücksichtigen, gilt das zu Ziffer 21.5 der Kölner Unterhaltsleitlinien Gesagte entsprechend. Im Übrigen kann dieses von der Antragstellerin bestrittene Vorbringen der Entscheidung auch deswegen nicht zugrunde gelegt werden, weil der Antragsgegner schon keine verifizierbaren Tatsachen vorgetragen hat, die die von ihm gewünschte einkommenssteigernde Berücksichtigung auf Seiten der Antragstellerin rechtfertigen könnten. Es ist nicht dargetan, seit wann der Lebensgefährte der Antragstellerin von ihr in ihren Haushalt aufgenommen worden sein soll, ferner, dass dieser erwerbstätig ist, gegebenenfalls mit welchem finanziellen Erfolg, und zur Bewirtschaftung des Haushalts der Antragstellerin beiträgt oder sich jedenfalls bei der Haushaltsführung in welchem Umfange auch immer beteiligt.

Das berücksichtigungsfähige Einkommen der Antragstellerin im Jahr 2011 berechnet sich daher nach folgender Maßgabe: ...

Der Antragsgegner erzielte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit im Jahr 2011 monatlich brutto 3.235,13 €. Dies folgt aus den von dem Antragsgegner vorgelegten Verdienstabrechnungen. In der Zeit von Januar bis April 2011 zahlte ihm seine Arbeitgeberin monatlich brutto 2.878,39 € aus und in der Zeit von Mai bis Dezember 2011 monatlich 2.964,74 €. Zuzüglich eines Urlaubsgeldes im Mai 2011 in Höhe von 614,00 € und eines Weihnachtsgeldes im November 2011 von 2.976,07 € errechnet sich ein Brutto-Jahreseinkommen von 38.821,55 €. Anhand des WinFam-Programms für das Steuerjahr 2011 und mit der Vorgabe der Lohnsteuerklasse I, ferner unter Einsatz von eingetragenen, jedenfalls unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Freibeträgen wegen Unterhaltsleistungen in Höhe von 2.050,00 € : 12 und wegen berufsbedingten Fahrtkosten in der Höhe von 75 km x 0,30 € x 220 Arbeitstage (Zwischensumme 4.950 €) abzüglich Werbungskostenpauschale von 1.000 €, also in der Höhe von 3.950,00 € : 12, errechnet sich ein monatlicher Nettolohn von 2.162,15 €.

Der Senat hält dafür, dass der Antragsgegner zur Bereinigung seines Nettoeinkommens über die unstreitigen Beiträge für die Sterbekasse in Höhe von 5,00 € und für die Gewerkschaft in der Höhe von 29,64 € hinaus für berufsbedingte Fahrtkosten 660,00 € monatlich einkommensmindernd unter Zugrundelegung einer einfachen Wegstrecke zur Arbeitsstätte von 75 km und der Rechenschritte 2 x 30 km = 60 km x 0,30 € (Zwischensumme 18 €) + 90 km x 0,20 € (Zwischensumme 18 €), insgesamt 36 € je Arbeitstag, damit bezogen auf ein Jahr mit 220 Arbeitstagen in der Höhe von 7.920 € und schließlich im Monat mit 660,00 € geltend machen kann.

Der Antragsgegner kann entgegen der Auffassung der Antragstellerin unterhaltsrechtlich nicht an den bis zur Trennung der Beteiligten vermindert entstandenen berufsbedingten Fahrtkosten aufgrund einer einfachen Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von (richtig) 35 km festgehalten werden. Ein unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten kann dem Antragsgegner in dem Bezug einer neuen Wohnung, die deutlich entfernter von der Arbeitsstätte liegt und damit zur entsprechenden Erhöhung von berufsbedingten Aufwendungen führt, nicht gemacht werden. Mit der Trennung ist es jedem der Ehepartner unbenommen, sich einem neuen Lebenspartner zuzuwenden und mit diesem einen neuen Hausstand zu gründen, auch wenn dieser bezogen auf die Arbeitsstätte an einem entfernter gelegenen Ort gewählt wird. Die von der Antragstellerin zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung herangezogene Entscheidung des erkennenden Senats (OLG Köln, Urteil vom 15.08.2006 - 4 UF 19/06 - zitiert nach juris Rn. 8) ist nicht einschlägig. Danach können erhöhte Fahrtkosten, die durch den Umzug zu einer neuen Lebensgefährtin entstehen, im Einzelfall nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen sein. Die Antragstellerin übersieht indessen, dass es in dieser Entscheidung anders als hier nicht lediglich um Trennungsunterhalt ging, sondern auch um die Sicherstellung des Mindestkindesunterhalts, und gerade deswegen die gesteigerte Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind bemüht wurde. Zudem wurde in dieser Entscheidung zusätzlich ein - hier ebenfalls nicht zu berücksichtigender - Synergieeffekt dadurch, dass die neue Lebensgefährtin dieselbe Arbeitsstätte aufsuchte wie der Unterhaltsverpflichtete, berücksichtigt.

Die sich auf dieser Grundlage ergebende Zwischendifferenz von 1.467,51 € ist weiter um den Erwerbstätigenbonus von 1/7 = 209,64 € auf 1.257,87 € zu kürzen.

Das bereinigte monatliche Nettoeinkommen des Antragsgegners ist um den Wert seines Vorteils mietfreien Wohnens in seinem u. a. aus Mitteln des Verkaufs der im gemeinsamen Eigentum der Beteiligten stehenden Ehewohnung erworbenen neuen Haus in S um 309,94 € auf 1.567,81 € zu erhöhen.

Die grundsätzliche Berücksichtigungsfähigkeit des Vorteils mietfreien Wohnens als Gebrauchsvorteil i. S. v. § 100 BGB und Erstreckung auf das Surrogat aus dem Verkauf der im gemeinsamen Eigentum stehenden Ehewohnung, sei es in Form von Zinsen auf den Erlös oder wiederum Vorteilen aus einem mietfreien Wohnen in dem (u. a.) mit dem Erlös erworbenen Haus, ist im Gleichlauf mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 01.10.2008, a. a. O., Rn. 16, 17, und vom 31.10.2001, a. a. O., Rn. 37) zu bejahen und wird auch von den Beteiligten nicht in Frage gestellt.

Der Höhe nach ist nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ein Ansatz in der Höhe von 309,94 € monatlich gerechtfertigt. Dieser Betrag errechnet sich aus der Differenz zwischen dem dem Antragsgegner auf der Grundlage seiner teilweise auf Anlage B 7 gestützten Angaben zuzurechnenden Wohnvorteil von 126,08 m² x 4,93 € = 621,57 € und den von ihm angegebenen Finanzierungskosten in der Höhe von 311,63 €.

Dabei wird nicht verkannt, dass der Antragsgegner seinen Wohnvorteil in dem außergerichtlichen Schreiben vom 01.08.2011 und sodann auch im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht selbst noch mit 140 m² x 5,00 € = 700,00 € angegeben hat. Im Hinblick auf den von dem Antragsgegner mit der Beschwerde vorgelegten Bescheid über die Anerkennung von Wohnungen als steuerbegünstigte Wohnungen, von dem anzunehmen ist, dass dieser sich entsprechend dem nicht bestrittenen Vorbringen des Antragsgegners auf das neu erworbene Haus bezieht, erscheint die Angabe des Antragsgegners im Termin vom 07.03.2012 geschätzt und damit nicht so aussagekräftig wie der angeführte Bescheid. Entsprechendes gilt bezogen auf seine Angaben zum marktüblichen Mietzins je m².

Was die abzugsfähigen Kreditbelastungen für dieses Haus anbetrifft, hat der Antragsgegner in dem vorgerichtlichen Schreiben vom 01.08.2011 selbst einen Betrag von 311,63 € angegeben. Soweit er sich in der Antragserwiderung auf eine höhere Kreditbelastung unter Bezugnahme auf ein Schreiben der J AG gemäß Anlagen B 3 und B 4 in der Höhe von 88,70 € und 535,42 € beruft, kann dieses Vorbringen der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden. Es handelt sich um Angebote, deren Annahme die Antragstellerin bestritten und der Antragsgegner nicht bewiesen hat. Auffällig ist auch, dass es sich bezogen auf den Darlehensbetrag von 50.000,00 € um ein Angebot zur Tilgungssatzänderung von 4,35 % p. a. auf 8,50 % p. a. handelt, was der Antragstellerin deswegen nicht entgegengehalten werden kann, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Vertragsänderung mit Blick auf eine Minderung der Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Antragstellerin ins Auge gefasst worden ist und jedenfalls zu einer Unterhaltsberechnung führen könnte, die die ehelichen Lebensverhältnisse nicht mehr angemessen wiederspiegeln würde.

Nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen ist die Tatsache, dass der Antragsgegner mit seiner Lebensgefährtin einen gemeinsamen Haushalt führt. Soweit die Beteiligten dies jedenfalls erstinstanzlich noch übereinstimmend anders gesehen haben, indem sie jeweils in ihren Unterhaltsberechnungen einen das Einkommen des Antragsgegners erhöhenden Vorteil gemeinsamer Haushaltsführung von 250,00 € angesetzt haben, hindert dies den Senat nicht an abweichender Erkenntnis. Die infolge gemeinsamer Haushaltsführung eingetretene Ersparnis ist nicht das Einkommen erhöhend zu berücksichtigen, sondern kann gemäß Ziffer 21.5 der Kölner Unterhaltsleitlinien zu einer Kürzung des Selbstbehalts des Unterhaltsverpflichteten führen. Zur Begründung wird auf die bereits oben bei der Begründung zur Höhe des berücksichtigungsfähigen Einkommens der Antragstellerin gemachten Ausführungen verwiesen.

Danach ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung: ...

Bei diesem Erkenntnis wird der notwendige Selbstbedarf des Antragsgegners von 1.050,00 € nicht unterschritten, da ihm von seinem Nettoeinkommen von 1.567,81 € nach Abzug des an die Antragstellerin zu zahlenden monatlichen Unterhalts von 437,00 € ein Betrag von 1.130,81 € verbleibt.

Für die Zeit ab dem 01.01.2012 gilt Folgendes:

Berücksichtigungsfähiges Einkommen der Antragstellerin:

Auf der Grundlage der von ihr vorgelegten Änderungsvereinbarung zum befristeten Arbeitsvertrag vom 15.03.2012 ist von einer monatlichen Bruttovergütung aus nicht selbständiger Tätigkeit in der Höhe von 1.416,86 € auszugehen, was in Anwendung des WinFam-Programms zunächst zu einem monatlichen Nettolohn von 1.036,67 € im Steuerjahr 2012 führt. Berücksichtigt man wiederum einen Freibetrag wegen berufsbedingten Fahrtkosten in der Höhe von monatlich 109,17 €, gelangt man zu einem Nettolohn von 1.063,65 €. Setzt man von diesem Betrag wiederum für berufsbedingte Fahrtkosten 366,67 € ab, und kürzt dann die Zwischendifferenz von 696,98 € wegen des 1/7-Erwerbstätigenbonus von 99,57 €, gelangt man zu einem Nettoeinkommen aus nicht selbständiger Erwerbstätigkeit von 597,41 € und zuzüglich Zinserträgen von 116,67 € zu einem bereinigten monatlichen Nettoeinkommen von 714,08 €.

Leistungsfähigkeit des Antragsgegners:

Auf der Grundlage der vorgelegten Verdienstabrechnungen für die Monate Mai bis Dezember 2011 ist durchgehend von einem monatlichen Bruttoeinkommen des Antragsgegners aus nicht selbständiger Arbeit im Kalenderjahr 2012 in Höhe von jedenfalls 2.964,74 € auszugehen, da eine Gehaltskürzung im Jahr 2012 nicht im Raum steht. Zuzüglich Urlaubsgeld von 614,00 € und zuzüglich Weihnachtsgeld von 2.976,07 € (insoweit ebenfalls auf der Basis 2011) ist von einem Jahresbrutto von 39.166,95 € auszugehen. Unter Anwendung des WinFam-Programms und unter Einsatz von Freibeträgen wie für das Jahr 2011 ergibt sich ein monatlicher Nettolohn von 2.187,44 € und nach Abzug der auch wie im Jahr 2011 zu berücksichtigenden Abzüge und eines Erwerbstätigenbonus von 1/7 von der Zwischendifferenz in Höhe von 1.492,80 € (= 213,26 €) verbleibt ein Nettoeinkommen aus nicht selbständiger Erwerbstätigkeit von 1.279,54 €. Die Addition des Wertes des Wohnvorteils von 309,94 € führt zu einem bereinigten Nettoeinkommen des Antragsgegners im Jahr 2012 in der Höhe von 1.589,48 €.

Unterhaltsberechnung für 2012: ...

Der Selbstbehalt von 1.050,00 € (bzw. 1.100,00 € ab dem 01.01.2013) ist wiederum gewahrt (1.589,48 € - 438,00 € = 1.151,48 €).

Der Senat bleibt bei seiner in dem Hinweisbeschluss vom 04.10.2012 begründeten Auffassung, dass die Beschwerde des Antragsgegners darüber hinaus begründet ist, soweit die Beteiligten die Erfüllung der Unterhaltsansprüche der Antragstellerin in der Sitzung vom 07.03.2012 unstreitig gestellt haben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Ausführungen unter Ziffer 2 des Anhörungsbeschlusses vom 04.10.2012 (Blatt 187 ff. GA) Bezug genommen. Soweit die Antragstellerin hiergegen anführt, der Erfüllungseinwand sei ihres Erachtens unerheblich, der Antragsgegner habe ihren Unterhaltsanspruch anerkennen müssen und auch bei wirksamer teilweiser Erledigungserklärung hätten die Kosten dem Antragsgegner auferlegt werden müssen, da die Zahlung immer erst im laufenden Monat erfolgt sei, vermag sich der Senat dieser Auffassung nicht anzuschließen. Ein Anerkenntnis des Antragsgegners war wegen der sich aus § 238 Abs. 2 FamFG ergebenden Gefahr der Präklusion mit dem Erfüllungseinwand gerade nicht veranlasst. Wie eine nach § 91a Abs. 1 ZPO i. V. m. § 113 Abs. 1 FamFG zutreffende Kostenentscheidung ausgesehen hätte, wenn die Beteiligten das Verfahren teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt hätten, ist vorliegend nicht zu beurteilen. Denn die Antragstellerin hat sich zur Erklärung der teilweisen Erledigung der Hauptsache gerade nicht veranlasst gesehen. Ihr Vorbringen, der Betrag von 240,43 € sei jeweils immer im laufenden Monat erfolgt, ist auch mangels Substanz unbeachtlich. Im ersten Rechtszug und selbst zunächst auch im Beschwerdeverfahren hat die Antragstellerin im Gleichlauf mit dem Vortrag des Antragsgegners vorbringen lassen, auf die Monate von September 2011 an bis jedenfalls März 2012 habe der Antragsgegner auf seine Unterhaltsverpflichtung jeweils einen Betrag von 240,43 € bezahlt, ohne dass dies dahingehend eingeschränkt worden wäre, die Zahlung wäre nicht bei Fälligkeit eingegangen gewesen. Auf dieser Grundlage wäre ihr Einwand nur beachtlich, wenn sie im Einzelnen dargetan hätte, dass die monatlichen Unterhaltszahlungen jeweils erst nach Fälligkeit bei ihr eingegangen seien. Dies ist nicht geschehen.

Dieses Erkenntnis kann allerdings auf die Zeit ab April 2012 nicht übertragen werden. Insoweit hat sich der Antragsgegner nicht auf den Einwand der Erfüllung berufen. In Anbetracht seines Beschwerdeziels ist auch unklar geblieben, ob Zahlungen auf die Unterhaltsansprüche der Antragstellerin überhaupt und gegebenenfalls in der Höhe von 240,23 € oder von 245,26 € erfolgt sind. Nur am Rande sei angeführt, dass der Erfüllungseinwand der Beschwerde des Antragsgegners bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht weiter zum Erfolg verholfen hätte, wenn die Antragstellerin alsdann das Verfahren in der Hauptsache in diesem Umfang teilweise für erledigt erklärt hätte, weil dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens insoweit dennoch teilweise aufzuerlegen gewesen wären, gleich ob sich der Antragsgegner der Teilerledigungserklärung angeschlossen hätte (dann § 91a Abs. 1 ZPO) oder nicht (dann § 97 Abs. 1 ZPO). Denn das Titulierungsinteresse der Antragstellerin in voller Höhe hätte bis zur Geltendmachung der teilweisen Erfüllung fortbestanden. Die Aufnahme des Zusatzes zu zwischenzeitlich nachweislich erbrachten Unterhaltszahlungen in den Rechtsfolgenausspruch dient mit Blick auf die obigen Ausführungen dem Schutz des Unterhaltsverpflichteten, ohne dass hiermit ein (weiteres) teilweises Unterliegen der Antragstellerin verbunden ist, und entspricht unterhaltsrechtlicher Praxis.

Auf den zum Zeitpunkt des Eingangs der Antragsschrift im Oktober 2011 rückständigen Trennungsunterhalt schuldet der Antragsgegner der Antragstellerin auf dieser Grundlage einen Restbetrag von 2 x 437,00 € = 874,00 € abzüglich gezahlter (2 x 240,23 € =) 480,46 € = 393,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Tag der dem der Zustellung der Antragsschrift an den Antragsgegner am 09.11.2011. Auf der Grundlage der selben Rechenschritte verbleibt für den Antragsgegner eine Zahlungsverpflichtung für den Zeitraum November bis Dezember 2011 ebenfalls in der Höhe von 393,54 € zuzüglich Zinsen aus jeweils 196,77 € und für den Zeitraum von Januar bis März 2012 3 x (438,00 € - 240,23 € =) 197,77 € = 593,31 € zuzüglich Zinsen aus jeweils 197,77 €, und zwar jeweils ab dem 4. Werktag eines jeden dieser Monate in der Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ..."

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Unberechtigte Strafanzeigen des Unterhaltsberechtigten gegen den Unterhaltsverpflichteten können unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls zu einer Verwirkung von Trennungsunterhaltsansprüchen führen. Bei der Billigkeitsabwägung sind Art und Umfang der erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe, die Begleitumstände und die Motivation des Anzeigenerstatters zu berücksichtigen. Vorwürfe des Unterhaltsberechtigten gegenüber dem Unterhaltsverpflichteten, er habe die gemeinsamen Kinder sexuell missbraucht, wiegen dabei besonders schwer (Anschluss an OLG Celle FamRZ 2008, 1627; OLG Frankfurt FuR 2005, 460). Der Unterhaltsberechtigte kann sich bei Strafanzeigen gegen den Unterhaltsverpflichteten wegen sexuellen Missbrauchs der gemeinsamen Kinder nicht auf Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen, wenn diese Anzeigen leichtfertig und ohne gravierende Anhaltspunkte erfolgen (Anschluss an OLG Frankfurt FuR 2005, 460). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die schon älteren gemeinsamen Kinder selbst einen solchen Missbrauch durchgehend in Abrede stellen und auch ansonsten keine durchgreifenden Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten des Unterhaltsverpflichteten bestehen. Gegen die Wahrnehmung von berechtigten Interessen des Unterhaltsberechtigten spricht es weiter, wenn die Vorwürfe anlässlich eines zwischen den Kindeseltern laufenden Sorgerechtsverfahrens erhoben werden und auch die übrigen objektiven Umstände es vermuten lassen, dass es dem Unterhaltsberechtigten zum Teil um die Verbesserung der eigenen Rechtsposition im laufenden Sorgerechtsverfahren ging (Anschluss an OLG Celle FamRZ 2008, 1627). Vor einer Selbstanzeige eines Ehegatten beim Finanzamt hat dieser im Regelfall den anderen Ehegatten vorab zu informieren, um ihm die Möglichkeit zu eröffnen, sich der Selbstanzeige anzuschließen (OLG Schleswig, Urteil vom 21.12.2012 - 10 UF 81/12).

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Bei nur üblichen Betreuungsleistungen des Berechtigten verbleibt es bei einer vollschichtigen Erwerbsobliegenheit. Zum Umfang der Darlegungslast (OLG Hamm, Beschluss vom 20.12.2012 - 4 UF 143/12):

„... Die Antragstellerin geht einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit als Fahrlehrerin (z Zt. durchschnittlich 112,66 Std.) im Betrieb ihres Vaters nach. Dieser stellt ihr den Fahrschulwagen auch für private Fahrten zur Verfügung. ...

Hinsichtlich der Berechnung des Trennungsunterhaltsanspruchs kommt es neben dem um den Kindesunterhalt zu bereinigenden Einkommen des Antragsgegners auf das anzusetzende Einkommen der Antragstellerin an. Diesbezüglich sind zwischen den Beteiligten die Berücksichtigung eines geldwerten Vorteils für die Nutzung des Fahrschulwagens und die Frage einer Obliegenheit zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit umstritten.

a) Entgegen der Ansicht des Familiengerichts und des Antragsgegners kann die Überlassung des Fahrschulwagens nicht als geldwerter Vorteil berücksichtigt werden. Es handelt sich vielmehr um eine freiwillige Zuwendung des Vaters der Antragstellerin.

Bei Leistungen Dritter ist in Abgrenzung zu einer unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigenden freiwilligen Zuwendung zu klären, ob der Empfänger einen Anspruch auf die Leistung hat (Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2011, § 1 Rn. 708). Ein solcher Anspruch ist z.B. dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil als Teil des Gesamtbruttoeinkommens in der Gehaltsabrechnung aufführt, der Vorteil also vom Arbeitnehmer zu versteuern ist und vom Arbeitgeber vor Auszahlung des Nettogehaltes in identischer Höhe wieder in Abzug gebracht wird.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend ausweislich der Verdienstbescheinigungen der Antragstellerin nicht gegeben, da sich dort keine Abrechnungsform findet, die den steuerlichen Vorgaben des § 8 Abs. 2 S. 2 u. 3 EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG entspricht. Die Nutzung des Pkw ist demzufolge nicht Teil ihres Entgelts, weshalb ihr grundsätzlich kein Anspruch auf die Überlassung zusteht.

b) Im Hinblick auf die Regelung in § 1361 Abs. 2 BGB traf die Antragstellerin mit Ablauf des Trennungsjahrs die Obliegenheit zur Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit als Fahrschullehrerin, weshalb ihr ab diesem Zeitpunkt ein entsprechendes Gehalt fiktiv zuzurechnen ist.

aa) Der Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit steht die behauptete Kinderbetreuung nicht entgegen.

Der Antragstellerin ist zwar dahin Recht zu geben, dass der BGH in seiner Entscheidung vom 18.04.2012 (NJW 2012, 1868) als kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts auch auf „besondere Bedürfnisse des Kindes, die etwa sportliche, musische oder andere Beschäftigungen betreffen"… abgestellt hat, „sofern diese vom Kind nicht selbstständig wahrgenommen werden können", weshalb „vom Unterhaltsberechtigten etwa zu erbringende Fahr- und Betreuungsleistungen in Rechnung zu stellen" sind. Die gesetzliche Regelung biete zudem Raum für die Berücksichtigung schulischer Anforderungen an die Mitarbeit der Eltern (etwa Hausaufgabenbetreuung, Klassenpflegschaft usw.), deren Notwendigkeit und Üblichkeit vom Unterhaltsberechtigten aber konkret vorzutragen sind (BGH, a.a.O., 1870).

Dabei darf aber nicht verkannt werden, dass dem Barunterhalt, den der eine Elternteil zu leisten hat, der Betreuungsunterhalt des anderen Elternteils - hier also der Antragstellerin - gegenübersteht. Dementsprechend würde die Berücksichtigung üblicher Betreuungsleistungen bei der Frage der Erwerbsobliegenheit zu einer Bevorzugung des betreuenden Elternteils führen. Dementsprechend können im Hinblick auf die Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils nur über das übliche Maß hinausgehende Betreuungsleistungen Berücksichtigung finden, etwa weil die Kinder z.B. besonders musisch begabt sind und in dieser Richtung mehr als üblich gefördert werden oder - andersherum - weil sie besondere Lernschwierigkeiten haben und diesbezüglich besonderer Betreuung bedürfen.

Hieraus leitet sich ab, dass der BGH konkrete Darlegungen zur Notwendigkeit der persönlichen Betreuungsleistungen durch den betreuenden Elternteil verlangt.

An einer solchen ausreichenden konkreten Darlegung fehlt es hier seitens der Antragstellerin.

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die Kinder in einer Ganztagsschule sind. Während dieser Zeit fallen keine Betreuungsleistungen der Kindesmutter an. Dass die Kinder einmal in der Woche Instrumentalunterricht haben und einmal in der Woche Sport ausüben, ist nicht unüblich. Dabei reicht es auch nicht, wenn es bequemer für die Kinder ist, von der Mutter gefahren zu werden. Mehr als die Fahrten wird aber nicht als besondere Betreuungsleistung angegeben, jedenfalls nicht konkret. Insbesondere wird nicht dargelegt, dass konkrete andere Betreuungsangebote z.B. in Form des Antragsgegners oder der Großeltern ausscheiden.

Soweit die Antragstellerin sich im Senatstermin auf die - insoweit unstreitig gestellte - ADHS-Erkrankung des Sohnes L und damit zusammenhängende besondere Betreuungsleistungen berufen hat, ändert dies nichts an den vorstehenden Feststellungen. Denn die Antragstellerin hat auf Befragen des Senats diesbezüglich außer einem wöchentlichen Besuch bei der Ergotherapie, was aus Sicht des Senats noch in den üblichen Betreuungsrahmen fällt, keine weiteren Betreuungsleistungen benannt.

Da die Beteiligten auch bereits das gesamte Verfahren über um den Umfang der Betreuungsleistungen gestritten haben und der Antragsgegner in seiner Beschwerdeerwiderung auch nur seinen diesbezüglichen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt hat, war der Antragstellerin - trotz ihres entsprechenden Antrages - keine weitere Schriftsatzfrist im Hinblick auf die Beschwerdeerwiderung einzuräumen.

bb) Aus Sicht des Senats ist die Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit als Fahrschullehrerin der Antragstellerin nach ihren persönlichen Verhältnissen auch zumutbar. Denn sie hat diesen Beruf bereits während der Ehe ausgeübt und sich während der Ehe auch entsprechend ausbilden lassen. Bereits jetzt übt sie eine etwa 2/3 Tätigkeit aus, wobei sie zudem noch weitere Arbeiten in der Fahrschule erledigt. Persönliche Hinderungsgründe, die gegen eine Vollzeittätigkeit sprechen könnten, werden zudem von ihr nicht vorgetragen. Solche sind auch nicht ersichtlich, zumal nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Antragsgegners nun klar ist, dass sie, die Antragstellerin, die Fahrschule ihres Vaters übernehmen wird.

cc) Eine Übergangsfrist nach Ablauf des Trennungsjahres ist der Antragstellerin nicht einzuräumen, weil nicht dargelegt ist, dass sie nicht sofort auf eine volle Stelle aufstocken konnte. Insofern ist die Situation nicht vergleichbar mit jemandem, der nach Ablauf des Trennungsjahrs sich um eine Anstellung bemühen muss. Die Antragstellerin hätte schon darlegen müssen, dass in der Fahrschule zum damaligen Zeitpunkt keine volle Stelle frei war. Daran fehlt es hier. ..."

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„... Der Klägerin steht ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 385 € monatlich nach § 1361 BGB zu.

Maßgeblich für die Ermittlung des eheangemessenen Bedarfs, der die Grundlage des Unterhaltsanspruchs bildet, ist hier zuvörderst das Erwerbseinkommen des Beklagten, da die Klägerin selbst nicht über ein eigenes Erwerbseinkommen verfügt und ihr zumindest während der Trennungszeit angesichts des Alters des Kindes Kind2 von vier bis fünf Jahren im Jahre 2009 eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden konnte.

Nach Auffassung des Revisionsgerichts konnte wegen der Geburt Kind3 eine Erwerbsobliegenheit erst einsetzen, als die rechtliche Vaterschaft des Beklagten beseitigt war, also ab Ende Mai 2009.

Der Senat sieht auch keine Veranlassung, der Klägerin ein fiktives Einkommen aus Haushaltsführung für A zuzurechnen. Zum einen war A, wie noch auszuführen sein wird, selbst leistungsunfähig, zum anderen wäre die Haushaltsführung überobligatorisch gewesen, weil schon wegen der Betreuung der beiden Kinder des Beklagten eine Erwerbsobliegenheit jedenfalls in der Trennungszeit, die insgesamt nicht einmal zwei Jahre dauerte, nicht bestand (vgl Frank, FamRB 2012, 332). Ob das Elterngeld in Höhe von monatlich 300 € gemäß § 11 BEEG anzurechnen ist, kann dahinstehen, da - wie noch auszuführen sein wird - auch dieser Betrag nicht ausreicht, den eheangemessenen Mindestbedarf zu bestreiten.

Ausweislich der vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten beiden Lohnsteuerbescheinigungen für 2009 hat der Beklagte in diesem Jahr ein steuerpflichtiges Einkommen von insgesamt 34.467,80 € (19.222,80 € + 15.245 €) erzielt, von dem 6.330,20 € Lohnsteuer (3.401,21 € + 2.928,99 €) sowie ein Solidaritätszuschlag in Höhe von 247,89 € (129,06 € + 118,83 €) in Abzug zu bringen sind, so dass 27.889,71 € netto verbleiben, monatlich also 2.324 € im Durchschnitt. In der zweiten Lohnsteuerbescheinigung für 2009 ist der Leistungszuschlag in Höhe von 1.450 € enthalten, der voll versteuert worden ist und der nach Auffassung des Senats auch vollen Umfangs in die Unterhaltsberechnung mit einzubeziehen ist. Insofern unterscheidet er sich nicht von den Prämien, die normale Arbeitnehmer für besonderen Arbeitseinsatz erhalten.

Hinzu kommt der Wohnvorteil, der nach Auffassung des Senats anders als nach Meinung des Amtsgerichts jedenfalls für 2009, als das Scheitern der Ehe feststand, nicht mit dem subjektiven Wohnwert zu bewerten ist, sondern objektiv mit geschätzt 400 €, dies trotz der Wohnfläche von 100 qm im Hinblick auf die Lage des Hauses in der Kleinstadt Stadt2 und dem Umstand, dass das Haus im Jahr 1955 erbaut worden ist und schon deshalb nicht mehr den modernen Wohnanforderungen entspricht. Hinzu kommt, dass seit Mai 2009 auch die Lebensgefährtin des Beklagten das Wohnhaus mitnutzt.

Auch wenn die Lebensgefährtin sich mangels Leistungsfähigkeit an den Wohnkosten nicht beteiligen kann, muss sich jedoch der Beklagte den Teil des Wohnvorteils unterhaltsrechtlich entgegenhalten lassen, den er seiner Lebensgefährtin unentgeltlich zur Verfügung stellt.

Von dem sich auf diese Weise errechneten Einkommen von 2.724 € sind die Fahrtkosten zum Arbeitsplatz abzuziehen, die monatlich 357 € betragen, die aber in den Monaten November und Dezember 2009 wegen des Aufenthaltes des Beklagten in Afghanistan nicht angefallen sind, so dass sich weiterhin unter Berücksichtigung eines Jahresurlaubs von 6 Wochen Fahrtkosten nur für 8 ½ Monate zugrunde legen lassen, dies sind für das Jahr 2009 3.034,50 €, also im Durchschnitt monatlich gerundet 253 €.

Weiterhin sind die zwischen den Parteien unstreitigen monatlichen Belastungen des Beklagten abzuziehen, nämlich für die Hausfinanzierung monatlich 600 € (einschließlich Zinsen für den Kredit bei der ...), monatlich 50 € für ein vom Onkel des Beklagten zur Verfügung stehendes Darlehen sowie für die Lebensversicherung der Klägerin und die Brillenversicherung des Beklagten weitere insgesamt 30 €. Es verbleiben 1.791 € monatlich.

Hinzuzurechnen ist der steuerfreie (§ 3 Nr. 64 EStG; BFH-Beschluss vom 28. April 2005 - VI B 179/04) Auslandsverwendungszuschlag nach § 58 a BbesG mit einem Drittel. Bezogen auf den Einsatz von Soldaten in Afghanistan und Bosnien hat das OLG Schleswig (FamRZ 2005, 369) den Auslandsverwendungszuschlag zwar als Einkommen angesehen, aber jeweils nur zur Hälfte angerechnet. Das OLG Hamm hat in seinem Urteil vom 18. Dezember 2009 (FuR 2010, 227) die Auffassung vertreten, dass bei einem Einsatz in einem Krisen- oder Kriegsgebiet die mit einem solchen Einsatz verbundenen Beschwernisse und persönlichen Gefahren für Leib und Leben in einem solchen Maß überwiegen, dass dem unterhaltspflichtigen Soldaten der Auslandsverwendungszuschlag grundsätzlich zu verbleiben hat. Allerdings rechnet das OLG Hamm immerhin 1/3 dem Einkommen zu, und zwar in Anwendung der Grundsätze, die für Spesen gelten und auf häuslicher Ersparnis beruhen.

Der Bundesgerichtshof hat in diesem hier anhängigen Verfahren die Auffassung vertreten, aus revisionsrechtlicher Sicht sei eine Bandbreite von 1/3 bis zu 1/2 nicht zu beanstanden.

Er billigt damit die bisher veröffentlichte Rechtsprechung der Oberlandesgerichte. Für die Ausfüllung dieses Rahmens kommt es entscheidend auf die Beschwerlichkeit und Gefährlichkeit des Auslandseinsatzes an. Insofern muss sicherlich zwischen Friedenseinsätzen und echten Kampfeinsätzen unterschieden werden. Ein Vergleich mit den bisherigen Auslandseinsätzen der Bundeswehr lässt die Belastung der Soldaten in Afghanistan als die bisher extremste erscheinen. Der Senat geht daher von der Anrechnung eines Drittels als Einkommen aus.

Da nach den Unterhaltsgrundsätzen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (1.1 Abs. 2) vom Jahreseinkommen (bezogen auf das Kalenderjahr) auszugehen ist und im Hinblick auf die Tatsache, dass der Beklagte schon mehrmals in Afghanistan war, auch kein Grund besteht, hiervon abzugehen, sind die Auslandsverwendungszuschläge für November und Dezember 2009 mit einem Drittel auf das Kalenderjahr 2009 umzulegen. Für 61 Tage standen dem Beklagten (61 x 92,03 €) 5.613,83 € zu, also im Monatsdurchschnitt gerundet 468, ein Drittel hiervon beläuft sich auf 156 €.

Das Gesamteinkommen beläuft sich damit auf (1.791 € + 156 € =) 1.947 €, vermindert sich allerdings für die Zeit ab Oktober 2009 auch um den Tilgungsanteil aus dem Darlehen bei der ... mit geschätzt 178 € im Quartal oder gerundet 59 € im Monat auf 1.888 €. Denn diese Tilgungsleistungen kommen auch der mithaftenden Klägerin zugute, die auch hälftige Miteigentümerin des beliehenen Hauses ist. Diese erhöhte Zahlungsverpflichtung ist zwar von der Klägerin zunächst bestritten worden, inzwischen aber durch den Darlehensvertrag belegt.

Hiervon ist der mit 110 % des Mindestunterhaltes titulierte Unterhalt in Höhe der Zahlbeträge von insgesamt 501 € monatlich (273 € für Kind1 und 228 € für Kind2) herabzusetzen, so dass 1.446 € bzw. 1.387 € verbleiben. Das noch bis zum 28. Mai 2012 als ehelich geltende Kind Kind3 bleibt unberücksichtigt, weil für Kind3 nie Unterhalt vom Beklagten verlangt oder gezahlt wurde.

Ausgehend von diesem Einkommen des Beklagten errechnet sich eine 3/7-Quote von 594 € für die Zeit ab Oktober 2009 und von 620 € für die Zeit davor. Der so ermittelte eheangemessene Bedarf liegt damit noch unter dem vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 17. März 2010 (FamRZ 2010, 1665) nunmehr aufgestellten Mindestbedarf für den Ehegatten von 770 € monatlich.

Diesen Bedarf hat der Beklagte allerdings jedenfalls in Höhe von 385 € monatlich allein zu bestreiten. Denn der (nichteheliche) Vater des jüngsten Kindes der Klägerin, das im ... 2008 geboren ist, hat zwar grundsätzlich Unterhalt gemäß § 1615 l BGB zu leisten, möglicherweise auch rückwirkend. Auch ist zwar bei Vorhandensein mehrerer Väter eine Haftungsquote zu ermitteln, bei der die Einkommens- und Vermögensverhältnisse beider Väter zu berücksichtigen und anschließend die Haftungsanteile nach den Umständen des Einzelfalles zu korrigieren sind (vgl. BGH NJW 08, 3125). Jetzt steht jedoch fest, dass A wegen eigener Schulden und Unterhaltsverbindlichkeiten nicht leistungsfähig war.

Nunmehr ist nachgewiesen, dass A als ... im Jahr 2009 durchschnittlich 2.476 € monatlich verdient hat.

Hiervon sind abzuziehen: Fahrtkosten zum Arbeitsplatz 165 €, Krankenversicherungsbeiträge 143 €, Lebensversicherung 24 €, Gewerkschaftsbeitrag 15 €, Hausdarlehen 424 €, Darlehen aus der früheren Ehe bei der Bank ... 236 €, Darlehen der Eltern 115 €, Kindesunterhalt für zwei Kinder aus erster Ehe zusammen 480 €. Es verbleibt damit ein Rest von 874 €, der unter dem Selbstbehalt liegt. Demgegenüber ist bei Zahlung von monatlich 385 € der Selbstbehalt des Beklagten von 1.000 € gewahrt. ..." (OLG Frankfurt, Urteil vom 07.12.2012 - 2 UF 223/09)

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Die Berechtigung zur Forderung rückständigen Unterhalts auf Grund eines Auskunftsverlangens nach § 1613 Abs. 1 BGB (sog. Verzugswirkung) tritt unabhängig davon ein, ob im Zeitpunkt des Auskunftsverlangens ein Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB bestand oder nicht. Der Einwand der Verwirkung nach § 1579 BGB führt grundsätzlich nicht zur Versagung der Verfahrenskostenhilfe für den Unterhaltsberechtigten, weil die Feststellung der Rechtsfolgen der Verwirkung eine umfassende Billigkeitsabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der Interessen eventuell vorhandener minderjähriger Kinder voraussetzt, die in der Regel schon im summarischen Verfahren vorgenommen werden kann (OLG Hamm, Beschluss vom 17.11.2011 - 2 WF 129/11 zu §§ 1361, § 1579 Nr 7, 1605, 1613 I BGB).

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„... 1. Dem Antragsteller steht weder aus übergegangenem Recht gemäß §§ 1361 Abs.1 S.1 BGB, 33 Abs.2 SGB II noch aus eigenem Recht gemäß §§ 823 Abs.2 BGB, 170 StGB die angemeldete Forderung gegen den Antragsgegner zu.

Es kommt insoweit nicht darauf an, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Antragsgegner für die drei Monate von Dezember 2008 bis Februar 2009 wegen des erhaltenen Verletzten- bzw. Krankengeldes leistungsfähig war; auch bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Antragsgegner in dem fraglichen Zeitraum seiner damaligen Ehefrau Naturalunterhalt gewährt hat.

Die vom Antragsteller begehrte Forderungsfeststellung scheitert daran, dass der getrennt lebenden Ehefrau gegen den Antragsgegner wegen Verwirkung gemäß §§ 1361 Abs.3, 1579 Nr.7 BGB kein Anspruch auf Trennungsunterhalt zustand.

Der damaligen Ehefrau N des Antragsgegners fiel diesem gegenüber durch die im Frühjahr oder Sommer 2008 erfolgte Aufnahme der intimen und von vornherein auf Dauer angelegten Beziehung zu Herrn L ein einseitig bei ihr liegendes, subjektiv vorwerfbares Fehlverhalten zur Last, das von derartigem Gewicht war, dass es jeglichen Anspruch auf Trennungsunterhalt ausschloss (vgl. allgemein zu den Voraussetzungen des Verwirkungstatbestandes des § 1579 Nr.7 BGB im Fall einer ehewidrigen Beziehung Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Auflage, § 1579 Rn.31). Der Senat berücksichtigt dabei, dass keineswegs jede ehewidrige Beziehung geeignet ist, einen Trennungsunterhaltsanspruch auszuschließen. Eine wertende Gesamt-betrachtung der besonderen Gegebenheiten des vorliegenden Falles lässt aber das Verhalten der Ehefrau bei Aufnahme und Fortsetzung der Beziehung - die während des fraglichen Zeitraums Dezember 2008 bis Februar 2009 fortbestand und im Übrigen sogar durchgehend bis heute fortbesteht - in einem Maße ehewidrig und vorwerfbar erscheinen, dass eine Inanspruchnahme des Antragsgegners auf Zahlung von Trennungsunterhalt unerträglich wäre.

Die Ehefrau hat durch ihre Zuwendung zu dem neuen Partner, der unstreitig ein langjähriger gemeinsamer Freund der Ehegatten war und dem diese einige Zeit zuvor in einer finanziellen Notlage Unterkunft bei sich gewährt hatten, in einem besonders schwerwiegenden Maße das eheliche Vertrauen und die Grundsätze der ehelichen Lebensgemeinschaft verletzt. Sie hat die langen berufsbedingten Abwesenheitszeiten des Antragsgegners zur Aufnahme der intimen Beziehung zu dem langjährigen gemeinsamen Freund ausgenutzt und die neue Beziehung - ihren eigenen Angaben in der Zeugenaussage zufolge - zunächst so lange wie möglich verheimlicht. Die heimliche Aufnahme einer Beziehung zu einem gemeinsamen Freund, dem zuvor wegen der freundschaftlichen Verbundenheit eine Unterkunft im ehelichen Anwesen gewährt worden war, und die heimliche Fortsetzung dieser Beziehung stellen objektiv eine besonders gravierende Verletzung des wechselseitigen Vertrauens der Eheleute dar. Die offene Fortsetzung dieser Beziehung unter dem gemeinsamen Dach nach deren Aufdecken durch den Antragsgegner verschärft und unterstreicht weiter, dass die Ehefrau in keiner Weise auf die langjährige eheliche Verbundenheit zum Antragsgegner Rücksicht genommen hat. Das Ausleben und Führen der Beziehung zum neuen Partner vor den Augen des langjährigen Ehepartners, mit dem man seit Oktober 1980 verheiratet war, und in einem auch von diesem weiterhin bewohnten Anwesen steht in einem derart offensichtlichen Widerspruch zum Wesen der ehelichen Gemeinschaft, dass die Ehefrau nicht mehr verlangen konnte, als Ausfluss der Ehe vom Antragsgegner, den sie durch die Umstände der neuen Beziehung geradezu lächerlich gemacht hat, finanziell unterstützt zu werden. Ein Ehegatte kann sich nicht einerseits in eklatant rücksichtsloser, den anderen Ehegatten bloßstellender und verletzender Weise von der bisher gelebten Ehe distanzieren und dann andererseits aufgrund der Ehe Trennungsunterhalt verlangen. Das gilt jedenfalls in einer Konstellation wie der vorliegenden, in der nicht auf Belange aus der Ehe hervorgegangener minderjähriger Kinder Rücksicht genommen werden muss. ..." (OLG Hamm, Beschluss 19.07.2011 - 13 UF 3/11)

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Das Zusammenleben mit einem leistungsfähigen Partner kann unter dem Gesichtspunkt ersparter Wohn- und Haushaltskosten die Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten mindern. Ein leistungsfähiger Partner im vorstehenden Sinne kann nicht nur ein Lebenspartner sein, vielmehr kommen hier auch volljährige Kinder in Betracht, weil die Synergieeffekte des gemeinschaftlichen Wirtschaftens bei einer häuslichen Gemeinschaft eines Elternteils mit einem volljährigen Kind in gleicher Weise eintreten wie bei einer Wohngemeinschaft mit einem Lebenspartner(OLG Hamm, Beschluss vom 09.06.2011 - 6 UF 47/11 zu §§ 1361, 1573 II BGB):

„... Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner keinen Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt gemäß § 1361 BGB für die hier zur Beurteilung anstehende Zeit ab Juli 2010, da sich nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten kein Unterhaltsanspruch ergibt. Es ist zunächst von den folgenden Einkommensverhältnissen der Beteiligten auszugehen.

Der Antragsgegner verfügte im Jahr 2010 über ein monatliches Nettoeinkommen von 2.120,95 €. Dieses ergibt sich aus den in den in seiner Dezemberabrechnung 2010 ausgewiesenen Jahresbeträgen, die sich wie folgt darstellen:

41.878,27 € Gesamtbruttobetrag
- 7.155,00 € Lohnsteuer
- 643,95 € Kirchensteuer
- 393,52 € Solidaritätszuschlag
- 3.211,05 € Krankenversicherung
- 396,32 € Pflegeversicherung
- 4.056,33 € Rentenversicherung
- 570,75 € Arbeitslosenversicherung
25.451,35 € / 12 = 2.120,95 € = 2.121 €

Von diesem Betrag ist der Nettoanteil der vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers in Höhe von 16 € abzuziehen. Weiterhin sind unstreitige Fahrtkosten in Höhe von 88 € monatlich und unstreitige Zahlungen auf eine Lebensversicherung in Höhe von monatlich 106,86 € abzuziehen.

Die monatliche Darlehnsrate in Höhe von 200 €, die der Antragsgegner auf ein zur Anschaffung eines neuen Pkw aufgenommenes Darlehen zu zahlen hat, ist hingegen nicht zu berücksichtigen. Neben der Geltendmachung von Fahrtkosten für den Weg zur Arbeit können Kreditkosten für die Finanzierung eines Pkw nicht zusätzlich anerkannt werden (Hammer Leitlinien Ziffer 10.2.2.).

Daraus ergibt sich für 2010 folgende Berechnung zum Einkommen des Antragsgegners:

2.121 € - 16 € - 88 € - 106,86 € = 1.910,14 €

Für das Jahr 2011 lassen sich nach dem Vortrag der Beteiligten und den dem Senat vorliegenden Gehaltsbescheinigungen für die Monate Januar bis März keine signifikanten Änderungen erkennen, so dass auch für dieses Jahr von diesem Einkommen auszugehen ist.

Die Antragstellerin verfügte im Jahr 2010 über ein Nettoeinkommen von 1.605,80 €.

Dieses ergibt sich aus den in der Gehaltsabrechnung für Dezember 2010 ausgewiesenen Jahresbeträgen, die sich wie folgt darstellen:

29.428,48 € Gesamtbruttobetrag
- 3.840,87 € Lohnsteuer
- 345,62 € Kirchensteuer
- 211,19 € Solidaritätszuschlag
- 2.250,55 € Krankenversicherung
- 2.834,55 € Rentenversicherung
- 398,83 € Arbeitslosenversicherung
- 277,75 € Pflegeversicherung
19.269,62 € / 12 = 1.605,80 € = 1.606 €

Es kann aus Sicht des Senats dahinstehen bleiben, ob die Antragsgegnerin zur Aufstockung ihrer bisherigen ¾ - Stelle auf eine Vollzeitstelle gesundheitlich in der Lage ist, da sich Unterhaltsansprüche der Antragstellerin selbst dann nicht ergeben, wenn sie ihre bisherige Stelle mit dem dargestellten Einkommen beibehält.

Die vermögenswirksame Leistung des Arbeitgebers beträgt 4,99 € brutto. Der abzuziehende Nettoanteil ist mit 2 € anzusetzen.

Die von der Antragstellerin geltend gemachten Finanzierungskosten für ihren Pkw in Höhe von 231,42 € können nur in der Höhe der Fahrtkosten zu ihrer Arbeitsstelle anerkannt werden (Hammer Leitlinien Ziffer 10.2.2.).

Die Entfernung zwischen der Wohnung der Antragstellerin in T zu ihrer Arbeitsstelle im St. Josefs-Krankenhaus im Zentralort T beträgt laut Google-Maps-Berechnung 7,5 Kilometer. Daraus ergeben sich monatsanteilige Fahrtkosten von: 7,5 km x 2 x 220 Tage x 0,30 €/km = 990 € / 12 = 82,50 €.

Die von der Antragstellerin angeführten Darlehnsraten in Höhe von 42 € und 98 €, die sie für die Anschaffung von Hausrat anlässlich der Trennung aufgewendet haben will, können keine Berücksichtigung finden. Soweit es um den Kredit bei G-GmbH geht, kommt eine Anerkennung nicht in Betracht. Rechnungsadresse ist bereits wieder die ehemalige Ehewohnung, die die Antragstellerin zusammen mit ihren beiden Söhnen bewohnt. Die Ehewohnung dürfte vollausgestattet gewesen sein. Dass diese Anschaffung am 13.2.2010, also fast ein Jahr nach der Trennung, erforderlich war, und mit einem Darlehn finanziert werden musste, ist nicht im Ansatz nachzuvollziehen. Entsprechendes gilt für den Kredit bei der F-AG. Dieser datiert zwar vom Zeitpunkt her (29.4.2009) aus der Zeit der Trennung. Allerdings indiziert die Aufnahme eines Kredits nicht schon dessen Notwendigkeit. Es fehlt an jeglicher substantiierter Darlegung, welche Anschaffungen hiervon getätigt worden sind und aus welchen Gründen die Aufnahme eines Kredits erforderlich war.

Daraus ergibt sich folgende Rechnung zum Einkommen der Antragstellerin:

1.606 € - 2 € - 82,50 € = 1.521,50 €.

Für das Jahr 2011 sind nach dem Vortrag der Beteiligten und den bereits vorliegenden Gehaltsabrechnungen signifikante Änderungen nicht erkennbar, so dass das oben angeführte Einkommen auch für dieses Jahr zugrunde zu legen ist.

Danach ergibt sich zunächst der folgende Unterhaltsbedarf der Antragstellerin:

6/7 x 1.910,14 € + 6/7 x 1.521,50 € = 1.637 € + 1.304 € = 2.941 € / 2 = 1.470,50 € - 1.304 € = 166,50 €.

Der Bedarf der Antragsgegnerin wird aber in Höhe von 147 € gedeckt, da sie durch das Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft mit ihren beiden berufstätigen Söhnen Wohn- und Haushaltskosten spart. Nach Ziffer 6.2 der Hammer Leitlinien kann das Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft unter dem Aspekt ersparter Wohn- und Haushaltskosten nach den Umständen des Einzelfalls bei Leistungsfähigkeit die Bedürftigkeit mindern. Der geldwerte Vorteil kann dabei in der Regel mit 20 % des Selbstbehalts / Eigenbedarfs bemessen und dem jeweiligen Partner je zur Hälfte zugerechnet werden. Nach dem Wortlaut der Ziffer 6.2 der Hammer Leitlinien ist das Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft nicht auf das Zusammenleben mit einem Lebenspartner beschränkt. Häusliche Gemeinschaften können auch zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern bestehen. Für die Annahme einer solchen häuslichen Gemeinschaft spricht im vorliegenden Fall insbesondere, dass die häusliche Gemeinschaft mit den Söhnen schon vor der Trennung längere Zeit angedauert hat, nur kurze Zeit unterbrochen war und nunmehr auch bereits seit über einem Jahr besteht, so dass von einer gewissen Konstanz ausgegangen werden kann. Nach den Schilderungen der Antragstellerin im Termin besteht auch tatsächlich eine Hausgemeinschaft, da die Antragstellerin und ihre beiden Söhne gemeinsam wirtschaften, insbesondere jeweils zur Versorgung der Gemeinschaft beitragen. Beide Söhne sind als berufstätige Personen leistungsfähig.

Dass die Antragstellerin formal mit ihrem Sohn Q einen sogenannten "Mietvertrag" über einzelne Zimmer der einheitlichen Wohnung geschlossen hat, ist irrelevant. Ziffer 6.2. der Hammer Leitlinien ist auch dann anwendbar, wenn die Mitglieder einer häuslichen Gemeinschaft die Räumlichkeiten, in denen sie gemeinschaftlich wirtschaften, angemietet haben. Der Synergieeffekt eines gemeinschaftlichen Wirtschaftens tritt auch bei gemeinschaftlicher Nutzung einer Mietwohnung ein.

Da die häusliche Gemeinschaft hier sogar aus drei leistungsfähigen Personen besteht, kann der geldwerte Vorteil mit 30 % des Eigenbedarfs bemessen werden, von dem der Antragstellerin 10 % zuzurechnen sind. Der Bedarf der Antragsstellerin beträgt nach den obigen Ausführungen 1.470,50 €. 10 % hiervon sind 147 €.

Damit verbleibt nur noch ein rechnerischer ungedeckter Bedarf der Antragstellerin in Höhe von 19,50 € (166,50 € - 147 €).

Eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung dieses geringfügigen Unterhaltsbetrages kommt nach den Umständen des hier zur Beurteilung anstehenden Falles nicht in Betracht. Bei dem hier geschuldeten Trennungsunterhalt zwischen zwei berufstätigen Eheleuten nach § 1361 BGB geht es wie beim Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB um die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensverhältnisse. Dabei kommt es nicht auf eine schematische Gleichbehandlung an, sondern darauf, dass das während der Ehe bestehende Niveau erhalten bleibt (Johannsen/Henrich-Büttner, Familienrecht, 5. Auflage, § 1573 BGB Rn.29). Auch der Trennungsunterhalt ist von dem Gedanken der Eigenverantwortung geprägt, so dass auch hier - abhängig von den Umständen des Einzelfalls - ein Ausschluss der Zahlung geringfügiger Unterhaltsbeträge in Betracht kommt (OLG Brandenburg, Urteil vom 14.6.2007 - 9 UF 162/06). In der Rechtsprechung werden zum Teil Beträge, die unterhalb von 50 € liegen, als geringfügig erachtet (OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 947). Sachgerechter erscheint es, bei der Entscheidung, ob auch geringfügige Unterhaltsbeträge gezahlt werden müssen, auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten abzustellen. Eine Zahlung geringfügiger Unterhaltsbeträge kommt umso eher in Betracht je beengter die wirtschaflichten Verhältnisse sind (Palandt-Brudermüller, BGB, 70. Auflage, § 1573 Rn.15). Von beengten wirtschaftlichen Verhältnissen kann im vorliegenden Fall aber nicht die Rede sein. Der Antragstellerin verbleiben nach Abzug der anzuerkennenden Verbindlichkeiten 1.521,50 €. Selbst wenn man die Belastungen aus den Darlehen noch berücksichtigen würde, verfügt die Antragstellerin immer noch über ein zu ihrer Verfügung stehendes Einkommen von 1.150 €. Von beengten wirtschaftlichen Verhältnissen kann daher nicht ausgegangen werden. Das während der Ehe bestehende Niveau bleibt daher auch ohne die Zahlung der sich rechnerisch ergebenden Unterhaltsforderung von 19,50 € monatlich erhalten. ..."

***

„... A. Da das Vollstreckungsabwehrverfahren zeitlich nach dem 01.09.2009 eingeleitet worden ist, richtet es sich gemäß Art. 111 I FG-RG nach neuem Recht.

B. Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin vom 14.7.2010 ist als sofortige Beschwerde nach §§ 113 I S. 2 FamFG, 127 II S. 2 ZPO statthaft.

Es ist zulässig, insbesondere fristgerecht gemäß §§ 113 I S. 2 FamFG, 127 II S. 3 ZPO eingelegt worden.

C. In der Sache ist die sofortige Beschwerde allerdings nicht begründet.

Zu Recht hat das Amtsgericht eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne der §§ 113 I S. 2 FamFG, 114 S. 1 ZPO für die Verteidigung der Antragsgegenerin gegen den Antrag des Antragstellers auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vor dem Amtsgericht Marl vom 03.06.2005 unter dem Az: 12 F 455/03 abgelehnt. Nach summarischer Prüfung ist die Zwangsvollstreckung der Antragsgegnerin aus diesem Vergleich wegen Trennungsunterhaltes ab dem 01.01.2010 unzulässig im Sinne der §§ 113 I S. 2 FamFG, 767 ZPO.

1. Zwar haben sich die Beteiligten erstmals bereits im Jahr 2003 getrennt. Daraufhin sind sowohl das Ehescheidungsverfahren unter dem Az: 12 F 151/04 als auch das erste Trennungsunterhaltsverfahrens unter dem Az: 12 F 455/03 eingeleitet worden.

2. Danach haben die Beteiligten allerdings zwischen dem 01.04.2008 und dem 01.04.2009 wieder zusammengelebt.

a) Im Rahmen ihrer Ehescheidung unter dem Az: 12 F 151/04 hatten die Beteiligten bereits unter dem 15.02.2006 "aus familiären und persönlichen Gründen" übereinstimmend das Ruhen des Verfahrens beantragt. Noch am 27.04.2009 haben sie dem Amtsgericht gegenüber per Fax mitgeteilt, sich in einer "neuen Familienberatung" zu befinden. Erst weitere 5 Monate später hat der Antragsteller unter dem 26.09.2009 die Wiederaufnahme des Verfahrens begehrt.

b) In diesem Zusammenhang hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 06.01.2010 unter dem Az: 12 F 151/04 vorgetragen, die Beteiligten seien zum 01.04.2008 wieder zusammengezogen. Der Antragsteller sei in die Wohnung der Antragsgegnerin gezogen. Seit diesem Zeitpunkt hätten beide Beteiligten zusammengelebt. Erst zum 01.04.2009 sei es zu einer "neuerlichen" Trennung gekommen, und der Antragsteller habe versprochen, die eheliche Wohnung zu verlassen.

Dies sei erst zum 10.12.2009 geschehen. Zuvor hätten die Beteiligten zusammen gelebt, gemeinsame Urlaube verbracht und Familienbesuche unternommen.

c) In einem nachfolgenden Schriftsatz vom 04.02.2010 hat die Antragsgegnerin noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es im Zusammenhang mit dem Zusammenzug der Beteiligten zum 01.04.2008 zu einer Versöhnung zwischen ihnen gekommen sei. "De facto" hätten sie ihre Scheidungsanträge zurückgenommen.

d) Vor diesem Hintergrund ging die Antragsgegnerin im Januar 2010 sogar davon aus, dass das gesamte Ehescheidungsverfahren bereits abgeschlossen und abgerechnet worden sei.

3. Aufgrund des zwischenzeitlichen Zusammenlebens der Beteiligten ist der ursprüngliche Anspruch der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller auf Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB durch einen Anspruch auf Familienunterhalt nach den §§ 1360, 1360 a BGB abgelöst worden. Die unterschiedliche rechtliche Qualität dieser Ansprüche hat den im Vergleich vom 03.06.2005 unter dem Az: 12 F 455/03 titulierten Anspruch der Antragsgegnerin auf Trennungsunterhalt erlöschen lassen. Dieser Anspruch lebt auch nach der erneuten Trennung der Beteiligten zum 01.04.2009 nicht wieder auf. Vielmehr muss er neu bemessen und tituliert werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 10.03.1998, Az: 10 WF 280/97, FamRZ 1999, 30, Juris, Rdnr. 3; OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.01.1992, Az: 6 UF 140/91, FamRZ 1992, 943, Juris, Rdnr. 2; OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.06.1982, Az: 17 WF 37/82, FamRZ 1982, 1012, Juris, Rdnr. 3).

4. Folgerichtig hat die Antragsgegnerin aufgrund ihrer erneuten Trennung ein zweites Trennungsunterhaltsverfahren vor dem Amtsgericht Marl unter dem Az: 12 F 484/09 eingeleitet. In der Antragsschrift vom 23.10.2009 hat sie zwar auf das Ehescheidungsverfahren unter dem Az: 12 F 151/04, nicht aber auf den Vergleich vom 03.06.2005 unter dem Az: 12 F 455/03 zum Trennungsunterhalt Bezug genommen. Das Datum der "neuerlichen" Trennung hat die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang ebenfalls mit April 2009 angegeben.

5. Es wird nicht verkannt, dass die Beteiligten bereits unter dem 27.10.2008 eine privatschriftliche Vereinbarung getroffen haben, wonach sie ihren "Versöhnungsversuch seit April 2008" für gescheitert erachteten. Selbst unter Zugrundelegung einer zweiten Trennung bereits im Oktober 2008 hätten sie jedoch für einen Zeitraum von wenigstens 6 Monaten zusammengelebt. Für die Annahme einer lediglich vorübergehenden Versöhnung wäre auch unter diesen Voraussetzungen kein Raum (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 30.01.1986, Az: 1 WF 20/86, NJW-RR 1986, 554, 555, Juris, Leitsatz; Palandt-Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Auflage, § 1361, Rdnr. 9)

6. Schließlich wird nicht übersehen, dass die Beteiligten in die privatschriftliche Vereinbarung vom 27.10.2008 auch eine Trennungsunterhaltsverpflichtung des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin in Höhe von monatlich 1.100,00 € aufgenommen haben. Hierdurch haben sie allerdings in Übereinstimmung mit der bestehenden Rechtslage gehandelt. Denn mangels eines fortbestehenden Unterhaltstitels war die Unterhaltsfrage nach der zweiten Trennung der Beteiligten erneut regelungsbedürftig.

Dementsprechend ist zwar die Unterhaltshöhe aus dem Vergleich vom 03.06.2005 übernommen worden. Eine Bezugnahme auf diesen Unterhaltstitel ist aber nicht erfolgt. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 24.01.2011 - II-2 WF 277/10)

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Verschweigt der unterhaltsberechtigte Ehegatte eigene Einkünfte, obwohl der Unterhaltsverpflichtete gezielt nach solchen Einkünften gefragt hat, und verhandelt er so zur Sache, so liegt ein Verwirkungstatbestand vor, auch wenn die verschwiegenen Einkünfte verhältnismäßig gering waren und nur über einen begrenzten Zeitraum erzielt wurden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.07.2010 - II-8 UF 14/10 zu §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 3, 5 BGB):

„... Der am 12.07.1949 geborene Beklagte und die am 05.11.1952 geborene Klägerin haben am 27.12.1973 geheiratet. Aus der Ehe ist ein mittlerweile über 30jähriges Kind hervorgegangen. Die Parteien haben sich im Februar 2005 getrennt; eine Scheidung ist noch nicht erfolgt.

Unter dem 03.11.2005 haben die Parteien einen Zwischenvergleich geschlossen, wonach der Beklagte der Klägerin monatlich 550 € Trennungsunterhalt zahlt; Grundlagen enthält der Vergleich nicht. Der Beklagte hat die Zahlungen durchgehend bis Mai 2010 geleistet. Im September 2007 hat die Klägerin mit einem Antrag auf Zahlung von über 550 € hinausgehenden Unterhaltsbeträgen das Verfahren fortgesetzt; der Beklagte hat sich nur gegen die Erhöhung mit einem Klageabweisungsantrag zur Wehr gesetzt.

Streitbefangen betreffend die von der Klägerin erstrebte Erhöhung ist der Zeitraum ab Februar 2007. Eine Mahnung zur Zahlung eines über 550 € monatlich hinausgehenden Unterhalts ist unter dem 22.05.2007 erfolgt. Im März 2006 hatte die Klägerin dem Gericht mitgeteilt, dass sich nach ihrer Berechnung an einem Unterhaltsanspruch in Höhe von 550 € nichts geändert habe.

Der Beklagte - im Februar 2007 bereits Bezieher von Altersrente - hat am 25.08.2004 von seinem früheren Arbeitgeber eine Nettoabfindung von 12.908,03 € erhalten; in erster Instanz haben die Parteien diese Abfindung auf einen Zeitraum von 10 Jahren - bis zum Eintritt des "normalen Ruhestands" - verteilt und unterhaltsrechtlich mit monatlich 107,56 € bewertet.

Die Klägerin leidet an einem Gehirntumor und entsprechenden Folgeerkrankungen. Seit dem 07.01.2007 ist sie arbeitsunfähig erkrankt. Nach der Lohnfortzahlung bis Mitte Februar 2007 hat sie bis Juli 2008 Krankengeld in Höhe von monatlich durchschnittlich 732 € bezogen, daneben jedoch auch bis Juli 2007 einen Krankengeldzuschuss in Höhe von monatlich rund 162 € von ihrem früheren Arbeitgeber erhalten, und zwar durch Überweisung auf ihr Girokonto. Seit August 2007 bezieht die Klägerin - zunächst befristet bis Mai 2009, nunmehr unbefristet - eine Erwerbsunfähigkeitsrente.

Die Klägerin ist in erster Instanz im Hinblick auf ihre Erwerbsfähigkeit und auf ihre Fähigkeit, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu überblicken und auf konkreten Hinweis entsprechende Angaben zu machen, ärztlich begutachtet worden. Das Gutachten hat der Klägerin eine vollständige Arbeitsunfähigkeit bis Ende März 2008 bescheinigt, für die Folgezeit hat es lediglich noch stundenweise, in unregelmäßiger Reihenfolge stattfindende ehrenamtliche Betreuungsleistungen ohne Anforderungen an Hilfestellungen in der Pflege für möglich erachtet. Im Übrigen stellte der Sachverständige fest, dass die Klägerin jedenfalls in der Zeit von Juni 2007 bis Oktober 2008 nicht in der Lage war, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu überblicken, wobei "einfache nachvollziehbare Gedankengänge" durchaus möglich waren, komplizierte Zusammenhänge von Einkommens- und Vermögensverhältnissen jedoch nicht dargelegt werden konnten.

Die - durchgängig anwaltlich vertretene - Klägerin hat bei Fortsetzung des Verfahrens im September 2007 den Arbeitgeberzuschuss zum Krankengeld nicht angegeben. Nachdem der Beklagte im entsprechenden Klageabweisungsschriftsatz vom 16.10.2007 ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass die Klägerin einen Krankengeldzuschuss von ihrer Arbeitgeberin erhalten müsse, hat die Klägerin durch Schriftsatz vom 26.11.2007 vortragen lassen, dass sie keinerlei zusätzliche Zahlungen seitens ihres Arbeitgebers erhalte. Auch in einem weiteren Schriftsatz vom 30.07.2008 hat die Klägerin den vereinnahmten Krankengeldzuschuss nicht angegeben. Am 14.08.2008 fand die mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht mit Antragstellung statt. Erst nachdem der Beklagte die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des früheren Arbeitgebers der Klägerin vorgelegt hatte, hat diese unter dem 27.08.2008 den Bezug des Krankengeldzuschusses bestätigt und sich dabei darauf berufen, dass ihr dies zuvor wegen ihrer Erkrankung nicht "bekannt" gewesen sei; später hat sie ihr Vorbringen dahingehend ergänzt, dass sie krankheitsbedingt ihre Kontoauszüge nur abgeheftet, nicht jedoch gedanklich nachvollzogen habe.

Das Amtsgericht hat den Beklagten unter teilweiser Klageabweisung verurteilt, über im Zwischenvergleich titulierte monatlich 550 € hinaus für Februar 2007 weitere 89 €, für die Zeit ab März 2007 bis Juli 2008 weitere 158 €, von August 2008 bis Dezember 2008 monatlich weitere 518 € und ab Januar 2009 monatlich weitere 504 € Trennungsunterhalt an die Klägerin zu zahlen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag - ausdrücklich nur über den Betrag des Zwischenvergleichs hinaus - weiter. Er rügt zunächst, dass das Amtsgericht die Einkünfte beider Parteien nicht zutreffend berechnet habe. Zudem liege für die Monate Februar bis April 2007 kein Verzug vor. Schließlich habe die Klägerin ihren - über 550 € monatlich hinausgehenden - Unterhaltsanspruch verwirkt, denn sie habe in erster Instanz trotz gezielter Rückfrage unvollständige Angaben zu ihren Einkünften gemacht und damit einen versuchten Prozessbetrug begangen, indem sie die Krankengeldzuschüsse des Arbeitgebers nicht angegeben habe; zudem habe sie sich in der parallel außergerichtlich geführten Korrespondenz zum Zugewinnausgleich im April 2009 zu einem in ihrem Besitz befindlichen Sparbuch mit unwahren Behauptungen erklärt.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen; ihr krankheitsbedingtes Verhalten könne nicht zu einer Verwirkung führen, zumal die fraglichen Beträge als verhältnismäßig geringfügig anzusehen seien. ...

Anspruchsgrundlage für den Trennungsunterhalt ist § 1361 BGB. Zutreffend beruft sich der Beklagte zunächst für den Zeitraum von Februar bis April 2007 auf fehlenden Verzug. Die Parteien hatten im Zwischenvergleich vom 03.11.2005 einen bestimmten Unterhaltsbetrag vereinbart und in Ziffer 4 des Zwischenvergleichs ausdrücklich vereinbart, dass das Verfahren auf Antrag einer Partei ab Februar 2006 fortgesetzt werde. Nachdem die Klägerin auf Sachstandsanfrage des Gerichts mit Schriftsatz vom 28.03.2006 ausdrücklich erklärt hatte, dass sich nach ihrer Berechnung an einem Unterhaltsanspruch in Höhe von 550 € nichts ändere (Bl. 92), durfte sich der Beklagte ohne Weiteres drauf einstellen, jedenfalls bis zu einer erneuten Mahnung nicht auf höhere Unterhaltsbeträge in Anspruch genommen zu werden, zumal sich die Klägerin dann mehr als ein Jahr - bis zum 22.05.2007- Zeit ließ, bis sie erneut höheren Unterhalt anmahnte. Bei dieser Sachlage ist nicht von der Fortwirkung einer früheren Mahnung - die Stufenmahnung der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin stammte vom 09.11.2004, Bl. 6 - ausgehen, da sich der Beklagte aufgrund des zwischenzeitlichen Verhaltens der Klägerin und ihrer Erklärungen darauf einstellen konnte, nicht über den im Zwischenvergleich vereinbarten Betrag hinaus Unterhalt zahlen zu müssen.

Das Amtsgericht hat zu Unrecht eine Verwirkung gem. §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr.3, 5 BGB wegen Verschweigens bzw. falscher Darstellung der eigenen Einkünfte durch die Klägerin verneint (vgl. BGH in FamRZ 2007, 1532 ff, Ziff. 54). Die Feststellungen des Gutachters wurden unzutreffend auf die hier streitigen Vorgänge übertragen, denn der Gutachter hat ausdrücklich bestätigt, dass die Klägerin in der Lage war, einfache nachvollziehbare Gedankengänge zu überblicken. Bei Zahlungseingängen auf dem Girokonto, für die zugleich auch Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers erstellt und dem Arbeitnehmer zur Kenntnis gebracht worden sind - die Klägerin hat diese vorgelegt -, handelt es sich um einfachste Vorgänge, deren Wahrnehmung und gedankliche Kenntnisnahme keiner analytischen Fähigkeit bedürfen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Klägerin durch den Schriftsatz des Beklagten vom 16.10.2007 ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass sie einen Krankengeldzuschuss erhalten müsse, so dass spätestens dadurch eine Veranlassung bestand, dies zu überprüfen, was der Klägerin durch einfachen Einblick in die - nach eigenem Vorbringen sorgfältig abgehefteten - Kontoauszüge oder entsprechende Rückfrage beim - früheren - Arbeitgeber möglich war, ohne dass eigene geistige Tätigkeiten von Gewicht hätten entfaltet werden müssen. Dieser Rückschluss gilt umso mehr, als zeitgleich zu den fehlerhaften Angaben im vorliegenden Unterhaltsverfahren - September bis November 2007 - in der parallel geführten Korrespondenz zum Zugewinnausgleich durchaus Angaben gemacht wurden, deren interne Aufarbeitung mindestens genauso anspruchsvoll war wie die bloße Angabe zum Bezug von Einkünften; das Amtsgericht geht in diesem Zusammenhang offenbar fehlerhaft davon aus, dass die Korrespondenz zum Trennungsunterhalt und zum Zugewinnausgleich zeitlich gestaffelt geführt wurden, was jedoch tatsächlich unrichtig ist.

Der Umstand, dass die Klägerin bedauerlicherweise schwer erkrankt ist, mag bei der Bewertung der Verwirkungsfolgen durchaus berücksichtigt werden, steht aber der grundsätzlichen Annahme des Vorliegens eines versuchten Prozessbetruges, der spätestens mit der Antragstellung im Termin vom 14.08.2008 gegeben ist, nicht entgegen. Im Übrigen belegt auch der Umstand, dass sich die Klägerin offenbar bislang nicht veranlasst gesehen hat, sich vor dem Hintergrund ihrer Erkrankung Betreuungsmaßnahmen ihre wirtschaftlichen Verhältnisse betreffend zu unterwerfen, dass sie offenbar selbst nicht davon ausgeht, ihre eigenen Belange selbst nicht mehr wahrnehmen zu können, zumal der Gutachter keine Anhaltspunkte dafür geliefert hat, dass seit dem bei ihm nachgefragten Zeitraum von Juli 2007 bis Oktober 2008 nachhaltige Verbesserungen im Zustand der Klägerin eingetreten wären.

Zusätzlich ist in diesem Zusammenhang auch die falsche Angabe der Klägerin in der Korrespondenz zum Zugewinnausgleich ein Sparbuch betreffend zu berücksichtigen; die gemeinsame Tochter der Parteien hat ausdrücklich bestätigt, dass das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin, soweit es ihre Person betreffe, nicht zutreffend sei.

Danach ist vom Vorliegen einer Verwirkung gemäß §§ 1361, 1579 Nr. 3, 5 BGB auszugehen. Diese führt nach Auffassung des Senats angesichts der Erkrankung der Klägerin, der wirtschaftlich relativ geringfügigen Gefährdung der Vermögensinteressen des Beklagten und der langen Ehezeit nicht zu einer vollständigen Versagung des Trennungsunterhalts, zumal der Beklagte eine solche durch das Akzeptieren eines monatlichen Betrages von 550 € offenbar selbst nicht für geboten erachtet. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass es sich vorliegend nicht lediglich um den Fall bloßen Verschweigens von Einkünften, sondern den der Nichtangabe trotz ausdrücklicher Nachfrage durch den Unterhaltsverpflichteten und entsprechender Antragstellung in der mündlichen Verhandlung handelt, der als schwerwiegender Angriff auf die Vermögensinteressen des Beklagten zu werten ist. Insgesamt erscheint es dem Senat nach nochmaliger sorgfältiger Abwägung der beiderseitigen Belange als angemessen, den Unterhaltsbedarf der Klägerin auf 1.000 € herabzusetzen, wobei auch berücksichtigt ist, dass die damit für die Klägerin verbundene Einschränkung tatsächlich im wesentlichen auf die Zeit von August 2008 (s.u.) bis zum voraussichtlich baldigen Eintritt der Rechtskraft der Scheidung (dann greift der Versorgungsausgleich) beschränkt ist.

Für die Zeit von Mai 2007 bis Juli 2008 besteht danach kein - weiterer - Unterhaltsanspruch der Klägerin. Sie hat im Jahre 2007 nach eigener Berechnung monatlich durchschnittliche Einkünfte von rund 917 € erzielt (S. 6 des Schriftsatzes vom 27.10.2008) und vom Beklagten monatlich 550 € erhalten, so dass ihr 1.467 € zur Verfügung standen. Von Januar bis Juli 2008 hat die Klägerin monatlich Krankengeld von 732 € und Rente von 197 € sowie Unterhalt von 550 € bezogen, zusammen mithin 1.479 €.

Ab August 2008 errechnet sich der Unterhaltsanspruch zunächst wie folgt:

Rente des Beklagten 1.984 €
Abfindung 108 €
Deputat 84 €
Wohnvorteil 280 €
abzüglich
Zusatzkrankenversicherung 98 €
Gewerkschaftsbeitrag 9 €
Steuernachzahlung für 2007 23 €
Steuervorauszahlung 23 €
verbleiben 2.303 €
Rente der Klägerin 197 €
Differenz 2.106 €
Unterhalt (Halbteilung) 1.053 €.

Dieser Anspruch ist, wie ausgeführt, wegen Verwirkung auf 1.000 € zu kürzen, so dass zum zusätzlichen Ausgleich durch den Beklagten (1.000 € - 197 € - 550 € =) 253 € verbleiben. Ab Juni 2010 hat der Beklagte mithin (550 € + 253 €=) 803 € zu zahlen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. ..."

***

„... Der beabsichtigten Klage kann in dem aus dem Tenor des Beschlusses ersichtlichen Umfang eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abgesprochen werden. Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Familienunterhalt gem. §§ 1360, 1360 a BGB. Denn der Umstand, dass ein Ehegatte in einem Pflegeheim aufgenommen wird, führt noch nicht zu einer Trennung im Sinne des § 1567 BGB, so dass ein Unterhaltsanspruch nach § 1361 BGB nicht in Betracht kommt (OLG Nürnberg, FamRZ 08, 788 f. = juris RN 11; Staudinger/Voppel, Neubearbeitung 2007, § 1360 BGB RN 12; MK-BGB/ Weber-Monecke, 5. Aufl. 2010, § 1360 BGB RN 2; Wendl/Staudigl/Scholz, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 3 RN 5, 34). Auch nur ansatzweise nachvollziehbare Gründe, weshalb die Parteien gleichwohl getrennt leben sollen, lassen sich den vorgelegten Schreiben und Bescheiden des Sozialamts der Stadt C. nicht entnehmen. Die dort vorgenommene abweichende Beurteilung hat zudem für die von den Familiengerichten zu treffenden unterhaltsrechtlichen Entscheidungen keinerlei Bindungswirkung.

Nach der Rspr. des BVerfG (BVerfGE 66, 84 ff = NJW 1984, 1523, 1525 = FamRZ 1984, 346, 350) und des BGH (NJW 2006, 2402, 2407 = FamRZ 2006, 1010, 1014) kann der Verpflichtete im Verhältnis zu seinem Partner seinen Beitrag zum Familienunterhalt nicht unter Hinweis darauf verweigern, er sei ohne Gefährdung seines Eigenbedarfs zur Unterhaltsleistung nicht in der Lage. Nach dieser Auffassung, die auch in der Literatur Zustimmung erfährt (Weber-Monecke a.a.O. RN 5; Heiß/Born, Unterhaltsrecht, Kap. 11 RN 6; Eschenbruch in Unter-haltsprozess, 5. Aufl., Kap 1 RN 60; Massfeller/Böhmer/Coester, Familienrecht, § 1360 BGB RN 4: "… haben die Eheleute miteinander alles gemeinsam zu verbrauchen und evtl. gemeinsam Sozialhilfe zu beantragen"), kann der Antragsgegner sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er benötige die von ihm bezogenen Renten, um seinen eigenen Bedarf zu decken und sei damit nicht in der Lage, der Antragstellerin Familienunterhalt zu gewähren. Im Hinblick auf diese höchstrichterliche Rechtsprechung kann der Antragstellerin nicht auf Grund der Erwägungen im angefochtenen Beschluss die Prozesskostenhilfe verweigert werden.

Aber auch wenn von dieser für die Antragstellerin günstigen Rechtsauffassung ausgegangen wird, hat die beabsichtigte Klage nur zum Teil Aussicht auf Erfolg. Die Antragstellerin kann nämlich keinesfalls von dem Gesamtrenteneinkommen der Parteien von knapp 982 € einen Anteil von 689 € für sich beanspruchen, wie sie es ausweislich der Berechnung im Schriftsatz vom 3.12.2009 (GA 40/1) tut, mit der Folge, dass sich der Antragsgegner mit einem Rest von nur knapp 293 € begnügen muss. Für eine derartige Bevorzugung der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner gibt es nicht die geringste Rechtfertigung, zumal der Bedarf des Antragsgegners im Hinblick auf die Kosten der Heimunterbringung höher zu veranschlagen ist als der der Antragstellerin. Bei der günstigsten für die Antragstellerin möglichen Betrachtungsweise kann ihr als Anspruch gegen den Antragsgegner nur die Hälfte des Gesamteinkommens unter Anrechnung des darin enthaltenen eigenen Einkommens zugeteilt werden (vgl. Weber-Monecke a.a.O. RN 3), also ein Betrag von 982 € : 2 - 75 € = 416 €. Damit verfügen beide Ehegatten über einen Anteil von 491 € am Gesamteinkommen.

Nicht zu verkennen ist allerdings, dass diese strikte Aufteilung des Familieneinkommens im Rahmen der §§ 1360, 1360a BGB unabhängig von einem Selbstbehalt des Anspruchsgegners nicht unumstritten ist. So wird in der Literatur auch bei grundsätzlicher Anerkennung des Grundsatzes, dass sich im Rahmen des Familienunterhalts einer der Ehegatten nicht auf beschränkte Leistungsfähigkeit oder einen Selbstbehalt berufen kann, angenommen, dass ihm gleichwohl sein Existenzminimum zu belassen ist (Staudinger/Voppel, a.a.O. § 1360 RN 15; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl., § 21 RN 19), was bei der vorstehend vorgenommen Verteilung des Renteneinkommens des Antragsgegners nicht mehr der Fall wäre. Desweiteren wird für Fälle in denen - wie vorliegend - der Familienunterhalt als Geldrente zu bemessen ist, die Auffassung vertreten, dass auf die Selbstbehaltsbeträge der Unterhaltsleitlinien abzustellen ist (Wendl/Staudigl/Scholz a.a.O. § 3 RN 7, 34; ähnlich OLG Düsseldorf NJW 2002, 1353 für den umgekehrten Fall, in dem es um die Bemessung des Unterhaltsanspruchs des im Pflegeheim lebenden Ehegatten gegen den anderen Ehegatten mit höheren Einkünften geht; dem sich anschließend Jauernig, BGB, 13. Aufl., §§ 1360, 1360a RN 6). Ob diese Auffassungen nicht vorzugswürdig sind, kann im summarischen Prozesskosten-hilfeprüfungsverfahren allerdings dahinstehen, da es der Antragstellerin mit Blick auf die für sie günstige Rechtsauffassung der höchsten Gerichte nicht verwehrt werden kann, unter Kostenbefreiung den Rechtsweg zu beschreiten.

Die Parteien sollten erwägen, sich im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen - zweckmäßigerweise unter Einbeziehung des Sozialamts - zu verständigen, statt einen Rechtsstreit zu führen. Das von der Antragstellerin angestrebte Ziel, aus dem Gesamteinkommen soviel zugeteilt zu erhalten, dass sie ihren notwendigen Bedarf damit decken kann, lässt sich auf keinen Fall erreichen. Andererseits reicht selbst das volle Renteneinkommen des Antragsgegners (ca. 907 €) zzgl. des Pflegegelds (1.279 €) und des Pflegewohngelds (knapp 529 €) nicht aus, um seinen Bedarf (ca. 3.455 €) zu decken, so dass beide Ehegatten auf unterstützende Leistungen nach dem SGB XII angewiesen sind (die Antragstellerin nunmehr Grundsicherung im Alter und der Antragsgegner Hilfe zur Pflege). Damit dürfte es im wirtschaftlichen Endergebnis für die Parteien gleichgültig sein, wie sie das schmale Renteneinkommen intern verteilen.

Abschließend ist noch anzumerken, dass nicht nachvollziehbar ist, warum das Sozialamt der Stadt Bochum bei völlig unveränderter Sachlage am 14.5.2009 plötzlich zu der Auffassung gelangt ist, "unter den gegebenen Umständen" (?) könne "nicht mehr länger von einem ehelichen Zusammenleben ausgegangen werden", so dass die gesamte Rente des Antragsgegners für seinen Heimaufent-halt einzusetzen sei (und damit den Anlass für die Auseinandersetzung der Parteien geschaffen hat). Ein sachlicher Grund hierfür ist weder dem Schreiben selbst zu entnehmen noch sonst ersichtlich. Es dürfte sich bei den Beteiligten des hiesigen Verfahrens deshalb weiterhin um nicht getrennt lebende Ehegatten im Sinne von § 19 SGB XII handeln. Der Begriff des Getrenntlebens von Ehegatten im Sozialrecht richtet sich nämlich nach den familienrechtlichen Grundsätzen des BGB (BSG Urteil vom 18.02.2010 - B 4 AS 49/09 R -, zit. nach juris). Die Parteien führten seit der Verlegung des Antragsgegners in ein Pflegeheim eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt (gemeinsame Wohnung), bildeten aber - nach wie vor - eine Bedarfsgemeinschaft i. S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II (vgl. BSG, aaO). ..." (OLG Köln, Beschluss vom 21.04.2010 - 27 WF 21/10)

***

„... I. Die Klägerin nimmt den Beklagten nach § 1451 BGB auf Bewirkung der Auszahlung von Trennungsunterhaltsbeträgen aus dem Gesamtgut der Parteien rückwirkend ab Februar 2007 in Anspruch. Seit dem 09.06.2009 sind die Parteien rechtskräftig geschieden.

Wegen des Sachverhaltes wird zunächst gemäß § 540 Absatz 1 Satz 1 Nr.1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

Die Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben vom 08.02.2007 zur Auskunftserteilung über seine Einkünfte zwecks Geltendmachung ihres Unterhaltsanspruches aufgefordert.

Sie ist als kaufmännische Angestellte im ... teilzeittätig. Bis Oktober 2008 ist sie mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt gewesen. Im November 2008 ist ein Arbeitsplatzwechsel erfolgt. Seither ist die Klägerin 24 Stunden pro Woche tätig, hat bis April 2009 ein monatliches Bruttoeinkommen von 1.400,00 €, ab Mai 2009 von 1445,00 € erzielt. Einmal jährlich erhält sie eine Sonderzahlung, die sich wahrscheinlich auf 500 € belaufen wird. Erstinstanzlich ist der im November erfolgte Arbeitsplatzwechsel von Seiten der Klägerin nur zu den Prozesskostenhilfeunterlagen mitgeteilt worden. In der Berufungsinstanz sowie im Scheidungsverfahren, in dem auf Zahlung nachehelichen Unterhaltes geklagt wurde, hat sie ihre geänderten Einkünfte offengelegt.

Die Klägerin zahlt für das von ihr und den Kindern bewohnte Eigenheim der Parteien die Hauslasten und die verbrauchsunabhängigen Nebenkosten in Höhe von monatlich 840,74 €. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Beträge zum Wohnwert des Hauses und die von der Klägerin gezahlten festen Kosten im Trennungsunterhaltsverfahren derart in die Berechnung einfließen sollen, dass insoweit eine güterrechtliche Auseinandersetzung für den Zeitraum Februar 2007 bis 09.06.2009 nicht mehr erforderlich ist.

Der Beklagte ist .... Seine Gehaltszahlungen laufen auf ein Konto, über das nur er verfügungsbefugt ist. Hinsichtlich im Zeitraum Februar 2007 bis Januar 2008 von ihm geleisteter Gesamtunterhaltszahlungen wird auf die Aufstellung der Klägerin vom 04.08.2008 (Bl. 106 f. Bd.I d.A) verwiesen. Im Februar 2008 hat der Beklagte Gesamtunterhalt von 1009,38 € gezahlt. Nach übereinstimmender Erklärung der Parteien sollen die bis Februar gezahlten Unterhaltsbeträge vorrangig auf den geschuldeten Kindesunterhalt verrechnet werden.

Mit seiner Berufung macht der Beklagte geltend, rechtsfehlerhaft habe das Amtsgericht seine trennungsbedingten Anschaffungskosten für Möbel unberücksichtigt gelassen, seine monatlichen Krankenversicherungskosten betrügen nicht 34,52 €, sondern 38,28 €. Da beide Kinder sich in der Übermittagsbetreuung befänden, bestünde eine Vollerwerbsverpflichtung der Klägerin. Diese habe unterhaltsverwirkend verschwiegen, schon seit Monaten mindestens 1100 € netto monatlich an Einkünften zu erzielen. Der angesetzte Wohnwert sei zu gering. Ob ihm der notwendige Selbstbehalt verbleibe, sei zu prüfen. Barmittel, welche als Gesamtgut für den Unterhaltsbedarf zur Verfügung gestellt werden könnten, seien nicht vorhanden.

Er beantragt, das Urteil des Amtsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin hat Anschlussberufung eingelegt und beantragt, unter Zurückzuweisung der Berufung des Beklagten das angefochtene Urteil in dessen Ziffer 1a zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, zu bewirken, dass sie aus dem Gesamtgut der Parteien für den Zeitraum Februar 2007 bis einschließlich Januar 2008 einen Betrag von 3791,82 € erhält.

Die Klägerin meint, die auf den Zeitraum Februar 2007 bis Januar 2008 gerichtete Unterhaltsklage sei zu Unrecht abgewiesen worden, da sie den Beklagten mit Schreiben vom 08.02.2007 auf Unterhaltszahlungen in Anspruch genommen habe. Eine Ausweitung der Teilzeittätigkeit sei ihr auch unter Berücksichtigung der Betreuungssituation der Kinder nicht möglich. Zum Betreuungsbedarf der Kinder und der Betreuungssituation wird auf die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 29.05.2009 (Bl. 31 Bd.II d.A.) verwiesen. Die Klägerin trägt weiter vor, ihr derzeitiger Arbeitsplatz liege 21 km von ihrem Wohnort entfernt. Der objektive Nutzwert des von ihr bewohnten Hauses betrage maximal 640 €, der Beklagte selbst gehe von 660 € aus.

Der Beklagte beantragt des weiteren, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts beide Parteien persönlich angehört.

II. Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten haben teilweise Erfolg.

Es besteht ein güterrechtlicher Anspruch der Klägerin nach § 1451 BGB auf Mitwirkung des Beklagten an einer ordnungsmäßigen Verwaltung des Gemeingutes der vereinbarten Gütergemeinschaft, zu der auch die zur Verfügungstellung der zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfes erforderlichen Barmittel gehört, in der tenorierten Höhe.

Ein in Gütergemeinschaft, aber getrenntlebender Ehegatte hat unter den Voraussetzungen des § 1361 BGB und in dem dort bestimmten Umfang Anspruch auf Trennungsunterhalt hat. Der Trennungsunterhaltsanspruch besteht unabhängig von dem geltenden Güterstand (BGH FamRZ 1990, 851. WendlDose, Unterhaltsrecht, 7. Aufl.2008, § 6, Rn.402. Weinreich, Unterhalt in der Gütergemeinschaft, FuR 1999, 49 (52)).

Soweit die Klägerin mit der Anschlussberufung dem Grunde nach ihren güterrechtlichen Anspruch auf Mitwirkung zur Auszahlung rückwirkend ab Februar 2007 weiter verfolgt, hat sie Erfolg.

Ob bei einer Gütergemeinschaft ein Mitwirkungsanspruch für die Vergangenheit überhaupt mit dem Argument verneint werden kann, es fehle an der unterhaltsrechtlich zur Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit erforderlichen Inverzugsetzung des Unterhaltsschuldners oder an einem an ihn gerichtetes Auskunftsverlangen nach § 1361 Abs. 4 Satz 3, 1360 a III, 1613 BGB, kann dabei dahinstehen. Denn die Klägerin hat durch Vorlage des an den Beklagten gerichteten außergerichtlichen Schreibens vom 08.02.2007 (Bl. 34 Bd.II) nachgewiesen, den Beklagten zwecks Geltendmachung ihres Unterhaltsanspruches zur Auskunftserteilung über seine Einkommensverhältnisse aufgefordert zu haben. Die unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung des Unterhaltsanspruches für die Vergangenheit liegen danach vor.

Zur Höhe des Anspruches wird in der Literatur (Weinreich, a.a.O., S. 52, WendlDose, a.a.O.) ausgeführt, bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfes nach den Einkommens und Vermögensverhältnissen bleibe zunächst der Umstand, dass Gütergemeinschaft vereinbart sei, unberücksichtigt, die Ermittlung des Unterhaltsbedarfes biete deshalb im Wesentlichen keine weiteren Besonderheiten. Der Bundesgerichtshof (FamRZ 1990, 851) hat demgegenüber ausgeführt, es sei zu prüfen, ob der Unterhaltsanspruch durch die Gütergemeinschaft inhaltlich beeinflusst werde. Diese vom Senat durchgeführte Prüfung führt zu einer in mehreren Punkten abweichenden Berechnung der Höhe des zur Verfügung zu stellenden Trennungsunterhalts.

Die Höhe des Trennungsunterhaltsanspruchs der Klägerin bemisst sich nach den Einkommens und Vermögensverhältnissen der Parteien (§ 1361 Abs. 1 BGB). Insofern sind in erster Linie die beiderseitigen Einkommens und Vermögensverhältnisse maßgebend. Da die Parteien kein Vorbehaltsgut (§1418 BGB) vereinbart haben und ein für Rechnung des Gesamtgutes zu verwaltendes Sondergut (§ 1417 BGB) nicht besteht, bedeutet dies, dass das Vermögen beider zu einem Gesamtgut (§ 1416 BGB) verschmilzt. Einkünfte, die in das Gesamtgut fallen, sind vorrangig für den Unterhalt der Familie einzusetzen, wie der Stamm des Gesamtgutes vor dem Vorbehalts oder Sondergut einzusetzen ist (§ 1420 BGB). Einem Ansatz der Einkünfte des Beklagten steht das Wesen der Gütergemeinschaft als Solches nicht entgegen. Seine Einkünfte sind dem Beklagten einseitig zuzurechnen, da sie auf sein Bankkonto geflossen sind und dem Zugriff der Klägerin trotz bestehender Gütergemeinschaft entzogen waren.

Das steuerpflichtige Bruttoeinkommen des Beklagten im Jahre 2007 hat ausweislich der vorgelegten Gehaltsabrechnungen Januar bis Dezember 2007 (Bl.13 ff Hauptakte, 20 ff. EAPKV ) 35.180,72 €, das Nettoeinkommen 28.714,43 € betragen. In 2008 ist das steuerpflichtige Jahresbruttoeinkommen nach der vorgelegten Lohnsteuerbescheinigung 2008 ( Bl. 181 Bd.I) auf 36.789,34 €, das Nettoeinkommen 28.784,56 € gestiegen. Eine Reduzierung des Einkommens durch den Wegfall des Verheiratetenzuschlages erfolgt erst mit Rechtskraft der Scheidung. In 2006 haben die Parteien eine Steuererstattung für das Jahr 2005 in Höhe von 1392,79 € (Bl. 33 Bd.I) erhalten. In 2007 ist es keine Steuererstattung erfolgt. In 2008 hat der Beklagte eine Steuererstattung für 2007 in Höhe von 300,91 € (Bl.182) und für 2006 in Höhe von 526,84 € (Bl.109 Bd.I) erhalten. Diese sind ihm als Einkommen zuzurechnen, da die Auszahlung dieser Beträge auf sein Bankkonto erfolgte. Für 2009 ist mit einer Einkommenssteuererstattung in entsprechender Höhe nicht zu rechnen. Darüber hinaus erhält der Beklagte monatliche Nachzahlungen an steuerfreien Bezügen. Diese haben sich in 2007 ausweislich der vorgelegten Gehaltsabrechnungen auf monatlich durchschnittlich 135,00 € belaufen. Dieser Betrag ist auch für die Folgezeit anzusetzen. Abzuziehen sind monatliche Krankenversicherungskosten in Höhe von 34,52 €, ab Januar 2009 von 38,28 €, sowie monatliche Fahrtkosten in Höhe von 298,00 €, deren konkreter Ansatz mit der Anschlussberufung nicht angegriffen worden ist.

Die zur Neuanschaffung von Möbeln aufgenommenen Verbindlichkeiten des Antragsstellers hat das Amtsgericht zutreffend unberücksichtigt gelassen. Gesetzlich ist nicht geregelt, ob und inwieweit bei der Bedarfsermittlung Schulden zu berücksichtigen sind. Der Bundesgerichtshof hat früher den Abzug auf ehebedingte Verbindlichkeiten beschränkt. Diese Rechtsprechung hat er zwischenzeitlich geändert. Abzugsposten sind nicht nur Schulden aus der Zeit des Zusammenlebens, sondern auch nach der Trennung/Scheidung entstandene Verbindlichkeiten, soweit sie unumgänglich sind bzw. nicht leichtfertig eingegangen wurden. Da es keine Lebensstandartgarantie gibt, nimmt der Unterhaltsberechtigte auch an Einkommensminderungen durch nicht vorwerfbare Einkommensreduzierungen oder neue Ausgaben teil (WendlGerhardt, Unterhaltsrecht, a.a.O., § 1 Rn. 616, 622. BGH FamRZ 2006, 683, FamRZ 2008, 968). Die Aufnahme der Kredite hätte durch eine Teilung des vorhandenen Hausrates vermieden werden können, war nicht unumgänglich.

Ein Unterhaltspflichtiger darf von seinen Einkünften grundsätzlich neben der gesetzlichen Altersvorsorge eine zusätzliche Altersvorsorge - wie hier in Form einer Kapitallebensversicherung - betreiben, die unterhaltsrechtlich bis zu 4 % des Bruttoeinkommens (BGH FamRZ 2007, 793) betragen kann. Danach sind die Beiträge zu der 1996 abgeschlossenen Lebensversicherung des Beklagten bei der LebensversicherungsAG Deutscher Herold in Höhe von 124,26 € abzuziehen.

Das monatliche Einkommen des Beklagten hat folglich in 2007 ca. 2070 €, in 2008 2145 €, in 2009 (bis zur Rechtskraft der Scheidung) 2073 € betragen.

Unterhaltsrechtlich ermittelt sich der Unterhaltsbedarf der Klägerin unter Vorwegabzug der den Kindern gemäß Düsseldorfer Tabelle geschuldeten Tabellenunterhaltssätze unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes gem. § 1612 b BGB. Im Rahmen der Verteilung des zur Verfügung stehenden Gemeingutes können demgegenüber nur die tatsächlich auf Kindesunterhalt erfolgten Zahlungen Berücksichtigung finden. Die Verteilung des verbleibenden Einkommens schließt dabei die rückwirkende Geltendmachung höheren Kindesunterhaltes aus.

Von Februar 2007 bis Januar 2008 hat der Beklagte Gesamtunterhalt in Höhe von 11036,87 €, im Februar 2008 1009,38 €, monatlich durchschnittlich 926,64 € gezahlt. Nach der Leistungsbestimmung des Beklagten soll vorrangig auf den Kindesunterhalt gezahlt sein. Zu zahlen waren nach Einkommensgruppe 3 Düsseldorfer Tabelle nach der Altersstufe 2 bis Juni 2007 257,00 €, bis Dezember 2007 254,00 € je Kind, ab Januar 2008 für ... (aufgrund ihres Altersstufenwechsels in die Altersstufe 3) 325,00 €, für ... je 278,00 €. Bis Februar 2008 sind diese Beträge anzusetzen. Ab März 2008 zahlte der Beklagte für ... monatlich 307,00 €, für ... monatlich 262,00 €, ab September 2008 232,00 €.

Die nach Leistung des Kindesunterhaltes verbleibenden, in das Gemeingut fallenden Einkünfte stehen den Parteien hälftig zu. Die Zurechnung eines Erwerbstätigkeitsbonus ist nicht mit dem Wesen der Gütergemeinschaft vereinbar.

Er verbleibt ein Einkommen des Beklagten in Höhe von 1.557,00 € ab Februar 2007, 1.563,00 € ab Juli 2007, 1.543,00 € ab Januar 2008, 1.577,00 € ab März 2008, 1.607,00 € ab September 2008, 1.534,00 € ab Januar 2009.

Gegenüber zu stellen sind die Einkünfte der Klägerin, auf die der Beklagte seinerseits keinen Zugriff hatte.

Von Februar bis Dezember 2007 hat die Klägerin Nettoeinkünfte in Höhe insgesamt 8.409 €, monatlich 764 €, bereinigt um 5 % für berufsbedingte Aufwendungen, 726 € erzielt. Von Januar bis Oktober 2008 haben ihre Nettoeinkünfte 8340 €, monatlich 834 €, bereinigt um 5 % 792 € betragen. Nach ihrem Arbeitsplatzwechsel hat sie im November und Dezember 2008 netto 1.040 € monatlich erhalten. Nach Abzug der ab November 2008 anfallenden Fahrtkosten von 231,00 € ist ein bereinigtes Einkommen von 809 € verblieben.

Von Januar bis April 2009 hat sie in Teilzeittätigkeit als kaufmännische Angestellte im ... bei einer Wochenarbeitszeit von 24 Stunden ein Bruttoeinkommen von monatlich 1.440,00 € erzielt, ab Mai 2009 ist ihr monatliches Bruttoeinkommen auf monatlich 1.445,00 € gestiegen. Die Klägerin rechnet mit einer jährlichen Sonderzahlung von 500,00 € brutto. Ihr durchschnittliches monatliches Bruttoeinkommen beträgt danach ab Januar 2009 unter anteiliger Zurechnung einer jährlichen Sonderzuwendung von 500,00 € monatlich 1457 €, netto (bei Einkommenssteuerklasse 1, einem Kinderfreibetrag von 1,0) 1052 €. Die aus Erwerbstätigkeit stammenden Einkünfte der Klägerin sind ebenfalls nicht um einen Erwerbstätigkeitsbonus zu bereinigen.

Ob unterhaltsrechtlich unter Berücksichtigung des Alters der Kinder, ihres Betreuungsbedarfes und bestehender Betreuungsmöglichkeiten eine Obliegenheit der Klägerin bestand, ihre Erwerbstätigkeit auszudehnen, kann dahinstehen. Im Rahmen der Bewirkung der Auszahlung des ihr zustehenden Anteils an dem vorhandenen Gesamtgut kommt die fiktive Zurechnung von Einkünften wegen Verstoßes gegen bestehende Erwerbsobliegenheiten nicht in Betracht. Denn nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur scheidet die fiktive Zurechnung von Einkünften auf Seiten des Unterhaltspflichtigen - etwa infolge unterhaltsrechtlichen Verschuldens - aus, da die einseitige Zurechnung dem Wesen des Gesamtgutes, wonach die Einkünfte beiden Ehegatten gleichermaßen zustehen, widerspricht (Weinreich, a.a.O., S.52. WendlDose, a.a.O., § 6, Rn.422, BGH FamRZ 1984, 559). Dies muss auch für die Unterhaltsberechtigte gelten.

Die in dem angefochtenen Urteil sodann erfolgte Zurechnung eines Wohnvorteiles in Höhe von 350,00 € unter Gegenrechnung der von der Klägerin getragenen Hauslasten und verbrauchsunabhängigen Nebenkosten entspricht unterhaltsrechtlichen Grundsätzen. Der unterhaltsrechtlich für die Wohnungsnutzung zuzurechnende Gebrauchswert richtet sich danach, welchen Mietzins der getrenntlebende Ehegatte, gemessen an den sonstigen wirtschaftlichen Verhältnissen für eine dem ehelichen Lebensstandart entsprechende kleinere Wohnung aufbringen müsste. Die einseitige Zurechnung des Wohnvorteils und des Abtrages widerspricht an sich dem Wesen der Gütergemeinschaft. Da sich die Parteien jedoch darauf verständigt haben, dass die Beträge zum Wohnwert des Hauses und die von der Klägerin gezahlten festen Kosten im Trennungsunterhaltsverfahren derart in die Berechnung einfließen sollen, dass insoweit eine güterrechtliche Auseinandersetzung für den Zeitraum Februar 2007 bis 09.06.2009 nicht mehr erforderlich ist, kann dennoch der Ansatz dieser Positionen auf Seiten der Klägerin erfolgen. Allerdings ist auf den Nutzwert der Wohnung, nicht den Gebrauchswert für die sie bewohnenden Personen abzustellen. Diesen schätzt der Senat auf 720 € (§ 287 ZPO). Gegenzurechnen sind die getragenen Hauslasten und verbrauchsunabhängigen Nebenkosten in Höhe von 840,74 €.

Es errechnet sich dann ein Gesamteinkommen der Klägerin ab Februar 2007 von 606,00 €, 672,00 € ab Januar 2008, 688,00 € ab Oktober 2008 und 700,00 € ab Januar 2009.

Der monatliche Unterhaltsbedarf der Klägerin in Höhe der Hälfte der Differenz der beiderseitigen Einkünfte beträgt folglich (gerundet) 475,00 € ab Februar 2007, 480,00 € ab Juli 2007, 435,00 € ab Januar 2008, 455,00 € ab März 2008, 470 € ab September 2008, 460,00 € ab November 2008 und 415,00 € ab Januar 2009.

Darauf, ob bei Auskehr dieser Beträge der Selbstbehaltssatz des Beklagten gedeckt ist, ist wegen der Gütergemeinschaft nicht abzustellen. Seinen Eigenbedarf kann der Beklagte bei Halbteilung der ermittelten Einkünfte decken.

Auf Trennungsunterhalt gezahlt wurden vom Beklagten ab Februar 2007 monatlich 412,64 €, ab Juli 2007 418,64 €, ab Januar 2008 323,64 € und ab März 2008 133,00 €. Für den Zeitraum vom1. Februar 2007 bis zum 09.06.2009 errechnet sich somit ein Rückstand in Höhe von 5657,28 €.

Der Anspruch auf Bewirkung der Auszahlung eines Betrages in dieser Höhe ist nicht verwirkt. Werden Einkommensänderungen auf Seiten des Unterhaltsberechtigten nicht offenbart, begeht dieser einen Prozessbetrug oder versuchten Prozessbetrug (BGH FamRZ 2007,1532. 2005,97. 2000,153). Ein solches Verhalten reicht grundsätzlich aus, um die Rechtsfolgen des § 1579 Nr.3 BGB auszulösen. Die besondere Schwere und Verwerflichkeit dieses Verhaltens liegt in der Verletzung der ehelichen Solidarität, an der es der Unterhaltsberechtigte fehlen lässt, der eine ihm nicht zustehende Leistung durch Täuschung zu erlangen sucht. Die Klägerin hat ihre tatsächlichen Einkünfte zwar erstinstanzlich nicht als Prozesstoff eingeführt, diese aber in ihren Prozesskostenhilfeunterlagen richtig angegeben. Im Parallelverfahren, in dem über nachehelichen Unterhalt gestritten wurde, und in der Berufungsinstanz hat sie ihre tatsächlichen Einkünfte dargelegt. Insbesondere die im Prozesskostenhilfeverfahren erfolgte Vorlage der Unterlagen spricht gegen die Annahme eines Täuschungsvorsatzes der Klägerin, der Vorraussetzung für die Annahme einer Verwirkung ist. Denn die Klägerin musste davon ausgehen, dass das Amtsgericht diesen sich dadurch ergebenden Widerspruch zu ihrem Vortrag im Verfahren zum Gegenstand der Verhandlung machen und abklären werden würde. Ob eine Verwirkung des Anspruches der Klägerin auf die ordnungsgemäße Verwaltung des Gesamtgutes überhaupt eingewandt werden kann, kann deshalb dahinstehen. ..." (OLG Oldenburg, Urteil vom 13.07.2009 - 13 UF 41/09)

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„... Nachdem die Klägerin ihre Klage wegen der Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz von 16175,11 € für die Zeit vom 6. Dezember 2006 bis zum 6. Juli 2007 zurückgenommen und der Beklagte dem nicht binnen der Frist des § 269 Abs. 2 S. 4 ZPO widersprochen hat, bleibt die weitergehende Berufung des Beklagten in der Sache ohne Erfolg.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts ist zwar zulässig. Sie ist aber gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil die Berufung in der Sache keinen Erfolg, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist.

I. Zu Recht und mit zutreffenden Gründen, auf die verwiesen wird, hat das Landgericht ihn zur Zahlung eines Schadensersatzbetrages von 75.567,11 € nebst Zinsen in dem in der Berufungsinstanz noch geltend gemachten Umfang verurteilt.

Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, eine für den Beklagten günstigere Entscheidung zu rechtfertigen. Der Beklagte haftet der Klägerin auf Schadensersatz in Höhe des vom Landgericht zuerkannten Betrages wegen der Verletzung der ihn treffenden Pflichten aus dem mit der Klägerin geschlossenen Rechtsbesorgungsvertrag gemäß §§ 675, 611, 276, 280 Abs. 1 S. 1, 249 ff. BGB:

1. Grundsätzlich ist der Rechtsanwalt kraft des Anwaltsvertrags in den Grenzen des ihm erteilten Mandats (BGH MDR 1998, 1378; MDR 1996, 2648 f.; Vollkommer/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 665) verpflichtet, die Interessen seines Mandanten nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen und Schädigungen seines Auftraggebers, mag deren Möglichkeit auch nur von einem Rechtskundigen vorausgesehen werden können, zu vermeiden. Soweit der Mandant nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf, ist der Rechtsanwalt grundsätzlich zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. In den Grenzen des Mandats hat er dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziele zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist (BGH WM 1993, 1376; WM 1996, 1824; WM 2006, 927; WM 2007, 419; NJW 2007, 2485; WM 2008, 1560). Der konkrete Umfang der anwaltlichen Pflichten richtet sich nach dem erteilten Mandat und den Umständen des einzelnen Falles (BGH WM 1996, 1824; 2008, 1560). Ziel der anwaltlichen Rechtsberatung ist es, dem Mandanten eigenverantwortliche, sachgerechte (Grund-) Entscheidungen ("Weichenstellungen") in seiner Rechtsangelegenheit zu ermöglichen (BGH NJW 2007, 2485; WM 2008, 1560; Zugehör in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 558).

2. Seine so umrissenen Pflichten hat der Beklagte bei Ausführung des ihm übertragenen Mandats, den Anspruch der Klägerin gegen ihren damaligen Ehemann auf Zahlung von Trennungsunterhalt (§ 1361 Abs. 1 BGB) durchzusetzen, verletzt. Sein Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet.

a) Er hat die Klägerin bei der Übernahme des Mandats wie auch bei der auf die Zahlung von Trennungsunterhalt gerichteten Klageerhebung nicht darauf hingewiesen, dass sie neben der Zahlung von Elementarunterhalt auch die Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt beanspruchen kann. Der nach § 1361 Abs. 1 Satz 2 BGB bzw. - für den Nachscheidungsunterhalt - nach § 1578 Abs. 3 BGB geschuldete Vorsorgeunterhalt ist dazu bestimmt, als Teil des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf des Berechtigten umfassenden Unterhaltsanspruchs Nachteile auszugleichen, die dem unterhaltsberechtigten Ehegatten aus der Hinderung seiner Erwerbstätigkeit erwachsen. Für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens zieht ein Anspruch auf Elementarunterhalt nach § 1361 Abs. 1 BGB bzw. nach §§ 1570 bis 1573 oder 1576 BGB deswegen in der Regel auch einen Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt nach sich (BGH FamRZ 2007, 117; 1988, 145; 1982, 781). Nach dem Zweck der gesetzlichen Regelungen über den Vorsorgeunterhalt soll dem Ehegatten, der nach Trennung und Scheidung aus den im Gesetz aufgeführten Gründen gehindert ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und so auf den ihm durch den Versorgungsausgleich übertragenen Versorgungsanrechten aufzubauen, die Möglichkeit verschafft werden, seine Versorgung im Wege der freiwilligen Weiterversicherung zu erhöhen, um damit die ansonsten entstehende Lücke in seiner "sozialen Biographie" zu schließen. Hierüber hatte der Beklagte, den die Klägerin ohne Einschränkungen mit der Verfolgung und Durchsetzung des ihr für die Trennungszeit zustehenden Unterhaltsanspruchs mandatiert hatte, bereits vor Erhebung der Klage im Januar 2001 unaufgefordert zu belehren und die Entscheidung der Klägerin abzuwarten. Dies hat er unstreitig verabsäumt.

b) Der Beklagte ist überdies pflichtwidrig der ausdrücklichen Weisung der Klägerin, auch für den Zeitraum zwischen Trennung und Scheidung Altersvorsorgeunterhalt geltend zu machen, nicht nachgekommen. Bereits im Jahre 2003 und damit lange vor Abschluss Trennungsunterhaltsverfahrens hatte die Klägerin den Beklagten schriftlich (undatiertes Schreiben) aufgefordert, ihren Ehemann auf Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt in Anspruch zu nehmen. Dem ist der Beklagte nicht gefolgt. Nachvollziehbare Gründe dafür, Altersvorsorgeunterhalt für die Trennungszeit nicht zu beanspruchen, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Die Klägerin hatte aus der Einbeziehung von Altersvorsorgeunterhalt in ihren Klageantrag nicht die Kürzung der laufenden Zahlungen für den Elementarbedarf zu gewärtigen. Angesichts der sehr guten wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute war zu erwarten, dass der Vorsorgebedarf von dem Unterhaltsschuldner neben dem wegen seiner Höhe nicht nach der Quotenmethode, sondern konkret berechneten Elementarbedarf befriedigt werden konnte. Nachteile aus der Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt waren auch nicht etwa deswegen zu befürchten, weil im Rentenalter mit Mitteln des gezahlten Vorsorgunterhalts erwirtschaftete Rentenzahlungen von dem laufenden Unterhalt nach der Anrechnungsmethode in Abzug zu bringen sind (vgl. BGH FamRZ 2003, 848). Denn hieraus erwächst dem Unterhaltsberechtigten im Vergleich mit einem Verzicht auf Altersvorsorgeunterhalt kein Nachteil. Da überdies im Zeitpunkt der Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt vielfach noch gar nicht abzusehen ist, wie lange der Anspruch auf Zahlung von Elementarunterhalt überhaupt bestehen wird und durchgesetzt werden kann, ist es der für den Unterhaltsberechtigten sicherere Weg, durch das Verlangen von Altersvorsorgeunterhalt sich eigene Mittel für die Deckung des Lebensbedarfs im Alter zu beschaffen. Denn der Unterhaltsberechtigte muss in seine Kalkulation einbeziehen, dass der Unterhaltsverpflichtete entweder bereits vor ihm verstirbt oder leistungsunfähig wird. Diese fortdauernde Abhängigkeit von dem Unterhaltsberechtigten und seinen wirtschaftlichen Verhältnissen soll gerade durch die Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt reduziert werden.

3. Der Klägerin ist infolge der Pflichtverletzung des Beklagten der mit der Klage geltend gemachte Schaden entstanden.

a) Der Beklagte war - wie ausgeführt - verpflichtet, die Klägerin über die Möglichkeit, auch in der Trennungszeit Altersvorsorgeunterhalt zu beanspruchen, zu belehren und ihr die Erstreckung des Klageauftrags auch auf diesen Teil des einheitlichen Unterhaltsanspruchs anzuraten. Wie sich der Mandant bei vertragsgerechter Beratung verhalten hätte, zählt zur haftungsausfüllenden Kausalität, die der Mandant nach § 287 ZPO zu beweisen hat (BGH WM 2006, 1736 und BGH MDR 2009, 656 Urt. v. 05.02.2009 - IX ZR 6/06 zur Steuerberaterhaftung - auch bei www.bundesgerichtshof.de). Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin diesem Rat gefolgt wäre; insoweit gilt die Vermutung beratungsrichtigen Verhaltens (BGH NJW 2002, 593).

b) Bei rechtzeitiger Beanspruchung auch von Altersvorsorgeunterhalt, und zwar bereits mit Erhebung der Klage auf Zahlung von Trennungsunterhalt im Januar 2002, wäre der frühere Ehemann der Klägerin zur Zahlung folgender Monatsbeträge allein für den Altersvorsorgeunterhalt verurteilt worden:

* Januar bis Dezember 2002: 1.501,96 €,
* Januar bis März 2003: 1.568,04 €,
* April bis Dezember 2003: 1.262,62 €,
* Januar bis Dezember 2004: 1.214,68 €,
* Januar bis Dezember 2005: 1.170,07 €,
* Januar bis November 2006: 1.168,99 €.

Hieraus errechnet sich der mit der Klage verfolgte Gesamtbetrag von 75.567,11 €. Wegen der Einzelheiten der Unterhaltsberechnung, deren Daten zwischen den Parteien nicht streitig sind, wird auf die Klageschrift (GA 7 - 11) verwiesen.

Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, die Bemessung des Altersvorsorgeunterhalts dürfe sich nicht an der Höhe des titulierten Elementarunterhalts ausrichten, da die eigentliche Altersvorsorge der Eheleute - neben der Beitragszahlung des früheren Ehemannes der Klägerin in eine Ärzteversorgung - durch Vermögensbildung praktiziert worden sei. Der Bundesgerichtshof hat es nämlich abgelehnt, den Vorsorgeunterhalt an der Höhe einer später zu erwartenden, den Lebensbedarf des Berechtigten sodann in angemessener Weise deckenden Versorgungsleistung auszurichten und zu bemessen, zumal es in der Regel mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein dürfte, den angemessenen Lebensbedarf für den Zeitpunkt des Versicherungsfalls zu beurteilen (BGH FamRZ 2007, 117; 1981, 442). Im Hinblick auf die Zielsetzung des Vorsorgeunterhalts ist es vielmehr gerechtfertigt, den Elementarunterhalt zu dem Entgelt aus einer Erwerbstätigkeit und den Vorsorgeunterhalt zu den Versicherungsbeiträgen in Beziehung zu setzen, die im Hinblick auf ein derartiges Erwerbseinkommen zu entrichten wären, und damit den Berechtigten hinsichtlich der Altersvorsorge so zu behandeln, wie wenn er aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit Einkünfte in Höhe des ihm an sich zustehenden Elementarunterhalts hätte (BGH FamRZ 2007, 117; 1999, 372, 373 f.). Diesen Maßgaben entspricht die Berechnung der Klägerin, indem sie den als Elementarunterhalt rechtskräftig zugesprochenen Betrag dem Nettoarbeitsentgelt gleichgestellt und dieses zur Ermittlung der darauf entfallenden Vorsorgebeiträge in ein fiktives Bruttoeinkommen umgerechnet hat.

c) Mit der Scheidung der Eheleute S. am 28.11.2006, rechtskräftig seit diesem Tage, ist der Schaden endgültig entstanden.

aa) Mit Eintritt der Rechtskraft der Scheidung war der Zeitraum, für den die Klägerin nach § 1361 Abs. 1 S. 2 BGB Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt in der Trennungszeit beanspruchen konnte, beendet. Die Möglichkeit, den von dem Beklagten pflichtwidrig nicht geltend gemachten Altersvorsorgeunterhalt nachzufordern, war der Klägerin bereits seit dem rechtskräftigen Abschluss des Trennungsunterhaltsverfahrens durch Urteil des Amtsgerichts Ratingen vom 14.12.2004 (5 F 26/02, rechtskräftig seit dem 05.10.2005) verschlossen. Denn der Unterhaltsberechtigte kann bezogen auf den Zeitpunkt der ersten Verurteilung zum Unterhalt eine Nachforderungsklage nur dann erheben, wenn er sich dies im Erstverfahren - z.B. in der Begründung der Klage - vorbehalten hat (BGH FamRZ 1985, 690; 1987, 368).

bb) Ist wie hier kein Vorbehalt erfolgt, so spricht die Vermutung gegen eine Teilklage (vgl. BGH FamRZ 2003, 444; OLG Naumburg FamRZ 2006, 1046). Denn bei dem Anspruch auf Zahlung von Vorsorgeunterhalt handelt es sich nicht um einen eigenständigen Anspruch im Sinne eines anderen prozessualen Streitgegenstandes. Der Vorsorgeunterhalt ist nach allgemeiner Auffassung nur unselbstständiger Teil eines einheitlichen Unterhaltsanspruchs (BGH FamRZ 1982, 1187). Ist aber - wie es hier der Fall war - der klagenden Partei im Vorprozess entsprechend ihrem Antrag die ihr nach ihrer Vorstellung zustehende volle Unterhaltsrente zugebilligt worden, so ist ihr der Weg der Leistungsklage auf Zahlung zusätzlichen Vorsorgeunterhalts verschlossen. Der "vergessene" Altersvorsorgeunterhalt kann dann nur noch zusätzlich geltend gemacht werden, wenn sonstige Abänderungsgründe vorliegen (BGH FamRZ 1985, 690; OLG Karlsruhe NJW 1995, 2795; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 323 Rn. 20; Eschenbruch/Klinkhammer, der Unterhaltsprozess, 5. Aufl., Rn. 987; Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rn. 425; Wendl/Staudigl/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rn. 456, 457, 490). Solche Abänderungsgründe sind hier unstreitig bis zur Rechtskraft der Ehescheidung nicht eingetreten.

cc) Die von der Berufung herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.11.1990 (FamRZ 1991, 320) gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Denn jener Entscheidung lag eine Teilklage auf Zahlung eines unstreitig über einen freiwillig gezahlten Sockelbetrag hinausgehenden Spitzenbetrags zugrunde mit der Folge, dass der Unterhaltsanspruch noch nicht insgesamt tituliert war. Damit war für eine erneute Klage auf Altersunterhalt noch Raum, ohne dass die Voraussetzungen einer Abänderungsklage hätten erfüllt sein müssen. Hier aber war der Anspruch der Klägerin durch die notarielle Urkunde vom 27.06.2002 und das Urteil des Amtsgerichts Ratingen vom 14.12.2004 bereits im Ganzen tituliert. Eine Nachforderungsklage war deswegen nur unter den Voraussetzungen des § 323 Abs. 1 ZPO, die nach §§ 323 Abs. 4, 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO auch für die Abänderung notarieller Urkunden gelten, möglich.

d) Nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme geht auch der Senat in Anwendung von § 287 ZPO davon aus, dass sich die Pflichtverletzung des Beklagten für die Klägerin in der Bemessung des im Prozessvergleich der Eheleute S. vom 28.11.2006 zur Unterhaltsabgeltung vereinbarten Betrags von 450.000,00 € nicht vorteilhaft (im Sinne der Grundsätze der Vorteilsausgleichung) ausgewirkt hat. Zwar ist es zutreffend, dass mit Mitteln des Vorsorgeunterhalts erworbene Rentenleistungen zur Kürzung der im Rentenalter geschuldeten Unterhaltszahlungen führen, da sie nach der Anrechnungsmethode in Abzug zu bringen sind (vgl. BGH FamRZ 2003, 848). Hätte der frühere Ehemann der Klägerin für die Trennungszeit seit Januar 2002 laufenden Altersvorsorgeunterhalt gezahlt, so hätte es durchaus nicht fern gelegen, dies in die Erörterungen zur Höhe der Unterhaltsabfindung mit dem Ziel einfließen zu lassen, den zu zahlenden Betrag zu ermäßigen. Mit Recht aber hat das Landgericht festgestellt, dass die Parteien des Ehescheidungsverfahrens den tatsächlich geschlossenen Vergleich auch dann nicht anders geschlossen hätten. Denn nach den Bekundungen des Zeugen Rechtsanwalt K. hat Altersvorsorgeunterhalt, der im Rahmen der Folgesache UE durchaus bereits geltend gemacht war, keine Rolle gespielt. Hierauf deutet auch der rechnerisch nicht nachvollzogene, gleichsam gegriffene Betrag der Abfindung hin.

e) Die Klägerin ist auch nicht auf eine bloße Feststellung der Schadensersatzverpflichtung zu verweisen. Denn mit dem Abschluss des Vergleichs vom 28.11.2006 wäre, wenn Altersvorsorgeunterhalt für die Trennungszeit beansprucht und gezahlt worden wäre, auch die Zweckbindung dieser Zahlungen entfallen. Der gezahlte Altersvorsorgeunterhalt hätte der Klägerin zur freien Verfügung gestanden.

II. Auf sämtliche Erwägungen unter I. ist der Beklagte durch Beschluss des Senats vom 2. April 2009 hingewiesen worden. Seine Einwendungen im Schriftsatz vom 14. Mai 2009 enthalten nicht irgendwelche Gesichtspunkte, die der Beklagte nicht schon in der Berufungsbegründung geltend gemacht hatte. Diese hat der Senat bereits vollständig berücksichtigt. Die davon abweichenden rechtlichen Schlüsse des Beklagten vermag der Senat auch nach erneuter Prüfung nicht zu ziehen.

Soweit der Beklagte die Beweiswürdigung des Landgerichts angreift, hat der Senat ebenfalls Stellung genommen (vgl. unter I.2.d). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts ohnehin nur eingeschränkt vom Berufungsgericht überprüft werden darf. Die vom Landgericht geschaffene Tatsachengrundlage bindet grundsätzlich auch das Berufungsgericht. Lediglich die fehlerhafte Erfassung von Tatsachen durch die Verletzung materiellen Rechts (z.B. die Verkennung der Beweislast), die fehlerhafte Tatsachenfeststellung aufgrund von Verfahrensfehlern (z.B. die Verletzung der Hinweispflicht) oder die sonstige Fehlerhaftigkeit des Beweisergebnisses (beispielsweise eine nicht erschöpfende Beweisaufnahme oder Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den Urteilsgründen) können die Notwendigkeit erneuter Feststellungen gebieten (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 27. Auflage, § 529 Rn. 2 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. ..." (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.06.2009 - 24 U 133/08)

***

„... II. … 2. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich auch beim Trennungsunterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen, vgl. § 1361 I 1 BGB (s. auch Wendl/Pauling, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rdnr. 30). Hierfür heranzuziehen sind zunächst die Einkünfte des Bekl.

a) Das Erwerbseinkommen des Bekl. kann grundsätzlich anhand der vorgelegten Verdienstbescheinigungen für die Monate Januar bis Dezember 2008 ermittelt werden.

aa) ... Insgesamt ergibt sich so für das Jahr 2008 ein Nettoeinkommen von 20270,58 Euro, was einem Monatsdurchschnitt von rund 1689 Euro entspricht.

bb) Dieses Nettoeinkommen ist um den Betrag zu erhöhen, der sich ergäbe, wenn der Bekl. im Hinblick auf einen anerkannten Trennungsunterhalt von monatlich 200 Euro für die Zeit von Januar bis Oktober 2008 einen entsprechenden Freibetrag in der Lohnsteuerkarte hätte eintragen lassen.

Den Unterhaltspflichtigen trifft grundsätzlich eine Obliegenheit, mögliche Steuervorteile im Wege des Realsplittings nach § 10 I Nr. 1 EStG zu realisieren, soweit dadurch nicht eigene Interessen verletzt werden (BGH, NJW 2008, 1663 = FPR 2008, 303 = FamRZ 2008, 968 Rdnr. 37). Die Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Inanspruchnahme steuerlicher Vorteile aus dem Realsplitting geht allerdings nur soweit, wie seine Unterhaltspflicht einem Anerkenntnis oder einer rechtskräftigen Verurteilung folgt oder freiwillig erfüllt wird (BGH, NJW 2007, 1969 = FamRZ 2007, 882 Rdnr. 28). Sind die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Realsplittings erfüllt, sind auch Freibeträge in die Lohnsteuerkarte einzutragen (Wendl/Gerhardt, § 1 Rdnr. 594a). Dies gilt allerdings nicht, wenn noch über die Unterhaltshöhe insgesamt gestritten wird (ebenda). Lässt der Unterhaltspflichtige allerdings einen Teilbetrag unangegriffen, so trifft ihn insoweit auch weiterhin eine Obliegenheit zur Durchführung des Realsplittings (vgl. BGH, NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793 Rdnr. 43).

Ein Anerkenntnis hat der Bekl., worauf die Kl. zutreffend hinweist, mit Schriftsatz vom 5. 2. 2008 in Höhe von 200 Euro monatlich für die Zeit von Januar bis Oktober 2008 erklärt. Im Hinblick auf diesen Betrag war dem Bekl. möglich und zumutbar, gem. § 39a II 2 i.V. mit I Nr. 2 EStG die Eintragung eines entsprechenden Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte zu beantragen. Allerdings war eine Eintragung des Freibetrags mit Wirkung vom 1. 1. 2008 nicht möglich, da der Bekl. den Betrag von 200 Euro monatlich erst im Februar 2008 anerkannt hat, also einen entsprechenden Antrag auf Eintragung eines Freibetrags nicht mehr im Monat Januar 2008 hätte stellen können, § 39a II 7 EStG. Insoweit greift die Vorschrift des § 39a II 6 EStG ein. Danach hat das Finanzamt den Freibetrag durch Aufteilung in Monatsfreibeträge, erforderlichenfalls Wochen- und Tagesfreibeträge, jeweils auf die der Antragstellung folgenden Monate des Kalenderjahres gleichmäßig zu verteilen. Demzufolge ist der Unterhalt, zu dessen Zahlung sich der Bekl. verpflichtet hat, also 2000 Euro (= zehn Monate × 200 Euro), auf zehn Monate, nämlich von März bis Dezember 2008, zu verteilen. Eine fiktive Steuerberechnung muss hinsichtlich der Verdienstabrechnungen ab März 2008 vorgenommen werden. Dabei ist von den jeweils ausgewiesenen Bruttoeinkünften und den Beitragssätzen für die Sozialversicherung, wie sie den Verdienstabrechnungen zu Grunde liegen, auszugehen. Im Hinblick auf den zu berücksichtigenden Freibetrag von 200 Euro erfolgt lediglich eine Verminderung des für Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag einzubehaltenden Betrags. Unter Beibehaltung der tatsächlichen Nettoeinkünfte in den Monaten Januar und Februar 2008 und einer fiktiven Berechnung der Nettoeinkünfte bei Zugrundelegung eines Freibetrags von 200 Euro ab März 2008 sind unterhaltsrechtlich folgende Monatsbeträge heranzuziehen:

Januar 2008 - 1563,70 Euro
Februar 2008 - 1596,34 Euro
März 2008 - 1631,67 Euro
April 2008 - 1631,69 Euro
Mai 2008 - 1631,69 Euro
Juni 2008 - 1631,69 Euro
Juli 2008 - 1855,54 Euro
August 2008 - 1692,09 Euro
September 2008 - 1707,01 Euro
Oktober 2008 - 1700,04 Euro
November 2008 - 2512,61 Euro
Dezember 2008 - 1829,65 Euro

Auf diese Weise ergibt sich ein fiktives Nettoeinkommen des Bekl. von 20983,72 Euro. Dies entspricht einem monatlichen Durchschnittsbetrag von rund 1749 Euro.

b) Vom Nettoeinkommen des Bekl. sind unstreitig pauschal 5% für berufsbedingte Aufwendungen abzusetzen. Insoweit ergibt sich ein Betrag von rund 87 Euro (= 1749 Euro × 5%).

c) Für Unterhaltszwecke nicht heranzuziehen sind die in den Verdienstabrechnungen als „persönliche Be- und Abzüge" vom Nettoeinkommen ausgewiesenen Beiträge für die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, als „ZVK/VBL-AN" bezeichnet. Für die Monate Januar bis Dezember 2008 ergibt sich insoweit insgesamt ein Abzugsbetrag von 677,72 Euro, was einem monatlichen Durchschnittsbetrag von rund 56 Euro entspricht, der sich im Rahmen der zulässigen Höchstgrenze für eine zusätzliche Altersvorsorge von 4% des Bruttoeinkommens hält (vgl. BGH, NJW 2005, 3277 = FamRZ 2005, 1817).

d) Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien werden weiterhin geprägt durch geringfügige Nebeneinkünfte des Bekl. als Vertrauensmann für die H-Versicherung. Aus der im Senatstermin vom 13. 1. 2009 vorgelegten „Bestätigung für das Finanzamt" dieser Versicherungsgesellschaft ergibt sich, dass der Bekl. insoweit für das Jahr 2008 216,62 Euro erhalten hat. Dies entspricht einem monatlichen Durchschnittsbetrag von 18 Euro.

e) Eine Erhöhung des unterhaltsrechtlich bedeutsamen Einkommens des Bekl. auf Grund von Steuererstattungen findet nicht statt. Steuerbescheide für den maßgeblichen Zeitraum, d.h. seit Januar 2008, hat der Bekl. nach eigenem Vorbringen nicht erhalten. Entsprechendes hat die Kl. vorgetragen, die auch ausgeführt hat, dass eine Steuererklärung für das Jahr 2007 noch nicht abgegeben worden sei. Angesichts dessen müssen Steuererstattungen auf Seiten beider Parteien außer Betracht bleiben.

f) Ein Wohnvorteil für das mietfreie Wohnen im eigenen Haus ist dem Bekl. nicht zuzurechnen. Denn die ehelichen Lebensverhältnisse waren nicht dadurch geprägt, dass er Eigentümer eines Wohngrundstücks war.

Nach den Angaben der Kl. im Senatstermin vom 13. 1. 2009 haben die Parteien während des ehelichen Zusammenlebens, also bis zur Trennung im Mai 2007, ein ihr gehörendes Haus bewohnt, wobei ihren Eltern der Nießbrauch vorbehalten worden sei. Das Haus, das der Bekl. nun bewohnt, hat er nach den unbestrittenen Angaben im Senatstermin vom 13. 1. 2009 erst im Dezember 2007, also nach der Trennung der Parteien, gekauft und ist erst im Juni 2008 als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen worden. Dementsprechend kann der Wohnvorteil nicht als eheliche Lebensverhältnisse prägend einkommenserhöhend berücksichtigt werden.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH zu den so genannten wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen. Danach sind spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind, ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt oder ob die Veränderung auf Seiten des Unterhaltspflichtigen oder des Unterhaltsberechtigten eingetreten ist (BGH, NJW 2008, 1663 = FPR 2008, 303 = FamRZ 2008, 968 Rdnr. 44). Allerdings will das Unterhaltsrecht den geschiedenen Ehegatten nicht besser stellen, als er während der Ehe stand oder auf Grund einer absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde. Daher sind nur solche Steigerungen des verfügbaren Einkommens zu berücksichtigen, die schon in der Ehe angelegt waren, nicht aber zum Beispiel ein Einkommenszuwachs auf Grund eines Karrieresprungs (BGH, NJW 2008, 1663 = FPR 2008, 303 = FamRZ 2008, 968 Rdnr. 46). Entsprechend ist ein Wohnvorteil nicht prägend, wenn ein Ehegatte das Haus oder die Ehewohnung erst nach der Trennung bzw. Scheidung mit nichtprägenden Mitteln, zum Beispiel einer Erbschaft, einem Lottogewinn oder nach der Trennung aufgebauten Ersparnissen, erworben und bezogen hat (Wendl/Gerhardt, § 1 Rdnr. 367a).

Der Vorteil des mietfreien Wohnens im eigenen Hause auf Seiten des Bekl. war nicht bereits in der Ehe angelegt, da der Bekl. sein Haus erst nach der Trennung erworben hat. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass er nach eigenen Angaben vor dem Senat den Kaufpreis von 130000 Euro nur zu 50000 Euro fremdfinanziert und im Übrigen 80000 Euro, die ihm seine Mutter geschenkt hat, für den Erwerb eingesetzt hat. Denn auch die Schenkung der Mutter ist nach den unbestrittenen Angaben des Bekl. erst im Dezember 2007 und damit nach der Trennung erfolgt. Dass der von der Mutter geschenkte Betrag aus dem Verkauf des Bauerngehöfts der Eltern stammt, der nach dem Tode des Vaters des Bekl. im Jahr 2006 und damit etwa noch vor der Trennung der Parteien erfolgt ist, ändert daran nichts. Denn der Erwerb eines Eigenheims ist frühestens dann in der Ehe angelegt, wenn der betreffende Ehegatte über die finanziellen Mittel für den Erwerb bereits während des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft verfügt hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Daher kann dahinstehen, ob ein eheprägender Wohnvorteil nicht ohnehin erst später, nämlich von dem Zeitpunkt an gegeben ist, von dem an ein eigenes Haus tatsächlich bewohnt wird (vgl. auch Wendl/Gerhardt, § 1 Rdnr. 365). ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 10.02.2009 - 10 UF 65/08)

***

„... Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung eines Unterhaltsrückstandes für Kindes- und Trennungsunterhalt für die Monate August bis Oktober 2007 in Höhe von insgesamt 3.252,96 € statt zuletzt beantragter 3.298,96 € - vor teilweiser Berufungsrücknahme im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hatte die Klägerin Zahlung von Unterhaltsrückständen von insgesamt 3.452,96 € begehrt - sowie laufender Unterhalt in Höhe von monatlich 1.170,00 € für die Zeit von November 2007 bis Dezember 2007, in Höhe von monatlich 1.193,00 € für die Zeit von Januar 2008 bis Dezember 2008 und in Höhe von monatlich 1.145,00 € ab Januar 2009 statt zuletzt durchgängig beantragter 1.193,00 € monatlich - vor teilweiser Berufungsrücknahme im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hatte die Klägerin Zahlung von monatlichem Trennungsunterhalt ab Januar 2008 in Höhe von 1.421,00 € begehrt - zu.

Dagegen blieb die zulässige Berufung des Beklagten, der sich mit seiner Berufung gegen die erstinstanzlich ausgeurteilte Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt für die am 10.04.1999 geborene gemeinsame Tochter der Parteien M. für die Zeit von November 2007 bis Dezember 2007 von monatlich 340,00 € und ab Januar 2008 von 128 % des Mindestunterhaltes der jeweiligen Altersstufe abzüglich der Hälfte des jeweiligen Kindergeldbetrages für ein erstes Kind (derzeitiger Zahlbetrag 336,00 €) und gegen die Verurteilung zur Zahlung von monatlichem Trennungsunterhalt für November 2007 bis Dezember 2007 von jeweils 874,00 €, für die Zeit von Januar 2008 bis Juni 2008 von jeweils 1.000,00 € und ab Juli 2008 von jeweils 900,00 € sowie gegen die Verurteilung zur Zahlung von Kindes- und Trennungsunterhaltsrückständen für die Zeit von August 2007 bis Oktober 2007 von 2.495,96 € wehrt, erfolglos.

Die Klägerin kann gemäß §§ 1629 Abs. 3, 1601 ff. BGB von dem Beklagten Zahlung von Kindesunterhalt jedenfalls in der erstinstanzlich ausgeurteilten Höhe verlangen, nämlich bis Dezember 2007 nach der Einkommensgruppe 10 der Düsseldorfer Tabelle ( Stand 01.07.2007 ) bzw. ab Januar 2008 nach der 8. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle ( Stand 01.01.2008 ) jeweils gemäß der 2. Alterstufe für die gemeinsame Tochter der Parteien M..

Der Beklagte ist leistungsfähig gemäß § 1603 BGB. Nach Auffassung des Senates ist der Beklagte nämlich so zu behandeln, als verfüge er über ein monatliches bereinigtes Nettoeinkommen im Jahre 2007 von 3.637,66 € und ab Januar 2008 von 3.623,66 €. Zur Einkommensermittlung hat der Senat insoweit das Dreijahresdurchschnittseinkommen des Beklagten aus den Jahren 2005 bis 2007 zugrunde gelegt, wie es sich aus den vom Beklagten zu den Akten gereichten Einkommenssteuerbescheiden für die entsprechenden Jahre ( Blatt 341 ff., 344 ff., 347ff. [ 350 f. ] GA ) ergibt. Dabei hat der Senat bei der Einkommensermittlung nur das Einkommen des Beklagten aus selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit ohne die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die bereits im Jahre 2007 weitgehend entfallen waren, berücksichtigt. Andererseits hat der Senat die den Beklagten treffende Steuerlast nach der Steuerquote, wie sie sich aus dem Nachveranlagungsbescheid für das Jahr 2007 ( Blatt 350 f. GA ) ergibt, auf = 17,14 % ( 11.329,93 € Steuerschuld / 66.109,00 € erzieltes Einkommen ) geschätzt.

Zu Unrecht wehrt sich der Beklagte mit seiner Berufung dagegen, das Familiengericht habe sein Einkommen mit monatlich 3.250,00 € zu hoch bemessen, weil angeblich rücklagefähige und rücklagenotwendige Betriebskosten nicht gewinnmindernd in Ansatz gebracht worden seien. Der Beklagte hat in keiner Weise nachvollziehbar dargetan, dass solche gewinnmindernden Betriebskosten tatsächlich angefallen sind. Dies lässt sich weder den zu den Akten gereichten Steuerbescheiden noch den sonstigen in den Akten befindlichen Betriebsunterlagen des Beklagten entnehmen. Auch seinem ihm aufgrund der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 05.08.2008 nachgelassenen Schriftsatz vom 19.08.2008 ist nicht zu entnehmen, dass solche Rücklagen notwendig waren oder gar gebildet worden sind. Hiergegen spricht auch, dass der Beklagte - wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat und wie sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2007 ergibt - im Jahre 2007 den Jahresüberschuss von 47.162,69 € überschreitende Privatentnahmen von 65.482,93 € und im Vorjahr den Gewinn von 56.367,36 € überschreitende Privatentnahmen von 68.766,01 € getätigt hat. Der Beklagte bezog bis ins Jahr 2008 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit unter der Einzelfirma G. Dienstleistungen, woraus ihm Erlöse aus der Durchführung von Seminaren sowie aus Beratungstätigkeit und aus Regionalbetreuung und später Bereichsleitung für den N-Hilfe-Ring Deutschland e.V. (XXXD) zuflossen. Aus der zuletzt genannten Tätigkeit hat er noch Ende März 2008 Vorschüsse für das zweite Quartal in Höhe von insgesamt 15.750,00 € erhalten. Darüber hinaus bezieht er nach wie vor aus unselbständiger Tätigkeit als Geschäftsführer für die Firma H. GmbH ein Monatsgehalt von 1.500,00 €.

All dies spricht dafür, dass das vom Amtsgericht angenommene Jahresdurchschnittseinkommen des Beklagten mit 3.250,00 € - wie die Klägerin vorträgt - zu niedrig und nicht - wie vom Beklagten gerügt - zu hoch ermittelt worden ist. Soweit der Beklagte behauptet, die Vorschusszahlungen seien zweckgebunden für die Gewinnung neuer Mitarbeiter gezahlt worden, ist dies völlig unsubstantiiert und weder in irgendeiner Form belegt noch unter Beweis gestellt.

Der Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, spätestens ab April / Mai 2008 erziele er kein Einkommen mehr aus selbständiger Tätigkeit. Insoweit ist der Beklagte mit seinem bisherigen Einkommen fiktiv zu rechnen. Der Beklagte hat nämlich aus unterhaltsrechtlicher Sicht in vorwerfbarer Weise sich selbst die Grundlagen für seine selbständige Tätigkeit entzogen. Dieses leichtfertige Verhalten rechtfertigt es, den Beklagten so zu behandeln, als erziele er weiterhin aus selbständiger Tätigkeit die bisher erzielten Einkünfte. Nicht stichhaltig ist seine Argumentation, dass er zu zu hohen Unterhaltsleistungen verurteilt worden ist, so dass er diese nicht habe bezahlen können mit der Folge, dass gegen ihn vollstreckt werde und daher unter Standesgesichtspunkten zu Recht sein Vertragsverhältnis betreffend seine Tätigkeit für den XXXD von dieser gekündigt worden sei. Wie oben dargelegt und weiter unten im Einzelnen berechnet, kann ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Beklagte über die ihm vom Familiengericht zugerechneten Einkünfte verfügt hat und auch noch verfügen könnte. Ließ er es dann im Hinblick darauf, dass er möglicherweise glaubte, im Rechtsmittelrechtszug ein ihm günstigeres Ergebnis erzielen zu können, auf Vollstreckungsmaßnahmen ankommen, ohne ihm zur Verfügung stehende Abwendungsmöglichkeiten zu ergreifen, und provozierte er damit die Kündigung des Vertrags mit dem XXXD , so ist er aus unterhaltsrechtlicher Sicht einkommensmäßig so zu behandeln, als bestünde der gekündigte Vertrag fort. Zudem ist, wie das vorliegende Urteil zeigt, davon auszugehen, dass der Beklagte durchaus in der Lage sein musste, den amtsgerichtlich ausgeurteilten Unterhalt zu zahlen. Dass man während des Zusammenlebens über die Verhältnisse gelebt habe und daher nunmehr hoch verschuldet sei, ist angesichts der belegten Einkünfte nicht einmal ansatzweise dargetan oder gar belegt und geeignet unter Beweis gestellt. Auch im nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 19.08.2008 ist trotz der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung und der Hinweise des Senats hierzu kein glaubhafter Versuch unternommen worden, solche unterhaltsrechtlich relevanten Belastungen, die auch tatsächlich bedient werden, zu belegen.

Ausgehend hiervon ergibt sich das oben benannte (fiktive) heutige Einkommen des Beklagten wie folgt:

Einkommen des Beklagten 2005 - 2007 gemäß den Steuerbescheiden Blatt 341 - 350 ( ohne Gewinne aus Vermietung u. Verpachtung ): 64.130,00 € + 74.357,00 € + 65.182,00 € 203.669,00 €.

Daraus resultierendes Dreijahresdurchschnittseinkommen von 203.669,00 € / 3 67.889,67 €.

Abzüglich der gemäß Steuerbescheid für 2007 geschätzten Steuerlast (Blatt 350 GA) von 11.329,93 € / 66.109,00 € = 0,1714 * 67.889,67 € = - 11.636,29 €,

ergibt sich ein Jahresnettoeinkommen von 56.253,38 €

oder ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen von 56.253,38 € / 12 (rd) 4.688,00 €.

Abzüglich zusätzlicher Altersvorsorge (vgl. Blatt 383 GA) in Form einer Lebensversicherung von rund - 310,00 €

und abzüglich der Beiträge zur Krankenversicherung von - 365,34 €

verbleibt ein bereinigtes Einkommen des Beklagten von 4.012,66 €.

Dagegen meint der Senat, dass keine Abzüge für Beiträge bezüglich einer auf die Tochter M. abgeschlossenen Ausbildungsversicherung sowie pauschale berufsbedingte Kosten gerechtfertigt sind, da die Ausbildungsversicherung den Beklagten bezüglich zukünftiger Unterhaltszahlungen entlasten wird und berufsbedingte Kosten bereits im Rahmen der Gewinnermittlung bei der selbständigen Tätigkeit Berücksichtigung finden.
Jedoch sind hiervon noch, da den früheren Familienbedarf prägend, abzuziehen der als Unterhalt an den volljährigen studierenden Sohn N. aus erster Ehe geleistete Zahlbetrag von -3 75,00 €,

so dass sich ein unterhaltsrelevantes Einkommen ergibt von 3.637,66 €.

Somit verbleibt es für die Zeit bis Ende 2007 bei dem vom Amtsgericht ausgeurteilten und von der Klägerin nicht angefochtenen Kindesunterhalt für M. nach der 10. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entsprechend der 2. Alterstufe von 417,00 €.

Damit ergibt sich der ausgeurteilte und begehrte Zahlbetrag von 340,00 €.

Ab Januar 2008 ergibt sich eine geringfügig abweichende Unterhaltsberechnung, da sich die zusätzlichen Altersvorsorgebeiträge des Beklagten leicht erhöht haben und sich die Düsseldorfer Tabelle zum 01.01.2008 geändert hat, wie folgt:

Monatsnettoeinkommen des Beklagten: 56.253,38 € / 12 (rd) 4.688,00 €

Abzüglich zusätzliche Altersvorsorge (vgl. Blatt 383 GA) in Form einer Lebensversicherung von (rd.) - 324,00 €

Abzüglich Beitrag zur Krankenversicherung - 365,34 €

Verbleibendes Einkommen 3.998,66 €

Abzüglich Kindesunterhalt für studierenden Sohn N. aus erster Ehe (Zahlbetrag), da eheprägend - 375,00 €

Resteinkommen des Beklagten 3.623,66 €

Somit schuldet der Beklagte für die Zeit ab Januar 2008 Kindesunterhalt an sich nach der 7. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entsprechend der 2. Alterstufe mit einem Zahlbetrag von 361,00 €.

Der geltend gemacht Betrag nach der 6. Einkommensgruppe (128 % des Mindestunterhaltes ) mit einem Zahlbetrag von derzeit 336,00 € ist damit jedenfalls begründet.

Der gemäß § 1361 BGB vom Beklagten der Klägerin geschuldete Trennungsunterhalt ergibt sich - wie tenoriert - aus den folgenden Überlegungen:

Für die Berechnung des Trennungsunterhaltes der Klägerin ist folgendes Nettoeinkommen des Beklagten zugrunde zu legen:

Um die Kindesunterhalte bereinigtes Nettoeinkommen des Beklagten: 3.637,66 € - 417,00 € 3.220,66 €

2008

Um die Kindesunterhalte bereinigtes Nettoeinkommen des Beklagten: 3.623,66 € - 336,00 3.287,66 €

Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen von 1.708,50 € erzielen kann. Dabei vertritt der Senat die Auffassung , dass die Klägerin angesichts der im April 2007 8 Jahre alt gewordenen Tochter M. verpflichtet ist, einer Teilerwerbstätigkeit nachzugehen. Zu berücksichtigen war, dass die Klägerin auch schon während des Zusammenlebens der Parteien einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachging. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass sich mit der Trennung die persönlichen Verhältnisse der Eheleute entscheidend geändert haben. So bezog die Klägerin über die Tätigkeit ihres Mannes einen Teil ihrer Aufträge. Dieser Auftraggeber ist weggefallen. Auch kann die Klägerin nicht mehr auf erhebliche Entlastungen im Haushalts- und Betreuungsbereich zurückgreifen, seitdem sich die Parteien getrennt haben. Wie im Termin zur mündlichen Verhandlung eingehend erörtert muss die Klägerin ihren Kundenkreis nun selbst akquirieren. Neben ihrer beruflichen Tätigkeit muss der Klägerin zudem genügend Zeit bleiben, um sich um die Erziehung und Betreuung der bei ihr lebenden Tochter M. zu kümmern. Das alles ist gerade auch angesichts der Erkrankung von M. nicht mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu vereinbaren. Auch wenn M. an 4 Tagen in der Woche bis nach dem Mittagessen in der Schule betreut ist, darf nicht übersehen werden, dass M. für ihre Freizeitaktivitäten und darüber hinaus zusätzlichen Betreuungsbedarf beanspruchen kann und darf. Unter Kindeswohlgesichtspunkten erscheint daher auch unter Beachtung der bisherigen Aufgabenverteilung und Lebensplanung der Parteien im Übrigen, die jetzige Arbeitsbelastung der Klägerin zumutbar, aber auch ausreichend.

Geht man davon aus, dass unter Berücksichtigung von Urlaubszeiten sowie Wochenenden und Feiertagen der Klägerin etwa jährlich 220 Arbeitstage zur Verfügung stehen, erscheint ein Jahresbruttoeinkommen der Klägerin entsprechend dem von ihr zu den Akten gereichten Vorauszahlungsbescheid für das Jahr 2008 mit angenommen 23.010,00 € realistisch. Dies entspricht einer Tagesarbeitszeit bei einem Stundenlohn von 25,00 € und 220 Arbeitstagen von 23.010,00 € / 25,00 € / 220 Tage = rund 4,2 Stunden/Tag. In welchem Umfang die Klägerin bei zunehmendem Alter von M. angesichts deren Krankheit ihre Tätigkeit ausdehnen kann und muss, wird abzuwarten sein. Dabei wird auch zu beurteilen sein, in wie fern die Klägerin Kunden hinzugewinnen kann, um das Betriebsergebnis zu steigern. So zeigen die Einnahmen der Klägerin aus den zurückliegenden Jahren nach Abzug der vom Beklagten vermittelten bzw. über die Klägerin abgerechneten Aufträge, dass das Betriebsergebnis - so wie von der Steuerbehörde für 2008 geschätzt - insgesamt realistisch erscheint. Jedenfalls kann derzeit von der Klägerin kein höherer Arbeitseinsatz verlangt werden. Ob für den nachehelichen Unterhalt angesichts der Neuregelungen zum Unterhaltsrecht eine umfangreichere berufliche Tätigkeit von der Klägerin zu fordern sein wird, braucht vorliegend für den Trennungsunterhalt nicht entschieden zu werden.

Entsprechend diesen Überlegungen ergibt sich folgendes unterhaltsrelevante Einkommen der Klägerin:

Geschätztes Einkommen der Klägerin gemäß Vorauszahlungsbescheid 2008 23.010,00 €

Abzüglich geschätzter Steuerlast gemäß Vorauszahlungsbescheid - 2.509,00 €

Geschätztes Jahresnettoeinkommen 20.501,00 €

Geschätztes Monatsnettoeinkommen 20.502,00 € / 12 = rund 1.708,50 €

Abzüglich gezahlter Lebensversicherungsbeiträge als Altersvorsorge in Höhe von 24 % * 23.010,00 € / 12 - 460,20 €

Abzüglich Krankenversicherungsbeiträge von monatlich: - 633,18 €

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung bei ihrer Anhörung durch den Senat glaubhaft dargelegt, dass es ihr nicht möglich ist, ihre Beiträge zu reduzieren.

Abzüglich Krankenversicherungsbeitrag für M. - 126,00 €

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Krankenversicherungsbeitrag für M. nicht in dem ausgeurteilten Kindesunterhalt, der für den allgemeinen Lebensbedarf gezahlt wird, enthalten. Vielmehr fällt dieser Bedarf zusätzlich an. Daher kann die Klägerin, die diesen Beitrag leistet, die Zahlungen von ihrem Einkommen abziehen. Allerdings geht der Senat davon aus, dass es wirtschaftlicher ist, M. für die Zukunft über den Beklagten zu versichern, so dass unter Berücksichtigung einer Übergangszeit ab Januar 2009 diese Beiträge nicht mehr einkommensmindernd berücksichtigt werden

Abzuziehen ist bis September 2007 der Beitrag für die Nachmittagsbetreuung in der "Offenen Ganztagsschule" mit - 100,00 €

Dieser Betrag ist mit M.'s Schulwechsel weggefallen, so dass sich mit dem Wegfall dieser Kosten das anrechenbare Einkommen der Klägerin entsprechend erhöht

Das anrechenbare Nettoeinkommen der Klägerin betrug bzw. beträgt damit bis zum Wegfall der Schulkosten (rd) 390,00 €

und danach 490,00 €

sowie ab Januar 2009 (rd.) 616,00 €

Damit ergibt sich für die Zeit von August bis Dezember 2007 folgende Unterhaltsberechnung zum Trennungsunterhalt:

August 2007

Resteinkommen des Beklagten (rd) 3.220,00 €

Einkommen Klägerin (geschätzt) bis August 07 - 390,00 €

Differenzeinkommen der Parteien 2.830,00 €

Unterhaltsanspruch der Klägerin August 2007: 3 / 7 * 2.830,00 € (rd.). 1.212,00 €

Verlangt werden 1.193,00 € , so dass die Berufung in vollem Umfang berechtigt ist.

September 2007 bis Dezember 2007

Resteinkommen des Beklagten(rd.) 3.220,00 €

Einkommen Klägerin (geschätzt) September - Dezember 2007 (ohne Beitrag OGS ) - 490,00 €

Differenzeinkommen der Parteien 2.730,00 €

Unterhaltsanspruch der Klägerin September - Dezember 2007: 3 / 7 *2.730,00 € (rd.) 1.170,00 €

Für die Zeit ab Januar 2008 gilt folgende Unterhaltsberechnung zum Trennungsunterhalt:

Januar bis Dezember 2008

Resteinkommen des Beklagten 3.287,66 €

Einkommen Klägerin (geschätzt) bis August 07 - 490,00 €

Differenzeinkommen der Parteien 2.797,66 €

Unterhaltsanspruch der Klägerin Januar bis August 2008: 3 / 7 * 2.797,66 € (rd.). 1.199,00 €

Verlangt werden 1.193,00 € , so dass die Berufung in vollem Umfang berechtigt ist.

Ab Januar 2009

Resteinkommen des Beklagten 3.287,66 €

Einkommen Klägerin (geschätzt) ohne KV-Beitrag M. = - 616,00 €

Differenzeinkommen der Parteien 2.671,66 €

Unterhaltsanspruch der Klägerin ab Januar 2009: 3 / 7 *2.671,66 € (rd.) 1.145,00 €

Der Beklagte schuldet damit an Unterhalt:

Rückstände August 2007 bis Oktober 2007 an Kindes- und Trennungsunterhalt:

Trennungsunterhalt: 1.193,00 € + 2 * 1.170,00 € 3.533,00 €

Kindesunterhalt ( wie Urteil ): 2 * ( 417,00 € + 77,00 ) + 340,00 € 1.328,00 €

Der Beklagte hatte für August und September 2007 noch Kindergeld bezogen, obwohl M. bereits in die Obhut der Klägerin gewechselt war, so dass für diese Monate das hälftige Kindergeld dem Anspruch hinzuzurechnen war.

Gesamtunterhalt bis einschließlich Oktober 2007 4.861,00 €

Gezahlt hierauf sind insgesamt 950,00 € + 380,26 € + 277,78 € = - 1.608,04 €

Es verbleibt ein noch zu zahlender Rückstand von 3.252,96 €

Ausgeurteilt sind 2.495,96 €

Beantragt sind noch 3.298,96 €

Damit erweist sich die aufrechterhaltene Berufung als ganz überwiegend begründet.

An laufendem Unterhalt kann die Klägerin jedenfalls ab November 2007 verlangen:

für November und Dezember 2007 je 1.170,00 €

für Januar bis Dezember 2008 jedenfalls je 1.193,00 €

ab Januar 2009 je 1.145,00 €

Beantragt sind nach teilweiser Berufungsrücknahme im Termin am 05.08.2008 durchgängig monatlich 1.193,00 €

Damit erweist sich die aufrechterhaltene Berufung auch zum laufenden Unterhalt als ganz überwiegend begründet.

Diese Unterhaltsansprüche der Klägerin sind auch nicht verwirkt. Der Beklagte hat jedenfalls nicht geeignet unter Beweis gestellt, dass die Klägerin aus intakter Ehe ausgebrochen ist. Die Parteien haben wechselseitige Vorwürfe zum Scheitern der Ehe vorgebracht. Der Beklagte, der sich auf einen den Trennungsunterhaltsanspruch ausschließenden Tatbestand stützt, hat die entsprechenden tatsächlichen Voraussetzungen hierfür darzulegen und geeignet unter Beweis zu stellen. Jedenfalls geeigneter Beweis ist nicht angetreten. Es verbleibt daher bei dem Unterhaltsanspruch der Klägerin.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs.1, 516 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt:

I. Berufung derKlägerin

1) Bis zur teilweisen Berufungsrücknahme im Termin zur mündlichen Verhandlung

a) Rückstände: 3.452,96 € - 2.495,96 € 957,00 €

b) laufender Unterhalt: 2 * 1.193,00 € + 10 * 1.421,00 € - 2 * 874,00 € - 7 * 1.000,00 € - 3 * 900,00 € = 5.148,00 €

c) Gesamtstreitwert bis zur teilweisen Berufungsrücknahme der Klägerin 6.105,00 €

2. Nach der teilweisen Berufungsrücknahme im Termin zur mündlichen Verhandlung

a) Rückstände von 3.298,96 € - 2.495,96 € 803,00 €

b) laufender Unterhalt: 12 * 1.193,00 € - 2 * 874,00 € - 7 * 1.000,00 € - 3 * 900,00 € = 2.868,00 €

c) Gesamtstreitwert nach der teilweisen Berufungsrücknahme der Klägerin 3.671,00 €

II. Berufung des Beklagten:

1) Unterhaltsrückstand 2.495,96 €

2) laufender Trennungsunterhalt 2 * 874,00 € + 7 * 1.000,00 € + 3 * 900,00 € 11.448,00 €

c) laufender Kindesunterhalt 2 * 340,00 € + 10 * 336,00 € 4.040,00 €

d) Gesamtstreitwert der Berufung des Beklagten 17.983,96 € ..." (OLG Köln, Urteil vom 05.08.2008 - 4 UF 80/08)

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Die Berechnung des Ehegattenunterhalts nach bloßem Abzug des Zahlbetrags des Kindesunterhalts führt im Nichtmangelfall dazu, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte trotz bedarfsdeckenden Unterhalts im Ergebnis 110 € vom Kindergeld, das nur im Mangelfall für das Kind dessen Einkommen ist (§ 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II), behalten darf, während dem Unterhaltsverpflichteten faktisch nur 44 € davon verbleiben. Im Mangelfall für den Ehegatten, d. h. wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte, der auch das Kind bzw. die Kinder erzieht, nicht einmal die ihm an sich zustehende Quote des um den auskömmlichen Kindesunterhalt bereinigten Einkommens des Verpflichteten erhalten kann, ist es demgegenüber auch vom Ergebnis her richtig, dem unterhaltsberechtigten Ehegatten wenigstens die Differenz zwischen dem nach Abzug des Zahlbetrags verbleibenden Einkommen des Verpflichteten und seinem gegenüber dem Ehegatten erhöhten Selbstbehalt von derzeit 1.000 € zuzusprechen, weil hier von einer ungerechten Verteilung des Kindergeldes nicht mehr ausgegangen werden kann (OLG Frankfurt, Urteil vom 30.04.2008 - 5 UF 67/07 zu BGB 1361, 1609, 1612b):

„... I. Die Klägerin begehrt, nachdem der Kindesunterhalt in der Berufungsverhandlung durch den dort geschlossenen Teilvergleich geregelt worden ist, noch den Trennungsunterhalt. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Offenbach am Main Bezug genommen. Allerdings ist die Trennung der Parteien entgegen den Feststellungen im angefochtenen Urteil - vom Beklagten in der Berufungsverhandlung auch nicht mehr ernsthaft bestritten - bereits im Februar 2005 erfolgt. Ab März 2005 hat er auch unstreitig bereits (Teil-)Unterhaltszahlungen wie aus dem Tenor ersichtlich geleistet. Nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens stellen sich die Einkommensverhältnisse des Beklagten ab 2006 auf Grund inzwischen vorliegeder Verdienstbescheinigungen für die Jahre 2006 und 2007 etwas abweichend von den noch auf der Basis des Jahres 2005 vorgenommenen Berechnungen des Amtsgerichts dar. Danach belief sich das Nettoeinkommen des Beklagten im Jahr 2006, ausgehend von 34.101,31 EUR brutto, auf 21.055,79 EUR (bereits nach Abzug des Arbeitgeberanteils für vermögenswirksame Leistungen) entsprechend monatlich 1.754,65 EUR. Zuzüglich möglicher 4 EUR Steuerersparnis beim Solidarzuschlag, die der Beklagte netto mehr erhielte, wenn er sich den ihm zustehenden halben Kinderfreibetrag pflichtgemäß hätte eintragen lassen, und abzüglich 5 % berufsbedingter Aufwendungen verblieben ihm netto aufgerundet monatlich 1.671 EUR im Jahr 2006. Im Jahr 2007 bezog er, ausgehend von brutto 36.219,57 EUR, netto 22.913,38 EUR oder monatlich 1.909,45 EUR zuzüglich 4 EUR möglicher Steuerersparnis und abzüglich 5 % berufsbedingter Aufwendungen, somit monatlich 1.818 EUR.

Das Amtsgericht hat der Klage auch hinsichtlich des Trennungsunterhalts überwiegend stattgegeben und den Beklagten hinsichtlich der Rückstände bis einschließlich Oktober 2006 unter Berücksichtigung wechselnder Einkommensverhältnisse und Abzugsbeträge für bestehende Schulden zu unterschiedlichen Beträgen nebst Zinsen wie aus dem Tenor des angefochtenen Urteils ersichtlich sowie ab November 2006 zu laufendem Trennungsunterhalt von 611,75 EUR monatlich verurteilt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Die Parteien haben in der Berufungsverhandlung einen Teilvergleich geschlossen und damit den Kindesunterhalt abschließend geregelt. Insoweit wird auf das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 16.04.2008 Bezug genommen. Allerdings hatte das Amtsgericht in dem mit dem Vergleich hinsichtlich des Kindesunterhalts bis 31.12.2007 rechtskräftig gewordenen Teil des Urteils offensichtlich versehentlich den laufenden Kindesunterhalt bereits ab 1.11.2005 ausgeurteilt, obwohl es zuvor bereits den Rückstand bis 31.12.2005 mit den bis Oktober verlangten 168 EUR und 2 x 199 EUR für November und Dezember 2005 (zusammen 566 EUR) ausgeurteilt hatte.

Der Beklagte beantragt nunmehr noch, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage hinsichtlich des Trennungsunterhalts abzuweisen. Er beruft sich insbesondere auf einen höheren Schuldenabtrag als vom Amtsgericht anerkannt, räumt allerdings auch ein, das im Sommer 2005 aufgenommene Darlehen bei der inzwischen mit Ersparnissen getilgt zu haben und neben einer behaupteten Steuernachforderung für das Jahr 2004 für einen späteren Zeitraum auch eine Steuererstattung erhalten zu haben. Soweit er höhere Zahlungen auf den Unterhalt behauptet, beruht dies darauf, dass er auch die auf Grund von Pfändungen abgezogenen Beträge als eigene Zahlungen in Ansatz bringt. Insoweit wurde in der Berufungsverhandlung eine differenzierte Forderungsaufstellung des Klägervertreters sowohl für den Kindes- als auch den Trennungsunterhalt erörtert.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die nach dem Teilvergleich über den Kindesunterhalt nur noch den Trennungsunterhalt betreffende zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet.

Zu Recht ist das Amtsgericht für das Jahr 2005 zu-nächst von einem monatlichen Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von 2.331,98 EUR abzüglich 5 % berufsbedingter Aufwendungen, mithin von 2.215,38 EUR, ausgegangen.

Auch die Bereinigung von Schulden gegenüber der von 50 EUR monatlich sowie weiterer 100 EUR monatlich an eine frühere Ver-mieterin ist - von der Klägerin nicht angegriffen - zu Recht erfolgt. Nach Auffassung des Senats sind allerdings auch die weiteren Altschulden des Beklagten, die er mit monatlich 47 EUR gegenüber der ... bedient, als eheprägend anzuerkennen und abziehbar, so dass ihm bereinigt netto 2.018,38 EUR monatlich für das Jahr 2005 verbleiben. Noch weitere Schuldenabzüge sind dagegen aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils nicht vorzunehmen, zumal der Beklagte auch in der Berufungsverhandlung entweder den jeweiligen Schuldgrund oder auch den tatsächlichen Abtrag nicht ausreichend zu belegen vermochte. Das gilt insbesondere auch für das im Jahr 2005 aufgenommene Darlehen über 3.000 EUR bei der, das er zudem - wie er nun einräumt - aus Ersparnissen wieder getilgt hat. Hinsichtlich des angeblichen Abtrags von weiteren Schulden an Rechtsanwälte ... sind Zahlungen nicht belegt. Ebenso sind angebliche Zahlungen im Zusammenhang mit einer früheren Straftat weder ausreichend belegt, noch sind diese Schulden als eheprägend anzuerkennen. Angeblichen Zahlungen auf eine Steuernachforderung steht eine Steuererstattung für einen späteren Zeitraum gegenüber. Von dem hiernach zugrunde zu legenden bereinigten Nettoeinkommen von monatlich 2.018,38 EUR sind die sich daraus ergebenden - bei nur zwei Unterhaltsberechtigten um eine Einkommensstufe erhöhten - Tabellenbeträge (nach dem für diesen Zeitraum noch geltenden bisherigen Recht unumstritten) des Kindesunterhalts von monatlich 283 EUR für die Zeit bis Juni 2005 bzw. 290 EUR ab Juli 2005 bis Dezember 2005 in Abzug zu bringen, so dass für die Berechnung des Trennungsunterhalts 1.735,38 EUR bis Juni 2005 bzw. 1.728,35 EUR bis Dezember 2005 verbleiben. Daraus errechnen sich als 3/7-Quote monatlich 744 EUR bis Juni 2005 bzw. monatlich 741 EUR bis Dezember 2005, die der Beklagte unter Berücksichti-gung des bis Juni 2005 für den Trennungsunterhalt noch geltenden Selbstbehalts von 920 EUR sowie auch bei einer zweistufigen Mangelfallberechnung nach altem Recht (BGH FamRZ 2003, 363 ff.) bei 1.000 EUR Selbstbehalt gegenüber der E-hefrau ab 01.07.2005 zahlen kann.

Unter Berücksichtigung des im Jahr 2006 gesunkenen und nach Steuerklasse 1 sowieso geringer ausfallenden Netto-einkommens von monatlich 1.671 EUR (s. o. unter I.) verbleiben dem Beklagten nach Abzug der bis September 2006 zunächst weiter anzuerkennenden monatlich 197 EUR für Schulden (50 EUR + 100 EUR + 47 EUR wie oben) noch monatlich 1.474 EUR; und nach Abzug des sich ergebenden Tabellen-betrags des Kindes-unterhalts von 233 EUR nur noch 1.241 EUR, so dass der Beklagte die 3/7- Quote von 532 EUR nicht mehr zahlen kann. Eine zweistufige Mangelfall-berechnung führt danach für den Trennungsunterhalt zu dem aus dem Tenor ersichtlichen Monatsbetrag von 362 EUR (Einsatzbeträge nach BGH FamRZ 2003, 363 ff.: 890 EUR Mindestbedarf für die Klägerin und 135 % des damaligen Regelbetrags, mit-hin 276 EUR, ergibt zusammen 1.166 EUR). Von den über 1.000 EUR (Selbstbe-halt gegenüber der Ehefrau) für Unterhaltszwecke insgesamt zur Verfügung ste-henden monatlich 474 EUR (s. o.) erhält die Klägerin danach anteilige 890/1166 = 362 EUR. (Der Kindesunterhalt wird in der hier nicht mehr erforderlichen zweiten Stufe der Berechnung aus dem niedrigeren notwendigen Selbstbehalt ge-genüber Kindern aufgefüllt.)

Im Oktober 2006 ermäßigt sich der Schuldenabtrag für die Mietrückstände auf 79,58 EUR, zuzüglich der 50 EUR und 47 EUR beträgt der gesamte berücksichtigungsfähige Schuldenabtrag nur noch 176,58 EUR.Es verbleiben von den 1.671 EUR netto nunmehr bereinigt 1.494,42 EUR. Die sich nach Abzug des Kindesunterhalts errechnende 3/7-Quote kann ebenfalls nicht gezahlt werden. Die Mangelfallberechnung nach dem obigen Muster führt zu dem Trennungsunterhalt von 377 EUR (494,42 EUR x 890 / 1166).

Im November und Dezember 2006 sind nur noch Schulden von insgesamt monatlich 97 EUR zu berücksichtigen. Von den 1.671 EUR verbleiben für Unterhaltszwecke nunmehr 1.574 EUR. Die auch insoweit notwendige Mangelfallberechnung führt zu monatlichem Trennungsunterhalt von 438 EUR (574 EUR x 890 / 1166).

Ab 2007 verbessern sich die Einkommensverhältnisse des Beklagten wieder. Sein Nettoeinkommen beträgt nach Abzug der berufsbedingten Aufwendungen, wie oben unter I. ausgeführt, nunmehr monatlich 1.818 EUR. Nach weiterem Abzug des anzuerkennenden Schuldenabtrags von monatlich 97 EUR verbleiben ihm für Unterhaltszwecke bereinigte 1.721 EUR. Sowohl nach Abzug des bis Juni 2007 maßgeblichen Tabellenbetrags für den Kindesunterhalt von 262 EUR als auch von 259 EUR bis Dezember 2007 kann der Beklagte die sich errechnende 3/7-Quote für den Trennungsunterhalt (625 EUR bzw. 627 EUR) unter Berücksich-tigung von 1.000 EUR Selbstbehalt nicht zahlen. Die Mangelfallberechnung nach dem obigen Muster führt zu den ausgeurteilten Beträgen von monatlich 550 EUR in der ersten Jahreshälfte (721 EUR in der ersten Stufe zur Verfügung x 890 / 1166 anteilig für die Ehefrau) und 552 EUR in der zweiten Jahreshälfte. Wegen der Absenkung der Regelbeträge für Kinder ab 01.07.2007 sind 135 % nur noch 273 EUR und der notwendige Mindestgesamtbedarf beider Berechtigter beträgt damit 1.163 EUR.

721 EUR x 890 / 1163 ergeben deswegen monatlich 552 EUR.

Ab Januar 2008 ist der Kindesunterhalt gemäß § 1609 BGB neuer Fassung vorrangig. Bei weiterhin monatlich 1.721 EUR bereinigtem Netto-einkommen des Beklagten verbleiben ihm nach Abzug des tatsächlichen Zahlbe-trags des Kindesunterhalts von 230 EUR, auf den sich die Parteien auch ver-gleichsweise geeinigt haben, noch 1.491 EUR. Der verbleibende Betrag über dem Selbstbehalt von 1.000 EUR, mithin nur noch 491 EUR, unterschreitet in jedem Fall die 3/7-Bedarfs-quote für die Ehefrau, und zwar ungeachtet dessen, ob man diese im vorliegenden Fall weiterhin nach Abzug des Tabellenbetrags für den Kin-desunterhalt von 307 EUR (Soyka, FuR 2008, 157 ff., 162, 163, wohl auch Schürmann, FamRZ 2008, 313 ff., 324) oder nur des Zahlbetrags von 230 EUR errechnet (so inzwischen BGH, Urteil vom 05.03.2008, XII ZR 22/06, in einem obi-ter dictum unter IV. 1. b im Anschluss an Dose, FamRZ 2007, 1289 ff., 1292 f., Klinkhammer FamRZ 2008, 193 ff., 199; Scholz FamRZ 2007, 2221 ff., 2224; Gerhardt FamRZ 2007, 945 ff., 948; Grundmann, forum familienrecht 2008, 134, 135). Die unterschiedliche Berechnungsweise (siehe auch die Übersicht unter www.hefam.de zu den Unterhaltsleitlinien bzw. Unterhaltsgrundsätzen der Ober-landesgerichte) führt zwar im Nichtmangelfall dazu, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte bei bloßem Abzug des Zahlbetrags trotz bedarfsdeckenden Unterhalts praktisch monatlich 33 EUR mehr erhält und damit vom Kindergeld im Ergebnis 110 EUR behalten darf, während dem Unterhaltsverpflichteten faktisch nur 44 EUR davon verbleiben (die dieses Ergebnis rechtfertigende Annahme der herrschenden Meinung, das Kindergeld sei Einkommen des Kindes, trifft aber nur bei einem Mangelfall für das Kind zu, wie § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II zeigt, nämlich wenn das Kindergeld "zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt" wird).

Im Mangelfall für den Ehegatten, d. h. wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte, der auch das Kind bzw. die Kinder erzieht, wie hier nicht einmal die ihm an sich zustehende Quote des um den auskömmlichen Kindesunterhalt bereinig-ten Einkommens des Verpflichteten erhalten kann, ist es demgegenüber auch vom Ergebnis her richtig, dem unterhaltsberechtigten Ehegatten wenigstens die Differenz zwischen dem nach Abzug des Zahlbetrags verbleibenden Einkommen des Verpflichteten und seinem gegenüber dem Ehegatten erhöhten Selbstbehalt von derzeit 1.000 EUR zuzusprechen, weil hier von einer ungerechten Verteilung des Kindergeldes nicht mehr ausgegangen werden kann (anderer Ansicht unter Be-zugnahme auf die frühere Rechtsprechung des BGH auch insoweit Soyka a.a.O., u. a. mit weiteren Fallbeispielen, z. B. bei Leistung von Bar- und Betreuungsunterhalt für die Kinder durch den auch zum Ehegattenunterhalt Verpflichteten). Für den hier vorliegenden Fall, in dem die das Kind erziehende Klägerin wegen des Vorrangs des Kindesunterhalts nur einen unter der ihr an sich zustehenden Quote liegenden Unterhalt bekommen kann, folgt der Senat deshalb im Ergebnis der herrschenden Meinung, so dass der Klägerin ab 01.01.2008 monatlich 491 EUR Trennungsunterhalt zuzusprechen sind. Die weiter gehende Klage ist abzuweisen. Soweit der Beklagte die vollständige Klageabweisung weiter verfolgt hat, ist seine Berufung zurückzuweisen. Die Zinsentscheidung folgt aus § 291 BGB. ..."

***

Für die Frage, ob die Aufnahme einer neuen Beziehung durch den Unterhaltsberechtigten einen Härtegrund im Sinne von § 1579 Nr. 7 i.V.m. § 1361 Abs. 3 BGB darstellt, kommt es nicht darauf an, ob es sich um eine gleichgeschlechtliche oder eine heterosexuelle Beziehung handelt (BGH, Urteil vom 16.04.2008 - XII ZR 7/05 - OLG Brandenburg):

„... Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt für die Zeit vom 1. Mai 2001 bis zu der (am 11. März 2003 rechtskräftig gewordenen) Scheidung ihrer Ehe.

Die am 14. August 1953 geborene Klägerin und der am 8. Dezember 1953 geborene Beklagte haben am 5. April 1975 die Ehe geschlossen. Sie haben fünf gemeinsame Kinder, die in den Jahren 1973, 1975, 1981, 1984 und 1990 geboren wurden. Am 7. Februar 2000 verließ die Klägerin die eheliche Wohnung und zog zu einer Freundin nach L. in Nordrhein-Westfalen. Zu diesem Zeitpunkt lebten die drei jüngeren Kinder noch im elterlichen Haushalt. Sie verblieben bei dem Auszug der Klägerin bei dem Beklagten.

Die Klägerin, die eine Ausbildung als Finanzökonomin absolviert hatte, war während des Zusammenlebens der Parteien viele Jahre berufstätig. In der Zeit ab Januar 2001 ging sie keiner Erwerbstätigkeit nach, sondern bezog zunächst Krankengeld und im Anschluss daran Sozialhilfe. Die auf den Träger der Sozialhilfe übergegangenen Unterhaltsansprüche sind (durch Vereinbarung vom 17. Juli 2007) auf die Klägerin rückübertragen worden.

Der Beklagte, der Diplomingenieur ist, absolvierte während des Zusammenlebens der Parteien ein Studium zum Diplombetriebswirt, das er Anfang 2000 erfolgreich abschloss. Er ist in leitender Position tätig.

Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch genommen. Sie hat beantragt, ihn zur Zahlung von monatlich 1.071,54 € für Juli 2002, von monatlich 1.147,79 € ab August 2002 und von (insgesamt) 11.825,11 € für die Zeit von Mai 2001 bis Juni 2002 zu verurteilen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei aus gesundheitlichen Gründen nicht erwerbsfähig. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, die Klägerin habe einen Unterhaltsanspruch verwirkt, weil sie aus intakter Ehe ausgebrochen sei und ein intimes Verhältnis zu einer Frau aufgenommen habe.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe ein Unterhaltsanspruch nicht zu, weil ihr ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihr liegendes Fehlverhalten gegen den Beklagten zur Last falle. Auf die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Unterhaltsbegehren - für die Zeit von Mai 2001 bis Juli 2002 in eingeschränktem Umfang - weiterverfolgt hat, hat das Oberlandesgericht der Klage teilweise stattgegeben. Es hat der Klägerin zeitlich gestaffelt Trennungsunterhalt in unterschiedlicher Höhe zuerkannt, für den letzten Zeitraum vom 1. Januar bis 10. März 2003 in Höhe von monatlich 971 €. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der zugelassenen Revision, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt. Die Klägerin hat sich der Revision angeschlossen. Sie greift die Klageabweisung wegen eines Betrages von monatlich 59,16 € für Mai und Juni 2001, monatlich 66 € von Januar bis März 2002 und von monatlich 132 € für die Zeit vom 1. April bis 10. Juli 2002 und vom 1. August 2002 bis 10. März 2003 an.

Entscheidungsgründe: Revision und Anschlussrevision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. 1. Das Berufungsgericht hat die Klägerin nach Maßgabe des § 1361 Abs. 1 BGB für unterhaltsberechtigt gehalten, weil sie nach dem eingeholten Sachverständigengutachten jedenfalls in der Zeit von Januar 2001 bis Ende 2002 aufgrund gesundheitlicher bzw. psychischer Störungen nicht erwerbfähig gewesen sei. Ob dieser Zustand noch länger angedauert habe, könne dahinstehen. Denn der Klägerin müsse von dem Zeitpunkt ihrer Genesung an in jedem Fall eine im Januar 2003 beginnende Übergangszeit von drei Monaten zugebilligt werden, um eine neue Arbeitsstelle zu finden. Deshalb sei der Ermittlung des Trennungsunterhaltsbedarfs für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum allein das tatsächliche Einkommen der Klägerin zugrunde zu legen. Eine Verletzung der Erwerbsobliegenheit sei unter Berücksichtigung aller Umstände auch zuvor, von der Trennung bis zum Beginn der Inanspruchnahme des Beklagten, nicht feststellbar.

In die Unterhaltsbemessung müsse auch das tatsächliche Einkommen des Beklagten eingestellt werden, da nicht davon auszugehen sei, dass sein Anfang 2002 erfolgter beruflicher Aufstieg auf einer unerwarteten, vom Normalverlauf abweichenden Entwicklung beruhe. Vielmehr sei die Beförderung des Beklagten nach dem auch im Interesse des Arbeitgebers bereits 1995 begonnenen und Anfang 2000 abgeschlossenen Studium zu erwarten gewesen. Zu berücksichtigen seien danach um berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 5% bereinigte durchschnittliche monatliche Nettoeinkünfte von (jeweils gerundet) 3.117 € für 2001, 4.064 € für 2002 und 4.683 € für 2003. Hiervon seien zunächst monatliche Ratenzahlungen in einer Gesamthöhe von 948,73 € auf bestehende Verbindlichkeiten in Abzug zu bringen. Weitere Abzüge, insbesondere wegen der Höhe der zu zahlenden Miete, seien nicht gerechtfertigt.

Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien seien allerdings auch durch die Unterhaltsverpflichtung gegenüber den gemeinsamen Kindern geprägt gewesen. Insofern sei es grundsätzlich geboten, bei der Unterhaltsbemessung auch den für die volljährigen Kinder geleisteten Barunterhalt vorweg abzuziehen, zu dem der Beklagte allein beigetragen habe. Für den ältesten Sohn O. sei Unterhalt allerdings nicht geleistet worden. Die Zahlungen an den 1975 geborenen Sohn A. seien geringer gewesen als das für ihn bezogene Kindergeld, so dass für diese beiden Söhne ein Vorwegabzug ausscheide. Der Bedarf der 1981 geborenen Tochter K., die im Juni 2001 die Schulausbildung mit dem Abitur beendet, zum Wintersemester 2001/02 ein Studium in Berlin aufgenommen habe und seit dem 1. Oktober 2002 eine Ausbildung als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte absolviere, richte sich allein nach dem Einkommen des Beklagten. Unter Berücksichtigung der jeweils geltenden Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts bzw. seit Oktober 2001 des Kammergerichts sei von einem nicht durch BAföG-Leistungen bzw. Ausbildungsvergütung gedeckten monatlichen Bedarf auszugehen, der höchstens 418,75 € und wenigstens 273,62 € betrage. Der 1984 geborene Sohn M. habe bis 15. November 2002 das Gymnasium besucht und von Februar bis August 2003 zur Vorbereitung auf die beabsichtigte Krankenpflegeausbildung ein unbezahltes Praktikum abgeleistet. Sein - ebenfalls am Einkommen des Beklagten ausgerichteter - Bedarf sei für die Zeit der Volljährigkeit (ab 1. April 2002) mit monatlich 498 € und ab Januar 2003 mit monatlich 560 € anzusetzen. Für die 1990 geborene und daher durchgehend minderjährige Tochter J. sei der Tabellenunterhalt abzüglich der für sie gewährten Unterhaltsvorschussleistungen zu berücksichtigen. Darüber hinaus sei für sie ein Betreuungsbonus von monatlich 150 € in Abzug zu bringen. Der Vorwegabzug des Unterhalts für K. komme allerdings mangels Leistungsfähigkeit des Beklagten nicht durchgehend zum Tragen.

2. a) Diese Ausführungen, gegen die die Revision keine Einwendungen erhebt und die Anschlussrevision nur hinsichtlich der Behandlung des für die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder bezogenen Kindergeldes angreift, begegnen - von dem beanstandeten Punkt abgesehen - auch keinen rechtlichen Bedenken.

b) Die Anschlussrevision macht zu Recht geltend, das Berufungsgericht habe bei der Berechnung des Trennungsunterhalts nicht beachtet, dass das für volljährige Kinder bezogene Kindergeld bedarfsdeckend zu berücksichtigen sei. Unstreitig habe der Beklagte das Kindergeld für alle Kinder erhalten. Es habe für K. im Jahr 2001 monatlich 138,04 € betragen und sei ab Januar 2002 mit monatlich jeweils 154 € für K. und M. zur Auszahlung gelangt.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist das staatliche Kindergeld in voller Höhe auf den Unterhaltsbedarf eines volljährigen Kindes anzurechnen. Mit dem Kindergeld soll die Unterhaltslast im Ganzen, also für alle Unterhaltspflichtigen, erleichtert werden. Deshalb muss es, wenn mehrere Personen zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sind, allen Unterhaltspflichtigen zugute kommen, und zwar ohne Rücksicht darauf, wer öffentlichrechtlich als Empfangsberechtigter bestimmt ist und an wen das Kindergeld ausgezahlt wird. Wenn ein minderjähriges unverheiratetes Kind von seinen Eltern in der Weise unterhalten wird, dass der eine Elternteil die Pflege und Erziehung übernimmt, während der andere für den Barunterhalt aufkommt, so ist darin regelmäßig eine Unterhaltsleistung zu gleichen Teilen zu sehen (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) mit der Folge, dass den Eltern das Kindergeld je zur Hälfte zusteht. Ist gegenüber einem volljährigen Kind dagegen nur ein Elternteil (bar-)unterhaltspflichtig, so widerspräche es dem Zweck des Kindergeldes, wenn es ihm - jedenfalls bis zur Höhe seiner Unterhaltsleistungen - nicht allein zugerechnet würde, nachdem der Anspruch auf Betreuungsunterhalt entfallen ist. Eine Aufteilung des Kindergeldes kommt dann nur noch insoweit in Betracht, als die Eltern den geschuldeten Barunterhalt anteilig erbringen. Eine solche Aufteilung lässt sich am einfachsten dadurch erreichen, dass das Kindergeld auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes bedarfsdeckend angerechnet wird und damit beide Elternteile entsprechend der jeweils geschuldeten Quote vom Barunterhalt entlastet. Für den Fall der Leistungsunfähigkeit eines Elternteils führt dies nach § 1612 b Abs. 3 BGB in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung zur alleinigen Entlastung des barunterhaltspflichtigen Elternteils (Senatsurteil BGHZ 164, 375, 382 ff. = FamRZ 2006, 99 ff.). Dabei macht es keinen Unterschied, ob ein volljähriges unverheiratetes Kind bis zum 21. Lebensjahr noch eine Schulausbildung absolviert und deswegen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegiert ist, oder ob es sich in einer Berufsausbildung befindet und eine eigene Wohnung unterhält. In beiden Fällen soll das Kindergeld nur den (bar-)unterhaltspflichtigen Elternteil entlasten (Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - XII ZR 166/04 - FamRZ 2007, 542, 544). Eine dieser Rechtsprechung entsprechende Behandlung des Kindergeldes sieht nunmehr auch § 1612 b Abs. 1 Nr. 2 BGB in der Fassung des zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I 3189 ff.) vor.

c) Da das Berufungsgericht bei der Ermittlung des der Tochter K. und dem Sohn M. - insoweit nach Eintritt der Volljährigkeit - geschuldeten Unterhalts das Kindergeld nicht auf den festgestellten Bedarf angerechnet und damit zu hohen Kindesunterhalt im Rahmen des Vorwegabzugs berücksichtigt hat, ist der Klägerin - vorbehaltlich der Prüfung, ob der Inanspruchnahme des Beklagten ein Härtegrund nach § 1361 Abs. 3 i.V. m. § 1579 BGB entgegensteht - zu geringer Unterhalt zuerkannt worden. Ihr ungekürzter Unterhaltsanspruch würde sich nach den vorstehenden Ausführungen in den mit der Anschlussrevision allein angegriffenen Zeiträumen wie folgt errechnen:

Für Mai und Juni 2001:

2.168,56 € (bereinigtes Einkommen des Beklagten) abzüglich 268,95 € (Unterhalt für K., nämlich: 406,99 € [Bedarf] abzüglich 138,04 € [Kindergeld]) abzüglich 352,28 € (Unterhalt für den noch minderjährigen M.) abzüglich 166,17 € (Unterhalt für J.) abzüglich 150 € (Betreuungsbonus) = 1.231,16 € abzüglich 175,88 € (1/7 Erwerbstätigenbonus) = 1.055,28 € abzüglich 525,90 € (Einkommen der Klägerin) = 529,38 € : 2 = 264,69 €, gerundet 265 € (= Mehrforderung von 59 €).

Januar bis März 2002:

3.116,17 € (bereinigtes Einkommen des Beklagten) abzüglich 144,96 € (Unterhalt für K., nämlich: 298,96 € [Bedarf] abzüglich 154 € [Kindergeld]) abzüglich 431 € (Unterhalt für den noch minderjährigen M.) abzüglich 231 € (Unterhalt für J.) abzüglich 150 € (Betreuungsbonus) = 2.159,21 € abzüglich 308,46 € (1/7 Erwerbstätigenbonus) = 1.850,75 € abzüglich 533,70 € (Einkommen der Klägerin) = 1.317,05 € : 2 = 658,53 €, gerundet 659 € (Mehrforderung von 66 €).

1. April bis 31. Mai 2002:

3.116,17 € (bereinigtes Einkommen des Beklagten) abzüglich 144,96 € (Unterhalt für K.) abzüglich 344 € (Unterhalt für M., nämlich: 498 € [Bedarf] abzüglich 154 € [Kindergeld]) abzüglich 231 € (Unterhalt für J.) abzüglich 150 € (Betreuungsbonus) = 2.246,21 € abzüglich 320,89 € (1/7 Erwerbstätigenbonus) = 1.925,32 € abzüglich 533,70 € (Einkommen der Klägerin) = 1.391,62 € : 2 = 695,81 €, gerundet 696 € (= Mehrforderung von 132 €).

Die Berechnung für die weiteren die Anschlussrevision betreffenden Zeiträume (1. Juni bis 10. Juli 2002 und 1. August 2002 bis 10. März 2003) führt trotz teilweiser anderer Einzelbeträge ebenfalls zu einer Mehrforderung der Klägerin von monatlich jeweils 132 €, da sich der unterbliebene Kindergeldabzug rechnerisch gleichbleibend auswirkt. Damit erweist sich die Anschlussrevision in vollem Umfang als gerechtfertigt, falls der Klägerin ein Anspruch auf ungekürzten Trennungsunterhalt zusteht.

II. 1. Das Berufungsgericht hat das - im Gegensatz zum Amtsgericht - bejaht und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Härteklausel des § 1579 Nr. 6 BGB (a.F.) i.V. m. § 1361 Abs. 3 BGB sei anzuwenden, wenn dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last falle. Vorliegend könne offen bleiben, ob das Verhalten der Klägerin den Tatbestand des § 1579 Nr. 6 BGB bereits deshalb nicht erfülle, weil die Ehe der Parteien zum Zeitpunkt der Trennung schon nicht mehr intakt gewesen sei. Jedenfalls sei die Abkehr der Klägerin von der Ehe nicht ohne objektiven Grund, sondern aus verständlichen Motiven erfolgt, so dass es an dem Tatbestandsmerkmal ‚Ausbruch aus der Ehe' fehle. Zumindest sei der Aufkündigung der Ehe durch die Klägerin nicht das besondere Gewicht (grobe Verantwortungslosigkeit) beizumessen, das für die Annahme des § 1579 Nr. 6 BGB erforderlich sei. Schließlich stelle sich das Verhalten der Klägerin nicht als schuldhaft dar. Zwischen den Parteien stehe nämlich außer Streit, dass sie vor allem aufgrund ihrer sexuellen Umorientierung und gleichgeschlechtlichen Neigungen im Februar 2000 die Trennung vollzogen habe. Die Klägerin sei damals zu der Zeugin M. gezogen, mit der sie seit Juni 2000 auch eine intime Beziehung unterhalte. Sie habe sich also zuerst von der Ehe losgesagt, bevor es zu dem intimen Verhältnis gekommen sei. Zwar werde ein schwerwiegendes Verhalten regelmäßig auch dann bejaht, wenn die intime Beziehung zu einem anderen Partner erst nach der Trennung aufgenommen werde, soweit sich der andere Ehegatte vorher nicht seinerseits von der Ehe losgesagt habe. Ein solcher ‚normaler' Regelfall liege hier aber nicht vor. Bereits die Abkehr von dem Beklagten könne nicht als Fehlverhalten bewertet werden. Erst recht stelle sich die Aufkündigung der Ehe durch die Klägerin nicht als Sachverhalt mit Verschuldenselementen dar. Eine solche Betrachtungsweise werde der aufgetretenen sexuellen Problematik nicht gerecht. Die Klägerin habe sich nicht von jeglichen ehelichen Bindungen gelöst, um ein intimes Verhältnis aufzunehmen, sondern aufgrund ihrer ernsthaften und nachhaltigen sexuellen Umorientierung. In dieser Situation habe es für sie kaum eine andere adäquate Reaktion als die Lösung aus der ehelichen Gemeinschaft gegeben. Die zu beachtende Verzahnung mit den Grundrechten verbiete es im Ergebnis auch, die sexuelle Umorientierung auf Seiten der Klägerin zu sanktionieren. Denn hierbei handele es sich um eine schicksalsbedingte, natürliche Gegebenheit, die nicht steuerbar sei und die ehelichen Verhältnisse durcheinander bringe. Infolge einer solchen Entwicklung sei die eheliche Treuepflicht des sexuell umorientierten Partners zumindest als entscheidend gelockert, wenn nicht gar als beendet anzusehen. Wenn man der Klägerin verwehren würde, sich aus den ehelichen Bindungen zu lösen, müsste man ihr konsequenterweise auch abverlangen, ihren ehelichen Pflichten nachzukommen und sexuelle Kontakte des Beklagten zuzulassen. Dies könne aber weder in dessen Interesse sein, noch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten von der Klägerin erwartet werden. Aufgrund der sehr langen Ehezeit, der fünf gemeinsamen Kinder und der gehobenen wirtschaftlichen Verhältnisse werde die Grenze des Zumutbaren deshalb nicht überschritten, wenn dem Beklagten unter dem Gesichtspunkt der nachwirkenden ehelichen Solidarität abverlangt werde, die Unterhaltsansprüche seiner getrennt lebenden Ehefrau zu erfüllen, obwohl sie sich bewusst von jeglichen ehelichen Bindungen gelöst habe.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nur im Ausgangspunkt stand.

2. Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB in der Fassung des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes (§ 1579 Nr. 6 BGB a.F.), der ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei dem Berechtigten liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten voraussetzt, erfüllt sein kann, wenn der Berechtigte gegen den Willen des anderen Ehegatten eine eheähnliche Gemeinschaft begründet oder ein nachhaltiges, auf längere Dauer angelegtes intimes Verhältnis zu einem anderen Partner aufnimmt. Darin ist eine so schwerwiegende Abkehr von den ehelichen Bindungen zu sehen, dass nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit, der dem ehelichen Unterhaltsrecht zugrunde liegt, die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint (Senatsurteile vom 27. September 1989 - IVb ZR 78/88 - FamRZ 1989, 1279, 1280; vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 344/81 - FamRZ 1983, 569, 571; vom 3. Februar 1982 - IVb ZR 654/80 - FamRZ 1982, 463, 464 und vom 25. Februar 1981 - IVb ZR 544/80 - FamRZ 1981, 439, 440 f.).

Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob ein Fehlverhalten vorliegt, das eindeutig der Klägerin zuzurechnen ist, oder ob die Ehe zur Zeit der Trennung bereits gescheitert war. Für das Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten des Beklagten zu unterstellen, dass die Ehe der Parteien im Februar 2000 noch intakt war.

3. Für die Annahme, ein Härtegrund i.S. des § 1579 Nr. 7 BGB liege unabhängig von der Frage der Einseitigkeit eines Fehlverhaltens nicht vor, hat das Berufungsgericht maßgebend darauf abgestellt, dass es der Klägerin wegen ihrer sexuellen Umorientierung und Entwicklung gleichgeschlechtlicher Neigungen nicht habe verwehrt werden können, sich aus der ehelichen Gemeinschaft zu lösen. Dabei hat es verkannt, dass allein dieser Schritt der Klägerin ohnehin nicht vorgeworfen werden kann.

Nach der Neufassung des § 1361 BGB durch das 1. EheRG richtet sich der Anspruch auf Trennungsunterhalt allein nach den Lebens-, Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten, ohne dass es auf die Gründe der Trennung ankommt. Das Verhalten des Unterhalt begehrenden Ehegatten, der die Trennung herbeigeführt hat, kann nur nach Maßgabe der Härteregelung des § 1579 BGB berücksichtigt werden. Dem liegt die gesetzgeberische Wertung zugrunde, dass die Trennung als solche keine unterhaltsrechtlichen Sanktionen zur Folge haben soll. Wenn ein Ehegatte seinen Entschluss zur Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft verwirklicht, begibt er sich notwendigerweise der Möglichkeit, seinen weiteren Unterhalt in Form des Familienunterhalts (§ 1360 a BGB) zu erhalten. Würde ihm schon diese mit der Trennung verbundene Folge nach der Härteregelung entgegengehalten werden können, würde ein mittelbarer Zwang zur Aufrechterhaltung der ehelichen Gemeinschaft ausgeübt. Infolgedessen müsste - wie nach dem Rechtszustand vor Inkrafttreten des 1. EheRG - im Einzelfall ermittelt werden, ob der Ehegatte zur Trennung ‚berechtigt' war. Nach geltendem Recht soll der bedürftige getrennt lebende Ehegatte aber grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Gründe der Trennung angemessenen Unterhalt in Form einer Geldrente (§ 1361 Abs. 4 Satz 1 BGB) beanspruchen können (Senatsurteil vom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 82/84 - FamRZ 1986, 434, 435 f.; BGH, Urteil vom 7. März 1979 - IV ZR 36/78 - FamRZ 1979, 569, 570). Es kommt deshalb in diesem Zusammenhang nicht darauf an, aufgrund welcher Umstände die eheliche Lebensgemeinschaft aufgehoben worden ist und ob diese aus der Sicht des die Trennung herbeiführenden Ehegatten mehr oder weniger nahe liegend oder gar zwingend waren.

4. Der entscheidende Gesichtspunkt für die Annahme eines Härtegrundes gemäß §1579 Nr. 7 BGB ist danach nicht in der Trennung als solcher zu sehen, sondern in der Widersprüchlichkeit des Verhaltens des Unterhaltsberechtigten, der sich zum einen aus der ehelichen Bindung löst, zum anderen aber die eheliche Solidarität durch ein Unterhaltsbegehren einfordert, ohne seinerseits das Prinzip der Gegenseitigkeit zu wahren. Dieses Prinzip wird verletzt, wenn der Berechtigte sich gegen den Willen seines Ehegatten einem anderen Partner zuwendet und jenem die dem Ehegatten geschuldete Hilfe und Fürsorge zuteil werden lässt. Eine in dieser Weise erfolgte Abkehr von der Ehe, die vor allem in der Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft oder der Aufnahme eines nachhaltigen, auf längere Dauer angelegten intimen Verhältnisses liegen kann, führt dazu, dass die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint (Senatsurteile vom 23. April 1980 - IVb ZR 527/80 - FamRZ 1980, 665, 666 f.; vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 344/81 - FamRZ 1983, 569, 572 und vom 27. September 1989 - IVb ZR 78/88 - FamRZ 1989, 1279, 1280). Dabei ist es, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, regelmäßig nicht von Bedeutung, ob der Berechtigte sich im unmittelbaren Anschluss an die Trennung einem anderen Partner in der vorgenannten Art zuwendet oder ob dies erst zu einem späteren Zeitpunkt des Getrenntlebens geschieht (vgl. Senatsurteil vom 27. September 1989 - IVb ZR 78/88 - FamRZ 1989, 1279, 1280). Wesentlich ist vielmehr, ob das Verhalten des Berechtigten für das Scheitern der Ehe ursächlich war. Das wäre etwa dann nicht der Fall, wenn die Aufnahme der Beziehung erst zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der Verpflichtete sich seinerseits bereits von seinem Ehegatten abgewandt hatte (so etwa auch Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. IV Rdn. 487).

5. Diese Beurteilung gilt für den hier in Rede stehenden Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB unabhängig davon, ob der Berechtigte eine heterosexuelle oder eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft begründet oder zu einem Mann oder einer Frau ein nachhaltiges auf Dauer angelegtes intimes Verhältnis aufnimmt. Soweit das Berufungsgericht ausführt, aus verfassungsrechtlicher Sicht verbiete es sich, die sexuelle Umorientierung auf Seiten der Klägerin zu sanktionieren, ist dem entgegenzusetzen, dass allein die sexuelle Umorientierung keinen Anlass zu unterhaltsrechtlichen Sanktionen gibt. Die Entwicklung gleichgeschlechtlicher Neigungen und die deshalb vorgenommene Trennung bleiben dem Berechtigten unbenommen. Die Annahme eines Härtegrundes nach § 1579 Nr. 7 BGB ist erst dann gerechtfertigt, wenn der Berechtigte sich unter Abkehr von der Ehe einem anderen Partner zuwendet. Insofern gewährleistet § 1579 BGB gerade die Verfassungsmäßigkeit des verschuldensunabhängigen Unterhaltsrechts. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass der mit der Auferlegung von Unterhaltsleistungen verbundene Eingriff in die Handlungsfreiheit des Verpflichteten nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Die Grenze der Zumutbarkeit eines schuldunabhängigen Unterhaltsanspruchs würde aber dort überschritten, wo ein getrennt lebender oder geschiedener Ehegatte Unterhaltsansprüche seines Partners zu erfüllen hätte, obwohl dieser sich durch Verhaltensweisen, wie sie in den Tatbeständen des § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB normiert sind, ganz bewusst von jeglichen ehelichen Bindungen gelöst hat. In einem solchen Fall wäre die mit der Inanspruchnahme verbundene Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Verpflichteten im finanziellen Bereich nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und könnte vor dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG nicht bestehen (Senatsurteil vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 344/81 - FamRZ 1983, 569, 571 f.; BVerfG FamRZ 1981, 745, 748 ff.). Für den Verpflichteten macht es insofern auch keinen maßgebenden Unterschied, ob sein Ehegatte eine Beziehung zu einem Mann oder zu einer Frau aufgenommen hat. Andererseits stellt sich das Fehlverhalten des Berechtigten nicht deshalb in einem milderen Licht dar, weil er einen gleichgeschlechtlichen neuen Partner gewählt hat.

6. Danach kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Klägerin ein schwerwiegendes, eindeutig bei ihr liegendes Fehlverhalten gegen den Beklagten zur Last fällt. Für die Annahme, das Eingehen des nachhaltigen intimen Verhältnisses zu der Zeugin M. sei der Klägerin nicht vorwerfbar, sind nach den bisherigen Feststellungen jedenfalls keine Anhaltspunkte ersichtlich.

7. Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Dem Senat ist es nicht möglich, in der Sache abschließend zu befinden.

Das Berufungsgericht hat von seinem Standpunkt aus folgerichtig keine Feststellungen dazu getroffen, ob sich die Trennung der Klägerin als Ausbruch aus einer intakten Ehe darstellt oder ob die Ehe im Februar 2000 bereits aus anderen Gründen gescheitert war. Sollte letzteres der Fall gewesen sein, läge ein schwerwiegendes, eindeutig der Klägerin anzulastendes Fehlverhalten nicht vor. Die erforderlichen Feststellungen werden nachzuholen sein. Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

8. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

Falls die Ehe der Parteien bei der Trennung noch nicht gescheitert gewesen sein sollte, wird das Berufungsgericht weiterhin zu prüfen haben, ob der Beklagte sich von der Klägerin bereits abgewandt hatte, als diese das intime Verhältnis zu der Zeugin M. im Juni 2000 aufnahm. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB erfüllt ist, wird es in einem weiteren Schritt zu beurteilen haben, inwieweit der Unterhaltsanspruch der Klägerin unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles, insbesondere der Ehedauer und der fünf gemeinsamen Kinder, zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen ist (vgl. hierzu etwa Senatsurteil vom 12. Januar 1983 - IVb ZR 348/81 - FamRZ 1983, 670, 672). ..." (BGH, Urteil vom 16.04.2008 - XII ZR 7/05)

***

Bei der Bestimmung der Höhe des bedarfsprägenden Einkommens im Rahmen der Ehegattenunterhaltsberechnung ist der Kindesunterhalt mit dem Zahlbetrag vom Einkommen in Abzug zu bringen. Bei einem minderjährigen Kind, das von einem Elternteil betreut wird, ist hierzu gemäß § 1621 b I Nr. 1 BGB in der ab den 01.01.2008 gültigen Fassung von dem Tabellenbetrag das hälftige Kindergeld abzusetzen (OLG Hamm, Urteil vom 24.01.2008 - 2 UF 166/07, NJW-RR 2008, 882 ff).

***

„... Die Berufung hat ferner Erfolg, soweit sie für die Zeit ab Oktober 1995 die Verurteilung zur Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen angreift. Denn die Klägerin hat einen Anspruch darauf nicht schlüssig dargetan. Der Beklagte war nicht verpflichtet, die Familienkrankenversicherung bei der Vereinten unter Einschluß der Klägerin trotz erheblich gestiegener Beiträge beizubehalten. Es kann offenbleiben, ob er die Klägerin rechtzeitig vorher von seiner Absicht unterrichtet hat, die Krankenversicherung aufzukündigen. Denn er hat seine Verurteilung zur Erstattung der für die Zeit bis zum 30.9.1995 von der Klägerin erstattet verlangten Mehrbeträge nicht angegriffen. Jedenfalls für die Zeit danach fehlt es an einer schlüssigen Darlegung der Klägerin, daß sie sich zu einem niedrigeren als dem jetzt vereinbarten Tarif bei der V... Krankenversicherung AG hätte weiterversichern können, wenn der Beklagte den für sie bestehenden Versicherungsvertrag dort nicht gekündigt hätte, und wie hoch gegebenenfalls die dadurch bedingten Mehrkosten bei gleichen tariflichen Leistungen ab Oktober 1995 sind. Aus den dazu vorgelegten Schreiben der V... Krankenversicherung, welche die Höhe des Gesamt-Monatsbeitrages ab 1.8.1993 bzw. ab 1.1.1995 betreffen, ergibt sich dies nicht nachvollziehbar. Die allgemeine Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge rechtfertigt allein in Anbetracht der Höhe des vereinbarten Unterhalts jedenfalls nicht nach § 242 BGB dessen Erhöhung im Wege einer Anpassung. ..." (OLG Oldenburg, Urteil vom 11.07.1995 - 12 UF 56/95).

*** (LG)

Der Anspruch des Schuldners gegen seinen (hier: getrennt lebenden) Ehegatten auf Zahlung eines Vorschusses für die Kosten des Insolvenzverfahrens ist nicht davon abhängig, dass die Verbindlichkeiten, die Gegenstand des Insolvenzverfahrens sind, im Zusammenhang mit der ehelichen Lebensgemeinschaft stehen (Anschluss BGH, Beschluss vom 25. November 2009 - XII ZB 46/09; entgegen BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 - IX ZB 539/02; LG Duisburg, Beschluss vom 28.09.2012 - 7 T 130/12).

*** (AG)

Die eheprägende Thesaurierung von Gewinnen ist nach der Trennung beim gesetzlichen Güterstand nur bis zur Zustellung des Scheidungsantrags und bei Gütertrennung überhaupt nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen (AG Flensburg, Beschluss vom 24.04.2020 - 94 F 244/16):

„ ... 1.) Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin Trennungsunterhalt für den Zeitraum Januar 2017 bis Juni 2017 in Höhe von monatlich 551,63 €,

für den Zeitraum ab Juli 2017 in Höhe von monatlich 2.000,00 € sowie

für den Zeitraum August 2016 bis Dezember 2016 rückständigen Trennungsunterhalt in Höhe von 3.077,50 € zuzüglich Zinsen auf diesen Rückstand in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2016 zu zahlen.

Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.

2.) Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 25,0% und der Antragsgegner zu 75,0%.

3.) Die sofortige Wirksamkeit wird angeordnet.

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt Trennungsunterhalt.

Die Beteiligten sind Eheleute und leben seit dem 20.06.2016 getrennt. Sie schlossen am 15.05.2015 die Ehe. Für den Antragsgegner ist es die zweite Ehe. Seiner geschiedenen Ehefrau aus der ersten Ehe zahlt er monatlich 2.300,00 € Unterhalt. In dem Verfahren 94 F 132/17 des Amtsgerichts - Familiengericht - Flensburg erfolgte am 27.06.2017 die Zustellung des Scheidungsantrags an die Antragstellerin.

Der Antragsgegner erzielt Einkünfte aus seinem Gewerbebetrieb, Einkünfte aus einem landwirtschaftlichen Betrieb, aus Verpachtung, aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte (Renten u.Ä.). Die Antragstellerin ist selbständige Heilpraktikerin und hat - was streitig ist - ihre selbständige Tätigkeit reduziert, um dem Antragsgegner in seinem landwirtschaftlichen Betrieb und bei seinen Vermietungen zu unterstützen. Beide wohnen - jedenfalls nach der Trennung - in selbstgenutzten Eigenheimen. Der Antragsgegner bewohnt in M. auf dem Betriebsgelände - wobei die Einzelheiten streitig sind - eine 180 m² große Wohnung in einem teilweise gewerblich genutzten Haus. Die Antragstellerin bewohnt ein Einfamilienhaus in H. Ortsteil J. mit einer Wohnfläche von 97 m².

Die Antragstellerin ist der Ansicht, die thesaurierten Gewinne des Antragsgegners seien unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen und seinem Einkommen hinzuzurechnen. Hinsichtlich des Wohnwertes ihres Hauses sei auch nach Ablauf des Trennungsjahres infolge der einfachen Ausstattung (Bäder aus den 90er Jahren, Küche aus 1997) und einem vorliegenden Renovierungsstau von einem Wohnwert von 5,00 €/m² auszugehen (Beweis: Sachverständigengutachten).

Mit der Antragsschrift vom 12.12.2016 hat die Ehefrau angekündigt, dem Antragsgegner aufzugeben, an sie für die Zeit ab dem 01.01.2017 monatlichen Unterhalt in Höhe eines Teilbetrages von 1.600,00 €, die rückständigen Beträge sofort und die zukünftig fällig werdenden Beträge monatlich im Voraus, Eingang bei der Antragstellerin spätestens bis zum 3. Tag jeden Monats sowie rückständigen Unterhalt in Höhe von 7.500,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2016 zu zahlen,

nunmehr beantragt die Antragstellerin,

1.) den Antragsgegner zu verpflichten an die Antragstellerin für die Zeit ab dem 01.01.2017 monatlichen Unterhalt in Höhe von 2.000,00 €, die rückständigen Beträge sofort und die zukünftig fällig werdenden Beträge monatlich im Voraus, Eingang bei der Antragstellerin spätestens bis zum 3. Tag jeden Monats
2.) sowie rückständigen Unterhalt in Höhe von 9.500,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2016 zu zahlen

Der Antragsgegner beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, die Antragstellerin sei in der Lage, ihren eigenen Lebensunterhalt aus ihrer Erwerbstätigkeit als Heilpraktikerin zu bestreiten. Während der knapp einjährigen Ehe habe sie ihre Tätigkeit als Heilpraktikerin in ihrer eigenen Praxis ganztägig ausgeübt. Die Antragstellerin habe zu keinem Zeitpunkt in seinem Betrieb mitgearbeitet (Beweis: Zeugnis Frau B.-G.). Weiterhin erziele die Antragstellerin „Nebeneinkünfte", also nicht erklärte Einnahmen aus ihre Tätigkeit als Heilpraktikerin und für Vorträge.

Seine von ihm genutzte Wohnung weise einen Wohnwert von nicht mehr als 4,00 €/m² auf (Beweis: Sachverständigengutachten).

Weiterhin sei ein etwaiger Unterhaltsanspruch der Antragstellerin verwirkt. Der Sohn der Antragstellerin, Herr M. W. habe in dem landgerichtlichen Verfahren 4 O 294/16 (Landgericht Flensburg) - unzutreffend - behauptet, er - der Sohn - habe 957.95 Arbeitsstunden zu je 25,96 € für den Antragsgegner ohne Lohn in der Erwartung der Firmennachfolge erbracht und diese Behauptung in das Zeugnis der Antragstellerin gestellt. Ebenso führen die unwahren Angaben der Antragstellerin zu ihren Einkünften zu einem Verwirken. Weiterhin betreibe sie im Scheidungsverbund ein Zugewinnausgleichsverfahren, um den Zeitpunkt der Scheidung und damit das Ende eines etwaigen Trennungsunterhalts zeitlich zu verlängern.

Die Antragstellerin hat den Antragsgegner mit Schreiben vom 15.08.2016 zur Zahlung von Unterhalts in Höhe von 2.000,00 € monatlich aufgefordert. Er hat lediglich im August 2016 einen Betrag von 500,00 € an die Antragstellerin gezahlt. Mit Beschluss vom 06.08.2018 hat das Gericht Beweis erhoben über das unterhaltsrechtliche Einkommen des Antragsgegners in den Jahren 2013 bis 2015 und hat den Geschäftsführer der Firma B. GmbH, Herrn Dipl. oec. K. V. zum Sachverständigen bestellt. Das Gutachten legte der Sachverständige unter dem 10.10.2019 vor. Die Beteiligten erhielten jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme.

Das Gericht hat die Beteiligten in den Sitzungen am 13.02.2018 persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Protokolle und wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie Erklärungen zu Protokoll verwiesen. Mit Zustimmung der Beteiligten hast das Gericht das schriftliche Verfahren angeordnet. Die Beteiligten wurden mit Beschluss vom 27.03.2020 zum Az.: 94 F 132/17 geschieden. Rechtskraft ist noch nicht eingetreten. Die Akten 94 F 132/17 wurden beigezogen.

II. Die zulässigen Anträge haben im tenorierten Umfang Erfolg.

Der Antragsgegner ist der Antragstellerin gemäß § 1361 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Trennungsunterhalt verpflichtet. Nach dieser Vorschrift kann ein getrenntlebender Ehegatte von dem anderen Ehegatten den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen.

Die ehelichen Lebensverhältnisse der Beteiligten waren durch die jeweiligen Erwerbseinkommen geprägt. Während der Antragsgegner aus seinem Gewerbebetrieb, Einkünfte aus einem landwirtschaftlichen Betrieb, aus Verpachtung, aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte erzielte, waren die Einkünfte der Antragstellerin durch ihre selbständige Tätigkeit als Heilpraktikerin geprägt.

1. Einkommen des Antragsgegners:

Der Antragsgegner erwirtschaftete im Zeitraum 2013 bis 2015 - zunächst - ein durchschnittliches, bereinigtes Einkommen in Höhe von monatlich 4.185,29 €.

1.1. Der Sachverständige Dipl. oec. K. V. ermittelte in seinem Gutachten vom 10.10.2019 die Gesamteinkünfte des Antragsgegners aus seinem Gewerbebetrieb, der Einkünfte aus einem landwirtschaftlichen Betrieb, aus Verpachtung, aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte (Renten u.Ä.). Die überzeugenden sachverständigen Feststellungen werden von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen. Ein Vorteil des mietfreien Wohnens war nicht Gegenstand der Bewertung. Der Sachverständigte bewertete die diversen Einkommensquellen nach unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten, wonach z.B. steuerlich zulässige Absetzungen für Abnutzung unterhaltsrechtlich zu korrigieren waren.

Das durchschnittliche unterhaltsrechtlich relevante Bruttoeinkommen im Revisionszeitraum betrug pro Jahr 67.846,32 € und ist um Aufwendungen für Kranken- und Pflegeversicherung, Altersvorsorge, Unfallversicherung und private Steuern nach dem In-Prinzip auf jährlich 50.233,50 € beziehungsweise monatlich netto 4.185,29 € zu bereinigen (vgl. Bl 79 Band I. des Gutachtens).

1.2. Das Einkommen des Antragsgegners ist nicht durch einen Entnahmeüberschuss abweichend zu bestimmen.

Der Sachverständige stellt im Rahmen seines Gutachtens fest, dass der Antragsgegner im Zeitraum von 2013 bis 2015 einen durchschnittlichen Entnahmeüberschuss in Höhe von 184.156,03 € tätigte (vgl. Bl. 31 Band I. des Gutachtens). In den Jahren 2013 bis 2015 standen sich - wie folgt - Einlagen und Entnahmen gegenüber:


Privatentnahmen, welche der selbständige Unterhaltspflichtige aus seinem Betrieb herausnimmt, können im Unterhaltsprozess ein Hilfsmittel sein, um das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen festzustellen. Die Höhe der Entnahmen kann ein Anhaltspunkt für die tatsächliche Lebensstellung des Selbständigen sein (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 1983, 397). Entnahmen und Einlagen steuern bei Selbständigen und Gewerbetreibenden das Betriebsvermögen. Wie beim nichtselbständig Tätigen die Vermögensbildung aber nur bei entsprechenden Einkommensverhältnissen unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen ist und das Vermögen überhaupt nur ausnahmsweise für den Unterhalt herangezogen werden muss, muss man auch bei Selbständigen und Gewerbetreibenden dieselben Maßstäbe ansetzen (vgl. Spieker in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. § 1 Rn. 440). Zu einer Verwertung seines Vermögens zu Unterhaltszwecken ist der Antragsgegner jedoch rechtlich nicht verpflichtet.

1.3. Das unterhaltsrechtliche Einkommen des Antragsgegners ist jedoch fiktiv um die Gewinnausschüttung zu erhöhen.

Bei einem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer sollte die Ermittlung des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens in gleicher Weise wie bei einem Selbständigen erfolgen. Daher unterliegt die Gewinnthesaurierung in der Gesellschaft der unterhaltsrechtlichen Überprüfung. Der Antragsgegner war in den Jahren 2013 bis 2015 alleiniger Gesellschafter der M. G. und E. K. GmbH und als Geschäftsführer in diesem Unternehmen tätig. Seine Beteiligung führte zu einer beherrschenden Stellung.

In den Jahren 2013 bis 2015 standen sich nach den Feststellungen des Sachverständigen (vgl. Bl. 43 Band I. des Gutachtens) Ertrag und Aufwand wie folgt gegenüber:

Die Jahresergebnisse wurden vollständig thesauriert; Ausschüttungen an den Gesellschafter erfolgten nicht. Der Sachverständigte (vgl. die Übersicht auf Bl. 51 Band I. des Gutachtens) ermittelte den fiktiven unterhaltsrechtlich bereinigten Ausschüttungsgewinn - und damit die berichtigten Einkünfte aus Kapitalvermögen - wie folgt:



Unterhaltsrechtlich kann eine „Ausschüttungsobliegenheit" nur angenommen werden, wenn ein rechtliches „Können" (§ 29 GmbHG) gegeben ist und die fiktive Ausschüttung zumutbar ist (§ 254 AktG analog). Unterhaltsrechtlich vorwerfbar ist eine Thesaurierung dann, wenn der als Gesellschafter tätige Unterhaltsschuldner mit dem Unterlassen der Gewinnausschüttung die Grenzen seiner unternehmerischen Freiheit in einer Art und Weise überschreitet, die dem Unterhaltsgläubiger unter Berücksichtigung seiner Interessen auf Sicherstellung einer monatlichen Unterhaltsrente nicht zumutbar ist (vgl. Spieker, a.a.O. § 1 Rn. 313; OLG Hamm, FamRZ 2009, 981).

Nach den zuverlässigen Feststellungen des Sachverständigen verbliebe im Falle der fiktiven Gewinnausschüttung das Eigenkaptal oberhalb des bilanziellen Stammkapitals in Höhe von 25.600,00 €, da per 31.12.2015 ein Gewinnvortrag in Höhe von 1.187.089,49 € bestand. Dem Antragsgegner war die Gewinnausschüttung als beherrschenden Gesellschafter rechtlich möglich und wirtschaftlich auch zumutbar. Hieran ändert der substanzlose Vortrag insbesondere aus dem Schriftsatz vom 12.11.2019 nichts. Für die behauptete Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit im Falle der Gewinnausschüttung bei der festgestellten Kapitaldecke ist nichts ersichtlich.

Unstreitig erfolgte während der Ehezeit keine Ausschüttung der Gewinne. Diese verblieben vielmehr in der Gesellschaft. Gleichwohl muss sich der Unterhaltsberechtigte nach der Trennung über einen reduzierten Unterhalt nicht an der einseitigen Vermögensbildung des Unterhaltspflichtigen beteiligen, wobei es noch nicht einmal darauf ankommt, ob die durch Erzielung des Einkommens vorhandenen Mittel während der Ehe - wie hier nicht - zur Lebensführung zur Verfügung gestanden haben oder nicht (vgl. OLG Stuttgart, NJW 2016, 575; Witt in: Beck-GK, 01.11.19, § 1578 BGB Rn. 64). Die eheprägende Thesaurierung von Gewinnen ist daher nach der Trennung beim gesetzlichen Güterstand nur bis zur Zustellung des Scheidungsantrags und bei Gütertrennung überhaupt nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen (vgl. OLG Stuttgart, FamRZ 2016, 638). Da die Antragstellerin ihren Verbundantrag Güterrecht im Scheidungsverfahren zurückgenommen hat, besteht auch nicht die Gefahr einer doppelten Berücksichtigung der thesaurierten Gewinne einerseits beim Einkommen und anderseits beim Vermögen.

Der Sachverständigte (vgl. Blatt 80 Band I. des Gutachtens) ermittelte unter Berücksichtigung der korrigierten Ergebnisse als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und fiktiver Gewinnausschüttung (unterhaltsrechtlich korrigierte Einkünfte aus Kapitalvermögen) - sogenannte Version IIIa - monatlich ein durchschnittliches Einkommen in Höhe von 16.199,80 €.

Im Einzelnen lag das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen wie folgt vor:



In dem Verfahren des Amtsgerichts - Familiengericht - Flensburg zum Aktenzeichen 94 F 132/17 erfolgte die Zustellung des Scheidungsantrages an die ehemalige Bevollmächtigte der Ehefrau am 27.06.2017. Das Einkommen des Antragsgegners beträgt bis Juni 2017 monatlich 4.185,29 € und ab Juli 2017 monatlich 16.199,80 €.

Hinzurechnungen:

Der Antragsgegner bewohnt mietfrei einen Teil eines Hauses (H.,M.), das sich in seinem Vermögen befindet. Die Wohnfläche beträgt entgegen seiner Schilderung nicht lediglich 180 m², sondern ausweislich der von ihm im Verbundverfahren Güterecht eingereichten Architektenunterlagen (vgl. Bl. 101 der Akten 94 F 132/17 GÜ) vielmehr 248,55 m² nach WoFlV.

Aus den im Verfahren 94 F 132/17 eingereichten Grundrissen (vgl. Bl. 104 f. SB GÜ) ist zu erkennen, dass die Wohnung des Antragsgegners sich in einem gemischt genutzten Gebäude befindet. Aus Blickwinkel Wintergarten grenzt an die linke Seite ein Gebäudeteil an, der zur Vermietung genutzt wird. An die rechte Seite grenzt ein Gebäudeteil an, der als Büro Verwendung findet. Im Erdgeschoss grenzt an den nach Süden ausgerichteten Wintergarten (20,2 m²) der Wohn (35,8 m²) - und Wohnessbereich (26,4 m²) an. Vom Wohnessbereich gelangt man über eine Doppeltür in ein Schlafzimmer (21,2 m²) und von dort in das Badezimmer (9,7 m²). Der nach Norden ausgerichtete Koch- und Essbereich (34,7 m²) ist über alle Räume zu erreichen und von dort kann das Obergeschoss über eine Treppe erreicht werden. Im Obergeschoss kann die nach Süden ausgerichtete Terrasse (22,0 m²), die sich oberhalb des Wintergartens im Erdgeschoss befindet, vom Ankleidezimmer (10,0 m²) betreten werden. Neben dem Ankleidezimmer befindet sich ein weiteres Zimmer (18,2 m²). Über einen gemeinsamen Flur (10,5 m²) können das nach Norden ausgerichtete Badezimmer (10,2 m²) sowie zwei - im Plan so bezeichnete - Abstellräume (24,6 m²) erreicht werden.

Das gemischt genutzte Wohnhaus befindet sich in H. Ortsteil M. an der H.. Von der Straße gelangt man - wie über google-maps (Bild von 2020) zu erkennen ist - über zwei gepflastert und befahrbare Wege zum Haus, das mit Reet eingedeckt ist. Unmittelbar hinter dem Haus grenzen landwirtschaftliche Gebäude an.

Unter www.wohnpreis.de wird für die Gemeinde H. ein durchschnittlicher Marktmietspiegel von 6,06 €/m² angegeben. Bei der Schätzung des Wohnwerts für das Objekt des Antragsgegners ist zunächst von der durchschnittlichen Marktmiete auszugehen und sodann sind die Besonderheiten zu berücksichtigen. Das Objekt liegt nicht im Ortsteil H., sondern deutlich außerhalb geschlossener Bebauungen im landwirtschaftlich geprägten Außenbereich. Die Zuwegung erfolgt über eine Landstraße. Ob eine Anbindung an den öffentlichen Personen Nahverkehr besteht, ist unklar, erscheint aber sehr zweifelhaft. In unmittelbarer Nähe befindet sich keine Versorgung des täglichen Bedarfs. Mit seiner unmittelbaren Anbindung an den gewerblichen Betrieb hat das gemischt genutzte Haus eher den Charakter einer Werkwohnung, die mehr an betrieblichen Bedürfnissen als an wohnlichen Belangen angelegt ist. Es scheint so zu sein, dass um das ehemalige Bauernwohnhaus der landwirtschaftliche Betrieb, der Geflügel züchtet, schlachtet und vertreibt, angegliedert worden ist. Dies bedingt Lärm- und Geruchsimmissionen, die sich nachteilig auf den Wohnwert auswirken müssen. Mit anderen Worten liegt die Wohnung des Antragsgegners direkt an einem viehwirtschaftlichen Betrieb. Eine etwaige Außenfläche befindet sich in südlicher Lage zur H.. Neben der Lage im Außenbereich und den Belästigungen durch Lärm und Geruch ist weiterhin die Größe der Immobilie zu berücksichtigen, die sich zum einen im Energieverbrauch und in der praktischen Nutzbarkeit ausdrückt. Die Größe von 248,55 m² nach WoFlV führt wohl zu einem Alleinstellungsmerkmal der Immobilie, die kaum von durchschnittlichen Mietern nachgefragt ist, wodurch sich der Anteil von potenziellen Mietinteressenten stark verringert. Daher ist vom durchschnittlichen Mietmarktspiegel ein deutlicher Abschlag vorzunehmen und der Wohnwert nach § 287 ZPO auf 4,00 €/m², mithin auf 994,20 € bzw. 990,00 € zu schätzen.

Während im Trennungsjahr der Wohnwert in der Regel nur im Umfang einer angemessenen Wohnung bestimmt wird, ist nach Ablauf des Trennungsjahres der Wohnwert nach objektiven Kriterien (erzielbare Miete) zu bestimmen. Die Beteiligten trennten sich am 20.06.2016, so dass jedenfalls ab dem Monat Juli 2017 mit dem objektiven Wohnwert zu rechnen ist. Gleichwohl erscheint die Annahme eines angemessenen Wohnwertes nicht gerechtfertigt. Während in vielen Fällen das Haus, das als Heim für die ganze Familie angelegt war, nach der Trennung für den zurückbleibenden Ehegatten und dessen Lebenszuschnitt zu groß geworden ist und ihm eine anderweitige Nutzung noch nicht zuzumuten ist, liegt der Sachverhalt konkret anders. Beide Ehegatten hatten bereits vor der Hochzeit jeweils ein selbstgenutztes Eigenheim. Seine Immobilie konnte der Antragsgegner auch nach der Trennung unverändert wie vor der Hochzeit nutzen. Selbiges gilt für die Antragstellerin, die die Nutzung ihres Eigenheims auch während der Ehe nicht änderte.

Absetzungen:

Der Antragsgegner zahlt seiner geschiedenen Frau aus erster Ehe nach der notariellen Vereinbarung des Notars R. S. (Urk.Nr.:) monatlich nachehelichen Unterhalt in Höhe von 2.300,00 €.



2. Einkommen der Antragstellerin:

Die Antragstellerin erwirtschaftete aus ihrer selbständigen Tätigkeit als Heilpraktikerin sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Zeitraum 2014 bis 2016 nachfolgende Einkünfte:


Im Jahr 2016 erzielte die Antragstellerin nachfolgendes bereinigtes Einkommen:



Im Jahr 2017 erzielte die Antragstellerin nachfolgendes bereinigtes Einkommen:



Im Jahr 2018 erzielte sie nachfolgendes bereinigtes Einkommen:

Für den Zeitraum 2019 und folgend liegt der Antragstellerin noch kein Jahresabschluss bzw. keine betriebswirtschaftliche Auswertung vor. Daher wird das Einkommen anhand der Zeiträume 2016 bis 2018 ermittelt. Das monatliche Gesamteinkommen beträgt 3.469,07 €, mithin gedrittelt

1.156,35 €.

Hinzurechnungen:

Die Antragstellerin lebt mietfrei in ihrer selbstgenutzten Immobilie. Die Immobilie hat eine Wohnfläche von 97 m². Das Objekt ist belegen im T. in H. Ortsteil J. Wie auf den Lichtbildern nach Bl. 459 d.A. zu erkennen handelt es sich um ein Einfamilienhaus mit einer Putzfassade. Das Dach ist als Satteldach hergestellt. An den Fenstern befinden sich Rollläden. Die Dacheindeckung ist mit Ziegeln erfolgt. Die Ziegel wirken neuwertig. Die Dachunterstände sind mit anthrazitfarbenen Kunststoff eingefasst. Die Zuwegung ist mit einem grauen Betonstein gepflastert und wird von einem anthrazitfarbenen Betonstein als sogenannter „Läufer" umfasst. Witterungsbedingte Verfärbungen an den Steinen sind nicht zu erkennen. Vor dem Eingang zum Haus ist ein am Dachunterstand verbundener Dachüberstand. Die Zuwegung von der Straße ist ebenfalls gepflastert und befahrbar bis zum einem überdachten Stellplatz für ein Pkw. Das Grundstück ist eingewachsen. Das Haus befindet sich relativ mittig auf dem Grundstück um kann umrundet werden.

Unter www.wohnpreis.de wird für die Gemeinde H. ein durchschnittlicher Marktmietspiegel von 7,22 €/m² angegeben. Bei der Schätzung des Wohnwerts für das Objekt ist zunächst von der durchschnittlichen Marktmiete auszugehen und sodann sind die Besonderheiten zu berücksichtigen. Das Objekt weist eine Sackgassenlage auf und befindet sich in einer reinen Wohnbebauung in ruhiger Lage in Nähe zur Gemeinschaftsschule H. und in direkter Nähe zur d. Schule. Fußläufig befindet sich ein Nahversorger (E.). Über die E. führt u.a. eine regelmäßig bediente Busverbindung. Der „F.Park", eine Einkaufsmall, ist in der Nähe. Überhaupt wirkt der Bereich J. städtisch und ist mit der angrenzenden S. F. verbunden.

Die Wohnlage ist als begehrt anzusehen. Die urbane Lage wird durch die Versorgung unterstützt. Selbst wenn die Küche aus dem Jahr 1997 und die Bäder aus den 90er Jahre stammen, würde dies nicht automatisch zu einem Sanierungsstau führen. Das Haus wirkt von der Außenhülle frisch saniert. Daher erscheint Abweichen vom Mittelwert angezeigt. In der Summe der Einzelaspekte wird der Wohnwert auf 7,95 €/m², mithin auf 771,15 € bzw. 770,00 € geschätzt. Der Wohnwert ist durch monatliche Aufwendungen für ein Annuitätendarlehen in Höhe von 143,45 € herabzusetzen und beträgt somit 626,55 €

Eine Reduktion des Wohnwerts während der Trennungszeit ist aus obigen Gründen auch bei der Antragstellerin nicht veranlasst.


3. Dem Einkommen der Antragstellerin sind nicht im Wege einer Fiktion weitere Beträge hinzuzurechnen. Dies wäre nur dann gerechtfertigt, wenn sie gegen ihre Erwerbsobliegenheit schuldhaft verstoßen hätte, was nicht festgestellt werden konnte. Die Antragstellerin ging auch während der Ehezeit ihrer selbständigen Tätigkeit nach und erzielte und erzielt unverändert Einnahmen. Dass sie schuldhaft nur unzureichende Einnahmen erzielt, um ihren ehelichen Bedarf zu decken, ist durch nichts belegt. Während die Antragstellerin im Jahr 2014 ein Einkommen vor Steuern von 30.334,00 € und im Jahr der Eheschließung 2015 von 30.657,00 € erwirtschaftete, sank ihr Einkommen im Jahr der Trennung 2016 auf 17.357,00 € und stieg im Jahr 2017 auf 17.959,00 € und in 2018 auf 25.725,00 €. Die Ertragslage aus der eheprägenden Tätigkeit der Antragstellerin zeigt eine Prognose auf, wonach sie an ihre Erträge von Zeiten vor der Ehe anschließen kann.

4. Somit ergibt sich nach der Differenzmethode folgende rechnerische Unterhaltsübersicht:




Da die Antragstellerin im Wege des Teilantrages lediglich monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 2.000,00 € beansprucht hat, kann über den Antrag nicht hinaus tenoriert werden. Im Übrigen führt die Nichtgeltendmachung von Trennungsunterhalt allein nicht zum unzulässigen Verzicht (vgl. Brudermüller in: Palandt, 78. Aufl. § 1361 BGB Rn. 70).

5. Der Trennungsunterhalt ist weder zeitlich zu beschränken oder der Höhe nach zu begrenzen noch ist der Unterhaltsanspruch verwirkt.

Eine Begrenzung oder Befristung des Trennungsunterhaltsanspruchs kann nicht über eine analoge Anwendung des § 1578b BGB erfolgen. Diese Norm ist auf getrenntlebende Ehegatten nicht anwendbar (vgl. OLG Brandenburg, FamFR 2012, 320). Vielmehr sind über § 1361 Abs. 3 BGB im Wege der Verweisung die Vorschriften aus § 1579 Nr. 2-8 BGB als eine familienrechtliche Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben entsprechend anzuwenden. § 1579 BGB sieht verschiedene Rechtsfolgen vor, die von der vollständigen Versagung über eine zeitliche Begrenzung bis zu einer Herabsetzung der Höhe des Anspruchs reichen. Es ist nur dann eine Billigkeitsprüfung durchzuführen, wenn jedenfalls einer der gesetzlichen Härtegründe aus § 1579 Nr. 2 - 8 BGB vorliegen. Dies ist nicht der Fall.

Insbesondere liegt kein Härtegrund nach § 1579 Nr. 3 BGB vor. Nach dieser Norm liegt ein Härtegrund vor, wenn der Unterhaltsberechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat. Soweit - wie vom Antragsgegner - behauptet, sich der Sohn der Antragstellerin auf das Zeugnis seiner Mutter und der Antragstellerin für eine bestrittene Behauptung beruft, erfüllt dies keinen Straftatbestand sondern stellt ein Verhalten dar, das sich im Einklang mit der Zivilprozessordnung befindet. Soweit die Behauptung eine Lüge wäre, würde dies ebenfalls das Prozessverhältnis vom Antragsgegner zum Sohn der Antragstellerin betreffen. Ob die Antragsgegnerin eine überhaupt Falschaussage getätigt hat, ist nicht im Ansatz dargelegt. Der Beweisantritt auf Beiziehung der landgerichtlichen Akte (vgl. Bl. 471 d.A.) ist jedenfalls ungeeignet, um inhaltlich auf eine etwaige Falschaussage zu schließen.

Soweit der Antragsgegner der Ansicht ist, dass die Antragsgegnerin bereits dadurch ihren Unterhaltsanspruch verwirkt habe, dass sie Position in seiner Bilanz rechtlich in Zweifel zieht, die in einem Zusammenhang mit einem Firmenjubiläum und dem am gleichen Tag stattfindenden 65. Geburtstag des geschäftsführenden Alleingesellschafters stehen, kann dem nicht gefolgt werden. Nicht ohne Grund prüft die Finanzverwaltung besonders sorgfältig, inwieweit für die Bewirtung von derartigen Festen überhaupt ein betrieblicher Grund besteht. Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner bereits nach seiner Schilderung nicht mit Strafverfolgung gedroht, sondern darauf hingewiesen, dass eine betriebliche Aufwendung, die inhaltlich eine private Feier abdeckt, grundsätzlich eine Strafverfolgung nach sich ziehen kann, was auch zutreffend ist.

Auch führt die Behauptung des Antragsgegners, die Antragstellerin habe ihre Einkünfte nicht vollumfänglich erklärt, nicht zu einem Härtefall. Die Antragsgegnerin hat ihre Einkünfte auf Basis der Jahresabschlüsse und vorliegenden Steuerbescheiden erklärt. Zwar wurde in der Rechtsprechung bereits bei einem versuchten Prozessbetrug im Unterhaltsverfahren zulasten des Unterhaltsverpflichteten durch wahrheitswidrige Angaben über Einkommen und Vermögensverhältnisse Unterhalt versagt (vgl. Preisner in: Beck-online Großkommentar, 01.02.2020 § 1361 BGB Rn. 248), jedoch wäre hierfür eine konkrete Darlegung erforderlich gewesen, die indes nicht erfolgt ist. Das Vorbringen erschöpfte sich vielmehr in nicht belastbare Mutmaßungen über u.a. steuerlich nicht erklärte „Schwarzgeldeinkünfte".

Schließlich führt auch der Umstand, dass die Antragstellerin im Scheidungsverbundverfahren Güterrecht einen Stufenantrag zum Zugewinnausgleich verfolgt hat, nicht zu einem Härtegrund. Zunächst handelt es sich um ein Verhalten, dass mit der Rechtsordnung in Einklang steht. Nicht ohne Grund wurde von dem Antragsgegner im Scheidungsverbund der Auskunftsanspruch niemals in Abrede gestellt und die Auskunft - in mehreren Teilen - erteilt. Dass das Verfahren von Januar 2018 bis März 2020 dauerte, liegt jedenfalls auch in der Komplexität der Vermögensstruktur des Antragsgegners, der mehrere Firmen besitzt, und der zögerlichen Erfüllung des Auskunft- und Belegvorlageanspruchs. Daher erfüllt das Betreiben des Verbundantrages und damit das Hinauszögern der Entscheidungsreife für den Scheidungsausspruch und „Verlängerung" der Trennungsdauer nicht ein mutwilliges Hinwegsetzen über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten, § 1579 Nr. 5 BGB. Dieser Härtegrund stellt eine gesetzliche Normierung des Verbots widersprüchlichen Verhaltens dar, wonach derjenige, der einen anderen auf Unterhalt in Anspruch nehmen möchte, nicht gleichzeitig dessen wirtschaftliche Existenz und damit die Leistungsfähigkeit untergraben darf (vgl. Preisner, a.a.O. Rn. 255). An einem Verhalten, dass sich gegen die Existenz richtet, fehlt es bereits.

Weiterhin liegt auch der Härtegrund einer mutwillig herbeigeführten eigenen Bedürftigkeit nicht vor, § 1579 Nr. 4 BGB. Die Vorschrift soll vermeiden, dass der Unterhaltspflichtige die Folgen einer leichtfertigen Herbeiführung der Bedürftigkeit durch den anderen Ehegatten mittragen muss (vgl. Brudermüller, a.a.O. § 1579 BGB Rn. 21), wofür letztlich nichts ersichtlich ist.

6. Soweit die Antragstellerin Trennungsunterhalt beanspruchte, der über den eheangemessenen und durch den Halbteilungsgrundsatz begrenzten Unterhalt lag, waren die Anträge zurückzuweisen. Dies betraf den Unterhaltszeitraum August 2016 bis Juni 2017.

Die Entscheidung über die Nebenforderungen folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 Satz 1 und 2 Nr. 1 FamFG. Abweichend von den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kostenentscheidung entscheidet das Gericht in Unterhaltssachen nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Vorliegend ist hierbei insbesondere das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten einschließlich der Dauer der Unterhaltsverpflichtung zu berücksichtigen. Es entsprach daher der Billigkeit, die Antragstellerin mit 25% und den Antragsgegner mit 75% an den Kosten haften zu lassen.

Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit beruht auf § 116 Abs. 3 Satz 2 FamFG. ..."

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Auf die internationale Zuständigkeit nach Art. 3 lit. b der Verordnung (EG) des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (EuUntVO) am gewöhnlichen Aufenthalt des Gläubigers können sich auch öffentliche Einrichtungen berufen, unabhängig davon, ob es sich um zurückabgetretene oder originäre Ansprüche handelt (AG Stuttgart, Beschluss vom 04.09.2013 - 28 F 1133/13).

***

Auf eine nach altem Recht im Scheidungsverbund ergangene einstweilige Anordnung zum Ehegattenunterhalt ist nach Art. 111 Abs. 5 FGG-RG neues Recht anzuwenden, wenn im Rahmen des Scheidungsverfahrens erst nach dem 31.08.2010 eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich erlassen wurde. Dies hat zur Folge, dass die einstweilige Anordnung zum Unterhalt so zu behandeln ist, als sei sie von Anfang an in einem selbständigen Verfahren ergangen. Nach neuem Recht kann eine einstweilige Anordnung zum Ehegattenunterhalt nicht mehr innerhalb des Scheidungverbundverfahrens erlassen werden, da es sich bei der einstweiligen Anordnung gemäß § 51 Abs. 3 S. 1 FamFG um ein selbständiges Verfahren handelt. Eine selbständige einstweilige Anordnung zum Trennungsunterhalt ist auf Antrag gemäß § 54 Abs. 1 FamFG aufzuheben, wenn die Ehe der Beteiligten zwischenzeitlich rechtskräftig geschieden wurde. Für eine rückwirkende Aufhebung einer einstweiligen Anordnung über den Unterhalt besteht regelmäßig kein Anlass, da die einstweilige Anordnung als vorläufige Entscheidung, die nicht in materielle Rechtskraft erwächst, ohnehin nichts darüber aussagt, ob der Unterhaltsgläubiger die Unterhaltsleistungen endgültig behalten darf (AG Rosenheim, Beschluss vom 22.03.2012 - 3 F 221/12).

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Im Verfahren der einstweiligen Anordnung kann Unterhalt grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt der Entscheidung und nicht bereits ab Antragstellung zugesprochen werden (AG Rosenheim, Beschluss vom 15.02.2013 - 3 F 2375/12).

*nach oben*

§ 1361 b Ehewohnung bei Getrenntleben

(1) Leben die Ehegatten voneinander getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine unbillige Härte kann auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Steht einem Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die Ehewohnung befindet, so ist dies besonders zu berücksichtigen; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht und das dingliche Wohnrecht.

(2) Hat der Ehegatte, gegen den sich der Antrag richtet, den anderen Ehegatten widerrechtlich und vorsätzlich am Körper, der Gesundheit oder der Freiheit verletzt oder mit einer solchen Verletzung oder der Verletzung des Lebens widerrechtlich gedroht, ist in der Regel die gesamte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen. Der Anspruch auf Wohnungsüberlassung ist nur dann ausgeschlossen, wenn keine weiteren Verletzungen und widerrechtlichen Drohungen zu besorgen sind, es sei denn, dass dem verletzten Ehegatten das weitere Zusammenleben mit dem anderen wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist.

(3) Wurde einem Ehegatten die Ehewohnung ganz oder zum Teil überlassen, so hat der andere alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung dieses Nutzungsrechts zu erschweren oder zu vereiteln. Er kann von dem nutzungsberechtigten Ehegatten eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.

(4) Ist nach der Trennung der Ehegatten im Sinne des § 1567 Abs. 1 ein Ehegatte aus der Ehewohnung ausgezogen und hat er binnen sechs Monaten nach seinem Auszug eine ernstliche Rückkehrabsicht dem anderen Ehegatten gegenüber nicht bekundet, so wird unwiderleglich vermutet, dass er dem in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten das alleinige Nutzungsrecht überlassen hat.

Leitsätze/Entscheidungen:

Eine Vergütung für die alleinige Nutzung der Ehewohnung kann auch zugesprochen werden, wenn ein Ehegatte während des Getrenntlebens aus einer Ehewohnung weicht, für die beiden Ehegatten gemeinsam ein unentgeltliches Wohnungsrecht eingeräumt ist (Fortführung von Senatsurteil vom 15. Februar 2006, XII ZR 202/03, FamRZ 2006, 930). Dies setzt nicht voraus, dass der in der Ehewohnung verbleibende Ehegatte die ihm durch die ungeteilte Nutzung zuwachsenden Vorteile wirtschaftlich verwerten kann (insoweit Aufgabe von Senatsurteil vom 8. Mai 1996, XII ZR 254/94, FamRZ 1996, 931; BGH, Beschluss vom 18.12.2013 - XII ZB 268/13).

*** (OLG)

Ehewohung - Zuweisung während der Trennungszeit bei Vorliegen besonderer Umstände (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.06.2016 - 6 UF 42/16).

***

Auch bei Zuweisung der Ehewohnung während des Getrenntlebens ist dem Gesichtspunkt Rechnung zu tragen, dass vor Ablauf des Trennungsjahres regelmäßig keine Verhältnisse geschaffen oder gefördert werden sollen, die verbleibenden Chancen auf eine Versöhnung der Ehegatten mehr als notwendig im Wege stehen. Das Alleineigentum eines Ehegatten ist im Rahmen der Gesamtabwägung zwar zu berücksichtigen, führt aber nicht zwingend zum Ausschluss der Mitnutzung des anderen Ehegatten (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.07.2015 - 18 UF 76/15).

***

Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Überlassung der Ehewohnung bei Getrenntleben gemäß § 1361b Abs. 1 BGB. Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Vergütung für die Nutzung der Ehewohnung bei Getrenntleben gemäß § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB. Zu den Grenzen der Berücksichtigung unterhaltsrechtlicher Fragestellungen im Rahmen der nach § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB erforderlichen Gesamtabwägung (KG Berlin, Beschluss vom 25.02.2015 - 3 UF 55/14):

„... I. Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute. Ihre Ehe wurde am 11. Oktober 1995 geschlossen. Der Ehemann hat die gemeinsame Ehewohnung nach Darstellung des Antragstellers im Scheidungsverfahren bereits im Zuge einer Wegweisung durch die Polizei am 3. April 2012 - nach der Darstellung der Antragsgegnerin am 18. Januar 2013 - dauerhaft verlassen. Spätestens seit dem zuletzt genannten Datum leben die Eheleute getrennt. Vorausgegangen waren mehrere von der Ehefrau gegen den Ehemann eingeleitete Gewaltschutzverfahren. Eine im Wege der einstweiligen Anordnung auf Antrag der Ehefrau vor dem Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg unter dem 14. Dezember 2012 erwirkte Zuweisung der Ehewohnung gemäß § 2 Abs. 1 GewSchG hat der Senat mit Beschluss vom 15. April 2013 (3 UF 12/13) aufgehoben und den entsprechenden Antrag der Ehefrau zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren, insbesondere das Vorliegen einer Tat nach § 1 Abs. 1 S. 1 GewSchG nicht glaubhaft gemacht worden war.

Unter dem 7. Mai 2013 hat die Antragsgegnerin Scheidungsantrag beim Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg eingereicht, wo das Verfahren zum Geschäftszeichen 163 F 18222/13 geführt wird. Aus der Ehe sind zwei Kinder, der am ... . Oktober 1998 geborene K... und der am ... . Oktober 2002 geborene E..., hervorgegangen. Für beide Kinder besteht die gemeinsame elterliche Sorge. Entsprechend einer zwischen den Eheleuten unter dem 12. Dezember 2012 vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg getroffenen Vereinbarung lebt K... seit diesem Zeitpunkt im Haushalt des Antragstellers, E... im Haushalt der Antragsgegnerin. Dem jeweils anderen Elternteil wurden Umgangszeiten an jedem 2. Wochenende und während der Ferienzeiten eingeräumt.

Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 14. März 2014 den Antrag des Antragstellers auf Zuweisung der ehelichen Wohnung für die Zeit der Trennung gemäß § 1361b BGB zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass entsprechende außergewöhnliche Gründe, die für die Zuweisung der Ehewohnung an den Antragsteller sprechen könnten, nicht ersichtlich seien. Der Antragsteller verfüge derzeit über eine eigene Mietwohnung in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der alten Wohnung. Die Ausführungen des Jugendamtes in dem mündlichen Erörterungstermin vom 27. Februar 2014, wonach ein Wohnungswechsel sich auf den als besonders sensibel einzuschätzenden Sohn E... negativ auswirken würde, sprächen zudem dafür, es im Interesse des Kindeswohls bei der derzeit bestehenden Wohnsituation zu belassen. Den hilfsweise gestellten Antrag auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe des von dem Antragsteller im Außenverhältnis an den Vermieter der Wohnung zu entrichtenden Mietzinses von monatlich 639,75 bzw. ab dem 1. Juli 2013 monatlich 648,81 EUR, hat das Amtsgericht ebenfalls unter Hinweis darauf, dass der Antragsteller derzeit keinerlei Unterhalt an die Antragsgegnerin zahle und der vom Antragsteller im Außenverhältnis entrichtete Mietzins als Teil des der Antragsgegnerin gegenüber geschuldeten Unterhalts zu werten sei, zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er meint, das Amtsgericht habe bei der Abweisung seines Antrags auf Zuweisung der Ehewohnung an ihn einseitig auf das Wohl E... abgestellt und sei dabei den Ausführungen des Jugendamtes zur Sensibilität des Jungen unkritisch gefolgt, obwohl die Jugendamtsmitarbeiterin K... nicht getroffen und zu ihm und seinen Empfindungen keinerlei Angaben gemacht habe. E... werde von der Antragsgegnerin instrumentalisiert. Einen freien und unbefangenen Umgang mit ihm und E... Bruder K... torpediere die Kindesmutter. Dieser Umstand belaste E... erheblich, es könne deshalb durchaus sein, dass er teilweise verhaltensauffällig sei; als Abwägungskriterium für die Entscheidung, wer in der von ihm allein finanzierten Ehewohnung verbleiben dürfe, eigne sich dieser Umstand indes nicht. Dazu bedürfe es einer umfassenden Kindeswohlprüfung.

Unterhaltsrechtliche Erwägungen seien nicht geeignet, hier zu einer Verneinung seines Nutzungsentschädigungsanspruchs beizutragen. Es bliebe dabei unberücksichtigt, dass die Antragsgegnerin ihrerseits keinerlei Unterhalt für K... zahle und ihrer in dem Verfahren 136 F 5402/13 festgestellten Erwerbsobliegenheit nicht nachkomme. Abgesehen davon, dass die Trennungsunterhaltsfrage Gegenstand eines gesonderten Verfahrens und dort zu klären sei, habe das Amtsgericht die Antragsgegnerin in dem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Zahlung von Trennungsunterhalt gerichteten Verfahren 163 F 18220/13 darauf hingewiesen, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Bedürftigkeit und ehelichen Lebensverhältnisse auf Seiten der Antragsgegnerin lägen. Selbst wenn man unterstellen wollte, dass die Antragsgegnerin nicht verpflichtet sei, durch eigene Erwerbstätigkeit für ihren Unterhalt zu sorgen und zum Unterhalt der Kinder beizutragen, läge der monatliche Unterhaltsanspruch von 378,00 EUR deutlich unter dem von ihm für die Wohnung entrichteten Mietzins von derzeit 687,00 EUR monatlich. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Schriftsatz des Antragstellers vom 03. April 2014 (Bl. 79-82 d.a.) Bezug genommen. Der Antragsteller werde außerdem vom Jugendamt in Höhe von 1.578,00 EUR für den für E... gezahlten Unterhaltsvorschuss im Zeitraum 1. Februar bis 23. Oktober 2014 und vom JobCenter Neukölln für die Zeit ab Oktober 2013 in Höhe von monatlich 248,00 EUR in Anspruch genommen, so dass auch eine Verrechnung etwaiger Unterhaltsansprüche für E... mit der von der Antragsgegnerin zu zahlenden Nutzungsentschädigung nicht in Betracht komme. Dies komme seiner doppelten Inanspruchnahme gleich. Eine solche sei unzulässig.

II. Die gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG zulässige - insbesondere form- und fristgerecht eingelegte - Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Familiengericht den Anträgen des Antragstellers auf Wohnungszuweisung nicht stattgegeben. Der Senat hat dazu mit Schreiben vom 15. Januar 2015 auf Folgendes hingewiesen:

‚Gemäß § 1361b BGB findet eine Wohnungszuweisung statt, wenn die Ehegatten getrennt leben oder getrennt leben wollen und einer der Ehegatten verlangt, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur Benutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Nach Auffassung des Senats ist nicht ersichtlich, dass der jetzige Zustand für den Antragsteller eine unbillige Härte darstellt.

Der Begriff der unbilligen Härte im Sinne des § 1361b Abs. 1 BGB ist gesetzlich nicht definiert und daher einzelfallbezogen auszufüllen. Das Richtmaß 'unbillige Härte' weist über den Bereich der häuslichen Gewalt hinaus. Durch ausdrückliche Erwähnung herausgehoben sind als Tatbestände, die eine unbillige Härte begründen können, die Anwendung von Gewalt und die Beeinträchtigung des Kindeswohles. Entsprechende Gründe hat der Antragsteller für sich nicht geltend gemacht. Sie sind auch für den Senat nicht ersichtlich. Vielmehr erscheinen die Ausführungen des Familiengerichts, das sich bei seiner Entscheidung von dem Umstand hat leiten lassen, dass eine Veränderung der derzeitigen Wohnsituation sich auf das vom Jugendamt als sensibel beschriebene, im Haushalt der Antragsgegnerin lebende jüngere Kind E... negativ auswirken würde und deshalb dem Kindeswohl abträglich sei, zutreffend. Zwar leidet zweifellos auch der beim Antragsteller lebende ältere Sohn K... unter der Trennungssituation der Eltern. Dass sich daran aber etwas durch die Änderung der derzeitigen Wohnsituation ändern würde, hat der Vater nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Gegen eine unbillige Härte gegenüber dem Antragsteller spricht, dass der Antragsteller zwischenzeitlich eine neue Wohnung in unmittelbarer Nähe der alten Wohnung gefunden hat und nicht ersichtlich ist, dass er auf die Zuweisung der alten Wohnung stärker angewiesen wäre als die Antragsgegnerin, auch wenn er ihr die neue Wohnung zum Tausch angeboten hat. Dass er alleiniger Mieter der von der Antragsgegnerin derzeit bewohnten Wohnung ist, ist dabei nicht von Bedeutung. Ein schuldrechtliches Verhältnis ist grundsätzlich unbeachtlich, wie aus dem Umkehrschluss des § 1361b Abs. 1 S. 3 BGB zu entnehmen ist (Johannsen/Henrich/Götz, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 1361b BGB Rn. 26 a.E.; Staudinger/Voppel, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Buch 4, Familienrecht, §§ 1353 bis 1362, Neubearbeitung 2012, § 1361b BGB Rn. 49; Weber-Moneck in Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. 2013, § 1361b BGB Rn. 10 a.E.; Erbarth, Das familienrechtliche Mandat, Ehewohnung - Haushaltssachen - Gewaltschutz, 1. Aufl. 2014 Rn. 61). Dass es sich um eine Werkmiet- oder Werkdienstwohnung (§§ 576, 576a, 576b BGB) handeln würde, die wegen der Zweckbindung dem nicht zur Dienstleistung verpflichteten Ehegatten nach § 1361b Abs. 1 Satz 1 BGB nur in Ausnahmefällen zuzuweisen ist, ist nicht dargelegt und auch sonst nicht aus dem Mietvertrag ersichtlich. Sie würde hier auch nicht zu einer Bejahung des Anspruchs des Antragstellers führen. Sie spielt allenfalls für die Frage der Dauer einer Zuweisung an den nicht zur Dienstleistung verpflichteten Ehegatten eine Rolle (Johannsen/Henrich/Götz, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 1361b BGB Rn. 26; Staudinger/Voppel, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Buch 4, Familienrecht, §§ 1353 bis 1362, Neubearbeitung 2012, § 1361b BGB Rn. 49; Weber-Moneck in Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. 2013, § 1361b BGB Rn. 10 a.E.; Erbarth, Das familienrechtliche Mandat, Ehewohnung - Haushaltssachen - Gewaltschutz, 1. Aufl. 2014 Rn. 61) - eine Frage, die hier nicht zu entscheiden ist.'

Gegen diesen Hinweis hat der Antragsteller inhaltlich keine weiteren Einwände erhoben. Den Ausschlag für die Zurückweisung des Antrags des Antragstellers haben hier die nach § 1361b Abs. 1 Satz 2 BGB ausdrücklich in die Abwägung einzustellenden Kindeswohlerwägungen gegeben. Entscheidend ist, dass jedenfalls das bei der Antragstellerin lebende, jüngere Kind als das schutzbedürftigere Kind erscheint und nicht ersichtlich ist, dass das Wohl des älteren, beim Antragsteller lebenden Kindes einen Wechsel der derzeitigen Wohnsituation erfordern würde, der für beide Kinder mit neuer Unruhe verbunden wäre.

2. Das Familiengericht hat im Ergebnis auch zutreffend einen gegenüber der Antragsgegnerin bestehenden Nutzungsentschädigungsanspruch des Antragstellers verneint.

Ein Ehegatte kann von dem anderen, dem die Ehewohnung überlassen wurde, eine Vergütung für die Wohnung fordern, soweit dies der Billigkeit entspricht (§ 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB). Der Vergütungsanspruch wird in der Regel nur bei dinglicher Berechtigung an der Wohnung (Allein- oder Miteigentum) geltend gemacht, kann aber auch bei einem Mietverhältnis in Betracht kommen (Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 6. Aufl. 2015, 5. Kapitel, Rn. 1160; Palandt/Brudermüller, BGB, 74. Aufl. 2015, § 1361b Rn. 20). Dabei kommt es für den Anspruch auf Nutzungsentschädigung des weichenden Ehegatten nach § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB zunächst nicht darauf an, ob er freiwillig ausgezogen ist oder ob dem in der Ehewohnung verbleibenden Ehegatten die Ehewohnung in einem gerichtlichen Verfahren zugewiesen wurde oder ihm ein entsprechender gesetzlicher Anspruch zusteht. Die überwiegende Rechtsprechung gewährt seit der Entscheidung des BGH vom 15. Februar 2006 (FamRZ 2006, 930 ff.) einen Anspruch auf Entrichtung einer Nutzungsvergütung entsprechend § 1316b Abs. 3 Satz 2 BGB, auch wenn eine Nutzungsberechtigung und die korrespondierende Überlassungsverpflichtung fehlen (OLG Brandenburg NJW-RR 2009, 725; OLG Dresden NJW-RR 2005, 31, 51; OLG Hamm FamRZ 2008, 1936; FamRZ 2008, 1639; FamRZ 2011, 892; KG FamRZ 2008, 1933; OLG München FamRZ 2007, 1655).

Allerdings ist die Nutzungsentschädigung nicht schematisch und allein nach dem Mietwert der Wohnung zu bemessen, wie es im Fall zwischen Mieter und Vermieter der Fall wäre, wenn der Mieter trotz wirksamer Kündigung nicht rechtzeitig aus der Wohnung auszieht. Der Nutzungsentschädigungsanspruch nach § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB wird vielmehr durch die ehelichen Lebensverhältnisse und die über die Trennung der Eheleute hinausgehende Pflicht zur ehelichen Solidarität überlagert. Er ist nur insoweit zu gewähren, als es der Billigkeit entspricht. Die Billigkeit einer Vergütung hängt von der Leistungsfähigkeit des in der Wohnung verbliebenen Ehegatten sowie den Belastungen durch gemeinschaftliche Kinder ab (vgl. OLG Bremen FamRZ 2010, 1980; OLG Naumburg FamRZ 2010, 391).

Dabei ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass zwischen den Ehegatten etwa bestehende Unterhaltspflichten in die Billigkeitsabwägung nach § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB jedenfalls insoweit einzubeziehen sind, als bereits rechtskräftig über sie entschieden wurde. Das folgt aus dem Verbot der Doppelverwertung. Insbesondere darf kein zusätzlicher Nutzungsentschädigungsanspruch ausgeworfen werden, wenn bereits ein titulierter Unterhaltsanspruch besteht, bei dem der Wohnwert anspruchsmindernd berücksichtigt wurde (OLG Köln FamRZ 2005, 639, 640; OLG Naumburg FamRZ 2009, 2090f.). Der Vorrang der Unterhaltsregelung gilt dann insoweit, als der Wohnvorteil tatsächlich unterhaltsrechtlich ausgeglichen wurde (OLG Bremen FamRB 2014, 241; OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 775, 777). Auch in Fällen, in denen der an sich unterhaltsberechtigte Ehegatte auf die Geltendmachung eines entsprechenden Unterhaltsanspruchs verzichtet hat, kann der Ehegatte nicht auf die Geltendmachung von Trennungsunterhalt verwiesen werden, um die geschuldete Nutzungsentschädigung auf diesem Wege wieder zu vereinnahmen. Vielmehr ist beim Fehlen einer Unterhaltsregelung im Rahmen der bei der Prüfung des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung vorzunehmenden Billigkeitsabwägung eine einheitliche wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten, welche darauf abstellt, ob der in der Ehewohnung verbliebene Ehegatte im Falle der von ihm abgelehnten Zahlung einer Nutzungsentschädigung gegen den anderen Ehegatten - unabhängig von dessen tatsächlicher Geltendmachung - einen Anspruch auf Trennungsunterhalt hätte. Ist dies der Fall, wird die begehrte Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe des (fiktiven) Anspruchs auf Trennungsunterhalt regelmäßig unbillig sein (OLG Frankfurt, Beschluss vom 9. Mai 2012, 4 UF 14/12, Rn. 31, zit.n.juris).

Allerdings kann die Einbeziehung etwa bestehender Unterhaltspflichten nicht so weit gehen, dass die im Unterhaltsverfahren zu klärenden tatsächlichen und rechtlichen Fragen im Ehewohnungsverfahren nach § 1361b BGB entschieden werden. Es ist bereits verfahrensrechtlich nicht möglich, in die Ehewohnungssache nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG die Unterhaltssache nach § 231 Abs. 1 Nr. 2 FamFG ‚miteinzubeziehen'. Die Ehewohnungssache ist ein reines FamFG-Verfahren, für das die §§ 2 ff. FamFG gelten, hingegen handelt es sich bei Unterhaltssachen nach § 112 Nr. 1 Alt. 1 FamFG um eine Familienstreitsache, für die nach § 113 Abs. 1 FamFG weitgehend die Vorschriften der ZPO gelten. Zwar ist gemäß § 20 FamFG unter Umständen eine Verbindung beider Verfahren möglich, das setzt aber Sachdienlichkeit voraus, die im Verhältnis zwischen Unterhaltsverfahren und Verfahren nach § 1361b BGB in den seltensten Fällen gegeben ist, weil Unterhaltsverfahren häufig schwierig und langwierig sind, insbesondere bei einer umfangreichen Beweisaufnahme. So liegt der Fall auch hier, weil es in dem zwischen den Eheleuten bereits anhängigen Verfahren um Trennungsunterhalt um die schwierig zu beurteilende Frage der Zurechnung fiktiven Einkommens aufgrund eigener Erwerbsobliegenheiten der Antragsgegnerin gehen wird. Zudem befinden sich beide Verfahren in unterschiedlichen Instanzen, weshalb eine Verfahrensverbindung schon aus diesem Grunde ausscheidet.

In Fällen, in denen der in der Wohnung verbleibende Ehegatte wirtschaftlich potent und eine besondere Schutzbedürftigkeit nicht gegeben ist, spricht dies dafür, bei bislang fehlender Unterhaltsregelung dem Ehegatten, der die Ehewohnung verlassen hat, aber an den finanziellen Lasten aufgrund dinglicher Berechtigung oder schuldrechtlicher Verpflichtung im Außenverhältnis beteiligt ist, eine Nutzungsentschädigung zuzusprechen (insbesondere dann, wenn der ausziehende Ehegatte seinerseits in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt: OLG Bremen, Beschluss v. 31.3.2010 - 4 WF 32/10 -, zit.n.juris). Die gegebenenfalls später ergehende Unterhaltsregelung muss sodann die Vergütungsregelung berücksichtigen, d.h. regelmäßig ist der Wohnvorteil dann nicht mehr zu berücksichtigen (vgl. Erbarth, Das familienrechtliche Mandat, Ehewohnung - Haushaltssachen - Gewaltschutz, 1. Aufl. 2014, § 2 Rdnr. 126). Von einer Nutzungsentschädigung abzusehen ist aber in Fällen, in denen der allein nutzende Ehegatte eine Entschädigung finanziell nicht leisten kann und der nutzungsberechtigte Ehegatte die Wohnung aufgeben müsste, weil dann der mit § 1361b Abs. 1 BGB beabsichtigte Schutz leer laufen würde. Nicht nur die Höhe, sondern bereits das Bestehen des Vergütungsanspruchs selbst hängen nach dem Wortlaut des § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB (‚soweit') von der Billigkeit ab (Johannsen/Henrich/Götz, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 1361b BGB Rdnr. 36; Staudinger/Voppel, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Buch 4, Familienrecht § 1361b Rdnr. 76, Neubearb. 2012).

Die nach diesen Maßstäben vorzunehmende Güterabwägung führt hier zur Verneinung eines Nutzungsentschädigungsanspruchs des Antragstellers. Eine rechtskräftige Entscheidung über den der Antragsgegnerin zu gewährenden Trennungsunterhalt liegt bisher nicht vor. Die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse beider Ehegatten sind sehr unterschiedlich. Während der Antragsteller als Angestellter bei Siemens gemäß dem von der Antragsgegnerin im Verfahren 163 F 18220/13 vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg vorgelegten Schreiben der Siemens-AG vom 8. Februar 2011 (Bl. 3 d.A.) über ein regelmäßiges, von ihm selbst in hiesigem Verfahren eingeräumtes monatliches Einkommen von mindestens 3.645,00 EUR brutto - was einem bereinigten Nettoeinkommen von 2.164,00 EUR entspricht - abzüglich des für E... an das JobCenter Neukölln zu zahlenden Unterhalts in Höhe von 248,00 EUR verfügt, hat die Antragsgegnerin kein eigenes Erwerbseinkommen. Würde die Antragsgegnerin in hiesigem Verfahren zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung an den Antragsteller verpflichtet, wäre alsbald mit der Zwangsvollstreckung entsprechender Ansprüche durch den Antragsteller zu rechnen und zwar noch vor der Entscheidung über etwaige Unterhaltsansprüche der Antragsgegnerin. Die Folge wäre, dass die Antragsgegnerin, will sie sich der Zwangsvollstreckung durch den Antragsgegner nicht aussetzen, in absehbarer Zeit aus der Wohnung ausziehen und für sich und das von ihr betreute jüngere Kind E... eine neue Wohnung suchen müsste - ein Ergebnis, das nach den Feststellungen zur Schutzbedürftigkeit des jüngeren Kindes im Rahmen des Anspruchs nach § 1361b Abs. 1 BGB gerade zu vermeiden ist, auch wenn die Antragsgegnerin einen eigenen Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung nicht gestellt hat.

Dieses Ergebnis ist dem Antragsteller zumutbar, weil das Scheidungsverfahren angesichts des seit langem abgelaufenen Trennungsjahres und der zwischenzeitlich vollständig vorliegenden Auskünfte zum Versorgungsausgleich nunmehr zügig durchzuführen und dann sowohl über Ehegattenunterhalt als auch die endgültige Zuweisung der Ehewohnung anlässlich der Scheidung nach § 1568a BGB neu zu entscheiden sein wird. Dass die Antragsgegnerin das anhängige Verfahren zum Trennungsunterhalt nicht nachhaltig genug betrieben habe, kann als Argument für eine Nutzungsentschädigung nicht durchdringen, zumal der Antragsteller durch zeitnahe Offenlegung der relevanten Einkommensverhältnisse selbst für einen zügigeren Abschluss des Verfahrens hätte sorgen können. Auch das Argument des Antragstellers, die Antragsgegnerin verfüge in Wirklichkeit über mehr Geld zum Unterhalt als sie einräumen wolle, kann hier nicht berücksichtigt werden. Einzelne, auch teurere Anschaffungen für das Kind E..., wie etwa das vom Antragsteller erwähnte Handy, sind dafür kein ausreichendes Indiz. Sie können auf Geldgeschenke von Freunden oder Verwandten hindeuten, die aber kein Beweis für regelmäßige Zuwendungen oder bisher nicht offen gelegte Verdienstquellen der Antragsgegnerin sind.

Der Senat hat gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne Durchführung eines mündlichen Erörterungstermins im schriftlichen Verfahren entschieden, weil ein Termin zur Anhörung und Erörterung der Sache bereits vor dem Amtsgericht stattgefunden hatte und von einer erneuten Anhörung der Beteiligten keine weitergehenden Erkenntnisse zu erwarten gewesen wären. ..."

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Zu den Voraussetzungen für die Zuweisung einer Ehewohnung bei der Beeinträchtigung des Wohls von Kindern gemäß § 1361b Abs. 1 S. 2 BGB. Wird in einer Ehewohnungssache ein Kind angehört, ist dieses gemäß § 29 Abs. 2 FamFG, § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entsprechend über das ihm zustehende Zeugnisverweigerungsrecht zu belehren (OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.12.2014 - 17 UF 142/14):

„... Die Voraussetzungen für eine Zuweisung der Ehewohnung im Wege der einstweiligen Anordnung an die Antragstellerin gemäß § 1361 b Abs. 1 BGB liegen vor.

a) Anders als der Antragsgegner meint, ist es hierbei unerheblich, dass die Antragstellerin zu Beginn des Verfahrens ihren Antrag noch auf die § 2 GewSchG und nicht auf § 1361 b BGB gestützt hat.

Das Verhältnis zwischen § 1361 b BGB und § 2 GewSchG ist streitig. Geht man mit der wohl h. M. davon aus, dass § 1361 b BGB für den Fall, dass es sich um Eheleute handelt und diese getrennt leben oder getrennt zu leben beabsichtigen, die speziellere Norm ist, die § 2 GewSchG vorgeht (MüKoBGB/Weber-Monecke, 6. Aufl. 2013, § 1361 b Rn. 2; Voppel in Staudinger, BGB - Neubearbeitung 2012 - § 1361 b Rn. 88; Brudermüller, FamRZ 2003, 1705, 1707; Lorenz in: Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Aufl. 2014, § 200 FamFG Rn. 4; BTDrs 14/5429, S 21; OLG Naumburg, BeckRS 2009, 29089), war § 1361 b BGB von Anfang an für das hiesige Verfahren streitentscheidend.

Geht man davon aus, dass § 1361 b BGB und § 2 GewSchG konkurrierend nebeneinander stehen und es darauf ankommt, auf welche Anspruchsgrundlage ein Anspruchsteller seinen Anspruch stützt (OLG Bamberg, FamRZ 2011, 1419; Schwab in: Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, Kommentar, 2. Aufl. 2013, § 210 FamFG Rn. 20), ist hier ebenfalls § 1361 b BGB maßgebend, nachdem die Antragstellerin ihren Antrag zuletzt dahingehend umgestellt hat, dass ihr die Ehewohnung gemäß § 1361 b BGB zugewiesen wird.

b) Gemäß Art. 17 a EGBGB findet auf den hiesigen Fall, der aufgrund der Staatsangehörigkeit der Beteiligten einen Auslandsbezug aufweist, für die Nutzungsbefugnis der im Inland belegenen Ehewohnung deutsches Recht Anwendung.

Gemäß § 1361 b Abs. 1 S. 1 BGB kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere Ehegatte die Ehewohnung zur alleinigen Benutzung überlässt, wenn die Ehegatten voneinander getrennt leben oder einer von ihnen getrennt leben will, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden.

Eine unbillige Härte kann gemäß § 1361 b Abs. 1 S. 2 BGB auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist.Sofern das Kindeswohl durch eine auf dem Verhalten der Eltern beruhende unerträgliche Wohnsituation beeinträchtigt wird, die häusliche Atmosphäre nachhaltig gestört ist und dies zu erheblichen Belastungen der Kinder führt oder diese unter den erheblichen Auseinandersetzungen der Eltern über das normale Maß hinaus leiden, ist die Wohnung dem Elternteil zuzuweisen, der die Kinder vorzugsweise betreut (Giers, NZFam 2014, 496, 497).

Erleben Kinder schwere dauerhafte Spannungen zwischen den Erwachsenen und die Störung der häuslichen Atmosphäre durch Streitigkeiten und rücksichtslosen Umgang miteinander, kann dies zu erheblichen Belastungen eines Kindes führen.Haben die Belange des Kindes somit bei einer Billigkeitsabwägung Vorrang, kommt es grundsätzlich nicht mehr darauf an, welcher Ehegatte die dem Kindeswohl schädliche Situation verursacht hat (MüKoBGB/Weber-Monecke, 6. Aufl. 2013, § 1361 b Rn. 9).

Voraussetzung für eine Zuweisung der Ehewohnung gemäß § 1361 b BGB ist immer, dass es zwischen den Eheleuten Auseinandersetzungen gibt, die über das hinausgehen, was zwischen Ehegatten, die sich getrennt haben, häufig stattfindet. Offene Auseinandersetzungen zwischen den Parteien verbaler oder gar körperlicher Art sind hierbei nicht unbedingt erforderlich. Denn gesundheitliche oder seelische Störungen bei Kindern können nicht nur durch verbale oder tätliche Auseinandersetzungen, sondern auch durch eine spannungsgeladene Atmosphäre, die auch ein erträgliches Nebeneinander der in Trennung lebenden Eltern unter einem Dach nicht mehr möglich macht, ausgelöst werden (OLG Brandenburg, FamRZ 2011, 118; OLG Hamm, Beschluss vom 25.09.2013, 2 UF 58/13 - juris).

c) Dass der Antragsgegner psychische Gewalt gegen seine Familie ausübe und dass er die Antragstellerin bedrohe, wurde von ihm bestritten.

Die Bejahung einer schweren, dem Wohl der Kinder schädlichen Störung der häuslichen Atmosphäre kann nicht auf die Anhörung des (ältesten) Kindes … gestützt werden. Zwar hat … bei ihrer Anhörung durch das Amtsgericht Angaben gemacht, die die Annahme einer unerträglichen häuslichen Situation rechtfertigen würden. Die Angaben des Kindes … sind aber nicht verwertbar, da … durch das Amtsgericht nicht über ihr Zeugnisverweigerungsrecht belehrt worden ist.

Gemäß § 30 Abs. 1 FamFG entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen, ob es entscheidungserhebliche Tatsachen durch eine förmliche Beweisaufnahme oder im Freibeweisverfahren gemäß § 29 FamFG durch formlose Ermittlungen feststellt. Für die Vorgehensweise im Freibeweisverfahren, die das Amtsgericht gewählt hat, besteht kein geschlossener Katalog an Beweismitteln (MüKoFamFG/Ulrici, 2. Aufl. 2013, § 29 Rn. 12). So können u. a. im Wege einer Befragung Auskünfte von Personen eingeholt werden, die als Zeuge in Betracht kommen (Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 29 Rn. 19, 24; MüKoFamFG/Ulrici, 2. Aufl. 2013, § 29 Rn. 12; Brinkmann in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 2. Aufl. 2010, § 29 Rn. 36; Bohnert, NZFam 2014, 107, 108).

Als Zeuge kommt nur derjenige in Betracht, der nicht Verfahrensbeteiligter ist (Köhler, NZFam 2014, 97, 98). Ungeachtet dessen, dass die Interessen minderjähriger Kinder eine wichtige Rolle bei der Billigkeitsabwägung gemäß § 1361 b BGB spielen und dass die Kinder durch das Verfahren betroffen sein können, sind minderjährige Kinder, die mit keinem Elternteil hinsichtlich der Ehewohnung in einer Rechtsgemeinschaft stehen, anders als in Kindschaftssachen, an einer Ehewohnungssache nicht formell beteiligt (MüKoFamFG/Erbarth, 2. Aufl. 2013, § 204 Rn. 9; Keidel/Giers, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 204 Rn. 19; Lorenz in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 204 FamFG Rn. 2; Neumann in: Prütting/Helms, FamFG, 3. Aufl. 2014, § 204 Rn. 2).

Soweit § 163 Abs. 3 FamFG regelt, dass eine Vernehmung eines Kindes als Zeuge nicht stattfindet, bezieht sich diese Vorschrift ausweislich ihrer Stellung im FamFG (Abschnitt 3. Verfahren in Kindschaftssachen) nur auf Kindschaftssachen (MüKoFamFG/Schumann, 2. Aufl. 2013, § 163 Rn. 15; Musielak/Borth/Grandel, FamFG, 4. Aufl. 2013, § 163 Rn. 5) und nicht auf sonstige Familiensachen.

Das vom Amtsgericht angehörte Kind … kam somit als Zeuge in Betracht.

Auch im Freibeweisverfahren hat das Gericht gemäß § 29 Abs. 2 FamFG die Vorschriften über ein Zeugnisverweigerungsrecht in entsprechender Anwendung zu beachten (Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 29 Rn. 24; MüKoFamFG/Ulrici, 2. Aufl. 2013, § 29 Rn. 20; Bohnert, NZFam 2014, 107, 109). Ein solches Zeugnisverweigerungsrecht stand dem Kind … gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO analog zu.

Gemäß § 383 Abs. 2 ZPO entsprechend hätte das Kind … vor seiner formlosen Anhörung/Befragung über sein Zeugnisverweigerungsrecht belehrt werden müssen (Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 29 Rn. 24; MüKoFamFG/Ulrici, 2. Aufl. 2013, § 29 Rn. 20; Prütting in: Prütting/Helms, FamFG, 3. Aufl. 2014, § 29 Rn. 12).

Ist eine solche Belehrung unterblieben, darf die Aussage des Kindes nicht verwertet werden, soweit dieses nicht nachträglich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht verzichtet (Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 29 Rn. 61; MüKoFamFG/Ulrici, 2. Aufl. 2013, § 29 Rn. 24; Brinkmann in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 2. Aufl. 2010, § 29 Rn. 43).

d) Indes besteht für den Senat auch ohne die Anhörung des Kindes … kein Zweifel daran, dass im Haushalt der Beteiligten aufgrund massiver Spannungen zwischen den Eltern Bedingungen herrschten, die dem Wohl der drei Kinder …, … und … schädlich waren.

Wie belastet das Verhältnis der Eheleute ist, lässt sich zum einem dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.06.2014 vor dem Amtsgericht entnehmen. Dort ist festgehalten, dass die Sitzung von wechselseitigen Vorwürfen geprägt war. Auch der Antragsgegner hat hierbei geäußert, dass er die Trennung wünsche.

Insbesondere ist aber der von dem Antragsgegner nicht bestrittene Vortrag der Antragstellerin heranzuziehen, wonach diese zusammen mit den Kindern schon seit ca. zwei Jahren im Kinderzimmer schläft und sich nachts verbarrikadiert und einschließt. Eine derartige Verhaltensweise ist nur in einem extrem spannungsgeladenen, auch von Angst geprägten häuslichen Klima denkbar. Die Kinder sind hiervon unmittelbar berührt, da sie es jedes Mal mitbekommen, wenn sich die Mutter nachts bei ihnen einschließt, was für die Kinder zu sehr negativen, ihr Wohl berührenden Auswirkungen führen kann.

Die Antragstellerin hat ihren Vortrag durch eine eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht (§ 51 Abs. 1 S. 2 FamFG).

Unter diesen Umständen ist gemäß § 1361 b Abs. 1 S. 2 BGB zur Vermeidung einer Beeinträchtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder die Ehewohnung der Antragstellerin, die als Hauptbezugsperson die Kinder überwiegend betreut, zuzuweisen.

Zu keinem anderen Ergebnis führt, dass der Antragsgegner am 06.06.2014 sich im … Krankenhaus in … einer ambulanten Nervenoperation unterzogen hat. Der Bericht des … Krankenhauses vom 06.06.2014 stellt einen komplikationslosen Eingriff fest; der Antragsgegner konnte noch am Operationstag entlassen werden. Einem Bericht des … … vom 05.08.2014 ist zu entnehmen, dass nach der Operation keine erheblichen Komplikationen aufgetreten sind und dass bezüglich noch vorhandener Schmerzen eine schmerztherapeutische Einstellung empfohlen wird.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände fallen der operative Eingriff bzw. etwaige Folgen desselben nicht in einer Weise ins Gewicht, dass bei einer Billigkeitsabwägung betreffend die Zuweisung der Wohnung unter besonderer Berücksichtigung des Wohls der drei minderjährigen Kinder etwa von einer Zuweisung der Wohnung an die Antragstellerin abzusehen wäre.

Soweit der Antragsgegner vorträgt, eine Nachbarin habe ihm erklärt, sie habe sich mit der Antragstellerin abgesprochen, um den Antragsgegner belastende Aussagen zu machen, ist dies für die Entscheidung im hiesigen Verfahren unerheblich, da diese Nachbarin im ersten Rechtszug nicht angehört worden ist und Äußerungen dieser Nachbarin, die diese nach der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht getätigt haben soll, für die vom Senat im Beschwerdeverfahren zu treffende Entscheidung keine Rolle spielen.

e) Es bestand ein für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliches Regelungsbedürfnis, da zur Vermeidung einer weiteren Gefährdung des Wohls der in der Wohnung lebenden Kinder ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden bestand (§ 49 Abs. 1 FamFG). ..."

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Zur Abhebung des auf einem Gemeinschaftskonto der Ehegatten befindlichen Guthabens nach der Trennung zum Zwecke der Anschaffung von Haushaltsgegenständen ist der aus der Ehewohnung ausgezogene Ehegatte im Verhältnis zum anderen im Zweifel nicht befugt. Dem wegen der missbilligten Kontoabhebung auf Ausgleich in Anspruch genommenen Ehegatten ist die Geltendmachung eines Anspruchs auf Nutzungsvergütung gem. § 1361b Abs. 3 Satz 2 bzw. § 745 Abs. 2 BGB gegen den in der Wohnung Verbliebenen im Wege der Hilfsaufrechnung nicht deshalb verwehrt, weil er sich in einem bereits anhängigen Verfahren betreffend Ehegattenunterhalt auf den Vorteil des mietfreien Wohnens des anderen in der Ehewohnung beruft (OLG Bremen, Beschluss vom 03.03.2014 - 4 UF 181/13):

„... 1. Der Antragsteller hat einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin gemäß §§ 428, 430 BGB auf Zahlung von 1.937,50 €.

Unstreitig hatte die Antragsgegnerin zwei Tage nach der am 24.6.2009 erfolgten Trennung der Beteiligten von dem von den Eheleuten in Polen unterhaltenen Gemeinschaftskonto ohne Wissen des Antragstellers das gesamte zu diesem Zeitpunkt noch vorhandene Guthaben i.H.v. 15.500 Zloty abgehoben. Das Amtsgericht hat insofern zu Recht ausgeführt, dass die Beteiligten als Inhaber des Gemeinschaftskontos gegenüber dem polnischen Kreditinstitut Gesamtgläubiger im Sinne des § 428 BGB waren. Das Innenverhältnis beurteilt sich bei einem Oder-Konto nach § 430 BGB. Danach sind die Ehegatten an dem jeweiligen Kontostand eines Gemeinschaftskontos und insbesondere am Kontostand im Zeitpunkt der Trennung regelmäßig zu gleichen Teilen berechtigt. Ein Guthaben ist also bei Scheitern der Ehe grundsätzlich hälftig zu teilen. Der Grundsatz der Halbteilung kommt nur dann nicht zum Zuge, wenn ein anderes bestimmt ist. Entnimmt ein Ehegatte nach der endgültigen Trennung mehr als die Hälfte, besteht regelmäßig ein Ausgleichsanspruch des anderen Ehegatten. Ein Ausgleichsanspruch besteht nur dann nicht, wenn die Kontoverfügung von einer anderweitigen Bestimmung erfasst ist. Hat ein Ehegatte nach der Trennung das gesamte auf dem Konto befindliche Guthaben abgehoben und wird er auf hälftige Herausgabe in Anspruch genommen, so muss er gegebenenfalls den Beweis für seine Behauptung einer anderen Bestimmung im Sinne des § 430 BGB führen (vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 6. Auflage, 2014, Rn. 721 ff.). Eine anderweitige Bestimmung kann rechtsgeschäftlich vereinbart werden, sie kann sich aber auch aus dem Zweck des Rechtsgeschäfts, aus der Natur der Sache oder den Gesamtumständen ergeben (Staudinger/Looschelders, BGB, 2012, § 430 Rn. 27).

Die Antragsgegnerin hat eine andere Bestimmung in diesem Sinne schon nicht dargetan. Die von der Antragsgegnerin behaupteten trennungsbedingten Anschaffungen können eine Abweichung von der gesetzlichen Vermutung des § 430 BGB nicht begründen, denn auch ihrem eigenen Vortrag zufolge lag der Abhebung des Betrages i.H.v. 15.500 Zloty nicht etwa eine Absprache mit dem Antragsteller dergestalt zugrunde, dass der Antragsgegnerin die Anschaffung von Möbeln und Elektrogeräten ermöglicht werden sollte. Vielmehr ist unstreitig, dass die am 26.6.2009 getätigte Kontoverfügung ohne Wissen und gegen den Willen des Antragstellers erfolgte. Allein der Umstand, dass die Antragsgegnerin ihrem Vortrag zufolge trennungsbedingt Anschaffungen tätigen musste, kann eine andere Bestimmung im Sinne des § 430 BGB nicht begründen. Zwar kann im Einzelfall auch eine nach endgültiger Trennung der Eheleute von einem Ehegatten vorgenommene Kontoverfügung von einer anderweitigen Bestimmung erfasst sein. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn mit ihr noch eine gemeinsame Schuld bezahlt worden ist oder wenn es um eine Geldentnahme geht, die mit den früheren gemeinsamen Vorstellungen der Ehegatten im Einklang steht und auch nach der Trennung weiterhin dem mutmaßlichen Willen des anderen Ehegatten entspricht, was bei maßvollen, dem Unterhalt der Restfamilie dienenden Abhebungen in Betracht kommen kann (Wever, a.a.O., Rn. 728). Dies ist bei einer Abhebung zu dem Zweck der Anschaffung trennungsbedingt für nötig gehaltenen Hausrats aber nicht der Fall. Da der diesbezügliche Vortrag der Antragsgegnerin somit ohnehin nicht erheblich ist, kommt es auf die Frage der Substantiierung der behaupteten Anschaffungen entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht mehr an.

Unstreitig beträgt der hälftige Gegenwert des von der Antragsgegnerin verfügten Betrages 1.937,50 €. Diesen Betrag kann der Antragsteller von der Antragsgegnerin gemäß § 430 BGB verlangen.

2. Der Anspruch des Antragstellers ist jedoch durch die von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 19.11.2012 gemäß § 388 BGB erklärte Hilfsaufrechnung in Höhe von 821,76 € erloschen. Denn die Antragsgegnerin konnte mit einem Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von monatlichen 273,92 € für die Monate September bis November 2011 die Aufrechnung erklären, weil der Antragsteller im genannten Zeitraum unstreitig das im jeweils hälftigen Miteigentum der Beteiligten stehende Familienheim bewohnt hat.

a) Soweit die Antragsgegnerin die Aufrechnung mit Ansprüchen auf Nutzungsentgelt für die Monate Mai 2011 bis August 2012 erklärt hat, greift die Aufrechnung allerdings nicht durch, weil ein Anspruch gegen den Antragsteller auf Zahlung eines Nutzungsentgelts für diesen Zeitraum nicht besteht. Die Ehe der Beteiligten ist durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremerhaven vom 13.4.2011, rechtskräftig seit dem 15.6.2011, geschieden worden. Das ehemalige Familienheim, welches im jeweils hälftigen Miteigentum der Beteiligten steht, wird vom Antragsteller bewohnt. Grundsätzlich kann die Antragsgegnerin daher einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung gegen den Antragsteller geltend machen, der sich nur bis zur Rechtskraft der Scheidung aus § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB ergibt, für die Zeit danach dagegen aus § 745 Abs. 2 BGB (vgl. Wever, a.a.O., Rn. 104). Der Anspruch auf eine Nutzungsvergütung ergibt sich aber nicht bereits als Folge dessen, dass der im Familienheim verbliebene Ehegatte dieses nunmehr allein nutzt. Vielmehr ist eine Aktivierung des Anspruchs erforderlich, und zwar für den Anspruch aus § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB in Form eines Zahlungsverlangens und für den Anspruch aus § 745 Abs. 2 BGB in Form eines Neuregelungsverlangens. Der Anspruch auf eine Nutzungsvergütung kann frühestens vom Zeitpunkt der Geltendmachung an entstehen. Er kann also nicht rückwirkend, sondern nur für die Zukunft geltend gemacht werden (vgl. Wever, a.a.O., Rn. 105, 117, 119). Vorliegend hat die Antragsgegnerin den Antragsteller unstreitig erstmals mit Schreiben vom 31.8.2012 zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung aufgefordert. Soweit sie also mit Nutzungsentschädigungsansprüchen aus der Zeit von Mai 2011 bis August 2012 die Aufrechnung erklärt, geht die Aufrechnung schon deswegen ins Leere, weil der zu Grunde liegende Gegenanspruch nicht besteht. Soweit der Antragsteller darauf hinweist, dass angesichts des erst mit Schreiben vom 31.8.2012 erfolgten Neuregelungsverlangens der Anspruch auf Nutzungsentgelt erst ab 1.1.2013 bestehe, weil ihm eine Überlegungsfrist von 4 Monaten zugebilligt werden müsse (vgl. OLG München, FamRZ 2007, 1655), so folgt der Senat dem nicht. Die generelle Einräumung einer solchen Überlegungsfrist erscheint schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil bei der Unterhaltsbemessung der Wohnvorteil dem im Haus Verbliebenen bereits ab Trennung zugerechnet wird und sich eine unterschiedliche Behandlung verbietet (vgl. Wever, a.a.O., Rn. 131). Im vorliegenden Fall spricht gegen die Gewährung einer Überlegungsfrist darüber hinaus, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Aufforderung zur Zahlung einer Nutzungsvergütung schon seit längerer Zeit die Immobilie allein bewohnt hatte.

b) Soweit die Antragsgegnerin mit Nutzungsentschädigungsansprüchen für den Zeitraum vom 1.9. bis 31.11.2012 die Aufrechnung erklärt hat, scheitert diese nicht daran, dass sie den Antragsteller in dem vor dem Amtsgericht Bremerhaven geführten Unterhaltsverfahren zur Geschäftsnummer 152 F 74/12 UE auf Zahlung von Ehegattenunterhalt unter Einbeziehung des Vorteils, den der Antragsteller durch das Wohnen im Haus hat, für den Zeitraum ab August 2011 in Anspruch genommen hat. Denn bei der Unterhaltsberechnung wird zwar in der Regel ein Wohnwert bedarfserhöhend berücksichtigt. Dies schließt eine gesonderte Nutzungsentschädigung dann aus, wenn bereits eine Unterhaltsregelung - sei es in Form einer Entscheidung, sei es in Form eines Vergleichs - vorliegt, weil nur dann der Wohnwert bereits eine Regelung über den Nutzungswert des dem Ausziehenden gehörenden, aber von dem anderen genutzten Miteigentums beinhaltet (vgl. BGH, FamRZ 1994, 1100; Palandt/Brudermüller, BGB, 73. Auflage, 2014, § 1361b Rn. 20; FA-FamR/Gerhardt, 9. Aufl., 2013, 6. Kap. Rn. 98). Solange eine Regelung über den nachehelichen Unterhalt noch nicht getroffen ist, steht es dem Ausziehenden, der den im Familienheim verbliebenen Partner auf Unterhalt in Anspruch nimmt, hingegen frei, den Vorteil des mietfreien Wohnens als Gebrauchsvorteil i.S. des § 100 BGB in die Unterhaltsberechnung einfließen zu lassen oder ihn über einen Anspruch auf Nutzungsvergütung gesondert geltend zu machen, wobei allerdings darauf zu achten ist, dass es nicht zu einer Doppelverwertung kommt (vgl. zum ganzen Wever, a.a.O., Rn. 142, 157 ff.).

Der Anspruch auf Nutzungsentgelt besteht in Höhe des halben Mietwerts des Gesamtobjekts, orientiert an der ortsüblichen Miete. Aus dem seitens des Antragstellers auszugsweise zur Akte gereichten, im Zwangsversteigerungsverfahren 11b K 20/12 eingeholten Verkehrswertgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Rainer Gehrke vom 17.11.2012 ist ersichtlich, dass die Nettokaltmiete des Objektes mit jährlich 6.573,96 € (d.h. monatlich 547,83 €) zu bemessen ist. Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, der monatliche Mietwert betrage 1.200 €, ist ihr Vortrag angesichts dieses von der Gegenseite vorgelegten Gutachtenauszuges nicht hinreichend substantiiert. Der hälftige Mietwert beträgt 273,92 €, so dass die Antragsgegnerin mit einem Betrag in Höhe von 821,76 € (273,92 € * 3 Monate) aufrechnen kann. ..."

***

Ein Anspruch auf Nutzungsvergütung aus § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB setzt voraus, dass der Nutzungswert nicht schon bei der Bemessung des Unterhalts in Ansatz gebracht wurde, wobei auch ein fiktiver Unterhaltsanspruch in die Betrachtung einzubeziehen ist. Bei mangelnder Leistungsfähigkeit des in der Wohnung verbleibenden Ehegatten kann unter Umständen die Festsetzung einer Nutzungsvergütung unbillig sein (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24.02.2014 - 6 WF 31/14).

*nach oben*

§ 1569 Grundsatz der Eigenverantwortung

Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu außerstande, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nur nach den folgenden Vorschriften.

Leitsätze/Entscheidungen:

„... I. Der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) wendet sich im Wege des Vollstreckungsgegenantrags gegen die Zwangsvollstreckung durch die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) wegen Ehegattenunterhalts nebst Zinsen.

Die Beteiligten schlossen im Jahr 1992 die Ehe, aus der ein inzwischen volljähriger Sohn hervorgegangen ist. Die Ehe wurde am 18. Dezember 2003 rechtskräftig geschieden.

Durch Vergleich vom 8. Oktober 2001 sowie durch Beschluss des Amtsgerichts vom 28. August 2002 wurden unter anderem Regelungen zum Kindes- sowie zum Trennungsunterhalt getroffen. Am 18. Dezember 2003 schlossen die Beteiligten im Scheidungsverfahren einen gerichtlichen Vergleich, in dem unter anderem der Ehegattenunterhalt geregelt wurde.

Ziff. 2 des Vergleichs lautet:

"Zur Abgeltung der Ansprüche der Antragsgegnerin auf Trennungsunterhalt (einschl. des bisher titulierten Trennungsunterhaltes) und nachehelichen Unterhaltes zahlt der Antragsteller an die Antragsgegnerin 65.000 € in folgenden Raten:

a) bis 31.12.2003: 20.000 €
b) bis 01.07.2004: 15.000 €
c) bis 31.12.2004: 15.000 € und
d) bis 01.07.2005: 15.000 €.

Ab Verzug ist der jeweils rückständige Betrag mit 5 % über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. …

Im Übrigen verzichten die Parteien wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt auch für den Fall der Not und der Erwerbslosigkeit und nehmen diesen Verzicht wechselseitig an."

Mit Schreiben vom 20. September 2011 forderten die Antragsgegnervertreter den Ehemann zur Zahlung von 60.633,57 € auf, um weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu vermeiden. Dabei verwiesen sie auf eine Forderungsaufstellung, in der als Titel der Vergleich vom 8. Oktober 2001, der Beschluss vom 28. August 2002 und ein Vergleich vom 18. März 2003 genannt waren.

Der Ehemann hat zunächst beantragt, die Zwangsvollstreckung hinsichtlich Ziff. 1 und 2 der Vereinbarung vom 18. Dezember 2003, hinsichtlich Ziff. 1 und 2 des Beschlusses vom 28. August 2002 und hinsichtlich Ziff. 1 des Vergleichs vom 8. Oktober 2001 für unzulässig zu erklären. Nachdem die Ehefrau klarstellte, nur wegen des Ehegattenunterhalts aus Ziff. 2 des Vergleichs vom 18. Dezember 2003 zu vollstrecken, hat er sein Begehren, die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären, nur im Hinblick auf diesen Titel aufrechterhalten und insoweit die Einrede der Verjährung erhoben. Im Übrigen hat er seinen Antrag für erledigt erklärt. Die Ehefrau hat der Erledigungserklärung nicht zugestimmt.

Das Amtsgericht hat im beantragten Umfang die Erledigung der Hauptsache festgestellt und den weitergehenden Antrag abgewiesen. Die Beschwerden beider Beteiligten, mit denen sie jeweils ihre Begehren weiterverfolgt haben, sind erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Ehemann weiterhin, die Zwangsvollstreckung aus Ziff. 2 des Vergleichs vom 18. Dezember 2003 für unzulässig zu erklären.

II. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung über die Beschwerde des Ehemanns ausgeführt:

Der Zinsanspruch sei nicht verjährt. In der Forderungsaufstellung vom 19. September 2011 sei eine offene Zinsforderung aus dem Zeitraum vom 24. September 2008 bis zum 18. September 2009 in Höhe von 4.611,78 € enthalten. Die Zinsforderung aus dem vorangegangenen Zeitraum vom 5. Januar 2004 bis 24. (richtig: 23.) September 2008 sei durch Erfüllung erloschen. Aus den Forderungsaufstellungen gehe hervor, dass eingehende Zahlungen entsprechend der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptforderung angerechnet worden seien. Nicht getilgt sei danach die Zinsforderung aus dem Zeitraum vom 24. September 2008 bis zum 18. September 2009 in Höhe von 4.611,78 €. Für Verzugszinsen gelte gemäß §§ 195, 197 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 BGB die Regelverjährung von drei Jahren. Die dreijährige Verjährung des betreffenden Anspruchs seit dem 24. September 2008 habe mit Ablauf des 31. Dezember 2009 begonnen. Aufgrund des Vollstreckungsauftrags vom 17. Oktober 2011 habe die Verjährung von diesem Zeitpunkt an erneut begonnen (§ 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB), so dass hinsichtlich des Zinsanspruchs seit dem 24. September 2008 keine Verjährung eingetreten sei.

Auch der Hauptanspruch sei nicht verjährt. Es handele sich um einen Anspruch aus einem vollstreckbaren Vergleich. Soweit ein solcher Anspruch künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen zum Inhalt habe, trete an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 197 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB). Ein Anspruch der vorgenannten Art müsse sich seiner Natur nach auf Leistungen richten, die in zeitlicher Wiederkehr zu erbringen seien. Es müsse sich um eine Verbindlichkeit handeln, die nur in den fortlaufenden Leistungen bestehe und darin ihre charakteristische Erscheinung habe, und nicht etwa um eine in Raten zerlegte Kaufpreisforderung oder sonstige Kapitalschuld. Daher gelte § 197 Abs. 2 BGB nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs etwa nicht für einen Aufopferungsanspruch in Rentenform, da es sich hierbei um einen einheitlichen Anspruch handle, bei dem die zeitliche Aufteilung der Leistungen nur eine besondere Form der Erfüllung darstelle. So liege der Fall auch hier. Vorliegend bestehe die vereinbarte Verbindlichkeit nicht in regelmäßig wiederkehrenden Leistungen. Sie habe darin auch nicht ihre charakteristische Erscheinung. Es handle sich zwar nach wie vor um eine Unterhaltsschuld. Diese sei aber nicht mehr regelmäßig wiederkehrend zu erfüllen, sondern in einem einmaligen Abfindungsbetrag. Die Merkmale der ursprünglichen Unterhaltsforderung, dass die Leistungen in zeitlicher Wiederkehr zu erbringen und die einzelnen Unterhaltsleistungen jeweils an einen bestimmten Zeitabschnitt gebunden seien, besitze der vereinbarte Abfindungsbetrag nicht mehr. Er sei auch nicht zeitlich wiederkehrend zu erbringen; die Aufteilung der Zahlung in vier Raten stelle nur eine besondere Form der Erfüllung dar. Abgesehen davon greife der Schutzzweck der kurzen Verjährungsfrist des § 197 Abs. 2 BGB im vorliegenden Fall nicht ein. Da es sich somit nicht um eine wiederkehrende Leistung handle, gelte gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB die 30-jährige Verjährungsfrist.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Anspruch auf Zahlung der Hauptforderung ist nicht verjährt, weil das Berufungsgericht insoweit zu Recht von einer 30-jährigen Verjährungsfrist ausgegangen ist.

a) Nach § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB verjähren Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen in 30 Jahren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Nach Abs. 2 der Bestimmung tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB), soweit die Ansprüche nach Abs. 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben.

Ein Anspruch auf Rückstände von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen iSv § 197 Abs. 2 BGB ist dann gegeben, wenn der Anspruch von vornherein und seiner Natur nach auf Leistungen gerichtet ist, die nicht einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind, insbesondere wenn der Gesamtumfang der geschuldeten Leistungen nicht beziffert werden kann, weil der Anspruch zeitabhängig entsteht (BGH Urteil vom 24. Juni 2005 - V ZR 350/03 - NJW 2005, 3146, 3147 mwN). Andererseits findet nicht auf jeden Zahlungsanspruch auf wiederkehrende Leistungen die regelmäßige Verjährungsfrist Anwendung. So sind die vorgenannten Voraussetzungen bei einem Rückforderungsanspruch nach § 528 Abs. 1 BGB auch in den Fällen nicht erfüllt, in denen wegen wiederkehrenden Bedarfs wiederkehrende Teilwertersatzleistungen in Geld bis zur Erschöpfung des Werts der Schenkung zu erbringen sind. Zwar besteht in diesen Fällen ein Anspruch auf Zahlung einer Geldrente. Für eine Qualifizierung als regelmäßig wiederkehrende Leistung iSv § 197 Abs. 2 BGB ist jedoch nicht ausreichend, dass eine bestimmte Verbindlichkeit in Rentenform geschuldet wird. Gegen eine Einordnung als regelmäßig wiederkehrende Leistung im Sinne dieser Vorschrift spricht entscheidend, dass sich der Rückforderungsanspruch des Schenkers - anders als etwa Unterhaltsansprüche - nicht als ein "Stammrecht" darstellt, aus dem einzelne abtrennbare Ansprüche (laufend) fließen. Vielmehr handelt es sich auch bei dem auf wiederkehrende Leistungen gerichteten Teilwertersatzanspruch um einen einheitlichen Anspruch auf teilweise Herausgabe des Geschenkes in Form einer Ersatzleistung in Geld (BGHZ 146, 228, 233 = FamRZ 2001, 409, 410 mwN).

b) Wiederkehrende Leistungen iSv § 197 Abs. 2 BGB, zu denen Unterhaltsforderungen regelmäßig gehören, verlieren diesen Charakter grundsätzlich nicht dadurch, dass sie in einer Summe ausgeworfen werden (Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2009] § 197 Rn. 74). Zur Kapitalisierung künftiger Leistungen, etwa einer Unterhaltsrente, wird insofern allerdings vertreten, dass sich hierdurch der Charakter der Schuld so nachhaltig ändere, dass in aller Regel von einer Novation auszugehen sei, weshalb § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BGB und nicht § 197 Abs. 2 BGB anwendbar sei (Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2009] § 197 Rn. 74).

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Abgrenzung zwischen einer Änderung des Schuldverhältnisses und einer Novation durch Auslegung zu ermitteln, was die Parteien im Einzelfall gewollt haben. Bei dieser Auslegung ist die anerkannte Auslegungsregel zu beachten, dass bei der Feststellung des Willens der Parteien, das alte Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neu begründetes Rechtsverhältnis zu ersetzen, im Hinblick auf die damit verbundenen einschneidenden Folgen große Vorsicht geboten ist und von einer Novation nur ausnahmsweise ausgegangen werden darf, sofern die Parteien einen solchen Willen unzweifelhaft zum Ausdruck bringen. Im Zweifel ist daher eine bloße Änderung des Schuldverhältnisses anzunehmen (BGH Urteil vom 14. März 2013 - III ZR 417/12 - NZM 2013, 545 Rn. 14 mwN).

bb) Ob das Beschwerdegericht von einer Novation des Schuldverhältnisses oder von dessen Änderung ausgegangen ist, lässt sich der Entscheidung nicht zweifelsfrei entnehmen. Die vom Beschwerdegericht angestellten Erwägungen tragen aber die Annahme, dass das Schuldverhältnis in der Weise geändert worden ist, dass an die Stelle laufender Unterhaltszahlungen im Interesse beider Beteiligten ein Abfindungsbetrag getreten ist. Die für eine Unterhaltsschuld charakteristische Erbringung der Leistung in zeitlicher Wiederkehr und für bestimmte Zeitabschnitte ist entfallen. Die Unterhaltsschuld ist nicht mehr in einzelne Forderungen zerlegbar, vielmehr ist sogar der bei Abschluss des Vergleichs bereits fällige rückständige Trennungsunterhalt in dem Betrag von 65.000 € mit erfasst worden, obwohl es sich von vornherein nicht um künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen iSv § 197 Abs. 2 BGB handelt. Angesichts dieser Sachlage begegnet die tatrichterliche Würdigung keinen Bedenken, dass den Unterhaltsleistungen durch die begründete Verpflichtung zur Zahlung eines Abfindungsbetrags der Charakter einer wiederkehrenden Leistung iSv § 197 Abs. 2 BGB genommen worden ist. Der Umfang der Unterhaltsleistung steht fest, weitere Zahlungen werden im Hinblick auf den Unterhaltsverzicht nicht geschuldet. Umstände, die unterhaltsrechtlich grundsätzlich von Bedeutung sind, wie Änderungen von Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit, die Wiederheirat des Berechtigten oder dessen Tod (vgl. § 1586 Abs. 1 BGB), wirken sich nicht mehr aus (vgl. Senatsbeschluss vom 10. August 2005 - XII ZR 73/05 - FamRZ 2005, 1662, 1663). Mit Rücksicht auf die daher überschaubare Belastung bedarf es auch nicht des Schutzes durch eine kurze Verjährung. Denn der Schuldner kann sich auf eine bestimmte Höhe des Anspruchs einstellen und muss nicht mit der Geltendmachung einer über Jahre aufgelaufenen Schuld rechnen, was durch die regelmäßige Verjährung verhindert werden soll (vgl. BGH Urteil vom 24. Juni 2005 - V ZR 350/03 - NJW 2005, 3146, 3147). An diesem Ergebnis vermag der Umstand nichts zu ändern, dass der Abfindungsbetrag in vier Raten zu zahlen ist. Hierbei handelt es sich, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, um eine besondere Form der Erfüllung eines einheitlichen Anspruchs und nicht um wiederkehrende Leistungen (vgl. BGH Urteil vom 6. Mai 1957 - III ZR 12/56 - NJW 1957, 1148, 1149).

3. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts hinsichtlich des Zinsanspruchs hat die Rechtsbeschwerde nicht im Einzelnen angegriffen. Die Annahme, der Zinsanspruch sei nicht verjährt, begegnet im Ergebnis auch keinen rechtlichen Bedenken. Da der Hauptanspruch nicht verjährt ist, greift § 217 BGB nicht ein. Die Zinsforderung ist ebenfalls nicht verjährt, weil die Verjährung aufgrund der von der Ehefrau veranlassten Vollstreckungshandlung erneut begonnen hat (§ 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB) und die dreijährige Verjährungsfrist deshalb selbst bezüglich der ältesten noch offenen Zinsforderung nicht abgelaufen ist.

4. Soweit die Rechtsbeschwerde die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts beanstandet, hat sie auch damit keinen Erfolg. Die Rüge, das Oberlandesgericht habe übersehen, dass zwischen den Kosten erster und zweiter Instanz zu unterscheiden sei, ist nicht gerechtfertigt. Entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde waren sowohl in erster als auch in zweiter Instanz der Vollstreckungsgegenantrag und der Antrag auf Feststellung der einseitigen Erledigung der Hauptsache Gegenstand des Verfahrens, da auch die Ehefrau Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung eingelegt hatte. Deshalb hat das Beschwerdegericht folgerichtig eine einheitliche Kostenentscheidung getroffen. Dabei sind bezüglich des Feststellungsbegehrens die vom Senat zur Kostenentscheidung aufgestellten Grundsätze beachtet worden (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Juli 2005 - XII ZR 295/02 - NJW-RR 2005, 1728 f.). ..."

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Wird in einer Familienstreitsache ein Versäumnisbeschluss, in dem die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet wurde, nach Einspruch des Schuldners aufgehoben, ist die Zwangsvollstreckung gemäß § 775 Nr. 1 ZPO einzustellen, ohne dass es in dem aufhebenden Beschluss einer Anordnung der sofortigen Wirksamkeit bedarf. Wird in einer Familienstreitsache ein Versäumnisbeschluss, in dem die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet wurde, nach Einspruch des Schuldners aufrecht erhalten und diese Entscheidung nicht für sofort wirksam erklärt, ist die Zwangsvollstreckung gemäß § 775 Nr. 1 ZPO einzustellen (BGH, Beschluss vom 01.08.2013 - VII ZB 1/13).

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Wird bei einem durch Vergleich titulierten Unterhalt der Abänderungsantrag des Unterhaltsverpflichteten durch gerichtliche Entscheidung in vollem Umfang zurückgewiesen, hindert die Rechtskraft dieser Entscheidung ein späteres Erhöhungsverlangen des Unterhaltsberechtigten nicht (Präklusion; im Anschluss an Senatsurteil vom 23. November 1994, XII ZR 168/93, FamRZ 1995, 221; BGH, Beschluss vom 29.05.2013 - XII ZB 374/11).

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Ein Ehevertrag kann sich in einer Gesamtwürdigung nur dann als sittenwidrig und daher als insgesamt nichtig erweisen, wenn konkrete Feststellungen zu einer unterlegenen Verhandlungsposition des benachteiligten Ehegatten getroffen worden sind. Allein aus der Unausgewogenheit des Vertragsinhalts ergibt sich die Sittenwidrigkeit des gesamten Ehevertrages regelmäßig noch nicht. Zur Anpassung des ehevertraglichen Ausschlusses von Unterhalt und Versorgungsausgleich an geänderte Verhältnisse im Rahmen der Ausübungskontrolle, wenn ein Ehegatte eine Erwerbsminderungsrente bezieht und ehebedingt entstandene Nachteile beim Aufbau seiner Versorgungsanwartschaften erlitten hat (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 6. Oktober 2004, XII ZB 57/03, FamRZ 2005, 185; BGH, Urteil vom 31.10.2012 - XII ZR 129/10 zu §§ 138, 242 BGB):

„... Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle hat der Tatrichter zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen (Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601, 606; vgl. zuletzt Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 94/06 - FamRZ 2009, 2124 Rn. 13). Diese Gesamtwürdigung hat das Berufungsgericht ohne revisionsrechtlich bedeutsame Fehler vorgenommen.

a) Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, dass der objektive Vertragsinhalt erheblich in den Kernbereich der Scheidungsfolgen eingreift, soweit es den vollständigen Verzicht auf Betreuungs-, Alters- und Krankenunterhalt sowie den Verzicht auf den Versorgungsausgleich betrifft. Bei gesonderter Betrachtung begegnen diese Einzelregelungen allerdings unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB noch keinen Bedenken.

aa) Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) ist zwar einer Disposition der Parteien am wenigsten zugänglich, weil er dem anspruchsberechtigten Ehegatten im Interesse gemeinsamer Kinder gewährt wird. Dies schließt allerdings eine vertragliche Modifikation dieses Anspruches - bis hin zu dessen gänzlichen Ausschluss - nicht schlechthin aus. Ein Verzicht auf Betreuungsunterhalt ist unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB jedenfalls dann unbedenklich, wenn kein gemeinsamer Kinderwunsch der Ehegatten besteht und auch sonst für deren Absicht, eine Familie mit Kindern zu gründen, nichts ersichtlich ist (vgl. Senatsurteil vom 28. November 2008 - XII ZR 132/05 - FamRZ 2008, 582 Rn. 21). Aber auch dann, wenn der Zuschnitt der Ehe bei jüngeren Ehegatten zunächst auf das Modell der Doppelverdienerehe angelegt und Kinder zwar noch nicht geplant, aber ein späterer Kinderwunsch nicht ausgeschlossen ist, erscheint es zweifelhaft, ob bereits durch den Verzicht auf den Betreuungsunterhalt ein Eingriff in die Vertragsgestaltung im Wege einer richterlichen Wirksamkeitskontrolle veranlasst wird, oder ob für die Ehegatten nicht auch in diesem Falle eine umfassende Freiheit bei der inhaltlichen Gestaltung ihres Ehevertrages besteht, dessen Korrektur gegebenenfalls der Ausübungskontrolle nach § 242 BGB überlassen werden kann (vgl. Rauscher DNotZ 2004, 524, 537). Anhaltspunkte dafür, dass der Verzicht auf Betreuungsunterhalt für sich genommen objektiv sittenwidrig sein könnte, ergeben sich jedenfalls dann noch nicht, wenn sich bei Abschluss eines Ehevertrages durch berufstätige Ehegatten mit möglichem späteren Kinderwunsch noch keine Tendenz zu einer Alleinverdienerehe abzeichnete, weil sie von einer gleichgewichtigen Kinderbetreuung oder davon ausgingen, dass durch die spätere Geburt von gemeinsamen Kindern - etwa wegen einer besonders günstigen Kinderbetreuungssituation - kein Ehegatte seine Erwerbstätigkeit in nennenswerter Weise einschränken muss (vgl. Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601, 605). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatten die Parteien bei Vertragsschluss im Jahre 1977 noch nicht geplant, dass sich die Ehefrau bei Geburt eines Kindes aus dem Erwerbsleben zurückziehen sollte, was das Berufungsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auch daraus geschlossen hat, dass die Ehefrau noch nach der Geburt des ersten Kindes im Jahre 1979 ihre vollschichtige Tätigkeit als Krankenschwester wieder aufgenommen hatte.

bb) Die Unterhaltsansprüche wegen Alters und Krankheit (§§ 1571, 1572 BGB) sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats zwar dem Kernbereich der Scheidungsfolgen zuzurechnen. Ihr Ausschluss wird allerdings - für sich genommen - unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB zumeist schon deshalb keinen Bedenken begegnen, weil im Zeitpunkt des Vertragsschlusses regelmäßig noch nicht absehbar ist, ob, wann und unter welchen wirtschaftlichen Gegebenheiten ein Ehegatte wegen Alters oder Krankheit unterhaltsbedürftig werden könnte (Senatsurteile vom 12. Januar 2005 - XII ZR 238/03 - FamRZ 2005, 691, 692 und vom 28. November 2007 - XII ZR 132/05 - FamRZ 2008, 582 Rn. 22). Zusätzlich ist hier zu berücksichtigen, dass die Ehefrau im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung ausübte und nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zu jener Zeit keine konkreten Pläne verfolgt wurden, hieran auch im Hinblick auf einen späteren Kinderwunsch etwas zu ändern. Bei Vertragsschluss im Jahre 1977 ergaben sich daher keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Ehefrau, die sowohl Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung als auch in eine Zusatzversorgungseinrichtung einzahlte, nicht selbst in der Lage sein könnte, für Krankheit und Alter Vorsorge zu treffen.

cc) Aus den letztgenannten Gründen hält auch der von den Parteien im Ehevertrag vereinbarte Ausschluss des - nach seiner Zielrichtung als vorweggenommener Altersunterhalt zu verstehenden - Versorgungsausgleiches für sich genommen einer Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB stand (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185, 186).

b) Auch wenn die Einzelregelungen eines Ehevertrages bei jeweils gesonderter Betrachtung den Vorwurf der objektiven Sittenwidrigkeit nicht zu rechtfertigen vermögen, kann sich der Ehevertrag dennoch bei einer Gesamtwürdigung als insgesamt sittenwidrig erweisen, wenn das Zusammenwirken aller ehevertraglichen Einzelregelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt (vgl. dazu Senatsurteile vom 12. Januar 2005 - XII ZR 238/03 - FamRZ 2005, 691, 693 und vom 9. Juli 2008 - XII ZR 6/07 - FamRZ 2008, 2011 Rn. 20 f.). Auch daraus lässt sich hier allerdings eine Sittenwidrigkeit des Ehevertrages nicht herleiten.

aa) Zum einen hat das Berufungsgericht in seine Würdigung zu Recht den Aspekt einbezogen, dass der im Ehevertrag vereinbarte Verzicht auf sämtliche Unterhaltsansprüche und auf den Versorgungsausgleich unter bestimmten und nicht völlig fernliegenden Umständen - etwa bei einer kurzen Ehedauer und einem beruflichen Scheitern des Ehemannes - auch zu einer Begünstigung der Ehefrau hätte führen können. Dies gilt insbesondere für den Verzicht auf Erwerbslosigkeitsunterhalt (§ 1573 Abs. 1 BGB), der sich nach Lage der Dinge im Jahre 1977 allenfalls zugunsten der Ehefrau hätte auswirken können, weil diese als langjährige Angehörige des öffentlichen Dienstes kein nennenswertes Arbeitsmarktrisiko mehr getragen haben dürfte.

bb) Zum anderen hat der Senat mehrfach betont, dass das Gesetz einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten nicht kennt (vgl. Senatsurteile BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601, 604 und vom 28. März 2007 - XII ZR 130/04 - FamRZ 2007, 1309, 1310), so dass auch aus dem objektiven Zusammenspiel einseitig belastender Regelungen nur dann auf die weiter erforderliche verwerfliche Gesinnung des begünstigten Ehegatten geschlossen werden kann, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass sich in dem unausgewogenen Vertragsinhalt eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehegatten und damit eine Störung der subjektiven Vertragsparität widerspiegelt. Eine lediglich auf die Einseitigkeit der Lastenverteilung gegründete tatsächliche Vermutung für die subjektive Seite der Sittenwidrigkeit lässt sich bei familienrechtlichen Verträgen nicht aufstellen (Senatsurteil BGHZ 178, 322 = FamRZ 2009, 198 Rn. 32 f.). Ein unausgewogener Vertragsinhalt mag zwar ein gewisses Indiz für eine unterlegene Verhandlungsposition des belasteten Ehegatten sein. Gleichwohl wird das Verdikt der Sittenwidrigkeit in der Regel nicht gerechtfertigt sein, wenn sonst außerhalb der Vertragsurkunde keine verstärkenden Umstände zu erkennen sind, die auf eine subjektive Imparität, insbesondere infolge der Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit, hindeuten könnten (vgl. OLG Celle NJW-RR 2009, 1302, 1304; Palandt/Brudermüller BGB 71. Aufl. § 1408 Rn. 10; Rauscher, Familienrecht 2. Aufl. Rn. 366 m; Münch DNotZ 2005, 819, 825 f.; Bergschneider FamRZ 2007, 1246). In dieser Hinsicht geht das Berufungsgericht zu Recht davon aus, dass tragfähige Anhaltspunkte für eine subjektive Unterlegenheit der Ehefrau im Zeitpunkt des Vertragsschlusses weder von der Ehefrau vorgetragen noch sonst ersichtlich sind.

Eine soziale oder wirtschaftliche Abhängigkeit der seinerzeit mit auskömmlichen Einkünften vollschichtig berufstätigen Ehefrau von ihrem noch in der Hochschulausbildung befindlichen Ehemann lag im Jahre 1977 ersichtlich nicht vor. Auch eine mögliche intellektuelle Unterlegenheit der Ehefrau gegenüber dem juristisch versierten Ehemann vermag hier die Annahme ungleicher Verhandlungspositionen beim Abschluss des Ehevertrages nicht zu begründen. Das Berufungsgericht geht aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen rechtlich bedenkenfrei davon aus, dass sich die Ehefrau bei Abschluss des Vertrages darüber im Klaren gewesen sein musste, was der im Ehevertrag vereinbarte Verzicht auf "jegliche" Unterhaltsansprüche und auf den Versorgungsausgleich bedeutete. Dies ergibt sich im Übrigen auch schon aus dem eigenen Vortrag der Ehefrau, wonach der Ehemann im Hinblick auf die zum 1. Juli 1977 (d.h. durch das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976, BGBl. I, S. 1421) geänderte Rechtslage mehrfach deutlich gemacht haben soll, dass er nur dann eine Ehe schließen werde, wenn er im Falle der Scheidung keinen Unterhalt zahlen müsse und auch seine Rente ihm voll und ganz verbleibe. Danach dürfte es für die Ehefrau bei Vertragsschluss keinen vernünftigen Zweifel an Inhalt und Tragweite der im Ehevertrag enthaltenen Verzichtserklärungen mehr gegeben haben.

Auch sonstige Umstände, die eine Zwangslage der Ehefrau begründet oder sie gehindert hätten, auf Abschluss oder Inhalt des Ehevertrags Einfluss zu nehmen, sind nicht ersichtlich. Konkrete Anhaltspunkte für eine Überrumpelung der Ehefrau im Zusammenhang mit der Errichtung der notariellen Urkunde hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Soweit die Ehefrau das Bestehen einer Zwangslage für sich daraus herleiten will, dass der Ehemann im Falle der Verweigerung eines Vertragsschlusses die Hochzeit abgesagt hätte und die Ehefrau dadurch unter den gesellschaftlichen Verhältnissen des Jahres 1977 einer besonderen sozialen Stigmatisierung und Ächtung ("gefallenes Mädchen") anheimgefallen wäre, hat das Berufungsgericht dieses Vorbringen in tatrichterlicher Verantwortung geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Hiergegen sind aus Rechtsgründen Bedenken nicht zu erheben. ...

2. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Soweit ein Ehevertrag - wie hier - der Wirksamkeitskontrolle standhält, muss der Richter im Rahmen einer Ausübungskontrolle prüfen, ob und inwieweit es einem Ehegatten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt ist, sich auf eine ihn begünstigende Regelung zu berufen. Entscheidend ist insofern, ob sich im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige, unzumutbare Lastenverteilung ergibt. Hält die Berufung eines Ehegatten auf die getroffene Regelung der Ausübungskontrolle nicht stand, so führt dies weder zur Unwirksamkeit des Ausschlusses der gesetzlichen Scheidungsfolge noch dazu, dass die gesetzliche Regelung in Vollzug gesetzt wird. Der Richter hat vielmehr diejenige Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten Belangen beider Parteien in der eingetretenen Situation in ausgewogener Weise Rechnung trägt (vgl. grundlegend Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601, 606). Auch die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) können dabei auf Eheverträge Anwendung finden, wenn und soweit die tatsächliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von derjenigen ursprünglichen Lebensplanung abweicht, welche die Ehegatten dem Ehevertrag zugrunde gelegt haben (Senatsurteile vom 2. Februar 2011 - XII ZR 11/09 - FamRZ 2011, 1377 Rn. 16 und vom 17. Oktober 2007 - XII ZR 96/05 - FamRZ 2008, 386 Rn. 36).

a) Eine grundlegende Abweichung der tatsächlichen Lebenssituation von den beim Vertragsschluss zugrunde gelegten Lebensumständen hat das Berufungsgericht im Hinblick auf die dem Ehevertrag nachfolgende Geburt der beiden Kinder und die mit deren Betreuung einhergehende eingeschränkte Erwerbstätigkeit der Ehefrau mit Recht bejaht (vgl. auch Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185, 187). Auch die Revision erinnert gegen diese Beurteilung nichts.

b) Ist derjenige Ehegatte, der seine Erwerbstätigkeit für die Betreuung gemeinsamer Kinder eingeschränkt hat, im Zeitpunkt der Scheidung erwerbsunfähig erkrankt, wird sich die ehevertragliche Ausübungskontrolle im Hinblick auf die geänderten Verhältnisse grundsätzlich an dem Gedanken zu orientieren haben, dass dieser Ehegatte aufgrund der tatsächlichen Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall seiner krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorsorgen konnte und seine Erwerbsminderungsrente infolgedessen geringer ist, als sie es gewesen wäre, wenn er seine (vollschichtige) Berufstätigkeit entsprechend der ursprünglichen Lebensplanung bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit fortgesetzt hätte. Der Ausgleich unzureichender Vorsorgebeiträge ist dabei nach ständiger Rechtsprechung des Senats vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs (Senatsurteile vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 24 und vom 7. Juli 2010 - XII ZR 157/08 - FamRZ 2011, 188 Rn. 16 mwN), so dass der für die Ausübungskontrolle gewählte Ausgangspunkt, der Ehefrau über den vertraglich ursprünglich ausgeschlossen gewesenen Versorgungsausgleich nunmehr diejenigen Versorgungsanrechte zukommen zu lassen, die ihr zwischen 1982 und 2008 durch die Einschränkung ihrer Erwerbstätigkeit entgangen sind, grundsätzlich nicht zu beanstanden ist.

3. Ebenfalls zutreffend ist die Einschätzung des Berufungsgerichts, dass die von dem Amtsgericht im Wege des Quasi-Splittings angeordnete Begründung von monatlichen und auf das Ende der Ehezeit am 30. April 2008 bezogenen Rentenanwartschaften in Höhe von 417,98 € auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht ausreichend war, die Versorgungsnachteile der Ehefrau vollständig auszugleichen.

Dies wird schon anhand der Erwägungen deutlich, mit denen das Amtsgericht die Bemessung der Nachteile beim Aufbau von Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung begründet hat. Das Amtsgericht ging bei seinen Berechnungen davon aus, dass es der Ehefrau bei einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit im erlernten Beruf als Krankenschwester möglich gewesen wäre, in jedem Kalenderjahr der Ehezeit durch Beitragszahlungen durchschnittlich einen Entgeltpunkt zu erwerben. Dieser Berechnungsansatz ist zur Bestimmung fiktiver Versorgungsanrechte der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen des Nachteilsausgleiches beim Versorgungsausgleich zwar nicht grundsätzlich ungeeignet. Das vom Amtsgericht dabei gefundene Ergebnis wird aber schon dadurch in Frage gestellt, dass die Ehefrau ausweislich der Versorgungsauskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 30. Oktober 2008 bereits im Jahr 1978, d.h. im letzten vollen Kalenderjahr ihrer vollschichtigen Berufstätigkeit als Stationsschwester vor der Geburt des ersten Kindes, aufgrund ihrer Beitragszahlungen 1,1121 Entgeltpunkte erwerben konnte und keineswegs anzunehmen war, dass sich bei zunehmender Berufserfahrung und steigendem Lebensalter das Verhältnis ihres Einkommens zum Durchschnittseinkommen aller Versicherten (Durchschnittsentgelt) in den Folgejahren verschlechtert hätte. Auch im Übrigen ergibt sich aus der Versorgungsauskunft, dass die Ehefrau schon aus ihrer tatsächlich ausgeübten Teilzeitbeschäftigung als Krankenschwester ohne Personalverantwortung in allen Jahren der Ehezeit seit 1983 durchgehend ein Einkommen erzielen konnte, welches - hochgerechnet auf ihre jeweilige Regelarbeitszeit - über dem Durchschnittseinkommen aller Versicherten im betreffenden Kalenderjahr lag. Die Beurteilung, dass der von dem Amtsgericht in erster Instanz angeordnete Versorgungsausgleich die der Ehefrau durch die Einschränkung ihrer Berufstätigkeit seit 1982 entgangenen Versorgungsanrechte nicht vollständig auszugleichen vermochte, nimmt auch die Revision erkennbar hin.

4. Das Berufungsgericht hat es im Rahmen der vertraglichen Ausübungskontrolle für möglich und geboten erachtet, der Ehefrau zum Ausgleich für die durch den erstinstanzlich angeordneten Versorgungsausgleich noch nicht vollständig kompensierten Rentennachteile einen ergänzenden Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB zu gewähren. Die dagegen erhobenen grundsätzlichen Einwendungen der Revision greifen nicht durch.

a) Eine weitergehende Anpassung des Vertrages wegen unterhaltsrechtlicher Regelungen scheidet nicht schon deshalb aus, weil die Ehefrau die erstinstanzliche Entscheidung zum Versorgungsausgleich nicht angefochten hatte und diese deshalb in Rechtskraft erwachsen ist.

Die Ehefrau ist im vorliegenden Fall unterhaltsbedürftig, soweit sie mit ihren tatsächlichen Renteneinkünften - auch unter Berücksichtigung des im Versorgungsausgleich bereits erworbenen Zuschlags an Entgeltpunkten - ihren nach dem Maßstab des Nachteilsausgleichs zu bemessenen Unterhaltsbedarf nicht decken kann. Zwar hätte die Ehefrau bedarfsdeckende Renteneinkünfte zur Verfügung gehabt, wenn sie mit einem Rechtsmittel gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich erfolgreich eine höhere Bewertung ihrer durch die eheliche Rollenverteilung bedingten Versorgungsnachteile geltend gemacht hätte. Ob und wie sich dieses Unterlassen allerdings auf den Unterhaltsanspruch auswirken kann, richtet sich nach den allgemeinen unterhaltsrechtlichen Grundsätzen über die Herbeiführung der Bedürftigkeit durch den Unterhaltsberechtigten (§ 1579 Nr. 4 BGB) und ist daher nach den Kriterien der Mutwilligkeit und unterhaltsbezogenen Leichtfertigkeit zu beurteilen; diese sind nicht schon bei einem einfachen Verschulden des Unterhaltsberechtigten erfüllt (vgl. dazu zuletzt Senatsurteil vom 21. Februar 2001 - XII ZR 34/99 - FamRZ 2001, 541, 544). Von einer mutwilligen Herbeiführung der Bedürftigkeit kann hier schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Ehefrau gegenüber dem Ehemann bereits keine Obliegenheit traf, das Verfahren über den Versorgungsausgleich in einer bestimmten Weise zu führen. Denn der Ehemann selbst stand der Ehefrau als Gegner im Versorgungsausgleichsverfahren gegenüber, und er wurde durch eine möglicherweise nicht sachgerechte Verfahrensführung der Ehefrau nicht unmittelbar benachteiligt, sondern sogar begünstigt.

b) Entgegen der Auffassung der Revision rückt die vom Berufungsgericht vorgenommene unterhaltsrechtliche Korrektur der bestandskräftig gewordenen Entscheidung zum Versorgungsausgleich den Unterhaltsanspruch der Ehefrau auch nicht in die unzulässige Nähe eines sich aus den ehelichen Wirkungen ergebenden Schadenersatzanspruches.

Dieser Einwand wäre allenfalls dann berechtigt, wenn die von beiden Ehegatten erworbenen Versorgungsanrechte über den Versorgungsausgleich hälftig aufgeteilt worden wären. In diesen Fällen wird der Ausgleichspflichtige aufgrund des Halbteilungsgrundsatzes auf das Versorgungsniveau des anderen Ehegatten herabgesetzt, so dass im Hinblick darauf, dass das System der Scheidungsfolgen auf einer Halbteilung des gemeinsam Erwirtschafteten beruht, für eine Ergänzung dieses Ausgleichssystems über den Unterhalt regelmäßig (zu den Ausnahmen vgl. etwa Senatsurteile vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 25 [phasenverschobene Ehe] und vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 20 [kein Zugang zur Erwerbsminderungsrente wegen fehlender Pflichtbeitragszeiten]) kein Raum mehr bleibt (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 43 und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508 Rn. 25; Borth FamRZ 2008, 1329, 1331). Ein ergänzender Unterhaltsanspruch wegen ehebedingter Nachteile in der Versorgungssituation ist demgegenüber nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn der Versorgungsausgleich noch nicht zu einer Halbteilung der in der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte geführt hat.

5. Demgegenüber sind die Ausführungen des Oberlandesgerichts zur Bemessung der Höhe des unterhaltsrechtlich auszugleichenden Nachteils nicht in allen Punkten frei von rechtlichen Bedenken.

a) Das Berufungsgericht bemisst den nicht ausgeglichenen ehebedingten Nachteil nicht auf der Grundlage der fiktiven Erwerbsminderungsrenten, welche die Ehefrau aus der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und aus der kirchlichen Zusatzversorgung andererseits bezogen hätte, wenn sie bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit vollschichtig berufstätig geblieben wäre. Es nimmt vielmehr jene hypothetische Versorgungslage zum Maßstab, die sich für die erwerbsunfähige Ehefrau ergeben hätte, wenn der - dem Rechtszustand bis zum 31. August 2009 unterworfene - Versorgungsausgleich durch Begründung von Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung im Wege des Quasi-Splittings in einer zum Ausgleich ehebedingter Versorgungsnachteile ausreichenden Höhe durchgeführt worden wäre. Auch wenn beide Berechnungsansätze schon aus rentenrechtlichen Gründen nicht zu dem gleichen Ergebnis führen werden, ist der vom Berufungsgericht beschrittene Rechenweg folgerichtig, wenn man - wie das Berufungsgericht - davon ausgeht, dass die Versorgungsnachteile der Ehefrau im Versorgungsausgleich hätten vollständig ausgeglichen werden können und müssen.

b) Indessen rügt die Revision zu Recht, dass die Annahme des Berufungsgerichts, der Ehefrau seien durch die Einschränkung ihrer Erwerbstätigkeit nach der Geburt des zweiten Kindes im Jahre 1982 in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der kirchlichen Zusatzversorgung Versorgungsanwartschaften in einer monatlicher Höhe von 800 € entgangen, auf unzureichende Tatsachenfeststellungen gegründet ist.

Zwar hat der Senat bereits ausgesprochen, dass sich der Tatrichter im Rahmen der Bemessung von Versorgungsnachteilen bei der Entwicklung einer hypothetischen Erwerbsbiographie und einem darauf beruhenden Versicherungsverlauf der überschlägigen Schätzung nach § 287 ZPO bedienen darf (vgl. Senatsbeschluss von 6. Oktober 2004 - XII ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185, 187) und dies in vielen Fällen auch muss. Dies entbindet ihn indes nicht davon, in seiner Entscheidung die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung und ihre Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise anzugeben (BGHZ 6, 62, 63; Senatsurteile vom 26. März 2003 - XII ZR 167/01 - NJW-RR 2003, 873, 874 und vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 33).

Daran fehlt es hier. Das Berufungsgericht hat die von der Ehefrau ohne Einschränkung ihrer Erwerbstätigkeit erzielbare Versorgung dadurch ermittelt, dass es die Summe der Nominalwerte aller von der Ehefrau in der Ehezeit tatsächlich erworbenen Versorgungsanwartschaften, wie sie sich nach den Versorgungsauskünften der Deutschen Rentenversicherung Bund und der früheren Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Darmstadt dargestellt haben, in etwa verdoppelt hat und ist auf diese Weise zu einem im Versorgungsausgleich durch Übertragung von Rentenanwartschaften in Höhe von 800 € auszugleichenden Versorgungsnachteil gelangt. Diese Berechnung kann jedoch allenfalls einen groben Anhaltspunkt für die Höhe der Versorgungsanrechte bieten, welche die Ehefrau in den beiden Versorgungssystemen bei einer durchgehenden vollschichtigen Berufstätigkeit als Krankenschwester hätte erwerben können; sie steht demgegenüber auf keiner nachvollziehbaren Tatsachengrundlage.

Soweit es die Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung betrifft, werden die fiktiven Versorgungsanwartschaften in der Regel dadurch zu ermitteln sein, dass die gegebenenfalls gemäß § 287 ZPO zu schätzenden Entgelte, die der berechtigte Ehegatte bei gedachter (vollschichtiger) Erwerbstätigkeit in den Jahren der ehebedingten Aufgabe oder Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hätte erzielen können, in das Verhältnis zum jeweils gegebenen Durchschnittsentgelt aller Versicherten gesetzt und die sich hieraus ergebende Summe an Entgeltpunkten ermittelt wird (Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185, 188). Es kann bei einer längeren Aufgabe oder Einschränkung der Erwerbstätigkeit zur Vereinfachung der Berechnung auch erwogen werden, der Berechnung einen durchschnittlichen Erwerb von Entgeltpunkten im Kalenderjahr zugrunde zu legen und diesen Durchschnittswert auf den gesamten Betrachtungszeitraum zu übertragen; diese Methode wird sich allerdings als problematisch erweisen, wenn - wovon das Berufungsgericht auch im vorliegenden Fall ersichtlich ausgegangen ist - die gedachte Erwerbsbiographie des berechtigten Ehegatten mit einem beruflichen Aufstieg einhergegangen wäre. Auch in der kirchlichen Zusatzversorgung hängt die Bestimmung der hypothetischen Versorgungsanrechte von der Höhe der Entgelte ab, wobei noch die Besonderheit besteht, dass für die Versicherungszeiten bis zum Systemwechsel in der Zusatzversorgung zum 31. Dezember 2001 eine fiktive Startgutschrift ermittelt werden müsste.

Jedenfalls muss das Gericht seine Hypothesen über den Erwerb fiktiver Versorgungsanwartschaften und das damit korrespondierende erzielbare Arbeitseinkommen einer nachvollziehbaren Plausibilitätskontrolle unterziehen, etwa durch Anwendung von Erfahrungssätzen im jeweiligen Berufsfeld oder durch die Heranziehung von tariflichen Regelwerken (vgl. auch Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 33 und vom 11. Juli 2012 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 44). Dies wäre unter den obwaltenden Umständen schon deshalb mit einem vertretbaren Aufwand möglich gewesen, weil sich die Vergütung der im öffentlichen Dienst beschäftigten Ehefrau aus Tarifverträgen (zuletzt aus den Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachen [AVR-K]) ergeben hat und die Auswertung dieser Regelwerke dem Gericht auch eine Handreichung für die Beurteilung der Frage gegeben hätte, welche konkreten beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten für die Ehefrau als Krankenschwester bestanden hätten und welcher Verdienst innerhalb des tariflichen Vergütungssystems dann von ihr zu erzielen gewesen wäre. ..."

*** (OLG)

Ein „automatischer" Abzug von geleistetem Naturalunterhalt vom Einkommen des betreuenden Elternteils beim Ehegattenunterhalt ist entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht gerechtfertigt. Erforderlich ist die Darlegung eines tatsächlich geleisteten zusätzlichen Aufwandes nach den üblichen Regeln zur Darlegungs- und Beweislast bei zu berücksichtigenden Belastungen beim Berechtigten wie auch Verpflichteten. Berücksichtigungsfähig sind nur tatsächlich erbrachte Leistungen. Erforderlich ist ferner eine entsprechende Rechtspflicht zu dem zu leistenden Naturalunterhalt, da freiwillige Leistungen das Unterhaltsverhältnis in der Regel unberührt lassen. Jedenfalls verbietet sich eine „automatische" Berücksichtigung, sofern beim betreuenden Elternteil der angemessene Selbstbehalt unterschritten ist (OLG Oldenburg, Beschluss vom 16.05.2023 - 3 UF 32/23).

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Hat nach durchgeführtem Versorgungsausgleich der ausgleichsberechtigte Beteiligte aus einem dabei erworbenen Anrecht noch keinen Anspruch auf laufende Versorgung, während dasselbe Anrecht beim ausgleichspflichtigen Beteiligten schon einer ausgleichsbedingten Kürzung unterliegt, so ist diese Kürzung auf Antrag jedes der Beteiligten auszusetzen, wenn der Ausgleichsberechtigte gegen den Verpflichteten ohne die Kürzung einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte. Das Familiengericht hat dabei einen konkreten Kürzungsbetrag festzusetzen, der kumulativ begrenzt ist durch die Höhe des Unterhaltsanspruchs einerseits und andererseits durch die Differenz zwischen der ungekürzten und der ausgleichsbedingt gekürzten Bruttoversorgung des Ausgleichspflichtigen (OLG Dresden, Beschluss vom 15.12.2014 - 20 UF 869/14).

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„... Die Beschwerde des Antragsgegners, mit der er sich dagegen wendet, dass das Amtsgericht seinen Antrag auf Abänderung der in der notariellen Urkunde enthaltenen Unterhaltsregelung zurückgewiesen hat, ist begründet. Die notarielle Vereinbarung der Beteiligten ist nach § 239 Abs. 1 FamFG dahingehend abzuändern, dass die Verpflichtung des Antragstellers zur Zahlung von Unterhalt ab März 2013 entfällt.

Die notarielle Vereinbarung der Beteiligten ist nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage abänderbar. Die Antragsgegnerin hat nicht bewiesen, dass die Eheleute eine Abänderbarkeit der notariellen Vereinbarung für den Fall einer späteren Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ausgeschlossen haben. Eine solche Einigung wäre keine Geschäftsgrundlage der Vereinbarung, sondern ihr Inhalt (BGH, FamRZ 2010, 192). Die Antragsgegnerin hat eine dahingehende Einigung der Beteiligten nicht bewiesen.

Sie ergibt sich nicht bereits aus dem Umstand, dass die notarielle Vereinbarung keine Grundlagen für die Berechnung des Unterhalts enthält. Dies spricht zwar dafür, dass die Beteiligten jedenfalls eine freie Abänderbarkeit ausschließen wollten. Für den Fall einer späteren Änderung der tatsächlichen Verhältnisse sagt die Gestaltung der notariellen Vereinbarung aber nichts aus. Deshalb bleibt es bei dem Grundsatz, dass eine Abänderungsmöglichkeit jedenfalls bei einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse besteht (BGH, a.a.O.).

Eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den Verhältnissen zur Zeit des Vertragsabschlusses liegt für die Zeit ab März 2013 vor. Die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung des Grundstücks des Antragstellers in …[Z] sind angeordnet worden. Dies hat nach § 148 Abs. 2 ZVG zur Folge, dass dem Antragsteller die Verwaltung und Nutzung des Grundstücks entzogen ist. Das Grundstück wurde durch den Zwangsverwalter geräumt, so dass die Zurechnung eines Wohnwerts und die Zurechnung von Mieteinnahmen entfällt.

Auch hinsichtlich der Einnahmen aus der selbstständigen Tätigkeit als Bauingenieur ist eine wesentliche Veränderung eingetreten. Der Antragsteller vollendet in Kürze das 78. Lebensjahr. Soweit er - in streitigem Umfang - noch Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erzielt, sind diese überobligationsmäßig und nicht mehr in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen.

Eine Erwerbstätigkeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze ist grundsätzlich überobligationsmäßig. Die Frage, in welchem Umfang das Einkommen, das aus einer solchen Erwerbstätigkeit erzielt wird, für den Unterhalt heranzuziehen ist, ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei können das Alter und die mit der fortgesetzten Erwerbstätigkeit zunehmende körperliche und geistige Belastung, ergänzend auch die ursprüngliche Planung der Eheleute und die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse herangezogen werden. Bei fortgeschrittenem Alter des Unterhaltspflichtigen kann eine Anrechnung auch gänzlich ausscheiden, ohne dass es entscheidend auf die konkrete Höhe der Einkünfte ankommt (BGH, FamRZ 2011, 454; BGH, FamRZ 2013, 191; BGH, FamRZ 2003, 848).

Nach diesen Maßstäben sind die Einkünfte des Antragstellers aus selbstständiger Tätigkeit für die Zeit ab März 2013 nicht mehr für den Unterhalt heranzuziehen. Die Vorstellungen der Beteiligten gingen zwar dahin, dass der Antragsteller noch über das Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze hinaus erwerbstätig sein würde. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Antragsteller bereits bei Abschluss der notariellen Vereinbarung fast 69 Jahre alt war. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass Einkünfte des Antragstellers die dieser acht Jahre später erzielt, weiterhin und auf unabsehbare Zeit für den Unterhalt der Ehefrau einzusetzen wären.

Beide Beteiligten befinden sich in einer schwierigen finanziellen Lage. Die Antragsgegnerin ist wegen ihrer geringen Renteneinkünfte ohne die Unterhaltszahlungen des Antragstellers auf die Inanspruchnahme öffentlicher Hilfen angewiesen. Auch der Antragsteller befindet sich in angespannten wirtschaftlichen Verhältnissen. Er hat Bankverbindlichkeiten von mehr als 188.000,00 €, wobei nicht abzusehen ist, ob diese in vollem Umfang durch einen Versteigerungserlös gedeckt wären. Im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe hat der Antragsteller - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - weitere Verbindlichkeiten in erheblichem Umfang (…[B] Krankenkasse und …[C]-Bank) belegt. Sonstige Einkünfte hat der Antragsteller nur in Höhe von insgesamt 473,00 € monatlich. Er bezieht eine Altersrente von 302,00 € und einen Ehrensold von 171,00 €. Er könnte deshalb durch geringe Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, deren Erzielung mit fortschreitendem Alter immer weniger wahrscheinlich wird, lediglich seinen angemessenen Eigenbedarf sicherstellen. Bei dieser Sachlage bedarf es nach Auffassung des Senats keiner weitergehenden Feststellungen zur konkreten Höhe des gegenwärtigen Einkommens des Antragstellers. Die Heranziehung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit aus den letzten drei Jahren ist in diesem Zusammenhang grundsätzlich ungeeignet, weil aufgrund des weit fortgeschrittenen Alters des Antragstellers keine Prognose gestellt werden kann, dass dieser auch in Zukunft Einkünfte in dieser Höhe haben wird.

Da das Einkommen des Antragstellers weit unterhalb seines Selbstbehalts liegt, ist er zur Unterhaltszahlung an die Antragsgegnerin nicht mehr verpflichtet. Die Vermutung der Antragsgegnerin, der Antragsteller verfüge über weitere, nicht bekannte Einkunftsquellen, ist nicht durch tatsächliche Anhaltspunkte belegt und mit der Anordnung der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung des Grundstücks wegen der erheblichen Verbindlichkeiten nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG. Die Antragsgegnerin ist vollem Umfang unterlegen, denn der Antrag wurde nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nur in dem derzeit rechtshängigen Umfang erhoben.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Die Frage, nach welchen Maßstäben über obligationsmäßig erzieltes Einkommen für die Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen ist, ist durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinreichend geklärt. Im Übrigen beruht die Entscheidung des Senats auf den Umständen des Einzelfalls.

Für die Festsetzung des Verfahrenswerts sind die Rückstände für die Zeit vom 01.03.2013 bis 20.08.2013 und weitere zwölf Monate laufender Unterhalt maßgebend. ..." (OLG Koblenz, Beschluss vom 18.06.2014 - 9 UF 34/14)

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Es obliegt jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.07.2013 - 18 UF 225/11).

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Bei der Entscheidung über die Abtrennung einer Folgesache vom Verbund gem. § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG ist im Rahmen der Abwägung der gegenseitigen Interessen auch eine obstruktive Verfahrensverzögerung des Antragsgegners zu berücksichtigen (OLG Hamm, Beschluss vom 12.03.2013 - 2 UF 107/12).

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Der nacheheliche Ehegattenunterhalt einer vor dem 1. Juli 1977 geschiedenen Ehe richtet sich gemäß Art. 12 Nr. 3 Abs. 2 des Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976 - 1. EheRG - (BGBl. I S. 1421) weiterhin unverändert nach den Bestimmungen des EheG; daran hat sich auch durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 - UÄndG - (BGBl. I S. 3189) nichts geändert. Es finden daher weder die §§ 1569 ff. BGB - und damit etwa §§ 1578b oder 1609 BGB n. F. - noch die durch das UÄndG eingefügte und allein für diese Reform des Unterhaltsrechts geltende Übergangsvorschrift des § 36 EGZPO Anwendung (OLG Celle, Beschluss vom 13.10.2011 - 10 WF 280/11).

*nach oben*

§ 1570 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes

(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.

Hinweis:

Geregelt wird der „Basisunterhalt für drei Jahre" Siehe auch § 1615 l II BGB.

Leitsätze/Entscheidungen:

Soweit das Einkommen eines Ehegatten, der ein Kind betreut, als aus überobligatorischer Erwerbstätigkeit stammend unberücksichtigt zu bleiben hat, kommt ein Unterhaltsanspruch aus § 1570 BGB in Betracht. Besteht ein Teilunterhaltsanspruch auf Betreuungsunterhalt und ein weiterer Teilanspruch aufgrund eines anderen Unterhaltstatbestands, unterfällt der Gesamtanspruch dem Rang des § 1609 Nr. 2 BGB (BGH, Beschluss vom 01.10.2014 - XII ZB 185/13).

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§ 1615l Abs. 3 BGB enthält eine Rechtsgrundverweisung auf § 1613 BGB, weshalb für die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit grundsätzlich die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB vorliegen müssen, also namentlich eine Aufforderung zur Auskunft oder eine Inverzugsetzung. Ebenso wie beim Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB ist auch ein Antrag auf künftigen Betreuungsunterhalt gemäß § 1615l BGB nur dann abzuweisen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres absehbar keine kind- und elternbezogenen Verlängerungsgründe mehr vorliegen (im Anschluss an BGH, 18. März 2009, XII ZR 74/08, BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770). Tatbestandliche Feststellungen des Beschwerdegerichts in einer Familienstreitsache können nicht mit der Verfahrensrüge aus §§ 74 Abs. 3 Satz 3, 71 Abs. 3 Nr. 2 lit. b FamFG oder mit einer entsprechenden verfahrensrechtlichen Gegenrüge des Rechtsbeschwerdegegners angegriffen werden, sondern allein mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 320 ZPO (im Anschluss an BGH Urteil vom 10. Mai 2011, II ZR 227/09, NJW 2011, 2292; BGH, Beschluss vom 02.10.2013 - XII ZB 249/12).#

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Wird bei einem durch Vergleich titulierten Unterhalt der Abänderungsantrag des Unterhaltsverpflichteten durch gerichtliche Entscheidung in vollem Umfang zurückgewiesen, hindert die Rechtskraft dieser Entscheidung ein späteres Erhöhungsverlangen des Unterhaltsberechtigten nicht (im Anschluss an Senatsurteil vom 23. November 1994, XII ZR 168/93, FamRZ 1995, 221; BGH, Beschluss vom 29.05.2013 - XII ZB 374/11).

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Die Belastung des betreuenden Elternteils durch berufliche Ausbildungs-, Fortbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen (hier: Habilitationsverfahren) stellt keinen elternbezogenen Grund im Sinne des § 1570 Abs. 2 BGB dar (BGH. Urteil vom 08.08.2012 - XII ZR 97/10):

„... 4. Das Berufungsgericht hat eine Erwerbsobliegenheit der Klägerin im Umfang einer vollschichtigen Tätigkeit auch nach der seit Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 am 1. Januar 2008 geänderten Rechtslage verneint.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats bestimmt sich die Erwerbsobliegenheit des kinderbetreuenden Ehegatten im Rahmen von § 1570 BGB nach folgenden Grundsätzen:

aa) Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über das vollendete dritte Lebensjahr hinaus kann sich der betreuende Elternteil aus kindbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB nicht auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen, soweit das Kind eine kindgerechte Betreuungseinrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Umstände besuchen könnte. Im Unterhaltsverfahren ist demnach zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kinderbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder gesichert werden könnte (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 18. April 2012 - XII ZR 65/10 - FamRZ 2012, 1040 Rn. 18 f. mwN und BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 27).

bb) Soweit die Betreuung des Kindes sichergestellt ist oder dieses im Hinblick auf seine Entwicklung zeitweise sich selbst überlassen werden kann, verlängert sich der Unterhaltsanspruch, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 2 BGB). Insoweit können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils elternbezogene Gründe entgegenstehen (Senatsurteile BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 31 f. und vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739 Rn. 100). Diese Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts rechtfertigen sich aus der nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung. So kann etwa einem geschiedenen Ehegatten, der im Interesse der Kindererziehung seine Erwerbstätigkeit dauerhaft aufgegeben oder zurückgestellt hat, ein längerer Anspruch auf Betreuungsunterhalt eingeräumt werden als einem Ehegatten, der von vornherein alsbald wieder in den Beruf zurückkehren wollte (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Unter diese Ausprägung des Betreuungsunterhalts fällt nach der Rechtsprechung des Senats auch der Gesichtspunkt, dass die verlangte oder ausgeübte Erwerbstätigkeit neben dem nach der Fremdbetreuung eines Kindes verbleibenden Anteil an Erziehungs- und Betreuungsaufgaben nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreffenden Elternteils führen darf (Senatsurteil BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 32).

b) Diesen Vorgaben trägt die angefochtene Entscheidung nicht in jeder Hinsicht Rechnung.

aa) Das Berufungsgericht hat das Vorliegen kindbezogener Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts (§ 1570 Abs. 1 BGB) allerdings im Hinblick auf die bestehenden und in Anspruch genommenen Fremdbetreuungsmöglichkeiten, auch im Rahmen der umfangreichen Freizeitaktivitäten des Kindes, verneint. Dagegen ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberlandesgerichts aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Auch die Revision nimmt diese ihr günstige Beurteilung hin.

bb) Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts entspreche aus elternbezogenen Gründen der Billigkeit, begegnet dies indessen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die hierfür angeführte zusätzliche Belastung der Beklagten durch das Habilitationsverfahren stellt in diesem Zusammenhang keinen Grund dar, der eine längere Dauer des Betreuungsunterhalts rechtfertigt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss es sich um Umstände handeln, die unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kindererziehung und Erwerbstätigkeit in der Ehe von Bedeutung sind. Die Gesetzesbegründung weist darauf hin, dass das Vertrauen in die vereinbarte und so auch gehandhabte Rollenverteilung hinsichtlich der Kinderbetreuung geschützt werden soll. Die Beklagte hat von einer weitergehenden Erwerbstätigkeit aber nicht allein im Interesse des Kindes abgesehen, sondern auch um ihre Habilitationsschrift fertig stellen zu können. Der zeitliche Aufwand und der Einsatz, die sie insoweit von einer Erwerbstätigkeit haben absehen lassen, dienten ihren eigenen beruflichen Interessen und nicht denjenigen des Kindes. Deshalb stellen Ausbildungs-, Fortbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen keinen elternbezogenen Grund im Sinne des § 1570 Abs. 2 BGB dar. Maßgebend können solche Umstände vielmehr für die Frage einer angemessenen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 1574 BGB oder für die Gewährung von Ausbildungsunterhalt nach § 1575 BGB sein. Im Zusammenhang mit einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts kommt hier auch dem Gesichtspunkt einer überobligationsmäßigen Belastung keine Bedeutung zu. Denn eine solche ergibt sich nach den getroffenen Feststellungen nicht aus Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung, sondern erst aus der Verfolgung der beruflichen Ziele.

Andere Umstände für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1570 Abs. 2 BGB hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

cc) Soweit das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf § 36 Nr. 1 EGZPO erwogen hat, dass die Beklagte ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Unterhaltsanspruchs habe, vermag dies die getroffene Entscheidung zum Betreuungsunterhalt ebenfalls nicht zu rechtfertigen.

Voraussetzung für die Abänderung eines vor dem 1. Januar 2008 rechtskräftig gewordenen Urteils ist gemäß § 36 Nr. 1 EGZPO unter anderem, dass die Änderung dem anderen Teil - hier also der Beklagten - unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. Dieser Gesichtspunkt ist bereits bei der Prüfung der Billigkeit einer Verlängerung nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 BGB zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 38 und vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 23 für § 1578 b BGB). Dabei geht es entscheidend um die Frage, wie sehr sich der Unterhaltsberechtigte auf den zur Überprüfung gestellten Unterhaltstitel verlassen darf. Insofern ist allerdings zum einen zu beachten, dass ein Unterhaltstitel nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich abänderbar ist. Zum anderen war das neue Unterhaltsrecht schon lange Zeit vor seinem Inkrafttreten bekannt und öffentlich diskutiert worden. Schon deshalb durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass der Kläger nicht eine Möglichkeit nutzen würde, um die Unterhaltspflicht zu beenden oder herabzusetzen. Dass die Beklagte im Vertrauen auf den Fortbestand des Unterhaltstitels Dispositionen getroffen hätte, die rückgängig zu machen ihr nicht oder nicht zugleich möglich oder zumutbar waren (vgl. Senatsurteile vom 29. Juni 2011 - XII ZR 157/09 - FamRZ 2011, 1721 Rn. 26 und vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 23) ist nicht festgestellt. Das Vertrauen, die zuletzt ausgeübte Halbtagstätigkeit wieder aufnehmen zu dürfen, kann hierzu schon deshalb nicht gerechnet werden, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass diese Entscheidung nicht zugunsten einer weitergehenden Beschäftigung hätte geändert werden können.

Da die angestellten Erwägungen die Entscheidung nicht tragen, kann das angefochtene Urteil bezüglich des Betreuungsunterhalts keinen Bestand haben.

5. Hinsichtlich des der Beklagten in der vorausgegangenen Entscheidung zuerkannten Aufstockungsunterhalts (§ 1573 Abs. 2 BGB) hängt die Abänderung im Sinne eines Wegfalls der Unterhaltspflicht davon ab, ob die vom Kläger geltend gemachte Änderung der rechtlichen Verhältnisse eingetreten ist. Das ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht der Fall.

Eine Rechtsänderung, die den Kläger berechtigen könnte, eine Abänderung in diesem Sinne zu verlangen, ist nicht erfolgt. Die Einführung des § 1578 b BGB durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz und die seit der mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren veröffentlichte Rechtsprechung des Senats haben hinsichtlich des in Rede stehenden Aufstockungsunterhalts die Rechtslage seit dem Vorprozess im Jahr 2007 nicht entscheidend geändert (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 21). Die maßgebliche Änderung seiner Rechtsprechung hat der Senat hinsichtlich der Gewichtung von Ehedauer und ehebedingten Nachteilen im Rahmen der Befristung (§ 1573 Abs. 5 BGB aF) bereits durch sein Urteil vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006) vollzogen. In dieser Entscheidung hat er im Gegensatz zu seiner vorausgegangenen Rechtsprechung die Ehedauer in ihrer Bedeutung nicht mehr anderen Billigkeitskriterien vorangestellt. Er hat für die Entscheidung über die Befristung das maßgebliche Gewicht auf die mit der Ehe verbundenen (Erwerbs-)Nachteile für den Unterhaltsberechtigten gelegt.

Die Grundsätze der Senatsrechtsprechung hat das Berufungsgericht bei der Entscheidung über die Befristung des Aufstockungsunterhalts herangezogen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dieser Unterhalt bis Dezember 2011 zu befristen sei, weil der Beklagten keine ehebedingten Nachteile entstanden seien. Dass sich insoweit eine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse ergeben hätte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, ohne dass die Revision dies mit der Verfahrensrüge angreift. Deshalb kann der Kläger mit seiner Abänderungsklage keinen früheren Wegfall des Aufstockungsunterhalts erreichen.

6. Die Revision beanstandet allerdings zu Recht, dass das Berufungsgericht nicht geprüft hat, ob sich hinsichtlich der Höhe des Aufstockungsunterhalts wesentliche Veränderungen ergeben haben. Der Kläger hat geltend gemacht, dass der bei der konkreten Bedarfsbemessung berücksichtigte Betrag von 100 € für einen Babysitter im Hinblick auf das Alter des Kindes nicht mehr in Ansatz zu bringen sei. Dazu sind Feststellungen nicht getroffen worden.

Darüber hinaus hat der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden, dass bei einer Bedarfsermittlung nach den konkreten Verhältnissen eigenes Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten zur Ermittlung der Bedürftigkeit nicht gekürzt um einen Erwerbsbonus, sondern in vollem Umfang auf den Bedarf anzurechnen ist (Senatsurteil vom 10. November 2010 - XII ZR 197/08 - FamRZ 2011, 192 Rn. 26 ff.). Insofern ergibt sich jedenfalls eine wesentliche Abweichung vom Rechenwerk der vorausgegangenen Entscheidung, in der zugunsten der Beklagten ein Erwerbstätigenbonus berücksichtigt worden ist. Die Entscheidung zum Aufstockungsunterhalt kann deshalb im Ergebnis ebenfalls keinen Bestand haben.

7. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da es hierzu weiterer Feststellungen insbesondere zu der Frage bedarf, ob der Beklagten ein Anspruch auf Erwerbslosenunterhalt nach § 1573 Abs. 1 BGB zusteht. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Dieses wird im weiteren Verfahren gegebenenfalls auch dem Vorbringen der Beklagten nachzugehen haben, die ihr angerechneten Zinseinkünfte in Höhe von 3 % seien nicht mehr erzielbar. ..."

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Beim Unterhaltsanspruch wegen Betreuung von Kindern ab der Altersgrenze von drei Jahren ist zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder gesichert werden könnte (im Anschluss an BGH, 18. März 2009, XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770). An die für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts insbesondere aus kindbezogenen Gründen erforderlichen Darlegungen (hier: bei drei minderjährigen Kindern und von der Unterhaltsberechtigten zu leistenden Fahrdiensten an den Nachmittagen) sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen (im Anschluss an BGH, 15. Juni 2011, XII ZR 94/09, FamRZ 2011, 1375). Zur Beurteilung einer überobligationsmäßigen Belastung im Rahmen der Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist auch der Aspekt einer gerechten Lastenverteilung zwischen unterhaltsberechtigtem und unterhaltspflichtigem Elternteil zu berücksichtigen (im Anschluss an BGH, 18. März 2009, XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770; BGH, 16. Juli 2008, XII ZR 109/05, FamRZ 2008, 1739 und BGH, 21. April 2010, XII ZR 134/08, FamRZ 2010, 1050). Hat der Unterhaltspflichtige nach dem - unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbaren - Verlust seines Arbeitsplatzes eine Abfindung erhalten und hat er im Anschluss daran eine neue Arbeitsstelle mit dauerhaft geringerem Einkommen gefunden, so ist die Abfindung bis zur Höchstgrenze des Bedarfs aufgrund des früheren Einkommens grundsätzlich für den Unterhalt zu verwenden (im Anschluss an BGH, 28. März 2007, XII ZR 163/04, FamRZ 2007, 983 und BGH, 2. Juni 2010, XII ZR 138/08, FamRZ 2010, 1311; teilweise Aufgabe von BGH, 29. Januar 2003, XII ZR 92/01, FamRZ 2003, 590). Ob eine Aufstockung bis zum bisherigen Einkommen geboten ist und der bisherige Lebensstandard vollständig aufrechterhalten werden muss, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen, insbesondere auch nach der vom Unterhaltspflichtigen zu erwartenden weiteren Einkommensentwicklung (BGH, Urteil vom 18.04.2012 - XII ZR 65/10 zu §§ 1570 I BGB, 1573, 1578,1578b BGB):

„... In der Sache hält das Berufungsurteil einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

1. Der Unterhaltsanspruch ergibt sich allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht in vollem Umfang aus § 1570 BGB (Betreuungsunterhalt), sondern zum Teil aus § 1573 Abs. 2 BGB (Aufstockungsunterhalt). Da die Antragsgegnerin aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen durch die Betreuung der Kinder nicht an einer Teilzeiterwerbstätigkeit gehindert ist, beruht der Anspruch nur insoweit auf § 1570 BGB, als sie durch die Kinderbetreuung an der Erwerbstätigkeit gehindert ist. Da neben der Kinderbetreuung kein anderes Erwerbshindernis besteht, ergibt sich der Anspruch im Übrigen somit aus § 1573 Abs. 2 BGB (vgl. insoweit Senatsurteile vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 79/89 - FamRZ 1990, 492, 493 f.; vom 26. November 2008 - XII ZR 131/07 - FamRZ 2009, 406, 407 f. [zu § 1572 BGB] und vom 3. Februar 1999 - XII ZR 146/97 - FamRZ 1999, 708, 709 [zu § 1571 BGB]).

2. Das Berufungsgericht hat eine Erwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin im Umfang einer vollschichtigen Tätigkeit verneint, weil eine Betreuung der gemeinsamen Kinder diese nicht zulasse. Das hält den Angriffen der Revision stand.

a) Nach der seit Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 am 1. Januar 2008 ergangenen Rechtsprechung des Senats (seit BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770) bestimmt sich die Erwerbsobliegenheit des kinderbetreuenden Ehegatten im Rahmen von § 1570 BGB nach den folgenden Grundsätzen:

aa) Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über das vollendete dritte Lebensjahr hinaus aus kindbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB kann sich der betreuende Elternteil nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen, wenn und soweit das Kind eine kindgerechte Betreuungseinrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte. Dem stehen verfassungsrechtliche Gründe nicht entgegen. Ein nur bis zum Alter von drei Jahren begrenzter Vorrang der persönlichen Betreuung durch einen Elternteil verletzt insbesondere nicht das Elternrecht des betreuenden Elternteils (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 965 Rn. 72 f.; BT-Drucks. 16/6980 S. 8 f.; Senatsurteil BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 24; Dose FPR 2012, 129, 130; aA OLG Frankfurt a.M. FamRZ 2010, 1449). Auch aus allgemeinen Erwägungen des Kindeswohls (vgl. etwa Becker-Stoll FamRZ 2010, 77, 80) ergibt sich nichts anderes. Insoweit hat der Gesetzgeber von der ihm im Hinblick auf das Kindeswohl zustehenden Einschätzungsprärogative Gebrauch gemacht und in Anlehnung an die vor der Unterhaltsreform nur für nichteheliche Kinder geltende Regelung einen Vorrang der persönlichen Betreuung nur bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres festgelegt. Damit hat er insbesondere die ihm vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG FamRZ 2007, 965 Rn. 75) aufgegebene Gleichbehandlung von ehelich und nichtehelich geborenen Kindern im Hinblick auf eine Gewährung des Betreuungsunterhalts im Kindesinteresse umgesetzt. Da sich die Regelung in § 1570 BGB auf Kinder aus Scheidungsfamilien bezieht, kann aus der Tatsache, dass die betroffenen Kinder unter der Elterntrennung regelmäßig leiden, für sich genommen noch nicht ohne weiteres hergeleitet werden, dass bestehende Betreuungsmöglichkeiten nicht oder nur eingeschränkt in Anspruch genommen werden müssten. Einschränkungen ergeben sich hier nur dann, wenn das Kind unter der Trennung "besonders leidet und daher der persönlichen Betreuung durch einen Elternteil bedarf" (BT-Drucks. 16/6890 S. 9), was als kindbezogener Grund im Einzelfall vom unterhaltsberechtigten Elternteil darzulegen und ggf. zu beweisen ist.

Im Unterhaltsverfahren ist demnach zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder gesichert werden könnte (Senatsurteil BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 27). Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein auf das Alter des Kindes abstellt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsurteile BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 28 und vom 15. Juni 2011 - XII ZR 94/09 - FamRZ 2011, 1375 Rn. 22). Auf das Alter des Kindes kommt es demnach nur an, soweit eine anderweitige Betreuung des Kindes nicht zur Verfügung steht und die Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils davon abhängt, dass das Kind - vorübergehend - auch ohne Aufsicht bleiben kann. Schließlich ist - insbesondere zur Überbrückung von Betreuungsengpässen - grundsätzlich auch ein dem Kindeswohl nicht widersprechendes ernsthaftes und verlässliches Betreuungsangebot des Unterhaltspflichtigen wahrzunehmen (Senatsurteile vom 1. Juni 2011 - XII ZR 45/09 - FamRZ 2011, 1209 Rn. 24 und vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880 Rn. 28).

bb) Der Unterhaltsberechtigte trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus. Er hat also zunächst darzulegen und zu beweisen, dass keine kindgerechte Einrichtung für die Betreuung des gemeinsamen Kindes zur Verfügung steht oder dass aus besonderen Gründen eine persönliche Betreuung erforderlich ist. Auch Umstände, die aus elternbezogenen Gründen zu einer eingeschränkten Erwerbspflicht und damit zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts führen können, hat der Unterhaltsberechtigte darzulegen und zu beweisen (Senatsurteile vom 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391, 1393 mwN; BGHZ 177, 272, 304 = FamRZ 2008, 1739, 1748; vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123/08 - FamRZ 2010, 444; vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 50/08 - FamRZ 2010, 357 und vom 21. April 2010 - XII ZR 134/08 - FamRZ 2010, 1050 Rn. 35).

Insbesondere an die Darlegung kindbezogener Gründe sind nach der Senatsrechtsprechung keine überzogenen Anforderungen zu stellen (Senatsurteil vom 15. Juni 2011 - XII ZR 94/09 - FamRZ 2011, 1375; anders zu Unrecht Löhnig/Preisner FamRZ 2011, 1537). Dabei sind auch besondere Bedürfnisse des Kindes, die etwa sportliche, musische oder andere Beschäftigungen betreffen, zu beachten. Sofern diese vom Kind nicht selbständig wahrgenommen werden können, sind vom Unterhaltsberechtigten etwa zu erbringende Fahr- und Betreuungsleistungen in Rechnung zu stellen. Die gesetzliche Regelung bietet außerdem Raum für die Berücksichtigung schulischer Anforderungen an die Mitarbeit der Eltern (etwa Hausaufgabenbetreuung, Klassenpflegschaft usw.), deren Notwendigkeit und Üblichkeit vom Unterhaltsberechtigten konkret vorzutragen sind. Bei der Frage, ob die Aktivitäten unverändert fortgesetzt werden können, ist im Ausgangspunkt darauf abzustellen, in welcher Form diese vom Kind und den Eltern schon zur Zeit des Zusammenlebens der Familie durchgeführt wurden. Dies wird allerdings dadurch begrenzt, dass die vom Elternteil zu erbringenden Betreuungsleistungen und sonstigen Tätigkeiten nicht außer Verhältnis zu der dadurch gehinderten Erwerbstätigkeit stehen dürfen. Gegebenenfalls ist vom betreuenden Elternteil (und vom Kind) in Kauf zu nehmen, dass die Abläufe abweichend organisiert oder Aktivitäten teilweise eingeschränkt werden, damit sie mit einer Erwerbstätigkeit des Elternteils in Einklang gebracht werden können.

cc) Steht der Umfang einer - möglichen - anderweitigen Kinderbetreuung fest, ist zu berücksichtigen, wie eine ausgeübte oder mögliche Erwerbstätigkeit mit den Zeiten der Kinderbetreuung (einschließlich der Fahrzeiten) vereinbar ist und in welchem Umfang dem Unterhaltsberechtigten in dem dadurch vorgegebenen zeitlichen Rahmen eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist. Daraus können sich insbesondere bei mehreren Kindern Einschränkungen ergeben. Auch ist die Eigenart der jeweiligen Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen, wenn es sich hierbei etwa um Schichtarbeit handelt oder diese sich ansonsten mit den Zeiten der Kinderbetreuung nur teilweise überschneidet. Inwiefern in diesen Fällen etwa die Hilfe Dritter, z.B. der Großeltern, in Anspruch genommen werden kann, ist schließlich im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen und bei freiwilligen Betreuungsleistungen durch einen an Billigkeitskriterien orientierten Abzug vom Einkommen des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen (zur überobligatorischen Tätigkeit vgl. Senatsurteil vom 21. April 2010 - XII ZR 134/08 - FamRZ 2010, 1050 Rn. 36 f. mwN; zur Berücksichtigung von Betreuungskosten vgl. Senatsurteil vom 26. November 2008 - XII ZR 65/07 - FamRZ 2009, 962).

dd) Wenn der - zeitliche - Umfang einer möglichen Erwerbstätigkeit feststeht, verlangt die gesetzliche Neuregelung auch bei gegebener Erwerbsmöglichkeit keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (vgl. auch BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB) und elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründe ist vielmehr ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (Senatsurteile vom 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391 Rn. 19 ff. und vom 30. März 2011 - XII ZR 3/09 - FamRZ 2011, 791 Rn. 20 mwN). Für die Übergangszeit ist auch die Zeit von der Trennung bis zur Scheidung zu berücksichtigen, soweit hier - etwa nach Ablauf des sog. Trennungsjahres - aufgrund der Umstände des Einzelfalls bereits dem nachehelichen Unterhalt entsprechende Anforderungen an die Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten bestehen.

ee) Soweit die Betreuung des Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, kann einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils schließlich - teilweise - entgegenstehen, dass die von ihm daneben zu leistende Betreuung und Erziehung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann (Senatsurteile BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 31; BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739 Rn. 99 und vom 21. April 2010 - XII ZR 134/08 - FamRZ 2010, 1050). Dabei ist unter anderem zu berücksichtigen, dass am Morgen oder am späten Nachmittag und Abend regelmäßig weitere Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu erbringen sind, die je nach dem individuellen Betreuungsbedarf des Kindes oder der Kinder in unterschiedlichem Umfang anfallen können. Zwar wird der dem Kind zu leistenden Betreuung nach der gesetzlichen Konzeption durch eine Entlastung des betreuenden Elternteils von der Barunterhaltspflicht Rechnung getragen (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Diese Wirkung wird indessen bei der Bedarfsbemessung nach Quoten teilweise dadurch aufgehoben, dass der betreuende Elternteil bei Vorwegabzug des Kindesunterhalts über eine Reduzierung seines Unterhalts im wirtschaftlichen Ergebnis einen Teil des Barunterhalts mit zu tragen hat. Die vom Gesetz angeordnete Billigkeitsabwägung nach § 1570 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB lässt Raum für eine Einbeziehung dieses Umstands unter dem Gesichtspunkt einer gerechten Lastenverteilung zwischen unterhaltsberechtigtem und unterhaltspflichtigem Elternteil im Einzelfall.

b) Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze im Ausgangspunkt beachtet und ist bei der Bemessung der die Antragsgegnerin treffenden Erwerbsobliegenheit davon jedenfalls nicht zum Nachteil des Antragstellers (als Revisionskläger) abgewichen. Nach der zutreffenden Auffassung des Berufungsgerichts gebieten kindbezogene Gründe eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts.

aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts besuchen alle drei Kinder die Schule und kommen in der Regel am frühen Nachmittag oder am Nachmittag aus der Schule. Damit hat das Berufungsgericht in zulässiger Weise festgestellt, dass die Antragsgegnerin die bestehenden Betreuungsmöglichkeiten ausgenutzt hat. Das wird von der Revision auch nicht beanstandet.

bb) Im Hinblick auf die kindbezogenen Gründe macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, welches Kind in welchem zeitlichen Umfang und aus welchen Gründen bei den Hausaufgaben betreut werden müsse. Die als Begründung für die Hausaufgabenunterstützung des jüngsten Sohnes herangezogene psychische Erkrankung habe es gerade als nicht nachgewiesen erachtet. Auch dies stellt das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis aber nicht in Frage.

Das Berufungsgericht hat hier neben dem verbleibenden Betreuungsbedarf für die drei Kinder auf die sportlichen Aktivitäten der beiden Söhne abgestellt, die wegen des unzureichenden öffentlichen Nahverkehrs von der Antragsgegnerin gefahren werden müssten. Damit hat es in zulässiger Weise einen nach der Schule bestehenden besonderen Betreuungsbedarf der Kinder berücksichtigt. Bei den Aktivitäten im Sportverein konnte das Berufungsgericht auch davon ausgehen, dass im Regelfall an der während des Zusammenlebens praktizierten Organisation festgehalten werden kann, zumal den Kindern danach in Anbetracht des unzureichenden Nahverkehrs im ländlichen Gebiet auch noch nicht zuzumuten ist, die Fahrten selbständig durchzuführen. Entgegen der Auffassung der Revision war hier auch nicht zu verlangen, dass die Kinder ihren Sport vor Ort oder an einem mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbaren Ort wahrnehmen. Ein Missverhältnis zu der durch die Betreuung gehinderten Erwerbstätigkeit entsteht in Anbetracht des vom Berufungsgericht angenommenen zeitlichen Umfangs der von der Antragsgegnerin zu leistenden Erwerbstätigkeit nicht.

Soweit das Berufungsgericht die von der Antragsgegnerin vorgetragene Hausaufgabenbetreuung des jüngsten Sohnes akzeptiert hat, ist auch dies nicht zu beanstanden. Dass ein zwölfjähriger Junge - wie die Revision meint - in den Nachmittagsstunden nach Rückkehr aus der Schule nach der Lebenserfahrung die Hausaufgaben selbständig erledigen könne oder von den älteren Geschwistern Hilfe zu erwarten habe, trifft jedenfalls als Erfahrungssatz nicht zu. Vielmehr ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht insoweit dem Vortrag der Antragsgegnerin gefolgt ist.

Ob die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zur Dauer der Betreuung letztendlich hinreichend genau sind oder nicht, kann deswegen dahinstehen, weil die von ihm angenommene Erwerbsobliegenheit und deren zeitlicher Umfang unter den Umständen des vorliegenden Falles jedenfalls im Ergebnis ausreichend sind.

cc) Das Berufungsgericht ist aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen zum Umfang der Betreuungsbedürftigkeit der Kinder davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin eine Erwerbstätigkeit im Umfang von 30 Wochenstunden ausüben könne. Sie könne lediglich eine Anstellung als ungelernte Kraft finden. Zusammen mit ihrer zeitlich flexiblen Tätigkeit als Klavier- und Rhythmiklehrerin könne sie ein monatliches Einkommen von brutto 1.200 €, netto 910 € sowie bereinigt um pauschale Werbungskosten 865 € erzielen. Damit hat das Berufungsgericht in zeitlicher Hinsicht jedenfalls keine zu geringen Anforderungen an die von der Antragsgegnerin in Anbetracht der Betreuung mögliche Tätigkeit gestellt.

dd) Das Berufungsgericht hat eine Erwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin bereits mit Rechtskraft der Scheidung eingreifen lassen. Das ist für den Antragsteller als Revisionskläger günstig. Dass das Berufungsgericht hier aufgrund der Trennungszeit von etwa drei Jahren bis zur Rechtskraft der Scheidung der Antragsgegnerin keine weitere Übergangszeit zugestanden hat, steht auch mit den zum gestuften Übergang dargestellten Grundsätzen im Einklang.

ee) Schließlich fällt im vorliegenden Fall auch der Gesichtspunkt der überobligationsmäßigen Belastung ins Gewicht. Denn es ist zu beachten, dass die Antragsgegnerin mit einer Erwerbstätigkeit von 30 Wochenstunden neben der Betreuung von drei Kindern trotz des Alters der Kinder erheblich belastet ist und diese Belastung durch die Befreiung vom Barunterhalt bei gleichzeitiger Bemessung des Ehegattenunterhalts nach Quoten - wie ausgeführt - nur unzureichend aufgewogen wird. Das verdeutlicht, dass der vom Berufungsgericht angenommene Umfang der Erwerbsobliegenheit im Ergebnis jedenfalls nicht zu gering ausgefallen ist.

3. Das Berufungsgericht hat den Bedarf ab Rechtskraft der Scheidung (1. Oktober 2009) in der Weise ermittelt, dass es vom verringerten Einkommen des Antragstellers aus seiner aktuellen Erwerbstätigkeit ausgegangen ist. Zudem hat es die Abfindung zur Aufstockung auf das bisherige Einkommensniveau herangezogen und den Unterhalt entsprechend fortgeschrieben.

a) Das begegnet im Ausgangspunkt keinen rechtlichen Bedenken. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist ein auf Seiten des Unterhaltspflichtigen gesunkenes Einkommen zu berücksichtigen, wenn der Einkommensrückgang auf keinem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten beruht (ständige Rechtsprechung; vgl. Senatsurteile BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.; BGHZ 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn. 17 und vom 23. Dezember 1987 - IVb ZR 108/86 - FamRZ 1988, 256, 257; zur Rechtslage nach der Entscheidung des BVerfG vom 25. Januar 2011 - FamRZ 2011, 437 - s. Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - FamRZ 2012, 281 Rn. 24). Ob die Beendigung des früheren Arbeitsverhältnisses dem Antragsteller unterhaltsrechtlich vorzuwerfen ist, hat das Berufungsgericht offengelassen. Demnach ist in der Revisionsinstanz davon auszugehen, dass den Antragsteller keine Obliegenheitsverletzung trifft.

b) Auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Heranziehung der Abfindung zur Aufstockung des verringerten Einkommens aus dem vom Antragsteller im Oktober 2009 angetretenen neuen Arbeitsverhältnis hat im Ergebnis Bestand.

aa) Allerdings sind bei der Behandlung einer Abfindung die Besonderheiten zu beachten, die sich daraus ergeben, dass es sich um Einkommen im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses handelt. Die Abfindung kann je nach ihrem arbeitsrechtlichen Hintergrund unterschiedlichen Zwecken dienen, so der zukunftsbezogenen Entschädigung für Lohneinbußen (etwa bei Sozialplanabfindungen), als Gegenleistung für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage oder als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und des mit diesem verbundenen sog. sozialen Besitzstandes (vgl. Kaiser Festschrift D. Schwab 2005 S. 495, 500 ff. mwN). Aus der arbeitsrechtlichen Qualifikation der Abfindung lässt sich indessen noch keine zwingende Vorgabe für deren unterhaltsrechtliche Behandlung entnehmen. Die Heranziehung der Abfindung ist vielmehr vorwiegend nach unterhaltsrechtlichen Regeln zu beurteilen.

Einer Heranziehung der Abfindung bedarf es demnach nicht, wenn der Unterhaltspflichtige im Anschluss an das beendete Arbeitsverhältnis sogleich eine neue Arbeitsstelle erlangt, die ihm ein der früheren Tätigkeit vergleichbares Einkommen einbringt. Für diesen Fall hat der Senat entschieden, dass eine nach Ehescheidung zusätzlich zu dem in unveränderter Höhe bezogenen Einkommen erhaltene Abfindung bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs unberücksichtigt bleibt (Senatsurteil vom 2. Juni 2010 - XII ZR 138/08 - FamRZ 2010, 1311 Rn. 28 f.).

Kann der Unterhaltspflichtige hingegen sein früheres Einkommen nicht mehr erzielen, so ist die Abfindung grundsätzlich zur Aufstockung des verringerten Einkommens einzusetzen. Das gilt zum einen, wenn der Unterhaltspflichtige nur noch Lohnersatzleistungen, etwa Arbeitslosengeld, bezieht, die erheblich hinter dem bisherigen Einkommen zurückbleiben. Dementsprechend hat der Senat entschieden, dass die Abfindung als Ersatz des fortgefallenen Arbeitseinkommens in solchen Fällen dazu diene, die bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum Eintritt in das Rentenalter aufrechterhalten zu können (Senatsurteil BGHZ 172, 22 = FamRZ 2007, 983; vgl. auch Senatsurteil vom 14. Januar 1987 - IVb ZR 89/85 - FamRZ 1987, 359, 360; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 29 f., 93).

Für den Fall, dass der Unterhaltspflichtige zwar ein neues Arbeitsverhältnis erlangt hat, das daraus bezogene Einkommen aber hinter dem früheren zurückbleibt, hat der Senat hingegen entschieden, dass eine Abfindung und die Erträge daraus nicht für den Unterhalt zu verwenden seien (Senatsurteil BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590 m. Anm. Graba FamRZ 2003, 746). Der Senat hat dies damit begründet, dass der Unterhaltsbedarf ausschließlich nach dem aktuellen Arbeitseinkommen zu bemessen und die Abfindung hierfür nicht zu berücksichtigen sei. Daran hält der Senat nicht fest. Vielmehr ist eine andere Betrachtung geboten, weil die Quelle der Abfindung in dem beendeten Arbeitsverhältnis liegt und dadurch der notwendige Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen hergestellt ist. Daraus folgt zwar - wie ausgeführt - nicht, dass aus der Abfindung bei ansonsten gleich gebliebenem Einkommen eine Erhöhung des Bedarfs hergeleitet werden kann. Für eine Aufstockung auf das bisherige Einkommensniveau mangelt es indessen nicht an einem Bezug zu den - früher gelebten - ehelichen Lebensverhältnissen. Aus diesem Grund ist die Abfindung bereits bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 14. Januar 1987 - IVb ZR 89/85 - FamRZ 1987, 359, 360).

Damit steht allerdings noch nicht fest, dass die Abfindung unabhängig von ihrer Höhe notwendig zur kompletten Aufstockung zu verwenden ist und stets das frühere Einkommens- und Unterhaltsniveau erreicht werden muss. Vielmehr kann je nach den Umständen des Falles, insbesondere bei dauerhafter Arbeitslosigkeit oder aber bei nicht bestehenden Aussichten auf eine künftige Steigerung des Einkommens, auch eine nur teilweise Aufstockung angemessen sein, um die Abfindung auf einen längeren Zeitraum zu verteilen. Auf welchen Zeitraum die Abfindung im Einzelfall umzulegen ist, unterliegt der tatrichterlichen Angemessenheitsprüfung.

Dabei ist neben den genannten Grundsätzen schließlich noch zu beachten, dass sich Unterhalt und Zugewinnausgleich, soweit unter dem Gesichtspunkt der Halbteilung Berührungspunkte bestehen, nicht widersprechen dürfen (vgl. Senatsurteil vom 21. April 2004 - XII ZR 185/01 - FamRZ 2004, 1352 mwN; "Verbot der Doppelberücksichtigung").

bb) Das Berufungsurteil entspricht diesen Anforderungen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Einkommen des Antragstellers gegenüber seinem früheren Einkommen um etwa ein Drittel gesunken ist. Damit ist eine Aufstockung des gesunkenen Einkommens angezeigt. Dass der Antragsteller die Abfindung ungeschmälert als Vermögensreserve behielte, wäre von vornherein nicht gerechtfertigt, weil er damit entgegen dem der Unterhaltsbemessung nach Quoten zugrunde liegenden Halbteilungsgrundsatz aus seinem Einkommen Vermögensbildung auf Kosten der Antragsgegnerin betreiben würde.

Auch der Umfang der Heranziehung hält sich im Rahmen einer zulässigen tatrichterlichen Angemessenheitsbetrachtung. Zwar erscheint der Zeitraum der Umlegung auf (nur) eineinhalb bis zwei Jahre und die dadurch bewirkte vollständige Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards als recht kurz bemessen. Indessen hat der Antragsteller auch in seinem neuen Arbeitsverhältnis die Möglichkeit einer künftigen Verbesserung seines Einkommens. Die Dauer der Aufstockung, über die im vorliegenden Verfahren nicht abschließend zu entscheiden ist, kann dann gegenüber dem vorläufig veranschlagten Zeitraum durchaus länger ausfallen. In Anbetracht des vom Berufungsgericht zu Recht angenommenen (jedenfalls) unterhaltsrechtlichen Zwecks der Abfindung, den Einkommensrückgang ganz oder teilweise aufzufangen, bewegt sich seine Unterhaltsbemessung insoweit noch im zulässigen Rahmen tatrichterlicher Beurteilung, die nach revisionsrechtlichen Maßstäben nicht zu beanstanden ist. Um den vollständigen Verbrauch der Abfindung geltend zu machen, steht dem Antragsteller ein Abänderungsantrag nach § 238 FamFG offen.

Ein Widerspruch zum vom Amtsgericht zugesprochenen Zugewinnausgleich kann schließlich nicht entstehen, weil die Abfindung erst nach dem Stichtag versprochen und gezahlt wurde, so dass sie kein Endvermögen des Antragstellers dargestellt hat.

4. Schließlich hat das Berufungsgericht auch zu Recht eine Befristung und Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b BGB abgelehnt.

Zwar ist es, wie ausgeführt, zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Unterhalt allein um Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB handele, der nach der Rechtsprechung des Senats jedenfalls einer Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB nicht zugänglich ist (vgl. Senatsurteile vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124 und vom 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391 Rn. 48). Das Berufungsurteil hält sich aber auch in Anbetracht einer grundsätzlich möglichen Herabsetzung des Betreuungsunterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB sowie einer etwaigen Befristung oder Herabsetzung des Aufstockungsunterhalts im Rahmen der Senatsrechtsprechung. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen einer Herabsetzung derzeit nicht vorliegen. Dabei hat es in zulässiger Weise die fortwährende Kinderbetreuung berücksichtigt und (abgesehen von der derzeit aufgrund der Kinderbetreuung eingeschränkten Erwerbsmöglichkeit) trotz fehlender ehebedingter Nachteile insbesondere in Anbetracht der Ehedauer und der erst seit Oktober 2009 rechtskräftigen Scheidung mit Recht von einer Herabsetzung (und Befristung) abgesehen. Es entspricht der Senatsrechtsprechung, dass auch bei fehlenden ehebedingten Nachteilen bei der Entscheidung über die Herabsetzung oder Befristung des Unterhalts zudem die nacheheliche Solidarität zu berücksichtigen ist (vgl. Senatsurteile vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 und vom 2. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 713). ..."

***

Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein oder wesentlich auf das Alter des Kindes, etwa bis zum achten und zum zwölften Lebensjahr, abstellt, wird den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht (im Anschluss an das Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 3/09 - FamRZ 2011, 791). Das gilt auch, wenn solche Altersphasen nur als Regelfall behandelt werden, innerhalb dessen die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind, die Begründung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils aber nicht auf individuelle Einzelumstände gestützt ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 28; BGH, Versäumnisurteil vom 15.06.2011 - XII ZR 94/09):

„... Die Parteien streiten um Abänderung eines Vergleichs über nachehelichen Unterhalt.

Sie hatten im Mai 1999 geheiratet. Im Juli 1999 wurde die gemeinsame Tochter geboren. Seit Februar 2005 ist die Ehe der Parteien rechtskräftig geschieden. Das Kind lebte von Juli 2003 bis Dezember 2005 in einer Pflegefamilie und lebt seit Januar 2006 bei der Beklagten. Mit Vergleich vom 2. Juli 2007 verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung nachehelichen Unterhalts an die Beklagte in Höhe von monatlich 440 € ab September 2006. Mit der Abänderungsklage begehrt der Kläger Wegfall seiner Unterhaltspflicht für die Zeit ab Februar 2008. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er sein Begehren auf Wegfall der Unterhaltspflicht weiterverfolgt. ...

Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 179/10 - FamRZ 2011, 100).

Da die Beklagte in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Bekanntgabe des Termins nicht vertreten war, ist über die Revision des Klägers durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand (BGHZ 37, 79, 81 ff.).

Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I. Das Oberlandesgericht hat eine Abänderung des Unterhaltsvergleichs abgelehnt, weil der Kläger nach wie vor zur Zahlung von Unterhalt in der vereinbarten Höhe verpflichtet sei.

Auch auf der Grundlage der Neufassung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB sei die Beklagte lediglich zu einer Halbtagstätigkeit verpflichtet. Betreuungsunterhalt könne nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes zwar nur noch geltend gemacht werden, wenn dies der Billigkeit entspreche, wobei in erster Linie die Belange des Kindes und die Betreuungsmöglichkeiten, aber auch die Belange des betreuenden Elternteils zu beachten seien. Die Neuregelung verlange aber keinen abrupten übergangslosen Wechsel von der elterlichen Betreuung zur Vollzeittätigkeit; im Interesse des Kindeswohls sei auch künftig ein gestufter Übergang möglich. Zudem sei stets zu beachten, ob der dem betreuenden Elternteil neben der Erziehung und Betreuung des Kindes in staatlichen Einrichtungen verbleibende Anteil in Verbindung mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führe.

Die neue Rechtslage lasse zwar kein modifiziertes Altersphasenmodell zu, aufgrund von Erfahrungswerten könne aber ein Beurteilungsrahmen geschaffen werden, der in jedem Einzelfall anhand der jeweiligen Besonderheiten auszufüllen sei. Im Regelfall sei auch unter Berücksichtigung des Umfangs der neben einer Ganztagsbetreuung in einer Kindertageseinrichtung oder Schule verbleibenden elterlichen Betreuung entsprechend dem Alter des jüngsten Kindes von dem betreuenden Elternteil eine stufenweise Ausweitung der Erwerbstätigkeit zu erwarten. Regelmäßig sei neben der Betreuung eines Kindes im Alter von drei bis acht Jahren (Abschluss der zweiten Grundschulklasse) eine teilschichtige Erwerbstätigkeit bis zum Umfang von 20 Wochenstunden, mindestens im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung, auszuüben. Neben der Betreuung eines Kindes im Alter von acht bis zu zwölf Jahren (Abschluss des sechsten Schuljahres) sei eine teil- bis vollschichtige Erwerbstätigkeit, mindestens im Umfang von 20 Wochenstunden, auszuüben. Danach bestehe in der Regel die Obliegenheit zur Ausübung einer Vollzeittätigkeit. Dabei sei in jedem Einzelfall die Beurteilung insbesondere anhand folgender Kriterien vorzunehmen: Anzahl der betreuten Kinder, Möglichkeiten der Fremdbetreuung, besondere Förder- und Betreuungsbedürfnisse des Kindes, regelmäßige Arbeitszeiten des betreuenden Elternteils, Beteiligung des anderen Elternteils an der Betreuung, gemeinsame Vorstellung der Eltern zur Ausgestaltung der Kinderbetreuung.

Im vorliegenden Fall erscheine es gerechtfertigt, nur von einer halbschichtigen Erwerbsobliegenheit der Beklagten auszugehen. Die von der Beklagten betreute Tochter besuche derzeit die dritte Grundschulklasse. Es sei ferner davon auszugehen, dass sie nach der Unterrichtszeit im Rahmen der offenen Ganztagsschule betreut werden könne. Allerdings sei auch zu berücksichtigen, dass die Tochter über längere Zeit in einer Pflegefamilie untergebracht war. Dies allein spreche zwar nicht gegen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit der Beklagten, rechtfertige jedoch im Interesse des Kindes in besonderer Weise einen behutsamen Übergang, um das Kind und auch die Mutter nicht zu überfordern. Nach derzeitigem Stand sei erst im Laufe der nächsten ein bis zwei Jahre die Aufnahme einer mehr als halbschichtigen Erwerbsobliegenheit geboten.

Als ungelernte Kraft könne die Beklagte aus einer halbschichtigen Erwerbstätigkeit lediglich ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 500 € erzielen. Bei Einkünften des Klägers nach Abzug des Kindesunterhalts in Höhe von 1.533 € ergebe sich kein Unterhalt, der den vergleichsweise vereinbarten Unterhalt unterschreite.

II. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht stand.

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass mit Vollendung des dritten Lebensjahres des gemeinsamen Kindes grundsätzlich eine Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils einsetzt. Mit der Neuregelung des Betreuungsunterhalts durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) hat der Gesetzgeber einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann (BT-Drucks. 16/6980 S. 8 f.). Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen. Dabei wird der Betreuungsunterhalt vor allem im Interesse des Kindes gewährt, um dessen Betreuung und Erziehung sicherzustellen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 3/09 - FamRZ 2011, 791 Rn. 18 mwN).

Zugleich hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 1570 BGB dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt. Kind- und elternbezogene Umstände, die aus Gründen der Billigkeit zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus führen können, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (Senatsurteile BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 23 und BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739 Rn. 97).

Wie der Senat bereits wiederholt ausgesprochen hat, verlangt die gesetzliche Neuregelung zwar keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (vgl. auch BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB) und elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 3/09 - FamRZ 2011, 791 Rn. 20 mwN). Ein solcher gestufter Übergang setzt aber nach dem Willen des Gesetzgebers voraus, dass der unterhaltsberechtigte Elternteil kind- und/oder elternbezogene Gründe vorträgt, die einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils mit Vollendung des dritten Lebensjahres entgegenstehen (Senatsurteil vom 1. Juni 2011 - XII ZR 45/09 - zur Veröffentlichung bestimmt). Nur an solchen individuellen Gründen kann sich der gestufte Übergang im Einzelfall orientieren.

Soweit in Rechtsprechung und Literatur auch zu der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Rechtslage abweichende Auffassungen vertreten werden, die an das frühere Altersphasenmodell anknüpfen und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein oder überwiegend vom Kindesalter abhängig machen, sind diese im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar (Senatsurteil BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 28). Die kindbezogenen Verlängerungsgründe, insbesondere die Betreuungsbedürftigkeit, und die elternbezogenen Verlängerungsgründe als Ausdruck der nachehelichen Solidarität sind vielmehr nach den individuellen Verhältnissen zu ermitteln (Senatsurteil vom 1. Juni 2011 - XII ZR 45/09 - zur Veröffentlichung bestimmt).

2. Diesen gesetzlichen Vorgaben trägt das Berufungsurteil nicht hinreichend Rechnung. Die zur Begründung angeführten Umstände können weder als individuelle kindbezogene noch als individuelle elternbezogene Gründe eine Fortdauer des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus rechtfertigen.

a) Das Berufungsgericht geht selbst davon aus, dass die gemeinsame Tochter die dritte Grundschulklasse besucht und nach der Unterrichtszeit im Rahmen der offenen Ganztagsschule betreut werden kann. Mangels weiterer Feststellungen ist nicht ersichtlich, ob es daneben einer persönlichen Betreuung durch die Beklagte bedarf, die einer Vollzeiterwerbstätigkeit entgegenstehen könnte.

Soweit das Berufungsgericht ergänzend darauf abstellt, dass die gemeinsame Tochter von Juli 2003 bis Dezember 2005 in einer Pflegefamilie wohnte und sich erst seit Januar 2006 im Haushalt der Beklagten aufhält, erschöpft sich dieser Vortrag in allgemeinen Ausführungen zur Betreuungsbedürftigkeit. Ob der damit verbundene Wechsel der Betreuungsperson auch für die hier relevante Zeit ab Februar 2008 eine persönliche Betreuung durch die Beklagte erfordert, hat das Oberlandesgericht nicht konkret festgestellt. Auch fehlen jegliche Feststellungen dazu, ob und in welchem Umfang eine persönliche Betreuung der gemeinsamen Tochter durch die Beklagte in den Nachmittagsstunden erforderlich ist.

b) Auch elternbezogene Gründe, die im Hinblick auf einen verbleibenden Betreuungsbedarf neben der Ganztagsbetreuung in öffentlichen Einrichtungen und einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligatorischen Belastung der Beklagten führen könnten, hat das Oberlandesgericht nicht konkret festgestellt. Auch eine solche Belastung, die einer Vollzeiterwerbstätigkeit entgegenstehen könnte, kann nicht pauschal, sondern nur auf der Grundlage der individuellen Verhältnisse angenommen werden.

c) Zutreffend rügt die Revision deswegen, dass das Oberlandesgericht bei seiner Beurteilung der Erwerbsobliegenheit der Beklagten jedenfalls überwiegend von dem dargelegten Altersphasenmodell ausgegangen ist. Selbst wenn das Oberlandesgericht hier nicht allein auf das Alter des Kindes abgestellt, sondern die von ihm dargelegten Altersphasen nur als Regelfall bewertet hat, innerhalb dessen die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind, entspricht dies nicht der Rechtsprechung des Senats. Denn indem das Oberlandesgericht keine durchgreifenden individuellen Einzelumstände anführt, stellt es letztlich überwiegend auf den allein am Alter des gemeinsamen Kindes orientierten Regelfall ab. Dies widerspricht der gesetzlichen Neuregelung, wie der Senat bereits wiederholt ausgeführt hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 28).

3. Mangels hinreichend festgestellter individueller kind- oder elternbezogener Gründe kann das angefochtene Urteil, das von einer nur halbschichtigen Erwerbsobliegenheit der Beklagten ausgeht, keinen Bestand haben. Die Entscheidung ist aufzuheben und der Rechtsstreit ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit es unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats eine neue Billigkeitsabwägung treffen kann. ..."

***

Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein oder wesentlich auf das Alter des Kindes, etwa während der Kindergarten- und Grundschulzeit, abstellt, wird den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht (im Anschluss an das Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 3/09 - FamRZ 2011, 791). Für die Betreuung des gemeinsamen Kindes ist grundsätzlich auch der barunterhaltspflichtige Elternteil in Betracht zu ziehen, wenn er dies ernsthaft und verlässlich anbietet. Wie bei der Ausgestaltung des Umgangsrechts nach § 1684 BGB ist auch im Rahmen des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB maßgeblich auf das Kindeswohl abzustellen, hinter dem rein unterhaltsrechtliche Erwägungen zurücktreten müssen (im Anschluss an das Senatsurteil vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880; BGH, Urteil vom 01.06.2011 - XII ZR 45/09):

„... II. ... 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass mit Vollendung des dritten Lebensjahrs des gemeinsamen Kindes grundsätzlich eine Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils einsetzt. Mit der Neuregelung des Betreuungsunterhalts durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) hat der Gesetzgeber einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann (BT-Drucks. 16/6980 S. 8 f.). Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen. Dabei wird der Betreuungsunterhalt vor allem im Interesse des Kindes gewährt, um dessen Betreuung und Erziehung sicherzustellen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 3/09 - FamRZ 2011, 791 Rn. 18 mwN).

Zugleich hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt. Kind- oder elternbezogene Umstände, die aus Gründen der Billigkeit zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahrs hinaus führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (Senatsurteile BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 23 und BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739 Rn. 97).

Wie der Senat bereits wiederholt ausgesprochen hat, verlangt die gesetzliche Neuregelung zwar keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB) und elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 3/09 - FamRZ 2011, 791 Rn. 20 mwN). Ein solcher gestufter Übergang setzt aber nach dem Willen des Gesetzgebers voraus, dass der unterhaltsberechtigte Elternteil kind- und/oder elternbezogene Gründe vorträgt, die einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils mit Vollendung des dritten Lebensjahrs entgegenstehen. Nur an solchen individuellen Gründen kann sich der gestufte Übergang im Einzelfall orientieren.

Soweit in Rechtsprechung und Literatur auch zu der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Rechtslage abweichende Auffassungen vertreten wurden, die an das frühere Altersphasenmodell anknüpften und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein oder überwiegend vom Kindesalter abhängig machten, sind diese im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar (Senatsurteil BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 28). Die kindbezogenen Verlängerungsgründe, insbesondere die Betreuungsbedürftigkeit, und die elternbezogenen Verlängerungsgründe als Ausdruck der nachehelichen Solidarität sind vielmehr nach den individuellen Verhältnissen zu ermitteln.

2. Diesen gesetzlichen Vorgaben trägt das Berufungsurteil nicht hinreichend Rechnung. Die zur Begründung angeführten Umstände können weder als individuelle kindbezogene noch als individuelle elternbezogene Gründe eine Fortdauer des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahrs hinaus rechtfertigen.

a) Kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach Billigkeit entfalten im Rahmen der Billigkeitsentscheidung das stärkste Gewicht und sind deswegen vorrangig zu prüfen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 3/09 - FamRZ 2011, 791 Rn. 23 mwN).

aa) Mit der Neuregelung des Betreuungsunterhalts zum 1. Januar 2008 hat der Gesetzgeber für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahrs grundsätzlich den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben. In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahrs eine kindgerechte Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes und somit nicht mehr auf kindbezogene Verlängerungsgründe im Sinne von § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB berufen. Das gilt sowohl für den rein zeitlichen Aspekt der Betreuung als auch für den sachlichen Umfang der Betreuung in einer kindgerechten Einrichtung (Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 3/09 - FamRZ 2011, 791 Rn. 24 mwN).

bb) Soweit das Berufungsgericht eine persönliche Betreuung des gemeinsamen Kindes durch die Antragstellerin während der Nachmittagsstunden für erforderlich hält, was einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entgegenstehe, hält dies den Angriffen der Revision nicht stand.

Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der gemeinsame Sohn im Alter von vier Jahren von 7.30 Uhr bis 16.30 Uhr einen Vollzeitkindergarten besucht und beide Eltern gegen diese Fremdbetreuung keine Einwände erheben. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner, der bereits den vorzeitigen Ruhestand angetreten hat, ein großzügiges Umgangsrecht ausübt und angeboten hat, die Antragstellerin in der Betreuung des gemeinsamen Kindes weiter zu unterstützen, um ihr eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts betreut der Antragsgegner das gemeinsame Kind an jedem Mittwochnachmittag sowie im wöchentlichen Wechsel von samstags 10.00 Uhr bis sonntags 18.00 Uhr oder freitags nachmittags. Damit ist schon jetzt eine zusätzliche Entlastung der Antragstellerin verbunden, die die Ausführungen des Berufungsgerichts, der Umfang einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nebst Mittagspause und Fahrzeiten übersteige den Umfang der neunstündigen Betreuungsmöglichkeiten im Kindergarten, jedenfalls für einzelne Tage in Frage stellt. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner eine Ausweitung oder Umgestaltung der Betreuung des gemeinsamen Kindes angeboten hat. Der Senat hat bereits entschieden, dass grundsätzlich auch der barunterhaltspflichtige Elternteil als Betreuungsperson in Betracht zu ziehen ist, wenn er dies ernsthaft und verlässlich anbietet (Senatsurteil vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880 Rn. 28; vgl. auch Empfehlung 5 des Arbeitskreises 2 des 18. Deutschen Familiengerichtstages). Wie bei der Ausgestaltung des Umgangsrechts nach § 1684 BGB ist auch im Rahmen des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB maßgeblich auf das Kindeswohl abzustellen, hinter dem rein unterhaltsrechtliche Erwägungen zurücktreten müssen. Ist bereits eine am Kindeswohl orientierte abschließende Umgangsregelung vorhanden, ist diese grundsätzlich vorgreiflich.

Durchgreifende Umstände gegen eine Umgestaltung des Umgangsrechts des Antragsgegners hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Es hat insbesondere nicht festgestellt, ob und auf welche Weise der Antragsgegner die Antragstellerin gegenüber dem gemeinsamen Kind abwertet und dadurch dem Kindeswohl zuwider handelt. Die Ausführungen des Berufungsgerichts beschränken sich vielmehr darauf, allgemein die Folgen einer erlebten ständigen Abwertung des jeweils anderen Elternteils darzulegen. Auch eine seelische Belastung des gemeinsamen Kindes durch den Streit der Eltern hat das Oberlandesgericht nicht konkret festgestellt. Es hat lediglich ausgeführt, dass sich ein vehementer Streit der Eltern zwangsläufig als seelische Belastung des Kindes auswirken müsse.

Hinzu kommt, dass hier schon eine Umgestaltung des Umgangsrechts ohne zeitliche Ausweitung zu einer ausreichenden Betreuung des gemeinsamen Kindes während einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit der Antragstellerin führen könnte. Ist - wie hier - der barunterhaltspflichtige Elternteil bereits im Vorruhestand und der betreuende Elternteil noch erwerbstätig, liegt es nahe, das Umgangsrecht mit einem Kindergartenkind so umzugestalten, dass dadurch der betreuende Elternteil entlastet und ihm eine Erwerbstätigkeit ermöglicht wird. Dass eine solche Umgestaltung des Umgangsrechts die jeweilige Rückkehr des Kindes zur Mutter erschweren könnte, hat das Berufungsgericht nicht konkret festgestellt.

cc) Das Berufungsurteil widerspricht dem Willen des Gesetzgebers bei der Neuregelung des Betreuungsunterhalts. Soweit es darauf abstellt, eine Teilzeiterwerbstätigkeit der Antragstellerin ermögliche es ihr, das Kind bis 14.30 Uhr aus dem Kindergarten abzuholen, um dann die häusliche Betreuung zu übernehmen, verkennt es den Wegfall des Vorrangs der persönlichen Betreuung mit Vollendung des dritten Lebensjahrs. Dies widerspricht außerdem der von den Eltern einvernehmlich ausgeübten Praxis. Hinzu kommt, dass das Berufungsgericht seine Entscheidung maßgeblich auf die eigenen Leitlinien und entsprechende frühere Leitlinien anderer Oberlandesgerichte gestützt hat, die für den Betreuungsunterhalt ein modifiziertes Altersphasenmodell vorsehen. Indem das Oberlandesgericht darauf abstellt, dass bis zur Beendigung der Grundschulzeit eine vollschichtige Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils nicht erwartet werden kann, stellt es entscheidend auf das Alter des Kindes und nicht auf die gebotenen individuellen Verhältnisse ab. Gleiches ergibt sich auch aus der Bezugnahme auf die früheren Leitlinien der Oberlandesgerichte Schleswig und Hamm und eine frühere Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg, die Umfang und Dauer des Betreuungsunterhalts ebenfalls an einem modifizierten Altersphasenmodell orientierten. Dies widerspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats. Entsprechend haben das Berufungsgericht und das Oberlandesgericht Schleswig ihre Leitlinien inzwischen der Senatsrechtsprechung angepasst und das Altersphasenmodell aufgegeben.

b) Auch sonst hat das Berufungsurteil keinen Bestand, weil das Berufungsgericht auch keine individuellen elternbezogenen Gründe festgestellt hat.

aa) Die Berücksichtigung elternbezogener Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist Ausdruck der nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Betreuung (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten gewinnt bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung gemeinsamer Kinder weiter an Bedeutung (§ 1570 Abs. 2 BGB).

Auch darf die ausgeübte oder verlangte Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils neben dem nach der Erziehung und Betreuung in einer Tageseinrichtung verbleibenden Anteil der persönlichen Betreuung nicht zu einer überobligatorischen Belastung des betreuenden Elternteils führen. Unter Berücksichtigung des konkreten Betreuungsbedarfs ist dann eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils auch während der Zeit der möglichen Betreuung des Kindes in einer kindgerechten Einrichtung eingeschränkt ist (Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 3/09 - FamRZ 2011, 791 Rn. 25 mwN).

bb) Elternbezogene Verlängerungsgründe als Ausdruck der nachehelichen Solidarität hat das Berufungsgericht hier nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Schon der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, weder die gemeinsame Lebensplanung noch die kurze Ehedauer sprächen gegen eine Beschränkung der Erwerbsobliegenheit, verkennt die Darlegungslast der Antragstellerin als unterhaltsberechtigtem Elternteil. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass hier nur von einer begrenzten nachehelichen Solidarität ausgegangen werden kann. Denn die Parteien hatten sich bereits nach drei Ehemonaten kurzzeitig und schließlich bereits nach neun Monaten endgültig getrennt. Ein besonderes Vertrauen auf eine dauerhafte Absicherung innerhalb der bestehenden Ehe konnte deswegen auch im Hinblick auf § 1579 Nr. 1 BGB nicht entstehen. Hinzu kommt, dass die Parteien von Beginn an eine Doppelverdienerehe führen wollten und die Antragstellerin in der Präambel des Ehevertrages ausdrücklich kundgetan hatte, nach Vollendung des ersten Lebensjahrs des Kindes ihre Erwerbstätigkeit wieder aufnehmen zu wollen. Wenn sie nach der Trennung gleichwohl entsprechend § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB für drei Jahre die persönliche Betreuung übernommen hat, kann daraus jedenfalls kein besonderes Vertrauen in die gegenseitige Absicherung erwachsen.

Auch eine überobligatorische Belastung der Antragstellerin durch vollzeitige Erwerbstätigkeit und ergänzende Betreuung des gemeinsamen Kindes hat das Oberlandesgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Im Hinblick auf das Betreuungsangebot des Antragsgegners wäre eine Gestaltung seines Umgangsrechts neben der Kindergartenbetreuung möglich, die zu einer nicht unerheblichen Entlastung führen und eine überobligatorische Belastung der Antragstellerin in diesem Umfang verhindern könnte. Dies hat das Oberlandesgericht nicht in seine Entscheidung einbezogen.

3. Mangels hinreichend festgestellter individueller kind- oder elternbezogener Gründe kann das angefochtene Urteil, das von einer nur eingeschränkten Erwerbsobliegenheit im Umfang von 25 Wochenstunden ausgeht, keinen Bestand haben. Die Entscheidung ist aufzuheben und der Rechtsstreit ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats eine neue Billigkeitsabwägung treffen kann.

4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

a) Soweit das Oberlandesgericht bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens der Antragstellerin bei einem unterstellten Bruttoeinkommen von 3.199,73 € Kosten für eine zusätzliche Altersvorsorge neben der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 153,39 € abgesetzt hat, widerspricht dies der Rechtsprechung des Senats. Wie das Oberlandesgericht selbst anführt, kann eine solche zusätzliche Altersvorsorge nach der Senatsrechtsprechung lediglich bis zur Höhe von 4 % des Bruttoeinkommens berücksichtigt werden (Senatsurteile BGHZ 163, 84, 97 ff. = FamRZ 2005, 1817, 1821 f. und BGHZ 171, 206, 216 = FamRZ 2007, 793, 795). Sollte das Berufungsgericht auch in seiner erneuten Entscheidung von einem erzielbaren Bruttoeinkommen in Höhe von 3.199,73 € ausgehen, wären die zu berücksichtigenden Kosten für eine zusätzliche Altersvorsorge auf rund 128 € monatlich begrenzt.

b) Im Gegenzug hat das Oberlandesgericht von den Kindergartenkosten, die die Antragstellerin allein trägt, nur einen Anteil in Höhe von 240 € berücksichtigt, weil die Kosten für einen halbtägigen Kindergartenbesuch von bis zu 50 € monatlich im Kindesunterhalt enthalten seien. Dies widerspricht der neueren Rechtsprechung des Senats, wonach Kindergartenbeiträge in vollem Umfang als Mehrbedarf des Kindes zu behandeln sind. Lediglich die in einer Kindereinrichtung anfallenden Verpflegungskosten sind mit dem Tabellenunterhalt abgegolten (BGH Urteil vom 26. November 2008 - XII ZR 65/07 - FamRZ 2009, 962 Rn. 25 ff.).

c) Zu Recht hat das Berufungsgericht eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578 b BGB abgelehnt. Dies scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in seiner seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Nach Vollendung des dritten Lebensjahrs steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu. Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind bereits alle kind und elternbezogenen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahrs hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578 b BGB führen (Senatsurteil vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880 Rn. 33 mwN). ..."

***

Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB ist stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Betreuungseinrichtungen gesichert werden könnte. Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein oder wesentlich auf das Alter des Kindes, etwa während der Kindergarten- und Grundschulzeit, abstellt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht (im Anschluss an das Senatsurteil vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880). Zur Verwirkung des nachehelichen Betreuungsunterhalts nach § 1579 BGB (BGH, Urteil vom 30.03.2011 - XII ZR 3/09):

„... Der 1971 geborene Antragsteller und die 1967 geborene Antragsgegnerin hatten im Januar 2002 geheiratet. Im Februar 2002 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Im Januar 2005 trennten sich die Parteien. Auf den im Februar 2006 zugestellten Scheidungsantrag wurde die Ehe der Parteien mit Verbundurteil geschieden, das hinsichtlich des Scheidungsausspruchs seit dem 29. August 2008 rechtskräftig ist.

Die Antragsgegnerin betreute während der Ehezeit den gemeinsamen Sohn und betrieb in der Ehewohnung ein Nagelstudio. Seit der Trennung ist sie in diesem Beruf fünf bis sechs Stunden täglich erwerbstätig, erzielt aber nur sehr geringe Einkünfte. Der gemeinsame Sohn wird seit der Trennung überwiegend von der Antragsgegnerin betreut. Seit September 2008 besucht er die Grundschule und an zwei Tagen wöchentlich anschließend bis 15.00 Uhr einen Kinderhort. Der Schulhort bietet eine werktägliche Betreuung bis mindestens 17.00 Uhr an. Die Instanzgerichte haben der Antragsgegnerin auf der Grundlage einer etwa fünfstündigen täglichen Erwerbspflicht ein aus abhängiger Erwerbstätigkeit erzielbares Nettoeinkommen in Höhe von 790 € zugerechnet.

Der Antragsteller war während der Ehezeit in Vollzeit erwerbstätig und hatte im Jahr 2004 ein Bruttoeinkommen in Höhe von 45.080,80 € erzielt. Nach der Trennung reduzierte er seine Arbeitszeit ab April 2005 auf 25 Stunden pro Woche. Seitdem erzielt er nur noch Nettoeinkünfte in Höhe von monatlich 1.381,25 €. Über sein Vermögen wurde am 21. August 2008 die Verbraucherinsolvenz eröffnet.

Das Amtsgericht hat den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 463 € zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Antragstellers, mit der er einen Wegfall seiner Unterhaltspflicht erstrebte, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Antragstellers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. ...

Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100).

I. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Antragstellers zurückgewiesen, weil der Antragsgegnerin ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt in der vom Amtsgericht zugesprochenen Höhe zustehe. Der erst nach Insolvenzeröffnung fällig gewordene nacheheliche Unterhalt könne nach § 40 InsO nicht im Insolvenzverfahren, sondern nur im Wege der Klage geltend gemacht werden.

Der Antragsgegnerin stehe gegen den Antragsteller ein Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570, 1573 Abs. 2 BGB zu. Der gemeinsame Sohn sei sechs Jahre alt und befinde sich in der ersten Grundschulklasse. Er werde an zwei Nachmittagen pro Woche bis 15.00 Uhr in einem Kinderhort betreut. Während der weiteren Zeit bedürfe er selbstverständlich weiter der Betreuung durch jedenfalls einen Elternteil. Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter benötigten eine 24-Stunden-Betreuung und könnten noch nicht stundenweise unbeaufsichtigt allein zu Haus gelassen werden. Der berufstätige und betreuende und damit doppelt belastete Elternteil müsse das Kind umfassend versorgen und ihm gerade bei einer Betreuung in öffentlichen Einrichtungen noch in erheblichem Umfang persönliche Zuwendung und Zuspruch geben. Das sei für eine gedeihliche Entwicklung des Kindes unabdingbar. Auch in den Schulferien müsse der gemeinsame Sohn ganztätig betreut werden. Eine solche Betreuung lasse sich auch unter Berücksichtigung der schulischen Betreuungsmöglichkeiten nicht ohne weiteres neben einer Vollzeitbeschäftigung leisten. Wenn das Amtsgericht für die Antragsgegnerin eine Obliegenheit zu einer etwa halbschichtigen Erwerbstätigkeit angenommen habe, sei das nicht zu beanstanden und bewege sich bereits an der Grenze des Zumutbaren. Eine vollschichtige Tätigkeit könne von der Antragsgegnerin derzeit nicht verlangt werden.

Die Höhe des zuerkannten Unterhaltsanspruchs sei nicht zu beanstanden. Nach den Grundsätzen über eine leichtfertig herbeigeführte Einkommensminderung sei dem Antragsteller unterhaltsrechtlich vorzuwerfen, dass er nach der Trennung der Parteien seine Arbeitszeit auf 25 Wochenstunden verringert und die Reduzierung nicht alsbald wieder rückgängig gemacht habe, nachdem der Sorgerechtsstreit um den gemeinsamen Sohn zugunsten der Antragsgegnerin ausgegangen sei. Es sei deswegen nicht zu beanstanden, dass bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht allein auf das tatsächliche Vermögen und Einkommen des Verpflichteten, sondern auch auf dessen Arbeits- und Erwerbsfähigkeit abgestellt werde. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte habe neben fehlenden subjektiven Erwerbsbemühungen des Unterhaltsschuldners objektiv zur Voraussetzung, dass die zur Erfüllung der Unterhaltspflicht erforderlichen Einkünfte durch den Unterhaltspflichtigen überhaupt erzielbar seien, was von seinen persönlichen Voraussetzungen abhänge. Die vom Amtsgericht berücksichtigten Einkünfte seien für den Antragsteller objektiv erzielbar, denn solche habe er bei seinem jetzigen Arbeitgeber bereits erzielt. Zu berücksichtigen sei insbesondere, dass der Antragsteller seine Arbeitszeit erst nach der Trennung Anfang 2005 reduziert habe. Er habe zwar behauptet, seine Arbeitszeit bei seinem derzeitigen Arbeitgeber nicht wieder ausweiten zu können. Er habe nicht konkret angegeben, warum dies nicht möglich sein solle und auch nicht dargelegt, dies überhaupt nachhaltig versucht zu haben. Unterhaltsrechtlich sei der Antragsteller verpflichtet, sich nach Kräften um eine Vollzeitstelle in seinem bisherigen Tätigkeitsbereich zu bemühen. Wenn dies bei seinem Arbeitgeber nicht möglich sei, müsse er sich an anderer Stelle um eine entsprechende Tätigkeit bewerben. Der Antragsteller habe im Hinblick auf seine erworbenen Spezialkenntnisse auch eine reale Beschäftigungschance bei anderen Arbeitgebern. Für die Antragsgegnerin sei das Amtsgericht zu Recht von einem erzielbaren Nettoeinkommen in Höhe von 790 € ausgegangen.

Der Unterhaltsanspruch sei nicht nach § 1579 BGB verwirkt. Voraussetzung einer Verwirkung nach § 1579 Nr. 2 BGB sei, dass der Unterhaltsberechtigte eine neue verfestigte Lebensgemeinschaft eingegangen sei. Das stehe hier indes nicht fest, selbst wenn die Antragsgegnerin ihren Freund hin und wieder an den Wochenenden treffe oder sie mit ihm gemeinsame Urlaubsreisen unternehme. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 1579 BGB seien auch die Belange des gemeinsamen Kindes zu berücksichtigen. Etwaige Zahlungen des Freundes an die Antragsgegnerin seien unerheblich, weil es sich dabei um freiwillige Leistungen eines Dritten handle.

Eine Verwirkung nach § 1579 Nr. 1 BGB scheide aus, weil die Ehe nicht von kurzer Dauer sei. Bei einer Ehedauer von drei Jahren bis zur Trennung seien diese Voraussetzungen nicht gegeben, ohne dass es darauf ankomme, ob auf den Zeitpunkt der Trennung oder der Zustellung des Scheidungsantrags abzustellen sei.

Auch eine Verwirkung nach § 1579 Nr. 7 BGB scheide aus, weil dessen Voraussetzungen vom unterhaltspflichtigen Antragsteller nicht vorgetragen seien. Seine pauschale Behauptung, die Antragsgegnerin habe ein Verhältnis mit ihrem Freund, sei insoweit unerheblich.

Eine Verwirkung nach § 1579 Nr. 8 BGB scheide aus, weil sich aus dem pauschalen Vortrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe ihn im Zusammenhang mit steuerlichen Nacherklärungen finanziell in den Ruin getrieben, kein allein beim Unterhaltsberechtigten liegendes, offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten im Sinne dieser Norm ergebe.

Eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts nach § 1578 b BGB scheide aus, weil in Bezug auf die Betreuungsbedürftigkeit des gemeinsamen Sohnes noch keine sichere Prognose auf die weitere Entwicklung möglich sei.

II. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.

1. Aus revisionsrechtlicher Sicht bestehen allerdings keine Bedenken dagegen, dass das Berufungsgericht der Antragsgegnerin einen Unterhaltsanspruch für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung zugesprochen hat. Denn in diesem Zeitpunkt war die Verbraucherinsolvenz bereits eröffnet. Der nacheheliche Unterhalt umfasst somit keine Unterhaltsrückstände im Sinne des § 40 InsO, sondern nur laufenden Unterhalt nach Eröffnung der Verbraucherinsolvenz, der im Unterhaltsverfahren geltend zu machen ist (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 2007 - XII ZR 112/05 - FamRZ 2008, 137 Rn. 21 ff.).

2. Wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend erkennt, hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 1570 BGB den nachehelichen Betreuungsunterhalt grundlegend umgestaltet. Er hat einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann (BT-Drucks. 16/6980 S. 8 f.). Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen. Obwohl der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB als Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ausgestaltet ist, wird er vor allen Dingen im Interesse des Kindes gewährt, um dessen Betreuung und Erziehung sicherzustellen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; Senatsurteile BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 19 und vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880 Rn. 18).

a) In den ersten drei Lebensjahren des Kindes kann der betreuende Elternteil frei entscheiden, ob er das Kind selbst erziehen oder eine andere Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nehmen will. Er kann in dieser Zeit auch eine bereits begonnene Erwerbstätigkeit jederzeit wieder aufgeben. Erzielt er in dieser Zeit allerdings eigene Einkünfte, bleiben diese nicht als überobligatorisch völlig unberücksichtigt, sondern sind nach den Umständen des Einzelfalles anteilig zu berücksichtigen (Senatsurteile BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 20 f. und BGHZ 162, 384, 391 ff. = FamRZ 2005, 1154, 1156 f.).

b) Für die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Neuregelung nur noch dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Damit verlangt die Neuregelung allerdings regelmäßig keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB) und elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (Senatsurteile BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 20 und vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880 Rn. 20).

Zugleich hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt. Kind- oder elternbezogene Gründe, die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (Senatsurteile BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 23 und BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739 Rn. 97).

Soweit in Rechtsprechung und Literatur auch zu der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung des § 1570 BGB abweichende Auffassungen vertreten wurden, die an das frühere Altersphasenmodell anknüpften und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein vom Kindesalter abhängig machten, sind diese im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar (Senatsurteil BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 28). Die Betreuungsbedürftigkeit ist vielmehr nach den individuellen Verhältnissen zu ermitteln. Nur wenn das betroffene Kind einen Entwicklungsstand erreicht hat, in dem es unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zeitweise sich selbst überlassen bleiben kann, kommt es aus kindbezogenen Gründen insoweit nicht mehr auf eine vorrangig zu prüfende Betreuungsmöglichkeit in einer kindgerechten Einrichtung an (Senatsurteile vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880 Rn. 22 und vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124 Rn. 33).

(1) Kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach Billigkeit entfalten im Rahmen der Billigkeitsentscheidung das stärkste Gewicht und sind deswegen stets vorrangig zu prüfen (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; Senatsurteile vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880 Rn. 23; vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124 Rn. 28 und BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 24).

Allerdings hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des Betreuungsunterhalts zum 1. Januar 2008 für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres grundsätzlich den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben. In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine kindgerechte Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes und somit nicht mehr auf kindbezogene Verlängerungsgründe im Sinne von § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB berufen. Das gilt sowohl für den rein zeitlichen Aspekt der Betreuung als auch für den sachlichen Umfang der Betreuung in einer kindgerechten Einrichtung (Senatsurteile vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880 Rn. 24; vom 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391 Rn. 22 f. und BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 25).

(2) Die Berücksichtigung elternbezogener Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist hingegen Ausdruck der nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Betreuung (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten gewinnt bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung gemeinsamer Kinder weiter an Bedeutung (§ 1570 Abs. 2 BGB). Die ausgeübte oder verlangte Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils darf neben dem nach der Erziehung und Betreuung in einer Tageseinrichtung verbleibenden Anteil der persönlichen Betreuung nicht zu einer überobligatorischen Belastung des betreuenden Elternteils führen (Senatsurteile vom 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391 Rn. 32 und BGHZ 177, 272 = FamRZ 2009, 1739 Rn. 103). Unter Berücksichtigung des konkreten Betreuungsbedarfs ist dann eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils auch während der Zeit der möglichen Betreuung des Kindes in einer kindgerechten Einrichtung eingeschränkt ist (Senatsurteile vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880; vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124 Rn. 37 und BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 32).

3. Diesen gesetzlichen Vorgaben trägt das Berufungsurteil nicht hinreichend Rechnung.

a) Das Berufungsgericht ist im Rahmen seiner Billigkeitsentscheidung zur Erwerbspflicht der Antragsgegnerin davon ausgegangen, dass der gemeinsame Sohn seit Beginn des Unterhaltszeitraums die Grundschule besucht und an zwei Tagen wöchentlich bis 15.00 Uhr im Kinderhort betreut wird. Dabei lässt es unberücksichtigt, dass der Schulhort nach den weiteren Feststellungen eine werktägliche Betreuung bis mindestens 17.00 Uhr anbietet. Weil der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 1570 BGB zum 1. Januar 2008 für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung durch die Eltern aufgegeben hat, hätte das Oberlandesgericht auch die bestehende Betreuungsmöglichkeit berücksichtigen müssen. Individuelle Umstände, die einer Betreuung im Schulhort in dem dort angebotenen Umfang entgegenstehen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Ein persönlicher Betreuungsbedarf des gemeinschaftlichen Kindes steht deswegen einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin nicht entgegen.

b) Eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus Vertrauensgesichtspunkten kommt nur in Betracht, wenn der betreuende Elternteil das Kind neben der Betreuung in der Schule oder in weiteren kindgerechten Einrichtungen tatsächlich persönlich betreuen muss (Senatsurteil vom 21. April 2010 - XII ZR 134/08 - FamRZ 2010, 1050 Rn. 32). Dann ist allerdings auch zu prüfen, ob der betreuende Elternteil durch seine Erwerbstätigkeit und den verbleibenden Teil der persönlichen Betreuung überobligationsmäßig belastet wird (Senatsurteile vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880 Rn. 30 und BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739 Rn. 103 f.).

Tragfähige Umstände, die eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus diesen Gründen rechtfertigen könnten, hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt. Zwar hat es ausgeführt, dass ein Kind im Kindergarten- und Grundschulalter ständiger Betreuung bedürfe und auch nicht stundenweise unbeaufsichtigt bleiben könne. Der berufstätige und zugleich betreuende Elternteil sei damit doppelt belastet, weil er das Kind umfassend versorgen und ihm gerade bei einer Betreuung in öffentlichen Einrichtungen im Interesse des Kindeswohls persönliche Zuwendung und Zuspruch gewähren müsse. Diese Erwägungen berücksichtigen schon nicht hinreichend, dass der gemeinsame Sohn an allen Werktagen nach der Schule bis mindestens 17.00 Uhr im Schulhort betreut werden könnte und eine Betreuung durch die Antragsgegnerin in dieser Zeit ausscheidet. Zudem stellt das Oberlandesgericht entgegen der Rechtsprechung des Senats im Wesentlichen auf das Grundschulalter des gemeinsamen Sohnes ab und lässt individuelle Umstände zum Betreuungsumfang und zu einer überobligatorischen Belastung vermissen. Eine solche Auffassung ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats auf der Grundlage der gesetzlichen Neuregelung nicht haltbar (Senatsurteile vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880 Rn. 22 und BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 28, 35). Die Entscheidung kann schon deswegen keinen Bestand haben.

Zwar weist die Antragsgegnerin zutreffend darauf hin, dass auch die gesetzliche Neuregelung zum Betreuungsunterhalt bei Vollendung des dritten Lebensjahres keinen abrupten Wechsel auf eine vollzeitige Erwerbstätigkeit verlangt. In welchem Umfang die Erwerbsfähigkeit des betreuenden Elternteils auch für die Folgezeit noch eingeschränkt ist, kann sich aber nur aus individuellen Umständen ergeben, für die der Unterhaltsberechtigte darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123/08 - FamRZ 2010, 444 Rn. 26 ff.). Der Ausübung des Umgangsrechts durch den Antragsteller hat das Oberlandesgericht insoweit allerdings zu Recht keine besondere Bedeutung beigemessen. Denn weil er grundsätzlich vollschichtig erwerbspflichtig ist, wird es dem Antragsteller nicht auf Dauer möglich sein, die Antragsgegnerin auch an Werktagen von der weiteren Betreuung des gemeinsamen Sohnes zu entlasten.

4. Das Berufungsurteil ist deswegen aufzuheben. Das Verfahren ist zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die gebotenen individuellen Feststellungen für die Billigkeitsabwägung treffen kann.

III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Zu Recht hat das Oberlandesgericht dem Antragsteller ein fiktives Einkommen aus seiner ursprünglich ausgeübten vollschichtigen Erwerbstätigkeit zugerechnet. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist im Rahmen der Unterhaltsbemessung nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners nach § 1581 BGB neben den tatsächlich erzielten Einkünften auch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen (Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rn. 487 ff.). Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grundgesetz vereinbar (BVerfGE 68, 256 = FamRZ 1985, 143, 145 f.). Im vorliegenden Fall besteht der Vorwurf eines unterhaltsrechtlich leichtfertigen Verhaltens allerdings nicht allein darin, dass der Antragsteller sich nicht hinreichend um eine neue vollschichtige Erwerbstätigkeit bemüht hat. Gibt der Unterhaltspflichtige - wie hier - seine vollschichtige Erwerbstätigkeit nach der Trennung der Parteien freiwillig auf, ist er grundsätzlich so zu behandeln, als ob er das zuvor erzielte Einkommen weiter erhält. Gegen die fortdauernde Zurechnung dieses Einkommens kann er sich nur mit dem Einwand zur Wehr setzen, dass er die frühere Arbeitsstelle auch aus anderen Gründen verloren hätte oder das im Rahmen dieser Tätigkeit zuvor erzielte Einkommen auch sonst nicht mehr erzielen würde (Senatsurteil vom 20. Februar 2008 - XII ZR 101/05 - FamRZ 2008, 872 Rn. 19 ff). Einen solchen Vortrag des Antragstellers hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt. Dies wird auch von der Revision nicht konkret gerügt.

2. Soweit das Berufungsgericht eine Herabsetzung oder Befristung des Betreuungsunterhalts angelehnt hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

Eine Befristung des nachehelichen Betreuungsunterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind bereits alle kind- und elternbezogenen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578 b BGB führen (Senatsurteile vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880 Rn. 33; vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124 Rn. 55 und BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 42 mwN).

Auch eine Begrenzung des Betreuungsunterhalts der Antragsgegnerin nach § 1578 b Abs. 1 BGB hat das Berufungsgericht hier zu Recht abgelehnt. Zwar ist eine solche Begrenzung grundsätzlich auch dann möglich, wenn wegen der noch fortdauernden Kindesbetreuung eine Befristung des Betreuungsunterhalts entfällt. Insbesondere in Fällen, in denen der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB erheblich über den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten hinausgeht, kommt eine Kürzung auf den eigenen angemessenen Unterhalt in Betracht (Senatsurteil vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880 mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil die Instanzgerichte der Antragsgegnerin, deren Einkommen aus halbschichtiger Erwerbstätigkeit 790 € betrüge, lediglich weiteren Unterhalt in Höhe von 463 € zugesprochen haben.

3. Auch soweit das Oberlandesgericht eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Nr. 1 BGB abgelehnt hat, hält sich dies im Rahmen der Rechtsprechung des Senats und ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Zwar lässt sich für die Bemessung der Ehedauer im Sinne des § 1579 Nr. 1 BGB keine feste Grenze ziehen. Gleichwohl hat der Senat im Interesse der praktischen Handhabung des § 1579 Nr. 1 BGB die zeitlichen Bereiche, innerhalb derer eine Ehe in der Regel von kurzer oder nicht mehr von kurzer Dauer ist, dahin konkretisiert, dass eine nicht mehr als zwei Jahre betragende Ehedauer in der Regel als kurz, eine solche von mehr als drei Jahren hingegen nicht mehr als kurz zu bezeichnen ist, wobei es auf die Zeit von der Heirat bis zur Zustellung des Scheidungsantrags ankommt (Senatsurteil vom 27. Januar 1999 - XII ZR 89/97 - FamRZ 1999, 710, 711 f.). Der Senat hat aber stets darauf hingewiesen, dass dies nur für den Regelfall gilt und Ausnahmen nicht ausschließt, sofern sie wegen besonderer Umstände eines Einzelfalles eine andere Beurteilung der kurzen Ehedauer gemäß § 1579 Abs. 1 Nr. 1 BGB geboten erscheinen lassen.

Hier waren von der Heirat im Januar 2002 bis zur Zustellung des Scheidungsantrags im Februar 2006 mehr als vier Jahre vergangen, was einer kurzen Ehedauer grundsätzlich entgegensteht. Besondere Umstände, die eine abweichende Beurteilung des Einzelfalles rechtfertigen könnten, hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt.

4. Im Ansatz zutreffend hat das Oberlandesgericht ausgeführt, dass eine Verwirkung nach § 1579 Nr. 2 BGB eine länger dauernde Beziehung des Unterhaltsberechtigten zu einem anderen Partner voraussetzt, die sich in einem solchen Maße verfestigt hat, dass sie als eheähnlich anzusehen ist (Senatsurteile BGHZ 157, 395 = FamRZ 2004, 614, 616 und BGHZ 150, 209 = FamRZ 2002, 810, 811 f., jeweils zur früheren Vorschrift des § 1579 Nr. 7 BGB). Dem kann trotz eines länger dauernden Verhältnisses zu einem neuen Partner entgegenstehen, dass die Lebensbereiche getrennt gehalten werden und die Beziehung damit bewusst auf Distanz angelegt ist (Senatsurteil vom 24. Oktober 2001 - XII ZR 284/99 - FamRZ 2002, 23, 25 m. Anm. Schwab FamRZ 2002, 92 f.). Das Oberlandesgericht ist auf der Grundlage des für glaubhaft erachteten Vorbringens der Ehefrau nicht von einer verfestigten Lebensgemeinschaft ausgegangen. Dabei hat es den für den substantiierten Vortrag des Antragstellers angebotenen Beweis durch Vernehmung des Zeugen H. allerdings nicht erhoben, wie die Revision zu Recht rügt. Zwar weist es insoweit zutreffend darauf hin, dass die von dem Antragsteller behaupteten regelmäßigen Zahlungen des benannten Zeugen als freiwillige Leistungen Dritter bei der Bemessung des Unterhalts unberücksichtigt bleiben. Bei der Frage, ob und in welchem Umfang sich die neue Lebensgemeinschaft verfestigt hat, können solche Umstände aber zusätzliches Gewicht haben, so dass das Oberlandesgericht dem hätte nachgehen müssen.

Zutreffend hat das Oberlandesgericht zwar darauf hingewiesen, dass auch insoweit stets die Belange der gemeinsamen Kinder zu berücksichtigen sind. Ob eine Verwirkung des Betreuungsunterhalts nach den weiteren Lebensumständen der Antragsgegnerin unmittelbare negative Auswirkungen auf die Lebensumstände des gemeinsamen Kindes haben würde, hat es auf der Grundlage des streitigen Vortrags der Parteien aber ebenfalls nicht abschließend geklärt.

5. Die Voraussetzung einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Nr. 7 BGB hat das Berufungsgericht mit zutreffenden Erwägungen abgelehnt. Der entscheidende Gesichtspunkt für die Annahme eines Härtegrundes nach § 1579 Nr. 7 BGB ist nicht in der Trennung als solche zu sehen, sondern in der Widersprüchlichkeit des Verhaltens des Unterhaltsberechtigten, der sich zum einen aus der ehelichen Bindung löst, zum anderen aber die eheliche Solidarität durch ein Unterhaltsbegehren einfordert, ohne seinerseits das Prinzip der Gegenseitigkeit zu wahren. Dieses Prinzip wird verletzt, wenn der Unterhaltsberechtigte sich gegen den Willen seines Ehegatten einem anderen Partner zuwendet und dem neuen Partner die dem Ehegatten geschuldete Hilfe und Fürsorge zuteil werden lässt. Dabei ist es regelmäßig nicht von Bedeutung, ob sich der Berechtigte dem neuen Partner im unmittelbaren Anschluss an die Trennung zuwendet oder ob dies erst zu einem späteren Zeitpunkt des Getrenntlebens geschieht. Wesentlich ist vielmehr, ob das Verhalten des Unterhaltsberechtigten für das Scheitern der Ehe ursächlich war (Senatsurteil BGHZ 176, 150 = FamRZ 2008, 1414 Rn. 26). Insoweit ist die Auffassung des Oberlandesgerichts aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

6. Auch soweit das Berufungsgericht eine Verwirkung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt nach § 1579 Nr. 8 BGB abgelehnt hat, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Mit der Nacherklärung der zuvor steuerlich nicht angegebenen Einnahmen ist die Antragsgegnerin lediglich ihren rechtlichen Verpflichtungen nachgekommen. Selbst wenn sich die Nachversteuerung über einen zugleich eingereichten Aufteilungsantrag auch zu Lasten des Antragstellers ausgewirkt hat, kann ihr dies unterhaltsrechtlich nicht vorgeworfen werden. Im Übrigen setzt eine Verwirkung nach § 1579 BGB zusätzlich neben dem jeweiligen Härtegrund stets auch eine grobe Unbilligkeit für den Unterhaltspflichtigen unter Wahrung der Belange des Unterhaltsberechtigten voraus (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1327 und BGHZ 146, 391, 399 = FamRZ 2001, 541, 543 f.). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht auf der Grundlage des Vortrags der Parteien zutreffend verneint. ..."

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Hält ein ehevertraglich vereinbarter Verzicht auf nachehelichen Unterhalt der richterlichen Ausübungskontrolle nicht stand, so muss die anzuordnende Rechtsfolge im Lichte des Unterhaltsrechts und damit auch der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsreform und deren Änderungen gesehen werden. Deshalb ist zu berücksichtigen, dass § 1570 BGB nur noch einen auf drei Jahre begrenzten Basisunterhalt vorsieht, der aus kind- und elternbezogenen Gründen verlängert werden kann (BGH, Urteil vom 02.02.2011 - XII ZR 11/09 zu BGB §§ 242 Ba, 313, 1408).

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Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB ist stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Betreuungseinrichtungen gesichert werden könnte. Denn mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB hat der Gesetzgeber für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung aufgegeben (im Anschluss an die Senatsurteile vom 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391 und BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770). Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein oder wesentlich auf das Alter des Kindes abstellt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Bietet der zum Unterhalt verpflichtete Vater ernsthaft die Betreuung des gemeinsamen Kindes an, erhöht dies den Umfang der Erwerbsobliegenheit der Mutter. Bei der das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat (BGH, Urteil vom 15.09.2010 - XII ZR 20/09).

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Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus elternbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 2 BGB besteht nur, solange der betreuende Elternteil das Kind auch tatsächlich betreut. Ob das Einkommen des gemäß § 1570 BGB unterhaltsberechtigten Eltern-teils, das dieser neben der Kindesbetreuung erzielt, nach § 1577 Abs. 2 BGB bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen ist, hängt davon ab, in welchem Maße er nach § 1570 BGB von der Erwerbsobliegenheit befreit ist. Der pauschale Abzug eines Betreuungsbonus von seinem Einkommen kommt dagegen nicht in Betracht (im Anschluss an Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442, 444 zu § 1615 l BGB; BGH Urteil vom 21.04.2010 - XII ZR 134/08 zu BGB §§ 1570, 1573 Abs. 2, 1577 Abs. 2, 1578 b; ZPO § 559 Abs. 1 Satz 1).

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Auch im Falle der Betreuung eines volljährigen behinderten Kindes kommt ein Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB nur dann in Betracht, wenn dies der Billigkeit entspricht. Das ist nur dann der Fall, wenn die persönliche Betreuung nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB) oder elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründen erforderlich ist (im Anschluss an die Senatsurteile vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124; vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 und vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748). Sind die Eltern allerdings übereinstimmend der Auffassung, dass eine persönliche Betreuung des gemeinsamen Kindes erforderlich ist, ist für die Bemessung des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB von der Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung auszugehen. Der Umfang der danach notwendigen persönlichen Betreuung ist dann bei der Bemessung einer Erwerbspflicht des betreuenden Elternteils zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 17. März 2010 - XII ZR 204/08).

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Der Unterhaltsbedarf wegen Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes bemisst sich jedenfalls nach einem Mindestbedarf in Höhe des Existenzminimums, der unterhaltsrechtlich mit dem notwendigen Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen (zur Zeit 770 €) pauschaliert werden darf (im Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 177, 272, 287 = FamRZ 2008, 1738, 1743). Hat der Unterhaltsberechtigte keine kind- oder elternbezogenen Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus vorgetragen, können solche nur insoweit berücksichtigt werden, als sie auf der Grundlage des sonst festgestellten Sachverhalts auf der Hand liegen (BGH, Urteil vom 16.12.2009 - XII ZR 50/08 zu BGB §§ 1615 l Abs. 2, 1610, 1570, 1578 Abs. 1 Satz 1).

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Nach § 1570 I 2 BGB dauert der Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt nur noch dann über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes fort, wenn dies der Billigkeit entspricht. Damit verlangt die Neuregelung regelmäßig aber

- keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit.

Nach Maßgabe der im Gesetz genannten

- kindbezogenen (§ 1570 I 3 BGB) und
- elternbezogenen (§ 1570 II BGB) Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht
- ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich


(im Anschluss an Senat, NJW 2009, 1956 = FamRZ 2009, 1124; NJW 2009, 1876 = FamRZ 2009, 770 [772]; und NJW 2008, 3125 = FamRZ 2008, 1739 [1748]; BGH, Urteil vom 17.06.2009 - XII ZR 102/08 zu BGB §§ 1570, 1578b):

„... Die Parteien streiten im Scheidungsverbundverfahren noch um nachehelichen Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt für die Zeit ab Januar 2008. Der 1965 geborene Ast. und die 1977 geborene Ag. hatten im September 2001 die Ehe geschlossen, aus der ihre im März 2002 geborene Tochter hervorgegangen ist. Nach der Trennung im April 2004 wurde die Ehe mit Verbundurteil vom 30. 3. 2007 geschieden, das zum Scheidungsausspruch seit dem 4. 9. 2007 rechtskräftig ist. Die gemeinsame Tochter lebt seit der Trennung bei der Ag. Sie besuchte zunächst an den Werktagen bis 14 Uhr den Kindergarten. Seit Mitte 2008 besucht sie die Grundschule und wird dort anschließend bis 14 Uhr betreut. Nach den Feststellungen des BerGer. leidet die Tochter an einer Glutenunverträglichkeit. Die Ag. ist gelernte Buchhändlerin. Seit Oktober 2007 arbeitet sie im Umfang von monatlich 80 Tarifstunden und weitere 30 ‚Flexistunden' (2/3 einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit) als Verkäuferin. Ohne Berücksichtigung der so genannten ‚Flexistunden' erzielt sie Monatseinkünfte, die sich nach Abzug gesetzlicher Abgaben, berufsbedingter Kosten und eines Erwerbstätigenbonus auf rund 638 Euro belaufen. Die Ag. ist zeitweise auch in den Abendstunden und samstags berufstätig. In dieser Zeit wird die Tochter von den Großeltern mütterlicherseits betreut. Der Ast. ist von Beruf Lehrer. Er erzielt auf der Grundlage eines Jahresbruttoeinkommens in Höhe von 48578,37 Euro monatliche Nettoeinkünfte, die sich nach Abzug seiner Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung, seiner berufsbedingten Fahrtkosten und der Kosten für Fachliteratur auf 2473,51 Euro belaufen. Für zwei Lebensversicherungen zahlt er monatliche Beiträge in Höhe von insgesamt 221,87 Euro.

Das AG hat die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Ast. verurteilt, an die Ag. nachehelichen Elementarunterhalt in Höhe von 739 Euro sowie Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 179 Euro zu zahlen. Auf die Berufung des Ast. hat das OLG den geschuldeten Unterhalt - unter Zurückweisung der auf einen höheren Unterhalt gerichteten Anschlussberufung der Ag. - zeitlich gestaffelt zuletzt auf Elementarunterhalt in Höhe von 501 Euro und Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 127 Euro für die Zeit von Januar bis März 2008 sowie auf Elementarunterhalt in Höhe von 478 Euro und Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 121 Euro für die Zeit ab April 2008 herabgesetzt. Die weitere Berufung des Ast. mit dem Ziel einer Befristung des Betreuungsunterhalts hat es zurückgewiesen (OLG München, FamRZ 2008, 1945 = BeckRS 2008, 12076).

Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Ast. und der Ag., mit denen sie ihre Berufungsanträge weiterverfolgen. Das Rechtsmittel des Ast. war erfolglos, das Rechtsmittel der Ag. führte lediglich zu einer geringfügigen Erhöhung des geschuldeten Unterhalts. ...

Das OLG hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Der Ast. sei der Ag. auch für die Zeit ab Januar 2008 unterhaltspflichtig, weil dies der Billigkeit entspreche. Nach der Neufassung des § 1570 BGB könne der betreuende Elternteil grundsätzlich nur noch für die Dauer von drei Jahren nach der Geburt des Kindes Unterhalt beanspruchen. Zwar könne der Anspruch im Einzelfall aus kindbezogenen oder elternbezogenen Gründen verlängert werden, wofür der unterhaltsberechtigte Elternteil darlegungs- und beweispflichtig sei. Mit dem Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts könne von dem betreuenden Elternteil eines sechsjährigen Kindes aber keinesfalls ‚von Null auf Hundert' sofort eine vollschichtige Erwerbstätigkeit verlangt werden. Mit der Neuregelung habe es der Gesetzgeber ausdrücklich vermieden, eine Altersgrenze festzulegen, ab der von einem Elternteil eine vollschichtige oder teilweise Erwerbstätigkeit erwartet werden könne. Die Dreijahresgrenze sei allerdings ein deutlicher Anhaltspunkt dafür, dass ab diesem Zeitpunkt trotz bestehender Kindesbetreuung grundsätzlich zumindest eine Teilzeiterwerbstätigkeit als zumutbar anzusehen sei. Weil die Neuregelung eine Abkehr vom bisher praktizierten Altersphasenmodell bezwecke, verbiete sich eine pauschalierte Betrachtung nach dem neuen Recht. Gleichwohl sei es erforderlich, besondere Bedürfnisse der Kinder zu berücksichtigen. Zwar habe jedes Kind ab dem dritten Lebensjahr einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz; eine Ganztagsbetreuung sei damit aber noch nicht sichergestellt. Auch die Arbeitsplätze seien gegenwärtig nur selten auf die Bedürfnisse allein erziehender Eltern ausgerichtet. Unabhängig davon, dass die Alleinerziehung mehr Zuwendung und Anstrengung erfordere als die Kindesbetreuung in einer intakten Familie, benötigten Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter eine ‚Rund-um-die-Uhr-Betreuung'. Kinder in diesem Alter könnten nicht unbeaufsichtigt gelassen werden, auch nicht stundenweise. Regelmäßig führe daher eine volle Erwerbstätigkeit neben der Betreuung eines kleinen Kindes zu einer massiven Überforderung des betreuenden Elternteils. Auch wenn sich eine pauschale Betrachtung, wie sie durch das Altersphasenmodell in der Vergangenheit häufig vorgenommen worden sei, nach neuem Recht verbiete, müssten die altersbedingten besonderen Bedürfnisse der Kinder berücksichtigt werden. Auch bei Vollzeitbetreuung in einer kindgerechten Einrichtung könne von dem betreuenden Elternteil regelmäßig keine Vollzeiterwerbstätigkeit verlangt werden, solange das Kind den Kindergarten bzw. die ersten Grundschulklassen besuche. Um eine unzumutbare Belastung und eine erhebliche Ungleichgewichtung der Anforderungen an die gemeinsame Elternverantwortung zu vermeiden, könne man dann regelmäßig nur eine Teilzeitbeschäftigung verlangen, die mit zunehmendem Alter des Kindes zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit auszubauen sei. Überspanne man die Anforderungen an die Erwerbsverpflichtung des betreuenden Elternteils, treffe man damit unmittelbar auch das Kind und beraube es unter Umständen einer Lebensperspektive, die es ohne Trennung der Eltern gehabt hätte.

Die Unterstützung der Ag. durch ihre Eltern sei im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1570 BGB nicht zu berücksichtigen, weil es sich dabei um freiwillige Leistungen handele, die der Ag. zugute kommen, nicht aber den Ast. entlasten sollten. Da die Ag. bereits mehr als eine Halbtagstätigkeit ausübe, könne von ihr derzeit keine Ausweitung der Erwerbstätigkeit verlangt werden. Im Interesse des Kindeswohls sei auch künftig nur ein stufenweiser Übergang in eine volle Erwerbstätigkeit zumutbar. Der gegenwärtig erzielte Verdienst entspreche in etwa dem Einkommen aus einer Halbtagsstelle in ihrem erlernten Beruf als Buchhändlerin. Im Übrigen habe sich die Ag. ausreichend beworben und nachgewiesen, dass sie als Buchhändlerin nicht vermittelbar sei. Für die Zeit ab Januar 2008 sei von dem Nettoeinkommen auf der Grundlage von 80 Arbeitsstunden monatlich auszugehen. Die ‚Flexistunden' seien überobligatorisch und deswegen nicht zu berücksichtigen. Das ergebe nach Abzug berufsbedingter Kosten und eines Erwerbstätigenbonus ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 637,82 Euro. Ein zusätzlicher Betreuungsbonus sei nicht abzusetzen, zumal ein solcher nicht konkret feststehe und der Doppelbelastung schon durch die Nichtberücksichtigung der Überstunden Rechnung getragen sei.

Bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Ast. sei von seinem Nettoeinkommen als Lehrer ohne Berücksichtigung eines Realsplittingvorteils (vgl. NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793 [797]) auszugehen, das sich nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, seiner berufsbedingten Fahrtkosten und der Kosten für Fachliteratur auf (3292,91 Euro - 507,66 Euro - 287,10 Euro - 24,64 Euro =) 2473,51 Euro monatlich belaufe. Zusätzlich seien die Beiträge des Ast. für seine Lebensversicherungen in Höhe von insgesamt (richtig) 221,87 Euro monatlich zu berücksichtigen. Neben der primären Altersvorsorge seien tatsächliche Aufwendungen für eine zusätzliche Altersvorsorge bis zur Höhe von 4% des Bruttoerwerbseinkommens zu berücksichtigen. Das gelte selbst dann, wenn der Unterhaltspflichtige die Versicherungen erst nach der Trennung abgeschlossen habe (vgl. Senat, NJW 2009, 2450). Danach ergebe sich ein Nettoeinkommen von (richtig: 2473,51 Euro - 221,87 Euro =) 2251,65 Euro.

Zusätzlich seien Umgangskosten in Höhe von 30 Euro monatlich zu berücksichtigen. Dabei handele es sich zwar grundsätzlich um Ausgaben, die im eigenen und im Interesse des Kindes regelmäßig vom Umgangsberechtigten selbst aufzubringen seien. Für die Zeit ab Januar 2008 seien die nicht unerheblichen Kosten aber unter Berücksichtigung der unterbliebenen Höherstufung für den Kindesunterhalt durch Abzug eines Betrags in Höhe von 30 Euro monatlich zu berücksichtigen. Für die Bemessung des Kindesunterhalts sei deswegen von einem Nettoeinkommen des Ast. in Höhe von (2251,65 Euro - 30 Euro =) 2221,65 Euro auszugehen. Danach ergebe sich eine Unterhaltspflicht für die gemeinsame Tochter nach Einkommensgruppe 3 in der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. 1. 2008). Eine Höherstufung unterbleibe im Hinblick auf die erhöhten Umgangskosten des Ast. Der Zahlbetrag des Kindesunterhalts in Höhe von 230 Euro bis März 2008 und von 278 Euro ab April 2008 sei ebenfalls abzusetzen. Unter Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus von 10% ergebe sich ein für den Ehegattenunterhalt relevantes Einkommen in Höhe von 1792,47 Euro für die Zeit von Januar bis März 2008 und von 1749,27 Euro für die Zeit ab April 2008. Unter Berücksichtigung eines unterhaltsrelevanten Nettoeinkommens der Ag. von 637,82 Euro errechne sich der zugesprochene Unterhalt.

Eine Begrenzung des Unterhalts komme derzeit nicht in Betracht, weil noch nicht absehbar sei, wie lange die umfassende Betreuung der gemeinsamen Tochter durch die Mutter noch notwendig sei. Der BGH habe im Regelfall davon abgesehen, den Anspruch auf Betreuungsunterhalt zeitlich zu begrenzen, und darauf abgestellt, dass eine vorausschauende Beurteilung der Verhältnisse noch nicht möglich sei. Die Ag. habe nachgewiesen, dass sie ihre Tochter in einem Grundschulhort angemeldet habe, die Tochter in die Dringlichkeitsstufe ‚b' eingereiht worden sei und sie eine Absage erhalten habe. Weil die Belange des Kindes zu berücksichtigen seien, könne auch der Betreuungsunterhalt nach Vollendung des dritten Lebensjahres zeitlich nicht begrenzt werden. Eine sichere Prognose, ab wann eine umfassende Drittbetreuung möglich sei und kein weiterer Betreuungsbedarf des Kindes verbleibe, könne noch nicht getroffen werden. Auch im Rahmen einer zeitlichen Begrenzung nach § 1578 BGB seien die Belange des gemeinsamen Kindes zu berücksichtigen. Selbst wenn die Betreuung gemeinsamer Kinder einer Beschränkung des Unterhaltsanspruchs nicht grundsätzlich entgegenstehe, scheide eine solche bei einem Anspruch nach § 1570 BGB in der Regel aus, da diesem Anspruch eine durch Kinderbetreuung eingeschränkte wirtschaftliche Eigenständigkeit immanent sei.

II. Diese Ausführungen des BerGer. halten den Angriffen der Revision des Ast. im Ergebnis stand. Die Revision der Ag. hat lediglich in geringem Umfang Erfolg.

1. Der Ag. steht nach wie vor ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt gegen den Ast. zu.

Der im Revisionsverfahren noch streitige Anspruch richtet sich nach neuem Unterhaltsrecht, also nach § 1570 BGB in der seit dem 1. 1. 2008 geltenden Fassung (BGBl 2007 I, 3189).

- Danach kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen.

- Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht.

- Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1570 I 2 und 3 BGB).

- Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 II BGB)
.

a) Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber den nachehelichen Betreuungsunterhalt grundlegend umgestaltet. Er hat einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann (BT-Dr 16/6980, S. 8f.). Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers

kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe

zu berücksichtigen (vgl. Senat, NJW 2009, 1956 = FamRZ 2009, 1124 [1126] Rdnr. 24; NJW 2009, 1876 = FamRZ 2009, 770 [772] Rdnr. 19; und NJW 2008, 3125 = FamRZ 2008, 1739 [1746ff.]). Obwohl der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB als Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ausgestaltet ist, wird er vor allen Dingen im Interesse der gemeinschaftlichen Kinder gewährt, um deren Betreuung und Erziehung sicherzustellen (BT-Dr 16/6980, S. 9).

aa) Mit der Einführung des Basisunterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres hat der Gesetzgeber dem betreuenden Elternteil die freie Entscheidung eingeräumt, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren selbst erziehen oder andere Betreuungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen will.

- Ein während dieser Zeit erzieltes Einkommen ist somit stets überobligatorisch und

- der betreuende Elternteil kann eine bestehende Erwerbstätigkeit jederzeit wieder aufgeben und

- sich voll der Erziehung und Betreuung des Kindes widmen.

- Entscheidet er sich allerdings dafür, das Kind auf andere Weise betreuen zu lassen, und

- erzielt er eigene Einkünfte,

- ist das überobligatorisch erzielte Einkommen nach den Umständen des Einzelfalls anteilig zu berücksichtigen


(Senat, NJW 2009, 1956 = FamRZ 2009, 1124 [1126] Rdnr. 25; NJW 2009, 1876 = FamRZ 2009, 770 [772] Rdnrn. 20f.m.w. Nachw.; und NJW 2005, 2145 = FamRZ 2005, 1154 [1156f.]).

bb) Für die - hier relevante - Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Neuregelung nur noch dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu,

- wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1570 I 2 BGB).

Damit verlangt die Neuregelung regelmäßig aber keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (BT-Dr 16/6980, S. 9). Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 I 3 BGB) und elternbezogenen (§ 1570 II BGB) Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich
(Senat, NJW 2009, 1956 = FamRZ 2009, 1124 [1126] Rdnr. 26; NJW 2009, 1876 = FamRZ 2009, 770 [772] Rdnr. 22; und NJW 2008, 3125 = FamRZ 2008, 1739 [1748]).

Allerdings hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB

- die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus grundsätzlich dem unterhaltsberechtigten Elternteil auferlegt (Senat, NJW 2009, 1876 = FamRZ 2009, 770 [772] Rdnr. 23 m. Anm. Borth, S. 959 [960]; und NJW 2008, 3125 = FamRZ 2008, 1739 [1748]).

b) Kindbezogene Gründe

für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach Billigkeit, die ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 6 II und V GG finden,

- entfalten im Rahmen der Billigkeitsentscheidung das stärkste Gewicht und sind deswegen stets vorrangig zu prüfen


(BT-Dr 16/6980, S. 9; Senat, NJW 2009, 1956 = FamRZ 2009, 1124 [1126] Rdnr. 28; und NJW 2009, 1876 = FamRZ 2009, 770 [772] Rdnr. 24).

aa) Insoweit ist das BerGer. zu Recht davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres grundsätzlich den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben hat. Dabei hat er an die zahlreichen sozialstaatlichen Leistungen und Regelungen angeknüpft, insbesondere an den
- Anspruch des Kindes auf den Besuch einer Tageseinrichtung (§ 24 I SGB VIII), die den Eltern auch dabei behilflich sein sollen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (§ 22 II Nr. 3 SGB VIII; BT-Dr 16/6980, S. 8; vgl. auch § 10 I Nr. 3 SGB II und § 11 IV 2 bis 4 SGB XII). Dies ist im Regelfall mit dem Grundrecht aus Art. 6 II GG und dem Kindeswohl vereinbar (BVerfG, NJW 2007, 1735 = FamRZ 2007, 965 [969]ff.; BT-Dr 16/6980, S. 8).

- Die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten Betreuungsmöglichkeit findet erst dort ihre Grenze,

- wo die Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist,

- was jedenfalls bei öffentlichen Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten oder Kinderhorten regelmäßig nicht der Fall ist
(Senat, NJW 2009, 1956 = FamRZ 2009, 1124 [1126] Rdnr. 30; und NJW 2009, 1876 = FamRZ 2009, 770 [772f.] Rdnrn. 25f.m.w. Nachw.).

In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres

- eine kindgerechte Einrichtung besucht oder
- unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte,

kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes und somit nicht mehr auf kindbezogene Verlängerungsgründe
i.S. von § 1570 I 3 BGB berufen. Das gilt sowohl

- für den rein zeitlichen Aspekt der Betreuung als auch
- für den sachlichen Umfang der Betreuung in einer kindgerechten Einrichtung.


Umfasst etwa die Betreuung von Schulkindern in einem Hort auch die Hausaufgabenbetreuung, bleibt auch insoweit für eine persönliche Betreuung durch einen Elternteil kein unterhaltsrechtlich zu berücksichtigender Bedarf.

Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über die Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist deswegen stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen,

- ob und in welchem Umfang die begabungs- und entwicklungsgerechte Betreuung des Kindes auf andere Weise gesichert ist oder

- in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könnte


(Senat, NJW 2009, 1956 = FamRZ 2009, 1124 [1127] Rdnr. 32; und NJW 2009, 1876 = FamRZ 2009, 770 [773] Rdnr. 27 m.w. Nachw. m. Anm. Borth, S. 959 [961]). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, auch das konkrete Betreuungsangebot der kindgerechten Einrichtung und die Möglichkeit, auf einen eingeschränkten Gesundheitszustand des Kindes einzugehen.

Die in Teilen der Rechtsprechung und Literatur noch vertretenen pauschalen Altersphasenmodelle hat der Senat ausdrücklich abgelehnt (Senat, NJW 2009, 1956 = FamRZ 2009, 1124 [1127] Rdnr. 33; und NJW 2009, 1876 = FamRZ 2009, 770 [773] Rdnr. 28 m.w. Nachw.).

Die Betreuungsbedürftigkeit ist vielmehr nach den individuellen Verhältnissen des Kindes zu ermitteln. Erst wenn die Kinder ein Alter erreicht haben, in dem sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zeitweise sich selbst überlassen werden können, kommt es aus kindbezogenen Gründen insoweit nicht mehr auf die vorrangig zu prüfende Betreuungsmöglichkeit in kindgerechten Einrichtungen an
(zum Umfang einer Betreuungsbedürftigkeit vgl. auch BGH, NJW 2009, 1954 ) WuM 2009. 298 Rdnrn. 12f.; und NJW 2009, 1952 = WuM 2009, 296 Rdnrn. 14f.).

bb) Das angefochtene Urteil stützt sich zwar auch auf Erwägungen, die dem durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz überholten Altersphasenmodell nahe kommen. Auf Grund der vom OLG festgestellten Umstände des Einzelfalls hält die Entscheidung zur Fortdauer des Betreuungsunterhalts schon aus kindbezogenen Gründen den Angriffen der Revision des Ast. aber im Ergebnis stand.

Nach den Feststellungen des BerGer. besuchte die gemeinsame Tochter ursprünglich täglich bis 14 Uhr den Kindergarten; für die Schulzeit ab Sommer 2008 hatte die Ag. die gemeinsame Tochter zwar in einem Hort angemeldet, darauf aber eine Absage mit der Einstufung in die Dringlichkeitsstufe ‚b' erhalten. Seit dem Sommer 2008 besucht die Tochter nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien im Revisionsverfahren die Schule und wird dort anschließend ebenfalls bis 14 Uhr betreut (zur Berücksichtigung unstreitigen neuen Vortrags im Revisionsverfahren vgl. BGH, NJW-RR 1998, 1284 m.w. Nachw.). Eine kindgerechte Betreuung war in der Kindergartenzeit also lediglich bis 14 Uhr vorhanden und steht nach den Feststellungen des OLG auch gegenwärtig noch nicht in einem darüber hinaus gehenden Umfang zur Verfügung.

Entgegen der Rechtsauffassung des Ast. musste das OLG auch nicht von einer längeren Betreuungsmöglichkeit in einer kindgerechten Einrichtung ausgehen. Das auf der Grundlage des früheren Unterhaltsrechts entwickelte Altersphasenmodell sah für die Zeit bis Ende 2007 schon
- keine Obliegenheit vor, für die erst sieben Jahre alte Tochter eine Betreuung in einer kindgerechten Einrichtung in Anspruch zu nehmen (vgl. § 36 Nr. 7 EGZPO).

Auch im Hinblick auf die erst im September 2007 eingetretene Rechtskraft der Ehescheidung musste die Ag. die Kindergartenbetreuung

- nicht sogleich mit Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts zum 1. 1. 2008 auf eine vollschichtige Betreuung ausweiten, sondern durfte die Einschulung im Sommer 2008 mit der dadurch grundlegend veränderten Betreuungssituation abwarten
.

Soweit das OLG für die Zeit nach der Einschulung der gemeinsamen Tochter im Sommer 2008 keine veränderte Betreuungssituation festgestellt hat, ist auch dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Wegen der Absage auf die Bewerbung um einen Hortplatz und der noch ungewissen weiteren Entwicklung durfte das OLG im Rahmen seiner tatrichterlichen Prognose im Juni 2008 weiterhin von einer nur eingeschränkten Betreuungsmöglichkeit in kindgerechten Einrichtungen ausgehen.

Darauf, ob die - durch ein ärztliches Attest - nachgewiesene Glutenunverträglichkeit des Kindes einer vollzeitigen Betreuung in einer kindgerechten Einrichtung entgegensteht, kommt es deswegen hier nicht an. Im Rahmen eines späteren Abänderungsverfahrens obliegt der Ag. allerdings die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine evtl. vorhandene vollzeitige Betreuungseinrichtung nicht auf diese Erkrankung der gemeinsamen Tochter ausgelegt ist. Unabhängig davon durfte sich der Ast., der nach wie vor das gemeinsame Sorgerecht für die Tochter ausübt, aber nicht auf ein bloßes Bestreiten der Erkrankung mit Nichtwissen beschränken.

Im Revisionsverfahren ist danach von einer

- Betreuung der Tochter in einer kindgerechten Einrichtung auszugehen, die an Werktagen bis 14 Uhr andauert.

- Aus k i n d b e z o g e n e n Gründen ist deswegen grundsätzlich eine weitere Betreuung durch die Ag. erforderlich.

- Selbst wenn die gemeinsame Tochter im Hinblick auf ihr Alter von jetzt sieben Jahren nicht mehr ‚auf Schritt und Tritt' kontrolliert werden muss (vgl. insoweit BGH, NJW 2009, 1954 = WuM 2009, 298 Rdnrn. 12f.; und NJW 2009, 1952 = WuM 2009, 296 Rdnrn. 14f.) steht dies einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus k i n d b e z o g e n e n Gründen nicht entgegen.

Denn auch wenn Kinder in diesem Alter nicht mehr ununterbrochen beaufsichtigt werden müssen, ist eine regelmäßige Kontrolle in kürzeren Zeitabschnitten erforderlich, was einer Erwerbstätigkeit aus kindbezogenen Gründen entgegensteht. Der Umfang der elterlichen Kontrolle, der auch von der individuellen Entwicklung des Kindes abhängt, ist allerdings im Rahmen der elternbezogenen Verlängerungsgründe bei der Bemessung einer überobligationsmäßigen Belastung zu berücksichtigen.


c) Soweit die Betreuung eines Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils auch

- e l t e r n b e z o g e n e Gründe


entgegenstehen (Senat, NJW 2009, 1956 = FamRZ 2009, 1124 [1127] Rdnr. 36; NJW 2009, 1876 = FamRZ 2009, 770 [773] Rdnrn. 31f.; und NJW 2008, 3125 = FamRZ 2008, 1739 [1748f.]). Solche elternbezogenen Gründe sind schon nach der Systematik des § 1570 BGB allerdings erst nachrangig zu prüfen, soweit nicht schon kindbezogene Gründe einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen.

aa) Die Berücksichtigung elternbezogener Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist Ausdruck der nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei

- das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder

- praktizierte Rollenverteilung und

- die gemeinsame Ausgestaltung in der Betreuung (BT-Dr 16/6980, S. 9).


Die Umstände gewinnen durch das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten

- bei längerer Ehedauer oder

- bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung gemeinsamer Kinder weiter an Bedeutung (§ 1570 II BGB).


Insoweit hat der Senat bereits ausgeführt,

- dass die ausgeübte und verlangte Erwerbstätigkeit neben dem nach der Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreuenden Elternteils führen darf
(Senat, NJW 2008, 3125 = FamRZ 2008, 1739 [1748f.]).

- Selbst wenn Kinder ganztags in einer kindgerechten Einrichtung betreut und erzogen werden, was dem betreuenden Elternteil grundsätzlich die Möglichkeit zu einer Vollzeittätigkeit einräumen würde, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein kann.

- Der Umfang dieses zusätzlichen Betreuungsbedarfs kann von

- der Anzahl der Kinder und

- deren Gesundheitszustand, aber auch von

- dem Entwicklungsstand und den Neigungen und Begabungen der Kinder abhängig sein.

- Denn die zeitliche Belastung des betreuenden Elternteils steigt mit dem Umfang der noch notwendigen Betreuung des Kindes (vgl. insoweit auch BGH, NJW 2009, 1954 = WuM 2009, 298 Rdnrn. 12f.).

Unter Berücksichtigung des konkreten Betreuungsbedarfs ist dann eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils über den Umfang der Betreuung des Kindes in einer kindgerechten Einrichtung hinaus noch eingeschränkt ist (Senat, NJW 2009, 1956 = FamRZ 2009, 1124 [1127] Rdnr. 37; und NJW 2009, 1876 = FamRZ 2009, 770 [773] Rdnr. 32).

bb) Soweit das BerGer. hier von einer halbschichtigen Erwerbsobliegenheit der Ag. ausgegangen ist, hat es auch diese elternbezogenen Verlängerungsgründe hinreichend berücksichtigt. Zwar ist der Umstand, dass die Ag. tatsächlich sogar zu 2/3 erwerbstätig ist, ein Indiz dafür, dass diese Erwerbstätigkeit im konkreten Einzelfall mit der Betreuung der gemeinsamen Tochter vereinbar ist. Allerdings ist dieser Umfang der Erwerbstätigkeit auf die Betreuung der Tochter durch die Großeltern mütterlicherseits zurückzuführen, die mit ihren freiwilligen Leistungen die Belastung der Ag. mindern, nicht aber den Ast. von seiner Unterhaltspflicht befreien wollen. Daher steht der Umstand, dass die Ag. tatsächlich eine 2/3-Tätigkeit ausübt, hier der Annahme einer überobligatorischen Erwerbstätigkeit nicht entgegen. Andererseits wäre die Ag. wegen der Betreuung des gemeinsamen Kindes bis 14 Uhr allein aus kindbezogenen Gründen sogar in der Lage, eine mehr als halbschichtige Erwerbstätigkeit zu übernehmen. Wenn das OLG indes unter zusätzlicher Berücksichtigung elternbezogener Verlängerungsgründe von einer nur halbschichtigen Erwerbsobliegenheit ausgegangen ist, ist diese Ermessensentscheidung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. ..."

***

Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen nach § 1570 I 2 und 3 BGB ist zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang

- die notwendige Betreuung der Kinder auf andere Weise gesichert ist oder

- in kindgerechten Betreuungseinrichtungen gesichert werden könnte.

Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein auf das Alter der Kinder abstellt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht (im Anschluss an Senat, NJW 2009, 1876 = FPR 2009, 238 = FamRZ 2009, 770). Soweit die Betreuung der Kinder auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, kann einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils auch entgegenstehen, dass

- der ihm daneben verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung der Kinder zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann

(im Anschluss an Senat, NJW 2009, 1876 = FPR 2009, 238 = FamRZ 2009, 770; NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 = FamRZ 2008, 1739 [1748f.]).

Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578b BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. 1. 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Eine Begrenzung des Betreuungsunterhalts vom eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 I BGB auf den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung setzt einerseits voraus, dass
- die notwendige Erziehung und Betreuung gemeinsamer Kinder trotz des abgesenkten Unterhaltsbedarfs sichergestellt und

- das Kindeswohl auch sonst nicht beeinträchtigt ist,

- andererseits eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den abgeleiteten Lebensverhältnissen während der Ehe unbillig erscheint


(BGH, Urteil vom 06.05.2009 - XII ZR 114/08).

***

Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen nach § 1570 I 2 und 3 BGB ist stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Betreuungseinrichtungen gesichert werden könnte. Denn mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB hat der Gesetzgeber für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung aufgegeben. Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein auf das Alter des Kindes abstellt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Soweit die Betreuung des Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, kann einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils auch entgegenstehen, dass der ihm daneben verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann (im Anschluss an Senat, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 = FamRZ 2008, 1739 [1748f.]; BGH, Urteil vom 18.03.2009 - XII ZR 74/08 (KG):

„... Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im Januar 2000 die Ehe geschlossen, aus der ihr im November 2001 geborener Sohn hervorgegangen ist. Nach der Trennung im September 2003 wurde die Ehe im April 2006 rechtskräftig geschieden. Der Sohn lebt seit der Trennung der Parteien bei der Kl. Seit 2005 besuchte er eine Kindertagesstätte mit Nachmittagsbetreuung, seit September 2007 geht er zur Schule und danach bis 16 Uhr in einen Hort. Er leidet unter chronischem Asthma. Die Kl. ist verbeamtete Studienrätin und seit August 2002 mit knapp 7/10 einer Vollzeitstelle (18 Wochenstunden) erwerbstätig.

Das AG hat den Bekl. zur Zahlung nachehelichen Betreuungs- und Aufstockungsunterhalts in zeitlich gestaffelter Höhe, zuletzt für die Zeit ab November 2007 in Höhe von monatlich 837 Euro verurteilt. Das KG hat die Berufung des Bekl., mit der er eine Herabsetzung des monatlichen Unterhalts auf 416,32 Euro für die Zeit ab November 2007 und eine zeitliche Befristung der Unterhaltszahlungen bis Juni 2009 begehrt hat, zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen, „weil die Fragen, ob die Kl. auf Grund des seit dem 1. 1. 2008 geltenden Unterhaltsrechts gehalten ist, einer vollen Erwerbstätigkeit nachzugehen und ihr Unterhaltsanspruch zeitlich zu befristen ist, grundsätzliche Bedeutung haben". Mit seiner Revision gegen das Berufungsurteil verfolgt der Bekl. seine Berufungsanträge in vollem Umfang weiter. Die Revision hatte teilweise Erfolg und führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das BerGer. ...

A. Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zu nachehelichem Unterhalt für die Zeit bis Ende 2007 richtet. Denn insoweit hat das BerGer. die Revision nicht zugelassen (§ 543 I ZPO).

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben (Senat, NJW 2008, 2351 = FamRZ 2008, 1339 [1340]; BGHZ 153, 358 [360f.] = NJW 2003, 1518 = FPR 2003, 330 = FamRZ 2003, 590; NJW 2004, 1324 = FPR 2004, 246 = FamRZ 2004, 612). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das BerGer. die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (Senat, NJW-RR 2001, 485 [486]). Das ist hier der Fall.

Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das BerGer. die Revision nur zur Höhe und Dauer des Betreuungsunterhalts nach dem seit dem 1. 1. 2008 geltenden Unterhaltsrecht zulassen wollte. Die grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wirkt sich deswegen nur auf den Unterhaltsanspruch ab Januar 2008 aus. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage - wie hier - nur auf einen Teil des streitigen Zeitraums, liegt regelmäßig die Annahme nahe, das BerGer. habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils zulassen wollen. Ein derartiges Verständnis des Ausspruchs über die Zulassung trägt auch der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des RevGer. auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung. Es verhindert umgekehrt, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (Senat, NJW 2003, 1177 = FPR 2003, 253 = FamRZ 2003, 445 [446]).

B. Soweit die Revision zulässig ist, hat sie Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das BerGer.

I. Das KG (FamRZ 2008, 1948 = BeckRS 2008, 25060) hat die Berufung des Bekl. zurückgewiesen, weil der Kl. jedenfalls ein Anspruch auf Betreuungs- und Aufstockungsunterhalt in der vom AG zugesprochenen Höhe zustehe und eine Befristung des Unterhaltsanspruchs gegenwärtig nicht in Betracht komme. ...

II. Diese Ausführungen des BerGer. halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.

Soweit die Revision zulässig ist, richtet sich der Anspruch der Kl. auf Betreuungsunterhalt nach neuem Unterhaltsrecht, also nach § 1570 BGB in der seit dem 1. 1. 2008 geltenden Fassung (BGBl I 2007, 3189). Danach kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1570 I 2 und 3 BGB). Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 II BGB).

1. Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber den nachehelichen Betreuungsunterhalt grundlegend umgestaltet. Er hat einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann (BT-Dr 16/6980, S. 8f.). Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen (vgl. Senat, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 = FamRZ 2008, 1739 [1746ff.]). Obwohl der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB als Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ausgestaltet ist, wird er vor allen Dingen im Interesse des Kindes gewährt, um dessen Betreuung und Erziehung sicherzustellen (BT-Dr 16/6980, S. 9).

a) Mit der Einführung des Basisunterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres hat der Gesetzgeber die Regelung übernommen, die er mit dem Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz vom 21. 8. 1995 (BGBl I, 2942) für den Unterhaltsanspruch bei Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes in § 1615 l II BGB eingeführt hatte. Der betreuende Elternteil kann danach frei entscheiden, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren selbst erziehen oder eine andere Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nehmen will (vgl. Dose, JAmt 2009, 1).

Ein gleichwohl während der ersten drei Lebensjahre erzieltes Einkommen ist damit stets überobligatorisch. Der betreuende Elternteil kann deswegen in dieser Zeit auch eine schon bestehende Erwerbstätigkeit wieder aufgeben und sich voll der Erziehung und Betreuung des Kindes widmen. Erzielt er allerdings eigene Einkünfte, weil das Kind auf andere Weise betreut wird, ist das überobligatorisch erzielte Einkommen nicht völlig unberücksichtigt zu lassen, sondern nach den Umständen des Einzelfalls anteilig zu berücksichtigen (Senat, NJW 2005, 2145 = FamRZ 2005, 1154 [1156f.]).

b) Für die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Neuregelung nur noch dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1570 I 2 BGB). Damit verlangt die Neuregelung allerdings regelmäßig keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (BT-Dr 16/6980, S. 9). Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 I 3 BGB) und elternbezogenen (§ 1570 II BGB) Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (Senat, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 = FamRZ 2008, 1739 [1748]).

Zugleich hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt (Senat, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 = FamRZ 2008, 1739 [1748]). Kind- oder elternbezogene Gründe, die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

2. Die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigenden kindbezogenen Verlängerungsgründe finden ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 6 II GG, wonach die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuförderst ihnen obliegende Pflicht ist. Da den nichtehelich geborenen Kindern nach Art. 6 V GG durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen sind wie den ehelichen Kindern, sind kindbezogene Verlängerungsgründe bei den Ansprüchen auf nachehelichen Betreuungsunterhalt gem. § 1570 BGB und auf Unterhalt bei Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes gem. § 1615 l II BGB gleich zu behandeln. Der Gesetzgeber hat die kindbezogenen Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus Billigkeitsgründen in § 1570 I 3 und § 1615 l II 5 BGB deswegen auch wortgleich ausgestaltet. Wegen des verfassungsrechtlich gewährleisteten Schutzes der Kinder sind diese Verlängerungsgründe stets vorrangig zu prüfen und entfalten im Rahmen der Billigkeitsentscheidung das stärkste Gewicht (BT-Dr 16/6980, S. 9; vgl. auch Dose, JAmt 2009, 1 [3]).

a) Allerdings hat der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben. Dies ist im Regelfall mit dem Grundrecht aus Art. 6 II GG und dem Kindeswohl vereinbar (BVerfG, NJW 2007, 1735 = FamRZ 2007, 965 [969ff.]; BT-Dr 16/6980, S. 8; Puls, FamRZ 1998, 865 [870f.]; vgl. auch § 10 I Nr. 3 SGB II und § 11 IV 2 bis 4 SGB XII). Dabei hat der Gesetzgeber an die zahlreichen sozialstaatlichen Leistungen und Regelungen angeknüpft, insbesondere an den Anspruch des Kindes auf den Besuch einer Tageseinrichtung (§ 24 I SGB VIII), die den Eltern auch dabei behilflich sein sollen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (§ 22 II Nr. 3 SGB VIII; BT-Dr 16/6980, S. 8; zur früheren Regelung in § 1615 l II BGB vgl. schon Senat, NJW 2006, 2687 = FamRZ 2006, 1362 [1365]).

Die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten Betreuungsmöglichkeit findet erst dort ihre Grenzen, wo die Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist, was jedenfalls bei öffentlichen Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten oder Kinderhorten regelmäßig nicht der Fall ist.

b) In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine solche Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist deswegen stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könnte (BVerfG, NJW 2007, 1735 = FamRZ 2007, 965 [968]; OLG Celle, NJW 2008, 1456 = FPR 2008, 318 = FamRZ 2008, 997 [998]; OLG München, FamRZ 2008, 1945 = BeckRS 2008, 12076; vgl. auch Wendl/Pauling, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rdnr. 67; Viefhues, ZFE 2008, 44 [45]; Wever, FamRZ 2008, 553 [555f.]; Graba, FamRZ 2008, 1217 [1221f.]; Zimmermann, FPR 2009, 97 [98]). Auf die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes kommt es erst dann nicht mehr an, wenn das Kind ein Alter erreicht hat, in dem es zeitweise sich selbst überlassen werden kann und deswegen auch keiner durchgehenden persönlichen Betreuung durch einen Elternteil bedarf (vgl. Meier, FamRZ 2008, 101 [104]).

Soweit demgegenüber in Rechtsprechung und Literatur zu der seit dem 1. 1. 2008 geltenden Fassung des § 1570 BGB abweichende Auffassungen vertreten werden, die an das frühere Altersphasenmodell anknüpfen und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein vom Kindesalter abhängig machen (OLG Köln, NJW 2008, 2659 = FPR 2008, 455 = FamRZ 2008, 2119 [2129]; OLG Celle, FF 2009, 81 [82] = BeckRS 2009, 06833; wohl auch OLG Jena, NJW 2008, 3224 = FamRZ 2008, 2203 [2205]; Wellenhofer, FamRZ 2007, 1282 [1283]; Büttner, FPR 2009, 92 [94]; Leitlinien des OLG Hamm unter Nr. 17.1.1 = Beil. zu NJW H. 10/2008 = Beil. zu FPR H. 3/2008, S. 50; vgl. dazu Born, FF 2009, 92 [94ff.]; Borth, FamRZ 2008, 1 [6]), sind diese im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar.

c) Neben der grundsätzlichen Betreuungsbedürftigkeit minderjähriger Kinder können allerdings auch sonstige kindbezogene Gründe, wie zum Beispiel schwere Krankheiten, die im Rahmen einer Betreuung in kindgerechten Einrichtungen nicht aufgefangen werden können, für eine eingeschränkte Erwerbspflicht und damit für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen. Auch insoweit sind die individuellen Umstände des jeweiligen Falls zu beachten.

Aus kindbezogenen Gründen ist dem betreuenden Elternteil deswegen eine Erwerbstätigkeit nicht zumutbar, soweit die Betreuung des Kindes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht hinreichend gesichert ist und auch nicht in kindgerechten Einrichtungen sichergestellt werden könnte und wenn das Kind im Hinblick auf sein Alter auch noch nicht sich selbst überlassen bleiben kann.

3. Soweit die Betreuung des Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils auch elternbezogene Gründe entgegenstehen (Senat, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 = FamRZ 2008, 1739 [1748f.]). Wie sich schon aus der Systematik des § 1570 BGB ergibt, sind elternbezogene Verlängerungsgründe i.S. des § 1570 II BGB allerdings erst nachrangig zu prüfen, soweit nicht schon kindbezogene Gründe einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen.

Diese Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts beruhen auf einer nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung (BT-Dr 16/6980, S. 9). Die Umstände gewinnen durch das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung des gemeinsamen Kindes weiter an Bedeutung. Insoweit hat der Senat bereits ausgeführt, dass die ausgeübte oder verlangte Erwerbstätigkeit neben dem nach der Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreuenden Elternteils führen darf (Senat, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 = FamRZ 2008, 1739 [1748f.]), die ihrerseits wiederum negative Auswirkungen auf das Kindeswohl entfalten könnte. Denn selbst wenn ein Kind ganztags in einer kindgerechten Einrichtung betreut und erzogen wird, was dem betreuenden Elternteil grundsätzlich die Möglichkeit zu einer Vollzeittätigkeit einräumen würde, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein kann (vgl. KG, NJW 2008, 3793 = FamRZ 2009, 336 [337]). Dann ist eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils trotz der Vollzeitbetreuung des Kindes noch eingeschränkt ist.

4. Diesen Vorgaben des neuen Unterhaltsrechts trägt die angefochtene Entscheidung nicht hinreichend Rechnung.

a) Das BerGer. hat bei der Bemessung der Erwerbspflicht der Kl. vorrangig auf das Alter des gemeinsamen Kindes abgestellt und nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Kind nach Beendigung der Schulzeit bis 16 Uhr einen Hort aufsucht. Die Beaufsichtigung und Betreuung des Kindes ist deswegen werktäglich bis 16 Uhr sichergestellt. Weil das BerGer. über die pauschale Angabe, das Kind leide unter chronischem Asthma, hinaus keine konkreten Auswirkungen festgestellt hat, sind auch keine Umstände ersichtlich, die zusätzliche Betreuungsleistungen der Kl. in der Zeit bis 16 Uhr erfordern könnten. Andererseits hat das BerGer. auch nicht festgestellt, dass die Kl. als Lehrerin im Falle einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit (26 Wochenstunden) über 16 Uhr hinaus berufstätig sein müsste. Kindbezogene Gründe für eine eingeschränkte Erwerbsobliegenheit und somit für eine Verlängerung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus hat das BerGer. damit nicht festgestellt.

Auch die Billigkeitsabwägung, ob elternbezogene Gründe, insbesondere der Aspekt einer überobligationsmäßigen Beanspruchung durch Erwerbstätigkeit und Kindesbetreuung, zu einer eingeschränkten Erwerbsobliegenheit führen, obliegt grundsätzlich dem Tatrichter und kann vom Senat nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Zwar mag die Entscheidung des KG im Ergebnis gerechtfertigt sein. An den hierzu erforderlichen Feststellungen fehlt es indessen. Denn das BerGer. hat im Rahmen der kindbezogenen Gründe vorrangig auf das Alter des Kindes abgestellt und deswegen schon kindbezogene Verlängerungsgründe angenommen. Mangels tatrichterlicher Feststellungen zum Umfang der zeitlichen Arbeitsbelastung im Rahmen einer Vollzeittätigkeit oder zum Umfang der zusätzlichen Beanspruchung durch die Betreuung des gemeinsamen Kindes nach Beendigung der Hortbetreuung kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und der Rechtsstreit ist an das BerGer. zurückzuverweisen (§ 563 I ZPO).

III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Soweit sich die Revision auch gegen die Unterhaltsberechnung wendet, sind ihre Angriffe gegen das angefochtene Urteil nicht begründet.

a) Zu Recht hat das BerGer. dem Einkommen des Bekl. - abweichend von der Entscheidung des AG - zusätzliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von monatlich 389 Euro hinzugerechnet. Zwar hatte der Bekl. in der für die Einkommensbemessung herangezogenen Zeit von November 2005 bis Oktober 2006 erhebliche Beträge für die Badsanierung investiert. Zutreffend hat das BerGer. aber darauf abgestellt, dass es sich dabei um einmalige Modernisierungsarbeiten und nicht um wiederkehrenden Erhaltungsaufwand handelt.

Im Rahmen der Prognose für die hier relevante Zeit ab Januar 2008 kann deswegen nicht von derartigen Kosten ausgegangen werden.

b) Auch soweit die Revision die Bemessung des Einkommens der Kl. angreift, hat dies - vorbehaltlich des Umfangs ihrer Erwerbsobliegenheit - keinen Erfolg. Das BerGer. hat von den Kosten der Kl. für ihre Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung einen Anteil von 4% ihres Bruttoeinkommens abgesetzt. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (NJW 2005, 3277 = FamRZ 2005, 1817 [1822]). Danach ist sowohl ein Unterhaltspflichtiger als auch ein Unterhaltsberechtigter im Rahmen des Ehegattenunterhalts berechtigt, von seinen eigenen Einkünften 4% des Bruttoeinkommens für eine zusätzliche Altersvorsorge zu verwenden. Jedenfalls unter Berücksichtigung der jüngsten Kürzungen der Beamtenpensionen gilt dies auch für die Kl. als Lehrerin.

2. Eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Kl. hat das BerGer. gegenwärtig noch zu Recht abgelehnt.

a) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts ist jedenfalls nicht schon nach der Systematik des § 1570 BGB geboten. Danach steht dem betreuenden Elternteil ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt für mindestens drei Jahre nach der Geburt mit Verlängerungsmöglichkeit aus kind- und elternbezogenen Gründen zu. Der Betreuungsunterhalt während der ersten drei Lebensjahre des Kindes und ein daran anschließender weiterer Betreuungsunterhalt bilden somit einen einheitlichen Unterhaltsanspruch (BT-Dr 16/6980, S. 9; vgl. auch Dose, JAmt 2009, 1 [4f.]). Nur dann, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres absehbar keine kind- oder elternbezogenen Verlängerungsgründe mehr vorliegen, ist ein künftiger Betreuungsunterhalt abzuweisen (Borth, UÄndG, 2008, Rdnr. 83).

b) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578b BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. 1. 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu (§ 1570 I 2 BGB). Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind aber bereits alle kind- und elternbezogenen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578b BGB führen (Schwab, FamRZ 2005, 1417 [1419]; Borth, Rdnr. 155; Peschel-Gutzeit, UnterhaltsR aktuell, 2008, Rdnr. 57; Viefhues/Mleczko, Das neue UnterhaltsR, 2008, Rdnr. 335; Palandt/Brudermüller, BGB, 68. Aufl., § 1578b Rdnr. 5).

c) Soweit nach bisheriger Rechtsprechung des Senats hier neben einem Anspruch der Kl. auf Betreuungsunterhalt noch ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt in Betracht kommen sollte (vgl. insoweit Senat, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 = FamRZ 2009, 406 [407f.] [zu § 1572 BGB]; NJW 1999, 1547 = FamRZ 1999, 708 [709] [zu § 1571 BGB]; NJW 1990, 1847 = FamRZ 1990, 492 [493f.] [zu § 1570 BGB]; so auch Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess, 5. Aufl., Kap. 1 Rdnrn. 423ff.; a.A. für das seit dem 1. 1. 2008 geltende Unterhaltsrecht Wendl/Pauling, § 4 Rdnr. 76 und Gerhardt, in: Hdb. des Fachanwalts FamilienR, 6. Aufl., 6. Kap. Rdnr. 355; vgl. auch OLG Celle, NJW 2008, 3575 = FamRZ 2008, 1449 [1450]), scheidet eine Befristung schon mangels hinreichend klarer Prognose über den Umfang einer künftigen Erwerbsobliegenheit aus. Einer Befristung dieses Anspruchs steht aber auch entgegen, dass nach den Feststellungen des BerGer. gegenwärtig nicht hinreichend sicher absehbar ist, ob die Kl. infolge der Kindererziehung ehebedingte Nachteile erlitten hat oder noch erleiden wird.

d) Zu Recht hat das BerGer. hier auch noch eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Kl. der Höhe nach - vom eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 I BGB auf einen angemessenen Unterhalt nach ihrer eigenen Lebensstellung - abgelehnt. Zwar kommt eine solche Begrenzung grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn wegen der noch fortdauernden Kindesbetreuung eine Befristung des Betreuungsunterhalts entfällt (Graba, FamRZ 2008, 1217 [1222]). Besonders in Fällen, in denen der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gem. § 1578 I BGB erheblich über den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten hinausgeht, kommt eine Kürzung bis auf den eigenen angemessenen Unterhalt in Betracht. Das setzt allerdings voraus, dass die notwendige Erziehung und Betreuung des gemeinsamen Kindes trotz des abgesenkten Unterhaltsbedarfs sichergestellt und das Kindeswohl auch sonst nicht beeinträchtigt ist, während eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den abgeleiteten Lebensverhältnissen während der Ehe unbillig erscheint (vgl. KG, NJW 2008, 3793 = FamRZ 2009, 336 [337]). Soweit das BerGer. hier eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs der Kl. aus Billigkeitsgründen abgelehnt hat, weil der Umfang eventueller ehebedingter Nachteile noch nicht hinreichend feststehe, ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. ..."

***

Die für die Höhe des Unterhaltsbedarfs nach § 1615 l Abs. 2, 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB relevante Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten ergibt sich auch dann, wenn er schon vor der Geburt des gemeinsamen Kindes mit dem anderen Elternteil zusammen gelebt hat, aus den Einkünften, die er ohne die Geburt des Kindes hätte. Auch in einem solchen Fall ist nicht ein Quotenunterhalt nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen innerhalb der nichtehelichen Lebensgemeinschaft geschuldet. Elternbezogene Gründe, die neben kindbezogenen Gründen für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1615 l Abs. 2 BGB sprechen können, kommen insbesondere dann in Betracht, wenn die Eltern mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und deswegen ein evtl. Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieser Familie zu berücksichtigen ist. Bei der Bemessung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils ist zu beachten, ob der ihm neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes in Verbindung mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde (BGH, Urteil vom 16.07.2008 - XII ZR 109/05 zu BGB §§ 1615 l Abs. 2, 1610, 1570 - siehe auch PM vom 17.07.2008).

*** (OLG)

Ein Anspruch auf Verlängerung von Betreuungsunterhalt nach § 1570 Abs. 1 und 2 BGB kommt auch bei volljährigen Kindern in Betracht, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung sind kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen. Steht das volljährige Kind wegen einer Behinderung unter gesetzlicher Betreuung und hat die als Betreuerin bestellte Mutter ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht dahin ausgeübt, dass dieses in ihrem Haushalt verbleibt und von ihr versorgt wird, kann der unterhaltspflichtige Vater nicht geltend machen, dass eine Unterbringung des Kindes in einer betreuten Wohngruppe dem Kindeswohl förderlicher sei und die Mutter in die Lage versetzen würde, eine vollschichtige Tätigkeit auszuüben. Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578b BGB kommt nicht in Betracht, weil § 1570 BGB insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält und die kind- und elternbezogenen Umstände des Einzelfalls bereits im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB zu berücksichtigen sind (OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.09.2023 - 6 UF 69/23).

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Mehrbedarf nach Umzug (OLG Oldenburg, Beschluss vom 26.07.2018 - 4 UF 92/18):

„... Die Antragstellerin hat erstinstanzlich einen monatlichen Mehrbedarf in Höhe von 71,00 € für den Besuch der gemeinsamen Tochter der Beteiligten auf einer Privatschule und für einen Klavierunterricht vom Antragsgegner begehrt.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Oldenburg hat den Antrag mit vollinhaltlich in Bezug genommenen Beschluss vom 20.06.2018 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass ein Mehrbedarf durch den Unterhaltsverpflichteten nur dann zu zahlen sei, wenn der Mehrbedarf des Kindes als berechtigt anerkannt wird oder der andere Elternteil einverstanden sei. Es müsse folglich ein sachlicher Grund für den Bedarf bestehen. Dieser liege für beide Positionen nicht vor.

Im Hinblick auf den Besuch der Privatschule habe der Kindesvater diesem in der Vergangenheit nur zugestimmt, wenn er nicht an den Kosten beteiligt werde. Im Übrigen sei es sicherlich wünschenswert, in einer Klasse mit niedriger Schülerzahl beschult zu werden. Dies und auch der Umstand, dass das Kind durch die Trennung und den Umzug belastet sei, stelle aber keinen sachlichen Grund für die Beschulung auf einer Privatschule da und treffe auf fast alle Schüler in einer vergleichbaren Situation zu. Zudem sei die Vermögenssituation der Beteiligten und hier insbesondere die des Antragsgegners zu berücksichtigen, dem nach Zahlung des Mindestunterhalts weniger als der notwendige Selbstbehalt verbleibe.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer form- und fristgerecht erhobenen Beschwerde, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren der Höhe nach in vollem Umfang weiterverfolgt, wobei sie als Grund für den geltend gemachten Mehrbedarf nur noch auf die Kosten der Privatschule abstellt. Das Gericht habe die Mail der Kindesmutter vom 18.06.2018 bei ihrer Entscheidung nicht mehr berücksichtigt. Diese habe ein aktuelles psychologisches Gutachten der Psychotherapeutin der Antragstellerin sowie auch den Hinweis enthalten, dass der Antragsgegner mittlerweile über ein höheres Einkommen verfüge. Auch habe die Mutter der Antragstellerin glaubhaft dargestellt, dass sie in Oldenburg bei sämtlichen Gesamtschulen eine Absage erhalten habe. Die statthafte und zulässige Beschwerde ist ohne Aussicht auf Erfolg.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Entscheidung für den Besuch einer kostenverursachenden Privatschule entweder von beiden sorgeberechtigten Elternteilen einvernehmlich gemeinschaftlich getroffen worden sein muss oder es eines sachlichen Grundes bedarf, warum das Kind statt einer kostenfreien staatlichen Schule eine mit Mehrkosten verbundene Privatschule besucht.

Zu Recht hat das Amtsgericht insoweit festgestellt, dass es einen gemeinschaftlich getragenen Willen zum Besuch einer Privatschule nicht gibt. Der Kindesvater hatte zuletzt dem Besuch einer Privatschule nur noch unter der Bedingung zugestimmt, dass er nicht an den Kosten beteiligt wird. Gerade dieser Punkt war Streitpunkt einer gerichtlichen Auseinandersetzung der Beteiligten vor dem Amtsgericht Dippoldiswalde und dem Oberlandesgericht Dresden. Soweit die Kindesmutter darauf verweist, dass man sich während des Zusammenlebens bereits für den Besuch der Tochter auf einer Privatschule entschieden habe, kann hieraus keine dauerhafte Zustimmung bis zur Volljährigkeit des Kindes abgeleitet werden. Mit der Trennung, aber insbesondere durch den Umzug der Antragstellerin mit der Kindesmutter ist eine neu zu beurteilende Situation entstanden, die eine grundsätzlich neue Bewertung erforderlich macht. Unstreitig hat der Kindesvater dem Besuch einer Privatschule in Oldenburg nicht zugestimmt.

Auch fehlt es an einem sachlichen Grund für den Besuch einer Privatschule. Der Senat verweist insoweit zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts hierzu. Die Stellungnahme der Kindesmutter mit Mail vom 17.06.2018 rechtfertigt eine andere Betrachtungsweise nicht. Insbesondere die Bescheinigung zur Vorlage beim Familiengericht (ein aktuelles psychologisches Gutachten vermag der Senat hierin nicht zu erkennen) der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin K. E. vom 14.06.2018 vermag (weiterhin) einen sachlichen Grund nicht zu begründen. Die Bescheinigung lässt nicht erkennen, warum aufgrund der Verlegung des Lebensmittelpunktes der Antragstellerin der Eintritt in die jetzt von der Antragstellerin besuchte Privatschule im Verhältnis zum Besuch einer staatlichen Schule eine wichtige Voraussetzung zur Integration in ihr neues Lebensumfeld begründet. Der Besuch einer Schule an einem neuen Wohnort stellt unabhängig von der Schulform immer einen wichtigen Integrationsbestandteil dar. Ein sachlicher Grund für den Besuch einer Privatschule kann der Bescheinigung nicht entnommen werden. Auch der im weiteren zutreffend angeführte zu vermeidende (erneute) Schulwechsel vermag indes keinen sachlichen Grund für den auslösenden Mehrbedarf darzustellen, da insoweit maßgeblich auf die ursprüngliche Entscheidung nach dem Umzug der Antragstellerin eine Privatschule zu besuchen, abzustellen ist. Das ein nachträglicher Schulwechsel grundsätzlich vermieden werden sollte, bedarf keiner weiteren psychologischen Begründung, vermag aber die ursprünglich nicht durch einen sachgerechten Grund begründete Maßnahme nicht nachträglich zu rechtfertigen.

Schließlich verweist das Amtsgericht zu Recht auch auf die wirtschaftliche Situation der Beteiligten und hierbei insbesondere des Antragsgegners. Angesichts der bei beiden Beteiligten äußerst beengten finanziellen Möglichkeiten bedarf der Besuch einer kostenauslösenden Privatschule einer besonderen Rechtfertigung, jedenfalls dann, wenn die Entscheidung nicht gemeinsam getragen ist und der Unterhaltsverpflichtete nachträglich an den Kosten des entstehenden Mehrbedarfs beteiligt werden soll. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin in erster Instanz durch die Zahlung des Mindestunterhalts bereits den notwendigen Selbstbehalt unterschreitet. Soweit mit der Beschwerde vorgetragen wird, dass sich die finanziellen Verhältnisse gebessert hätten, fehlt es an aussagekräftigen Belegen, die den Vortrag stützen. ..."

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Die kompensationslose ehevertragliche Beschränkung des Anspruches auf Betreuungsunterhalt auf das Existenzminimum führt bei nicht auszuschließendem Kinderwunsch zur Unwirksamkeit der entsprechenden Regelung, wenn bereits bei Vertragsschluss absehbar war, dass berufliche Einschränkungen aufgrund der Kinderbetreuung nur einen Ehegatten treffen würden. Diese Unwirksamkeit erfasst bei vereinbarter salvatorischer Klausel nicht den gesamten Vertrag. Ein in der Gesamtschau für einen Ehegatten allein nachteiliger Ehevertrag ist nur dann insgesamt unwirksam, wenn er Ergebnis einer ungleichen Verhandlungsposition ist (vergleiche BGH FamRZ 2013, 195 ff., FamRZ 2017, 884 ff.; OLG Celle, Beschluss vom 13.09.2018 - 17 UF 28/18).

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Auch bei fortgeschrittenem Alter eines autistischen Kindes besteht keine Verpflichtung der Kindesmutter zur Vollzeittätigkeit, wenn ein deutlich erhöhter Förderungsbedarf des Kindes besteht; die Kindesmutter kann in diesem Fall Betreuungsunterhalt beanspruchen (OLG Hamm, Beschluss vom 02. 06.2016 - I-6 WF 19/16).

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Verpflichtung der Mutter eines fünfjährigen Kindes zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.12.2013 - 1 UF 180/13).

„... Die Antragsgegnerin hat gegen den Antragsteller ab Rechtskraft der Scheidung gemäß §§ 1570, 1578 Abs. 3 BGB einen Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt in Höhe monatlicher insgesamt 1.378 €, davon 372 € Altersvorsorgeunterhalt.

a) Von der Antragsgegnerin ist unter Berücksichtigung der Betreuungsbedürfnisse M's gemäß § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB und aus elternbezogenen Gründen gemäß § 1570 Abs. 2 BGB keine weitergehende als die tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit im Umfang von 25 Wochenstunden zu verlangen.

Nach § 1570 BGB kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen, § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht, § 1570 Abs. 2 BGB. Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen. In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahrs eine kindgerechte Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes und somit nicht mehr auf kindbezogene Verlängerungsgründe im Sinne von § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB berufen. Elternbezogene Gründe sind zu prüfen, soweit nicht schon kindbezogene Gründe einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Betreuung. Ein Anspruch auf Billigkeitsunterhalt unter dem Gesichtspunkt der elternbezogenen Gründe kann sich schließlich auch dann ergeben, wenn und soweit die Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten unter Berücksichtigung des konkreten Betreuungsbedarfs trotz der ganztätigen anderweitigen Betreuung des Kindes noch eingeschränkt ist (BGH, FamRZ 2010, 1050 ff., Tz. 18 ff.). Bei der Prüfung, ob die neben der Erwerbstätigkeit zu leistende Betreuung und Erziehung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führt, ist unter anderem zu berücksichtigen, dass am Morgen oder am späten Nachmittag und Abend regelmäßig weitere Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu erbringen sind, die je nach dem individuellen Betreuungsbedarf des Kindes in unterschiedlichem Umfang anfallen können. Die vom Gesetz angeordnete Billigkeitsabwägung nach § 1570 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB lässt Raum für eine Einbeziehung dieses Umstands unter dem Gesichtspunkt einer gerechten Lastenverteilung zwischen unterhaltsberechtigtem und unterhaltspflichtigem Elternteil im Einzelfall (BGH, FamRZ 2012, 1040 ff., Tz. 24 ff.).

Nach diesem Maßstab ist es aus kind- und elternbezogenen Gründen unbillig, von der Antragsgegnerin eine Erwerbstätigkeit zu verlangen, die über die tatsächlich ausgeübte hinausgeht.

Da M längstens bis um 17 Uhr im Hort bleiben kann, wäre seine Betreuung angesichts des regelmäßigen Arbeitsbeginns der Antragsgegnerin um 10 Uhr im Falle einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit, bei der sie unter Berücksichtigung der Fahrzeiten erst zwischen 19 Uhr und 19.30 Uhr zu Hause sein könnte, für die Dauer von arbeitstäglich zumindest zwei Stunden nicht sichergestellt. Hinzu kommen die nicht zu vernachlässigenden außerplanmäßigen Arbeitseinsätze, zu denen die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 05.12.2012 im Einzelnen vorgetragen hat.

Neben diesen kindbezogenen Gründen ist im Rahmen der Prüfung der elternbezogenen Gründe zu berücksichtigen, dass Kinder in M's Alter auch nach Verlassen der Ganztagseinrichtung noch der Betreuung durch einen Elternteil bedürfen. Um eine gerechte Lastenverteilung zwischen den Beteiligten zu gewährleisten, ist keine Obliegenheit der Antragsgegnerin anzunehmen, während der gesamten durch die Fremdbetreuung des Kindes gewonnenen Zeit einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Vielmehr ist ihr ein gewisser Spielraum für Arztbesuche, Behördengänge, Einkäufe sowie Haushaltsarbeit zu belassen und ihr die Möglichkeit zu eröffnen, sich nach der Heimkehr von der Arbeit persönlich dem Kind zuzuwenden. Dies wäre hier bei einer weitergehenden als der tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit nicht mehr sichergestellt.

b) Die Höhe des geschuldeten Betreuungsunterhalts ergibt sich aus der Differenz des Einkommens der Antragsgegnerin aus Ganztagstätigkeit zu dem tatsächlich unter Beachtung der Erfordernisse der Kindesbetreuung erzielten Einkommen (vgl. BGH, FamRZ 2010, 1050 ff., Tz. 42).

Bei vollzeitiger Erwerbstätigkeit könnte die Antragsgegnerin gemäß ihren nicht bestrittenen Ausführungen im Schriftsatz vom 22.11.2013 Einkünfte von jährlich netto 40.453,05 € = monatlich 3.371,09 € erzielen. Tatsächlich verfügt sie über Einkünfte von jährlich netto 28.385,98 € = monatlich 2.365,50 €, wie sie in dem vorgenannten Schriftsatz unbestritten dargelegt sind.

Die anlässlich der Beendigung des früheren Arbeitsverhältnisses vereinnahmte Abfindung ist nicht anzurechnen.

Eine Abfindung bleibt unterhaltsrechtlich unberücksichtigt, wenn der Ehegatte im Anschluss an das beendete Arbeitsverhältnis eine neue Arbeitsstelle erlangt, die ihm ein der früheren Tätigkeit vergleichbares Einkommen einbringt. Kann der Ehegatte hingegen sein früheres Einkommen nicht mehr erzielen, so ist die Abfindung grundsätzlich zur Aufstockung des verringerten Einkommens einzusetzen (vgl. BGH, FamRZ 2012, 1040 ff., Tz. 37 ff).

Nach der zwischenzeitlichen vollschichtigen Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin ist keine Einkommenseinbuße ersichtlich, die eine Zurechnung der Abfindung unter dem Gesichtspunkt des Lohnersatzes rechtfertigen könnte. Der Einkommensrückgang ab Mai 2012 beruht ausschließlich auf der Kindesbetreuung und stellt sich damit als Nachteil dar, der nicht dem Ausgleichszweck einer Abfindung unterfällt.

Andererseits rechtfertigen die vorgetragenen weiteren Kosten eines Kindermädchens keine Reduzierung der anrechenbaren Einkünfte. Denn insoweit ist nicht ersichtlich, dass auf der Grundlage einer Erwerbstätigkeit im reduzierten Umfang von 25 Wochenstunden statt der zuvor geleisteten 38,5 Wochenstunden regelmäßig in einem so großen Umfang nicht abgedeckte Betreuungszeiten verbleiben sollen, dass hierfür weiterhin die Anstellung eines Kindermädchens erforderlich ist. Insoweit hat die Antragsgegnerin einen über die fünfprozentige Berufsaufwandspauschale hinausgehenden Aufwand nicht hinreichend dargelegt.

Da im Falle einer Vollzeittätigkeit ein erhöhter Aufwand für die private Krankenzusatzversicherung, deren Beiträge sich typischerweise nicht an der Einkommenshöhe orientieren, nicht zu erkennen ist, kann dieser Posten im Rahmen der Bemessung der Einkommensdifferenz unberücksichtigt bleiben.

Danach errechnet sich eine Einkommenseinbuße wegen Kindesbetreuung und damit ein Elementarunterhaltsanspruch in Höhe monatlicher (3.371,09 € - 2.365,50 € = rund) 1.006 €.

c) Der gemäß § 1578 Abs. 3 BGB ebenfalls zu deckende Altersvorsorgebedarf beläuft sich auf monatlich 372 €. Dieser Betrag ist aufzuwenden, um die Antragsgegnerin so zu stellen, als betriebe sie ohne die Erwerbseinschränkungen durch die Kindesbetreuung gesetzliche Altersvorsorge bei einer Vollzeittätigkeit.

Ausgangspunkt dieser Bemessung ist der in Österreich geltende Gesamtbeitragssatz zur Pensionsversicherung von 22,8 % des Bruttoeinkommens bis zu einer Höchstbeitragsgrundlage von monatlich 4.400 € zuzüglich 8.880 € pro Jahr für Sonderzahlungen = insgesamt 62.160 €.

Mit ihrem derzeit erzielten jährlichen Bruttoeinkommen von 42.602 €, wie sich dies aus dem Schriftsatz vom 22.11.2013 ergibt, wird demnach insgesamt ein Beitrag von 9.713,26 € an die Pensionsversicherung abgeführt. Die Höchstbeitragsgrundlage wird nicht erreicht. Bei einem Einkommen aus Vollzeittätigkeit von jährlich brutto 65.000 € könnte unter Beachtung der Höchstbeitragsgrundlage ein Gesamtbeitrag von 14.172,48 € abgeführt werden. Daraus resultiert ein betreuungsbedingt ungedeckter Altersvorsorgebedarf von (14.172,48 € - 9.713,26 € =) 4.459,22 € im Jahr, was einem Monatsbetrag von rund 372 € entspricht.

d) Eine Leistungsunfähigkeit des Antragstellers zur Zahlung dieses Unterhalts gemäß § 1581 BGB kann nicht festgestellt werden. Legt man lediglich seine im Jahr 2013 bezogenen Erwerbseinkünfte ohne Tantiemen zugrunde, so ergibt sich im Ausgangspunkt nach Maßgabe der Gehaltsabrechnung 11/2013 ein Nettoeinkommen nach Steuern und Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung einschließlich der Arbeitgeber-Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe monatlicher 10.533,07 €. Nach Abzug der Aufwendungen für die private Kranken- und Pflegeversicherung von jährlich 5.753,29 € = monatlich 479,44 €, der Höchst-berufsaufwandspauschale von 150 €, der Sparrate auf das Wertpapierdepot von 2.000 €, der Tilgung für die Eigentumswohnung in Höhe von 688 €, des Unterhalts für F und J von je 608 € sowie des Kindesunterhalts für M von 462 € und für M von 421 € verbleibt ein bereinigtes Einkommen von monatlich 5.116,63 €, das eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit zur Zahlung des oben ermittelten Unterhalts der Antragsgegnerin nicht erkennen lässt, so dass es auf die Kapitaleinkünfte des Antragstellers und etwaige Steuererstattungen ebenso wenig ankommt wie auf die Berechtigung der einzelnen Abzugsposten, insbesondere der vorgenannten Sparrate.

4. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß §§ 1573 Abs. 2, 1578 BGB steht der Antragsgegnerin nicht zu, weil eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs über die Rechtskraft der Scheidung hinaus unbillig im Sinne von § 1578 b Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BGB wäre.

Bei dieser Billigkeitsabwägung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Ein solcher ehebedingter Nachteil äußert sich in der Regel darin, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne die Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde. Wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind (BGH, FamRZ 2012, 197 ff.). Wesentliche Aspekte im Rahmen der Billigkeitsabwägung sind neben der Dauer der Ehe insbesondere die in der Ehe gelebte Rollenverteilung wie auch die vom Unterhaltsberechtigten während der Ehe erbrachte Lebensleistung. Ferner sind die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten von Bedeutung, so dass in die Abwägung einzubeziehen ist, wie dringend der Berechtigte neben seinen eigenen Einkünften auf den Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maß der Unterhaltspflichtige durch diese Unterhaltszahlungen belastet wird. Dabei kann auch die lange Dauer von Trennungsunterhaltszahlungen bedeutsam sein. Die Ehedauer gewinnt vor allem durch die wirtschaftliche Verflechtung Gewicht, die insbesondere durch den Verzicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder wegen der Haushaltsführung eingetreten ist. Diese Grundsätze haben durch die am 01.03.2013 in Kraft getretene Neufassung des § 1578 b Abs. 1 BGB keine grundlegenden Änderungen erfahren (BGH, FamRZ 2013, 1291, 1293).

Nach diesem Maßstab ist ein nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessener Anspruch auf nachehelichen Unterhalt als unbillig anzusehen.

a) Ehebedingte Nachteile der Antragsgegnerin, die nicht schon durch den Betreuungsunterhalt ausgeglichen werden, sind nicht festzustellen. Die Antragsgegnerin hat nach der Trennung in ihrem erlernten Beruf vollschichtig gearbeitet und hieraus Einkünfte von jährlich brutto 65.000 € erzielt. Es besteht kein Anhalt dafür, dass sie Einkünfte in dieser Höhe nach Wegfall der Betreuungserfordernisse des Kindes nicht wieder erzielen wird. Höhere Einkünfte vor Heirat und Kindererziehung sind nicht ersichtlich, ergeben sich insbesondere nicht aus dem Versicherungsverlauf in der zum Versorgungsausgleich vorgelegten Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 19.04.2012.

b) Auch unter Berücksichtigung der nachehelichen Solidarität erscheint eine weitergehende Unterhaltspflicht unbillig.

Von maßgeblicher Bedeutung sind hier zunächst die wirtschaftlichen Verhältnisse. Die Antragsgegnerin verfügt mit Einkünften von jährlich netto 28.385,98 € = monatlich 2.365,50 €, wie sie sich aus dem Schriftsatz vom 22.11.2013 ergeben, bereits auf der Grundlage einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden über gehobene Einkünfte. Dies gilt erst recht, wenn man den Elementarbetreuungsunterhalt von monatlich 1.006 € in die Betrachtung einbezieht. Bei diesen Einkommensverhältnissen ist es der Antragsgegnerin ohne weiteres zuzumuten, ihre Bedürfnisse sogleich nach Rechtskraft der Scheidung am angemessenen Lebensbedarf nach ihren eigenen Einkünften unter Ausgleich lediglich der betreuungsbedingten Erwerbsnachteile zu orientieren. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der bereits seit August 2011 erfolgten Trennungsunterhaltszahlungen ist daher in der Gesamtabwägung ein weitergehender Anspruch auf nachehelichen Unterhalt unbillig. ..."

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„... Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig. Zutreffend hat das Amtsgericht noch in Form eines Urteils nach dem bis 31.08.2009 gültigen Verfahrensrecht entschieden, das vorliegend gemäß Artikel 111 I FGG-RG auch im Rechtsmittelverfahren noch weiter anzuwenden ist (vgl. BGH FamRZ 2010,639, Rn. 7 ff, 11, unter Bezugnahme auf Schwamb, FamRB 2010, 27, 28), weil zur Zeit der Entscheidung des Amtsgerichts kein Restverbund mehr mit dem bereits zuvor erstinstanzlich entschiedenen Versorgungsausgleich mehr bestanden hat und somit auch Art. 111 V FGG-RG die vorliegenden Folgesachen nicht ins neue Verfahrensrecht überführt hat. ...

1. Ehegattenunterhalt (Ziffer 2 des angefochtenen Urteils):

Die Ehegattenunterhaltsklage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen umfang begründet. Allerdings hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Antragsgegnerin jedenfalls gegenwärtig kein sog. Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 I, II BGB zusteht, weil sie durch die Kinderbetreuung auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH vom 18.04.2012 (XII ZR 65/10 = FamRZ 2012, 1040 ff.), in der die Anforderungen an die für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts insbesondere aus kindbezogenen Gründen erforderlichen Darlegungen wieder etwas gelockert worden sind und die gleichmäßige Lastenverteilung betont wird, im vorliegenden Einzelfall nicht an einer ihr angemessenen Erwerbstätigkeit gehindert ist. Die Zeugin H. hat nämlich glaubhaft und überzeugend dargelegt, dass die Antragsgegnerin bei rechtzeitiger Antragstellung geeignete Hortplätze oder alternativ Schülerbetreuungsplätze für beide Kinder in einem zeitlichen Umfang hätte bekommen können, die ihr bei gleichzeitiger Entlastung von häuslichen Verpflichtungen eine Vollzeitbeschäftigung ermöglicht hätten. Insbesondere die Annahme der Hortplätze täglich bis 17.00 Uhr inklusive Ferienangebot hätte ihr dies ermöglicht. Soweit die Inanspruchnahme des Angebots mit den von der Zeugin H. angegebenen nicht unerheblichen Kosten verbunden gewesen wäre, hätte allerdings der Antragsteller diese als Mehrbedarf der Kinder weitgehend tragen müssen, so dass er sich damit finanziell wohl nicht besser gestellt hätte, worauf es aber hier im Ergebnis nicht ankommt.

Der BGH bleibt nämlich - unter Berücksichtigung abweichender Auffassungen, u.a. OLG Frankfurt am Main FamRZ 2010,1449, vgl. ferner Schwamb in Büttner/Niepmann/Schwamb, 11. Aufl., Rn. 466 ff. - dabei, dass für ein Altersphasenmodell jedweder Art und ein Wahlrecht des betreuenden Elternteils, die Kinder noch in einem höheren Umfang selbst betreuen zu dürfen, sofern Fremdbetreuung angeboten wird, im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 1570 II BGB kein Raum mehr ist. Auch bei grundsätzlicher Aufrechterhaltung der Bedenken gegen diese restriktive Auslegung des § 1570 BGB (s. o.) ist vorliegend einzuräumen, dass die Beweisaufnahme im konkreten Fall Argumente für die Inanspruchnahme von mehr Fremdbetreuung insbesondere für das Kind K. ergeben hat. Zwar haben der Kinderarzt, die ehemalige Grundschullehrerin und die Förderschullehrerin aus ihrer jeweiligen Sicht die besondere Betreuungsbedürftigkeit von K. betont, andererseits aber auch durchblicken lassen, dass gerade in seinem Fall etwas weniger häusliche Betreuung und mehr Außenkontakte mit mehr Bewegung förderlich wären. Nach diesem Ergebnis der Beweisaufnahme blieb für die Geltendmachung von nicht zu befristendem Betreuungsunterhalt insoweit in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Amtsgerichts - derzeit - kein Raum, was allerdings nicht ausschließt, dass ein Anspruch auf dieser Grundlage zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufleben kann, wenn für die Kinder altersbedingt keine Hortangebote mehr zur Verfügung stehen und die dann besuchte Schule auch keine entsprechenden Ganstagsangebote unterbreiten kann (vgl. hierzu ebenfalls BGH FamRZ 2012,1040 ff.).

Es bleibt allerdings, was das Amtsgericht nicht ausreichend in Erwägung gezogen hat, angesichts der sehr unterschiedlichen Einkommensverhältnisse der Parteien ein Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 II BGB in der jetzt noch beantragten Höhe für die Antragsgegnerin. Dieser unterliegt zwar in teilweiser Übereinstimmung mit dem Vortrag des Antragstellers durchaus einer Befristung gemäß § 1578b BGB. Allerdings geht es auch insoweit um eine Billigkeitsabwägung. Angesichts einer bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ca. 11 1/2 Jahre dauernden Ehe, die kurz nach der Geburt der Kinder scheiterte und danach zumindest bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres der Kinder eine umfängliche Kinderbetreuungstätigkeit der Antragsgegnerin erforderte, hält der Senat eine weitere Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers bis Ende des Jahres 2015 auch unter Berücksichtigung der Jahre gewährten Trennungsunterhafts nicht für unbillig. Zwar hat der Antragsteller damit und unter weiterer Berücksichtigung des nach der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle zu zahlenden Kindesunterhalts für beide Kinder eine erhebliche Unterhaltslast zu tragen. Diese ist aber für einen so begrenzten Zeitraum unter Berücksichtigung der noch näher zu beleuchtenden Leistungsfähigkeit zumutbar.

Soweit vorgebracht wird, dass das neue Unterhaltsrecht keine Lebensstandardgarantie mehr für den bedürftigen Ehegatten gewährleiste, wird übersehen, dass das einem den Umständen angepassten übergangsweisen Aufstockungsunterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen im hier zugesprochenen umfang (insgesamt ca. 5 1/2 Jahre nach zuvor 6 1/2 Jahren Trennungsunterhalt) unter den gegebenen Umständen nicht entgegensteht. Nach Ende dieser Frist muss die Antragsgegnerin allerdings, sofern nicht noch eine neuerliche Betreuungsbedürftigkeit der Kinder und damit ein Anspruch gemäß S 1570 BGB wieder auflebt, selbst für sich sorgen, zumal auch unter Berücksichtigung ihres Vortrags nicht ersichtlich ist, dass bessere berufliche Aussichten ohne die Ehe bestanden hätten.

Der Antragsteller hat sein Einkommen noch einmal nach unten korrigiert, und es ist ihm zuzugeben, dass das Amtsgericht mit der Berechnung im Urteil vom 22.11.2011 etwas zu hoch gegriffen hat, weit es den Monatsdurchschnitt nur aus den ersten acht Monaten des Jahres 2011 mit der in diese Zeit bereits fallenden Bonuszahlung ermittelt hat. Die Antragsgegnerin weist allerdings zu Recht darauf hin, dass sie ihre Forderung nicht ausgereizt hat und sich der geltend gemachte Anspruch auch bei richtiger Berechnung noch ergibt.

Der Senat legt aufseiten des Antragstellers die von ihm zuletzt mitgeteilten geringeren 58.760,80 Euro netto für Oktober 2011 bis September 2012 zugrunde, bringt davon die in der Abrechnung Dezember 2011 kumulierten Jahreswerte VwL 480 Euro, freiwillige KV 6905,28 Euro, freiwiilige PV 868,68 Euro sowie AVK 1.969,92 Euro in Abzug und schlägt die AG-Zuschüsse für KV von 3.252,12 Euro und PV von 434,40 Euro wieder hinzu, so dass 52.223,44 Euro verbleiben, geteilt durch 12 = mtl. 4.351,95 Euro. Hinzu kommen die mtl. 77,27 Euro aus der Steuererstattung und abzuziehen sind die inzwischen geringfügig erhöhten Fahrtkosten von 246 Euro.

Auch unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren erneut wiederholten Argumente des Antragstellers sind keine höheren berufsbedingten Kosten anzuerkennen. Insbesondere ist rnit den insoweit zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, denen der Senat folgt, nach wie vor in keiner Weise ersichtlich, weshalb der Antragsteller keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen sollte.

Es bleiben demnach 4.183,22 Euro aus dem Erwerbseinkommen des Antragstellers. Hinzu kommen die 467,50 Euro Wohnvorteil; abzuziehen sind 982 Euro (2 x 491 Euro) Kindesunterhalt. Danach verbleiben dem Antragsteller insgesamt monatlich 3.668,72 Euro. Sein Selbstbehalt wird somit bei einem ausgeurteilten Ehegattenunterhalt von mtl. 1.034,80 Euro jedenfalls nicht annähernd tangiert.

Für die Bedarfsberechnung ist das noch um den Erwerbstätigenbonus zu bereinigende Einkommen des Antragstellers einem ebenso zu berechnenden fiktiven Einkommen der Antragsgegnerin gegenüber zu stellen.

Da das Erwerbseinkommen des Antragstellers 90 % ausmacht, sind vor Ermittlung des 1 /7-Erwerbstätigenbonus beim Ehegattenunterhalt zunächst 90 % des Kindesunterhalts abzuziehen, d. h. 883,80 Euro: 4.183,22 Euro - 883,80 Euro = 3.299,42 Euro, hiervon 1/7 = 471,35 Euro Erwerbstätigenbonus des Antragstellers.

Vom oben ermittelten bereinigten Nettoeinkommen von 3.668,72 Euro (mit Wohnvorteil und nach Abzug des gesamten Kindesunterhalts) sind deshalb 471,35 Euro Erwerbstätigenbonus abzuziehen. Das ergibt 3.197,37 Euro.

Geht man aufseiten der - in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht nur im ungelernten Bereich einsetzbaren - Antragsgegnerin von einer Vollerwerbstätigkeit (173,20 stunden monatlich) aus und veranschlagte dafür sogar einen Bruttolohn von allerdings nur schwer erzielbaren 10 Euro pro Stunde, ergäbe sich unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrags und der günstigsten Steuerklasse 2 ein fiktives Nettoeinkommen von €. 1.247 Euro. Nach Abzug von 5 % berufsbedingten Aufwendungen und einem 1/7-Erwerbstätigenbonus ergäben sich im günstigsten Fall erzielbare bereinigt 1.015,41 Euro monatlich, die den oben errechneten 3.197,37 Euro des Antragstellers gegenüber zu stellen sind. Die hälftige Differenz aus diesen Beträgen (= ca. 1.091 Euro) liegt über dem geltend gemachten und, als Aufstockungsunterhalt angemessen befristeten, zugesprochenen Betrag von 1.034,80 Euro.

Abschließend war lediglich noch klar zu stellen, dass die Befristung für etwa wieder auflebenden Betreuungsunterhalt keine Bedeutung hat. Soweit zur Abwendung der Voltstreckung aus der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts vom 04.06.2010 über nachehelichen unterhalt bereits Zahlungen geleistet worden sind, sind diese zu berücksichtigen, ohne dass dies hier auszusprechen war. ..." (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.10.2012 - 5 UF 3/12)

***

Erzieht, betreut und versorgt die Ehefrau nach der Scheidung einer langjährigen Ehe zwei jeweils nach langwierigen Fertilitätsbehandlungen geborene Zwillingspaare von neun und 17 Jahren, steht ihr nach den Umständen des Einzelfalles noch ein anteiliger Betreuungsunterhaltsanspruch aus § 1570 Abs. 1 und 2 BGB - in Kombination mit einem teilweisen Aufstockungsunterhaltsanspruch aus § 1573 Abs. 2 BGB - zu. Zu berücksichtigen sind bei der mit 2/3 bemessenen Erwerbsobliegenheit und mit einem Drittel der verfügbaren Zeit fortbestehenden Betreuungsbedürftigkeit nicht nur die kindesbezogenen Belange der beiden jüngeren Kinder - an die keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen und die auch die von der Unterhaltsberechtigten zu erbringenden Fahr- und Betreuungsleistungen für die sportlichen, musischen oder anderen Beschäftigungen der Kinder mit umfassen -, sondern auch die Auswirkungen des Zusammenlebens mit den zwar selbst nicht mehr betreuungsbedürftigen, aber zusätzliche Anforderungen an die Unterhaltsberechtigte stellenden 17-jährigen Zwillinge auf die Betreuung der jüngeren Zwillinge sowie die durch die Beeinträchtigungen auf Grund jahrelanger hochstrittiger Umgangsregelungs- und Sorgerechtsverfahren eingeschränkte Fremdbetreuungsfähigkeit der jüngeren beiden Kinder. Die teilweise noch aus § 1570 Abs. 1 und 2 BGB unterhaltsberechtigte frühere Ehefrau steht trotz des ergänzenden Aufstockungsunterhaltsanspruchs aus § 1573 Abs. 2 BGB im gleichen Unterhaltsrang des § 1609 Nr. 2 BGB wie die jetzige, ein Kind aus dieser zweiten Ehe betreuende Ehefrau des Unterhaltsschuldners. Auf die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich erforderliche genaue Differenzierung zwischen dem Betreuungsunterhaltsanteil und dem Aufstockungsunterhaltsanteil bei der Frage der Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b BGB kann verzichtet werden, wenn sowohl eine Befristung als auch eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs derzeit noch von vornherein ausscheiden müssen. Anders als in einem Nachscheidungsunterhalts-Ausgangsverfahren, in dem das Gericht grundsätzlich auch für die Zukunft den Zeitpunkt für eine Befristung oder Herabsetzung des Anspruchs prognostizieren darf, müssen in einem Nachscheidungsunterhalts-Abänderungsverfahren nach § 238 Abs. 1 FamFG die eine Abänderung des bestehenden Titels rechtfertigenden Tatsachen für eine Befristung oder Herabsetzung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung aktuell vorliegen (OLG Hamm, Beschluss vom 31.08.2012 - 3 UF 265/11):

„... III. Der Abänderungsantrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1. Die Antragsgegnerin hat gegen den Antragsteller in Abänderung des früheren Titels einen Anspruch auf Nachscheidungselementarunterhalt in der beschlossenen jeweiligen Höhe aus den §§ 1570, 1573 Abs. 2 BGB, in 2011 neben dem insoweit nicht angefochtenen monatlichen Krankenvorsorgeunterhalt von 155,90 Euro aus dem Ausgangsurteil, ab Januar 2012 hingegen ohne Krankenvorsorgeunterhalt. Das Familiengericht hat den Elementarunterhaltsanspruch der Antragsgegnerin pauschal auf die §§ 1569 ff. BGB gestützt. Tatsächlich setzt sich dieser zu einem Anteil noch aus einem Betreuungsunterhaltsanspruch nach § 1570 Abs. 1 und 2 BGB und zu einem weiteren Anteil aus Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB zusammen. Zwar hat das Amtsgericht die Erwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin betreuungsbedingt mit lediglich 15 Stunden pro Woche nach Auffassung des Senats zu niedrig angesetzt. Gleichwohl ist es entgegen dem Beschwerdeangriff des Antragstellers im Ansatz zutreffend dem Grunde nach von einem noch teilweise gegebenen Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus § 1570 Abs. 1 BGB ausgegangen, sodass die Antragsgegnerin gemäß § 1609 Nr. 2 BGB im gleichen Rang einzuordnen ist wie die das weitere Kind N betreuende zweite Ehefrau des Antragstellers.

a) Unter Berücksichtigung des § 1570 Abs. 1 S. 2 und 3, Abs. 2 BGB, der Ziffer 17.1.1 der Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht (Stand 01.01.2011 und 01.01.2012, im Folgenden: HLL) und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht vorliegend über die Vollendung des dritten Lebensjahres der beiden jüngeren Kinder hinaus weiterhin ein anteiliger Betreuungsunterhaltsanspruch der Antragsgegnerin. Insoweit war eine Billigkeitsprüfung aller Umstände des Einzelfalles geboten, denn der Bundesgerichtshof hat gegenüber zahlreichen neuen „Altersphasenmodellen" verschiedener Oberlandesgerichte klargestellt, dass eine Anknüpfung der Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus nur an das Alter des Kindes ausscheidet (BGH, FamRZ 2009, S. 770; FamRZ 2009, S. 1124; FamRZ 2009, S. 1391). Das Alter des Kindes ist nur eines von mehreren zu berücksichtigenden Kriterien und bietet nur einen groben Anhaltspunkt neben kindesbezogenen Belangen wie den Kinderfremdbetreuungsmöglichkeiten, aber auch der Fremdbetreuungsfähigkeit vor dem Hintergrund des physischen und psychischen Gesundheitszustandes des Kindes, elternbezogenen Gründen der erfolgten Rollenverteilung der Eltern in der Ehe sowie der Dauer ihrer Ehe und dem Umfang der Belastungen durch die neben der Erwerbstätigkeit verbleibende Kindesbetreuung (vgl. zu allen genannten Punkten Palandt-Brudermüller, BGB, 71. Auflage, § 1570 Rn. 13 ff.). Insoweit hat der Bundesgerichtshof aktuell entschieden (Urteil vom 18.04.2012, XII ZR 65/10, BeckRS 2012, 10742), dass an die Darlegung kindbezogener Gründe durch den Unterhaltsberechtigten keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind. Dabei sind insbesondere auch Bedürfnisse des Kindes, die etwa sportliche, musische oder andere Beschäftigungen betreffen, zu beachten. Sofern diese vom Kind nicht selbständig wahrgenommen werden können, sind vom Unterhaltsberechtigten etwa zu erbringende Fahr- und Betreuungsleistungen in Rechnung zu stellen. Ferner ist bei dem Umfang einer möglichen anderweitigen Kinderbetreuung zu berücksichtigen, wie eine ausgeübte Erwerbstätigkeit mit den Zeiten der Kinderbetreuung einschließlich der Fahrzeiten vereinbar ist und in welchem Umfang dem Unterhaltsberechtigten in dem dadurch vorgegebenen zeitlichen Rahmen eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist. Dabei können sich insbesondere bei mehreren Kindern Einschränkungen ergeben. Soweit die Betreuung des Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, kann einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils schließlich - teilweise - entgegenstehen, dass die von ihm daneben zu leistende Betreuung und Erziehung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann. Dabei ist unter anderem zu berücksichtigen, dass am Morgen oder am späten Nachmittag und Abend regelmäßig weitere Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu erbringen sind, die je nach dem Betreuungsbedarf des Kindes oder der Kinder in unterschiedlichem Umfang anfallen können (vgl. zu allem Vorstehenden BGH, BeckRS 2012, 10742, Rn. 20 ff.).

An diesen Maßstäben gemessen sind vorliegend die Voraussetzungen für einen der Billigkeit entsprechenden noch teilweisen Betreuungsunterhaltsanspruch gegeben:

Die Ehe der Beteiligten ist langjährig, nämlich von der Eheschließung am 20.03.1990 bis zur Rechtshängigkeit der Ehescheidung am 08.05.2008 von gut 18-jähriger Dauer gewesen. Unstreitig und durch das in Bezug genommene psychologische Gutachten aus dem Sorgerechtsverfahren 13 F 158/09 belegt haben die Beteiligten einvernehmlich bis zur Trennung im August 2006 in ihrer Ehe die klassische Rollenverteilung gewählt, wonach der Antragsteller mit seinem vollschichtigen Haupterwerbseinkommen den Familienunterhalt sicherstellte und die Antragsgegnerin sich voll dem Haushalt sowie zunächst den langwierigen Fertilitätsbehandlungen und anschließend der Betreuung und Erziehung der zunächst zwei und später vier ehelichen Kindern widmete und keiner Erwerbstätigkeit nachging. Hinsichtlich der Betreuungsnotwendigkeit der Kinder ist in dem streitgegenständlichen Unterhaltszeitraum allerdings nicht mehr auf die zunächst noch 15-jährigen und inzwischen 17-jährigen älteren Zwillinge abzustellen, denn in diesem Alter muss davon ausgegangen werden, dass diese sowohl ihre Freizeitaktivitäten als auch routinemäßige Arztbesuche selbst regeln können. Die Hinweise der darlegungs- und beweisbelasteten Antragsgegnerin (vgl. Brudermüller, a. a. O., § 1570 Rn. 25, BGH, a. a. O., Rn. 20) auf das Pubertieren der älteren Kinder, die Schwierigkeiten mit zwei Zwillingspärchen mit acht Jahren Abstand sowie die Erkrankung der älteren Zwillingstochter N1 (Herzrhythmusstörungen, allerdings derzeit abklingend) mit der Notwendigkeit der Medikamenteneinnahme und regelmäßiger Routinekontrollen vermögen - bezogen auf die älteren Kinder - keinen Betreuungsunterhaltsanspruch mehr zu begründen, denn mehr als übliche Pubertätsprobleme werden nicht dargelegt und die eigenverantwortliche Medikamenteneinnahme und Routinearztbesuche erscheinen einem Anfang 2011 bereits 15 ½-jährigen und heute 17-jährigen Mädchen zumutbar.

Allerdings geht der Senat davon aus, dass im Hinblick auf die Anfang 2011 siebenjährigen und heute neunjährigen jüngeren Zwillinge noch ein nicht unerheblicher Betreuungsbedarf besteht. Die pauschale Behauptung des Antragstellers, dass die Betreuung der jüngeren Zwillinge keinen besonderen Aufwand mehr erfordere, hält der Senat für mit der familiären Lebenswirklichkeit nicht vereinbar. Kinder in diesem Alter benötigen auch im Falle der zwischenzeitlichen Fremdbetreuung in der Schule z. B. bei den Hausaufgaben (die beiden jüngeren Zwillinge befinden sich in der Grundschule zwar in der Acht-bis-Eins-Betreuung, es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass sie bis ein Uhr alle schulischen Angelegenheiten vollständig geregelt haben), bei Mahlzeiten und bei der Organisierung der Termine für Verabredungen und Hobbies (hier z. B. Kanufahren) noch der regelmäßigen Unterstützung durch den Elternteil, bei dem sie leben. Die von dem Antragsteller dargelegten Möglichkeiten zur weitergehenden Fremdbetreuung, nämlich die unstreitig mögliche Ganztagsbetreuung in der Grundschule bis 16:00 Uhr, werden durch die Antragsgegnerin zwar nicht in Zweifel gezogen, gleichwohl nicht genutzt. Ihren substantiierten Vortrag zu den physischen und vor allem psychischen Grenzen der Fremdbetreuungsfähigkeit der Kinder hält der Senat für nachvollziehbar. Es hat neben dem Streit um das Sorgerecht und den Aufenthalt der Kinder in dem Verfahren 13 F 158/09 Amtsgericht - Familiengericht - Essen-Steele, in dem - wie bereits in dem vorherigen Umgangsregelungsverfahren 13 F 100/07 - ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten eingeholt worden ist, auch massive Probleme bei der Klärung des Ob und wie des Umgangs der Kinder mit dem Antragsteller gegeben. Dieser hat im Senatstermin angegeben, dass er seit rund zweieinhalb Jahren mit keinem seiner vier Kinder mehr Umgang habe. Angesichts der Einbeziehung der Kinder in die jahrelangen hochstrittigen Umgangsregelungs- und Sorgerechtsverfahren, beginnend kurz nach der Trennung von August 2006, durch richterliche Kindesanhörungen, Sachverständigenexplorationen der Kinder sowie den lang anhaltenden Versuch der Umgangsanbahnung und -regelung durch eine Umgangspflegschaft, die ausweislich der Angaben des Antragstellers zu der rund zweieinhalbjährigen Umgangsaussetzung offenbar in 2010 gescheitert ist, ist es für den Senat plausibel nachvollziehbar, dass die Fremdbetreuungsfähigkeit der beiden jüngeren Kinder gegenüber gleichaltrigen, in einem intakten Familienumfeld aufwachsenden Kindern eingeschränkt ist. Eine Ganztagsbetreuung in der Grundschule bis 16:00 Uhr liefe unter diesen Umständen nach Einschätzung des Senats den Bedürfnissen der jüngeren Zwillinge zuwider.

Das Betreuungsbedürfnis der jüngeren Zwillinge mit der sich hierdurch ergebenden Belastung - auch in zeitlicher Hinsicht - für die Antragsgegnerin wird durch das Zusammenleben mit den beiden 17-jährigen Zwillingen noch gesteigert. Letztere sind zwar für sich genommen nicht mehr als betreuungsbedürftig anzusehen; die sich aus dem Zusammenleben ergebenden Spannungen, Unruhe und divergierenden Interessen wirken sich aber zur Überzeugung des Senats auch als Belastung bei der Betreuung der beiden neunjährigen Zwillinge aus. Dabei geht der Senat entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht davon aus, dass die beiden älteren Zwillinge wesentliche Anteile der Betreuung der beiden jüngeren Kinder während der Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin übernehmen können. Abgesehen von der Rechtsfrage, ob dieser Aspekt vom Regelungszweck des § 1570 BGB überhaupt umfasst ist, haben die Beteiligten vorliegend im Senatstermin unstreitig gestellt, dass die beiden älteren Zwillinge aktuell das zwölfte Schuljahr auf dem Gymnasium besuchen, also im Frühjahr 2013 ihre Abiturprüfungen absolvieren werden. Es ist dem Senat sowohl gerichtsbekannt als auch allgemein bekannt, dass durch die Verkürzung des Abiturs auf zwölf Jahre Unterrichtzeit, also den nur noch achtjährigen Besuch des Gymnasiums („G 8"), Schüler ab der Mittelstufe, erst Recht aber in dem vorliegend im Unterhaltszeitraum liegenden zehnten bis zwölften Schuljahr der älteren Zwillinge, mindestens rund 35 Wochenstunden Unterricht haben, d. h. an mindestens drei bis vier Nachmittagen Unterricht bis in die achte oder neunte Stunde stattfindet. Berücksichtigt man zudem, dass in der Oberstufe regelmäßig ein deutlich erhöhter Hausaufgaben- und Lernaufwand besteht, können die älteren Zwillinge von Ausnahmen abgesehen nicht regelmäßig zur Betreuung der jüngeren Kinder herangezogen werden. Schließlich können die älteren Zwillinge auch die Fahrten der jüngeren Zwillinge zu Verabredungen und Hobbies noch nicht eigenverantwortlich übernehmen, da sie als heute 17-Jährige allenfalls in Begleitung der Antragsgegnerin Autofahren dürften.

Der Senat geht im Ergebnis davon aus, dass den beiden jüngeren Kindern eine Übermittagsbetreuung in der Grundschule bis 14:00 Uhr (statt lediglich von acht bis ein Uhr) seit ihrem siebten Lebensjahr durchaus zuzumuten ist und sieht daher eine Erwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin im Umfang einer 2/3-Tätigkeit, also etwa drei mal fünf und zwei Mal sechs Arbeitsstunden an den fünf Werktagen der Woche (bei 174 Monatsstunden bei Vollzeit also monatlich 116 Stunden) als angemessen an; hierin liegt auch an dem Maßstab der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a. a. O., Rn. 21, 24) gemessen noch keine überobligationsmäßige Belastung. Entsprechend besteht auf Seiten der Antragstellerin ein kinderbetreuungsbedingtes Erwerbshindernis im Umfang von 1/3 der ansonsten möglichen Vollzeiterwerbstätigkeit.

b) Neben dem von dem Antragsteller nach alledem geschuldeten Betreuungsunterhaltsanteil, der sich aus dem teilweise fortbestehenden Betreuungsbedürfnis ergibt, hat die Antragsgegnerin im Rahmen des Aufstockungsunterhalts aus § 1573 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf einen überschießenden Unterhaltsteilbetrag, der sich aus der unterschiedlichen Höhe des Einkommens des Antragstellers und des - teilweise fiktiven - Einkommens der Antragsgegnerin ergibt. Während sich der Nachscheidungsunterhaltsanspruch noch vollständig - also nicht nur bzgl. des Anteils, der auf dem Erwerbshindernis beruht, sondern auch für den Teil, der den den angemessenen Lebensbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 BGB übersteigenden Anteil betrifft - allein aus den §§ 1570 bis 1572 BGB ergibt, solange der Unterhaltsgläubiger vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist, folgt der Unterhaltsanspruch bei nur teilweiser Hinderung des Unterhaltsberechtigten an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzgl. des allein durch die teilweise Erwerbshinderung verursachten Einkommensausfalls aus den §§ 1570 bis 1572 BGB und im Übrigen als Aufstockungsunterhalt aus § 1573 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 14.04.2010, XII ZR 89/08, NJW 2010, S. 2056 ff.; BGH, 26.11.2008, XII ZR 131/07, BGHZ 179, 43 ff. = FamRZ 2009, S. 406). So liegt der Fall hier:

Neben dem teilweisen Einkommensausfall durch die im Umfang von 1/3 bestehende betreuungsbedingte Erwerbshinderung reichen auch die bei 100-%-iger Erwerbstätigkeit erzielbaren Einkünfte der Antragsgegnerin aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zu deren vollem Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen im Sinne des § 1578 Abs. 1 BGB nicht aus. Während der Antragsteller eheprägend im Rahmen seiner durchgehend vollschichtigen Erwerbstätigkeit ein zunehmend gestiegenes, inzwischen deutlich überdurchschnittliches Einkommen zu erwirtschaften vermocht hat, ist die Antragsgegnerin mit ihrer Ausbildung zur Bürokauffrau prognostisch nicht mehr in der Lage, ihren durch die eheprägenden Lebensverhältnisse bestimmten Bedarf allein zu decken. In ihrem Ausbildungsberuf als Bürokauffrau, in dem die Antragsgegnerin nach der Ausbildung von 1986 bis 1989 bereits während der Ehe vor der Geburt der Kinder ab 1990 nur teilweise neben Zeiten der Arbeitslosigkeit voll erwerbstätig war - der Wechsel von Erwerbszeiten mit maximal knapp 20.000,00 DM Bruttoeinkommen in sieben Monaten und mehreren Arbeitslosenzeiten wird durch den Versicherungsverlauf in der Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund im Scheidungsverfahren bestätigt -, könnte die Antragsgegnerin zur Überzeugung des Senats ausgehend von in 1992 rund 2.850,00 DM brutto pro Monat heute bei jährlichen Steigerungen von im Durchschnitt rund 1 % und vollschichtiger Tätigkeit - wegen langer Pause ohne Beförderung - etwa ein Monatsbruttoeinkommen von bis zu 1.750,00 Euro erzielen.

Im Rahmen einer Kontrollerwägung hält der Senat entsprechend nach der langen Familienphase als realistisch erzielbares Einkommen bei einer Vollzeittätigkeit von 174 Stunden einen eher im unteren Rahmen für eine kaufmännische Angestellte liegenden Bruttostundenlohn von 10,00 Euro für angemessen. Das Bruttomonatseinkommen von 1.740,00 Euro führte versteuert zu einem Nettoeinkommen je nach der Steuerklasse (I oder II) und Kinderfreibeträgen zwischen rund 1.200,00 und 1.250,00 Euro, sodass nach den ehelichen Lebensverhältnissen auch nach dem Vorwegabzug des Kindesunterhalts von dem Einkommen des Antragstellers unabhängig von der teilweisen Einschränkung der Erwerbstätigkeit durch Kinderbetreuung auch eine zum anteiligen Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB berechtigende Einkommensdifferenz verbleibt.

2. Bei der Nachscheidungsunterhaltsbedarfsermittlung ist der Antragsgegnerin ausgehend von sämtlichen vorstehenden Erwägungen ein teilweise fiktives Erwerbseinkommen zuzurechnen, da ihr Vortrag zu Bewerbungsbemühungen und -chancen unsubstantiiert und nicht belegt ist. Die tatsächliche Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin - gemäß ihren Angaben im Senatstermin mit sechs Stunden pro Woche sowie mit einem Aushilfslohn von 250,00 Euro im Monat als Schreib- und Bürofachkraft für ihren Verfahrensbevollmächtigten - genügt der oben dargelegten Erwerbsobliegenheit hingegen deutlich nicht.

Der Senat geht bei der fiktiven Zurechnung einer 2/3-Beschäftigung mit 116 Stunden pro Monat von einem erzielbaren Bruttostundenlohn von 10,00 Euro aus. Dieser Betrag erscheint für die Antragsgegnerin als gelernter Bürokauffrau, die in diesem Beruf aber nach der Ausbildung ehe- und kinderbedingt für über 20 Jahre nicht gearbeitet hat, unter Berücksichtigung der vom Arbeitsamt getragenen Weiterbildungsmaßnahme als angemessen, zumal die Antragsgegnerin aktuell tatsächlich für sechs Stunden in der Woche, d. h. durchschnittlich x 4,35 Wochen pro Monat also rund 26 Stunden monatlich, einen Bruttoaushilfslohn von 250,00 Euro, pro Stunde also knapp 10,00 Euro erhält. Der fiktiv zurechenbare Monatsbruttolohn der Antragsgegnerin beträgt demnach 1.160,00 Euro.

Dies ergibt in der Steuerklasse 2 bei 2,0 Kinderfreibeträgen im Jahr 2011 das folgende Nettoeinkommen: ...

Bringt man entsprechend der ständigen Senatsrechtsprechung in Übereinstimmung mit der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 18.06.2012, 1 BvR 774/10) bei dem fiktiv angerechneten Nettoeinkommen zumindest fiktive berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von pauschal 5 % im Monat in Abzug, verbleiben monatlich 858,17 Euro. Wie vom Amtsgericht zutreffend erkannt, ist der Krankenversicherungsbeitrag von 95,12 Euro aber für das Jahr 2011 wieder hinzuzurechnen, da der Antragsteller der Antragsgegnerin bereits rechtskräftig titulierten monatlichen Krankenvorsorgeunterhalt von 155,90 Euro zu zahlen hat. Diesen hat er erstinstanzlich nicht angegriffen und mit der Beschwerde ebenfalls nicht für das Unterhaltsjahr 2011. Es ergibt sich für 2011 ein teilweise fiktives bereinigtes Einkommen der Antragsgegnerin von monatlich 953,29 Euro.

Allerdings macht der Antragsteller mit der Antragserweiterung im Beschwerdeverfahren geltend, ab 2012 keinen Scheidungsunterhalt - also auch keinen Krankenvorsorgeunterhalt - mehr zahlen zu müssen. Da die Antragsgegnerin auch in 2012 fiktiv so zu stellen ist, dass sie einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht, entfällt der Anspruch auf Krankenvorsorgeunterhalt von monatlich 155,90 Euro ab dem Zeitpunkt, an dem die Beschwerde ihn angreift, also ab Januar 2012.

Für 2012 ergibt sich danach folgendes teilweise fiktives bedarfsprägendes Einkommen der Antragsgegnerin, wobei wegen des Wegfalls des vom Antragsteller zu zahlenden Krankenvorsorgeunterhalts der entsprechende Sozialversicherungsbeitrag anders als in 2011 nicht wieder auf den Nettolohn aufzuschlagen ist: ...

3. a) Das bedarfsprägende Einkommen des Antragstellers ist unter Berücksichtigung der von ihm zitierten Entscheidung des BVerfG (Beschluss vom 25.01.2011, Aktenzeichen 1 BvR 918/10) für die Unterhaltsansprüche der Antragsgegnerin nicht nach der Steuerklasse III (Splittingvorteil), sondern nach der Grundtabelle (Steuerklasse I) zu ermitteln, während diese Entscheidung auf den Kindesunterhalt keine Anwendung findet; dort ist das bestmöglich erzielbare Einkommen maßgeblich, d. h. für März 2011 noch in der Steuerklasse I und ab April 2011 - dem Monat der neuen Eheschließung - in der Steuerklasse III. Da der Antragsgegnerin aus den obigen Gründen ein fiktives Erwerbseinkommen in der Steuerklasse II bei 2,0 Kinderfreibeträgen zuzurechnen ist, greift ihr eigenes Vorbringen, der Antragsteller habe sich durchgehend mit 5,0 Kinderfreibeträgen zu veranlagen, nicht durch. Bei seinem Einkommen sind für März und April 2011 jeweils 2,0 Kinderfreibeträge wegen der vier ehelichen Kinder und ab Mai 2011 zusätzlich der volle Kinderfreibetrag für N, also insgesamt 3,0 Kinderfreibeträge zu berücksichtigen.

Durchgehend bis zu der vorliegenden Entscheidung des Senats, d. h. bis einschließlich August 2012, ist mit einem Jahresfreibetrag auf der Lohnsteuerkarte des Antragstellers von 856,00 Euro x 12 Monate = 10.272,00 Euro zu rechnen. Der von den Beteiligten übernommene Ansatz des Amtsgerichts, nämlich der faktisch eingetragene Freibetrag von 8.622,00 Euro, beruht auf der nach dem Scheidungsurteil von März 2010 im April 2010 erfolgten Eintragung eines monatlichen Unterhalts von 958,00 Euro für neun Monate. Tatsächlich ist der Antragsteller aber gehalten gewesen, ab 2011 den rechtskräftig titulierten Ehegattenunterhalt von monatlich 856,00 Euro, also jährlich 10.272,00 Euro, auf seiner Lohnsteuerkarte eintragen zu lassen. Hingegen war er entgegen dem Vorbringen der Antragsgegnerin im Hinblick auf den unsicheren Ausgang des vorliegenden Verfahrens nicht gehalten, wegen der Unterhaltsforderungen der Antragsgegnerin den Höchstfreibetrag von 13.805,00 Euro eintragen zu lassen.

Ab dem Monat September 2012 ist der Antragsteller auf Grund des vorliegenden Senatsbeschlusses nach den unten stehenden Unterhaltsberechnungen aber nur noch berechtigt, einen Jahresfreibetrag von 458,00 Euro x 12 Monate = 5.496,00 Euro auf der Lohnsteuerkarte eintragen zu lassen. Dies bedeutet gegenüber dem bisher einzutragenden Freibetrag von 856,00 Euro x 12 Monate = 10.272,00 Euro eine Differenz von 4.776,00 Euro. Bringt man von dem aus dem letzten Steuerbescheid für 2011 vom 19.06.2012 ersichtlichen insgesamt berücksichtigten Unterhaltsfreibetrag von 11.511,00 Euro die Differenz von 4.776,00 Euro in Abzug, verbleibt ein zukünftiger Freibetrag von 6.735,00 Euro.

b) Ausgehend von dem Jahresbruttoeinkommen gemäß der Dezember-Abrechnung für 2011 von 71.677,50 Euro ergeben sich in den einzelnen Unterhaltszeiträumen unter Berücksichtigung der jeweiligen Steuerklasse und der jeweiligen Kinderfreibeträge die folgenden zugrunde zu legenden Einkommen des Antragstellers in 2011:

aa) März 2011 (ohne neue Ehe und neues Kind, daher für Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt noch einheitlich): ...

bb) April 2011 (neue Eheschließung, aber noch kein weiteres Kind): ...

cc) Für Mai 2011 (Geburt des weiteren Kindes) bis Dezember 2011: ...

c) Im Jahr 2012 lassen sich aus den von dem Antragsteller eingereichten Bezügemitteilungen und Krankengeldbescheiden einerseits teils deutlich höhere monatliche Bruttoerwerbseinkommen als in 2011, andererseits aber auch Einkommenseinbußen wegen des teilweisen Krankengeldbezuges feststellen. Der Senat schreibt deshalb, da eine sichere Prognose des Jahresbruttoeinkommens für 2012 noch nicht möglich ist, das Jahresbruttoeinkommen aus 2011 fort, wobei sich in 2012 folgende Nettoeinkommen ergeben:

aa) Januar bis August 2012 (Steuern und Rentenversicherungsbeitrag sinken geringfügig gegenüber 2011): ...

bb) Ab September 2012 (der Jahresfreibetrag sinkt auf 6.783,00 Euro): ...

4. Bereinigung:

a) Abzug der Pkw-Nutzung des Firmenwagens aus den Bezügemitteilungen und Hinzurechnung des Nutzungsvorteils:

Insoweit haben beide Seiten die amtsgerichtliche Berechnungsweise nicht angegriffen. Die Antragsgegnerin errechnet zwar leicht abweichende Zahlen aus den Bezügemitteilungen, ficht die grundsätzliche Abzugsfähigkeit des Pkw-Nutzungsanteils vom Gehalt gegen Hinzurechnung eines vom Amtsgericht mit 200,00 Euro geschätzten privaten Nutzungsvorteils aber nicht an. In 2011 sind ausweislich der Abrechnungen von 1/11 bis 6/11 6 x 384,00 Euro und für 7/11 bis 12/11 6 x 396,00 Euro vom Nettogehalt abgezogen worden, insgesamt 4.680,00 Euro. Bei entgegenstehendem nicht angefochtenen Nutzungsvorteil von 2.400,00 Euro verbleibt eine Unterdeckung von - 2.280,00 Euro, monatsdurchschnittlich also 190,00 Euro.

Ab 2012 ist durchgehend von einem Abzug vom Nettogehalt von 396,00 Euro für die Pkw-Nutzung des Firmenwagens auszugehen, sodass die monatliche Unterdeckung gegenüber dem Nutzungsvorteil von 200,00 Euro jetzt 196,00 Euro beträgt.

b) Spesen:

Das Amtsgericht hat bei den Spesen - von den Beteiligten nicht beanstandet - gemäß Ziffer 1.4 HLL 1/3 als private Ersparnis beim Einkommen belassen, also 2/3 abgezogen. In 2011 sind ausweislich der Abrechnungen von 1/11 bis 6/11 6 x 150,00 Euro und für 7/11 bis 12/11 6 x 210,00 Euro Reisekostenpauschale, also insgesamt Spesen von 2.160,00 Euro geflossen. Abzuziehende 2/3 hiervon sind 1.440,00 Euro, monatlich also 120,00 Euro statt der vom Amtsgericht angesetzten 100,00 Euro.

Ab 2012 ist bei monatlichen Spesen (Reisekostenpauschale) von 210,00 Euro ein monatlicher 2/3-Abzug von 140,00 Euro vorzunehmen.

c) Arbeitgeberanteil an den vermögenswirksamen Leistungen (VwL):

Das Amtsgericht hat unangefochten den vollen Arbeitgeberanteil von 26,59 Euro - und nicht nur wie eigentlich in Ziffer 10.6 HLL vorgesehen den Netto-Betrag - in Abzug gebracht. Mangels Beschwerdeangriffs übernimmt der Senat diesen Ansatz.

d) Steuererstattungen für 2010 in 2011 und für 2011 in 2012:

Kein Beteiligter hat substantiiert den amtsgerichtlichen Ansatz angefochten, von der Steuererstattung von 4.435,78 Euro für 2010 in 2011 lediglich einen Anteil von 3.400,00 Euro, also monatlich 283,33 Euro, zu berücksichtigen, da nicht der Steuerfreibetrag auf der Lohnsteuerkarte und im Lohnsteuerjahresausgleich beide voll berücksichtigt werden könnten. Der Senat übernimmt diesen Monatsbetrag nach dem In-Prinzip für 2011. In 2012 beträgt die Steuererstattung gemäß dem Steuerbescheid vom 19.06.2012 insgesamt 2.968,57 Euro, monatlich 247,38 Euro. Dieser Betrag ist trotz der Hinweise im Schriftsatz des Antragstellers vom 20.08.2012 nach dem In-Prinzip voll anzusetzen, da der Steuerfreibetrag von 11.511,00 Euro aus dem Bescheid nur vergleichsweise geringfügig über dem für die Vergangenheit ohnehin anzusetzenden Jahresfreibetrag liegt (s. o.).

e) Sonderausgaben für die Fertilitätsbehandlung der neuen Ehefrau:

Soweit der Antragsteller dem unterhaltsrechtlichen Einkommen allerdings als Sonderausgabe monatsanteilige, nicht von der Krankenkasse getragene Fertilitätsbehandlungskosten seiner neuen Ehefrau von 296,25 Euro (insgesamt 3.555,00 Euro) entgegenhält, die er in der Steuererklärung für 2010 als Sonderausgaben abgesetzt hat und die damit zur Höhe der Erstattung beigetragen haben, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Zum einen hat das Amtsgericht bereits einen Abschlag von über 1.000,00 Euro von der Steuererstattung in 2011 gemacht. Des Weiteren würde der volle Abzug der Behandlungskosten - offenbar über 2010/2011 hinausgehend vom Antragsteller gewollt - faktisch dazu führen, dass die Antragsgegnerin durch eine Verringerung ihres Nachscheidungsunterhalts die private Familienplanung des Antragstellers und seiner neuen Ehefrau anteilig mitfinanzieren würde.

f) Krankenvorsorgeunterhalt:

Der im Ausgangsverfahren titulierte Krankenvorsorgeunterhalt von monatlich 155,90 Euro ist nach dem oben Gesagten für 2011, da nicht angefochten, vorab vor der Elementarunterhaltsberechnung von dem Einkommen des Antragstellers abzuziehen, während dieser Abzug für 2012 nach dem oben Gesagten nicht mehr vorzunehmen ist.

5. Hinsichtlich der einzelnen Weichenstellungen der Unterhaltsberechnung lässt sich Folgendes feststellen:

a) Die Antragsgegnerin wendet zu Recht ein, dass der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung zweimal den 1/7 Erwerbstätigenbonus in Abzug bringt. Tatsächlich ist der 1/7 Erwerbstätigenbonus nur einmal bei der Ermittlung des Nachscheidungs-Elementarunterhaltsbedarfs der Antragsgegnerin nach der Differenzmethode in Abzug zu bringen, während entgegen der Berechnung auf Seite 7 der Beschwerdebegründung das die Leistungsfähigkeit prägende bereinigte Einkommen ohne Abzug des 1/7 Erwerbstätigenbonus in Bezug zu dem notwendigen Selbstbehalt hinsichtlich des Kindesunterhalts von 950,00 Euro nach Ziffer 21.2 HLL und zu dem eheangemessenen billigen Selbstbehalt nach Ziffer 21.4 HHL von 1.050,00 Euro zu setzen ist.

b) Den amtsgerichtlichen Ansatz, den Bedarf der neuen Ehefrau des Antragstellers als Existenzminimum entsprechend dem notwendigen Selbstbehalt des nicht Erwerbstätigen nach Ziffer 21.2 HLL mit 770,00 Euro zu bemessen, haben beide Seiten ausdrücklich in ihren Berechnungen übernommen, sodass der Senat hier mangels Beschwerdeangriffs keinen Ansatzpunkt für eine andere Bewertung sieht. Zu Recht hat das Amtsgericht zudem das in dem Jahr nach der Geburt von N gezahlte Elterngeld von monatlich 300,00 Euro nicht von dem Bedarf abgesetzt, denn gemäß § 11 S. 4 BEEG i. V. m. Ziffer 2.5 HLL ist der Mindestbetrag von monatlich 300,00 Euro - vorliegend hat die neue Ehefrau nicht von der Erstreckung des halbierten Betrages auf zwei Jahre nach § 6 S. 2 BEEG Gebrauch gemacht - nicht als Einkommen zu behandeln, es sei denn, es läge ausnahmsweise (vorliegend ersichtlich nicht in Betracht kommend) ein Fall der §§ 1361 Abs. 2, 1579, 1603 Abs. 2 oder 1611 Abs. 1 BGB vor.

c) Dem Grund nach zu Recht hat das Amtsgericht schließlich bei der Ermittlung des vor dem Ehegattenunterhalt vorrangigen Kindesunterhaltsbedarfs von N von dem Tabellenunterhaltsbetrag das volle Kindergeld und nicht nur die Hälfte in Abzug gebracht haben, denn entgegen dem Beschwerdeangriff des Antragstellers ist vorliegend nicht ein Fall des § 1612 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB, sondern der vollen Anrechnung des Kindergeldes auf den Barbedarf nach § 1612 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 BGB gegeben. Die erstgenannte Alternative greift nur, wenn im Sinne des dort ausdrücklich zitierten § 1603 Abs. 3 S. 2 BGB ein Elternteil den gleichwertigen Betreuungsunterhalt und der andere den Barunterhalt für das Kind leistet - also das Kind nur durch einen Elternteil betreut wird (vgl. BGH, FamRZ 2006, S. 99/101 f.; Palandt-Brudermüller, a. a. O., § 1612 b Rdnr. 9). Vorliegend lebt N mit dem Antragsteller und dessen neuer Ehefrau in einem Haushalt, sodass das Kindergeld voll von ihrem Kindesunterhaltsbedarf abzuziehen ist.

Allerdings ist das Kindergeld nicht - wie in der angefochtenen Entscheidung - mit 215,00 Euro für N als fünftes Kind des Antragstellers abzuziehen, sondern gemäß § 1 Abs. 1 Bundeskindergeldgesetz richtigerweise nur mit 184,00 Euro für das erste Kind der neuen Ehefrau als Mutter. Entsprechend hat der Antragsteller das Kindergeld in seiner Verfahrenskostenhilfeerklärung nicht als Einkommen auf seiner Seite angegeben. Der Senat setzt deshalb von dem Tabellenunterhalt von 349,00 Euro nur das volle Kindergeld eines ersten Kindes von 184,00 Euro ab, sodass 165,00 Euro verbleiben.

6. Auf Grund der vorstehenden Weichenstellungen ergeben sich für die einzelnen streitgegenständlichen Zeiträume die folgenden Unterhaltsberechnungen:

a) Unterhaltsberechnung: ...

7. Der ermittelte Nachscheidungselementarunterhalt ist entgegen der Auffassung des Antragstellers derzeit nach § 1578 b BGB weder zu befristen noch zeitlich herabzusetzen. Weil der Antragsteller als Unterhaltsschuldner aus tatsächlichen Gründen darauf angewiesen ist, eine Unterhaltsbegrenzung im Wege des Abänderungsantrags zu erreichen, ist ihm diese Möglichkeit erst eröffnet, wenn die in Frage stehenden Verhältnisse auch bereits tatsächlich eingetreten sind (vgl. BGH, FamRZ 2000, S. 1499). Denn für die Abänderung der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen reicht es nicht aus, dass die Prognose der künftigen Verhältnisse, die der Verurteilung zugrunde liegt, aus nachträglicher Sicht anders zu treffen wäre (BGHZ 80, 389, 397). Lediglich in dem Ausgangsverfahren über den Unterhalt setzt die Entscheidung, dass der Unterhaltsanspruch von einem bestimmten Zeitpunkt an nach § 1578b BGB aus Billigkeitsgründen zu begrenzen ist, nicht voraus, dass dieser Zeitpunkt bereits erreicht ist. Soweit die betreffenden Gründe bereits eingetreten oder zuverlässig vorauszusehen sind, kann die Entscheidung über eine Unterhaltsbegrenzung wegen § 323 Abs. 2 ZPO (bzw. vorliegend § 238 Abs. 2 FamFG) deshalb grundsätzlich nicht einer Abänderungsklage bzw. einem Abänderungsantrag überlassen bleiben, sondern ist bereits im Ausgangsverfahren zu treffen.

a) Derzeit sind jedoch in dem vorliegenden Abänderungsverfahren weder die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Befristung noch für eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs im Sinne des § 1578 b BGB gegeben. Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Nebeneinander von verschiedenen Anspruchsgrundlagen - vorliegend § 1570 BGB und § 1573 Abs. 2 BGB - in der Regel eine genaue Differenzierung, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit der Befristung und Herabsetzung, erfordert (BGH, NJW 1999, S. 1547 ff., recherchiert bei juris, Rn. 16), kann eine solche genaue Beurteilung ausnahmsweise unterbleiben, wenn im Ergebnis ein zeitliche Befristung oder Herabsetzung noch von vornherein ausscheidet (BGH, NJW 1994, S. 935; BGH, Urteil vom 18.04.2012, XII ZR 65/10, BeckRS 10742 Rn. 47). So liegt der Fall hier, denn eine zeitliche Befristung oder Herabsetzung des Nachscheidungsunterhalts kommt vorliegend von vornherein nicht in Betracht.

aa) Soweit es den - oben rechnerisch nicht näher ausdifferenzierten - Betreuungsunterhaltsanteil an dem Nachscheidungsunterhaltsanspruch der Antragsgegnerin angeht, scheidet eine Befristung desselben bereits deshalb aus, weil Betreuungsunterhalt nicht befristet wird, sondern endet, wenn das Betreuungsbedürfnis entfällt (ständige Rechtsprechung des BGH, zuletzt Urteil vom 18.04.2012, a. a. O., Rn. 47).

bb) Soweit der Betreuungsunterhaltsanteil grundsätzlich einer Herabsetzung zugänglich ist und der Aufstockungsunterhaltsanteil nach § 1573 Abs. 2 BGB sowohl befristet als auch herabgesetzt werden kann, ist dies zum derzeitigen Zeitpunkt weder beim Betreuungsunterhalt noch beim Aufstockungsunterhalt denkbar. Bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder eine zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts - bzgl. der Befristung nach dem oben Gesagten nur hinsichtlich des Aufstockungsunterhalts - ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen (BGH, 14.10.2009, XII ZR 146/08). Nach den in § 1578 b Absatz 1 Satz 2 und 3 BGB genannten Kriterien sind als ehebedingte Nachteile insbesondere die Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie die Dauer der Ehe zu berücksichtigen. Dabei ist es nicht ausreichend, dass der Unterhaltsbedürftige seine Berufstätigkeit während der Ehe reduziert oder aufgegeben hat. Sofern er nach der Scheidung im Wesentlichen uneingeschränkt in seine berufliche Situation zurückkehren kann, liegt kein ehebedingter Nachteil vor. Auch muss der Nachteil durch die Ehe entstanden sein. Hat der Unterhaltsbedürftige aufgrund seiner bestehenden Arbeitslosigkeit die Pflege und Erziehung der dann geborenen Kinder übernommen, ist ein ehebedingter Nachteil grundsätzlich nicht gegeben. Bei der Billigkeitsabwägung ist jedoch auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität zu berücksichtigen (BGH, 06.10.2010, XII ZR 202/08). Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Zur Berechnung der Höhe des ehebedingten Nachteils muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. erzielen könnte. Die Differenz aus den beiden Positionen ergibt den ehebedingten Nachteil (BGH 20.10.2010, XII ZR 53/09).

b) An diesem Maßstab gemessen stehen vorliegend sowohl ein ehebedingter Nachteil im Sinne des § 1578 b Abs. 1 S. 2 und 3 BGB als auch die Wahrung der Belange der der unterhaltsberechtigten Antragsgegnerin zur Pflege oder Erziehung anvertrauten Kinder in Sinne des § 1578 b Abs. 2 BGB sowie der Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität der derzeitigen Begrenzung oder Befristung des Nachscheidungsunterhalts entgegen, ohne dass es einer näheren Differenzierung zwischen den beiden Unterhaltstatbeständen bedarf.

aa) Ab der Rechtskraft der Ehescheidung am 01.05.2010 lief der Nachscheidungsunterhaltsanspruch zum Zeitpunkt des Abänderungsbegehrens ab Februar 2011 noch nicht einmal ein Jahr und zum heutigen Zeitpunkt besteht er seit zwei Jahren und vier Monaten. Dem stehen nach dem bereits oben Festgestellten die gut 18-jährige Ehedauer, die ganz überwiegend alleinige Betreuung und Versorgung der vier ehelichen Kinder durch die Antragsgegnerin auf Grund der einvernehmlich praktizierten Rollenverteilung der typischen Hausfrauenehe sowie die Belastungen durch die mehrfachen langjährigen Fertilitätsbehandlungen gegenüber. Die nicht nur in der Rollenverteilung, sondern auch insbesondere in den kostspieligen, zeitaufwendigen und nervenaufreibenden Fertilitätsbehandlungen mit einer zwischenzeitlichen Fehlgeburt im Jahre 1998 begründeten sehr starken persönlichen und finanziellen Verflechtungen der Beteiligten verleihen der Ehedauer im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung ein besonderes Gewicht (vgl. zu diesem Kriterium BGH, NJW 2012, S. 2028 ff., recherchiert bei juris, Rn. 34).

bb) Zudem besteht auch ein ehebedingter Nachteil der Antragsgegnerin. Ohne die nach der Eheschließung begonnenen Fertilitätsbehandlungen sowie die Geburten und Betreuung der Kinder könnte die Antragsgegnerin in ihrem Ausbildungsberuf als Bürokauffrau zur Überzeugung des Senats heute entsprechend einer Internetrecherche bei www.gehaltsvergleich.com im Gebiet der Stadt Essen ein monatliches Durchschnittsbruttoeinkommen in einer Größenordnung von rund 2.250,00 bis 2.500,00 Euro brutto erzielen, das in der Steuerklasse I ohne Kinderfreibeträge zu Nettoeinkommen von etwa 1.500,00 bis 1.650,00 Euro führen würde, die sie angesichts ihrer Erwerbs- und Familienbiographie auch nach dem Wegfall der Kinderbetreuung aller Voraussicht nach nicht mehr wird verdienen können.

cc) Schließlich gebietet angesichts der nicht nur lange andauernden, sondern zudem von den besonderen Belastungen mehrjähriger Fertilitätsbehandlungen mit einer Fehlgeburt geprägten Ehe der Beteiligten auch die nacheheliche Solidarität gegenwärtig noch erkennbar den ungeminderten Fortbestand des Nachscheidungselementarunterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin. ..."

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„... aa) Ab Januar 2011 ist der Kläger so zu behandeln, als ginge er vollschichtig einer Erwerbstätigkeit nach. Ihm ist fiktiv ein monatliches Nettoeinkommen von 1.100,00 € zuzurechnen.

Wenn der Kläger alle ihm zumutbaren Maßnahmen unternommen hätte, um seine Erwerbstätigkeit wieder herzustellen, hätte er ab Januar 2011 wieder vollschichtig arbeiten können. Ihn traf insoweit eine Obliegenheit, alle zumutbaren Mitwirkungshandlungen zu unternehmen, um seine Krankheit behandeln zu lassen (vgl. Wendl/Dose-Bömelburg, Unterhaltsrecht, 8. Auflage 2011, § 4 Rn. 243). Diese Verpflichtung zur Wiederherstellung seiner Gesundheit hat der Kläger verletzt. Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit der Kläger (vgl. Wendl/Dose-Bömelburg, Unterhaltsrecht, 8. Auflage 2011, § 4 Rn. 264); Zweifel gehen deshalb zu seinen Lasten.

Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. I im Termin kann zurzeit bei der Suche nach einem Therapieplatz mit einer Wartezeit von 14 Wochen gerechnet werden. Bei einer Behandlungsdauer von 3-4 Monaten hätte der Kläger spätestens bis Dezember 2010 die Therapie erfolgreich absolvieren können. Dabei geht der Senat davon aus, dass eine Krankheitseinsicht erst im Januar 2010 vorgelegen hat.

Die Bemühungen des Klägers, einen Therapieplatz zu finden, genügen nicht den Anforderungen. Es reicht nicht aus, sich lediglich überwiegend telefonisch an die Therapeuten zu wenden, auf den Anrufbeantworter zu sprechen bzw. auf einen Rückruf zu warten. Der Kläger hätte in der Praxis vorsprechen können und in den Fällen, in denen kein Ansprechpartner vorhanden war, ggf. warten müssen. Darüber hinaus hätte sich der Kläger auch an seinen Hausarzt oder die Krankenkasse wenden können. Dies hat der Kläger vorwerfbar unterlassen, so dass ihm ein fiktives Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit zuzurechnen ist.

Dass anderweitige körperliche Einschränkungen der Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit entgegenstehen, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt; Krampfadern hindern die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in der Regel nicht.

Wie bereits dargelegt, schätzt der Senat, dass der Kläger ein Bruttoeinkommen von rund 1.635,00 € erreichen könnte (173,9 Stunden x 9,40 €), woraus sich unter Berücksichtigung von fiktiven berufsbedingten Aufwendungen ein Nettoeinkommen von rund 1.100,00 € errechnet. Bereinigt um den Erwerbstätigenbonus ist ein Betrag von 942,86 € in die Berechnung einzustellen. ..." (OLG Hamm, Urteil vom 13.02.2012 - 6 UF 176/11)

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Im Rahmen der Beurteilung der Frage, ob elternbezogene Gründe eine Fortdauer des Betreuungsunterhaltsanspruchs gebieten können, ist der Aufwand für die Erledigung der hauswirtschaftlichen Aufgaben durch den betreuenden Elternteil außer Betracht zu lassen, denn die Erfüllung dieser häuslichen Pflichten ist Teil des nach § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB vom betreuenden Elternteil dem Kind geschuldeten Naturalunterhalt, der das Gegenstück zum Barunterhalt ist, den der andere Elternteil dem Kind schuldet. Kosten für eine Berufsunfähigkeitsversicherung sind vom unterhaltsrelevanten Einkommen absetzbar, weil sie der Sicherung des Erwerbseinkommens des Unterhaltsverpflichteten im Falle der Krankheit - und damit in diesem Falle auch dem Unterhaltsberechtigten - dienen, ohne daß jener auf Kosten dieses eigenes Vermögen bildet (im Anschluß an BGH FamRZ 2009, 1207 = FuR 2009, 530). Die dem Unterhaltsverpflichteten obliegende Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts führen können, umfaßt auch den Umstand, daß dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 BGB entstanden sind. Allerdings erfährt diese Darlegungs- und Beweislast Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen (im Anschluß an BGH FamRZ 2010, 875 = FuR 2010, 398; OLG Saarbrücken, Urteil vom 12.05.2010 - 6 UF 132/09 zu BGB §§ 1570, 1578b, 1606 Abs. 3).

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Betreut der Unterhalt wegen Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes beanspruchende Ehegatte neben dem gemeinschaftlichen Kind ein weiteres nichtgemeinschaftliches Kind, so sind bei der Bemessung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Ehegatten grundsätzlich nur die Belange des gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen. Im Rahmen des Unterhaltsanspruchs nach § 1570 BGB ist nicht relevant, inwieweit der betreuende Ehegatte wegen der Betreuung eines weiteren nichtgemeinschaftlichen Kindes an der Ausweitung oder Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das nichtgemeinschaftliche Kind bereits während des ehelichen Zusammenlebens von dem betreuenden Ehegatten im Einverständnis des anderen Ehegatten betreut worden ist. Allein aus diesem Grund kann auch eine grobe Unbilligkeit im Sinne des § 1576 BGB nicht angenommen werden (OLG Koblenz, Urteil vom 16.03.2010 - 11 UF 532/09).

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Aus dem vereinbarten weitgehenden Ausschluss des Betreuungsunterhalts ergibt sich keine unzumutbare Lastenverteilung, wenn der Ehefrau auch dann kein Anspruch auf Betreuungsunterhalt zusteht, wenn sie den Ehevertrag nicht abgeschlossen hätte. Hinsichtlich der Ausübungskontrolle begegnet der weitgehende Ausschluss des Betreuungsunterhalts ebenfalls keinen Bedenken, wenn er dem von den Eheleuten angestrebten und gelebten Ehetyp entsprach und die Ehefrau keine ehebedingten Nachteile erlitten hat. Die Nichtigkeit kann gemäß § 139 BGB nicht aus einer Bestimmung hergeleitet werden, die bei der Vertragsdurchführung bedeutungslos geblieben ist.(OLG Jena, Beschluss vom 28.01.2010 - 1 UF 150/09):

„... Das Amtsgericht hat zu Recht die Klage der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt, den Auskunftsantrag zum nachehelichen Unterhalt und Zugewinn und den Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs zurückgewiesen.

Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin zur Anfechtung der notariellen Vereinbarung wegen eines Inhalts- bzw. Erklärungsirrtums nicht berechtigt ist, da es nach dem Vortrag der Antragsgegnerin sowohl an einem unbewussten Auseinanderfallen von Wille und Erklärung als auch an einem Irrtum in der Erklärungshandlung fehlt.

Auch hat die Antragsgegnerin eine Täuschungshandlung, die sie zu einer Anfechtung des Vertrages nach § 123 BGB berechtigt hätte, nicht nachzuweisen vermocht. Die Antragsgegnerin ist insoweit darlegungs- und beweispflichtig. Den Ausführungen des Amtsgerichts, der Zeuge Dr. J., der erst im Jahre 2002 eingeschaltet wurde, habe eine solche Zusage nicht bestätigt, ist zu folgen. Der Zeuge Dr. J. (Bl. 441, 442 d A) hat widersprüchliche Angaben gemacht. Vorausgegangen war eine Trennung und Versöhnung der Eheleute V.. Entscheidend ist darauf abzustellen, dass der Zeuge Dr. J. angegeben hat, er wisse nicht, in welchem Zusammenhang eine Zusage betreffend eines Wertausgleiches gemacht worden sei (Bl. 441 d A). Auch beruht der angegebene Betrag in Höhe von 80000,- € allein auf der Schätzung des Zeugen Dr. J..

Die Zeugen Notarin M. und Rechtsanwältin F. hat die Antragsgegnerin im Termin nicht von der Schweigepflicht entbunden.

Der notarielle Ehevertrag ist auch nicht sittenwidrig. Zwar haben die Parteien weitgehend nacheheliche Ansprüche, die teilweise auch den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts betreffen, ausgeschlossen. Dennoch ergibt sich aus einer umfassenden Abwägung der besonderen Umstände bei Abschluss des Vertrages kein Verstoß gegen § 138 BGB.

Das Gesetz gibt Ehegatten die Möglichkeit, durch während oder vorsorglich schon vor der Ehe getroffene Vereinbarungen für den Fall einer späteren Scheidung den nachehelichen Unterhalt und sonstige versorgungs- und güterrechtliche Angelegenheiten verbindlich zu regeln (§ 1408 Abs. 1, 2, § 1585 c BGB). Allerdings darf die Gestaltung der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen wird.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestand für derartige Vereinbarungen grundsätzlich volle Vertragsfreiheit. Eine besondere Inhaltskontrolle, ob die Regelung angemessen sei, fand - abgesehen von Vereinbarungen nach § 1587o BGB - nicht statt (vgl. BGH, FamRZ 1997, 156, 157; FamRZ 1991, 306 ). In seiner Entscheidung vom 24.04.1985 (FamRZ 1985, 788: Verzicht auf Betreuungsunterhalt) hat der Bundesgerichtshof ausgesprochen, dass der Verzicht auf nachehelichen Unterhalt nicht einen Kernbereich der Ehe berühre. Allerdings konnte dem auf Unterhalt in Anspruch genommenen geschiedenen Ehegatten die Berufung auf einen Unterhaltsverzicht des anderen Ehegatten unter Umständen auch nach alter Rechtsprechung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB ) verwehrt sein, und zwar dann, wenn die zur Zeit des Unterhaltsverzichts bestehenden Verhältnisse sich nachträglich so entwickelt hätten, dass überwiegende schutzwürdige Interessen gemeinschaftlicher Kinder der Geltendmachung des Verzichts entgegenstünden, mögen die Parteien die dann später eingetretene Entwicklung - nämlich die Scheidung bei fortbestehender Betreuungsbedürftigkeit der Kinder - auch bei Abschluss des Unterhaltsverzichts bedacht haben. Die Dauer und Höhe der Unterhaltspflicht sei allerdings in einem solchen Fall insoweit beschränkt, als nicht das Kindeswohl ein Weiterbestehen des Unterhaltsanspruchs gebiete (FamRZ 1985, 787; FamRZ 1987, 46/47).

Nun hat aber der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zur inhaltlichen Kontrolle von Eheverträgen nach §§ 138, 242 BGB mit Urteil vom 11.02.2004 (FamRZ 2004, 601), welches nach zwei Entscheidungen des BVerfG (FamRZ 2001, 343 und 985) ergangen ist, grundlegend erweitert. Er hat Grundsätze für die Inhaltskontrolle von Eheverträgen (Wirksamkeitskontrolle nach § 138 BGB, Ausübungskontrolle nach § 242 BGB) aufgestellt und diese in seiner Entscheidung vom 25.05.2005 (FamRZ 2005, 1444 f.) noch einmal ausführlich dargelegt. Danach hat der Tatrichter zunächst - im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle - zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Vorschriften treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die eventuell vorhandenen oder erhofften Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen.

In der Entscheidung hat der Bundesgerichtshof jedoch auch klargestellt, dass die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten unterliegen und es einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten nicht gibt. Die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen darf indes nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift. Innerhalb der Unterhaltstatbestände wird - nach dem Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) - dem Krankheitsunterhalt (§ 1572 BGB) und dem Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB) Vorrang zukommen. Auf derselben Stufe wie der Altersunterhalt rangiert der Versorgungsausgleich, der einerseits als vorweggenommener Altersunterhalt zu werten ist, andererseits aber auch dem Zugewinnausgleich verwandt ist. Der Zugewinnausgleich erweist sich ehevertraglicher Disposition am weitesten zugänglich (BGH, FamRZ 2005, 1444, 1446).

Ob aufgrund einer von den gesetzlichen Scheidungsfolgen abweichenden Vereinbarung eine evident einseitige Lastenverteilung entsteht, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten unzumutbar erscheint, hat der Tatrichter zu prüfen. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit kann dabei regelmäßig nur dann in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesamten Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abgedungen werden, ohne dass dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten, den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp oder durch sonstige gewichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt wird (BGH, a.a.O.).

Unter Beachtung dieser Grundsätze bestehen keine ernsthaften Zweifel an dem Bestand der Vereinbarung.

Umstände, die eine Zwangslage der Antragsgegnerin begründet oder diese aus anderen Gründen gehindert hätten, auf Abschluss und Inhalt des Ehevertrages Einfluss zu nehmen, sind nicht festgestellt. Sie war weder krank noch schwanger noch arbeitslos. Sie bezog im Jahre 1995 ein Nettoeinkommen in Höhe von 30855,- €.

Auch der Inhalt der von den Parteien getroffenen Vereinbarung vermag den Vorwurf des Verstoßes gegen die guten Sitten nicht zu begründen.

Zum Kernbereich der Scheidungsfolgen gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB). Diese vertragliche Limitierung hat insoweit eine Einschränkung erfahren, als die Parteien vereinbart haben, dass für den Fall, dass sich nachträglich Umstände ergeben, die die Nichtigkeit bzw. Sittenwidrigkeit des vorstehenden Unterhaltsverzichts zur Folge haben, Unterhalt nur in Höhe des notwendigen Eigenbedarfs entsprechend der jeweils geltenden Düsseldorfer Tabelle geschuldet wird.

Die Beschneidung des Betreuungsunterhalts könnte nicht hingenommen werden, wenn die Antragsgegnerin hierdurch unangemessen benachteiligt würde (vgl. BGH, FamRZ 2006, 1359). Hierfür sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, da es dem Lebensplan der Parteien entsprach, dass die Eheleute beide berufstätig bleiben.

Das Amtsgericht hat festgestellt, dass beide Parteien sich Kinder wünschten. Dies hat die Antragsgegnerin auch so vorgetragen (Schriftsatz vom 21.10.2004, S. 7; 07.02.2008, S. 2, 3; 23.06.2009, S. 9).

In dem Schriftsatz vom 21.10.2004 führt die Antragsgegnerin weiter aus, dass es ihr darauf ankam, weiter berufstätig zu sein, um ihren Mann nicht wegen jeder Kleinigkeit anbetteln zu müssen (Bl. 22 d A). In dem Schriftsatz vom 07.02.2008, S. 2, 3 (Bl. 305, 306 d A) gibt die Antragsgegnerin an, dass sie bei nur einem gemeinsamen Kind die Berufstätigkeit gemeinsam mit dem Antragsteller habe organisieren können. Sie habe weiter gearbeitet, da der Antragsteller außergerichtliche Verhältnisse unterhalten habe. Aus dem Vortrag der Antragsgegnerin in dem Schriftsatz vom 23.06.2009, S. 9 ergibt sich, dass sie sich im Zeitpunkt der Eheschließung ein Kind gewünscht hat. Im Termin vom 04.10.2007 haben die Parteien übereinstimmend angegeben, dass sie sich im Zeitpunkt des Vertrages ein Kind gewünscht haben (Bl. 279 dA).

Die Antragsgegnerin führt weiter an, die Parteien seien bei Abschluss des Vertrages davon ausgegangen, dass sie eine Doppelverdienerehe führen würden, dies wäre jedoch bei Geburt eines weiteren Kindes nicht mehr möglich gewesen. Sie hätte sich dann nur um die Kinder gekümmert und wäre nur noch wenige Stunden pro Woche im Unternehmen gewesen, um den Anschluss nicht zu verpassen. Es könne auch nicht angenommen werden, dass der Antragsteller sich um die Kinder gekümmert hätte, wenn sie weitere Kinder gehabt hätten. Dies steht aber im Widerspruch zu den übereinstimmenden Angaben der Parteien, die Belange des Betriebes sollten Vorrang haben (Schriftsstz vom 21.10.2004, S. 8). Ihr Vortrag, sie habe ihrer Mutter von ihrer Lebensplanung Mitteilung gemacht, sie wolle die Erziehung federführend in der Hand behalten (Beweis: Zeugnis der Mutter, Bl. 742 d A), ist für die Wirksamkeits- und auch die Ausübungskontrolle ohne Bedeutung, da er zeitlich nicht hinreichend substantiiert ist.

Auch ist in Rechtsprechung und Lehre ist anerkannt, dass die Nichtigkeit nicht gemäß § 139 BGB aus einer Bestimmung hergeleitet werden kann, die bei der Vertragsdurchführung ohne Bedeutung geblieben ist (BGH, BGHZ 112, 296; RGZ 153, 59, 61; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Auflage, § 138, Rdnr. 17).

Es entsprach dem Lebensplan der Parteien, dass beide Eheleute berufstätig bleiben. Während bestehender Ehe ist die Antragsgegnerin auch einer gut bezahlten Berufstätigkeit nachgegangen und hat während der Trennung eine (weitere) Berufsausbildung absolviert. Im Zeitpunkt der Ehescheidung hätte der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der geänderten Rechtsprechung zum Betreuungsunterhalt ohnehin kein weiterer Anspruch zugestanden.

Aus dem vereinbarten Ausschluss des Betreuungsunterhalts ergibt sich keine unzumutbare Lastenverteilung. Der Antragsgegnerin stünde auch dann kein Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn sie den Ehevertrag nicht abgeschlossen hätte.

Dem Unterhalt wegen Alters oder Krankheit (§§ 1571, 1572 BGB), den die Parteien hier ebenfalls ausgeschlossen haben, misst das Gesetz zwar als Ausdruck nachehelicher Solidarität besondere Bedeutung bei. Das schließt eine vertragliche Disposition über diese Unterhaltsansprüche jedoch nicht schlechthin aus (BGH, FamRZ 2008, 582). Auch im vorliegenden Fall bestehen gegen den Ausschluss dieser Unterhaltsansprüche - unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB - keine Bedenken. Das ergibt sich bereits daraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für die Parteien noch gar nicht absehbar war, ob, wann und unter welchen wirtschaftlichen Gegebenheiten die Antragsgegnerin wegen Alters oder Krankheit unterhaltsbedürftig werden könnte (vgl. BGH, FamRZ 2005, 691, 692). Hinsichtlich des Altersunterhalts ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erst 29 bzw. 35 Jahre alt waren. Außerdem war die Antragsgegnerin bei Ehevertragsschluss erwerbstätig und damit in der Lage, für ihr Alter Vorsorge zu treffen. Sie beabsichtigte, auch weiter erwerbstätig zu bleiben.

Auch gegen den Ausschluss des Unterhalts wegen Erwerbslosigkeit sind unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB Bedenken nicht zu erheben. Zum einen erscheint dieser Unterhaltstatbestand nachrangig, weil das Gesetz das Arbeitsplatzrisiko ohnehin auf den Berechtigten verlagert, sobald dieser einen nachhaltig gesicherten Arbeitsplatz gefunden hat (§ 1573 Abs. 4, vgl. auch § 1573 Abs. 5 BGB). Zum andern dient dieser Unterhaltsanspruch dem Ausgleich beruflicher Nachteile, die ein Ehegatte um der Ehe willen in Kauf genommen hat und die deshalb im Scheidungsfall auf beide Ehegatten verteilt werden sollen. Aus dem Vortrag der Antragsgegnerin ist nicht ersichtlich, dass sie - nach den maßgebenden Vorstellungen der Parteien bei Vertragsschluss - solche ehebedingten Nachteile auf sich nehmen sollte (BGH, FamRZ 2008, 582). Auch bestand für die Antragsgegnerin die Möglichkeit des Ausbaus einer eigenen Altersversorgung durch ihre eigene Erwerbstätigkeit und deren sozialversicherungsrechtliche Absicherung durch die Anstellung im Geschäftsbetrieb des Antragsgegners.

Der von den Parteien vereinbarte Verzicht auf Aufstockungsunterhalt und auf Billigkeitsunterhalt (§§ 1573 Abs. 2, 1576 BGB) rechtfertigt, wie der BGH dargelegt hat, schon nach der Bedeutung dieser Unterhaltstatbestände im System des Scheidungsfolgenrechts das Verdikt der Sittenwidrigkeit nicht (BGH, FamRZ 2008, 582).

Für die Vereinbarung des Wahlgüterstands der Gütertrennung gilt nichts anderes und zwar auch dann, wenn ein Ehegatte - entsprechend den gemeinsamen Vorstellungen der Parteien bei Vertragsschluss - in der Ehe einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist und deshalb kein im Versorgungsausgleich auszugleichendes Versorgungsvermögen erworben hat (BGH, FamRZ 2008, 582). Insoweit wird auf die Ausführungen des Amtsgerichts in dem Urteil vom 19.03.2009 (Bl. 598 d A) Bezug genommen.

Der Versorgungsausgleich ist - als gleichberechtigte Teilhabe beider Ehegatten am beiderseits erworbenen Versorgungsvermögen - einerseits dem Zugewinnausgleich verwandt und wie dieser ehevertraglicher Disposition grundsätzlich zugänglich (§ 1408 Abs. 2, § 1587 o BGB). Er ist jedoch andererseits als vorweggenommener Altersunterhalt zu verstehen; von daher steht er einer vertraglichen Abbedingung nicht schrankenlos offen. Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich müssen deshalb nach denselben Kriterien geprüft werden wie ein Verzicht auf Altersunterhalt (BGH, FamRZ 2005, 26, 27; FamRZ 2005, 185, 187). Der vereinbarte Ausschluss des Unterhalts wegen Alters lässt den Ehevertrag der Parteien aber - wie bereits ausgeführt - nicht als sittenwidrig erscheinen; die dort dargelegten Gründe (Alter der Ehegatten bei Vertragsschluss; möglicher Ausbau einer eigenen Altersversorgung der Antragsgegnerin durch deren eigene Erwerbstätigkeit und deren sozialversicherungsrechtliche Absicherung durch die Anstellung im Geschäftsbetrieb des Antragstellers) gelten für den vereinbarten Ausschluss des Versorgungsausgleichs entsprechend.

Auch hat sich der Ausschluss des Versorgungsausgleiches ausschließlich zu Gunsten der Antragsgegnerin ausgewirkt, die während der Ehezeit 11,5476 Entgeltpunkte erworben hat, während bei dem Antragsteller nur 0,3199 Entgeltpunkte zu Buche stehen.

Auch aus dem Zusammenwirken der ehevertraglichen Regelungen (BGH, FamRZ 2005, 691, 693) lässt sich deren Sittenwidrigkeit nicht herleiten. Ehebedingte Nachteile, die die Antragsgegnerin belasten und von daher einen Ausgleich erfordern würden, waren hier im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht zu erwarten. Der Gedanke nachehelicher Solidarität wird durch die Abbedingung der einzelnen Scheidungsfolgen, wie ausgeführt, nicht verletzt. Auch in ihrer Gesamtheit geben die vertraglichen Regelungen - angesichts des Alters und der Lebensstellung der Parteien bei Vertragsschluss - für eine solche Verletzung nachehelicher Solidarität nichts her.

Auch ist die Berufung des Antragstellers auf den vertraglichen Ausschluss von nachehelichem Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich nicht rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB). Denn die Antragsgegnerin hat nicht dargetan, dass die einvernehmliche Ausgestaltung des Ehelebens von den gemeinsamen Vorstellungen bei Vertragsschluss erheblich abgewichen sei.

Die Antragsgegnerin ist während der Ehe in vollem Umfange bis zur Trennung erwerbstätig gewesen und hat nunmehr während der Trennungszeit eine Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen.

Auch wenn der Antragsteller im Rahmen seines Geschäftsbetriebes höhere Einkünfte als die Antragsgegnerin erzielt, können derartige Nachteile, die sich aus der bereits vor der Eheschließung bestehenden Lebenssituation eines Ehegatten ergäben, durch Vereinbarung - ohne Verstoß gegen Treu und Glauben - von der nachehelichen Verantwortung der Ehegatten füreinander ausgenommen werden.

Wie der Bundesgerichtshof wiederholt dargelegt hat, muss der Tatrichter, wenn ein Ehevertrag - wie hier - Bestand hat, im Rahmen der Ausübungskontrolle prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, dass diese durch den Vertrag wirksam abbedungen sei (FamRZ 2008, 582.). Für diese Prüfung sind nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft - aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine unzumutbare Lastenverteilung ergibt. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrunde liegenden Lebensplanung grundlegend abweicht.

Eine solche Abweichung kann auch nicht in der von der Antragsgegnerin behaupteten Betreuung der Tochter gefunden werden. Entscheidend ist, ob die Parteien sich in Abweichung von ihren Vorstellungen bei Abschluss des Ehevertrags zumindest konkludent darauf verständigt haben, dass die Ehefrau künftig auf eine ihr tatsächlich mögliche Erwerbstätigkeit verzichten und sich statt dessen nur dem gemeinsamen Haushalt widmen solle. Dies ist indes weder festgestellt noch sonst ersichtlich.

Zum andern ist zu berücksichtigen, dass die Ausübungskontrolle auch bei Unzumutbarkeit dieser Lastenverteilung nicht zur Unwirksamkeit des vertraglichen Ausschlusses von Scheidungsfolgen führt, sondern nur eine Vertragsanpassung bewirkt. Mit dieser Vertragsanpassung kann dem vom Ausschluss begünstigten Ehegatten nicht auf dem Weg über § 242 BGB ein von der nachehelichen Verantwortung füreinander ausgeschlossenes, weil etwa in der Lebenssphäre des anderen Ehegatten begründetes Risiko aufgebürdet werden; es kann lediglich verhindert werden, dass der andere Ehegatte durch den Ausschluss von Scheidungsfolgen ehebedingte Nachteile erleidet, die als Konsequenzen der gescheiterten gemeinsamen Lebensplanung nach Treu und Glauben von beiden Ehegatten gemeinsam zu tragen sind (vgl. BGH, FamRZ 2005, 185, 187; FamRZ 2005, 1444, 1448).

Der Antragsgegnerin kam es darauf an, im Geschäftsbetrieb des Antragstellers mitzuarbeiten und diesen zu unterstützen (Wirksamkeitskontrolle). Hinsichtlich der Ausübungskontrolle begegnet der weitgehende Ausschluss des Betreuungsunterhalts ebenfalls keinen Bedenken, da er dem von den Eheleuten angestrebten und gelebten Ehetyp entsprach und die Antragsgegnerin keine ehebedingten Nachteile hat.

Gemäß § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht, § 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dabei sind gemäß § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht, § 1570 Abs. 2 BGB. Mit dieser gesetzlichen Neuregelung hat der Gesetzgeber dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt. Kind- oder elternbezogene Gründe, die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und ggf. zu beweisen (BGH, FamRZ 2009, 770 f.).

Der Gesetzgeber hat mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts für Kinder ab Vollendung des 3. Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben (vgl. BGH, a.a.O.). Der Vortrag der Antragsgegnerin hinsichtlich der Betreuung der zu Beginn des Unterhaltszeitraums 13 Jahre alten L., die eine Ganztagsschule besucht, betreffend die Hausaufgabenbetreuung und Freizeitaktivitäten reicht nicht aus, um eine Verlängerung des Unterhalts über den Basisunterhalt hinaus annehmen zu können.

Kindbezogene Gründe stehen im vorliegenden Fall einer Ausweitung der Erwerbstätigkeit nicht mehr entgegen. Der Gesetzgeber hat mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen geeigneten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben. Die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer Fremdbetreuung findet erst dort ihre Grenze, wo die Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist. In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres fremd betreut wird oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse fremd betreut werden könnte, kann sich der betreuende Elternteil nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen (BGH, a.a.O.; FamRZ 2009, 1124). Aus kindbezogenen Gründen ist dem berechtigten Elternteil deswegen eine Erwerbstätigkeit erst dann nicht zumutbar, wenn die Betreuung des/r Kindes/r unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht hinreichend gesichert ist und auch nicht sichergestellt werden könnte und wenn das Kind/die Kinder im Hinblick auf sein Alter auch noch nicht sich selbst überlassen bleiben kann.

Es sind keine tragfähigen Gründe für die Annahme dargetan, dass das Kindeswohl gefährdet wäre, wenn die nachschulische Betreuung des Kindes anderweitig übernommen würde. Dass solche Betreuungsmöglichkeiten am Wohnort der Antragsgegnerin oder in der Nähe der Schule nicht bestehen, hat die Antragsgegnerin weder dargetan noch unter Beweis gestellt. Auch erhält Luisa professionelle Hausaufgabenbetreuung.

Die Antragsgegnerin verkennt, dass durch die richterliche Anpassung von Verträgen nur ehebedingte Nachteile ausgeglichen werden können, die hier nicht vorliegen. ..."

***

„... I. Die Parteien heirateten am 20.03.1998. Aus ihrer Ehe ging ihr Sohn F. hervor, der am 06.06.1998 geboren worden ist. Der Beklagte ist als Vertriebsleiter bei der Fa. F. angestellt. Die Klägerin ist ausgebildete Industriekauffrau und hat während der Ehe eine Zusatzausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin absolviert. Nach der Geburt von F. hat sie nicht mehr gearbeitet. F. besucht ab August 2009 das Gymnasium in Solingen.

Die Parteien trennten sich im März 2007. Die Klägerin zog mit dem Sohn aus dem gemeinsamen Einfamilienhaus in S. aus. Die monatlichen Belastungen für das Grundstück betrugen bis Oktober 2008 insgesamt 786 €, ab November 2009 480 €. Der Beklagte zahlte ab März 2007 Unterhalt in Höhe von durchschnittlich 1.200 € für die Klägerin und den Sohn der Parteien, ohne zunächst genau zwischen Trennungs- und Kindesunterhalt zu differenzieren. Im Dezember 2007 ist der Klägerin der Scheidungsantrag des Beklagten zugestellt worden. Ab März 2008 betrieb die Klägerin das Teilungsversteigerungsverfahren hinsichtlich der ehelichen Wohnung.

Vor dem Amtsgericht stritten die Parteien vor allem um die Höhe des Einkommens des Beklagten, den Wohnwert für das Haus, die Erwerbsverpflichtung der Klägerin und die Frage, in welcher Höhe der Beklagte Kinderunterhalt gezahlt habe. Die Klägerin verlangt die Zahlung von Trennungsunterhalt ab März 2007.Wegen der einzelnen Beträge wird Bezug genommen auf ihre Klageschrift vom 16.09.2008.

Sie hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.630 €, jeweils bis längstens zum 3. Werktage eines jeden Fälligkeitsmonats sowie einen Unterhaltsrückstand für die Zeit von März 2007 bis August 2008 in Höhe von 18.226,61 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Der Beklagte hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 3.293 € ein für 2007 eingeräumt. Er hat einen Wohnwert von 500 € für angemessen gehalten angesichts der von der Klägerin betriebenen Teilungsversteigerung. Er habe mit der Klägerin vereinbart, dass er Kindesunterhalt stets nach der 6. Gruppe der Düsseldorfer Tabelle zahle. Die Klage ist dem Beklagten am 26.09.2008 zugestellt worden.

Das Amtsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 30.03.2009 verurteilt, an die Klägerin ab September 2007 bis Februar 2009 rückständigen Trennungsunterhalt zu zahlen in Höhe von 11.276 € und laufenden Unterhalt ab März 2009 in Höhe von monatlich 1.380 €. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung des Urteils wird auf Bl. 79 ff der Gerichtsakte Bezug genommen.

Gegen das Urteil, zugestellt am 02.04.2009, hat der Beklagte Berufung unter dem 29.04.2009 eingelegt. Er akzeptiert das Urteil des Amtsgerichts, soweit es rückständigen Unterhalt von 3.087,36 € und laufenden Unterhalt ab März 2009 in Höhe von 635 € festsetzt. Er führt im Wesentlichen aus, dass die Klägerin bereits ab März 2008 zu einer vollschichtigen Tätigkeit verpflichtet sei, als Fremdsprachenkorrespondentin könne sie netto 1.500 € verdienen. Er habe immer Kindesunterhalt nach der 6. Gruppe der Düsseldorfer Tabelle zahlen wollen. Das habe die Klägerin auch akzeptiert. Weiterhin habe das Amtsgericht den Wohnvorteil falsch berechnet. Das begrenzte Realsplitting könne nicht ab Januar 2009 in Anspruch genommen werden, weil die Klägerin bislang dem noch nicht zugestimmt habe. Unstreitig hat der Beklagte erst mit Schreiben vom 14.05.2009 erklärt, dass er die Klägerin von steuerlichen Nachteilen freistellen werde (Bl. 192). Daraufhin hat die Klägerin unter dem 27.05.2009 ihre Zustimmung erklärt, die erforderlichen Unterlagen hat er ihr indes nicht übersandt. Im Übrigen wird Bezug genommen auf seine Berufungsbegründungsschrift vom 27.05.2009. Der Beklagte akzeptiert die Unterhaltsberechnung des Amtsgerichts für die Zeit September 2007 bis August 2008 in Höhe von 2.743,58 €, für den Zeitraum September 2008 bis Februar 2009 in Höhe von 343,78 € und ab März 2009 in Höhe von 635 € und beantragt, die Klage unter Abänderung des am 30.03.2009 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Solingen, Aktenzeichen 37 F 309/08, abzuweisen, soweit der Beklagte verurteilt wurde, für die Zeit von März 2007 bis August 2008 einen den Betrag von 2.743,58 € übersteigenden Unterhaltsrückstand nebst darauf entfallenden Zinsen, für die Zeit von September 2008 bis Februar 2009 einen den Betrag von 3343,78 € übersteigenden Unterhaltsrückstand nebst darauf entfallenden Zinsen, ab März 2009 einen den Betrag von 635,00 € monatlich übersteigenden Trennungsunterhalt an die Klägerin zu bezahlen. Die Klägerin beantragt, die Berufung des Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Klägerin wendet dagegen ein, dass der Realsplittingvorteil anzurechnen sei, gerade weil sie zugestimmt habe. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag. Es wird umfänglich Bezug genommen auf ihre Berufungserwiderung vom 17.07.2009.

II. Die Berufung des Beklagten ist teilweise begründet. Er ist in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verpflichtet, einen Rückstand von 13.014,26 € bis September 2009 zu zahlen, inklusive der anerkannten Beträge. Ab Oktober 2009 ist er zur Zahlung von monatlichem Trennungsunterhalt von 1.132 € verpflichtet, mithin 497 € mehr als anerkannt.

1. Zeitraum September 2007 bis Februar 2008 Die für diesen Zeitraum vom Amtsgericht festgesetzten Unterhaltsbeträge von insgesamt 6.982 € greift der Beklagte nicht an. Gezahlt hat der Beklagte unstreitig in diesem Zeitraum 7.040,86 € für Kindes- und Trennungsunterhalt. Wegen der gezahlten Beträge wird auf seine Auflistung auf Bl. 125 der Gerichtsakte Bezug genommen. Der Beklagte wendet sich insoweit nur gegen die Anrechnung des Kindesunterhalts seitens des Amtsgerichts. Das Amtsgericht hat 2.494 € als Kindesunterhalt in diesem Zeitraum abgezogen (4 x 417 € + 2 X 413 €). Tatsächlich wären nur 2.082 € abzuziehen für den Kindesunterhalt. Der Beklagte ist der Auffassung, dass nur 336 € X 6 = 2.016 € abzuziehen seien, weil er immer Kindesunterhalt nach der 6. Einkommensgruppe Unterhalt habe zahlen wollen. Eine entsprechende Einigung kann der Beklagte jedoch nicht beweisen, so dass der gesetzlich vorgesehene Kindesunterhalt abzuziehen ist. Denn zum einen hat er den Kinderunterhalt nicht konsequent nach der 6. Einkommensgruppe berechnet. Noch mit Schriftsatz vom 10.10.2007 ging er von einer Eingruppierung in die 9. Gruppe der damals geltenden Düsseldorfer Tabelle aus und zog 315 € ab (Bl. 243), und mit Schriftsatz vom 08.02.2008 ging er als Berechnungsbasis von der 5. Gruppe der Düsseldorfer Tabelle 2008 aus und zog 310 € ab (Bl. 249). Die Klägerin dahingegen ging sowohl von einem Zahlbetrag als auch Tabellenbetrag von 413 € aus in ihrer Klageschrift. Dem hat der Beklagte in der Klageerwiderung widersprochen, so dass sich eine entsprechende Einigung nicht feststellen lässt. Aufgrund des vorhandenen Einigungsmangels und vor dem Hintergrund, dass die Klägerin nach §§ 1629 Abs. 3 S. 1, 1614 Abs. 1 BGB nicht auf Kindesunterhalt für die Zukunft verzichten kann, ist daher der gesetzlich geschuldete Kinderunterhalt zugrunde zu legen. Ausgehend von einem bereinigten Nettoeinkommen des Beklagten für das Jahr 2007 in Höhe von 3.007 € (vgl. Seite 4 des Urteils) hat das Amtsgericht zutreffend den Kindesunterhalt nach der 10. Gruppe der Düsseldorfer Tabelle 2007 berechnet, mit dem Tabellenbetrag von 417 €; zur Berechnung des rückständigen Trennungsunterhalts des Beklagten bis Dezember 2007 ist jedoch der Zahlbetrag abzuziehen mit 1.360 € (4 x 340 €). Der Abzug des Tabellenbetrags beim Ehegattenunterhalt ergibt sich daraus, dass der Verbleib des halben Kindergeldes beim Beklagten zur Sicherstellung der Kosten des Umgangs erforderlich ist. Im Jahr 2008 ist entsprechend dem Nettoeinkommen des Beklagten von 3.527,34 € (was unter Ziffer 2 ausgeführt wird) Kindesunterhalt nach der 7. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle 2008 zu zahlen (438 € als Tabellenbetrag und 361 € als Zahlbetrag). Daher sind für die Monate Januar und Februar 2008 2 x 361 €, mithin 722 € abzuziehen. Hiernach besteht für diesen Zeitraum ein Rückstand von Trennungsunterhalt in Höhe von 2.023,14 €: Die Zahlungsverpflichtung belief sich von September 2007 bis Februar 2008 auf 6.982 €. Der Beklagte hatte insgesamt 7.040,86 € gezahlt, wovon 2.082 auf den Kindesunterhalt anzurechnen sind, so dass 4.958,86 € als Erfüllung auf den Trennungsunterhalt gezahlt worden sind und eine Differenz von 2.023,14 € verbleibt.

2. Zeitraum März bis Oktober 2008 In diesem Zeitraum ergibt sich keine Differenz hinsichtlich des ausgeurteilten Unterhaltsbetrags. Das Amtsgericht hat für März 2008 einen Unterhaltsbetrag von 1.231 € und von April bis Oktober 2008 einen monatlichen Betrag von 1.065 € angenommen. Nach den Berechnungen des Senats würde sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin nur erhöhen, so dass die Berufung des Beklagten insoweit unbegründet ist. Gemäß § 1361 Abs. 1 BGB kann die Ehefrau vom Ehemann die Zahlung von angemessenem Trennungsunterhalt verlangen entsprechend den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Eheleute. Der Bedarf der Klägerin richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen, die zum einen durch das Einkommen des Beklagten als Vertriebsleiter bei F. mit einem bereinigten Nettoeinkommen von 3527,34 € geprägt waren sowie den Wohnwert des ehelichen Hauses. Zum anderen werden sie geprägt durch das fiktiv anzunehmenden Einkommen der Klägerin in Höhe von 400 €, was als Surrogat für ihre Betreuungs- und Hausfrauentätigkeit anzusehen ist. a) Anders als das Amtsgericht geht der Senat von dem tatsächlich erzielten Einkommen des Beklagten für 2008 in Höhe von einem Steuerbrutto von 82.480,81 € aus auf Basis der Verdienstabrechnung für den Monat Dezember 2008 mit den aufgelaufenen Jahressummen. Nachdem die Trennung der Parteien bereits im März 2007 erfolgte, wird der Beklagte nach der Lohnsteuerklasse 1 besteuert und es ist ein halber Kinderfreibetrag anzurechnen, weil die Klägerin ebenfalls fiktiv einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Abzuziehen sind weiterhin Kranken- sowie Pflegeversicherungsbeiträge bei der Techniker Krankenkasse mit einem Beitragssatz von 13,8 %. Hinzuzurechnen ist eine Steuererstattung für das Jahr 2007 in Höhe von 518,22 €/ 12= 43,18 €. Ein Wohnvorteil wird in diesem Zeitraum nicht berücksichtigt, weil die Hauslasten diesen aufzehren. Gemindert wird das Nettoeinkommen jedoch durch den Unterhalt für F. nach der 7. Einkommensgruppe der damals geltenden Düsseldorfer Tabelle, mithin 438 € als Tabellenbetrag (und 361 € Zahlbetrag). Es ergibt sich daher folgendes Nettoeinkommen: ... (Tabelle) ...

b) Mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht der Klägerin erst ab April 2008 ein fiktives Einkommen von 400 € angerechnet. Denn die Klägerin trifft nach einem Jahr der Trennung vom Beklagten eine aus der Eigenverantwortung erwachsenden Verpflichtung, ebenfalls zum Familienunterhalt beizutragen. Unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Familienlebens und der finanziellen Verhältnisse der Eheleute erachtet es der Senat als angemessen, dass die Klägerin von April bis Dezember 2008 verpflichtet ist, eine geringfügige Beschäftigung auf 400-€-Basis auszuüben. Nach § 1361 Abs. 2 BGB kann der bei der Trennung nicht erwerbstätige Ehegatte nur darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter der Berücksichtigung der Dauer der Ehe und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Ehegatten erwartet werden kann. Erforderlich ist dazu eine Zumutbarkeitsabwägung aller maßgeblichen persönlichen und wirtschaftlichen Umstände des Einzelfalls. Für die Auslegung und Konkretisierung der persönlichen Verhältnisse nach § 1361 Abs. 2 BGB sind die §§ 1569 ff. BGB ergänzend heranzuziehen, denn im Zweifel dürfen Ehegatten nach der Trennung nicht schlechter gestellt werden als nach der Scheidung. Andererseits hat die gesteigerte Verantwortung der Ehegatten während des Bestehens der Ehe zur Folge, dass der nicht erwerbstätige Ehegatte gem. § 1361 Abs. 2 BGB nur unter wesentlichen engeren Voraussetzungen darauf verwiesen werden kann, seinen Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit (ganz oder teilweise) selbst zu verdienen, als dies gem. § 1574 BGB nach der Scheidung der Fall ist (Wendl/ Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rn. 16 ff.). Vor diesem Hintergrund ist § 1361 Abs. 2 BGB auch als Schutzvorschrift für die Hausfrau zu verstehen vor einer vorzeitigen ausgedehnten Erwerbstätigkeit. Ihr Status soll in der vereinbarten Haushaltsführungsehe zumindest für eine angemessene Zeit des Überlegungen, ob die Eheleute sich wieder versöhnen, nicht angetastet werden, um nicht Scheidungsfolgen vorwegzunehmen und damit die Trennung noch weiter zu vertiefen. Daher kann man in der Regel vor Ablauf des Trennungsjahres vom haushaltsführenden Ehegatten noch keine Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erwarten können (Wendl/ Pauling, a.a.O. Rn. 18; BGH FamRZ 1990, 283, 286; Palandt, BGB, 65. Auflage, § 1361 Rn. 13). Vor dem Hintergrund, dass die Parteien vereinbart hatten, dass die Klägerin während der intakten Ehe nicht arbeitet, auch nach dem das gemeinsame Kind bereits die Grundschule besuchte, ist es nicht zu beanstanden, wenn sie entsprechend den Ausführungen des Amtsgerichts erst ab April 2008 die Verpflichtung zur Aufnahme einer geringfügigen Erwerbstätigkeit trifft. Es wird darüber hinaus umfänglich Bezug genommen auf die entsprechenden Ausführungen des Amtsgerichts (Seite 5 bis 7 des Urteils, Bl. 83 ff.). Nach Abzug der berufsbedingten Aufwendungen von 20 € und des Anreizsiebtels ver-bleiben als anzurechnendes Einkommen 325,71 €. c) Weil im März 2008 die Klägerin somit noch nicht zur Erwerbstätigkeit verpflichtet ist, verbleibt es insoweit bei dem amtsgerichtlich festgesetzten Betrag von 1.231€ (vgl. Bl. 83, S. 5 des Urteils). Eine Absenkung des Betrags kommt nicht in Betracht, weil der Klägerin nach der Berechnung des Senats mit 1.326,99 € ein höherer Betrag zustände (2.653,98 €/2). Auch für den Zeitraum 4/08 bis 10/08 verbleibt es bei der amtsgerichtlichen Entscheidung, dass der Beklagte zur Zahlung von monatlich 1068 € verpflichtet ist, weil er nach der Berechnung des Senats mit 1.164,13 € einen höheren Betrag zahlen müsste (2.653,98 € - 325,71 €/2 ).

d) Der Beklagte ist in diesem Zeitraum zur Zahlung von zunächst 8.707 € verpflichtet. Gezahlt hat er in diesem Zeitraum unstreitig 6.277,24 €. Hierauf entfallen 2.888 € (8 x 361 €) für Kindesunterhalt, so dass 3.389,24 € als Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB anzusehen sind und noch eine Zahlungsverpflichtung für rückständigen Unterhalt von 5.317,76 € verbleibt.

3. Zeitraum November und Dezember 2008 Auch die vom Amtsgericht festgesetzte Zahlungspflicht für diesen Zeitraum wird nicht unterschritten. Es verbleibt bei der vom Amtsgericht festgesetzten Unterhaltsverpflichtung von 1.187 € monatlich, trotz seines Rechenfehlers. Unstreitig entfällt ab November 2008 die Rate für den Bausparvertrag mit 306 €, so dass sich die Hauslasten von 786 € auf 480 € und der Tilgungsanteil von 558 € um 250 € auf 308 € sinken. Den Tilgungsanteil von 150 € bestreitet der Beklagte nicht; er greift nur zu Recht an, dass dem Amtsgericht hier ein Berechnungsfehler unterlaufen ist. Nach Abzug der monatlichen Darlehenskosten von 480 € und nach Abzug der anteiligen Tilgung zugunsten des Vermögens des Beklagten von 150 € verbleibt tatsächlich eine Darlehenslast von 330 € (und nicht 230 €), die in die Berechnung neu einzustellen sind, so dass nunmehr ein Wohnvorteil von 170 € besteht. Dem Beklagten steht daher zuzüglich seines Nettoeinkommens von 2.653,98 € ein Betrag von 2.823,98 € zur Verfügung. Abzüglich des Einkommens der Klägerin von 325,71 €, geteilt durch 2, ergäbe dies einen Unterhaltsanspruch von 1.249,13 €, mithin mehr als die festgesetzten 1.187 €. Für die Monate November und Dezember 2008 ergibt sich daher eine Zahlungsverpflichtung von 2.374 €. Gezahlt hat der Beklagte insoweit 1.928,82 €, wovon 722 € auf den Kindesunterhalt entfallen (2 x 361 €), so dass 1.216,82 € auf den Trennungsunterhaltsanspruch anzurechnen sind, mithin besteht noch eine rückständige Zahlungsverpflichtung von 1.157,18 €.

4. Zeitraum ab Januar 2009 Ab Januar 2009 steht der Klägerin ein Trennungsunterhaltsanspruch in Höhe von 1.119,86 € zu. Tatsächlich ist das Einkommen des Beklagten in 2009 geringer, was sich jedoch dadurch ausgleicht, dass er ab Januar den Realsplittingvorteil in Anspruch nehmen kann. Auf Seiten der Klägerin ist fiktiv von einem Einkommen von 587,83 € netto auszugehen, weil sie ab Januar zur Aufnahme einer halbschichtigen Tätigkeit verpflichtet ist.

a) Im Jahre 2009 beläuft sich das Bruttoeinkommen des Beklagten auf 76.375 €, nach Auswertung der vorgelegten Lohnabrechnungen auf Bl. 170 ff. (Anlagen zum Schriftsatz des Beklagten vom 30.06.2009). Seinem Einkommen ist in der Tat der Realsplittingvorteil anzurechnen, so wie es das Amtsgericht zu Recht ausgeführt hat, weil der Beklagte die Möglichkeit hat, nach entsprechender Zustimmung der Klägerin, sich den Unterhaltsbetrag als Freibetrag eintragen zu lassen. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 28.02.2007, XII ZR 37/05) trifft den Unterhaltsschuldner die grundsätzliche Obliegenheit zur bestmöglichen Ausschöpfung seiner Einkommensmöglichkeiten mit Hilfe des Realsplittings, um sein Nettoeinkommen zu erhöhen. Diese Verpflichtung besteht indes nur, wenn die Höhe der Unterhaltsschuld rechtskräftig feststeht oder soweit der Unterhaltsschuldner die Unterhaltsschuld freiwillig erfüllt (BGH, a.a.O, Rn. 42 f.). Der Beklagte hat in der Berufungsbegründung ausgeführt, dass er 635 € als Unterhaltsverpflichtung anerkennt, so dass somit die Voraussetzungen für den Eintrag des Freibetrags vorliegen. Daher kann dieser unstreitige Betrag bereits schon jetzt die Steuerlast des Beklagten senken, so dass das steuerrelevante Bruttoeinkommen nach Abzug des anerkannten Unterhaltsbetrags von 12 x 635 € = 7.620 € nur noch 68.755 € beträgt. Ein Nachteilsausgleich für die Klägerin muss nicht errechnet werden, weil diese im Jahre 2009 keine Steuern zu zahlen hat, weil sie die Steuergrenze von 7.664 € nicht erreicht. Unter Beachtung des sich erhöhenden Krankenkassenbeitrags des Beklagten bei der Techniker Krankenkasse auf 15,5 % (Schreiben der Techniker Krankenkasse vom 10.12.2008 auf Bl. 72 der Akte), nach Abzug des Kindesunterhalts von 438 € und der berufsbedingten Aufwendungen sowie zuzüglich des Wohnvorteils von 170 € ergibt daher sich folgende Berechnung des Einkommens des Beklagten für 2009: ... (Tabelle) ...

b) Auf Seiten der Klägerin ist nunmehr ein Einkommen von 783 € brutto anzusetzen, weil sie ab Januar 2009 eine Pflicht zu einer halbschichtigen Erwerbstätigkeit trifft. Im Gegensatz zur Entscheidung des Amtsgerichts sieht der Senat eine Verpflichtung zur Ausdehnung der Erwerbstätigkeit für die Klägerin vor dem Hintergrund der Stärkung der Eigenverantwortlichkeit nach §§ 1569 ff. BGB in Folge der Unterhaltsreform 2008. Aber anders als nach den Vorstellungen des Beklagten erachtet der Senat eine halbschichtige Tätigkeit der Klägerin vor dem Hintergrund des 1361 Abs. 2 BGB als ausreichend und angemessen.

Zur Frage, ob eine Ausdehnung der Tätigkeit iSd § 1361 Abs. 2 BGB möglich ist, werden die vom BGH aufgeführten Grundsätze zum Betreuungsunterhalt nach § 1570 Abs. 2 BGB entsprechend herangezogen und im Licht des § 1361 Abs. 2 BGB ausgelegt, d.h. dass hier nicht so strenge Maßstäbe angelegt werden. Gem. § 1570 Abs. 1 S. 1 BGB steht dem betreuenden Elternteil ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt nur bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres zu. Danach besteht grundsätzlich eine Verpflichtung zur Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit, es sei denn, dass der betreuende Elternteil darlegen und beweisen kann, dass entweder kind- oder elternbezogene Gründe gegen eine Aufnahme oder Ausdehnung der Erwerbstätigkeit sprechen. Nach der Rechtsprechung des BGH kommt nach der Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes eine Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils in Betracht, sofern dies mit den kindbezogenen und elternbezogenen Gründen gem. § 1570 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BGB vereinbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.03.2009, Urteil vom 06.05.09, XII ZR 114/08, XII ZR 74/08; Urteil vom 17.06.09, XII ZR 102/08). In der Entscheidung vom 17.06.2009 wird insbesondere ausgeführt, dass bei einem fortdauernden Anspruch auf Billigkeits-unterhalt nach § 1570 Abs. 1 S. 2 BGB auch kein abrupter Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollerwerbstätigkeit verlangt werden kann. Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 S. 3 BGB) und elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollerwerbstätigkeit möglich (BGH, Urteil vom 17.06.2009, a. a. O, Rn. 19). Wenn auch nach dem strenger an der Eigenverantwortlichkeit angelehnten § 1570 Abs. 1 S. 2 BGB keine abrupte Aufnahme einer Vollzeitstelle verlangt werden kann, wenn das Kind älter als drei ist, gilt dies erst recht für die Erwerbsobliegenheit der Klägerin iSd § 1361 Abs. 2 BGB, weil sich hiernach die Erwerbsobliegenheit noch näher an den gelebten ehelichen Verhältnissen orientiert und § 1361 Abs. 2 BGB als Schutzvorschrift für die bislang nicht erwerbstätige Ehefrau ausgelegt wird (Wendl/ Pauling, a.a.O, § 4 Rn. 18). Allerdings hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzung einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die drei Jahre hinaus grundsätzlich dem unterhaltsberechtigten Elternteil auferlegt (BGH, Urteil vom 18.03.2009, XII ZR 74/98, FamRZ 09, 770, 772). Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass sie nicht zur Ausdehnung auf eine vollschichtige Tätigkeit verpflichtet sei, weil kindbezogene Gründe dagegen sprächen. Sie behauptet, dass F. gerade nach dem Wechsel von der Grundschule auf das Gymnasium mit einem bilingualen Zweig einer intensiven Betreuung bedürfe, was sie an der Ausdehnung ihrer Tätigkeit hindere. Ob nun diese kindbezogenen Gründe iSd § 1570 Abs. 1 Sätze 2 u. 3 BGB es rechtfertigen, dass die Klägerin keine Verpflichtung zur Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit trifft, kann letztlich dahinstehen. Denn die Klägerin ist aus Gründen der ehelichen Solidarität gem. § 1570 Abs. 2 BGB nur zu einer Ausdehnung ihrer Erwerbstätigkeit auf eine Teilzeitstelle mit 20 Wochenstunden verpflichtet. Angesichts der Umstände, dass die Parteien mehr als 10 Jahre lang eine sog. ‚Alleinverdienerehe' geführt haben und die Klägerin im Einvernehmen mit dem Beklagten seit der Geburt des Sohnes nicht mehr arbeiten gegangen ist, um F. umfassend betreuen zu können, selbst als dieser das Schulalter schon erreicht hatte, kann der Beklagte mit Blick auf § 1570 Abs. 2 BGB nicht mehr als eine halbschichtige Tätigkeit von ihr erwarten. Der Gesetzgeber hat mit § 1570 Abs. 2 BGB die weitere Möglichkeit geschaffen, die Dauer des Unterhaltsanspruchs aus Gründen der (nach)ehelichen Solidarität zu verlängern. Jenseits des Betreuungsunterhalts des § 1570 Abs. 1 S. 1 BGB , der im Interesse des Kindeswohls wegen seiner Betreuung geschuldet wird, sieht § 1570 Abs. 2 BGB ent-sprechend eine Möglichkeit vor, den Betreuungsunterhalt im Einzelfall aus Gründen zu verlängern, die ihre Rechtfertigung allein in der Ehe finden. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung. Die konkreten ehelichen Lebensver-hältnisse und die nachwirkende eheliche Solidarität finden hier ihren Niederschlag und können eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruchs über § 1570 Abs. 1 S. 1 BGB hinaus rechtfertigen. So kann etwa einem geschiedenen Ehegatten, der im Interesse der Kindererziehung seine Erwerbstätigkeit dauerhaft aufgegeben oder zurückgestellt hat, ein längerer Anspruch auf Betreuungsunterhalt eingeräumt werden als einem Ehegatten, der von vorneherein alsbald wieder in den Beruf zurückkehren wollte. Entsprechend handelt sich sich bei einem Anspruch nach § 1570 Abs. 2 BGB um keinen selbständigen Unterhaltstatbestand, sondern um eine ehespezifische Ausprägung des Betreuungsunterhaltsanspruchs und ist damit eine Art ‚Annexanspruch' zum Anspruch nach § 1570 Abs. 1 BGB (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S.5, 6). § 1570 Abs. 2 BGB bietet somit die Möglichkeit der Verlängerung des Betreuungsunterhalts an für die Fälle, in denen die Parteien eine sog. ‚Alleinverdienerehe' geführt haben und der die Kinder betreuende Elternteil absprachegemäß nicht gearbeitet hat. Aufgrund der gelebten Rollenverteilung kann von dem betreuenden Elternteil nur im geringeren Maße eine Rückkehr in die Erwerbstätigkeit verlangt werden. Es ist hier Ausdruck der ehelichen Solidarität, dass die Klägerin im Vertrauen auf die jahrelang gelebte ‚klassische' Rollenverteilung, nur zu einer Ausdehnung ihrer Erwerbstätigkeit im Umfang von 20 Wochenstunden verpflichtet ist. Die Parteien hatten in der Ehe eine klare Rollenverteilung, mit der Vollzeittätigkeit des Beklagten und der Kinderbetreuung und Haushaltsführung der Klägerin. Diese Lebensplanung hatte sich mit der länger als 10 Jahre dauernden Ehe verfestigt, so dass bei der Klägerin ein gewisser Vertrauensschutz entstehen konnte. Zwar hat dieser Lebensplan mit der sich manifestierenden Scheidung der Parteien ein Ende gefunden, mit der Folge, dass beide einen neuen Weg beschreiten müssen. Für die Klägerin bedeutet dies, dass sie sich auch finanziell vom Beklagten lösen und langsam wieder anfangen muss, finanziell auf eigenen Füßen zu stehen. Vor dem Hintergrund der während der Ehe praktizierten Rollenverteilung ist ihr dies aber nur in kleinen Schritten zuzumuten. Daher gebietet es die eheliche Solidarität, den Betreuungsunterhalt noch angemessen auszudehnen, um der Klägerin den Weg in die Eigenverantwortung abzufedern. Zwar verfügt sie über eine solide Ausbildung zur Industriekauffrau mit der Zusatzausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin. Zu bedenken ist aber hier, dass das Berufsbild der Industriekauffrau ein aussterbender Zweig ist, und es in der Tat schwierig ist, eine entsprechende Stelle zu finden, was senatsbekannt ist. Auch als Fremdsprachenkorrespondentin wird sie kaum eine Stelle finden, weil ihr mittlerweile die Sprachpraxis fehlt. Der Beklagte kann die Klägerin auch nicht mit Berufsanfängerinnen vergleichen, weil die Klägerin keine solche ist, sondern eine Wiedereinsteigerin. Der Vorteil älterer Mitbewerberinnen fehlt ihr, weil sie ja gerade nicht über Berufserfahrungen verfügt. Mangels anderweitiger Absprachen während der Ehezeit bestand auch kein Anlass für die Klägerin, sich während der intakten Ehe um eine Fort- oder Weiterbildung zu kümmern oder ihre Erwerbstätigkeit wieder aufzunehmen. Denn mit Einverständnis des Beklagten hat sie seit der Geburt von F. im Juni 1998 nicht mehr gearbeitet. Neben dem Umstand, dass ihr mehr als 10 Jahre Berufserfahrungen fehlen, kommt hinzu, dass sie ihre Zusatzausbildung auch nicht mit einer herausragenden Note bestanden, so dass ihre realen Beschäftigungschancen in ihrem ursprünglichen Beruf als so gering einzustufen sind, dass sie dort wahrscheinlich keine Stelle finden wird. Man kann daher nicht von dem Gehalt einer Fremdsprachenkorrespondentin ausgehen, so wie es der Beklagte tut. Sie wird allenfalls in der Lage sein, als Schreibkraft oder Sekretärin zu arbeiten, so dass ein Stundenlohn von 9 € brutto angesetzt werden kann. Vor dem Hintergrund, dass die Parteien dank des Einkommens des Beklagten in guten wirtschaftlichen Verhältnissen leben, ist es ausreichend, wenn die Klägerin mit einer halbschichtigen Tätigkeit zum Familieneinkommen beiträgt. Aufgrund der günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse ist es nicht erforderlich, dass die Klägerin ihn auch angesichts der nun eintretenden Doppelbelastung weiter als mit einer Teilzeitstelle entlastet (vgl. insoweit Wendl/ Pauling, a.a.O, § 4 Rn. 25). Entgegen der Ansicht der Klägerin spricht die Betreuung von F. nicht gegen eine Ausdehnung der Tätigkeit auf eine halbschichtige Tätigkeit. Denn mit einer Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche ist die Klägerin gut in der Lage, die Betreuung von F., ihre Erwerbstätigkeit, die Organisation ihrer beider Leben und erforderliche Ruhepausen miteinander zu vereinbaren. F. bedarf mit 10 Jahren nicht mehr der ständigen Kontrolle, muss nicht mehr ‚auf Schritt und Tritt' kontrolliert werden (vgl. insoweit BGH, a.a.O, Rn. 30), so dass es mit seinem Wohl durchaus zu vereinbaren ist, wenn sie einer Berufstätigkeit nachgeht, solange ihr Sohn die Schule besucht. Auch der Wechsel zum Gymnasium spricht nicht dagegen, weil die Klägerin ausreichend Zeit hat, sich um die Belange des Kindes zu kümmern, wenn sie gegen Mittag wieder nach Hause kommt. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass F. in S. die offene Ganztagsbetreuung in Anspruch nimmt, so dass er nicht vor 14.00 Uhr abgeholt werden müsste. Hier bleibt ein angemessenes Zeitfenster für die Klägerin, um nach der Arbeit F. abzuholen. Die von der Klägerin erwartete Belastung von F. wegen der Verkürzung der Schulzeit und dem geplanten Besuch des bilingualen Zweigs wird bestimmt eintreten, aber den damit verbundenen Mehraufwand an Betreuung muss sie nicht alleine leisten, weil hier auch die Fremdbetreuung im Rahmen der Ganztagsbetreuung zur Seite steht. Bei einer halbschichtigen Tätigkeit bleibt für sie auch noch genug Zeit, mit F. am Nachmittag gemeinsam die Schulaufgaben zu besprechen. Insoweit sollte auch der Beklagte in die Pflicht genommen werden. Bislang ist noch kein erhöhter Betreuungsbedarf bei F. erkennbar; allein die Umstände, dass er mit der Klägerin eine Mutter und Kind Kur in Anspruch genommen hat und er unter der Trennung der Eltern leidet, rechtfertigen es noch nicht, dass die Klägerin nur eine geringfügige Tätigkeit ausübt. Insoweit ist die Klägerin darlegungsfällig geblieben, weil sie für den erhöhten Betreuungsbedarf ihres Sohn darlegungspflichtig ist (für den Anspruch nach § 1570 Abs. 1 siehe BGH, Urteil vom 18.03.2009; XII ZR 74/08; für § 1361 Abs. 2 BGB vgl. Wendl/ Pauling, a.a.O, § 4 Rn. 19 a). Unstreitig hat sie nicht um eine Stelle bemüht, so dass ihr ausgehend von einer halb-schichtigen Erwerbsobliegenheit ab Januar 2009 ein fiktives bereinigtes Nettoeinkommen von 587,83 € angerechnet wird. ... (Tabelle) ...

c) Der Unterhaltsanspruch der Klägerin beläuft sich somit ab Januar 2009 auf € 1.132 € ((2.767,86 € - 503,85 €)/ 2). Hier ergibt sich nunmehr eine Differenz zum amtsgerichtlichen Urteil, wonach 1.380 € zu zahlen waren. Der vom Beklagten insoweit bis September 2009 zu zahlende Rückstand beträgt 4.516,18 €: ... (Tabelle) ....

5. Der Gesamtrückstand von September 2007 bis September 2009 beträgt 13.014,26 € inklusive der anerkannten Beträge: ... (Tabelle) ..." (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.10.2009 - 7 UF 88/09)

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„... Der am 14.08.1963 geborene Beklagte und die am 16.03.1972 geborene Klägerin zu 1. (nachfolgend Klägerin) haben am 17.09.2004 geheiratet, nachdem im November 2003 ein gemeinsames Kind geboren worden war. Die Trennung der Parteien erfolgte im Oktober 2005; seit dem 24.04.2007 sind die Parteien rechtskräftig geschieden. Das Kind der Parteien (in erster Instanz Kläger zu 2.) lebt bei der Mutter; insoweit ist Kindesunterhalt von 144 % tituliert und nicht angefochten. Die Klägerin ist halbschichtig als Krankenschwester in dem Krankenhaus tätig, in dem sie auch vor Geburt des Kindes und Eheschließung tätig war. Sie hat infolge der Schwangerschaft ihre vorherige vollschichtige Tätigkeit aufgegeben; ab November 2004 hat sie sodann eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt, bevor sie ab November 2006 mit der halbschichtigen Tätigkeit begonnen hat. Die Klägerin hat im Übrigen im letzten Jahr vor der Schwangerschaft - 2002 - rund 27.500 € brutto verdient, was seinerzeit ungefähr einem Entgeltpunkt in der gesetzlichen Rentenversicherung entsprach. Der Beklagte hat bis September 2008 Nachscheidungsunterhalt von 547 € gezahlt. Mit ihrer Klage macht die Klägerin unbefristeten Betreuungsunterhalt für die Zeit ab Oktober 2008 in Höhe von 1.119,30 € - der Höhe nach unstreitig - geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die Klägerin nach Ablauf der Drei-Jahres-Frist des § 1570 Abs.1 Satz 1 BGB grundsätzlich verpflichtet sei, ihren Lebensbedarf selbst zu decken, was ihr auch tatsächlich möglich sei. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag zunächst weiterverfolgt. Im Senatstermin hat sie ihre Forderung in Anlehnung an die Entscheidung zur Prozesskostenhilfe auf einen Monatsbetrag von 600 € beschränkt. Sie rügt, dass das Amtsgericht von falschen Voraussetzungen ausgegangen sei, indem es ihr eine durchgehende vollschichtige Tätigkeit nach Schwangerschaft und Heirat zugerechnet habe, was tatsächlich nicht der Fall sei. Pflege- oder Betreuungsleistungen für einen Herrn M., aus denen sie zusätzliche Einkünfte erzielen würde, übe sie nicht aus, zumal Herr M. als Empfänger von Leistungen nach dem SGB II keine Zahlungen erbringen könne. Für das Kind der Parteien bestehe im Übrigen ein erhöhter Betreuungsbedarf, da es unter einer Immunschwäche leide und dadurch häufiger als andere Kinder erkrankt sei und der Betreuung bedürfe; zwischen August 2008 und Juli 2009 habe das Kind krankheitsbedingt an 129 von insgesamt 213 Öffnungstagen den Kindergarten nicht besuchen können. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sie zu ihrem Arbeitsplatz einen einfachen Weg von ca. ¾ Stunde zurückzulegen habe und sie als Krankenschwester im Schichtdienst tätig sei, so dass bei einer vollschichtigen Tätigkeit die Betreuungsbelange des Kindes nicht mehr gewahrt wären. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er sei bereit, für eine Tagesmutter monatlich 400 € bereitzustellen, damit die Klägerin ihre Erwerbstätigkeit ausweiten könne. Hilfsweise bittet er um eine Befristung des Anspruchs. ...

Die Berufung hat - im der Prozesskostenhilfebewilligung durch den Senat angepassten Umfang - Erfolg. Der Beklagte ist gem. §§ 1570, 1578b Abs. 1 BGB zur Zahlung eines monatlichen Nachscheidungsunterhalts von 600 € verpflichtet, da dies der Billigkeit entspricht.

Die Höhe des - rechnerisch - geschuldeten Unterhalts ist zwischen den Parteien unstreitig, so dass im folgenden Billigkeitserwägungen nach den eingangs genannten Vorschriften sowie im Hinblick auf eine mögliche Befristung gem. § 1578b Abs. 2 BGB anzustellen sind.

Bei der Bemessung der Ehedauer ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Parteien zwar erst im September 2004 geheiratet haben, das gemeinsame Kind jedoch schon im November 2003 geboren wurde und die Klägerin infolge der Schwangerschaft ihre zuvor ausgeübte vollschichtige Tätigkeit aufgegeben hatte, so dass jedenfalls wirtschaftlich der Zeitraum ab Beginn des Mutterschutzes Anfang Oktober 2003 bei der Bemessung der Ehezeit zu berücksichtigen ist. Zum Zeitpunkt der Trennung der Parteien im Oktober 2005 waren danach mehr als 2 Jahre vergangen, bei Zustellung des Scheidungsantrags am 22.09.2006 mehr als 3 Jahre, bei Scheidung mehr als 3 ½ Jahre.

Ebenso ist die irrige Auffassung des Amtsgerichts, die Klägerin habe stets vollschichtig gearbeitet, durch die vorgelegte Bestätigung der Arbeitgeberin vom 13.05.2009 und den Versicherungsverlauf zur im beigezogenen Scheidungsverfahren 57 F 997/06 AG Oberhausen eingeholten Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 31.07.2007 widerlegt; vielmehr ist eindeutig erkennbar, dass die Klägerin durch die Schwangerschaft und die nachfolgende Kinderbetreuung ihre zuvor seit Jahren ausgeübte vollschichtige Erwerbstätigkeit aufgegeben hat.

Ob die Klägerin im Übrigen weitere Einnahmen aus Betreuungsleistungen für Herrn M. erzielt, kann dahinstehen. Schon das diesbezügliche Vorbringen des Beklagten ist höchst spekulativ; es ist z.B. unzutreffend, dass die Klägerin "aus gutem Grund" die Anschrift des Zeugen M. verheimlichen sollte, denn diese ist in erster Instanz tatsächlich angegeben worden. Im Übrigen ist die Unterhaltsberechnung der Klägerin und der von ihr ermittelte Unterhaltsanspruch stets unbestritten geblieben, so dass der Beklagte nicht recht erkennbar macht, was mit seinem spekulativen Vorbringen bezweckt ist; allenfalls kann vermutet werden, dass er damit zum Ausdruck bringen will, dass der Klägerin über ihre halbschichtige Tätigkeit hinaus weitere Zeit für andere Aufgaben als die Kindesbetreuung zur Verfügung stehe. Die Klägerin hat insoweit jedoch unter Beweisantritt vorgetragen, dass sie Herrn M. wöchentlich für etwa eine Stunde besuche, was keinesfalls ein Hinweis auf weitere "Arbeitszeitkapazitäten" der Klägerin wäre. Zudem ist die Vermutung des Beklagten, der Zeuge M. sei "sehr wohlhabend und bezahle sehr gut", im Hinblick auf den nachgewiesenen Bezug von Sozialleistungen durch den Zeugen M. zumindest höchst zweifelhaft, zumal der Beklagte zuletzt ergänzend vorgetragen hat, die Klägerin habe ihm bereits 2005 berichtet, dass Herr M. sein ganzes Geld "durchgebracht" habe. Einer Vertiefung dieser Problematik in Form der Beweisaufnahme zu diesem Punkt bedarf es jedoch nicht, da der Unterhaltsanspruch der Klägerin der Höhe nach unstreitig ist.

Es verbleibt mithin im Rahmen des § 1570 BGB zu entscheiden, ob der Klägerin zur Bestreitung ihres Unterhaltsbedarfs die Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit - schon - abzuverlangen ist. Dies ist nicht der Fall. Belange des Kindes L. erfordern eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts, § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB.

Der Sohn der Parteien, der in der 34. Schwangerschaftswoche geboren wurde, leidet an einer Immunschwäche, die immer wieder zu Atemwegsinfekten geführt hat. Er steht deshalb seit Jahren in ärztlicher Behandlung. Klinisch gesichert ist ein sog. IgG2- und IfG4-Mangel. Bereits in dem Bericht der Universität Düsseldorf vom 22.09.2007 (GA Bl.155 f.) wird ein niedriger Wert aufgeführt. Im Laborbefund vom 17.10.2008 (GA Bl. 159 f.) wird diese Diagnose bestätigt. Erläuternd heißt es dazu, dass IgG2-Mangel-Patienten "besonders anfällig … gegenüber Infektionen mit bekapselten Bakterien wie S. pneumoniae und H. influenzae" seien. Der Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. H., der L. seit 2007 beobachten konnte (vgl. Bescheinigungen vom 13.09.2007 sowie 02.03. und 23.06.2009 GA Bl. 157 f., 216 f., 288 f.), spricht von rezidivierender spastischer Bronchitis und frühkindlichem Asthma sowie "hochfrequenten Infektionen mit rez. Antibiosen". Diese nachgewiesene Anfälligkeit für Erkrankungen der oberen Atemwege verursacht einen erhöhten Betreuungsbedarf. Wegen der Ansteckungsgefahr kann L. den Kindergarten nicht regelmäßig besuchen. Folglich muss er zu Hause versorgt werden. Dafür stehen andere Personen nicht zur Verfügung. Die Mutter der Klägerin ist im Alter von 61 Jahren noch berufstätig und tagsüber nicht abkömmlich. Der Beklagte geht unstreitig bei einem Monatsgehalt von rund 5.250 € einer anspruchsvollen Arbeit nach und muss werktags von Essen nach Düsseldorf fahren. Umgangskontakte haben - zumal mit Übernachtungen beim Beklagten - nur in geringem Umfang stattgefunden; die Parteien haben sich zudem im April 2009 darauf verständigt, bis etwa Mitte Oktober 2009 "normale" Umgangskontakte mit zwei Übernachtungen am Wochenende zu bewerkstelligen, und ab Januar 2010 soll es auch wochenweise Aufenthalte des Kindes beim Vater mit Komplettbetreuung geben (Bl. 240), ausdrücklich auch vor dem Hintergrund, dass die Klägerin ihre Berufstätigkeit flexibler gestalten und ihre finanziellen Ansprüche gegen den Beklagten aufgeben kann (Bl. 239). Es kann derzeit noch nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden, ob diese Verständigung wie geplant auch tatsächlich umgesetzt werden wird; die letzten wechselseitigen Schriftsätze lassen eher das Gegenteil erwarten. Zudem hat die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, dass ihre eigene Mutter nur im Notfall noch zur ergänzenden Kindesbetreuung zur Verfügung stehe, da sie selbst noch vollschichtig berufstätig sei, ihr Lebensgefährte in einer anderen Stadt lebe und sie sich angesichts ihres Alters von 61 Jahren mit der Kindesbetreuung zunehmend überfordert fühle. Bei dieser Sachlage ist die Klägerin jedenfalls bislang in der Hauptverantwortung der Kindesbetreuung und deren Organisation, so dass vor dem Hintergrund ihrer täglichen Fahrzeiten von rund 1 ½ Stunden, ihres Schichtdienstes und der zumindest eingeschränkten gesundheitlichen Stabilität des Kindes, die der Senat als hinreichend belegt erachtet, mehr als eine halbschichtige Erwerbstätigkeit nicht geleistet werden kann.

Diese Einschätzung steht im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung des BGH, der am 17.06.2009 (XII ZR 102/08) einen vergleichbaren Fall zu entscheiden hatte und dabei eine halbschichtige Tätigkeit einer ein 7-jähriges Kind betreuenden Mutter als angemessen bewertet hat. Die Ausführungen des Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 25.08.2009 rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Ein unterhaltsrechtlich anerkennenswertes und von der Klägerin zu berücksichtigendes Interesse des Beklagten an einer zeitlichen Freistellung der Klägerin durch Übernahme zusätzlicher Betreuungskosten durch den Beklagten besteht nicht, denn dadurch würde dem Beklagten kein nennenswerter wirtschaftlicher Vorteil entstehen; statt Unterhalt wären Betreuungskosten in vergleichbarer Höhe zu zahlen. Bei dieser Sachlage ist die Klägerin unterhaltsrechtlich nicht verpflichtet, einer Fremdbetreuung zu Lasten der Eigenbetreuung zuzustimmen.

Der Senat hält gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs für angemessen. Zwischen der schwangerschaftsbedingten Aufgabe der Tätigkeit der Klägerin im August 2003 und der Trennung der Parteien lagen rund 2 Jahre; andererseits hat der Beklagte bereits seit der Trennung im Oktober 2005 bis September 2008, mithin für knapp 3 Jahre, Ehegattenunterhalt gezahlt. Die Klägerin hat sich dieser Einschätzung mit der Beschränkung ihrer Berufung auf einen monatlichen Unterhalt von 600 € angeschlossen; für eine weitergehende Beschränkung besteht im Hinblick auf den unstreitig "rechnerisch" geschuldeten Unterhalt von 1.119,30 € keine Veranlassung.
Eine Befristung des Betreuungsunterhalts gem. § 1578b Abs. 2 BGB kommt im Hinblick auf das Urteil des BGH vom 18.03.2009 (XII ZR 74/08, Rdnr. 42) nicht in Betracht. Wann sich der Betreuungsbedarf des Kindes ändert, vermag der Senat im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abzuschätzen. ..." (OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.10.2009 - 8 UF 32/09)

***

„... I Die Parteien streiten um die Abänderung eines Unterhaltstitels. Sie schlossen am 27.04.1995 die Ehe, aus der die Kinder Philipp (geb. 1995) und Celine (geb. 1998) hervorgegangen sind, die im Haushalt der Beklagten leben. Die Parteien trennten sich im Mai 2003 und sind seit dem 17.01.2007 rechtskräftig geschieden. Der Kläger ist der Beklagten aufgrund des Senatsurteils vom 07.02.2007 - 5 UF 111/06 - auf der Basis einer konkreten Bedarfsberechnung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in monatlicher Höhe von 1.156,00 € verpflichtet, der wie folgt ermittelt wurde:

Wohnbedarf der Beklagten 1.200,00 €
teilweise gedeckt durch Kindesunterhalt - 200,00 €
ungedeckter Wohnbedarf 1.000,00 €
sonstiger Bedarf 1.900,00 €
Gesamtbedarf 2.900,00 €

Bedarfsdeckung

Einkommen der Beklagten netto 1.640,00 €
Fahrtkosten - 270,00 €
(fiktive) Kosten der Kinderbetreuung) - 1.000,00 €
370,00 €
Erwerbstätigenbonus 1/14 - 26,00 €
anrechenbares Einkommen - 344,00 €
Wohnwert 1.600,00 €
Abzug wg. Kindesbelange - 200,00 €
anrechenbarer Wohnwert - 1.400,00 €

ungedeckter Bedarf 1.156,00 €

Das dem Vortitel zugrunde liegende Einkommen erzielt die Beklagte - wie auch heute noch - aus einer halbschichtigen Tätigkeit als Flugbegleiterin bei der X. Die bedarfsdeckende Anrechnung eines Wohnwertes i.H.v. monatlich 1.400,00 € hat ihren Grund darin, dass die Beklagte nach der Trennung mit den Kindern in der ehemaligen Ehewohnung (großzügiges Einfamilienhaus), die im Alleineigentum des Klägers steht, verblieben ist und diese seither - vom Kläger geduldet - unentgeltlich nutzte. Im März 2009 zog die Beklagte mit den Kindern um und bewohnt seit April 2009 eine Mietwohnung.

Mit der Abänderungsklage, die er im Wesentlichen auf die neue Rechtslage ab 01.01.2008 stützt, hat der Kläger ein Entfallen seiner Unterhaltsverpflichtung ab 03/2008 begehrt.

Das Familiengericht hat den Vortitel dahin abgeändert, dass der Unterhaltsanspruch der Beklagten im Umfang des Aufstockungsunterhalts (308,00 €) bis zum 31.01.2013 befristet wird. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen und zur weiteren Sachdarstellung wird auf das angefochtene Urteil einschließlich seiner Verweisungen Bezug genommen. Gegen diese Entscheidung wenden sich die Parteien mit ihren Berufungen.

Der Kläger macht unter Verweis auf die ab 01.01.2008 geänderte Rechtslage geltend, dass er sich nunmehr auf eine ehevertragliche Regelung des Unterhalts berufen könne. Die Beklagte sei zudem zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet, aus der sie ihren konkreten Bedarf decken könne. Ehebedingte Nachteile seien nicht gegeben, da sie in ihrem erlernten Beruf als Flugbegleiterin arbeite.

Der Kläger beantragt abändernd, das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 07.02.2007 - 5 UF 111/06 - dahin abzuändern, dass eine Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt an die Beklagte ab 01.03.2008 entfällt, hilfsweise die Unterhaltsverpflichtung des Klägers insgesamt zeitlich zu befristen. Die Beklagte beantragt abändernd, die Klage insgesamt abzuweisen.

Sie ist unter näherer Darlegung der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Abänderung auch nach neuem Unterhaltsrecht nicht vorliegen, da sich die Grundlagen des Vortitels nicht wesentlich geändert hätten. Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen haben nur im tenorierten Umfang Erfolg. Ansonsten sind sie unbegründet. Die Beklagte hat weiterhin einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt mindestens in Höhe des titulierten Betrages von monatlich 1.156,00 €, ausgenommen ist die Zeit von März 2008 bis einschließlich März 2009. Für diesen Zeitraum war der Unterhaltsanspruch auf monatlich 630,00 € abzusenken.

Der Unterhaltsanspruch der Beklagten ergibt sich aus § 1570 BGB (Betreuungsunterhalt), soweit die Beklagte aufgrund der Kinderbetreuung an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert ist und wegen der Differenz zwischen ihrem eheangemessenen Bedarf und dem Einkommen, das sie aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit in ihrem Beruf erzielen könnte, aus § 1573 II BGB (Aufstockungsunterhalt).

1. Der Kläger kann sich auch nach den ab 01.01.2008 geltenden Änderungen im Unterhaltsrecht nicht auf eine ehevertragliche Regelung des nachehelichen Unterhalts berufen, die dem festgesetzten Unterhalt entgegenstehe.

Die Unterhaltsregelungen in § 3 des Ehevertrages vom 27.04.1995 können das Abänderungsbegehren nicht stützen, weil sie gem. § 138 I BGB nichtig sind. An der im abzuändernden Titel (Vortitel) festgestellten Nichtigkeit der Regelungen ändert sich durch die ab 01.01.2008 geltenden Änderungen im Unterhaltsrecht nichts.

Es bedarf keiner näheren Feststellung, ob die Regelungen zum Betreuungsunterhalt in § 3 des Ehevertrages nach dem seit 01.01.2008 gültigen Unterhaltsrecht Bestand hätten, da es für die Frage der Nichtigkeit auf die Rechtslage, Vorstellungen und Absichten der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt (vgl. BGH NJW 1983, 2692). Diese Umstände sind unverändert und im Vortitel bereits mit ihren rechtlichen Folgen gewürdigt worden.

Ein bei seiner Vornahme sittenwidriges Rechtsgeschäft wird durch einen Wertungswandel nicht ibso jure gültig. Es bedarf vielmehr einer Bestätigung (§ 141 BGB), die nicht vorliegt (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 138 Rn. 10).

2. Der im Vortitel festgestellte konkrete Bedarf der Beklagten i.H.v. insgesamt 2.900,00 € gilt zunächst für die streitbefangene Zeit ab März 2008 fort.

Soweit der Kläger behauptet, dass die im Vortitel angeführten Bedarfspositionen Fitnessclub (40,00 €), Segelclub (40,00 €) und Putzhilfe (110,00 €) nie angefallen seien, ist er durch die Feststellungen des Vortitels präkludiert (§ 323 II ZPO).

Eine Änderung des Bedarfs ergibt sich durch den Umzug der Beklagten in eine Mietwohnung ab April 2009. Für die Wohnung zahlt die Beklagte nach ihren Angaben im Senatstermin eine monatliche Kaltmiete i.H.v. 680,00 € zzgl. 120,00 € Vorauszahlung auf die Nebenkosten sowie einen Abschlag an den Energieversorger i.H.v. monatlich 185,00 €. Es ist daher ab April 2009 von einem konkreten Wohnbedarf i.H.v. mtl. rd. 1.000,00 € auszugehen, der i.H.v. rd. 200,00 € durch die im Kindesunterhalt enthaltenen Wohnkostenanteile gedeckt ist.

3. Der Gesamtbedarf der Beklagten ist - abweichend zum Vortitel - ab März 2008 durch ein bereinigtes Einkommen i.H.v. monatlich 870,00 € gedeckt.

a) Die Beklagte erzielte im Jahre 2008 aus ihrer halbschichtigen Erwerbstätigkeit inklusiv einer geschätzten Steuererstattung für das Vorjahr ein monatliches Nettoeinkommen von rd. 1.775,00 €, das auch für das Jahr 2009 fortzuschreiben ist.

(1) Die Auswertung der Jahreszahlen in der Abrechnung 12/2008 ergeben ein monatliches Durchschnittseinkommen der Beklagten i.H.v. rd. 1.713,00 €.

steuerpflichtiges Jahresbrutto 27.703,08 €
LSt II/1 - 3.705,00 €
KiSt - 190,44 €
Soli - 104,18 €
KV - 2.248,99 €
PV - 252,58 €
RV - 2.762,66 €
AV - 458,14 €

17.981,09 €

steuerfreie Zulagen 3.076,86 €
vom ArbG überw. - Versicherungen - 44,73 €
Kleidergeld - 95,16 €
Zukunftssicherung - 364,16 €

20.553,90 €

Monatsdurchschnitt 1.712,83 €

(2) Dieses Einkommen ist - wie vom Kläger gefordert - um Steuererstattungen zu erhöhen, die in monatlicher Höhe von rd. 62,00 € im Wege der Schätzung (§ 287 ZPO) zu berücksichtigen sind, da die Beklagte nach ihren Angaben bisher eine Steuererklärung für das Jahr 2007 nicht abgegeben hat.

Zur Abgabe einer Steuererklärung und der Realisierung von Steuererstattungen zum Zweck der Bedarfsdeckung ist die Beklagte jedoch unterhaltsrechtlich verpflichtet. Allein wegen der Fahrtkosten zum Arbeitsplatz hätte die Beklagte nach überschlägiger Schätzung eine Steuererstattung i.H.v. rd. 740,00 € realisieren können, so dass zumindest in diesem Umfang eine Erstattung mit monatlich 62,00 € fiktiv zu berücksichtigen ist.

(3) Ein höheres Erwerbseinkommen ist der Beklagten nicht zuzurechnen. Eine Obliegenheit der Beklagten zur vollschichtigen Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit, wie sie der Kläger unter Verweis auf § 1570 BGB fordert, besteht derzeit nicht.

Einer Ausweitung der Erwerbstätigkeit über das tatsächlich ausgeübte Maß hinaus stehen kindes- und elternbezogene Gründe i.S.d. § 1570 I 3, II BGB entgegen.

(a) Aus kindesbezogenen Gründen ist dem betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit nicht zumutbar, soweit die Betreuung des Kindes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht hinreichend gesichert ist und auch nicht in kindgerechten Einrichtungen sichergestellt werden könnte und wenn das Kind im Hinblick auf sein Alter auch noch nicht sich selbst überlassen bleiben kann (BGH 16.07.2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 18.03.2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 06.05.2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124, 17.06.2009 - XII ZR 102/08 - NJW 2009, 2592).

Philipp ist aktuell fast 14 Jahre, Celine 11 Jahre. Damit haben die Kinder ein Alter, in dem man sie allenfalls stundenweise sich selbst überlassen kann.

Die Kinder gehen zum Gymnasium, so dass sie dort während der Schulzeit betreut sind. Auf den Streit der Parteien, ob in dem Gymnasium ein Mittagessen und eine Hausaufgabenbetreuung angeboten wird, kommt es nicht entscheidend an, da sich im vorliegenden Fall die Anforderungen an die Art und den Umfang der erforderlichen Kinderbetreuung daraus ergeben, dass die Beklagte zur Ausübung ihres Berufs als Flugbegleiterin mehrere Tage am Stück, d.h. auch über Nacht ortsabwesend ist.

Die Beklagte arbeitet in sogenannter Monatsteilzeit, d.h. sie arbeitet einen Monat vollschichtig und den nächsten Monat überhaupt nicht.

Eine Auswertung der Flugtage anhand der Jahresübersichten 2007 in der Abrechnung 01/2008 und 2008 in der Abrechnung 01/2009 ergibt für die Monate März, Mai und November 2007 sowie September und November 2008, in denen die Beklagte vollschichtig ohne Urlaubstage gearbeitet hat, eine Ortsabwesenheit von durchschnittlich 21 Tagen im Monat, die sich regelmäßig auf 5 Abwesenheitsblöcke verteilt.

Monat Flugtage Blöcke Nächte (ortsabwesend)

03/2007 15 5 20
05/2007 17 5 22
11/2007 17 5 22
09/2008 17 5 22
11/2008 14 4 18

Bei diesen Arbeits- und Abwesenheitszeiten bedarf es keiner näheren Erörterung und dies ist im Grundsatz zwischen den Parteien auch nicht streitig, dass die Kinder einer verlässlichen Betreuung - auch über Nacht - bedürfen, während die Beklagte ortsfern ihrem Beruf nachgeht.

Die erforderliche Betreuung ist derzeit für die halbschichtige Erwerbstätigkeit der Beklagten durch ihre Eltern verlässlich sichergestellt und als tatsächliche Betreuungssituation zu berücksichtigen.

Eine Ausweitung der Erwerbstätigkeit kann von der Beklagten nur dann gefordert werden, wenn die notwendige Betreuung der Kinder sichergestellt ist oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könnte.

Kindgerechte Einrichtungen - von einer Internatsbetreuung abgesehen - gibt es für eine unregelmäßige und mehrtägige Übernachtbetreuung nicht.

Eine Ausweitung der Betreuung durch die 73 und 76 Jahre alten Großeltern wird von diesen abgelehnt. Die Beklagte kann unterhaltsrechtlich nicht darauf verwiesen werden, dass ihre Eltern die weitergehende Betreuung übernehmen könnten, weil die Großeltern weder zu einer Ausweitung ihrer Betreuungstätigkeit verpflichtet sind, noch die Beklagte sie hierzu verpflichten kann.

Die Frage, ob die Beklagte als betreuender Elternteil unterhaltsrechtlich verpflichtet ist, auf das Angebot des Klägers einzugehen, die erforderliche Betreuung der Kinder während ihrer beruflichen Ortsabwesenheit zu übernehmen, kann offen bleiben, da diesem Ansinnen erhebliche Kindesbelange entgegenstehen. Würde auch der Kläger in das Betreuungskonzept verlässlich eingebunden, ergäbe sich für die Kinder ein weiterer Lebensbereich, der kindgerecht eingerichtet und vorgehalten werden müsste. Bei einer solchen "Dreiteilung", in dem die Kinder Monat für Monat bis zu fünfmal zwischen den verschiedenen Haushalten der Eltern und Großeltern wechseln müssten, wäre das Kindeswohl tangiert, da die Kinder ihren Lebensmittelpunkt verlieren würden, der für ihre Entwicklung und ihr Wohlbefinden aber notwendig ist.

(b) Ein Wechsel in eine vollschichtige Erwerbstätigkeit an 5 Tagen zu je 8 Stunden in der Woche, der kindesbezogene Gründe u.U. nicht entgegen stünden, ist der Beklagten aus elternbezogenen Gründen nicht zumutbar. Sie hat ggü. dem Kläger das Recht, ihren erlernten Beruf auszuüben. Eine Rückkehr in den erlernten Beruf war schon in der Ehe angelegt, da die Beklagte ihr Arbeitsverhältnis nicht endgültig aufgegeben, sondern die Möglichkeit des Erziehungsurlaub und dessen Verlängerung genutzt hat, bis sie nach der Trennung ihre Berufstätigkeit im März 2005 wieder aufnahm, weil der bereits verlängerte Erziehungsurlaub auslief. Unabhängig hiervon würde sie aufgrund ihrer Ausbildungsbiographie als ungelernte Kraft vollschichtig weniger verdienen, als sie derzeit aus ihrer halbschichtigen Berufstätigkeit erzielt.

Letztlich ist der Beklagten unter Billigkeitserwägungen auch eine berufsfremde Nebentätigkeit in den arbeitsfreien Monaten nicht zumutbar (§ 1574 BGB).

b) Das Nettoeinkommen der Beklagten ist um berufsbedingte Fahrtkosten in monatlicher Höhe von 339,00 € zu bereinigen.

Im Vortitel waren Fahrtkosten i.H.v. 270,00 € berücksichtigt, die jedoch bei ansonsten unveränderter Grundlage aufgrund der ab 01.01.2008 angehobenen Kilometerpauschale auf 339,00 € (13.560 Jahreskilometer x 0,30 € / 12) anzuheben sind.

c) Weiterhin sind wie im Vortitel (fiktive) Kosten der Kinderbetreuung abzusetzen, jedoch nur noch in monatlicher Höhe von 500,00 €.

Im Vortitelverfahren hat der Senat die Kosten der Kinderbetreuung auf der Grundlage des damals geltenden Rechts auch unter Berücksichtigung des Aspektes einer möglicherweise zum Teil überobligatorischen Erwerbstätigkeit im Wege großzügiger Schätzung auf den von der Beklagten geltend gemachten und vom Kläger nicht entscheidend in Frage gestellten Betrag von 1.000,00 € monatlich festgesetzt.

Dieser Ansatz bedarf auf dem Hintergrund der neuen Gesetzeslage und dem Umstand, dass die Kinder inzwischen älter und damit auch ein wenig selbständiger geworden sind, einer kritischen Überprüfung.

(1) An der grundsätzlichen Beurteilung, dass die Beklagte Betreuungskosten einkommensmindernd geltend machen kann, auch wenn diese tatsächlich nicht anfallen, weil die Betreuung von den Großeltern unentgeltlich erbracht wird, ändert sich durch das neue Unterhaltsrecht nichts.

(a) Wie im Vortitel bereits ausgeführt, sind Betreuungskosten deshalb anzusetzen, weil die Großeltern zur Sicherstellung der halbschichtigen Berufstätigkeit der Beklagten eine vollwertige und verlässliche Betreuungsleistung erbringen, die weit über den üblichen Umgang zwischen Großeltern und Enkeln hinausgeht und die die Beklagte ansonsten auf dem Arbeitsmarkt gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung einkaufen müsste.

Damit stellt die Betreuungsleistung der Großeltern einen geldwerten Vorteil dar, der zu monetarisieren und als eine unentgeltliche Leistung Dritter zu behandeln ist, die allein der Beklagten und nicht dem Kläger zugute kommen soll (vgl. Ziff. 8 HLL).

Dies hat in der Weise zu geschehen, dass vom Einkommen der Beklagten die ansonsten aufzuwendenden Betreuungskosten fiktiv abgezogen werden.

(b) Hierin ist kein Verstoß gegen das "Besserstellungsgebot" zu sehen, den der Kläger darin sieht, dass die Großeltern diese Betreuungsleistung auch bei Fortbestand der Ehe erbracht hätten, so dass die Beklagte durch die Trennung nicht besser gestellt werden dürfe als in der Ehe.

Dieses Argument überzeugt nicht, da die Großeltern bei intakter Ehe ihre unentgeltliche Leistung gegenüber den Eheleuten als sogenannte unbenannte Zuwendung "um der Ehe willen" erbracht hätten. Mit Trennung und Scheidung ist jedoch davon auszugehen, dass sie ihre Leistung nur noch ihrer Tochter, der Beklagten zuwenden wollen.

Derartige Leistungen haben daher nach einhelliger Auffassung im Unterhaltrecht allein demjenigen zu verbleiben, dem sie zugedacht sind. Hieran ändert auch das neue Unterhaltsrecht nichts (vgl. aktuell BGH 17.06.2009 - XII ZR 102/08 - Rz. 33, NJW 2009, 2592).

(c) Die Betreuungskosten sind dem Ehegattenunterhalt und nicht dem Kindesunterhalt zuzurechnen, da der Schwerpunkt der Betreuung nicht im erzieherischen Bereich liegt, sondern darin, eine konkrete Berufsausübung überhaupt zu ermöglichen (vgl. BGH 05.03.2008 - XII ZR 150/05 - Rz. 18 f, FamRZ 2008, 1152 unter Hinweis auf seine Entscheidung vom 29. 11.2000 - XII ZR 212/98 - Rz. 23, FamRZ 2001, 350; siehe auch Kalthoener/Büttner/Niepmann, Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rn. 351; Wendel/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1 Rn. 605 f).

(2) Bei der Höhe der Betreuungskosten ist zu berücksichtigen, dass die halbschichtig ausgeübte Erwerbstätigkeit der Beklagten nach neuem Recht angesichts des Alters der Kinder nicht mehr als teilweise überobligatorisch angesehen werden kann.

Es ist daher in die erforderliche Schätzung (§ 287 ZPO) nur noch der tatsächliche Betreuungsaufwand einzubeziehen. Dieser fällt, wie oben dargelegt, alle zwei Monate mit durchschnittlich 21 Abwesenheitsnächten der Beklagten an. Hier sind im Wesentlichen die Fahrdienste (Schule und Hobbys), die gelegentlich auch vom Kläger übernommen werden, das Zubereiten der Mahlzeiten und eine "Nachtbereitschaft" zu berücksichtigen.

Mit einem Betrag i.H.v. 1.000,00 € erscheint dieser Aufwand angemessen bewertet. Da er nur alle zwei Monate anfällt, ist er im Monatsdurchschnitt mit 500,00 € einkommensmindernd zu berücksichtigen.

d) Ein Erwerbstätigenbonus ist - wie im Vortitel - mit 1/14 zu berücksichtigen.

4. Bedarfsdeckend anzurechnen ist bis einschließlich März 2009 der im Vortitel festgesetzte Wohnwert für das unentgeltlich genutzte, im Alleineigentum des Klägers stehende Einfamilienhaus in monatlicher Höhe von 1.400,00 €.

Ab April 2009 entfällt dieser Wohnvorteil, weil die Beklagte mit den Kindern in eine Mietwohnung umgezogen ist (s.o.).

5. Danach ergibt sich für den streitbefangenen Unterhaltszeitraum ein ungedeckter Unterhaltsbedarf der Beklagten wie folgt:

ab 03/2008 ab 04/2009
Wohnbedarf der Beklagten 1.200,00 € 1.000,00 €
gedeckt durch Kindesunterhalt - 200,00 € - 200,00 €
ungedeckter Wohnbedarf 1.000,00 € 800,00 €
sonstiger Bedarf 1.900,00 € 1.900,00 €

2.900,00 € 2.700,00 €

Bedarfsdeckung

Einkommen der Beklagten netto 1.775,00 € 1.775,00 €
Fahrtkosten - 339,00 € - 339,00 €
(fiktive) Kosten Kinderbetreuung - 500,00 € - 500,00 €

936,00 € 936,00 €

Erwerbstätigenbonus 1/14 - 66,00 € - 66,00 €
anrechenbares Einkommen - 870,00 € - 870,00 €
Wohnwert 1.600,00 € 1.600,00 €
Abzug wg. Kindesbelange - 200,00 € - 200,00 €
anrechenbarer Wohnwert - 1.400,00 € - €
ungedeckter Bedarf 630,00 € 1.830,00 €

Der Unterhaltsanspruch der Beklagten ab 04/2009 ist jedoch durch den Vortitel auf 1.156,00 € begrenzt, da die Beklagte eine für die Anpassung des Vortitels zu ihren Gunsten notwendige Abänderungswiderklage nicht erhoben hat.

6. Der Kläger lässt sich weiterhin als uneingeschränkt leistungsfähig behandeln, so dass er unter Beachtung des Halbteilungsgrundsatzes in der Lage ist, den konkreten Bedarf der Beklagten zu decken. ..." (OLG Hamm, Urteil vom 26.08.2009 - 5 UF 25/09)

***

Neben der Betreuung von zwei - elf Jahre und 14 Jahre - alten Schulkindern ist der Betreuungselternteil aus elternbezogenen Gründen auch dann noch nicht zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet, wenn die Kinder nach der Schule ganztägig in einer geeigneten Tagespflegestelle betreut werden könnten. Zur unterhaltsrechtlichen Behandlung eines Geldvermögens, welches dem berechtigten Ehegatten nach Scheidung der Ehe im Wege der Erbschaft zugeflossen ist. Wird der Unterhalt auf einen angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt, indem er auf einen Nachteilsausgleich nach der eigenen Lebensstellung des Berechtigten beschränkt worden ist, umfasst der Unterhaltsbedarf auch den Altersvorsorgebedarf (im Anschluss an OLG Bremen, FamRZ 2008, 1957 = BeckRS 2008, 9226; OLG Celle, Urteil vom 06.08.2009 - 17 UF 210/08 zu BGB §§ 1570, 1577 III, 1578 III, 1578b I).

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„... I. Die Antragsgegnerin nimmt den Antragsteller im Scheidungsverbund auf Zahlung nachehelichen Unterhaltes in Anspruch. Die Parteien haben am 07.08.1992 geheiratet, sind seit dem 09.06.2009 rechtskräftig geschieden.

Die Antragsgegnerin ist gelernte Verkäuferin und seit November 2008 in … mit 24 Stunden in der Woche als kaufmännische Angestellte in einem …. Sie arbeitet nach Absprache mit einer in Vollzeit tätigen Kollegin an 2 Nachmittagen pro Woche, teilweise auch samstagvormittags.

Die beiden am 06.01.1996 und 09.02.2000 geborenen Kinder der Parteien leben mit der Antragsgegnerin in dem den Parteien gemeinsam gehörenden Eigenheim. Das ältere Kind ... besucht die 10,42 km vom Wohnort entfernte Realschule … in …. Unter Nutzung der bestehenden Busverbindungen ist sie von 7:20 bis 14:00 Uhr außer Haus. Von einer täglich bis 14.45 Uhr angebotenen Hausaufgabenbetreuung der Schule macht sie keinen Gebrauch, weil sie dann aufgrund schlechter Busverbindungen nicht vor 16.30 Uhr zuhause wäre. Auch Arbeitsgemeinschaftsangebote an der Schule nimmt sie nicht wahr. Sie erhielt bislang an 2 Nachmittagen zuhause stundenweise Nachhilfeunterricht. Das jüngere Kind ... besucht die 3. Klasse der Grundschule am Wohnort. Er nutzt ein schulisches tägliches Betreuungsangebot bis 15.00 Uhr, nimmt danach montags an einer Zirkusarbeitsgemeinschaft und dienstags an einem Lauftraining teil. In Zeiten beruflicher Abwesenheit der Mutter gibt es als Anlaufstelle für die Kinder eine Nachbarin.

Die Parteien hatten in der Ehe Gütergemeinschaft vereinbart. Eine Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft ist bisher nicht erfolgt. Die Antragsgegnerin trägt für das -von ihr bewohnte Eigenheim anfallende Hauslasten und verbrauchsunabhängige Nebenkosten in Höhe von monatlich 840,74. Der im Haus verbliebene Hausrat wurde nicht geteilt.

Der Antragssteller ist …. er arbeitet in …. Er zahlt monatlichen Kindesunterhalt von 307 € und 232 €. Auf zwei nach der Trennung aufgenommene Kredite zur Neuanschaffung von Möbeln zahlt er monatlich insgesamt 248,22 €.

Die Antragsgegnerin hat im Verbundverfahren beantragt, den Antragsteller zu verurteilen, an sie ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt in Höhe von 800 € monatlich zu zahlen. Der Antragsteller hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Amtsgericht Familiengericht Nordhorn hat durch sein wegen aller Einzelheiten nach § 540 ZPO in Bezug genommenes Verbundurteil vom 02.04.2009 unter Abweisung der Unterhaltsklage im Übrigen den Antragsteller ab Rechtskraft der Scheidung zu Unterhaltszahlungen in Höhe von monatlich 530 € verurteilt.

Mit seiner Berufung macht der Antragsteller geltend, das Amtsgericht habe für ihn ein zu hohes Einkommen in die Unterhaltsberechnung eingestellt. Mit Rechtskraft der Scheidung reduziere sich sein Bruttoeinkommen um den Verheiratetenzuschlag von monatlich 108,34 €, seine Krankenversicherungskosten betrügen monatlich 38,28 €. Die trennungsbedingten Anschaffungskosten für Möbel seien rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt worden. Ihm müsse der ihm zustehende Selbstbehalt verbleiben. Da beide Kinder sich in der Übermittagsbetreuung befänden, bestehe eine Vollerwerbsverpflichtung der Antragsgegnerin. Im Übrigen stünden die Großeltern mütterlicherseits zur Betreuung der Kinder zur Verfügung. Der der Antragsgegnerin zuzurechnende Wohnwert des 1997 erbauten Hauses bei einer Wohnfläche von 128 qm, einem 1159 qm großen Grundstück betrage mindestens 840 €, decke also die Hauslasten ab. Die Antragsgegnerin habe unterhaltsverwirkend verschwiegen, schon seit Monaten mindestens 1100 € netto monatlich an Einkünften erzielt zu haben.

Der Antragsteller beantragt, das Scheidungsverbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht zu Ziff. III betreffend die Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Antragsgegnerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, ab Mai 2009 habe sich ihr monatliches Bruttoeinkommen auf 1.445,00 € erhöht. Sie erhalte einmal jährlich eine Sonderzahlung, wahrscheinlich in Höhe von 500,00 €. Ihr Arbeitsplatz liege 21 km vom Wohnort entfernt. Eine Aufstockung ihrer Tätigkeit bei ihrem jetzigen Arbeitgeber sei nicht möglich, eine Vollzeittätigkeit sei ihr aufgrund der Betreuungssituation der Kinder und der von ihr zu leistenden Hilfe bei der Pflege der Mutter auch nicht zumutbar. Ihre in unmittelbarer Nähe wohnenden Eltern stünden alters und gesundheitsbedingt nicht zur Betreuung der Kinder zur Verfügung. Der objektive Nutzwert des Hauses betrage maximal 640 €.

II. Die Berufung hat teilweise Erfolg.

Die Antragsgegnerin hat ab Rechtskraft der Scheidung, mithin seit dem 09.06.2009, Anspruch auf Zahlung von Aufstockungsunterhalt gem. § 1573 Absatz 2 BGB in Höhe von monatlich 140 €.

Ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt besteht solange und soweit ein geschiedener Ehegatte, der keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 BGB hat, keine ihm angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag (§ 1573 Absatz 1 BGB) oder aus einer angemessenen Tätigkeit erzielte Einkünfte zum vollen Unterhaltsbedarf nicht ausreichen (§ 1573 Absatz 2 BGB).

Der Senat geht, ebenso wie das angefochtene Urteil, davon aus, dass der Antragsgegnerin kein Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB zusteht.

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens 3 Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 Absatz 1 Satz 2, 3, Absatz 2 BGB). Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber den nachehelichen Betreuungsunterhalt grundlegend umgestaltet. Er hat einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann.

Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen. Obwohl der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB als Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ausgestaltet ist, wird er vor allen Dingen im Interesse des Kindes gewährt, um dessen Betreuung und Erziehung sicherzustellen. Zugleich hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt. Kind oder elternbezogene Gründe, die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

Außerdem hat der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben. Dies ist im Regelfall mit dem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG und dem Kindeswohl vereinbar (BverfG FamRZ 2007, 965, 969 ff). Dabei hat der Gesetzgeber an die zahlreichen sozialstaatlichen Leistungen und Regelungen angeknüpft, insbesondere an den Anspruch des Kindes auf den Besuch einer Tageseinrichtung (§ 24 Abs. 1 SGB VIII), die den Eltern dabei behilflich sein soll, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (vgl. BGH FamRZ 2006, 1362). Die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten Fremdbetreuungsmöglichkeit findet erst dort ihre Grenzen, wo diese Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist, was jedenfalls bei öffentlichen Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten oder Kinderhorten regelmäßig nicht der Fall ist. In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine solche Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also regelmäßig nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist deswegen stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könnte. Auf die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes kommt es erst dann nicht mehr an, wenn das Kind ein Alter erreicht hat, in dem es zeitweise sich selbst überlassen werden kann und deswegen auch keiner durchgehenden persönlichen Betreuung durch einen Elternteil bedarf. Soweit demgegenüber in Rechtsprechung und Literatur zu der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung des § 1570 BGB abweichende Auffassungen vertreten werden, die an das frühere Altersphasenmodell anknüpfen und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein vom Kindesalter abhängig machen (vgl. dazu Born FF 2009, 92, 94 ff. und Borth FamRZ 2008, 1, 6), sind diese im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar (BGH, Urteil vom 06.05.2009, XII ZR 114/08).

Neben der grundsätzlichen Betreuungsbedürftigkeit minderjähriger Kinder können allerdings auch sonstige kindbezogene Gründe, wie z.B. Krankheiten, die im Rahmen einer Betreuung in kindgerechten Einrichtungen nicht aufgefangen werden können, für eine eingeschränkte Erwerbspflicht und damit für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen. Auch insoweit sind stets die individuellen Umstände des jeweiligen Falles zu beachten. Aus kindbezogenen Gründen ist dem betreuenden Elternteil deswegen eine Erwerbstätigkeit nicht zumutbar, soweit die Betreuung des Kindes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht hinreichend gesichert ist und auch nicht in kindgerechten Einrichtungen sichergestellt werden könnte und wenn das Kind im Hinblick auf sein Alter auch noch nicht sich selbst überlassen bleiben kann.

Die Antragsgegnerin hat im vorliegenden Fall nicht substantiiert dargelegt, dass eine persönliche Betreuung der Kinder durch sie selbst unter Berücksichtigung der persönlichen Belange der Kinder, etwa aufgrund ihres Gesundheits oder Entwicklungsstandes, etwaiger Verhaltensauffälligkeiten erforderlich ist und eine Fremdbetreuung der Kinder mit dem Kindeswohl nicht zu vereinbaren wäre. Einer Fremdbetreuung der Kinder stehen hier keine Gründe entgegen, tatsächlich erfolgt diese bereits zeitweise. ... nimmt das schulische Ganztagsangebot täglich bis 15.00 Uhr in Anspruch, geht an zwei Nachmittagen anschließend seinen Hobbys außer Haus nach. Für ... besteht eine schulische Betreuungsmöglichkeit, die derzeit nicht genutzt wird. An zwei Nachmittagen, an denen sie bisher stundenweise Nachhilfe erhielt, wurde ihre Betreuung für die Zeit der Nachhilfestunden letztlich durch die Nachhilfelehrerin, eine ältere Schülerin, gewährleistet. Soweit darüber hinaus an den beiden Nachmittagen, an denen die Mutter schon berufstätig ist, eine Betreuung der Kinder zu gewährleisten ist, erfolgt dies nach Absprache durch eine Nachbarin, nach Rückkehr von der Schule gehen die Kinder zuvor kurz zu den in unmittelbarer Nähe wohnenden Großeltern.

Um einer Vollzeittätigkeit nachgehen zu können, wäre die Antragsgegnerin gehalten, weitergehende Fremdbetreuungsmöglichkeiten für die Kinder zu nutzen. ... befindet sich in einem Alter, in dem eine Hortbetreuung ohne Weiteres möglich sein dürfte. Dass ortsnahe Betreuungsmöglichkeiten für ... in einer kindgerechten Einrichtung (Hort, Kindertagesstätte) nicht bestehen, hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt. ... ist die Nutzung des schulischen Betreuungsangebotes zuzumuten. Dass schlechte Busverbindungen bestehen, die Nutzung des schulischen Angebotes für sie deshalb mit einem verhältnismäßig hohen Zeitaufwand bis zur Rückkehr nach Hause verbunden ist, steht dem nicht entgegen. Wartezeiten wird ..., die von der Antragsgegnerin als sehr selbständig beschrieben wird, ohne Aufsicht überbrücken können. Aufgrund ihres Alters und ihrer hohen Selbständigkeit geht der Senat zudem davon aus, dass ... bereits zeitweise, zumindest stundenweise, sich selbst überlassen werden kann und einer durchgehenden Betreuung nicht mehr bedarf. Soweit Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder in Einrichtungen nicht bestehen, sind private Betreuungsmöglichkeiten zu nutzen. Bei Ausdehnung der beruflichen Tätigkeit der Antragsgegnerin auf eine Vollzeittätigkeit würde an den Tagen, an denen ... seinen Hobbys nachgeht, für ihn ein zusätzlicher Betreuungsbedarf für wenige Stunden entstehen, an den übrigen Nachmittagen, an denen nicht bereits wie bisher die Betreuung durch die Nachbarin erfolgt, wäre seine Betreuung für die Zeit ab 15.00 Uhr sicherzustellen. ... könnte, soweit ihre Betreuung noch erforderlich ist, durch die Betreuungsperson mitbetreut werden. Kindbezogene Gründe stehen danach einer Ausdehnung der Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin nicht entgegen.

Soweit die Betreuung des Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils aber auch elternbezogene Gründe entgegenstehen (BGH FamRZ 2008, 1739). Diese elternbezogenen Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts beruhen auf einer nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung (BTDrucks. 16/6980 S. 9). Die Umstände gewinnen durch das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung des gemeinsamen Kindes weiter an Bedeutung. Die ausgeübte oder verlangte Erwerbstätigkeit darf neben dem nach der Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen (oder durch Fremdpersonen) verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreuenden Elternteils führen, die ihrerseits wiederum negative Auswirkungen auf das Kindeswohl entfalten könnte. Denn selbst wenn ein Kind ganztags in einer kindgerechten Einrichtung betreut und erzogen wird, was dem betreuenden Elternteil grundsätzlich die Möglichkeit zu einer Vollzeittätigkeit einräumt, ergibt sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein kann (vgl. KG FamRZ 2009, 336, 337). Deshalb ist eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils trotz der anderweitigen Vollzeitbetreuung des Kindes noch eingeschränkt ist.

Darlegungs und beweispflichtig für elternbezogene Verlängerungsgründe ist wiederum der Unterhaltsberechtigte. Die Antragsgegnerin war bereits während der Ehe in ihrem Beruf teilzeittätig, hat ihre berufliche Tätigkeit nicht im Vertrauen auf eine bestimmte Rollenteilung aufgegeben sondern lediglich eingeschränkt. Die Ausübung ihres Berufes wird ihr weiterhin möglich sein. Dass die Ausübung einer Vollzeittätigkeit zu einer überobligatorischen Belastung ihrerseits führen würde, hat die Antragsgegnerin nicht substantiiert dargelegt. Dass die Antragsgegnerin neben der Betreuung der Kinder Pflegeleistungen für ihre eigene Mutter erbringt, kann bei der Beurteilung der Unterhaltspflicht des Antragsstellers ihr gegenüber keine Rolle spielen.

Ein weiterer Betreuungsaufwand für die Kinder ist nicht dargelegt. Soweit die Antragsgegnerin auf die Notwendigkeit anfallender Arztbesuche mit den Kindern etc. verwies, stellt dies keinen besonderen Betreuungsaufwand dar, der einer Ausdehnung der beruflichen Tätigkeit entgegensteht. Jede beruflich vollzeittätige Mutter ist gehalten, unter Beachtung ihrer eigenen Arbeitszeiten entsprechend den Bedürfnissen der Kinder Arztbesuche etc. zu organisieren. Den normalen Umfang überschreitende Betreuungsaufgaben sind nicht erkennbar. Ein Betreuungsunterhaltsanspruch besteht danach nicht. Das Amtsgericht hat im Ergebnis zutreffend einen Aufstockungsunterhaltsanspruch bejaht.

Gemäß § 1573 Absatz 2 BGB hat ein geschiedener Ehegatte Anspruch auf Aufstockungsunterhalt, wenn er eine Erwerbstätigkeit ausübt, die Einkünfte daraus aber zum vollen Unterhalt nicht ausreichen. Entsprechendes gilt auch, wenn der Berechtigte sich um die ihm obliegende Erwerbstätigkeit nicht genügend bemüht, die ihm deshalb anzurechnenden fiktiven Einkünfte aber seinen vollen Unterhalt nicht decken würden (BGH FamRZ 1985,265). Das für den Aufstockungsunterhalt bestimmende Maß des vollen Unterhaltes bestimmt sich gemäß § 1578 Absatz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der eheliche Lebensstandard wird insbesondere durch die Einkommensverhältnisse der Ehegatten geprägt. Dass die Parteien in ihrer Ehe Gütergemeinschaft vereinbart hatten, steht der Einstellung der beiderseits erzielten bzw. erzielbaren Einkünfte in die Unterhaltsberechnung nicht entgegen. Die gesetzlichen Vorschriften über den nachehelichen Unterhalt gelten unabhängig von dem früheren Güterstand, in dem die Parteien lebten. Bis zur Scheidung fielen Einkünfte der Parteien in das Gesamtgut und waren vorrangig für den Unterhalt der Familie einzusetzen (§ 1420 BGB). Nach der Scheidung anfallendes Einkommen fällt nicht mehr in das Gesamtgut (WendlDose, Unterhaltsrecht, 7.Aufl. 2008, § 6 Rn.413). Es kann nach den allgemeinen Grundsätzen zugerechnet und verteilt werden. Der Unterhalt bestimmt sich also nach den allgemeinen Regeln.

Zutreffend hat das Amtsgericht zunächst auf die Jahresbruttoeinkünfte des Antragstellers in 2008 gemäß Lohnsteuerbescheinigung für 2008 (Bl. 181 Bd.1 des Verfahrens 13 UF 41/09) in Höhe 36.789 € abgestellt. Zu berücksichtigen ist der Wegfalls des Verheiratetenzuschlages von monatlich 108,34 € mit Rechtskraft der Scheidung. Das zu erwartende Jahresbruttoeinkommen des Antragstellers reduziert sich danach auf rd. 35.490 €. Bei Steuerklasse 1 und einem Kinderfreibetrag von 1,0 errechnet sich ein voraussichtliches Jahresnettoeinkommen von ca. 27.970,00 €. Aus dem Verfahren der Parteien zum Trennungsunterhalt (AZ. 13 UF 41/09 OLG Oldenburg) ist dem Senat bekannt, dass dem Antragssteller in 2008 an Steuererstattungen für 2006 und 2007 insgesamt 827,49 € zuflossen. Der Erhalt einer entsprechenden Steuererstattung für 2009 ist aber nicht prognostizierbar. Aus den vorgelegten Gehaltsabrechnungen des Antragstellers ergibt sich weiter, dass dieser monatlich als Nachzahlung steuerfreie Bezüge in variierender Höhe erhält. Aus den zum Parallelverfahren vorgelegten Gehaltsnachweisen für 2007 (dort Bl.13 ff Hauptakte, 20 ff EAPKV) errechnen sich bezogen auf den Jahreszeitraum 2007 durchschnittlich erhaltene steuerfreie Nachzahlungen von monatlich 135,00 €. diese schreibt der Senat fort. An Krankenversicherungskosten entstehen dem Antragssteller seit 2009 monatlich 38,28 €, an Fahrtkosten zum Arbeitsplatz, wie im erstinstanzlichen Urteil angesetzt und in der Berufungsinstanz nicht angegriffen, 228,00 €.

Ein Unterhaltspflichtiger darf von seinen Einkünften grundsätzlich neben der gesetzlichen Altersvorsorge eine zusätzliche Altersvorsorge - wie hier in Form einer Kapitallebensversicherung - betreiben, die unterhaltsrechtlich beim Elternunterhalt bis zu 5 % des Bruttoeinkommens ( BGH FamRZ 2004, 792, FamRZ 2006, 1511) und im Übrigen bis zu 4 % des Bruttoeinkommens (BGH FamRZ 2005, 1817, FamRZ 2007, 793) betragen kann. Danach sind die Beiträge zu der 1996 abgeschlossenen Lebensversicherung des Beklagten bei der … in Höhe von 124,26 € abzuziehen.

Die zur Neuanschaffung von Möbeln aufgenommenen Verbindlichkeiten des Antragsstellers hat das Amtsgericht zutreffend unberücksichtigt gelassen. Gesetzlich ist nicht geregelt, ob und inwieweit bei der Bedarfsermittlung Schulden zu berücksichtigen sind. Der Bundesgerichtshof hat früher den Abzug auf ehebedingte Verbindlichkeiten beschränkt. Diese Rechtsprechung hat er zwischenzeitlich geändert. Abzugsposten sind nicht nur Schulden aus der Zeit des Zusammenlebens, sondern auch nach der Trennung/Scheidung entstandene Verbindlichkeiten, soweit sie unumgänglich sind bzw. nicht leichtfertig eingegangen wurden. Da es keine Lebensstandartgarantie gibt, nimmt der Unterhaltsberechtigte auch an Einkommensminderungen durch nicht vorwerfbare Einkommensreduzierungen oder neue Ausgaben teil (WendlGerhardt, Unterhaltsrecht, a.a.O., § 1 Rn. 616, 622. BGH FamRZ 2006,683, FamRZ 2008,968). Die Aufnahme der Kredite hätte durch eine Teilung des vorhandenen Hausrates vermieden werden können, war nicht unumgänglich.

Das bereinigte Nettoeinkommen des Antragstellers beläuft sich danach auf monatlich ca. 2.076 €.

Der Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin ermittelt sich unter Vorwegabzug des Unterhaltsbedarfes der minderjährigen Kinder nach hälftiger Anrechnung des Kindergeldes gemäß § 1612 b BGB. Die Zahlbeträge für die Kinder betragen nach der jeweiligen Altersstufe (2 bzw.3) gemäß Einkommensgruppe 3 333,00 € bzw. 273,00 €.

Das verbleibende Einkommen ist um einen Erwerbstätigenbonus von einem Siebtel auf 1260 € (ger.) zu bereinigen.

Den Einkünften des Ehemannes sind die Einkünfte, die die Antragstellerin bei Ausübung einer Vollzeittätigkeit aus einer ihr angemessenen Tätigkeit erzielen könnte, gegenüberzustellen. Die Antragsgegnerin hat sich nicht um eine Ausdehnung der Erwerbstätigkeit bemüht. Darauf, dass eine Ausdehnung ihrer Tätigkeit bei ihrem jetzigen Arbeitgeber nicht möglich ist, kann sie sich nicht zurückziehen. Sie erzielt seit Mai 2009 aus Teilzeittätigkeit als kaufmännische Angestellte im … bei einer Wochenarbeitszeit von 24 Stunden ein Bruttoeinkommen von monatlich 1445,00 € zuzüglich einer Sonderzahlung ab 2009 von jährlich 500,00 € brutto. Ihr Bruttoeinkommen wird danach ab Mai 2009 17.840,00 € jährlich, durchschnittlich 1486,66 € monatlich betragen. Die Beschäftigung erfolgt zu einem Stundenlohn von ca. 14,40 €. Bei Ausübung einer Vollzeitbeschäftigung als kaufmännische Angestellte zu einem entsprechenden Stundenlohn wäre bei einer Wochenarbeitszeit von 38 Stunden ein monatliches Bruttoeinkommen von 2353 € (=38 h x 14,40 € x 4,3), netto ca. 1550 € erzielbar. Der Senat hält ein entsprechendes Einkommen auf dem Arbeitsmarkt objektiv für erzielbar.

Die der Berechnung zugrunde gelegten tatsächlichen Einkünfte vermag die Antragsgegnerin nur unter Zurücklegung eines Fahrtweges von 21 km einfacher Strecke zum Arbeitsplatz zu erzielen. Entsprechende Fahrtkosten dürften auch bei Ausdehnung der beruflichen Tätigkeit entstehen. Nach Abzug der Fahrtkosten (hier ausnahmsweise in Höhe der konkreten Kosten von 231 €) sowie Zurechnung eines Erwerbstätigkeitsbonus von einem Siebtel errechnet sich ein bereinigtes Einkommen von ca. 1130 € für die Antragsgegnerin.

Mit Ausdehnung der Vollerwerbstätigkeit wird eine weitergehende, zumindest stundenweise Fremdbetreuung der Kinder erforderlich. Hierfür erforderliche Aufwendungen sind fiktiv einkommensmindernd gegenzurechnen. Aufgrund des Alters und des Gesundheitszustandes der Großeltern ist eine kostenlose Betreuung der Kinder durch diese nicht möglich. Die Eltern der Klägerin sind 80 und 83 Jahre alt, die Mutter ist seit einem Schlaganfall im Jahre 2006 pflegebedürftig, der Vater nach einer schweren Operation im Jahre 2007 nur eingeschränkt einsetzbar. Auch die Nachbarin, die bislang entgeltlos die Betreuung der Kinder in Zeiten beruflicher Abwesenheit der Kinder übernahm, steht nach Angaben der Antragsgegnerin nicht für eine weitergehende Betreuung zur Verfügung. Die für eine Privatperson, die stundenweise die Betreuung der Kinder gewährleistet, aufzubringenden monatlichen Kosten schätzt der Senat auf 150,00 €. Nach deren Abzug verbleibt ein (fiktives) Einkommen von ca. 980,00 €.

Der Antragsstellerin ist ein Wohnvorteil für das mietfreie Wohnen in dem den Parteien gehörenden Eigenheim zuzurechnen, der jedoch durch die von ihr getragenen Hauslasten und verbrauchsunabhängigen Nebenkosten in Höhe von ca. 840,00 € aufgezehrt wird.

Bei einer Einkommensdifferenz von 280 € errechnet sich dementsprechend ein ungedeckter Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin von 140 €.

Eine Verwirkung des Unterhaltsanspruches wegen Verschweigens vorhandener Einkünfte nach § 1579 Nr.5 BGB ist nicht anzunehmen. Denn die Antragsgegnerin hat ihre ab November 2008 gestiegenen tatsächlichen Einkünfte erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 17.03.2009 offenbart und über diese nicht getäuscht.

Eine Herabsetzung oder Befristung des Aufstockungsunterhaltsanspruches nach § 1578 b BGB aus Billigkeitsgründen ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorzunehmen.

Eine Herabsetzung oder Befristung hat zu erfolgen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruches auch unter Berücksichtigung der Belange der einem Unterhaltsberechtigten zur Erziehung und Pflege anvertrauten gemeinsamen Kinder unbillig wäre, wobei zu berücksichtigen ist, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit des Unterhaltsberechtigten eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Derzeit ist nicht abschätzbar, wie sich die gemeinsamen Kinder der Parteien, ihr schulischer Werdegang, ihr Betreuungsbedarf, die Betreuungskosten entwickeln. Auch mit welchem Ergebnis die Gütergemeinschaft der Parteien auseinandergesetzt werden wird, ob die Antragsgegnerin mit den Kindern unter Übernahme des Eigenheimes unter welchen finanziellen Belastungen in diesem verbleiben kann, ist nicht prognostizierbar. Angesichts der insoweit bestehenden Unsicherheitsfaktoren kann eine der künftigen Entwicklung gerecht werdende Billigkeitsabwägung nicht vorgenommen werden. Eine Anpassung des Titels an eintretende Veränderungen muss deshalb der Abänderungsklage vorbehalten bleiben. ..." (OLG Oldenburg, Urteil vom 13.07.2009 - 13 UF 52/09)

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„... I. Die Klägerin macht nachehelichen Unterhalt ab Dezember 2006 geltend. Die am ….9.1969 geborene Klägerin und der am ….5.1967 geborene Beklagte haben am 2.2.1999 geheiratet. Die Parteien haben zwei gemeinsame Kinder, A…, geboren am ….6.1990, und B…, geboren am ….2.2001. Die Trennung erfolgte im Jahr 2004. Die Kinder leben seither bei der Klägerin. Durch Urteil des Amtsgerichts vom 6.11.2006, insoweit rechtskräftig seit 14.12.2006, wurde die Ehe der Parteien geschieden. Die Klägerin ist 31 Stunden in der Woche als Arzthelferin tätig. Zumindest zeitweise hat sie Leistungen nach dem SGB II erhalten. Mit Anwaltsschreiben vom 24.11.2006 forderte die Klägerin den Beklagten zur Erteilung einer Auskunft über sein Einkommen und Vermögen zum Zwecke der Unterhaltsberechnung und zur Zahlung von mindestens 400 € ab 1.12.2006 auf. Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht die auf Zahlung monatlichen nachehelichen Unterhalts von 387 € ab Januar 2007 und rückständigen Unterhalts von 146 € für Dezember 2006 gerichtete Klage zurückgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie trägt vor: Mit Rücksicht darauf, dass sie als Arzthelferin auf 31-Stundenbasis beschäftigt sei und daneben eine freiberufliche Tätigkeit als Qigong-Lehrerin ausübe, die bislang noch keine nennenswerten Einkünfte abwerfe, sei sie bereits jetzt vollschichtig erwerbstätig. Die beiden gemeinsamen Kinder seien auch schon während der Ehe im Wesentlichen von ihr betreut worden. Soweit man sie auf die Aufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit verweisen wolle, sei die außerordentlich hohe Arbeitslosigkeit im Gebiet der P… zu berücksichtigen. Beide Kinder hätten unter der Trennung der Eltern gelitten. A… habe erhebliche Schwierigkeiten mit dem Schulwechsel gehabt und in ihren Leistungen stark nachgelassen. Die kleine B… habe die Zeit, in der sie, die Klägerin, habe arbeiten müssen, bei einer Tagesmutter verbracht. Zwangsläufig habe sie, die Klägerin, ihre gesamte Zeit nach der Arbeit mit B… verbracht. Bis heute leide B… unter Einschlafschwierigkeiten, habe starke Verlustängste und schlafe fast ausschließlich im Bett der Mutter, auch wenn sie, die Klägerin, sich darum bemühe, B… zur Selbstständigkeit zu erziehen. Wenn sie etwa 30 Stunden in der Woche gearbeitet habe, könne sie nicht bereits unmittelbar danach mit ihrer Tochter zusammen sein. Montags arbeite sie in der Zeit von 7:30 Uhr bis 19:00 Uhr. Die Mittagspause von 2 Stunden verhelfe ihr zum Erledigen von Tätigkeiten im Haushalt. Davon profitiere B… aber nicht. Die Tagesmutter habe ihre Einrichtung 4 km außerhalb von Pe… gehabt. Sie, die Klägerin, sei mit dem Fahrrad oft dorthin gefahren, um Fahrtkosten zu sparen. Die Tätigkeit als Arzthelferin in einer Praxis für chinesische Medizin mache es erforderlich, dass sie sich weiterbilde. An einigen Wochenenden sei sie ab Freitagnachmittag bis Sonntagnachmittag zur Weiterbildung in M… gewesen. Auch solche Situationen seien für die beiden Töchter und sie anfangs nicht leicht gewesen. Einige Wochenenden habe B… bei ihrem Vater verbracht. Nach den Aufenthalten dort habe sie B… wieder „aufbauen" müssen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, ab 1.1.2007 monatlichen Unterhalt von 313 € ab Dezember 2006 zu zahlen, wobei ein Betrag von 127,43 € für Mai 2007 und ein solcher von 243,43 € für Juni 2007 an den Service für Arbeit … in Pe… zu zahlen ist, während die übrigen Zahlungen an sie selbst erfolgen sollen. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor: Zu Recht habe das Amtsgericht die Klägerin auf den Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit hingewiesen. Da die Klägerin selbst vortrage, dass sie aufgrund ihrer Berufstätigkeit häufig auch über die übliche tägliche Arbeitszeit hinaus, also bis in die Abendstunden, nicht zu Hause sei, scheine dies für B…s Versorgung nicht abträglich zu sein. Auch sei zu beachten, dass er B… sehr häufig und über den üblichen 14-Tage-Turnus hinaus gern zu sich nehme. Es stelle sich die Frage der Bedürftigkeit der Klägerin im Hinblick auf die Leistungen der Agentur für Arbeit und die Einkünfte aus dem Qigong-Unterricht. Bei ihm sei von einem Nettoeinkommen von 2.514,44 € auszugehen. Dabei seien schon steuerfreie Zulagen mit einbezogen, die eigentlich überobligatorisch seien. Ziehe man hiervon 35,08 € für die Heilfürsorge, 40,90 € für vermögenswirksame Leistungen, 231 € Fahrtkosten, 10 € CDU-Beitrag, 9,60 € Gewerkschaftsbeitrag, 20,90 € für die private Rentenversicherung, 27 € für die Kranken- und Pflegeversicherung, 206 € für ein Allzweckdarlehen und 191,32 € für einen PKW-Kredit ab, verblieben 1.742,64 €. Bei sämtlichen Abzugspositionen sei zu berücksichtigen, dass sie die ehelichen Lebensverhältnisse bereits bei intakter Ehe geprägt hätten. Die Fahrtkosten ergäben sich bei durchschnittlich 21 Arbeitstagen und einer Kilometerpauschale von 0,25 €. Aufgrund der unterschiedlichen Schichtpläne sei eine dauerhafte Fahrgemeinschaft mit Kollegen nicht möglich. Der PKW-Kredit sei darauf zurückzuführen, dass er im vergangenen Jahr einen Verkehrsunfall erlitten habe und deswegen gezwungen gewesen sei, einen Ersatzwagen, nämlich einen Renault Laguna, anzuschaffen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat die Parteien angehört. Insoweit wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 19.5.2009 verwiesen.

II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist zum Teil begründet und führt zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Entscheidung. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Dieser ist jedoch gem. § 1578 b Abs. 2 BGB auf die Zeit bis einschließlich Dezember 2013 zu befristen.

1. Der Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt ergibt sich aus § 1573, Abs. 2 BGB, nicht aus § 1570 BGB.

a) Gemäß § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht, § 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dabei sind gemäß § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht, § 1570 Abs. 2 BGB. Mit dieser gesetzlichen Neuregelung hat der Gesetzgeber dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt. Kind- oder elternbezogene Gründe, die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und ggf. zu beweisen (BGH, FamRZ 2009, 770 ff., Rz. 23). Im Prozesskostenhilfe teilweise versagenden Beschluss vom 31.3.2009 hat der Senat die Klägerin bereits darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts für Kinder ab Vollendung des 3. Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben hat (vgl. auch BGH, a.a.O., Rz. 25) und der Vortrag der Klägerin hinsichtlich der Betreuung der zu Beginn des Unterhaltszeitraums 16 bzw. 5 Jahre alten gemeinsamen Kinder der Parteien nicht ausreicht, um eine Verlängerung des Unterhalts über den Basisunterhalt hinaus annehmen zu können. Wegen der Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Klägerin im Einzelnen bis zum Erlass jener Entscheidung wird auf den Senatsbeschluss vom 31.3.2009 verwiesen.

Die Klägerin hat ihren Sachvortrag hinsichtlich der Betreuung der Kinder nicht ergänzt. Mit Schriftsatz vom 28.4.2009 hat sie lediglich vom Senat angeforderte Unterlagen eingereicht. Dass sich darunter auch im Zusammenhang mit Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber Aufstellungen über ihre Arbeitszeiten befinden, ersetzt substantiierten Vortrag bezüglich der zeitlichen Inanspruchnahme durch die Berufstätigkeit einerseits und die Betreuung der beiden minderjährigen Kinder andererseits nicht.

b) Da die Klägerin somit ihren Unterhaltsanspruch nicht auf die Vorschrift des § 1570 BGB stützen kann, besteht mit Rücksicht darauf, dass ihr Einkommen niedriger ist als dasjenige des Beklagten, ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Ungeachtet des vom Amtsgericht herangezogenen Grundsatzes der Eigenverantwortung, § 1569 BGB, geht die Obliegenheit eines jeden Ehegatten nach der Scheidung nur soweit, wie seine beruflichen Möglichkeiten reichen. Wenn das Einkommen eines Ehegatten aufgrund der geringeren Chancen am Arbeitsmarkt, etwa infolge einer weniger fundierten Berufsausbildung oder wegen längerer Zeiten, in denen eine Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt worden ist, hinter dem Einkommen des anderen Ehegatten zurückbleibt, so besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt.

2. Die Klägerin kann nachehelichen Unterhalt für die Zeit vor dem 28.3.2007 nicht verlangen. Wie noch unter 8. auszuführen ist, besteht eine Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin im Hinblick auf einen Anspruchsübergang nach § 33 SGB II sogar erst für Mai und ab Juli 2007.

a) Die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit gemäß § 1585 b Abs. 2 BGB liegen nicht bereits ab Dezember 2006 vor. Das Scheidungsurteil ist erst am 14.12.2006 rechtskräftig geworden. Der Verzug des Schuldners setzt aber regelmäßig eine Mahnung nach Eintritt der Fälligkeit voraus (Wendl/ Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 6, Rz. 116). Daher begründet eine Mahnung wegen nachehelichen Unterhalts, die vor dem Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs zugeht, keinen Verzug (Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 6, Rz. 128). Das Anwaltsschreiben vom 24.11.2006 reicht folglich nicht aus. Die Klägerin hat auf den Hinweis des Senats weitere Mahnungen nach Rechtskraft der Scheidung am 14.12.2006 nicht vorgelegt, sodass der Zugang der einfachen Abschrift der Klageschrift maßgeblich ist. Da § 1585 b Abs. 2 BGB in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung eine Bezugnahme auf § 1613 Abs. 1 BGB nicht enthielt, kommt eine Rückwirkung der Mahnung auf den Monatsersten, wie sie § 1585 b Abs. 2 BGB n. F. in Verbindung mit § 1613 Abs. 1 Satz 2 BGB vorsieht, nicht in Betracht. Entscheidend ist das Datum des Zugangs der einfachen Abschrift der Klage. Ausweislich der Akten hat diese Abschrift das Amtsgericht am 27.3.2007 verlassen, sodass von einem Zugang beim Beklagten am 28.3.2007 ausgegangen werden kann.

b) Das mit Schriftsatz vom 18.5.2009 vorgelegte Anwaltsschreiben der Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 21.12.2006 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Allein aufgrund der im Schreiben vom 21.12.2006 vertretenen Auffassung zu einem nachehelichen Unterhaltsanspruch der Klägerin, eine Mahnung nicht entbehrlich.

Zwar kommt, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, ein Verzug ohne Mahnung in Betracht. An das Vorliegen einer solchen ernsthaften und endgültigen Verweigerung sind aber strenge Anforderungen zu stellen. Die Weigerung muss als letztes Wort des Schuldners aufzufassen sein (BGH, NJW 1986, 661; Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 286, Rz. 24). Vor diesem Hintergrund ist das Anwaltsschreiben vom 21.12.2006 nicht als ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung anzusehen.

In jenem Schreiben wird zunächst mitgeteilt, dass zur Erledigung des Schreibens der Klägerin vom 24.11.2006 Bezügemitteilungen übersandt würden und die unterhaltsrelevanten Aufwendungen im Vergleich zum Trennungsunterhaltsverfahren im Wesentlichen unverändert geblieben seien, lediglich ein PKW-Kredit sei hinzugetreten. Im Anschluss daran wird für den Beklagten erklärt, man gehe davon aus, dass ein Unterhaltsanspruch schon dem Grunde nach nicht gerechtfertigt sei, da die Klägerin einer gesteigerten Erwerbsobliegenheit unterliege und ihr die Aufnahme einer Vollzeittätigkeit durchaus möglich sei. Diese Ausführungen allein begründen nicht zwingend die Annahme, dass der Beklagte unter keinen Umständen bereit ist, der Klägerin nachehelichen Unterhalt, gleichgültig in welcher Höhe, zu zahlen. Als letztes Wort der Beklagten sind sie nicht aufzufassen.

3. Da der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen, § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB, wesentlich von den Einkünften der Ehegatten bestimmt wird (vgl. auch Nr. 15.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts), ist zur Unterhaltsbemessung zunächst das unterhaltsrechtlich bedeutsame Einkommen der Klägerin heranzuziehen.

a) Die Klägerin erzielt Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Arzthelferin in einer Arztpraxis. Nach den vorgelegten Entgeltabrechnungen, jeweils für den Monat Dezember der Jahre 2006 bis 2008 und für den Monat Februar 2009, ergeben sich, wenn man die dort im Wege der Auf-addition genannten „Nettosummen" durch die Zahl der jeweils zurückgelegten Monate (12 in den Jahren 2006 bis 2008 und 2 im Jahr 2009) teilt, gerundet folgende monatliche Nettoeinkünfte:

- 676 € in 2006,
- 681 € in 2007,
- 756 € in 2008,
- 783 € in 2009.

b) Weitere Einkünfte erzielt die Klägerin aus ihrer Nebentätigkeit als Qigong-Lehrerin. Nach den mit Schriftsatz vom 28.4.2009 dargelegten Einkünften für die verschiedenen Zeiträume ab 18.4.2007 einerseits und den dort aufgeführten Ausgaben in Zusammenhang mit der Ausbildung zur Qigong-Lehrerin, den Mitgliedsbeiträgen und mit den Aufwendungen für die Raummiete zur Erteilung des Unterrichts andererseits lässt sich angesichts der Einnahmen- und Ausgabensituation ein Gewinn für das Jahr 2008 feststellen. Auch insoweit errechnet sich angesichts der Einnahmen von insgesamt 1.995,50 € (= 484,50 € + 674,50 € + 788,50 € + 48 €) bei Ausgaben in Höhe von 1.801,25 € (= 1.275 € Ausbildungs- und Prüfungsgebühren + 56,25 € Fahrt- und Übernachtungskosten + 50 € Mitgliedsbeiträge + 420 € Raummiete) nur ein Gewinn von 194,25 €. Das sind, auf den Monat umgelegt, rd. 16 €.

c) Bei dem Arbeitslosengeld II, das die Klägerin in der Zeit vom 18.12.2006 bis zum 30.6.2007 bezogen hat, handelt es sich unterhaltsrechtlich nicht um Einkommen (vgl. Nr. 2.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008).

d) Da die Klägerin die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB nicht dargelegt hat, besteht für sie mit Rücksicht auf den Grundsatz der Eigenverantwortung, § 1569 BGB, die Obliegenheit, eine vollschichtige Erwerbstätigkeit auszuüben, vgl. auch § 1577 Abs. 1 BGB. Dieser Obliegenheit genügt die Klägerin nicht allein dadurch, dass sie 31 Stunden in der Woche als Arzthelferin tätig ist und darüber hinaus eine Nebenbeschäftigung als Qigong-Lehrerin ausübt. Dabei kommt es auf die Frage nicht an, ob sich aufgrund beider Tätigkeiten zusammen eine zeitliche Inanspruchnahme von 40 Stunden wöchentlich, wie es für ein Vollzeittätigkeit regelmäßig der Fall ist (vgl. BGH, FamRZ 2009, 314), ergibt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin mit der Ausübung der Nebentätigkeit insgesamt Einkünfte erzielen könnte, wie sie einer vollschichtigen Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf als Arzthelferin entsprechen. Wie bereits ausgeführt, lagen die Einnahmen der Klägerin aus dieser Tätigkeit nur im Jahr 2008 geringfügig über den Ausgaben. Dass sich daran zukünftig etwas ändert, ist nicht ersichtlich, zumal auch das Jahr 2009 unter Berücksichtigung der Aufwendungen für die Raummiete bislang nicht zu einem positiven Ergebnis geführt hat.

Daher muss sich die Klägerin ein fiktives Einkommen aus einer vollschichtigen Tätigkeit zurechnen lassen. Unter Berücksichtigung des dargelegten beruflichen Werdegangs, insbesondere ihrer tatsächlichen Einkünfte als Arzthelferin bei einer 31-Stunden-Woche und der Einkünfte, welche die Klägerin in den Jahren 1998 und 1999 bei der P…er Eisenbahn erzielt hat, kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin bei ausreichenden Bemühungen um eine vollschichtige Tätigkeit, auch im Bereich der ungelernten Bürotätigkeiten, ein Einkommen von bereinigten 950 € erzielen könnte. Ein solches Einkommen ist ihr daher fiktiv zuzurechnen.

4. Zur Ermittlung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin sind ferner die unterhaltsrechtlich bedeutsamen Einkünfte des Beklagten heranzuziehen.

a) Der Beklagte ist als Polizeibeamter berufstätig. Berücksichtigt man die in den Bezügemitteilungen, jeweils für den Monat Dezember in den Jahren 2006 bis 2008 und für April 2009 aufgeführten Jahressummen des steuerpflichtigen Bruttoeinkommens und setzt die dort ausgewiesenen Lohnsteuern und den Solidaritätszuschlag ab, ergeben sich folgende monatliche Nettoeinkünfte:

- 2.393 € (= 28.710,58 € : 12 Monate) im Jahr 2006,
- 2.301 € (= 27.609,58 € : 12 Monate) im Jahr 2007,
- 2.385 € (= 28.624,73 € : 12 Monate) im Jahr 2008.

Der letztgenannte Betrag kann auch für das Jahr 2009 angesetzt werden. Denn nach den vorgelegten vier Bezügemitteilungen für das laufende Jahr ergeben sich keine wesentlichen Abweichungen.

b) Abzugspositionen können in dem Umfang Berücksichtigung finden, in dem sie bereits im Senatsbeschluss vom 31.3.2009 unterhaltsrechtlich Anerkennung gefunden haben, nämlich in Höhe von 202 € monatlich für Fahrtkosten, 10 € monatlich für den Gewerkschaftsbeitrag und 83 € (= 35 € + 27 € + 21 €) für Vorsorgeaufwendungen. Die Parteien sind dieser Berechnung nicht entgegengetreten.

Danach ergibt sich folgendes bereinigtes Einkommen:

- 2.098 € (= 2.393 € - 202 € - 10 € - 83 €) im Jahr 2006,
- 2.006 € (= 2.301 € - 202 € - 10 € - 83 €) im Jahr 2007,
- 2.090 € (= 2.385 € - 202 € - 10 € - 83 €) ab 2008.

c) Nicht berücksichtigt werden kann der Beitrag für die Mitgliedschaft in der CDU. Hierbei handelt es sich nicht um einen Beitrag zu einem Berufsverband, wie es beim Gewerkschaftsbeitrag der Fall ist (vgl. hierzu Wendl/Dose, § 1, Rz. 104), sodass eine Berücksichtigung unter dem Gesichtspunkt berufsbedingter Aufwendungen ausscheidet.

Eine Berücksichtigung des Mitgliedsbeitrags kommt auch nicht im Hinblick darauf in Betracht, dass er bereits während des Zusammenlebens der Parteien geleistet worden ist. Schon im Hinblick auf Aufwendungen zur Vermögensbildung, die sich nach der Trennung der Eheleute als einseitige Vermögensbildung darstellen, ist inzwischen anerkannt, dass eine bedarfsmindernde Berücksichtigung ausscheidet (vgl. Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 4, Rz. 202 ff.). Nichts anderes kann für Aufwendungen gelten, die weder beruflich veranlasst sind noch der Alters- oder Krankenvorsorge dienen. Insoweit handelt es sich um freiwillige wirtschaftliche Dispositionen, die unterhaltsrechtlich ohne Bedeutung sind (vgl. auch BGH, FamRZ 2008, 968 ff., Rz. 45).

d) Ebenfalls unberücksichtigt bleiben die vom Beklagten geltend gemachten Kreditraten. Im Senatsbeschluss vom 31.3.2009 ist darauf hingewiesen worden, dass der Beklagte hinsichtlich dieser Kreditraten, deren Berücksichtigungsfähigkeit die Klägerin ausweislich des angefochtenen Urteils bereits erstinstanzlich bestritten hatte, nur pauschal vorgetragen und keinerlei Belege eingereicht hat. Im Anschluss daran ist ergänzender substanziierter Vortrag nicht erfolgt.

5. Die ehelichen Lebensverhältnisse werden auch geprägt durch die Unterhaltspflicht gegenüber den gemeinsamen Kindern. Nach den Jugendamtsurkunden vom 15.2.2005 schuldet der Beklagte jedem der beiden Kinder 139,3 % des Regelbetrages gem. § 2 Regelbetrag-VO (Ost) abzüglich des nach § 1612 b Abs. 5 BGB a. F. abzusetzenden Kindergeldes. In Höhe der sich danach ergebenden Beträge ist der Kindesunterhalt vom Einkommen des Beklagten abzuziehen. Für die Zeit bis einschließlich Dezember 2007 ist der Vomhundertsatz des Regelbetrages ohne Abzug von Kindergeld, also der sog. Tabellenunterhalt, maßgebend (vgl. Nr. 15.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2005). Ab Januar 2008 ist mit Rücksicht auf § 1612 b BGB n. F. auf die Zahlbeträge abzustellen (Nr. 15.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008).

Angesichts einer grundsätzlich bestehenden Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin ab 28.3.2007 ist für die Tochter A… der Parteien durchgängig vom Regelbetrag für die 3. Altersstufe auszugehen, für die Tochter B… vom Regelbetrag für die 2. Altersstufe.

Danach ergeben sich unter Berücksichtigung der Rundungsvorschrift des § 1612 a Abs. 2 GG a. F. folgende Tabellenbeträge:

März bis Juni 2007
- 375 € (= 269 € x 139,3 %) für A…,
- 318 € (= 228 € x 139,3 %) für B…,
- 693 € insgesamt.

Juli bis Dezember 2007
- 372 € (= 267 € x 139,3 %) für A…,
- 315 € (= 226 € x 139,3 %) für B…,
- 687 € insgesamt.

Der dynamisierte Unterhalt ist für die Zeit ab Januar 2008 gem. § 36 Nr. 3 EGZPO umzurechnen. Es gilt die Formel (Zahlbetrag + ½ Kindergeld) : Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe x 100 = Prozentsatz neu (vgl. auch die Anlage III der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008). Der Zahlbetrag zzgl. hälftigen Kindergeldes entspricht den schon errechneten Tabellenbeträgen von 372 € und 315 €. Danach ergibt sich folgender dynamisierter Unterhalt für die beiden Kinder ab Januar 2008:

- 101,9 % des Mindestunterhalts (= 372 € : 365 € x 100) für A…,
- 97,8 % des Mindestunterhalts (= 315 € : 322 € x 100) für B….

Für die Zeit von Januar bis Dezember 2008 verbleibt es bei den bisherigen Zahlbeträgen (vgl. auch Gutjahr, NJW 2008, 1985, 1986). Danach sind zu berücksichtigen:

- 295 € (= 372 € - 77 €) für A…,
- 238 € (= 315 € - 77 €) für B…,
- 533 € insgesamt.

Für die Zeit ab Januar 2009 ist die Anpassung des Mindestunterhalts sowie die veränderte Kindergeldhöhe zu berücksichtigen. Es ergeben sich folgende Zahlbeträge:

- 303 € (= 377 € Mindestunterhalt x 101,9 % - 82 € Kindergeldanteil) für A…,
- 233 € (= 322 € Mindestunterhalt x 97,8 % - 82 € Kindergeldanteil) für B…,
- 536 € insgesamt.

Nach Abzug des Kindesunterhalts verbleiben dem Beklagten folgende Beträge:

- 1.313 € (= 2.006 € - 693 €) von März 2007 bis Juni 2007,
- 1.319 € (= 2.006 € - 687 €) von Juli 2007 bis Dezember 2007,
- 1.557 € (= 2.090 € - 533 €) im Jahr 2008,
- 1.554 € (= 2.090 € - 536 €) im Jahr 2009.

6. Der Unterhaltsbedarf der Klägerin beläuft sich auf 3 / 7 der Differenz zwischen dem auch um den Kindesunterhalt bereinigten Einkommen des Beklagten und ihrem eigenen (fiktiven) Einkommen. Es ergeben sich folgende Beträge:

- 156 € [= (1.313 € - 950 €) x 3/7 ] von März 2007 bis Juni 2007,
- 158 € [= (1.319 € - 950 €) x 3/7 ] von Juli 2007 bis Dezember 2007,
- 260 € [= (1.557 € - 950 €) x 3/7 ] im Jahr 2008,
- 259 € [= (1.554 € - 950 €) x 3/7 ] im Jahr 2009.

7. Der Beklagte ist hinsichtlich der soeben errechneten Beträge in vollem Umfang leistungsfähig, d.h. sein billiger Selbstbehalt von 915 € bzw. 1.000 € (vgl. Nr. 21.4 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2007 und 1.1.2008) ist gewahrt. Dies zeigt eine Beispielrechnung für die Zeit ab Januar 2008. Setzt man von dem nach Abzug des vorrangigen Kindesunterhalts verbleibenden Einkommen des Beklagten von 1.557 € einen Betrag von 260 € ab, errechnen sich 1.297 € und damit deutlich mehr als der billige Selbstbehalt von 1.000 €.

8. Im Hinblick auf das von der Klägerin bezogene Arbeitslosengeld II ist der Anspruchsübergang nach § 33 SGB II zu beachten. Dieser führt dazu, dass Unterhaltsansprüche in dem Umfang, in dem sie auf die Arbeitsverwaltung übergegangen sind, vor Rechtshängigkeit, die am 24.4.2007 eingetreten ist, überhaupt nicht und nach Rechtshängigkeit nur in der Weise geltend gemacht werden können, dass insoweit Zahlung an den Leistungsträger beantragt wird. Dem hat die Klägerin bei der Antragstellung im Senatstermin vom 19.5.2009 Rechnung getragen, indem sie für den Unterhalt nach Rechtshängigkeit, soweit sie Leistungen der Arbeitsverwaltung bezogen hat, nämlich für die Monate Mai und Juni 2007, Zahlung an den Leistungsträger begehrt hat. In der Zeit davor sind die erbrachten Leistungen in dem Umfang, in dem sie ausweislich der mit Schriftsatz vom 18.5.2009 vorgelegten Bescheide auf die Klägerin selbst und nicht auf die Kinder entfallen, vom Unterhaltsanspruch abzusetzen.

Ausweislich des Berechnungsbogens für die Zeit vom 1.2. bis 30.4.2007 als Anlage des Bewilligungsbescheides vom 15.2.2007 hat die Klägerin selbst in den Monaten März und April 2007 Leistungen in Höhe von insgesamt 276,60 € (= 109,94 € Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts + 166,66 € angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung) erhalten. Dieser Betrag liegt über dem sich für die beiden Monate ergebenen Unterhaltsbedarf von 156 €, sodass ein Restanspruch nicht verbleibt.

Die für die Monate Mai und Juni 2007 an den Leistungsträger zu zahlenden Beträge ergeben sich unter Berücksichtigung des Berechnungsbogens für die Zeit vom 1.5. bis 30.6.2007 als Anlage zum Bescheid vom 15.2.2007 und dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31.7.2007. Danach hat der Beklagte den Unterhalt für Mai 2007 in größerem Umfang und denjenigen für Juni 2007 in voller Höhe an den Leistungsträger zu zahlen. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 30.06.2009 - 10 UF 175/08).

***

„... I. Die Klägerin nimmt den Beklagten, ihren von ihr getrenntlebenden Ehemann, auf Kindesunterhalt und auf Trennungsunterhalt in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil teilweise stattgegeben. In Höhe von 888,00 € monatlich beruht das Urteil auf einem Anerkenntnis, wobei sich dieser Betrag aus Kindesunterhalt in Höhe von 418,00 € für X und 270,00 € für Y sowie aus Trennungsunterhalt in Höhe von 200,00 € zusammensetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes sowie der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Die Höhe seines Einkommens im Jahr 2008 ergebe sich aus der Übersicht Bl. 20 d. A. und sei unstreitig mit 5.307,51 €. Hiervon habe das Amtsgericht zu Recht den Kaufkraftausgleich in Höhe von 26,87 € nicht berücksichtigt. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ebenfalls nicht zu berücksichtigen sei die Härtezulage (Hardship Allowance) in Höhe von 481,57 €. Mit diesem Zuschlag sollten die Mehrbelastungen und die Lebensumstände abgegolten werden, die ihn in China treffen. So habe er erhebliche Mehrausgaben für Lebensmittel, für mehr Getränke und höhere Reinigungskosten aufgrund der höheren Luftfeuchtigkeit in Shanghai. Auch werde die Härtezulage für regelmäßige Dürre, Durchfälle, schmutzige Luft und sämtliche Probleme in China gezahlt.

Ebenfalls nicht hinzunehmen sei die vollständige Einbeziehung der Überstundenpauschale in Höhe von 2.380,06 € monatlich durch das Amtsgericht. Gezahlt werde für 90 Überstunden im Monat, wobei er seit dem 01.01.2008 auch noch 16 Trainingsstunden monatlich für lokale Mitarbeiter abzuleisten habe, die in den Überstunden von 90 im Monat nicht enthalten seien. Eine solche Überstundenanzahl sei unüblich und daher unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen. Sie würden auf einer erheblichen Mehrbelastung und Mehrarbeit beruhen, die nach deutschen Maßstäben, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Arbeitzeitverordnung, unzumutbar und unzulässig seien. Es könnten nur 528,90 € auf der Basis von 20 Überstunden, höchstens 1.190,03 € auf der Basis von 45 Überstunden eingestellt werden.

Sein für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehendes Einkommen belaufe sich daher lediglich auf 4.075,63 €. Hiervon abzuziehen seien weiterhin Fahrtkosten für eine Strecke von 32 km zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, so dass monatlich 336,60 € unter Zugrundelegung der Hammer Leitlinien abzuziehen seien. Bei der Anhörung vor dem Senat hat der Beklagte hierzu unwidersprochen erklärt, dass er in China mit dem Pkw zur Arbeit fahre und es hierzu keine sinnvolle Alternative gebe. Er könne auch nicht in einer Fahrgemeinschaft fahren. Der Pkw gehöre seiner Lebensgefährtin. Es handele sich um einen Kia, der von einem Verwandten gekauft worden sei. Er zahle monatlich ca. 550,00 € an diesen Verwandten sowie weiterhin den Treibstoff.

Weiterhin von seinem Einkommen abzuziehen seien unstreitig die mit dem Haus verbundenen Belastungen, so dass noch ein Nettoeinkommen von 2.467,78 € verbleibe. Für X und Y schulde er daher Unterhalt in Höhe von 115 % des Mindestunterhalts. Zur Bedarfsermittlung des Unterhalts der Klägerin sei weiterhin der eheprägende Unterhalt für die volljährige Tochter Z abzuziehen.

Auf Seiten der Klägerin sei eigenes Erwerbseinkommen in Höhe von 377,14 € einzustellen sowie der Wohnwert mit 700,00 €. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts als auch der Klägerin sei der Wohnwert für das im Jahr 2001 erstellte Haus angesichts des Ausbauzustandes und der Größe mit 700,00 € einzustellen. Maßgeblich sei seit Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens der objektive Mietwert. Gegenüber der Klägerin könne er außerdem noch 100,00 € monatliche Kreditraten für das für die Klägerin angeschaffte Auto geltend machen, 20,00 € für die Schulbetreuung von Y sowie GEZ-Gebühren von jährlich 204,36 €.

Für die Zeit ab Januar 2009 entfalle ein Trennungsunterhaltsanspruch. Auch der Kindesunterhalt belaufe sich nunmehr nur noch auf den Mindestunterhalt. Er könne sein Anerkenntnis aus Oktober 2008 mit Beginn des Januar 2009 anfechten. Mit Wirkung von Januar 2009 werde er nach Steuerklasse 1 versteuert und sei außerdem am 25.02.2009 Vater eines weiteren Kindes, W, geworden. Ab Februar 2009 bestehe daher für ihn eine Unterhaltspflicht gegenüber 4 Kindern. Darüber hinaus sei er gegenüber der nichtehelichen Mutter des Kindes unterhaltspflichtig, die gleichrangig mit der Klägerin sei. Für die Entbindung von Wsei ein Mehraufwand von 1.347,00 € angefallen, der als Mehrbedarf geltend gemacht werde.

Ohnehin sei die Klägerin verpflichtet, ab dem Jahr 2009 ihre Erwerbstätigkeit auszuweiten. Bei der Betreuung eines im Jahr 2009 8 Jahre alt werdenden Kindes sei sie verpflichtet, einer halbschichtigen Tätigkeit nachzugehen, aus der sie ohne Probleme ein durchschnittliches Nettoeinkommen in Höhe von monatlich 750,00 € erzielen könne. Außerdem mache er nunmehr auch eine Verwirkung gem. § 1579 Nr. 7 BGB geltend, weil die Klägerin in den Monaten April und Mai 2009 jeweils 2.270,62 € gegen ihn vollstreckt habe mit der Folge, dass er seinen Lebensunterhalt nicht mehr decken könne.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, soweit er verurteilt worden sei, an die Klägerin
1. a) Kindesunterhalt für X, geboren am 15.09.1992 seit Mai 2008 von mehr als 418,00 € monatlich zu zahlen,
b) Kindesunterhalt für Y, geboren am 20.03.2001 von mehr als monatlich 270,00 € ab Mai 2008 zu zahlen,
c) Trennungsunterhalt ab Mai 2008 von mehr als 200,00 € zu zahlen,
2. a) für die Tochter X ab Januar 2009 mehr als 100 % des Mindestunterhalts unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind zu zahlen,
b) für das Kind Y ab Januar 2009 mehr als 100 % des Mindestunterhalts abzüglich des hälftigen Kindergeldes für ein drittes Kind monatlich zu zahlen und
c) Trennungsunterhalt ab Januar 2009 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages. Der in der Klage zum Verdienst erwähnte Nettobetrag von 5.335,90 € für 2008 sei nicht mehr unstreitig, denn er basiere auf einer Arbeitgeberbescheinigung von Mai 2008, die inzwischen veraltet sei. Die Härtezulage sei entgegen der Auffassung der Berufung mit dem Familiengericht dem Einkommen hinzuzurechnen. Die Höhe der Anrechnung hänge davon ab, in welchem Umfang der Verpflichtete den Nachweis konkreten, durch Aufwandsentschädigungen nicht gedeckten Mehrbedarfs infolge des Einsatzes im Ausland führe; nur dieser Mehrbedarf sei vorweg abzusetzen. Hier fehle es am erforderlichen konkreten Vortrag des Beklagten. Zu Recht habe das Familiengericht auch die Überstunden im Rahmen des Einkommens berücksichtigt. Grundsätzlich sei erzieltes Einkommen aus Mehrarbeit zu berücksichtigen, denn zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit seien alle erzielten Einkünfte heranzuziehen. Die abgeleisteten Überstunden seien bei einer Tätigkeit im Ausland für einen von vorneherein begrenzten Zeitraum auch nicht unüblich. Der Vortrag zu den behaupteten berufsbedingten Fahrtkosten in China sei unsubstantiiert und werde bestritten.

Die Darlehensverpflichtungen seien - wie vom Familiengericht - in Höhe von monatlich 1.284,78 € zu berücksichtigen, ab Anfang 2009 allerdings nur noch in Höhe von 1.264,87 € wegen der Reduzierung der Zahlungen an die Kirche. Der Pkw-Kredit in Höhe von 100,00 € monatlich könne nicht berücksichtigt werden, weil der Pkw vom Beklagten selbst abgemeldet und nach Polen veräußert worden sei und er den Veräußerungserlös allein vereinnahmt habe.

Soweit der Beklagte die Unterhaltsbedürftigkeit seiner neuen Lebensgefährtin anführe, sei diese nicht dargelegt und werde mit Nichtwissen bestritten. Ebenso wenig sei die Höhe des geltend gemachten Bedarfs von 770,00 € dargelegt.

Sie selbst verfüge über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 530,00 €, abzüglich Fahrtkosten in Höhe von 475,00 €. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei sie nicht zu einer halbschichtigen Tätigkeit verpflichtet. Die 8jährige Tochter Y sei hyperaktiv, was einen deutlich höheren Einsatz gegenüber dem Normalfall verlange. Das Kind macht zur Zeit eine ergotherapeutische Übungsbehandlung, die bis auf weiteres durchgeführt werden müsse. Zu diesen wöchentlichen Terminen würden zweiwöchentliche Turnveranstaltungen und gelegentliche Arztbesuche hinzukommen. Der Wohnwert liege nicht höher als 650,00 €, wie vom Familiengericht angesetzt. Dies gelte auch dann, wenn man hier den objektiven Wohnwert für einsetzungsfähig halte.

Der Beklagte schulde Kindesunterhalt nach der Einkommensgruppe 8. Hiervon sei er offenbar auch selbst bei der Errichtung der Jugendamtsurkunde für Z ausgegangen. Bei der Berechnung des Trennungsunterhalts seien für den Kindesunterhalt im Übrigen nur die Zahlbeträge, nicht die Tabellenbeträge abzuziehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Senat hat im Termin vom 14.05.2009 beide Parteien angehört.

II. Die ausgeurteilten Ansprüche auf Kindesunterhalt folgen aus den §§ 1601 ff. BGB, der ausgeurteilte Anspruch auf Trennungsunterhalt folgt aus § 1361 BGB.

1. Hierbei geht der Senat - vor Abzug des Kindesunterhalts und vor Abzug weiterer, nur gegenüber der Klägerin geltend gemachter Abzüge - von einem für die Bemessung des Kindesunterhaltsanspruchs maßgebenden Einkommen des Beklagten in Höhe von 3.433,37 € netto monatlich im Jahr 2008 und von 2.976,96 € netto monatlich im Jahr 2009 aus.

a) Für das Jahr 2008 ist auf der Grundlage der Aufstellung Bl. 20 d. A. zunächst von einem Einkommen in Höhe von 5.307,51 € monatlich auszugehen. Dieser Betrag ist zwischen den Parteien unstreitig. Soweit die Klägerin in der Berufungserwiderung hiergegen Einwände erhoben hat, hat sie diese im Senatstermin nach Erörterung fallengelassen, weil die Aufstellung auch Prämien, Zulagen und Weihnachtsgeld enthält. Der Beklagte hat erklärt, dass die Aufstellung zutreffe und er im Jahr 2008 keine höheren Einkünfte gehabt habe.

Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass von dem vorgenannten Betrag ein Kaufkraftausgleich in Höhe von 26,87 € monatlich abzuziehen ist, der für Unterhaltszwecke nicht zur Verfügung steht.

Die Härtezulage (Hardship Allowance) in Höhe von 481,57 € hat der Senat zur Hälfte, also in Höhe von 240,79 €, in Abzug gebracht. Grundsätzlich ist die Härtezulage als Einkommensbestandteil in die Unterhaltsberechnung mit einzubeziehen (BGH FamRZ 1980, 342, Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rdnr. 802, Wendl/Staudigl-Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 1 Rdnr. 55 bei Fußnote 20 - 22). Anders verhält es sich allerdings dann, wenn durch die Härtezulage ein konkreter Mehrbedarf des Unterhaltspflichtigen ausgeglichen werden soll. Der Beklagte hat insoweit angeführt und durch Fotos von Supermarktregalen belegt, dass westeuropäische Lebensmittel in Shanghai deutlich teurer seien als in Deutschland, wobei allerdings unklar ist, in welchem Umfang er diese westlichen Lebensmittel auch tatsächlich konsumiert. Darüber hinaus dient die Härtezulage aber auch dem Ausgleich für schwierige Lebensbedingungen (vgl. dazu Wendl/Staudigl-Dose, a.a.O.). Hier führt der Beklagte zu Recht an, dass er aufgrund der klimatischen Bedingungen in Shanghai deutlich mehr trinken müsse und häufiger seine Kleidung reinigen müsse. Auch sind die körperlichen Belastungen aufgrund des in Shanghai vorherrschenden Klimas als deutlich höher einzuschätzen als in Westeuropa, was für einen Mitteleuropäer zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. Der Senat hält es unter Würdigung sämtlicher genannter Gesichtspunkte daher für geboten, die Härtezulage nur zu ½ in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen und sie im Übrigen anrechnungsfrei zu lassen (vgl. zu einer hälftigen Anrechnung auch das Urteil des OLG Schleswig FamRZ 2005, 369).

Dagegen hat der Senat die an den Beklagten gezahlte Überstundenpauschale in vollem Umfang als Einkommen berücksichtigt. Es gilt insoweit der Grundsatz, dass Einkommen aus Mehrarbeit, das der Unterhaltsschuldner tatsächlich erzielt, grundsätzlich zu berücksichtigen ist, da zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit alle erzielten Einkünfte heranzuziehen sind (vgl. BGH FamRZ 2004, 186, Kalthoener/Büttner/Niepmann a.a.O. Rdnr. 823, Wendl/Staudigl-Gerhardt, § 1 Rdnr. 55 sowie Nr. 1.3 der Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht). Die Zurechnung richtet sich nach Billigkeitsgesichtspunkten und erfolgt unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls.

Danach ist vorliegend die Überstundenpauschale voll anzurechnen. Der Beklagte hat in seiner Anhörung vom 21.10.2008 vor dem Amtsgericht erklärt, dass er nach China gegangen sei und dort die ganzen Überstunden leiste, damit es der Familie besser gehen solle (Bl. 64 R d. A.). Die geleisteten Überstunden waren also eheprägend. Wäre die Ehe intakt geblieben, würde auch das gesamte Einkommen zum Unterhalt zur Verfügung stehen. Außerdem kommt hinzu, dass bei dem vom Beklagten gewählten Auslandsaufenthalt die Ableistung von Überstunden offenbar üblich und erforderlich, also nicht freiwillig, ist. Er selbst führt im Schriftsatz vom 06.04.2009 auf S. 2 (Bl. 112 d. A.) aus, dass er der einzige Elektroniker aus Deutschland vor Ort sei und derzeit viele Probleme dort alleine meistern müsse. Der Beklagte kann also nicht seine geleisteten Überstunden herunterfahren oder gar beenden, was auch ein Umstand ist, die geleisteten Überstunden nicht als überobligatorisch anzusehen (vgl. Wendl/Staudigl-Gerhardt a.a.O.).

Fahrtkosten hat der Senat in Höhe von 336,60 € monatlich in Ansatz gebracht. Aufgrund der vom Beklagten gemachten Angaben im Senatstermin, die oben unter I wiedergegeben sind und welche die Klägerin nicht mehr bestritten hat, steht fest, dass der Beklagte mit dem Pkw zur Arbeit fahren muss und dass er alleine fahren muss. Er hat wechselnde Einsatzorte und wechselnde Arbeitszeiten und kann daher nicht auf öffentliche Verkehrsmittel verwiesen werden. Weiterhin steht fest, dass ihm durch die Benutzung des von einem Verwandten seiner Lebensgefährtin angeschafften Pkw Kosten wie einem Eigentümer entstehen. Er zahlt für das Fahrzeug monatlich 550,00 € sowie weiterhin die Kosten für Treibstoff. Diese Kosten bleiben hinter denjenigen Kosten, die der Beklagte in Deutschland für das Führen eines eigenen Kraftfahrzeugs aufzuwenden hätte, nicht zurück, so dass der Senat es für angemessen hält, Fahrtkosten entsprechend der Regelung in Nr. 10.2.2 der Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht in Abzug zu bringen, also von 0,30 € je Kilometer für die ersten 30 Kilometer und von 0,10 € je Kilometer für die darüber hinausgehende Wegstrecke. Dies ergibt bei der unstreitigen einfachen Entfernung von 32 Kilometer zwischen Wohnort und Arbeitsstätte einen monatlichen Betrag von 336,60 €, wobei nach den Erörterungen im Senatstermin die in Ansatz gebrachten 32 Kilometer äußert knapp bemessen sind.

Weiter vom Einkommen des Beklagten in Abzug zu bringen sind die sich aus 4 Positionen zusammensetzenden Hauslasten, die der Beklagte trägt. Sie haben sich im Jahr 2008 auf monatsdurchschnittlich 1.269,88 € belaufen und im Jahr 2009 auf monatsdurchschnittlich 1.252,46 €. Hierbei handelt es sich um Zahlungen auf 2 Kredite der Volksbank in Höhe von monatlich 977,21 € und von 181,25 €, wobei der letztgenannte Betrag im Senatstermin unstreitig gestellt worden ist, nachdem das Amtsgericht fälschlicherweise von einem Betrag von monatlich 168,00 € ausgegangen war. Hinzu kommen Zahlungen auf das Darlehen WFA in Höhe von monatlich 64,00 € sowie auf das FHH-Darlehen des Erzbistums Paderborn. Bis einschließlich November 2008 wurden monatlich 49,00 € gezahlt, ab Dezember 2008 30,00 €. Für das Jahr 2008 sind dies monatsdurchschnittlich 47,42 €.

b) Im Jahr 2009 haben sich die Einkünfte des Beklagten auf monatsdurchschnittlich 5.120,30 € verringert entsprechend der Aufstellung Bl. 124 f. d. A., was nach den Erörterungen im Senatstermin unstreitig ist. Ebenfalls aufgrund der genannten Aufstellung unstreitig ist die Erhöhung des in Abzug zu bringenden Betrages Kaufkraftausgleich auf monatlich 223,87 €, die auf eine Erhöhung des Wertes des CN Yüen im Verhältnis zum Euro zurückzuführen ist. Die Härtezulage beläuft sich im Jahr 2009 auf 450,36 € und ist wiederum zu ½, also in Höhe von 225,18 €, in Abzug zu bringen.

Darüber hinaus ergibt sich aus den vom Beklagten vorgelegten Steuerausgleichsberechnungen für die Jahre 2006 bis 2008, sämtlich vom 02.04.2009 (Bl. 115 ff. d. A.), dass ein monatlicher Betrag für Steuernachzahlungen in Höhe von 105,23 € in Abzug zu bringen ist. Nach den vorgelegten Ausgleichsberechnungen hat der Beklagte für die Jahre 2006 und 2007 Nachzahlungen in Höhe von 975,92 € und in Höhe von 1.360,53 € zu leisten; für das Jahr 2008 steht ihm eine Erstattung in Höhe von 1.073,65 € zu. Saldiert man diese Beträge, verbleibt eine Nachzahlung in Höhe von 1.262,78 €, was monatsdurchschnittlich 105,23 € entspricht.

c) Das monatsdurchschnittliche Einkommen des Beklagten in den Jahren 2008 und 2009 stellt sich danach wie folgt dar: ...

2. Aus dem zur Verfügung stehenden Einkommen folgt, dass der Beklagte im Jahr 2008 verpflichtet war, an die Klägerin für seine Kinder X und Y Kindesunterhalt in Höhe von 128 % des Mindestunterhalts nach Einkommensgruppe 6 zu zahlen. Für das Jahr 2009 ergibt sich eine Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 120 % des Mindestunterhalts nach Einkommensgruppe 5. Die am 15.09.1992 geborene X befindet sich im streitgegenständlichen Zeitraum durchgehend in Altersstufe 3, die am 20.03.2001 geborene Y durchgehend in Altersstufe 2.

Für X führt dies im Jahr 2008 abzüglich des hälftigen Kindergeldes zu einem Zahlungsanspruch in Höhe von monatlich 391,00 €. Da der Beklagte jedoch für das Jahr 2008 auf der Grundlage des von ihm abgegebenen Anerkenntnisses beantragt hat, die Klage nur insoweit abzuweisen, als er zur Zahlung eines monatlich über 418,00 € hinausgehenden Unterhalts verurteilt worden ist, war eine monatliche Unterhaltsschuld in Höhe von 418,00 € für X im Jahr 2008 auszuurteilen. Für das Jahr 2009 ergibt sich nach der Düsseldorfer Tabelle für X nach Abzug des hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind ein Kindesunterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 371,00 €.

Für Y ergeben sich die ausgeurteilten Beträge ebenfalls aus der Düsseldorfer Tabelle, also für 2008 nach Abzug des hälftigen Kindergeldes in Höhe von monatlich 336,00 € und für 2009 nach Abzug des hälftigen Kindergeldes für ein drittes Kind in Höhe von monatlich 302,00 €.

3. a) Bei der Berechnung des für den Trennungsunterhaltsanspruch der Klägerin verbleibenden Einkommens des Beklagten sind zunächst die Unterhaltszahlungen an X und Y mit dem Zahlbetrag (vgl. dazu Wendl/Staudigl-Gerhardt, § 4 Rdnr. 193 m. w. N.) in Abzug zu bringen. Weiterhin sind die Unterhaltszahlungen des Beklagten an die volljährige Tochter Z abzuziehen, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Abzuziehen sind die Zahlbeträge in Höhe von monatlich 526,00 € bis einschließlich Oktober 2008 und in Höhe von monatlich 434,00 € ab November 2008 entsprechend der Titulierung gemäß Urkunde des Jugendamts der Stadt Paderborn vom 21.10.2008 (Bl. 161 f. d. A.).

Ab dem 25.02.2009 ist darüber hinaus der vom Beklagten für sein viertes Kind W geschuldete Kindesunterhalt bei der Berechnung des Trennungsunterhaltsanspruchs der Klägerin in Abzug zu bringen. Der Zahlbetrag, der nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Senats in Abzug zu bringen ist, beläuft sich nach Abzug des Kindergeldes für ein viertes Kind auf monatlich 240,50 €. What nach der überreichten Kopie seines Reisepasses (Bl. 114 d. A.) die deutsche Staatsbürgerschaft, was unstreitig ist. Es ist daher deutsches Recht anzuwenden, da sowohl der Unterhaltsberechtigte als auch der Unterhaltspflichtige Deutsche sind und der Unterhaltspflichtige seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat, was hier zu bejahen ist, da der Beklagte nach seinen Erklärungen im Senatstermin eine eindeutige Rückkehrabsicht nach Deutschland hat (vgl. Wendl/Staudigl-Dose, § 9 Rdnr. 9 a ff., BGH FamRZ 1993, 798).

Soweit der Beklagte nunmehr außerdem Mehraufwand für die Entbindung von W in Höhe von 1.347,00 € geltend macht, ist dieser Vortrag ersichtlich unsubstantiiert, wie im Senatstermin erörtert. Die vorgelegte Rechnung ist nur auf chinesisch.

Weiterhin bei Ermittlung des Trennungsunterhaltsanspruchs der Klägerin in Abzug zu bringen sind Beträge in Höhe von monatlich 37,00 €, die in Höhe von 20,00 € monatlich auf die Schulbetreuung für Y entfallen und in Höhe von 17,00 € auf monatsanteilige GEZ-Gebühren von jährlich 204,36 €. Diese Abzüge sind zwischen den Parteien unstreitig.

Soweit der Beklagte darüber hinaus eine Rate in Höhe von monatlich 100,00 € für den Pkw der Ehefrau in Abzug bringen will, ist der Senat dem nicht gefolgt. Nach den Angaben des Beklagten im Senatstermin befindet sich der Pkw seit gut einem Jahr bei seiner Mutter in Polen in einer Garage. Der Beklagte konnte dem Senat in der Erörterung nicht vermitteln, warum er das Fahrzeug nicht längst veräußert hat, was zu einem Wegfall dieser Belastung geführt hätte. Der Klägerin können die Raten für den Pkw daher nicht entgegengehalten werden.

Nach Abzug des Kindesunterhalts sowie der weiteren Abzüge verbleibt daher in den verschiedenen Zeitabschnitten ein unterhaltsrechtlich zu berücksichtigendes Einkommen des Beklagten in der folgenden Höhe: ...

b) Auf Seiten der Klägerin ist bis einschließlich April 2009 von einem monatsdurchschnittlichen Einkommen in Höhe von insgesamt 1.057,14 € und ab Mai 2009 von einem monatsdurchschnittlichen Einkommen von 1.250,00 € auszugehen.

Bis einschließlich April 2009 rechnet der Senat mit dem tatsächlich erzielten Erwerbseinkommen der Klägerin. Nach ihrem eigenen Vortrag erzielt sie ein monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen in Höhe von 530,00 €, von dem die Fahrtkosten abgehen, so dass 475,00 € verbleiben. Nach Abzug des Erwerbstätigenbonus von 1/7 verbleiben monatlich 407,14 €.

Ab Mai 2009 ist das Erwerbseinkommen der Klägerin fiktiv zu erhöhen, da sie zu einer Ausweitung ihrer Berufstätigkeit verpflichtet ist und nach erstmaliger Aufforderung hierzu von Seiten des Beklagten durch die Berufungsbegründung ausreichend Zeit hatte, sich um eine Ausweitung ihrer beruflichen Tätigkeit zu bemühen. Die Klägerin ist verpflichtet, halbschichtig zu arbeiten. Ihr jüngstes Kind Y ist am 20. März 2009 8 Jahre alt geworden. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin, Y bedürfe besonderer Betreuung, ist von der Klägerin eine halbschichtige Tätigkeit zu verlangen. Denn die Tochter besucht die Schule und kann sich sicherlich dort bis mindestens 14.00 Uhr aufhalten, so dass der Klägerin genug Zeit verbleibt, um einer Halbtagsbeschäftigung nachzugehen, wie im Senatstermin erörtert. Dass sie mit einer solchen halbschichtigen Tätigkeit 750,00 € netto verdienen kann, bestreitet sie nicht. Abzüglich Fahrtkosten rechnet der Senat daher mit einem möglichen Nettoverdienst in Höhe von rd. 700,00 €, so dass nach Abzug des Erwerbstätigenbonus 600,00 € verbleiben.

Dem Erwerbseinkommen hinzuzurechnen ist der Wohnvorteil der Klägerin für das kostenfreie Wohnen in der Doppelhaushälfte. Der vom Amtsgericht in dieser Höhe angesetzte Wohnvorteil wird von der Klägerin akzeptiert. Bei einer Wohnfläche der Doppelhaushälfte von 130 qm ist dieser Betrag auch dann nicht zu gering angesetzt, wenn man vom objektiven Wohnwert ausgehen würde.

c) Es ergibt sich danach der folgende Trennungsunterhaltsbedarf der Klägerin: ...

d) Für die Monate Oktober bis Dezember 2008 stellen die so ermittelten Bedarfsbeträge gleichzeitig den Unterhaltsanspruch der Klägerin dar, wobei die Beträge für Mai bis Oktober 2008 auf 379,00 € aufzurunden sind.

e) Ab Januar 2009 hat eine Mangelfallberechnung stattzufinden, da die Mutter des jüngsten Sohnes W des Beklagten gegen diesen einen Unterhaltsanspruch gem. § 1615 l Abs. 2 BGB hat. Dieser begann jedenfalls im November 2008, wobei sich der Bedarf der Kindesmutter auf monatlich 770,00 € beläuft. Wegen des zurückgegangenen Einkommens ist der Beklagte ab Januar 2009 nicht mehr in der Lage, sowohl den Unterhaltsanspruch der Klägerin als auch den seiner neuen Lebensgefährtin vollständig zu erfüllen.

aa) Die neue Lebensgefährtin des Beklagten ist Chinesin. Sie hat für eine russische Firma in Shanghai gearbeitet. Im Senatstermin hat der Beklagte unwidersprochen erklärt, dass ihr von ihrem Arbeitgeber wegen der Schwangerschaft im 5. Monat gekündigt worden sei. Mangels konkreterer Angaben geht der Senat von einer Kündigung zu Ende Oktober 2008 aus, so dass sich grundsätzlich ab November 2008 ein Unterhaltsanspruch ergeben würde, da dieser Zeitraum innerhalb der Viermonatsfrist des § 1615 l Abs. 2 S. 3 BGB liegt. Der Beklagte hat auch unwidersprochen angegeben, dass er seine Lebensgefährtin vollständig unterhalte, was der Senat daher seiner Entscheidung zugrundelegt. Gem. Art. 18 Abs. 2 EGBGB ist auf den Unterhaltsanspruch der neuen Lebensgefährtin des Beklagten deutsches Recht anzuwenden. Nach dieser Vorschrift ist dies dann der Fall, wenn der Berechtigte nach dem gem. Abs. 1 S. 1 oder 2 anzuwendenden Recht vom Verpflichteten keinen Unterhalt erhalten kann. Dies ist vorliegend der Fall. Denn nach chinesischem Recht kann eine nichteheliche Mutter vom Kindesvater keinen Unterhalt verlangen (vgl. Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, VR China S. 99). Eine gemeinsame Staatsangehörigkeit i. S. v. Abs. 1 S. 2 der genannten Vorschrift besteht nicht. Den Bedarf der Lebensgefährtin nimmt der Senat mit monatlich 770,00 € an.

bb) Die somit vorzunehmende Mangelverteilung zwischen der Klägerin und der neuen Lebensgefährtin des Beklagten führt für die Klägerin zu den aus dem Tenor ersichtlichen Trennungsunterhaltsansprüchen ab Januar 2009.

Auf Seiten des Beklagten ist hierbei das ihm vor Abzug des Erwerbstätigenbonus von 1/7 verbleibende Einkommen nach Abzug des Selbstbehalts von 1.000,00 € zugrundezulegen, also für die Zeit von Januar 2009 bis 24.02.2009 monatlich 833,00 € und für die Zeit ab dem 25.02.2009 von monatlich 592,50 €. Der Gesamtbedarf der Klägerin und der neuen Lebensgefährtin des Beklagten beläuft sich in der Zeit von Januar 2009 bis 24.02.2009 auf (770,00 € + 230,00 € =) 1.000,00 €, vom 25.02. bis 30.04.2009 auf (154,00 € + 770,00 € =) 924,00 € und ab Mai 2009 auf (57,50 € + 770,00 € =) 827,50 €. Diesen Bedarf konnte der Beklagte mit den ihm zu Verfügung stehenden Mitteln in der Zeit von Januar bis 24.02.2009 zu 83,3 % decken, vom 25.02. bis 30.04.2009 zu 64,1 % und in der Zeit ab Mai 2009 zu 71,6 %.

Dies führt für die Klägerin für die Zeit von Januar bis zum 24.02.2009 zu einem Trennungsunterhaltsanspruch in Höhe von (230,00 € x 83,3 % =) 192,00 €, für die Zeit vom 25.02. bis 30.04.2009 zu einem Trennungsunterhaltsanspruch in Höhe von (154,00 € x 64,1 % =) 99,00 € und für die Zeit ab Mai 2009 zu einem Trennungsunterhaltsanspruch in Höhe von (57,50 € x 71,6 % =) 41,17 €, gerundet 42,00 €.

4. Die vom Senat bei der Tenorierung berücksichtigten Zahlungen sind zwischen den Parteien unstreitig.

5. Soweit die in der Berufungsinstanz ausgesprochenen Verurteilungen des Beklagten ab Januar 2009 hinter seinem Anerkenntnis erster Instanz zurückbleiben, steht dem das erstinstanzlich abgegebene Anerkenntnis nicht entgegen. Denn der Beklagte war berechtigt, es mit Wirkung ab Januar 2009 aufgrund der deutlich geringeren Einkünfte sowie - mit Wirkung ab 25.02.2009 - aufgrund der Geburt seines weiteren Sohnes W zu widerrufen. Es ist nämlich anerkannt, dass der eingeschränkte Widerruf eines prozessualen Anerkenntnisses, das laufende Unterhaltszahlungen betrifft, mit dem Ziel einer Anpassung i. S. v. § 323 ZPO dann zuzulassen ist, wenn sich die für das Anerkenntnis maßgebenden Umstände wesentlich geändert haben, wobei die Abänderung dann auch in der Berufungsinstanz möglich ist (vgl. Zöller-Vollkommer, vor §§ 306, 307 ZPO Rdnr. 6 m. w. N.).

6. Soweit der Beklagte in zweiter Instanz den Einwand der Verwirkung erhoben hat, greift dieser nicht, da in der Vollstreckung eines gerichtlich erwirkten Titels nicht die Erfüllung eines Verwirkungstatbestandes gesehen werden kann. Der Beklagte hätte gegebenenfalls rechtzeitig einen Einstellungsantrag stellen müssen.

7. Dem mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 09.06.2009 gestellten Antrag der Klägerin auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht zu entsprechen. Die Voraussetzungen des § 156 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind nicht dargetan. Weder gibt es irgendwelche Hinweise für einen Prozessbetrug noch stellt die jetzt vorgelegte Rahmenrichtlinie für Auslandsentsendungen der Firma C GmbH aus Januar 2009 eine Urkunde i. S. v. § 580 Nr. 7 b ZPO dar, durch welche die Klägerin in den Stand gesetzt würde, eine ihr günstigere Entscheidung durch das Gericht herbeizuführen. Denn der Rahmenrichtlinie kommt kein Beweiswert dahingehend zu, dass der Beklagte ein höheres Einkommen erzielt oder erzielen könnte. Vielmehr stellt der Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 09.06.2009 neuen Vortrag dar, der nicht berücksichtigungsfähig ist. Insbesondere das Thema Fahrtkosten wurde im Senatstermin breit erörtert. Die tatsächlichen Angaben des Beklagten werden auch mit dem neuen Schriftsatz nicht bestritten. Vielmehr wird ihm nunmehr zum Vorwurf gemacht, dass er sich nicht bei der Firma C um Kostenerstattung bemüht habe. Dieser Vortrag hätte, ebenso wie der neue Vortrag zu den Wohnkosten, bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgebracht werden können. Schließlich ist ein Antrag auf Gewährung einer Stellungnahmefrist im Senatstermin nicht gestellt worden. ..." (OLG Hamm, Urteil vom 14.05.2009 - 6 UF 225/08)

***

„... 3. Die ehelichen Lebensverhältnisse werden weiterhin geprägt durch die Einkünfte der Kl.

a) Ein Erwerbseinkommen erzielt die Kl. erst seit November 2008. Nach dem vorgelegten Arbeitsvertrag vom 30. 10. 2008 beträgt die Bruttovergütung 975 Euro. Auf dieser Grundlage ergibt sich, wie der vorgelegten Verdienstabrechnung für November 2008 zu entnehmen ist, ein monatliches Nettoeinkommen von rund 763 Euro.

b) Weitere Erwerbseinkünfte sind der Kl. nicht etwa fiktiv zuzurechnen.

aa) Soweit es die Zeit von Januar bis Oktober 2008 betrifft, ist die Kl. zwar keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen. Im Hinblick auf die Betreuung des gemeinsamen Kindes der Parteien bestand aber auch keine Erwerbsobliegenheit. Denn das Kind hat erst am 14. 10. 2008 das dritte Lebensjahr vollendet. Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes besteht gem. § 1570 I 1 BGB für mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes. Der in dieser Vorschrift enthaltene Rechtsgedanke ist beim Trennungsunterhalt entsprechend heranzuziehen (vgl. Wendl/Pauling, § 4 Rdnr. 19a).

bb) Für die Zeit ab November 2008 ist der Kl. nicht fiktiv ein höheres Erwerbseinkommen als dasjenige, das sie tatsächlich erzielt, zuzurechnen. Nach dem bereits angeführten Arbeitsvertrag beträgt die Arbeitszeit für die Kl. 30 Stunden wöchentlich. Eine zeitliche Ausdehnung dieser Beschäftigung kann mit Rücksicht auf die Betreuung des gerade drei Jahre alten Kindes nicht verlangt werden. Von einem Elternteil, der ein Kind betreut, das den Kindergarten besucht, kann in der Regel keine Vollbeschäftigung erwartet werden (OLG Jena, NJW 2008, 3224 = FamRZ 2008, 2203; Wendl/Pauling, § 4 Rdnr. 73). Die neue Regelung des § 1570 BGB verlangt keineswegs einen abrupten übergangslosen Wechsel von der elterlichen Betreuung zur Vollzeittätigkeit (OLG Düsseldorf, NJW 2008, 2658 = FamRZ 2008, 1861; Ehinger, in: Ehinger/Griesche/Rasch, Hdb. UnterhaltsR, 5. Aufl., Rdnr. 440a unter Bezugnahme auf BT-Dr 16/6980). Vor diesem Hintergrund genügt die Kl. ihrer Erwerbsobliegenheit durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit von 30 Stunden wöchentlich.

c) Vom Erwerbseinkommen der Kl. sind ebenfalls unstreitig 5% für berufsbedingte Aufwendungen abzusetzen. Das sind rund 38 Euro (= 763 × 5%).

d) Die Kosten, welche die Kl. für die Betreuung der Tochter in der Kita aufwenden muss und die monatlich 15 Euro betragen, sind nicht vom Einkommen abzusetzen.

Die mit einer Fremdbetreuung verbundenen Kosten stellen in der Regel keine berufsbedingten Aufwendungen des betreuenden Elternteils dar. So dienen Aufwendungen für den Kindergartenbesuch in erster Linie erzieherischen Zwecken. Sie bestimmen daher jedenfalls den Bedarf des Kindes und nicht denjenigen des betreuenden Elternteils (BGH, NJW 2008, 2337 = FPR 2008, 299 = FamRZ 2008, 1152 Rdnr. 19). Die für den Kindergartenbesuch anfallenden Kosten sind somit unabhängig davon, ob die Einrichtung halb- oder ganztags besucht wird, zum Bedarf eines Kindes zu rechnen (BGH, NJW 2008, 2337 = FPR 2008, 299 = FamRZ 2008, 1152 Rdnr. 17). Jedenfalls soweit die Kosten nicht den Aufwand für den halbtägigen Kindergartenbesuch übersteigen, sind sie regelmäßig im laufenden Kindesunterhalt enthalten, falls dieser das Existenzminimum für ein Kind des entsprechenden Alters deckt (BGH, NJW 2008, 2337 = FPR 2008, 299 = FamRZ 2008, 1152 Rdnr. 25). Vor diesem Hintergrund ist vorliegend im Hinblick auf den geringen Kostenaufwand von 15 Euro monatlich davon auszugehen, dass der vom Bekl. gezahlte Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts und damit des Existenzminimums den finanziellen Betreuungsbedarf des Kindes deckt. Ein gesonderter Abzug auf Seiten der Kl. scheidet daher aus. (Es folgen weitere Ausführungen zur Ermittlung des bereinigten Einkommens des Kl., abrufbar unter BeckRS 2009, 07161.)

4. Der Unterhaltsbedarf der Kl. beläuft sich auf die Hälfte der beiderseits in die Unterhaltsberechnung einzustellenden Beträge. Es ergibt sich folgender monatlicher Bedarf: 607 Euro (= [1364 Euro - 150 Euro] : 2) in den Monaten Januar bis Oktober 2008, 297 Euro (= [1364 Euro - 771 Euro] : 2) in den Monaten November und Dezember 2008 und 299 Euro (= [1343 Euro - 745 Euro] : 2) ab Januar 2009.

5. Begrenzt wird die Unterhaltspflicht des Bekl. durch seine Leistungsfähigkeit, wobei insoweit der billige Selbstbehalt von 1000 Euro zu berücksichtigen ist (Nr. 21.4 der Unterhaltsleitlinien des OLG Brandenburg, Stand: 1. 1. 2008). Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit ist ein Erwerbstätigenbonus nicht abzusetzen (Nr. 21.1 der Leitlinien). Bei dem Vorwegabzug des Kindesunterhalts dagegen kann es bleiben, da dessen Unterhaltsanspruch seit dem 1. 1. 2008 Vorrang gegenüber demjenigen Anspruch seiner Mutter genießt, § 1609 BGB n.F. Danach stehen dem Bekl. für den Unterhalt der Kl. folgende Beträge zur Verfügung: 566 Euro (= 1416 Euro +150 Euro - 1000 Euro Selbstbehalt) im Jahr 2008 sowie 546 Euro (= 1422 Euro + 124 Euro - 1000 Euro Selbstbehalt) ab Januar 2009.

Angesichts dessen ist der Bekl. zwar für die Zeit ab November 2008 verpflichtet, den sich nach Nr. 4 ergebenden Unterhaltsbedarf in vollem Umfang zu befriedigen. Für die Zeit davor, die Monate Januar bis Oktober 2008, besteht eine Leistungspflicht jedoch nur in Höhe von 566 Euro, obwohl sich ein Quotenunterhalt von 607 Euro errechnet. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 10.02.2009 - 10 UF 65/08)

***

Ein zukünftiger, bei Abschluß einer Unterhaltsvereinbarung nicht ohne weiteres erkennbarer oder voraussehbarer Umstand, der eine Abänderung der Unterhaltsverpflichtung rechtfertigt, kann auch in der Neufassung von § 1570 BGB liegen, die eine wesentlich schärfere Erwerbsobliegenheit der geschiedenen Ehefrau normiert (OLG Schleswig, Urteil vom 19.01.2009 - 15 UF 124/08 zu BGB §§ 1570, 313; EGZPO § 36 Nr. 1):

„... Die Klägerin macht gegen den Beklagten nachehelichen Unterhalt geltend. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und des Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des familiengerichtlichen Urteils verwiesen.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Bad Schwartau hat den Beklagten zu Unterhaltszahlungen entsprechend der zwischen den Parteien getroffenen Unterhaltsregelung verurteilt. Es hat die Auffassung vertreten, daß eine Abänderung bei unveränderten Verhältnissen nach Inkrafttreten des neuen Rechts nicht möglich sein sollte. Sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinne nach dürfe die Klägerin darauf vertrauen, daß eine Abänderung bis zur Erreichung des 10. Lebensjahres des Kindes nicht vorgenommen werde; wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des amtsgerichtlichen Urteils verwiesen.

Der Beklagte macht mit der Berufung geltend, es handele sich hier genau genommen, da die Klägerin auch damals schon erwerbstätig gewesen sei, um eine Mischung aus Kindesbetreuungs- und Aufstockungsunterhaltsanspruch, was nach altem Recht keine Rolle gespielt habe. Als die Parteien ihre außergerichtliche Vereinbarung getroffen hätten, sei der Inhalt des neuen Rechts noch nicht bekannt gewesen; es sei lediglich vorhersehbar gewesen, daß dann alle Unterhaltsansprüche befristet werden könnten. Das Inkrafttreten des neuen Rechts habe sich bekanntlich erheblich verzögert, insbesondere dadurch, daß auch noch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wegen des Betreuungsunterhaltsanspruchs nichtehelicher Mütter dazwischen gekommen sei. Hieraus ergebe sich aber der entscheidende Unterschied gegenüber dem bekannten Rechtszustand vorher.

Der Bundesgerichtshof habe zwar seit dem Urteil vom 12. April 2006 fleißig Aufstockungsunterhaltsansprüche befristet, aber auch nur solche. Kinderbetreuungsansprüche hätten gar nicht befristet werden können. Aufstockungsansprüche nach diesem Stichtag hätten in Unterhaltsvereinbarungen befristet werden müssen; sonst sei man präkludiert. Das beziehe sich aber alles nicht auf Kinderbetreuungsansprüche, sondern nur auf Aufstockungsunterhalt. Das Amtsgericht habe die Präklusionsregeln jedoch unzutreffend angewendet. Worum es hier gehe, sei nicht die Präklusion »an sich«, sondern die Tatsache, daß mit der Abschaffung des Altersphasenmodells Umstände eingetreten seien, über die man sich lange streiten könne, ob sie vorher entstanden und durch das Unterhaltsänderungsgesetz erheblich geworden seien, oder ob sie erst überhaupt neu seit 1. Januar 2008 seien, denn die Abschaffung des alten Altersphasenmodells sei neu und Ergebnis der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung und nicht der früheren BGH-Rechtsprechung, die das Altersphasenmodell gar nicht angetastet habe.

Nach dem alten Unterhaltsrecht habe kein großer Streit darüber bestanden, daß jedenfalls bis zur Beendigung der zweiten Grundschulklasse, im Bereich des Oberlandesgerichts Schleswig eher bis zum Abschluß der Grundschule, überhaupt keine Erwerbsobliegenheit bestanden habe, und wenn überhaupt (vor allem zwischen dem 8. und 10. Lebensjahr), dann nur im versicherungsfreien Bereich. Eine Halbtagserwerbsobliegenheit habe vor Ende der Grundschule wohl nicht in vollem Umfange bestanden.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 2007 (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965 = EzFamR BGB § 1570 Nr. 9) sei vom Gesetzgeber in Windeseile in den schon vorhandenen Gesetzesentwurf eingearbeitet worden. Wie sie eingearbeitet worden sei, sei bis zur Verabschiedung des Gesetzes überhaupt nicht vorhersehbar gewesen. Der Gesetzesentwurf sei von Bundestag und Bundesrat erst im November 2007 formuliert worden. Die Auflösung des alten Altersphasenmodells sei daher mit der Verabschiedung des Gesetzes eingetreten und damit nach der Unterhaltsvereinbarung der Parteien. Es sei somit ein neuer Umstand, der nach dem Abschluß der Unterhaltsvereinbarung eingetreten sei, selbst entstanden iSv § 36 Abs. 1 Nr. 1 EGZPO. Deshalb greife die Vorschrift gar nicht, denn sie stelle nur auf Alttatsachen ab, die erst jetzt erheblich würden.

Unabhängig davon seien Unterhaltsvereinbarungen, auch zeitlich befristete, immer abänderbar, wenn sich die Verhältnisse änderten, es sei denn, daß die Abänderung ausdrücklich ausgeschlossen sei. Davon könne in der hier in Rede stehenden Vereinbarung aber nicht die Rede sein. Eine Unterhaltsverpflichtung könne nur dem Grunde nach anerkannt werden, aber niemals der Höhe nach. Keinesfalls habe eine Unterhaltsverpflichtung bis zum Erreichen des 10. Lebensjahres des Kindes anerkannt werden sollen; erst recht sei nicht auf Abänderungsmöglichkeiten verzichtet worden. Vielmehr habe die Klägerin gewünscht, daß der Unterhaltsanspruch tituliert werde. Es habe also lediglich eine vollstreckbare Urkunde bis zur Erreichung des 10. Lebensjahres des Kindes geschaffen werden sollen, damit die geschiedene Ehefrau nicht auch noch über das 10. Lebensjahr des Kindes hinaus im Besitz eines Vollstreckungstitels sei. In dem Schreiben vom 10. April 2007 habe seine Vertreterin explizit zum Ausdruck gebracht, daß bei Inkrafttreten der neuen Unterhaltsregelungen eine Anpassung an die dann geltende Gesetzeslage angestrebt werde. Von einer Festschreibung sei nie die Rede gewesen. Der Vorbehalt der sich wandelnden Verhältnisse sei jeder Vereinbarung immanent, es sei denn, man vereinbare Unabänderbarkeit. Die vorgesehene vollstreckbare Form sei nicht erteilt worden. Wenn sie ergangen wäre, hätte sie mit Sicherheit so ausgesehen, daß die im einzelnen aufgegliederten Zahlungen bis längstens zur Erreichung des 10. Lebensjahres geschuldet würden. Eine Festschreibung dem Grunde und der Höhe nach habe damit nicht verbunden sein können, beim Kindesunterhalt ohnehin nicht, denn dieser sei mit 250 € enthalten und habe zu den neuen Tabellenbeträgen nicht mehr gepaßt, und beim Ehegattenunterhalt demgemäß auch nicht. Deshalb könne die Veränderung der Voraussetzungen für den Betreuungsunterhalt auch jetzt schon berücksichtigt werden, ungeachtet der Obergrenze Erreichen des 10. Lebensjahres des gemeinsamen Kindes; dies sei lediglich eine zeitliche Obergrenze.

In tatsächlicher Hinsicht sei es so, daß auch bei dem jetzigen Arbeitgeber der Klägerin Teilzeittätigkeiten vorhanden seien, die von Frauen mit Kindern wahrgenommen werden könnten. Tatsächlich habe die Klägerin nach der Trennung aber nicht mehr Stunden arbeiten wollen als bisher und deshalb auch keinerlei Initiative zur Ausweitung gezeigt, obwohl ihr bei Übernahme ihrer jetzigen Springerfunktion vor vier Jahren zugesagt worden sei, daß sie in spätestens ein bis zwei Jahren die nächste freie Halbtagsstelle bekommen werde, und eine andere Kollegen von ihr, die selbst wieder in das Berufsleben einsteigen wolle, die Springerfunktion von ihr übernehme. Dem sei sie aber nicht nachgekommen. Auch seine Hinweise, daß sich nach dem neuen Unterhaltsrecht die Situation ändern werde, habe sie nicht interessiert. Sie habe daraufhin lediglich erklärt, sie werde die neue Regelung abwarten, bis dahin brauche sie nicht mehr zu arbeiten und werde es auch nicht.

Nach neuem Recht gelte das alte Altersphasenmodell nicht mehr. Das gelte auch dann, wenn ein behindertes Kind vorhanden sei. Immerhin sei das Kind von 7.30 Uhr bis 14.00 Uhr außer Haus, nehme in der Schule auch das Mittagessen ein, müsse nicht gebracht oder abgeholt werden, so daß die Klägerin für eine Teilzeiterwerbstätigkeit genügend Zeit habe. Er sei Polizeibeamter im Wechselschichtdienst und stehe mit festem und planbarem Dienstplan auch während der Woche für die Betreuung des Sohnes zur Verfügung. Das Oberlandesgericht Hamm habe am 6. März 2008 (FamRZ 2008, 1937 = FuR 2008, 502) entschieden, daß auch bei einem massiv psychisch behinderten Kind der betreuende Elternteil die Zeiten des Aufenthalts des Kindes im Kindergarten zu nutzen habe.

Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage wegen weiterer laufender 100 € monatlich an Unterhalt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie erwidert, Geschäftsgrundlage der Unterhaltsvereinbarung sei die schon geplante Änderung des Unterhaltsrechts mit der Möglichkeit einer Befristung des Betreuungsunterhalts gewesen. Nach Abschluß der getroffenen Regelung habe auch durch das Schreiben ihrer erstinstanzlichen Bevollmächtigten vom 10. April 2007 keine Änderung herbeigeführt werden können. Im übrigen hätten sich die Verhältnisse seit März 2007 nicht geändert. Unabhängig davon habe das Amtsgericht auch zu Recht die Abänderungsvoraussetzungen gemäß § 36 Abs. 1 EGZPO verneint. Zu Beginn des streiterheblichen Zeitraums sei der Sohn der Parteien sechs Jahre alt gewesen. Ob man sich nach dem neuen Unterhaltsrecht von dem Altersphasenmodell verabschieden könne, sei zweifelhaft. Der Bundesgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 16. Juli 2008 (BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739 = FuR 2008, 485 = EzFamR BGB § 1570 Nr. 13) zu erkennen gegeben, daß er die Bildung von Fallgruppen beispielsweise nach dem Alter des Kindes akzeptieren werde.

Unabhängig davon sei von ihr eine Halbtagsbeschäftigung zum jetzigen Zeitpunkt ohnehin nicht zu verlangen. Allein aus der Tatsache, daß der Sohn vormittags die Schule besuche, könne nicht zwangsläufig auf eine Erwerbsobliegenheit im Umfang der zur Verfügung stehenden Betreuungsstunden geschlossen werden.

Sie sei beispielsweise mit ihrem Sohn sieben Wochen im Jahre 2005, fünf Wochen im Jahre 2006 und vier Wochen im Jahre 2007 in der Fachklinik für Neurologie H. gewesen. In diesem Jahre (2008) habe sie mit A. drei Wochen an einem Förderprogramm für spastische Kinder in Thüringen teilgenommen. Wegen der erhöhten Versorgungs- und Betreuungsbedürftigkeit von A. sei ihr eine Ausweitung der Berufstätigkeit überhaupt nicht möglich. Dies gelte insbesondere aktuell: Am 4. November 2008 habe sich A. einer schweren Rückenmarksoperation unterzogen. Sein körperlicher Zustand habe sich vorerst erwartungsgemäß dramatisch verschlechtert. A. werde auf unbestimmte Zeit die Schule nicht besuchen können, da der tägliche Therapieaufwand, den sie zu leisten habe, ca. 2 bis 3 Stunden betrage. Wenn die erforderlichen Übungen im ersten Rehabilitationsjahr versäumt würden, werde der Erfolg der Operation zunichte gemacht. Schulische Versäumnisse könne A. jederzeit nachholen; dies gelte jedoch nicht für seine körperliche Entwicklung, wenn die täglichen Therapiemaßnahmen unterblieben. Die Prognose sei jedoch gut. Es sei zu hoffen, daß A. in ein bis zwei Jahren ohne fremde Hilfe laufen und dann nahezu wie ein gesundes Kind leben könne. Sie würde gerne mehr arbeiten, sei hieran jedoch aufgrund der besonderen Versorgungs- und Betreuungsbedürftigkeit des Sohnes gehindert. In diesem Zusammenhang merke sie an, daß nach Auskunft der Personalabteilung der C.-Werke vom 1. Dezember 2008 seit acht Wochen ein Einstellungsstopp bestehe und Stellen nicht mehr neu besetzt würden.

Der Beklagte trägt ergänzend vor, daß, auch wenn die Klägerin vier Wochen durch Therapiemaßnahmen in der Vergangenheit eingeschränkt gewesen sei, noch über 51 Wochen nachblieben, um zu arbeiten; außerdem habe sich die Situation geändert, weil A. am 4. November 2008 erfolgreich operiert worden sei. Die Klägerin übertreibe den Zustand von A. und mentalisiere das Kind. Zumindest ab dem 3. Lebensjahr von A. könne die Klägerin einer Halbtagstätigkeit nachgehen, weil A. vormittags im Kindergarten und jetzt in der verläßlichen Grundschule betreut werde. Zudem solle A. nach Auffassung des Operateurs frühestens Anfang Februar 2009 wieder zur Schule gehen, der dies auch für wichtig halte, da soziale Kontakte für den physischen Teil des Entwicklungsprozesses von elementarer Wichtigkeit seien. Ziel der Operation sei es gewesen, daß A. im Januar 2009 auf dem Stand vor der Operation sei und sechs Monate danach selbständig laufen könne. ...

Die Berufung des Beklagten ist im Ergebnis nicht begründet. Nach der zwischen den Parteien getroffenen Unterhaltsregelung, die im Tatbestand des angefochtenen Urteils beschrieben ist (Angebot des Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 1. März 2007, Annahme der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 8. März 2007), ist der Beklagte zur Zahlung von 1.000 € monatlich an Geschiedenenunterhalt (800 € Elementarunterhalt, 200 € Vorsorgeunterhalt) verpflichtet. Es handelt sich um die vertragliche Ausgestaltung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin nach §§ 1570, 1573 Abs. 2 a.F. BGB.

1. Die Anpassung der Unterhaltsvereinbarung an veränderte Umstände geschieht allein nach den Regeln des materiellen Rechts. Für die Frage, welche tatsächlichen Umstände Geschäftsgrundlage der Unterhaltsvereinbarung waren, und welche Veränderungen deshalb zu einer Anpassung des Vertrages (§ 313 Abs. 1 BGB) führen, kommt es auf die Vorstellungen an, die für die Parteien bei der vertraglichen Bemessung des Unterhalts bestimmend waren. Die Anpassung ist demnach möglich, wenn die zukünftigen Umstände, welche nicht Inhalt des Vertrages geworden waren und eine Abänderung rechtfertigen, bei Vertragsschluß noch nicht ohne weiteres erkennbar oder voraussehbar waren, so daß die Parteien, wenn sie die schwerwiegenden Änderungen vorausgesehen hätten, den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten (Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 6 Rdn. 601, 601a).

Der »zukünftige Umstand« der hier einer Abänderung der Unterhaltsverpflichtung rechtfertigen könnte, ist § 1570 BGB n.F., der eine wesentlich schärfere Erwerbsobliegenheit der geschiedenen Ehefrau normiert. Der Beklagte ist nicht mit seinen Einwendungen ausgeschlossen, weil er geschrieben hat

» ... Ich weise aber darauf hin, daß eine solche Anerkennung der Unterhaltsverpflichtung im Hinblick auf die Änderung des Unterhaltsrechts nur bis zur Erreichung des 10. Lebensjahres des gemeinsamen Kindes von meinem Mandanten anerkannt werden wird. Nach dem neuen Unterhaltsrecht sind auch Unterhaltsansprüche wegen Kinderbetreuung zeitlich begrenzbar. «

Das anwaltliche Angebot des Beklagten vom 1. März 2007 kann nicht in dem Sinne verstanden werden, daß er den Ehegattenunterhalt dem Grunde und der Höhe nach festschreiben wollte, gleich, welche gesetzliche Regelung mit dem neuen Unterhaltsrecht in Kraft treten würde. Seinerzeit war nur absehbar, daß künftig auch Unterhaltsansprüche wegen Kinderbetreuung zeitlich begrenzbar sein würden. Deshalb war der Beklagte (zunächst) nur bereit, einen Titel bis zur Erreichung des 10. Lebensjahres des gemeinsamen Kindes zu schaffen. Dies hindert den Beklagten aber nicht daran, sich nunmehr auf die für die betreuenden Elternteile bestehende verschärfte Erwerbsobliegenheit zu berufen.

2. § 36 Nr. 1 EGZPO bestimmt, daß, wenn über den Unterhaltsanspruch vor dem 1. Januar 2008 unter anderem eine Unterhaltsvereinbarung getroffen worden ist, die Umstände, die vor diesem Titel entstanden und durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts erheblich geworden sind, nur zu berücksichtigen sind, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt, und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist.

Eine berechtigte Ausnahme von dem Grundsatz, daß nur eine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse beachtlich ist, wird von der herrschenden Meinung für den Fall einer Gesetzesänderung zugelassen. Hierauf bezieht sich Nummer 1, so daß die Abänderung einer Unterhaltsverpflichtung nach dieser Bestimmung keine Abänderung der tatsächlichen Verhältnisse voraussetzt. Nummer 1 berücksichtigt vielmehr, daß Umstände, die der Erstentscheidung (hier: Unterhaltsvereinbarung) zugrunde lagen, durch das neue Recht eine andere Bewertung in Bezug auf Voraussetzung und Höhe des Unterhaltsanspruchs erfahren und zu einer anderen Unterhaltsverpflichtung oder deren Wegfall führen können. Im Falle der Betreuung eines minderjährigen Kindes vor dem 8. Lebensjahr, die zu einem Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB a.F. geführt hat, kann eine Vorverlegung der Erwerbsobliegenheit im Hinblick auf § 1570 Abs. 1 S. 2, 3 BGB n.F. rechtfertigen, weil eine zumutbare Betreuungsmöglichkeit vorliegt (Borth, Unterhaltsänderungsgesetz Rdn. 387 bis 390).

Der Schluß des Amtsgerichts, die zwischen den Parteien getroffene Regelung gebe nur dann einen Sinn, wenn eine Abänderung bei unveränderten Umständen nach Inkrafttreten des neuen Rechts nicht möglich sein sollte, ist nicht gerechtfertigt. Daraus, daß der zu schaffende Titel bis zur Erreichung des 10. Lebensjahres des Kindes dienen sollte, kann nicht geschlossen werden, daß der Betreuungsunterhalt in Höhe von 1.000 € monatlich unabänderlich sein sollte, gleich, wie die gesetzliche Unterhaltsänderung ausfallen würde, die seinerzeit noch gar nicht absehbar war. Eine Unabänderlichkeit kann nur hinsichtlich der zeitlichen Befristung angenommen werden. Vor dem Erreichen des 10. Lebensjahres des Kindes kann der Beklagte sich nicht auf ein Entfallen des Unterhaltsanspruchs wegen einer Befristung berufen (was er auch nicht tut).

§ 36 Nr. 1 EGZPO steht also einer Unterhaltsabänderung grundsätzlich nicht entgegen. Erforderlich ist aber eine wesentliche Änderung, und daß die Änderung der Klägerin unter Berücksichtigung des Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist.

3. Zu prüfen ist, ob die Klägerin nach § 1570 Abs. 1 BGB n.F. eine Erwerbsobliegenheit hat, die über die von ihr ausgeübte Tätigkeit von 27 Stunden im Monat hinausgeht. Dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Umfange A. von seiner Mutter betreut werden muß. A. wurde nach den Sommerferien 2007 eingeschult. Er hat bisher die Schule für Körperbehinderte in D. besucht. Er wird vom DRK-Bus zur Schule gefahren und wieder nach Hause gebracht. Er ist montags bis donnerstags von 7.30 bis 13.50 Uhr, am Freitag von 7.30 bis 12.45 Uhr außer Haus. Er besucht eine verläßliche Grundschule, d.h. die Zeiten ändern sich nicht. Er erhält in der Schule sein Mittagessen. Während der Schulzeit erhält er Ergotherapie und Physiotherapie. An zwei Nachmittagen in der Woche muß er zur Krankengymnastik und einmal in der Woche zur Hippotherapie. Hier ist auch der Beklagte bereit und in der Lage, A. zu den Therapien zu begleiten.

Die Klägerin hat einen erhöhten Betreuungsaufwand; A. ist in Pflegestufe II. Nach dem Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit beträgt der Zeitaufwand für die Grundpflege von A. 127 Minuten pro Tag, der Zeitaufwand für die Hauswirtschaft 60 Minuten pro Tag. Aus der handschriftlichen Darstellung der Klägerin vom 9. Januar 2008 geht hervor, daß, wenn A. zu Hause ist, er ständig betreut werden muß, da er rundum hilfsbedürftig ist. Im Jahre 2008 hat die Klägerin mit A. drei Wochen an einem Förderprogramm für spastische Kinder in Thüringen teilgenommen. Ab 3. November 2008 war A. in einer Spezialkinderklinik in E.; dort wurde er am 4. November 2008 am Rückenmark operiert. A. soll frühestens Anfang Februar 2009 wieder zur Schule gehen; über den Schulbeginn sind sich die Parteien noch nicht einig. Für die Zeit von November 2008 bis zum künftigen Schulbeginn von A. kommt eine Ausweitung der Berufstätigkeit der Klägerin überhaupt nicht in Betracht.

Die unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Oberlandesgerichts Schleswig vom 1. Januar 2009 (veröffentlicht im Internet) bestimmen in Nr. 17.1 unter anderem, daß im Rahmen der elternbezogenen Gründe unter anderem zu berücksichtigen ist, ob eine Erwerbstätigkeit neben der Betreuung zu einer überobligatorischen Belastung des Unterhaltsberechtigten führen würde. Der nachvollziehbaren Einschätzung der Betreuungsbedürftigkeit des Kindes durch den betreuenden Elternteil kommt dabei ein besonderes Gewicht zu. Stehen weder kind- noch elternbezogene Belange entgegen, hat der betreuende Elternteil nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes bis zum Ablauf von dessen drittem Grundschuljahr grundsätzlich geringfügig bis halbschichtig erwerbstätig zu sein. Die Beklagte arbeitet geringfügig. Sie hat von 01/2008 bis 10/2008 durchschnittlich netto 362,50 € monatlich verdient. Damit hat sie bisher ihrer Erwerbsobliegenheit genügt. Es liegen gravierende kindbezogene Gründe vor, die eine Ausweitung der beruflichen Tätigkeit als unzumutbar erscheinen lassen.

Hinzu kommt, daß der Klägerin nicht - wie es der Beklagte fordert - gleich mit dem Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts eine Ausweitung ihrer Tätigkeit angesonnen werden konnte. In anderen Fällen hat der Senat der Unterhaltsberechtigten bisher eine Übergangsfrist eingeräumt. Dies gebietet schon der Vertrauensschutz. In diesem Fall war die Vereinbarung gerade erst zehn Monate alt. Der Klägerin ist also nicht vorzuwerfen, sie komme ihrer Erwerbsobliegenheit nicht nach.

Der Fall, den das Oberlandesgericht Hamm in seinem Urteil vom 6. März 2008 (FamRZ 2008, 1937 = FuR 2008, 502) zu beurteilen hatte, ist mit dem vom Senat zu entscheidenden Fall nicht vergleichbar. In jenem Fall war das Kind im Mai 2007 fünf Jahre alt geworden. Es litt an einer allgemeinen Entwicklungsstörung, verbunden mit Intelligenzminderung, Sprachentwicklungsverzögerungen sowie leichten autistischen Zügen, und hatte deshalb einen erhöhten Förderungs- und Betreuungsbedarf gegenüber gleichaltrigen Kindern. Es besuchte an vier Tagen in der Woche von 8.15 Uhr bis mindestens 12 Uhr den heilpädagogischen Kindergarten. Ders Senat war von einem fiktiven Einkommen der Mutter - die gelernte Bäckereiverkäuferin ist - in Höhe von 300 € ausgegangen, das diese als Aushilfe verdienen kann. In dem vom Senat zu entscheidenden Fall ist das Kind A. zwar schon im Juni 2008 sieben Jahre alt geworden; es ist aber schwerbehindert und in der Pflegestufe II, während das Kind im Fall des Oberlandesgericht Hamm »nur« an einer allgemeinen Entwicklungsstörung leidet.

Der Senat ist ferner der Auffassung, daß der Klägerin auch dann, wenn A. ab 1. Februar 2009 wieder die Schule besuchen sollte, im Hinblick auf seine Betreuungsbedürftigkeit zumindest für die Dauer des zweiten Schuljahres eine Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten ist.

Demnach ist der Beklagte verpflichtet, der Klägerin den vereinbarten Unterhalt in Höhe von monatlich 1.000 € zu zahlen. ..." (OLG Schleswig, Urteil vom 19.01.2009 - 15 UF 124/08)

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§ 1578b BGB ist nicht auf den Trennungsunterhalt anzuwenden. Ob in Einzelfällen (z.B. bei kurzem Zusammenleben, langer Trennungsdauer, fehlender Betreuung gemeinsamer Kinder, mangelnder Verflechtung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse usw.) eine analoge Anwendung von § 1578b BGB auf den Trennungsunterhalt in Betracht kommen kann, bleibt offen (OLG Bremen, Beschluss vom 01.12.2008 - 4 WF 142/08 zu BGB §§ 1361, 1578b):

„... I. Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Nach der Trennung der Parteien im Jahre 2000 verpflichtete sich der im Jahre 1922 geborene Kläger durch einen am 6. Januar 2001 geschlossenen Vergleich an die im Jahre 1947 geborene Beklagte einen monatlichen Trennungsunterhalt von 2.600 DM (= 1.329,16 €) zu zahlen. Entsprechend der im Vergleich von den Parteien ferner getroffenen Vereinbarung übertrug die Beklagte in der Folgezeit das vom Kläger auch jetzt noch bewohnte und ihm früher gehörende, während der Ehe aber auf die Beklagte übertragene Hausgrundstück auf den Kläger gegen eine Ausgleichszahlung von 50.000 DM zurück.

Der Kläger begehrt für eine Klage auf Abänderung des titulierten Unterhalts auf Null Prozeßkostenhilfe. Sein Abänderungsbegehren stützt er in erster Linie auf das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz; außerdem beruft er sich darauf, daß sich seine Einkommensverhältnisse wegen krankheitsbedingter Kosten verschlechtert hätten. Ferner ist er der Auffassung, daß die Beklagte eine Erwerbsobliegenheit trifft. Das Amtsgericht - Familiengericht - Bremen hat den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen (58 F 1732/08). Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner sofortigen Beschwerde.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Die Abänderungsklage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

1. Das Amtsgericht hat zu Recht seine ablehnende Entscheidung damit begründet, daß weder eine Herabsetzung auf den angemessenen Unterhalt noch eine Befristung des im Jahre 2001 titulierten Trennungsunterhalts gemäß § 1578b BGB in Betracht komme (vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 2008, 1539; Büttner/Niepmann, NJW 2008, 2391, 2399). Die Herabsetzungs- und Befristungsmöglichkeit nach § 1578b BGB betrifft den nachehelichen Unterhalt, wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ergibt. Die für den Trennungsunterhalt maßgebliche Norm des § 1361 BGB erklärt in Absatz 3 auch lediglich die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB über die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit für entsprechend anwendbar; auf § 1578b BGB verweist sie hingegen nicht. Da auch die Begründung zum Regierungsentwurf ausdrücklich von der Anwendung des § 1578b BGB im Rahmen des Trennungsunterhalts abgesehen hat (BT-Dr. 16/1830 S. 16), ist § 1578b BGB nicht auf den Trennungsunterhalt anzuwenden. Eine Auseinandersetzung mit der im Schrifttum geführten Diskussion, ob in Einzelfällen (z.B. bei kurzem Zusammenleben, langer Trennungsdauer, fehlender Betreuung gemeinsamer Kinder, mangelnder Verflechtung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse usw.) gleichwohl eine analoge Anwendung von § 1578b BGB in Betracht kommen kann (so Palandt/Brudermüller, BGB Nachtrag zur 67. Aufl. § 1578b Rdn. 3; Graba, FamRZ 2008, 1217, 1220; s. dazu auch Triebs, FPR 2008, 31, 35), erübrigt sich im vorliegenden Fall, denn der Kläger hat auch nicht ansatzweise zu den für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578b BGB maßgeblichen Gesichtspunkten (Fehlen oder Wegfall etwaiger ehebedingter beruflicher Nachteile der Beklagten, Dauer der Ehe, Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beklagten usw.) vorgetragen. Die vom Kläger behauptete schwere Erkrankung sowie der Umstand, daß er der Beklagten für die Rückübertragung des Hausgrundstücks eine »Ausgleichszahlung« von 50.000 DM geleistet hat, würden entgegen der Annahme des Klägers für sich genommen nicht schon zu einer Befristung oder Beschränkung des Unterhalts gemäß § 1578b BGB führen.

2. Eine Herabsetzung des Unterhalts kommt auch nicht wegen der vom Kläger angeblich zu tragenden Arzneimittelkosten in Betracht. Sein hierauf gestütztes Abänderungsbegehren scheitert bereits daran, daß der Kläger die Geschäftsgrundlage der im Jahre 2001 getroffenen Vereinbarung nicht dargetan hat. Erforderlich ist insoweit ein Vortrag zu den Einkünften des Klägers zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses im Verhältnis zu seinen derzeitigen Einkünften (OLG Zweibrücken FamRZ 2007, 1998). Nicht ausreichend ist somit sein Vortrag, wonach er von seiner derzeitigen Rente in Höhe von (3.008,04 € abzüglich Kranken- und Pflegeversicherung 287,25 € =) = 2.720,99 € erhebliche Mittel für Medikamente von ca. 285 € monatlich bestreiten müsse. Wie hoch die von ihm bezogene Rente und der von ihm zu leistende Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag bei Vergleichsabschluß war, ist offen; es fehlt auch an jeglichem Vortrag dazu, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Wohnwert auf seiten des Klägers für das von den Parteien während der Ehe gemeinsam genutzte, vom Kläger jetzt allein bewohnte Haus berücksichtigt worden ist.

3. Im Hinblick darauf, daß es schon an einem schlüssigen Vortrag des Klägers zu den für den Vergleichsabschluß maßgeblichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Parteien fehlt, kann er sein Abänderungsbegehren auch nicht mit einer etwaigen Erwerbsobliegenheitsverletzung der Beklagten und somit einem ihr fiktiv zuzurechnenden Einkommen begründen. Hinzu kommt, daß sich aus dem Vortrag des Klägers auch nicht ergibt, ob die Parteien zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses davon ausgegangen sind, daß und gegebenenfalls in welchem Umfange die seinerzeit 54 Jahre alte Beklagte eine Erwerbstätigkeit aufnehmen sollte. Außerdem hat der Kläger auch keinerlei Angaben dazu gemacht, wann die Beklagte zuletzt in ihrem erlernten Beruf als medizinisch-technische Assistentin tätig war, so daß sich selbst bei Annahme einer etwaigen Erwerbsobliegenheit der Beklagten das ihr fiktiv zuzurechnende Einkommen nicht feststellen ließe.

4. Nach alledem erweist sich die Abänderungsklage unter keinem Gesichtspunkt als erfolgversprechend; der Prozeßkostenhilfeantrag des Klägers war daher zurückzuweisen. Auf die Frage, ob bzw. in welchem Umfange der Kläger die Prozeßkosten aus seinem Vermögen und Einkommen selbst bestreiten kann, kommt es somit nicht mehr an. ..." (OLG Bremen, Beschluss vom 01.12.2008 - 4 WF 142/08 zu BGB §§ 1361, 1578b)

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Der Hauptrechtsmittelführer kann sein - auf eine Scheidungsfolgesache beschränktes - Rechtsmittel gegen eine im Scheidungsverbund getroffene Entscheidung des Familiengerichts nach Ablauf der für ihn geltenden Rechtsmittelfrist nicht mehr auf den Scheidungsausspruch erweitern. Das gilt auch für den Fall einer Anschließung an eine eigenständige - ebenfalls auf die Folgesache beschränkte - Berufung des Rechtsmittelgegners. Eine fiktive Zurechnung von nicht ausgeschütteten Gewinnen aus dem Betrieb eines Unternehmens zulasten des unterhaltspflichtigen geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafters setzt voraus, dass dieser seine unterhaltsrechtliche Obliegenheit, zumutbare Gewinne aus dem Unternehmen zu realisieren, in vorwerfbarer Weise verletzt hat. Vorwerfbar ist das Unterlassen eine Gewinnausschüttung an die Gesellschafter nur dann, wenn der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter die Grenzen seiner unternehmerischen Freiheit in einer Art und Weise überschreitet, die dem Unterhaltsgläubiger, unter Berücksichtigung der Belange der übrigen Mitgesellschafter und der Interessen der Unterhaltsberechtigten auf dauerhafte Sicherstellung ihres Unterhalts, nicht zumutbar ist. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Der private Nutzungsvorteil eines Firmenfahrzeugs ist in der Regel mit dem nach Steuerrecht zu veranschlagenden Wert (Einprozentregelung) zu bemessen. Er ist zu bereinigen um den steuerlichen Nachteil, der dem Nutzungsberechtigten dadurch entsteht, dass er das Firmenfahrzeug als Sachbezug zu versteuern hat. Eine zeitliche Befristung des Ehegattenunterhalts gem. § 1578b Abs. 2 BGB scheidet in der Regel aus, solange ein Anspruch des Berechtigten auf Zahlung von Unterhalt wegen der Betreuung minderjähriger Kinder nach § 1570 Abs. 1, S. 2 BGB besteht und (noch) keine sichere Prognose getroffen werden kann, ab wann der Anspruch auf Betreuungsunterhalt entfällt (OLG Hamm, Urteil vom 30.10.2008 - 2 UF 43/08 zu §§ 629a Abs. 3 ZPO, 1570 Abs. 1, 1578 Abs. 2, 1578 b, 1581 S. 1 BGB - http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2008/2_UF_43_08urteil20081030.html).

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„... Durch Urteil vom 1. 3. 2007 war der Kl. verurteilt worden, an die Bekl. nachehelichen Betreuungsunterhalt zu zahlen. Seiner Abänderungsklage hat das AG - FamG - nur teilweise stattgegeben. Mit seiner Berufung trägt der Kl. u.a. vor, die Bekl. müsse, da die gemeinsame Tochter - diese besucht die 5. Klasse eines Gymnasiums - bereits zehn Jahre alt sei, auf Grund des neuen Unterhaltsrechts nunmehr einer Ganztagstätigkeit nachgehen. ...

Der Kl. ist weiterhin verpflichtet, der Bekl. zumindest in der vom AG nunmehr ermittelten Höhe Betreuungsunterhalt gem. § 1570 BGB zu leisten, der zurzeit weder herabzusetzen noch zu befristen ist.

I. Bedarf der Bekl.

Aus dem Vergleichsvorschlag des AG Neuss vom 21. 11. 2006 in dem Ausgangsverfahren 45 F 57/05 ergibt sich, dass das AG von einem monatlichen Bedarf der Bekl. von 2000 Euro ausgegangen ist mit der Begründung, die Bekl. müsse ansonsten ihren konkreten Bedarf darlegen. Damit ist das AG von dem höchstmöglichen Quotenbedarf (3/7 von 4800 Euro) ausgegangen. Im Abänderungsverfahren fehlt es seitens des Kl. an Angaben dazu, wie der Bedarf der Bekl. nunmehr zu bemessen ist. Die Bekl. ihrerseits hat lediglich im Hinblick auf die Geldentwertung einen Betrag von 2200 Euro angesetzt. Da ein schlüssiges bzw. erhebliches Vorbringen der Parteien zum Bedarf der Bekl. nicht erfolgt ist, muss unter Berücksichtigung der Ausgangsentscheidung der Bedarf der Bekl. festgesetzt werden.

Ausgehend davon, dass dem Urteil des AG Neuss vom 21. 11. 2006 der höchstmögliche Quotenbedarf zu Grunde liegt, ist dieser Quotenbedarf auch für das Abänderungsverfahren maßgebend. Der Bedarf der Bekl. ist daher mit 2185 Euro anzusetzen (3/7 von 5100 Euro).

II. Einkünfte und Unterhaltsanspruch der Bekl.

Ihren ehelichen Bedarf kann die Bekl. lediglich zum Teil durch ihre eigenen Erwerbseinkünfte decken. Die Lohnsteuerbescheinigung der Bekl. bezüglich des Kalenderjahres 2007 weist ein Jahresbruttoeinkommen von 23 470,77 Euro aus. Daraus ergibt sich für das Kalenderjahr 2008 ein monatliches Nettoeinkommen von 1332,65 Euro. ...

Entgegen der Auffassung des Kl. sind der Bekl. keine weiteren Erwerbseinkünfte zuzurechnen. Der Kl. kann sich nicht erfolgreich auf die zum 1. 1. 2008 eingetretene Änderung des § 1570 BGB stützen.

Gemäß § 1570 BGB n.F. kann der geschiedene Ehegatte ohne weitere Begründung nur für die Dauer von drei Jahren nach der Geburt des Kindes Betreuungsunterhalt beanspruchen. Danach kann der Anspruch auf Betreuungsunterhalt im Einzelfall aus kindbezogenen (§ 1570 I 2, 3 BGB) oder aus elternbezogenen (§ 1570 II BGB) Gründen verlängert werden. Für die Umstände, die eine solche Verlängerung rechtfertigen, ist der Unterhaltsberechtigte darlegungs- und beweispflichtig (Vgl. BGH, NJW 2008, 1663 = FPR 2008, 303).

Der Grundsatz der nachehelichen Eigenverantwortung wurde durch das am 1. 1. 2008 in Kraft getretene neue Unterhaltsrecht deutlich betont, während die nacheheliche Solidarität als das Unterhaltsrecht bestimmender Faktor deutlich zurückgedrängt wurde. Anders als bisher enthält § 1570 BGB keinen einheitlichen Unterhaltsanspruch mehr für einen ehemaligen Ehegatten, der wegen der Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes nicht oder nicht voll erwerbstätig sein kann, sondern differenziert zwischen verschiedenen Altersstufen und Situationen. Der Gesetzgeber hat es dabei vermieden, eine Altersgrenze festzulegen, ab der von einem Elternteil eine vollschichtige oder teilweise Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. Allerdings wird durch die Dreijahresgrenze des § 1570 I 1 BGB ein deutlicher Anhaltspunkt dafür geschaffen, dass ab diesem Zeitpunkt eine zumindest zeitweise Erwerbstätigkeit trotz bestehender Kindesbetreuung als grundsätzlich zumutbar anzusehen ist. Dennoch müssen die besonderen Anforderungen und Bedürfnisse der Kinder in bestimmten Altersphasen berücksichtigt werden (vgl. OLG München, Urt. v. 4. 6. 2008 - 12 UF 1125/07, BeckRS 2008, 12076).

Die Bekl. hat vorliegend ausführlich und detailliert dargelegt, dass es ihr aus kindbezogenen Gründen nicht möglich und zumutbar ist, ihre Arbeitstätigkeit in dem vom Kl. verlangten Rahmen auszuweiten. Die von der Bekl. aufgeführten Erwägungen sind insgesamt überzeugend.

Die übliche Arbeitszeit der Bekl. beläuft sich auf fünf Stunden täglich. Daneben leistet die Bekl. noch Überstunden. Das Argument, die Bekl. belege durch diese Überstunden, dass sie mehr arbeiten könne, überzeugt nicht. Die Bekl. hat eindringlich dargelegt, dass sie diese Überstunden benötigt, um sich ein Zeitguthabenkonto zu erarbeiten, damit sie im Falle der Erkrankung oder für unterrichtsfreie Zeiten, für die keine Betreuungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt wird, für die Betreuung der Tochter zur Verfügung steht. Die Möglichkeit der Betreuung durch Verwandte oder insbesondere durch den Kl. eröffnet sich der Bekl. nicht. Der Kl. hat seit mehr als zweieinhalb Jahren keinen Kontakt zu seiner Tochter aufgenommen. Die Bekl. ist somit für die Dauer ihrer Arbeitstätigkeit auf Fremdbetreuung angewiesen. Diese gestaltet sich jedoch seit Beginn des Schuljahres 2008/2009 schwieriger als zu Zeiten des Grundschulbesuchs. Die Fremdbetreuung ist nur an Unterrichtstagen bis 16 Uhr gewährleistet. Eine sonstige Betreuungsmöglichkeit am Wohnsitz der Bekl. bietet sich unstreitig nicht.

Hinzu kommt, dass die Bekl. nach Beendigung der Fremdbetreuung ihrerseits mehr Betreuungsleistungen für die gemeinsame Tochter der Parteien erbringt. Ein elfjähriges Kind, das gerade von der Grundschule zum Gymnasium gewechselt ist, bedarf besonderer Unterstützung durch den erziehenden Elternteil. Die schulischen Anforderungen an Schüler des 5. Schuljahres eines Gymnasiums sind erheblich gestiegen. Auch gute Schüler sind gezwungen, im Nachmittagsbereich den Lernstoff zu vertiefen. Hierzu ist üblicherweise der äußere Rahmen einer Übermittagbetreuung nicht durchgehend geeignet.

Aber auch neben dieser schulbezogenen Unterstützung und Betreuung des Kindes muss der erziehende Elternteil weitere Betreuungsleistungen für das ihm anvertraute Kind erbringen. Hierzu gehört neben der teils aufwändigen Freizeitgestaltung auch die teils zeitintensive Wahrnehmung von Arztterminen.

All dies sind Anforderungen, die bei der Bemessung der zumutbaren Arbeitszeit eines alleinbetreuenden Elternteils Berücksichtigung finden müssen. Der betreuende Elternteil muss zum einen nach Beendigung seiner Arbeitszeit noch ausreichend Kraft haben, um den Belangen des Kindes gerecht zu werden, zum anderen darf Arbeitstätigkeit und alleinige Kinderbetreuung nicht dazu führen, dass der die Pflichten der Betreuung übernehmende Elternteil annähernd sein gesamte Freizeit auf die Bedürfnisse des Kindes verwenden muss. Unter Berücksichtigung einer angemessenen Lastenverteilung zwischen den Eltern muss auch dem Betreuenden insbesondere dann, wenn der andere Elternteil sich in keiner Weise um die Belange seines Kindes bemüht, ausreichend Zeit bleiben, auch den eigenen Bedürfnissen nachkommen zu können.

Zu beachten ist insoweit auch die Entscheidung des BGH vom 16. 7. 2008 (NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509). In dieser Entscheidung hat der BGH im Rahmen der Prüfung der elternbezogenen Gründe für die Praxis eine pauschalierende Beurteilung etwa anhand des Alters des Kindes zugelassen.

Hierzu hat der BGH ausgeführt, dass bei der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils stets zu beachten ist, ob der ihm neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes in Verbindung mit einer vollschichtigen Erwerbsobliegenheit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde. Denn selbst wenn ein Kind ganztags in einer öffentlichen Einrichtung betreut und erzogen wird, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein kann, vor allem aber vom Alter des Kindes abhängen kann.

Der BGH hat insoweit zur Prüfung gestellt, ob sich Fallgruppen bilden lassen, die auf Erfahrungswerten beruhen und - z.B. nach dem Alter des Kindes - einer gewissen Pauschalierung zugänglich sind.

Der Senat ist der Auffassung, dass die sich im vorliegenden Fall widerspiegelnden Probleme, nämlich einerseits seiner Erwerbsobliegenheit nachkommen zu können und andererseits der Kinderbetreuung und den Kindesbelangen in vollem Umfang gerecht werden zu können, durchaus einer pauschalierenden Betrachtung zugänglich sind und nicht nur den besonderen zur Entscheidung stehenden Einzelfall betreffen.

Zumeist in den ersten beiden Jahren des Besuchs einer weiterführenden Schule bedürfen die Kinder, unabhängig von der gewählten Schulform, noch einer besonderen Betreuung und Unterstützung durch die Eltern. Ebenso wie die jüngeren Kinder beim Wechsel vom Kindergarten zur Grundschule müssen die in der Regel zehn- bis elfjährigen Kinder beim Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule lernen, mit der neuen Lebenssituation, die sich darüber hinaus oftmals durch die zwischen den Eltern bestehenden Differenzen problematisch genug gestaltet, umzugehen. Zur Bewältigung dieser geänderten Umstände bedürfen die Kinder noch der umfassenden Hilfestellung und Aufmerksamkeit des betreuenden Elternteils. Ein intensives Eingehen auf die Belange der Kinder ist in diesen beiden Jahren erforderlich. Im schulischen Bereich gestaltet sich der Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule nicht grundsätzlich reibungslos. Dies bezieht sich nicht nur auf die einzelnen Lernbereiche, sondern auch auf das geänderte Umfeld.

Hier müssen die Kinder die Möglichkeit haben, ihre schulischen Erlebnisse einer Vertrauensperson mitzuteilen, die sich üblicherweise nicht im Rahmen der Betreuung einer Vielzahl von Kindern finden lässt. Hinzu kommt, dass die Kinder nicht nur in schulischen Bereichen, sondern auch in anderen Dingen des Alltags noch nicht ausreichend selbstständig sind und der betreuende Elternteil daher in der Regel während der üblichen Arbeitszeiten im Nachmittagsbereich zur Verfügung stehen muss, um Arzt- sowie Therapietermine mit den Kindern wahrzunehmen und/oder den Kindern die Teilnahme am örtlichen Vereinsleben oder auch nur die Freizeitgestaltung mit Schulfreunden zu ermöglichen, die in der Regel auf weiterführenden Schulen nicht in unmittelbarer Nachbarschaft leben. Insoweit müssen die Kinder langsam daran gewöhnt werden, selbstständig diese Dinge des Alltags alleine wahrzunehmen.

All dies spricht dafür, einem betreuenden Elternteil nicht vor Vollendung des 14. Lebensjahres eines Kindes die Verpflichtung zur Ausübung einer Vollzeittätigkeit aufzuerlegen und bei jüngeren Kindern, die noch nicht über das zweite Schuljahr der weiterführenden Schule hinaus sind, grundsätzlich nur von einer halbschichtigen Erwerbsobliegenheit auszugehen.

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände kann vorliegend von der Bekl. nicht die Ausweitung ihrer Arbeitstätigkeit erwartet werden. Mehr als die tatsächlich erbrachten 25 Stunden kann die Bekl. unter Berücksichtigung der Kindesbelange nicht leisten.

Für die Gewährung eines Betreuungsbonus ist allerdings nach Änderung des § 1570 BGB kein Raum mehr. Der Betreuungsbonus ist für den im Einzelnen nicht messbaren Mehraufwand durch die Doppelbelastung Berufstätigkeit und Kinderbetreuung anzusetzen. Dieser Doppelbelastung wird aber bereits dadurch Rechnung getragen, dass von der Bekl. nicht die Ausweitung ihrer Arbeitstätigkeit verlangt wird.

Das Einkommen der Bekl. ist daher lediglich um berufsbedingte Aufwendungen und anfallende Betreuungskosten zu kürzen. In der Ausgangsentscheidung ist das AG von einem Gesamtbetrag von 150 Euro ausgegangen. Dass dieser Betrag nunmehr überschritten wird, hätte von der Bekl. vorgetragen werden müssen. Der Ansatz der geltend gemachten Fahrtkosten ist nicht möglich. Diese sind bereits in der Vergangenheit angefallen und fanden im Rahmen der Ausgangsentscheidung aber keine gesonderte Berücksichtigung. Somit steht die Bindungswirkung des Ausgangsurteils einem jetzigen Ansatz der konkreten Fahrtkosten entgegen.

Es verbleibt daher bei dem Ansatz eines Betrags von 150 Euro; mithin errechnet sich ein Erwerbseinkommen von 1182,65 Euro (1332,65 Euro - 150 Euro), das um das Anreizsiebtel für Erwerbstätige zu reduzieren ist auf 1013,70 Euro.

Zusätzliche Rentenversicherungsbeiträge sind nicht einkommensreduzierend heranzuziehen. Die zusätzliche Rentenversicherung bestand bereits zum Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung. Sie fand bei der damaligen Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Bekl. keine Berücksichtigung. Einer nunmehrigen Einbeziehung dieser weiteren Versicherung steht die Bindungswirkung des Urteils vom 1. 3. 2007 entgegen.

Dem anrechenbaren Erwerbseinkommen der Bekl. von 1013,70 Euro ist der Wohnwert der in ihrem Eigentum stehenden und von ihr bewohnten Eigentumswohnung hinzuzurechnen. Die ersparte Kaltmiete beträgt nach wie vor 501 Euro. Zinsen leistete die Bekl. im Kalenderjahr 2007 in Höhe von insgesamt 2965,24 Euro. Dies sind monatlich 247,10 Euro. Verwalterkosten fallen in Höhe von 70 Euro an. Der Wohnwert reduziert sich somit auf monatlich 183,90 Euro. Dahinstehen kann, ob entsprechend der Berechnung des AG der Wohnwert noch weiter zu reduzieren ist im Hinblick auf die von der Bekl. im Jahre 2007 vorgenommene Sondertilgung und die insoweit durch das AG durchgeführte Ermittlung fiktiver Kapitalerträge aus dem Sondertilgungsbetrag, oder ob die infolge der Sondertilgung ersparten Zinsen von der Bekl. hätten detailliert aufgeschlüsselt werden müssen, um sie als wohnwertreduzierenden Abzugsposten berücksichtigen zu können. Möglich wäre auch eine Fortschreibung des früheren Zinsbetrags, da keine Veranlassung besteht, dem Kl. die Sondertilgung zugute kommen zu lassen. Jedenfalls errechnet sich bereits bei einem verbleibenden Wohnwert von 183,90 Euro ein höherer Unterhaltsanspruch der Bekl. als vom AG in der angefochtenen Entscheidung ausgeurteilt, denn die Bekl. verfügt insgesamt über Einkünfte in Höhe von 1197,60 Euro (1013,70 Euro Erwerbseinkommen und Wohnwert von 183,90 Euro). Der Bedarf beträgt 2185 Euro. Die Differenz zwischen dem Bedarf der Bekl. von 2185 Euro und dem anrechenbaren Einkommen von 1197,60 Euro beläuft sich auf 987,40 Euro. ..." (OLG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 16.10.2008 - 7 UF 119/08, NJW 2009, 600 ff)

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Bei der Beurteilung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils im Rahmen des § 1570 I, II BGB n.F. ist zu berücksichtigen, wenn der Elternteil zwei noch im Schulalter befindliche Kinder betreut. Eine Vollzeitbeschäftigung ist auch bei einer bestehenden Möglichkeit einer Volltagsbetreuung durch staatliche Stellen nicht ohne Weiteres zumutbar, insbesondere wenn sich ein Kind noch in den ersten Grundschuljahren befindet. Zur Kürzung des Betreuungsunterhalts gem. § 1578b II BGB (KG, Beschluss vom 18.08.2008 - 13 WF 111/08, NJW 2008, 3793 ff zu BGB §§ 1570 I, II, 1578b II):

„... Die Parteien waren seit dem 12. 12. 1996 verheiratet. Die Ehe ist seit dem 25. 1. 2005 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe sind die Kinder A (geb. 1996) und B (geb. 2000) hervorgegangen. Die Ast. ist nach der im Jahr 2002 erfolgten Trennung nach Z. gezogen. Der ältere Sohn besuchte im vergangenen Schuljahr das Gymnasium in der ersten Klasse, die Tochter die Grundschule in der zweiten Klasse. Die Ast. ist von Beruf Krankengymnastin. Sie übte seit einigen Jahren eine geringfügige Beschäftigung als Pflegehelferin im Krankenhaus bei einer Festvergütung von 142,26 Euro zuzüglich Zuschlägen für Sonnabend-, Sonntags- und Nachtarbeit aus. Seit Mai 2008 hat die Ast. eine Anstellung in einer physiotherapeutischen Praxis inne, in der sie bei einer Arbeitszeit von zwölf Stunden wöchentlich einen monatlichen Nettoverdienst in Höhe von 565,25 Euro erzielt. Daneben übt sie weiterhin die Beschäftigung im Krankenhaus aus. Sie hat eine im Jahr 1998 abgeschlossene Lebensversicherung inne, für die sie seit 1. 7. 2007 im Quartal einen Beitrag in Höhe von 233,42 Euro zu entrichten hat. Der Ag. ist Berufssoldat. Im Jahr 2007 erzielte er ein durchschnittliches Nettoeinkommen in Höhe von 2738,79 Euro. Er macht verschiedene Aufwendungen, unter anderem für Kindesunterhalt, von jeweils 294 Euro monatlich geltend. Der Ag. zahlte an die Ast. Trennungsunterhalt in Höhe von 693,32 Euro auch über die Scheidung hinaus. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 4. 1. 2008 ließ der Ag. mitteilen, dass er auf Grund einer nunmehr bestehenden Erwerbsobliegenheit der Ast. nicht mehr bereit sei, den bisherigen Unterhalt weiterzuzahlen, und kündigte Zahlungen von vorerst 350 Euro monatlich an, die nach einer Übergangszeit zu entfallen hätten. Der Ag. zahlte von Januar bis April 2008 monatlich 350 Euro.

Die Ast. ist der Ansicht, der Ag. schulde weiterhin nachehelichen Betreuungsunterhalt. Mehr als die Ausübung einer Halbtagsbeschäftigung sei ihr auch unter Berücksichtigung der Belange der Kinder nicht zumutbar. Sie müsse am Nachmittag den Sohn A bei den Hausaufgaben unterstützen. Dieser könne auf Grund einer Konzentrationsschwäche in der Gruppe nicht arbeiten, so dass er an der von der Schule angebotenen Hausaufgabenbetreuung nicht teilnehmen könne. Dies sei auch aus zeitlichen Gründen auf Grund der Schulzeiten nicht möglich. Sie behauptet unter Bezugnahme auf diverse Bewerbungsschreiben und Absagen, sich zunächst vergeblich um eine Anstellung in Krankenhäusern und Privatpraxen bemüht zu haben. Sie habe die Beschäftigung unter dem Druck der Verhältnisse, weil der Ag. seine Zahlungen reduziert habe, annehmen müssen. Mit der beabsichtigten Klage will die Ast. nachehelichen Unterhalt von 413,90 Euro geltend machen.

Das AG - FamG - hat den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen, weil die Ast. ihre Bedürftigkeit nicht nachgewiesen habe. Sie könne ihren angemessenen Bedarf bei einer Erwerbstätigkeit in einem Umfang von 30 bis 35 Stunden und einem damit erzielbaren Einkommen von 1200 Euro selbst decken. Auf die Beschwerde der Ast. hat der Senat Prozesskostenhilfe für 303 Euro monatlichen Betreuungsunterhalt ab Mai 2008 bewilligt. ...

II. Zu Unrecht geht das AG davon aus, die Ast. könne ihren angemessenen Bedarf selbst decken. Die Ast. macht Betreuungsunterhalt gem. § 1570 I, II BGB geltend. Nach dem bisherigen Recht richtete sich der Betreuungsunterhalt bei einer Teilerwerbstätigkeit auf die Differenz zu dem mit einer Vollzeittätigkeit erzielbaren Einkommen, während die darüber hinausgehende Differenz zum auch durch das Einkommen des Ehegatten geprägten ehelichen Lebensbedarf durch den Aufstockungsunterhalt gem. § 1573 II BGB auszugleichen war (vgl. BGH, NJW 1999, 1547; Palandt/Brudermüller, BGB, 65. Aufl., § 1570 Rdnr. 19, § 1573 Rdnr. 39). Dies beruhte darauf, dass allein der Aufstockungsunterhalt der Begrenzungsmöglichkeit gem. § 1573 V BGB unterlag. Ob dies, nachdem auch der Betreuungsunterhalt der Kürzungsmöglichkeit gem. § 1578b BGB unterliegt, weiterzugelten hat, mag dahinstehen (vgl. insoweit Wendl/Pauling, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rdnr. 76). Jedenfalls ergibt sich aus dem neuen Recht nicht automatisch, dass der betreuende Ehegatte nach Erreichen des 3. Lebensjahres des zu betreuenden Kindes nur noch einen Anspruch auf den angemessenen Unterhalt haben würde. Vielmehr kommt eine Herabsetzung auf den angemessenen Unterhalt nur unter den besonders zu prüfenden Voraussetzungen des § 1578b I BGB in Betracht.

Feststellungen dazu hat das AG nicht getroffen. Bei der erforderlichen Abwägung dürfte zu berücksichtigen sein, dass die Ast. ihren Beruf während der Kinderbetreuung im Wesentlichen nicht ausgeübt hat, sondern nur vorübergehend und nur stundenweise tätig war. Wie schon aus den vom Bekl. eingereichten Stellenanzeigen hervorgeht, wird im Bereich der Physiotherapie der Nachweis laufender Fortbildungen gefordert. Wie die Ast. vorgetragen hat, verfügt sie über einige Zusatzqualifikationen, wie zum Beispiel die Lymphdrainage und die Techniken der Bobath-Therapie, nicht. Insoweit kann - insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt - nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Ast. keine durch die Kindererziehung bedingten Nachteile hätte. Dagegen spricht auch, dass das AG selbst von der Obliegenheit zu einer Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 30 bis 35 Stunden ausgeht. Solange nicht sicher voraussehbar ist, dass, wie lange und in welchem Umfang die Ast. an der Erzielung eines angemessenen Einkommens in einem Umfang, wie sie es mit der Ausübung ihrer früheren Tätigkeit erzielen konnte, gehindert ist, ist die Herabsetzung des Unterhalts gem. § 1578b I BGB zweifelhaft, bedürfte jedenfalls einer besonderen Begründung. Erst recht gilt dies im Hinblick auf eine Befristung (vgl. Borth, FamRZ 2008, 2 [11]).

Die Erfolgsaussicht kann der beabsichtigten Klage darüber hinaus nicht versagt werden, soweit die Ast. die Differenz zwischen dem derzeit erzielten Einkommen und dem Einkommen des Ag. geltend machen will.

Mit den derzeit ausgeübten Beschäftigungen in der Krankengymnastikpraxis und der beibehaltenen Aushilfstätigkeit im Krankenhaus hat die Ast. kein wesentlich geringeres Einkommen, als sie mit einer Halbtagsbeschäftigung erzielen könnte. Bei einem Stundensatz von 12 Euro in der Stunde und einer 20-Stunden-Woche würde die Ast. unter Berücksichtigung von Steuern und Sozialabgaben rund 810 Euro, bereinigt 760 Euro verdienen. Tatsächlich hat sie Einkünfte in Höhe von 565,25 Euro aus der Teilzeittätigkeit und - bei richtiger Berechnung - durchschnittlich 192,43 Euro aus der Pflegehilfetätigkeit, somit 757,68 Euro, bereinigt rund 707 Euro. Jedenfalls für das Prozesskostenhilfeverfahren ist ihr ein höheres erzielbares Einkommen nicht anzurechnen.

Insbesondere muss sich die Ast. nicht ein aus einer Vollzeittätigkeit erzielbares Einkommen zurechnen lassen. Zwar ist der Betreuungsunterhaltsanspruch nach dem neuen Recht zunächst auf drei Jahre begrenzt. Im Anschluss daran kann ein Betreuungsunterhaltsanspruch nur geltend gemacht werden, wenn dies der Billigkeit entspricht, wobei in erster Linie die Belange des Kindes und die Betreuungsmöglichkeiten (kindbezogene Gründe), aber auch die Belange des betreuenden Elternteils (elternbezogene Gründe) zu beachten sind. Nach dem Vortrag der Ast. kommt eine mehr als halbschichtige Beschäftigung nicht in Betracht, weil der Sohn A ihre Hilfe bei den Hausaufgaben benötigt. Die Inanspruchnahme der von der Schule angebotenen Hausarbeitsbetreuung komme deshalb nicht in Betracht, weil sich A in der Gruppe schwer konzentrieren könne und auch die Schulzeiten die Inanspruchnahme dieser Hilfe nicht erlauben würden. Dem ist das AG bisher nicht nachgegangen.

Darüber hinaus ist auch bei einer bestehenden Betreuung stets auch zu beachten, dass die Betreuung nach Ausübung einer Beschäftigung nicht zu einer überobligatorischen Belastung des betreuenden Elternteils führen darf (vgl. BGH, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 Rdnr. 103). Selbst wenn ein Kind ganztags in einer öffentlichen Einrichtung betreut und erzogen wird, kann sich bei der Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein kann, vor allem aber vom Alter des Kindes abhängen kann. Gerade kleinere Kinder benötigen nach einer Ganztagsbetreuung noch in stärkerem Umfang des persönlichen Zuspruchs der Eltern, was einen nicht unerheblichen zusätzlichen Betreuungsaufwand erfordern kann (vgl. BGH, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 jew. Rdnr. 103; Meier, FamRZ 2008, 101 [103]). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der allein betreuende Elternteil diese Aufgabe allein wahrnehmen muss und diese Aufgabe nicht wie in einer intakten Ehe teilweise dem Partner überlassen kann (vgl. Meier, FamRZ 2008, 101 [103]). Der betreuende Elternteil muss, selbst wenn eine Volltagsbetreuung seitens der Schule oder durch einen Hort angeboten wird, auch nach der Rückkehr des Kindes genügend Kapazitäten haben, um sich mit dem Kind oder, wie hier, mehreren Kindern angemessen zu beschäftigen. Nötige Hausarbeiten und Erledigungen müssen außerhalb dieser Zeit erledigt werden. Hinzu kommt gegebenenfalls die Begleitung zu außerschulischen Aktivitäten, die das minderjährige Kind bis zu einem gewissen Alter nicht allein ausüben kann. Darüber hinaus besteht, je umfangreicher die Erwerbstätigkeit ist, umso weniger die Möglichkeit, etwa im Falle der Erkrankung eines Kindes, Arbeitszeiten umzuschichten. Schließlich muss dem betreuenden Elternteil auch eine gewisse Zeit für die eigene Regeneration verbleiben. Zu beachten ist schließlich, dass sich die Belastung bei dem Vorhandensein mehrerer Kinder, wie hier, erhöht.

Hierbei handelt es sich um Umstände, die erfahrungsgemäß stets bei der Betreuung minderjähriger Kinder bis zu einem gewissen Alter typisierbar sind. Der BGH hat daher insoweit eine durchaus im Rahmen der Billigkeitsabwägung auf Erfahrungswerten beruhende pauschalierende Betrachtungsweise für zulässig gehalten (BGH, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 Rdnrn. 103, 104; im Anschluss daran OLG Jena, NJW 2008, 3224 Rdnrn. 48, 49). Befindet sich das Kind oder das jüngste von mehreren Kindern noch im Grundschulalter oder jedenfalls in den ersten Grundschuljahren, so wird mehr als eine Teilzeitbeschäftigung nicht für zumutbar gehalten (vgl. BGH, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 Rdnrn. 103, 104; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2008, 1532; OLG München, Beschl. v. 4. 6. 2008 - 12 UF 1125/07, BeckRS 2008, 12076; OLG Jena, NJW 2008, 3224; Borth, FamRZ 2008, 2 [10]). Teilweise wird insoweit von einer Zumutbarkeit nur im Rahmen einer Halbtagsbeschäftigung ausgegangen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2008, 1532; OLG München, Beschl. v. 4. 6. 2008 - 12 UF 1125/07, BeckRS 2008, 12076; OLG Jena, NJW 2008, 3224; Borth, FamRZ 2008, 2 [10]), die gegebenenfalls stufenweise auszuweiten ist (vgl. OLG Jena, NJW 2008, 3224). Darüber hinaus besteht im Wesentlichen Einigkeit darüber, dass dem betreuenden Elternteil nicht von heute auf morgen zumutbar ist, eine Vollzeitbeschäftigung auszuüben, und dass ihm eine angemessene Übergangsfrist einzuräumen ist (vgl. OLG München, Beschl. v. 4. 6. 2008 - 12 UF 1125/07, BeckRS 2008, 12076; OLG Jena, NJW 2008, 3224). Auch aus dem Gesetz ergibt sich die verbindliche Vorgabe, dass sogleich eine Vollzeitbeschäftigung auszuüben wäre, nicht. Vielmehr ist aus dem Wortlaut des § 1570 I und II BGB, wonach sich die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert, „solange und soweit" dies der Billigkeit entspricht, zu entnehmen, dass auch der Gesetzgeber von der Möglichkeit einer stufenweisen Ausweitung einer Erwerbsobliegenheit ausgegangen ist (vgl. Borth, FamRZ 2008, 2 [4f.] unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien; vgl. Nr. 17.1 Leitlinien KG).

Schon im Hinblick auf diese Erwägungen kann der geltend gemachte Anspruch nicht schon im Prozesskostenhilfeverfahren versagt werden. Zu entscheiden sind Rechts- und Bewertungsfragen, die sich erst im Rahmen des im Januar 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes stellen und die noch nicht durch eine verfestigte Rechtsprechung geklärt sind. Insoweit gilt, dass der auf Prozesskostenhilfe angewiesenen Partei die Möglichkeit der Klärung zweifelhafter Rechtsfragen im Hauptsacheverfahren nicht abgeschnitten werden darf (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, § 114 Rdnr. 21 m.w. Nachw.).

Die vorstehenden Erwägungen treffen auf die Ast. zu. Die von der Ast. zu betreuenden Kinder sind sieben und elf Jahre alt. Auf Grund der früher geltenden Rechtslage konnte sie sich darauf einstellen, dass sie Unterhalt erhalten würde, bis das jüngste Kind acht Jahre alt ist. Sie wurde erstmals mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Ag. vom 4. 1. 2008 darauf hingewiesen, dass er nunmehr eine Erwerbstätigkeit von ihr verlangt. Ihr war insoweit zuzubilligen, dass sie sich Rechtsrat holt, was sie noch im Januar 2008 getan hat. Auch ohne diese Schreiben hätte sich die Ast. frühestens nach Inkrafttreten des Gesetzes, das zuvor schon einmal verschoben worden war, und dessen öffentliche Bekanntmachung auf die geänderte Lage einstellen müssen. Die Ast. hat sodann eine Anstellung angenommen, die zwar nicht dem Umfang einer Halbtagsbeschäftigung entspricht, aber zusammen mit der Zusatzbeschäftigung annähernd ein entsprechendes Einkommen gewährleistet, und die mit der Option einer Erweiterung versehen ist. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass das jüngere Kind nach dem Vortrag der Ast. bisher nicht volltags fremdbetreut wurde, so dass der Ast. auch mit Rücksicht auf das Kind eine Übergangsphase zur Gewöhnung an die geänderten Verhältnisse zuzubilligen ist. Ob die Ast. bei hinreichenden Bemühungen bereits früher eine vergleichbare Anstellung hätte finden können, kann im Übrigen dahinstehen, da der Bekl. bis April Unterhalt in den Anspruch übersteigender Höhe geleistet hat.

Der Höhe nach hat die beabsichtigte Klage nur im Umfang eines monatlichen Unterhaltsanspruchs in Höhe von 303 Euro monatlich Erfolg, weil der Ag. zur Zahlung eines höheren Unterhalts nicht leistungsfähig ist. Der Senat geht hierbei von folgenden Einkommensverhältnissen aus:

Einkommen des Ag.: 1303,34 Euro monatlich bereinigt abzgl. 1000 Euro Selbstbehalt = 303,34 Euro Leistungsfähigkeit. …

Das Einkommen der Ast. ist wie folgt zu berücksichtigen: 629,88 Euro abzgl. 1/7 = 539,90 Euro.

Ob und ab wann der Ast. eine Ausweitung ihrer Stelle auf 30 bis 35 Stunden zugemutet werden kann, wird das AG im Hauptsacheverfahren nach Abwägung aller Umstände zu prüfen haben. Dabei dürfte zu erwägen sein, ob nicht die der Ast. bei Inanspruchnahme der Hausarbeitsbetreuung erwachsenden Kosten von 200 Euro im Schulhalbjahr als berufsbedingte Aufwendungen zu berücksichtigen sind (vgl. Meier, FamRZ 2008, 104; Wendl/Pauling, § 4 Rdnr. 69). Insofern würde sich nach den Berechnungen des Senats bei Zugrundelegung einer Beschäftigung zu 30 Stunden in der Woche bei einem Stundensatz von 12 Euro pro Stunde ein geringerer als der nach den vorstehenden Berechnungen durch den Selbstbehalt gekürzte Unterhalt nicht ergeben. Auf die gegen eine Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Bedarf bestehenden Bedenken, solange die Kinder noch einer umfassenden Betreuung durch die Ast. bedürfen, hat der Senat bereits hingewiesen.

Dem Hauptsacheverfahren muss die Frage vorbehalten bleiben, ob - unter Berücksichtigung der Kindesbelange - eine Verwirkung angenommen werden kann, weil die Ast. dem Ag. ihr im Jahr 2007 erzieltes Einkommen nicht mitgeteilt hat. ..."

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Findet zwischen dem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehemann und den von der unterhaltsberechtigten Ehefrau betreuten gemeinsamen Kindern im grundschulpflichtigen Alter tatsächlich seit geraumer Zeit nicht einmal ein unbegleiteter Umgang statt, vermag ein Verbalangebot des Ehemanns auf nunmehrige Kinderbetreuung während der werktäglichen Nachmittage zur Ermöglichung einer Ausweitung der - bereits gut halbschichtig ausgeübten - Erwerbstätigkeit der Ehefrau nicht einmal eine beachtliche alternative Betreuungsmöglichkeit aufzuzeigen (OLG Celle, Urteil vom 12. 8. 2008 - 10 UF 77/08, NJW 2008, 3441 f).

Die gesetzliche Neuregelung des § 1570 BGB verlangt keinen abrupten, übergangslosen Wechsel von der elterlichen Betreuung zur Vollzeiterwerbstätigkeit. Von einem Elternteil, der ein Kind betreut, das den Kindergarten oder die beiden ersten Grundschulklassen besucht, wird man in der Regel keine Vollbeschäftigung verlangen können. Nach Inkrafttreten des UÄndG ist dem betreuenden Elternteil eine Überlegungsfrist zuzubilligen. Voraussetzungen der Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578b BGB (OLG Jena, Beschluss vom 24.07.2008 - 1 UF 167/08, NJW 2008, 3224):

„... Die Parteien streiten um nachehelichen Ehegattenunterhalt. Die Ast. hat den Ag. auf monatlichen Nachscheidungsunterhalt in Höhe von 544 Euro ab Rechtskraft der Ehescheidung in Anspruch genommen. Die Parteien haben 1999 geheiratet und sich 2004 getrennt. Das Scheidungsurteil ist seit dem 28. 8. 2007 rechtskräftig. Die Ast. ist 1964 in China geboren und chinesische Staatsangehörige. Sie ist ohne Beruf und erhält Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Ag. ist 1964 geboren und deutscher Staatsangehöriger. Aus der Ehe der Parteien ist das gemeinsame Kind W (geb. 2001 in China) hervorgegangen. Das Kind lebt bei der Kindesmutter. Es hat einen Kindergarten besucht und wurde im Sommer 2007 eingeschult. Durch Urteil vom 16. 2. 2005 wurde zuletzt monatlicher Trennungsunterhalt von 544 Euro tituliert.

Das AG hat den Ag. mit Urteil vom 17. 4. 2008 verpflichtet, an die Ast. einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 544 Euro ab Rechtskraft der Ehescheidung bis zum 31. 12. 2007, 433 Euro vom 1. 1. 2008 bis 31. 12. 2009 und 271 Euro vom 1. 1. 2010 bis 30. 6. 2011 zu zahlen. Dabei hat das AG der Ast. im Hinblick auf die achtjährige Ehezeit (bis zur rechtskräftigen Scheidung) eine Übergangszeit bis Ende 2008 zugebilligt. Ab dem 1. 1. 2009 sei sie verpflichtet, eine Tätigkeit auf der Basis eines Minijobs von 400 Euro aufzunehmen. Ab dem 1. 1. 2010 sei der Umfang auf 800 Euro anzuheben. In diesem Zeitraum sei es ihr bis Ende 2009 möglich, eine Fortbildung durchzuführen. Ab dem 1. 7. 2011 sei es angemessen, den Unterhaltsanspruch in Wegfall geraten zu lassen. Der Ag. beabsichtigt, Berufung einzulegen. Der Senat hat seinen entsprechenden Prozesskostenhilfeantrag wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückgewiesen. ...

II. Der Ag. schuldet der Ast. nach § 1570 BGB Unterhalt wegen Betreuung der gemeinsamen Tochter, die am 24. 5. 2001 geboren ist, und zwar auch über den 1. 1. 2008 hinaus.

Der Unterhaltsbedarf richtet sich beim nachehelichen Unterhalt allgemein nach den fortgeschriebenen ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 I BGB; vgl. BGH, NJW 2008, 1663 = FamRZ 2008, 968); er wird also vom beiderseitigen Einkommen der geschiedenen Ehegatten abgeleitet. Der nacheheliche Betreuungsunterhalt stellt den Unterhaltsberechtigten allerdings nur so, wie er stünde, wenn er selbst voll arbeiten könnte. Die Differenz zu den - auch vom Einkommen des unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten abgeleiteten - ehelichen Lebensverhältnissen sichert hingegen nach ständiger Rechtsprechung des BGH der Aufstockungsunterhalt (§ 1573 II BGB; BGH, NJW 2008, 3125).

Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem AG davon aus, dass die Ast. bis zum 31. 12. 2007 nach § 1570 BGB a.F. bei der Betreuung eines sechs Jahre alten Kindes zu keiner Erwerbstätigkeit verpflichtet war. Der BGH hat für die alte Rechtslage regelmäßig eine Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils verneint, solange das Kind noch nicht acht Jahre alt ist mit der Begründung, die gesunde Entwicklung eines Kindes bis zu acht Jahren erfordere es in der Regel, dass sich ein Elternteil dem Kind noch jederzeit widmen könne, was einem Erwerbstätigen etwa bei ausfallenden Schulstunden und Erkrankung des Kindes nicht möglich wäre (BGH, NJW 1983, 1427 = FamRZ 1983, 456 [458]).

Bei der Unterhaltsberechnung für den Zeitraum Rechtskraft der Ehescheidung bis 31. 12. 2007 ist bei dem Ag. von seinem anrechenbaren Nettoeinkommen in Höhe von 1695 Euro auszugehen. Bringt man hiervon den geschuldeten Kindesunterhalt in Höhe von 280 Euro in Abzug (Thüringer Tabelle, Stand: 1. 7. 2007 - 3. Einkommensgruppe, 2. Altersstufe), so verbleibt ein Betrag in Höhe von (1695 Euro - 280 Euro) 1415 Euro. Der geschuldete Ehegattenunterhalt beträgt dann (3/7 x 1415 Euro) 606,42 Euro, aufgerundet 607 Euro. Damit wird der eheangemessene Selbstbehalt des Ag., der für erwerbstätige Unterhaltspflichtige 915 Euro beträgt (Thüringer Leitlinien, Stand: 1. 7. 2007, Nr. 21.4), unterschritten.

Es liegt somit ein absoluter Mangelfall vor, weil das Einkommen des Verpflichteten zur Deckung seines notwendigen Selbstbehalts und der nachrangigen Unterhaltsansprüche nicht ausreicht (Thüringer Leitlinien, Nr. 23.1). Die Einsatzbeträge im Mangelfall belaufen sich für minderjährige Kinder auf 135% des Regelbetrags und für den nichterwerbstätigen getrennt lebenden/geschiedenen Ehegatten - abweichend von dem AG - auf 550 Euro (Thüringer Leitlinien, Nr. 23.2.2; vgl. Wendl/Staudigl/Gutdeutsch, Das UnterhaltsR in der familiengerichtlichen Praxis, 6. Aufl., § 5 Rdnr. 238a).

Die Verteilungsmasse beträgt (1695 Euro - 915 Euro) 780 Euro. Die Summe der Einsatzbeträge für W in Höhe von (226 Euro x 135%) 306 Euro und die Ast. in Höhe von 550 Euro machen insgesamt 856 Euro aus. Auf die Ast. entfallen (550 Euro x [780 Euro : 856 Euro]) 501,16 Euro, aufgerundet 502 Euro monatlich. Das AG hat 544 Euro monatlich ausgeurteilt.

Nachdem das BVerfG die frühere Regelung für verfassungswidrig und nur noch bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung für anwendbar erklärt hatte (BVerfG, NJW 2007, 1735 = FamRZ 2007, 965), hat der Gesetzgeber den Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils neu geregelt. Lediglich für Unterhaltsansprüche, die vor dem 1. 1. 2008 fällig geworden waren, gilt nach § 36 Nr. 7 EGZPO das frühere Recht weiter.

Das bis Ende 2007 geltende Recht sah für den nachehelichen Betreuungsunterhalt in § 1570 BGB a.F. einen zeitlich unbegrenzten Anspruch vor, der von der Rechtsprechung sehr weitgehend, aber auch sehr pauschaliert in Sinne eines Altersphasenmodells ausgelegt wurde. Bis zur Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes musste der betreuende Elternteil nicht arbeiten und hatte einen vollen Unterhaltsanspruch. Danach, bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres, sollte nur eine halbschichtige Tätigkeit zumutbar sein und der Unterhaltsanspruch nur wegen des restlichen Unterhaltsbedarfs fortbestehen. Für den Betreuungsunterhalt der Mutter des nichtehelich geborenen Kindes sah das Gesetz nur einen zeitlich begrenzten Unterhaltsanspruch bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres vor, der nur dann verlängert werden konnte, wenn es grob unbillig gewesen wäre, den Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen. Allerdings hatte der BGH schon die Verlängerungsmöglichkeit nach dieser früheren Regelung aus verfassungsrechtlichen Gründen weit ausgelegt (BGH, NJW 2006, 2687 = FamRZ 2006, 1362; NJW 2008, 3125).

Die für Unterhaltsansprüche ab Januar 2008 geltende gesetzliche Neuregelung hat den nachehelichen Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) und den Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes (§ 1615 l II BGB) auch zur Dauer einander weitgehend angeglichen. Allerdings kann in beiden Fällen zunächst nur für die Dauer von mindestens drei Jahren nach der Geburt Betreuungsunterhalt verlangt werden. Verlangt der betreuende Elternteil aus Billigkeitsgründen Unterhalt über diese Dauer hinaus, muss er die Gründe dafür darlegen und beweisen, was eine individuelle Beurteilung der Verhältnisse erfordert (BGH, NJW 2008, 1663 = FamRZ 2008, 968; NJW 2008, 3125).

Gründe, die für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen können, ergeben sich zunächst nach den insoweit wortgleichen Vorschriften der §§ 1570 I 2 und 3, 1615 l II 4 und 5 BGB aus kindbezogenen Gründen, wobei die Belange des Kindes und die Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen sind. Insoweit darf aus verfassungsrechtlichen Gründen und wegen der identischen gesetzlichen Regelung nicht zwischen ehelich und nichtehelich geborenen Kindern differenziert werden (BGH, NJW 2008, 3125).

Daneben können aber auch elternbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen. Beim nachehelichen Betreuungsunterhalt sieht § 1570 II BGB dies ausdrücklich vor und verweist dabei auf die Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie deren Dauer. Auch die gesetzliche Regelung zum Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes schließt dies nicht aus, indem es eine Verlängerung „insbesondere" aus kindbezogenen Gründen vorsieht. Daraus und aus dem Schutz der Familie in Art. 6 I GG lässt sich entnehmen, dass sich die Möglichkeit zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes aus elternbezogenen Gründen umso mehr der Verlängerungsmöglichkeit beim nachehelichen Betreuungsunterhalt annähern kann, als die Beziehung der Eltern einer Ehe vergleichbar war, also bei längerem Zusammenleben oder bei einem gemeinsamen Kinderwunsch (BGH, NJW 2008, 3125).

Der BGH (NJW 2008, 3125) hat auf einen weiteren Gesichtspunkt hingewiesen, der ebenfalls für einen verlängerten Anspruch spricht und im Gegensatz zu den zuvor genannten Umständen möglicherweise nach dem Alter des Kindes generalisiert werden kann. Selbst wenn ein Kind im Kindergarten volltags betreut wird, führt dies nämlich noch nicht notwendig zu einer vollschichtigen Erwerbspflicht des betreuenden Elternteils. Denn zusätzlich zur Betreuung insbesondere in den Abendstunden könnte eine vollschichtige Erwerbspflicht überobligatorisch sein. Die Frage, ob sich aus dem Gesichtspunkt einer überobligationsmäßigen Doppelbelastung ungeachtet des gesetzlichen Regelfalls eines dreijährigen Betreuungsunterhalts Fallgruppen bilden lassen, die auf Erfahrungswerten beruhen und - z.B. nach dem Alter des Kindes - einer gewissen Pauschalierung zugänglich sind, hat der BGH in die Prüfung des BerGer. gestellt, an das er das Verfahren zurückverwiesen hat, aber darauf hingewiesen, dass dieser Gesichtspunkt allein regelmäßig angesichts einer eingeschränkten Erwerbspflicht nicht zu einem vollen Unterhaltsanspruch führen könne.

Auch das OLG München (Urt. v. 4. 6. 2008 - 12 UF 1125/07, BeckRS 2008, 12076) geht davon aus, dass keinesfalls nach dem Motto „von Null auf 100" bereits ab dem Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts von der Mutter eines sechsjährigen Kindes sofort eine vollschichtige Erwerbstätigkeit verlangt werden kann, der Gesetzgeber es aber vermieden habe, eine Altersgrenze festzulegen, ab der von einem Elternteil eine vollschichtige oder teilweise Erwerbstätigkeit erwartet werden könne. Allerdings werde durch die Drei-Jahres-Grenze des § 1570 I 1 BGB ein deutlicher Anhaltspunkt dafür geschaffen, dass ab diesem Zeitpunkt eine zumindest zeitweise Erwerbstätigkeit trotz bestehender Kindesbetreuung als grundsätzlich zumutbar anzusehen werde.

Die neue Regelung solle die Abkehr vom bisher praktizierten Altersphasenmodell bewerkstelligen. Eine pauschale Betrachtung, wie sie durch das Altersphasenmodell in der Vergangenheit häufig vorgenommen worden sei, verbiete sich nach dem neuen Recht. Dennoch müssten die besonderen Anforderungen und Bedürfnisse der Kinder in bestimmten Altersphasen berücksichtigt werden. Zudem seien die Arbeitsplätze auch heute noch nur selten auf die Bedürfnisse alleinerziehender Eltern ausgerichtet. Vielmehr werde von den Arbeitnehmern zunehmend Flexibilität auch hinsichtlich der Arbeitszeiten gefordert, die mit den bestehenden Möglichkeiten der Fremdbetreuung häufig nicht in Einklang zu bringen sei. Arbeitgeber ihrerseits zeigten sich nur selten so flexibel, dass sie auf die besonderen Bedürfnisse alleinerziehender Eltern Rücksicht nehmen würden. Unabhängig von der Tatsache, dass die alleinige Zuständigkeit für die Alltagsbetreuung sehr viel mehr Zuwendung und Anstrengung erfordere als die Kindesbetreuung in einer intakten Familie, was dem Anspruch auf Betreuungsunterhalt immanent sei, benötigten Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Kinder in diesem Alter können nicht allein unbeaufsichtigt zu Hause gelassen werden, auch nicht stundenweise. Wenn sie auch zunehmend zur Selbstständigkeit erzogen werden sollten, benötigten sie dennoch weiterhin bei der Grundversorgung wie Waschen, Anziehen, Essen etc. Anweisung und Unterstützung (OLG München, BeckRS 2008, 12076).

Regelmäßig werde daher eine volle Erwerbstätigkeit neben der Betreuung eines kleinen Kindes zu einer massiven Überforderung des betreuenden Elternteils führen, die sich dann unmittelbar auf das Wohl des Kindes auswirke. Wenn man aber den Grund für Betreuungsunterhaltsansprüche nicht nur im unmittelbaren Kindeswohl, sondern auch in der elterlichen Solidarität zum Wohle des gemeinsamen Kindes sehe, werde deutlich, dass die Gefahr bestehe, eine Lastenverteilung zwischen den Eltern vorzunehmen, die allgemeinen Gerechtigkeitsmaßstäben nicht entspreche (OLG München, Urt. v. 4. 6. 2008 - 12 UF 1125/07, BeckRS 2008, 12076).

Spreche man dem betreuenden Elternteil eines über dreijährigen Kindes im Kindergarten- und Grundschulalter Betreuungsunterhaltsansprüche ab, da er für seinen Unterhalt selbst zu sorgen habe, fordert man von diesem, sein gesamtes Leben an dieser Aufgabe auszurichten und eigene Interessen weitgehend zurückzustellen. Dagegen träfe den anderen Elternteil lediglich die Verpflichtung zur Zahlung von Barunterhalt für das Kind. Dieser wäre in seiner Freizeitgestaltung nicht beeinträchtigt und könnte sich etwa einer neuen Partnerschaft zuwenden; denn dafür blieben ihm, im Gegensatz zum betreuenden Elternteil, sowohl die zeitlichen Ressourcen als auch die notwendigen finanziellen Mittel. Eine angemessene Lastenverteilung zwischen den grundsätzlich zu gleichen Teilen verpflichteten Eltern wäre damit in keiner Weise gewährleistet (OLG München, Urt. v. 4. 6. 2008 - 12 UF 1125/07, BeckRS 2008, 12076).

Der Senat schließt sich im Ergebnis den von dem BGH und dem OLG München herausgearbeiteten Grundsätzen an. Dafür spricht auch die Gesetzesbegründung, wonach die Neuregelung keineswegs einen abrupten, übergangslosen Wechsel von der elterlichen Betreuung zu Vollzeiterwerbstätigkeit verlangt, sondern im Interesse des Kindeswohls vielmehr auch künftig ein gestufter, an den Kriterien des § 1570 BGB n.F. orientierter Übergang möglich ist (BT-Dr 16/1830, S. 18 unten, S. 19 oben).

Wenn sich auch nach der Gesetzesänderung eine pauschale Betrachtung, wie sie durch das Altersphasenmodell in der Vergangenheit häufig vorgenommen wurde, nach neuem Recht verbietet, müssen die besonderen Anforderungen und Bedürfnisse des Kindes in bestimmten Altersphasen berücksichtigt werden. Ein Kind, das den Kindergarten oder die beiden ersten Grundschulklassen besucht, bedarf einer intensiven Betreuung.

Auch bei bestehenden Betreuungsmöglichkeiten wird man eine Vollzeiterwerbstätigkeit regelmäßig von dem betreuenden Elternteil nicht verlangen können, solange ein Kind wie im vorliegenden Fall den Kindergarten bzw. die ersten Grundschulklassen besucht. Man wird regelmäßig nur eine Teilbeschäftigung fordern können, die mit zunehmendem Alter des Kindes zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit auszubauen sein dürfte.

Vor dem Hintergrund der Entscheidung des BGH vom 16. 7. 2008 (NJW 2008, 3125), den Betreuungsunterhalt nach dem Alter des Kindes zu generalisieren, folgt der Senat im vorliegenden Fall der von dem AG vorgenommenen Abstufung des Umfangs der Erwerbsverpflichtung der Ast.

Die Ast. konnte zunächst bis zum Inkrafttreten des UÄndG davon ausgehen, dass sie bis zum achten Lebensjahr ihres Kindes (24. 5. 2009) keine Erwerbsobliegenheit traf. Die Ast. ist daher in Übereinstimmung mit dem OLG Düsseldorf (Beschl. v. 19. 3. 2008 - 4 WF 81/08, BeckRS 2008, 17938: Sechs Monate) und OLG Celle (NJW 2008, 1456 = FamRZ 2008, 997: Zwei Monate wegen anschließender Verwirkung) eine Überlegungsfrist zuzubilligen, die das AG im vorliegenden Fall zu Recht mit einem Jahr bemessen hat. Der Senat erachtet eine Frist von einem Jahr deshalb für angemessen und erforderlich, da die Ast. - unstreitig - mit ihrem Ehemann bis 2002 in China gelebt hat, die deutsche Sprache bisher nicht beherrscht, über keine in Deutschland verwertbare Berufsausbildung verfügt, in China als Masseuse (Begleitung) und noch nie in Deutschland gearbeitet hat.

Demnach ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Ast. verpflichtet ist, ihre Tätigkeit ab dem 1. 1. 2009 auf einen 400 Euro- und ab dem 1. 1. 2010 auf einen 800 Euro-Job auszudehnen, nachdem das Kind W im Mai 2009 acht Jahre alt wird. Von der Ast. kann bis zum 30. 6. 2011 (W ist dann zehn Jahre alt) keine Ausweitung auf eine Vollzeitbeschäftigung verlangt werden. Im Interesse des Kindeswohls ist auch künftig nur ein stufenweiser, an den Kriterien von § 1570 I BGB orientierter Übergang in die Vollerwerbstätigkeit zumutbar (BT-Dr 16/6980, S. 18/19; Palandt/Brudermüller, BGB, Nachtrag zur 67. Aufl., § 1570 Rdnr. 10).

Da das AG seine Staffelung der Erwerbsobliegenheit der Ast. - im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH (NJW 2008, 3125) - sowohl auf kindbezogene Gründe (altersbedingter Betreuungsbedarf), die auf Erfahrungswerten beruhen, als auch auf elternbezogene Gründe (fremder Kulturkreis, Leben erst seit 2002 in Deutschland, keine in Deutschland anerkannte Berufsausbildung, keine Erwerbstätigkeit seit der Eheschließung im Jahre 1999) gestützt hat, die offenkundig oder unstreitig waren, bedurfte es keines diesbezüglichen Vortrags der Ast.

Im konkreten Fall wird man von der Ast. neben der Betreuung von W, die bis zum Sommer 2009 noch die zweite Grundschulklasse besuchen wird, angesichts ihrer persönlichen Situation nicht mehr als einen 400 Euro-Job und bis zum Ende der vierten Grundschulklasse (30. 6. 2011) nicht mehr als eine Halbtagstätigkeit erwarten können.

Die Unterhaltsberechnung des AG für die Zeit ab dem 1. 1. 2008 ist nicht zu beanstanden.

Das AG hat den Anspruch der Ast. auf Betreuungsunterhalt gem. § 1578b BGB zeitlich bis zum 30. 6. 2011 befristet. Gegen eine Befristung spricht, dass ein nach Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes festzusetzender Betreuungsunterhalt nach § 1570 I 2 BGB auf Grund der Unsicherheiten, die in der Entwicklung des Kindes und dessen Reife liegen, zeitlich nicht begrenzt werden kann, weil in der Regel eine sichere Prognose i.S. von § 258 i.V. mit § 323 I ZPO, ab welchem Zeitpunkt eine vollständige Drittbetreuung möglich ist und wann die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes endet, nicht getroffen werden kann (vgl. Borth, FamRZ 2008, 2 [11]; OLG München, Urt. v. 4. 6. 2008 - 12 UF 1125/07, BeckRS 2008, 12076). Da lediglich der Ag. um Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz ersucht hat und die Begrenzung in seinem Interesse liegt, erübrigen sich weitere Ausführungen.

Zwar kann eine fortgesetzte massive und schuldhafte Vereitelung des Umgangsrechts zu einem Ausschluss oder einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs des betreuenden Elternteils gem. § 1579 Nr. 7 BGB führen. Allerdings muss das Fehlverhalten schwerwiegend sein, um die Annahme der Verwirkung zu rechtfertigen (BGH, FamRZ 1987, 356 [358]). Der Ag. hat bereits nicht hinreichend vorgetragen, dass der Ast. ein schwerwiegendes Fehlverhalten anzulasten ist.

Dazu wäre es im einzelnen erforderlich gewesen, dass der Ag. vorträgt, wie sich sein Umgang mit W und das Verhältnis zu ihr nach der Trennung der Ehegatten im Einzelnen gestaltet hat. Ebenso wenig ist seinem Vorbringen zu entnehmen, welche Bemühungen er selbst in der Vergangenheit unternommen hat, um eine Änderung der ablehnenden Haltung des Kindes herbeizuführen, etwa indem er diesem durch Briefe oder gelegentliches Übersenden von kleinen Geschenken seine fortbestehende Zuneigung vermittelt hat. Bloße Schwierigkeiten bei der Ausübung des Umgangsrechts rechtfertigen keine Verwirkung (BGH, NJW 2007, 511 = FamRZ 2007, 193 [195]; NJW 2007, 1969 = FamRZ 2007, 882).

Der Scheidungsausspruch ist jedenfalls am 23. 7. 2007 rechtskräftig geworden, als die Ast. ihre Berufung gegen die Entscheidung zur Scheidung zurücknahm. Denn mit der Rücknahme des Hauptrechtsmittels kam eine (weitere) Anschließung nicht mehr in Betracht; eine etwa erfolgte Anschließung hätte ihre Wirkung verloren (BGH, NJW 1998, 2679 = FamRZ 1998, 1024; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 629a Rdnr. 36).

Soweit die Berufung für den Zeitraum 23. 7. 2007 bis 31. 12. 2007 in Höhe von monatlich 42 Euro Aussicht auf Erfolg hat, scheidet eine Pkh-Bewilligung aus, da der Berufungsstreitwert nicht erreicht wird. ..."

***

„... Lediglich eine besondere Betreuungsbedürftigkeit des Kindes im Einzelfall vermag eine Ausweitung des Betreuungsunterhalts über dessen 3. Lebensjahr hinaus rechtfertigen. Nach einer Übergangszeit (hier: sechs Monate) hat die Mutter eines sechs Jahre alten Kindes jedenfalls einer halbschichtigen Berufstätigkeit nachzugehen. Im Mangelfall ist für das Kind lediglich der Mindestunterhalt einzustellen. Der Restbetrag ist zwischen der geschiedenen und der neuen Ehefrau zu verteilen, wobei jeweils der Selbstbehaltssatz als Einsatzbetrag anzusetzen ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.06.2008 - 4 WF 41/08 zu BGB § 1570 II 2; EGZPO § 36 I, NJW, 2008, 3005 f):

Der Kl. ist wiederverheiratet. Seine Ehefrau ist nicht berufstätig und versorgt das gemeinsame Kind. Der Kl. begehrt den Wegfall des titulierten nachehelichen Unterhalts ab dem 1. 1. 2008. Die Bekl. betreut das jetzt sechs Jahre alt gewordene eheliche Kind N. Das AG - FamG - hat dem Antrag der Bekl. auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur teilweise stattgegeben (für eine Rechtsverteidigung gegen eine Herabsetzung auf weniger als 120 Euro monatlich). Auf die Beschwerde der Bekl. hat ihr das OLG teilweise weitere Prozesskostenhilfe bewilligt (soweit sie sich für einen Übergangszeitraum - Januar bis Juli 2008 - gegen eine Herabsetzung auf weniger als 217 Euro monatlich verteidigt). ...

Die Rechtsverteidigung der Bekl. gegen die Abänderungsklage des Kl. hat nur für die Zeit bis Juni 2008 weitergehende Aussicht auf Erfolg.

1. Der Unterhaltsanspruch der Bekl. für die hier in Rede stehende Zeit ab dem 1. 1. 2008 bestimmt sich grundsätzlich nach dem an diesem Tag in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetz (UÄndG). Der Bekl. steht danach ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt nur noch zu, wenn und soweit die Voraussetzungen des § 1570 II 2 BGB vorliegen; ein Anspruch nach § 1570 II BGB kommt vor dem Hintergrund der kurzen Dauer der Ehe nicht in Betracht.

Das AG ist danach zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass die Bekl. eine Obliegenheit zu (mindestens) teilschichtiger Erwerbstätigkeit trifft.

Das neue Unterhaltsrecht geht davon aus, dass das bisherige Altersphasenmodell nicht mehr haltbar sei, vielmehr vor dem Hintergrund insbesondere des Anspruchs auf eine Kindesbetreuung ab dem 3. Lebensjahr (§ 24 SGB VIII) auch neben der Betreuungsaufgabe eine Erwerbstätigkeit zumutbar sei. Nur wenn der Berechtigte substanziiert darlegt, dass die konkrete Betreuungssituation oder eine besondere Betreuungsbedürftigkeit des Kindes eine vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht zulassen, kommt nach dem Willen des Gesetzgebers ein über das 3. Lebensjahr des Kindes hinausgehender Betreuungsunterhalt in Betracht. Ob eine derartige Regelung aus rechtspolitischer Sicht zu begrüßen ist, kann dahinstehen; an die eindeutige gesetzgeberische Entscheidung sind die Gerichte gebunden. Die Bekl. kann sich daher weder auf das Alter des Kindes noch darauf berufen, dass Kinder getrennt lebender Eltern stets intensiver betreuungsbedürftig seien; auch dieser generelle Umstand - alle Fälle des § 1570 BGB betreffen Kinder getrennt lebender Eltern - war dem Gesetzgeber bei Fassung des § 1570 BGB bekannt. Lediglich eine besondere Betreuungsbedürftigkeit im Einzelfall kann eine Ausweitung des Betreuungsunterhaltsanspruchs über das 3. Lebensjahr des Kindes hinaus rechtfertigen (vgl. auch Nr. 17.1 der Leitlinien; Borth, FamRZ 2008, 2 [6]).

Der Bekl., deren Unterhaltsanspruch bereits tituliert war, kommt allerdings die Übergangsregelung des § 36 I EGZPO zugute. Bis zum Inkrafttreten des UÄndG konnte die Bekl. davon ausgehen, dass sie bis zum 8. Lebensjahr ihres Kindes keine Erwerbsobliegenheit traf; nach Abschluss des auf dieser Rechtslage beruhenden Vergleichs konnte die Bekl. zunächst vom Fortbestand dieser Sach- und Rechtslage ausgehen. Erst mit Inkrafttreten des UÄndG musste sie sich darauf einstellen, neben der Betreuung ihres inzwischen sechsjährigen Kindes unterhaltsrechtlich einer Erwerbstätigkeit nachgehen zu müssen. Der Bekl. ist daher eine Übergangsfrist zuzubilligen, innerhalb derer sie sich auf die verschärften Anforderungen an die Erwerbsobliegenheit einstellen und Bemühungen um einen Arbeitsplatz entfalten kann. Diese ist nach Auffassung des Senats in der zur Entscheidung berufenen Besetzung mit einem halben Jahr ausreichend bemessen.

Bis Juni 2008 ist daher nur das tatsächliche Einkommen der Bekl. in die Unterhaltsberechnung einzustellen, das der Senat im Rahmen des Pkh-Prüfungsverfahrens zu Gunsten der Bekl. unter Vernachlässigung des bis Februar 2008 ausgeübten 1-Euro-Jobs entsprechend den Angaben der Bekl. zu den Einnahmen aus ihrer Tätigkeit als Haushaltshilfe durchgehend mit monatlich rund 95 Euro veranschlagt. Da die Bekl. diese Tätigkeit nur am Wochenende ausübt, kann sie konkrete Betreuungskosten hiervon nicht absetzen.

Anschließend ist die Bekl. schon ausgehend von ihrem derzeitigen Vortrag zu den bestehenden Betreuungsmöglichkeiten - Betreuung durch die Schule bis 13 Uhr - durchaus in der Lage, eine halbschichtige Tätigkeit auszuüben, d.h. auch mehr zu arbeiten, als es das AG zu Grunde gelegt hat. Selbst wenn sie hierbei einen etwas geringeren als den von dem AG zu Grunde gelegten Bruttostundenlohn erzielen würde, wäre ihr ein Einkommen in einer Größenordnung zuzurechnen, das keinen höheren Unterhaltsanspruch als monatlich 120 Euro mehr rechtfertigt (zur Berechnung im Einzelnen s. unten 5). Die Bekl. hat zudem nicht genügend dargelegt, dass für ihr Kind neben der Schule keine weitergehenden Betreuungsmöglichkeiten (Hort o. Ä.) zur Verfügung stehen; allein der Vortrag, ihre Eltern kämen für eine Betreuung nicht in Betracht, genügt hierfür nicht.

2. Die Bekl. kann für sich Unterhalt nur ausgehend von dem Einkommen des Kl. beanspruchen, wie es sich versteuert nach Klasse I, also ohne den Splittingvorteil aus der neuen Ehe darstellen würde. Denn das BVerfG hat in seiner grundlegenden Entscheidung zur Berücksichtigung steuerlicher Vorteile aus einer neuen Ehe bei der Bemessung des Unterhalts des ehemaligen Ehegatten (NJW 2003, 3466 = FamRZ 2003, 1821) festgestellt, dass steuerliche Vorteile, die der Gesetzgeber der bestehenden Ehe gewährt, bei dieser zu verbleiben haben und nicht durch das Unterhaltsrecht dem geschiedenen Ehegatten zugute kommen dürfen, indem sie dessen Unterhaltsanspruch erhöhen. Diese grundsätzliche Aussage wird durch die mit dem UÄndG einhergehende rangmäßige Gleichstellung des neuen mit dem geschiedenen Ehegatten nicht in Frage gestellt (ebenso Schürmann, FamRZ 2008, 313 [323]).

Von dem sich so errechnenden Einkommen ist eine Verbindlichkeit in Höhe von monatlich 60 Euro nicht mehr abzusetzen. Denn die Verbindlichkeit beruhte auf einem Fahrzeugkredit, den der Kl. am 31. 1. 2002 mit einer Laufzeit von 60 Monaten aufgenommen hatte und der mithin bei regulärer Fortführung im Januar 2007 getilgt gewesen wäre. Dass die Bekl. sich die Aufstockung dieses Kredits nicht entgegenhalten muss, hat bereits das AG zutreffend ausgeführt.

3. Zu Gunsten der Bekl. ist weiter zu berücksichtigen, dass der Selbstbehalt des Kl. wegen der Ersparnisse durch das Zusammenleben mit seiner neuen Ehefrau herabzusetzen ist (vgl. Nr. 21.4 der Leitlinien); der Senat schätzt die Ersparnis auf etwa 12,5%, so dass sich der Selbstbehalt (statt auf 1000 Euro) auf 880 Euro beläuft. Entsprechend ist im Rahmen einer Mangelfallberechnung (dazu näher unten) als Einsatzbetrag der neuen Ehefrau ein reduzierter Betrag anzusetzen (670 Euro statt 770 Euro).

4. Das AG hat zutreffend ausgeführt, dass der Kl. auch ausgehend von seinem nach Steuerklasse III sich errechnenden Einkommen für die Befriedigung des Bedarfs aller Berechtigter nicht leistungsfähig ist; daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Verbindlichkeit von 60 Euro gegenüber der Bekl. unberücksichtigt zu bleiben hat. Vorrangig sind damit die Ansprüche der minderjährigen Kinder zu befriedigen (§ 1609 Nr. 1 BGB). Deren Unterhaltsanspruch ist allerdings nur nach Einkommensgruppe 1 in die Unterhaltsberechnung einzustellen, da ansonsten der - weiterhin in der Düsseldorfer Tabelle vorgesehene - Bedarfskontrollbetrag nicht gewahrt und nur so eine angemessene Verteilung der vorhandenen Mittel an Kinder und unterhaltsberechtigte Ehegatten gewährleistet ist.

Der verbleibende Betrag ist zwischen der Bekl. und der neuen Ehefrau des Kl. im Wege der Mangelfallberechnung zu verteilen; hierzu vertritt der Senat in der zur Entscheidung berufenen Besetzung die Auffassung, dass im Mangelfall nicht der individuelle Bedarf, sondern die Selbstbehaltsätze als Einsatzbeträge anzusetzen sind. Maßgebliche Erwägungen, die der BGH in seiner grundlegenden Entscheidung zum absoluten Mangelfall für den Ansatz des jeweiligen Eigenbedarfs (Existenzminimum) als Einsatzbetrag angestellt hat (BGH, NJW 2003, 1112 = FamRZ 2003, 363), gelten auch in der hier vorliegenden Konstellation: Die auf der Grundlage des jeweiligen Existenzminimums ermittelten Einsatzbeträge dienen auch hier dem Zweck, eine angemessene Verteilung des unter Berücksichtigung des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen für den Unterhalt der gleichrangigen Berechtigten zur Verfügung stehenden Einkommens vorzunehmen.

5. Die Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Bekl. stellt sich damit wie folgt dar:

Bis einschließlich Juni 2008:

Einkommen Kl. (Steuerklasse I): ..................................................................1853 Euro
berufsbedingte Aufwendungen .......................................................................- 93 Euro
Kind N (2. Altersgruppe) ............................................................................. - 245 Euro
Kind M (1. Altersgruppe) ............................................................................. - 202 Euro
........................................................................................................................ 1313 Euro

Selbstbehalt des Kl. ....................................................................................... - 880 Euro
Betrag für beide Ehefrauen .............................................................................. 433 Euro

Einsatzbetrag Bekl. (770 Euro - 95 Euro) ........................................................ 675 Euro
Einsatzbetrag Ehefrau ...................................................................................... 670 Euro
Bedarf gesamt ................................................................................................. 1345 Euro

Mangelquote ............................................................................................................ 32%

Unterhalt Bekl. .................................................................................................. 217 Euro

Ab Juli 2008:

Schon bei einem von der Bekl. durchaus erzielbaren Einkommen von bereinigt 580 Euro errechnet sich kein höherer Ehegattenunterhalt als monatlich 120 Euro:

Betrag für Unterhalt beider Frauen ................................................................... 433 Euro
Einsatzbetrag Bekl. (835 Euro [770 Euro
+ 900 Euro = 1670 Euro : 2] - 580 Euro) ......................................................... 255 Euro
Einsatzbetrag Ehefrau ....................................................................................... 770 Euro
Bedarf gesamt ................................................................................................... 925 Euro

Mangelquote ............................................................................................................. 47%

Unterhalt Bekl. ...................................................................................................119 Euro ..."

***

Nach dem neuen Unterhaltsrecht ist es dem unterhaltsberechtigten Ehegatten trotz Betreuung von zwei acht- und elfjährigen Kindern grundsätzlich zuzumuten, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Eine bereits begonnene Berufsfortbildung darf über den 1. 1. 2008 hinaus zu Ende geführt werden. Reicht das Einkommen des Unterhaltspflichtigen zur Deckung des Bedarfs nachrangiger Unterhaltsberechtigter (hier: geschiedene Ehefrau und Mutter des nichtehelichen Kindes) nicht aus, ist der Kindesunterhalt auf den Mindestunterhalt herabzustufen (OLG Köln, Urteil vom 27.05.2008 - 4 UF 159/07 zu BGB §§ 1570, 1578 b, NJW 2008, 2659 f).

***

Die Höherstufung des Kindesunterhalts um eine Einkommensgruppe ist eine wesentliche Änderung i.S. des § 323 I ZPO. Betreut die in der Ehe nicht erwerbstätig gewesene Ehefrau zwei Kinder im Grundschulalter, kann von ihr auch nach dem neuen Unterhaltsrecht nicht abrupt eine Vollzeittätigkeit verlangt werden. Das Kindeswohl erfordert vielmehr einen gestuften Übergang (hier: ab Mitte 2008 fünf Stunden Arbeitszeit pro Tag; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.05.2008 - 2 WF 62/08 zu ZPO § 323 I; BGB §§ 1570, 1574, NJW 2008, 2658 f).

***

„... 2) Zeitraum ab Januar 2008

Für den Zeitraum ab Januar 2008 hat die Abänderungsklage keinen Erfolg, weil der Klägerin nach Änderung der maßgeblichen Vorschriften der §§ 1570, 1582, 1609 ff. BGB durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 9.11.2007 gegen den Beklagten kein höherer als der im abzuändernden gerichtlichen Vergleich festgelegte Unterhalt zusteht.

Die Abänderungswiderklage des Beklagten hat ebenfalls keinen Erfolg, weil der sich aus den veränderten Umständen ergebende Ehegattenunterhaltsanspruch der Klägerin in Höhe von 420 € monatlich den titulierten Unterhalt von 425 € nur unwesentlich unterschreitet mit der Folge, dass ihm das Festhalten an der vertraglichen Regelung zugemutet werden kann (vgl. § 313 Abs. 1 BGB).

a) Der Klägerin ist ab Januar 2008 ein bedarfsprägendes fiktives Einkommen in Höhe von 300 € monatlich zuzurechnen.

Ihr Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten richtet sich nach § 1570 BGB n. F.. Danach besteht ein Unterhaltsanspruch wegen Kinderbetreuung für mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes. Nach dieser Zeit kann der Unterhaltsberechtigte Unterhalt wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes nur verlangen, solange und soweit dies unter Berücksichtigung der Belange des Kindes, der bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung sowie der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe und der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.

aa) Die Abwägung der zu berücksichtigenden Belange der Klägerin führt dazu, dass sie sich nicht mehr in vollem Umfang auf ihre Bedürftigkeit berufen kann, denn ihr ist im Verhältnis zum Beklagten ein fiktives Einkommen zuzurechnen (vgl. Ziffer 9 HLL, Stand: 1.1.2008). Ihr obliegt es unterhaltsrechlich, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Dass sie sich - trotz des Bestehens realer Beschäftigungschancen - auf geeignete Arbeitsstellen im Geringverdienerbereich beworben hat, hat sie nicht dargelegt.

(1) Die Betreuung des Kindes K2 hindert sie nicht an der Aufnahme einer geringfügigen Erwerbstätigkeit. K2 ist im Mai 2007 fünf Jahre alt geworden. Das bisher von der Rechtsprechung entwickelte Altersphasenmodell, wonach bei der Betreuung von Kindern unter 8 Jahren eine Erwerbstätigkeit von dem betreuenden Elternteil regelmäßig nicht erwartet werden konnte, lässt sich nach Ansicht des Senats nach Änderung des § 1570 BGB nicht mehr aufrecht erhalten. Davon ging auch der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 1570 BGB aus (vgl. BT-Drucks. 16/1830, S. 16 f.). Hat das zu betreuende Kind das dritte Lebensjahr vollendet, obliegt es nunmehr grundsätzlich dem Unterhaltsberechtigten, Gründe darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, die gegen die Aufnahme einer - zumindest teilschichtigen - Erwerbstätigkeit sprechen (vgl. Borth, FamRZ 2008, 2, 9 f.).

Ausreichende Umstände, die - ohne Berücksichtigung der Geburt von D2 - einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit der Klägerin entgegenstehen würden, hat sie nicht vorgetragen. Zwar hat die Klägerin unter Vorlage der ärztlichen Bescheinigungen des Kinderarztes Dr. med. X2 vom 6.12.2006, des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie D3 vom 5.4.2007, des Facharztes für Kinder- und Jugendheilkunde Dr. med. E3 vom 16.8.2007 und des Kinderarztes für Neuropädiatrie Dr. med. C5 vom 6.8.2007 schlüssig vorgetragen und belegt, dass K2 an einer allgemeinen Entwicklungsstörung, verbunden mit Intelligenzminderung, Sprachentwicklungsverzögerungen und leichten autistischen Zügen leidet und deswegen einen erhöhten Förderungs- und Betreuungsbedarf gegenüber gleichaltrigen Kindern hat. Die gesundheitlichen Einschränkungen des Kindes führen jedoch nicht dazu, dass sich die Klägerin mit der vollen, ihr zur Verfügung stehenden Arbeitskraft um die Betreuung und Förderung des Kindes kümmern muss. Nach ihren eigenen Angaben besucht K2 seit dem Jahr 2006 an mindestens vier Tagen in der Woche regelmäßig von 8.15 Uhr bis mindestens 12.00 Uhr (montags und dienstags bis 14.45 Uhr) den heilpädagogischen Kindergarten. Umstände, die einer geringfügigen Erwerbstätigkeit in den Zeiten des Kindergartenbesuchs von K2 entgegenstehen würden, sind nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin darauf hinweist, sie habe ihre - zuletzt bis Dezember 2006 ausgeübte - Aushilfstätigkeit in der Bäckerei aufgeben müssen, weil sie in dieser Zeit K2 mehrfach vorzeitig vom Kindergarten habe abholen müssen, ist zu berücksichtigen, dass sich die Umstände zwischenzeitlich geändert haben. Nach dem Sachvortrag der Klägerin kann davon ausgegangen werden, dass K2 sich mittlerweile in den Kindergarten eingelebt hat und nur noch in Ausnahmefällen vorzeitig wegen gesundheitlicher Probleme aus dem Kindergarten abgeholt werden muss.

(2) Die Klägerin kann sich gegenüber dem Beklagten auch nicht darauf berufen, wegen der Betreuung des noch unter 1 Jahr alten Kindes D2 an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert zu sein.

Die Geburt des Kindes D2 findet bei der Bemessung des ehelichen Bedarfs der Klägerin unterhaltsrechtlich keine Berücksichtigung, denn das Kind hat die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien nicht geprägt und ist nicht Grundlage für den Unterhalt nach § 1570 BGB, der ausschließlich auf die gemeinschaftlichen ehelichen Kinder abstellt.

bb) Bei der Bemessung der Höhe des erzielbaren Einkommens hat sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten lassen:

Die Beklagte ist gelernte Bäckereiverkäuferin. Sie hat vom Zeitpunkt der Beendigung ihrer Ausbildung bis zur Geburt von K2 vollschichtig in ihrem Beruf und zwischendurch zwei Jahre als Altenpflegerin in England gearbeitet. Sie hat geplant, ihre Erwerbstätigkeit nach der Geburt des Kindes sobald als möglich wieder aufzunehmen. Tatsächlich hat sie, nach relativ kurzer Ehe, im Zeitraum von September bis Dezember 2006 als Aushilfe in einer Bäckerei gearbeitet. Die Abläufe im Berufsleben sind ihr nicht fremd. Auf der Grundlage ihrer Ausbildung und Berufserfahrung bestehen für sie hinreichende Erwerbsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass sie aufgrund des relativ geringen Alters des Kindes und seines - krankheitsbedingt - erhöhten Betreuungsbedarfs nur in eingeschränktem Umfang in der Lage ist, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Da ihr andere Möglichkeiten der Fremdbetreuung nicht zur Verfügung stehen, könnte sie - wenn sie nur das gemeinsame Kind K2 zu betreuen hätte - lediglich die Zeiten seines Aufenthalts im Kindergarten zur Ausübung einer Berufstätigkeit nutzen. Dass sie diese Zeiten voll ausschöpfen könnte, ist aufgrund der erfahrungsgemäß oft nur eingeschränkten Flexibilität der Arbeitszeiten auf dem freien Arbeitsmarkt nicht zu erwarten.

Der Senat geht daher davon aus, dass sie nicht in der Lage wäre, mehr als 300 € netto monatlich als Aushilfe zu verdienen. ..." (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 06.03.2008 - 2 UF 117/07)

***

Der Elternteil, der ab dem 1. 1. 2008 wegen Betreuung eines über drei Jahre alten Kindes Unterhalt gem. § 1570 BGB begehrt, muss im Einzelnen darlegen und unter Beweis stellen, dass ihm wegen fehlender oder unzureichender Betreuungsmöglichkeiten eine Aufnahme oder Ausweitung der Berufstätigkeit nicht möglich ist. Ab dem 1. 1. 2008 ist bei Errechnung des Ehegattenunterhalts nicht mehr der Tabellenwert des Kindesunterhalts, sondern lediglich der Zahlbetrag in Abzug zu bringen. Der Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 2 BGB (verfestigte Lebensgemeinschaft) ist jedenfalls bei einem Zusammenleben von zwei Jahren gegeben. (OLG Celle, Urteil vom 07.02.2008 - 17 UF 203/07 zu BGB §§ 1570 I, 1579 Nr. 2, NJW 2008, 1456 ff):

„... 3. Ab Januar 2008 bestehen Unterhaltsansprüche der Ag. aus mehreren Gründen nicht mehr.

a) Das Fortbestehen des Unterhaltsanspruchs unter den Voraussetzungen des ab 1. 1. 2008 geänderten Unterhaltsrechts ist bislang nicht schlüssig vorgetragen worden. Gemäß § 1570 I BGB n.F. ist eine Unterhaltsberechtigte, die ein Kind betreut, das älter als drei Jahre ist, grundsätzlich gehalten, selbst für den Unterhalt zu sorgen. Zwar kann sich gem. § 1570 I 2 und 3 und II BGB n.F. die Dauer des Unterhaltsanspruchs über die Vollendung des 3. Lebensjahres eines zu betreuenden Kindes hinaus verlängern, soweit dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht; die Ag. als Anspruchstellerin kann sich indes nicht mehr auf das Altersphasenmodell, das bis 31. 12. 2007 galt, berufen. Abweichend von der bisherigen Regelung trifft für Unterhaltsansprüche ab Januar 2008 die unterhaltsberechtigte Ag. die volle Darlegungs- und Beweislast für alle Tatsachen, die eine Prüfung der Betreuungssituation von Mutter und Kind ermöglichen. Derjenige Elternteil, der wegen der Betreuung eines über drei Jahre alten Kindes (P ist 1999 geboren) Unterhalt gem. § 1570 BGB n.F. begehrt, muss also im Einzelnen darlegen und unter Beweis stellen (Borth, FamRZ 2008, 2 [10]), dass entweder kindbezogene Gründe aus Billigkeitsgründen (§ 1570 I 2 und 3 BGB) oder elternbezogene Gründe (§ 1570 II BGB) einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt rechtfertigen. Dazu gehören Ausführungen, dass es wegen fehlender oder nur eingeschränkter Betreuungsmöglichkeiten nicht möglich ist, weitergehend als bisher erwerbstätig zu sein oder besondere Umstände in der Person des Kindes einer Ausweitung entgegenstehen.

Zu keinem dieser Punkte hat die Ag. auch nur ansatzweise vorgetragen mit der Folge, dass die Klage unschlüssig und damit für die Zeit ab Januar 2008 abweisungsreif ist. Die Ag. ist im Termin auf die Notwendigkeit weiterer Darlegungen hingewiesen worden, ohne jedoch darauf verfahrensadäquat zu reagieren.

b) Selbst wenn - was nach Auffassung des Senats bei völlig fehlendem Sachvortrag zu den Voraussetzungen des § 1570 I und II BGB n.F. eher zweifelhaft ist - dem Unterhaltsberechtigten für diese Darlegung eine gewisse Übergangszeit zuzubilligen sein sollte, weil der genaue Inhalt der Unterhaltsreform erst kurzfristig vor deren Inkrafttreten öffentlich wurde, ändert sich im Ergebnis nichts. Etwaige, über den 1. 3. 2008 hinausgehende, Unterhaltsansprüche der Ag. sind verwirkt.

Spätestens ab 1. 3. 2008 greift als Verwirkungsgrund, dass die Ag. seit zwei Jahren, nämlich seit März 2006, mit ihrem Lebenspartner in einer verfestigten, nach außen hin als eheähnlich erscheinenden Beziehung lebt (§ 1579 Nr. 2 BGB). Sie führt mit ihm einen gemeinsamen Hausstand. Sie bilden nach außen das Erscheinungsbild einer Familie. Spätestens nach Ablauf von zwei Jahren ist es dem Ast. deshalb nicht mehr zuzumuten, weiteren Unterhalt an die Ag. zu zahlen.

Nach Alledem ist die Klage auf nachehelichen Unterhalt nur für die Zeit vom 24. 12. 2007 bis 31. 12. 2007 begründet. Der Unterhaltsanspruch berechnet sich für diesen Zeitraum auf rund 82 Euro (318 Euro : 31 × 8). Die weitergehende Klage auf nachehelichen Unterhalt ist abzuweisen. ..."

§ 1571 Unterhalt wegen Alters

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit von ihm im Zeitpunkt

1. der Scheidung,
2. der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes oder
3. des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1572 und 1573

wegen seines Alters eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann.

Leitsätze/Entscheidungen:

Bei der Berechnung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs ist die Kürzung der Altersbezüge des Unterhaltspflichtigen, die durch den zugunsten einer späteren Ehefrau durchgeführten Versorgungsausgleich erfolgt ist, als nicht eheprägend anzusehen, so dass das Einkommen des Unterhaltspflichtigen entsprechend zu erhöhen ist. Die Einkommensverminderung ist allein im Rahmen der Leistungsfähigkeit von Bedeutung (im Anschluss an Senatsurteil vom 7. März 2012, XII ZR 145/09, FamRZ 2012, 951). Es stellt regelmäßig keinen ehebedingten Nachteil i.S.d. § 1578b Abs. 1 BGB dar, wenn sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte während bestehender Ehe bereits aus der Zeit vor der Ehe für ihn bestehende Versorgungsanrechte kapitalisiert auszahlen lässt (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 9. Juli 1986, IVb ZR 39/85, FamRZ 1986, 886). Ein ehebedingter Nachteil, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt als dies bei hinweggedachter Ehe der Fall wäre, ist grundsätzlich als ausgeglichen anzusehen, wenn er Altersvorsorgeunterhalt hätte erlangen können (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 26. Februar 2014, XII ZB 235/12, FamRZ 2014, 823 und vom 7. November 2012, XII ZB 229/11, FamRZ 2013, 109; BGH, Beschluss vom 14.05.2014 - XII ZB 301/12).

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Eine vom Unterhaltspflichtigen nach Erreichen der Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente ausgeübte Erwerbstätigkeit ist - entsprechend der Lage für den Unterhaltsberechtigten - sowohl hinsichtlich des Ehegattenunterhalts als auch des Kindesunterhalts regelmäßig überobligatorisch. Hierfür ist es unerheblich, ob der Unterhaltspflichtige abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist. Die Anrechnung eines aus überobligatorischer Tätigkeit erzielten Einkommens richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und hat der Überobligationsmäßigkeit Rechnung zu tragen. Eine danach eingeschränkte Anrechnung des Einkommens ist sowohl beim Ehegattenunterhalt als auch beim Kindesunterhalt schon bei der Ermittlung des vom Unterhaltspflichtigen abgeleiteten Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen. Zur Ermittlung der Haftungsanteile der Eltern beim Unterhalt so genannter privilegierter Volljähriger. Wenn eine Befristung des Ehegattenunterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB wegen aktuell bestehender ehebedingter Nachteile ausgeschlossen ist, darf das Familiengericht die Entscheidung über eine - teilweise - Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB nicht mit dem Hinweis auf eine nicht abgeschlossene wirtschaftliche Entflechtung der Verhältnisse zurückstellen, sondern muss hier-über insoweit entscheiden, als dies aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände möglich ist (BGH, Urteil vom 12.01.2011 - XII ZR 83/08 zu BGB §§ 242, 1571, 1573, 1577, 1578, 1578 b, 1603, 1606, 1610).

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Eine Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts kann regelmäßig nicht allein mit der Erwägung abgelehnt werden, damit entfalle der Einsatzzeitpunkt für einen späteren Anspruch auf Altersunterhalt nach § 1571 Nr. 3 BGB. Die Auswirkungen einer vorübergehenden Unterbrechung der Erwerbstätigkeit auf die künftige Altersversorgung belasten nach Durchführung des Versorgungsausgleichs regelmäßig beide Ehegatten in gleichem Umfang. Ein dadurch entstandener Nachteil ist dann vollständig ausgeglichen (im Anschluss an das Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Urteil vom 25.06.2008 - XII ZR 109/07 zu BGB § 1578 b; BGB a.F. §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2).

*** (OLG)

Geltendmachung von Scheidungsunterhalt erstamls über zehn Jahre nach Rechtskraft der Scheidung (OLG Koblenz, Beschluss vom 19.02.2016 - 13 WF 22/16):

„... Unschädlich ist in diesem Zusammenhang zwar, dass die Antragstellerin erst über zehn Jahre nach der rechtskräftigen Scheidung überhaupt nachehelichen Unterhalt begehrt (vgl. BGH FamRZ 2010, 1311 Rz. 36). Jedoch ist erforderlich, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Unterhalt wegen Krankheit oder auf Aufstockungsunterhalt bereits im Zeitpunkt der Scheidung sowie auch in der Folgezeit grundsätzlich ohne zeitliche Lücke vorgelegen haben. Lediglich vorübergehende Unterbrechungen der Unterhaltskette aufgrund fehlender Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten oder mangelnder Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen stehen Unterhaltsansprüchen in der Zeit nach der Wiederherstellung von Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit nicht zwingend entgegen (vgl. BGH FamRZ 2016, 203), wobei mit Finke (vgl. FamRZ 2016, 205, 206) für diese Abgrenzung der Begriff der Nachhaltigkeit besser geeignet erscheint. ..."

***

Eine unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses i.S.v. § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegt vor, wenn der Beteiligte vorsätzlich falsche Tatsachen behauptet oder wahre Tatsachen verschwiegen hat und das Gericht infolgedessen die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder -verteidigung bejaht oder deren Mutwilligkeit nicht erkannt hat. Gleiches gilt, sofern der Beteiligte seinen Vortrag nicht berichtigt, obwohl dies geboten war. Begehrt ein Ehegatte nach der Inanspruchnahme des begrenzten Realsplittings den Ausgleich seiner steuerlichen Nachteile mit der Behauptung, der andere Ehegatte habe den Sonderausgabenabzug in dem betreffenden Jahr in Anspruch genommen, obwohl dieser ausweislich des parallel laufenden Unterhaltsabänderungsverfahrens der Beteiligten seit geraumer Zeit nur noch über geringe Einkünfte verfügt hat, wird das Streitverhältnis mit bedingtem Vorsatz falsch dargestellt. Dies gilt auch dann, wenn der Ehegatte für das betreffende Jahr wegen der von dem Finanzamt zu Unrecht unterstellten Inanspruchnahme des begrenzten Realsplittings zu einer Steuernachzahlung verpflichtet wird und der Ehegatte dies hinnimmt (OLG Hamm, Beschluss vom 09.12.2015 - 2 WF 155/15):

„... Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist zunächst unerheblich, dass sich ihre vormals erteilte Zustimmung zum begrenzten Realsplitting automatisch auf die Folgejahre erstreckt hat. Denn ihr Anspruch auf den sog. Nachteilsausgleich konnte nur dann entstehen, wenn der Antragsgegner das begrenzte Realsplitting überhaupt in Anspruch nimmt. Denn die steuerliche Einkommenszurechnung auf Seiten des Unterhaltsberechtigten nach § 22 Nr. 1 EStG a.F. korrespondiert zwingend mit den von dem Unterhaltspflichtigen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG a.F. geltend gemachten Sonderausgaben im Wege des begrenzten Realsplittings. Unterhaltsleistungen werden beim Unterhaltsberechtigten nur dann und nur in der Höhe als steuerpflichtige Einkünfte erfasst, wie sie von dem Unterhaltspflichtigen als Sonderausgaben beantragt wurden (vgl. zum Vorstehenden: OLG Frankfurt, Urteil vom 03.04.2009, AZ: 1 UF 218/08, bei juris Langtext Rn 13). Einen solchen Antrag, den im Jahr 2013 gezahlten nachehelichen Unterhalt als Sonderausgaben zu berücksichtigen, hatte der Antragsgegner offensichtlich nicht gestellt. Angesichts seiner Unterhaltsverhältnisse hätte der Antragsgegner einen solchen Antrag auch nicht mit Erfolg stellen können. Diese Umstände waren der Antragstellerin aus dem Unterhaltsabänderungsverfahren auch bekannt ..."

***

Ein Unterhaltsanspruch wegen Alters kommt regelmäßig erst dann in Betracht, wenn der Unterhaltsberechtigte die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht hat. Deshalb ist auch von einer nahezu 60-jährigen Unterhaltsgläubigerin zu verlangen, dass sie darlegt und nachweist, trotz ernstlicher und nachhaltiger Erwerbsbemühungen keine angemessene Erwerbstätigkeit mehr finden zu können. Bei besonders guten Einkünften trägt der Unterhaltsgläubiger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass nach den ehelichen Lebensverhältnissen ein über den vom Unterhaltsschuldner eingeräumten Betrag (hier: 6.500 € netto) hinausgehender Einkommensteil zur Finanzierung des allgemeinen Lebensbedarfes zur Verfügung stand. Zur Frage der Herabsetzung und Befristung eines Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt ( OLG Zweibrücken, Beschluss vom 19.10.2011 - 2 UF 77/11 zu §§ 1570 II, § 1571 Nr 1,1578,1578b I, II BGB):

„... Der Antragsgegner schuldet nachehelichen Unterhalt lediglich in dem im Entscheidungssatz zuerkanntem Umfang.

1. Grundsätzlich obliegt es nach der Ehescheidung jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen (§ 1569 BGB). Den während der Ehe nicht erwerbstätigen Ehegatten trifft daher die Obliegenheit zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit (§ 1574 Abs, 1 BGB). Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt hat er nur, wenn und soweit er aus den in §§ 1570 ff BGB genannten Gründen außerstande ist, seinen Bedarf aus eigenen Einkünften zu decken.

Die Antragstellerin hat lediglich Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB, weil die Einkünfte, die sie aus einer ihr zumutbaren angemessenen vollschichtigen Erwerbstätigkeit erzielen könnte, zur Deckung ihres vollen Unterhalts (§ 1578 BGB) nicht ausreichen.

Die Voraussetzungen der weitergehenden Unterhaltstatbestände (§§ 1570, 1571, 1572, 1573 Abs. 1 BGB) sind dagegen nicht gegeben.

Die Antragstellerin betreut keine gemeinsamen Kinder mehr. Sie ist nicht wegen Krankheit oder anderer Gebrechen an einer Erwerbstätigkeit gehindert. Auch ihr Lebensalter steht der Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht entgegen. Die Voraussetzungen für einen Altersunterhalt sind regelmäßig erst mit Erreichen der Regelaltergrenze gegeben, die die im … geborenen Antragstellerin Anfang des Jahres … (mit 65 Jahren und 3 Monaten - § 235 SGB VI) erreichen wird. Konkrete Umstände, die einen Unterhalt wegen Alters bereits ab einem früheren Zeitpunkt begründen könnten, hat die Antragstellerin nicht dargetan. Schließlich kommt auch ein Anspruch auf Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit nicht in Betracht. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass der zur eigenen Erwerbstätigkeit verpflichtete Unterhaltsberechtigte trotz ernstlicher und nachhaltiger Erwerbsbemühungen keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

Die Antragstellerin war nach Beendigung des ersten Trennungsjahrs, spätestens seit Sommer 2009, zur Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet.

Sie hat nicht ausreichend dargetan, dass sie sich ernsthaft und nachhaltig um die Erlangung einer Arbeitsstelle bemüht hat.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass für die Antragstellerin keine reale Beschäftigungschance für eine angemessene Tätigkeit bestanden hätte. Zwar war es für die bei Eintritt der Erwerbsobliegenheit nahezu 60 Jahre alte Antragstellerin sicher schwieriger, einen Arbeitsplatz zu finden als für eine jüngere Bewerberin. Dies allein spricht jedoch nicht gegen ihre Vermittelbarkeit. Sie ist nicht gesundheitlich beeinträchtigt; vor der Ehe stand sie viele Jahre im Berufsleben, während des Zusammenlebens mit dem Antragsgegner hat sie die Repräsentationsaufgaben einer Unternehmergattin wahr genommen. Sie dürfte daher in ihrem Auftreten so gewandt sein, dass ihr - hinreichende Bemühungen unterstellt - das Erlangen einer angemessenen Arbeitsstelle möglich gewesen wäre und ist.

2. Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen; er umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessen Versicherung für den Fall der Krankheit und des Alters (§ 1578 BGB), soweit sie diese Kosten nicht selbst decken kann.

a) Für die Bedarfsbemessung ist ein objektiver Maßstab anzulegen (BGH FamRZ 2007, 1532). Bei besonders guten wirtschaftlichen Verhältnissen ist der Teil der Einkünfte, der nach einem objektiven Maßstab nicht für die Lebensführung benötigt wird, nicht prägendes Einkommen und deshalb bei der Bedarfsbemessung unberücksichtigt zu lassen (vgl. Wendl/Staudigl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rdnrn. 213, 238 und 268a jeweils m.w .N.). Hierbei ist das tatsächliche Konsumverhalten der Ehegatten während des Zusammenlebens zu berücksichtigen (BGH a.a.O.).

Die Darlegungs- und Beweislast für die Gestaltung der eheliche Lebensverhältnisse, nach denen sich der Unterhaltsanspruch bemisst, liegt bei dem Ehegatten, der Unterhalt für sich in Anspruch nimmt, hier also bei der Antragstellerin. Sie trägt auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, in welchem Umfang das hohe Einkommen des Antragsgegners zur Finanzierung des allgemeinen Lebensbedarfs zur Verfügung stand und nicht der Vermögensbildung beziehungsweise anderen Zwecken diente.

Es hätte daher ihr oblegen, den Vortrag des Antragsgegner zu widerlegen, zur Deckung des Lebensunterhaltes der Familie hätten stets nur rund 6.500,00 € netto zur Verfügung gestanden, die darüber hinausgehenden Gewinne und Tätigkeitsvergütungen seien in den Firmen verblieben. Das bloße Bestreiten dieses Vorbringens des Antragsgegners ist nicht ausreichend.

Der Unterhaltsbedarf der Antragstellerin ist deshalb nach Quoten unter Zugrundelegung eines bedarfsprägenden Erwerbseinkommens des Antragsgegners von 6.500,00 € zu ermitteln.

b) Die Antragstellerin ist im Rahmen der Bedarfsbemessung so zu behandeln, als ob sie ihrer Erwerbsobliegenheit genügen würde. Ihr ist daher fiktiv das aus einer vollschichtigen Tätigkeit erzielbare Erwerbseinkommen zuzurechnen.

In ihren erlernten Beruf kann die Antragstellerin nach mehr als zwanzig Jahren nicht mehr zurückkehren. Sie ist daher nur in Tätigkeiten vermittelbar, für die es keiner Berufsausbildung bedarf. Aus er solchen Tätigkeit könnte sie nach Einschätzung des Senats ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.000,00 € erzielen. Dieses Einkommen ist um die Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen sowie das Anreizzehntel auf rund 855,00 € zu bereinigen .

Da die Antragstellerin bei Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit gesetzlich krankenversichert wäre, besteht kein Krankenvorsorgebedarf.

Daneben ist der Antragstellerin ein Gebrauchsvorteil für mietfreies Wohnen zuzurechnen.

Sie bewohnt eine neu errichtete Eigentumswohnung in einem aus drei Einheiten bestehenden Mehrfamilienhaus in G.. Die Wohnung hat eine Wohnfläche von rund 105 m²; sie ist gehoben ausgestattet und verfügt über einen Balkon. Zu ihr gehören ein separater Abstellraum in einem Nebengebäude, eine Garage sowie ein Fahrzeugstellplatz. Für diese Wohnung dürfte der vom Familiengericht angesetzte Wohnvorteil von 500,00 € deutlich zu niedrig sein. Andererseits erscheint der vom Antragsgegner in der Beschwerdebegründung behauptete Wert von 800,00 € übersetzt. In Grünstadt werden nach den Recherchen des Senats für Wohnungen dieser Größe Mieten zwischen 6,00 € und 7,00 € pro Quadratmeter gezahlt. Der Senat schätzt den objektiven Mietwert dieser Wohnung daher auf rund 700,00 €.

Hinzuzurechnen sind der Antragstellerin weiter die unstreitig erzielten Zinseinkünfte von monatlich 65,85 €.

Insgesamt ist damit von einem bereinigten Einkommen der Antragstellerin von (855,00 € + 700,00 € + 65,85 € =) rund 1.621,00 € auszugehen.

c) Auf Seiten des Antragsgegners ist bei der Bedarfsbemessung neben dem Erwerbseinkommen von 6.500,00 € ebenfalls ein Gebrauchsvorteil des mietfreien Wohnens zu berücksichtigen.

Das Familiengericht hat den objektiven Mietwert des Einfamilienhauses in Birkenhördt mit 1.000,00 € angesetzt. Aus Sicht des Senats ist dies nicht zu beanstanden; auch die Beteiligten haben dagegen nichts erinnert.

Die Auffassung des Antragsgegners, ein Wohnwert sei nicht zu berücksichtigen, weil aus den 6.500,00 €, die während des Zusammenlebens zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie zur Verfügung standen, auch die damals noch zu leistenden Kreditraten für das Anwesen bezahlt worden seien, ist nicht zu folgen. Finanzierungslasten für ein Familienheim reduzieren sich regelmäßig mit zunehmender Entschuldung; dadurch frei werdende Mittel stehen dann zur Deckung des anderweitigen sich ebenfalls regelmäßig verändernden Bedarfs der Familie - etwa zur Deckung des mit fortschreitendem Alter steigenden Unterhaltsbedarfs der Kinder - zur Verfügung.

Das Einkommen des Antragsgegners ist zu bereinigen um den Unterhaltsbedarf der beiden volljährigen Kinder. Da sie noch im Haushalt eines Elternteils leben, ist ihr Bedarf nach der 4. Alterstufe der Düsseldorfer Tabelle zu bemessen (Ziff. 11 SüdL); auf Grund der Einkommensverhältnisse der Eltern ist er der höchsten Einkommensgruppe zu entnehmen und beläuft sich damit für jedes Kind auf 781,00 €.

Bedarfsdeckend anzurechnen ist das Kindergeld von je 184,00 € (§ 1612 b Abs. 1 Nr. 2 BGB).


Dieser Unterhaltsbedarf der Kinder wird unstreitig allein vom Antragsgegner gedeckt, der die Antragstellerin von ihrer Mitverpflichtung freistellt.

Das Einkommen ist weiter zu bereinigen um den an die Antragstellerin zu zahlenden Altersvorsorgeunterhalt von monatlich 250,00 €.

Schließlich ist von dem Erwerbseinkommen, das nach Abzug des anteilig aus ihm zu deckenden Kindes- und Altervorsorgeunterhalts verbleibt, der Erwerbsanreiz (1/10) abzusetzen.

Es verbleibt ein bereinigtes Gesamteinkommen des Antragstellers von (6.500,00 € + 1.000,00 € = 7.500,00 € ./. 2 x 597,00 € ./. 250,00 € ./. 524,85 € =) rund 5.531,00 €.

d) Aus den beiderseitigen prägenden Einkünften der Beteiligten errechnet sich ein nicht durch eigene Einkünfte gedeckter Elementarunterhaltsbedarf der Antragstellerin von (5.531,00 € ./. 1.621,00 € =) 1.955,00 €.

Zu ihren Gunsten besteht daher ein Unterhaltsanspruch von insgesamt 2.205,00 € (1.955,00 € Elementarunterhalt und 250,00 € Altervorsorgeunterhalt).

3. Dieser nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessene Unterhaltsanspruch ist gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf der Antragstellerin herabzusetzen, weil ein dauerhafter voller Unterhaltsanspruch unbillig wäre.

Dagegen kommt eine Befristung (§ 1578 b Abs. 2 BGB) des auf den angemessenen Lebensbedarf der Antragstellerin reduzierten Unterhaltsanspruchs auf Grund der fortbestehenden ehebedingten Nachteile, die die Antragstellerin nicht mehr ausgleichen können wird, nicht in Betracht.

Der angemessene Lebensbedarf gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB bestimmt sich nach der Lebensstellung, die der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und die damit verbundenen Nachteile erlangt hätte (BGH FamRZ 2011, 197; 2010, 2059 und 1633).

Durch die Ehe sind auf Seiten der Antragstellerin Nachteile in Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Sie hat ihren Beruf aufgegeben, um sich - entsprechend der gemeinsamen Lebensplanung - der Betreuung und Erziehung der Kinder, der Haushaltsführung und den Repräsentationsaufgaben einer Unternehmergattin zu widmen.

Es kann davon ausgegangen werden, dass sie ohne die Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit heute weiterhin als Bürokauffrau oder Sekretärin tätig wäre und ein deutlich höheres Einkommen erzielen würde, als ihr das heute - bei Erfüllung ihrer Erwerbsobliegenheit - möglich wäre.

An Bürokauffrauen werden heute - abhängig von der Anzahl der Berufsjahre sowie von Branche, Art und Wichtigkeit der Tätigkeit - regelmäßige Bruttogehälter zwischen 1.500,00 € und 2.500,00 € gezahlt.

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin sich - wie vor Beendigung der Berufstätigkeit - weiterhin um ihre berufliche Qualifizierung bemüht hätte und nach langjähriger Berufszugehörigkeit heute ein Bruttoeinkommen im oberen Bereich erzielen würde. Ihr würde dann unter Berücksichtigung von Sonderzahlungen, wie sie in diesen Bereichen üblicherweise geleistet werden, zur Deckung ihres angemessenen (laufenden) Lebensbedarfs ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von rund 1.700,00 € zur Verfügung stehen, mithin monatlich 700,00 € netto mehr als die 1.000,00 € netto, die sie heute bei Erfüllung ihrer Erwerbsobliegenheit verdienen könnte.

Daneben könnte sie aus dem höheren Einkommen weitergehende Altersvorsorge betreiben; Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung wären um rund 220,00 € höher (19,9 % Beitrag aus einem Bruttoeinkommen von 2.500,00 € sind rund 497,00 €; 19,9 % Beitrag aus einem Bruttoeinkommen von rund 1.390,00 € - hochgerechnet aus den der Antragstellerin fiktiv zugerechneten 1.000,00 € netto - sind rund 277,00 €).

In dieser auf ihren angemessenen Lebensbedarf reduzierten Höhe (700,00 € Elementarunterhalt und 220,00 € Altersvorsorgeunterhalt) besteht der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin unbefristet.

Der darüber hinausgehende Anspruch ist dagegen bis September 2013 (zwei Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung) zu beschränken.

Unter Berücksichtigung der Trennungszeit wird die Antragstellerin dann über einen Zeitraum von insgesamt rund fünfeinhalb Jahren den vollen Unterhalt zur Verfügung haben (der Antragsgegner hat unstreitig Trennungsunterhalt in vergleichbarer Höhe geleistet); in dieser Zeit sollte es ihr möglich sein, sich so einzurichten, dass sie ihren Lebensbedarf (mit Ausnahme des durch mietfreies Wohnen bereits gedeckten Wohnbedarfs) mit den ihr dann noch verbleibenden Mitteln decken kann, die (unter Berücksichtigung der erzielbaren eigenen Einkünfte) deutlich über dem Mindestbedarf liegen .

Bei der Festlegung des Zeitpunkts, bis zu dem der Antragstellerin über die Rechtskraft der Ehescheidung hinaus der volle Unterhalt verbleiben soll, hat der Senat auch die Dauer der Ehe der Beteiligten (rund 22 Jahre bis zur Zustellung des Scheidungsantrags) und deren wirtschaftliche Verflechtung durch Aufgabe der Erwerbstätigkeit und Kindererziehung seitens der Antragstellerin berücksichtigt. ..."

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Die Berücksichtigung der nachehelichen Solidarität und des Vertrauensschutzes des unterhaltsberechtigten Ehegatten kann dazu führen, daß trotz des Fehlens ehebedingter Nachteile die Befristung seines Altersunterhaltsanspruchs gemäß § 1578b Abs. 2 BGB nicht der Billigkeit entspricht. Es ist dann allerdings die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b Abs. 1 BGB zu prüfen. Die Berücksichtigung der nachehelichen Solidarität kann dazu führen, daß die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b Abs. 1 BGB nicht bis zur Untergrenze des angemessenen Lebensbedarfs erfolgt. Es kann insoweit der Billigkeit entsprechen, daß dem unterhaltsberechtigten Ehegatten insgesamt ein Betrag in Höhe von monatlich 1.000 € verbleibt (OLG Schleswig, Urteil vom 24.11.2010 - 10 UF 89/10):

„... Der Kläger begehrt Abänderung eines zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs über die Zahlung nachehelichen Unterhalts.

Der am 14. Mai 1944 geborene Kläger und die am 6. Juni 1945 geborene Beklagte haben am 17. November 1967 geheiratet. Aus der Ehe der Parteien ist am 25. September 1969 der gemeinsame Sohn D. geboren worden. Seit Januar 1990 leben die Parteien voneinander getrennt.

Am 26. Februar 1991 trat die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages des Klägers ein. Mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Schwarzenbek vom 27. Juni 1996 wurde die Ehe der Parteien rechtskräftig geschieden (8 F 3/91). Anläßlich der Scheidung schlossen die Parteien einen Vergleich über nachehelichen Unterhalt. Der Kläger verpflichtete sich zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages in Höhe von 700 DM, der sich aus 563 DM Elementarunterhalt und 137 DM Altersvorsorgeunterhalt zusammensetzte. Grundlage des Vergleichs war eine halbschichtige Erwerbstätigkeit der Beklagten. Im Rahmen der Scheidungsfolgesache Ehegattenunterhalt holte das Familiengericht unter dem 11. Februar 1994 ein Gutachten zur Frage der Arbeitsfähigkeit der Beklagten ein. Aus dem Gutachten ergibt sich, daß die Beklagte krankheitsbedingt nur eine halbschichtige Erwerbstätigkeit ausüben kann.

Die Beklagte hat eine abgeschlossene Berufsausbildung zur Einzelhandelskauffrau. Vor der Ehe arbeitete sie in Vollzeit als Verkäuferin. Nach der Geburt des gemeinsamen Kindes der Parteien am 25. September 1969 arbeitete sie zunächst nicht mehr. Erst im Mai 1990 nahm die Beklagte wieder eine Erwerbstätigkeit als Verkäuferin mit einer Arbeitszeit von 20 bis 24 Stunden in der Woche auf; aus dieser Tätigkeit erzielte sie zuletzt ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.064,25 €. Ab März 2010 bezog sie Krankengeld in Höhe von 867,60 € monatlich. Seit 1. Juli 2010 bezieht sie eine monatlich Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 861,17 €. Die Beklagte hat den erhaltenen Altersvorsorgeunterhalt unter anderem in eine Riesterrente und in einen Bausparvertrag angelegt. Von den dort angesparten Beträgen will sie ca. 5.000 € für eine Zahnbehandlung verwenden. Hätte sie den Altersvorsorgeunterhalt in einem Vertrag auf Rentenbasis angelegt, erhielte sie eine zusätzliche monatliche Rente in Höhe von ca. 50 €.

Der Kläger ist seit 1. Juni 2009 Altersrentner. Im Juni 2009 bezog er eine monatliche Altersrente in Höhe von 1.298,74 €. Seit Juli 2009 bezieht er eine monatliche Altersrente in Höhe von 1.334,48 €.

Mit Schreiben vom 31. März 2009 forderte der Kläger die Beklagte zum Verzicht auf nacheheliche Unterhaltsansprüche ab 1. April 2009 auf. Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2009 reichte der Kläger eine Abänderungsklage beim Amtsgericht - Familiengericht - Schwarzenbek ein. Das Familiengericht hat den unter dem 27. Juni 1996 abgeschlossenen Vergleich dahingehend abgeändert, daß der Kläger an die Beklagte für den Zeitraum ab Juni 2009 nur noch einen nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 193,26 € und ab Renteneintritt der Beklagten keinerlei nachehelichen Unterhalt mehr zu zahlen hat.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen dieses Urteil; der Kläger hat Anschlußberufung erhoben. Die Beklagte ist der Auffassung, daß die Voraussetzungen für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht vorliegen; insbesondere seien die sehr lange Ehedauer und der Umstand zu berücksichtigen, daß sie während der Ehe ihre Berufstätigkeit aufgegeben habe. Darüber hinaus habe sie sich auf eine dauerhafte Ehe mit dem Kläger eingerichtet. Weiterhin sei zu berücksichtigen, daß sie bis heute gesundheitlich eingeschränkt sei. Es könne jetzt keine Befristung des Unterhalts mehr ausgesprochen werden, da dies bei Vergleichsabschluß 1996 schon möglich gewesen sei. Den Altersvorsorgeunterhalt wolle sie teilweise für eine Zahnsanierung aufwenden. Auch stehe ihr bis zum Renteneintritt Altersvorsorgeunterhalt zu.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 24. März 2010 verkündeten Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Schwarzenbek (22 F 327/09) den vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Schwarzenbek vom 27. Juni 1996 (8 F 3/91) geschlossenen Vergleich dahingehend abzuändern, daß der Kläger beginnend ab Juni 2009 bis Februar 2010 nur noch 237 € und ab 1. März 2010 monatlich 215,57 € nachehelichen Unterhalt sowie für den Zeitraum Juni 2009 bis Juni 2010 darüber hinaus monatlich 44 € Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen hat.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und im Wege der Anschlußberufung das am 24. März 2010 verkündete Urteil des Familiengerichts Schwarzenbek (22 F 327/09) abzuändern und den Vergleich des Familiengerichts Schwarzenbek vom 27. Juni 1996 (8 F 3/91) dahingehend abzuändern, daß der Kläger beginnend ab Juni 2009 zur Zahlung eines nachehelichen Ehegattenunterhalts nicht mehr verpflichtet ist. Er ist der Auffassung, daß die Voraussetzungen für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs vorliegen. Etwaige ehebedingte Nachteile seien durch die Durchführung des Versorgungsausgleichs ausgeglichen. Im übrigen habe die Beklagte erhebliche Zahlungen an Altersvorsorgeunterhalt erhalten; ferner sei er schon ab Juni 2009 nicht mehr zur Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt verpflichtet.

Die Beklagte beantragt, die Anschlußberufung des Klägers zurückzuweisen. ...

Auf den Rechtsstreit ist gemäß Art. 111 FGG-RG das bis zum 31. August 2009 geltende Verfahrensrecht anzuwenden, da der Klageantrag im Mai 2009, mithin vor dem 1. September 2009, bei Gericht eingegangen ist.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg; die Anschlußberufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Trotz des Verzichts der Parteien auf die Abfassung von Tatbestand und Entscheidungsgründen ist das Urteil gemäß § 313a Abs. 4 Nr. 4 ZPO a.F. vollständig abzufassen, weil es hier auch um die Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen geht.

Die Abänderungsklage des Klägers ist gemäß § 323 ZPO a.F., § 313 BGB zulässig; insbesondere ergibt sich die erforderliche Änderung der Sach- oder Rechtslage daraus, daß der Kläger kein Arbeitseinkommen mehr bezieht, sondern statt dessen erheblich geringere Renteneinkünfte. Darüber hinaus eröffnet der neu eingeführte § 1578b BGB auch die Möglichkeit einer Befristung von Altersunterhaltsansprüchen, die nach dem alten Recht nicht gegeben war.

1. Der Beklagten steht gegen den Kläger für den Zeitraum Juni 2009 bis Juni 2010 ein Anspruch auf kombinierten Alters- und Aufstockungsunterhalt gemäß §§ 1571, 1573 Abs. 2 BGB zu. Ab Juli 2010 ergibt sich die Anspruchsgrundlage für das Unterhaltsbegehren der Beklagten ausschließlich aus § 1571 BGB.

Soweit das Familiengericht die Anspruchsgrundlage für den Unterhaltsanspruch der Beklagten ausschließlich aus § 1573 Abs. 2 BGB hergeleitet hat, ist dies nicht zutreffend. Das Verhältnis der verschiedenen nachehelichen Unterhaltstatbestände hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14. April 2010 (BGH FamRZ 2010, 869 ff = FuR 2010, 394) klargestellt: Ist der Unterhaltsberechtigte vollständig an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert, ergibt sich der Unterhaltsanspruch allein aus §§ 1570 bis 1572 BGB und zwar auch für denjenigen Teil des Unterhaltsbedarfs, der nicht auf dem Erwerbshindernis, sondern auf dem den angemessenen Lebensbedarf übersteigenden Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB beruht. Ist der Unterhaltsberechtigte nur teilweise an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert, ergibt sich der Unterhaltsanspruch wegen des allein durch die Erwerbshinderung verursachten Einkommensausfalls aus §§ 1570 bis 1572 BGB und im übrigen als Aufstockungsunterhalt aus § 1573 Abs. 2 BGB (BGH aaO).

a) Für den Zeitraum Juni 2009 bis Juni 2010 war die Beklagte aufgrund ihres Alters teilweise an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert; insbesondere ist in diesem Zeitraum unter Anwendung des § 1571 Nr. 1 BGB davon auszugehen, daß von der Beklagten aufgrund ihres Alters keinerlei Erwerbstätigkeit mehr erwartet werden konnte. Zwar hatte sie zu diesem Zeitpunkt die gesetzliche Altersgrenze von 65 Jahren noch nicht erreicht; allerdings dürfte mit 64 Jahren keine realistische Beschäftigungschance mehr bestehen, so daß eine Erwerbstätigkeit aufgrund ihres Alters nicht mehr erwartet werden konnte.

Darüber hinaus ist der Unterhaltsanspruch in § 1573 Abs. 2 BGB sowie als Altersvorsorgeunterhalt in § 1578 Abs. 3 BGB begründet. Das Maß des Unterhalts richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Diese werden auf Seiten der Beklagten für den Zeitraum Juni 2009 bis einschließlich Februar 2010 durch ihre Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung in Höhe von monatlich 1.064,25 € und für den Zeitraum März 2010 bis Juni 2010 durch den Bezug von Krankengeld in Höhe von monatlich 867,60 € geprägt. Auf Seiten des Klägers ist für den Monat Juni 2009 von einer Altersrente in Höhe von 1.298,74 € und für den Zeitraum ab Juli 2009 von einer Altersrente in Höhe von monatlich 1.334,48 € auszugehen.

b) Mit Renteneintritt der Beklagten zum 1. Juli 2010 ist für die Unterhaltsberechnung von ihrer gesetzlichen Altersrente in Höhe von monatlich 861,17 € sowie von einer fiktiven Rente aus Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von monatlich 50 € auszugehen, denn grundsätzlich stellt die zweckwidrige Verwendung von Altersvorsorgeunterhalt einen Verwirkungsgrund iSd § 1579 Nr. 3 BGB dar (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2002, 35). Der Empfänger des Altersvorsorgeunterhalts ist in diesem Falle so zu behandeln, als hätte er dieses Geld zum Aufbau der Altersvorsorge verwendet, d.h., der entsprechende Betrag ist ihm als fiktives Einkommen zuzurechnen (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2002, 35).

Dem ist hier so: Die Beklagte erhielt seit 1996 Altersvorsorgeunterhalt. Sie wäre diesbezüglich verpflichtet gewesen, ihn zweckentsprechend so anzulegen, daß ihre monatliche Rente ab Renteneintritt erhöht wird. Der Einwand, daß sie dieses Geld zur Sanierung ihrer Zähne benötigt habe, greift nicht durch; insbesondere hätte die Beklagte dann gegebenenfalls weiteren Krankheitsvorsorgeunterhalt geltend machen oder vorher entsprechende Beträge ansparen müssen. Aus dem eigenen Vortrag der Beklagten ergibt sich, daß sich bei zweckentsprechender Anlage dieses Altersvorsorgeunterhalts eine monatliche Rente in Höhe von 50 € ergeben hätte. Diese ist insoweit dann auch fiktiv zugrunde zu legen.

Auf Seiten des Klägers ist von einer monatliche Rente in Höhe von 1.334,48 € auszugehen.

3. Danach ergibt sich nachfolgende Unterhaltsberechnung, wobei der Senat im Hinblick auf den Altersvorsorgeunterhalt gemäß § 308 ZPO nicht über die gestellten Anträge hinausgeht: ... (siehe Tabelle). ...

4. Die Voraussetzungen für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten gemäß § 1578b Abs. 2 BGB liegen hier nicht vor. Allerdings ist hier der Unterhaltsanspruch gemäß § 1578b Abs. 1 BGB ab 1. Juli 2010 auf monatlich 90 € zu begrenzen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Kläger mit seinem Befristungs- bzw. Begrenzungsverlangen nicht präkludiert: Zum einen kommt eine Präklusion des Befristungs- bzw. Begrenzungsverlangens ohnehin erst ab der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 12. April 2006 in Betracht (vgl. BGH FamRZ 2010, 1884 ff = FuR 2011, 39). Im übrigen ist bei der Titulierung von Unterhalt im Rahmen eines Vergleichs eine Präklusion auch regelmäßig ausgeschlossen (vgl. BGH FamRZ 2010, 1238 ff = FuR 2010, 579). Darüber hinaus war zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses im Jahre 1996 nach der damals geltenden Sach- und Rechtslage eine Befristung von Unterhaltsansprüchen bei einer 22-jährigen Ehe ohnehin nicht möglich.

Der Gedanke einer Befristung bzw. Begrenzung des Unterhaltsanspruchs beruht darauf, daß eine lebenslange Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards nur dann angemessen ist, wenn die Ehe lange gedauert hat, aus ihr gemeinsame Kinder hervorgegangen sind, die der Berechtigte betreut oder betreut hat, wenn er erhebliche berufliche Nachteile um der Ehe willen auf sich genommen hat, oder wenn sonstige Gründe wie z.B. das Alter oder der Gesundheitszustand des Berechtigten für eine dauerhafte Lebensstandsgarantie sprechen. Soweit diese Voraussetzungen nicht vorliegen und insbesondere auch dann, wenn sich der Lebensstandard durch die Ehe verbessert hat, kann es angemessen sein, dem Unterhaltsberechtigten nach einer Übergangszeit einen Lebensstandard zuzumuten, der demjenigen entspricht, den er vor der Ehe hatte.

Für die Entscheidung über eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts kommt es somit ausschlaggebend auf die Fortdauer ehebedingter Nachteile an. Ehebedingte Nachteile sind betreffend die Beklagte im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Insbesondere ist zu berücksichtigen, daß in der Regel die aus einer ehebedingten Erwerbsunterbrechung resultierenden Nachteile in der Altersversorgung eines Ehegatten durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen werden. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist vornehmlich Aufgabe des Versorgungsaus-gleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (BGH FamRZ 2008, 1325 = FuR 2008, 401 = EzFamR BGB § 1579 Nr. 50; 2008, 1508 = FuR 2008, 438). Der Nachteil in der Versorgungsbilanz ist dann im gleichen Umfange von beiden Ehegatten zu tragen und damit in der Regel vollständig ausgeglichen, was einen zusätzlichen unterhaltsrechtlichen Ausgleich ausschließt (BGH FamRZ 2010, 1633 = FuR 2010, 634 Tz. 24).

Die umstrittene Frage, ob im Rahmen der Prüfung des ehebedingten Nachteils noch eine Vergleichsberechnung dahingehend gemacht werden muß, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und ohne die Kindererziehung bei fortgesetzter Berufstätigkeit höhere Rentenanwartschaften erworben hätte als mit der Ehe, kann hier offen bleiben (bejahend OLG Schleswig NJW 2009, 2223 ff; abl. OLG Karlsruhe FamRZ 2010, 1252), denn im vorliegenden Fall hätte die Beklagte bei einer Fortsetzung ihrer Berufstätigkeit keine höheren Rentenanwartschaften erworben, als sie durch den Versorgungsausgleich übertragen bekommen hat: Die Beklagte bekam durch den Versorgungsausgleich 16,8148 Entgeltpunkte übertragen. Bei vollschichtiger Erwerbstätigkeit als Verkäuferin vor der Ehe hat die Beklagte durch eigene Erwerbstätigkeit maximal 0,7055 Entgeltpunkte erworben. Unter Berücksichtigung einer Ehedauer von 23¼ Jahren hätte die Beklagte bei normalem Verlauf lediglich eigene Entgeltpunkte in Höhe von 16,4028 erwerben können. Soweit die Beklagte eine mögliche Karriere behauptet, fehlen hierfür jegliche Anhaltspunkte (vgl. OLG Schleswig aaO) Ehebedingte Nachteile ergeben sich vorliegend daraus nicht.

Ehebedingte Nachteile können allerdings dann vorliegen, wenn die Berufsunterbrechung während der Ehe dazu führt, daß auch nach der Scheidung nur geringere oder gar keine Versorgungsanrechte mehr begründet werden können (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 123, 124; OLG Zweibrücken FuR 2009, 60; vgl. auch OLG Celle FamRZ 2009, 1161), denn in diesem Fall wirken die ehebedingten Nachteile auch noch während des Renteneintritts fort.

Allerdings sind auch unter diesem Aspekt keine ehebedingte Nachteile der Beklagten ersichtlich. Die Beklagte hat nach der Trennung in ihrem erlernten Beruf als Verkäuferin eine ungefähr halbschichtige Erwerbstätigkeit aufgenommen. Der Umstand, daß sie nicht vollschichtig arbeiten konnte, ist nicht auf die Ausgestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse, sondern auf eine krankheitsbedingte teilweise Erwerbsunfähigkeit zurückzuführen; insoweit wird auf das im Jahre 1994 im damaligen Verfahren eingeholte Gutachten Bezug genommen. Die damalige Erkrankung der Beklagten stellt keinen ehebedingten Nachteil dar. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, daß auch psychische Erkrankungen, die durch eine Ehekrise und/oder eine Trennung ausgelöst wurden, keine ehebedingten Nachteile darstellen (vgl. BGH FamRZ 2010, 1414 ff = FuR 2010, 561).

Andererseits ist gerade im Bereich des Altersunterhalts verstärkt der Gedanke der nachehelichen Solidarität zu berücksichtigen. Im Rahmen der Billigkeitsabwägung sind insbesondere die Dauer der Pflege und Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, die Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie die Dauer der Ehe im Rahmen der Bemessung des Umfangs der geschuldeten nachehelichen Solidarität von Bedeutung (vgl. BGH FamRZ 2009, 1207 ff = FuR 2009, 530). Zu beachten als besonderer Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ist die Tatsache, daß hier der Unterhalt nach der bis zum Dezember 2007 geltenden Rechtslage bereits tituliert war (vgl. BGH FamRZ 2010, 1414 = FuR 2010, 561 Tz. 32, 33).

Im Ergebnis entspricht es der Billigkeit, der Beklagten bis zum Renteneintritt, also bis einschließlich Juni 2010, den vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen zuzubilligen und den Unterhaltsanspruch ab Juli 2010 auf 90 € monatlich zu begrenzen.

Zugunsten der Beklagten ist zu berücksichtigen, daß die Ehedauer mit 23¼ Jahren erheblich ist; auch trug sie während der Ehe die Hauptlast der Betreuung des gemeinsamen Kindes und der Haushaltsführung. Weiterhin gab sie mit der Geburt des gemeinsamen Kindes ihre vorher vollschichtige Erwerbstätigkeit auf. Hinzu kommt, daß vorliegend der Grundsatz des Vertrauensschutzes eine erhebliche Rolle spielt. Im Jahre 1996 war an eine Befristung/Begrenzung des Unterhalts bei der Ehedauer der Parteien nicht zu denken. Darüber hinaus war der der Beklagten damals zumindest teilweise zustehende Krankheitsunterhalt nach altem Recht ohnehin nicht befristbar; insoweit ergibt sich ein ganz erheblicher Vertrauensschutz der Beklagten. Dieser Vertrauensschutz wurde erst durch die Einführung des neuen Unterhaltsrechts zum 1. Januar 2008 beseitigt. Zu diesem Zeitpunkt bestand für die Beklagte aufgrund ihres Alters und gegebenenfalls auch aufgrund ihres Gesundheitszustands keine realistische Möglichkeit mehr, in eigener Verantwortung für das Alter weiter Vorsorge zu treffen.

Zugunsten des Klägers ist zu berücksichtigen, daß ehebedingte Nachteile für die Beklagte eben gerade nicht ersichtlich sind. Die Beklagte dürfte aufgrund der Durchführung des Versorgungsausgleichs und der Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt sogar noch geringfügig besser stehen, als wenn sie während der Ehe durchgehend gearbeitet hätte. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, daß sie bei Fortsetzung ihrer Berufstätigkeit eine Führungsposition erlangt hätte, gibt es hierfür keine tatsächlichen Anhaltspunkte. Auch sind die finanziellen Verhältnisse des Klägers eher beschränkt, und er hat auch schon seit 1996, mithin seit 14 Jahren, in erheblichem Umfange Unterhalt an die Beklagte bezahlt.

Kommt man nun zu einer Gesamtabwägung, so entspricht - insbesondere wegen des erheblichen Vertrauensschutzes seitens der Beklagten - eine Befristung ihres Unterhaltsanspruchs nicht der Billigkeit. Auf der anderen Seite fallen die zugunsten der Beklagten zu berücksichtigenden Kriterien nicht so stark ins Gewicht, daß eine lebenslange Teilhabe an den vollen ehelichen Lebensverhältnissen gerechtfertigt wäre. Somit ist es billig, den Unterhaltsanspruch unter Anwendung des § 1578b Abs. 1 BGB der Höhe nach zu begrenzen.

Zu beachten ist, daß Untergrenze des angemessenen Lebensbedarfs im Rahmen des Altersunterhalts der Rentenbetrag ist, den der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe bei Fortsetzung seiner Berufstätigkeit erhalten hätte (BGH FamRZ 2010, 1633 = FuR 2010, 634). Wie schon ausgeführt, würde dieser fiktive Rentenbetrag hier unter dem tatsächlich bezogenen Rentenbetrag liegen.

Um allerdings dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität Rechnung zu tragen, ist der angemessene Lebensbedarf der Beklagten iSd § 1578b Abs. 1 BGB mit 1.000 € anzusetzen (vgl. BGH FamRZ 2010, 1633 ff = FuR 2010, 634 Tz. 40), so daß sich rechnerisch ein monatlicher Unterhaltsanspruch in Höhe von 90 € ergibt. Der Vortrag in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 15. November 2010 führt insoweit nicht zu einer anderen Bewertung.

Soweit der Kläger mit seiner Anschlußberufung eine sofortige Befristung bzw. Herabsetzung ab Juni 2009 begehrt, entspricht dies nicht der Billigkeit. Denn insbesondere aufgrund der langen Ehedauer und der langen Zahlung von nachehelichen Unterhalt ist der Beklagten bis zur Einschränkung ihres Unterhaltsanspruchs eine angemessene Übergangsfrist zuzubilligen, die jedenfalls bis Juni 2010 reicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. ..."

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§ 36 Nr. 1 EGZPO muss verfassungskonform in der Weise ausgelegt werden, dass der Schutz des Vertrauens auf das bisherige Unterhaltsrecht besonders berücksichtigt wird (OLG Saarbrücken Urteil vom 15.7.2010, 6 UF 4/10 zu BGB §§ 1571 Nr. 3, 1578 b):

„... I. Der am ... September 1943 geborene Kläger und die am ... November 1939 geborene Beklagte, beide Deutsche, hatten am ... Mai 1966 geheiratet. Aus der Ehe ist die Tochter N., geboren am ... August 1967, hervorgegangen, die nicht mehr unterhaltsbedürftig ist. Die Parteien trennten sich am 1. Juni 1985. Auf den der Beklagten am 22. April 1986 zugestellten Scheidungsantrag des Klägers wurde die Ehe mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - in Neunkirchen vom 31. März 1987 - insoweit seit demselben Tage rechtskräftig- geschieden.

Im Scheidungstermin vom selben Tage hatten die Parteien in der Folgesache Ehegattenunterhalt einen Vergleich geschlossen, der folgenden Wortlaut hat:

1. Der Antragsteller verpflichtet sich, an die Antragsgegnerin ab 1. April 1987 einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 430 DM zu zahlen.
2. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Antragsgegnerin zu ihrem jetzigen Einkommen eigene Einkünfte erzielen darf, ohne dass sich an den Unterhaltszahlungen des Antragstellers in Höhe von 430 DM monatlich etwas ändert.
Die Parteien sind sich weiter darüber einig, dass eine Änderung des Unterhaltsbetrags auch nicht eintritt dadurch, dass die Antragsgegnerin eventuell aus dem Haus nach dessen Verkauf auszieht und dann eigene Miete zahlen muss.
3. Die Parteien sind sich weiter darüber einig, dass im Falle des Hausverkaufs bei keiner Partei eigenes Vermögen oder Zinseinkommen angerechnet wird.
4. Die Parteien sind sich einig darüber, dass der der Antragsgegnerin zu zahlende Unterhaltsbetrag von 430 DM der Anpassung an den Lebenshaltungskostenindex der Bundesrepublik (4 Personen-Arbeitnehmerhaushalt) unterliegt. Der Unterhaltsbetrag ist jeweils dann anzupassen, wenn der Lebenshaltungskostenindex um 5 % gestiegen ist.
5. Die Antragsgegnerin erteilt ihre Zustimmung zu dem begrenzten Realsplitting, der Antragsteller verpflichtet sich, die der Antragsgegnerin dadurch entstehende Steuermehrbelastung dieser zu erstatten.

Infolge der Anpassungen an den Lebenshaltungskostenindex gemäß Ziffer 4. des vorgenannten Vergleichs schuldete der Kläger der Beklagten zuletzt monatlichen Unterhalt in Höhe von 315,87 EUR.

Im vorliegenden Verfahren streiten die Parteien zweitinstanzlich, in welcher Höhe und wie lange der Kläger ab Oktober 2008 verpflichtet ist, in Abänderung dieses Vergleichs an die Beklagte nachehelichen Unterhalt zu zahlen.

Der Kläger hat am 26. April 1991 Frau G. R. (im Folgenden: Ehefrau) geheiratet. Aus dieser Ehe ist die Tochter N., geboren am … Oktober 1984, hervorgegangen, die keines Unterhalts mehr bedarf. Die Ehefrau des Klägers ist teilzeitbeschäftigt. Seit dem 1. Oktober 2008 ist der Kläger verrentet.

Die Beklagte hat keinen Beruf erlernt. Sie hat bis zur Eheschließung in einer Nähfabrik und einem Lebensmittelgeschäft gearbeitet. Anlässlich der Eheschließung hat sie sich die für den Zeitraum 1. September 1957 bis 31. Juli 1966 auf ihrem Rentenversicherungskonto gutgeschriebenen Beiträge im Wege der Heiratserstattung auszahlen lassen. Ab der Geburt N. und bis Anfang 1979 hat sie sich ausschließlich deren Erziehung und der Haushaltsführung gewidmet. Danach hat sie bis zu ihrer Verrentung am 1. November 2002 halbtags im öffentlichen Dienst als Raumpflegerin gearbeitet.

Mit am 29. September 2008 eingereichter und der Beklagten am 3. November 2008 zugestellter Klage hat der Kläger beantragt, seine Unterhaltsverpflichtung aus dem am 31. März 1987 vor dem Amtsgericht - Familiengericht - in Neunkirchen im Verfahren 17 F 62/86 geschlossenen gerichtlichen Vergleich dahingehend abzuändern, dass der Kläger ab Oktober 2008 an die Beklagte keinen Unterhalt mehr zu zahlen hat . Die Beklagte hat auf Abweisung der Klage angetragen.

Durch das - mit Beschlüssen vom 29. Dezember 2009 und 11. Januar 2010 nach § 319 ZPO jeweils im Tenor berichtigte - angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Familiengericht den Kläger unter Abweisung der weitergehenden Klage in Abänderung des vorgenannten Vergleichs verurteilt, an die Beklagte monatlich nachehelichen Unterhalt für den Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2008 in Höhe von 198 EUR, für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. März 2010 solchen in Höhe von 223 EUR und ab 1. April 2010 solchen in Höhe von 200 EUR zu zahlen. Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiter. Die Beklagte bittet unter Verteidigung des angefochtenen Urteils um Zurückweisung der Berufung. Der Senat hat die Akten 17 F 62/86 des Amtsgerichts Neunkirchen zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. ...

II. Die Senatsentscheidung richtet sich gemäß Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG nach den bis zum 31. August 2009 geltenden Vorschriften (vgl. BGH FamRZ 2010, 869 m.w.N.). Die zulässige Berufung des Klägers hat im Ergebnis keinen Erfolg.

Die - von den Parteien unangegriffen - zutreffend vom Familiengericht nach § 323 ZPO als zulässig beurteilte Abänderungsklage (vgl. dazu auch BGH FamRZ 2010, 192 und 111) ist - was dem Senat nach § 528 ZPO allein zur Prüfung anfällt - nicht in einem über das angefochtene Urteil hinausgehenden Umfang begründet.

Nach den unangefochtenen Feststellungen des Familiengerichts, gegen die aus Rechtsgründen nichts zu erinnern ist, steht der Beklagten gegen den Kläger dem Grunde nach aus §§ 1569 S. 2, 1571 Nr. 3 BGB ein Anspruch auf Unterhalt wegen Alters zu.

Zutreffend hat das Familiengericht die Höhe dieses Unterhaltsanspruchs nach den - wandelbaren (vgl. BGH FamRZ 2010, 869 und 629 m.w.N.) - ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB) der Parteien bemessen und dem auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH FamRZ 2010, 869 und 111 m.w.N.), der der Senat folgt (Senatsurteil vom 4. März 2010 - 6 UF 86/09 -), die Drittelmethode zugrunde gelegt, wobei es zu Recht nach der gebotenen Kontrollberechnung den Unterhaltsbedarf der Beklagten im Zeitraum ab Januar 2009 auf den Betrag begrenzt hat, wie er ohne die neue Ehe des Klägers geschuldet wäre (BGH a.a.O. m.w.N.).

Im Ausgangspunkt zu Recht beanstandet der Kläger allerdings in diesem Zusammenhang hinsichtlich der Ermittlung der bedarfsprägend einzustellenden Einkünfte seiner Ehefrau, dass das Familiengericht nur die Zahlungen auf eine Lebensversicherung bei der <Versicherungsunternehmen> in Höhe von 35,33 EUR monatlich als zusätzliche Altersvorsorge anerkannt und die - bezüglich der Zahlung unstreitigen - Aufwendungen seiner Ehefrau in Höhe von 150 EUR monatlich auf einen Vermögensplan nicht bis zur Grenze von 4 % ihres Bruttoeinkommens berücksichtigt hat.

Denn es steht sowohl einem Unterhaltspflichtigen als auch einem Unterhaltsberechtigten nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH FamRZ 2009, 1391 und 1207; 2007, 793; 2005, 1817 jeweils m.w.N.), der beide Familiensenate des Saarländischen Oberlandesgerichts beigetreten sind (vgl. etwa Senatsurteil vom 23. April 2009 - 6 UF 21/09 -; Urteil des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 28. Januar 2009 - 9 UF 84/07 -), frei, einen Betrag von bis zu 4 % seines Bruttojahreseinkommens von seinem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen abzusetzen, wenn er damit - wie hier - tatsächlich ergänzende Altersvorsorge betreibt, wobei ihm die Art der Vermögensanlage überlassen bleibt.

Diese auch auf den neuen unterhaltsberechtigten Ehegatten, der im Rahmen der Drittelmethode in die Unterhaltsberechnung einbezogen werden muss, anzuwendenden Grundsätze führen hier aber im Ergebnis nicht zu einer weiteren Verminderung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten gegen den Kläger. Denn - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - vermag der Senat - abweichend von der Beurteilung des Familiengerichts - keinen Grund dafür zu erkennen, in die Unterhaltsberechnung auf Seiten der Ehefrau des Klägers nur deren tatsächlich erzielten Erwerbseinkünfte aus deutlich untervollschichtiger Erwerbstätigkeit einzustellen. Vielmehr ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, aufgrund der gebotenen Gleichbehandlung zu prüfen, ob der neuen Ehefrau im - hypothetischem - Falle der Scheidung der zweiten Ehe ein Geschiedenenunterhaltsanspruch gegen den Unterhaltsverpflichteten nach §§ 1570 ff. BGB zustünde. Ist dies der Fall, so sind nicht nur die erzielten, sondern gegebenenfalls darüber hinausgehend auch die im Falle der ordnungsgemäßen Erfüllung der Erwerbsobliegenheit von der neuen Ehefrau erzielbaren Einkünfte in die Unterhaltsberechnung nach der Drittelmethode - und zwar bereits auf der Ebene der Bedarfsermittlung - einzubeziehen. Dabei sind die unterhaltsberechtigten (geschiedenen) Ehegatten auch im Hinblick auf die Erwerbsobliegenheit gleich zu behandeln, so dass eine etwaige, das Innenverhältnis der neuen Ehe betreffende Rollenverteilung bei der Bemessung des für den neuen Ehegatten zu reservierenden Unterhaltsbetrages nicht entscheidend ist (BGH FamRZ 2010, 111).

In diesem durch die gebotene Dreiteilung abgesteckten Rahmen trägt der Unterhaltsverpflichtete die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die die Unterhaltsbedürftigkeit seiner neuen Ehefrau begründen, wozu auch die Erwerbsfähigkeit der neuen Ehefrau und das von ihr erzielbare Einkommen gehören (vgl. BGH FamRZ 2010, 869).

Bei der hiernach anzustellenden fiktiven Betrachtung stünde der neuen Ehefrau des Klägers bei dem sich im Berufungsrechtszug darbietenden Sach- und Streitstand gegen diesen im Falle der Scheidung von ihm dem Grunde nach aus § 1573 Abs. 2 und Abs. 3 BGB ein Aufstockungsunterhaltsanspruch zu.

Der Kläger hat in diesem Zusammenhang keine Anhaltspunkte dafür dargetan, dass seine Ehefrau nach ihrem Alter, ihrer Ausbildung, ihrem Gesundheitszustand und nach den derzeitigen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt (vgl. hierzu Senatsurteile vom 12. Mai 2010 - 6 UF 132/09 - und vom 10. Dezember 2009 - 6 UF 110/08 -, ZFE 2010, 113, jeweils m.w.N.) keine vollschichtige angemessene (§ 1574 Abs. 2 BGB) Anstellung finden könnte, die vom Berufsbild her mit ihrer derzeit nur teilschichtig ausgeübten vergleichbar wäre. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass wegen hoher Arbeitslosigkeit oder sonstiger ungünstiger Bedingungen trotz gehöriger Bemühungen keine Beschäftigungsmöglichkeit besteht, existiert nicht (Senatsurteil vom 17. Dezember 2009 - 6 UF 38/09 -, FuR 2010, 235; Urteil des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 24. Juni 2009 - 9 UF 93/08 -).Auf Seiten der Ehefrau des Klägers ist daher ein fiktives Einkommen aus vollschichtiger abhängiger Beschäftigung einzustellen; denn sie ist ihrer Eigenverantwortung, für ihren Unterhalt zu sorgen (§ 1569 S. 1 BGB), und der sich daraus ergebenden Erwerbsobliegenheit nicht nachgekommen.

Bezüglich des der Ehefrau des Klägers fiktiv zuzurechnenden Einkommens - das von ihr realistisch erzielbar sein muss (vgl. BVerfG FamRZ 2010, 793 und 183; FamRZ 2006, 469; BGH FamRZ 2008, 2104; 1996, 345) - stellt der Senat vorliegend auf das von ihr tatsächlich erzielte Bruttogehalt ab. Dieses belief sich nach den unangegriffenen Feststellungen des Familiengerichts - die mit der vom Kläger vorge-legten Lohnsteuerbescheinigung für 2008 und den von ihm beigebrachten Gehalts-bescheinigungen in Einklang stehen - auf jedenfalls 16.785,52 EUR jährlich für eine monatliche Arbeitsleistung von 99,06 Stunden. Rechnet man den sich hieraus ergebenden Stundenlohn auf eine vollschichtige Tätigkeit um, ergibt sich ein monatliches Bruttoeinkommen von jedenfalls 2.000 EUR.

Dieses fiktive Monatseinkommen ist auch nach Bereinigung um die dann anfallenden Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, fiktive pauschale berufsbedingte Kosten (vgl. hierzu BGH FamRZ 2009, 314) und fiktive Aufwendungen für ergänzende Altersvorsorge in Höhe von 4 % aus diesem Bruttobetrag weit höher als das der Ehefrau des Klägers im angefochtenen Urteil beigemessene in Höhe von 683 EUR für 2008 und von 959 EUR ab 2009, so dass der Kläger durch die im Übrigen unangefochtene und zu keinen Beanstandungen Anlass bietende Rechenweise des Familiengerichts nicht beschwert ist.

Vergebens begehrt der Kläger eine Befristung oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten, die - was dem Senat aufgrund von § 528 ZPO allein zur Prüfung anfällt - über die bereits vom Familiengericht ab April 2010 erkannte hinausgeht.

Soweit der Kläger dem Familiengericht in diesem Zusammenhang eine Verletzung seiner - auf § 139 ZPO fußenden - Hinweispflicht vorwirft, hatte er jedenfalls im Berufungsverfahren ausreichend Gelegenheit, seinen Tatsachenvortrag zu ergänzen und seine rechtlichen Ausführungen der im angefochtenen Urteil niedergelegten Rechtsmeinung des Familiengerichts anzupassen und zu vertiefen.

Es kann dahinstehen, ob das Familiengericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Heiratserstattung einen ehebedingten Nachteil darstellt, was der Kläger bekämpft.

Folgte man dem Kläger und sähe man die durch die Heiratserstattung von der Beklagten erlittenen Einbußen in ihrer Altersversorgung nicht als ehebedingten Nachteil an, so stünde - wie im Senatstermin erörtert - einer weitergehenden Abänderung des zwischen den Parteien am 31. März 1987 geschlossenen Vergleichs als der vom Familiengericht ausgeurteilten § 36 Nr. 1 EGZPO entgegen, da der Beklagten eine Befristung oder eine über das angefochtene Urteil hinausgehende Herabsetzung ihres Unterhalts nicht zumutbar ist.

Ist über einen Unterhaltsanspruch vor dem 1. Januar 2008 - wie vorliegend - ein vollstreckbarer Titel errichtet worden, so sind nach dieser Vorschrift Umstände, die vor diesem Tag entstanden sind, nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung außerdem dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist.

Der Errichtung des Titels lagen Umstände im Sinne des § 36 Nr. 1 EGZPO zugrunde, die durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz eine andere Bewertung in Bezug auf Voraussetzungen und Höhe des Unterhaltsanspruchs erfahren und zu einer anderen Unterhaltsverpflichtung oder deren Wegfall führen können (OLG Bremen, NJW 2008, 3074; Borth, FamRZ 2008, 105). Denn das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz hat erstmals die Befristung auch von Ansprüchen auf Altersunterhalt ermöglicht, die nach dem bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Recht nicht möglich war, und zwar auch nicht auf der Grundlage von § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. Soweit es um das Maß des geschuldeten Unterhalts ging, kam zwar nach dieser Vorschrift auch beim Altersunterhalt unter bestimmten Billigkeitsvoraussetzungen eine zeitlich abgestufte Unterhaltsbemessung in Betracht in der Weise, dass der zunächst nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmte Unterhalt nach gewisser Zeit auf den dem "angemessenen Lebensbedarf" entsprechenden Unterhalt ermäßigt werden konnte. Den vollen Wegfall, auch des herabgesetzten Unterhalts, erlaubte diese Regelung indessen - anders als § 1578 b BGB n.F. - nicht (BGH FamRZ 1999, 710).

Das Kriterium der Zumutbarkeit erlaubt eine flexible, an der Einzelfallgerechtigkeit orientierte Anpassung bestehender Unterhaltstitel an die ab 1. Januar 2008 neue Rechtslage (OLG Hamburg, FamRZ 2009, 781; BT-Drucks. 16/1830, S. 33). Besonderes Gewicht kommt dabei dem Vertrauen auf den Fortbestand der bestehenden Unterhaltsregelung etwa dann zu, wenn der Unterhaltsberechtigte in diesem Vertrauen Dispositionen getroffen hat, die ihn längerfristig binden (Wendl//Schmitz, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 10, Rz. 176 c). Vor allem bei langen Ehen muss - auch im Lichte der auf Grundlage der zu Art. 6 Abs. 1 und 2 GG entwickelten Grundsätze zum Schutz von Ehe und Familie sowie minderjähriger Kinder, insbesondere dem in der bestehenden Ehe erlangten Status (vgl. Borth, FamRZ 2008, 105) - das berechtigte Vertrauen eines Ehegatten auf eine an die Ehe anknüpfende Unterhaltsabsicherung geschützt werden (Wendl/Schmitz, a.a.O.). § 36 Nr. 1 EGZPO muss daher - zumal in Ansehung des Umstandes, dass die Norm eine (wenn auch unechte) Rückwirkung enthält, die eine reformbedingte Abänderung von Unterhaltstiteln ermöglicht, die auf verfassungsrechtlich geprüftem und gebilligtem Recht beruhten (so auch Jüdt, FuR 2008, 427) - verfassungskonform in der Weise ausgelegt werden, dass der Schutz des Vertrauens auf das bisher geltende Unterhaltsrecht besonders berücksichtigt wird (so zutreffend Borth, FamRZ 2008, 105; vgl. auch AG Pankow-Weißensee, FF 2010, 167).

Kriterien der hiernach anzustellenden Gesamtabwägung der Einzelfallumstände sind insbesondere die Höhe und Dauer der bisherigen Unterhaltsregelung, die Umstände, unter denen die Unterhaltsregelung zustande gekommen ist, die Möglichkeiten des Unterhaltsberechtigten, eigene Einkünfte aus Erwerbstätigkeit oder Vermögen zu erzielen, die Ehebedingtheit der Gründe für die Unterhaltsbedürftigkeit ob der Gestaltung der Haushaltsführung und Kinderbetreuung, gegebenenfalls vom Unterhaltsberechtigten getroffene längerfristig bindende finanzielle Dispositionen sowie die Auswirkungen einer Anpassung auf unterhaltsrechtliche Belange Dritter (Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 36 EGZPO, Rz. 5; Borth, FamRZ 2008, 105; Jüdt, FuR 2008, 427 und 468).

Am Maßstab der Zumutbarkeit gemessen kommt vorliegend - wie im Senatstermin erörtert - weder eine Befristung noch eine weitergehende als die im angefochtenen Urteil erkannte Herabsetzung des Unterhalts der Beklagten in Betracht.

Dies zeigt sich schon in Ansehung der Umstände, unter denen die bisherige Unterhaltsregelung getroffen worden war und hinsichtlich derer der Kläger auf der Grundlage der Grundsätze über die Veränderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage (BGH FamRZ 2010, 192; 2008, 1911; 2001, 1140; 1995, 665; Senatsurteile vom 1. März 2007 - 6 UF 72/06 - und vom 11. November 2005 - 6 UF 40/05 -) eine Abänderung begehrt mit der Folge, dass er die Darlegungs- und Beweislast für den Wegfall der Geschäftsgrundlage (BGH FamRZ 1996, 665; Urteil des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 14. Oktober 2009 - 9 UF 44/08 -; Wendl/Schmitz, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 10, Rz. 169) einschließlich der wesentlichen Umstände, die für die Ersttitulierung maßgebend waren, trägt (BGH FamRZ 2007, 200; Senatsurteil vom 16. November 2006 - 6 UF 29/06 -, OLGR Saarbrücken 2007, 127).

Dem in Rede stehenden Vergleich haben die Parteien unstreitig ein Einkommen der Beklagten aus halbschichtiger ungelernter Tätigkeit in Höhe von 800 DM zugrunde gelegt und vereinbart, dass die Beklagte ohne Anrechnung auf ihren Unterhaltsanspruch eigene Einkünfte in unbegrenzter Höhe erzielen darf.

Soweit der Kläger im vorliegenden Verfahren behauptet, die Beklagte sei gehalten und in der Lage gewesen, diese anrechnungsfreie Zuverdienstmöglichkeit zu nutzen, um ihre Altersversorgung aufzustocken, hat die Beklagte bestritten, dass Grundlage des Vergleichs eine solche weitergehende Erwerbsobliegenheit gewesen sei.

Schon der Inhalt der Akten des Vorprozesses legt nahe, dass das Familiengericht bereits damals davon ausgegangen ist, dass die Beklagte dauerhaft keine besser bezahlte Beschäftigung als die im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses von ihr ausgeübte Halbtagstätigkeit bei einem öffentlichen Arbeitgeber würde finden und ausüben können. Denn die Parteien lebten nach ihren Angaben im Scheidungsverfahren im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bereits seit einem Jahr und zehn Monaten voneinander getrennt und die gemeinsame Tochter war schon 19 Jahre alt, so dass der Beklagten dem Grunde nach die Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit oblag. Insoweit findet die - sinngemäße - Darstellung des Klägers, der Beklagten habe es aber später oblegen, eine weitergehende Erwerbstätigkeit auszuüben, weder im damals geltenden, höchstrichterlich ausgeprägten Unterhaltsrecht noch in den Akten des vorangegangenen Verfahrens eine Stütze. Der Kläger hat daher in Bezug auf jene Erwerbsobliegenheit eine Änderung der Grundlagen des Vergleichs vom 31. März 1987 bereits nicht ausreichend dargelegt, jedenfalls ist er insoweit beweisfällig.

Oblag es aber der Beklagten aufgrund des Vergleichs nicht, ihre damalige Erwerbstätigkeit - ggf. schrittweise - aufzustocken, so gründet sich hierauf ein erheblicher ehebedingter Nachteil. Das Familiengericht ist zwar im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB können nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn - wie hier - für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen, zumal - je nach Fallgestaltung - der unterhaltsberechtigte Ehegatte an dem besseren Versorgungsstand des Unterhaltsverpflichteten teilhaben kann (BGH FamRZ 2010, 629; 2009, 1207 und 406; 2008, 1508 und 1325). Allerdings wird der Versorgungsausgleich nur bezüglich der ehezeitlichen Versorgungsanwart-schaften der Ehegatten durchgeführt, so dass für den dem Ende der Ehezeit nachgelagerten Zeitraum ein ehebedingter Nachteil darin bestehen kann, dass der Ehegatte aufgrund der vormaligen ehelichen Rollenverteilung im Berufsleben keinen vollständigen Anschluss mehr bekommen kann (vgl. BGH FamRZ 2010, 629; 2009, 1990; Senatsurteile vom 12. Mai 2010 - 6 UF 132/09 -, vom 17. Dezember 2009 - 6 UF 38/09 -, FuR 2010, 235, und vom 10. Dezember 2009 - 6 UF 110/08 -, ZFE 2010, 113), mit der Folge einer bedeutsam geringeren Möglichkeit, für sein Alter vorzusorgen.

So aber liegt der Fall hier. Die Beklagte hat nach den unangegriffenen Feststellungen des Familiengerichts vor der Eheschließung - wenn auch als ungelernte Kraft - nahezu durchgängig vollschichtig gearbeitet. Diese Tätigkeit hat sie wegen der Eheschließung und Kindererziehung aufgegeben. Weil sie nach der Ehescheidung nicht mehr vollschichtig gearbeitet hat und ihr dies aufgrund des zwischen den Parteien am 31. März 1987 geschlossenen Vergleichs über ihren nachehelichen Unterhalt auch nicht mehr oblag, hat sie seit der Ehescheidung erhebliche ehebedingte Rentennachteile erlitten.

Die Parteien haben - jeweils in anwaltlichem Beistand - im Vergleich vom 31. März 1987 jedenfalls stillschweigend die damalige Rechtslage zugrunde gelegt. Eine Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs haben sie ersichtlich - jedenfalls auch - deswegen nicht vereinbart, weil dies nach damaliger Rechtslage - auch soweit der Anspruch der Beklagten auf § 1573 Abs. 2 BGB gestützt worden sein sollte - bei einer Ehedauer von hier knapp 20 Jahren weder nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. noch nach § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. möglich war. Die Gestaltung ihrer Ehe sollte ersichtlich einen zeitlich unbefristeten und vollumfänglich den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechenden Unterhaltsanspruch der Beklagten nach sich ziehen. Im Spannungsfeld zwischen nachehelicher Solidarität und dem Grundsatz der Eigenverantwortung sollte nach dem in der Lebensgestaltung während der Ehe und dem im Vergleich zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien erstere uneingeschränkt fortwirken (vgl. dazu auch OLG Koblenz, OLGR 2009, 821).

Beide Ehegatten haben sich also auf die Folgen dieser Vereinbarung einstellen müssen. Die Beklagte, die über kein Vermögen verfügt, hat im Vertrauen auf die dauerhafte Aufstockung ihrer Einkünfte durch den vom Kläger zu leistenden Unterhalt von - nach dem Vergleich überobligatorischen - weiteren Anstrengungen im Hinblick auf eine Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit abgesehen. Als der Kläger erstmals - nach eigenem Vortrag im Jahre 2003- auf die Beklagte zugetreten ist, um eine Reduzierung seiner Unterhaltsverpflichtung zu erreichen, konnte die Beklagte infolge ihrer bereits im Jahr 2002 eingetretenen Verrentung keine eigenen weiteren Rentenanwartschaften mehr erwerben.

Berücksichtigt man ferner, dass der vom Familiengericht erkannte Unterhalt beide Parteien in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen belässt, so kommt - auch in Ansehung der weiteren Unterhaltspflicht des Klägers für seine Ehefrau und des Umstandes, dass er nunmehr seit über 20 Jahren nachehelichen Unterhalt an die Beklagte zahlt - bei gebotener Abwägung aller Umstände des Einzelfalls eine Befristung oder eine über das angefochtene Urteil hinausgehende Herabsetzung ihres Unterhaltsanspruchs nicht in Betracht, zumal die Ehefrau des Klägers - anders als die Beklagte - altersmäßig in der Lage ist, in weitergehendem Umfang zu arbeiten, und der Kläger mit seiner Ehefrau mietfrei wohnt. ..."

§ 1572 Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt

1. der Scheidung,
2. der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes,
3. der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder
4. des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573

an wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

Leitsätze/Entscheidungen:

Bei der Berechnung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs ist die Kürzung der Altersbezüge des Unterhaltspflichtigen, die durch den zugunsten einer späteren Ehefrau durchgeführten Versorgungsausgleich erfolgt ist, als nicht eheprägend anzusehen, so dass das Einkommen des Unterhaltspflichtigen entsprechend zu erhöhen ist. Die Einkommensverminderung ist allein im Rahmen der Leistungsfähigkeit von Bedeutung (im Anschluss an Senatsurteil vom 7. März 2012, XII ZR 145/09, FamRZ 2012, 951). Es stellt regelmäßig keinen ehebedingten Nachteil i.S.d. § 1578b Abs. 1 BGB dar, wenn sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte während bestehender Ehe bereits aus der Zeit vor der Ehe für ihn bestehende Versorgungsanrechte kapitalisiert auszahlen lässt (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 9. Juli 1986, IVb ZR 39/85, FamRZ 1986, 886). Ein ehebedingter Nachteil, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt als dies bei hinweggedachter Ehe der Fall wäre, ist grundsätzlich als ausgeglichen anzusehen, wenn er Altersvorsorgeunterhalt hätte erlangen können (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 26. Februar 2014, XII ZB 235/12, FamRZ 2014, 823 und vom 7. November 2012, XII ZB 229/11, FamRZ 2013, 109; BGH, Beschluss vom 14.05.2014 - XII ZB 301/12).

***

Die Unterhaltsabänderung nach § 238 FamFG besteht in einer unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Anpassung des Unterhalts an veränderte Verhältnisse (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. Juli 2015 - XII ZB 369/14, FamRZ 2015, 1694). Auch wenn für die erstmalige Bewertung eines möglichen Rechtsmissbrauchs im Rahmen der Ausübungskontrolle eines Ehevertrags nach § 242 BGB der Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe maßgeblich ist, kann sich durch die weitere Entwicklung ergeben, dass ein späteres Berufen seitens des von dem Ehevertrag begünstigten Ehegatten auf eine entsprechende Regelung i.S.v. § 242 BGB nicht mehr rechtsmissbräuchlich ist. Dies kann grundsätzlich im Rahmen einer Unterhaltsabänderung nach § 238 FamFG berücksichtigt werden. Allerdings müssen die Voraussetzungen des § 238 FamFG erfüllt sein, um eine abweichende Bewertung der Ausübungskontrolle aus der abzuändernden Entscheidung zu erreichen. Es müssen mithin Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt (BGH, Beschluss vom 17.03.2021 - XII ZB 221/19).

***

Zur Begrenzung eines vor der Unterhaltsrechtsreform titulierten Anspruchs auf Krankheitsunterhalt (BGH, Beschluss vom 19.06.2013 - XII ZB 309/11):

„... Die Beteiligten streiten um die Abänderung eines Titels über nachehelichen Unterhalt.

Der 1958 geborene Antragsteller und die 1960 geborene Antragsgegnerin sind in der ehemaligen Tschechoslowakei geboren und aufgewachsen. Dort schlossen sie im März 1981 ihre kinderlos gebliebene Ehe. Im Jahre 1985 siedelten sie in die Bundesrepublik Deutschland über. Die Beteiligten trennten sich im November 1999 und wurden auf einen im März 2001 zugestellten Scheidungsantrag durch Urteil vom 13. Juli 2001 geschieden. Der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich wurde nach Abtrennung aus dem Scheidungsverbund durch Beschluss vom 7. Januar 2002 geregelt; dabei wurden monatliche Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in einer Gesamthöhe von 191,91 €, bezogen auf den 28. Februar 2001, von dem Versicherungskonto des Antragstellers auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin übertragen.

Der Antragsteller schloss im September 2002 eine neue Ehe. Durch Urteil des Amtsgerichts vom 14. März 2003 wurde er verurteilt, an die Antragsgegnerin einen monatlichen Nachscheidungsunterhalt in Höhe von 830,63 € zu zahlen. Dabei ging das Amtsgericht auf Seiten des Antragstellers von einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von rund 4.300 € aus, wobei es diese Einkünfte allerdings wegen eines nach der Trennung vollzogenen und als Karrieresprung gewürdigten Arbeitgeberwechsels nur teilweise, nämlich in Höhe von rund 3.100 €, bei der Unterhaltsbemessung berücksichtigte. Dem standen auf Seiten der Antragsgegnerin eine durch den Zuschlag an Entgeltpunkten im Versorgungsausgleich bereits aufgebesserte Erwerbsunfähigkeitsrente in monatlicher Höhe von rund 910 € gegenüber.

Der Antragsteller ist als Angestellter bei einer Bank beschäftigt. Aus seiner neuen Ehe sind zwei minderjährige, in den Jahren 2004 und 2006 geborene Kinder hervorgegangen, die von der nicht berufstätigen Ehefrau des Antragstellers betreut werden. Das derzeitige Nettoeinkommen des Antragstellers beträgt rund 4.600 €; er lebt mit seiner neuen Familie mietfrei in einer - allerdings noch nicht lastenfreien - Immobilie.

Die Antragsgegnerin hat in der früheren C(SSR zwischen 1975 und 1978 den Beruf der Schneiderin erlernt. Im Anschluss absolvierte sie dort die Wirtschaftsoberschule, an der sie im Jahre 1983 das Reifezeugnis erwarb. Zwischen 1983 und 1985 war sie als Betriebsleiterin in der Konfektionsherstellung beschäftigt. Nach der Übersiedlung in die Bundesrepublik im Jahre 1985 führte die Antragsgegnerin den Haushalt der Beteiligten. Zwischen 1987 und 1990 durchlief sie eine Umschulung zur Krankengymnastin; in diesem Beruf war sie bis 1991 teilschichtig berufstätig. Im Jahre 1993 wurde bei der Antragsgegnerin eine Multiple Sklerose diagnostiziert; seit September 1995 steht sie im Bezug einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, deren Höhe derzeit 952 € beträgt.

Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller beantragt, die Unterhaltspflicht gegenüber der Antragsgegnerin in Abänderung des Urteils vom 14. März 2003 mit Wirkung zum 1. Juli 2010 entfallen zu lassen. Das Amtsgericht hat dem Antrag nur teilweise stattgegeben und das Urteil für den Zeitraum seit dem 1. Juni 2011 dahin abgeändert, dass der Antragsteller nur noch zur Zahlung eines nachehelichen Unterhalts in Höhe von 400 € verpflichtet ist. Beide Beteiligte haben gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Während das Rechtsmittel der Antragsgegnerin erfolglos geblieben ist, hat das Oberlandesgericht der Beschwerde des Antragstellers weitgehend entsprochen und erkannt, dass der Antragsteller für die Zeit vom 1. Juni 2011 bis zum 31. Dezember 2011 noch einen auf monatlich 400 € herabgesetzten Ehegattenunterhalt zu zahlen habe und seit dem 1. Januar 2012 keinen Unterhalt mehr schulde.

Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie die vollständige Zurückweisung des Abänderungsantrages des Antragstellers weiterverfolgt. ...

II.... 1. Allerdings bestehen entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde an der Zulässigkeit des Abänderungsantrages im Sinne des § 238 Abs. 2 FamFG keine durchgreifenden Bedenken. Der Antragsteller kann sich hinsichtlich der Möglichkeit, den der Antragsgegnerin im Jahre 2003 zugesprochenen Krankheitsunterhalt herabzusetzen und zu befristen, in zulässiger Weise auf eine Änderung der Rechtslage durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 berufen.

Richtig ist zwar, dass schon vor dem Inkrafttreten der Unterhaltsreform gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. bei allen Tatbeständen des nachehelichen Unterhalts - mithin auch beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB - die grundsätzliche Möglichkeit bestand, im Rahmen einer Billigkeitsabwägung die Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen zeitlich zu begrenzen und danach auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen. Allerdings wurde, anknüpfend an die frühere Senatsrechtsprechung zur Bedeutung der Ehedauer im Rahmen von Billigkeitsentscheidungen nach §§ 1578 Abs. 1 Satz 2, 1573 Abs. 5 BGB a.F. (vgl. insbesondere Senatsurteil vom 10. Oktober 1990 - XII ZR 99/89 - FamRZ 1991, 307, 310), die durch § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. eröffnete Möglichkeit einer zeitlich abgestuften Unterhaltsbemessung beim Krankheitsunterhalt regelmäßig nur bei einer nicht (besonders) langen Ehedauer in Erwägung gezogen (vgl. OLG München FamRZ 2003, 1110 f.; OLG Hamm FamRZ 1998, 295, 296). Einen vollständigen Wegfall des - auch herabgesetzten - Unterhalts erlaubte § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. ohnehin nicht (Senatsurteil vom 27. Januar 1999 - XII ZR 89/97 - FamRZ 1999, 710, 712).

2. Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB in der seit dem 1. März 2013 geltenden Fassung auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Gemäß § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung sind aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB zu entnehmen. Danach ist neben der Dauer der Ehe vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes und aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben. Ein ehebedingter Nachteil äußert sich in der Regel darin, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde.

a) Zutreffend ist zunächst die Beurteilung des Beschwerdegerichts, dass der Antragsgegnerin keine ehebedingten Nachteile entstanden sind.

aa) Mit Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass das Krankheitsbild der Antragsgegnerin nicht im Zusammenhang mit der Rollenverteilung in der Ehe oder sonstigen mit der Ehe verbundenen Umständen steht. Soweit dies den Ausbruch der erstmals im Jahre 1993 diagnostizierten Multiplen Sklerose betrifft, wird diese Beurteilung von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt. Doch auch für die - in Korrelation zur organischen Erkrankung - aufgetretenen Angstzustände und Belastungsstörungen der Antragstellerin lassen sich keine ehebedingten Ursachen finden. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass eine psychische Erkrankung selbst dann, wenn sie durch eine Ehekrise ausgelöst worden ist, für sich genommen keinen ehebedingten Nachteil im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB begründen kann. Bereits aus der Formulierung des Gesetzes geht hervor, dass ehebedingte Nachteile ‚durch' die Ehe verursacht sein müssen und hierfür die Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes sowie die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit bedeutsam sind (§ 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB). Daraus erschließt sich, dass unter ehebedingten Nachteilen vornehmlich solche Einbußen zu verstehen sind, die sich aus der ehelichen Rollenverteilung (§ 1356 BGB) ergeben, nicht aber aus sonstigen persönlichen Umständen, die insbesondere mit dem Scheitern der Ehe zusammenhängen (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 18 und vom 7. Juli 2010 - XII ZR 157/08 - FamRZ 2011, 188 Rn. 20). Die Erkrankung des Unterhaltsberechtigten wird daher in aller Regel nicht ehebedingt sein. Auch wenn im vorliegenden Fall - was der Antragsteller allerdings bestreitet - die organische Krankheit der Antragsgegnerin durch die im Zusammenhang mit der Ehekrise aufgetretenen psychischen Belastungen einen ungünstigeren Verlauf genommen haben sollte, wäre die Ursache dafür immer noch nicht in der Ehe als solcher oder der mit ihr verbundenen Rollenverteilung zu suchen, sondern in den persönlichen Umständen der Beteiligten und ihrer schicksalhaften Entwicklung beim Scheitern der Partnerschaft.

Dadurch ist es allerdings nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall der Unterhaltspflichtige auch unabhängig von der Ehe für die Krankheit des Unterhaltsberechtigten (mit-)verantwortlich sein und dies als Billigkeitsgesichtspunkt im Rahmen der nach § 1578 b Abs. 1 BGB gebotenen Abwägung berücksichtigt werden kann (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 20 und vom 7. Juli 2010 - XII ZR 157/08 - FamRZ 2011, 188 Rn. 22). Auch bei dieser Würdigung wird indessen Zurückhaltung geboten sein. Da im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1578 b Abs. 1 BGB generell keine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens nach Kriterien subjektiver Vorwerfbarkeit stattfinden soll, wird ein zur Ehekrise oder zur Trennung führendes Verhalten des Unterhaltspflichtigen in den meisten Fällen kein zusätzliches Maß an nachehelicher Solidarität gegenüber einem im Zusammenhang mit dem Scheitern der Ehe psychisch belasteten Ehegatten begründen können.

bb) Wenn beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB - wie regelmäßig - die Krankheit selbst keine ehebedingten Ursachen hat, ist ein ehebedingter Nachteil denkbar, soweit ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsminderungsrente infolgedessen geringer ist, als sie es gewesen wäre, wenn er seine Erwerbstätigkeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalls fortgesetzt hätte. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist allerdings vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten - von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen - ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB können daher regelmäßig nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen (grundlegend Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 43; vgl. zuletzt Senatsurteil vom 20. März 2013 - XII ZR 72/11 - FamRZ 2013, 853 Rn. 37). Im Übrigen ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin ohne die Ehe - unter keinem denkbaren Verlauf ihrer beruflichen Karriere und unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik - durch eigene versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit keine höheren Rentenanwartschaften hätte erwerben können, als ihr nach der Ehe und nach der Durchführung des Versorgungsausgleiches tatsächlich zur Verfügung standen. Auch gegen diese Beurteilung erinnert die Rechtsbeschwerde nichts.

b) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzes allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass auch dann, wenn keine ehebedingten Nachteile feststellbar sind, eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet ist. Bei der insoweit gebotenen umfassenden Billigkeitsabwägung ist das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen.

Wesentliche Aspekte im Rahmen der Billigkeitsabwägung sind neben der Dauer der Ehe insbesondere die in der Ehe gelebte Rollenverteilung wie auch die vom Unterhaltsberechtigten während der Ehe erbrachte Lebensleistung (vgl. Senatsurteil vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 - FamRZ 2012, 197 Rn. 31); dies gilt auch beim Krankheitsunterhalt (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Rn. 39). Bei der Beurteilung der Unbilligkeit einer fortwährenden Unterhaltszahlung sind ferner die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien von Bedeutung, so dass der Tatrichter in seine Abwägung einzubeziehen hat, wie dringend der Unterhaltsberechtigte neben seinen eigenen Einkünften auf den Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige - auch unter Berücksichtigung weiterer Unterhaltspflichten - durch diese Unterhaltszahlungen belastet wird (Senatsurteile vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 24 und vom 20. März 2013 - XII ZR 72/11 - FamRZ 2013, 853 Rn. 42). In diesem Zusammenhang kann auch die lange Dauer von Trennungsunterhaltszahlungen bedeutsam sein (Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 22). Bereits bei der Prüfung der Unbilligkeit nach § 1578 b BGB ist außerdem zu berücksichtigen, ob der Unterhaltsanspruch tituliert ist, denn einem titulierten oder durch Vereinbarung festgelegten Unterhalt kommt ein größerer Vertrauensschutz zu, was - wie das Gesetz in § 36 Nr. 1 EGZPO klarstellt - bei Unterhaltstiteln oder Unterhaltsvereinbarungen nach der bis zum 31. Dezember 2007 bestehenden Rechtslage in noch stärkerem Maße gilt.

Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie ist vom Rechtsbeschwerdegericht aber daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Der rechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Verfahrensstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 14 und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 37). Die Entscheidung des Beschwerdegerichts erscheint auch nach diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab rechtlich nicht völlig bedenkenfrei.

aa) Im Ausgangspunkt zutreffend ist allerdings die Ansicht des Beschwerdegerichts, dass es unter den obwaltenden Umständen die lange Ehedauer von rund zwanzig Jahren nicht allein rechtfertigt, aus Billigkeitsgründen von einer Begrenzung des Unterhalts abzusehen. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass in solchen Fällen, in denen die fortwirkende nacheheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, die Ehedauer vor allem durch die wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht gewinnt, welche insbesondere durch den Verzicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder wegen der Haushaltsführung eingetreten ist; diese Grundsätze haben durch die am 1. März 2013 in Kraft getretene Neufassung des § 1578 b Abs. 1 BGB keine grundlegenden Änderungen erfahren (Senatsurteil vom 20. März 2013 - XII ZR 72/11 - FamRZ 2013, 853 Rn. 34 f.; vgl. auch Senatsurteil vom 20. März 2013 - XII ZR 120/11 - FamRZ 2013, 864 Rn. 35).

Soweit in der Ehezeit eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Antragsgegnerin von dem beruflich erfolgreichen Antragsteller eingetreten ist, beruhte dies entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde gerade nicht in einem besonderen Maße auf der Rollenverteilung in der kinderlosen Ehe der Beteiligten. Vor der Ausreise aus der ehemaligen Tschechoslowakei im Jahre 1985 stand die Antragsgegnerin durchgehend in der beruflichen Ausbildung und im Erwerbsleben. Nach der Übersiedlung hatte die Antragsgegnerin in Deutschland zwischen 1987 und 1990 eine mehrjährige berufliche Fortbildung zur Krankengymnastin durchlaufen. Sie war anschließend im Umschulungsberuf - wenn auch nur kurzfristig und teilschichtig - berufstätig, so dass jedenfalls nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Antragsgegnerin wegen der gemeinsamen Übersiedlung der Eheleute in die Bundesrepublik oder wegen des zeitweiligen Verzichts auf eigene Berufstätigkeit in den Jahren zwischen 1985 und 1987 sowie zwischen 1991 und 1993 bereits vor dem Ausbruch ihrer Erkrankung den Anschluss an den (deutschen) Arbeitsmarkt verloren hätte. Die wirtschaftliche Verflechtung der Beteiligten beruhte daher im Wesentlichen darauf, dass die Antragsgegnerin bereits sehr früh, nämlich im Alter von 33 Jahren, erwerbsunfähig erkrankte, mithin auf einer schicksalhaften Entwicklung, die ein unterhaltspflichtiger Ehegatte auch bei langer Ehedauer nicht ohne weiteres unbegrenzt mitzutragen hat.

bb) Eine umfassende Würdigung aller für die Billigkeitsentscheidung maßgebenden Gesichtspunkte hat allerdings auch in den Blick zu nehmen, inwieweit der unterhaltspflichtige Ehegatte seinen beruflichen Aufstieg und sein heute erzieltes Einkommen in einem besonderen Maße der geschiedenen Ehe mit dem Unterhaltsberechtigten zu verdanken hat (vgl. auch Senatsurteil vom 21. September 2011 - XII ZR 121/09 - FamRZ 2011, 1851 Rn. 24). Insoweit hat das Beschwerdegericht einen möglicherweise erheblichen Verfahrensstoff nicht in seine Abwägung einfließen lassen. Die Antragsgegnerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Antragsteller nur aufgrund seiner Ehe mit ihr im Jahre 1985 und damit lange vor den politischen Veränderungen in Osteuropa aus der ehemaligen Tschechoslowakei in das Gebiet der alten Bundesrepublik auswandern und dadurch die Grundlagen seiner erfolgreichen beruflichen Laufbahn in Deutschland legen konnte. Zudem ist es nicht streitig gewesen, dass sich der Antragsgegnerin bereits im Jahre 1982 die Möglichkeit geboten hätte, mit ihren Eltern in die Bundesrepublik überzusiedeln, sie von dieser Möglichkeit aber deshalb Abstand genommen hatte, weil der Antragsteller in der damaligen C(SSR noch seinen Wehrdienst ableisten und sein Studium beenden musste. Stellen sich, was gegebenenfalls näherer Sachaufklärung bedarf, die heutigen Einkommensverhältnisse des Antragstellers indessen als Fortwirkung von Karrierechancen dar, die sich ihm - gleichsam als ehebedingter Vorteil - nur durch die Übersiedlung nach Deutschland eröffnen konnten, vermag dies grundsätzlich ein höheres Maß an nachehelicher Solidarität gegenüber dem geschiedenen Ehegatten zu begründen.

Mit Recht wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Erwägungen des Beschwerdegerichts zum Lebensbedarf der Antragsgegnerin. Diese hat geltend gemacht, monatlich 180 € für Medikamente zu benötigen. Die Annahme des Beschwerdegerichts, dass die von der Antragsgegnerin behaupteten Aufwendungen keine notwendigen, sondern lediglich nützliche Medikamente wie beispielsweise Vitaminpräparate beträfen, findet im Vortrag der Beteiligten und im sonstigen Akteninhalt keine Stütze. Träfe es aber zu, dass die Antragsgegnerin krankheitsbedingte Aufwendungen in einer solchen Größenordnung zu bestreiten hat, würde dadurch der über dem Existenzminimum liegende Teil der Erwerbsunfähigkeitsrente der Antragsgegnerin weitgehend aufgezehrt; in diesem Falle würden ihr aus den laufenden Renteneinkünften die Mittel für die Haltung eines Kraftfahrzeuges und für die Aufrechterhaltung ihrer bisherigen, nach sozialhilferechtlichen Maßstäben möglicherweise unangemessenen, aber keineswegs übertrieben luxuriösen Wohnverhältnisse tatsächlich nicht mehr verbleiben.

cc) Es erscheint daher möglich, dass das Beschwerdegericht, welches selbst davon ausgeht, dass der Antragsteller aufgrund seiner überdurchschnittlich günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse auch in Ansehung der Unterhaltspflicht für seine zweite Ehefrau und die beiden aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder durch Unterhaltszahlungen an die Antragsgegnerin ‚nicht übermäßig' belastet werden würde, bei vollständiger Berücksichtigung der vorstehenden Aspekte zu dem Ergebnis gelangt, der Antragsgegnerin einen - gegebenenfalls deutlich herabgesetzten - Krankheitsunterhalt für einen längeren Zeitraum zu belassen. ..."

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Im Rahmen des Krankheitsunterhalts nach § 1572 BGB kann sich ein ehebedingter Nachteil aus der Aufgabe der Erwerbstätigkeit wegen Kindererziehung und Haushaltstätigkeit während der Ehe ergeben, wenn deswegen die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt sind. Denn nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nur dann Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt haben. Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung hat das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 02.03.2011 - XII ZR 44/09):

„... Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt. Der 1955 geborene Antragsteller und die 1964 geborene Antragsgegnerin hatten im Mai 1984 die Ehe geschlossen, aus der eine 1984 geborene Tochter und ein 1990 geborener Sohn hervorgegangen sind. Im Oktober 2002 trennten sich die Parteien. Der Antragsteller zog aus und die Antragsgegnerin verblieb mit dem noch minderjährigen Sohn in dem im gemeinsamen Eigentum stehenden Haus. Nachdem sich in der Folgezeit eine psychische Erkrankung der Antragsgegnerin abgezeichnet hatte, zog der Antragsteller an ihrer Stelle zu dem Sohn und übernahm die weitere Betreuung. Die Antragsgegnerin ist gelernte Apothekenhelferin und war als solche bis zur Geburt der gemeinsamen Tochter im Jahre 1984 berufstätig. Während der Ehezeit ging sie keiner Erwerbstätigkeit nach. Inzwischen ist sie wegen einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis mit sekundärer Alkoholabhängigkeit dauernd erwerbsunfähig. Sie erhält Grundsicherung nach dem SGB XII sowie ein Pflegegeld in Höhe von monatlich 205 €. Der Antragsteller erzielt als Arbeiter monatliche Nettoeinkünfte in Höhe von 2.353,87 €. Zusätzlich haben die Instanzgerichte eine Unfallrente und einen Wohnvorteil im eigenen Haus abzüglich der darauf entfallenden Darlehensraten berücksichtigt. Den Barunterhalt für die beiden inzwischen volljährigen Kinder trägt der Antragsteller allein. Während der Zeit ab September 2004 zahlte der Antragsteller der Antragsgegnerin Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 596 €.

Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt (insoweit rechtskräftig seit dem 25. Oktober 2008). Zur Durchführung des Versorgungsausgleichs hat es vom Versicherungskonto des Antragstellers auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 464,50 € übertragen. Außerdem hat es den Antragsteller verurteilt, zur Begründung weiterer Anwartschaften in Höhe von 31,26 € einen Beitrag von 6.835,99 € zu zahlen. Auf den Unterhaltsantrag hat das Amtsgericht den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin nachehelichen Unterhalt, zuletzt seit Juli 2011 in Höhe von 957 € Elementarunterhalt, 125 € Krankenvorsorgeunterhalt und 258 € Altersvorsorgeunterhalt, zu zahlen und den Anspruch bis zum 31. Dezember 2013 befristet.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Antragsgegnerin, mit der sie weiterhin einen unbefristeten Unterhalt begehrt. ...

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100).

I. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Antragsgegnerin zurückgewiesen, weil das Amtsgericht ihren Unterhaltsanspruch zu Recht auf die Zeit bis Dezember 2013 befristet habe. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts zum 1. Januar 2008 sei eine Befristung des nachehelichen Unterhalts über die bis dahin bestehenden Möglichkeiten der Befristung hinaus möglich und im Einzelfall geboten. Eine Befristung sei danach für sämtliche nachehelichen Unterhaltsansprüche möglich, einschließlich des hier in Rede stehenden Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit aus § 1572 BGB. Die Krankheit der Antragsgegnerin sei nicht ehebedingt, weil sie erst nach der Trennung auffällig geworden sei und nicht auf die Ehe als solche zurückgeführt werden könne. Handele es sich insoweit nicht um einen ehebedingten Nachteil, sei die Möglichkeit einer zeitlichen Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB nicht nur eröffnet, sondern ein unbefristeter nachehelicher Unterhalt solle die Ausnahme bleiben. Die in diesen Fällen erforderliche Bestimmung des Ausmaßes nachehelicher Solidarität als innere Rechtfertigung für den nachehelichen Unterhaltsanspruch müsse sich dann maßgeblich an der Ehedauer, aber auch an der wirtschaftlichen Belastbarkeit des Unterhaltspflichtigen im Verhältnis zur Bedürftigkeit der Berechtigten orientieren. Die Antragstellerin sei wegen ihrer chronifizierten Erkrankung nicht mehr erwerbsfähig. Andererseits könne der Antragsteller bei Wahrung seines Selbstbehalts nicht den vollen Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin abdecken. Während die nacheheliche Verantwortung nach dem früheren Unterhaltsrecht stärker individuell geprägt gewesen sei, lege der Geist des neuen Unterhaltsrechts, das sich auf den unterhaltsrechtlichen Ausgleich ehebedingter Nachteile konzentriere, die Vermutung nahe, dass der Gesetzgeber nunmehr die Grenze deutlich in Richtung der Verantwortung der Solidargemeinschaft verschoben habe. Vor diesem Hintergrund erscheine die vom Amtsgericht ausgesprochene Befristung bis Ende 2013 unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit angemessen.

Dabei sei zwar zu berücksichtigen, dass die Parteien bis zur Zustellung des Scheidungsantrags 22 Jahre verheiratet, die Antragsgegnerin bei der Heirat erst 20 Jahre alt gewesen sei und sie während der Ehe unter Aufgabe ihrer eigenen Erwerbstätigkeit die Betreuung der Kinder und die Führung des Haushaltes übernommen habe. Auf Seiten des Antragstellers falle hingegen ins Gewicht, dass dieser seit der Trennung der Parteien, also für mehr als sechs Jahre, den noch im Haushalt lebenden Sohn betreut habe, der sich noch bis Mitte 2011 in allgemeiner Schulausbildung befinde, und dass er für diesen sowie für die studierende Tochter allein den Barunterhalt aufbringe. Für die Bemessung des Umfangs der nachehelichen Solidarität könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Erkrankung der Antragsgegnerin erst nach der Trennung der Parteien zum Tragen gekommen sei und der Antragsteller ihr unter Berücksichtigung des Trennungsunterhalts dann insgesamt mehr als neun Jahre Unterhalt schulde. Die Unterhaltsdauer trage auch dem Umstand Rechnung, dass die Antragstellerin ohne Erkrankung gewisse ehebedingte Nachteile gehabt hätte. Diese Belastung des Antragsgegners, der weiterhin den Barunterhalt für die beiden Kinder allein sicherstelle, sei im Hinblick auf die Ehedauer und darauf gerechtfertigt, dass die Antragsgegnerin ihren eigenen Notbedarf nicht selbst bestreiten könne. Wenn - wie vorliegend - der eheangemessene Bedarf hinter dem Notbedarf zurückbleibe oder diesen gerade erreiche, stehe der Befristung nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin selbst diesen nicht durch Erwerbstätigkeit abdecken könne.

II. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.

1. Auf die Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden (Art. 4 UÄndG; vgl. auch § 36 Nr. 7 EGZPO; Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 28 und vom 7. Juli 2010 - XII ZR 157/08 - FamRZ 2011, 188 Rn. 13).

Nach § 1578 b BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre.

Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie ist vom Revisionsgericht aber daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 37 und vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 19).

a) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auf die konkrete Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen.

Ist der Unterhaltsberechtigte erwerbsfähig, ist auf das Einkommen abzustellen, das er ohne die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit durch die Ehe oder die Kindererziehung erzielen könnte (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 14). Ist der Unterhaltsberechtigte hingegen bereits Rentner, kann lediglich auf das Renteneinkommen aus einer solchen Erwerbstätigkeit abgestellt werden, wobei von der tatsächlichen Rente nach durchgeführtem Versorgungsausgleich auszugehen ist. Beim Krankheitsunterhalt kann hingegen nur auf das Einkommen abgestellt werden, das der kranke Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung zur Verfügung hätte. Denn wenn er auch ohne die Ehe zu keiner Erwerbstätigkeit in der Lage wäre, kann nicht auf ein fiktives Einkommen abgestellt werden, das ein gesunder Unterhaltsberechtigter erzielen könnte. Wenn die Krankheit nicht ehebedingt ist, ergibt sich der angemessene Lebensbedarf im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB bei vollständiger Erwerbsunfähigkeit also aus der Höhe der Erwerbsunfähigkeitsrente, wobei auch hier von der tatsächlichen Rente nach Durchführung des Versorgungsausgleichs auszugehen ist. Nur wenn der Unterhaltsberechtigte noch teilweise erwerbsfähig ist, kann daneben auf Erwerbseinbußen als ehebedingter Nachteil abgestellt werden (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 926 Rn. 29). Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 b Abs. 1 BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten erreichen muss (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 14).

Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemessenen Unterhaltsbedarf erreichen, oder könnte er solche Einkünfte erzielen, kann dies im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalts in Form einer Befristung führen (Senatsurteile vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 15 mwN und vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007 f.). Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hingegen lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 2 BGB regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhaltsanspruch nach einer Übergangszeit aber bis auf die Differenz zwischen dem angemessenen Unterhaltsbedarf und dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen herabgesetzt werden (Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 23 ff.; vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 30 und vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 16).

b) Die nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts insbesondere zu berücksichtigenden ehebedingten Nachteile können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB, bei dem die Krankheit selbst regelmäßig nicht ehebedingt ist, ist ein ehebedingter Nachteil denkbar, wenn ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsunfähigkeitsrente infolge der Ehe- oder Kindererziehung geringer ist als sie ohne die Ehe wäre oder sie vollständig entfällt (Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 34 und vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Rn. 36). Insoweit entsprechen sich der Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB. In beiden Fällen ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB können also nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 43 und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508 Rn. 25).

Ein ehebedingter Nachteil wegen Aufgabe der Erwerbstätigkeit infolge der Kindererziehung und der Haushaltstätigkeit kann sich allerdings dann ergeben, wenn deswegen die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt sind. Nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nur dann Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt haben. Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich nach § 43 Abs. 4 SGB VI nur durch besondere Anrechnungs- und Berücksichtigungszeiten. Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte wegen der Kindererziehung und Haushaltstätigkeit in der relevanten Zeit nicht genügend Pflichtbeiträge gezahlt, kann die Erwerbsunfähigkeitsrente für eine alsbald anschließende Erwerbsunfähigkeit vollständig ausscheiden. Diese Lücke durch eine ehebedingte Erwerbslosigkeit wird auch durch den durchgeführten Versorgungsausgleich nicht kompensiert. In solchen Fällen besteht der Nachteil im Verlust der ohne Ehe und Kindererziehung erzielbaren Erwerbsunfähigkeitsrente und ist auf die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe zurückzuführen, ist somit ehebedingt. Darauf, ob die Gestaltung der Kinderbetreuung und Haushaltsführung während der Ehe einvernehmlich erfolgt ist, kommt es nicht an (Senatsurteil vom 16. Februar 2011 - XII ZR 108/09 - zur Veröffentlichung bestimmt). Der sich daraus ergebende ehebedingte Nachteil entfällt allerdings mit dem Beginn der Altersrente, weil für diese nach den §§ 35 ff. SGB VI neben der Erfüllung der Wartezeit und der Altersvoraussetzung keine Mindestzahl von Pflichtbeiträgen erforderlich ist.

c) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Indem § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB "insbesondere" auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt er andere Gesichtspunkte für die Billigkeitsabwägung nicht aus. Diese Umstände gewinnen beim nachehelichen Krankheitsunterhalt gemäß § 1572 BGB, der regelmäßig nicht mit ehebedingten Nachteilen einhergeht, an Bedeutung (Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 36 ff.; vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Rn. 37 und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 25).

aa) Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung hat das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind (Senatsurteil vom 28. April 2010 - XII ZR 141/08 - FamRZ 2010, 1057 Rn. 17). Auch in solchen Fällen, in denen die fortwirkende eheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, fällt den in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB genannten Umständen also besondere Bedeutung zu (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Auf deren Grundlage, insbesondere der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ist auch der Umfang einer geschuldeten nachehelichen Solidarität zu bemessen (Senatsurteile vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 21; vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Rn. 39 und vom 28. April 2010 - XII ZR 141/08 - FamRZ 2010, 1057 Rn. 17).

Die Ehedauer gewinnt im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt (Senatsurteile vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 2 und vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 21).

bb) Im Rahmen der Billigkeitsabwägung sind allerdings auch alle weiteren Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen. Insbesondere hat der Tatrichter zu ermitteln, wie dringend der Unterhaltsberechtigte, gegebenenfalls neben eigenen Einkünften aus Erwerbsunfähigkeitsrente, auf den Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige durch den Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen oder den angemessenen Unterhalt belastet wird. Auch die Unterhaltspflichten gegenüber gemeinsamen Kindern sind im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen, selbst wenn diese nach § 1609 Nr. 4 BGB gegenüber dem Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nachrangig sind.

Im Rahmen der Billigkeit kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, wenn der Unterhaltspflichtige neben seiner Erwerbstätigkeit weitere Betreuungsleistungen erbringt, zu denen der Unterhaltsberechtigte wegen seiner Erkrankung ebenfalls nicht in der Lage ist (Senatsurteil vom 28. April 2010 - XII ZR 141/08 - FamRZ 2010, 1057 Rn. 23).

cc) Dass der Unterhaltsberechtigte auch ohne eine Befristung Sozialhilfe beziehen müsste, weil der Unterhalt ohnehin nicht sein Existenzminimum abdeckt, ist hingegen kein Grund für eine Befristung. Zwar sind die jeweiligen Belastungen, die mit der Zahlungspflicht für den Unterhaltspflichtigen einerseits bzw. mit einer Herabsetzung oder zeitlichen Begrenzung für den Unterhaltsberechtigten andererseits verbunden sind, im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 39). Dabei darf allerdings nicht auf einen Vergleich mit der Versorgungslage des Unterhaltsberechtigten unter Einbeziehung von Sozialleistungen abgestellt werden. Denn dies liefe darauf hinaus, dass ein Unterhaltsanspruch eher zu befristen wäre, wenn er das Sozialhilfeniveau nicht erreicht. Das widerspräche aber der gesetzlichen Grundentscheidung, wonach Sozialhilfe gegenüber dem Unterhalt nachrangig ist (§§ 2, 94 SGB XII; Senatsurteil vom 28. April 2010 - XII ZR 141/08 - FamRZ 2010, 1057 Rn. 20). Umgekehrt steht einer Begrenzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts aber auch nicht zwingend entgegen, dass der Unterhaltsberechtigte dadurch sozialhilfebedürftig würde (Senatsurteile vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 36 und vom 28. April 2010 - XII ZR 141/08 - FamRZ 2010, 1057 Rn. 18).

2. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des Senats trägt die Begründung des angefochtenen Urteils die Unterhaltsbefristung bis Dezember 2013 nicht.

a) Die Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach ein ehebedingter Nachteil nicht vorliege, lassen wesentliche Umstände des vorliegenden Einzelfalles unberücksichtigt.

aa) Zutreffend hat das Oberlandesgericht zwar ausgeführt, dass die Krankheit der Antragsgegnerin hier nicht ehebedingt ist. Denn nach seinen Feststellungen sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Erkrankung selbst auf die Dauer der Pflege oder Erziehung der gemeinschaftlichen Kinder, die Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe oder die Dauer der Ehe zurückzuführen ist. Auch sind keine weiteren Umstände ersichtlich, die die Erkrankung der Antragsgegnerin auf die Ehe der Parteien zurückführen könnten. Der Umstand, dass die Erkrankung erst nach der Trennung der Parteien aufgetreten ist, spricht hier sogar gegen einen solchen Ehebezug.

bb) Ein ehebedingter Nachteil ist auch nicht darin zu erblicken, dass die Antragsgegnerin während der Ehezeit nicht erwerbstätig war, was zu einer geringeren Altersrente führen kann. Denn insoweit greift der zwischen den Parteien durchgeführte Versorgungsausgleich. Darauf, ob der Ausgleichsbetrag gemeinsam mit den, etwa auf Kindererziehungszeiten beruhenden, eigenen ehezeitlichen Anwartschaften die Höhe der Anwartschaften erreicht, die die Antragsgegnerin bei vollschichtiger Erwerbstätigkeit als Apothekenhelferin während der Ehezeit selbst verdient hätte, kommt es nicht an. Denn durch den Versorgungsausgleich sind die gesamten ehezeitlich erworbenen Versorgungsanwartschaften der Parteien vollständig ausgeglichen. Insoweit können nach der angeführten Rechtsprechung des Senats ehebedingte Nachteile keine Berücksichtigung mehr finden.

cc) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhält die Antragsgegnerin allerdings keine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI, obwohl sie vollständig erwerbsgemindert ist. Zwar ist die Wartezeit nach § 43 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI zweifelsfrei erfüllt, zumal die Antragsgegnerin bereits vor der Ehezeit versicherungspflichtig erwerbstätig war, Kindererziehungszeiten hinzuzurechnen sind und nach § 52 SGB VI auch die im Versorgungsausgleich übertragenen Anwartschaften bei der Bemessung der Wartezeit Berücksichtigung finden. Die Antragsgegnerin erhält aber deswegen keine Rente wegen Erwerbsminderung, weil sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung keine drei Jahre Pflichtbeiträge entrichtet hat (§ 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI). Dies wiederum ist darauf zurückzuführen, dass sie wegen der Erziehung der gemeinsamen Kinder sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit bis zur Trennung nicht erwerbstätig war. Nach der Trennung im Oktober 2002 konnte sie die erforderlichen Zeiten nicht mehr erfüllen, weil die Erkrankung schon bald so fortgeschritten war, dass im November 2003 eine Betreuung eingerichtet und sie im Mai 2004 stationär behandelt werden musste. Damit bildet die entfallene Möglichkeit zum Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente hier einen ehebedingten Nachteil, der im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB zu berücksichtigen ist. Die Höhe dieses ehebedingten Nachteils hat das Berufungsgericht nicht festgestellt (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 23 ff.).

Dieser Nachteil wird auch nicht durch die Unterstützungsleistungen aufgefangen, die die Antragsgegnerin gegenwärtig erhält. Soweit sie im Hinblick auf ihre Erkrankung ein Pflegegeld in Höhe von 205 € monatlich erhält, ist § 1610 a BGB zu beachten, wonach vermutet wird, dass die erhaltenen Sozialleistungen durch die infolge der Körper- oder Gesundheitsschäden notwendigen Aufwendungen vollständig aufgebraucht werden. Anhaltspunkte dafür, dass das Pflegegeld die krankheitsbedingten zusätzlichen Aufwendungen übersteigt, sind hier nicht ersichtlich (vgl. insoweit Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rn. 463 ff.). Auch soweit die Antragsgegnerin Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den §§ 19 Abs. 2, 41 ff. SGB XII erhält, deckt diese ihren Lebensbedarf nicht. Denn diese Grundsicherung ist nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII nur gegenüber solchen Verwandten als bedarfsdeckendes Einkommen zu berücksichtigen, deren jährliches Gesamteinkommen nach § 16 SGB IV unter 100.000 € liegt. Gegenüber anderen unterhaltspflichtigen Verwandten oder Ehegatten ist auch die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung subsidiär. Diesen gegenüber sind die Leistungen also nicht bedarfsdeckend und der Unterhaltsanspruch geht mit der Leistung gemäß § 94 Abs. 1 SGB XII auf den Träger der Sozialleistung über (vgl. Wendl/Scholz aaO § 8 Rn. 152 f. und Wendl/Dose aaO § 1 Rn. 467 a ff.).

b) Die weitere Billigkeitsabwägung, die das Maß der nachehelichen Solidarität einschließt, kann die Befristung des nachehelichen Unterhalts schon deswegen nicht begründen, weil sie von einem fehlenden ehebedingten Nachteil ausgeht und deswegen keine Ausführungen dazu enthält, ob eine Befristung ausnahmsweise trotz des bis zur Altersgrenze verbleibenden ehebedingten Nachteils geboten ist.

Zu Recht hat das Oberlandesgericht zwar die Ehedauer von 22 Jahren berücksichtigt, in denen die Antragsgegnerin ihre Erwerbstätigkeit als Apothekenhelferin für die Kindererziehung und Haushaltstätigkeit aufgegeben hatte. Im Hinblick auf diese Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit waren die Lebensverhältnisse der Parteien hier eng miteinander verknüpft.

Ebenso hat das Berufungsgericht zutreffend einbezogen, dass der Antragsteller seit der Trennung der Parteien neben seiner Erwerbstätigkeit den gemeinsamen Sohn betreut hat, woraus sich für ihn eine überobligatorische Belastung ergab (vgl. BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739 - Rn. 103). Auch die Pflicht des Antragstellers zur Beitragszahlung in Höhe von 6.835,99 € im Rahmen des Versorgungsausgleichs ist ein zu berücksichtigender Billigkeitsgesichtspunkt. Gleiches gilt für den Umstand, dass der Antragsteller seit der Trennung für den Unterhalt der beiden gemeinsamen Kinder allein aufkommen muss, was ihn, unabhängig vom Rang des Kindesunterhalts, zusätzlich belastet (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 2009 - XII ZR 54/06 - FamRZ 2009, 762 Rn. 46 ff.). Nach Abzug des Unterhalts für den gemeinsamen Sohn verfügt der Antragsgegner noch über Einkünfte von weniger als 2.300 €, von denen der titulierte Elementar, Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von insgesamt 1.340 € abzusetzen ist. Dem Antragsteller verbleiben nach der Unterhaltsbemessung der Instanzgerichte mithin lediglich Einkünfte, die sogar unter seinem Selbstbehalt von 1.050 € (Senatsurteil vom 15. März 2006 - XII ZR 30/04 - FamRZ 2006, 683, 684 f.; zur Höhe vgl. Anm. B IV zur Düsseldorfer Tabelle und Ziff. 21.3.2 der Leitlinien der Oberlandesgerichte) liegen.

3. Das Oberlandesgericht hat im Rahmen seiner Billigkeitsprüfung nach § 1578 b BGB aber verkannt, dass die Antragsgegnerin durch die Kindererziehung und Haushaltstätigkeit während der Ehe ehebedingte Nachteile erlitten hat. Unter Berücksichtigung dieser Nachteile wird das Oberlandesgericht die Höhe und Dauer des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) erneut auf seine Billigkeit zu überprüfen haben (§ 1578 b BGB). Dabei wird es für die Zeit ab 2014 auch die Höhe des Unterhalts unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Antragstellers überprüfen müssen. Soweit das Oberlandesgericht einen dauerhaften Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen für unbillig erachtet, wird es auch eine weitere Herabsetzung des Unterhalts auf den am Existenzminimum orientierten notwendigen Selbstbehalt von zurzeit 770 € prüfen müssen. Wenn das Oberlandesgericht wegen der erheblichen Belastungen des Antragstellers trotz des gegenwärtig vorliegenden ehebedingten Nachteils erneut eine Befristung des Unterhalts prüft, wird es dies und alle übrigen Umstände des vorliegenden Einzelfalles zu berücksichtigen haben. ..."

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Die Krankheit eines unterhaltsbedürftigen Ehegatten stellt regelmäßig keinen ehebedingten Nachteil dar. Hierunter sind vornehmlich Einbußen zu verstehen, die sich aus der Rollenverteilung in der Ehe ergeben, nicht dagegen solche, die aufgrund sonstiger persönlicher Umstände oder schicksalhafter Entwicklungen eingetreten sind (im Anschluss an Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414). Zur Herabsetzung und Befristung des Anspruchs auf Krankenunterhalt (BGH, Urteil vom 07.07.2010 - XII ZR 157/08 zu BGB §§ 1572, 1578 b).

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§ 1578 b BGB ist - auch - im Hinblick auf die Befristung des Krankheitsunterhalts nicht wegen Unbestimmtheit verfassungswidrig. Die Krankheit des unterhaltsbedürftigen Ehegatten stellt regelmäßig keinen ehebedingten Nachteil dar. Das gilt auch dann, wenn eine psychische Erkrankung durch die Ehekrise und Trennung ausgelöst worden ist. Dass der Unterhalt nach der bis zum Dezember 2007 geltenden Rechtslage tituliert ist, ist als ein den Vertrauensschutz des Unterhaltsberechtigten verstärkendes Element bereits im Rahmen der Entscheidung über die Befristung des Unterhalts zu berücksichtigen. Im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung ist auch die gesetzliche Bewertung zur Zumutbarkeit einer Abänderung nach § 36 Nr. 1 EGZPO zu beachten (BGH, Urteil vom 30.06.2010 - XII ZR 9/09).

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Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. § 1578 b BGB beschränkt sich allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (im Anschluss an die Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 und vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207). Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auch auf die konkrete Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen. Beim Krankheitsunterhalt kann deswegen nur auf das Einkommen abgestellt werden, das der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung im Falle seiner Krankheit zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 b BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten erreichen muss (im Anschluss an das Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990, 1991; BGH, Urteil vom 17.02.2010 - XII ZR 140/08 zu BGB §§ 1572, 1578 b).

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Auch der Unterhaltspflichtige darf grundsätzlich neben der gesetzlichen Altersvorsorge eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben, die beim Ehegattenunterhalt mit einem Betrag bis zu 4% seines Bruttoeinkommens zu berücksichtigen ist. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen nicht darauf an, ob bereits während der Ehezeit Beiträge für eine solche Altersvorsorge gezahlt wurden. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. § 1578b BGB beschränkt sich allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (im Anschluss an Senat, BGHZ 179, 43 = NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 = FamRZ 2009, 406; BGH, Urteil vom 27.05.2009 - XII ZR 111/08 zu BGB §§ 1572, 1578b):

„... Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab Februar 2007. Sie hatten im April 1972 geheiratet, als die Kl. 16 Jahre alt und vom Bekl. schwanger war. Aus ihrer Ehe sind insgesamt vier Kinder hervorgegangen, von denen nur noch die im Oktober 1987 geborene jüngste Tochter, die im Haushalt der Kl. wohnt, unterhaltsbedürftig ist. Die Ehe der Parteien wurde im Mai 1998 geschieden. Im Hinblick auf die Unterhaltspflicht des Bekl. für die gemeinsamen Kinder machte die Kl. zunächst keinen nachehelichen Unterhalt geltend. Die Kl. ist nach einer im Jahre 1989 diagnostizierten Darmkrebserkrankung seit 1993 als zu 100% schwerbehindert eingestuft und bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente, die sich zunächst auf 1039,21 Euro belief und seit Juli 2007 1040,19 Euro beträgt. Daneben erzielt sie Einkünfte aus einer geringfügigen Erwerbstätigkeit in Höhe von monatlich 349 Euro. Um den Arbeitsplatz zu erreichen, muss sie zweimal wöchentlich mit dem Pkw 30 km zurücklegen. Für eine Lebensversicherung zahlt die Kl. monatliche Beiträge in Höhe von 51,13 Euro. Im Jahre 2007 musste sie eine Steuernachzahlung in Höhe von insgesamt 74 Euro, im Jahre 2008 eine solche in Höhe von 488 Euro leisten. Der Bekl. erzielt als Beamter Nettoeinkünfte in Höhe von 2601,28 Euro, in denen eine Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von monatlich 104,17 Euro enthalten ist. Hinzu kommt eine Steuererstattung, die sich nach Abzug der Kosten für die Erstellung der Steuererklärung im Jahre 2007 auf insgesamt 790,02 Euro und im Jahre 2008 auf insgesamt 744,78 Euro belief. Die Beiträge des Bekl. zur Krankenversicherung betrugen im Jahre 2007 monatlich 303,98 Euro und belaufen sich ab Januar 2008 auf monatlich 314,85 Euro. Für eine Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zahlte der Bekl. ursprünglich monatlich 302,16 Euro, wovon nach den Feststellungen des BerGer. 111,85 Euro auf die Berufsunfähigkeitsversicherung und 190,31 Euro auf die Lebensversicherung entfielen. Für die Zeit ab Juli 2007 ist der Gesamtbeitrag auf monatlich 317,27 Euro gestiegen. Für sich und die noch unterhaltsberechtigte Tochter A zahlt der Bekl. monatliche Beiträge für eine Krankenhaustagegeldversicherung, die ursprünglich 13,01 Euro betrugen und sich seit November 2007 auf 17,51 Euro belaufen. Außerdem zahlt der Bekl. monatliche Beiträge für eine weitere Lebensversicherung in Höhe von ursprünglich 49,49 Euro und von 52,02 Euro seit September 2007. Schließlich zahlt er Monatsraten auf einen Bausparvertrag in Höhe von 75 Euro. Auf den Unterhaltsanspruch der Tochter A zahlt der Bekl. monatlich 250 Euro, während die Kl. für den restlichen Barunterhalt der volljährigen Tochter aufkommt.

Das AG hat der auf einen Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 111,40 Euro gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung des Bekl. hat das OLG - unter Zurückweisung der mit einer Klageerweiterung verbundenen Anschlussberufung der Kl. - der Klage in geringerem Umfang stattgegeben und den Bekl. verurteilt, an die Kl. für die Zeit ab dem 20. 2. 2007 Unterhalt in wechselnder Höhe, zuletzt für die Zeit ab Januar 2008 in Höhe von monatlich 103 Euro zu zahlen. Die vom Bekl. begehrte Befristung des Unterhaltsanspruchs hat es abgelehnt. Die Revision hat das BerGer. „im Hinblick auf die Anwendung des neuen Unterhaltsrechts zur Frage der Beschränkung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b BGB" zugelassen. Die dagegen gerichtete Revision des Bekl., mit der er nach wie vor Klageabweisung begehrt, hatte keinen Erfolg. Die Anschlussrevision der Kl., die auf einen höheren Unterhalt für die Zeit ab Juli 2007, zuletzt für die Zeit ab Juni 2008 auf monatlich 209 Euro gerichtet war, hatte Erfolg. ...

A.I. Die Revision des Bekl. ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zu nachehelichem Unterhalt für die Zeit bis Ende 2007 richtet. Denn insoweit hat das BerGer. die Revision nicht zugelassen (§ 543 I ZPO).

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben (Senat, NJW 2008, 2351 = FamRZ 2008, 1339 [1340]; BGHZ 153, 358 [360f.] = NJW 2003, 1518 = FPR 2003, 330 = FamRZ 2003, 590; NJW 2004, 1324 = FPR 2004, 246 = FamRZ 2004, 612). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das BerGer. die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (Senat, NJW-RR 2001, 485 [486]). Das ist hier der Fall.

Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das OLG die Revision nur zur Höhe und Dauer des Betreuungsunterhalts nach dem seit dem 1. 1. 2008 geltenden Unterhaltsrecht zulassen wollte. Denn die ausdrücklich in Bezug genommene Neuregelung des § 1578b BGB ist erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten. Die grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wirkt sich deswegen nur auf den Unterhaltsanspruch ab Januar 2008 aus. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage - wie hier - nur auf einen Teil des streitigen Zeitraums, liegt regelmäßig die Annahme nahe, das BerGer. habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils zulassen wollen. Ein derartiges Verständnis des Ausspruchs über die Zulassung trägt auch der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des RevGer. auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung. Es verhindert umgekehrt, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (Senat, NJW 2009, 1876 = FPR 2009, 238 = FamRZ 2009, 770 [771] Rdnr. 9; NJW 2003, 1177 = FPR 2003, 253 = FamRZ 2003, 445 [446]).

II. Die Anschlussrevision der Kl. ist hingegen nach § 554 II 1 ZPO in vollem Umfang zulässig.

Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit zur Einlegung einer Anschlussrevision durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. 7. 2001 (BGBl I 2001, 1887 [1901]) dadurch erweitert, dass nach § 554 II 1 ZPO - abweichend vom bis dahin geltenden Recht (vgl. insoweit Senat, NJW-RR 1998, 505 = FamRZ 1998, 286 [287]) - eine Anschlussrevision auch ohne eine vorherige Zulassung statthaft ist. Dem Revisionsbekl. soll nach der Gesetzesbegründung die Möglichkeit eröffnet werden, eine Abänderung des Berufungsurteils zu seinen Gunsten zu erreichen, wenn das Revisionsverfahren ohnehin durchgeführt werden muss. Es sei unbillig, der friedfertigen Partei, die bereit sei, sich mit der Entscheidung abzufinden, die Anschließungsmöglichkeit für den Fall abzuschneiden, dass der Gegner die Entscheidung wider Erwarten angreife (BT-Dr 14/4722, S. 108). Daher kann eine Anschlussrevision bei beschränkter Zulassung der Revision auch dann wirksam eingelegt werden, wenn die Anschlussrevision nicht den Streitgegenstand betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (BGHZ 174, 244 [253] = NJW 2008, 920 = FamRZ 2008, 402 m.w. Nachw.).

Die Neuregelung der Anschlussrevision in § 554 ZPO ändert aber nichts daran, dass sie als unselbstständiges Rechtsmittel akzessorischer Natur ist. Dieser Abhängigkeit der Anschlussrevision würde es widersprechen, wenn mit ihr Streitstoff eingeführt werden könnte, der mit dem Gegenstand der Hauptrevision weder in einem rechtlichen noch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht. Es kommt hinzu, dass eine unbeschränkte Statthaftigkeit der Anschlussrevision in Fällen, in denen die Hauptrevision zu Gunsten einer Partei nur teilweise zugelassen wurde, zu einer Benachteiligung des Revisionskl. führte und somit über den Gesetzeszweck der Schaffung einer Art Waffengleichheit zwischen den Parteien hinausginge. Die - grundsätzlich zulässige - Beschränkung der Revision führt dazu, dass der Revisionskl. das Urteil im Revisionsverfahren nur zum Teil angreifen kann. Soweit kein Revisionszulassungsgrund vorliegt, muss er das Berufungsurteil hinnehmen. Im Falle der Einlegung der Revision könnte dann aber bei einer uneingeschränkten Statthaftigkeit der Anschlussrevision der Revisionsbekl. das Urteil - soweit er unterlegen ist - insgesamt anfechten, selbst wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen Fehlens eines Zulassungsgrundes oder mangels Erreichens des Beschwerdewerts gem. § 26 Nr. 8 EGZPO nicht erfolgreich gewesen wäre. Eine Benachteiligung des Revisionskl. wäre nur dann nicht gegeben, wenn man ihm das Recht zu einer Gegenanschließung gewährte. Eine derartige Möglichkeit hat der Gesetzgeber indes nicht vorgesehen. Die insoweit bestehende Ungleichbehandlung ist dann nicht gerechtfertigt, wenn der Gegenstand der Anschlussrevision in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Hauptrevision steht (BGHZ 174, 244 [253f.] = NJW 2008, 920 = FamRZ 2008, 402 m.w. Nachw.).

Diese Einschränkung der Zulässigkeit einer Anschlussrevision kommt hier allerdings nicht zum Tragen. Denn der Unterhaltszeitraum von Februar bis Dezember 2007 steht wegen der auch insoweit zu entscheidenden Rechtsfragen schon in rechtlichem Zusammenhang mit dem von der Revision zulässig angegriffenen Unterhaltszeitraum ab Januar 2008.

B. Soweit die Revision des Bekl. zulässig ist, bleibt sie ohne Erfolg, während die Anschlussrevision der Kl. im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das BerGer. führt.

I. Das BerGer. (BeckRS 2009, 16933) hat der Klage zur Höhe lediglich teilweise stattgegeben und eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Kl. abgelehnt. ...

II. Diese Ausführungen des BerGer. halten nicht in allen Punkten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

1. Zu Recht hat das BerGer. allerdings die Einwände des Bekl. gegen den Anspruch auf Krankheitsunterhalt zurückgewiesen, soweit sie auf einen Verzicht der Kl. oder eine Verwirkung ihres Unterhaltsanspruchs gerichtet sind. Auch die Revision des Bekl. erinnert hierzu nichts.

2. Die Anschlussrevision der Kl. hat schon deswegen Erfolg, weil das OLG ihren Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht zutreffend ermittelt hat.

a) Zu Recht ist das BerGer. davon ausgegangen, dass sich die Höhe des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Kl.gem. § 1578 I 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet. Der unbestimmte Rechtsbegriff der „ehelichen Lebensverhältnisse" ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats allerdings nicht mehr im Sinne eines strikten Stichtagsprinzips auszulegen. Eine solche Fixierung auf einen bestimmten Stichtag lässt sich der Vorschrift des § 1578 I 1 BGB nicht entnehmen. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sind bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen vielmehr spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Die in § 1578 I 1 BGB vorgegebene Anknüpfung an die ehelichen Lebensverhältnisse kann deren grundsätzliche Wandelbarkeit lediglich nach dem Zweck des nachehelichen Unterhalts einerseits und der fortwirkenden ehelichen Solidarität andererseits begrenzen (Senat, BGHZ 179, 196 = NJW 2009, 588 = FPR 2009, 118 = FamRZ 2009, 411 [413f.]).

b) Diesen Vorgaben der neueren Rechtsprechung des Senats hält das angefochtene Urteil nicht in allen Punkten stand.

aa) Im Ansatz zutreffend ist das BerGer. bei der Bemessung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Kl. allerdings von den unstreitigen Nettoeinkünften des Bekl. in Höhe von 2601,28 Euro ausgegangen und hat dem - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senat, BGHZ 175, 182 [195] = NJW 2008, 1663 = FPR 2008, 303 = FamRZ 2008, 968 [971]) - die vom Bekl. erhaltenen Steuererstattungen hinzugerechnet.

Bei der Bemessung der unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Steuererstattungen hat das BerGer. ebenfalls zutreffend die Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen abgesetzt. In seiner neueren Rechtsprechung zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen knüpft der Senat grundsätzlich an die tatsächlichen Verhältnisse während des Unterhaltszeitraums an. Nach den Feststellungen des BerGer. musste der Bekl. für seine Steuererklärung im Jahre 2007 84 Euro und im Jahre 2008 115 Euro aufwenden, die seine Steuererstattung entsprechend schmälern. Eine Berücksichtigung dieser Verringerung des verfügbaren Einkommens findet nach der neueren Rechtsprechung des Senats erst in der nachehelichen Solidarität ihre Grenze. Nur bei einem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten ist deswegen entgegen den tatsächlichen Verhältnissen von fiktiv höheren Einkünften auszugehen (Senat, BGHZ 175, 182 [195f.] = NJW 2008, 1663 = FPR 2008, 303 = FamRZ 2008, 968 [971f.]). Ein solches unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten hat das OLG bezüglich der Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen zu Recht abgelehnt. Denn die steuerliche Behandlung der Erwerbseinkünfte ist auch für abhängig beschäftigte Arbeitnehmer nicht offenkundig, eine geringere Steuerlast kommt auch dem unterhaltsberechtigten Ehegatten zugute und oftmals ergibt sich erst durch die Beratung, ob steuerrechtlich zu beachtende Besonderheiten vorliegen. Ein Abzug tatsächlich angefallener Kosten für die Steuererklärung ist deswegen nur dann ausgeschlossen, wenn von vornherein feststeht, dass für das abgelaufene Steuerjahr weder eine Steuerpflicht noch eine Erstattung in Betracht kommt (vgl. Wendl/Dose, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1 Rdnr. 108; a.A. OLG Hamm, FamRZ 1992, 1177; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rspr. zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rdnr. 1051).

Zu Recht hat das BerGer. vom Nettoeinkommen des Bekl. auch neben der Dienstaufwandsentschädigung die Kosten für seine Krankenversicherung, seine Berufsunfähigkeitsversicherung und die Krankenhaustagegeldversicherung abgesetzt. Diese Beiträge dienen der Sicherung des Erwerbseinkommens des Bekl. im Falle von Krankheit oder Arbeitslosigkeit, ohne dass der Bekl. dadurch zu Lasten der Kl. eigenes Vermögen bildet. Die Kosten für diese reinen Risikoversicherungen sind deswegen als Kosten zur Erhaltung des Arbeitseinkommens zu berücksichtigen.

bb) Zutreffend weist die Anschlussrevision der Kl. allerdings darauf hin, dass das BerGer. mit dem Abzug der Beiträge für zwei Lebensversicherungen und einen Bausparvertrag Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt hat, die den nach der Rechtsprechung des Senats geltenden Höchstbetrag der zusätzlichen Altersvorsorge übersteigen.

Nach der Rechtsprechung des Senats darf auch der Unterhaltspflichtige von seinen Einkünften grundsätzlich neben der gesetzlichen Altersvorsorge eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben, die unterhaltsrechtlich beim Elternunterhalt bis zu 5% des Bruttoeinkommens (Senat, NJW-RR 2004, 793 = FPR 2004, 408 = FamRZ 2004, 792 [793]; NJW 2006, 3344 = FamRZ 2006, 1511 [1514]) und im Übrigen bis zu 4% des Bruttoeinkommens (Senat, BGHZ 163, 84 [97ff.] = NJW 2005, 3277 = FamRZ 2005, 1817 [1821f.]; BGHZ 171, 206 [216] = NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793 [795]) betragen kann.

Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen entgegen der Auffassung des BerGer. jedoch nicht darauf an, ob bereits während der Ehezeit Beiträge für eine solche Altersvorsorge gezahlt wurden. Denn wenn der Unterhaltspflichtige bereits während der Ehezeit eine zusätzliche Altersvorsorge - wie hier in Form einer Kapitallebensversicherung - betrieben hatte, profitiert der andere Ehegatte regelmäßig im Zugewinnausgleich davon. Für die Zeit ab Zustellung des Scheidungsantrags, die vom Zugewinnausgleich nicht mehr erfasst wird, können überhöhte ehezeitliche Vorsorgekosten keine Rechtfertigung für deren Fortdauer geben. Dies würde nunmehr auf eine einseitige Vermögensbildung des unterhaltspflichtigen Ehegatten zu Lasten der Unterhaltsansprüche des unterhaltsberechtigten Ehegatten hinauslaufen (vgl. zum Wohnvorteil Senat, NJW 2008, 1946 = FPR 2008, 384 = FamRZ 2008, 963 [965] Rdnrn. 17ff.). Umgekehrt ist nach der Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen allerdings auch eine erst nachehelich hinzutretende zusätzliche Altersvorsorge zu berücksichtigen, weil darin kein unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten liegt, welches die nacheheliche Solidarität der geschiedenen Ehegatten verletzt (vgl. Senat, BGHZ 179, 196 = NJW 2009, 588 = FPR 2009, 118 = FamRZ 2009, 411 [413f.]).

Das OLG durfte danach die der Altersvorsorge dienenden Beiträge des Bekl. für seine beiden Lebensversicherungen und den Bausparvertrag nicht in voller Höhe von monatlich 314,80 Euro (190,31 Euro + 49,49 Euro + 75 Euro), sondern lediglich in Höhe von 4% des Bruttoeinkommens berücksichtigen. Der Senat kann insoweit aber nicht selbst abschließend entscheiden, weil es an den erforderlichen Feststellungen durch das BerGer. fehlt. Denn es hat weder das Bruttoeinkommen des Bekl. festgestellt, noch die Höhe des auf die Lebensversicherung entfallenden Beitrags für den mit der Berufsunfähigkeitsversicherung verbundenen Versicherungsvertrag. Zwar hatte das AG die monatlichen Kosten für diesen Versicherungsvertrag in Höhe von ursprünglich 302,16 Euro entsprechend dem Vortrag des Bekl. in einen Teil für die Berufsunfähigkeitsversicherung von 111,85 Euro und einen weiteren Teil für die Lebensversicherung in Höhe von 190,31 Euro aufgeteilt. Dies widerspricht allerdings der in Bezug genommenen Auskunft der Versicherungsgesellschaft, die den Beitrag in einen Teil von 122,14 Euro für die Berufsunfähigkeitsversicherung und einen Teil von 180,02 Euro für die Lebensversicherung aufgeteilt hatte. Auch die Aufteilung für die Zeit ab der Erhöhung des Gesamtbeitrags zum 1. 7. 2007 von 302,16 Euro auf 317,27 Euro hat das OLG - aus seiner Sicht konsequent - nicht festgestellt. Das angefochtene Urteil ist deswegen aufzuheben und der Rechtsstreit ist insoweit an das BerGer. zurückzuverweisen.

3. Soweit der Bekl. mit seiner Revision eine zeitliche Befristung oder eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578b BGB begehrt, hat diese hingegen keinen Erfolg. Denn das OLG hat im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Kl. in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgelehnt.

a) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578b II 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den nach § 1578b II 2 BGB entsprechend anzuwendenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578b I 2, 3 BGB.

aa) Danach ist bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Wie schon nach der Rechtsprechung des Senats zu § 1573 V BGB a.F. (Senat, NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006 [1007]) schränken solche ehebedingten Nachteile regelmäßig auch nach der Neufassung des § 1578b BGB (BT-Dr 16/1830, S. 19) die Möglichkeit einer Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ein (Senat, NJW 2008, 2581 = FPR 2008, 379 = FamRZ 2008, 1325 [1328]). Solche Nachteile können sich nach § 1578b I 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Im Rahmen des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB führt etwa eine fehlende oder eingeschränkte Erwerbsmöglichkeit wegen Betreuung eines gemeinsamen Kindes zu einem ehebedingten Nachteil, der regelmäßig unterhaltsrechtlich auszugleichen ist (vgl. insoweit Senat, NJW 2009, 1876 = FPR 2009, 238 = FamRZ 2009, 770 [772ff.]). Auch bei der Entscheidung über eine Begrenzung oder Befristung des Unterhalts wegen Alters nach § 1571 BGB ist zu berücksichtigen, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte trotz eines durchgeführten Versorgungsausgleichs geringere Renteneinkünfte erzielt, als er ohne die Ehe und die Erziehung der gemeinsamen Kinder erzielen würde. Beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB, bei dem die Krankheit regelmäßig nicht ehebedingt ist, kann sich ein ehebedingter Nachteil nur daraus ergeben, dass ein Unterhaltsberechtigter auf Grund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsunfähigenrente in Folge der Ehe und Kindererziehung geringer ist, als sie ohne die Ehe wäre (Senat, BGHZ 179, 43 = NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 = FamRZ 2009, 406 [408]). Insoweit entsprechen sich der Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB. In beiden Fällen ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senat, NJW 2008, 2581 = FPR 2008, 379 = FamRZ 2008, 1325 [1328f.]; NJW 2008, 2644 = FPR 2008, 449 = FamRZ 2008, 1508 [1511]).

bb) § 1578b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BT-Dr 16/1830, S. 19). Denn indem § 1578b I 2 BGB „insbesondere" auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt es andere Gesichtspunkte für die Billigkeitsabwägung nicht aus. Dieser Umstand gewinnt besonders beim nachehelichen Unterhalt gem. § 1572 BGB wegen einer Krankheit, die regelmäßig nicht ehebedingt ist, an Bedeutung (Senat, BGHZ 179, 43 = NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 = FamRZ 2009, 406 [409]).

Allerdings handelt es sich bei einer schweren Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit in der Regel um eine schicksalhafte Entwicklung. Eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten für das allein im zeitlichen Zusammenhang mit der Ehe stehende Krankheitsrisiko ist deswegen nicht ohne Weiteres gerechtfertigt. Der Einsatzzeitpunkt in § 1572 BGB schließt deswegen eine Einstandspflicht des geschiedenen Ehegatten für erst nachehelich eingetretene Erkrankungen aus (Senat, BGHZ 179, 43 = NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 = FamRZ 2009, 406 [409]).

Andererseits hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit oder Gebrechen in § 1572 BGB ein besonderes Maß an nachehelicher Solidarität festgeschrieben, das auch im Rahmen der Begrenzung oder Befristung dieses nachehelichen Unterhalts nicht unberücksichtigt bleiben kann. Auch in solchen Fällen, in denen die fortwirkende eheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, fällt den in § 1578b I 3 BGB genannten Umständen besondere Bedeutung zu (BT-Dr 16/1830, S. 19). Auf deren Grundlage, insbesondere der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ist auch der Umfang einer geschuldeten nachehelichen Solidarität zu bemessen.

b) Soweit das BerGer. auf dieser rechtlichen Grundlage eine Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Kl. abgelehnt hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

aa) Zwar ist die Krebserkrankung der Kl. nach den Feststellungen des BerGer. unabhängig von Ehe, Kindererziehung und Rollenverteilung in der Ehe eingetreten und somit nicht ehebedingt. Dass die Erwerbsunfähigkeitsrente der Kl. unter Berücksichtigung ihrer Kindererziehungszeiten und der damit verbundenen Anrechnungszeiten sowie des durchgeführten Versorgungsausgleichs geringer ist, als sie ohne die Ehe und Kindererziehung wäre, hat das BerGer. ebenfalls nicht festgestellt.

bb) Der unbegrenzte Ausspruch des nachehelichen Unterhalts als Billigkeitsentscheidung ist gleichwohl aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das BerGer. hat der nachehelichen Solidarität der Ehegatten hier zu Recht eine besondere Bedeutung eingeräumt. Denn die Parteien waren 26 Jahre verheiratet und hatten eine reine Hausfrauenehe geführt. Die Kl. hatte bereits im Alter von 16 Jahren wegen der eingetretenen Schwangerschaft geheiratet und konnte deswegen keine Berufsausbildung absolvieren. Die vier ehelich geborenen Kinder sind von ihr betreut und erzogen worden. Im Zeitpunkt der Scheidung war die jüngste Tochter erst zehn Jahre alt und noch betreuungsbedürftig. Die Kl. hat sich somit seit Abschluss ihrer Schulzeit und weit über den Zeitpunkt ihrer Krebserkrankung im Jahre 1989 hinaus allein für die Ehe der Parteien eingesetzt. Dies begründet ein besonders gewichtiges Vertrauen, das im Rahmen einer Befristung und Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b BGB ebenfalls zu berücksichtigen ist.

Auch die weiteren Umstände stehen der Entscheidung des BerGer. im Rahmen der notwendigen Gesamtschau aus revisionsrechtlicher Sicht nicht entgegen. Denn die Kl. erzielt aus ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente und ihren Nebeneinkünften abzüglich aller Kosten lediglich Einkünfte in Höhe von rund 1140 Euro, die nur wenig über den angemessenen Selbstbehalt hinausgehen. Demgegenüber verbleiben dem Bekl. nach Abzug sämtlicher unterhaltsrelevanter Kosten und des für die volljährige Tochter gezahlten Unterhalts deutlich höhere Einkünfte, von denen er den relativ geringen Unterhaltsanspruch der Kl. ohne besondere Einschränkung erbringen kann. Ein berechtigtes Vertrauen, das einem unbefristeten Unterhaltsanspruch der Kl. entgegenstehen könnte, konnte sich schon deswegen nicht bilden, weil die Kl. bereits im Jahre 1989 erkrankt und seit 1993 dauerhaft als zu 100% erwerbsunfähig eingestuft war, während die Ehe der Parteien erst im Jahre 1998 geschieden wurde. ..."

***

„... Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten um nachehelichen Unterhalt und dessen Befristung. Die Parteien heirateten am 23. Juni 1994. Für den Antragsgegner war es die zweite Ehe. Die Antragstellerin war seinerzeit 36 Jahre alt, der Antragsgegner 47 Jahre. Nach der Eheschließung führten sie zunächst noch getrennte Haushalte. Bis zur Trennung im Mai 2003 lebten sie fünf Jahre zusammen. Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen. Die Antragstellerin ist Versicherungskauffrau. Der Antragsgegner ist gelernter Klempner und Installateur. Er arbeitete zuletzt als Maschinenführer. Seit 1998 ist er krankheitsbedingt nicht mehr erwerbstätig und bezieht neben der gesetzlichen Rente wegen Erwerbsminderung eine Betriebsrente. Er begehrt von der Antragstellerin nachehelichen Unterhalt.

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Ehe der Parteien durch Verbundurteil geschieden. Es hat die Antragstellerin - überwiegend entsprechend ihrem Anerkenntnis - zur Zahlung von 235 € Geschiedenenunterhalt verurteilt und den Unterhalt auf drei Jahre ab Rechtskraft der Ehescheidung befristet. Des weiteren hat es im Versorgungsausgleich Rentenanwartschaften der Antragstellerin auf den Antragsgegner übertragen und schließlich die Antragstellerin zu einem Zugewinnausgleich von 6.000 € verurteilt. Auf die Berufung des Antragsgegners gegen die Entscheidung über den Unterhalt hat das Berufungsgericht den Unterhalt auf monatlich 285 € erhöht, es allerdings bei der Befristung belassen.

Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Antragsgegners, der eine Erhöhung des Unterhalts und einen Wegfall der Befristung erstrebt.

Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat die zeitliche Begrenzung des Unterhalts auf § 1573 Abs. 5 BGB a.F. gestützt und als Anspruchsgrundlage für den Geschiedenenunterhalt nicht § 1572 BGB, sondern § 1573 Abs. 2 BGB angesehen. Zwar werde in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, dass allein ein Anspruch nach § 1572 BGB bestehe, wenn der Berechtigte krankheitsbedingt vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert sei. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur teilweisen Erwerbstätigkeit beim Betreuungsunterhalt ergebe sich indessen, dass der Betreuungsunterhalt seinen Rechtsgrund darin finde, dass der Berechtigte durch die Betreuung teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert sei. Diese Überlegung müsse auch auf Fälle übertragen werden, in denen der Berechtigte vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert sei. Denn es gebe gerade im Hinblick auf die Befristung keinen Grund, dem Unterhaltsanspruch eines Nichterwerbstätigen den vollen Bestandsschutz der §§ 1570 bis 1572 BGB zu gewähren, während der Unterhaltsanspruch eines Teilerwerbstätigen diesen Bestandsschutz nur in dem Umfang erhalte, in dem er seinen Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (offenbar gemeint: seinen Lebensbedarf aufgrund des ohne Erwerbshindernis erzielbaren Einkommens) nur deshalb nicht decken könne, weil er nicht mehr voll erwerbstätig sein könne. Der Anspruch eines Nichterwerbstätigen unterliege im Gegensatz zu dem des teilweise Erwerbstätigen nicht der Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB (a.F.).

Auf den Anspruch aus § 1572 BGB übertragen bedeute dies, dass der Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen seinen Rechtsgrund stets darin finde, dass der Unterhaltsberechtigte nicht erwerbstätig sein könne und deshalb das nach seinen persönlichen Verhältnissen erzielbare Einkommen nicht erziele. Darüber hinaus gehender Unterhalt ergebe sich (allein) aus § 1573 Abs. 2 BGB. Dem Antragsgegner würden mit seinen - aufgrund des Versorgungsausgleichs erhöhten - Rentenbezügen 1.449 € zur Verfügung stehen, während aufgrund seines zuletzt erzielten Arbeitsverdienstes nach Abzug pauschaler Werbungskosten und eines Erwerbstätigenbonus (1/7) nur 1.415 € in die Unterhaltsberechnung einzustellen wären. Eine zwischenzeitliche Erhöhung des Arbeitnehmereinkommens habe der Antragsgegner nicht dargelegt.

Der - vom Berufungsgericht rechnerisch näher ermittelte - Aufstockungsunterhalt sei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auf die Dauer von drei Jahren nach Rechtskraft der Ehescheidung zu befristen. Dabei hat das Berufungsgericht die Dauer der Ehe gewürdigt ("weder lang noch ungewöhnlich kurz") und die zunächst noch getrennte Haushaltsführung. Die Erwerbsunfähigkeit des Antragsgegners sei hingegen als ehebedingter Nachteil zu werten. Dafür genüge es, dass die Erkrankung während der Ehe eingetreten und von beiden Ehegatten in der durch die Eheschließung begründeten "Schicksalsgemeinschaft" mitzutragen sei. Ein Nachteil im Hinblick auf die Deckung des sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen ergebenden Unterhaltsbedarfs (auch hier offenbar gemeint: Lebensbedarf aufgrund des ohne Erwerbshindernis erzielbaren Einkommens) lasse sich aber nicht feststellen. Die Ehe habe nicht den Charakter gehabt, dass einer der Ehegatten den anderen auf Dauer habe versorgen sollen. Auch dass die Antragstellerin für mehrere Jahre Trennungsunterhalt gezahlt habe, sei zu berücksichtigen.

II. Die Revision ist unzulässig, soweit der Antragsgegner eine Erhöhung des vom Berufungsgericht bis zum Ablauf von drei Jahren nach Rechtskraft der Scheidung zugesprochenen Geschiedenenunterhalts begehrt. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen.

Das Berufungsgericht hat ausweislich des Urteilstenors die Revision zu der Frage zugelassen, aus welcher Anspruchsgrundlage sich der Anspruch des Antragsgegners ergibt, sowie zu der daran anknüpfenden Frage der Befristung des nachehelichen Unterhalts. Die Zulassung der Revision kann allerdings nicht auf einzelne Rechtsfragen beschränkt werden, sondern nur auf abgrenzbare Teile des Streitgegenstandes. Aus der Zulassung ist aber hinreichend deutlich erkennbar, dass das Berufungsgericht die Revision nur im Hinblick auf die Befristung zulassen wollte und die Frage der Anspruchsgrundlage als notwendige Vorfrage miterwähnt hat. Insoweit ist der mit der Klage geltend gemachte Unterhalt in zeitlicher Hinsicht teilbar und eine entsprechend eingeschränkte Zulassung der Revision möglich (Senatsurteile vom 25. Januar 1995 - XII ZR 195/93 - FamRZ 1995, 1405 und BGHZ 153, 358, 362 f. = FamRZ 2003, 590, 591 m. Anm. Büttner).

Für die eingeschränkte Zulassung der Revision reicht es aus, dass der Anspruch teilbar ist. Es ist nicht erforderlich, dass ein (Wertungs-)Widerspruch zwischen der abschließenden Entscheidung über den noch in der Revision anhängigen Teil und der bereits rechtskräftigen Teilentscheidung auszuschließen ist. Denn die Zulassung der Revision kann in gleicher Weise beschränkt werden, wie der Revisionskläger selbst sein Rechtsmittel beschränken könnte (BGHZ 101, 276, 278; Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - XII ZR 195/93 - FamRZ 1995, 1405). Eine Beschränkung der Revision auf den nach Ablauf der Befristung liegenden Zeitraum wäre wirksam.

Die Revision ist demnach nur zulässig, soweit der Antragsgegner weiteren Unterhalt für die Zeit nach Ablauf von drei Jahren seit Rechtskraft der Scheidung geltend macht.

III. Soweit die Revision zulässig ist, hält das Berufungsurteil einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

1. Die Begründung des Berufungsgerichts ist allerdings nicht frei von Rechtsfehlern. Die vom Berufungsgericht vorgenommene zeitliche Begrenzung (Befristung) des Unterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. war nicht zulässig. Denn der Unterhaltsanspruch des Antragsgegners ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allein aus § 1572 BGB, so dass - bis zum 31. Dezember 2007 - eine Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. nicht möglich war. Auch für die seit dem 1. Januar 2008 geltende Rechtslage kann es nicht dahingestellt bleiben, auf welcher Grundlage der Unterhaltsanspruch beruht, selbst wenn die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen im konkreten Fall bei der Frage der Befristung zum selben Ergebnis führen (a.A. OLG Celle FamRZ 2008, 1449, 1450; vgl. auch Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791 a.E.).

a) Schon vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet kann sich der Unterhaltsanspruch zum überwiegenden Teil nur aus § 1572 BGB ergeben.

Der Antragsgegner ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wegen Krankheit oder Gebrechen im Sinne von § 1572 BGB nicht zu einer Erwerbstätigkeit in der Lage. Damit besteht auch nach der Auffassung des Berufungsgerichts ein Bedarf in Höhe der durch das Erwerbshindernis verursachten Einkommenseinbuße. Dieser Bedarf stimmt grundsätzlich mit dem angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F., § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB überein (vgl. Hahne FamRZ 1986, 305, 309; zum entsprechenden Maßstab beim Unterhalt nach § 1615 l BGB s. Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1741 f.).

Dem Berufungsgericht ist indessen bei der Gegenüberstellung des angemessenen Lebensbedarfs (hypothetisches Einkommen des Antragsgegners ohne Erwerbshindernis) und seinem tatsächlich erzielten Renteneinkommen ein Fehler unterlaufen. Zwar kann das zur Ermittlung der Einkommenseinbuße herangezogene hypothetische Einkommen unter Berücksichtigung pauschaler Werbungskosten ermittelt werden. Nicht gerechtfertigt ist aber der Abzug eines Erwerbstätigenbonus, wie er vom Berufungsgericht offenbar aus der in der Praxis üblichen Unterhaltsberechnung nach Quoten übernommen worden ist. Maßstab für den hypothetischen Bedarf ohne die Hinderung durch die Krankheit ist vielmehr das Einkommen, das dem Unterhaltsberechtigten bei voller Erwerbstätigkeit zur Bestreitung seines Lebensbedarfs zur Verfügung stehen würde. Um seinen Lebensbedarf zu bestreiten, könnte er aber sein gesamtes Arbeitseinkommen verwenden.

Ausgehend von der Berechnung des Berufungsgerichts könnte der Antragsgegner ohne Erwerbshindernis netto und bereinigt um pauschale Werbungskosten ein Einkommen von 1.651 € erzielen. Demgegenüber beläuft sich sein Renteneinkommen auf 1.449 €. In Höhe der Differenz zwischen beiden Beträgen (202 €) ergibt sich der Anspruch auch nach der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung allein aus § 1572 BGB.

b) Aber auch soweit das Berufungsgericht einen darüber hinausgehenden Unterhalt von 83 € (= 285 € ./. 202 €) zuerkannt hat, ist die Anspruchsgrundlage dafür § 1572 BGB und nicht § 1573 Abs. 2 BGB.

aa) Der Senat unterscheidet in ständiger Rechtsprechung für die Abgrenzung der Anspruchsgrundlagen wegen eines Erwerbshindernisses aus §§ 1570 bis 1572 BGB und aus § 1573 Abs. 2 BGB (Aufstockungsunterhalt) danach, ob wegen des vorliegenden Hindernisses eine Erwerbstätigkeit vollständig oder nur zum Teil ausgeschlossen ist (Senatsurteile vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 79/89 - FamRZ 1990, 492, 493 f. - zu § 1570 BGB; vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791 - zu § 1572 BGB - und vom 3. Februar 1999 - XII ZR 146/97 - FamRZ 1999, 708, 709 - zu § 1571 BGB). Wenn der Unterhaltsberechtigte an einer Erwerbstätigkeit vollständig gehindert ist, ergibt sich der Unterhaltsanspruch allein aus §§ 1570 bis 1572 BGB, und zwar auch für den Teil des Unterhaltsbedarfs, der nicht durch das Erwerbshindernis verursacht worden ist, sondern auf dem den angemessenen Lebensbedarf übersteigenden Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (voller Unterhalt) gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB beruht. Nur bei einer lediglich teilweisen Erwerbshinderung ist der Unterhalt nach der Rechtsprechung des Senats allein wegen des durch die Erwerbshinderung verursachten Einkommensausfalls auf §§ 1570 bis 1572 BGB zu stützen und im Übrigen auf § 1573 Abs. 2 BGB.

bb) Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung Abstand zu nehmen.

Allerdings ist - in Übereinstimmung mit der Auffassung des Berufungsgerichts - gegen die vom Senat vorgenommene Differenzierung eingewandt worden, dass die sachlichen Gründe für die Abgrenzung des Aufstockungsunterhalts vom Unterhalt wegen eines Erwerbshindernisses auch dann eingreifen würden, wenn das Hindernis eine Erwerbstätigkeit vollständig ausschließe (W. Maier FamRZ 2005, 1509, 1510). Der Aufstockungsunterhalt spiegelt danach nur den Teil des Lebensbedarfs wider, der auf dem in der Ehe erhöhten Lebensstandard beruht. Dieses Argument trifft zwar zu, zwingt allerdings - jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung - nicht dazu, die Unterscheidung zwischen den Anspruchsgrundlagen der §§ 1570 ff. BGB weiter zu verfeinern.

Die Rechtsprechung des Senats entspricht den Motiven des 1. Eherechtsreformgesetzes. Dieses ist ersichtlich davon ausgegangen, dass der Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB erst dann eingreift, wenn dem Unterhaltsberechtigten eine (volle oder teilweise) Erwerbstätigkeit möglich ist (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 126 f.; Rolland 1. EheRG 2. Aufl. § 1573 Rdn. 24). Auch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz von 1986, durch das die Befristungsmöglichkeit nach § 1573 Abs. 5 BGB eingeführt wurde, beruht offenbar auf diesem Verständnis. Wenn der Gesetzgeber die Differenz zwischen dem Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen und dem angemessenen Lebensbedarf generell dem Aufstockungsunterhalt zugeordnet hätte, hätte es für die gleichzeitig eingeführte Begrenzungsvorschrift des § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB (a.F.) im Bereich der Tatbestände nach §§ 1570 bis 1572 BGB kaum ein Bedürfnis gegeben, weil für diese kein nennenswerter Anwendungsbereich verblieben wäre.

Ob im Hinblick auf einzelne Rechtsfolgen (etwa den Rang des kinderbetreuenden Ehegatten gemäß § 1609 Nr. 2 BGB) eine andere Sichtweise geboten sein kann, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Auch für die bis zum 31. Dezember 2007 geltende Rechtslage bedurfte es der vom Berufungsgericht gewählten Konstruktion nicht. Denn mit § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. stand eine gesetzliche Begrenzungsmöglichkeit zur Verfügung, die auch auf den Unterhalt wegen Krankheit nach § 1572 BGB anwendbar war und - abgesehen von dem oben aufgezeigten Fehler bei der Ermittlung des angemessenen Bedarfs - zu demselben Ergebnis hätte führen können. Eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf konnte zum Wegfall des Unterhalts führen, soweit der angemessene Lebensbedarf durch eigene Einkünfte des Unterhaltsberechtigten gedeckt war (BT-Drucks. 10/2888 S. 19).

c) Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Befristung des Anspruchs nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. scheidet somit aus, weil es sich allein um Unterhalt wegen Krankheit gemäß § 1572 BGB handelt und das bis zum 31. Dezember 2007 geltende Recht für diesen Unterhaltsanspruch eine solche Befristungsmöglichkeit nicht vorsah.

2. Das Berufungsurteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, so dass die Revision zurückzuweisen ist (§ 561 ZPO). Die Befristung des Unterhalts auf drei Jahre nach Rechtskraft der Scheidung ist im Ergebnis aufgrund von § 1578 b Abs. 2 BGB gerechtfertigt.

a) Ob das Berufungsgericht sich anstelle der von ihm vorgenommenen Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. auf eine Herabsetzung des Bedarfsmaßstabs gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. hätte beschränken können, bedarf in Anbetracht deren eingeschränkter Wirkung und der inzwischen geänderten Gesetzeslage keiner Entscheidung. Denn die durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) mit Wirkung zum 1. Januar 2008 eingeführte Vorschrift des § 1578 b Abs. 2 BGB lässt nunmehr auch beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB eine zeitliche Begrenzung zu.

b) Auf die Befristung ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden (Art. 4 Unterhaltsrechtsänderungsgesetz; vgl. auch § 36 Nr. 7 EGZPO). Die Befristung auf drei Jahre beginnt mit der Rechtskraft der Scheidung, die laut dem Rechtskraftvermerk des Familiengerichts am 3. Juli 2007 eingetreten ist. Da die Befristung somit erst unter Geltung der neuen Gesetzeslage wirksam wird, ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Recht maßgebend.

c) Der vom Berufungsgericht erschöpfend festgestellte und gewürdigte Sachverhalt rechtfertigt die ausgesprochene Unterhaltsbefristung auf drei Jahre ab Rechtskraft der Scheidung. Einer differenzierten Bewertung nach dem angemessenen Lebensbedarf und dem darüber hinausgehenden Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen bedarf es im vorliegenden Fall nicht. Auch wenn das Berufungsgericht diesen Aspekt aufgrund seines Fehlers bei der Gegenüberstellung des Renteneinkommens des Antragsgegners mit seinem hypothetisch erzielbaren Erwerbseinkommen nicht zutreffend erfasst hat, ist mit einer abweichenden tatrichterlichen Würdigung nicht zu rechnen, so dass der Senat abschließend entscheiden kann.

Der Unterhaltsanspruch ist nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den nach § 1578 b Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechend anzuwendenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB.

aa) Demnach kommt es zunächst darauf an, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit in der - hier kinderlosen - Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Sowohl nach der Rechtsprechung des Senats zu § 1573 Abs. 5 BGB (a.F.) als auch nach der daran orientierten Neufassung des § 1578 b Abs. 2 BGB (vgl. Dose FamRZ 2007, 1289, 1293) liegen ehebedingte Nachteile vor, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (vgl. Senatsurteil vom 28. November 2007 - XII ZR 132/05 - FamRZ 2008, 582, 586).

Das ist hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht der Fall. Der Antragsgegner war während der Ehe zunächst noch erwerbstätig. Seine Erwerbstätigkeit musste er aus gesundheitlichen Gründen einstellen, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Ehe stehen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Erkrankung des Antragsgegners nicht schon deshalb als ehebedingter Nachteil zu betrachten, weil sie während der Ehe eingetreten ist.

Ehebedingte Nachteile wären indessen dann eingetreten, wenn der Unterhaltsberechtigte aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hätte. Insoweit entsprechen sich der Krankheitsunterhalt und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB (vgl. Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 159). In die Betrachtung einzubeziehen ist dann aber auch, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328 f. und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508, 1511). Im vorliegenden Fall sind dem Antragsgegner im Versorgungsausgleich Rentenanwartschaften der Antragstellerin in Höhe von insgesamt 39,46 € übertragen worden, die zu einer Erhöhung der von ihm bezogenen gesetzlichen Rente wegen Erwerbsminderung geführt haben. Hierdurch hat der Antragsgegner allerdings schon mehr erhalten als einen Ausgleich ehebedingter Nachteile. Denn die Rollenverteilung in der Ehe hat nicht dazu geführt, dass die vom Antragsgegner erworbenen Versorgungsanwartschaften geschmälert worden wären. Der Antragsgegner nimmt vielmehr insoweit am besseren Versorgungsstandard der Antragstellerin teil.

Das Merkmal der Ehedauer stellt im Regelungszusammenhang des § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB nur ein Indiz für die zunehmende Verflechtung der beiderseitigen Verhältnisse dar (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328; BT-Drucks. 16/1830 S. 19; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 591). Die Ehedauer betrug etwa elf Jahre. Für die Ehedauer ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats auf die Zeit von der Eheschließung (23. Juni 1994) bis zur Zustellung des Scheidungsantrags (13. April 2005) abzustellen (Senatsurteil vom 9. Juli 1986 - IVb ZR 39/85 - FamRZ 1986, 886, 888). Eine wirtschaftliche Verflechtung ist hier nicht festgestellt. Jeder Ehegatte unterhielt zunächst noch seinen eigenen Haushalt. Auch als sie zusammengezogen waren, wirtschafteten sie im wesentlichen getrennt.

bb) Allerdings wird die Krankheit als solche nur in Ausnahmefällen ehebedingt sein. Das führt indessen nicht ohne weiteres dazu, dass der Krankheitsunterhalt - bei Fehlen ehebedingter Nachteile - zwangsläufig zu befristen wäre.

Dass die Krankheit regelmäßig nicht ehebedingt ist, hat allerdings Einfluss auf die grundsätzliche Gewichtung des Unterhalts nach § 1572 BGB im Rahmen der Billigkeitsabwägung und im Hinblick auf das von den Ehegatten zu fordernde Maß an fortwirkender Unterhaltsverantwortung nach der Scheidung (ähnlich OLG Celle FamRZ 2008, 1449, 1451). Dem entsprechend war die Legitimation des Krankheitsunterhalts schon bei den Beratungen zum 1. Eherechtsreformgesetz nicht frei von Zweifeln (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 124). Da es sich bei der Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit in der Regel um eine schicksalhafte Entwicklung handelt, ist eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten für das allein in zeitlichem Zusammenhang mit der Ehe stehende Krankheitsrisiko nicht ohne weiteres zu rechtfertigen.

Die Reichweite der vom Gesetz hier im Grundsatz nach wie vor geforderten nachehelichen Verantwortung bedarf im vorliegenden Fall jedoch keiner exakten Bestimmung. Denn auch eine von ehebedingten Nachteilen getrennte Billigkeitsbetrachtung begründet im vorliegenden Fall jedenfalls keine längere Laufzeit des nachehelichen Krankheitsunterhalts, als sie das Berufungsgericht dem Antragsgegner zugebilligt hat.

Der Ehedauer (hier etwa elf Jahre), die nach der Gesetzesbegründung zum Unterhaltsrechtsänderungsgesetz (BT-Drucks. 16/1830 S. 19) besondere Bedeutung hat, kommt im vorliegenden Fall kein erhebliches Gewicht zu. Der Antragsgegner war bei Eheschließung bereits 47 Jahre alt. Es handelte sich für ihn um die zweite Ehe. Ein besonderes Vertrauen auf den Fortbestand der Unterhaltsverpflichtung wurde durch die Ehe und deren Dauer nicht begründet. Die Parteien lebten nur etwa fünf Jahre in einem gemeinsamen Haushalt zusammen. Insbesondere hat das Berufungsgericht keine Dispositionen des Antragsgegners aufgrund eines etwaigen Vertrauens in die fortwährende Unterhaltsverpflichtung der Antragstellerin festgestellt. Der Antragsgegner verfügt schließlich mit seinen beiden Renten über ein - teils durch den Versorgungsausgleich erhöhtes - Einkommen, das ihm einen deutlich über dem Existenzminimum liegenden Lebensstandard sichert. Demgegenüber bedeutet die fortwährende Unterhaltspflicht für die Antragstellerin eine spürbare Belastung, die sie in ihrer Lebensführung nicht unerheblich einschränkt. Das Berufungsgericht hat auch weitere Faktoren, wie etwa den über vier Jahre von der Antragstellerin gezahlten Trennungsunterhalt, zutreffend berücksichtigt.

Auch wenn das Unterhaltsrecht eine Befristung des Krankheitsunterhalts erst aufgrund der nach Rechtskraft der Ehescheidung in Kraft getretenen Gesetzeslage zulässt, kann daraus ein besonderer Vertrauensschutz nicht hergeleitet werden. Der Gesetzgeber hat von einem Vertrauensschutz für sogenannte Altfälle bewusst abgesehen und das neue Recht auf Unterhaltsansprüche, die ab dem 1. Januar 2008 entstanden sind, für unterschiedslos anwendbar erklärt (BT-Drucks. 16/1830 S. 32). Nur für vor dem 1. Januar 2008 bereits ergangene rechtskräftige Entscheidungen, errichtete Titel oder Unterhaltsvereinbarungen enthält § 36 Nr. 1 EGZPO einen über das Inkrafttreten des Gesetzes hinausreichenden Vertrauensschutz und macht eine Abänderung von der Zumutbarkeit abhängig.

Die Revision macht allerdings zu Recht geltend, dass ein Teil der vom Berufungsgericht rechnerisch zugrunde gelegten Frist (drei Jahre ab Rechtskraft der Scheidung) noch vor Inkrafttreten der seit dem 1. Januar 2008 geänderten Rechtslage verstrichen ist, als eine Befristung noch nicht zulässig war. Auch wenn das Berufungsgericht bei der Bemessung der Frist somit von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen ist, stellt dies die Angemessenheit der Befristung im Ergebnis aber nicht in Frage. Es handelt sich um einen Zeitraum von etwa einem halben Jahr, denn die Rechtskraft der Scheidung ist nach dem Rechtskraftvermerk des Amtsgerichts am 3. Juli 2007 eingetreten. Die anstehenden Änderungen durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz waren zu diesem Zeitpunkt der Öffentlichkeit bereits bekannt und hinsichtlich der Befristung nach § 1578 b BGB politisch nicht umstritten. Die Gesetzesänderung zur Befristung ist von der Antragstellerin zum Gegenstand ihrer Argumentation im Berufungsverfahren gemacht worden. Da der weitaus überwiegende Teil der Frist in die Geltung der neuen Rechtslage fällt, erscheint eine abweichende tatrichterliche Würdigung somit fernliegend.

Die Bemessung der sogenannten Schonfrist auf drei Jahre nach Rechtskraft der Scheidung (bzw. zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten der neuen Rechtslage) erfüllt demnach im Ergebnis auch die Anforderungen des § 1578 b Abs. 2 BGB, so dass die Befristung jedenfalls nicht zu kurz ausgefallen ist. ..." (BGH, Urteil vom 26.11.2008 - XII ZR 131/07)

*** (OLG)

Die kompensationslose ehevertragliche Beschränkung des Anspruches auf Betreuungsunterhalt auf das Existenzminimum führt bei nicht auszuschließendem Kinderwunsch zur Unwirksamkeit der entsprechenden Regelung, wenn bereits bei Vertragsschluss absehbar war, dass berufliche Einschränkungen aufgrund der Kinderbetreuung nur einen Ehegatten treffen würden. Diese Unwirksamkeit erfasst bei vereinbarter salvatorischer Klausel nicht den gesamten Vertrag. Ein in der Gesamtschau für einen Ehegatten allein nachteiliger Ehevertrag ist nur dann insgesamt unwirksam, wenn er Ergebnis einer ungleichen Verhandlungsposition ist (vergleiche BGH FamRZ 2013, 195 ff., FamRZ 2017, 884 ff.; OLG Celle, Beschluss vom 13.09.2018 - 17 UF 28/18).

***

„... Die zulässigen selbständigen Beschwerden beider Beteiligten haben jeweils in der Sache teilweise Erfolg und führen zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

1. Vorliegend ist der der Antragsgegnerin gemäß § 1572 BGB und gemäß § 1573 Abs. 2 BGB zustehende Unterhalt nicht nach einer Quote, sondern aufgrund einer konkreten Bedarfsberechnung zu ermitteln.

Gemäß Ziffer 15.3 HLL ist bei besonders günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen eine konkrete Bedarfsberechnung vorzunehmen. Hierbei sind die Einkünfte des Berechtigten ohne Erwerbsbonus auf den Bedarf anzurechnen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist eine konkrete Bedarfsberechnung im Einzelfall deshalb durchzuführen, weil bei einem überdurchschnittlich hohen Einkommen die Vermutung nahe liegt, dass dieses nicht mehr in vollem Umfange zur Bedarfsdeckung eingesetzt, sondern auch zu einem erheblichen Teil der Vermögensbildung zugeführt wird. Eine Unterhaltszumessung nach Quote würde in diesen Fällen zu einem den Lebensbedarf übersteigenden Unterhalt führen (BGH FamRZ 2010, 1637). Zwar trägt die Antragsgegnerin eine (erhebliche) Vermögensbildung nicht vor. Sie behauptet vielmehr, dass das gesamte zur Verfügung stehende Geld ausgegeben wurde. Dem ist der Antragsteller allerdings entgegengetreten. Zudem ist unstreitig, dass die Beteiligten im Zuge des Immobilienverkaufs einen erheblichen Gewinn erzielt haben (128.000 EUR). Zumindest dies ist eine nicht unerhebliche Vermögensbildung, sodass der tragende Grund für eine konkrete Bedarfsbemessung bejaht werden kann.

Der BGH ist in der angegebenen Entscheidung davon ausgegangen, dass bei einem Einkommen von jenseits des Höchstsatzes der Düsseldorfer Tabelle eine konkrete Bedarfsberechnung aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist (vgl. auch Wendl/Dose-Siebert, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl., § 4 Rn. 766 zu den anderen Auffassungen, ab wann eine konkrete Bedarfsberechnung angezeigt ist).

Die besonders günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse (d.h. ein bereinigtes beiderseitiges Einkommen von mehr als 5.100 EUR), können auch durchgängig, d.h. nicht erst ab 2011, sondern auch bis zu der Beförderung des Antragstellers zum Piloten bejaht werden. Im Jahr 2010 (vgl. nachfolgende Exceltabelle) verdiente der Antragsteller monatsdurchschnittlich 7.193,04 EUR netto. Auf Seiten des Antragstellers sind auch die Spesen und ggfls. die kostenlose Verpflegung zu berücksichtigen. Wenn die Abzugspositionen und der Kindesunterhalt nach der höchsten Einkommensstufe abgezogen werden, verbleibt noch ein Einkommen von 5.531,44 EUR. Wenn dann noch die nicht konkret vorgetragenen Hausbelastungen (vgl. z.B. Bl. 215 d.A.) i.H. von 600 EUR abgezogen werden, läge man zwar rechnerisch unter 5.100 EUR. Allerdings ist bei der Antragsgegnerin beim unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen ein Wohnwert in zumindest dieser Höhe anzurechnen. Auch das erzielte Erwerbseinkommen der Antragsgegnerin ist zu berücksichtigen, so dass es bei der konkreten Bedarfsberechnung verbleibt.

... Abbildung

Für die Zeit ab 2011, also insbesondere auch für den Unterhaltszeitraum ab 03.05.2014, gelten diese Erwägungen angesichts des gestiegenen Einkommens des Antragstellers erst recht.

Das Amtsgericht hat in der Sitzung vom 28.11.2013 bereits darauf hingewiesen, dass eine konkrete Bedarfsberechnung vorzunehmen sein dürfte, was von den Beteiligten danach, so auch im Beschwerdeverfahren, letztlich nicht mehr in Abrede gestellt wird.

2. Die Antragsgegnerin hat ihren konkreten Bedarf für den hier unterhaltsrechtlich relevanten Zeitraum nur in Höhe von 2.104,12 EUR (bis Mai 2015), 2.254,12 EUR (bis Oktober 2015) und von 2.354,12 EUR (ab November 2015) schlüssig dargelegt, wobei der Senat davon absieht, die Entwicklung des ständig wechselnden Vortrages der Antragsgegnerin im Verlauf des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens im Einzelnen darzustellen.

Die Antragsgegnerin hat sich letztlich, nachdem der Senat bereits im Termin vom 22.09.2014 auf die weitgehende Unschlüssigkeit der Berechnung in der Beschwerdebegründung hingewiesen hat, weiterhin auf die Darlegungen in der Beschwerdebegründung bezogen und diese als nach ihrer Ansicht hinreichend bezeichnet, so dass der Senat seine Feststellungen und Schätzungen grundsätzlich auf diese Darlegungen stützt.

Bei der (deutlich geringeren) Bewertung der Einzelpositionen, wie sie der Senat vorgenommen hat, kann allerdings nicht unberücksichtigt bleiben, dass der von der Antragsgegnerin ermittelte Gesamtbedarf von (rechnerisch richtig) 6.375,75 EUR, der sich an den tatsächlichen ehelichen Lebensverhältnissen während des Zusammenlebens der Beteiligten zu orientieren hat, in der vorgetragenen Höhe schon deshalb nicht richtig sein kann, weil der vierköpfigen Familie keinesfalls Gesamteinkünfte zur Verfügung standen, die der Antragsgegnerin allein einen solchen Lebensstandard auch nur annähernd erlaubt hätten. Dabei verkennt der Senat nicht, dass es einzelne Positionen gibt - hierzu mag insbesondere der Bedarf für Wohnen, Urlaub und PKW gehören -, welche infolge der Trennung für die Antragsgegnerin einen höheren finanziellen Aufwand erfordern, als es ihrem persönlichen Anteil im Rahmen der Familienunterhalts entsprochen hätte. Für den Großteil der Positionen, die (nur) die ganz persönlichen Bedürfnisse der Antragsgegnerin betreffen, gilt dies indessen nicht. Jedoch kann aus dem Umstand, dass sich vor diesem Hintergrund jedenfalls die Gesamtrechnung der Antragsgegnerin als bei weitem überhöht erweist - angesichts des oben dargestellten Einkommens des Antragstellers für die Jahre 2011 und 2012 kommt bei dem von der Antragsgegnerin errechneten Bedarf eine Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes in Betracht -, letztlich noch nicht gefolgert werden, dass damit schon der gesamte konkrete Bedarf nicht schlüssig dargelegt worden ist. Vielmehr ist eine Einzelbetrachtung zu den jeweiligen Position erforderlich; eine Schätzung gemäß § 287 ZPO kommt dabei umso eher in Betracht, als die Bedarfsposition als existenziell notwendig anzusehen ist.

Bei der Darstellung der einzelnen Bedarfsbereiche bzw. Bedarfspositionen folgt der Senat der Gliederung in der Beschwerdebegründung, wobei hinsichtlich der einzelnen Positionen das Nachfolgende gilt:

a) Essen und Trinken

Die Antragsgegnerin gibt hier einen monatlichen Gesamtbedarf i.H.v. 560 EUR an, wobei dieser Betrag auf diverse Einzelpositionen verteilt wird (vgl. obige Tabelle).

Dieser Betrag erscheint bei weitem übersetzt, zumal auch jeglicher Nachweis dafür fehlt, dass während des ehelichen Zusammenlebens von ihr als Einzelperson Lebensmittel und Getränke in einem solchen erheblichen Umfang tatsächlich verzehrt worden sind. Dies hat aber - wie ausgeführt - nicht zur Folge, dass der konkrete Bedarf bei der vorliegenden existenziell notwendigen Position auf Null gesetzt wird. Der Senat sieht es daher als sachgerecht an, den Bedarf für Lebensmittel und Kleidung, wie vom Antragsteller zugestanden, gemäß § 287 ZPO auf einen Gesamtbetrag von 500 EUR zu schätzen. Hierin sind auch Bedarfsgegenstände für den Haushalt enthalten.

b) Kleidung, Schuhe, Schmuck etc.

Hier legt die Antragsgegnerin einen Gesamtbetrag von 660 EUR monatlich (zu den einzelnen Unterpositionen vgl. obige Tabelle) zu Grunde. Bei der Schlüssigkeitsprüfung fällt insoweit auf, dass die Antragsgegnerin beispielsweise bei der Position Oberbekleidung, die immerhin 350 EUR monatlich ausmacht, eine Vielzahl von Kleidungsstücken und Marken aufführt, aber nicht - auch nicht etwa exemplarisch für einen gewissen Zeitraum - mit konkreten Beträgen für bestimmte Kleidungsstücke rechnet. Das Vorbringen ist derartig pauschal, dass noch nicht einmal ein Sachverständigengutachten dazu eingeholt werden könnte, welche Durchschnittsaufwendungen pro Monat anfallen. Abgesehen davon hat der Antragsteller die dargelegten Aufwendungen bestritten, so dass die Antragsgegnerin gehalten gewesen wäre, zumindest einen gewissen Nachweis zu erbringen. Die Vorlage jeglicher Kassenbelege fehlt. Denkbar wäre es auch gewesen - da Kleidungsstücke vielfach mit Giro-Karte bezahlt werden -, Kontoauszüge für einen bestimmten Zeitraum vorzulegen.

Was die Ausführungen zu Schmuck, Uhren und Brille anbelangt, hätte es sich hier besonders angeboten, Belege aus den vergangenen Jahren vorzulegen, zumal kaum anzunehmen ist, dass solche - auch im Hinblick auf laufende Garantiefristen - restlos vernichtet worden sein könnten.

Da man diese Position ebenfalls in einem bestimmten Maße als existenziell notwendig anzusehen haben wird, erscheint es nicht gerechtfertigt, sie ganz auf null zu setzen. Wie bereits unter Buchstabe a) ausgeführt, hat der Senat sie entsprechend dem Zugeständnis des Antragstellers zusammen mit der Position Essen und Trinken einschließlich Bedarfsgegenstände für den Haushalt auf insgesamt 500 EUR monatlich geschätzt.

c) Körperpflege

Hier legt die Antragsgegnerin einen Monatsbetrag von 465 EUR (Unterpositionen siehe obige Tabelle) zu Grunde. Einzelne Darlegungen bzw. Nachweise mit Ausnahme desjenigen für das Kosmetikstudio fehlen gänzlich, so dass weitgehend eine ausreichende Grundlage für eine Schätzung nicht besteht. Es ist daher gerechtfertigt, diese Position gänzlich unbeachtet zu lassen, zumal in der Position Lebensmittel und Bedarfsgegenstände schon gewisse einfache Körperpflegeprodukte enthalten sind.

d) Wohnkosten

Für Miete, Nebenkosten, Treppenhausreinigung und Strom legt die Antragsgegnerin einen Gesamtbetrag von 1.061 EUR zu Grunde. Da die Wohnkosten existenziell notwendig sind, hat der Senat diese ungeachtet der fehlenden Vorlage einzelner Belege geschätzt. Im Rahmen der zuzubilligenden Kaltmiete ist der Senat hierbei davon ausgegangen, dass der Antragsgegnerin bei einer vorherigen Wohnungsgröße für die Familienwohnung von ca. 200 m² nunmehr als Einzelperson eine Wohnungsgröße von 80 m² zuzubilligen ist. Im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin vorgetragene ortsübliche Kaltmiete sowie die vom Antragsteller vorgelegten Wohnungsanzeigen hat der Senat eine monatliche Kaltmiete von 600 EUR berücksichtigt.

Für die Nebenkosten hat die Antragsgegnerin lediglich eine Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2012 vorgelegt, die sich über ca. 220 EUR monatlich verhält. Wenn man in Rechnung stellt, dass zu diesem Zeitpunkt die gemeinsamen Kinder der Beteiligten noch im Haushalt der Antragsgegnerin lebten und sie einen Anspruch auf eine Wohnung von max. 80 m² hätte, ist es sachgerecht, diesen Betrag im Wege der Schätzung um die Hälfte zu kürzen, also auf 110 EUR monatlich.

Die Stromkosten hat der Senat entsprechend dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Beleg auf 90 EUR monatlich geschätzt. Ferner ist eine Prämie zur Hausratversicherung i.H.v. 12 EUR monatlich gerechtfertigt.

Die für eine Haushaltshilfe angesetzten 165 EUR monatlich sind nicht berücksichtigungsfähig. Auch insoweit fehlt jeder Nachweis. Zudem ist nicht dargelegt, warum die Antragsgegnerin neben einer halbschichtigen Erwerbstätigkeit und fehlender Kinderbetreuung ihren Haushalt nicht selbst führen kann. Es ist zwar immer zu beachten, dass es allein auf die Eheprägung ankommt, wobei aber auch zu berücksichtigen ist, inwieweit sich die Wohn- und Lebensverhältnisse seit dem ehelichen Zusammenleben verändert haben.

Die Positionen Verbrauchsmaterial Haushalt und Kosten für Mangelwäsche sind ohne jegliche weitere Substantiierung und ohne jeglichen Nachweis nicht ansatzfähig, insbesondere, wenn für Lebensmittel und Bedarfsgegenstände bereits ein gewisser Betrag zugrundegelegt worden ist.

Die Positionen Zeitungen und Zeitschriften sind ohne jeglichen Nachweis in der geforderten Höhe nicht gerechtfertigt. Wenn der Antragsteller als Pilot eine Fülle von Zeitungen und Zeitschriften kostenlos mit nach Hause bringen konnte, wäre dies kaum nachhaltig eheprägend gewesen, zumal schwer vorstellbar ist, dass die Antragsgegnerin diese neben Haushaltsführung, Erwerbstätigkeit und Freizeitaktivitäten tatsächlich (neben den Büchern) gelesen hat. Der Senat hält es daher für richtig, lediglich für den Bezug einer örtlichen Tageszeitung einen Betrag i.H.v. 27 EUR in die Bedarfsberechnung einzustellen.

Für Internet, Telefon und Fernsehen setzt die Antragsgegnerin einen Gesamtbetrag von monatlich 150 EUR an. Dies erscheint ohne weitere Einzelaufstellung und ohne jeglichen Nachweis in Anbetracht der heutigen preiswerten Flatrates deutlich überhöht. Insoweit hält der Senat einen monatlichen Betrag i.H.v. 50 EUR für sachgerecht (einschließlich GEZ).

Die weiteren von der Antragsgegnerin geltend gemachten Positionen im Bereich Wohnkosten sind ohne jede weitere Einzelaufschlüsselung und ohne jeglichen Nachweis nicht ansetzbar.

e) Kultur

Für die Positionen Kultur und Teilnahme am sozialen Leben hat die Antragsgegnerin einen monatlichen Betrag von ca. 346 EUR in ihre Berechnung eingestellt (Unterpositionen siehe obige Tabelle).

Auch hier gilt, dass keine substantiierte Aufschlüsselung erfolgt und keinerlei Beleg der Antragsgegnerin vorgelegt worden ist.

In der Bedarfsberechnung ist seitens des Senats daher lediglich ein monatlicher Betrag von 13 EUR für Bücher angesetzt worden, wobei berücksichtigt worden ist, dass die Antragsgegnerin gegenüber dem Sachverständigen Lesen als Hobby angegeben hat. Zudem mag der Pauschalbetrag zu nachfolgend f) auch gewisse kulturelle Bedürfnisse abdecken.

f) Sport und Freizeit

Bei weitem übersetzt und in keiner Weise nachgewiesen ist auch die Position Sport und Freizeit (einschließlich Ausrüstung) mit 466,40 EUR im Monat (Unterpositionen siehe obige Tabelle). Da die Antragsgegnerin selber angegeben hat, neben dem gelegentlichen Joggen keinen Sport zu betreiben, andererseits ein gewisser Bedarf für sportliche Aktivitäten und sonstige Freizeit als notwendig anzusehen ist, hat der Senat diesen Bereich entsprechend dem Zugeständnis des Antragstellers mit einem Betrag von 150 EUR monatlich geschätzt.

g) Urlaub

Für den Bereich Urlaub hat die Antragsgegnerin einen Gesamtbedarf von 850 EUR monatlich (Haupturlaube 700 EUR und Städtereisen 150 EUR) behauptet.

Auch die diesbezüglichen Darlegungen sind nicht hinreichend schlüssig. Für die Schlüssigkeit wäre zu erwarten gewesen, dass die Antragsgegnerin die Urlaubsgestaltung exemplarisch für einen bestimmten Zeitraum des ehelichen Zusammenlebens darstellt und insbesondere auch die während der Zeit des ehelichen Zusammenlebens tatsächlich entstandenen Kosten, jedenfalls der ungefähren Größenordnung nach, vorträgt. Zudem ist es nicht gerechtfertigt, anzunehmen, dass der Umfang und die Ausgestaltung der Urlaube die Ehe in der Weise nachhaltig geprägt haben, dass sie ungeachtet der dafür aufzuwendenden Kosten auch künftig so durchgeführt werden sollten. Die Gesamtumstände sprechen eher dafür, dass die Beteiligten die Urlaube nur deshalb so verbracht haben, weil sie die Leistungen verbilligt in Anspruch nehmen konnten. Es besteht insoweit eine Vergleichbarkeit mit einer Fallkonstellation, bei der während der Ehe tatsächlich die Möglichkeit besteht, kostenlos mehrere Monate des Jahres in einem Ferienhaus zu verbringen; dann wird man aber kaum einen mehrmonatigen Urlaub in einem (nunmehr für einen solchen Zeitraum anzumietenden) Ferienhaus als eheprägend ansehen können. Maßgeblich für die eheprägenden Urlaube sind deshalb hier die tatsächlich entstandenen - allerdings auf die heutigen Verhältnisse fortzuschreibenden - Kosten, für die es aber an einer hinreichenden Darlegung der Antragsgegnerin fehlt.

Zu beachten ist allerdings, dass der Antragsteller eine Position i.H.v. 150 EUR monatlich für Urlaube und Kurzreisen zugestanden hat. Diese Position ist der Antragsgegnerin daher zuzubilligen.

h) PKW

Für ein privates Kraftfahrzeug Marke Golf Variant hat die Antragsgegnerin einen monatlichen Betrag i.H.v. 650 EUR angesetzt.

In diesem Bereich fällt allerdings auf, dass die Antragsgegnerin - trotz ihres angeblich sehr luxuriösen Lebensstils - während des ehelichen Zusammenlebens nur relativ bescheidene Gebrauchtfahrzeuge gefahren hat. Demgegenüber hatte der Antragsteller ein besseres Fahrzeug zur Verfügung, so dass davon auszugehen ist, dass die Eheleute für längere Fahrten jenes Fahrzeug genutzt haben. Vor diesem Hintergrund wird die Antragsgegnerin nach der Trennung für sich allein ein etwas besseres Fahrzeug als das jeweils früher gefahrene benötigen. Ungeachtet dessen fällt dem Senat auch hier jegliche Schätzung schwer, weil die Antragsgegnerin beispielsweise zu dem Umfang und den Kosten von Reparaturen nichts vorgetragen hat. Der Antragsteller gesteht der Antragstellerin für die Position PKW einschließlich Benzin lediglich einen Betrag von 143,14 EUR monatlich zu, was im Hinblick auf die Gesamtkosten, wozu auch Rücklagen für eine Wiederbeschaffung gehören, äußerst wenig ist. Der Senat schätzt daher die Kosten für einen angemessenen Gebrauchtwagen, so wie er bei Fortschreibung eheprägend war, für den Zeitraum ab Rechtskraft der Scheidung bis einschließlich Mai 2015 entsprechend dem im Trennungsunterhaltsverfahrens angesetzten Wert auf 200 EUR monatlich, im Zeitraum von Juni bis Oktober 2015 unter Berücksichtigung des eingeschränkten Umgangs mit den Kindern auf 350 EUR und ab November 2015 unter Berücksichtigung des erweiterten Umganges mit den Kindern auf 450 EUR monatlich.

i) Versicherungen

Die von der Antragsgegnerin im einzelnen (siehe obige Tabelle) dargelegten Versicherungsprämien hat der Senat berücksichtigt, allerdings mit Ausnahme der Unfallversicherung für die Kinder, die keinen Bedarf der Antragsgegnerin darstellt.

f) Sonstiges

Im Bereich Sonstiges hat die Antragsgegnerin einen monatlichen Bedarf von ca. 187 EUR geltend gemacht. Hier konnte der Senat lediglich die schlüssig dargelegten und belegten Beträge für Riester-Rente, Bausparbeiträge und Gewerkschaftsbeitrag berücksichtigen. Im Übrigen fehlt auch hier jede nachvollziehbare Substantiierung bzw. jeder Beleg, auf deren Grundlage der Senat eine Schätzung vornehmen könnte und nicht lediglich zu Spekulationen veranlasst wäre.

Der Gesamtbedarf der Antragsgegnerin errechnet sich daher wie folgt:

... Abbildung

3. Auf den ermittelten konkreten Bedarf ist (nur) das von der Antragsgegnerin tatsächlich erzielte Erwerbseinkommen ohne Abzug des Erwerbstätigenbonus anzurechnen. Denn angesichts ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen kann von der Antragsgegnerin eine weitergehende Erwerbstätigkeit, als von ihr im Unterhaltszeitraum tatsächlich ausgeübt (19 Stunden wöchentlich), nicht erwartet werden. Nach dem Ergebnis des eingeholten arbeitsmedizinischen Gutachtens ist die Antragsgegnerin nicht in der Lage, eine vollschichtige Tätigkeit auszuüben; die ausgeübte Arbeitszeit von 19 Stunden ist gerade noch zumutbar. Konkrete Angriffe dagegen sind seitens des Antragstellers nicht erhoben. Nur der Hinweis, dass der Arbeitsmediziner auch die von der Antragsgegnerin eingereichten Atteste verwendet hat, reicht als hinreichender Angriff nicht aus. Bis zum Wechsel der Kinder in den Haushalt des Antragstellers im August 2013 konnte daher auf Basis des erstinstanzlich eingeholten Gutachtens nur von einer teilschichtigen Tätigkeit ausgegangen werden.

Soweit das erstinstanzlich eingeholte Gutachten ferner zugrunde gelegt hat, dass die Antragsgegnerin auch die Kinder versorgt und damit entsprechend belastet ist, hat sich der Senat dazu veranlasst gesehen, im Beschwerdeverfahren eine erneute gutachtliche Stellungnahme des Sachverständigen Dr. G einzuholen unter Berücksichtigung dessen, dass die Antragsgegnerin seit August 2013 die gemeinsamen Kinder der Beteiligten nicht mehr betreut. Bereits in seinen schriftlichen Ausführungen ist der Sachverständige dabei geblieben, dass die Antragsgegnerin auch ohne die Kinderbetreuung nur in dem von ihr jetzt ausgeübten Umfang arbeiten kann. Der Sachverständige hat dies im Rahmen seiner mündlichen Erläuterungen im Senatstermin nochmals überzeugend damit begründet, dass die bei der Antragsgegnerin vorliegende psychische Erkrankung keine Anpassungsstörung an akute Ereignisse sei, sondern sehr tiefgehend in ihre Persönlichkeitsstruktur hineinreiche. Wenn bei der Antragsgegnerin jeweils ein bisschen Belastung zu der jetzt tatsächlich vorliegenden Belastung hinzukomme, sei das von ihr nicht mehr zu kompensieren. Die Reserven bei ihr seien nicht allzu groß. Aufgrund dieser gut nachvollziehbaren Beurteilungen des gerichtlichen Sachverständigen ist der Senat davon überzeugt, dass die Antragsgegnerin aus gesundheitlichen Gründen in keinem größeren Umfang einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann, als sie dies derzeit tut, so dass der Antragsgegnerin über das von ihr tatsächlich erzielte Einkommen hinaus keine weiteren Einkünfte fiktiv zuzurechnen sind.

Die Höhe der tatsächlich erzielten Einkünfte ergibt sich aus den von der Antragsgegnerin umfassend vorgelegten Gehaltsabrechnungen. Von den sich hieraus ergebenden Nettoeinkünften waren keine weiteren Abzüge vorzunehmen, weil etwaige ansonsten bei Berechnung des Unterhalts nach Quoten berücksichtigungsfähige Abzugspositionen, wie z.B. Fahrtkosten oder Versicherungsbeiträge, bereits in dem errechneten konkreten Bedarf enthalten sind.

Zur Ermittlung der Kapitaleinkünfte kann bei der Antragsgegnerin ein Betrag von 36.000 EUR als Kapital eingestellt werden. Sie hat mit den im Oktober 2011 erhaltenen 64.000 EUR aus dem Hausverkauf einen PKW gekauft (2.500 EUR), ein überzogenes Konto ausgeglichen (3.000 EUR) und Verbindlichkeiten von 8.199 EUR getilgt. Ferner hat sie aufgrund der zahlreichen Prozesse, in denen ihr unter Hinweis auf den Erlös Verfahrenskostenhilfe verweigert wurde, erhebliche Kosten getragen. Die 36.000 EUR hat sie an ihre Eltern weitergegeben, die damit ihr die Wohnung vergünstigt zur Verfügung stellten, die sie zur Zeit bewohnt. Der Ansatz des Familiengerichts von 1,5 % Verzinsung ab Oktober 2011 ist angemessen. Warum hierauf Kapitalertragsteuer anfallen soll, wie dies die Antragsgegnerin in der Beschwerde behauptet, ist nicht nachzuvollziehen, da der Kapitalertrag unterhalb des steuerlichen Freibetrags liegt. Damit beläuft sich der monatsanteilige Kapitalertrag auf 45 EUR.

Das so zu berücksichtigende Einkommen der Antragsgegnerin ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle.

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4. Der der Antragsgegnerin zuzusprechende Unterhalt, bestehend aus Elementarunterhalt und Altersvorsorgeunterhalt, ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle.

Der Altersvorsorgeunterhalt ist hierbei einstufig auf Basis des Elementarunterhalts nach der Bremer Tabelle berechnet worden. Im Rahmen dieser Berechnung waren allerdings vorab vom Elementarunterhalt die tatsächlich von der Antragsgegnerin geleisteten Vorsorgebeiträge in einer Gesamthöhe von 146 EUR monatlich abzuziehen, da diese bereits in der konkreten Bedarfsermittlung enthalten sind und daher nicht außerdem Grundlage für die Ermittlung des Altersvorsorgeunterhalts sein können.

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5. Die Unterhaltsansprüche der Antragsgegnerin sind entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers nicht verwirkt. Verwirkungsgründe gemäß § 1579 BGB liegen nicht vor. Im vorliegenden Fall kämen einzig die Verwirkungsgründe des § 1579 Nr. 3 BGB sowie des § 1579 Nr. 7 BGB in Betracht.

Zutreffend verweist der Antragsteller zwar darauf, dass die Antragsgegnerin zunächst behauptet hat, der Antragsteller sei gegenüber den Kindern gewalttätig gewesen. Als die Gutachterin in der Sorgerechtssache hierfür keinen Anhaltspunkt fand, äußerte die Antragsgegnerin den Verdacht, der Antragsteller könne sexuell übergriffig gewesen sein. Dies reicht für eine Verwirkung gem. § 1579 Nr. 3 BGB allerdings nicht aus. Es wurden von der Antragsgegnerin auch im Sorgerechtsverfahren keine massiven körperlichen Übergriffe geäußert. Hinsichtlich des sexuellen Missbrauchs wurde aufgrund bestimmter Verhaltensweisen des Kindes nur der leichte Verdacht geäußert. Dies reicht für ein schweres vorsätzliches Vergehen i.S. von § 1579 Nr. 3 BGB nicht aus. Auch § 1579 Nr. 7 BGB (ein schwerwiegendes Fehlverhalten gegenüber dem Verpflichteten) liegt nicht vor.

In der vom Antragsteller zitierte Entscheidung des hiesigen 2. Familiensenats (2 UF 105/13; veröffentlicht z.B. in NZFam 2014, 223) ging es um langjährig wiederholt erhobene Missbrauchsvorwürfe, die ein jeder für sich objektiv geeignet waren, den Unterhaltspflichtigen in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und sein Leben gravierend zu beeinträchtigen bis hin zur Zerstörung seiner familiären, sozialen und wirtschaftlichen Existenz.

Im Hinblick auf die überhöhte Bedarfsdarstellung der Antragsgegnerin kann schon ein versuchter Verfahrensbetrug gemäß § 263 StGB - wie es für § 1579 Nr. 3 BGB erforderlich wäre - nicht festgestellt werden. Denn ein solcher setzt voraus, dass bestimmter Tatsachenvortrag der Antragsgegnerin zu einzelnen Bedarfspositionen sich als unzutreffend erwiesen hat; letzteres lässt sich aber nicht schon daraus herleiten, dass sie insgesamt einen überhöhten konkreten Bedarf geltend macht. Zudem ist zu beachten, dass § 1579 Nr. 3 BGB nur dann einschlägig sein kann, wenn sich das Verhalten des Berechtigten, der vom Pflichtigen nacheheliche Solidarität fordert, ohne ihr selbst zu genügen, als besonders unredlich darstellt, in- dem es darauf abzielt, durch Täuschung eine nicht oder nicht in diesem Umfang zustehende Leistung vom Unterhaltsschuldner zu erlangen (Palandt-Brudermüller, BGB, 75. Aufl., § 1579 Rn. 16 m.w.N.). Der Hauptanwendungsfall ist das Verschweigen von Einkünften trotz gezielter Nachfrage (vgl. z.B. OLG Düsseldorf v. 07.07.2010 - 8 UF 14/14 - juris). Angesichts dessen, dass die im Gesamtergebnis völlig überzogenen Berechnungen der Antragsgegnerin so offensichtlich unzutreffend sind, dass eine Täuschung kaum möglich ist, könnte es sich insoweit allenfalls um einen untauglichen Betrugsversuch handeln, der von vorneherein nicht geeignet war, beim Amtsgericht oder beim Senat einen Irrtum hervorzurufen. Nach allem sieht der Senat den ohnehin relativ kurz zu befristenden - siehe hierzu sogleich die Ausführungen unter Ziffer 6. - Unterhaltsanspruch als nicht verwirkt an.

6. Der Unterhaltsanspruch war gemäß § 1578b Abs.2 BGB zeitlich auf fünf Jahre ab Rechtskraft der Scheidung zu befristen, wobei der Senat davon abgesehen hat, noch für zwei Tage im Mai 2019 anteiligen Unterhalt zuzusprechen, sondern die Befristung bis zum Ende des Monats April 2019 ausgesprochen hat.

Zur Überzeugung des Senats liegen ehebedingte Nachteile auf Seiten der Antragsgegnerin nicht vor. Die bei der Antragsgegnerin vorliegende psychische Erkrankung selber ist auch nach ihrem eigenen Vortrag (siehe Bl. 1673 d. A.), als schicksalhaft und nicht als ehebedingt anzusehen. Dies entspricht auch den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. G, der überzeugend ausgeführt hat, dass die Erkrankung keine Anpassungsstörung an akute Ereignisse sei, sondern sehr tiefgehend bis in die Persönlichkeitsstruktur der Antragsgegnerin zurückreiche. Die Erkrankung sei Ausdruck der Persönlichkeit und nicht Ausdruck einer akuten Belastungssituation.

Soweit die Antragsgegnerin dargelegt hat, sie hätte ohne die Ehe und Familie ein Fernstudium absolviert, nach dessen erfolgreichem Abschluss sie einkommensmäßig deutlich bessergestellt worden wäre als jetzt, hat der Antragsteller zur Überzeugung des Senats den Beweis erbracht, dass die Antragsgegnerin ein solches Fernstudium unter Berücksichtigung ihrer schon vor der Ehe liegenden psychischen Erkrankung nicht erfolgreich hätte abschließen können. Der gerichtliche Sachverständige Dr. G ist auch nach mehrfacher Nachfrage des Senats bei seiner überzeugenden Beurteilung geblieben, dass die Antragsgegnerin ein Fernstudium zusätzlich zu einer vollschichtigen Tätigkeit nicht geschafft hätte. Der Sachverständige hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass, wie bereits oben ausgeführt, die psychische Erkrankung der Antragsgegnerin keine Anpassungsstörung an akute Ereignisse, sondern ein sehr tiefgehendes, schon vor der Ehe in der Persönlichkeitsstruktur wurzelndes Problem sei. Der Sachverständige hat diesen Befund auf genügend breiter Tatsachengrundlage erhoben, nämlich auf den anamnestischen Erzählungen der Antragsgegnerin, den erhobenen psychotherapeutischen Befunden, der Rücksprache mit den die Antragsgegnerin behandelnden Therapeuten sowie der von ihm selber durchgeführten Testung. Bei diesem Test war für den Sachverständigen auffällig, dass die Antragsgegnerin sehr genau und richtig arbeitete, aber sehr langsam war. Der Sachverständige hat das als eine sehr kontrollierte Arbeitsweise bezeichnet. Eine solche Arbeitsweise sei Ausdruck der Persönlichkeit, nicht ein Ausdruck einer akuten Belastungssituation. Wenn bei der Antragsgegnerin jeweils ein bisschen Belastung dazukomme, sei das von ihr nicht mehr zu kompensieren. Die Reserven seien bei der Antragsgegnerin nicht allzu groß. Deshalb wäre es ihr auch nicht möglich gewesen, berufsbegleitend ein Fernstudium erfolgreich zu absolvieren.

Ob die Antragsgegnerin ein Studium, das Bestandteil der Arbeitszeit gewesen wäre, erfolgreich geschafft hätte, kann dahingestellt bleiben. Unstreitig hat die Antragsgegnerin ein solches Studium bereits vor der Eheschließung nicht mehr betrieben, sondern im August 2003 das berufsbegleitende Fernstudium begonnen, welches sie nach ihren Angaben auch noch während der ersten Monate der Ehezeit betrieben hat. Maßgebend für die hier zu treffende Beurteilung eines ehebedingten Nachteils ist daher das letztgenannte Fernstudium.

Mangels ehebedingten Nachteils waren daher für die vorzunehmende Befristung folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

Die Ehe war mit 7 Jahren und 5 Monate (gerechnet von der Eheschließung am 15.12.2003 bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages am 18.05.2011) von relativ kurzer Dauer. Die Trennungszeit ab 02.02.2010 bis zur Rechtskraft der Scheidung am 03.05.2014 war dagegen relativ lang; innerhalb der Trennungszeit hat der Antragsteller durchgehend Unterhalt gezahlt. Auch bereits vorher gab es zwei zwischenzeitliche Trennungen 2005 und Ende 2009. Die Antragstellerin ist mit jetzt 36 Jahren noch jung und kann aufgrund ihrer eigenen intellektuellen Möglichkeiten selbst im Erwerbsleben Fuß fassen, wenn auch zu berücksichtigen ist, dass sie psychisch belastet und daher nur teilweise erwerbsfähig ist. Gleichwohl ist sie aber nach ihren Angaben in ihrer beruflichen Tätigkeit zu überdurchschnittlichen Leistungen in der Lage, die ihr jedenfalls bei ihrem jetzigen Arbeitgeber besondere Anerkennung in Form von Bonuszahlungen eintragen. Die gemeinsamen Kinder der Beteiligten sind in den Haushalt des Antragstellers gewechselt. Die Antragsgegnerin ist daher nicht durch Kinderbetreuung beeinträchtigt.

Für eine etwas längere Befristung spricht, dass eine reine Hausfrauenehe geführt wurde und dass aufgrund der sehr guten wirtschaftlichen Verhältnisse den Antragsteller maßvolle Unterhaltszahlungen nicht beeinträchtigen.

Insgesamt ist eine Befristung des Unterhalts auf 5 Jahre nach Rechtskraft der Scheidung, wie sie bereits vom Amtsgericht vorgenommen wurde, sachgerecht.

III. Dem von der Antragsgegnerin im Senatstermin vom 21.03.2016 gestellten Antrag auf Einräumung einer Schriftsatzfrist war nicht nachzukommen.

Der Senat hatte bereits mit Beschluss vom 22.09.2014 gemäß § 139 ZPO darauf hingewiesen, dass die in der Beschwerdebegründung im Wege der konkreten Bedarfsberechnung angestellte Unterhaltsberechnung unschlüssig ist. Da die Antragsgegnerin in ihrer Stellungnahme zu diesem Hinweis weiterhin die Auffassung vertreten hat, dass ihre Unterhaltsberechnung hinreichend schlüssig sei, und sie deshalb in der Sache nicht weiter vorgetragen hat, durfte sie nicht erwarten, dass der Senat ihr nach dem Senatstermin vom 21.03.2016 eine erneute Stellungnahmefrist gewähren würde.

Soweit die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen im Senatstermin vom 21.03.2016 zur Frage ihrer Fähigkeit zur erfolgreichen Absolvierung eines berufsbegleitenden Studiums eine ergänzende Stellungnahmefrist begehrt hat, war diesem Antrag deshalb nicht zu entsprechen, weil die Ausführungen des Sachverständigen auch insoweit für die Antragsgegnerin weder neu noch überraschend waren. Sie stellten lediglich eine konsequente Fortführung der Argumentation des Sachverständigen zur Frage der Fähigkeiten der Antragsgegnerin zur Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit dar, die der Sachverständige bereits in seinem schriftlichen Gutachten dargelegt hatte. Insoweit hatte der Sachverständige bereits in dem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass die Antragsgegnerin aufgrund ihrer bereits vor der Ehe bestehenden Persönlichkeitsstruktur nicht in der Lage sei, eine mehr als halbschichtige Tätigkeit auszuüben. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 21.03.2016 - 4 UF 14/14)

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Geltendmachung von Scheidungsunterhalt erstamls über zehn Jahre nach Rechtskraft der Scheidung (OLG Koblenz, Beschluss vom 19.02.2016 - 13 WF 22/16):

„... Unschädlich ist in diesem Zusammenhang zwar, dass die Antragstellerin erst über zehn Jahre nach der rechtskräftigen Scheidung überhaupt nachehelichen Unterhalt begehrt (vgl. BGH FamRZ 2010, 1311 Rz. 36). Jedoch ist erforderlich, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Unterhalt wegen Krankheit oder auf Aufstockungsunterhalt bereits im Zeitpunkt der Scheidung sowie auch in der Folgezeit grundsätzlich ohne zeitliche Lücke vorgelegen haben. Lediglich vorübergehende Unterbrechungen der Unterhaltskette aufgrund fehlender Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten oder mangelnder Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen stehen Unterhaltsansprüchen in der Zeit nach der Wiederherstellung von Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit nicht zwingend entgegen (vgl. BGH FamRZ 2016, 203), wobei mit Finke (vgl. FamRZ 2016, 205, 206) für diese Abgrenzung der Begriff der Nachhaltigkeit besser geeignet erscheint. ..."

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Beim Unterhalt nach § 1572 BGB ist auch dann, wenn - wie regelmäßig - die Krankheit selbst nicht ehebedingt ist, ein ehebedingter Nachteil denkbar, wenn ein Unterhaltsberechtigter die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt, weil er aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht genügend Pflichtbeiträge gezahlt hat. Der sich daraus ergebende ehebedingte Nachteil entfällt allerdings - aber auch erst - mit dem Beginn der Altersrente, wenn für diese neben der Erfüllung der Wartezeit und der Altersvoraussetzung keine Mindestzahl von Pflichtbeiträgen erforderlich ist (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 05.07.2012 - 6 UF 172/11).

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Befristung des Krankheitsunterhalts nach 37-jähriger Ehe. Zum Vermögenseinsatz von Auslandsimmobilien (OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.11.2011 - 17 UF 177/11 zu §§ 1572 BGB, 1573 I, 1577, 1578 b BGB).

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Besteht für eine geschiedene Ehefrau die Notwendigkeit zum Abschluss einer privaten Krankenversicherung, um den Umfang ihres aus der Ehe gewohnten Versicherungsschutzes aufrechtzuerhalten, kann in den hierdurch ausgelösten Mehrkosten ein fortwirkender ehebedingter Nachteil liegen. Im Fall einer chronischen Erkrankung ist bei der Frage einer zeitlichen Begrenzung eines Anspruches auf nachehelichen Unterhalt aus § 1572 BGB auch zu berücksichtigen, ob die Anspruchsberechtigte nach gegenwärtiger Prognose jemals in der Lage sein wird, ihre wirtschaftliche Situation durch eine eigene Berufstätigkeit zu verbessern (OLG Hamm, Urteil vom 18.06.2009 - 2 UF 6/09).

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Der Anspruch auf nachehelichen Krankheitsunterhalt kann herabgesetzt und/oder befristet werden, wenn dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile in Bezug auf die Möglichkeit, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, entstanden sind. Dies gilt dann nicht, wenn sonstige Billigkeitsgesichtspunkte, insbesondere die nacheheliche Solidarität, einer Begrenzung entgegenstehen (OLG Bremen, Beschluss vom 05.03.2009 - 4 UF 116/08, NJW 2009, 1976 ff zu BGB §§ 1572 Nr. 2, 1578b; EGZPO § 36 Nrn. 1, 2):

„... Die 1955 geborene Bekl. hatte im Juni 1988 den Kl. geheiratet. Sie gab ihre Berufstätigkeit als Zahnarzthelferin auf. Im November 1988 kam der gemeinsame Sohn zur Welt. Die Ehe wurde 1995 geschieden. Der vom Kl. zu zahlende nacheheliche Unterhalt wurde zuletzt durch Vergleich vom 23. 8. 2002 auf 800 Euro monatlich festgesetzt. Die Bekl. ist alkoholkrank und bezieht eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Der Kl. begehrt im Hinblick auf das neue Unterhaltsrecht einen Wegfall seiner Zahlungspflicht ab dem 1. 1. 2008. Das AG - FamG - hat die Abänderungsklage abgewiesen. Der Kl. hat Berufung eingelegt und einen Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 23. 8. 2002 ab dem 1. 1. 2008 gestellt. Der Senat hat dem Einstellungsantrag nicht stattgegeben. ...

Der Antrag des Kl. auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist zurückzuweisen. Die Berufung des Kl. hat nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand insoweit keine Aussicht auf Erfolg, als er unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Abänderung des am 23. 8. 2002 geschlossenen Vergleichs dahingehend begehrt, dass er bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Unterhalt mehr zu zahlen hat.

I. Soweit der Bekl. den Einwand der Verwirkung nach § 1579 Nr. 4 BGB erhebt, kann er damit keinen Erfolg haben. Dem Kl. war bereits bei Abschluss des Vergleichs im Jahr 2002 bekannt, dass die Bekl. in der Vergangenheit wiederholt Entwöhnungsbehandlungen abgebrochen hat; dies ergab sich aus dem im Vorverfahren eingeholten Sachverständigengutachten vom 22. 11. 2001. Er ist daher mit dem von ihm erhobenen Verwirkungseinwand präkludiert. Im Übrigen dürfte der Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 4 BGB auch nicht erfüllt sein, weil nach den Ausführungen des Sachverständigen die Bekl. auf Grund der in Folge exzessiven Alkoholmissbrauchs eingetretenen Persönlichkeitsveränderung und der daraus resultierenden Einschränkung der freien Willensbildung für das Scheitern der jeweiligen Entwöhnungsbehandlungen nicht verantwortlich gemacht werden kann. Der Bekl. kann demzufolge nicht vorgeworfen werden, sie habe ihre Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt.

II. Entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung kommt jedoch eine zeitliche Begrenzung sowie Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Bekl. nach § 1572 Nr. 2 BGB dahingehend in Betracht, dass sie den titulierten Unterhalt in Höhe von 800 Euro bis einschließlich Dezember 2009 verlangen kann; ab dem 1. 1. 2010 ist der Unterhalt auf 400 Euro herabzusetzen und bis zum 31. 12. 2012 zu befristen.

1. Während nach dem bis zum 31. 12. 2007 geltenden Unterhaltsrecht eine Befristung des Krankheitsunterhalts nicht möglich war, kann nach dem am 1. 1. 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetz auch der Anspruch wegen Krankheit (§ 1572 BGB) zeitlich begrenzt werden, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den nach § 1578b II 2 BGB entsprechend anzuwendenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578b I 2, 3 BGB. Danach ist zunächst darauf abzustellen, inwieweit dem Bedürftigen durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Ehebedingte Nachteile liegen vor, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (BGH, NJW 2008, 1080 = FamRZ 2008, 582 [586]). Die Bekl. hat zwar nach der Eheschließung ihre berufliche Tätigkeit als Zahnarzthelferin aufgegeben, um den gemeinsamen Haushalt zu führen und das im November 1988 geborene gemeinsame Kind zu betreuen mit der Folge, dass sie während der Ehe relativ geringe Versorgungsanrechte erworben hat. Dieser Nachteil ist jedoch im Rahmen des Versorgungsausgleichs ausgeglichen worden (s. dazu BGH, NJW 2008, 2581 = FPR 2008, 379 = FamRZ 2008, 1325 [1329]; NJW 2008, 2644 = FPR 2008, 449 = FamRZ 2008, 1508 [1510]). Denn der Bekl. sind Anwartschaften in Höhe von insgesamt 153,63 DM übertragen worden, die zu einer Erhöhung der von ihr bezogenen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit geführt haben. Die Bekl. war nach der Scheidung im Jahr 1995 wegen der Betreuung des Sohnes zwar zunächst gehindert, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ab Vollendung seines 8. Lebensjahres hätte die Bekl., die damals 41 Jahre alt war, in ihrem erlernten Beruf aber eine Teilzeittätigkeit aufnehmen und ab November 2003 (Vollendung des 15. Lebensjahres des Kindes) einer Vollzeittätigkeit nachgehen können, wenn ihre schwere Alkoholerkrankung dem nicht entgegengestanden hätte. Denn die Bekl. hat von 1995 an wiederholt stundenweise in ihrem Beruf als Zahnarzthelferin gearbeitet, diese Stellen aber in erster Linie wegen ihres Alkoholmissbrauchs wieder verloren. Soweit die Bekl. nach der Scheidung wegen der Betreuung des Sohnes keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und dementsprechend auch keine Versorgungsanrechte erwerben konnte, dürften der Bekl. dadurch ebenfalls keine Nachteile bzgl. ihrer Absicherung im Krankheitsfall entstanden sein; denn der Kl. hat nach Rechtskraft der Scheidung im Jahr 1995 über mehrere Jahre neben Elementar- und Krankenvorsorgeunterhalt an die Bekl. Altersvorsorgeunterhalt in nicht unbeträchtlicher Höhe von zunächst 635,88 DM gezahlt.

2. Die Erkrankung der Bekl. ist auch nicht als ehebedingter Nachteil zu werten, da sie nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Ehe steht (s. dazu BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 [130] = FamRZ 2009, 406). Der Senat hat zwar keinen Zweifel daran, dass der Arbeitsunfall des Kl. im April 1992 und die Ungewissheit über die Folgen die Bekl. außerordentlich belastet haben. Dass die Bekl. in dieser Situation Zuflucht beim Alkohol gesucht hat, dürfte jedoch in der Persönlichkeit der Bekl. begründet sein. Die Bekl. hat in dem vorangegangenen Verfahren dem Sachverständigen Dr. H gegenüber angegeben, dass sie im Alter von 16 Jahren erstmalig exzessiv Alkohol konsumiert und dadurch einen ausgeprägten Rauschzustand erlebt habe. Von da an habe sie immer mal wieder Alkohol in wechselnden Mengen getrunken, um sich dadurch zu entspannen, sich zu beruhigen und Selbstsicherheit zu gewinnen. 1996 sei ihr süchtiges Verhalten extrem eskaliert, als eine neue Partnerschaft gescheitert sei. Von einer ehebedingten Erkrankung kann daher nicht ausgegangen werden.

3. Wenn es sich - wie hier - bei der Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit um eine schicksalhafte Entwicklung handelt und etwaige ehebedingte Nachteile (durch den Versorgungsausgleich und/oder durch die Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt oder Zugewinnausgleich) ausgeglichen worden sind, ist eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten nicht ohne weiteres gerechtfertigt (s. BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 [131] = FamRZ 2009, 406). Vielmehr ist im Rahmen einer Billigkeitsabwägung zu prüfen, ob die nacheheliche Solidarität eine fortdauernde Verantwortung des geschiedenen Ehegatten gebietet. Insoweit kommt der Ehedauer besondere Bedeutung zu (BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 [130] = FamRZ 2009, 406). Die Ehedauer bemisst sich nach § 1578b I 3 BGB von der Eheschließung (hier: Juni 1988) bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (hier: September 1994); die Zeit der Kindesbetreuung ist der Ehedauer nicht mehr gleichgestellt. Danach hat die Ehe der Parteien lediglich sechs Jahre und vier Monate gedauert, so dass die Ehedauer einer zeitlichen Befristung des Unterhalts nicht entgegensteht. Auch der Umstand, dass sich das Renteneinkommen der Bekl. lediglich auf 727 Euro beläuft (das fiktive Einkommen von 325 Euro ist dabei noch nicht berücksichtigt), während der Kl. über ein hohes Renteneinkommen verfügt, das sich nach Wegfall der Unterhaltsverpflichtung dem Sohn gegenüber auf 2927 Euro belaufen dürfte, rechtfertigt einen zeitlich unbefristeten Unterhaltsanspruch der Bekl. nicht. Denn der Gesetzgeber hat mit der Ausdehnung der Befristungsmöglichkeit auf den Alters- und Krankheitsunterhalt bewusst in Kauf genommen, dass die daraus etwaig resultierende Bedürftigkeit eines Ehegatten im Zweifel durch sozialstaatliche Leistungen von der Allgemeinheit getragen wird (OLG Celle, NJW 2008, 3575 [3577]). Außerdem ist davon auszugehen, dass die Bekl. finanziell besser gestellt wäre, wenn sie den an sie gezahlten Altersvorsorgeunterhalt auch bestimmungsgemäß verwandt hätte - etwa durch Einzahlung in eine Lebensversicherung oder in die gesetzliche Rentenversicherung -, was ersichtlich nicht geschehen ist. Im Übrigen dürfte die Bekl. nicht auf Sozialleistungen angewiesen sein, da die Bekl. mietfrei in der in ihrem Alleineigentum stehenden lastenfreien Wohnung lebt.

4. Mit Rücksicht darauf, dass die Ehe der Parteien lediglich sechs Jahre und vier Monate gedauert hat und der Kl. mittlerweile über einen Zeitraum von 15 Jahren und 8 Monate Unterhalt gezahlt hat, ist der Unterhaltsanspruch der Bekl. zeitlich zu befristen.

III. Der Abänderung des vor dem 1. 1. 2008 geschlossenen Vergleichs steht entgegen der Annahme des AG nicht der in § 36 Nr. 1 EGZPO normierte Vertrauensschutz entgegen. Nach § 36 Nr. 1 EGZPO ist eine Abänderung möglich, wenn Umstände, die vor dem 1. 1. 2008 entstanden sind, durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts erheblich geworden sind und zu einer wesentlichen Änderung der Unterhaltsverpflichtung führen. Dies ist vorliegend der Fall, wie die Ausführungen unter II zeigen. Darüber hinaus muss die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar sein. Das Vertrauen des Unterhaltsberechtigten auf den Fortbestand eines titulierten Unterhalts ist insbesondere dann schutzwürdig, wenn sich die unterhaltsberechtigte Person auf den Fortbestand der Regelung eingestellt hat oder die Unterhaltsregelung Bestandteil einer umfassenden Auseinandersetzung der Eheleute war (OLG Celle, NJW 2008, 3575 [3578]).

Die im Jahr 2002 getroffene Unterhaltsregelung ist nicht Bestandteil einer Auseinandersetzungsregelung. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Bekl. im Vertrauen auf den zugesprochenen Unterhalt Vermögensdispositionen getroffen hat, die nicht mehr reversibel sind. Auch die zeitliche Dauer der bestehenden Unterhaltsregelung, die im Rahmen des § 36 Nr. 1 EGZPO zu berücksichtigen ist (s. Borth, UÄndG, 2008, Rdnr. 401; OLG Celle, NJW 2008, 3575 [3578]), steht einer Abänderung nicht entgegen. Die Bekl. bezieht zwar bereits seit Juni 1993 Unterhalt. Bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres des Sohnes (November 2003) konnte die Bekl. ihren Unterhaltsanspruch noch auf dessen Betreuung stützen. Aus überwiegend krankheitsbedingten Gründen steht der Bekl. der Unterhalt erst ab November 2003 zu. Der Anspruch auf Krankheitsunterhalt besteht somit noch nicht derart lange, dass es der Bekl. nicht mehr zuzumuten wäre, sich auf die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse in Folge der Befristung einzustellen.

Der Bekl. ist jedoch (auch) unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit eine Übergangszeit zuzubilligen ist, die es ihr erlaubt, sich innerlich auf die Veränderung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse einzustellen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Bekl. nach Wegfall des Unterhaltsanspruchs weniger als die Hälfte ihrer bisherigen tatsächlich vorhandenen finanziellen Mittel (d.h. ohne Berücksichtigung des mietfreien Wohnens der Bekl. und des ihr zuzurechnenden fiktiven Einkommens) zur Verfügung stehen werden und es ihr auf Grund ihrer Erkrankung nicht möglich sein wird, durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit einen Ausgleich zu schaffen. Der Senat hält es daher für angemessen, der Bekl. den titulierten Unterhalt in Höhe von 800 Euro zunächst noch bis zum 31. 12. 2009 zu belassen, ihn ab dem 1. 1. 2010 dann auf 400 Euro zu reduzieren und den reduzierten Unterhalt bis zum 31. 12. 2012 zu befristen. Die Übergangszeit sowie die abgestufte Unterhaltsreduzierung wird es der Bekl. erleichtern, sich auf den endgültigen Wegfall der Unterhaltszahlungen Ende 2012 einzustellen. Auf Seiten des Kl. hat der Senat berücksichtigt, dass er über ein überdurchschnittliches Einkommen verfügt, lediglich der Bekl. zum Unterhalt verpflichtet ist und dass die während der Übergangszeit geschuldeten Unterhaltsbeträge den Kl. nicht übermäßig belasten. ..."

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Ohne ehebedingte Nachteile kann ein Unterhaltsanspruch aus § 1572 BGB nach einer 1979 geschlossenen Ehe, die 1992 geschieden wurde und in der die Ehefrau zwei 1981 und 1983 geborene Kinder betreute, bis Februar 2011 befristet werden (OLG Koblenz, Urteil vom 25.02.2009 - 13 UF 594/08, NJW 2009, 2315 ff zu BGB §§ 1572, 1578b II):

„... Die Parteien heirateten 1979. Aus der Ehe gingen die Kinder C (geb. 1981) und D (geb. 1983) hervor. Im Sommer 1991 trennten sich die Parteien. Die Ehe wurde durch Urteil vom 8. 12. 1992 rechtskräftig geschieden. Die elterliche Sorge für die beiden Kinder wurde dabei der Bekl. übertragen. Der 1951 geborene Kl. ist selbstständiger Architekt; die 1953 geborene Bekl. bezieht seit 2002 Erwerbsunfähigkeitsrente wegen völliger Erwerbsunfähigkeit auf Grund eines Wirbelsäulenleidens. Sie hatte bereits gegen Ende der Ehe eine Teilzeittätigkeit ausgeübt, erlitt dann 1996 einen Bandscheibenvorfall, was zu einer zunächst vorübergehenden Erwerbsunfähigkeit führte. Ab 1998 war sie wieder in Teilzeit erwerbstätig bis zu ihrer Verrentung. Durch Vergleich vor dem OLG Frankfurt a. M. vom 12. 1. 2005 regelten die Parteien zuletzt die Ehegattenunterhaltsansprüche dahin, dass der Kl. sich verpflichtete, an die Bekl. ab Februar 2002 einen monatlichen Unterhalt von 700 Euro zu zahlen. Ausdrücklich wurde dabei ein auch um Kindesunterhalt und Berufsbonus bereinigtes Einkommen des Kl. von 2200 Euro zu Grunde gelegt und ein Renteneinkommen der Bekl. von 800 Euro. Der Kl. begehrt mit seiner Abänderungsklage die abgestufte Herabsetzung des Unterhalts bis zu seinem völligen Wegfall ab März 2011. Es entspreche der Billigkeit, den Unterhalt zunächst der Höhe nach zu beschränken und schließlich zu befristen. Im Übrigen habe die Bekl. ihren Unterhaltsanspruch verwirkt, weil sie ihm einerseits eine Erbschaft nach ihrer Mutter, andererseits die Zuwendung eines auf knapp 50000 Euro angesparten Lebensversicherungsvertrags verschwiegen habe.

Das AG gab der Klage teilweise statt und befristete den Unterhaltsanspruch bis einschließlich Februar 2011. Eine stufenweise Reduzierung des Anspruchs für die vorhergehende Zeit lehnte es ab. Die Ehedauer von elf Jahren rechtfertige keine unbefristete Zahlung des Unterhalts. Hätte die Bekl. 1998 entsprechend ihrer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit eine Vollzeittätigkeit aufgenommen, hätte sie heute keine Nachteile mehr. Angesichts der beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei die vorgenommene Befristung angemessen. Mit ihrer Berufung erstrebt die Bekl. die Abweisung der Klage im Wesentlichen mit der Argumentation, eine Befristung des Krankheitsunterhalts komme jedenfalls in ihrer Situation - völlige Erwerbsunfähigkeit, erhebliche ehebedingte Nachteile - nicht in Betracht. Der Kl. hält mit seiner Anschlussberufung das Urteil des AG für zutreffend, soweit der Unterhalt befristet worden sei. Der Unterhalt sei allerdings bereits ab März 2008 stufenweise - jeweils in Schritten von 100 Euro je ½ Jahr - zu begrenzen. Zudem sei die eingetretene Verwirkung zu berücksichtigen. Beide Rechtsmittel blieben erfolglos.

II. 1. Die Klage ist als Abänderungsklage zulässig. Durch das am 1. 1. 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. 12. 2007 (BGBl I, 3189) sind die Vorschriften der §§ 1573 V, 1578 I 2 und 3 BGB a.F. entfallen. An ihre Stelle ist § 1578b BGB getreten, der eine Herabsetzung und/oder zeitliche Begrenzung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt aus sämtlichen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen regelt. Eine Befristung des Krankheitsunterhalts war nach der bisherigen Rechtslage nicht möglich, lediglich eine Beschränkung nach § 1578 BGB a.F. (vgl. OLG Celle, NJW 2008, 3575 [3576]; BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128). Diese Änderung der Gesetzeslage stellt einen möglichen Abänderungsgrund dar und macht die Abänderungsklage zulässig. Der Kl. behauptet weiterhin einen möglichen Verwirkungsgrund nach § 1579 BGB. Dies kann eine Herabsetzung des Unterhalts rechtfertigen.

2. Die Klage ist auch teilweise begründet. Der Anspruch der Bekl. ist zu befristen; eine vorherige sukzessive Beschränkung der Höhe nach bis zum Auslaufen des Anspruchs kommt jedoch nicht in Betracht.

a) Der Bekl. steht grundsätzlich ein Anspruch auf Krankheitsunterhalt zu; ein solcher wurde auch im Vergleich geregelt, denn man legte ohne Weiteres auf ihrer Seite nur die Erwerbsunfähigkeitsrente zu Grunde, die auf einer vollständigen Erwerbsunfähigkeit beruht. In einem solchen Fall leitet sich der Unterhaltsanspruch insgesamt aus § 1572 BGB her, nicht auch aus § 1573 BGB (vgl. zur Abgrenzung BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128).

b) Der Anspruch ist allerdings kein originärer Unterhaltsanspruch wegen Krankheit nach § 1572 Nr. 1 BGB, weil die Krankheit nicht in nahem Zusammenhang mit der im Jahre 1992 erfolgten Scheidung aufgetreten ist, sondern erst später. Der Bandscheibenvorfall, der nach dem Vortrag der Parteien Auslöser der späteren Erwerbsunfähigkeit war, ereignete sich im Jahre 1996. Danach war die Bekl. nach längerer Arbeitsunfähigkeit nochmals erwerbstätig. Seit 2002 erhält sie Erwerbsunfähigkeitsrente. Im Hinblick hierauf ist das Bestreiten der tatsächlichen völligen Erwerbsunfähigkeit zum jetzigen Zeitpunkt durch den Kl., etwa der Hinweis auf ein Tanzturnier im Jahre 2003, unsubstanziiert. Im Übrigen ging man - wie oben ausgeführt - auch bei Abschluss des Vergleichs, um dessen Abänderung es geht, von einer vollständigen Erwerbsunfähigkeit der Bekl. aus. Damit ist diese zwar nicht rechtskräftig festgestellt, wie die Berufung meint, es besteht aber eine Bindung an die dem Vergleich zu Grunde gelegten Tatsachen. Der Kl. behauptet nicht etwa (im Sinne eines Abänderungsgrundes), der Gesundheitszustand der Bekl. habe sich gebessert, sondern es bestehe nach wie vor keine völlige Erwerbsunfähigkeit.

c) Nach § 1572 Nr. 2 BGB ist Krankheitsunterhalt auch geschuldet, „solange und soweit" von dem geschiedenen Ehegatten vom Zeitpunkt der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes an eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Der Kl. beruft sich deshalb - unabhängig von der Bindung an den Vergleich - nach wie vor zu Unrecht darauf, die Unterhaltskette sei unterbrochen. Im Jahre 1996, als die Erkrankung auftrat, war D, das jüngere Kind, 13 Jahre alt, also noch betreuungsbedürftig. Die Einsatzzeitpunkte des § 1572 BGB wollen einerseits den zeitlichen Zusammenhang des nachehelichen Unterhalts mit der Ehe sicherstellen, andererseits die nacheheliche Solidarität begrenzen. Unterhalt kann nur verlangt werden, wenn die gesundheitliche Beeinträchtigung zu einem der genannten Einsatzzeitpunkte gegeben ist. Beim Unterhaltsanspruch nach § 1572 Nr. 1 BGB handelt es sich um einen originären Unterhaltsanspruch, der auf eine vollständige Deckung des Bedarfs gerichtet ist, bei den übrigen Unterhaltstatbeständen um so genannten Anschlussunterhalt (vgl. Pauling, in: Wendl/Staudigl, Das UnterhaltsR in der familierichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rdnr. 100), der Einschränkungen unterliegt. Bestand bei Beginn des Anschlussunterhalts auf Grund eines weggefallenen früheren Anspruchsgrundes nur ein Anspruch auf einen Teil des vollen Bedarfs, so entsteht auch der Anspruch auf Anschlussunterhalt nur als solcher auf Teilunterhalt (BGH, NJW 2001, 3260 = FamRZ 2001, 1291). Dieser Gesichtspunkt ist hier an sich einschlägig, denn im Jahre 1996 war die Bekl. nicht mehr durch die Kinderbetreuung vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert. C war hier 16 Jahre alt, D 13 Jahre. Insofern hätte die Bekl. auch nach der damals maßgebenden großzügigeren Rechtsprechung die Obliegenheit zu einer Halbtagstätigkeit gehabt. Tatsächlich arbeitete sie ja auch in einer Teilzeittätigkeit. Nur unter Berücksichtigung eines Einkommens aus einer Halbtagstätigkeit stand ihr deshalb vor dem Beginn der Erkrankung ein Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB zu. Dementsprechend war auch der Anschlussunterhalt nach § 1572 Nr. 2 BGB an sich begrenzt.

d) Allerdings kommt dies hier zunächst nicht zum Tragen, denn im Vergleich haben die Parteien die Zahlung des vollen Unterhalts vereinbart (bereinigtes Nettoeinkommen des Kl. nach Abzug von 1/7 abzüglich Renteneinkommen der Bekl., hiervon die Hälfte). Deshalb kann sich der Kl. jetzt nicht abweichend hiervon darauf berufen, an sich sei nur ein Teilunterhalt geschuldet. Dieser Gesichtspunkt spielt jedoch im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1578b BGB eine Rolle (vgl. unten).

e) Der Unterhaltsanspruch der Bekl. ist nach § 1578b II BGB bis Februar 2011 zu befristen.

(1) Es geht um die Befristung des im Januar 2005 abgeschlossenen Vergleichs über nachehelichen Unterhalt. Für vor dem 1. 1. 2008 bereits ergangene rechtskräftige Entscheidungen, errichtete Titel oder Unterhaltsvereinbarungen enthält § 36 Nr. 1 EGZPO einen über das Inkrafttreten des Gesetzes hinausreichenden Vertrauensschutz und lässt eine Abänderung nur zu, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist.

(2) Eine wesentliche „Änderung des Unterhaltsanspruchs" liegt darin begründet, dass der Krankheitsunterhalt nach § 1578b BGB nunmehr befristet werden kann, was bisher nicht möglich war; er konnte lediglich nach § 1578 I 2 BGB a.F. (der Höhe nach) begrenzt werden.

(3) Der Unterhaltsanspruch ist nach § 1578b II 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578b II 2 BGB, der entsprechend anzuwenden ist. Hiernach kommt es zunächst darauf an, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Ehebedingte Nachteile liegen vor, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (vgl. BGH, NJW 2008, 1080 = FamRZ 2008, 582 [586]). Dies ist zu verneinen. Ihre Erwerbstätigkeit musste die Bekl. aus gesundheitlichen Gründen einstellen, die erst lange nach Ende der Ehe auftraten und nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Ehe stehen. Eine Erkrankung ist nicht schon deshalb als ehebedingter Nachteil zu betrachten, weil sie während der Ehe eingetreten ist (BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128), erst recht also nicht, wenn sie während der der Ehe nachfolgenden Kinderbetreuung i.S. von § 1572 Nr. 2 BGB erstmals auftritt.

(4) Ehebedingte Nachteile können daneben auch dann eingetreten sein, wenn der Unterhaltsberechtigte auf Grund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hätte (BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128). Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 und NJW 2008, 2581 = FPR 2008, 379 = FamRZ 2008, 1325 [1328f.]; NJW 2008, 2644 = FPR 2008, 449 = FamRZ 2008, 1508 [1511]). Vorliegend hat ein Versorgungsausgleich stattgefunden und - was in diesem Zusammenhang erheblicher ist - auch ein Zugewinnausgleich und eine weitgehende Vermögensauseinandersetzung, mit dem die als Altersversorgung vorgesehene Lebensversicherung ausgeglichen wurde ebenso wie sonstiges zur Versorgung in Betracht kommendes (Grund-)Vermögen (notarieller Vertrag v. 27. 11. 1992). Eventuelle Versorgungsnachteile können deshalb hier nicht nochmals berücksichtigt werden (vgl. BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128; NJW 2008, 2581 = FPR 2008, 379 = FamRZ 2008, 1325 [1328f.]; NJW 2008, 2644 = FPR 2008, 449 = FamRZ 2008, 1508 [1511]).

(5) Dass der Bekl. sonstige ehebedingte Nachteile entstanden sind durch die Aufgabe der Tätigkeit bei der C-Bank trägt sie zwar vor; dieser Vortrag geht aber über ein bloßes unsubstanziiertes Behaupten nicht hinaus. Sie hatte keinerlei bankspezifische Ausbildung und war lediglich als Sachbearbeiterin tätig. Es mag sein, dass die Tätigkeit „gut bezahlt" war - was immer das bedeutet. Dass eine Tätigkeit bei einer anderen Bank schlechter dotiert gewesen wäre, wird nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Wieso die Bekl., wenn sie nach der Scheidung zunächst in Teilzeit und später ab 1998 - hier war sie ja auch nach ihrem eigenen Vortrag arbeitsfähig - ganztägig gearbeitet hätte, ein schlechteres Einkommen hätte erzielen sollen, als wenn sie durchgehend bei der C-Bank gearbeitet hätte, ist nicht nachvollziehbar. Auch im Bankgewerbe wird üblicherweise nach Tarifverträgen gezahlt. Es mag allenfalls sein, dass bei längerer Betriebszugehörigkeit bestimmte Zusatzprämien anfallen; hierzu ist aber nichts vorgetragen. Die Bekl. hatte bei der C-Bank keine herausgehobene Stellung, die eine Sonderdotierung gerechtfertigt oder, wenn nicht gerechtfertigt, so doch „banküblich" gemacht hätte. Zudem: Wenn die Bekl. unbedingt wieder hätte ins Bankfach wechseln wollen, etwa weil sie hier besonders erfolgreich war, wofür allerdings nichts vorgetragen wird, hätte sie dies ab 1992 tun können. Es kann auch dahinstehen, ob sie wieder bei der C-Bank ein Stelle gefunden hätte oder bei einer anderen Bank. Sie trägt nicht einmal vor, dass sie dies vergeblich versucht hätte. Von daher kann nicht davon ausgegangen werden, die relativ geringe Höhe ihrer jetzigen Erwerbsunfähigkeitsrente stelle sich zum Teil - auf die Zeit nach der Scheidung bezogen - als ehebedingter Nachteil dar. Soweit sie während bestehender Ehe nicht erwerbstätig war und dies Einfluss auf die Höhe der Rente hat, ist dies durch Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich kompensiert (vgl. hierzu unter II 4).

(6) Wenn auch die zur Erwerbsunfähigkeit führende Krankheit in den seltensten Fällen - so auch hier nicht - ehebedingt ist, heißt das noch nicht, dass bei Krankheitsunterhalt generell eine Befristung vorzunehmen ist. Allerdings ist unter diesem Gesichtspunkt eine Befristung im Regelfall durchaus naheliegend, wie die aktuelle Rechtsprechung des BGH hierzu zeigt: „Es hat allerdings Einfluss auf die grundsätzliche Gewichtung des Unterhalts nach § 1572 BGB im Rahmen der Billigkeitsabwägung und im Hinblick auf das von den Ehegatten zu fordernde Maß an fortwirkender Unterhaltsverantwortung nach der Scheidung. Da es sich bei der Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit in der Regel um eine schicksalhafte Entwicklung handelt, ist eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten für das allein in zeitlichem Zusammenhang mit der Ehe stehende Krankheitsrisiko nicht ohne Weiteres zu rechtfertigen" (BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128; vgl. auch OLG Celle, NJW 2008, 3575 [3576]). Das heißt, gerade beim Krankheitsunterhalt dürfen die Anforderungen an „die fortwirkende eheliche Solidarität" nicht überspannt werden.

(7) Unter diesem Gesichtspunkt ist die vom AG (wie vom Kl. beantragt) vorgenommene Befristung zum Februar 2011 nicht zu beanstanden. Der Kl. wird dann auf Grund des Vergleichs über neun Jahre Unterhalt gezahlt haben bei einer Ehedauer von knapp 13 Jahren (Zustellung des Scheidungsantrags im April 1992). Das ist zwar keine kurze, aber auch keine außergewöhnlich lange Ehedauer. Ohnehin kommt nach der neueren Rechtsprechung des BGH (beginnend mit der Entscheidung vom 12. 4. 2006 (NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006) der Ehedauer für die Frage der Billigkeitsabwägung zwar noch eine herausgehobene Bedeutung zu, dies aber in erster Linie, weil sie Indiz für die Verflechtung der beiderseitigen Verhältnisse ist (vgl. auch BGH, NJW 2008, 2581 = FPR 2008, 379 = FamRZ 2008, 1325). Zudem wurde nach dem Vergleich - obwohl nur ein Teilunterhalt geschuldet war (vgl. oben II 2b) - der volle Unterhalt gezahlt. Auf Grund der notariellen Urkunde vom 27. 11. 1992 hatte der Kl. Unterhalt in Höhe von 1300 DM für mindestens zwei Jahre bezahlt, wobei hier die Einkünfte der Bekl. unberücksichtigt blieben. Später wurde Unterhalt von 700 DM gezahlt, ab wann und wie lange, ist nicht im Einzelnen vorgetragen. Die Bekl. verfügt zudem, worauf das AG zutreffend hingewiesen hat, neben der Rente von ca. 800 Euro über Vermögen aus einer Erbschaft und aus einer Lebensversicherung von rund 50000 Euro. Sie erhält zudem aus dem notariellen Vertrag mit dem Bekl. vom 12. 1. 2001 monatlich bis Januar 2012 rund 273 Euro.

(8) Der Kl. verfügt nach dem Vergleich über ein bereinigtes Einkommen von - ohne Berücksichtigung des Kindesunterhalts - rund 2500 Euro. Die Bekl. behauptet zwar, sein tatsächliches Einkommen sei weit höher. Soweit sie dies aber zur Verteidigung gegen das Abänderungsbegehren des Kl. ins Feld führt, ist sie in vollem Umfange darlegungs- und beweispflichtig. Ihr Vortrag ist insoweit teils unkonkret und spekulativ, überwiegend ist sie damit ausgeschlossen, zudem ist er unerheblich. ...

(9) Die Befristung ist für die Bekl. unter den oben genannten Gesichtspunkten zumutbar i.S. von § 36 I EGZPO. Es mag sein, dass sie sich auf die dauernde Unterhaltsgewährung durch den Kl. eingestellt hat. Dass sie aber hier spezifische Dispositionen getroffen hätte, ist nicht vorgetragen. Rente und sonstige mögliche Einnahmen aus der Vermögensauseinandersetzung der Lebensversicherung und der zugeflossenen Erbschaft ermöglichen ihr auf Dauer ein Einkommen, das deutlich über dem notwendigen Eigenbedarf und jedenfalls in der Größenordnung des angemessenen Bedarfs i.S. von § 1578b BGB liegt. Gegenwärtig und für die nächsten Jahre ist dieser Betrag deutlich überschritten.

f) Der Unterhalt ist nicht bis zum endgültigen Wegfall der Höhe nach zu begrenzen. Ob auch eine Beschränkung nach § 1578b BGB grundsätzlich in Betracht kommt oder ob insoweit der Vergleich eine Beschränkung ausschließt, weil eine solche nach § 1578 BGB a.F. damals schon möglich war, kann dahinstehen. Neben und zusätzlich zu der bereits vorgenommenen Befristung entspräche eine Beschränkung nach § 1578b BGB nicht der Billigkeit.

g) Zwar kommt grundsätzlich auch eine Herabsetzung nach § 1579 Nr. 5 BGB in Betracht; der Kl. beruft sich ausdrücklich hierauf. Nach dieser Vorschrift ist ein Unterhaltsanspruch zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat. Nicht erforderlich ist, dass dem Unterhaltspflichtigen tatsächlich ein Vermögensschaden entsteht. Es genügt eine schwerwiegende Gefährdung seiner Vermögensinteressen, die etwa dadurch entstehen kann, dass der Unterhaltsschuldner bereits geleisteten Unterhalt trotz angestiegenen Einkommens des Unterhaltsberechtigten später nicht erfolgreich zurückfordern kann, weil der Berechtigte sich regelmäßig auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann (vgl. BGH, NJW 2008, 2581 = FPR 2008, 379 = FamRZ 2008, 1325).

Die Bekl. hat zum einen die Auszahlung eines Erbschaftsanteils in Höhe von 18000 Euro nach ihrer Mutter verschwiegen. Zum anderen hat sie erst mit Schriftsatz vom 3. 9. 2008 mitgeteilt, dass sie Anfang des Jahres 2008 knapp 50000 Euro von ihrem Vater erhalten hatte. Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1997, 1439 = FamRZ 1997, 483) sind jedenfalls die Parteien eines Vergleichs verpflichtet, sich ungefragt zu informieren, falls sich ein für die Berechnung maßgebender Parameter wesentlich ändert.

Beides hätte die Bekl. an sich (früher) offenbaren müssen. Ob die Zinserlöse tatsächlich bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt worden wären oder ob sie sich nicht im Ergebnis als nicht zu berücksichtigende freiwillige Leistung Dritter dargestellt hätten, ist dabei - für die Frage der Tatbestandserfüllung des § 1579 BGB - unerheblich. Es ändert nichts an der Offenbarungspflicht. Dass die neuere Rechtsprechung des OLG Koblenz dies anders sähe, wie die Bekl. behauptet, ist für den Senat nicht erkennbar. Jedenfalls folgte der Senat bisher der Rechtsprechung des BGH (NJW 1999, 2804 = FamRZ 2000, 153), wonach auch in diesen Fällen eine Offenbarungspflicht besteht, und tut dies auch weiterhin.

Der Senat ist aber der Auffassung, es liege im Verhalten der Bekl. noch keine schwerwiegende Verletzung der Vermögensinteressen des Kl. Die Erbschaft ist relativ geringfügig. Dass die Bekl. hiervon zunächst offenstehende Prozesskosten bedienen durfte, steht außer Frage. Eine Anlage des verbleibenden Betrags hätte nur zu geringen Zinserlösen geführt, die die Unterhaltspflicht des Kl. kaum beeinflusst hätten. Anderes gilt zwar für die ihr zugeflossene Lebensversicherungssumme. Eine Anlage des Betrags von 50000 Euro hätte den Unterhaltsanspruch nicht unerheblich reduziert (bei einer Anlage zu 4% und einem geschätzten Zinserlös von rund 140 Euro pro Monat nach Steuern immerhin um 70 Euro). Allerdings hatte die Bekl. den Betrag erst Anfang des Jahres 2008 erhalten und dies im Schriftsatz vom 3. 9. 2008 von sich aus und ohne Nachfrage des Kl. mitgeteilt. Das mag nun nicht unbedingt zeitnah sein, liegt aber noch in einem Zeitrahmen, der für die Annahme der schwerwiegenden Folge der Verwirkung zu kurz ist, jedenfalls bei der relativ geringen Größenordnung, um die es hier nur geht.

Ob es zudem an der für den Tatbestand des § 1579 Nr. 5 BGB erforderlichen Mutwilligkeit fehlt, kann dahinstehen, weil bereits der objektive Tatbestand nicht erfüllt ist. ..."

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„... I. In dem vorliegenden Berufungsverfahren streiten die Parteien nur noch über den nachehelichen Unterhalt, den der Antragsteller an die Antragsgegnerin zahlen soll. Der Scheidungsausspruch, der Versorgungsausgleich und die Entscheidung des Amtsgerichts zum Zugewinnausgleich in dem Verbundurteil vom 24.06.2009 sind am 03.11.2009 rechtskräftig geworden.

Der am 18.03.1957 geborene Antragsteller und die am 11.03.1958 geborene Antragsgegnerin haben am 07.10.1983 geheiratet. Aus ihrer Ehe sind zwei inzwischen volljährige Kinder hervorgegangen. Die Parteien haben sich zum Ende des Jahres 2004 getrennt. Seinerzeit ist die Antragsgegnerin aus dem - im Alleineigentum des Antragstellers stehenden - Haus G-Straße in T ausgezogen, wo der Antragsteller heute noch wohnt und wo inzwischen auch seine neue Partnerin eingezogen ist.

Der Antragsteller arbeitet schon seit langem als Verkäufer von Mercedes Benz LKW und Nutzfahrzeugen bei der Firma B. Die Antragsgegnerin hat nach ihrem Hauptschulabschluss den Beruf der Friseurin erlernt. Bis zur Geburt des ersten Kindes Anfang 1984 hat sie in diesem Beruf gearbeitet. Von April 1999 bis Juli 2005 war sie dann wieder mit geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigungen erwerbstätig. Seit März 2005 ist sie in psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung wegen einer mittelgradigen depressiven Episode mit somatischem Syndrom.

Die Antragsgegnerin hat erstinstanzlich die Verurteilung des Antragstellers zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 2.054,88 € verlangt. Dazu hat sie u.a. behauptet, sie sei wegen ihrer psychischen Erkrankung erwerbsunfähig.

Das Amtsgericht hat zur Frage der Erwerbsfähigkeit der Antragsgegnerin ein arbeitsmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt und ihr Krankenunterhalt in Höhe von monatlich 1.329,00 € zugesprochen. Es hat auf der Grundlage des Gutachtens die Feststellung getroffen, dass die Antragsgegnerin zurzeit erwerbsunfähig erkrankt sei. Es sei nicht davon auszugehen, dass sie sich nicht ausreichend der notwendigen Therapie unterziehe, so dass eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nicht eingetreten sei. Wegen der unsicheren Zukunftsprognose in Bezug auf ihr Einkommen komme eine Begrenzung oder Befristung des Anspruchs jedenfalls zurzeit nicht in Betracht.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Antragsteller mit seiner Berufung.

Er beanstandet zur Höhe des Anspruchs die Berechnung einzelner Positionen durch das Amtsgericht. Weiter wiederholt und vertieft er seine bereits erstinstanzlich vorgetragenen Angriffe gegen das Sachverständigengutachten. Er beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen, soweit er verurteilt worden ist, ab Rechtskraft der Ehescheidung einen nachehelichen Unterhalt von mehr als 600,70 € monatlich zu zahlen,sowie den nachehelichen Unterhalt bis zum 30.12.2011 zu befristen.

Die Antragstellerin beantragt, die Berufung des Antragstellers zurückzuweisen und - im Wege der Anschlussberufung - den Antragsteller zu verurteilen, an sie ab Rechtskraft der Ehescheidung einen nachehelichen Unterhalt von monatlich 1.182,00 € Elementarunterhalt zuzüglich monatlich 341,00 € Altersvorsorgeunterhalt, zusammen monatlich 1.523,00 €, zu zahlen.

Der Antragsteller beantragt ferner, die Anschlussberufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin verteidigt das angegriffene Urteil und macht mit der Anschlussberufung auch Altersvorsorgeunterhalt geltend, was zu einer Erhöhung des Gesamtunterhalts führt.

II. Die zulässige Berufung des Antragstellers ist zum Teil begründet. Er schuldet der Antragsgegnerin geringeren Unterhalt als vom Amtsgericht errechnet. Eine Begrenzung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs kommt aber derzeit nicht in Betracht. Die Anschlussberufung der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg.

1. Die Antragsgegnerin hat gegen den Kläger einen Anspruch auf Krankenunterhalt gem. § 1572 BGB.

a) Wegen einer Krankheit kann von ihr derzeit eine Erwerbstätigkeit, auch eine teilschichtige Erwerbstätigkeit, nicht erwartet werden.

Davon ist das Amtsgericht nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens des Arbeitsmediziners Dr. E vom 02.10.2007 ausgegangen. Diese Feststellung ist zwar von dem Kläger angegriffen worden. Und obwohl das Argument, dass Dr. E kein Facharzt für psychische Erkrankungen ist, bereits erstinstanzlich vorgebracht worden war, hat das Amtsgericht es versäumt, den Sachverständigen zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens sowie zur Klärung der Frage, inwieweit er über die fachliche Kompetenz zur Begutachtung psychischer Erkrankungen verfügt, zum Verhandlungstermin zu laden. Auf die Nachholung der Anhörung des Sachverständigen durch den Senat hat der Antragsteller im Termin vom 11.01.2010 aber ausdrücklich verzichtet.

Es ergeben sich daneben keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der tatsächlichen Feststellung des Amtsgerichts (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Der Sachverständige ist dem Senat aus anderen Verfahren bekannt. Dort hat er als Arbeits- und Sozialmediziner seine grundsätzliche Kompetenz zur Beurteilung auch psychischer Erkrankungen bereits gezeigt und erläutert, dass er bei schwierigen Fragen auf diesem Sachgebiet fachärztliche gutachterliche Hilfe zu Rate ziehen würde. Dass er das auf der Grundlage auch der diversen fachärztlichen Atteste, die er ausgewertet hat, in diesem Fall nicht getan hat, ist für den Senat nachvollziehbar.

Der Sachverständige hat ausgeführt, dass die Antragsgegnerin aufgrund der depressiven Erkrankung mit Somatisierungssyndrom, sozialer Phobie und Panikattacken aus arbeitsmedizinischer Sicht nicht in der Lage sei, regelmäßige Erwerbstätigkeit jeder Art, auch stundenweise, auszuüben und sie einer langwierigen Psychotherapie bedürfe, die schätzungsweise einen Zeitraum von ca. 3 Jahren beanspruchen werde. Danach (also ca. ab Anfang 2011) sei eine volle Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit für ihren Beruf als Frisörin oder andere leichte bis mittelschwere rückengerechte Tätigkeiten zu erwarten. Dass sich an dieser Prognose der zeitlichen Dauer einer Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit der Antragsgegnerin irgendetwas insofern geändert hätte, dass sie früher wieder erwerbsfähig sein könnte, ist in keiner Weise ersichtlich.

Soweit der Antragsteller behauptet, die Antragsgegnerin unterziehe sich nicht der notwendigen Therapie zur Wiederherstellung ihrer Erwerbsfähigkeit, ist das zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht relevant. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin jedenfalls bis Ende 2010 erwerbsunfähig ist, auch wenn sie die von dem Sachverständigen für erforderlich gehaltene Therapie macht. Demnach kann bis Ende 2010 - unabhängig von den durchgeführten Therapiemaßnahmen - die Prognose der Erwerbsunfähigkeit gestellt werden.

b) Das Maß des Unterhalts richtet sich gem. § 1578 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen.

aa) Diese waren zunächst von dem Erwerbseinkommen des Antragstellers geprägt, das sich im Jahr 2009 auf 20.927,58 € netto belief, wie sich aus den Jahreszahlen in der Verdienstbescheinigung für Dezember 2009 ergibt. Das durchschnittliche, monatliche Nettoeinkommen betrug danach 1.743,97 €.

Dieses Nettoeinkommen ist auch der Unterhaltsberechnung für die Zeit vom 03.11.2009 bis zum 31.12.2009 zugrunde zu legen. Denn im Jahr 2009 war der Antragsteller noch nicht gehalten, den Realsplittingvorteil aus der Unterhaltspflicht gegenüber der Antragsgegnerin geltend zu machen. Bei der Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB ist nämlich grundsätzlich von den tatsächlich erzielten Einkünften auszugehen. Im Regelfall ist deswegen auch die Steuerlast in ihrer jeweils realen Höhe maßgebend, unabhängig davon, worauf sie im konkreten Fall beruht. Berichtigungen der tatsächlichen, durch Steuerbescheid oder Lohnabrechnung nachgewiesenen Nettoeinkünfte sind nur in besonders liegenden Fällen vorzunehmen, etwa dann, wenn erreichbare Steuervorteile entgegen einer insoweit bestehenden Obliegenheit nicht in Anspruch genommen worden sind. Entsprechend trifft den Unterhaltspflichtigen grundsätzlich auch eine Obliegenheit, mögliche Steuervorteile im Wege des Realsplittings nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu realisieren, soweit dadurch nicht eigene Interessen verletzt werden. Die Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Inanspruchnahme steuerlicher Vorteile aus dem Realsplitting geht allerdings nur so weit, wie seine Unterhaltspflicht aus einem Anerkenntnis oder einer rechtskräftigen Verurteilung folgt oder freiwillig erfüllt wird. Denn die steuerlichen Voraussetzungen des Realsplittings erfordern eine tatsächliche Unterhaltszahlung in dem jeweiligen Steuerjahr (BGH, Urteil vom 28.02.2007, XII ZR 37/05, FamRZ 2007, 793).

Der Antragsteller führt die Berufung zwar nur, soweit er über den Betrag von monatlich 600,70 € zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verurteilt worden ist und hat dies auch bereits in der Berufungsbegründung vom 28.09.2009 erklärt. Zu diesem Zeitpunkt war der nacheheliche Unterhalt aber noch nicht fällig, denn der Scheidungsausspruch ist erst am 03.11.2009 rechtskräftig geworden. Der Senat ist der Ansicht, dass dem Antragsteller keine unterhaltsrechtliche Obliegenheitsverletzung vorgeworfen werden kann, wenn er in dieser Situation von der nur bis zum 30.11. des jeweiligen Steuerjahrs bestehenden Möglichkeit, einen Freibetrag eintragen zu lassen, keinen Gebrauch mehr gemacht hat, zumal unklar ist, wann er Kenntnis von der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs erlangt hat und ob bzw. in welcher Höhe er vom 03.11.2009 bis zum 31.12.2009 überhaupt Ehegattenunterhalt gezahlt hat.

Für den Unterhaltszeitraum ab Januar 2010 ist aber eine andere Beurteilung gerechtfertigt. Mangels anderer Anhaltspunkte schreibt der Senat zwar das von dem Antragsteller im Jahr 2009 erzielte Bruttoeinkommen in Höhe von 35.126,24 € fort, errechnet das Nettoeinkommen aber unter Berücksichtigung eines jährlichen Freibetrags von 13.805,00 €, des Höchstbetrags gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Denn mit Verkündung des vorliegenden Urteils am 1.02.2010 steht die Unterhaltspflicht des Antragstellers fest. Er kann dann umgehend den Freibetrag auf seiner Lohnsteuerkarte eintragen lassen, so dass dieser schon für das ab März 2010 auszuzahlende Gehalt berücksichtigt werden kann. Es ist auch davon auszugehen, dass etwaige Nachzahlungen auf den Unterhalt für Januar und Februar 2010 im Laufe des Jahres 2010 noch erfolgen werden.

Dann beträgt das Nettoeinkommen, das der Antragsteller im Jahr 2010 erzielen kann 26.074,00 €, monatlich rund 2.173,00 € (vgl. Gehaltsrechner im Internet: www.x.de).

bb) Die ehelichen Lebensverhältnisse waren weiter geprägt von der Steuererstattung, die sich nach dem Steuerbescheid für 2007 vom 09.03.2009 monatsanteilig auf 210,02 € belief.

cc) Das Erwerbseinkommen des Antragstellers ist jedoch zu bereinigen um die berufsbedingten Fahrtkosten, die das Amtsgericht für seine Fahrten von T nach P mit 236,50 € (21,5 km einfache Entfernung) angesetzt hat. Die Antragsgegnerin hatte im Berufungsverfahren zunächst behauptet, dass der Antragsteller seit Rechtskraft der Ehescheidung wieder dauerhaft in der Siegener Niederlassung der B GmbH arbeite. Auf die Erklärung des Antragstellers im Senatstermin vom 11.01.2010, dass er weiterhin in der Niederlassung in P eingesetzt sei, hat sie ihren diesbezüglichen Vortrag aber nicht weiter verfolgt.

dd) Der Senat berücksichtigt die Tilgung des Hypothekendarlehens bei der M Bank, das der Antragsteller monatlich mit 488 € (Zins und Tilgung) bedient, in Höhe von 4% seines Bruttoeinkommens als ergänzende Altersvorsorge (vgl. BGH, Urteil vom 05.03.2008, XII ZR 22/06, FamRZ 2008, 963 sowie Ziffer 5.4 der Leitlinien zum Unterhaltsrecht des Oberlandesgerichts Hamm, Stand: 01.01.2010). Dadurch rechtfertigt sich ein weiterer Abzug vom Erwerbseinkommen des Antragstellers in Höhe von monatlich 117,00 €.

ee) Eheprägend ist weiter der geldwerte Vorteil, den der Antragsteller daraus zieht, dass er mietfrei im eigenen Haus wohnt.

Dabei kommt nach Auffassung des Senats aber als Ausgangspunkt der Ermittlung des objektiven Wohnwerts nicht der Mietwert von 736,10 € in Betracht, den das Amtsgericht offenbar dem Sachverständigengutachten zum Verkehrswert des Hauses G-Straße in T entnommen hat. Denn dieses Gutachten ist nur im Verfahren über den Zugewinnausgleich und nicht im Unterhaltsverfahren eingeholt worden. Außerdem ging es dort nur um die Ermittlung des Verkehrswerts des Grundstücks und nicht um die sachverständige Feststellung des Mietwerts. Darüber hinaus hatten die Parteien im Termin vom 29.06.2007 vor dem Amtsgericht den objektiven Mietwert mit 5,00 € für 118 m² Wohnfläche, also mit 590,00 €, unstreitig gestellt. Es ist kein Umstand ersichtlich, der eine Partei berechtigt hätte, später von dieser Erklärung wieder abzuweichen.

Der Wohnwert ist um die Zinsbelastung aus dem Hypothekendarlehen bei der M Bank zu bereinigen, die im Jahr 2008 monatsdurchschnittlich 89,33 € betrug. Genaue Feststellungen dazu, wie hoch die reine Zinsbelastung im Jahr 2009 war und ab dem Jahr 2010 sein wird, sind entbehrlich. Sie beträgt sicherlich mehr als monatlich 40,00 €, so dass der von dem Antragsteller selbst vorgerechnete Wohnvorteil von monatlich 550,00 € der Entscheidung des Senats zugrundegelegt werden kann.

ff) Das Zusammenleben in einer häuslichen Gemeinschaft kann unter dem Gesichtspunkt ersparter Wohn- und Haushaltskosten nach den Umständen des Einzelfalls - bei Leistungsfähigkeit des Partners - die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten steigern (Ziffer 6.2 der Leitlinien zum Unterhaltsrecht des Oberlandesgerichts Hamm). Dieser geldwerte Vorteil hat die ehelichen Lebensverhältnisse aber nicht geprägt und bleibt deshalb bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs der Antragsgegnerin außer Betracht.

gg) Nebeneinkünfte des Antragstellers aus dem Verkauf von Holz hat die Antragsgegnerin pauschal behauptet, aber nicht der Höhe nach konkretisiert. Da sie ihren diesbezüglichen Vortrag nicht weiter verfolgt hat, nachdem der Antragsteller im Senatstermin die Erklärung abgegeben hat, daraus kein Einkommen zu erzielen, sind auf seiner Seite keine weiteren Einkünfte zu berücksichtigen.

hh) Die Antragsgegnerin verfügt zwar - krankheitsbedingt - nicht über Erwerbseinkünfte. Die erzielbaren Zinseinkünfte aus dem Zugewinnausgleich stellen aber prägendes Einkommen dar(vgl. Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 7. Auflage 2008, § 1 Rn 395 m.w.N.). Der Senat unterstellt, dass sie die knapp 30.000,00 € zu 3% anlegen könnte. Dann ist ihr ein Einkommen von monatlich 75,00 € zuzurechnen (30.000,00 € x 3% = 900,00 € : 12).

ii) Die Antragsgegnerin kann von dem Antragsteller neben dem Elementarunterhalt auch Altersvorsorgeunterhalt verlangen, weil die Kosten einer angemessenen Altersvorsorge gem. § 1578 Abs. 2 BGB zu ihrem Lebensbedarf gehören.

Der Vorsorgeunterhalt beinhaltet die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit. Nach dem Zweck der Regelung sollen mit dem Vorsorgeunterhalt mit unterhaltsrechtlichen Mitteln Nachteile ausgeglichen werden, die dem Berechtigten aus einer ehebedingten Behinderung seiner Erwerbstätigkeit erwachsen. Diese Beurteilung rechtfertigt es, den Vorsorgeunterhalt auf der Grundlage des Elementarunterhalts zu berechnen, wie wenn der Berechtigte aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit ein Einkommen in Höhe des Elementarunterhalts hätte. Es wird ein Einkommen in Höhe des Elementarunterhalts aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit fingiert. Vorsorgeunterhalt wird zusätzlich zum Elementarunterhalt geschuldet. Er ist ein unselbstständiger Bestandteil des einheitlichen Lebensbedarfs. Die Antragsgegnerin muss keine konkreten Angaben über Art und Weise der von ihr beabsichtigten Vorsorge machen. Zur Substantiierung ihres Anspruchs reicht deshalb die Erklärung aus, dass und in welcher Höhe sie Vorsorgeunterhalt verlangt.

In welcher Weise der Vorsorgeunterhalt zu berechnen ist, ist im Gesetz nicht geregelt. Nach gefestigter Rechtsprechung ist aber - entsprechend dem Zweck des Vorsorgeunterhalts - für die Berechnung an den Elementarunterhalt anzuknüpfen, wie er ohne Vorsorgeunterhalt zu leisten wäre. Deshalb ist zunächst - als erster Rechenschritt - der Elementarunterhalt festzustellen, der ohne Vorsorgeunterhalt geschuldet wäre. Dann ist - in einem zweiten Rechenschritt - dieser vorläufige Elementarunterhalt entsprechend dem Verfahren nach § 14 Abs. 2 SGB IV (Umrechnung sogenannter Nettovereinbarungen) wie ein Nettoarbeitsentgelt zum sozialversicherungsrechtlichen Bruttolohn hochzurechnen. Dies geschieht in der Praxis nach der Bremer Tabelle. In einem dritten Rechenschritt wird aus dieser Bruttobemessungsgrundlage mit dem jeweils geltenden Beitragssatz gemäß §§ 157 f. SGB VI der Vorsorgeunterhalt berechnet. Der Beitragssatz beträgt seit 01.01.2007 19,9%. Schließlich ist der Elementarunterhalt nach Vorabzug des Vorsorgeunterhalts vom Einkommen des Verpflichteten endgültig zu berechnen (Wendl/Gutdeutsch, Unterhaltsrecht, 7. Auflage 2008, § 4 Rn 449 ff.).

c) Daraus ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung: (siehe: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2010/4_UF_151_09urteil20100201.html)

d) Der Unterhaltsanspruch ist noch nicht gem. § 1578 b BGB zu begrenzen oder zu befristen. Denn nach dem arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachten ist davon auszugehen, dass die Erkrankung der Antragsgegnerin vorübergehender Natur ist und ihre Erwerbsfähigkeit bis zum Beginn des Jahres 2011 wieder voll hergestellt werden kann. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dann noch ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt besteht, kann derzeit nicht verlässlich beurteilt werden.

Aber selbst wenn feststünde, dass die Antragsgegnerin auch über das Jahresende 2010 hinaus Ehegattenunterhalt verlangen könnte und außerdem keine ehebedingten Nachteile vorlägen, würde der Senat eine kürzere Befristung als bis zum Ende des Jahres 2010 oder auch eine höhenmäßige Begrenzung des Unterhaltsanspruchs - noch - nicht in Betracht ziehen, weil gerade beim sog. Krankenunterhalt gem. § 1572 BGB der nachehelichen Solidarität im Rahmen der Billigkeitsabwägung gem. § 1578 b BGB besonderes Gewicht zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 26.11.2008, XII ZR 131/07, FamRZ 2009, 406 und Urteil vom 27.05.2009, XII ZR 111/08, FamRZ 2009, 1207). Danach ist die Zahlung des nach den ehelichen Lebensverhältnissen geschuldeten Unterhalts jedenfalls für einen Zeitraum von gut einem Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung nicht unbillig im Sinne von § 1578 b BGB. ..." (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 01.02.2010 - 4 UF 151/09).

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Ehebedingte Nachteile können auf Grund eines durchgeführten Versorgungsausgleichs weggefallen sein. Eine Herabsetzung und Befristung des Altersunterhalts nach den §§ 1571, 1578b BGB kommt auch im Fall einer Scheidung nach langer Ehedauer in Betracht. Der geschiedene Ehegatte kann gegen den unterhaltspflichtigen Ehegatten gem. § 1585b III BGB einen Schadensersatzanspruch wegen Verschweigens einer Rente geltend machen (OLG Schleswig, Urteil vom 26.01.2009 - 15 UF 76/08, NJW 2009, 2223 ff zu BGB §§ 1571, 1578b, 1585b III).

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„... Die zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - Berufung des Antragstellers hat in der Sache zum überwiegenden Teil keinen Erfolg. Der Antragsteller kann lediglich eine Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils insoweit verlangen, als er sich dagegen wehrt, nachehelichen Unterhalt von mehr als insgesamt 463,00 € zu zahlen.

Der Antragsgegnerin steht gegen den Beklagten jedenfalls ein Unterhaltsanspruch aus § 1572 Nr. 1 BGB (Unterhalt wegen Krankheit) i. V. m. § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB in dieser Höhe zu, wobei 369,00 € auf die Zahlung von Elementarunterhalt und 94,00 € auf die Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt entfallen.

Dabei kann aufgrund der weiteren Entwicklung der besonderen Umstände des zu beurteilenden Sachverhalts nunmehr vorliegend dahinstehen, ob die Antragsgegnerin - wie der Beklagte meint - trotz der Kinderbetreuung der gemeinsamen Tochter O. der Parteien, die zur Zeit 9 Jahre alt ist, bereits eine vollschichtige Erwerbsobliegenheit trifft und ob die Antragsgegnerin grundsätzlich überhaupt die Möglichkeit hatte, bei ihrer Arbeitgeberin, der B. Versicherung, ihre Tätigkeit von zuletzt 60 % noch weiter aufzustocken.

Denn die Antragsgegnerin ist krankheitsbedingt wegen ihrer erst im Verlaufe dieses Unterhaltsrechtsstreits nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz erkannten schwer wiegenden Krebserkrankung vorerst nicht in der Lage, ihre Erwerbstätigkeit auf absehbare Zeit überhaupt weiter auszuüben. Die Antragsgegnerin ist derzeit auf den Bezug des zur Zeit gezahlten Krankengeldes angewiesen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Arbeitgeber der Antragsgegnerin - die B. Versicherung - im derzeitigen Krankheitszustand der Antragsgegnerin deren Arbeitszeit weiter aufstockt, wodurch sich das Krankengeld erhöhen würde. Eine Prognose über die Genesung der Antragsgegnerin und der damit verbundenen Wiederherstellung ihrer Erwerbsfähigkeit lässt sich angesichts der erst seit kurzem festgestellten Krebserkrankung und der heute schwerlich zu beurteilenden Heilungschancen nicht aufstellen. Der Senat kann aufgrund der vorgelegten Krankenunterlagen selbst die Schwere der Krankheit beurteilen und erkennen, dass über die Heilungschancen der Antragsgegnerin beim jetzigen Krankheitsstand keine verlässliche Prognose getroffen werden kann und es insbesondere mehr als ungewiss erscheint, ob die Antragsgegnerin überhaupt wird ins Berufsleben zurückkehren können. Hierbei ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass es dem allgemeinen heutigen Erkenntnisstand entspricht, dass insbesondere kurz nach der Diagnose einer Krebserkrankung eine sichere Erfolgsprognose für die Therapie noch nicht aufgestellt werden kann. Vielmehr ist zunächst das Erkrankungsbild abzuklären und eine Erfolg versprechende Therapie abzuklären. Zu Beginn der Krebstherapie kann über deren Erfolg kaum eine sichere Prognose über die Heilungs- und Wiedereingliederungschancen ins Berufsleben nach Dauer der Behandlungszeit und Umfang der zu erwartendenden Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit abgegeben werden.

Daher ist zur Zeit jedenfalls gemäß § 1572 Nr. 1 BGB nachehelicher Unterhalt wegen Krankheit unbefristet zuzusprechen.

Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs kommt derzeit nicht in Betracht. So hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 25.06.2008 - XII ZR 109/07 - in Fortführung seiner neueren Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 2008, 2644, 2645) zur Befristung nachehelichen Unterhaltes - zum Aufstockungsunterhalt - ausgeführt, dass seine bisherige Rechtsprechung in die Neuregelung des § 1578 b BGB zum 01.01.2008 eingeflossen ist. Nach § 1578 b Abs. 2 BGB sei der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten seien, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile könnten sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Maßgebend sei deswegen darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt der Entscheidung des Tatrichters ehebedingte Nachteile absehbar seien (so BGH a.a.O. mit Zitat BGH NJW 2008, 2581). Wie das frühere Recht setze auch die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts aus Billigkeitsgründen nach § 1578 b BGB nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfalle, bereits erreicht sei. Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung bereits eingetreten oder zuverlässig voraussehbar seien, sei eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung nach § 323 Abs. 2 ZPO vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren auszusprechen (BGH a.a.O. mit Zitat BGH NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793, 799). Ob die für die Begrenzung ausschlaggebenden Umstände allerdings bereits im Ausgangsverfahren zuverlässig voraussehbar seien, lasse sich nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beantworten (BGH a.a.O. mit Zitat BGHZ 174, 195 = NJW 2008, 151 = FamRZ 2008, 134, 135). Weil § 1578 b BGB - wie die früheren Vorschriften der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB - als Ausnahmetatbestand von einer unbefristeten Unterhaltspflicht konzipiert sei, trage der Unterhaltspflichtige die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Beschränkung nachehelichen Unterhalts führen können (BT-Dr 16/1830, Seite 20). Habe der Unterhaltspflichtige - so der BGH a.a.O. - allerdings Tatsachen vorgetragen, die - wie die Aufnahme oder Fortführung einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem vom Unterhaltsberechtigten erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf - einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahe legen, obläge es dem Unterhaltsberechtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere Schonfrist für die Umstellung auf den Lebensstandard nach den eigenen Einkünften sprächen (BGH a.a.O. unter Zitat von BGHZ 174, 195 = NJW 2008, 151 = FamZR 2008, 134, 136).

Unter Beachtung dieser Grundsätze kommt nach Auffassung des Senats weder eine Beschränkung noch eine Befristung des Unterhaltsanspruches der Antragsgegnerin in Betracht. Aufgrund der Krankheit der Antragsgegnerin kann derzeit nicht festgestellt werden, ob die Antragsgegnerin überhaupt noch in der Lage sein wird, wieder vollschichtig arbeiten zu können. Eine halbwegs sichere Prognose ist - wie oben näher ausgeführt - insoweit nicht möglich. Es liegen auch ehebedingte Nachteile vor. Denn dass die Antragsgegnerin bis zum Erkennen ihrer Erkrankung nur zu 60 % erwerbstätig war, ist durch die Rollenverteilung während der Ehe der Parteien bestimmt. Hätte die Antragsgegnerin nicht geheiratet und das gemeinsame Kind zu betreuen gehabt, wäre sie aller Voraussicht nach auch während der Ehe vollschichtig tätig gewesen und würde nunmehr - so der Vortrag der Antragsgegnerin - etwa so viel verdienen können wie der Antragsteller. Dies ist ihr alles derzeit nicht möglich. Zwar ist die Krankheit nicht ehebedingt, jedoch sind die Nachteile - vermindertes Krankengeld sowie fehlende Möglichkeit der Aufstockung der Teilzeittätigkeit auf eine Vollzeittätigkeit - ehebedingt. Denn infolge der Kinderbetreuung, die nach der Lebensplanung der Parteien im Schwerpunkt bei der bei Bestand der Ehe nicht vollschichtig tätigen Antragsgegnerin lag, konnte diese nicht in Vollzeit arbeiten und sieht sich nunmehr an einer Aufstockung der aus der Ehe herrührenden Einschränkung ihrer Erwerbstätigkeit krankheitsbedingt gehindert.

Zur Höhe des Unterhaltsanspruchs gilt Folgendes:

Die Einkünfte der Parteien sind weitgehend unstreitig. Sie divergieren nur ganz geringfügig voneinander. Dabei ist anzumerken, dass der Antragsgegnerin bei ihrer Unterhaltsberechnung insofern ein Fehler unterlaufen ist, als sie bei der Ermittlung des Differenzeinkommens der Parteien vom bereinigten Nettoeinkommen des Beklagten ihr um einen 1/7 Erwerbsanreiz vermindertes bereinigtes Krankengeld abgezogen hat. Tatsächlich ist aber das Differenzeinkommen der Parteien vom 6/7-Anteil des bereinigten Erwerbseinkommens des Antragstellers und dem vollen Krankengeld der Antragsgegnerin zu berechnen, dessen Hälfteanteil den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin ergibt.

Der Senat hat das Einkommen des Antragstellers gemäß dessen Aufstellung in seiner Berufungsbegründung (Bl. 94 GA) ohne zusätzliche Fahrtkosten - der Antragsteller ist Inhaber eines Jobtickets - aber unter Berücksichtigung einer zusätzlichen Altersversorgung (Lebensversicherungsbeitrag von monatlich 102,25 €) ermittelt. Diese zusätzliche Altersversorgung erreicht (inklusive der Beiträge zu den vermögenswirksamen Leistungen von jährlich 480,00 €) nicht die "Kappungsgrenze" von 4 % seines Bruttoeinkommens.

I. Es ergibt sich folgende Einkommensberechnung auf Seiten des Antragstellers:

1. Das Nettoerwerbseinkommen des Antragstellers beläuft sich nach den Jahressummen der Gehaltsabrechnung für Dezember 2007 auf 30.659,83 € / 12 - 102,25 € = 2.452,74 €.

2. Kindesunterhalt für die gemeinsame Tochter O., die am 12. Mai 1999 geboren und heute also 9 Jahre alt ist, ist nach der Einkommensgruppe 4 + 1 der zweiten Altersstufe mit einem Zahlbetrag von 310,00 € abzuziehen.

3. Es ergibt sich ein bereinigtes Einkommen des Antragstellers von 2.142,74 €

4. Abzüglich des 1/7 Erwerbsanreizes (6/7 x 2.142,74 ) beläuft sich das unterhaltsrelevante Einkommen des Antragstellers auf rund 1.837,00 €.

II. Das Einkommen der Antragsgegnerin (Krankengeld in Höhe von monatlich 1.195,50 € abzüglich dem Monatsbeitrag für die Riester-Rente von 36,52 € beläuft sich auf rund 1.159,00 €.

III. Damit ergibt sich ein Differenzeinkommen der Parteien von 1.837,00 € - 1.159,00 € = 678,00 €.

IV. Damit beträgt der vorläufige Elementarunterhalt der Antragsgegnerin 678,00 € / 2 = 339,00 €.

V. Auf der Grundlage dieses vorläufig ermittelten Elementarunterhalts ist nunmehr der Altersvorsorgeunterhalt der Antragsgegnerin wie folgt zu ermitteln:

1. Unterhaltsbemessungsgrundlage für den Altersvorsorgeunterhalt . 339,00 €

2. Damit ergibt sich ein fiktives Bruttoeinkommen als Bemessungsgrundlagefür den Altersvorsorgeunterhalt von 339,00 € + 13 % 383,00 €.

3. Der Altersvorsorgeunterhalt beträgt damit bei einem Beitragssatz von 19,9% = 383,00 € * 19,9% = . . . . . . .76,00 €.

VI. Ausgehend von diesem Altersvorsorgeunterhalt ist der Elementarunterhalt noch ohne Realsplittingvorteil wie folgt zu berechnen:

1. Das für den Ehegattenunterhalt maßgebliche Einkommen des Antragstellers beläuft sich damit auf 2.142,74 € - 76,00 € = rd. 2.067,00 €.

2. Abzüglich des1/7-Erwerbsanreizes ergibt sich ein anrechenbares Erwerbseinkommen des Antragstellers von 6 / 7 * 2.067,00 € = rd. 1.772,00 €.

3. Abzuziehen ist das Erwerbseinkommens der Antragsgegnerin von 1.159,00 €.

4. Das Differenzeinkommen der Parteien beträgt dann 613,00 €.

5. Der endgültige Elementarunterhalt der Antragsgegnerin errechnet sich sodann auf aufgerundet 1 / 2 * 613,00 € 307,00 €.

6. Mit dem Altersvorsorgeunterhalt von 76,00 €, ergibt sich

7. ein vorläufiger Gesamtunterhalt von 383,00 €.

VII. Unter Berücksichtigung des Realsplittingvorteils, den der Antragsteller auch noch für das laufende Jahr durch Eintragung eines Freibetrags in Höhe des zu zahlenden Unterhalts steuerlich geltend machen kann und unterhaltsrechtlich auch geltend machen muss und der sich gemäß nachfolgender Berechnung auf rund 180,00 € beläuft, ergibt sich schließlich der tenorierte Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin.

A. Bei einem monatlichen Unterhalt von 383,00 €/Monat = 4.596,00 €/Jahr (= einzutragender Freibetrag) ergibt sich der Realsplittingvorteil folgendermaßen:

1. Bei einem jährlichen Bruttolohn von . . . . . 60.078,12 € und

2. einem eingetragenen Freibetrag von . . . . . .4.596,00 € ergibt sich bei Steuerklassse 1 und einem Kinderfreibetrag von 0,5 abzüglich

3. der Lohnsteuer von . . . . . . -13.555,00 €

4. des Solidaritätszuschlags von . . . . . -680,29 €

5. der Kirchensteuer von . . . . . . . . -1.113,21 €

6. der Rentenversicherung von . . . . . -5.977,77€

7. der Arbeitslosenversicherung von . . . . . 991,29 €

8. des Krankenversicherunganteils des Arbeitnehmers von -3.391,20 € sowie

9. des Arbeitnehmeranteils der Pflegeversicherung von . . -421,20 €

10. ein Jahresnettolohn von 33.948,16 € und somit

11. ein Monatsnettolohm von 33.948,16 / 12 = . . . . .2.829,01 €.

12. Ohne Steuerfreibetrag betrüge das Monatsnettoeinkommen gemäß der nachfolgenden Berechnung für 2008 bei einem Jahreseinkommen von 60.078,12 € nach Abzug von
Lohnsteuer: . . . . . . . . . . -15.483,00 €
Solidaritätszuschlag . . . . . . . . . -784,52 €
Kirchensteuer . . . . . . . . . -1.283,76 €
Rentenversicherung . . . . . . -5.977,77 €
Arbeitslosenversicherung . . . . . -991,29 €
Krankenversicherung -3.391,20 €
Pflegeversicherung . . . . -367,20 €
jährlich 31.799,38 € oder monatlich 31799,38 / 12 = . . . . . . . 2.649,95 €

13. Der aufgerundete Realsplittingvorteil beträgt demnach - wie in obige Berechnung eingestellt - 2.829,01 € - 2.649,95 € = 180,00 €.

14. Dieser Realsplittingvorteil ist derzeit nicht um einen Nachteilsausgleich zu bereinigen, den der Antragsteller möglicherweise der Antragsgegnerin für die sie infolge der Unterhaltszahlungen treffende Mehrsteuerbelastung zu leisten hätte, da bei der derzeitigen ungewissen Einkommenssituation der Antragsgegnerin noch gar nicht beurteilt werden kann, ob diese überhaupt und in welcher Höhe eine Steuermehrbelastung trifft.

B. Das bereinigte Gesamteinkommen des Antragstellers, welches der Unterhaltsberechnung damit zugrunde zu legen ist, beträgt danach 2.142,74 € (bereinigtes Nettoeinkommen des Antragstellers im Jahre 2007 ) + 180,00 € = rd. 2.322,00 €.

C. Schließlich ergibt sich dann der ausgeurteilte Unterhaltsanspruch gemäß der nachfolgenden Berechnung:

1. bereinigtes Einkommen des Antragstellers 2.322,00 €

2. Abzüglich 1/7 Erwerbsanreiz (6/7 * 2.322,00 €)= 1.990,29 €

3. Abzüglich Einkommen der Antragsgegnerin (Krankengeld abzüglich Riester-Rente) von monatlich rund -1.159,00 €

4. Differenzeinkommen der Parteien: 1.990,29 € - 1.159,00 € = 831,29 €

5. Als Berechnungsgrundlage für Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt: ergibt sich damit ein Betrag von 831,29 € / 2 = rd. 416,00 €

6. Der Altersvorsorgeunterhalt beträgt

a) bei einer Bemessungsgrundlage von 416,00 € + 13 % = . 470,00 € und

b) einem Beitragssatz von 19,9% dann 470,00 € * 19,9% = rund. . 94,00€

7. Es ergibt sich dann ein Elementarunterhalt von aufgerundet 1.990,29 € -94,00 € - 1.159,00 € = 737,29 € / 2 = rund 369,00 € und

8. damit ein Gesamtunterhalt von 463,00 €.

Geltend gemacht hat die Antragsgegnerin zuletzt noch gemäß der Berufungserwiderung (Bl. 174 GA) einen Unterhaltsanspruch von 511,00 €, nämlich 409,00 € Elementarunterhalt + 102,00 € Altersvorsorgeunterhalt. Gemäß erstinstanzlichem Urteil waren der Antragsgegnerin Gesamtunterhaltsansprüche von monatlich 559,00 €, nämlich 446,00 € Elementarunterhalt und 113,00 € Altersvorsorgeunterhalt zugesprochen worden. Wegen der nicht weiter geltend gemachten Differenz von 559,00 € -511,00 € = 48,00 € hat die Antragsgegnerin einseitig die Hauptsache für erledigt erklärt. Indessen ist eine Erledigung nicht eingetreten. Der niedrigere Unterhaltsanspruch resultiert nicht daraus, dass nach Rechtshängigkeit Tatsachen aufgetreten sind, die den ursprünglich bei Klageerhebung geltend gemachten Klageanspruch reduzierten. Vielmehr hat die Antragsgegnerin bei ihrer ursprünglichen Berechnung des Unterhaltsanspruchs ein zu niedriges eigenes Erwerbseinkommen in Ansatz gebracht, weil sie glaubte, ihr bei Klageerhebung bestehender befristeter Arbeitsvertrag mit einer 60 %-Erwerbstätigkeit werde mit Auslaufen der Befristung nicht mehr verlängert, sondern wieder auf eine 40 %-Tätigkeit reduziert. Der Umstand, dass sich diese Annahme nicht bewahrheitete, stellt kein erledigendes Ereignis dar, so dass die Klage im Umfang des einseitig für erledigt erklärten Teils unbegründet ist und abzuweisen war. Nur insoweit und in Höhe weiterer zu viel verlangter monatlicher Unterhaltsansprüche von 511,00 € - 463,00 € = 48,00 € hat die Berufung des Antragstellers, der die Abweisung der Unterhaltsklage insgesamt, jedenfalls aber eine Befristung des Unterhaltsanspruchs erreichen wollte, Erfolg. ..." (OLG Köln, Urteil vom 04.11.2008 - 4 UF 60/08)

***

Schuldet der Unterhaltsverpflichtete sowohl seinem geschiedenen als auch seinem neuen Ehegatten Unterhalt, bemisst sich der den beiden Ehegatten zustehende Bedarf aus einem Drittel des sich aus dem (um den Erwerbstätigenbonus gekürzten) Einkommen des Pflichtigen und der Berechtigten ergebenden Gesamteinkommens (wie BGH, NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566; OLG Bremen, Beschluss vom 08.10.2008 - 4 WF 74/08 zu BGB §§ 1572 Nr. 2, 1578b, 1609 Nrn. 2, 3, NJW 2009, 449 ff):

„... Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Ihre im Juni 1996 geschlossene Ehe wurde im Oktober 2006 geschieden. Sie haben ein gemeinsames Kind, die am 14. 10. 1996 geborene Tochter M, die seit der Trennung der Parteien bei der Bekl. lebt. Der Kl. hat seit Juli 2003 monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 675 Euro geleistet. Nach dem von den Parteien im Rahmen des Scheidungsverfahrens geschlossenen Vergleich vom 5. 10. 2006 schuldet der Kl. der Bekl. derzeit einen monatlichen nachehelichen Unterhalt von 734 Euro. Der Kl. ist seit dem 17. 1. 2008 wieder verheiratet. Aus der Verbindung mit seiner jetzigen Ehefrau ist die am 11. 11. 2007 geborene Tochter F hervorgegangen. Die Ehefrau des Kl. bezieht Elterngeld in Höhe von 592 Euro. Im Juli 2008 ist der Bekl. rückwirkend ab April 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden. Seit dem 1. 9. 2008 bezieht die Bekl. eine monatliche Rente in Höhe von 804,22 Euro. Der Kl. hat mit der Abänderungsklage für die Zeit ab Februar 2008 (zunächst) eine Reduzierung des im Vergleich vom 5. 10. 2006 vereinbarten Unterhalts von 734 Euro auf 317 Euro sowie dessen zeitliche Begrenzung bis zum 30. 11. 2008 verlangt und hierfür Prozesskostenhilfe begehrt.

Das AG - FamG - hat dem Kl. die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der Klage versagt. Hiergegen wendet sich der Kl. mit seiner Beschwerde. Außerdem will er den von den Parteien geschlossenen Vergleich nunmehr dahingehend abgeändert haben, dass er ab dem 1. 9. 2008 keinen Unterhalt mehr zahlen muss. Darüber hinaus macht er jetzt einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 20805 Euro geltend und begehrt hierfür ebenfalls Prozesskostenhilfe. Das OLG hat dem Kl. Prozesskostenhilfe insoweit gebilligt, als er ab Februar 2008 die Abänderung des Vergleichs vom 5. 10. 2008 dahingehend begehrt, dass er für die Monate Februar bis November 2008 einen monatlichen Unterhalt von 317 Euro sowie ab Dezember 2008 einen bis zum 31. 10. 2009 zeitlich befristeten monatlichen Unterhalt von 73 Euro zu zahlen hat. ...

B. Die Beschwerde des Kl. ist überwiegend begründet, da die begehrte Abänderung in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Aussicht auf Erfolg i.S. des § 114 ZPO verspricht.

Die Abänderungsklage des Kl. ist zulässig, da sich durch das Hinzutreten der Unterhaltspflichten für seine neue Ehefrau und sein Kind F wesentliche Änderungen der dem Vergleich zu Grunde liegende Geschäftsgrundlage ergeben haben (§ 323 I, IV ZPO).

Die Abänderungsklage hat auch insoweit Aussicht auf Erfolg, als der Kl. die Abänderung des Vergleichs ab Februar 2008 begehrt. Aus dem Klageantrag ergibt sich zwar nicht, ab welchem Zeitpunkt der Kl. die Abänderung des Vergleichs verlangt. Der Senat geht aber davon aus, dass der Kl. ab Februar 2008 den Unterhalt reduziert haben will mit Rücksicht darauf, dass er sein Begehren in der Klagschrift u.a. auf seine erneute Heirat stützt.

1. Der Unterhaltsanspruch der Bekl. ergibt sich (jetzt) aus § 1572 Nr. 2 BGB. Denn nach der im Zuge der Unterhaltsrechtsreform getroffenen Neuregelung des § 1570 BGB, die seit dem 1. 1. 2008 Gültigkeit hat, wäre die Bekl. mit Rücksicht darauf, dass die gemeinsame Tochter der Parteien in diesem Monat bereits zwölf Jahre alt wird, gehalten, einer Vollzeittätigkeit nachzugehen. Gründe, insbesondere kindbezogene Gründe, die gegen eine Vollzeittätigkeit der Bekl. sprechen könnten, wenn sie gesund wäre, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Da die Bekl. jedoch wegen Krankheit erwerbsunfähig ist, steht ihr ein Unterhaltsanspruch aus § 1572 Nr. 2 BGB zu.

2. Das Maß des Unterhalts der Bekl. bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Parteien (§ 1578 I 1 BGB), wobei eheprägende Einkommensveränderungen zu berücksichtigen sind. Dementsprechend ist auf Seiten der Bekl. zu berücksichtigen, dass sie beginnend ab dem 1. 4. 2005 einen Rentenanspruch hat und ab dem 1. 9. 2008 eine monatliche Rente von 804,22 Euro bezieht. Auf Seiten des Kl. ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass er auch seiner (jetzigen) Ehefrau und dem Kind F zum Unterhalt verpflichtet ist. Denn nach der Entscheidung des BGH vom 30. 7. 2008 (NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566; vgl. auch BGH, NJW 2006, 1654 = FamRZ 2006, 683) können auch vorrangige oder gleichrangige Unterhaltslasten, die erst nach der Scheidung entstanden sind, die ehelichen Lebensverhältnisse prägen. Danach ist sowohl das nach der Scheidung geborene Kind F als auch die Unterhaltsverpflichtung des Kl. gegenüber seiner Ehefrau zu berücksichtigen.

3. Wie der Bedarf der Ehegatten zu ermitteln ist, wenn - wie hier - beide bedürftig sind, ist gesetzlich nicht geregelt. Der BGH hat aber mit seiner Entscheidung vom 30. 7. 2008 (NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566) den Gerichten einen Berechnungsmodus an die Hand gegeben. Ausgangspunkt der Bedarfsermittlung ist danach zunächst, dass dem Unterhaltspflichtigen bei zwei Ehegatten ein Drittel seines unterhaltsrelevanten Einkommens verbleiben muss, während sich der Unterhaltsbedarf eines jeden unterhaltsberechtigten Ehegatten ebenfalls mit 1/3 bemisst. Dem schließt sich der Senat an (in den unterhaltsrechtlichen Leitlinien des OLG Bremen noch offen gelassen - s. Nr. 15.5. der Leitlinien).

Die Dreiteilung ist auch dann geboten, wenn - wie hier - beide unterhaltsberechtigte Ehegatten über eigene Einkünfte verfügen und damit ihren Unterhaltsbedarf teilweise selbst decken können. In diesem Fall bemisst sich der den beiden unterhaltsberechtigten Ehegatten zustehende Bedarf - ebenso wie der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende Anteil seines Einkommens - aus einem Drittel aller verfügbaren Mittel (BGH, NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566; s. auch OLG Düsseldorf, FamRZ 2008, 1254 [1255f.] = BeckRS 2008, 10940); die Berechnung erfolgt im Wege der Additionsmethode, d.h. die Erwerbseinkünfte des Pflichtigen und der beiden Unterhaltsberechtigten sind nach Abzug des Erwerbstätigenbonus zu addieren und durch drei zu teilen. Der sich daraus ergebende Betrag bildet dann die Grundlage der Unterhaltsberechnung.

Wenn - wie hier - der Unterhaltsanspruch der zweiten Ehefrau dem Anspruch der Bekl. aus § 1572 Nr. 2 BGB im Rang vorgeht (§ 1609 Nrn. 2, 3 BGB), ist zwar eine Ausnahme von der Dreiteilung geboten, allerdings nicht schon im Rahmen der Bedarfsbemessung, sondern erst im Rahmen der Leistungsfähigkeit (BGH, NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566).

4. Für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Bekl. im Wege der Dreiteilung ist das unterhaltsrelevante Einkommen des Kl. unter Einschluss seines Splittingvorteils maßgeblich (BGH, NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566). Insoweit hält der BGH an seiner früheren Rechtsprechung, wonach bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten der Splittingvorteil eines wiederverheirateten Unterhaltspflichtigen außer Betracht zu lassen und eine fiktive Steuerberechnung anhand der Grundtabelle vorzunehmen ist (vgl. BGH, NJW 2005, 3277 = FamRZ 2005, 1817 [1819]), nicht fest; dem folgt der Senat.

Maßgeblich ist somit das dem Kl. seit seiner Wiederverheiratung zur Verfügung stehende tatsächliche Einkommen. (Wird ausgeführt; die Ausführungen sind abrufbar unter BeckRS 2008, 23241.)

Sein bereinigtes Nettoeinkommen ist somit mit 2345,85 Euro in Ansatz zu bringen. Hiervon ist der den Kindern F und M geschuldete Unterhalt (Zahlbeträge) abzuziehen, da die Unterhaltsansprüche der Kinder nach der seit dem 1. 1. 2008 geltenden Neuregelung (§ 1609 Nr. 1 BGB) vorrangig zu befriedigen sind. Die Höhe des Unterhalts für die Kinder richtet sich nach der 3. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle mit Rücksicht darauf, dass der Kl. zwei Ehegatten und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist (Herabstufung um eine Gruppe). Der Kl. schuldet danach F einen monatlichen Unterhalt in Höhe von (307 abzgl. 77 Euro Kindergeld =) 230 Euro. An M hat er bis einschließlich September 2008 (355 Euro abzgl. 77 Euro Kindergeld =) 278 Euro monatlich zu zahlen und ab Oktober 2008 (402 Euro abzgl. 77 Euro Kindergeld =) 325 Euro, da M am 14. 10. 2008 zwölf Jahre alt wird. Das für den Ehegattenunterhalt maßgebliche Einkommen des Kl. beträgt somit 1837,85 Euro (für die Zeit bis September 2008) bzw. 1790,85 Euro (ab Oktober 2008).

In die Unterhaltsberechnung ist ferner - wie bereits ausgeführt - das Einkommen der Ehefrau des Kl. einzustellen. Das ihr gewährte Elterngeld von 592 Euro ist allerdings nicht in voller Höhe mit einzubeziehen. Denn das für alle ab dem 1. 1. 2007 geborenen Kinder gewährte Elterngeld bleibt - wie früher das Erziehungsgeld - bis zur Höhe von 300 Euro als Einkommen unberücksichtigt (§ 11 S. 1 BEEG). Nur der darüber hinaus gezahlte Teil hat Lohnersatzfunktion und ist somit als Einkommen zu berücksichtigen (Wendl/Dose, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1 Rdnr. 85a; s. auch in Bezug auf das Erziehungsgeld BGH, NJW-RR 2006, 1225 = FamRZ 2006, 1182), im vorliegenden Fall mithin 292 Euro.

Auf Seiten der Bekl. ist die Erwerbsunfähigkeitsrente in voller Höhe in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Denn bei einer Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung gilt die Vermutung des § 1610a BGB nicht (Wendl/Dose, § 1 Rdnr. 444). Da sich die seit September 2008 gewährte Rente auf 804,22 Euro monatlich beläuft, geht der Senat davon aus, dass der der Bekl. zustehende (monatliche) Nachzahlungsanspruch für die Monate Februar 2008 bis August 2008 gleich hoch ist. Dementsprechend berücksichtigt der Senat für den gesamten hier maßgeblichen Zeitraum eine monatliche Rente von 804,22 Euro.

5. Der Unterhaltsanspruch der Bekl. errechnet sich wie folgt:

Unterhalt bis September 2008

Einkommen Kl. 1837,85 Euro
6/7 = 1575,30 Euro
Elterngeld (Ehefrau) + 292,00 Euro
Rente (Bekl.) + 804,22 Euro
Gesamteinkommen 2671,52 Euro
1/3 Bedarf der Bekl. 890,51 Euro

Unterhaltsanspruch Bekl. 890,51 Euro
abzgl. Rente - 804,22 Euro
86,29 Euro

Unterhaltsanspruch Ehefrau 890,51 Euro
abzgl. Elterngeld - 292,00 Euro
598,51 Euro

Unterhaltslast insgesamt 684,80 Euro

Unterhalt ab Oktober 2008

Einkommen Kläger 1790,85 Euro
6/7 = 1535,01 Euro
Elterngeld (Ehefrau) + 292,00 Euro
Rente (Bekl.) + 804,22 Euro
Gesamteinkommen 2631,23 Euro
1/3 Bedarf der Bekl. 877,08 Euro

Unterhaltsanspruch Bekl. 877,08 Euro
abzgl. Rente - 804,22 Euro
Unterhaltsanspruch Ehefrau 72,86 Euro
Unterhaltsanspruch Ehefrau 877,08 Euro
abzgl. Elterngeld - 292,00 Euro
585,08 Euro

Unterhaltslast insgesamt 657,94 Euro

Dem Bekl. verbleiben danach von seinem Einkommen (1837,85 Euro abzgl. 684,80 Euro Unterhaltslasten insgesamt =) 1153,05 Euro bzw. (1790,85 Euro abzgl. 657,94 Euro Unterhaltslasten insgesamt =) 1132,91 Euro. Damit sind der Selbstbehalt (1000 Euro) sowie der Bedarfskontrollbetrag der 3. Gruppe der Düsseldorfer Tabelle (1100 Euro) gewahrt.

Da nach der vorstehenden Berechnung sowohl der 1/3-Bedarf als auch der notwendige Bedarf der Ehefrau des Bekl. gedeckt ist, führt der Nachrang in Bezug auf den Anspruch aus § 1572 Nr. 2 BGB hier nicht zu einer Kürzung des Unterhaltsanspruchs der Bekl. Der Anspruch der Bekl. beträgt somit 87 Euro bzw. 73 Euro monatlich.

Im Hinblick darauf, dass dem geschiedenen Ehegatten aber kein höherer Unterhaltsanspruch zustehen darf, als er ohne die neue Ehe des Unterhaltspflichtigen hätte (vgl. BVerfG, NJW 2003, 3466 = FamRZ 2003, 1821 [1823f.]), ist nach der Entscheidung des BGH vom 30. 7. 2008 (NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566) eine Kontrollberechnung durchzuführen, in der weder der Splittingvorteil noch die Unterhaltspflicht gegenüber dem neuen Ehegatten berücksichtigt wird.

Von dem Jahresbruttoeinkommen des Bekl. aus dem Jahr 2007 ausgehend ergibt sich bei Steuerklasse 1 und unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrags von 1,0 sowie einem Steuerfreibetrag von 2160 Euro ein Nettoeinkommen von gerundet 2223 Euro, so dass nach Abzug der monatlichen Belastungen einschließlich Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 240,15 Euro ein anrechenbares Einkommen von 1982,85 Euro verbleibt. Der danach geschuldete monatliche Unterhalt für F beträgt 216 Euro und für M 262 Euro (bis September 2008) bzw. 307 Euro (ab Oktober 2008), so dass sich das unterhaltsrelevante Einkommen des Kl. auf 1504,85 Euro (bis September 2008) bzw. 1459,85 Euro (ab Oktober 2008) beläuft. Demnach könnte die Bekl. ohne die erneute Heirat des Kl. 243 Euro bzw. 224 Euro monatlich beanspruchen, wie sich aus der nachfolgenden Berechnung ergibt:

Anspruch bis September 2008

Einkommen Kl. bei Lohnsteuerklasse 1/1,0 Freibetrag 1504,85 Euro
6/7 = 1289,87 Euro
abzgl. Rente Bekl. - 804,22 Euro
485,65 Euro
davon ½ 242,83 Euro

Anspruch ab Oktober 2008

Einkommen Kl. bei Lohnsteuerklasse 1/1,0 Freibetrag 1459,85 Euro
6/7 = 1251,30 Euro
abzgl. Rente Bekl. - 804,22 Euro
447,08 Euro
davon ½ 223,54 Euro

Da der Unterhaltsanspruch ohne die erneute Heirat höher liegt als der ermittelte Betrag, hat die Bekl. somit für die Zeit von Februar bis September 2008 einen monatlichen Unterhaltsanspruch von 87 Euro. Ab Oktober 2008 stehen ihr fortlaufend 73 Euro monatlich zu. Ob und in welcher Höhe der Bekl. noch ein Unterhaltsanspruch zusteht, wenn die Ehefrau des Kl. beginnend ab Dezember 2008 kein Elterngeld mehr bezieht, hat der Senat nicht zu entscheiden. Denn es ist nicht auszuschließen, dass die Ehefrau des Kl. nach Wegfall des Bezugs des Elterngeldes einer (Teilzeit-)Erwerbstätigkeit nachgehen wird.

6. Der Unterhaltsanspruch der Bekl. dürfte nach dem bisherigen Vortrag der Parteien außerdem zeitlich zu begrenzen sein. Während eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit (§ 1572 BGB) nach altem Recht nicht möglich war (s. Palandt/Brudermüller, BGB, 65. Aufl., § 1572 Rdnr. 15), kommt nach der seit dem 1. 1. 2008 geltenden Fassung des § 1578b BGB, der für sämtliche Unterhaltstatbestände gilt, eine zeitliche Begrenzung in Betracht. Danach ist ein Unterhaltsanspruch zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Anspruch unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit dem bedürftigen Ehegatte durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Ehebedingte berufliche Nachteile sind der Bekl. offensichtlich nicht entstanden. Denn nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Kl. ist die Bekl. wegen ihrer gesundheitlichen Einschränkungen bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen.

Da der Unterhaltsanspruch aber auf Grund der in § 1578b BGB getroffenen Regelung nicht auf einen reinen Nachteilsausgleich beschränkt ist, ist über den Ausgleich ehebedingter Nachteile hinaus im Rahmen der Billigkeitsabwägung auch die aus der nachehelichen Solidarität erwachsende fortwirkende Verantwortung für den Ehegatten zu berücksichtigen (vgl. BT-Dr 16/1830, S. 18f.). Insoweit wird der Ehedauer als Abwägungskriterium für das Ausmaß der ehelichen Solidarität ein besonderes Gewicht beigemessen, wenn - wie hier - der Unterhaltsberechtigte wegen Krankheit keine wirtschaftliche Selbstständigkeit mehr erreichen kann (Palandt/Brudermüller, BGB, Nachtrag zur 67. Aufl., § 1578b Rdnr. 9; Grandel, in: Münchener Anwaltshdb. FamilienR, 2. Aufl., § 9 Rdnr. 275). Die Dauer der Ehe bemisst sich nach § 1578b I 3 BGB von der Eheschließung bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags. Da die Parteien im Juni 1996 geheiratet hatten und der Scheidungsantrag im März 2005 zugestellt worden war, dauerte ihre Ehe knapp acht Jahre und neun Monate. Im Hinblick darauf, dass die Ehe zwar nicht kurz, aber auch nicht von langer Dauer war, erscheint es auch unter Berücksichtigung von § 36 Nr. 1 EGZPO gerechtfertigt, den Unterhaltsanspruch zeitlich zu befristen, zumal die Bekl. bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung gesundheitlich beeinträchtigt war. Obgleich der Kl. seit (spätestens) Juli 2003 der Bekl. Unterhalt zahlt, ist er - seine Leistungsfähigkeit vorausgesetzt - jedenfalls noch bis zum 31. 10. 2009 zu Unterhaltsleistungen verpflichtet. Denn der Bekl. ist eine Übergangszeit zuzubilligen, die es ihr ermöglicht, sich auf die sich verändernde wirtschaftliche Situation einzustellen. Ob die Umstände eine längere Übergangsfrist rechtfertigen, bleibt der Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.

7. Die sofortige Beschwerde des Kl. ist somit überwiegend begründet. Denn der Bekl. stehen nach der derzeitigen Aktenlage ab Februar 2008 nur noch 87 Euro bzw. 73 Euro monatlich an Unterhalt zu. Dem Kl. ist daher auf jeden Fall entsprechend seinem mit Schriftsatz vom 15. 2. 2008 gestellten, vom AG abschlägig beschiedenen Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit er ab Februar 2008 eine Reduzierung des an die Bekl. zu zahlenden Unterhalts dahingehend begehrt, dass er für die Monate Februar bis November 2008 einen monatlichen Unterhalt von 317 Euro sowie ab Dezember 2008 einen bis zum 31. 10. 2009 zeitlich befristeten monatlichen Unterhalt von 73 Euro zu zahlen hat. Hinsichtlich der vom Bekl. begehrten (kürzeren) Befristung des Unterhalts bietet die Abänderungsklage keine Aussicht auf Erfolg, so dass insoweit die sofortige Beschwerde zurückzuweisen ist. Soweit der Kl. auch für den erst im Beschwerdeverfahren geltend gemachten Rückzahlungsanspruch Prozesskostenhilfe begehrt, ist der Senat gehindert, hierüber zu befinden. Denn die Entscheidung über den diesbezüglich gestellten Prozesskostenhilfeantrag obliegt zunächst dem AG. ..."

***

„... Die nach §§ 621 a, 511, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung des Klägers hat, soweit er eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten aufgrund der ab 01.01.2008 geltenden Rechtslage erstreiten will, ab 01.04.2018 Erfolg. Für die Vergangenheit in der Zeit vom 01.03.2003 bis 31.12.2007 ist der Prozessvergleich vom 16.07.1996 lediglich an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten und deren Auswirkungen auf den ausgehandelten Unterhaltsbedarf anzupassen mit der Folge, dass sich die Zahlungspflichten des Klägers zwar im tenorierten Umfang verringern, es aber andererseits bei den verabredeten Bemessungsgrundlagen bleibt. Für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.03.2018 ist der vereinbarte Unterhalt nach der Neuregelung in § 1578 b BGB unter Beachtung des Vertrauensschutzes der Beklagten nach § 36 Nr. 1 EGZPO zur Vermeidung grober Unbilligkeiten auf ein angemessenes Maß abzusenken, so dass der Kläger vom 01.01.2008 bis 31.03.2010 laufend noch 1.000,00 EUR schuldet (davon 200,00 EUR Altersvorsorgeunterhalt) und danach lediglich 500,00 EUR. Ab 01.04.2018 gerät der Anspruch vollständig in Wegfall.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil ihr im Hinblick auf die versäumte Frist zur Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 2 ZPO, die am 11.02.2008 endete, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (§ 233 ZPO) zu gewähren ist. Denn sie hat glaubhaft gemacht, dass sie kein eigenes oder ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten trifft. Nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs darf sich der Rechtsanwalt im Rahmen der gebotenen Fristenkontrolle grundsätzlich auf die Prüfung des Erledigungsvermerks in der Handakte beschränken, was hier geschehen ist (Beschluss des BGH vom 22.01.2008, AZ VI ZB 46/07; BGH, NJW 2007, 2332). Auch war die allgemein erteilte Weisung an die Kanzleiangestellten ausreichend, nach der sämtliche Haupt- und Vorfristen im Fristenkalender sofort zu notieren und diese Eintragungen entsprechend in der Akte zu vermerken und bei Rechtsmittelsachen neben der Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfrist auch jeweils eine Vorfrist von einer Woche einzutragen waren (vgl. dazu Beschluss des BGH vom 22.01.2008, AZ VI ZB 46/07; BGH, NJW 2007, 2332). Ein Organisationsverschulden scheidet somit gleichfalls aus.

Das Rechtsmittel der Beklagten ist für den Zeitraum vom 01.04.2004 bis 31.12.2007 teilweise begründet. Im Übrigen hat die Berufung in der Sache keinen Erfolg.

I. Die Abänderungsklage des Klägers ist nach § 323 Abs. 1 ZPO zulässig. Bei einem gerichtlichen Vergleich erfolgt die in § 323 Abs. 4 i.V. mit § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorgesehene Anpassung an veränderte Umstände wie bei sonstigen privatrechtlichen Rechtsgeschäften allein nach den Regeln des materiellen Rechts. Maßgeblich sind die früher aus § 242 BGB abgeleiteten Grundsätze über die Veränderung oder den Fortfall der Geschäftsgrundlage, die nunmehr in § 313 BGB ausdrücklich normiert worden sind. Haben sich danach die Umstände, die zur Grundlage einer Absprache erhoben worden sind, nach Abschluss des Vergleichs schwerwiegend geändert, so kann eine Anpassung unter Wahrung des Parteiwillens verlangt werden ( BGH , FamRZ 2001, 1140; BGH , FamRZ 1992, 539), soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB).

Diese Voraussetzungen hat der Kläger vorliegend dargetan, weil er sich zum Einen auf eine Verminderung seiner Einkünfte beruft mit der Folge einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit und andererseits einen (teilweisen) Wegfall der Bedürftigkeit der Beklagten aufgrund gestiegener Einkünfte geltend macht. Beide Gesichtspunkte sind geeignet, eine Herabsetzung der Unterhaltslast zu rechtfertigen, die im Prozessvergleich vom 16.07.1996 (OLG Stuttgart, 18 UF 52/96) einvernehmlich festgelegt worden ist. Weiter besteht nach der Gesetzesänderung zum 01.01.2008 nunmehr die Möglichkeit, den Unterhaltsanspruch der Beklagten nach § 1578 b BGB zu befristen. Auch diese Einwendung hat der Kläger erhoben.

II. Bei der gebotenen Anpassung des Unterhaltsvergleichs vom 16.07.1996 ist zunächst nur die Entwicklung der Einkommens- und Vermögenssituation der Beklagten im maßgebenden Zeitraum (ab 01.03.2003) zu betrachten, weil die Parteien den sich aus den ehelichen Lebensverhältnissen ergebenden Elementarunterhaltsbedarf (§ 1578 Abs. 1 BGB) bei Abschluss des ersten Vergleichs am 11.07.1986 vor dem Familiengericht Balingen (4 F 24/86) abweichend von der üblichen Praxis nicht nach dem Halbteilungsgrundsatz, sondern durch eine Schätzung dessen gewonnen haben, was die Beklagte nach der Scheidung zur Aufrechterhaltung des in der Ehe erreichten, gehobenen Lebensstandards benötigte. Diese Methode wurde auch im nachfolgenden, per Vergleich am 16.07.1996 beendeten Verfahren beibehalten und ist auch jetzt noch zu beachten (BGH, FamRZ 1990, 280). Da sich der Unterhaltsbedarf der Beklagten aber seither nicht verringert, sondern aufgrund von allgemeinen Preissteigerungen sogar noch erhöht hat, wirkt sich die Einkommensverbesserung auf Seiten der Beklagten nur bedingt auf ihren Unterhaltsanspruch aus.

Sodann ist in einem weiteren Prüfungsschritt die Frage zu stellen, ob mit dem Wegfall der bisherigen Erwerbseinkünfte des Klägers und deren Ersetzung durch Versorgungsbezüge und sonstige Einkünfte die Grundlage für die bisherige Bedarfsbemessung entfallen ist. Denn ein Unterhaltsanspruch wird allein durch seine Bestimmung anhand eines im Zeitpunkt der Scheidung konkret dargelegten Bedarfs nicht dauerhaft festgeschrieben, sondern kann für den Fall eines Einkommensrückgangs abgesenkt werden. Eine Bindung an die vorangegangene Bedarfsermittlung besteht insoweit nicht (BGH, FamRZ 2003, 848).

Indessen ergeben sich aus den letzteren Überlegungen keine Einschränkungen, weil der Kläger den Unterhaltsbedarf der Beklagten, der bei einer Anpassung der ausgehandelten Bemessungsgrundlagen im streitigen Zeitraum verbleibt, erfüllen kann, ohne dass der Halbteilungsgrundsatz und die Grenze des Angemessenen verlassen würden.

1. Nach den Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof für die Unterhaltsbemessung im Abänderungsverfahren entwickelt hat (BGH, FamRZ 1983, 569), ermöglicht diese keine freie, von der bisher festgesetzten Höhe unabhängige Neubemessung des Unterhalts und keine abweichende Beurteilung der zugrundeliegenden Verhältnisse. Vielmehr kann die Abänderungsentscheidung nur in einer unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Angleichung bestehen, wobei allein auf den Parteiwillen als dem Geltungsgrund der Vereinbarung abzustellen ist (BGH, FamRZ 1985, 362). Denn nur daran lässt sich ablesen, welche Verhältnisse zur Grundlage des Vergleichs erhoben und wie diese von den Parteien bewertet worden sind. Ist nach alledem eine Änderung eingetreten, so muss die gebotene Anpassung nach Möglichkeit unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm entsprechenden Grundlagen erfolgen (BGH, FamRZ 2001, 1140).

a. Vorliegend ergibt sich aus den Schriftsätzen im Verfahren 4 F 24/86 (AG Balingen), dass die Parteien die Höhe des Unterhalts ursprünglich nicht nach dem Halbteilungsgrundsatz bemessen haben, sondern anhand eines konkreten Bedarfs der Beklagten, der allerdings nicht aufgrund einzelner aufgelisteter Positionen errechnet, sondern grob geschätzt worden ist. Danach sollte die Beibehaltung des in der Ehe erreichten Lebensstandards der Beklagten monatlich 5.000,00 DM zuzüglich 900,00 DM als Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit erfordern. Diese Beträge sollten den an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierten Lebensbedarf der Beklagten im Zeitpunkt der Scheidung darstellen und das Maß des nachehelichen Unterhalts gemäß § 1578 Abs. 1 BGB bestimmen. Sie bleiben deshalb als rechnerische, auf einen vergangenen Zeitpunkt bezogene Bemessungsgrundlage von nachträglichen Änderungen der Verhältnisse zunächst unberührt (BGH, FamRZ 1985, 582).

So hatte der Kläger im Jahr 1985 als Apotheker einen Reingewinn (vor Steuern) in Höhe von rund 400.000,00 DM erzielt, wobei in den Jahren 1982 bis 1984, die aufgrund der gebotenen Durchschnittsbetrachtung des wirtschaftlichen Erfolgs eines Selbständigen maßgebend sind (vgl. BGH, FamRZ 2004, 1177), ähnliche Größenordnungen zu verzeichnen waren. Hinzu kamen die Wohnwerte von drei Immobilien, nämlich der Wohnwert einer vom Kläger selbst genutzten Villa in Meßstetten-Tieringen, einer an die Beklagte per Vergleich vom 11.07.1986 für 900,00 DM monatlich vermieteten Villa in Balingen und einer Ferienwohnung in Uhldingen-Mühlhofen am Bodensee, was eine Zurechnung weiterer Jahreseinkünfte von mindestens 25.000,00 DM gerechtfertigt haben dürfte. Weiter hatte der Kläger negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (und Schiffsbeteiligungen) in Höhe von 57.000,00 DM, die in erster Linie auf Abschreibungen beruhten (im Jahr 1984 entfielen allein auf das vom Kläger bewohnte Gebäude in Meßstetten-Tieringen Abschreibungen nach § 7 b EStG in Höhe von 120.643,00 DM, Bl. 59 der Beiakte 4 F 24/86). Die Versicherungsbeiträge beliefen sich im Jahr 1985 auf 78.000,00 DM, die Steuerlast auf 167.000,00 DM, so dass noch ein Jahresnettoeinkommen von 155.000,00 DM verblieb. Zuzüglich der Wohnwerte (25.000,00 DM) hätten - grob geschätzt - rund 180.000,00 DM in die Unterhaltsberechnung eingestellt werden müssen.

Indessen hatten sich die Parteien im gerichtlichen Vergleich vom 11.07.1986 darauf geeinigt, „dass aufgrund der beiderseitigen Einkommen in den Jahren 1982 bis 1984 für den angemessenen Unterhalt der Parteien ein Betrag von 120.000,00 DM zur Verfügung gestanden hat" und dass der gegenwärtige Elementarunterhaltsbedarf der Beklagten „auf 5.000,00 DM" bemessen wird. Da sich die Parteien auf einen laufenden Unterhalt von 3.900,00 DM verständigt haben und hiervon rechnerisch 900,00 DM für den Altersvorsorgeunterhalt aufzubringen waren, müssen die Mieteinnahmen der Beklagten auf 2.000,00 DM monatlich geschätzt und bedarfsdeckend in Abzug gebracht worden sein. Aus dieser Handhabung kann wiederum geschlossen werden, dass von den Einkünften, die hinsichtlich eines Teilbetrages von 120.000,00 DM als eheprägend vereinbart worden sind, 24.000,00 DM auf die Beklagte entfielen und 96.000,00 DM auf den Kläger. Demnach haben die Parteien bei ihrer Betrachtung nahezu die Hälfte der tatsächlichen Einkünfte des Klägers (180.000,00 DM) ausgeklammert.

b. Diese Absprache ist für das vorliegende Verfahren nach wie vor bindend, weil sie auch im Vergleich vom 16.07.1996 (OLG Stuttgart, 18 UF 52/96) keine grundlegende Veränderung erfahren hat. Die Parteien haben in Ziffer 3 des Vergleichs nämlich nur geregelt, dass es weiterhin bei dem am 11.07.1986 „vereinbarten Geschiedenenunterhalt von 3.900,00 DM bleibt" . Jedenfalls hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger keinen Vortrag gehalten, der die Annahme rechtfertigen würde, die Parteien seien im Jahr 1996 von ihrer ursprünglichen Bedarfsbemessung abgewichen und hätten den eheangemessenen Unterhalt nunmehr nach der Halbteilung bestimmt. Auch die Begleitumstände lassen einen entsprechenden Rückschluss nicht zu.

Zunächst kann aus der Gesamtschau des Vergleichsinhalts insoweit eine sichere Erkenntnis gewonnen werden, als sich der Unterhaltsanspruch der Beklagten im Hinblick auf ihre - in Ziffer 1 übernommenen - Verpflichtung, die Internatskosten für den gemeinsamen Sohn A. nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB hälftig mitzutragen, nicht in gleicher Weise erhöhen sollte. Denn die anteiligen Aufwendungen summierten sich nach den Angaben des Klägers nahezu auf 2.000,00 DM und konnten von der Beklagten nicht vollständig durch zusätzliche Einkünfte aufgefangen werden. Das Nettoeinkommen der Beklagten belief sich auf 1.100,00 DM, die Mieteinnahmen waren im Wesentlichen unverändert. Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass die Parteien dem Grundsatz Rechnung tragen wollten, dass der Ehegattenunterhalt nur den eigenen Bedarf, nicht aber denjenigen eines Kindes umfasst, auch wenn es volljährig ist und eine anteilige Haftung in Rede steht (BGH, FamRZ 2005, 1817). Dieselben Überlegungen haben in gleicher Weise für die Unterhaltslasten der Beklagten gegenüber ihrer Mutter zu gelten.

Zusätzlich widerspräche es dem erkennbaren Willen und dem Interesse der Parteien, Ziffer 3 des Prozessvergleichs vom 16.07.1996 lediglich eine deklaratorische Bedeutung beizumessen der Gestalt, dass sich deren Wirkung in einer bloßen Bestätigung der Vereinbarung vom 11.07.1986 erschöpft habe. Denn es bestand bereits deshalb ein praktisches Regelungsbedürfnis, weil sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten seither insoweit verändert hatten, als sie nunmehr über ein Nettoeinkommen in Höhe von rund 1.100,00 DM verfügte, während ihre Bruttomieteinnahmen annähernd gleich geblieben waren (ca. 3.000,00 DM). Somit lag es nahe, die Unterhaltslast des Klägers an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

Indessen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien ihre konkrete Bedarfsbemessung im Vergleich vom 11.07.1986 aufgegeben und den Unterhalt nunmehr nach den eheprägenden Einkünften bemessen hätten (§§ 133, 157 BGB). Im Gegenteil spricht bereits der Wortlaut des Vergleichs gegen eine solche Handhabung, weil keine Berechnungsgrundlagen genannt sind.

Auch aus der Tatsache, dass im Urteil des Familiengerichts Balingen vom 19.12.1995 (3 F 331/94), das dem Vergleich vor dem Oberlandesgericht am 16.07.1996 vorausgegangen ist und bereits rechtskräftig geworden war, die Einkünfte der Parteien festgestellt und die Einwendungen des Klägers gegen den Vergleich vom 11.07.1986 zurückgewiesen worden sind, ergibt sich nichts anderes. Denn der Kläger hatte lediglich eine Klage nach § 767 ZPO mit der Behauptung eines teilweisen Unterhaltsverzichts, hilfsweise einer Aufrechnungsvereinbarung erhoben und damit allenfalls die Vollstreckbarkeit des Vergleichs zu Fall bringen wollen, nicht aber dessen Bestand (vgl. BGH, FamRZ 2005, 1479). Dies hat zur Folge, dass die formelle Rechtskraft des familiengerichtlichen Urteils, die dadurch eingetreten ist, dass der Kläger mit Schriftsatz vom 25.04.1996 seine Berufung auf seine bisherigen Hilfsanträge beschränkt und lediglich eine hälftige Freistellung von seinen Unterhaltspflichten gegenüber A. weiterverfolgt hat, die Ausgestaltung des ursprünglichen Unterhaltsrechtsverhältnisses von vorneherein unberührt gelassen hat.

c. Wird Ziffer 3 des Vergleichs vom 16.07.1996 aufgrund der vorstehenden Erwägungen dahingehend verstanden, dass die Parteien ihre konkrete Bedarfsbemessung grundsätzlich beibehalten wollten, muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich der ursprünglich ausgehandelte Elementarbedarf der Beklagten - wegen der gleichbleibenden Unterhaltsverpflichtung des Klägers - seit Abschluss des Vergleichs am 11.07.1986 von 5.000,00 DM um die zwischenzeitlich erzielten Erwerbseinkünfte der Beklagten in Höhe von 1.100,00 DM auf 6.1000,00 DM erhöht hatte, was umgerechnet einem Betrag von 3.118,88 EUR entsprach. Nur eine solchermaßen berechnete Anpassung erweist sich letztendlich als sachgerecht, weil auf der anderen Seite auch die gestiegenen Lebenshaltungskosten zu beachten waren. Wird der ursprüngliche Unterhaltsbedarf von 5.000,00 DM ab 1986 mit Hilfe des allgemeinen Verbraucherindexes hochgerechnet, hätte sich dieser im Jahr 1996 auf 3.239,00 EUR summiert (2.556,46 EUR * 95,3/75,2 = 3.239,00 EUR). Dabei zeigt eine Gegenüberstellung mit dem im Wege der Auslegung ermittelten Bedarf von 3.118,88 EUR, dass sich die Größenordnungen bis auf 120,12 EUR gleichen, wobei die verbleibende Differenz einem gegenseitigen Nachgeben geschuldet sein dürfte, das einem Vergleichsabschluss regelmäßig vorausgeht.

2. Ferner ist der Kläger in der Lage, den auf der Grundlage eines konkreten Bedarfs von 3.118,88 EUR errechneten Unterhalt zu erfüllen, ohne seinen - bei einer hälftiger Teilhabe - verbleibenden eheangemessenen Selbstbehalt zu gefährden (§§ 1578 Abs. 1 S. 1, 1581 BGB).

a. Der Kläger war bis 28.02.2003 selbständiger Apotheker. Zu Recht hat ihm das Familiengericht zugestanden, die Apotheke mit Erreichen des 63. Lebensjahres zu veräußern, nachdem der Kläger zu diesem Zeitpunkt ausreichend für das Alter vorgesorgt hatte. Er verfügt neben einem umfangreichen Immobilienvermögen auch über erhebliche Barmittel und Renteneinkünfte, die es ihm ermöglichen, seinen bisherigen Lebensstandard auch unter Berücksichtigung seiner Unterhaltslasten gegenüber der Beklagten und seiner zweiten Ehefrau beizubehalten.

b. Durch den Verkauf der Apotheke waren die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien nicht mehr von den früheren Gewinnen des Klägers, sondern von den Renten geprägt, die als Surrogat an die Stelle des früheren Erwerbseinkommens getreten sind (BGH, FamRZ 2005, 1479). Gleiches gilt für den Veräußerungsgewinn und die beiden Lebensversicherungen des Klägers mit einem Nominalwert von zusammen 413.000,00 EUR, die ebenfalls der Kompensation verminderter Einkünfte im Rentenalter zu dienen bestimmt sind. Jedenfalls kann dies unterstellt werden, weil der Kläger die Behauptung der Beklagten nicht widerlegt hat, der Kläger habe bereits in den 70 er Jahren, also während intakter Ehe begonnen, sich umfassend - durch private Verträge und Anwartschaften in der berufsständischen Versorgung - für sein Alter abzusichern. Hinzu kommt, dass die Parteien Gütertrennung vereinbart haben und es deshalb nicht unbillig erscheint, die privaten Lebensversicherungen in die Einkommensberechnung einzustellen.

Im Einzelnen kann dahinstehen, ob der Kläger gehalten ist, nicht nur den Zinsertrag (von rund 14.000,00 EUR jährlich bei 3,4 % allein aus den Lebensversicherungen), sondern auch die vorhandenen Barmittel für Unterhaltszwecke einzusetzen (so OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 621), wobei anzumerken ist, dass es an der Vergleichbarkeit mit sonstigen privaten Rentenzahlungen (etwa Leibrenten, Altenteile) fehlen dürfte, die in der Rechtssprechung auch dann als Einkommen betrachtet werden, wenn sie auf einer vorausgegangenen Vermögensübertragung beruhen (BGH, FamRZ 1994, 228 zur Leibrente). Denn vorliegend sind der Veräußerungsgewinn und das Kapital aus den Lebensversicherungen nach wie vor vorhanden und können uneingeschränkt genutzt werden. Während der Schutzgedanke des § 1581 S. 2 BGB bei einer Veräußerung von Vermögen gegen Zahlung einer Leibrente, Gewährung eines Altenteils oder einer sonstigen privaten Rente u.a. deshalb nicht zum Tragen kommt, weil einem solchen Rechtsgeschäft typischerweise die Absicht zu Grunde liegt, Vermögen, das bisher in Form von Immobilien, Beteiligungen oder ähnlichem gebunden war, einem vollständigen Verbrauch zum Zwecke der Deckung des Lebensbedarfs zuzuführen, ist dies bei Geldmitteln, die - wie hier - laufend Erträge in Form von Zinsen abwerfen, gerade nicht der Fall.

Soweit dem Kläger auf der einen Seite zugestanden wird, sich frühzeitig aus dem Erwerbsleben zurückzuziehen, ist auf der anderen Seite eine Rücksichtnahme auf die Unterhaltsbelange der Beklagten zu fordern. Deshalb war der Kläger gehalten, nicht nur das Auszahlungsguthaben seiner Lebensversicherungen so gewinnbringend wie möglich anzulegen (was mit Zinsen von 3,4 % tatsächlich gelungen ist), sondern auch den Veräußerungsgewinn für die Apotheke. Aufgrund dieser Überlegung kann im Rahmen von § 1581 BGB nicht auf die tatsächliche Rendite in Höhe von 1,75 % jährlich abgestellt werden, die bei kurzfristigen Geldanlagen üblich ist, sondern es bedarf einer wertenden Korrektur. Da der Kläger in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt und auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die eine ständige Verfügbarkeit des Kapitals erfordern würden, sind ihm solche Zinseinnahmen fiktiv zuzurechnen, die ohne besonderes Verhandlungsgeschick bei mündelsicheren Geldanlagen mit längerer Vertragsbindung (etwa für 5 Jahre) regelmäßig erzielt werden, mindestens also 3 % jährlich, was einem zusätzlichen Jahreseinkommen von 19.830,00 EUR entspricht. Soweit der Kläger auf sein Alter verweist, hat er - da gesundheitliche Beeinträchtigungen ersichtlich nicht bestehen - mit seinen 68 Jahren nach statistischen Maßstäben noch ein langes Leben vor sich, kann also vorausschauend planen. Schließlich gebietet auch die Spekulation des Klägers auf künftige Zinserhöhungen keine abweichende Handhabung, da die hiermit verbundenen Chancen und Risiken in seiner eigenen Sphäre liegen und nur eine fiktive Durchschnittsbetrachtung zu einem ausgewogenen Verteilungsergebnis führt; denn dadurch ist gewährleistet, dass die Beklagte weder an den schlechten Ergebnissen noch an den erhofften künftigen Gewinnsteigerungen partizipiert.

Von den Zinseinnahmen, die sich auf insgesamt 33.830,00 EUR (19.830,00 EUR + 14.000,00 EUR) summieren sind unter Zugrundelegung der Steuerklasse 1 vom Monatsbetrag von 2.819,16 EUR bei Beachtung des Grenzsatzes von 25 % und der Ertragsanteile der Renten von 15.370 EUR (Bl. 304) 1.114,65 EUR in Abzug zu bringen, nämlich 982,08 EUR für die Einkommenssteuer, 54,01 EUR für den Solidaritätszuschlag und 78,56 EUR für die Kirchensteuer, so dass ein verfügbares Einkommen von 1.704,51 EUR verbleibt.

c. Hinzu kommen Rentenzahlungen der Apothekenversicherung in Höhe von 1.962,79 EUR (Bl. 70), eine BfA- Rente in Höhe von 491,64 EUR bzw. 487,77 EUR (Bl. 71 und 88) und eine private Rente der V. Versicherung von 405,60 EUR (Bl. 87), ferner der Wert für das mietfreie Wohnen XY. in Meßstetten, der vom Familiengericht zutreffend auf der Grundlage der Schätzung des Sachverständigen ... vom 26.02.2007 (Bl. 187 ff.) in Höhe von 818,00 EUR in die Berechnung eingestellt worden ist. Dieser Gebrauchsvorteil hat die Lebensverhältnisse der Parteien in vollem Umfang geprägt, weil der Kläger das Anwesen während bestehender Ehe im Jahr 1974 erworben hat. Soweit der Kläger ins Feld führt, der hohe Wohnwert sei einem Umbau zu verdanken, den er erst nach der Scheidung in Angriff genommen habe, fehlt es an einer chronologischen Darstellung der durchgeführten Maßnahmen, was zu Lasten des Klägers geht. Auch blieb der Vortrag der Beklagten unwidersprochen, der Kläger habe noch im Jahr 1985, also vor der Ehescheidung, ein Baudarlehen in Höhe von 811.241,54 DM aufgenommen. Dafür, dass die maßgeblichen baulichen Veränderungen noch in der Ehezeit vorgenommen worden sind, spricht im Übrigen, dass der Sachverständige dem Anwesen einen Standard bescheinigt hat, der den Jahren 1970 bis 1973 entspricht (Seite 24 des Gutachtens, Bl. 187 ff d.A.).

Abweichend vom angefochtenen Urteil sind zusätzlich die Gebrauchsvorteile der Wohnung in Uhldingen zu berücksichtigen, die die ehelichen Lebensverhältnisse ebenfalls mitbestimmt haben. Deren Wert ist zwar nicht in Anlehnung an eine ortsübliche Miete zu ermitteln, da die Parteien die Räumlichkeiten nur in den Ferien genutzt haben. Anzusetzen ist aber ein ersparter Aufwand für die Urlaubsaufenthalte des Klägers, der mit 2.400,00 EUR jährlich noch wohlwollend geschätzt ist (§ 287 ZPO).

Hinzu kommen die Einnahmen aus dem Mietvertrag über das Wohnhaus in der ...-Straße in Balingen, die das Familiengericht beanstandungsfrei mit Hilfe einer Streckung der im Jahr 2002 angefallenen Instandhaltungskosten (21.000,00 EUR) über einen Zeitraum von zehn Jahren auf 333,00 EUR beziffert hat.

d. In Abzug zu bringen sind noch die Krankenversicherungsbeiträge des Klägers in Höhe von 561,61 EUR und bis August 2004 die Leibrentenzahlungen an die Mutter der Beklagten.

Bei der wertenden Betrachtung, die im Rahmen von § 1581 BGB geboten ist, müssen die Beitragsleistungen des Klägers an die G. (früher T.) und die Lebensversicherung bei der ... ausgeklammert werden, da sie ausschließlich der Vermögensbildung des Klägers dienen. Sie können dem Kläger auch nicht als Altersvorsorge zugestanden werden, die der Bundesgerichtshof in Anlehnung an den Höchstfördersatz der sog. "Riester-Rente" in Höhe von bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres als angemessen ansieht ( BGH , FamRZ 2008, 963; BGH , FamRZ 2005, 1817). Denn der Kläger, der sich bereits vollständig aus dem Erwerbsleben zurückgezogen hat, ist durch Renteneinkünfte, Zins- und Mieteinnahmen sowie durch Immobilien- und Kapitalvermögen ausreichend abgesichert. Im Übrigen hat der Kläger die zu Grunde liegenden Verträge im Herbst 2004 beitragsfrei gestellt.

e. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen lässt sich das eheprägende Einkommen des Klägers wie folgt errechnen:

2003 bis August
2004 ab September

2004

Kapitaleinkünfte aus Lebensversicherungen und Kapitalanlagen (3 % aus dem Verkaufs-erlös für die Apotheke in Höhe von 661.000,00 EUR; 3,4 % aus dem Kapital der Lebensversicherungen in Höhe von 413.000,00 EUR): 33.830,00 EUR 33.830,00 EUR 33.830,00 EUR monatlich: 2.819,17 EUR 2.819,17 EUR 2.819,17 EUR abzgl. Steuern (unter Berücksichtigung der Ertragsanteile der Renten = 15.370 EUR, Bl. 304): -1.114,65 EUR -1.114,65 EUR -1.114,65 EUR

zzgl. Rente der Apothekerversicherung (Bl. 70): 1.962,79 EUR 1.962,79 EUR 1.962,79 EUR

zzgl. BfA-Rente (Bl. 71 u. 88): 491,64 EUR 487,77 EUR 487,77 EUR

zzgl. Rente V. Versicherung: 405,60 EUR 405,60 EUR 405,60 EUR

zzgl. Mieteinnahmen ...-Str. in Balingen (das Gebäude ist an die Beklagte vermietet): 333,00 EUR 333,00 EUR 333,00 EUR

zzgl. Wohnwert Y in Meßstetten-Tieringen laut GA X, Bl. 187 ff: 818,00 EUR 818,00 EUR 818,00 EUR

zzgl. Wohnwert Uhldingen: 200,00 EUR 200,00 EUR 200,00 EUR

Summe der Einkünfte: 5.915,55 EUR 5.911,68 EUR 5.911,68 EUR

abzgl. Kindesunterhalt für A. -500,00 EUR -500,00 EUR -500,00 EUR

abzgl. Krankenversicherung: -561,61 EUR -561,61 EUR -561,61 EUR

abzgl. Leibrente für die Mutter der Beklagten: -255,65 EUR -255,65 EUR 0,00 EUR

verbleibendes Einkommen des Klägers: 4.598,29 EUR 4.594,42 EUR 4.850,07 EUR

3. Die Beklagte verfügt aufgrund der zutreffenden Feststellungen des Familiengerichts (auch im Hinblick auf die Zurechnung einer fiktiven Rente) über Einkünfte in Höhe von 2.502,25 EUR, die sich aus den nachstehenden Positionen errechnet:

Erwerbsunfähigkeitsrente: 617,95 EUR
zzgl. Mieteinnahmen: 1.800,00 EUR
abzgl. Hauslasten: -50,00 EUR
abzgl. Steuern: -230,00 EUR
davon eheprägend: 2.137,95 EUR
zzgl. fiktive Rente: 364,30 EUR
Summe: 2.502,25 EUR

Von diesem Betrag hat die Beklagte bis Ende 2007 Unterhalt in Höhe von 500,00 EUR für den gemeinsamen Sohn A. geleistet, der vom Einkommen des Klägers bereits abgezogen ist.

Indessen können der Beklagten Gebrauchsvorteile, die sie aus Sicht des Klägers dadurch erlangt habe, dass sie das Wohnhaus des Klägers in der ...-Straße unterhalb ortsüblicher Preise angemietet habe, nicht fiktiv zugerechnet werden. Zwar ist es zutreffend, dass auch solche Erträge, die der Unterhaltsbedürftige nicht erwirtschaftet, obwohl er sie erzielen könnte, nach § 1577 Abs. 1 BGB gleichfalls seine Bedürftigkeit mindern (vgl. BGH, FamRZ 1985, 354). Dies setzt jedoch eine Zumutbarkeit der angesonnenen Maßnahme voraus (BGH, FamRZ 2005, 1159), die hier fehlt. Denn ein Untermietvertrag nach §§ 540, 553 BGB begründet nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten, deren Verletzung unter anderem Ansprüche auf Minderung (§ 536 BGB) sowie auf Schadens- und Aufwendungsersatz (§§ 535, 280, 286, 536 a BGB) auslösen kann. Weiter ist eine Vermietung mit erheblichen Risiken (Mietausfall, Beschädigungen) verbunden, die sich für den Mieter bei einer Gebrauchsüberlassung an Dritte dadurch noch erhöhen, dass er nicht nur gegenüber seinem Untermieter, sondern auch gegenüber dem Vermieter für die Erhaltung (§§ 535, 280, 538) und die Herausgabe der Mietsache verantwortlich ist (§§ 546, 546 a BGB). Hinzu kommt, dass der Mieter für ein Verschulden des Untermieters einzustehen hat (§ 540 Abs.2 BGB).

Schließlich kann der Kläger mit den Anforderungen, die er im Rahmen von § 1577 Abs. 3 BGB an die Beklagte stellen möchte, schon deshalb nicht gehört werden, weil sie mit seinem früheren Verhalten nicht in Einklang zu bringen sind (§ 242 BGB). Denn der Kläger hat einen - während des Verfahrens ausdrücklich geäußerten - Wunsch der Beklagten, aus dem Mietverhältnis entlassen zu werden, zurückgewiesen.

4. Bei der gebotenen Anpassung des Vergleichs vom 16.07.1996 ist weiter zu berücksichtigen, dass die Lebenshaltungskosten zwischenzeitlich gestiegen sind. Dem kann bei einer konkreten Bedarfsbemessung durch eine Multiplikation mit dem allgemeinen Verbraucherindex Rechnung getragen werden (BGH, FamRZ 2003, 848). Dadurch lässt sich der grundsätzliche Unterhaltsanspruch der Beklagten im Zeitraum ab 01.03.2003 wie folgt ermitteln:

Bedarf im Jahr 2003 (3.118,88 EUR* 104,5 / 95,3): 3.419,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 916,75 EUR

Bedarf im Jahr 2004 (3.118,88 EUR * 106,2 / 95,3): 3.475,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 972,75 EUR

Bedarf im Jahr 2005 (3.118,88 EUR * 108,3 / 95,3): 3.543,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 1.040,75 EUR

Bedarf im Jahr 2006 (3.118,88 EUR * 110,1 / 95,3): 3.602,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 1.099,75 EUR

Bedarf im Jahr 2007 (3.118,88 EUR * 112,5 / 95,3): 3.681,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 1.178,75 EUR

Die Deckungslücke, die auf Seiten der Beklagten von ursprünglich 916,75 EUR im Jahr 2003 auf 1.099,75 EUR im Jahr 2006 ansteigt, kann der Kläger auffüllen, ohne dass der Halbteilungsgrundsatz verletzt wäre. Dies verdeutlicht die nachstehende Berechnung:

2003 bis August

2004 ab September

2004 2005 2006 2007

verfügbares Einkommen des Klägers: 4.598,29 EUR 4.594,42 EUR 4.850,07 EUR 4.850,07 EUR 4.850,07 EUR 4.850,07 EUR

indexierter Bedarf der

Beklagten: 3.419,00 EUR 3.475,00 EUR 3.475,00 EUR 3.543,00 EUR 3.602,00 EUR 3.681,00 EUR

abzgl. eigenes Einkommen: -2.502,24 EUR -2.502,24 EUR -2.502,24 EUR -2.502,24 EUR -2.502,24 EUR -2.502,24 EUR

Unterhaltsanspruch der Beklagten: 916,76 EUR 972,76 EUR 972,76 EUR 1.040,76 EUR 1.099,76 EUR 1.178,76 EUR

verbleibendes Einkommen des Klägers nach Abzug der Unterhaltslast: 3.681,53 EUR 3.621,66 EUR 3.877,31 EUR 3.809,31 EUR 3.750,31 EUR 3.671,31 EUR

Soweit ab 01.01.2007 bei Fortschreibung der Indexierung die Grenze des Angemessenen überschritten wäre, weil der Kläger nur noch 3.671,31 EUR zur Verfügung hätte, während die Beklagte 3.681,00 EUR für sich beanspruchen könnte, ist der konkrete Bedarf der Beklagten auf das Niveau von 2006 abzusenken, so dass es vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2007 bei einem Elementarunterhalt von gerundet 1.100,00 EUR sein Bewenden hat.

II. Zusätzlich schuldet der Kläger Altersvorsorgeunterhalt, da die entsprechende Vereinbarung durch den Vergleich vom 16.07.1996 nicht obsolet geworden ist. Denn nach dem ausdrücklich formulierten Willen der Parteien sollte es bei dem verabredeten Unterhalt von 3.900,00 DM bleiben. Darin waren aber 900,00 DM für die Altersvorsorge enthalten.

Nachdem sich der Elementarunterhaltsanspruch der Beklagten aufgrund eigener Renteneinkünfte verringert, ist der Altersvorsorgeunterhalt neu zu berechnen wie folgt:

Bedarf im Jahr 2003 : 3.419,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 916,75 EUR

zzgl. Altersvorsorgeunterhalt:
Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle: 1.155,11 EUR
Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung (bis 2007 je 19,5 %, ab 2007 19,9 %): 225,25 EUR

Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten: 1.142,00 EUR

Bedarf im Jahr 2004 : 3.475,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 972,75 EUR

zzgl. Altersvorsorgeunterhalt:
Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle: 1.215,94 EUR
Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung: 237,11 EUR

Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten (gerundet): 1.210,00 EUR

Bedarf im Jahr 2005 : 3.543,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 1.040,75 EUR

zzgl. Altersvorsorgeunterhalt:

Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle: 1.332,16 EUR
Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung: 259,77 EUR

Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten (gerundet): 1.300,00 EUR

Bedarf im Jahr 2006 : 3.602,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 1.099,75 EUR

zzgl. Altersvorsorgeunterhalt:

Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle: 1.429,68 EUR
Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung: 278,79 EUR

Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten (gerundet): 1.379,00 EUR

Soweit der Kläger den errechneten Altersvorsorgeunterhalt aus seinen laufenden Einkünften nicht bestreiten kann, ohne seinen eheangemessenen Unterhalt zu gefährden, ist er nach § 1581 BGB gehalten, den Stamm seines Vermögens einzusetzen, etwa ein im Zuge des Verfahrens ausgezahltes Guthaben bei der ... - Versicherung in Höhe von ca. 20.000,00 EUR. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die Beklagte neben ihrer gesetzlichen Altersrente nur über eine im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von ihren Eltern zugewandte Immobilie verfügt und dass sie während der Ehe - trotz des hohen Einkommens des Klägers - kein weiteres Vermögen erworben hat, nachdem die Parteien Gütertrennung vereinbart hatten. Demgegenüber ist der Kläger Eigentümer von fünf Immobilien und konnte nach der Veräußerung seiner Apotheke auf ein Barvermögen von mehr als einer Million Euro zurückgreifen. Hinzu kommt, dass der Altersvorsorgeunterhalt ohnehin nur noch bis März 2010 geschuldet wird. Die ab März 2003 verbleibende Gesamtsumme von rund 20.000,00 EUR belastet den Kläger nicht übermäßig.

III. Der auf diese Weise ermittelte Unterhaltsanspruch erweist sich schließlich auch dann noch als angemessen, wenn die Unterhaltslasten des Klägers gegenüber seiner jetzigen Ehefrau in die Betrachtung einbezogen werden. Denn die Ehefrau verfügt über eigene Erwerbseinkünfte, die vor Abzug von Steuern und Sozialabgaben im Jahr 2004 13.822,00 EUR betragen haben, 27.347,00 EUR im Jahr 2005 und 24.044,00 EUR im Jahr 2006, weiter über Zinseinnahmen von rund 3.700,00 EUR jährlich (vgl. Einkommenssteuerbescheid für 2004, Bl. 180 ff.; für 2005 Bl. 281 ff. und für 2006 Bl. 304 ff.). Hinzu kommen Mieteinkünfte des Klägers für die Wohnung Y in Höhe von 2.259,00 EUR und für das Objekt X in Höhe von 11.594,00 EUR jährlich, jeweils nach Abzug von Werbungskosten und ohne Abschreibung. Damit stehen der Ehefrau nicht nur eigene Nettoeinkünfte zwischen 1.100,00 EUR (bis 2004) und 1.500,00 EUR (ab 2005) zur Verfügung, sondern weitere 1.154,41 EUR monatlich, die der Kläger vollständig für den Familienunterhalt einsetzen kann. Gleiches gilt für die Einkommensdifferenz, die der Kläger nach Leistung des Geschiedenenunterhalts im Verhältnis zur Beklagten noch verteidigen kann. Diese betrug im Jahr 2003 monatlich 262,53 (3.681,53 EUR - 3.419,00 EUR), im Jahr 2004 noch 146,66 EUR (3.621,66 EUR - 3.475,00 EUR) und erhöht sich ab 01.01.2008 auf immerhin 747,83 EUR [(4.850,07 EUR - 800,00 EUR = 4.050,07 EUR) - (2.502,24 EUR + 800,00 EUR = 3.302,24 EUR)]. Hinzu kommen Steuerersparnisse aufgrund von Abschreibungen und im Hinblick auf das Ehegattensplitting von mindestens weiteren 800,00 EUR monatlich. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung ist schließlich noch der Gesichtspunkt von Bedeutung, dass die Beklagte von dem errechneten Unterhaltsbedarf bis Ende 2007 die Unterhaltslasten für den gemeinsamen Sohn A. mindestens hälftig mitgetragen hat (500,00 EUR).

Selbst wenn nach alledem das Einkommen der Ehefrau zusammen mit ihrem Familienunterhalt noch geringfügig hinter den Einkünften der Beklagten und des Klägers zurückbleiben sollte, ist es dem Kläger zuzumuten, für den Fall einer gewünschte Aufstockung des ehelichen Lebensstandards der Ehefrau auf seine Bankguthaben zurückzugreifen oder sein Vermögen umzuschichten (etwa durch eine Vermietung der Ferienwohnung am Bodensee). Dies erscheint nicht unbillig, weil die Lebensverhältnisse der Ehefrau von vorneherein durch die Unterhaltslasten des Klägers gegenüber der Beklagten geprägt waren und dadurch eine Einschränkung erfahren haben, ohne dass es auf das Rangverhältnis beider Unterhaltsansprüche ankäme. Dies gilt umso mehr, als ohnehin nur eine kurze Übergangszeit zu überbrücken ist, nachdem der Sohn A. sein Studium bereits beendet hat und keinen Ausbildungsunterhalt mehr benötigt. Dadurch werden von den Einkünften des Klägers zusätzliche 500,00 EUR monatlich frei werden, die er mit seiner Ehefrau dauerhaft teilen kann.

IV. Hingegen ist der Unterhaltsanspruch ab 01.01.2008 herabzusetzen und nach § 1578 b Abs. 2 BGB bis 31.03.2018 zu befristen. Dabei hält der Senat unter Anwendung von § 36 Nr. 1 EGZPO für die Zeit bis 31.03.2010 eine laufende Rente von noch 1.000,00 EUR für angemessen, wobei 800,00 EUR auf den Elementarbedarf entfallen und 200,00 EUR auf die Altersvorsorge. Danach ist der Unterhalt bis zu seinem endgültigen Wegfall am 31.03.2018 nach Abwägung der Gesamtumstände auf insgesamt 500,00 EUR monatlich zu reduzieren.

1. Der Kläger ist mit seinem Befristungsbegehren nicht gemäß § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert. Denn diese Regelung ist bei einem Prozessvergleich nicht anwendbar, da sie lediglich die Rechtskraftwirkung unanfechtbar gewordener Entscheidungen sichern soll, also einen Zweck verfolgt, der bei gerichtlichen Vergleichen nicht erreicht werden kann ( BGH , FamRZ 2000, 1499). Maßgebend ist vielmehr, ob ein ins Feld geführter Umstand bereits bei Vergleichsabschluss absehbar gewesen und deshalb von der Absprache erfasst worden ist, also unverändert geblieben und bereits aus diesem Grund einer Anpassung entzogen ist. Dies ist hier aber nicht der Fall.

2. Zwar stand der Beklagten im Jahr 1996 nach dem Wegfall der Betreuungsbedürftigkeit von A. und der sich daraus ergebenden Erwerbsobliegenheit der Beklagten nur noch ein Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zu, der schon damals nach § 1573 Abs. 5 ZPO a.F. grundsätzlich einer Befristung zugänglich gewesen wäre. Indessen hätte der Kläger zu diesem Zeitpunkt sein Befristungsverlangen nicht durchsetzen können, weil damals nicht verlässlich beurteilt werden konnte, ob die Beklagte jemals in der Lage sein würde, ihren Unterhalt durch eigene Erwerbseinkünfte nachhaltig zu sichern. Denn die Beklagte hatte sich während der Ehe ausschließlich um den Haushalt und die Versorgung von A. gekümmert und erst in den Jahren 1989/1990 eine Ausbildung zur Altenpflegerin absolviert. Da die Beklagte bei Abschluss des Vergleichs nur in Teilzeit berufstätig war und ihre weitere berufliche Entwicklung noch im Dunkeln lag, war eine Prognose darüber, ob die Beklagte jemals eine Vollzeitstelle erhalten und auf diese Weise ihre ehebedingten Nachteile vollständig und auf Dauer würde ausgleichen können, nicht möglich. Deshalb kam eine Befristung ihres Unterhaltsanspruchs aus damaliger Sicht nicht in Betracht.

3. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst für den Fall, dass die Beklagte schon bei Bestätigung des ursprünglichen Vergleichs am 16.07.1996 in Vollzeit berufstätig gewesen wäre, aufgrund der damaligen Gesetzeslage eine Befristung des Unterhaltsanspruchs vor Gericht kaum hätte durchsetzen können. Denn nach der bis 31.12.2007 geltenden Regelung in § 1573 Abs. 5 BGB a.F. konnte u.a. der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nur dann zeitlich begrenzt werden, „soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig" gewesen wäre. Dies hatte nach dem Wortlaut von § 1573 Abs. 5 S. 1 BGB aber in der Regel nicht gelten sollen, „wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut" , was hier der Fall war. Nach § 1573 Abs. 5 S. 2 BGB stand die Zeit der Kindeserziehung „der Ehedauer gleich" .

Entsprechend dem Wortlaut der genannten Regelung war der Bundesgerichtshof einer Befristung von Unterhaltsansprüchen nach § 1573 Abs. 5 BGB lange Zeit zurückhaltend gegenübergestanden und hatte einer Ehedauer von mehr als 15 Jahren erhebliches Gewicht für eine lebenslange „Unterhaltsgarantie" beigemessen ( BGH , FamRZ 1983, 886; BGH , FamRZ 1990, 857; BGH , FamRZ 1991, 307). Diese Rechtssprechung hätte vorliegend im Jahr 1996, als die Parteien den gerichtlichen Vergleich geschlossen haben, mit Sicherheit noch Beachtung gefunden, weil die Ehe - mit 17 Jahren - relativ lang gedauert hatte (vgl. etwa BGH , FamRZ 2004, 1357). Erst in jüngster Zeit hat der Bundesgerichtshof - vor dem Hintergrund seiner Abkehr von der sogenannten Anrechnungsmethode zur Differenzmethode - nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer abgestellt, selbst wenn diese mehr als 20 Jahre betragen hat, sondern darauf, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründen kann, als ein „ehebedingter Nachteil" erweise ( BGH , FamRZ 2008, 134; BGH , FamRZ 2007, 1232; BGH , FamRZ 2007, 793; BGH , FamRZ 2007, 200; BGH , FamRZ 2006, 1006; zur Entwicklung der Rechtsprechung vgl. Dose , FamRZ 2007, 1289, 1294 f.). Vor diesem Hintergrund wurde in der Gesetzesbegründung zu § 1578 b BGB angemerkt, dass eine Tendenz zu einer vermehrten Beschränkung „erst in der neueren Rechtssprechung" festzustellen sei (Drucksache 16/1830 S. 18).

Dies bedeutet vorliegend, dass die Frage einer Befristung bereits deshalb erneut zu prüfen ist, weil der geschilderte Wandel in der Gerichtspraxis durch die Regelung in § 1578 b BGB, die mit Wirkung ab 01.01.2008 in Kraft getreten ist, nicht nur eine Konkretisierung erfahren hat, sondern darüber hinaus weiterentwickelt worden ist mit dem Ziel, die Beschränkung von Unterhaltsansprüchen anhand objektiver Billigkeitskriterien, insbesondere des Maßstabes der „ehebedingten Nachteile" zu erleichtern (Drucksache 16/1830 S. 18). Eine Änderung der Gesetzeslage stellt aber regelmäßig eine wesentliche Abweichung von der Geschäftsgrundlage eines Vergleichs dar, die dessen Anpassung rechtfertigt ( BGH , FamRZ 2001, 1687).

4. Vorliegend kann die Beklagte ihren Unterhaltsanspruch nunmehr auf § 1572 BGB und § 1573 Abs. 2 BGB stützen. Eine Abgrenzung erübrigt sich, weil beide Ansprüche nach § 1578 b Abs. 2 BGB einer Befristung zugänglich sind.

Nach dem Wortlaut des § 1578 b Abs. 2 BGB kann der Unterhaltsanspruch befristet werden, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten Kindes unbillig wäre. Aufgrund des Verweises auf § 1578 b Abs. 1 S. 2 und 3 BGB ist dabei insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, wobei sich solche Nachteile vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben können.

Zwar hat § 1578 b BGB als unterhaltsbegrenzende Norm Ausnahmecharakter. Andererseits verfolgte der Gesetzgeber durch die Neuregelung des bis 31.12.2007 geltenden § 1573 Abs. 5 BGB a.F. das Ziel, eine Beschränkung von Unterhaltsansprüchen anhand objektiver Billigkeitsmaßstäbe zu erleichtern. Zur Begründung hat er angeführt, dass der Anspruch der Ehegatten auf „gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten" nicht von vorneherein eine „Lebensstandardsgarantie" bedeute im Sinne einer zeitlich unbegrenzten und in der Höhe nach nicht abänderbaren Teilhabe nach der Scheidung. Grund für die nachehelichen Unterhaltsansprüche sei vielmehr die sich aus Art. 6 GG ergebende fortwirkende nacheheliche Solidarität, die vor allem einen Ausgleich der Nachteile erfordere, die dadurch entstünden, dass der Unterhaltsberechtigte wegen der Aufgabenverteilung in der Ehe, insbesondere der Kinderbetreuung, nach der Scheidung nicht oder nicht ausreichend für seinen Unterhalt selbst sorgen könne. Je geringer diese Nachteile seien, desto eher sei im Licht des Grundsatzes der Eigenverantwortung (§ 1569 BGB) unter Billigkeitsgesichtspunkten eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs geboten (Drucksache 16/1830 S. 18).

Bei einer diese Zweckrichtung berücksichtigenden Gesetzesanwendung ist vorrangig zu prüfen, ob sich die Einkommensdivergenz der Parteien, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründet, als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten der Beklagten rechtfertigt. Dies ist vorliegend spätestens mit Erreichen des Rentenalters im März 2010 nicht mehr der Fall, nachdem die Beklagte mit dem bislang bereit gestellten Vorsorgeunterhalt in der Lage gewesen wäre, sich eine angemessene Rente zu sichern. Laut Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 31.10.2007 (Bl. 334 ff.) würde die Beklagte über eine laufende Rente von 1.185,00 EUR verfügen (1.297,26 EUR abzgl. 22,05 EUR und 90,16 EUR für die Kranken- und Pflegeversicherung), wenn sie seit 01.01.1986 regelmäßig 900,00 DM eingezahlt hätte (der mitgeteilte Betrag mag zwar im Hinblick auf den - seit 2003 - verminderten Altersvorsorgeunterhalt etwas geringer ausfallen; dies wird sich jedoch bis 2010 teilweise wieder ausgleichen). Da die Beklagte vor der Ehe keinen Beruf erlernt hatte und nur in geringfügigem Umfang berufstätig gewesen ist, hat der Kläger mögliche Nachteile, die die Beklagte auf Grund der Rollenverteilung in der Ehe erlitten hat, bereits vollständig ausgeglichen. Denn als ungelernte Kraft hätte die Beklagte selbst bei einer ununterbrochenen Berufstätigkeit wohl kaum höhere Rentenanwartschaften erworben als die errechneten 1.185,00 EUR. Hinzu kommt, dass die Beklagte über ihr Immobilienvermögen zusätzlich abgesichert ist.

Weiter gilt zu beachten, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Trennung erst 38 Jahre alt gewesen ist und gesundheitliche Einschränkungen nicht ersichtlich waren. Vor diesem Hintergrund ließe sich allein mit der Ehedauer von 17 Jahren eine unbegrenzte Teilhabe der Beklagten an den verfügbaren Mitteln des Klägers nicht rechtfertigen.

Da auf der anderen Seite nach § 36 Nr. 1 EGZPO das Vertrauen der Beklagten in die getroffene Regelung nicht übergangen werden darf, ist für eine angemessene Übergangszeit Sorge zu tragen, um der Beklagten die Möglichkeit zu geben, sich auf den Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs und ein damit verbundenes Absinken ihres Lebensstandards einzustellen. Dies rechtfertigt eine annähernde Beibehaltung des ursprünglichen Titels bis 31.03.2010. In der Zeit danach reduziert sich der Unterhalt auf 500,00 EUR monatlich, da die Beklagte mit Eintritt in das Rentenalter nach dem normalen Verlauf der Dinge damit rechnen musste, dass ihr Unterhaltsniveau nicht auf Dauer gesichert sein würde, zumal der Kläger bereits am 16.02.2005 das 65. Lebensjahr vollendet und bereits zwei Jahre zuvor seine Apotheke veräußert hatte. Andererseits durfte die Beklagte bis zum Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes mit Wirkung zum 01.01.2008 darauf vertrauen, dass sie - angesichts der soliden Vermögensverhältnisse wohl auch über ein mögliches Vorversterben des Klägers hinaus - unterhaltsberechtigt sein würde, wenn auch in verringertem Umfang. Dazu war sie zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits 63 Jahre alt und somit nicht mehr in der Lage, einen Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs durch eigene Erwerbseinkünfte oder eine zusätzliche Altersvorsorge aufzufangen. Dies ist im Rahmen der Übergangsregelung in § 36 Nr. 1 EGZPO zu berücksichtigen, so dass weitere reduzierte Unterhaltszahlungen bis 2018 nicht unbillig erscheinen.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Billigkeitsentscheidung, ob ein Unterhaltsanspruch nach § 1578 b BGB zu begrenzen oder zu befristen ist, muss nach Abwägung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte getroffen werden, ist also allein Aufgabe des Tatrichters. Da es sich stets um eine Einzelfallbetrachtung handelt, fehlt es regelmäßig an einer grundsätzlichen Bedeutung, so auch hier. Ferner erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Der Streitwert wurde nach §§ 42, 45 GKG wie folgt berechnet:

Berufung des Klägers:

Abänderung vor Klageerhebung (vom 01.03.2003 bis 31.10.2004) = (10 X 966,57 EUR = 9.665,70 EUR) + (8 X 834,86 EUR = 6.678,88 EUR) + 1.167,20 EUR + 1.441,12 EUR 18.952,90 EUR
zzgl. Jahreszeitraum für Abänderung danach, also vom 01.11.2004 bis 31.10.2005 = (2 X 1.441,12 EUR= 2.882,20 EUR) + (10 X 1.617,93 EUR = 16.179,30 EUR) = 19.061,50 EUR

Streitwert der Berufung des Klägers: 38.014,40 EUR

Berufung der Beklagten:

Abänderung vor Klageerhebung (vom 01.03.2003 bis 31.10.2004) = [(10 X (1.994,00 EUR - 966,57 EUR = 1.027,40 EUR) = 10.274,00 EUR] + [8 X (1.994,00 EUR - 834,86 EUR = 1.159,10 EUR) = 9.272,80 EUR]+(1.994,00 EUR - 1.167,20 EUR = 826,80 EUR) + (1.994,00 EUR - 1.441,12 EUR = 552,88 EUR)= 20.926,48 EUR
zzgl. Jahreszeitraum für Abänderung danach, also vom 01.11.2004 bis 31.10.2005 = [2 X (1.994,00 EUR - 1.441,12 EUR= 552,90 EUR) = 1.105,80 EUR] + [10 X (1.994,00 EUR - 1.617,93 EUR = 376,10 EUR) = 3.761,00 EUR] = 4.866,80 EUR

Streitwert der Berufung der Beklagten: 25.793,28 EUR

Gesamtstreitwert: 63.807,68 EUR ..." (OLG Stuttgart Urteil vom 20.8.2008, 18 UF 256/07)

***

Zur Befristung des Unterhalts nach § 1573 BGB auf eine Übergangszeit von drei Jahren. Ehebedingte Nachteile liegen nicht vor, wenn die Zeit der Kindererziehung vor der Eheschließung gelegen hat und die Unterhalt begehrende Ehefrau während der späteren Ehezeit von knapp acht Jahren keine beruflichen Nachteile erlitten hat. Der Abzug eines im Hausabtrag enthaltenen Tilgungsanteils kann aus dem Gesichtspunkt der zusätzlichen Altersversorgung (von bis zu 4%) weiterhin in Betracht kommen (vgl. BGH, NJW 2008, 1946 = FamRZ 2008, 963 [966]; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.08.2008 - 5 UF 185/07 zu §§ 1572, 1573, 1578 b II BGB, NJW 2008, 3440 f).

Hat der Dienstherr einen Beamten von der Arbeitstätigkeit freigestellt, ist diesem bei Berechnung des Quotenunterhalts kein Erwerbstätigenbonus zuzubilligen# (OLG Koblenz, Urteil vom 06.02.2008 - 9 UF 665/07).

Bei einem Unterhalt wegen Krankheit kommt der ehelichen Solidarität gesteigerte Bedeutung zu. Bei einer langen Ehedauer und drohender Verschlechterung des Gesundheitszustands in der Zukunft kann daher von einer Befristung abgesehen werden (OLG Nürnberg, Urteil vom 28.01.2008 - 10 UF 1205/07, NJW 2008, 2444 f zu §§ 1572, 1578 b BGB).

§ 1573 Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

Hinweise:

§ 1573 II ist mit dem GG vereinbar (BVerfGE v. 14.7.1981 I 826 - 1 BvL 28/77 u. a.).

Leitsätze/Entscheidungen:

*** (BGH)

Steuerliche Abschreibungen für die Abnutzung von Gebäuden berühren das unterhaltsrechtlich maßgebende Einkommen nicht (Bestätigung des Senatsurteils vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02, FamRZ 2005, 1159). Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, die mittels kreditfinanzierter Immobilien erzielt werden, ist bis zur erzielten Miete nicht nur die - die Einkünfte bereits steuerrechtlich vermindernde - Zins-, sondern auch die Tilgungsleistung unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen (Fortführung von Senatsbeschlüssen vom 18. Januar 2017 - XII ZB 118/16, BGHZ 213, 288 = FamRZ 2017, 519 und vom 4. Juli 2018 - XII ZB 448/17, FamRZ 2018, 1506). Selbständige können in der Summe 24% ihres Bruttoeinkommens des jeweiligen Jahres für die Altersvorsorge aufwenden und damit - soweit eine solche Vorsorge tatsächlich betrieben wird - von ihrem unterhaltsrelevanten Einkommen absetzen (im Anschluss an Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05, BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739). Im Rahmen der Ermittlung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigte Tilgungsleistungen sind auf diese Altersvorsorgequote nicht anzurechnen (Fortführung von Senatsbeschluss vom 18. Januar 2017 - XII ZB 118/16, BGHZ 213, 288 = FamRZ 2017, 519). Werden die mit der Berufsausübung verbundenen höheren Aufwendungen bereits pauschal oder konkret bei der Einkommensermittlung berücksichtigt, bedarf es im Einzelnen einer Begründung des Tatgerichts, wenn es mehr als ein Zehntel des Erwerbseinkommens der Bedarfsbemessung entzieht. Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch steht in einem Alternativverhältnis zu den Unterhaltsansprüchen des Kindes, weil er nur entsteht, wenn der Unterhaltsanspruch erfüllt worden ist (BGH, Beschluss vom 15.12.2021 - XII ZB 557/20).

***

Die Unterhaltsabänderung nach § 238 FamFG besteht in einer unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Anpassung des Unterhalts an veränderte Verhältnisse (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. Juli 2015 - XII ZB 369/14, FamRZ 2015, 1694). Auch wenn für die erstmalige Bewertung eines möglichen Rechtsmissbrauchs im Rahmen der Ausübungskontrolle eines Ehevertrags nach § 242 BGB der Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe maßgeblich ist, kann sich durch die weitere Entwicklung ergeben, dass ein späteres Berufen seitens des von dem Ehevertrag begünstigten Ehegatten auf eine entsprechende Regelung i.S.v. § 242 BGB nicht mehr rechtsmissbräuchlich ist. Dies kann grundsätzlich im Rahmen einer Unterhaltsabänderung nach § 238 FamFG berücksichtigt werden. Allerdings müssen die Voraussetzungen des § 238 FamFG erfüllt sein, um eine abweichende Bewertung der Ausübungskontrolle aus der abzuändernden Entscheidung zu erreichen. Es müssen mithin Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt (BGH, Beschluss vom 17.03.2021 - XII ZB 221/19).

***

Es ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Tatsachengerichte im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon ausgehen, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe des Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrags vollständig für den Lebensbedarf der Familie verwendet worden ist. Der Unterhaltsbedarf kann in diesem Fall ohne Darlegung der konkreten Einkommensverwendung nach der Einkommensquote bemessen werden. Soweit das Einkommen darüber hinausgeht, hat der Unterhaltsberechtigte, wenn er dennoch Unterhalt nach der Quotenmethode begehrt, die entsprechende Verwendung des Einkommens für den Lebensbedarf darzulegen und im Bestreitensfall in vollem Umfang zu beweisen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. November 2017 - XII ZB 503/16, BGHZ 217, 24 = FamRZ 2018, 260). Als Familieneinkommen in diesem Sinn ist dabei das Einkommen anzusehen, das für den ehelichen Lebensbedarf der beiden Ehegatten zur Verfügung steht und damit insoweit unterhaltsrelevant ist. Die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten ist ausnahmsweise für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs des früheren Ehegatten zu berücksichtigen, soweit sie - etwa als Anspruch auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1615l BGB - bereits die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat (Fortführung von Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09, BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 und Senatsbeschluss vom 7. Mai 2014 - XII ZB 258/13, FamRZ 2014, 1183). Jedenfalls wenn der Unterhaltspflichtige eine unterhaltsrechtlich anzuerkennende zusätzliche Altersvorsorge betreibt, ist es geboten, dies auch dem Unterhaltsberechtigten durch eine entsprechende Erhöhung des Altersvorsorgeunterhalts zu ermöglichen (BGH, Beschluss vom 25.09.2019 - XII ZB 25/19).

***

Der ehebedingte Erwerbsnachteil des unterhaltsberechtigten Ehegatten begrenzt regelmäßig die Herabsetzung seines nachehelichen Unterhaltsanspruchs gemäß § 1578b Abs. 1 BGB. Dieser Nachteil ist nicht hälftig auf beide geschiedenen Ehegatten zu verteilen, sondern in voller Höhe zugunsten des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 08.06.2016 - XII ZB 84/15)

***

Eine vorübergehende Arbeitslosigkeit des Unterhaltspflichtigen unterbricht die "Unterhaltskette" beim Aufstockungsunterhalt auch dann nicht, wenn die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen infolge der Arbeitslosigkeit so weit absinken, dass sich zeitweilig kein Unterschiedsbetrag mehr zwischen dem - durch den Einkommensrückgang beeinflussten - vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen und den anrechenbaren Einkünften des Unterhaltsberechtigten ergibt (BGH, Urteil vom 04.11.2015 - XII ZR 6/15).

***

Haben die Parteien in einem Scheidungsfolgenvergleich die Zahlung eines unbefristeten Ehegattenunterhalts vereinbart, kann sich der Unterhaltspflichtige nicht auf eine Störung der Geschäftsgrundlage durch spätere Änderungen der Rechtslage (hier: Änderung der Senatsrechtsprechung zur Bedeutung der Ehedauer im Rahmen von Billigkeitsentscheidungen nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F.) berufen, wenn die Parteien in der Ausgangsvereinbarung auf das Recht zur Abänderung des Vergleichs ausdrücklich verzichtet haben (Fortführung der Senatsurteile vom 20. Mai 2010, XII ZR 143/08, BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238; vom 25. November 2009, XII ZR 8/08, FamRZ 2010, 192; vom 23. November 2011, XII ZR 47/10, FamRZ 2012, 197 und vom 25. Januar 2012, XII ZR 139/09, FamRZ 2012, 525; BGH, Beschluss vom 11.02.2015 - XII ZB 66/14).

***

Soweit das Einkommen eines Ehegatten, der ein Kind betreut, als aus überobligatorischer Erwerbstätigkeit stammend unberücksichtigt zu bleiben hat, kommt ein Unterhaltsanspruch aus § 1570 BGB in Betracht. Besteht ein Teilunterhaltsanspruch auf Betreuungsunterhalt und ein weiterer Teilanspruch aufgrund eines anderen Unterhaltstatbestands, unterfällt der Gesamtanspruch dem Rang des § 1609 Nr. 2 BGB (BGH, Beschluss vom 01.10.2014 - XII ZB 185/13).

***

Setzt der aus der Ehewohnung gewichene Ehegatte den Verkaufserlös aus seinem früheren Miteigentumsanteil an der Ehewohnung für den Erwerb einer neuen Wohnung ein, tritt der Wohnvorteil der neuen Wohnung an die Stelle eines Zinses aus dem Erlös (im Anschluss an Senatsurteil vom 1. Oktober 2008, XII ZR 62/07, FamRZ 2009, 23; BGH, Beschluss vom 09.04.2014 - XII ZB 721/12):

„... Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts, wonach gemäß § 1573 Abs. 2 BGB ein geschiedener Ehegatte, wenn seine Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht ausreichen, den Unterschiedsbetrag zwischen seinen Einkünften und dem eheangemessenen Unterhalt verlangen kann.

Jedoch steht die Berechnung der beiderseitigen unterhaltsrelevanten Einkünfte nicht mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang. Das Oberlandesgericht hat den Wohnvorteil zu Unrecht unberücksichtigt gelassen.

a) Zwar entfallen die Vorteile der mietfreien Nutzung der Ehewohnung, wenn diese im Zusammenhang mit der Scheidung veräußert wird. An ihre Stelle treten aber die Vorteile, die die Ehegatten in Form von Zinseinkünften aus dem Erlös ihrer Miteigentumsanteile ziehen oder ziehen könnten. Das gilt im Grundsatz auch dann, wenn die Ehewohnung nicht an Dritte veräußert wird, sondern ein Ehegatte seinen Miteigentumsanteil auf den anderen überträgt. Auch in einem solchen Fall tritt für den veräußernden Ehegatten der Zins aus dem Erlös als Surrogat an die Stelle der früheren Nutzungsvorteile seines Miteigentumsanteils. Für den übernehmenden Ehegatten verbleibt es hingegen grundsätzlich bei einem Wohnvorteil, und zwar nunmehr in Höhe des Wertes der gesamten Wohnung, gemindert um die unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Belastungen, einschließlich der Belastungen durch den Erwerb des Miteigentumsanteils des anderen Ehegatten (Senatsurteil vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963 Rn. 13 mwN).

Setzt der gewichene Ehegatte den Erlös aus seinem früheren Miteigentumsanteil für den Erwerb einer neuen Wohnung ein, tritt der Wohnvorteil der neuen Wohnung an die Stelle eines Zinses aus dem Erlös (vgl. Senatsurteil vom 1. Oktober 2008 - XII ZR 62/07 - FamRZ 2009, 23 Rn. 17).

b) Das unterhaltsrelevante Einkommen der Ehefrau ist somit erhöht um den vollen Nutzungswert des früheren Familienheims abzüglich ihrer Zinsaufwendungen aus dem aufgenommenen Darlehen sowie der Tilgungsaufwendungen, soweit diese als zusätzliche Altersvorsorge verstanden werden können (vgl. Senatsurteil vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963 Rn. 22 ff. mwN).

Das unterhaltsrelevante Einkommen des Ehemanns ist erhöht um den ihm zuzurechnenden Wohnvorteil des neu errichteten Wohnhauses abzüglich der nach der Senatsrechtsprechung zu berücksichtigenden Kosten.

3. Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht abschließend in der Sache entscheiden, weil noch keine Feststellungen zu den beiderseits zu berücksichtigenden Wohnwerten getroffen sind.

4. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Beschwerde des Ehemanns, mit der er dem Unterhaltsanspruch insgesamt entgegentritt, auch eine Korrektur der vom Einkommen der Ehefrau abzusetzenden Fahrtkosten im Hinblick auf pauschaliert anzurechnende Steuervorteile gemäß den vom Beschwerdegericht aufgestellten unterhaltsrechtlichen Leitlinien ermöglicht. ..."

***

Beim Unterhaltsanspruch wegen Betreuung von Kindern ab der Altersgrenze von drei Jahren ist zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder gesichert werden könnte (im Anschluss an BGH, 18. März 2009, XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770). An die für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts insbesondere aus kindbezogenen Gründen erforderlichen Darlegungen (hier: bei drei minderjährigen Kindern und von der Unterhaltsberechtigten zu leistenden Fahrdiensten an den Nachmittagen) sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen (im Anschluss an BGH, 15. Juni 2011, XII ZR 94/09, FamRZ 2011, 1375). Zur Beurteilung einer überobligationsmäßigen Belastung im Rahmen der Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist auch der Aspekt einer gerechten Lastenverteilung zwischen unterhaltsberechtigtem und unterhaltspflichtigem Elternteil zu berücksichtigen (im Anschluss an BGH, 18. März 2009, XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770; BGH, 16. Juli 2008, XII ZR 109/05, FamRZ 2008, 1739 und BGH, 21. April 2010, XII ZR 134/08, FamRZ 2010, 1050). Hat der Unterhaltspflichtige nach dem - unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbaren - Verlust seines Arbeitsplatzes eine Abfindung erhalten und hat er im Anschluss daran eine neue Arbeitsstelle mit dauerhaft geringerem Einkommen gefunden, so ist die Abfindung bis zur Höchstgrenze des Bedarfs aufgrund des früheren Einkommens grundsätzlich für den Unterhalt zu verwenden (im Anschluss an BGH, 28. März 2007, XII ZR 163/04, FamRZ 2007, 983 und BGH, 2. Juni 2010, XII ZR 138/08, FamRZ 2010, 1311; teilweise Aufgabe von BGH, 29. Januar 2003, XII ZR 92/01, FamRZ 2003, 590). Ob eine Aufstockung bis zum bisherigen Einkommen geboten ist und der bisherige Lebensstandard vollständig aufrechterhalten werden muss, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen, insbesondere auch nach der vom Unterhaltspflichtigen zu erwartenden weiteren Einkommensentwicklung (BGH, Urteil vom 18.04.2012 - XII ZR 65/10 zu §§ 1570 I BGB, 1573, 1578,1578b BGB).


***

Der unterhaltsberechtigte Ehegatte trägt im Rahmen des Unterhaltsanspruchs wegen Erwerbslosigkeit die Darlegungs- und Beweislast nicht nur dafür, dass er keine reale Chance auf eine Vollzeitarbeitsstelle hat, sondern auch dafür, dass dies in gleicher Weise für eine geringfügige Beschäftigung (sog. Mini-Job) und auch für eine Erwerbstätigkeit im Rahmen der Gleitzone nach § 20 Abs. 2 SGB IV (sog. Midi-Job) zutrifft. Bewohnt der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung weiterhin das eheliche Einfamilienhaus, geht dies im Rahmen der konkreten Bedarfsermittlung regelmäßig über seinen Wohnbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen hinaus. Dieser wird bereits durch eine dem ehelichen Standard entsprechende Wohnung für eine Person gedeckt. Zum Verhältnis von Vermögensverwertung nach § 1577 Abs. 1 BGB und Herabsetzung/Befristung des Unterhalts nach § 1578b BGB ( BGH, Urteil vom 18.01.2012 - XII ZR 178/09 zu §§ 1573, 1574, 1577 I, § 1578, 1578b BGB u.a.):

„... Die Parteien streiten über nachehelichen Unterhalt. Sie heirateten im Juli 1981. Aus der Ehe ist eine im Februar 1982 geborene Tochter hervorgegangen, die Studentin ist.

Die Parteien trennten sich im Oktober 2005. Die Ehe ist im vorliegenden Verfahren (rechtshängig seit Januar 2006) durch Verbundurteil geschieden worden, das hinsichtlich der Scheidung seit dem 15. April 2008 rechtskräftig ist. In dem Verbundurteil hat das Amtsgericht außerdem den Versorgungsausgleich geregelt und über den Unterhaltsantrag der Antragstellerin entschieden.

Der 1951 geborene Antragsgegner ist Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, die Koordinaten-Schleiftechnik betreibt. Er erzielt außerdem Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und kommt in den Genuss von Nutzungen aus einem Eigenheim sowie aus mehreren Geschäftsfahrzeugen. Das Betriebsgebäude (Fabrikhalle) der GmbH stand im Eigentum der Antragstellerin, bis sie es im Dezember 2007 an den Antragsgegner veräußerte.

Die Antragstellerin ist 1952 geboren. Sie hat keine Berufsausbildung und war bei Eheschließung als Verkäuferin tätig. Während der Ehe arbeitete sie als Bürohilfe (Sekretärin) im Betrieb des Antragsgegners, zuletzt mit einem Bruttogehalt von monatlich 3.700 €. Nach der Trennung kündigte der Antragsgegner das Arbeitsverhältnis. In einem arbeitsgerichtlichen Verfahren vereinbarten die Parteien im April 2006 die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betrieblichen Gründen zum 30. Juni 2007 gegen eine Abfindung. Seitdem ist die Antragstellerin nicht mehr erwerbstätig. Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Wohnhausgrundstücks, das die frühere Ehewohnung darstellt und baulich in das Betriebsgebäude der GmbH integriert ist.

Die Parteien waren ferner Miteigentümer eines Mehrfamilienhauses, das als Abschreibungsobjekt diente und von dem inzwischen einzelne Eigentumswohnungen verkauft wurden.

Die Antragstellerin macht nachehelichen Unterhalt von monatlich rund 4.300 € geltend. Die Parteien streiten vor allem über die Höhe ihres - konkret berechneten - Bedarfs und darüber, in welchem Umfang die Antragstellerin zu einer Erwerbstätigkeit in der Lage ist, ob sie ihr Vermögen verwerten muss sowie über die Herabsetzung und Befristung des Unterhalts.

Das Amtsgericht hat den Unterhaltsantrag abgewiesen. Auf die Berufung der Antragstellerin hat ihr das Berufungsgericht monatlichen Unterhalt von 3.423 € bis Dezember 2009 und von 2.840 € ab Januar 2010 zugesprochen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Antragsgegners, mit welcher er die vollständige Abweisung des Unterhaltsantrags erstrebt. ....

Die Revision ist begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 179/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10). Das Berufungsurteil weist zwar in seinem Tatbestand die in der Berufungsinstanz gestellten Anträge nicht aus (vgl. BGH Urteil vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 - NJW 2003, 1743). Den sonstigen tatbestandlichen Ausführungen des Berufungsurteils lässt sich jedoch entnehmen, welchen Zahlungsantrag die Antragstellerin verfolgt hat und dass der Antragsgegner die Zurückweisung der Berufung begehrt hat.

I. Das Berufungsgericht hat der Antragstellerin in seinem in FamRZ 2010, 655 veröffentlichten Urteil einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zugesprochen.

Die Höhe des Unterhalts hat es aufgrund eines Bedarfs der Antragstellerin von rund 4.600 € ermittelt. Der Bedarf sei konkret zu ermitteln, weil bei hohen Einkünften regelmäßig davon auszugehen sei, dass diese teilweise zur Vermögensbildung verwendet würden. Der Unterhalt diene nur der Finanzierung des laufenden Lebensbedarfs und sei anhand eines objektiven Maßstabs zu ermitteln. Entscheidend sei der Lebensstandard, der nach den vorhandenen Einkommensverhältnissen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters als angemessen erscheine. Dabei habe unter Berücksichtigung des Konsumverhaltens während der Ehe sowohl ein zu dürftiger als auch ein übermäßiger Aufwand außer Betracht zu bleiben. Eine Sättigungsgrenze für die konkrete Bedarfsbemessung sei nicht anzunehmen. Der Antragsgegner berufe sich ausdrücklich darauf, für den konkreten Unterhaltsbedarf der Antragstellerin unbegrenzt leistungsfähig zu sein und habe nicht dargelegt, dass eine Quotenermittlung zu einem geringeren Unterhaltsbedarf führen würde. Den Bedarf hat es sodann aufgrund der Beträge, welche von der Antragstellerin in Höhe von monatlich insgesamt rund 6.800 € geltend gemacht worden sind, näher aufgeschlüsselt und die geltend gemachten Positionen teilweise für unbegründet und teilweise für überhöht gehalten.

Das Berufungsgericht hat der Antragstellerin ein fiktives Einkommen von monatlich 400 € zugerechnet, weil sie gegen ihre Erwerbsobliegenheit verstoßen habe. Die Antragstellerin habe nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei dem Antragsgegner weder aus Alters- noch aus Gesundheitsgründen von einer Erwerbstätigkeit absehen dürfen. Auch sei sie im Hinblick auf § 1574 Abs. 2 BGB nicht an einer angemessenen Erwerbstätigkeit gehindert. Die für die Antragstellerin aufgrund ihres Alters, der langjährigen Tätigkeit als Ehefrau des Chefs und ihrer fehlenden Berufsausbildung bestehenden Schwierigkeiten gingen nicht so weit, als dass insgesamt keine reale Beschäftigungschance angenommen werden könne. Allerdings erscheine es unwahrscheinlich, dass die Antragstellerin in dieser Situation mehr als eine geringfügige Beschäftigung finden könne.

Fiktive Einkünfte aus der Vermietung des dem Antragsgegner übertragenen Betriebsgebäudes seien der Antragstellerin nicht zuzurechnen. Dies erfordere eine mutwillige bzw. leichtfertige Verkürzung des eigenen Einkommens. Sie habe sich zwar "nicht sehr solidarisch" zu dem Antragsgegner verhalten, indem sie etwa das Grundstück einem anderen Interessenten angeboten und mit diesem bereits einen Notartermin vereinbart habe. Der Verkauf sei aus finanzieller Sicht für den Antragsgegner nachteilig gewesen, für sie jedoch nicht vorteilhaft. Demgegenüber sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Verflechtung der Parteien in der Vergangenheit zu Unzuträglichkeiten geführt habe. Im Zusammenhang mit der Heizungsanlage habe es mehrfach Streitigkeiten gegeben. Bei Berücksichtigung der von der Antragstellerin zu erbringenden Tilgungsanteile auf Verbindlichkeiten bleibe ihr Einkommen nur geringfügig hinter den früheren Einkünften aus Vermietung zurück. In Anbetracht der unterschiedlichen geschäftlichen Erfahrung der Parteien und ihres persönlichen Verhältnisses erscheine die Veräußerung insgesamt nicht mutwillig.

Aus Kapitalvermögen (Nettoerlös aus der Veräußerung des Betriebsgebäudes von rund 240.000 € und von Eigentumswohnungen von 35.500 €) stehe ihr bis Ende 2009 ein Kapital von rund 275.000 € zur Verfügung, aus dem sie bei einem Zinssatz von 3% monatliche Zinseinkünfte von rund 690 € erzielen könne. Ab Januar 2010 sei sie jedoch zur teilweisen Verwertung des Vermögensstamms in Höhe von 220.000 € verpflichtet und könne nur noch aus dem verbleibenden Betrag von 55.000 € Zinsen erzielen.

Einen Wohnwert hat das Berufungsgericht der Antragstellerin nicht zugerechnet. Hierbei handele es sich um eine fiktive Größe, aus der kein konkreter Geldfluss folge. Würde man den Wohnvorteil als Einkommensbestandteil behandeln, müsste man ihn in die Bedarfsberechnung in gleicher Höhe einstellen.

Für die Zeit ab Januar 2010 sei die Antragstellerin verpflichtet, ihren Vermögensstamm bis zu einer Höhe von 220.000 € sukzessive zur Deckung des Unterhaltsbedarfs zu verwerten. Bei der gebotenen Billigkeitsabwägung scheitere die Verwertungspflicht nicht an der unbegrenzten Leistungsfähigkeit des Antragsgegners, wenngleich diese dabei zu berücksichtigen sei. Die Unterhaltspflicht belaste den Antragsgegner in seiner Lebensführung nicht. Die Antragstellerin habe ihr Grundvermögen nicht einzusetzen, weil es sich um ein angemessenes Hausgrundstück handele. Ein direkter zahlenmäßiger Vergleich der beiderseitigen Vermögen sei nicht anzustellen. Die Entscheidung des Senats vom 4. Juli 2007 (FamRZ 2007, 1532) betreffe eine andere Fallkonstellation. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin künftig mit einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs gemäß § 1578 b BGB zu rechnen habe. Die Abwägungen nach § 1577 Abs. 3 BGB und § 1578 b BGB müssten aufeinander abgestimmt werden. Schließlich müsse die Herkunft des Vermögens beachtet werden, das ganz überwiegend auf dem wirtschaftlichen Erfolg des Antragsgegners beruhe und die Zuweisung an die Antragstellerin auf steuerlichen Gründen beruhe. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei es billig, den Vermögensstamm anzugreifen und in Höhe von 220.000 € - sukzessive zu verwerten. Das Berufungsgericht hat der Antragstellerin insoweit einen Monatsbetrag von rund 1.020 € als Einkommen zugerechnet und diesen aufgrund eines aus der fiktiven Einzahlung von 220.000 € in eine sich sukzessive abschmelzende Lebensversicherung ermittelt.

Eine Herabsetzung/Befristung sei auch bei der konkreten Bedarfsermittlung möglich und scheitere nicht an der unbegrenzten Leistungsfähigkeit des Antragsgegners. Die Anwendung des § 1578 b BGB führe im vorliegenden Fall zu einer schrittweisen Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs, nicht jedoch zu dessen Befristung. Ehebedingte Nachteile seien nicht ersichtlich. Die Nachteile, die aus der Ausgleichspflicht der Antragstellerin im Versorgungsausgleich in Höhe von monatlich rund 50 € und aufgrund der durch die Kindererziehung entgangenen Rentenanwartschaften entstanden seien, würden durch die Vorteile aber mehr als ausgeglichen. Die Antragstellerin sei vollschichtig erwerbstätig gewesen. Auch wenn sie als Ehefrau des Chefs nicht in dem Umfang gearbeitet habe, habe sie jedenfalls Rentenanwartschaften erworben. Als ungelernte Verkäuferin habe sie nicht annähernd das Jahresbruttoeinkommen von rund 42.000 € erzielen können. Der Nachteil, dass sie zwischen dem 55. Lebensjahr und dem Beginn des Ruhestands statt eines Einkommens aus vollschichtiger Tätigkeit als Verkäuferin lediglich 400 € verdienen könne, werde durch den Vermögenserwerb ausgeglichen, der ihr ermögliche, monatlich mehr zu verbrauchen, als sie als Verkäuferin verdienen würde.

Bei der Abwägung sei weiterhin die Dauer der Ehe von knapp 25 Jahren bis zur Zustellung des Scheidungsantrags zu berücksichtigen. Daneben habe die Antragstellerin durch Kindesbetreuung, Haushaltsführung und Mitarbeit im Betrieb zur beruflichen Entwicklung des Antragsgegners beigetragen, die ihm eine unbegrenzte unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit ermögliche. Es erscheine nicht mehr zumutbar, die Antragstellerin auf die Verhältnisse einer Verkäuferin zu reduzieren. Bis zum Inkrafttreten der Unterhaltsreform habe sie darauf vertrauen dürfen, auch im Fall einer Scheidung lebenslang an den ehelichen Lebensverhältnissen teilzuhaben. Seither sei es ihr nicht mehr möglich, eine Reduktion ihres Unterhaltsanspruchs durch eigene Erwerbseinkünfte oder eine zusätzliche Altersvorsorge aufzufangen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner unbegrenzt leistungsfähig sei. Daher sei keine Befristung, wohl aber eine Herabsetzung vorzunehmen, bei der allerdings die Anwendung des § 1577 Abs. 3 BGB zusätzlich zu berücksichtigen sei. Der Antragstellerin sei ein gewisser Übergangszeitraum zuzubilligen, um ihre Lebensführung den geänderten Verhältnissen anzupassen. Es sei demnach billig, bis Dezember 2009 noch keine Herabsetzung vorzunehmen, ab Januar 2010 seien jedoch 5% vom Bedarf abzuziehen.

Künftig werde der Unterhalt anzupassen sein, wenn die Antragstellerin Leistungen aus der gesetzlichen und privaten Altersvorsorge beziehe. Unabhängig hiervon komme eine weitere Herabsetzung für die Zeit ab 2016 in Betracht, wenn das Haus für sie zu groß und kostenaufwändig geworden und ihr ein Umzug zumutbar sein werde, wodurch ihr Unterhaltsbedarf um bis zu 800 € gesenkt werden könnte. Im Hinblick auf die weiteren bis zu diesem Zeitpunkt eintretenden Änderungen sei von einer Herabsetzung heute noch abzusehen.

II. Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts folgt der Anspruch aus § 1573 Abs. 2 BGB.

a) Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt setzt nach der Rechtsprechung des Senats voraus, dass der Unterhalt begehrende geschiedene Ehegatte eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder ausüben kann (Senatsurteile vom 10. November 2010 - XII ZR 197/08 - FamRZ 2011, 192 Rn. 16; vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 -; vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 159/09 - jeweils zur Veröffentlichung bestimmt und vom 16. Dezember 1987 - IVb ZR 102/86 - FamRZ 1988, 265, 266).

Das ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in vollem Umfang der Fall. Danach beruht der Anspruch nicht allein darauf, dass das - erzielbare - Einkommen der Antragstellerin aus vollschichtiger Tätigkeit (und anderen Einkommensquellen) nicht den ehelichen Lebensstandard sichert. Vielmehr resultiert ihre Unterhaltsbedürftigkeit nach dem Berufungsurteil zum Teil daraus, dass sie keine reale Chance auf eine Vollzeitstelle hat. Es sei unwahrscheinlich, dass die Antragstellerin ohne Berufsausbildung mehr als eine geringfügige Beschäftigung habe finden können. Mit dieser Begründung hat das Berufungsgericht ihr lediglich ein fiktives Einkommen von 400 € angerechnet. Von der Antragstellerin geltend gemachte gesundheitliche Einschränkungen und eine sich daraus möglicherweise ergebende teilweise Erwerbsminderung hat das Berufungsgericht offengelassen, so dass in der Revisionsinstanz zu Gunsten des Antragsgegners als Revisionskläger zu unterstellen ist, dass gesundheitliche Gründe die Antragstellerin nicht an einer Vollzeiterwerbstätigkeit hindern.

Demnach kann sich der Unterhaltsanspruch nicht in vollem Umfang aus § 1573 Abs. 2 BGB ergeben, sondern kann zum Teil nur auf § 1573 Abs. 1 BGB gestützt werden.

b) Der Unterhaltsanspruch aus § 1573 Abs. 1 BGB besteht nur, solange und soweit der geschiedene Ehegatte nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag. Ein Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit setzt dementsprechend die Feststellung voraus, inwiefern der geschiedene Ehegatte eine angemessene Erwerbstätigkeit nicht erlangen kann.

Das Berufungsgericht ist insoweit (im Rahmen der Bedürftigkeit) zu dem Ergebnis gelangt, dass der Antragstellerin nur ein fiktives Einkommen in Höhe von 400 € monatlich anzurechnen sei. Insoweit hält das Berufungsurteil den Angriffen der Revision nicht in vollem Umfang stand.

aa) Das Berufungsgericht ist noch zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin eine Erwerbsobliegenheit nach § 1574 Abs. 1 BGB trifft.

Die Antragstellerin sei in der Lage, eine "nach den ehelichen Lebensverhältnissen angemessene Erwerbstätigkeit" im Sinne von § 1574 Abs. 2 BGB auszuüben. Damit hat das Berufungsgericht allerdings ersichtlich auf die bis Ende 2007 geltende Gesetzesfassung abgestellt, welche die ehelichen Lebensverhältnisse noch als Kriterium der Angemessenheit enthielt. Die seit dem 1. Januar 2008 geltende Neufassung bestimmt die Angemessenheit hingegen vorrangig nach der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten. Die ehelichen Lebensverhältnisse kommen im Gegensatz zur früheren Rechtslage nur noch insoweit zum Tragen, als die Tätigkeit nicht mehr angemessen ist, soweit sie nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Das Merkmal der ehelichen Lebensverhältnisse ist demnach kein "gleichberechtigtes" Merkmal zur Prüfung der Angemessenheit mehr, sondern hat nur noch die Funktion eines Billigkeitskorrektivs (BT-Drucks. 16/1830 S. 17).

Das Berufungsurteil entspricht im Ergebnis aber auch § 1574 Abs. 2 BGB in der aktuellen Fassung. Das Berufungsgericht hat eine Tätigkeit der Antragstellerin als Verkäuferin als angemessen erachtet und hat ihr Alter, die ehelichen Lebensverhältnisse einer Unternehmergattin und auch die lange Berufsabstinenz nicht als Hinderungsgründe gesehen. Es sei zwar nicht mehr angemessen, wenn die Antragstellerin als Kassiererin in einem Supermarkt arbeiten müsste, im Verkauf gebe es aber auch gehobene Tätigkeiten im Einzelhandel, z.B. in einem gehobenen Damenbekleidungsgeschäft oder in einer "kosmetischen Abteilung". Auch im Bürobereich sei eine Erwerbstätigkeit der Antragstellerin nicht unangemessen. Indem es diese - qualitativen - Maßstäbe angelegt hat, hat das Berufungsgericht trotz des unzutreffend formulierten rechtlichen Ausgangspunktes den nach § 1574 Abs. 2 BGB anzuwendenden Kriterien im Ergebnis zutreffend Rechnung getragen. Auch die Revision erhebt insofern keine Einwände.

bb) Nach der Rechtsprechung des Senats ist Voraussetzung des Anspruchs aus § 1573 Abs. 1 BGB, dass sich der Ehegatte unter Einsatz aller zumutbaren und möglichen Mittel nachhaltig bemüht haben muss, eine angemessene Tätigkeit zu finden, wozu die bloße Meldung beim Arbeitsamt nicht genügt. Er trägt im Verfahren zudem die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast für seine Bemühungen und muss in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte in welchem zeitlichen Abstand er im Einzelnen in dieser Richtung unternommen hat. Die Beweiserleichterung nach § 287 Abs. 2 ZPO kommt ihm nicht zugute. Die unzureichende Arbeitssuche führt indessen noch nicht notwendig zur Versagung des Anspruchs aus § 1573 Abs. 1 BGB. Die mangelhafte Arbeitssuche muss vielmehr für die Arbeitslosigkeit auch ursächlich sein. Eine Ursächlichkeit besteht nicht, wenn nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Arbeitsmarktes sowie den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Unterhalt begehrenden Ehegatten für ihn keine reale Beschäftigungschance bestanden hat (Senatsurteil vom 21. September 2011 - XII ZR 121/09 - FamRZ 2011, 1851 Rn. 13 f. mwN).

cc) Das Berufungsurteil entspricht diesen Anforderungen insoweit, als es davon ausgegangen ist, dass die Antragstellerin für eine Vollzeittätigkeit keine reale Beschäftigungschance hat. Es hat hierfür die fehlende Berufsausbildung und das Alter der Antragstellerin von 54 Jahren bei Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses angeführt. Des weiteren habe die Antragstellerin nur maximal vier bis fünf Stunden täglich gearbeitet und sei eine vollschichtige Erwerbstätigkeit seit vielen Jahren nicht mehr gewöhnt. Dass sie 26 Jahre lang als "Ehefrau des Chefs" tätig gewesen sei, könne potenzielle Arbeitgeber davon abhalten, sie einzustellen.

Das bewegt sich im zulässigen Rahmen tatrichterlicher Feststellungen und hält den Angriffen der Revision stand. Die Revision führt dagegen an, dass die Antragstellerin bereits ein Jahr von der bevorstehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewusst habe und nicht zuletzt im Hinblick auf die langjährige Erfahrung gute Chancen gehabt habe, im unmittelbaren zeitlichen Anschluss einen vergleichbaren Arbeitsplatz zu finden, und die Chancen mit zunehmender Zeit gesunken seien. Damit setzt die Revision aber lediglich ihre eigene Würdigung in unzulässiger Weise an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts. Dessen Würdigung beruht vielmehr auf den Besonderheiten der Anstellung im Unternehmen des Ehegatten. Dass diese einen Arbeitgeber von einer Anstellung nach der Begründung des Berufungsurteils lediglich abhalten könne (und nicht: werde), ist nicht ausschlaggebend, denn der Gesichtspunkt steht ersichtlich im Zusammenhang mit den weiter angeführten Gründen wie dem Alter der Antragstellerin und ihrer tatsächlich mangelnden vollschichtigen Arbeitstätigkeit und führt mit der fehlenden Berufsausbildung zu der nicht zu beanstandenden Feststellung, dass für die Antragstellerin eine vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht zu erlangen war und ist.

dd) Durchgreifenden Bedenken begegnet hingegen die vom Berufungsgericht aus diesem Befund gezogene Folgerung, dass die Antragstellerin nicht mehr als ein Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung erzielen könne.

Denn aus der Feststellung, dass die Antragstellerin keine Vollzeitarbeitsstelle finden kann, folgt noch nicht, dass ihr mehr als eine geringfügige Tätigkeit nicht möglich ist. Vielmehr bestehen neben der vom Berufungsgericht als Alternativen ausschließlich in Betracht gezogenen Vollzeitbeschäftigung und einer geringfügigen Beschäftigung (sog. Mini-Job, § 8 SGB IV) weitere Möglichkeiten, die im Gegensatz zur geringfügigen Beschäftigung (vgl. § 7 SGB V) auch ein Versicherungsverhältnis in der gesetzlichen Krankenversicherung begründen können.

Auch bei einem Einkommen von über 400 € greift noch nicht sogleich die volle Beitragspflicht zur Sozialversicherung, sondern steigen die Arbeitnehmerbeiträge in der sogenannten Gleitzone (§ 20 Abs. 2 SGB IV: monatliches Arbeitsentgelt von 400,01 € bis 800 €) erst allmählich zur vollen Beitragspflicht an. Eine Beschäftigung in diesem Einkommenssektor (sog. Midi-Job) kann sich auch durch Zusammenrechnung der Arbeitsentgelte aus zwei geringfügigen Tätigkeiten ergeben (§ 8 Abs. 2 SGB IV; vgl. Schlegel in juris-PK SGB IV - Stand: 9. Juni 2006 - § 8 Rn. 53 f.). Mit der zum 1. April 2003 eingeführten Regelung sollten neue Beschäftigungsmöglichkeiten erschlossen und auch solchen Arbeitsuchenden der Zugang zum Arbeitsmarkt eröffnet werden, denen auf Anhieb die Möglichkeit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nicht offensteht (vgl. BT-Drucks. 15/26 S. 2, 15/202 S. 3 f. sowie Plenarprotokoll 15/16 S. 1235). Mit ihr sind die Möglichkeiten einer Teilzeitbeschäftigung über die geringfügige Tätigkeit hinaus deutlich vergrößert worden (vgl. Büttner FF 2003, 192, 194), was sich auch in der Arbeitsmarktstatistik niedergeschlagen hat, die in der Altersgruppe der Antragstellerin nicht deutlich weniger weibliche Teilzeit- als Vollzeitbeschäftigte ausweist (vgl. Statistisches Bundesamt Fachserie 1, R 4.1.2, 2. Vj./2008 S. 18 ff., 34; Bundesagentur für Arbeit, Der Arbeitsmarkt in Deutschland - Frauen und Männer am Arbeitsmarkt im Jahr 2010 S. 12 sowie Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit 58. Jahrgang, Sondernummer 2, Arbeitsmarkt 2010).

ee) Die Revision rügt demnach zu Recht, dass die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen es nicht ausschließen, dass die Antragstellerin einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz in Teilzeit hätte finden können. Das Berufungsurteil enthält hierzu allein die Aussage, es erscheine unwahrscheinlich, dass die Antragstellerin in ihrer Situation ohne Berufsausbildung mehr als eine geringfügige Beschäftigung finden könne. Das genügt zu der hier notwendigen Feststellung, dass die Antragstellerin im weitergehenden Umfang keine reale Beschäftigungschance hat, nicht. Ein Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine 54jährige Frau ohne Berufsausbildung keine Teilzeitbeschäftigung finden könne, besteht nicht (vgl. Senatsurteil vom 21. September 2011 - XII ZR 121/09 - FamRZ 2011, 1851 Rn. 15 mwN).

Da das Berufungsgericht der Antragstellerin zudem nicht nur eine Tätigkeit als Verkäuferin abverlangt hat, sondern auch entsprechend ihrer langjährigen Tätigkeit im Unternehmen des Antragsgegners eine Beschäftigung "im Bürobereich" für angemessen und zumutbar gehalten hat, fehlt es für die Feststellung, dass die Antragstellerin nicht insgesamt ein die Gleitzone erreichendes Einkommen erzielen kann, an einer Grundlage. Vielmehr bleibt es insoweit bei der regelmäßigen Darlegungs- und Beweislast der Antragstellerin, die auch das Fehlen einer realen Beschäftigungschance darlegen und beweisen muss (Senatsurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06 - FamRZ 2008, 2104 Rn. 23 f.). Gegebenenfalls hätte das Berufungsgericht hier eine sachverständige Auskunft etwa des zuständigen Jobcenters einholen müssen, um die Erwerbschancen der Antragstellerin nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Unternehmen des Antragsgegners beurteilen zu können. Das Risiko, dass sich insbesondere bei mangelnden Erwerbsbemühungen das Fehlen einer realen Beschäftigungschance nur schwer feststellen lässt, trägt die Antragstellerin.

c) Im Ergebnis mangelt es an hinreichenden Feststellungen zum Umfang eines (Teil-)Anspruchs der Antragstellerin wegen Erwerbslosigkeit gemäß § 1573 Abs. 1 BGB.

2. Die vom Berufungsgericht durchgeführte konkrete Bedarfsermittlung hält den Angriffen der Revision im wesentlichen stand.

a) Die Notwendigkeit der Krankenversicherungskosten (monatlich für das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung rund 495 € bis Dezember 2009 und 612 € ab Januar 2010, außerdem durchgehend 244 € für die private Zusatzversicherung) lässt sich indessen mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht annehmen. Die Kosten würden, soweit sie die gesetzliche Krankenversicherung ersetzen, nicht anfallen, wenn die Antragstellerin eine sozialversicherungspflichtige (Teilzeit-)Erwerbsstelle finden kann oder konnte, was noch weiterer Aufklärung bedarf. Die Kosten der privaten Zusatzversicherung fallen hingegen auch im Fall der sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit an und sind daher Bestandteil des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 2001 - XII ZR 292/99 - FamRZ 2002, 88, 91).

b) aa) Die von der Revision vorgebrachten Beanstandungen zur Erforderlichkeit diverser Kosten (Wasser, Strom) betreffen Positionen, deren Anfall vor dem Berufungsgericht unstreitig gewesen ist, und daher in der Revisionsinstanz mangels insoweit erhobener Verfahrensrügen als solche nicht mehr in Frage gestellt werden können. Dass auch die Gartenpflege im bisherigen Umfang entgeltlich durch Dritte erledigt werden kann, entspricht dem ehelichen Lebensstandard, ohne dass es darauf ankommt, ob die Antragstellerin diese Arbeiten selbst verrichten kann. Ähnliches gilt für die Putzhilfe, deren Kosten in zulässiger Weise geschätzt worden sind. Die Erforderlichkeit der genannten Kosten setzt allerdings die unterhaltsrechtliche Billigung der weiteren Nutzung des Einfamilienhauses durch die Antragstellerin voraus und hängt damit von der gesondert zu behandelnden Bemessung des Wohnbedarfs (unten 2 d) und des der Antragstellerin zukommenden Wohnvorteils (unten 3 b) ab.

bb) Nicht zu beanstanden ist der Ansatz von Kosmetikaufwendungen in Höhe von monatlich 105 €. Dass die Antragstellerin - worauf die Revision verweist - nach der Trennung keine Repräsentationspflichten als Unternehmergattin mehr treffen, stellt die Angemessenheit dieser Aufwendungen nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht in Frage. Schließlich macht die Antragstellerin auch die Kosten ihres Zigarettenkonsums mit Recht geltend. Der Ansatz dieser Position entspricht dem ehelichen Lebensbedarf. Die Ansicht der Revision, eine Finanzierung des Tabakkonsums sei mit einem Alkohol- oder Drogenmissbrauch vergleichbar und verstoße gegen Treu und Glauben, entbehrt der Grundlage.

c) Demgegenüber greifen auch die von der Revisionserwiderung gegen die Bedarfsermittlung des Berufungsgerichts erhobenen Beanstandungen nicht durch. Das Berufungsgericht hat die von der Antragstellerin geltend gemachten Kosten künftiger kosmetischer Operationen (1.800 € pro Jahr) zu Recht als Sonderbedarf angesehen, welcher für jeden Einzelfall geltend zu machen ist (vgl. Senatsurteil vom 15. Februar 2006 - XII ZR 4/04 - FamRZ 2006, 612). Dass die Operationen aufgrund altersbedingter Erscheinungen notwendig werden, welche zwangsläufig auftreten, stellt das Ergebnis des Berufungsgerichts nicht in Frage, schon weil sich eine feste Zeitspanne zur Erneuerung bestimmter Maßnahmen (etwa Fettabsaugen) nicht festlegen lässt und eine Pauschalierung untunlich ist. Einen pauschalen trennungsbedingten Mehrbedarf hat das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend nicht anerkannt. Denn ein Mehrbedarf lässt sich nicht pauschalieren, sondern ist im Rahmen der konkreten Bedarfsermittlung vielmehr so vorzutragen, dass zumindest eine verlässliche Schätzungsgrundlage besteht.

d) Den Wohnbedarf der Antragstellerin hat das Berufungsgericht bis auf die darauf anfallenden Betriebskosten und Instandhaltungskosten, die es als Bedarfspositionen anerkannt hat, nicht berücksichtigt. Das hat es (im Rahmen der Bedürftigkeit) unter anderem damit begründet, dass es zugleich den Wohnvorteil des Eigenheims nicht als Einkommen berücksichtigt hat. Eine solche vereinfachende Rechnung setzt allerdings voraus, dass Wohnbedarf und Wohnvorteil übereinstimmen. Das ist aber hier nicht ohne weiteres der Fall. Denn die Antragstellerin bewohnt das Einfamilienhaus nunmehr allein und wohnt damit aufwändiger als zu Zeiten des ehelichen Zusammenlebens, als die Parteien sich das Haus noch teilten. Der Wohnbedarf der Antragstellerin ist demnach geringer als der mit der Nutzung des Einfamilienhauses verbundene (volle) Wohnwert (vgl. Senatsurteile vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963 Rn. 15 mwN und vom 22. April 1998 - XII ZR 161/96 - FamRZ 1998, 899, 901). Der Bedarf entspricht dem, was die Antragstellerin als Miete (einschließlich Nebenkosten) für eine dem Standard der Ehewohnung entsprechende und von der Größe her für eine Person (statt wie bisher für zwei Personen) genügende Wohnung aufzubringen hätte.

Der volle Nutzungswert des Hausgrundstücks bemisst sich demgegenüber nach den (Netto-)Mieteinnahmen, welche die Antragstellerin aus einer Vermietung der gesamten Immobilie erzielen könnte. Ob der Antragstellerin letztlich der volle Wohnwert als Einkommen zuzurechnen ist, hängt davon ab, ob der von ihr nicht benötigte Wohnraum für sie totes Kapital darstellt oder ihr eine andere Nutzung zumutbar ist, und ist ebenso wie eine etwaige Obliegenheit zur Vermögensverwertung im Rahmen der Bedürftigkeit zu überprüfen.

3. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Bedürftigkeit begegnen in den bereits oben behandelten Fragen durchgreifenden Bedenken.

a) Eine auf teilweiser Erwerbslosigkeit beruhende Bedürftigkeit lässt sich nicht ohne weiteres in dem vom Berufungsgericht angenommenen Umfang feststellen. Entsprechend den Ausführungen zum Unterhaltstatbestand nach § 1573 Abs. 1 BGB hat die Antragstellerin nicht ausgeräumt, dass sie ein in die sogenannte Gleitzone fallendes Einkommen erwirtschaften kann, was zur Anrechnung eines 400 € übersteigenden fiktiven Einkommens führt. Ob und in welchem Umfang dies begründet ist, bedarf - ggf. nach Ergänzung des Parteivorbringens und Beweiserhebung - der erneuten tatrichterlichen Beurteilung.

b) aa) Zum Wohnwert hat das Berufungsgericht ausgeführt, ein solcher falle der Antragstellerin zwar zu, weil sie mietfrei wohne. Hierbei handele es sich aber um eine fiktive Größe. Ein konkreter Geldfluss, den die Antragstellerin zur Bedarfsdeckung einsetzen könnte, folge daraus nicht. Würde man den Wohnwert dennoch als Einkommensbestandteil berücksichtigen, müsste man folgerichtig eine entsprechende Position in gleicher Höhe in die Bedarfsberechnung einstellen.

Damit hat das Berufungsgericht - wie bereits oben ausgeführt - verkannt, dass sich der Wohnwert und der Wohnbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht ohne weiteres entsprechen. Dies hat es an anderer Stelle hervorgehoben, indem es - zur künftigen Abänderung - darauf hingewiesen hat, dass das Haus auf die ehelichen Lebensverhältnisse zugeschnitten gewesen sei, wonach es von drei Personen bewohnt worden sei und nicht lediglich von einer Person. Obwohl lastenfrei verursache es allein nach den zuerkannten Bedarfspositionen monatliche Nebenkosten von 876 €, so dass ab 2016, wenn die Antragstellerin 64 Jahre alt sei, eine Veräußerung zumutbar sei.

bb) Nach der Rechtsprechung des Senats ist von der Antragstellerin schon früher ein anderweitiger Einsatz des Hausgrundstücks zu verlangen. Zwar ist der Vorteil mietfreien Wohnens nach der Trennung der Parteien zunächst regelmäßig nur noch in dem Umfang zu berücksichtigen, wie er sich als angemessene Wohnungsnutzung durch den in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten darstellt. Dabei ist auf den Mietzins abzustellen, den er auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine dem ehelichen Lebensstandard entsprechende kleinere Wohnung zahlen müsste (Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879, 880 f.; vgl. Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 479). Ist eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft allerdings nicht mehr zu erwarten, etwa wenn ein Scheidungsantrag rechtshängig ist oder die Ehegatten die vermögensrechtlichen Folgen ihrer Ehe abschließend geregelt haben, sind solche Ausnahmen von der Berücksichtigung des vollen Mietwerts nicht mehr gerechtfertigt (Senatsurteile vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963 Rn. 15 und vom 5. April 2000 - XII ZR 96/98 - FamRZ 2000, 950, 951).

Im vorliegenden Fall ist demnach der volle Mietwert zu berücksichtigen. Die Parteien sind sogar schon rechtskräftig geschieden und haben ihre Vermögensverhältnisse jedenfalls weitgehend abschließend geregelt. Da andere Gründe für eine Unzumutbarkeit einer anderweitigen Verwendung des Hausgrundstücks nicht vorliegen, sondern insbesondere die hohen Betriebskosten eine andere Nutzung sogar nahelegen, ist der Antragstellerin nicht erst 2016, sondern für den gesamten Unterhaltszeitraum der volle Mietwert als (erzielbares) Einkommen anzurechnen.

cc) Daraus ergeben sich zugleich Folgerungen für die Notwendigkeit der als Bedarfsposten anerkannten Betriebskosten. Denn diese sind vermeidbar, sofern sie auf einen Mieter umgelegt werden können (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 29 ff.). Als eigener Bedarf entstehen der Antragstellerin für eine kleinere Wohnung sodann nur entsprechend geringere Kosten.

c) Fiktive Einnahmen aus einer weiteren Vermietung des Betriebsgebäudes hat das Berufungsgericht zu Recht nicht angesetzt. Diese hat es trotz der Veräußerung des Grundstücks im Rahmen der Bedürftigkeit geprüft. Für die Zurechnung fiktiver Einkünfte hat es - angelehnt an die für die Aufgabe eines Arbeitsplatzes angewandten Kriterien - auf die Mutwilligkeit im Sinne einer unterhaltsbezogenen Leichtfertigkeit abgestellt.

aa) Die Obliegenheit, vorhandenes Vermögen möglichst ertragreich einzusetzen (vgl. etwa Senatsurteil vom 5. April 2000 - XII ZR 96/98 - FamRZ 2000, 950, 951 mwN), trifft den Unterhaltsberechtigten indessen nur solange, wie ihm der entsprechende Vermögenseinsatz möglich ist (vgl. Senatsurteil vom 11. April 1990 - XII ZR 42/89 - FamRZ 1990, 989, 991 mwN; Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 4 Rn. 1291, 1310 mwN). Soweit dies der Fall ist und die ertragreiche Vermögensverwendung zumutbar ist, fehlt es an der Bedürftigkeit, was bei der Unterhaltsberechnung durch Einstellung eines der Obliegenheit entsprechenden fiktiven Einkommens berücksichtigt wird.

Steht das Vermögen dem Unterhaltsberechtigten hingegen nicht mehr zur Verfügung, ist er insoweit unterhaltsbedürftig. Das die Bedürftigkeit verursachende Verhalten kann sich in diesem Fall nur nach der in § 1579 Nr. 4 BGB enthaltenen speziellen gesetzlichen Regelung auf den Unterhalt auswirken (Senatsurteil vom 11. April 1990 - XII ZR 42/89 - FamRZ 1990, 989, 991 mwN). Diese setzt voraus, dass der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat, und hat die Versagung, Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhalts zur Folge.

bb) Im vorliegenden Fall ist nicht festgestellt, dass die Vermögensnutzung durch Vermietung noch möglich ist. Dieses würde die Bereitschaft des Antragsgegners zur Rückübertragung des Betriebsgrundstücks voraussetzen, wovon weder das Berufungsgericht noch die Revision ausgeht.

Lässt sich der Vermögensverlust von der Antragstellerin hingegen nicht wieder rückgängig machen, kann sich daraus eine Verminderung des Unterhalts nur nach § 1579 Nr. 4 BGB ergeben, wenn der Antragstellerin Mutwilligkeit vorzuwerfen ist.

Das ist vom Berufungsgericht, das im Ergebnis ebenfalls auf die Mutwilligkeit der Veräußerung als Prüfungsmaßstab abgestellt hat, in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint worden. Nach dem Berufungsurteil hatte die Verflechtung der Parteien im Zusammenhang mit dem Betriebsgebäude in der Vergangenheit zu Unzuträglichkeiten geführt. Das Berufungsgericht hat hierfür Streitigkeiten über die Heizungsanlage angeführt und außerdem auf den steuerlichen Hintergrund der Übertragung des Betriebsgebäudes auf die Antragstellerin hingewiesen. Außerdem sei die Differenz zu dem heutigen Vermögensertrag auch unter Berücksichtigung der Tilgungsanteile der bestehenden Kredite zu ermitteln und falle nicht so hoch aus, wie zunächst anzunehmen. Zwischen den Parteien bestehe ein persönliches Ungleichgewicht in Bezug auf die Geschäftserfahrung. Es sei der Antragstellerin daher nicht zu verdenken, dass sie sich dem Antragsgegner, der seit mehr als zwei Jahren keinen Unterhalt gezahlt habe, als Mieter auf Dauer nicht gewachsen gefühlt habe.

Hinzu kommt, dass der Antragsgegner - wie auch bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, welche der Antragstellerin ebenfalls eine Einkunftsquelle genommen hat - seinerseits an der wirtschaftlichen Entflechtung der Parteien mitgewirkt hat, welche nach der Scheidung ohnedies schon aus persönlichen Gründen regelmäßig nahe liegt. Außerdem hat das Berufungsgericht von der Antragstellerin zugleich eine Verwertung des Verkaufserlöses verlangt, was im vorliegenden Fall grundsätzlich nicht zu beanstanden ist und dem Antragsteller zugute kommt. Im Ergebnis erscheint demnach die Veräußerung des Betriebsgrundstücks entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung als unterhaltsrechtlich unbedenklich. Nichts anderes dürfte schließlich gelten, wenn der Antragsgegner der Antragstellerin etwa die Rückübertragung des Betriebsgrundstücks anbieten würde. Denn auch dann wäre es der Antragstellerin nicht zumutbar, allein aus wirtschaftlichen (steuerlichen) Erwägungen heraus mit dem Antragsgegner dauerhaft vertraglich verbunden zu bleiben. Auf die Höhe der erzielbaren Mieteinnahmen kommt es demnach nicht an.

d) Die vom Berufungsgericht angenommene Obliegenheit der Antragstellerin, ihr aus der Veräußerung des Betriebsgrundstücks erlöstes Barvermögen zur Bestreitung ihres Unterhalts zu verwerten, ist für den Antragsgegner als Revisionskläger günstig.

e) Die von der Revision angeführte Obliegenheit zur Verwertung auch des Familienheims besteht nicht. Die Diskrepanz zwischen dem nach der Trennung und Scheidung verringerten Wohnbedarf und dem höheren Nutzungswert des Hausgrundstücks ist bereits durch die gebotene Anrechnung des vollen Wohnwerts hinreichend erfasst. Eine darüber hinausgehende Obliegenheit zur Vermögensverwertung im Sinne eines Vermögensverbrauchs für Unterhaltszwecke wäre in Anbetracht der Vermögensverhältnisse der Parteien im Sinne von § 1577 Abs. 3 BGB unbillig.

4. Die von der Revision im Hinblick auf die ihrer Ansicht nach unzureichende Herabsetzung oder Befristung erhobenen Einwände sind zum Teil berechtigt.

Das Berufungsgericht hat ehebedingte Nachteile der Antragstellerin verneint, wobei es die bis zum Eintritt in den Ruhestand entstehende Einkommenslücke als durch die erhaltenen Vermögenszuwendungen mehr als ausgeglichen gehalten hat. Dass ehebedingte Erwerbsnachteile durch andere, auf der Ehe beruhende Vermögens- und Einkommenszuwächse ausgeglichen werden können, entspricht der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 33). Auch dass im Versorgungsausgleich Rentenanwartschaften der Antragstellerin in Höhe von monatlich 49,86 € auf den Antragsgegner übertragen worden sind, hat das Berufungsgericht zu Recht dazu veranlasst, keinen ehebedingten Nachteil anzunehmen. Denn die höheren Rentenanwartschaften der Antragstellerin resultieren daraus, dass das von ihr im Unternehmen des Antragsgegners erzielte Arbeitseinkommen deutlich höher lag als das Einkommen, das sie ohne die Ehe hätte erzielen können.

Bei der Anwendung von § 1578 b BGB ist indessen nach der Rechtsprechung des Senats auch eine über die Kompensation ehebedingter Nachteile hinausgehende nacheheliche Solidarität zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 21; vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 21 und vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 28). Im vorliegenden Fall besteht außerdem die Besonderheit, dass das Berufungsgericht der Antragstellerin eine teilweise Verwertung ihres Vermögens abverlangt hat, was jedenfalls im wirtschaftlichen Ergebnis einer Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs um den aus dem Vermögen zu bestreitenden Betrag (hier monatlich rund 1.018 € abzüglich der ohne die Verwertung erzielbaren Zinsen) nach § 1578 b Abs. 1 BGB gleichkommt. Das Berufungsgericht hat insoweit zu Recht herausgestellt, dass die zu § 1577 Abs. 3 BGB und § 1578 b BGB anzustellenden Billigkeitsabwägungen aufeinander abzustimmen sind, und hat dies in der Form praktiziert, dass es neben der Vermögensverwertung nur eine geringe Herabsetzung um 5% ab Januar 2010 vorgenommen hat. Das ist für sich genommen als zulässige tatrichterliche Würdigung nicht zu beanstanden. Denn auch bei fehlenden ehebedingten Nachteilen ist eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf oder eine Befristung jedenfalls nicht zwangsläufig. Davon kann insbesondere bei guten wirtschaftlichen Verhältnissen des Unterhaltspflichtigen unter Umständen auch abgesehen werden.

Die Entscheidung ist jedoch im Ausgangspunkt insoweit zu beanstanden, als das Berufungsgericht Veranlassung für eine weitere Herabsetzung des Unterhalts im Jahr 2016 gesehen, die Entscheidung darüber aber dennoch hinausgeschoben hat. Nach der Rechtsprechung des Senats darf das Familiengericht die Entscheidung über eine - teilweise - Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, sondern muss hierüber sogleich entscheiden, soweit dies aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände möglich ist (Senatsurteile BGHZ 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn. 43 und vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 38 ff.).

Nach dem Berufungsurteil kommt (noch vor dem Renteneintritt der Antragstellerin spätestens im Dezember 2017) eine weitere Herabsetzung des Unterhalts für die Zeit ab 2016 in Betracht, wenn die Antragstellerin 64 Jahre alt wird. Anhaltspunkt sei insbesondere die Wohnsituation der Antragstellerin. Die Antragstellerin wohne in einem großen Haus, und es sei ihr im Hinblick auf die nachehelich wegfallende Lebensstandardgarantie zumutbar, in eine kleinere Immobilie umzuziehen. Unabhängig davon, dass dies - wie ausgeführt - auf einer Verkennung des eheangemessenen Wohnbedarfs der Antragstellerin beruht, hätte das Berufungsgericht insoweit über eine weitere Herabsetzung im Jahr 2016 bereits entscheiden müssen, zumal anderweitige wesentliche Veränderungen zu diesem Zeitpunkt nicht zu erwarten sind.

Ob und ab wann eine etwa gestufte Absenkung des Unterhaltsbedarfs angebracht ist, hängt jedoch wesentlich von den vorrangigen Korrekturen bei der Unterhaltsberechnung ab und bedarf daher nach der Zurückverweisung ohnedies einer erneuten umfassenden Beurteilung durch das Berufungsgericht.

III. Das Berufungsurteil ist demnach auf die Revision des Antragsgegners im Umfang der Anfechtung aufzuheben. Der Senat ist an einer abschließenden Entscheidung in der Sache gehindert, weil noch tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind und den Parteien Gelegenheit zum ergänzenden Sachvortrag zu geben ist.

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die vom Berufungsgericht angenommene Verwertungsobliegenheit im Hinblick auf den aus der Veräußerung des Betriebsgrundstücks erzielten Erlös in Höhe von 220.000 € nicht zu beanstanden ist. Zwar hat der Senat entschieden, dass für die Billigkeitsbetrachtung nach § 1577 Abs. 3 BGB ein durchgeführter Zugewinnausgleich zu beachten und bei beiderseits hinreichend ertragbringendem Vermögen vom Unterhaltsberechtigten eine Verwertung des Vermögensstamms nicht zu verlangen ist (Senatsurteil vom 4. Juli 2007 - XII ZR 141/05 - FamRZ 2007, 1532, 1537). Im vorliegenden Fall handelt es sich hingegen nicht um aus dem Zugewinnausgleich erlangte Vermögenswerte, sondern stammt das Vermögen aus einem während des Zusammenlebens übertragenen Betriebsgrundstück. Die von den Parteien gewählte Gestaltung diente unstreitig der Steuerersparnis. Die Konstruktion ist durch die Veräußerung des Grundstücks an den Antragsgegner entfallen. Wegen dieser Besonderheiten ist selbst dann eine Vermögensverwertung nicht von vornherein unbillig, wenn - wie die Antragstellerin mit ihrer Revisionserwiderung geltend macht - kein sachlicher Unterschied der Vermögensübertragung während der Ehe zu einem später vorgenommenen Zugewinnausgleich bestünde. Bei der Billigkeitsbetrachtung hat das Berufungsgericht schließlich zutreffend beachtet, dass eine Vermögensverwertung nach § 1577 Abs. 1 BGB und eine Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b BGB ähnlichen Zwecken dienen und vom Familiengericht bei seiner Beurteilung aufeinander abzustimmen sind. ..."

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Der Wille der Parteien, den Unterhaltsanspruch völlig auf eine vertragliche Grundlage zu stellen, kann nur bei Vorliegen besonderer dafür sprechender Anhaltspunkte angenommen werden (im Anschluss an Senatsurteil vom 26. September 1990, XII ZR 87/89, FamRZ 1991, 673, 674; Senatsbeschluss vom 23. Januar 1985, IVb ARZ 63/84, FamRZ 1985, 367, 368 und BGH Urteil vom 28. Juni 1984, IX ZR 143/83, FamRZ 1984, 874, 875). Gegen einen solchen Willen spricht in der Regel eine Scheidung in frühem Lebensalter und die deshalb nicht auszuschließende Möglichkeit einer erneuten Eheschließung. § 36 Nr. 1 EGZPO regelt lediglich die Abänderung solcher Unterhaltstitel und -vereinbarungen, deren Grundlagen sich durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 geändert haben (im Anschluss an BGH, 26. Mai 2010, XII ZR 143/08, BGHZ 186, 1, FamRZ 2010, 1238 und BGH, 18. November 2009, XII ZR 65/09, BGHZ 183, 197, FamRZ 2010, 111). Das gilt unabhängig davon, ob der Titel vor oder nach Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes 1986 zustande gekommen ist (BGH, Urteil vom 21.09.2011 - XII ZR 173/09 zu §§ 1573, 1578b BGB, § 323 ZPO u.a.).

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Die Anzahl der zum Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit vom Anspruchsteller vorgetragenen Bewerbungen ist nur ein Indiz für seine dem Grundsatz der Eigenverantwortung entsprechenden Arbeitsbemühungen, nicht aber deren alleiniges Merkmal. Für ausreichende Erwerbsbemühungen kommt es vielmehr wie für das Bestehen einer realistischen Erwerbschance vorwiegend auf die individuellen Verhältnisse und die Erwerbsbiografie des Anspruchstellers an, die vom Familiengericht aufgrund des - ggf. beweisbedürftigen - Parteivortrags und der offenkundigen Umstände umfassend zu würdigen sind (Fortführung der Senatsurteile vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06 - FamRZ 2008, 2104 und vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789). Bei der Bedarfsermittlung aufgrund der beiderseitigen Einkommensverhältnisse ist es Aufgabe der Tatsacheninstanzen, unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls eine geeignete Methode zur möglichst realitätsgerechten Ermittlung des Nettoeinkommens zu finden. Daher kann es im Einzelfall zulässig und geboten sein, die abzuziehende Einkommensteuer nicht nach dem sog. In-Prinzip, sondern nach dem Für-Prinzip zu ermitteln (Anschluss an Senatsurteil vom 2. Juni 2004 - XII ZR 217/01 - FamRZ 2004, 1177). Für eine Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts genügt auch bei fehlenden ehebedingten Nachteilen nicht der alleinige Hinweis auf die Dauer der Ehe, der Kinderbetreuung und der bisherigen Unterhaltszahlungen, wenn andere Umstände unstreitig sind, die für eine Verlängerung des Unterhalts sprechen. Die Entscheidung des Familiengerichts muss erkennen lassen, dass alle wesentlichen Faktoren berücksichtigt worden sind (BGH, Urteil vom 21.09.2011 - XII ZR 121/09 zu BGB §§ 1573, 1578, 1578 b).

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Für das Bestehen ehebedingter Nachteile kommt es vor allem darauf an, ob aus der tatsächlichen, nicht notwendig einvernehmlichen Gestaltung von Kinderbetreuung und Haushaltsführung Erwerbsnachteile entstanden sind (im Anschluss an Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059). Gab der unterhaltsberechtigte Ehegatte während des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft seinen Arbeitsplatz auf, ist es jedenfalls grundsätzlich nicht von Bedeutung, ob der unterhaltspflichtige Ehegatte damit einverstanden war oder nicht, so dass daraus entstandene Erwerbsnachteile ehebedingt sind. Etwas anderes gilt, wenn die Aufgabe (oder der Verlust) der Arbeitsstelle ausschließlich auf Gründen beruhte, die außerhalb der Ehegestaltung liegen (BGH, Urteil vom 16.02.2011 - XII ZR 108/09).

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Eine vom Unterhaltspflichtigen nach Erreichen der Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente ausgeübte Erwerbstätigkeit ist - entsprechend der Lage für den Unterhaltsberechtigten - sowohl hinsichtlich des Ehegattenunterhalts als auch des Kindesunterhalts regelmäßig überobligatorisch. Hierfür ist es unerheblich, ob der Unterhaltspflichtige abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist. Die Anrechnung eines aus überobligatorischer Tätigkeit erzielten Einkommens richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und hat der Überobligationsmäßigkeit Rechnung zu tragen. Eine danach eingeschränkte Anrechnung des Einkommens ist sowohl beim Ehegattenunterhalt als auch beim Kindesunterhalt schon bei der Ermittlung des vom Unterhaltspflichtigen abgeleiteten Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen. Zur Ermittlung der Haftungsanteile der Eltern beim Unterhalt so genannter privilegierter Volljähriger. Wenn eine Befristung des Ehegattenunterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB wegen aktuell bestehender ehebedingter Nachteile ausgeschlossen ist, darf das Familiengericht die Entscheidung über eine - teilweise - Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB nicht mit dem Hinweis auf eine nicht abgeschlossene wirtschaftliche Entflechtung der Verhältnisse zurückstellen, sondern muss hier-über insoweit entscheiden, als dies aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände möglich ist (BGH, Urteil vom 12.01.2011 - XII ZR 83/08 zu BGB §§ 242, 1571, 1573, 1577, 1578, 1578 b, 1603, 1606, 1610).

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Ein umfassender Anspruch auf Aufstockungsunterhalt setzt voraus, dass der Unterhaltsberechtigte eine vollschichtige angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder ihn eine entsprechende Obliegenheit trifft. Vermag der Unterhaltsberechtigte eine solche Tätigkeit nicht zu erlangen, ergibt sich der Anspruch zum Teil aus § 1573 Abs. 1 BGB - Erwerbslosigkeitsunterhalt (im Anschluss an Senatsurteil vom 16. Dezember 1987 - IVb ZR 102/86 - FamRZ 1988, 265). Bei einer Bedarfsermittlung nach den konkreten Verhältnissen ist eigenes Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten zur Ermittlung der Bedürftigkeit nicht gekürzt um einen Erwerbsbonus, sondern in vollem Umfang auf den Bedarf anzurechnen. Der angemessene Lebensbedarf gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB bestimmt sich nach der Lebensstellung, die der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und damit verbundene Erwerbsnachteile erlangt hätte (im Anschluss an Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - zur Veröffentlichung bestimmt und vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633). Die - besseren - Verhältnisse des anderen Ehegatten sind für den sich nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten bemessenden Bedarf ohne Bedeutung. Zur Befristung des Unterhalts nach § 1573 Abs. 1, 2 BGB bei ehebedingten Nachteilen des Unterhaltsberechtigten (BGH, Versäumnisurteil vom 10.11.2010 - XII ZR 197/08 zu BGB §§ 1573, 1577, 1578, 1578 b).

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Wurde ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB nach Veröffentlichung des Senatsurteils vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006) durch Urteil festgelegt, so ergibt sich weder aus der anschließenden Senatsrechtsprechung noch aus dem Inkrafttreten des § 1578 b BGB am 1. Januar 2008 eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse. Auch § 36 Nr. 1 EGZPO bietet in diesem Fall keine eigenständige Abänderungsmöglichkeit (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111). Das gilt auch dann, wenn aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind, die von der Unterhaltsberechtigten betreut wurden (BGH, Urteil vom 29.09.2010 - XII ZR 205/08).

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Für die Abänderung eines Prozessvergleichs über nachehelichen Unterhalt wegen Unterhaltsbefristung kommt es vorrangig darauf an, inwiefern der Vergleich im Hinblick auf die spätere Befristung eine bindende Regelung enthält. Mangels einer entgegenstehenden ausdrücklichen oder konkludenten vertraglichen Regelung ist jedenfalls bei der erstmaligen Festsetzung des nachehelichen Unterhalts im Zweifel davon auszugehen, dass die Parteien die spätere Befristung des Unterhalts offenhalten wollen. Eine Abänderung des Vergleichs ist insoweit auch ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse und ohne Bindung an den Vergleich möglich. § 36 EGZPO regelt lediglich die Abänderung solcher Unterhaltstitel und -vereinbarungen, deren Grundlagen sich durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 geändert haben. Bei der Abänderung einer vor dem 1. Januar 2008 geschlossenen Vereinbarung zum Aufstockungsunterhalt ist das nicht der Fall (im Anschluss an Senatsurteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - FamRZ 2010, 111). Zur Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 26.05.2010 - XII ZR 143/08 zu BGB §§ 1573, 1578 b; ZPO § 323 a.F.; EGZPO § 36; FamFG § 239).

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Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus elternbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 2 BGB besteht nur, solange der betreuende Elternteil das Kind auch tatsächlich betreut. Ob das Einkommen des gemäß § 1570 BGB unterhaltsberechtigten Eltern-teils, das dieser neben der Kindesbetreuung erzielt, nach § 1577 Abs. 2 BGB bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen ist, hängt davon ab, in welchem Maße er nach § 1570 BGB von der Erwerbsobliegenheit befreit ist. Der pauschale Abzug eines Betreuungsbonus von seinem Einkommen kommt dagegen nicht in Betracht (im Anschluss an Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442, 444 zu § 1615 l BGB; BGH Urteil vom 21.04.2010 - XII ZR 134/08 zu BGB §§ 1570, 1573 Abs. 2, 1577 Abs. 2, 1578 b; ZPO § 559 Abs. 1 Satz 1).

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„... Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten um nachehelichen Unterhalt und dessen Befristung. Die Parteien heirateten am 23. Juni 1994. Für den Antragsgegner war es die zweite Ehe. Die Antragstellerin war seinerzeit 36 Jahre alt, der Antragsgegner 47 Jahre. Nach der Eheschließung führten sie zunächst noch getrennte Haushalte. Bis zur Trennung im Mai 2003 lebten sie fünf Jahre zusammen. Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen. Die Antragstellerin ist Versicherungskauffrau. Der Antragsgegner ist gelernter Klempner und Installateur. Er arbeitete zuletzt als Maschinenführer. Seit 1998 ist er krankheitsbedingt nicht mehr erwerbstätig und bezieht neben der gesetzlichen Rente wegen Erwerbsminderung eine Betriebsrente. Er begehrt von der Antragstellerin nachehelichen Unterhalt.

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Ehe der Parteien durch Verbundurteil geschieden. Es hat die Antragstellerin - überwiegend entsprechend ihrem Anerkenntnis - zur Zahlung von 235 € Geschiedenenunterhalt verurteilt und den Unterhalt auf drei Jahre ab Rechtskraft der Ehescheidung befristet. Des weiteren hat es im Versorgungsausgleich Rentenanwartschaften der Antragstellerin auf den Antragsgegner übertragen und schließlich die Antragstellerin zu einem Zugewinnausgleich von 6.000 € verurteilt. Auf die Berufung des Antragsgegners gegen die Entscheidung über den Unterhalt hat das Berufungsgericht den Unterhalt auf monatlich 285 € erhöht, es allerdings bei der Befristung belassen.

Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Antragsgegners, der eine Erhöhung des Unterhalts und einen Wegfall der Befristung erstrebt.

Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat die zeitliche Begrenzung des Unterhalts auf § 1573 Abs. 5 BGB a.F. gestützt und als Anspruchsgrundlage für den Geschiedenenunterhalt nicht § 1572 BGB, sondern § 1573 Abs. 2 BGB angesehen. Zwar werde in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, dass allein ein Anspruch nach § 1572 BGB bestehe, wenn der Berechtigte krankheitsbedingt vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert sei. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur teilweisen Erwerbstätigkeit beim Betreuungsunterhalt ergebe sich indessen, dass der Betreuungsunterhalt seinen Rechtsgrund darin finde, dass der Berechtigte durch die Betreuung teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert sei. Diese Überlegung müsse auch auf Fälle übertragen werden, in denen der Berechtigte vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert sei. Denn es gebe gerade im Hinblick auf die Befristung keinen Grund, dem Unterhaltsanspruch eines Nichterwerbstätigen den vollen Bestandsschutz der §§ 1570 bis 1572 BGB zu gewähren, während der Unterhaltsanspruch eines Teilerwerbstätigen diesen Bestandsschutz nur in dem Umfang erhalte, in dem er seinen Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (offenbar gemeint: seinen Lebensbedarf aufgrund des ohne Erwerbshindernis erzielbaren Einkommens) nur deshalb nicht decken könne, weil er nicht mehr voll erwerbstätig sein könne. Der Anspruch eines Nichterwerbstätigen unterliege im Gegensatz zu dem des teilweise Erwerbstätigen nicht der Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB (a.F.).

Auf den Anspruch aus § 1572 BGB übertragen bedeute dies, dass der Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen seinen Rechtsgrund stets darin finde, dass der Unterhaltsberechtigte nicht erwerbstätig sein könne und deshalb das nach seinen persönlichen Verhältnissen erzielbare Einkommen nicht erziele. Darüber hinaus gehender Unterhalt ergebe sich (allein) aus § 1573 Abs. 2 BGB. Dem Antragsgegner würden mit seinen - aufgrund des Versorgungsausgleichs erhöhten - Rentenbezügen 1.449 € zur Verfügung stehen, während aufgrund seines zuletzt erzielten Arbeitsverdienstes nach Abzug pauschaler Werbungskosten und eines Erwerbstätigenbonus (1/7) nur 1.415 € in die Unterhaltsberechnung einzustellen wären. Eine zwischenzeitliche Erhöhung des Arbeitnehmereinkommens habe der Antragsgegner nicht dargelegt.

Der - vom Berufungsgericht rechnerisch näher ermittelte - Aufstockungsunterhalt sei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auf die Dauer von drei Jahren nach Rechtskraft der Ehescheidung zu befristen. Dabei hat das Berufungsgericht die Dauer der Ehe gewürdigt ("weder lang noch ungewöhnlich kurz") und die zunächst noch getrennte Haushaltsführung. Die Erwerbsunfähigkeit des Antragsgegners sei hingegen als ehebedingter Nachteil zu werten. Dafür genüge es, dass die Erkrankung während der Ehe eingetreten und von beiden Ehegatten in der durch die Eheschließung begründeten "Schicksalsgemeinschaft" mitzutragen sei. Ein Nachteil im Hinblick auf die Deckung des sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen ergebenden Unterhaltsbedarfs (auch hier offenbar gemeint: Lebensbedarf aufgrund des ohne Erwerbshindernis erzielbaren Einkommens) lasse sich aber nicht feststellen. Die Ehe habe nicht den Charakter gehabt, dass einer der Ehegatten den anderen auf Dauer habe versorgen sollen. Auch dass die Antragstellerin für mehrere Jahre Trennungsunterhalt gezahlt habe, sei zu berücksichtigen.

II. Die Revision ist unzulässig, soweit der Antragsgegner eine Erhöhung des vom Berufungsgericht bis zum Ablauf von drei Jahren nach Rechtskraft der Scheidung zugesprochenen Geschiedenenunterhalts begehrt. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen.

Das Berufungsgericht hat ausweislich des Urteilstenors die Revision zu der Frage zugelassen, aus welcher Anspruchsgrundlage sich der Anspruch des Antragsgegners ergibt, sowie zu der daran anknüpfenden Frage der Befristung des nachehelichen Unterhalts. Die Zulassung der Revision kann allerdings nicht auf einzelne Rechtsfragen beschränkt werden, sondern nur auf abgrenzbare Teile des Streitgegenstandes. Aus der Zulassung ist aber hinreichend deutlich erkennbar, dass das Berufungsgericht die Revision nur im Hinblick auf die Befristung zulassen wollte und die Frage der Anspruchsgrundlage als notwendige Vorfrage miterwähnt hat. Insoweit ist der mit der Klage geltend gemachte Unterhalt in zeitlicher Hinsicht teilbar und eine entsprechend eingeschränkte Zulassung der Revision möglich (Senatsurteile vom 25. Januar 1995 - XII ZR 195/93 - FamRZ 1995, 1405 und BGHZ 153, 358, 362 f. = FamRZ 2003, 590, 591 m. Anm. Büttner).

Für die eingeschränkte Zulassung der Revision reicht es aus, dass der Anspruch teilbar ist. Es ist nicht erforderlich, dass ein (Wertungs-)Widerspruch zwischen der abschließenden Entscheidung über den noch in der Revision anhängigen Teil und der bereits rechtskräftigen Teilentscheidung auszuschließen ist. Denn die Zulassung der Revision kann in gleicher Weise beschränkt werden, wie der Revisionskläger selbst sein Rechtsmittel beschränken könnte (BGHZ 101, 276, 278; Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - XII ZR 195/93 - FamRZ 1995, 1405). Eine Beschränkung der Revision auf den nach Ablauf der Befristung liegenden Zeitraum wäre wirksam.

Die Revision ist demnach nur zulässig, soweit der Antragsgegner weiteren Unterhalt für die Zeit nach Ablauf von drei Jahren seit Rechtskraft der Scheidung geltend macht.

III. Soweit die Revision zulässig ist, hält das Berufungsurteil einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

1. Die Begründung des Berufungsgerichts ist allerdings nicht frei von Rechtsfehlern. Die vom Berufungsgericht vorgenommene zeitliche Begrenzung (Befristung) des Unterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. war nicht zulässig. Denn der Unterhaltsanspruch des Antragsgegners ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allein aus § 1572 BGB, so dass - bis zum 31. Dezember 2007 - eine Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. nicht möglich war. Auch für die seit dem 1. Januar 2008 geltende Rechtslage kann es nicht dahingestellt bleiben, auf welcher Grundlage der Unterhaltsanspruch beruht, selbst wenn die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen im konkreten Fall bei der Frage der Befristung zum selben Ergebnis führen (a.A. OLG Celle FamRZ 2008, 1449, 1450; vgl. auch Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791 a.E.).

a) Schon vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet kann sich der Unterhaltsanspruch zum überwiegenden Teil nur aus § 1572 BGB ergeben.

Der Antragsgegner ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wegen Krankheit oder Gebrechen im Sinne von § 1572 BGB nicht zu einer Erwerbstätigkeit in der Lage. Damit besteht auch nach der Auffassung des Berufungsgerichts ein Bedarf in Höhe der durch das Erwerbshindernis verursachten Einkommenseinbuße. Dieser Bedarf stimmt grundsätzlich mit dem angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F., § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB überein (vgl. Hahne FamRZ 1986, 305, 309; zum entsprechenden Maßstab beim Unterhalt nach § 1615 l BGB s. Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1741 f.).

Dem Berufungsgericht ist indessen bei der Gegenüberstellung des angemessenen Lebensbedarfs (hypothetisches Einkommen des Antragsgegners ohne Erwerbshindernis) und seinem tatsächlich erzielten Renteneinkommen ein Fehler unterlaufen. Zwar kann das zur Ermittlung der Einkommenseinbuße herangezogene hypothetische Einkommen unter Berücksichtigung pauschaler Werbungskosten ermittelt werden. Nicht gerechtfertigt ist aber der Abzug eines Erwerbstätigenbonus, wie er vom Berufungsgericht offenbar aus der in der Praxis üblichen Unterhaltsberechnung nach Quoten übernommen worden ist. Maßstab für den hypothetischen Bedarf ohne die Hinderung durch die Krankheit ist vielmehr das Einkommen, das dem Unterhaltsberechtigten bei voller Erwerbstätigkeit zur Bestreitung seines Lebensbedarfs zur Verfügung stehen würde. Um seinen Lebensbedarf zu bestreiten, könnte er aber sein gesamtes Arbeitseinkommen verwenden.

Ausgehend von der Berechnung des Berufungsgerichts könnte der Antragsgegner ohne Erwerbshindernis netto und bereinigt um pauschale Werbungskosten ein Einkommen von 1.651 € erzielen. Demgegenüber beläuft sich sein Renteneinkommen auf 1.449 €. In Höhe der Differenz zwischen beiden Beträgen (202 €) ergibt sich der Anspruch auch nach der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung allein aus § 1572 BGB.

b) Aber auch soweit das Berufungsgericht einen darüber hinausgehenden Unterhalt von 83 € (= 285 € ./. 202 €) zuerkannt hat, ist die Anspruchsgrundlage dafür § 1572 BGB und nicht § 1573 Abs. 2 BGB.

aa) Der Senat unterscheidet in ständiger Rechtsprechung für die Abgrenzung der Anspruchsgrundlagen wegen eines Erwerbshindernisses aus §§ 1570 bis 1572 BGB und aus § 1573 Abs. 2 BGB (Aufstockungsunterhalt) danach, ob wegen des vorliegenden Hindernisses eine Erwerbstätigkeit vollständig oder nur zum Teil ausgeschlossen ist (Senatsurteile vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 79/89 - FamRZ 1990, 492, 493 f. - zu § 1570 BGB; vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791 - zu § 1572 BGB - und vom 3. Februar 1999 - XII ZR 146/97 - FamRZ 1999, 708, 709 - zu § 1571 BGB). Wenn der Unterhaltsberechtigte an einer Erwerbstätigkeit vollständig gehindert ist, ergibt sich der Unterhaltsanspruch allein aus §§ 1570 bis 1572 BGB, und zwar auch für den Teil des Unterhaltsbedarfs, der nicht durch das Erwerbshindernis verursacht worden ist, sondern auf dem den angemessenen Lebensbedarf übersteigenden Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (voller Unterhalt) gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB beruht. Nur bei einer lediglich teilweisen Erwerbshinderung ist der Unterhalt nach der Rechtsprechung des Senats allein wegen des durch die Erwerbshinderung verursachten Einkommensausfalls auf §§ 1570 bis 1572 BGB zu stützen und im Übrigen auf § 1573 Abs. 2 BGB.

bb) Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung Abstand zu nehmen.

Allerdings ist - in Übereinstimmung mit der Auffassung des Berufungsgerichts - gegen die vom Senat vorgenommene Differenzierung eingewandt worden, dass die sachlichen Gründe für die Abgrenzung des Aufstockungsunterhalts vom Unterhalt wegen eines Erwerbshindernisses auch dann eingreifen würden, wenn das Hindernis eine Erwerbstätigkeit vollständig ausschließe (W. Maier FamRZ 2005, 1509, 1510). Der Aufstockungsunterhalt spiegelt danach nur den Teil des Lebensbedarfs wider, der auf dem in der Ehe erhöhten Lebensstandard beruht. Dieses Argument trifft zwar zu, zwingt allerdings - jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung - nicht dazu, die Unterscheidung zwischen den Anspruchsgrundlagen der §§ 1570 ff. BGB weiter zu verfeinern.

Die Rechtsprechung des Senats entspricht den Motiven des 1. Eherechtsreformgesetzes. Dieses ist ersichtlich davon ausgegangen, dass der Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB erst dann eingreift, wenn dem Unterhaltsberechtigten eine (volle oder teilweise) Erwerbstätigkeit möglich ist (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 126 f.; Rolland 1. EheRG 2. Aufl. § 1573 Rdn. 24). Auch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz von 1986, durch das die Befristungsmöglichkeit nach § 1573 Abs. 5 BGB eingeführt wurde, beruht offenbar auf diesem Verständnis. Wenn der Gesetzgeber die Differenz zwischen dem Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen und dem angemessenen Lebensbedarf generell dem Aufstockungsunterhalt zugeordnet hätte, hätte es für die gleichzeitig eingeführte Begrenzungsvorschrift des § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB (a.F.) im Bereich der Tatbestände nach §§ 1570 bis 1572 BGB kaum ein Bedürfnis gegeben, weil für diese kein nennenswerter Anwendungsbereich verblieben wäre.

Ob im Hinblick auf einzelne Rechtsfolgen (etwa den Rang des kinderbetreuenden Ehegatten gemäß § 1609 Nr. 2 BGB) eine andere Sichtweise geboten sein kann, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Auch für die bis zum 31. Dezember 2007 geltende Rechtslage bedurfte es der vom Berufungsgericht gewählten Konstruktion nicht. Denn mit § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. stand eine gesetzliche Begrenzungsmöglichkeit zur Verfügung, die auch auf den Unterhalt wegen Krankheit nach § 1572 BGB anwendbar war und - abgesehen von dem oben aufgezeigten Fehler bei der Ermittlung des angemessenen Bedarfs - zu demselben Ergebnis hätte führen können. Eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf konnte zum Wegfall des Unterhalts führen, soweit der angemessene Lebensbedarf durch eigene Einkünfte des Unterhaltsberechtigten gedeckt war (BT-Drucks. 10/2888 S. 19).

c) Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Befristung des Anspruchs nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. scheidet somit aus, weil es sich allein um Unterhalt wegen Krankheit gemäß § 1572 BGB handelt und das bis zum 31. Dezember 2007 geltende Recht für diesen Unterhaltsanspruch eine solche Befristungsmöglichkeit nicht vorsah.

2. Das Berufungsurteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, so dass die Revision zurückzuweisen ist (§ 561 ZPO). Die Befristung des Unterhalts auf drei Jahre nach Rechtskraft der Scheidung ist im Ergebnis aufgrund von § 1578 b Abs. 2 BGB gerechtfertigt.

a) Ob das Berufungsgericht sich anstelle der von ihm vorgenommenen Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. auf eine Herabsetzung des Bedarfsmaßstabs gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. hätte beschränken können, bedarf in Anbetracht deren eingeschränkter Wirkung und der inzwischen geänderten Gesetzeslage keiner Entscheidung. Denn die durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) mit Wirkung zum 1. Januar 2008 eingeführte Vorschrift des § 1578 b Abs. 2 BGB lässt nunmehr auch beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB eine zeitliche Begrenzung zu.

b) Auf die Befristung ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden (Art. 4 Unterhaltsrechtsänderungsgesetz; vgl. auch § 36 Nr. 7 EGZPO). Die Befristung auf drei Jahre beginnt mit der Rechtskraft der Scheidung, die laut dem Rechtskraftvermerk des Familiengerichts am 3. Juli 2007 eingetreten ist. Da die Befristung somit erst unter Geltung der neuen Gesetzeslage wirksam wird, ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Recht maßgebend.

c) Der vom Berufungsgericht erschöpfend festgestellte und gewürdigte Sachverhalt rechtfertigt die ausgesprochene Unterhaltsbefristung auf drei Jahre ab Rechtskraft der Scheidung. Einer differenzierten Bewertung nach dem angemessenen Lebensbedarf und dem darüber hinausgehenden Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen bedarf es im vorliegenden Fall nicht. Auch wenn das Berufungsgericht diesen Aspekt aufgrund seines Fehlers bei der Gegenüberstellung des Renteneinkommens des Antragsgegners mit seinem hypothetisch erzielbaren Erwerbseinkommen nicht zutreffend erfasst hat, ist mit einer abweichenden tatrichterlichen Würdigung nicht zu rechnen, so dass der Senat abschließend entscheiden kann.

Der Unterhaltsanspruch ist nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den nach § 1578 b Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechend anzuwendenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB.

aa) Demnach kommt es zunächst darauf an, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit in der - hier kinderlosen - Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Sowohl nach der Rechtsprechung des Senats zu § 1573 Abs. 5 BGB (a.F.) als auch nach der daran orientierten Neufassung des § 1578 b Abs. 2 BGB (vgl. Dose FamRZ 2007, 1289, 1293) liegen ehebedingte Nachteile vor, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (vgl. Senatsurteil vom 28. November 2007 - XII ZR 132/05 - FamRZ 2008, 582, 586).

Das ist hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht der Fall. Der Antragsgegner war während der Ehe zunächst noch erwerbstätig. Seine Erwerbstätigkeit musste er aus gesundheitlichen Gründen einstellen, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Ehe stehen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Erkrankung des Antragsgegners nicht schon deshalb als ehebedingter Nachteil zu betrachten, weil sie während der Ehe eingetreten ist.

Ehebedingte Nachteile wären indessen dann eingetreten, wenn der Unterhaltsberechtigte aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hätte. Insoweit entsprechen sich der Krankheitsunterhalt und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB (vgl. Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 159). In die Betrachtung einzubeziehen ist dann aber auch, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328 f. und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508, 1511). Im vorliegenden Fall sind dem Antragsgegner im Versorgungsausgleich Rentenanwartschaften der Antragstellerin in Höhe von insgesamt 39,46 € übertragen worden, die zu einer Erhöhung der von ihm bezogenen gesetzlichen Rente wegen Erwerbsminderung geführt haben. Hierdurch hat der Antragsgegner allerdings schon mehr erhalten als einen Ausgleich ehebedingter Nachteile. Denn die Rollenverteilung in der Ehe hat nicht dazu geführt, dass die vom Antragsgegner erworbenen Versorgungsanwartschaften geschmälert worden wären. Der Antragsgegner nimmt vielmehr insoweit am besseren Versorgungsstandard der Antragstellerin teil.

Das Merkmal der Ehedauer stellt im Regelungszusammenhang des § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB nur ein Indiz für die zunehmende Verflechtung der beiderseitigen Verhältnisse dar (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328; BT-Drucks. 16/1830 S. 19; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 591). Die Ehedauer betrug etwa elf Jahre. Für die Ehedauer ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats auf die Zeit von der Eheschließung (23. Juni 1994) bis zur Zustellung des Scheidungsantrags (13. April 2005) abzustellen (Senatsurteil vom 9. Juli 1986 - IVb ZR 39/85 - FamRZ 1986, 886, 888). Eine wirtschaftliche Verflechtung ist hier nicht festgestellt. Jeder Ehegatte unterhielt zunächst noch seinen eigenen Haushalt. Auch als sie zusammengezogen waren, wirtschafteten sie im wesentlichen getrennt.

bb) Allerdings wird die Krankheit als solche nur in Ausnahmefällen ehebedingt sein. Das führt indessen nicht ohne weiteres dazu, dass der Krankheitsunterhalt - bei Fehlen ehebedingter Nachteile - zwangsläufig zu befristen wäre.

Dass die Krankheit regelmäßig nicht ehebedingt ist, hat allerdings Einfluss auf die grundsätzliche Gewichtung des Unterhalts nach § 1572 BGB im Rahmen der Billigkeitsabwägung und im Hinblick auf das von den Ehegatten zu fordernde Maß an fortwirkender Unterhaltsverantwortung nach der Scheidung (ähnlich OLG Celle FamRZ 2008, 1449, 1451). Dem entsprechend war die Legitimation des Krankheitsunterhalts schon bei den Beratungen zum 1. Eherechtsreformgesetz nicht frei von Zweifeln (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 124). Da es sich bei der Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit in der Regel um eine schicksalhafte Entwicklung handelt, ist eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten für das allein in zeitlichem Zusammenhang mit der Ehe stehende Krankheitsrisiko nicht ohne weiteres zu rechtfertigen.

Die Reichweite der vom Gesetz hier im Grundsatz nach wie vor geforderten nachehelichen Verantwortung bedarf im vorliegenden Fall jedoch keiner exakten Bestimmung. Denn auch eine von ehebedingten Nachteilen getrennte Billigkeitsbetrachtung begründet im vorliegenden Fall jedenfalls keine längere Laufzeit des nachehelichen Krankheitsunterhalts, als sie das Berufungsgericht dem Antragsgegner zugebilligt hat.

Der Ehedauer (hier etwa elf Jahre), die nach der Gesetzesbegründung zum Unterhaltsrechtsänderungsgesetz (BT-Drucks. 16/1830 S. 19) besondere Bedeutung hat, kommt im vorliegenden Fall kein erhebliches Gewicht zu. Der Antragsgegner war bei Eheschließung bereits 47 Jahre alt. Es handelte sich für ihn um die zweite Ehe. Ein besonderes Vertrauen auf den Fortbestand der Unterhaltsverpflichtung wurde durch die Ehe und deren Dauer nicht begründet. Die Parteien lebten nur etwa fünf Jahre in einem gemeinsamen Haushalt zusammen. Insbesondere hat das Berufungsgericht keine Dispositionen des Antragsgegners aufgrund eines etwaigen Vertrauens in die fortwährende Unterhaltsverpflichtung der Antragstellerin festgestellt. Der Antragsgegner verfügt schließlich mit seinen beiden Renten über ein - teils durch den Versorgungsausgleich erhöhtes - Einkommen, das ihm einen deutlich über dem Existenzminimum liegenden Lebensstandard sichert. Demgegenüber bedeutet die fortwährende Unterhaltspflicht für die Antragstellerin eine spürbare Belastung, die sie in ihrer Lebensführung nicht unerheblich einschränkt. Das Berufungsgericht hat auch weitere Faktoren, wie etwa den über vier Jahre von der Antragstellerin gezahlten Trennungsunterhalt, zutreffend berücksichtigt.

Auch wenn das Unterhaltsrecht eine Befristung des Krankheitsunterhalts erst aufgrund der nach Rechtskraft der Ehescheidung in Kraft getretenen Gesetzeslage zulässt, kann daraus ein besonderer Vertrauensschutz nicht hergeleitet werden. Der Gesetzgeber hat von einem Vertrauensschutz für sogenannte Altfälle bewusst abgesehen und das neue Recht auf Unterhaltsansprüche, die ab dem 1. Januar 2008 entstanden sind, für unterschiedslos anwendbar erklärt (BT-Drucks. 16/1830 S. 32). Nur für vor dem 1. Januar 2008 bereits ergangene rechtskräftige Entscheidungen, errichtete Titel oder Unterhaltsvereinbarungen enthält § 36 Nr. 1 EGZPO einen über das Inkrafttreten des Gesetzes hinausreichenden Vertrauensschutz und macht eine Abänderung von der Zumutbarkeit abhängig.

Die Revision macht allerdings zu Recht geltend, dass ein Teil der vom Berufungsgericht rechnerisch zugrunde gelegten Frist (drei Jahre ab Rechtskraft der Scheidung) noch vor Inkrafttreten der seit dem 1. Januar 2008 geänderten Rechtslage verstrichen ist, als eine Befristung noch nicht zulässig war. Auch wenn das Berufungsgericht bei der Bemessung der Frist somit von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen ist, stellt dies die Angemessenheit der Befristung im Ergebnis aber nicht in Frage. Es handelt sich um einen Zeitraum von etwa einem halben Jahr, denn die Rechtskraft der Scheidung ist nach dem Rechtskraftvermerk des Amtsgerichts am 3. Juli 2007 eingetreten. Die anstehenden Änderungen durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz waren zu diesem Zeitpunkt der Öffentlichkeit bereits bekannt und hinsichtlich der Befristung nach § 1578 b BGB politisch nicht umstritten. Die Gesetzesänderung zur Befristung ist von der Antragstellerin zum Gegenstand ihrer Argumentation im Berufungsverfahren gemacht worden. Da der weitaus überwiegende Teil der Frist in die Geltung der neuen Rechtslage fällt, erscheint eine abweichende tatrichterliche Würdigung somit fernliegend.

Die Bemessung der sogenannten Schonfrist auf drei Jahre nach Rechtskraft der Scheidung (bzw. zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten der neuen Rechtslage) erfüllt demnach im Ergebnis auch die Anforderungen des § 1578 b Abs. 2 BGB, so dass die Befristung jedenfalls nicht zu kurz ausgefallen ist. ..." (BGH, Urteil vom 26.11.2008 - XII ZR 131/07)

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Zur Darlegungs- und Beweislast für den Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit gemäß § 1573 Abs. 1 BGB und Zur Berücksichtigung einer anteiligen Haftung (hier: unter Einbezug fiktiven Einkommens) beider Eltern für den Volljährigenunterhalt im Rahmen der Bemessung des Ehegattenunterhalts (BGH, Versäumnisurteil vom 30. 07.2008 - XII ZR 126/06 zu BGB §§ 1573, 1578, 1606):

„... Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte nur noch einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB hat. Unterhalt wegen Krankheit (§ 1572 BGB) oder wegen einer an die Kindererziehung anschließenden Erwerbslosigkeit (§ 1573 Abs. 1, 3 BGB) schuldet der Kläger nicht.

a) Dem Berufungsgericht ist zuzustimmen, dass die Beklagte zu einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit verpflichtet ist.

Die Revision rügt zu Unrecht, das Berufungsgericht habe das Vorbringen der Beklagten zu gesundheitlichen Einschränkungen ihrer Erwerbsfähigkeit übergangen, woraus sich eine nur halbschichtige Einsetzbarkeit für leichte Arbeiten ergebe. Hierbei handelt es sich um erstinstanzliches Vorbringen der Beklagten. Schon das Urteil des Familiengerichts enthält indessen die Feststellung, dass die Beklagte trotz ihrer ‚körperlichen Gesundheitsschäden' an der Ausübung einer (vollschichtigen) Tätigkeit mit geistigem Schwerpunkt nicht gehindert sei. Diese Feststellung hat die Beklagte mit ihrer Berufung nicht angegriffen, so dass das Berufungsgericht seinem Urteil gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO ihre vollschichtige Erwerbsfähigkeit mit Recht zugrunde gelegt hat. Einer besonderen Erwähnung in den Gründen des Berufungsurteils bedurfte dies nicht.

b) Dass die Beklagte gemäß § 1573 Abs. 1 BGB keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag, hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Das ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

aa) Die von der Beklagten dargelegten Bewerbungsbemühungen hat das Berufungsgericht als nicht ausreichend angesehen. Es hat eine Steigerung der Bewerbungsintensität für erforderlich gehalten und die Bewerbungsschreiben als aus der Sicht der angesprochenen Arbeitgeber möglicherweise ungünstig gesehen. Die hierzu von der Revision erhobenen Rügen greifen nicht durch.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist Voraussetzung des Anspruchs aus § 1573 Abs. 1 BGB, dass sich der Ehegatte unter Einsatz aller zumutbaren und möglichen Mittel nachhaltig bemüht haben muss, eine angemessene Tätigkeit zu finden, wozu die bloße Meldung beim Arbeitsamt nicht genügt. Er trägt im Verfahren zudem die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast für seine Bemühungen und muss in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte und in welchem zeitlichen Abstand er im Einzelnen in dieser Richtung unternommen hat. Die Beweiserleichterung nach § 287 Abs. 2 ZPO kommt ihm nicht zugute (Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791).

Den von der Beklagten vorgetragenen und belegten Bewerbungsbemühungen fehlt es bereits an der nötigen Nachhaltigkeit. Die im Berufungsurteil angeführten Bewerbungen aus der Zeit von 1999 bis 2006 sind von ihrer Zahl her unzureichend und weisen zeitliche Lücken auf. Es ist auch nicht ersichtlich, welche Eigeninitiative die Beklagte außer ihrer Arbeitslosmeldung und den vorgelegten Anschreiben an Arbeitgeber in den mehr als acht Jahren seit der Scheidung entwickelt hat. Das Berufungsgericht hat dem entsprechend mit zwar knapper, aber zutreffender Begründung gefordert, die Bewerbungsintensität hätte gesteigert werden müssen, und damit zu erkennen gegeben, dass die vorgetragenen Bewerbungen den Anforderungen nicht genügen. Darüber hinaus hat es auch Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bewerbungen angemeldet und diese aus dem Inhalt der Bewerbungsschreiben hergeleitet. Auch dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Die Revision führt hier anderweitige Erklärungsmöglichkeiten an, die allenfalls auf eine unzulässige Ersetzung der Würdigung des Berufungsgerichts durch die der Revision hinauslaufen.

Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts unterliegt nach § 559 Abs. 2 ZPO grundsätzlich nicht der revisionsrechtlichen Kontrolle. Die Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Korrektur durch das Revisionsgericht, etwa weil die Feststellungen auf einer Gesetzesverletzung beruhen, dem Berufungsgericht ein Verstoß gegen die Denkgesetze unterlaufen ist oder Erfahrungssätze nicht beachtet wurden (vgl. Musielak/Ball ZPO 6. Aufl. § 559 Rdn. 22), liegen nicht vor.

Die Auffassung der Revision, dass eine nennenswerte Anzahl von Stellen, für welche die Beklagte von ihrem wissenschaftlichen Anforderungsprofil in Frage komme, nicht existiere, stellt die Feststellung unzureichender Erwerbsbemühungen durch das Berufungsgericht nicht in Frage. Die Beklagte hätte sich nicht nur auf Stellen im Bereich der Wissenschaft bewerben können und müssen, sondern ihr stand aufgrund ihrer Ausbildung einschließlich der Zusatzqualifikation als Heilpraktikerin wie auch der wenigstens zeitweilig ausgeübten Praxis im psychosozialen Bereich ein wesentlich weiteres Berufsfeld offen.

bb) Die unzureichende Arbeitssuche führt indessen noch nicht notwendig zur Versagung des Anspruchs aus § 1573 Abs. 1 BGB. Die mangelhafte Arbeitssuche muss vielmehr für die Arbeitslosigkeit auch ursächlich sein. Eine Ursächlichkeit besteht nicht, wenn nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Arbeitsmarktes sowie den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Unterhalt begehrenden Ehegatten für ihn keine reale Beschäftigungschance bestanden hat (Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791).

Für das Bestehen einer realen Beschäftigungschance ist im vorliegenden Fall allerdings nicht erst auf den Beginn des streitbefangenen Zeitraums im Juni 2005 abzustellen, als die Beklagte schon 56 Jahre alt war. Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht darin, dass die Beklagte schon längere Zeit zuvor zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet war. Die Parteien gingen bereits anlässlich der Scheidung im Jahr 1998 übereinstimmend davon aus, dass die Beklagte zu einer Teilzeiterwerbstätigkeit verpflichtet war. Dem entsprechend hat die Beklagte sich in den beiden ersten von den Parteien abgeschlossenen Vergleichen vom 9. Februar 1998 und 23. August 1999 jeweils ein fiktives Einkommen von 500 DM und zuletzt im Vergleich vom 28. Januar 2002 ein fiktives Einkommen von 818 € aus dann halbschichtiger Tätigkeit zurechnen lassen. Die Beklagte kann demnach nicht so behandelt werden, als hätte ihre Erwerbsobliegenheit erstmals im Jahr 2005 eingesetzt. Dass sie durch ihre unzureichende Eigeninitiative die Chance einer stufenweisen beruflichen Eingliederung hat verstreichen lassen, darf sich nicht zu Lasten des unterhaltspflichtigen Klägers auswirken. Vielmehr ist für die Frage der realen Beschäftigungschance darauf abzustellen, ob eine solche bestanden hätte, wenn die Beklagte von Anfang an ihrer Erwerbsobliegenheit genügt hätte (vgl. auch Senatsurteil vom 20. Februar 2008 - XII ZR 101/05 - FamRZ 2008, 872, 873 f. mit Anmerkung Hoppenz). Dabei ist vor allem einzubeziehen, dass die Beklagte, wie das Familiengericht und das Berufungsgericht übereinstimmend festgestellt haben, bei einer zunächst in Teilzeit ausgeübten Tätigkeit trotz ihres Alters die Chance einer späteren - sukzessiven - Aufstockung zu einer Vollzeitstelle deutlich verbessert haben könnte. Das Berufungsgericht hat die auf Seiten der Beklagten bestehenden Schwierigkeiten, ihr Alter, ihre kaum entwickelte berufliche Praxis und die lange Zeit des beruflichen Ausstiegs in die Betrachtung mit einbezogen. Auch wenn sich diese Faktoren im Ergebnis lediglich bei der Höhe des erzielbaren Einkommens niedergeschlagen haben, hat das Berufungsgericht sie ersichtlich gewürdigt. Wenn es in Anbetracht der bereits seit 1998 von den Parteien angenommenen (Teilzeit-) Erwerbsobliegenheit unter Einbeziehung von Fortbildungsmöglichkeiten dennoch eine bestehende reale Beschäftigungschance (‚im abhängigen oder selbständigen Bereich') gesehen hat, ist dies als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung nicht zu beanstanden. In Anbetracht des vorhandenen beruflichen Spektrums brauchte das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen auch keine konkrete Tätigkeit zu benennen. Eine Tätigkeit als Putz- oder Verkaufshilfe hat das Berufungsgericht der Beklagten ferner nicht unterstellt. Das für erzielbar erklärte Nettoeinkommen von 1.300 € bewegt sich vielmehr im selben Rahmen wie das von der Beklagten im Vergleich vom 28. Januar 2002 akzeptierte Einkommen von 818 € für eine Halbtagstätigkeit und ist schon deswegen im Zweifel noch angemessen im Sinne von § 1574 BGB (alter und neuer Fassung).

Auch wenn schließlich eine sichere rückblickende Einschätzung nicht mehr möglich war und ist, gehen verbleibende Zweifel hinsichtlich einer fehlenden realen Beschäftigungschance zu Lasten der beweisbelasteten Beklagten (Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791).

Dass es sich bei der realen Beschäftigungschance um eine objektive Voraussetzung handelt (vgl. BVerfG FamRZ 2008, 1145, 1146 - betreffend den Unterhaltsschuldner), ändert an der Beweislastverteilung nichts. Der vom Berufungsgericht im angefochtenen Urteil darüber hinausgehend zum Ausdruck gebrachten Überzeugung von einer realen Beschäftigungschance der Beklagten bedurfte es wegen der die Beklagte treffenden Beweislast demnach nicht. ..." (BGH, Versäumnisurteil vom 30.07.2008 - XII ZR 126/06)

***

Eine Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts kann regelmäßig nicht allein mit der Erwägung abgelehnt werden, damit entfalle der Einsatzzeitpunkt für einen späteren Anspruch auf Altersunterhalt nach § 1571 Nr. 3 BGB. Die Auswirkungen einer vorübergehenden Unterbrechung der Erwerbstätigkeit auf die künftige Altersversorgung belasten nach Durchführung des Versorgungsausgleichs regelmäßig beide Ehegatten in gleichem Umfang. Ein dadurch entstandener Nachteil ist dann vollständig ausgeglichen (im Anschluss an das Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Urteil vom 25.06.2008 - XII ZR 109/07 zu BGB § 1578 b; BGB a.F. §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2).

*** (OLG)

Ob die Voraussetzungen für eine Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs gegeben sind, ist im Verfahrenskostenhilfeverfahren im Regelfall nicht Gegenstand der Prüfung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung für einen innerhalb des Scheidungsverfahrens geltend gemachten nachehelichen Unterhaltsanspruch. Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten eines innerhalb des Scheidungsverfahrens geltend gemachten Unterhaltsanspruchs ist auf die zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag aktuellen Einkommensverhältnisse der Eheleute abzustellen. Mögliche zukünftige Veränderungen der Einkommensverhältnisse, deren Eintritt nicht mit der notwendigen Sicherheit prognostiziert werden können, haben regelmäßig an dieser Stelle keinen Einfluss auf die Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten oder der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.10.2022 - II-3 WF 54/22).

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Herabsetzung und Befristung des Aufstockungsunterhalts (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.06.2020 - 20 UF 83/19).

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Die gerichtliche Geltendmachung von Unterhalt durch den Unterhaltsberechtigten hemmt nicht den Ablauf der Verjährung der im Zeitpunkt der Antragseinreichung bereits auf einen Träger öffentlicher Leistungen übergegangenen und nicht rückübertragenen Unterhaltsansprüche (OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.02.2020 - 4 UF 249/16):

„ ... I. Die Beteiligten streiten um nachehelichen Ehegattenunterhalt.

Ihre am XX.XX.1998 geschlossene Ehe wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Stadt1 vom 24.10.2012, rechtskräftig seit dem 4.1.2013, geschieden. Die beiden aus der Ehe hervorgegangenen, am XX.XX.2000 und am XX.XX.2004 geborenen Söhne lebten mit der inzwischen allein sorgeberechtigten Antragstellerin seit der Trennung der Eltern im Jahr 2007 in dem im Alleineigentum der Antragstellerin stehenden Haus in Stadt2, der vormaligen Ehewohnung.
Beide Kinder befanden sich im hier streitgegenständlichen Zeitraum noch in der allgemeinen Schulausbildung und besuchten eine Ganztagsschule. Im Rahmen der nach einer vorübergehenden Inobhutnahme des älteren Sohnes ab dem Jahr 2013 gewährten Hilfe zur Erziehung erhielten sie bis zum Sommer 2015 eine sozialpädagogische Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII.

Nach der Trennung zahlte der Antragsgegner, der geschäftsführender Alleingesellschafter einer im Immobiliengeschäft tätigen Kapitalgesellschaft ist, die während des Zusammenlebens noch beiden Ehegatten gemeinsam gehörte, zunächst mangels Leistungsfähigkeit keinen Ehegattenunterhalt, nahm im Jahr 2009 jedoch auch die Zahlung von Ehegattenunterhalt auf. Nach Rechtskraft der Scheidung zahlte er neben dem Kindesunterhalt bis einschließlich Juni 2013 auch nachehelichen Ehegattenunterhalt, und zwar in Höhe von insgesamt 8.966,- Euro. Zum Monat Juli 2013 stellte er die Zahlung von Ehegattenunterhalt mit der Begründung ein, er sei nicht mehr leistungsfähig. Kindesunterhalt zahlt er weiterhin.

Die Antragstellerin ist gelernte Beruf1. Nach der Geburt des ersten Kindes war sie bis 2012 nicht mehr berufstätig. Im Jahr 2012 nahm sie eine Teilzeitbeschäftigung als … Angestellte bei der dem Antragsgegner gehörenden Kapitalgesellschaft mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 500,- Euro auf, welcher sie bis einschließlich Juli 2013 nachging. Nachdem der Antragsgegner seine Unterhaltszahlungen eingestellt hatte, forderte sie ihn mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 16.7.2013 im Hinblick auf ihr möglicherweise zustehende Unterhaltsansprüche zur Auskunftserteilung über sein Einkommen auf.

Die Antragstellerin bezog für den Zeitraum vom 1.7.2013 bis zum 30.6.2016 Leistungen der Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Diese beliefen sich ausweislich der Angaben im Schriftsatz vom 4.10.2019, Bl. 907 ff. der Akte, auf insgesamt 26.072,11 Euro nach Abzug von Rückforderungen. Wegen der einzelnen im Zeitraum von Juli 2013 bis Juni 2016 bezogenen Leistungen wird auf den Schriftsatz vom 4.10.2019 samt Anlagen Bezug genommen.

Für den Monat Juli 2013 weist der Bescheid vom 22.7.2013, Bl. 921 ff. der Akte, das von der Antragsgegnerin bis einschließlich Juli 2013 aus ihrer zum 1.2.2013 aufgenommenen Teilzeitbeschäftigung erzielte Nettoerwerbseinkommen von 418,49 Euro aus. Am 5.8.2013 nahm die Antragstellerin eine Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma auf, aus welcher sie im August einen Nettolohn von 850,94 Euro bei 89,67 Arbeitsstunden, im September von 1.499,95 Euro bei 163 Arbeitsstunden, im Oktober 2013 von 1.556,70 Euro bei 183,51 Arbeitsstunden und im November von 1.091,31 Euro bei 45,19 Arbeitsstunden, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 14.11.2013 und Auszahlung des Guthabens auf dem Arbeitszeitkonto, insgesamt also einen Nettolohn von 4.998,91 Euro erzielte. Vom 16.1.2014 bis zum 31.1.2014, vom 15.3.2014 bis zum 14.3.2014 und vom 17.3. bis zum 21.3.2014 war die Antragstellerin wegen eines (…) arbeitsunfähig erkrankt, vom 8.9.2014 bis zum 30.9.2014 mit den Diagnosen (…), vom 27.10.2014 bis zum 2.11.2014 mit der Diagnose (…), vom 5.2.2015 bis zum 26.6.2015 mit den Diagnosen (…), vom 20.7.2015 bis zum 12.4.2016 mit den Diagnosen (…), vom 14.4.2016 bis zum 22.4.2016 mit der Diagnose (…) und vom 25.4.2016 bis zum 1.8.2016 mit den Diagnosen (…). Im November 2014 nahm die Antragstellerin eine Beschäftigung bei einer Y auf, die zum 15.12.2014 beendet wurde und für die sie einen Lohn von insgesamt 730,- Euro netto erhielt.

Die Antragstellerin ist seit dem XX.XX.2018 wieder verheiratet. Bis 2019 lebte sie mit beiden Kindern in dem ihr gehörenden Einfamilienhaus in Stadt2. Die Wohnfläche des frei stehenden Bungalows beläuft sich auf 123 m², die Fläche des Grundstücks auf 1.424 m². Der Wert des Grundstücks wurde vom Ortsgericht am 14.10.2009 auf 431.134,- Euro geschätzt. Auf die zur Finanzierung des Grundstückskaufs gewährten Bankdarlehen zahlte die Antragstellerin monatliche Raten von 500,- Euro und erbrachte eine jährliche Sondertilgung von 5.000,- Euro. Wegen des Zins- und des Tilgungsanteils der Raten wird auf den vorgelegten Kontoauszug vom 31.12.2013, Bl. 722 der Akte, Bezug genommen. Die jährliche Sondertilgung finanzierte die Antragstellerin aus privaten Darlehen.

Die auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergegangenen Unterhaltsansprüche für den Zeitraum vom 1.7.2013 bis zum 30.6.2016 sind von diesem durch Rückübertragungsvertrag vom 6.11.2019, Bl. 1032 f. der Akte, auf die Antragstellerin zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen worden. Auf den Inhalt des Rückübertragungsvertrags wird Bezug genommen.

Nach der Aufforderung zur Auskunftserteilung vom 16.7.2013 verfolgte die Antragstellerin den von ihr im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Unterhaltsanspruch zunächst nicht weiter und forderte den Antragsgegner mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 7.4.2015 erneut zur Auskunftserteilung über seine Einkommensverhältnisse auf.

Nachdem der Antragsgegner auch dieser Aufforderung nicht nachkam, reichte die Antragstellerin am 5.11.2015 beim Amtsgericht einen auf Auskunftserteilung, Belegvorlage, eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskunft und Zahlung noch zu beziffernden nachehelichen Ehegattenunterhalts gerichteten Stufenantrag ein, welcher dem Antragsgegner nach erfolgter Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe am 22.1.2016 zugestellt wurde.

Einen möglichen Unterhaltsanspruch stützte die Antragstellerin im ersten Rechtszug maßgeblich auf eine fortbestehende Betreuungsbedürftigkeit beider Kinder sowie auf bestehende Erkrankungen ihrerseits.

Der Antragsgegner vertrat die Auffassung, kindbezogene Belange stünden einer Vollzeitbeschäftigung der Mutter jedenfalls seit der Rechtskraft der Scheidung nicht mehr entgegen. Für einen Anspruch auf Krankenunterhalt sei der maßgebliche Einsatzzeitpunkt mangels Vorhandensein einer Erkrankung im Zeitpunkt der Scheidung nicht gewahrt. Etwaige Unterhaltsansprüche der Antragstellerin seien im Übrigen verjährt, jedenfalls aber verwirkt.

Mit dem angefochtenen, auf Grund mündlicher Verhandlung ergangenen Beschluss wies das Amtsgericht die Stufenanträge insgesamt zurück und führte zur Begründung aus, der Stufenantrag sei bereits in der Auskunftsstufe insgesamt zurückzuweisen, weil feststehe, dass die begehrte Auskunft den Unterhaltsanspruch unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen könne. Die Voraussetzungen des Bestehens des geltend gemachten Anspruchs auf Betreuungs- bzw. Krankheitsunterhalt lägen nicht vor.

Mit ihrer am 16.9.2016 beim Amtsgericht eingegangenen und innerhalb der von der damaligen Vorsitzenden des Senats verlängerten Frist zur Begründung der Beschwerde gegen den ihr am 26.8.2016 zugestellten Beschluss verfolgt die Antragstellerin ihre Stufenanträge weiter. Sie stützt die geltend gemachten Ansprüche mittlerweile auch auf einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt.

Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten.

Mit am 7.4.2017 verkündeten, rechtskräftigen Teilbeschluss, Bl. 302 ff. der Akte, ist der Antragsgegner unter Zurückweisung der weitergehenden Anträge der Antragstellerin in der Auskunfts- und der Belegstufe zur Auskunftserteilung über seine Einkommensverhältnisse der Jahre 2013 bis 2016, über sein Vermögen am 31.12.2016 sowie zur Vorlage der Einkommenssteuererklärungen und der Einkommenssteuerbescheide sowie der Jahresabschlüsse der ihm gehörenden Kapitalgesellschaft für die genannten Jahre verpflichtet worden.

Nach erfolgter Auskunftserteilung hat die Antragstellerin ihren Leistungsantrag mit Schriftsatz vom 29.1.2019, Bl. 329 ff. der Akte, beziffert. Wegen des der Bezifferung des Leistungsantrags vorausgegangenen Schriftwechsels der Beteiligten wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 18.3.2019 samt Anlagen, Bl. 657 ff. der Akte, und den Schriftsatz der Bevollmächtigten des Antragsgegners vom 5.4.2019, Bl. 690 ff. der Akte, Bezug genommen.

Der Antragsgegner erzielte aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer im Jahr 2013 ein Bruttoeinkommen (einschließlich des Sachbezugs in Form eines zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellten Dienstwagens) von 28.614,- Euro, im Jahr 2014 von 32.316,- Euro, im Jahr 2015 von 61.214,- Euro und im Jahr 2016 von 94.895,- Euro. Seine Gesellschaft erwirtschaftete im Jahr 2013 einen Überschuss von 18.760,79 Euro, im Jahr 2014 vom 212.655,52 Euro, im Jahr 2015 von 202.954,37 Euro und im Jahr 2016 von 1.756,- Euro. In den Jahren 2011 und 2012 hatte sich das Bruttoeinkommen des Antragsgegners aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer auf je 29.160,- Euro belaufen, der Gewinn seiner Gesellschaft - nach vorangegangenen Verlusten - auf 11.647,50 Euro und auf 27.751,93 Euro. Aus den vorgelegten Bilanzen ergibt sich, dass eine Ausschüttung der in den Jahren 2011 bis 2016 erzielten Gewinne nicht erfolgt ist.

Der Antragsgegner ist seit dem XX.XX.2014 wieder verheiratet. Aus der Ehe ist ein am XX.XX.2015 geborenes Kind hervorgegangen. Die Ehefrau war bis zur Geburt des Kindes in Vollzeit beschäftigt, bezog nach der Geburt des Kindes Elterngeld und arbeitet seit dem 11.4.2016 wieder in Vollzeit. Ausweislich der vorgelegten Einkommenssteuerbescheide bezog sie im Jahr 2014 ein Bruttoeinkommen von 119.566,- Euro aus nichtselbständiger Arbeit. In den Jahren 2015 und 2016 ließen sich der Antragsgegner und seine neue Ehefrau getrennt veranlagen. Zur Höhe des Einkommens seiner Ehefrau in diesen beiden Jahren hat der Antragsgegner keine Angaben gemacht.

Wegen der Höhe des dem geltend gemachten Unterhaltsanspruch von der Antragstellerin zu Grunde gelegten bedarfsprägenden Einkommens des Antragsgegners und der dabei in Ansatz gebrachten Steuern und der in Ansatz gebrachten Beiträge zur Alters- und Krankheitsvorsorge sowie des sich daraus ergebenden Kindesunterhalts wird auf den Schriftsatz vom 29.1.2019 samt Anlagen Bezug genommen. Zur Höhe des tatsächlich gezahlten Kindesunterhalts haben die Beteiligten keine Angaben gemacht.

Die Antragstellerin trägt vor, die in den Bilanzen der Gesellschaft des Antragsgegners ausgewiesenen Raumkosten seien unterhaltsrechtlich mindestens zur Hälfte als bedarfsprägendes Einkommen zu berücksichtigen, weil die Räumlichkeiten, deren Kosten in der Bilanz in Ansatz gebracht würden, vom Antragsgegner tatsächlich ausschließlich für private Zwecke genutzt würden. Den Kaltmietwert des von den Kindern und ihr bewohnten Hausgrundstücks beziffert sie mit 1.200,- Euro monatlich.

Die Antragstellerin begrenzt den geltend gemachten nachehelichen Unterhaltsanspruch in zeitlicher Hinsicht bis einschließlich Juni 2016 und der Höhe nach auf den ihr vom Antragsgegner nach der Scheidung nach ihren Angaben zugesagten und zunächst auch gezahlten monatlichen Unterhalt von 1.000,- Euro.

Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass der Antragsgegner verpflichtet wird,

‚an die Antragstellerin für die Zeit vom 1.7.2013 bis zum 30.6.2016 einen nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von € 36.000,00 zzgl. 5 Prozentpunkte über den Basiszinssatz wie folgt zu bezahlen:

- aus € 1.000,00 vom 01.07. bis 31.07.2013
- aus € 2.000,00 vom 01.08. bis 31.08.2013
- aus € 3.000,00 vom 01.09. bis 30.09.2013
- aus € 4.000,00 vom 01.10. bis 31.10.2013
- aus € 5.000,00 vom 01.11. bis 30.11.2013
- aus € 6.000,00 vom 01.12. bis 31.12.2013
- aus € 7.000,00 vom 01.01. bis 31.01.2014
- aus € 8.000,00 vom 01.02. bis 28.02.2014
- aus € 9.000,00 vom 01.03. bis 31.03.2014
- aus € 10.000,00 vom 01.04. bis 30.04.2014
- aus € 11.000,00 vom 01.05. bis 31.05.2014
- aus € 12.000,00 vom 01.06. bis 30.06.2014
- aus € 13.000,00 vom 01.07. bis 31.07.2014
- aus € 14.000,00 vom 01.08. bis 31.08.2014
- aus € 15.000,00 vom 01.09. bis 30.09.2014
- aus € 16.000,00 vom 01.10. bis 31.10.2014
- aus € 17.000,00 vom 01.11. bis 30.11.2014
- aus € 18.000,00 vom 01.12. bis 31.12.2014
- aus € 19.000,00 vom 01.01. bis 31.01.2015
- aus € 20.000,00 vom 01.02. bis 28.02.2015
- aus € 21.000,00 vom 01.03. bis 31.03.2015
- aus € 22.000,00 vom 01.04. bis 30.04.2015
- aus € 23.000,00 vom 01.05. bis 31.05.2015
- aus € 24.000,00 vom 01.06. bis 30.06.2015
- aus € 25.000,00 vom 01.07. bis 31.07.2015
- aus € 26.000,00 vom 01.08. bis 31.08.2015
- aus € 27.000,00 vom 01.09. bis 30.09.2015
- aus € 28.000,00 vom 01.10. bis 31.10.2015
- aus € 29.000,00 vom 01.11. bis 30.11.2015
- aus € 30.000,00 vom 01.12. bis 31.12.2015
- aus € 31.000,00 vom 01.01. bis 31.01.2016
- aus € 32.000,00 vom 01.02. bis 28.02.2016
- aus € 33.000,00 vom 01.03. bis 31.03.2016
- aus € 34.000,00 vom 01.04. bis 30.04.2016
- aus € 35.000,00 vom 01.05. bis 31.05.2016
- aus € 36.000,00 vom 01.06. bis 30.06.2016"

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er rügt die Zuständigkeit des Beschwerdegerichts und vertritt die Auffassung, über den erstmals bezifferten Leistungsantrag habe das Familiengericht - gegebenenfalls - nach einer Zurückverweisung zu entscheiden. In der Sache erhebt er die Einrede der Verjährung und den Einwand der Verwirkung der geltend gemachten Unterhaltsansprüche. Er trägt vor, die in den Jahresabschlüssen seiner Gesellschaft berücksichtigten Raumkosten beliefen sich auf 70 Prozent der tatsächlich angefallenen Raumkosten und berücksichtigten bereits die mit 30 Prozent der Kosten in Ansatz zu bringende Privatnutzung. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Scheidung sei die Antragstellerin nicht bedürftig und er nicht leistungsfähig gewesen. Die von ihm nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung erzielten Einkommenssteigerungen seien nicht bedarfsprägend. Es sei im Übrigen nicht ersichtlich, weshalb die Antragstellerin kein höheres als das zunächst von ihr selbst als erzielbar angegebene Einkommen von 1.720,- Euro netto erzielen könne. Außerdem habe das von ihr bewohnte Hausgrundstück mittlerweile eine erhebliche Wertsteigerung erfahren, weshalb von einem höheren als dem vom Amtsgericht in Ansatz gebrachten Mietwert ausgegangen werden müsse.

II. Die zulässige Beschwerde ist in der Sache teilweise begründet und führt insoweit zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Im Übrigen ist sie unbegründet und daher zurückzuweisen.

Die Zuständigkeit des Senats für den nach Abschluss der Auskunfts- und Belegstufe durch den Teilbeschluss vom 7.4.2017 erstmals mit Schriftsatz vom 29.1.2019 bezifferten Leistungsantrag folgt aus § 69 Abs. 1 Satz 1 FamFG, wonach das Beschwerdegericht in der Sache, also über den Gegenstand der Beschwerde, selbst zu entscheiden hat. Gegenstand der Beschwerde ist im vorliegenden Fall die Entscheidung des Familiengerichts vom 18.8.2016, mit welcher dieses die Stufenanträge der Beschwerdeführerin einschließlich ihres (noch unbezifferten) Leistungsantrags als unbegründet zurückgewiesen hat. Der Senat ist daher zur Entscheidung über die mit der Beschwerde weiter verfolgten Stufenanträge berufen.

Eine vor Erlass des Teilbeschlusses vom 7.4.2017 von keinem der Beteiligten beantragte Zurückverweisung an das Amtsgericht nach §§ 117 Abs. 2, 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO kommt zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr in Betracht, weil der Streit über die Höhe des geltend gemachten Anspruchs zur Entscheidung reif ist. Eine Zurückverweisung wäre ohnehin in das Ermessen des Senats gestellt, der im Hinblick auf die Verfahrensdauer und die mittlerweile gegebene Entscheidungsreife selbst dann keine Veranlassung für eine Zurückverweisung sähe, wenn diese zulässig wäre.

Der bezifferte Leistungsantrag ist allerdings nur teilweise begründet.

Die Antragstellerin ist in Folge der am 6.11.2019 mit dem Träger der von ihr bezogenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vereinbarten Rückübertragung als Verfahrensstandschafterin auch zur gerichtlichen Geltendmachung der vor Rechtshängigkeit nach § 33 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGB II auf den Träger übergegangenen Unterhaltsansprüche berechtigt. Die vereinbarte Rückübertragung führt dazu, dass die Antragstellerin befugt ist, die Ansprüche in eigenem Namen geltend zu machen, d.h. auch Leistung an sich zu verlangen. Soweit sie sich im Innenverhältnis mit dem Leistungsträger dazu verpflichtet hat, bis zur Höhe der rückübertragenen Ansprüche Leistung an diesen zu verlangen, berührt dies ihre im Außenverhältnis durch die Rückübertragung begründete Befugnis zur Beantragung der Zahlung an sich nicht.

Die geltend gemachten Unterhaltsansprüche sind jedoch verjährt, soweit sie vor dem 5.11.2015, dem Tag des Antragseingangs beim Amtsgericht, entstanden und gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGB II auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergegangen waren. Insoweit ist die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB gemäß § 199 Abs. 1 BGB spätestens mit Ablauf des Jahres 2018 abgelaufen.

Die gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Antragseinreichung beim Amtsgericht zurückwirkende Klageerhebung durch die Antragstellerin hat den Ablauf der Verjährung der bis zu diesem Zeitpunkt auf den Träger der Leistungen übergegangenen Ansprüche nicht gehemmt. Eine Hemmung der Verjährung durch die Erhebung einer Klage auf Leistung nach § 204 Nr. 1 BGB tritt nur durch die Klage des Berechtigten, also im Falle eines gesetzlichen Forderungsübergangs einer Klage des neuen Gläubigers (Zessionars) ein (vgl. Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 204, Rdnr. 9 unter Verweis auf BGH, VersR 65, 611). Eine Rückabtretung der Forderung an den alten Gläubiger (Zedenten) hemmt dessen Klage nur ex nunc, also ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Rückabtretung (vgl. Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearbeitung 2019, § 204, Rdnr. 10 unter Verweis auf BGH, NJW 1995, 1675). Da die Rückabtretung der übergegangenen Ansprüche auf die Antragstellerin im vorliegenden Fall erst am 6.11.2019 vereinbart wurde, konnte sie den Eintritt der Verjährung der bereits mit Ablauf der Jahre 2016 bis 2018 verjährten Unterhaltsansprüche aus den Jahren 2013 bis 2015 nicht hemmen.

Die nach § 167 ZPO auf den 5.11.2015 zurückwirkende Antragserhebung durch die Antragstellerin führte daher lediglich zur Hemmung der Verjährung der zu diesem Zeitpunkt nicht auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergegangenen Unterhaltsansprüche für den Zeitraum von Juli 2013 bis November 2015 sowie der noch nicht auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergegangenen Unterhaltsansprüche für den Zeitraum von Dezember 2015 bis Juni 2016. Deren späterer (teilweiser) Übergang auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II lässt weder die Berechtigung der Antragstellerin zu ihrer Geltendmachung noch die Hemmungswirkung ihrer Anträge entfallen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 265 Abs. 2 Satz 1, 167 ZPO; vgl. zu der sich aus § 167 ZPO ergebenden Hemmungswirkung auch für Ansprüche, deren Inhaberschaft der Antragsteller im Zeitraum zwischen der Einreichung seines Antrags und dessen alsbaldiger Zustellung verloren hat, BGH, NJW 2013, 1730, Rdnr. 26 f.).

Ausgehend von den im Schriftsatz vom 4.10.2019 genannten Beträgen und den mit dem Schriftsatz in Kopie vorgelegten Bescheiden sind die geltend gemachten Unterhaltsansprüche damit in Höhe der gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von 2.549,91 Euro im Jahr 2013, von 9.284,88 Euro im Jahr 2014 und von 8.726,40 Euro im Zeitraum von Januar bis November 2015, insgesamt also in Höhe von 20.561,19 Euro verjährt.

Die darüber hinaus geltend gemachten Unterhaltsansprüche von 3.450,09 Euro im Jahr 2013, von 2.715,12 Euro im Jahr 2014, von 3.273,60 Euro im Jahr 2015 und von 6.000,- Euro im Jahr 2016 sind hingegen nicht verjährt.

Die Verjährung der Unterhaltsansprüche war gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 14 BGB ab dem 5.11.2015 gehemmt; die Hemmung endete gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 und 3 BGB sechs Monate nach der Zustellung des Teilbeschlusses vom 7.4.2017 und damit mit Ablauf des 18.10.2017 und begann gemäß §§ 204 Abs. 2 Satz 4 BGB, 167 ZPO mit dem Eingang des Leistungsantrags beim Beschwerdegericht am 31.1.2019 erneut. Zu diesem Zeitpunkt war die dreijährige Verjährungsfrist für die 2013 entstandenen Unterhaltsansprüche 34 Monate und 16 Tage gelaufen, also selbst für die ältesten geltend gemachten Unterhaltsansprüche noch nicht abgelaufen.

Die geltend gemachten Unterhaltsansprüche sind allerdings gemäß § 1585 b Abs. 3 BGB verwirkt, soweit sie vor dem 5.11.2014 entstanden sind.

Nach § 1585 b Abs. 3 BGB kann nachehelicher Ehegattenunterhalt für eine mehr als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit nur verlangt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat. § 1585 b Abs. 3 BGB gilt auch für Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes auf einen Träger von Sozialleistungen übergegangen sind (vgl. BGH, FamRZ 2019, 112, Rdnr. 22). Eine absichtliche Entziehung setzt eine bewusste Erschwerung der Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs des Unterhaltsberechtigten voraus (vgl. BGH, FamRZ 1989, 150; FamRZ 2005, 1162; OLG Köln, FamRZ 1997, 426). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Umständen, welche auf eine absichtliche Entziehung schließen lassen, trägt der Unterhaltsberechtigte (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1585 b, Rdnr. 8 m.w.N.; Wendl/Dose/Siebert, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 6, Rdnr. 118). § 167 ZPO findet Anwendung mit der Folge, dass der für die Berechnung der Jahresfrist maßgebliche Zeitpunkt der Rechtshängigkeit bei alsbaldiger Zustellung auf den Zeitpunkt des Antragseingangs bei Gericht vorverlegt wird (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1585 b, Rdnr. 6 m.w.N.; Wendl/Dose/Siebert, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 6, Rdnr. 114 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin keine Umstände dargelegt, welche darauf schließen ließen, dass der Antragsgegner sich absichtlich seiner Unterhaltspflicht entzogen hat. Die bloße Untätigkeit des Antragsgegners nach erfolgter Inverzugsetzung durch die Stufenmahnung vom 16.7.2013 reicht für die Annahme einer bewussten Erschwerung der Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin nicht aus, weil § 1585 b Abs. 3 BGB sonst ins Leere liefe. Die Annahme einer absichtlichen Entziehung setzt daher über die bloße Inverzugsetzung hinausgehende Umstände voraus. Die geltend gemachten Unterhaltsansprüche sind daher ausgehend vom Antragseingang am 5.11.2015 und dessen alsbaldiger Zustellung am 22.1.2016 bis einschließlich November 2014 verwirkt.

Eine darüber hinausgehende Verwirkung der geltend gemachten Unterhaltsansprüche für den Zeitraum ab Dezember 2014 kann hingegen nicht angenommen werden. Das bloße Unterlassen der Fortsetzung einer begonnenen Geltendmachung von Unterhalt kann das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment nicht begründen. Vielmehr bedarf es der Darlegung weiterer Umstände, auf Grund derer der Unterhaltspflichtige berechtigterweise darauf vertrauen durfte, vom Unterhaltsberechtigten nicht mehr auf den geltend gemachten Unterhalt in Anspruch genommen zu werden (vgl. BGH, FamRZ 2018, 589; FamRZ 2018, 681). Solche Umstände sind hier weder vorgetragen noch ersichtlich. Der vorgelegte Schriftverkehr der Beteiligten im Anschluss an den Erlass des Teilbeschlusses vom 7.4.2017, in welchem die Beteiligten darüber stritten, welche Auskünfte der Antragsgegner noch erteilen bzw. welche Belege er noch vorlegen müsse, spricht sogar eindeutig gegen die Annahme eines solchen Umstandsmoments.

Für den nicht verwirkten Zeitraum von Dezember 2014 bis Juni 2016 steht der Antragstellerin in Folge der Stufenmahnung vom 16.7.2013 gemäß §§ 1585 b Abs. 2, 1613 Abs. 1 BGB ein Unterhaltsanspruch nach § 1573 Abs. 2 BGB (sogenannter Aufstockungsunterhalt) zu.

Der Antragsgegner weist zwar zutreffend darauf hin, dass Voraussetzung eines nachehelichen Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt das allenfalls durch eine vorübergehende Leistungsunfähigkeit des Unterhaltspflichtigen unterbrochene durchgängige Bestehen eines Unterhaltsanspruchs ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung ist (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1573, Rdnr. 16 unter Verweis auf BGH, FamRZ 2016, 203; FamRZ 2005, 1817). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall jedoch gegeben. Der Antragsteller hat nach Rechtskraft der Scheidung bis Juni 2013 noch Ehegattenunterhalt gezahlt. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Einstellung der Unterhaltszahlungen im Juli 2013 darauf beruhte, dass der Antragstellerin ab diesem Zeitpunkt kein Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB mehr zustand und dass die Einkommensunterschiede der Beteiligten im Jahr 2013 noch keinen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründeten, bestand ein solcher jedenfalls ab dem Jahr 2014, in welchem der Antragsteller ein Bruttoeinkommen von 32.316,- Euro erzielte und seine Gesellschaft einen Gewinn von 212.655,52 Euro erwirtschaftete. Die „Unterhaltskette" war damit allenfalls für sechs Monate unterbrochen. Da der Antragsgegner während der gesamten Zeit seiner schon während der Ehe ausgeübten Tätigkeit nachging, rechtfertigt dies sowohl die Annahme, dass die ab 2014 erzielten Einkünfte bedarfsprägend im Sinne des § 1578 Abs. 1 BGB waren (vgl. zur Berücksichtigung nachehelicher Einkommensverbesserungen Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1578, Rdnr. 20 m.w.N.), als auch die Annahme einer allenfalls vorübergehenden Unterbrechung der „Unterhaltskette".

Im Ergebnis geht der Senat unter Zugrundelegung des vom Antragsgegner im streitgegenständlichen Zeitraum von 2013 bis 2016 durchschnittlich erzielten Einkommens sogar von einem ununterbrochenen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt aus. Im Hinblick auf die starken Schwankungen der Einkünfte des Antragsgegners erachtet der Senat es als gerechtfertigt, für die Ermittlung der hier ausschließlich noch geltend gemachten Unterhaltsrückstände auf das gesamte im streitgegenständlichen Zeitraum erzielte Einkommen abzustellen, weil es lebensfremd erscheint, dass die Beteiligten ihren Bedarf jährlich den jeweiligen Einkommensschwankungen angepasst hätten (vgl. insoweit auch BGH, FamRZ 2007, 1532, Rdnr. 23). Soweit der Antragsgegner darauf hinweist, dass die Antragstellerin keine Angaben zur Höhe seines in der zweiten Hälfte des Jahres 2013 und in der ersten Hälfte des Jahres 2016 erzielten Einkommens gemacht hat, ist dies unerheblich, weil der Antragsgegner selbst nicht vorträgt, in diesen beiden Zeitabschnitten weniger als im Durchschnitt des jeweiligen Jahres verdient zu haben.

Bringt man das in den Jahren 2013 bis 2016 vom Antragsgegner erzielte Bruttoeinkommen aus seiner Geschäftsführertätigkeit, das den geldwerten Vorteil aus der Nutzung eines Firmenwagens enthält, und den im genannten Zeitraum von seiner GmbH erzielten Gewinn in voller Höhe als bedarfsprägendes Einkommen in Ansatz und zieht davon die von der Antragstellerin in Ansatz gebrachten Steuern, welche sogar die für Körperschaftssteuer, Kapitalertragssteuer (zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) und Einkommenssteuer (zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) geltenden Höchstsätze überschreiten, und die von der Antragstellerin in Ansatz gebrachten Alters- und Krankenvorsorgeaufwendungen ab, welche die vom Antragsgegner selbst bezifferten Aufwendungen übersteigen, verbleibt auch unter Außerachtlassung des von der Antragstellerin in Ansatz gebrachten Zuschlags für eine behauptete fehlerhafte Verbuchung privater Raumkosten ein durchschnittliches bereinigtes Nettoeinkommen von über 6.400,- Euro vor Abzug des Kindesunterhalts.

Selbst wenn man den Kindesunterhalt für die beiden ehelichen Kinder mit dem sich aus der Düsseldorfer Tabelle ergebenden Höchstsatz in Ansatz bringt, stand dem Antragsgegner damit im streitgegenständlichen Zeitraum auch nach Abzug des Kindesunterhalts ein bedarfsprägendes bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von mindestens 5.200,- Euro zur Verfügung.

Die Antragstellerin hat das von ihr erzielbare gesetzliche Nettoeinkommen - ausgehend von der Hochrechnung ihres bis Juni 2013 erzielten Einkommens auf eine Vollzeitstelle zunächst mit 1.720,- Euro monatlich vor Abzug berufsbedingter Aufwendungen angegeben. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat sie zu den tatsächlich erzielten Einkünften vorgetragen und eine zumindest phasenweise krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit sowie eine fortbestehende Betreuungsbedürftigkeit der beiden bei ihr lebenden Kinder geltend gemacht.

Da vor dem Hintergrund der durch eine lange Unterbrechung wegen der Kinderbetreuung und eine anschließende Teilzeitbeschäftigung in der Firma des geschiedenen Ehemanns gekennzeichneten Erwerbsbiografie keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich sind, dass die Antragsgegnerin mit einer Vollzeitbeschäftigung ein höheres als das mit der Vollzeitbeschäftigung im Herbst 2013 erzielte Einkommen hätte erzielen können, ist dieses den erzielbaren Einkünften zu Grunde zu legen. Ausgehend von einer Obliegenheit zur Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit mit 40 Wochenstunden, wie sie die Antragsgegnerin im Oktober und der ersten Hälfte des November 2013 ausübte, beläuft sich das erzielbare gesetzliche Nettoeinkommen auf rund 1.550,- monatlich. Nach Abzug einer fünfprozentigen Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen verbleibt ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.472,50 Euro.

Ein fiktives Einkommen In dieser Höhe ist der Antragstellerin für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum anzurechnen. Der Aufnahme einer Vollzeittätigkeit entgegenstehende kind- oder elternbezogene Belange im Sinne des § 1570 Abs. 1 und 2 BGB sind weder dargelegt noch ersichtlich. Die Antragstellerin nahm unmittelbar nach Einstellung der Unterhaltsleistungen des Antragsgegners eine Vollzeitbeschäftigung auf, die sie nach eigenem Vortrag nicht wegen der Betreuungsbedürftigkeit der beiden Kinder, sondern in Folge einer arbeitgeberseitigen Kündigung beendete.

Dass sie nach der Kündigung keine realistische anderweitige Beschäftigungschance hatte, hat sie nicht hinreichend dargelegt. Sie hat weder ausreichende Bewerbungsbemühungen vorgetragen noch eine mehr als vorübergehende krankheitsbedingte Einschränkung ihrer Erwerbsunfähigkeit. Die phasenweisen Krankschreibungen durch ihren Hausarzt reichen für die Annahme einer Erwerbsunfähigkeit nicht aus, zumal weder die Antragstellerin noch das Jobcenter auf einen Wechsel der Antragstellerin in den Grundsicherungsbezug für nicht Erwerbsfähige hingewirkt haben. Auf die Frage, ob eine Erkrankung bereits in dem für die Geltendmachung von Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB maßgeblichen Einsatzzeitpunkt vorlag, kommt es daher nicht an.

Dem erzielbaren Erwerbseinkommen ist der aus der Nutzung des eigenen Heims resultierende Wohnvorteil hinzuzurechnen (vgl. Ziffer 5 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1.1.2020, veröffentlicht unter www.hefam.de). Insoweit hat der Antragsgegner zu Recht darauf hingewiesen, dass das Hausgrundstück seit 2009 als Folge der allgemeinen Preisentwicklung am Immobilienmarkt eine erhebliche Wertsteigerung erfahren hat, die im Zusammenspiel mit der Entwicklung der Wohnungsmieten im X-Gebiet auch für den streitgegenständlichen Zeitraum den Ansatz einer höheren als der von der Antragstellerin veranschlagten Miete rechtfertigt. Der Ansatz eines Mietwerts von 1.500,- Euro monatlich erscheint hier - auch in Anbetracht der Größe des Grundstücks - realistisch.

Der Mietwert ist um die anfallenden Finanzierungslasten zu bereinigen, zu denen nach Auffassung des Senats nicht nur die Zins-, sondern auch die Tilgungsleistungen rechnen. Zwar führen diese zu einer Vermögensbildung auf Seiten der Antragstellerin. Sie dienen jedoch der Finanzierung des anzurechnenden Wohnvorteils, den es ohne die Tilgungsleistungen nicht gäbe. Im Übrigen stünden die aus der Finanzierung des Erwerbs der vormaligen Ehewohnung herrührenden Tilgungsleistungen auch im Falle einer fortgesetzten Bedarfsgemeinschaft der Beteiligten nicht für den Lebensunterhalt zur Verfügung, würden also ihren Bedarf prägen. Der Senat rückt vor diesem Hintergrund von seiner bisherigen Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Tilgungsleistungen beim Wohnvorteil ab und folgt der zum Elternunterhalt entwickelten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, deren Ausweitung auf den Ehegattenunterhalt der Bundesgerichtshof bereits angedeutet hat (vgl. BGH, FamRZ 2018, 1506, Rdnr. 31 unter Verweis auf seine zum Elternunterhalt ergangene Entscheidung FamRZ 2017, 519; OLG Frankfurt am Main, FamRZ 2019, 1611, Rdnr. 66; für den Abzug beim Kindesunterhalt OLG Frankfurt am Main, NZFam 2019, 1054).

Ausgehend von einem Mietwert von 1.500,- Euro verbleibt nach Abzug der durchschnittlichen Zins- und Tilgungsleistungen von 916,67 Euro ein monatlicher Wohnvorteil von 583,33 Euro.

Das bedarfsprägende erzielbare Einkommen der Antragstellerin belief sich im streitgegenständlichen Zeitraum damit auf 2.055,83 Euro.

Daraus folgt im Falle einer quotalen Berechnung des Unterhaltsanspruchs mittels einer Halbteilung des von beiden Beteiligten erzielten bzw. erzielbaren bedarfsprägenden Einkommens unter Berücksichtigung eines Erwerbsanreizes von einem Siebtel des bedarfsprägenden Erwerbseinkommens ein ungedeckter Bedarf der Antragstellerin von (5200 x 6/7 - 1472,50 x 6/7 - 583,33) : 2 = gerundet 1.306,- Euro.

Der Antragsgegner ist auch unter Berücksichtigung seiner ab Dezember 2014 einsetzenden Unterhaltspflicht gegenüber seiner neuen Ehefrau und seiner ab April 2015 einsetzenden Unterhaltspflicht gegenüber dem aus seiner neuen Ehe hervorgegangenen Kind jedenfalls in Höhe des geltend gemachten Unterhalts von 1.000,- Euro monatlich leistungsfähig im Sinne des § 1581 BGB. Selbst wenn man den Barbedarf des neu geborenen Kindes mit dem Höchstsatz der Düsseldorfer Tabelle in Ansatz bringt und davon ausgeht, dass dieser allein aus dem Einkommen des Antragsgegners bestritten wird, verbleibt dem Antragsgegner nach Abzug des geforderten Unterhalts ein höherer Betrag als der Antragstellerin. Der Halbteilungsgrundsatz ist damit nicht verletzt.

Eine aus der Unterhaltspflicht gegenüber der neuen Ehefrau resultierende Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes hat der Antragsteller nicht dargelegt. Zur Höhe des von der neuen Ehefrau in den Jahren 2015 und 2016 erzielten Einkommens hat er keine Angaben gemacht. Auch für den Monat Dezember 2014 ist eine mit der neuen Ehe einhergehende Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners nicht dargelegt. Bei einem von der neuen Ehefrau im Jahr 2014 erzielten Bruttoeinkommen von 119.566,- Euro war deren sich aus einer Dreiteilung des Einkommens der beiden Beteiligten und der neuen Ehefrau ergebender Bedarf (vgl. insoweit BGH, FamRZ 2012, 288) offensichtlich durch ihr eigenes Einkommen und den bei der Bedarfsberechnung der Antragstellerin nicht berücksichtigten steuerlichen Splittingvorteil gedeckt.

Dennoch kann nicht von einem ungedeckten Bedarf der Antragstellerin in Höhe des von ihr geltend gemachten Betrags von 1.000,- Euro monatlich ausgegangen werden.

Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall noch die in den Unterhaltsgrundsätzen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main für die Jahre 2013 bis 2016 enthaltene relative Sättigungsgrenze von 2.500,- Euro Anwendung findet, oberhalb derer ein Bedarf vom Unterhaltsberechtigten konkret, also nicht als Quote des verfügbaren Einkommens darzulegen und zu beweisen ist, oder ob auch für die Vergangenheit von einer tatsächlichen Vermutung des vollständigen Verbrauchs des verfügbaren Einkommens bis zum Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommenshöchstbetrags auszugehen ist mit der Folge, dass der Unterhaltspflichtige darlegen und beweisen muss, dass die Beteiligten das verfügbare Einkommen nicht in vollem Umfang zur Bedarfsdeckung eingesetzt haben bzw. eingesetzt hätten (vgl. zur Problematik BGH, FamRZ 2018, 260; FamRZ 2020, 21, und Ziffer 15.3 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1.1.2020). Auf Grund des fest stehenden Sachverhalts gelangt man nämlich in beiden Fällen zum gleichen Ergebnis.

Bis zur Einstellung der Unterhaltsleistungen des Antragsgegners im Juli 2013 stand der Antragstellerin zur Bedarfsdeckung ein monatlicher Betrag in Höhe des Wohnvorteils von 583,33 Euro, des Erwerbseinkommens von 397,56 Euro (nach Abzug einer Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen) und des vom Antragsgegner im ersten Halbjahr gezahlten Unterhalts von durchschnittlich 1.494,33 Euro zur Verfügung.

Gegen eine Deckelung des eheprägenden Bedarfs auf den sich daraus ergebenden Betrag bestehen bereits deshalb Bedenken, weil die Antragstellerin anschließend Einkommen erzielt hat bzw. ihr Einkommen angerechnet wird, welches an die Stelle der bis einschließlich Juni 2013 geleisteten Kinderbetreuung getreten ist. Dieses wirkt sich im Falle einer quotalen Bedarfsermittlung nach der oben angewandten Differenzmethode bedarfserhöhend aus (vgl. BGH, FamRZ 2001, 1687). Führt das als Surrogat der Kinderbetreuung erzielte Einkommen hingegen zu einem Überschreiten der relativen Sättigungsgrenze der Ziffer 15.3 der Unterhaltsgrundsätze, soll es sich nicht bedarfserhöhend auswirken und - im Ergebnis - nach der Anrechnungsmethode auf den durch die Sättigungsgrenze bzw. durch das vor der Aufnahme der Erwerbstätigkeit vorhandene Einkommen gedeckelten Bedarf anzurechnen sein. Diese Vorgehensweise begegnet jedenfalls bei einer Sättigungsgrenze von 2.500,- Euro, welche im streitgegenständlichen Zeitraum einem Einkommen nach der vierten von zehn Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle entsprach, erheblichen Bedenken. Vielmehr spricht nach Auffassung des Senats eine tatsächliche Vermutung dafür, dass zusätzliches, an Stelle der bisher geleisteten Kinderbetreuung erzieltes Einkommen, von den Ehegatten im Falle einer Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht in voller Höhe angespart, sondern auch dann zumindest teilweise zur Deckung eines durch das zusätzliche Einkommen gestiegenen Lebensbedarfs verwendet worden wäre, wenn dieser den Betrag von 2.500,- Euro monatlich überstiegen hätte.

Einer vollen Berücksichtigung des zusätzlichen Einkommens als bedarfserhöhend steht im vorliegenden Fall allerdings die vom Antragsgegner sowohl im streitgegenständlichen Zeitraum als auch vor Eintritt der Rechtskraft der Ehescheidung und vor Beginn der Erwerbstätigkeit der Antragstellerin unstreitig betriebene Vermögensbildung entgegen. Der Antragsgegner ließ sich die von seiner Gesellschaft in den Jahren 2011 bis 2016 erzielten Gewinne nicht ausschütten; sie standen tatsächlich nicht zur Deckung seines Lebensbedarfs und des Lebensbedarfs der Antragstellerin zur Verfügung. Wenn die Beteiligten ihr Einkommen aber bereits vor der Erzielung zusätzlichen Einkommens durch die Antragstellerin nicht in voller Höhe zur Bedarfsdeckung einsetzten, ist eine dahingehende tatsächliche Vermutung, dass das zusätzliche Einkommen in voller Höhe verbraucht worden wäre, widerlegt.

Allerdings bleibt unklar, aus welchen Mitteln der Antragsgegner den bis Juni 2013 gezahlten Unterhalt bestritten hat. Die Höhe der Unterhaltszahlungen und des von seiner neuen Ehefrau im Jahr 2014 erzielten Einkommens lassen vermuten, dass ihm neben seinem Geschäftsführereinkommen noch weitere Mittel zur Deckung seines Bedarfs zur Verfügung standen.

Der Senat erachtet es vor diesem Hintergrund als gerechtfertigt, die von der Antragstellerin ab Juli 2013 zusätzlich erzielten bzw. erzielbaren Erwerbseinkünfte von bereinigt rund 1.075,- Euro netto monatlich (1.472,50 Euro statt 397,56 Euro) in Höhe eines Betrags von 500,- Euro, also etwa in Höhe der Hälfte des zusätzlich erzielten Einkommens als bedarfserhöhend zu berücksichtigen und sie im Übrigen auf den sich daraus ergebenden konkreten Bedarf anzurechnen, woraus sich bei einem bis Juni 2013 zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehenden Betrag von 2.475,22 Euro ab Juli 2013 ein (konkreter) Bedarf von gerundet 2.975,- Euro ergibt. Daraus folgt bei einem anzurechnenden Einkommen von 1.472,50 Euro aus fiktiver Erwerbstätigkeit und von 583,33 Euro aus dem Wohnvorteil ein ungedeckter Bedarf und damit ein Unterhaltsanspruch von gerundet 920,- Euro.

Eine weitergehende als die von der Antragstellerin selbst vorgenommene zeitliche Befristung ihres Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 2 BGB ist nicht geboten. Eine für den Antragsgegner mit einer insgesamt dreieinhalb-jährigen vollen Unterhaltspflicht verbundene Unbilligkeit ist weder dargelegt noch - in Anbetracht der Dauer der Ehe und der Aufgabenverteilung während der Ehe - ersichtlich.

Unter Berücksichtigung der teilweise eingetretenen Verjährung und der für den Zeitraum bis einschließlich November 2014 anzunehmenden vollständigen Verwirkung errechnen sich die Unterhaltsrückstände wie folgt:

Für den Zeitraum von Dezember 2015 bis Juni 2016 belaufen sich die Unterhaltsrückstände auf 7 x 920 = 6.440,- Euro. Davon entfallen 5.510,92 Euro auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II und 929,08 Euro auf die Antragstellerin.

Die Unterhaltsrückstände von 12 x 920 = 11.040,- Euro für den Zeitraum von Dezember 2014 bis November 2015 sind in Höhe der auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergegangenen Ansprüche von 9.500,14 Euro verjährt. Es verbleibt ein an die Antragstellerin zu zahlender rückständiger Unterhalt von 1.539,86 Euro.

Insgesamt belaufen sich die Unterhaltsrückstände damit auf den im Tenor genannten Betrag von 7.979,86 Euro.

Der nur für den Zeitraum bis einschließlich Juni 2016 geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus §§ 1612 Abs. 3 Satz 1, 1613 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1, 291 BGB. Die Berechnung der zu verzinsenden Beträge ergibt sich für den Zeitraum bis einschließlich November 2015 aus der Differenz zwischen dem monatlichen Unterhaltsanspruch von 920,- Euro und den für den jeweiligen Monat gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, wie sie sich aus dem Schriftsatz vom 4.10.2019 ergeben. Durch die Stufenmahnung vom 16.7.2013 hat die Antragstellerin den Antragsgegner - auch für die Zukunft - wirksam in Verzug gesetzt (vgl. BGH, FamRZ 1990, 283). Ausgehend von einer Fälligkeit des geschuldeten Unterhalts zum jeweiligen Monatsersten (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1585, Rdnr. 1 m.w.N.) geriet der Antragsgegner damit jeweils am Zweiten eines jeden Monats mit der Unterhaltszahlung in Verzug, weshalb eine Verzinsung bis zur Rechtshängigkeit jeweils ab dem Zweiten eines jeden Monats anzuordnen ist. Ab der Rechtshängigkeit besteht der Zinsanspruch gemäß § 191 BGB ab der jeweiligen Fälligkeit und somit bereits am dem Ersten eines jeden Monats.

Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit der Entscheidung nach § 116 Abs. 3 Satz 2 und 3 FamFG ist nicht angezeigt, weil Gegenstand der Entscheidung lediglich Unterhalt für einen weit zurückliegenden Zeitraum in der Vergangenheit ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 243 FamFG, welcher in Unterhaltssachen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kostenverteilung verdrängt. Im Hinblick auf die nach § 243 Satz 2 Nr. 2 FamFG in die Ermessensabwägung einzubeziehende Verweigerung der Auskunftserteilung durch den Antragsgegner vor Beginn des vorliegenden Verfahrens und den nach § 243 Satz 2 Nr. 1 FamFG zu berücksichtigenden Grad des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten entspricht eine Aufhebung der Kosten für beide Rechtszüge billigem Ermessen.

Die Rechtsbeschwerde ist wegen der aufgeworfenen grundsätzlichen Rechtsfragen zuzulassen (§ 70 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG). ..."

***

Zur Berücksichtigung von Fahrtkosten bei der Bereinigung des Ehegatteneinkommens in einer Doppelverdienerehe. Bei der Bemessung des Wohnvorteils einer selbstgenutzten Immobilie sind zur Ermittlung des nachehelichen Unterhalts die Kreditzinsen grundsätzlich abzugsfähig, während die Tilgung, soweit sie einseitige Vermögensbildung darstellt, unberücksichtigt bleibt, es sei denn, sie ist als zusätzliche Altersvorsorge anzuerkennen (vergleiche BGH, FamRZ 2008, 963). Bei einer dreistufigen Berechnung von Vorsorgeunterhaltsansprüchen haben zur Ermittlung des vorläufigen Elementarunterhalts diejenigen Einkommensbestandteile des Unterhaltsgläubigers, die keiner sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichstehen, sondern ihrer Art nach selbst schon als Altersvorsorge geeignet sind, wie etwa der Wohnvorteil, als Anknüpfung für eine Altersvorsorge außer Betracht zu bleiben; sie sind deshalb auf der ersten Berechnungsstufe noch nicht bei der Bedarfsermittlung, sondern erst bei der Bedarfsdeckung zu berücksichtigen und erst in der dritten Berechnungsstufe auch zur Bedarfsermittlung heranzuziehen (vergleiche BGH NJW 2000, 284, 288; Senat NZFam 2016, 983 Rn 117-119 m.w.N.; OLG Brandenburgt, Beschluss vom 05.10.2018 - 13 UF 59/18):

„... Zur Bemessung des Anspruchs des Antragstellers auf Aufstockungsunterhalt (§§ 1569, 1573 Abs. 2, 1578 Abs. 3 BGB) ermittelt sich das Einkommen der Antragsgegnerin unter Fortschreibung der Werte aus 2017 wie folgt:

Antragsgegnerin

Nettogehalt 5.132,88 €
berufsbedingte Aufwendungen -256,64 €
Prämien LV -129,76 €

Erwerbseinkommen Antragsgegnerin 4.746,48 €
6/7 Antragsgegnerin Erwerbseinkommen 4.068,41 €
Mieteinnahmen 57,15 €

Gesamteinkommen Antragsgegnerin 4.125,55 €

Als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sind zunächst 102,60 € brutto monatlich anzusetzen (Nr 1.6 Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, fortan auch: LL), da die Mieten die Finanzierungsraten um diesen Betrag unstreitig übersteigen, und die Antragsgegnerin weitere abzugsfähige Werbungskosten nicht schätzbar beziffert hat. Ihr steuerpflichtiges Jahresbruttoeinkommen erhöht sich von 112.578,15 € (263 UE) um 1231,20 € auf 13.809,35 €. Das zusätzliche Nettoeinkommen schätzt der Senat anhand des Einkommenssteuerrechners des Bundesministeriums der Finanzen (https://www.bmf-steuerrechner.de/ekst) bei einem Grenzsteuersatz von 42 % und Solidaritätszuschlag mit 57,15 € monatlich.

Das Einkommen des Antragstellers ermittelt sich wie folgt:

Antragsteller Nettogehalt 2.012,75 €
Fahrtkosten -711,33 €
Steuererstattung 124,00 €
Prämien BU -114,87 €
Prämien LV (4 % Brutto) -130,00 €

Erwerbseinkommen Antragsteller 1.180,55 €
6/7 Antragsteller Erwerbseinkommen 1.011,90 €
Wohnwert 825,04 €

Gesamteinkommen Antragsteller 1.836,94 €

Der Fahrtkostenansatz des Amtsgerichts ist nicht zu beanstanden.

Es hat tragfähig auf die unbestrittene Notwendigkeit abgestellt, mit dem Fahrzeug während der Berufstätigkeit Fahrten zu verschiedenen Einsatzorten und Besprechungen vorzunehmen (vgl. Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, § 1 Rn. 134 m.w.N.). Desgleichen hat es eine Obliegenheit des Antragstellers zu einem Umzug in eine näher zum Arbeitsort gelegene Wohnung in Ansehung des damit als Einkommensbestandteil entfallenden Wohnvorteils und einer in hiesiger Region üblichen Entfernung von 82 km zum Arbeitsort tragfähig verneint. Hinzu kommen eine erhebliche Verwurzelung des 1958 geborenen Antragstellers, der seinen Lebensmittelpunkt seit Jahren in Neuruppin hat (vgl. 220 UE), eine Milderung der Fahrtkostenabzüge durch Zurechnung steuerlicher Rückerstattungen sowie das Fehlen von beengten Einkommensverhältnissen während der Doppelverdienerehe.

Die Antragsgegnerin kann dem Antragsteller die Fahrtkosten auch nicht als nachehelich unbeachtliche Einkommensreduzierung zwischen Trennung und Scheidung entgegen halten. Zum Zeitpunkt der Trennung, im November 2010 (vgl. 50), erzielte der Antragsteller überhaupt kein Arbeitseinkommen. Sein früheres Arbeitsverhältnis wurde nach unwidersprochenem Vorbringen (192) durch arbeitgeberseitige Kündigung bereits in 2010 beendet, und zwar mit Austritt zum 31.05., wie sich aus seiner Gehaltsabrechnung vom 04.06.2010 unschwer ergibt (199). Sodann lag bereits sein erstes nach Trennung eingegangenes Arbeitsverhältnis in 2011 außerhalb Neuruppins und war mit regelmäßigen Einsätzen auf auswärtigen Baustellen im Bundesgebiet verbunden (192). Im Übrigen wäre selbst bei Einkommenssenkungen nach Trennung darauf abzustellen, ob es sich um ein unterhaltsbezogen leichtfertiges Verhalten handelt (vgl. Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, § 4 Rn. 479). Auch davon ließe sich nicht ausgehen, nachdem der Antragsteller nach abermaliger arbeitgeberseitigen Kündigung in 2013 (vgl. 192) und einer sich anschließenden beträchtlichen Dauer einer abermaligen Arbeitslosigkeit im Oktober 2014 ein neues Arbeitsverhältnis aufnahm, in seinem bisherigen Berufsfeld, mit einem vergleichbaren Einkommen, dessen von Amtsgericht ermittelten monatlichen Nettobezüge zudem über denen aus 2010 lagen (vgl. 199), und das ihm offensichtlich die Perspektive einer dauerhaften Anstellung bot.

Der Wohnwert beträgt monatlich 825,04 €. Er errechnet sich regelmäßig unter Zugrundelegung des üblichen Entgelts für ein vergleichbares Objekt (Nr. 5 LL). Die marktüblich erzielbare Nettokaltmiete setzt der Senat entsprechend den als substantiierten Sachvortrag zu wertenden Ermittlungen des Sachverständigen ... in dessen Gutachten vom 13.12.2016 mit 6,50 € pro Quadratmeter an (26 SV = 122 UE). Dieser hatte diesen Wert auf der Grundlage aller wertbildenden Faktoren, wie insbesondere der Quadratmeter, Grundriss, Anzahl und Lage der Räume, Baujahr des Objektes, Grundstücksgegebenheiten, Erhaltungszustand usw. - die im Übrigen zugleich eine Schätzung entsprechend § 278 ZPO ermöglichen (vgl. Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., § 1 Rn. 485 m.w.N.) - methodengerecht auf der Grundlage verfügbarer Vergleichsmieten für mit dem Bewertungsgrundstück vergleichbar genutzte Grundstücke als mittelfristigen Durchschnittswert abgeleitet und angesetzt (vgl. 27 SV).

Soweit die Ertragswertermittlung des Sachverständigen seine Sachwertermittlung stützt, spricht dies nicht gegen eine methodengerechte Ermittlung der marktüblich erzielbaren Miete im Rahmen des von ihm zu beurteilenden Rohertrages.

Aus dem von der Antragsgegnerin in der Beschwerde vorgelegten Mietangebot für ein restauriertes, grundsaniertes Bürgerhaus aus dem 17. Jahrhundert in der Altstadt Neuruppin ergibt sich nichts anderes. Vielmehr stützt es das Ergebnis des Sachverständigen. Im Gegensatz zu dem Haus des Antragstellers ist das beworbene Objekt zuletzt 2018 saniert worden, handelt es sich um einen Erstbezug nach Sanierung und die Ausstattung ist von gehobener Qualität. Überdies ist es besonders geeignet für Selbstständige mit zusätzlicher gewerblicher Teilnutzung (vgl. 173).

Bei der Bemessung des Wohnvorteils sind die Kreditzinsen, hier insgesamt 14,96 € (vgl. 195), grundsätzlich abzugsfähig, während die Tilgung, soweit sie einseitige Vermögensbildung darstellt, unberücksichtigt bleibt, es sei denn, sie ist als zusätzliche Altersvorsorge anzuerkennen (vgl. BGH, FamRZ 2008, 963). Eine zusätzliche Anerkennung scheidet neben den bereits insoweit berücksichtigten Prämien des Antragstellers für seine Lebensversicherung aus.

Die vom Antragsteller für geboten erachtete Gleichbehandlung der Tilgungsanteile in den Immobilienfinanzierungen der Beteiligten ist gewahrt, da bei der Bereinigung des Einkommens der Antragsgegnerin deren Kreditleistungen ebenfalls und überdies zur Gänze unberücksichtigt bleiben. Die Antragsgegnerin hatte sie schon nicht einkommensmindernd geltend gemacht.

Eine darüber hinausgehende fiktive Erhöhung der von ihr erzielten Miete ist nicht geboten und widerspräche Nr. 1.6 LL. Zudem verkennt eine einfache Gleichsetzung des Wohnwertes des Unterhaltsgläubigers mit Mieterträgen des Unterhaltsschuldners, dass Wohnkosten grundsätzlich aus dem eheangemessenen Selbstbehalt (21.4. LL) zu bestreiten sind, also ohne Beteiligung des geschiedenen Ehegatten. Dabei bleibt es auch dann, wenn ein Unterhaltsgläubiger seine Wohnkosten durch die Finanzierung einer Immobilie bestreitet.

Danach errechnen sich Altersvorsorgeunterhalt, Elementarunterhalt und Gesamtunterhalt gerundet (Nr. 25 LL) wie folgt:

Unterhalt, dreistufig

Gesamteinkommen Antragsgegnerin 4.125,55 €
6/7 Antragsteller Erwerbseinkommen 1.011,90 €
Gesamtbedarf (1. Stufe) 5.137,45 €
Hälfte 2.568,73 €
gedeckt -1.836,94 €
vorläufiger Elementarbedarf (1. Stufe) 731,79 €
Zuschlag (Bremer Tabelle) 0,13%
Bruttobemessungsgrundlage 732,74 €
Beitragsatz 2018 18,60%
Altersvorsorgeunterhalt (AVU) (2. Stufe) 137,00 €

Erwerbseinkommen Antragsgegnerin 4.746,48 €
abzüglich AVU 4.610,19 €
6/7 hiervon 3.951,59 €
Mieteinnahmen 57,15 €

Gesamteinkommen Antragsteller 1.836,94 €
Gesamtbedarf (3. Stufe) 5.845,68 €
Hälfte 2.922,84 €
gedeckt -1.836,94 €
endgültiger Elementarbedarf (3. Stufe) 1.086,00 €
Gesamtunterhalt 1.223,00 €

Die Unterhaltsberechnung des Amtsgerichts war zu korrigieren.

Der zur Zahlung gestellte Gesamtunterhaltsbetrag ist für den Senat bindend (§ 308 ZPO), nicht aber die gegenständliche Aufteilung durch den Antragsteller in Elementarunterhalt und Vorsorgeunterhalt (vgl. Wendl/Gutdeutsch, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. § 4, Rn. 862,863, 886 m.w.N.). Der Vorsorgeunterhalt ist Bestandteil eines einheitlichen Unterhaltsanspruchs, der allerdings wegen unterschiedlicher Zweckbindungen einer gesonderten Geltendmachung bedarf und im Beschluss eigens zu beziffern ist.

In Ansehung des Altersvorsorgeunterhalts hält es der Senat entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BGH FamRZ 2010, 1637, Rn. 36, 237 m.w.N.) für gerechtfertigt, dreistufig vorzugehen und den (vorläufigen) Elementarunterhalt (1. Stufe) zu dem Entgelt aus einer Erwerbstätigkeit und den Vorsorgeunterhalt zu den Versicherungsbeiträgen in Beziehung zu setzen, die im Hinblick auf ein derartiges Erwerbseinkommen zu erreichen wären (2. Stufe) und damit den Unterhaltsberechtigten hinsichtlich der Altersvorsorge so zu behandeln, wie wenn er aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit Einkünfte in Höhe des vorläufigen Elementarunterhalts hätte; hierzu bedient sich der Senat der Bremer Tabelle. Zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes berücksichtigt er den vom Unterhaltsschuldner zu leistenden Vorsorgeunterhalt sodann bei der Ermittlung des endgültigen Elementarunterhaltes (3. Stufe) als Bereinigungsposition.

Dabei haben zur Ermittlung des vorläufigen Elementarunterhaltes diejenigen Einkommensbestandteile des Unterhaltsgläubigers, die keiner sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichstehen, sondern ihrer Art nach selbst schon als Altersvorsorge geeignet sind, wie hier der Wohnvorteil, als Anknüpfung für eine Altersvorsorge außer Betracht zu bleiben; sie sind deshalb auf der ersten Berechnungsstufe noch nicht bei der Bedarfsermittlung, sondern erst bei der Bedarfsdeckung zu berücksichtigen und erst in der dritten Berechnungsstufe auch zur Bedarfsermittlung heranzuziehen (vgl. BGH NJW 2000, 284, 288; Senat NZFam 2016, 983 Rn 117-119 m.w.N.).

Die bisherigen Einkommensverhältnisse des Antragstellers waren auch nach der Kündigung vom 14.05.2018 zum 17.06.2018 weiterhin zugrunde zu legen, Nr. 9 LL. Der Antragsteller hat weder vorgetragen, sein bisheriges Einkommen, das er im Übrigen nach Alter, Vorbildung und beruflichem Werdegang erzielen konnte, sei ihm nunmehr verschlossen, noch hierfür eine längere Übergangsfrist zu benötigen. Zudem hat er zuletzt ausdrücklich keine höheren Unterhaltsansprüche und insoweit keine Einkommensrückgänge mehr geltend gemacht (213).

Die Ausführungen des Amtsgerichts zur verbundenen Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs sind nicht angegriffen, tragfähig und überzeugend. In deren Fortführung war auch aus Sicht des Senats der nunmehr ermittelte Unterhaltsanspruch bis Dezember 2019 zu begrenzen und in der Folgezeit wie bereits vom Amtsgericht gestaffelt, allerdings unter Beibehaltung des neu ermittelten Verhältnisses von Elementar- zu Vorsorgeunterhalt, herabzusetzen und zu begrenzen, § 1578b Abs. 3 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 Abs. 1, Abs. 4 FamFG (vgl. Markwardt, in: Familienrecht, 6. Aufl., FamFG § 150 Rn. 13; Schulte-Bunert/Weinreich/Keske, FamFG, 5. Aufl., § 150 Rn. 13 m.w.N.), wobei sich der Senat am Verhältnis von Obsiegen zu Unterliegen orientiert.

Die Wertfestsetzung folgt aus den §§ 55 Abs. 2, 51 Abs. 1 S 1 FamGKG, die Entscheidung zur sofortigen Wirksamkeit aus § 116 Abs. 3 S 2, 3 FamFG. ..."

***

„... Die zulässigen selbständigen Beschwerden beider Beteiligten haben jeweils in der Sache teilweise Erfolg und führen zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

1. Vorliegend ist der der Antragsgegnerin gemäß § 1572 BGB und gemäß § 1573 Abs. 2 BGB zustehende Unterhalt nicht nach einer Quote, sondern aufgrund einer konkreten Bedarfsberechnung zu ermitteln.

Gemäß Ziffer 15.3 HLL ist bei besonders günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen eine konkrete Bedarfsberechnung vorzunehmen. Hierbei sind die Einkünfte des Berechtigten ohne Erwerbsbonus auf den Bedarf anzurechnen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist eine konkrete Bedarfsberechnung im Einzelfall deshalb durchzuführen, weil bei einem überdurchschnittlich hohen Einkommen die Vermutung nahe liegt, dass dieses nicht mehr in vollem Umfange zur Bedarfsdeckung eingesetzt, sondern auch zu einem erheblichen Teil der Vermögensbildung zugeführt wird. Eine Unterhaltszumessung nach Quote würde in diesen Fällen zu einem den Lebensbedarf übersteigenden Unterhalt führen (BGH FamRZ 2010, 1637). Zwar trägt die Antragsgegnerin eine (erhebliche) Vermögensbildung nicht vor. Sie behauptet vielmehr, dass das gesamte zur Verfügung stehende Geld ausgegeben wurde. Dem ist der Antragsteller allerdings entgegengetreten. Zudem ist unstreitig, dass die Beteiligten im Zuge des Immobilienverkaufs einen erheblichen Gewinn erzielt haben (128.000 EUR). Zumindest dies ist eine nicht unerhebliche Vermögensbildung, sodass der tragende Grund für eine konkrete Bedarfsbemessung bejaht werden kann.

Der BGH ist in der angegebenen Entscheidung davon ausgegangen, dass bei einem Einkommen von jenseits des Höchstsatzes der Düsseldorfer Tabelle eine konkrete Bedarfsberechnung aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist (vgl. auch Wendl/Dose-Siebert, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl., § 4 Rn. 766 zu den anderen Auffassungen, ab wann eine konkrete Bedarfsberechnung angezeigt ist).

Die besonders günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse (d.h. ein bereinigtes beiderseitiges Einkommen von mehr als 5.100 EUR), können auch durchgängig, d.h. nicht erst ab 2011, sondern auch bis zu der Beförderung des Antragstellers zum Piloten bejaht werden. Im Jahr 2010 (vgl. nachfolgende Exceltabelle) verdiente der Antragsteller monatsdurchschnittlich 7.193,04 EUR netto. Auf Seiten des Antragstellers sind auch die Spesen und ggfls. die kostenlose Verpflegung zu berücksichtigen. Wenn die Abzugspositionen und der Kindesunterhalt nach der höchsten Einkommensstufe abgezogen werden, verbleibt noch ein Einkommen von 5.531,44 EUR. Wenn dann noch die nicht konkret vorgetragenen Hausbelastungen (vgl. z.B. Bl. 215 d.A.) i.H. von 600 EUR abgezogen werden, läge man zwar rechnerisch unter 5.100 EUR. Allerdings ist bei der Antragsgegnerin beim unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen ein Wohnwert in zumindest dieser Höhe anzurechnen. Auch das erzielte Erwerbseinkommen der Antragsgegnerin ist zu berücksichtigen, so dass es bei der konkreten Bedarfsberechnung verbleibt.

... Abbildung

Für die Zeit ab 2011, also insbesondere auch für den Unterhaltszeitraum ab 03.05.2014, gelten diese Erwägungen angesichts des gestiegenen Einkommens des Antragstellers erst recht.

Das Amtsgericht hat in der Sitzung vom 28.11.2013 bereits darauf hingewiesen, dass eine konkrete Bedarfsberechnung vorzunehmen sein dürfte, was von den Beteiligten danach, so auch im Beschwerdeverfahren, letztlich nicht mehr in Abrede gestellt wird.

2. Die Antragsgegnerin hat ihren konkreten Bedarf für den hier unterhaltsrechtlich relevanten Zeitraum nur in Höhe von 2.104,12 EUR (bis Mai 2015), 2.254,12 EUR (bis Oktober 2015) und von 2.354,12 EUR (ab November 2015) schlüssig dargelegt, wobei der Senat davon absieht, die Entwicklung des ständig wechselnden Vortrages der Antragsgegnerin im Verlauf des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens im Einzelnen darzustellen.

Die Antragsgegnerin hat sich letztlich, nachdem der Senat bereits im Termin vom 22.09.2014 auf die weitgehende Unschlüssigkeit der Berechnung in der Beschwerdebegründung hingewiesen hat, weiterhin auf die Darlegungen in der Beschwerdebegründung bezogen und diese als nach ihrer Ansicht hinreichend bezeichnet, so dass der Senat seine Feststellungen und Schätzungen grundsätzlich auf diese Darlegungen stützt.

Bei der (deutlich geringeren) Bewertung der Einzelpositionen, wie sie der Senat vorgenommen hat, kann allerdings nicht unberücksichtigt bleiben, dass der von der Antragsgegnerin ermittelte Gesamtbedarf von (rechnerisch richtig) 6.375,75 EUR, der sich an den tatsächlichen ehelichen Lebensverhältnissen während des Zusammenlebens der Beteiligten zu orientieren hat, in der vorgetragenen Höhe schon deshalb nicht richtig sein kann, weil der vierköpfigen Familie keinesfalls Gesamteinkünfte zur Verfügung standen, die der Antragsgegnerin allein einen solchen Lebensstandard auch nur annähernd erlaubt hätten. Dabei verkennt der Senat nicht, dass es einzelne Positionen gibt - hierzu mag insbesondere der Bedarf für Wohnen, Urlaub und PKW gehören -, welche infolge der Trennung für die Antragsgegnerin einen höheren finanziellen Aufwand erfordern, als es ihrem persönlichen Anteil im Rahmen der Familienunterhalts entsprochen hätte. Für den Großteil der Positionen, die (nur) die ganz persönlichen Bedürfnisse der Antragsgegnerin betreffen, gilt dies indessen nicht. Jedoch kann aus dem Umstand, dass sich vor diesem Hintergrund jedenfalls die Gesamtrechnung der Antragsgegnerin als bei weitem überhöht erweist - angesichts des oben dargestellten Einkommens des Antragstellers für die Jahre 2011 und 2012 kommt bei dem von der Antragsgegnerin errechneten Bedarf eine Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes in Betracht -, letztlich noch nicht gefolgert werden, dass damit schon der gesamte konkrete Bedarf nicht schlüssig dargelegt worden ist. Vielmehr ist eine Einzelbetrachtung zu den jeweiligen Position erforderlich; eine Schätzung gemäß § 287 ZPO kommt dabei umso eher in Betracht, als die Bedarfsposition als existenziell notwendig anzusehen ist.

Bei der Darstellung der einzelnen Bedarfsbereiche bzw. Bedarfspositionen folgt der Senat der Gliederung in der Beschwerdebegründung, wobei hinsichtlich der einzelnen Positionen das Nachfolgende gilt:

a) Essen und Trinken

Die Antragsgegnerin gibt hier einen monatlichen Gesamtbedarf i.H.v. 560 EUR an, wobei dieser Betrag auf diverse Einzelpositionen verteilt wird (vgl. obige Tabelle).

Dieser Betrag erscheint bei weitem übersetzt, zumal auch jeglicher Nachweis dafür fehlt, dass während des ehelichen Zusammenlebens von ihr als Einzelperson Lebensmittel und Getränke in einem solchen erheblichen Umfang tatsächlich verzehrt worden sind. Dies hat aber - wie ausgeführt - nicht zur Folge, dass der konkrete Bedarf bei der vorliegenden existenziell notwendigen Position auf Null gesetzt wird. Der Senat sieht es daher als sachgerecht an, den Bedarf für Lebensmittel und Kleidung, wie vom Antragsteller zugestanden, gemäß § 287 ZPO auf einen Gesamtbetrag von 500 EUR zu schätzen. Hierin sind auch Bedarfsgegenstände für den Haushalt enthalten.

b) Kleidung, Schuhe, Schmuck etc.

Hier legt die Antragsgegnerin einen Gesamtbetrag von 660 EUR monatlich (zu den einzelnen Unterpositionen vgl. obige Tabelle) zu Grunde. Bei der Schlüssigkeitsprüfung fällt insoweit auf, dass die Antragsgegnerin beispielsweise bei der Position Oberbekleidung, die immerhin 350 EUR monatlich ausmacht, eine Vielzahl von Kleidungsstücken und Marken aufführt, aber nicht - auch nicht etwa exemplarisch für einen gewissen Zeitraum - mit konkreten Beträgen für bestimmte Kleidungsstücke rechnet. Das Vorbringen ist derartig pauschal, dass noch nicht einmal ein Sachverständigengutachten dazu eingeholt werden könnte, welche Durchschnittsaufwendungen pro Monat anfallen. Abgesehen davon hat der Antragsteller die dargelegten Aufwendungen bestritten, so dass die Antragsgegnerin gehalten gewesen wäre, zumindest einen gewissen Nachweis zu erbringen. Die Vorlage jeglicher Kassenbelege fehlt. Denkbar wäre es auch gewesen - da Kleidungsstücke vielfach mit Giro-Karte bezahlt werden -, Kontoauszüge für einen bestimmten Zeitraum vorzulegen.

Was die Ausführungen zu Schmuck, Uhren und Brille anbelangt, hätte es sich hier besonders angeboten, Belege aus den vergangenen Jahren vorzulegen, zumal kaum anzunehmen ist, dass solche - auch im Hinblick auf laufende Garantiefristen - restlos vernichtet worden sein könnten.

Da man diese Position ebenfalls in einem bestimmten Maße als existenziell notwendig anzusehen haben wird, erscheint es nicht gerechtfertigt, sie ganz auf null zu setzen. Wie bereits unter Buchstabe a) ausgeführt, hat der Senat sie entsprechend dem Zugeständnis des Antragstellers zusammen mit der Position Essen und Trinken einschließlich Bedarfsgegenstände für den Haushalt auf insgesamt 500 EUR monatlich geschätzt.

c) Körperpflege

Hier legt die Antragsgegnerin einen Monatsbetrag von 465 EUR (Unterpositionen siehe obige Tabelle) zu Grunde. Einzelne Darlegungen bzw. Nachweise mit Ausnahme desjenigen für das Kosmetikstudio fehlen gänzlich, so dass weitgehend eine ausreichende Grundlage für eine Schätzung nicht besteht. Es ist daher gerechtfertigt, diese Position gänzlich unbeachtet zu lassen, zumal in der Position Lebensmittel und Bedarfsgegenstände schon gewisse einfache Körperpflegeprodukte enthalten sind.

d) Wohnkosten

Für Miete, Nebenkosten, Treppenhausreinigung und Strom legt die Antragsgegnerin einen Gesamtbetrag von 1.061 EUR zu Grunde. Da die Wohnkosten existenziell notwendig sind, hat der Senat diese ungeachtet der fehlenden Vorlage einzelner Belege geschätzt. Im Rahmen der zuzubilligenden Kaltmiete ist der Senat hierbei davon ausgegangen, dass der Antragsgegnerin bei einer vorherigen Wohnungsgröße für die Familienwohnung von ca. 200 m² nunmehr als Einzelperson eine Wohnungsgröße von 80 m² zuzubilligen ist. Im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin vorgetragene ortsübliche Kaltmiete sowie die vom Antragsteller vorgelegten Wohnungsanzeigen hat der Senat eine monatliche Kaltmiete von 600 EUR berücksichtigt.

Für die Nebenkosten hat die Antragsgegnerin lediglich eine Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2012 vorgelegt, die sich über ca. 220 EUR monatlich verhält. Wenn man in Rechnung stellt, dass zu diesem Zeitpunkt die gemeinsamen Kinder der Beteiligten noch im Haushalt der Antragsgegnerin lebten und sie einen Anspruch auf eine Wohnung von max. 80 m² hätte, ist es sachgerecht, diesen Betrag im Wege der Schätzung um die Hälfte zu kürzen, also auf 110 EUR monatlich.

Die Stromkosten hat der Senat entsprechend dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Beleg auf 90 EUR monatlich geschätzt. Ferner ist eine Prämie zur Hausratversicherung i.H.v. 12 EUR monatlich gerechtfertigt.

Die für eine Haushaltshilfe angesetzten 165 EUR monatlich sind nicht berücksichtigungsfähig. Auch insoweit fehlt jeder Nachweis. Zudem ist nicht dargelegt, warum die Antragsgegnerin neben einer halbschichtigen Erwerbstätigkeit und fehlender Kinderbetreuung ihren Haushalt nicht selbst führen kann. Es ist zwar immer zu beachten, dass es allein auf die Eheprägung ankommt, wobei aber auch zu berücksichtigen ist, inwieweit sich die Wohn- und Lebensverhältnisse seit dem ehelichen Zusammenleben verändert haben.

Die Positionen Verbrauchsmaterial Haushalt und Kosten für Mangelwäsche sind ohne jegliche weitere Substantiierung und ohne jeglichen Nachweis nicht ansatzfähig, insbesondere, wenn für Lebensmittel und Bedarfsgegenstände bereits ein gewisser Betrag zugrundegelegt worden ist.

Die Positionen Zeitungen und Zeitschriften sind ohne jeglichen Nachweis in der geforderten Höhe nicht gerechtfertigt. Wenn der Antragsteller als Pilot eine Fülle von Zeitungen und Zeitschriften kostenlos mit nach Hause bringen konnte, wäre dies kaum nachhaltig eheprägend gewesen, zumal schwer vorstellbar ist, dass die Antragsgegnerin diese neben Haushaltsführung, Erwerbstätigkeit und Freizeitaktivitäten tatsächlich (neben den Büchern) gelesen hat. Der Senat hält es daher für richtig, lediglich für den Bezug einer örtlichen Tageszeitung einen Betrag i.H.v. 27 EUR in die Bedarfsberechnung einzustellen.

Für Internet, Telefon und Fernsehen setzt die Antragsgegnerin einen Gesamtbetrag von monatlich 150 EUR an. Dies erscheint ohne weitere Einzelaufstellung und ohne jeglichen Nachweis in Anbetracht der heutigen preiswerten Flatrates deutlich überhöht. Insoweit hält der Senat einen monatlichen Betrag i.H.v. 50 EUR für sachgerecht (einschließlich GEZ).

Die weiteren von der Antragsgegnerin geltend gemachten Positionen im Bereich Wohnkosten sind ohne jede weitere Einzelaufschlüsselung und ohne jeglichen Nachweis nicht ansetzbar.

e) Kultur

Für die Positionen Kultur und Teilnahme am sozialen Leben hat die Antragsgegnerin einen monatlichen Betrag von ca. 346 EUR in ihre Berechnung eingestellt (Unterpositionen siehe obige Tabelle).

Auch hier gilt, dass keine substantiierte Aufschlüsselung erfolgt und keinerlei Beleg der Antragsgegnerin vorgelegt worden ist.

In der Bedarfsberechnung ist seitens des Senats daher lediglich ein monatlicher Betrag von 13 EUR für Bücher angesetzt worden, wobei berücksichtigt worden ist, dass die Antragsgegnerin gegenüber dem Sachverständigen Lesen als Hobby angegeben hat. Zudem mag der Pauschalbetrag zu nachfolgend f) auch gewisse kulturelle Bedürfnisse abdecken.

f) Sport und Freizeit

Bei weitem übersetzt und in keiner Weise nachgewiesen ist auch die Position Sport und Freizeit (einschließlich Ausrüstung) mit 466,40 EUR im Monat (Unterpositionen siehe obige Tabelle). Da die Antragsgegnerin selber angegeben hat, neben dem gelegentlichen Joggen keinen Sport zu betreiben, andererseits ein gewisser Bedarf für sportliche Aktivitäten und sonstige Freizeit als notwendig anzusehen ist, hat der Senat diesen Bereich entsprechend dem Zugeständnis des Antragstellers mit einem Betrag von 150 EUR monatlich geschätzt.

g) Urlaub

Für den Bereich Urlaub hat die Antragsgegnerin einen Gesamtbedarf von 850 EUR monatlich (Haupturlaube 700 EUR und Städtereisen 150 EUR) behauptet.

Auch die diesbezüglichen Darlegungen sind nicht hinreichend schlüssig. Für die Schlüssigkeit wäre zu erwarten gewesen, dass die Antragsgegnerin die Urlaubsgestaltung exemplarisch für einen bestimmten Zeitraum des ehelichen Zusammenlebens darstellt und insbesondere auch die während der Zeit des ehelichen Zusammenlebens tatsächlich entstandenen Kosten, jedenfalls der ungefähren Größenordnung nach, vorträgt. Zudem ist es nicht gerechtfertigt, anzunehmen, dass der Umfang und die Ausgestaltung der Urlaube die Ehe in der Weise nachhaltig geprägt haben, dass sie ungeachtet der dafür aufzuwendenden Kosten auch künftig so durchgeführt werden sollten. Die Gesamtumstände sprechen eher dafür, dass die Beteiligten die Urlaube nur deshalb so verbracht haben, weil sie die Leistungen verbilligt in Anspruch nehmen konnten. Es besteht insoweit eine Vergleichbarkeit mit einer Fallkonstellation, bei der während der Ehe tatsächlich die Möglichkeit besteht, kostenlos mehrere Monate des Jahres in einem Ferienhaus zu verbringen; dann wird man aber kaum einen mehrmonatigen Urlaub in einem (nunmehr für einen solchen Zeitraum anzumietenden) Ferienhaus als eheprägend ansehen können. Maßgeblich für die eheprägenden Urlaube sind deshalb hier die tatsächlich entstandenen - allerdings auf die heutigen Verhältnisse fortzuschreibenden - Kosten, für die es aber an einer hinreichenden Darlegung der Antragsgegnerin fehlt.

Zu beachten ist allerdings, dass der Antragsteller eine Position i.H.v. 150 EUR monatlich für Urlaube und Kurzreisen zugestanden hat. Diese Position ist der Antragsgegnerin daher zuzubilligen.

h) PKW

Für ein privates Kraftfahrzeug Marke Golf Variant hat die Antragsgegnerin einen monatlichen Betrag i.H.v. 650 EUR angesetzt.

In diesem Bereich fällt allerdings auf, dass die Antragsgegnerin - trotz ihres angeblich sehr luxuriösen Lebensstils - während des ehelichen Zusammenlebens nur relativ bescheidene Gebrauchtfahrzeuge gefahren hat. Demgegenüber hatte der Antragsteller ein besseres Fahrzeug zur Verfügung, so dass davon auszugehen ist, dass die Eheleute für längere Fahrten jenes Fahrzeug genutzt haben. Vor diesem Hintergrund wird die Antragsgegnerin nach der Trennung für sich allein ein etwas besseres Fahrzeug als das jeweils früher gefahrene benötigen. Ungeachtet dessen fällt dem Senat auch hier jegliche Schätzung schwer, weil die Antragsgegnerin beispielsweise zu dem Umfang und den Kosten von Reparaturen nichts vorgetragen hat. Der Antragsteller gesteht der Antragstellerin für die Position PKW einschließlich Benzin lediglich einen Betrag von 143,14 EUR monatlich zu, was im Hinblick auf die Gesamtkosten, wozu auch Rücklagen für eine Wiederbeschaffung gehören, äußerst wenig ist. Der Senat schätzt daher die Kosten für einen angemessenen Gebrauchtwagen, so wie er bei Fortschreibung eheprägend war, für den Zeitraum ab Rechtskraft der Scheidung bis einschließlich Mai 2015 entsprechend dem im Trennungsunterhaltsverfahrens angesetzten Wert auf 200 EUR monatlich, im Zeitraum von Juni bis Oktober 2015 unter Berücksichtigung des eingeschränkten Umgangs mit den Kindern auf 350 EUR und ab November 2015 unter Berücksichtigung des erweiterten Umganges mit den Kindern auf 450 EUR monatlich.

i) Versicherungen

Die von der Antragsgegnerin im einzelnen (siehe obige Tabelle) dargelegten Versicherungsprämien hat der Senat berücksichtigt, allerdings mit Ausnahme der Unfallversicherung für die Kinder, die keinen Bedarf der Antragsgegnerin darstellt.

f) Sonstiges

Im Bereich Sonstiges hat die Antragsgegnerin einen monatlichen Bedarf von ca. 187 EUR geltend gemacht. Hier konnte der Senat lediglich die schlüssig dargelegten und belegten Beträge für Riester-Rente, Bausparbeiträge und Gewerkschaftsbeitrag berücksichtigen. Im Übrigen fehlt auch hier jede nachvollziehbare Substantiierung bzw. jeder Beleg, auf deren Grundlage der Senat eine Schätzung vornehmen könnte und nicht lediglich zu Spekulationen veranlasst wäre.

Der Gesamtbedarf der Antragsgegnerin errechnet sich daher wie folgt:

... Abbildung

3. Auf den ermittelten konkreten Bedarf ist (nur) das von der Antragsgegnerin tatsächlich erzielte Erwerbseinkommen ohne Abzug des Erwerbstätigenbonus anzurechnen. Denn angesichts ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen kann von der Antragsgegnerin eine weitergehende Erwerbstätigkeit, als von ihr im Unterhaltszeitraum tatsächlich ausgeübt (19 Stunden wöchentlich), nicht erwartet werden. Nach dem Ergebnis des eingeholten arbeitsmedizinischen Gutachtens ist die Antragsgegnerin nicht in der Lage, eine vollschichtige Tätigkeit auszuüben; die ausgeübte Arbeitszeit von 19 Stunden ist gerade noch zumutbar. Konkrete Angriffe dagegen sind seitens des Antragstellers nicht erhoben. Nur der Hinweis, dass der Arbeitsmediziner auch die von der Antragsgegnerin eingereichten Atteste verwendet hat, reicht als hinreichender Angriff nicht aus. Bis zum Wechsel der Kinder in den Haushalt des Antragstellers im August 2013 konnte daher auf Basis des erstinstanzlich eingeholten Gutachtens nur von einer teilschichtigen Tätigkeit ausgegangen werden.

Soweit das erstinstanzlich eingeholte Gutachten ferner zugrunde gelegt hat, dass die Antragsgegnerin auch die Kinder versorgt und damit entsprechend belastet ist, hat sich der Senat dazu veranlasst gesehen, im Beschwerdeverfahren eine erneute gutachtliche Stellungnahme des Sachverständigen Dr. G einzuholen unter Berücksichtigung dessen, dass die Antragsgegnerin seit August 2013 die gemeinsamen Kinder der Beteiligten nicht mehr betreut. Bereits in seinen schriftlichen Ausführungen ist der Sachverständige dabei geblieben, dass die Antragsgegnerin auch ohne die Kinderbetreuung nur in dem von ihr jetzt ausgeübten Umfang arbeiten kann. Der Sachverständige hat dies im Rahmen seiner mündlichen Erläuterungen im Senatstermin nochmals überzeugend damit begründet, dass die bei der Antragsgegnerin vorliegende psychische Erkrankung keine Anpassungsstörung an akute Ereignisse sei, sondern sehr tiefgehend in ihre Persönlichkeitsstruktur hineinreiche. Wenn bei der Antragsgegnerin jeweils ein bisschen Belastung zu der jetzt tatsächlich vorliegenden Belastung hinzukomme, sei das von ihr nicht mehr zu kompensieren. Die Reserven bei ihr seien nicht allzu groß. Aufgrund dieser gut nachvollziehbaren Beurteilungen des gerichtlichen Sachverständigen ist der Senat davon überzeugt, dass die Antragsgegnerin aus gesundheitlichen Gründen in keinem größeren Umfang einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann, als sie dies derzeit tut, so dass der Antragsgegnerin über das von ihr tatsächlich erzielte Einkommen hinaus keine weiteren Einkünfte fiktiv zuzurechnen sind.

Die Höhe der tatsächlich erzielten Einkünfte ergibt sich aus den von der Antragsgegnerin umfassend vorgelegten Gehaltsabrechnungen. Von den sich hieraus ergebenden Nettoeinkünften waren keine weiteren Abzüge vorzunehmen, weil etwaige ansonsten bei Berechnung des Unterhalts nach Quoten berücksichtigungsfähige Abzugspositionen, wie z.B. Fahrtkosten oder Versicherungsbeiträge, bereits in dem errechneten konkreten Bedarf enthalten sind.

Zur Ermittlung der Kapitaleinkünfte kann bei der Antragsgegnerin ein Betrag von 36.000 EUR als Kapital eingestellt werden. Sie hat mit den im Oktober 2011 erhaltenen 64.000 EUR aus dem Hausverkauf einen PKW gekauft (2.500 EUR), ein überzogenes Konto ausgeglichen (3.000 EUR) und Verbindlichkeiten von 8.199 EUR getilgt. Ferner hat sie aufgrund der zahlreichen Prozesse, in denen ihr unter Hinweis auf den Erlös Verfahrenskostenhilfe verweigert wurde, erhebliche Kosten getragen. Die 36.000 EUR hat sie an ihre Eltern weitergegeben, die damit ihr die Wohnung vergünstigt zur Verfügung stellten, die sie zur Zeit bewohnt. Der Ansatz des Familiengerichts von 1,5 % Verzinsung ab Oktober 2011 ist angemessen. Warum hierauf Kapitalertragsteuer anfallen soll, wie dies die Antragsgegnerin in der Beschwerde behauptet, ist nicht nachzuvollziehen, da der Kapitalertrag unterhalb des steuerlichen Freibetrags liegt. Damit beläuft sich der monatsanteilige Kapitalertrag auf 45 EUR.

Das so zu berücksichtigende Einkommen der Antragsgegnerin ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle.

... Abbildung

4. Der der Antragsgegnerin zuzusprechende Unterhalt, bestehend aus Elementarunterhalt und Altersvorsorgeunterhalt, ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle.

Der Altersvorsorgeunterhalt ist hierbei einstufig auf Basis des Elementarunterhalts nach der Bremer Tabelle berechnet worden. Im Rahmen dieser Berechnung waren allerdings vorab vom Elementarunterhalt die tatsächlich von der Antragsgegnerin geleisteten Vorsorgebeiträge in einer Gesamthöhe von 146 EUR monatlich abzuziehen, da diese bereits in der konkreten Bedarfsermittlung enthalten sind und daher nicht außerdem Grundlage für die Ermittlung des Altersvorsorgeunterhalts sein können.

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5. Die Unterhaltsansprüche der Antragsgegnerin sind entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers nicht verwirkt. Verwirkungsgründe gemäß § 1579 BGB liegen nicht vor. Im vorliegenden Fall kämen einzig die Verwirkungsgründe des § 1579 Nr. 3 BGB sowie des § 1579 Nr. 7 BGB in Betracht.

Zutreffend verweist der Antragsteller zwar darauf, dass die Antragsgegnerin zunächst behauptet hat, der Antragsteller sei gegenüber den Kindern gewalttätig gewesen. Als die Gutachterin in der Sorgerechtssache hierfür keinen Anhaltspunkt fand, äußerte die Antragsgegnerin den Verdacht, der Antragsteller könne sexuell übergriffig gewesen sein. Dies reicht für eine Verwirkung gem. § 1579 Nr. 3 BGB allerdings nicht aus. Es wurden von der Antragsgegnerin auch im Sorgerechtsverfahren keine massiven körperlichen Übergriffe geäußert. Hinsichtlich des sexuellen Missbrauchs wurde aufgrund bestimmter Verhaltensweisen des Kindes nur der leichte Verdacht geäußert. Dies reicht für ein schweres vorsätzliches Vergehen i.S. von § 1579 Nr. 3 BGB nicht aus. Auch § 1579 Nr. 7 BGB (ein schwerwiegendes Fehlverhalten gegenüber dem Verpflichteten) liegt nicht vor.

In der vom Antragsteller zitierte Entscheidung des hiesigen 2. Familiensenats (2 UF 105/13; veröffentlicht z.B. in NZFam 2014, 223) ging es um langjährig wiederholt erhobene Missbrauchsvorwürfe, die ein jeder für sich objektiv geeignet waren, den Unterhaltspflichtigen in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und sein Leben gravierend zu beeinträchtigen bis hin zur Zerstörung seiner familiären, sozialen und wirtschaftlichen Existenz.

Im Hinblick auf die überhöhte Bedarfsdarstellung der Antragsgegnerin kann schon ein versuchter Verfahrensbetrug gemäß § 263 StGB - wie es für § 1579 Nr. 3 BGB erforderlich wäre - nicht festgestellt werden. Denn ein solcher setzt voraus, dass bestimmter Tatsachenvortrag der Antragsgegnerin zu einzelnen Bedarfspositionen sich als unzutreffend erwiesen hat; letzteres lässt sich aber nicht schon daraus herleiten, dass sie insgesamt einen überhöhten konkreten Bedarf geltend macht. Zudem ist zu beachten, dass § 1579 Nr. 3 BGB nur dann einschlägig sein kann, wenn sich das Verhalten des Berechtigten, der vom Pflichtigen nacheheliche Solidarität fordert, ohne ihr selbst zu genügen, als besonders unredlich darstellt, in- dem es darauf abzielt, durch Täuschung eine nicht oder nicht in diesem Umfang zustehende Leistung vom Unterhaltsschuldner zu erlangen (Palandt-Brudermüller, BGB, 75. Aufl., § 1579 Rn. 16 m.w.N.). Der Hauptanwendungsfall ist das Verschweigen von Einkünften trotz gezielter Nachfrage (vgl. z.B. OLG Düsseldorf v. 07.07.2010 - 8 UF 14/14 - juris). Angesichts dessen, dass die im Gesamtergebnis völlig überzogenen Berechnungen der Antragsgegnerin so offensichtlich unzutreffend sind, dass eine Täuschung kaum möglich ist, könnte es sich insoweit allenfalls um einen untauglichen Betrugsversuch handeln, der von vorneherein nicht geeignet war, beim Amtsgericht oder beim Senat einen Irrtum hervorzurufen. Nach allem sieht der Senat den ohnehin relativ kurz zu befristenden - siehe hierzu sogleich die Ausführungen unter Ziffer 6. - Unterhaltsanspruch als nicht verwirkt an.

6. Der Unterhaltsanspruch war gemäß § 1578b Abs.2 BGB zeitlich auf fünf Jahre ab Rechtskraft der Scheidung zu befristen, wobei der Senat davon abgesehen hat, noch für zwei Tage im Mai 2019 anteiligen Unterhalt zuzusprechen, sondern die Befristung bis zum Ende des Monats April 2019 ausgesprochen hat.

Zur Überzeugung des Senats liegen ehebedingte Nachteile auf Seiten der Antragsgegnerin nicht vor. Die bei der Antragsgegnerin vorliegende psychische Erkrankung selber ist auch nach ihrem eigenen Vortrag (siehe Bl. 1673 d. A.), als schicksalhaft und nicht als ehebedingt anzusehen. Dies entspricht auch den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. G, der überzeugend ausgeführt hat, dass die Erkrankung keine Anpassungsstörung an akute Ereignisse sei, sondern sehr tiefgehend bis in die Persönlichkeitsstruktur der Antragsgegnerin zurückreiche. Die Erkrankung sei Ausdruck der Persönlichkeit und nicht Ausdruck einer akuten Belastungssituation.

Soweit die Antragsgegnerin dargelegt hat, sie hätte ohne die Ehe und Familie ein Fernstudium absolviert, nach dessen erfolgreichem Abschluss sie einkommensmäßig deutlich bessergestellt worden wäre als jetzt, hat der Antragsteller zur Überzeugung des Senats den Beweis erbracht, dass die Antragsgegnerin ein solches Fernstudium unter Berücksichtigung ihrer schon vor der Ehe liegenden psychischen Erkrankung nicht erfolgreich hätte abschließen können. Der gerichtliche Sachverständige Dr. G ist auch nach mehrfacher Nachfrage des Senats bei seiner überzeugenden Beurteilung geblieben, dass die Antragsgegnerin ein Fernstudium zusätzlich zu einer vollschichtigen Tätigkeit nicht geschafft hätte. Der Sachverständige hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass, wie bereits oben ausgeführt, die psychische Erkrankung der Antragsgegnerin keine Anpassungsstörung an akute Ereignisse, sondern ein sehr tiefgehendes, schon vor der Ehe in der Persönlichkeitsstruktur wurzelndes Problem sei. Der Sachverständige hat diesen Befund auf genügend breiter Tatsachengrundlage erhoben, nämlich auf den anamnestischen Erzählungen der Antragsgegnerin, den erhobenen psychotherapeutischen Befunden, der Rücksprache mit den die Antragsgegnerin behandelnden Therapeuten sowie der von ihm selber durchgeführten Testung. Bei diesem Test war für den Sachverständigen auffällig, dass die Antragsgegnerin sehr genau und richtig arbeitete, aber sehr langsam war. Der Sachverständige hat das als eine sehr kontrollierte Arbeitsweise bezeichnet. Eine solche Arbeitsweise sei Ausdruck der Persönlichkeit, nicht ein Ausdruck einer akuten Belastungssituation. Wenn bei der Antragsgegnerin jeweils ein bisschen Belastung dazukomme, sei das von ihr nicht mehr zu kompensieren. Die Reserven seien bei der Antragsgegnerin nicht allzu groß. Deshalb wäre es ihr auch nicht möglich gewesen, berufsbegleitend ein Fernstudium erfolgreich zu absolvieren.

Ob die Antragsgegnerin ein Studium, das Bestandteil der Arbeitszeit gewesen wäre, erfolgreich geschafft hätte, kann dahingestellt bleiben. Unstreitig hat die Antragsgegnerin ein solches Studium bereits vor der Eheschließung nicht mehr betrieben, sondern im August 2003 das berufsbegleitende Fernstudium begonnen, welches sie nach ihren Angaben auch noch während der ersten Monate der Ehezeit betrieben hat. Maßgebend für die hier zu treffende Beurteilung eines ehebedingten Nachteils ist daher das letztgenannte Fernstudium.

Mangels ehebedingten Nachteils waren daher für die vorzunehmende Befristung folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

Die Ehe war mit 7 Jahren und 5 Monate (gerechnet von der Eheschließung am 15.12.2003 bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages am 18.05.2011) von relativ kurzer Dauer. Die Trennungszeit ab 02.02.2010 bis zur Rechtskraft der Scheidung am 03.05.2014 war dagegen relativ lang; innerhalb der Trennungszeit hat der Antragsteller durchgehend Unterhalt gezahlt. Auch bereits vorher gab es zwei zwischenzeitliche Trennungen 2005 und Ende 2009. Die Antragstellerin ist mit jetzt 36 Jahren noch jung und kann aufgrund ihrer eigenen intellektuellen Möglichkeiten selbst im Erwerbsleben Fuß fassen, wenn auch zu berücksichtigen ist, dass sie psychisch belastet und daher nur teilweise erwerbsfähig ist. Gleichwohl ist sie aber nach ihren Angaben in ihrer beruflichen Tätigkeit zu überdurchschnittlichen Leistungen in der Lage, die ihr jedenfalls bei ihrem jetzigen Arbeitgeber besondere Anerkennung in Form von Bonuszahlungen eintragen. Die gemeinsamen Kinder der Beteiligten sind in den Haushalt des Antragstellers gewechselt. Die Antragsgegnerin ist daher nicht durch Kinderbetreuung beeinträchtigt.

Für eine etwas längere Befristung spricht, dass eine reine Hausfrauenehe geführt wurde und dass aufgrund der sehr guten wirtschaftlichen Verhältnisse den Antragsteller maßvolle Unterhaltszahlungen nicht beeinträchtigen.

Insgesamt ist eine Befristung des Unterhalts auf 5 Jahre nach Rechtskraft der Scheidung, wie sie bereits vom Amtsgericht vorgenommen wurde, sachgerecht.

III. Dem von der Antragsgegnerin im Senatstermin vom 21.03.2016 gestellten Antrag auf Einräumung einer Schriftsatzfrist war nicht nachzukommen.

Der Senat hatte bereits mit Beschluss vom 22.09.2014 gemäß § 139 ZPO darauf hingewiesen, dass die in der Beschwerdebegründung im Wege der konkreten Bedarfsberechnung angestellte Unterhaltsberechnung unschlüssig ist. Da die Antragsgegnerin in ihrer Stellungnahme zu diesem Hinweis weiterhin die Auffassung vertreten hat, dass ihre Unterhaltsberechnung hinreichend schlüssig sei, und sie deshalb in der Sache nicht weiter vorgetragen hat, durfte sie nicht erwarten, dass der Senat ihr nach dem Senatstermin vom 21.03.2016 eine erneute Stellungnahmefrist gewähren würde.

Soweit die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen im Senatstermin vom 21.03.2016 zur Frage ihrer Fähigkeit zur erfolgreichen Absolvierung eines berufsbegleitenden Studiums eine ergänzende Stellungnahmefrist begehrt hat, war diesem Antrag deshalb nicht zu entsprechen, weil die Ausführungen des Sachverständigen auch insoweit für die Antragsgegnerin weder neu noch überraschend waren. Sie stellten lediglich eine konsequente Fortführung der Argumentation des Sachverständigen zur Frage der Fähigkeiten der Antragsgegnerin zur Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit dar, die der Sachverständige bereits in seinem schriftlichen Gutachten dargelegt hatte. Insoweit hatte der Sachverständige bereits in dem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass die Antragsgegnerin aufgrund ihrer bereits vor der Ehe bestehenden Persönlichkeitsstruktur nicht in der Lage sei, eine mehr als halbschichtige Tätigkeit auszuüben. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 21.03.2016 - 4 UF 14/14)

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Die darlehensweise Gewährung von Sozialleistungen bewirkt keinen gesetzlichen Übergang von Unterhaltsansprüchen (nach § 33 SGB II bzw. § 94 SGB XII) auf den Sozialleistungsträger (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.03.2016 - 8 UF 58/14).

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Geltendmachung von Scheidungsunterhalt erstamls über zehn Jahre nach Rechtskraft der Scheidung (OLG Koblenz, Beschluss vom 19.02.2016 - 13 WF 22/16):

„... Unschädlich ist in diesem Zusammenhang zwar, dass die Antragstellerin erst über zehn Jahre nach der rechtskräftigen Scheidung überhaupt nachehelichen Unterhalt begehrt (vgl. BGH FamRZ 2010, 1311 Rz. 36). Jedoch ist erforderlich, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Unterhalt wegen Krankheit oder auf Aufstockungsunterhalt bereits im Zeitpunkt der Scheidung sowie auch in der Folgezeit grundsätzlich ohne zeitliche Lücke vorgelegen haben. Lediglich vorübergehende Unterbrechungen der Unterhaltskette aufgrund fehlender Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten oder mangelnder Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen stehen Unterhaltsansprüchen in der Zeit nach der Wiederherstellung von Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit nicht zwingend entgegen (vgl. BGH FamRZ 2016, 203), wobei mit Finke (vgl. FamRZ 2016, 205, 206) für diese Abgrenzung der Begriff der Nachhaltigkeit besser geeignet erscheint. ..."

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„... 1. Mit Recht geht die Antragsgegnerin von der Unwirksamkeit des vereinbarten Verzichts auf den Versorgungsausgleich sowie des Unterhaltsverzichts aus. Die Nichtigkeit des Vertrages bestand auch schon von Anfang an.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, FamRZ 2004, 601), darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - unter angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei umso schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten umso genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift. Zu diesem Kernbereich gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB). Im Übrigen ist eine Rangabstufung vorzunehmen, die sich vor allem danach bemisst, welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgenregelungen für den Berechtigten in seiner jeweiligen Lage haben.

Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle hat der Tatrichter dabei zunächst zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen (vgl. z.B. BGH, FamRZ 2004, 601; zuletzt FamRZ 2013, 195; NJW 2013, 457).

Vorliegend greift der objektive Vertragsinhalt des Ehevertrags vom 11.10.2002 erheblich in den Kernbereich der Scheidungsfolgen ein, soweit es den vollständigen Verzicht auf Betreuungs-, Alters- und Krankenunterhalt sowie den Verzicht auf den Versorgungsausgleich betrifft. Zugunsten des Antragstellers kann dabei unterstellt werden, dass bei gesonderter Betrachtung die Einzelregelung betreffend den Ausschluss aller Unterhaltsansprüche unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB noch keinen Bedenken begegnet, obwohl der Anspruch auf Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) einer Disposition der Beteiligten am wenigsten zugänglich ist, weil er dem anspruchsberechtigten Ehegatten im Interesse gemeinsamer Kinder gewährt wird. Hier war bei Abschluss des Ehevertrages auch bereits eine gemeinsame Tochter vorhanden, die erst fünf Jahre alt war und noch intensiver Betreuung durch die - nach der Aufgabenverteilung der Beteiligten dafür vornehmlich zuständigen - Antragsgegnerin bedurfte.

Aber selbst wenn man annimmt, dass sich hier keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Verzicht auf sämtliche Unterhaltsansprüche bereits für sich genommen sittenwidrig sein könnte, so hält jedenfalls der von den Beteiligten im Ehevertrag vereinbarte Ausschluss des - nach seiner Zielrichtung als vorweg genommener Altersunterhalt zu verstehenden - Versorgungsausgleichs einer Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB nicht stand.

Der BGH hat den Versorgungsausgleich - anders als den Zugewinnausgleich - dem Kernbereich der Scheidungsfolgen zugeordnet. Als vorweg genommener Altersunterhalt steht der Versorgungsausgleich einer vertraglichen Gestaltung nur begrenzt offen, sodass Vereinbarungen über ihn nach denselben Kriterien geprüft werden müssen wie ein vollständiger oder teilweiser Unterhaltsverzicht (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2005, 185; FamRZ 2004, 601). Die hochrangige Bedeutung des Versorgungsausgleichs innerhalb des Systems der Scheidungsfolgen rechtfertigt sich auch daraus, dass die Ansammlung von Vorsorgevermögen - gerade in den Regelsicherungssystemen - wirtschaftlichen Dispositionen der Ehegatten weitgehend entzogen und auch auf diese Weise sichergestellt ist, dass das gebildete Vermögen entsprechend seiner Zweckbestimmung für die Absicherung im Alter oder bei Invalidität tatsächlich zur Verfügung steht.

Von diesen Grundsätzen ausgehend hält der vereinbarte Ausschluss des zum Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts gehörende Versorgungsausgleich, der bei objektiver Betrachtung ausschließlich den wirtschaftlichen Interessen des Antragstellers diente, einer Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB nicht stand. Es ist eine evident einseitige Lastenverteilung zum Nachteil der Antragsgegnerin vereinbart worden, die weder durch anderweitige Vorteile gemindert worden ist noch durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten, den angestrebten Ehetyp oder durch sonstige (vorgetragene bzw. erkennbare) gewichtige Belange des begünstigten Antragstellers gerechtfertigt wird. Insoweit war der Ehevertrag schon im Zeitpunkt seines Zustandekommens sittenwidrig. Diese Sittenwidrigkeit führt unter den gegebenen Umständen zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages vom 11.10.2002.

a) Bei Vertragsschluss im Jahr 2002 übte die Antragsgegnerin - anders als bis zum Umzug der (damals noch nicht verheirateten) Beteiligten mit der gemeinsamen Tochter in 8/2001 von S… nach H… - keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus. Vielmehr hatte die Antragsgegnerin am 15.7.2002 in dem von der Familie bewohnten Haus des Antragstellers eine Mangelstube eröffnet. Bei dem nur knapp drei Monate später erfolgten Abschluss des Ehevertrags war es nicht absehbar, ob überhaupt und gegebenenfalls ab wann sowie in welcher Höhe die selbständige Tätigkeit der Antragsgegnerin Gewinne abwerfen würde. Der wirtschaftliche Erfolg oder Misserfolg der Mangelstube ließ sich in keiner Weise vorhersagen. Der Antragsteller hat selbst nicht behauptet, dass sich am 11.10.2002 überhaupt schon eine günstige Tendenz abzeichnete. Erst recht bestanden nach den wirtschaftlichen Gegebenheiten des gerade erst erfolgten Beginns einer selbständigen Tätigkeit keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die damals bereits 45 Jahre alte Antragsgegnerin selbst in der Lage sein könnte, freiwillig Beiträge in angemessener Höhe in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen oder in anderer Weise eine angemessene private Vorsorge für das Alter oder den Fall der Krankheit zu treffen. Die Beteiligten hatten bei Vertragsabschluss auch nicht geplant - jedenfalls behauptet der Antragsteller dies selbst nicht - dass der Antragsteller für den Fall einer unzureichenden Gewinnentwicklung der Mangelstube mit Blick auf seinen guten Verdienst durch eigene Beitragszahlungen eine private Altersvorsorge zugunsten der Antragsgegnerin vornehmen würde. Es war auch nicht beabsichtigt, durch die Schaffung von Immobilienvermögen die notwendige Vorsorge für das Alter der Antragsgegnerin zu treffen.

Der notarielle Ehevertrag vom 11.10.2002 ist danach - auch schon aus damaliger und für den Antragsteller unschwer zu erkennenden Sicht - dem wirtschaftlichen Interesse der vermögenslosen Antragsgegnerin zuwidergelaufen. Die vertraglichen Vereinbarungen waren ausschließlich für den Antragsteller vorteilhaft. Auch dem Anlass der ungünstigen Erwerbssituation der Antragsgegnerin am 11.10.2002 ist in dem Vertrag nicht Rechnung getragen worden. Sie hatte ihren sicheren und nach ihrer persönlichen Ausbildungs- und Erwerbsbiographie gut bezahlten Arbeitsplatz beim T… in S… im Jahr vor der Eheschließung aufgegeben, während die berufliche Existenz des Antragstellers als Angestellter beim D…, bei dem er seit dem 1.8.1986 beschäftigt war, gesichert war. Es war deshalb von Anfang an deutlich, dass der Verzicht auf den Versorgungsausgleich gravierende Nachteile für die Antragsgegnerin, die keine feste Anstellung mehr hatte und aktuell keine eigenen Beiträge für einen angemessenen Ausbau ihrer Altersvorsorge zahlen konnte, mit sich bringen würde.

In die im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle gebotene Gesamtwürdigung ist auch der Gesichtspunkt einzubeziehen, dass keine Umstände vorgetragen oder dafür erkennbar sind, der Verzicht auf sämtliche Unterhaltsansprüche und auf den Versorgungsausgleich hätte auch zu einer Begünstigung der Antragsgegnerin führen können. Ein berufliches Scheitern des seit über 16 Jahren im Angestelltenverhältnis stehenden Antragstellers war nach Lage der Dinge im Jahr 2002 fernliegend. Angesichts dieser langjährigen Anstellung bestand für ihn auch kein nennenswertes Arbeitsplatzrisiko. Auch angesichts der Höhe der von der Antragsgegnerin vor dem Umzug nach H… erzielten Nettoeinkünfte war ein Anspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin auf Ehegattenunterhalt realistischerweise ausgeschlossen.

Unter den gegebenen Umständen ist auch nicht von der im Senatstermin vom 26.6.2012 wiederholten Behauptung des Antragstellers auszugehen, der Ehevertrag sei auf ausdrücklichen Wunsch der Antragsgegnerin geschlossen worden, denn „sie wollte keinerlei Pflichten übernehmen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Grundstücke". Derartige Verpflichtungen standen bei Abschluss des Ehevertrages am 11.10.2002 ohnehin nicht im Raum. Das Grundstück in H… hatte der Antragsteller bereits zwei Jahre zuvor durch notariellen Kaufvertrag vom 4.10.2000 als Alleineigentümer erworben. Die Kreditbelastungen mussten mangels ausreichender eigener Einkünfte der Antragsgegnerin ohnehin aus dem Einkommen des Antragstellers aufgebracht werden. Diese Beträge standen für den Lebensunterhalt der Familie nicht mehr zur Verfügung, sodass sich die Antragsgegnerin dadurch bereits mittelbar an der Finanzierung des Hausgrundstücks des Antragstellers in H… beteiligte. Das Grundstück in T… hat der Antragsteller erst knapp zwei Jahre später, am 5.8.2004, und die Eigentumswohnung in B… sogar erst am 2.7.2008 erworben, und zwar jeweils als Alleineigentümer. Aus den Grundstückskaufverträgen wäre die Antragsgegnerin auch ohne den ehevertraglichen Ausschluss von Unterhalt und Versorgungsausgleich nicht verpflichtet worden. Das war für den akademisch ausgebildeten Antragsteller auch ohne weiteres erkennbar, ebenso der fehlende innere Zusammenhang zwischen dem Immobilienerwerb und dem vereinbarten Ausschluss von Unterhalt und Versorgungsausgleich.

b) Aus dem objektiven Zusammenspiel der einseitig belastenden Regelungen kann hier auf die erforderliche verwerfliche Gesinnung des begünstigen Ehegatten geschlossen werden. Es ist die Annahme gerechtfertigt, dass sich in dem unausgewogenen Vertragsinhalt eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehegatten und damit eine Störung der subjektiven Vertragsparität widerspiegeln. Bereits der unausgewogene Vertragsinhalt mit seiner einseitigen Lastenverteilung ist also ein gewisses Indiz für eine unterlegene Verhandlungsposition der belasteten Antragsgegnerin.

Die 1953 und 1957 geborenen Beteiligten gehörten bei Vertragsabschluss zwar zur gleichen Altersklasse. Es hat jedoch angesichts ihrer Ausbildungs- und Erwerbsbiografien kein vergleichbarer Bildungshintergrund vorgelegen. Der Antragsteller hat selbst wiederholt darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin einen Hauptschulabschluss besitzt und als Verkäuferin ausgebildet und tätig ist (vor dem Umzug nach H… zuletzt beim T… und seit der Scheidung in einer Bäckerei). Demgegenüber hat der Antragsteller ein Studium abgeschlossen und promoviert. Er ist seit 1986 beim D… angestellt und übt dort eine anspruchsvolle Tätigkeit aus. Diese Umstände deuten auf eine subjektive Imparität hin.

Ebenso kann von einer sozialen und wirtschaftlichen Abhängigkeit der Antragsgegnerin vom Antragsteller ausgegangen werden. Die Antragsgegnerin hatte aufgrund der beruflichen Veränderungswünsche des Antragstellers und aufgrund einer Vereinbarung der seinerzeit noch in nichtehelicher Partnerschaft verbundenen Beteiligten ihre gut bezahlte Teilzeitarbeit beim T… in S… aufgegeben und ist mit dem Antragsteller und der gemeinsamen Tochter 2001 nach H… umgezogen. Sie war zwar im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht arbeitslos, die erst drei Monate zuvor und zudem in dem allein dem Antragsteller gehörenden Haus eröffnete Mangelstube warf aber keine Gewinne ab. Sie konnte der Antragsgegnerin daher auf nicht absehbare Zeit nicht als Existenzgrundlage dienen. Über finanzielle Rücklagen und Vermögen verfügte die Antragsgegnerin 2002 nicht. Demgegenüber erzielte der Antragsteller ein gutes Einkommen aus seiner Angestelltentätigkeit beim D…. Ferner war er Alleineigentümer der Immobilie in H… (mit einem nicht unbeträchtlichen Wert und einem von ihm selbst angegebenen objektiven Mietwert von insgesamt 1.100 € für die Wohnung und die Gewerberäume). Dieses erhebliche Einkommens- und Vermögensgefälle zwischen den Beteiligten lässt ebenfalls den Rückschluss auf eine gestörte subjektive Vertragsparität zu. Ohne den ökonomischen Rückhalt in der Ehe hätte die Antragsgegnerin einer ungesicherten wirtschaftlichen Zukunft entgegengesehen.

Im Ergebnis geht der Senat davon aus, dass in der Gesamtschau unter Einbeziehung der außerhalb der Vertragsurkunde zu erkennenden Umstände der evident einseitige Ehevertrag infolge der Ausnutzung einer sozialen bzw. wirtschaftlichen Abhängigkeit und einer intellektuellen Unterlegenheit der Antragsgegnerin zum evident einseitigen Vorteil des Antragstellers zustande gekommen ist. Der Vertragsinhalt spiegelt die auf ungleichen Verhandlungspositionen beruhende Störung der Vertragsparität zwischen den Beteiligten wider. Daher ist die Verzichtserklärung betreffend den Versorgungsausgleich von Anfang an - also bezogen auf den Zeitpunkt der Errichtung der Vertragsurkunde - als sittenwidrig und daher als nichtig zu beurteilen.

c) Der im Ehevertrag vom 11.10.2002 vereinbarte Verzicht auf den Versorgungsausgleich ist nichtig, weil er bereits einer Wirksamkeitskontrolle (§ 138 Abs. 1 BGB) nicht standhält. Diese Teilnichtigkeit ist nicht auf den Ausschluss des Versorgungsausgleichs beschränkt. Sie hat vielmehr gemäß § 139 BGB eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages zur Folge und erfasst damit auch den vereinbarten Ausschluss des nachehelichen Unterhalts.

In dem notariellen Ehevertrag vom 11.10.2002 ist keine so genannte salvatorische Klausel aufgenommen worden. Solche Klauseln haben die Funktion, den Restbestand eines Vertragswerks soweit wie möglich gegenüber der Unwirksamkeit einzelnen Vertragsbestimmungen rechtlich abzusichern (vgl. in diesem Zusammenhang auch BGH, NJW 2013, 457).

Vorliegend rechtfertigt eine Gesamtschau und eine Gesamtwürdigung des Vertrages den Schluss, dass für eine auf den Ausschluss des Versorgungsausgleichs beschränkte Teilnichtigkeit kein Raum ist. Dessen teilweise den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts betreffender Inhalt ist für die Antragsgegnerin ausnahmslos und evident nachteilig. Seine Einzelregelungen werden weder durch berechtigte Belange des Antragstellers oder durch die besonderen Verhältnisse der Beteiligten bzw. den von ihnen angestrebten Ehetyp gerechtfertigt noch durch anderweitige Vorteile gemildert (vgl. in diesem Zusammenhang auch BGH, FamRZ 2008, 2011; FamRZ 2006, 1097). Die Nichtigkeitsfolge erfasst daher den gesamten Ehevertrag vom 11.10.2002, hier also neben dem Verzicht auf den Versorgungsausgleich auch den für die Antragsgegnerin nachteiligen Ausschluss des nachehelichen Unterhalts. ... Die festgestellte Unwirksamkeit des Unterhaltsverzichts hat zur Folge, dass die Antragsgegnerin nachehelichen Unterhalt nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen verlangen kann. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin steht ihr jedoch kein Anspruch wegen Betreuung eines Kindes (§ 1570 BGB) zu. Vielmehr wird vom Antragsgegner Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB geschuldet. Der Unterhaltsanspruch ist bis zum 31.12.2015 zu befristen.

a) Die Antragsgegnerin war nach Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs (am 7.3.2012) zu keiner Zeit aufgrund der Betreuung der am ….10.1997 geborenen Tochter der Beteiligten daran gehindert, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Tatsächlich hat die Antragsgegnerin auch vollschichtig gearbeitet. Sie kann daher ihren Unterhaltsanspruch nicht auf § 1570 BGB stützen.

b) Der Antragsgegnerin steht jedoch ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB gegen den Antragsteller zu, der sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemisst (§ 1578 Abs. 1 BGB). Dieser Unterhaltsanspruch besteht jedenfalls in der von der Antragsgegnerin geltend gemachten Höhe von monatlich 700 € und beginnt mit dem Tag des Eintritts der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs, also am 7.3.2012.

Wie sich aus der vorgelegten Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2009 ergibt, hat der Antragsteller aus seiner Tätigkeit bei dem D… in B… bereits damals einen Bruttoarbeitslohn von rd. 85.596 € erzielt. Das entspricht 7.133 € im Monatsdurchschnitt. Aus den weiteren zur Akte gereichten Monatsabrechnungen für 4/2010 und 6/2011 ergibt sich ein gestiegenes Monatsbrutto von über 7.400 € bzw. über 7.600 €. Ein Einkommensrückgang in 2012 ist weder vorgetragen noch bestehen Anhaltspunkte dafür. Mit Schriftsatz vom 13.3.2012 hat der Antragsteller sein aktuelles monatliches Nettoeinkommen selbst mit insgesamt rd. (4.874 € + 50 € =) 4.924 € angegeben. Zugunsten des Antragstellers kann unterstellt werden, dass trotz eines hierzu fehlenden konkreten Sachvortrags eine zusätzliche private Altersvorsorge von monatlich 306 € einkommensmindernd zu berücksichtigen ist. Ferner ist der private KV-/PV-Beitrag von monatlich rd. 257 € abzusetzen. Es errechnet sich ein bereinigtes Monatseinkommen von 4.361 €. Nach Abzug von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen sowie der vom Antragsteller geltend gemachten eheprägenden Kreditrate von rd. 95 € verbleiben rd. 4.048 € (ohne etwaige Steuererstattungen). Die Zinsen für die Immobilien des Antragstellers sind nur im Hinblick auf das frühere Familienheim in H… von monatlich 180 € berücksichtigungsfähig. Bei den weiteren Abzügen von rd. (381 € + 200 € =) 581 € handelt es sich um Verluste aus Vermietung und Verpachtung. Sie können unterhaltsrechtlich nicht abgesetzt werden, zumal der Antragsteller weder die damit verbundenen Steuervorteile noch die Mieteinkünfte gegengerechnet hat. Im Übrigen kommt es im Ergebnis darauf nicht an, weil die Antragsgegnerin ihre monatliche Unterhaltsforderung auf 700 € beschränkt hat.

Der Antragsteller hat selbst angegeben, dass die Wohnfläche des Hauses in H… mit ca. 120 m² und die Gewerbefläche mit 80 m² in Ansatz zu bringen ist und eine objektive Marktmiete von (700 € + 400 € =) 1.100 € monatlich angemessen wäre. Damit ist nach Abzug der vom Antragsteller vorgetragenen Zinsbelastung unterhaltsrechtlich ein monatlicher Wohnvorteil in Höhe von (1.100 € - 180 € =) 920 € einkommenserhöhend zu berücksichtigen.

Bei einem Gesamteinkommen von (4.048 € + 920 € =) 4.968 € wird seit Rechtskraft der Scheidung in 3/2012 Kindesunterhalt für die 1997 geborene Tochter J… nach der 10. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle geschuldet, also ein Zahlbetrag in Höhe von (682 € - 92 € =) 590 €.

Aufseiten der Antragsgegnerin ist nach den von ihr vorgelegten Einkommensunterlagen von einem monatlichen Bruttoeinkommen in Höhe von 1.400 € auszugehen. Unter Berücksichtigung von Zuschlägen (für Überstunden, Sonn- und Feiertage sowie für die Nacht) ergeben sich Nettoeinkünfte in Höhe von rd. 1.200 € im Monatsdurchschnitt. Abzüglich 5 % für berufsbedingte Aufwendungen verbleiben unterhaltsrechtlich anrechenbare 1.140 €.

Der Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 BGB errechnet sich danach wie folgt: ... Selbst wenn man zugunsten des Antragstellers unterstellt, dass auch die Zinsbelastungen von 581 € für seine beiden Immobilien in Tegel und Kossenblatt - die allerdings auch einen reduzierten Kindesunterhalt von monatlich 556 € zur Folge hätten - abzusetzen wären und aufseiten der Antragsgegnerin fiktiv ein höheres bereinigtes Monatsnettoeinkommen von 1.400 € oder sogar 1.500 € in Ansatz zu bringen wäre, so errechnet sich gleichwohl ein Anspruch der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt, der deutlich über den von ihr geforderten Betrag in Höhe von monatlich 700 € hinausgeht.

Zahlungen auf den geschuldeten nachehelichen Unterhalt hat der Antragsteller unstreitig nicht geleistet. Die sonstigen vom Antragsteller nach seiner Darstellung für die Antragsgegnerin erbrachten Zahlungen sind nicht anzurechnen, denn sie sind nicht zum Zweck der Erfüllung ihres Aufstockungsunterhaltsanspruchs geleistet worden (§ 362 BGB).

c) Es ist eine Befristung des Aufstockungsunterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin bis zum 31.12.2015 vorzunehmen.

Die Befristung ist nach § 1578 b Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 BGB auszusprechen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Die Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB hängt nach der zum 1.3.2013 in Kraft getretenen Neufassung der Vorschrift insbesondere davon ab, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Ehebedingte Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.

Dass eine Befristung unter Berücksichtigung der nicht sehr langen Ehedauer von rd. 8 ½ Jahre unbillig wäre und hier unter dem Gesichtspunkt einer Verpflichtung der Ehegatten zur nachehelichen Solidarität zu einem zeitlich unbegrenzten Nachaufstockungsunterhaltsanspruch der Antragsgegnerin führen müsste, ist weder dargelegt noch nach den Umständen erkennbar. Es besteht auch keine wirtschaftliche Verflechtung der Beteiligten untereinander mehr.

Entgegen dem Vorbringen der Antragsgegnerin sind für sie auch keine ehebedingten Nachteile eingetreten. Dass die Antragsgegnerin ihre Tätigkeit beim T… in S… im Jahr 2001 aufgegeben und am 15.7.2002 im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit eine Mangelstube in dem Haus des Antragstellers in H… eröffnet hat, ist nicht auf die Ehe der Beteiligten zurückzuführen. Die Ehe ist erst am 15.10.2002 geschlossen worden. Die schon längere Zeit vor der Eheschließung einsetzende Entwicklung war nicht durch die Heirat, sondern durch das bereits seit 1996 währende voreheliche Zusammenleben veranlasst. Das aber wird nicht vom Vertrauen in den Bestand der Ehe umfasst und vermag deshalb keinen ehebedingten Nachteil i.S.v. § 1578 b Abs. 1 BGB zu begründen (vgl. hierzu z. B. BGH, FamRZ 2012, 776; FamRZ 2011, 1377; FamRZ 2010, 1238 und 1971). Da die berufliche Veränderung der Antragsgegnerin sowie ihr Umzug nach H… nicht auf die Ehe oder die Kindererziehung zurückzuführen sind und auch durch die Kindererziehung weder während noch nach der Ehe Nachteile entstanden sind und weitere Umstände (z. B. andere Erwerbsnachteile) von der insoweit darlegungspflichtigen Antragsgegnerin nicht vorgetragen worden sind, lassen sich hier keine (fortwirkenden) ehebedingten Nachteile für die Antragsgegnerin feststellen. Eine zeitliche Begrenzung des Aufstockungsunterhalts ist daher nicht ausgeschlossen und unter Billigkeitsgesichtspunkten auch vorzunehmen.

Im Ergebnis ist lediglich der Einkommensunterschied zwischen den geschiedenen Ehegatten Basis für das auf Dauer gerichtete nacheheliche Unterhaltsbegehren der Antragsgegnerin. Der damit allein auf die nacheheliche Solidarität gestützte Aufstockungsunterhaltsanspruch der Antragsgegnerin zielt auf die Aufrechterhaltung ihres maßgeblich von dem höheren Einkommen des Antragstellers abgeleiteten Lebensstandards. Mit Blick auf die die Antragsgegnerin treffende verstärkte Eigenverantwortung nach der Ehe (§ 1569 BGB) erscheint es hier unter Berücksichtigung der Ehedauer und des Eintritts der Volljährigkeit der gemeinsamen Tochter im Jahr 2015 gerechtfertigt, den Aufstockungsunterhaltsanspruch der Antragsgegnerin bis zum 31.12.2015 zu befristen. Sie hat damit hinreichend Zeit, sich auf die Lebensverhältnisse einzurichten, die ihrem eigenen Erwerbseinkommen entsprechen. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.03.2013 - 10 UF 387/11)

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„... Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig. Zutreffend hat das Amtsgericht noch in Form eines Urteils nach dem bis 31.08.2009 gültigen Verfahrensrecht entschieden, das vorliegend gemäß Artikel 111 I FGG-RG auch im Rechtsmittelverfahren noch weiter anzuwenden ist (vgl. BGH FamRZ 2010,639, Rn. 7 ff, 11, unter Bezugnahme auf Schwamb, FamRB 2010, 27, 28), weil zur Zeit der Entscheidung des Amtsgerichts kein Restverbund mehr mit dem bereits zuvor erstinstanzlich entschiedenen Versorgungsausgleich mehr bestanden hat und somit auch Art. 111 V FGG-RG die vorliegenden Folgesachen nicht ins neue Verfahrensrecht überführt hat. ...

1. Ehegattenunterhalt (Ziffer 2 des angefochtenen Urteils):

Die Ehegattenunterhaltsklage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen umfang begründet. Allerdings hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Antragsgegnerin jedenfalls gegenwärtig kein sog. Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 I, II BGB zusteht, weil sie durch die Kinderbetreuung auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH vom 18.04.2012 (XII ZR 65/10 = FamRZ 2012, 1040 ff.), in der die Anforderungen an die für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts insbesondere aus kindbezogenen Gründen erforderlichen Darlegungen wieder etwas gelockert worden sind und die gleichmäßige Lastenverteilung betont wird, im vorliegenden Einzelfall nicht an einer ihr angemessenen Erwerbstätigkeit gehindert ist. Die Zeugin H. hat nämlich glaubhaft und überzeugend dargelegt, dass die Antragsgegnerin bei rechtzeitiger Antragstellung geeignete Hortplätze oder alternativ Schülerbetreuungsplätze für beide Kinder in einem zeitlichen Umfang hätte bekommen können, die ihr bei gleichzeitiger Entlastung von häuslichen Verpflichtungen eine Vollzeitbeschäftigung ermöglicht hätten. Insbesondere die Annahme der Hortplätze täglich bis 17.00 Uhr inklusive Ferienangebot hätte ihr dies ermöglicht. Soweit die Inanspruchnahme des Angebots mit den von der Zeugin H. angegebenen nicht unerheblichen Kosten verbunden gewesen wäre, hätte allerdings der Antragsteller diese als Mehrbedarf der Kinder weitgehend tragen müssen, so dass er sich damit finanziell wohl nicht besser gestellt hätte, worauf es aber hier im Ergebnis nicht ankommt.

Der BGH bleibt nämlich - unter Berücksichtigung abweichender Auffassungen, u.a. OLG Frankfurt am Main FamRZ 2010,1449, vgl. ferner Schwamb in Büttner/Niepmann/Schwamb, 11. Aufl., Rn. 466 ff. - dabei, dass für ein Altersphasenmodell jedweder Art und ein Wahlrecht des betreuenden Elternteils, die Kinder noch in einem höheren Umfang selbst betreuen zu dürfen, sofern Fremdbetreuung angeboten wird, im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 1570 II BGB kein Raum mehr ist. Auch bei grundsätzlicher Aufrechterhaltung der Bedenken gegen diese restriktive Auslegung des § 1570 BGB (s. o.) ist vorliegend einzuräumen, dass die Beweisaufnahme im konkreten Fall Argumente für die Inanspruchnahme von mehr Fremdbetreuung insbesondere für das Kind K. ergeben hat. Zwar haben der Kinderarzt, die ehemalige Grundschullehrerin und die Förderschullehrerin aus ihrer jeweiligen Sicht die besondere Betreuungsbedürftigkeit von K. betont, andererseits aber auch durchblicken lassen, dass gerade in seinem Fall etwas weniger häusliche Betreuung und mehr Außenkontakte mit mehr Bewegung förderlich wären. Nach diesem Ergebnis der Beweisaufnahme blieb für die Geltendmachung von nicht zu befristendem Betreuungsunterhalt insoweit in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Amtsgerichts - derzeit - kein Raum, was allerdings nicht ausschließt, dass ein Anspruch auf dieser Grundlage zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufleben kann, wenn für die Kinder altersbedingt keine Hortangebote mehr zur Verfügung stehen und die dann besuchte Schule auch keine entsprechenden Ganstagsangebote unterbreiten kann (vgl. hierzu ebenfalls BGH FamRZ 2012,1040 ff.).

Es bleibt allerdings, was das Amtsgericht nicht ausreichend in Erwägung gezogen hat, angesichts der sehr unterschiedlichen Einkommensverhältnisse der Parteien ein Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 II BGB in der jetzt noch beantragten Höhe für die Antragsgegnerin. Dieser unterliegt zwar in teilweiser Übereinstimmung mit dem Vortrag des Antragstellers durchaus einer Befristung gemäß § 1578b BGB. Allerdings geht es auch insoweit um eine Billigkeitsabwägung. Angesichts einer bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ca. 11 1/2 Jahre dauernden Ehe, die kurz nach der Geburt der Kinder scheiterte und danach zumindest bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres der Kinder eine umfängliche Kinderbetreuungstätigkeit der Antragsgegnerin erforderte, hält der Senat eine weitere Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers bis Ende des Jahres 2015 auch unter Berücksichtigung der Jahre gewährten Trennungsunterhafts nicht für unbillig. Zwar hat der Antragsteller damit und unter weiterer Berücksichtigung des nach der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle zu zahlenden Kindesunterhalts für beide Kinder eine erhebliche Unterhaltslast zu tragen. Diese ist aber für einen so begrenzten Zeitraum unter Berücksichtigung der noch näher zu beleuchtenden Leistungsfähigkeit zumutbar.

Soweit vorgebracht wird, dass das neue Unterhaltsrecht keine Lebensstandardgarantie mehr für den bedürftigen Ehegatten gewährleiste, wird übersehen, dass das einem den Umständen angepassten übergangsweisen Aufstockungsunterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen im hier zugesprochenen umfang (insgesamt ca. 5 1/2 Jahre nach zuvor 6 1/2 Jahren Trennungsunterhalt) unter den gegebenen Umständen nicht entgegensteht. Nach Ende dieser Frist muss die Antragsgegnerin allerdings, sofern nicht noch eine neuerliche Betreuungsbedürftigkeit der Kinder und damit ein Anspruch gemäß S 1570 BGB wieder auflebt, selbst für sich sorgen, zumal auch unter Berücksichtigung ihres Vortrags nicht ersichtlich ist, dass bessere berufliche Aussichten ohne die Ehe bestanden hätten.

Der Antragsteller hat sein Einkommen noch einmal nach unten korrigiert, und es ist ihm zuzugeben, dass das Amtsgericht mit der Berechnung im Urteil vom 22.11.2011 etwas zu hoch gegriffen hat, weit es den Monatsdurchschnitt nur aus den ersten acht Monaten des Jahres 2011 mit der in diese Zeit bereits fallenden Bonuszahlung ermittelt hat. Die Antragsgegnerin weist allerdings zu Recht darauf hin, dass sie ihre Forderung nicht ausgereizt hat und sich der geltend gemachte Anspruch auch bei richtiger Berechnung noch ergibt.

Der Senat legt aufseiten des Antragstellers die von ihm zuletzt mitgeteilten geringeren 58.760,80 Euro netto für Oktober 2011 bis September 2012 zugrunde, bringt davon die in der Abrechnung Dezember 2011 kumulierten Jahreswerte VwL 480 Euro, freiwillige KV 6905,28 Euro, freiwiilige PV 868,68 Euro sowie AVK 1.969,92 Euro in Abzug und schlägt die AG-Zuschüsse für KV von 3.252,12 Euro und PV von 434,40 Euro wieder hinzu, so dass 52.223,44 Euro verbleiben, geteilt durch 12 = mtl. 4.351,95 Euro. Hinzu kommen die mtl. 77,27 Euro aus der Steuererstattung und abzuziehen sind die inzwischen geringfügig erhöhten Fahrtkosten von 246 Euro.

Auch unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren erneut wiederholten Argumente des Antragstellers sind keine höheren berufsbedingten Kosten anzuerkennen. Insbesondere ist rnit den insoweit zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, denen der Senat folgt, nach wie vor in keiner Weise ersichtlich, weshalb der Antragsteller keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen sollte.

Es bleiben demnach 4.183,22 Euro aus dem Erwerbseinkommen des Antragstellers. Hinzu kommen die 467,50 Euro Wohnvorteil; abzuziehen sind 982 Euro (2 x 491 Euro) Kindesunterhalt. Danach verbleiben dem Antragsteller insgesamt monatlich 3.668,72 Euro. Sein Selbstbehalt wird somit bei einem ausgeurteilten Ehegattenunterhalt von mtl. 1.034,80 Euro jedenfalls nicht annähernd tangiert.

Für die Bedarfsberechnung ist das noch um den Erwerbstätigenbonus zu bereinigende Einkommen des Antragstellers einem ebenso zu berechnenden fiktiven Einkommen der Antragsgegnerin gegenüber zu stellen.

Da das Erwerbseinkommen des Antragstellers 90 % ausmacht, sind vor Ermittlung des 1 /7-Erwerbstätigenbonus beim Ehegattenunterhalt zunächst 90 % des Kindesunterhalts abzuziehen, d. h. 883,80 Euro: 4.183,22 Euro - 883,80 Euro = 3.299,42 Euro, hiervon 1/7 = 471,35 Euro Erwerbstätigenbonus des Antragstellers.

Vom oben ermittelten bereinigten Nettoeinkommen von 3.668,72 Euro (mit Wohnvorteil und nach Abzug des gesamten Kindesunterhalts) sind deshalb 471,35 Euro Erwerbstätigenbonus abzuziehen. Das ergibt 3.197,37 Euro.

Geht man aufseiten der - in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht nur im ungelernten Bereich einsetzbaren - Antragsgegnerin von einer Vollerwerbstätigkeit (173,20 stunden monatlich) aus und veranschlagte dafür sogar einen Bruttolohn von allerdings nur schwer erzielbaren 10 Euro pro Stunde, ergäbe sich unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrags und der günstigsten Steuerklasse 2 ein fiktives Nettoeinkommen von €. 1.247 Euro. Nach Abzug von 5 % berufsbedingten Aufwendungen und einem 1/7-Erwerbstätigenbonus ergäben sich im günstigsten Fall erzielbare bereinigt 1.015,41 Euro monatlich, die den oben errechneten 3.197,37 Euro des Antragstellers gegenüber zu stellen sind. Die hälftige Differenz aus diesen Beträgen (= ca. 1.091 Euro) liegt über dem geltend gemachten und, als Aufstockungsunterhalt angemessen befristeten, zugesprochenen Betrag von 1.034,80 Euro.

Abschließend war lediglich noch klar zu stellen, dass die Befristung für etwa wieder auflebenden Betreuungsunterhalt keine Bedeutung hat. Soweit zur Abwendung der Voltstreckung aus der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts vom 04.06.2010 über nachehelichen unterhalt bereits Zahlungen geleistet worden sind, sind diese zu berücksichtigen, ohne dass dies hier auszusprechen war. ..." (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.10.2012 - 5 UF 3/12)

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Die Anrechnung eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs wegen Erwerbslosigkeit auf den Anspruch einer Witwe auf (wiederaufgelebtes) Witwengeld scheidet aus, wenn der Witwe ein solcher Anspruch - unabhängig von einem Unterhaltsverzicht - mangels eines nachhaltigen Bemühens um eine angemessene Tätigkeit nicht zusteht ( BayVGH, Urteil vom 12.10.2012 - 14 B 11.780).

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Erzieht, betreut und versorgt die Ehefrau nach der Scheidung einer langjährigen Ehe zwei jeweils nach langwierigen Fertilitätsbehandlungen geborene Zwillingspaare von neun und 17 Jahren, steht ihr nach den Umständen des Einzelfalles noch ein anteiliger Betreuungsunterhaltsanspruch aus § 1570 Abs. 1 und 2 BGB - in Kombination mit einem teilweisen Aufstockungsunterhaltsanspruch aus § 1573 Abs. 2 BGB - zu. Zu berücksichtigen sind bei der mit 2/3 bemessenen Erwerbsobliegenheit und mit einem Drittel der verfügbaren Zeit fortbestehenden Betreuungsbedürftigkeit nicht nur die kindesbezogenen Belange der beiden jüngeren Kinder - an die keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen und die auch die von der Unterhaltsberechtigten zu erbringenden Fahr- und Betreuungsleistungen für die sportlichen, musischen oder anderen Beschäftigungen der Kinder mit umfassen -, sondern auch die Auswirkungen des Zusammenlebens mit den zwar selbst nicht mehr betreuungsbedürftigen, aber zusätzliche Anforderungen an die Unterhaltsberechtigte stellenden 17-jährigen Zwillinge auf die Betreuung der jüngeren Zwillinge sowie die durch die Beeinträchtigungen auf Grund jahrelanger hochstrittiger Umgangsregelungs- und Sorgerechtsverfahren eingeschränkte Fremdbetreuungsfähigkeit der jüngeren beiden Kinder. Die teilweise noch aus § 1570 Abs. 1 und 2 BGB unterhaltsberechtigte frühere Ehefrau steht trotz des ergänzenden Aufstockungsunterhaltsanspruchs aus § 1573 Abs. 2 BGB im gleichen Unterhaltsrang des § 1609 Nr. 2 BGB wie die jetzige, ein Kind aus dieser zweiten Ehe betreuende Ehefrau des Unterhaltsschuldners. Auf die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich erforderliche genaue Differenzierung zwischen dem Betreuungsunterhaltsanteil und dem Aufstockungsunterhaltsanteil bei der Frage der Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b BGB kann verzichtet werden, wenn sowohl eine Befristung als auch eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs derzeit noch von vornherein ausscheiden müssen. Anders als in einem Nachscheidungsunterhalts-Ausgangsverfahren, in dem das Gericht grundsätzlich auch für die Zukunft den Zeitpunkt für eine Befristung oder Herabsetzung des Anspruchs prognostizieren darf, müssen in einem Nachscheidungsunterhalts-Abänderungsverfahren nach § 238 Abs. 1 FamFG die eine Abänderung des bestehenden Titels rechtfertigenden Tatsachen für eine Befristung oder Herabsetzung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung aktuell vorliegen (OLG Hamm, Beschluss vom 31.08.2012 - 3 UF 265/11).

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Bei der Berechnung des Aufstockungsunterhalts ist vom Einkommen des Bedürftigen auch dann der vorrangige Kindesunterhalt vorweg abzuziehen, wenn nur dadurch ein Anspruch nach § 1573 Abs. 2 BGB entsteht (OLG Stuttgart, Beschluss vom 01.08.2012 - 11 WF 161/12):

„.. Eine hinreichende Erfolgsaussicht für einen monatlichen Unterhaltsanspruch von über 68.- € monatlich hinaus konnte der Antragsteller dagegen nicht darlegen, §§ 113 FamFG, 114 ZPO.

Zu recht hat das Familiengericht das Einkommen des Antragstellers in vollem Umfang in die Unterhaltsberechnung eingestellt. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob sich seine Tätigkeit wegen des Umfangs der abgeleisteten Überstunden als überobligationsmäßig darstellt oder nicht, da sie sich im Rahmen der Unterhaltsberechnung jedenfalls am Umfang der Arbeitsleistung der von ihm in Anspruch genommenen Antragsgegnerin messen lassen muss, die neben der Betreuung von 2 Kindern im Alter von 12 und 15 Jahren in einer Haupt- und einer Nebentätigkeit nochmals 12 Stunden mehr pro Monat arbeitet als er. Durch die Annahme des Familiengerichts, die Einkünfte beider Beteiligter nicht als unzumutbar anzusehen, kann deshalb allenfalls die Antragsgegnerin, nicht jedoch der Antragsteller beschwert sein.

Zutreffend ist das Familiengericht auch davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt bei höherem Erwerbseinkommen des Anspruchstellers allein dadurch entstehen kann, dass sich sein Einkommen durch den Vorwegabzug eines geschuldeten Kindesunterhalts vermindert. Kindesunterhalt als Barunterhalt stellt in der Unterhaltsberechnung einen Abzugsposten vom Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils dar, ohne dass es darauf ankommen kann, ob dieser vom ehegattenunterhaltsberechtigten oder -verpflichteten Elternteil zu bezahlen ist. Abzugsposten ist aber nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung auch nur der Barunterhalt, der vom anderen Elternteil geleistete Betreuungsunterhalt unterliegt dagegen in keinem Fall einer Materialisierung. Unangemessene Ergebnisse können über die Prüfung der Zumutbarkeit der Erzielung von Erwerbseinkünften neben der Kindererziehung vermieden werden (hierzu zuletzt BGH FamRZ 2012, 1040). Nach dem Grundsatz der Halbteilung kann in diesen Fällen der Tatbestand des § 1573 Abs. 2 BGB nicht verneint werden (so auch OLG Zweibrücken FamRZ 2002, 1565; Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Maier, 8. Aufl. 2011, Kap. 6, Rn. 532; aA OLG Thüringen FamRZ 2004, 1207; Palandt/Brudermüller, BGB, 71. Aufl. 2012, § 1573 Rn. 15; differenzierend Wendl/Bömelburg, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 8. Aufl. 2011, § 4, Rn. 319, Ablehnung eines Einsatzzeitpunktes, wenn der Anspruch erst lange Zeit nach der Scheidung erstmals geltend gemacht wird).

Soweit das Familiengericht die Prüfung der Frage, ob der geringfügige Einkommensunterschied überhaupt auszugleichen ist (hierzu näher Palandt/Brudermüller aaO, § 1573 Rn. 15; Wendl/Bömelburg aaO, § 4 Rn. 322; Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Maier aaO, Kap. 6 Rn. 533), nicht bei der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe geprüft hat, sondern dem Hauptsacheverfahren vorbehalten hat, beschwert den Antragsteller nicht.

Die Höhe der auf die Verfahrenskosten zu bezahlenden Raten reduziert sich von monatlich 115.- € auf monatlich 15.- €, da das Familiengericht bei im Übrigen zutreffender und auch nicht angegriffener Berechnung versehentlich die Abzüge für betriebliche Altersvorsorge und vermögenswirksame Leistungen von insgesamt 260,13 € nicht berücksichtigt hat. Wird weiterhin noch die im Beschwerdeverfahren nachgewiesene Mieterhöhung von 13.- € einberechnet, verbleibt lediglich noch ein für Verfahrenskosten einzusetzendes Einkommen von 48.- €. ..."

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„... 2. Der Anspruch der Antragsgegnerin folgt aus § 1573 Abs. 2 BGB (Aufstockungsunterhalt). Dagegen ist nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. O, welchem der Senat folgt, kein Anspruch auf Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB gegeben, da die Antragsgegnerin trotz bestehender gesundheitlicher Beeinträchtigungen in der Lage ist, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 22.12.2011, auf das Bezug genommen wird, festgestellt, dass bei der Antragsgegnerin verschiedene Leiden vorliegen, aufgrund derer eine Einschränkung des allgemeinen Leistungsvermögens besteht. Aus diesem Grund kommen körperlich schwere und auch mittelschwere Tätigkeiten nicht mehr in Betracht. Hingegen seien körperlich leichte Tätigkeiten noch ausführbar, wobei Tätigkeiten mit häufigerem Bücken, Stehen oder Sitzen nicht mehr in Betracht kommen. Ebenso würden Tätigkeiten mit Zwangshaltungen und einseitigen Körperhaltungen entfallen sowie, wegen der Kniebeschwerden, insbesondere Tätigkeiten mit häufigerem Treppensteigen. Daneben kämen Tätigkeiten, die ein kräftiges Zupacken der rechten Hand erfordern, nicht mehr in Betracht. Mit diesen Einschränkungen könne eine körperlich leichte Tätigkeit noch vollschichtig ausgeübt werden. Als mögliche Tätigkeiten kämen beispielsweise Bürohilfstätigkeiten und dergleichen in Betracht. Gegenüber der letzten Begutachtung vom 12.09.2007 (AG Dorsten, AZ. 13 F 485/06) lasse sich eine durchgreifende Leistungsverschlechterung nicht dokumentieren. Insbesondere aufgrund der Kniegelenksbeschwerden müsse aber auf Sicht mit einer weiteren Einschränkung der Leistungsfähigkeit gerechnet werden, es sei denn, es erfolgte zwischenzeitlich eine Kniegelenksprothese.

In seiner Anhörung vor dem Senat hat der Sachverständige seine Angaben aus dem Sachverständigengutachten wiederholt und erläutert. Hauptbefund sei die eingeschränkte Belastbarkeit des rechten Kniegelenks bei Zustand nach Kreuzbandersatzplastik und weiterhin bestehenden Knorpelschädigungen. Bereits im Jahr 2007 bei der Erstbegutachtung habe es aus diesem Grund deutliche Beeinträchtigungen gegeben. Es entspreche dem Krankheitsbild, dass zwischenzeitlich eine gewisse Zunahme der Beschwerden eingetreten sei. Häufig ende ein derartiges Krankheitsbild in einer prothetischen Versorgung. Die anderen beschriebenen Erkrankungen betreffend etwa die Schulter und die Wirbelsäule seien nicht so schwerwiegend. Dies gelte auch für die Anpassungsstörung, die eher leichtgradig sei und die sich gebessert habe.

Aus der eingeschränkten Belastbarkeit des rechten Kniegelenks folge, dass nur eine leichte Tätigkeit ausgeübt werden könne und dass Tätigkeiten, die ein häufigeres Gebrauchen des Knies erfordern, wie z.B. die häufige Benutzung einer Leiter oder das häufige Zurücklegen langer Wege, ausscheiden. Eine zeitliche Einschränkung sei jetzt noch nicht gegeben, könne aber zukünftig in Betracht kommen; dies könne sich allerdings anders darstellen, wenn eine prothetische Versorgung erfolgt. Eine Tätigkeit als Verkäuferin im Einzelhandel sei nicht günstig und würde auf Kosten der Gesundheit gehen. Eine derartige Tätigkeit sei auch schon im Jahre 2007 nicht mehr in Betracht gekommen.

Der Senat folgt diesen überzeugenden und auch im Senatstermin von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogenen Ausführungen des Sachverständigen. Danach ist die Antragstellerin in der Lage, vollschichtig eine - leichte - Tätigkeit auszuüben, so dass ein Anspruch auf Krankheitsunterhalt ausscheidet und sich die Anspruchsberechtigung aus § 1573 Abs. 2 BGB ergibt. Der Antragsgegner schuldet Aufstockungsunterhalt nach Maßgabe der folgenden Erwägungen.

3. Das Maß des Unterhalts bestimmt sich gemäß § 1587 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen, hier also dem bereinigten Einkommen des Antragstellers in prägender Höhe sowie dem (fiktiven) Einkommen der Antragsgegnerin sowie dem Wohnvorteil aufgrund des kostenfreien Wohnens in dem in ihrem hälftigen Miteigentum stehenden vormaligen Familienheim.

a) Das für die Unterhaltsberechnung maßgebliche Einkommen des Antragstellers stellt sich wie folgt dar:

Gesamtbrutto 79.968,80 Euro
Lohnsteuer ./. 22.123,87 Euro
Solidaritätszuschlag ./. 1.216,74 Euro
Rentenversicherung ./. 6.431,70 Euro
Arbeitslosenversicherung ./. 904,96 Euro
Krankenversicherung ./. 3.555,00 Euro
Pflegeversicherung ./. 438,72 Euro
verbleiben 45.297,81 Euro
= monatlich 3.774,82 Euro
Korrektur Auslösung ./. 76,66 Euro
Auslösung steuerfrei 31,65 Euro
Übernachtung steuerfrei 0,00 Euro
Fahrgeld 0,00 Euro
Nettoquote vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers ./. 15,06 Euro
Fahrtkosten ./. 308,00 Euro
Gewerkschaft ./. 24,00 Euro
Steuererstattung 150,00 Euro
private Altersvorsorge ./. 266,56 Euro
Belastung Familienheim ./. 801,05 Euro
verbleiben 2.465,13 Euro
davon 6/7 2.112,97 Euro

aa) Der Senat hat für den hier maßgeblichen Zeitraum ab 19.11.2011 das vom Antragsteller im Jahr 2010 erzielte Einkommen zugrunde gelegt und dieses Einkommen fortgeschrieben. Eine Unterhaltsberechnung auf der Basis des im Jahr 2011 erzielten Einkommens kommt nicht in Betracht, da dieses Einkommen nicht als eheprägend angesehen werden kann.

Das vom Antragsteller im Jahr 2011 erzielte Bruttoeinkommen belief sich ausweislich der sich aus der Abrechnung Dezember 2011 ergebenden Jahresbeträge auf 106.432,83 Euro und lag somit um über 26.000,00 Euro höher als das im Jahr 2010 erzielte Bruttoeinkommen. Bereits dieses im Jahr 2010 erzielte Jahresbruttoeinkommen resultierte bei einem Grundgehalt von monatlich gut 4.200,00 Euro brutto zu einem nicht unerheblichen Teil aus Vergütungen für Mehrarbeit. Diese beruhen nach der - ihrem Inhalt nach unstreitigen - Bescheinigung des Arbeitgebers des Antragstellers vom 06.02.2012 (Bl. 302 d.A.) darauf, dass der Antragsteller seit Mai 2010 auf einer Baustelle in M für die Abwicklung eines Großauftrages als Oberbauleiter tätig war. Sind auf diese Weise bereits im Jahr 2010 Überstunden in nicht unerheblichem Umfang angefallen, so stieg deren Umfang im Jahr 2011 ausweislich der vorgelegten Gehaltsabrechnungen noch einmal sehr deutlich an. In der bereits zitierten Arbeitgeberbescheinigung vom 06.02.2012 wird dies damit begründet, dass die Ausführungen des Auftrags in M einem vertraglich festgelegten Terminrahmen unterlag. Die Aufgabenbereiche des Antragstellers hätten die Koordination und Überwachung der auszuführenden Arbeiten umfasst. In der Spitze seien auf der Baustelle ca. 130 Personen für die Fa. A (Arbeitgeber) tätig gewesen, die im Mehrschichtbetrieb und teilweise an den Wochenenden gearbeitet hätten. In seiner Funktion als Oberbauleiter habe dies in der Vergangenheit eine über die Regelarbeitszeit hinausgehende Tätigkeit und Präsenz vor Ort erfordert, die im Rahmen von Überstunden abgeleistet worden seien. Die Arbeiten befänden sich derzeit in der Endphase, der Fortschritt des Projekts betrage ca. 95 % und die Personalstärke sei auf 30 Personen reduziert, so dass die Ableistung von Überstunden aus Sicht der Projektleitung nicht mehr erforderlich sei.

Der Senat betrachtet daher die aufgrund der in außergewöhnlichem Umfang erfolgten Mehrarbeit im Jahr 2011 erzielten Bruttoeinkünfte in für den Antragsteller außergewöhnlicher Höhe nicht als eheprägend und legt sie der Unterhaltsberechnung nicht zugrunde. Auch die Antragsgegnerin behauptet nicht, dass derart hohe Überstundenvergütungen bereits zu Zeiten intakter Ehe erfolgt wären.

Ebensowenig kann allerdings das im Monat Januar 2012 erzielte, deutlich reduzierte Einkommen des Antragstellers zugrunde gelegt werden (vgl. Gehaltsabrechnung Bl. 303 f. d.A.), da die sich nur über einen Monat verhaltende Gehaltsabrechnung nicht als repräsentativ angesehen werden kann, auch wenn nach der Bescheinigung des Arbeitgebers auf der Baustelle in M keine nennenswerte Mehrarbeit mehr anfallen wird. Durchaus wahrscheinlich erscheint es aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit aber, dass der Antragsteller demnächst auf anderen Baustellen tätig werden wird, bei denen er in seiner Tätigkeit als Bauleiter ebenfalls Überstunden machen wird.

Der Senat hat daher das Einkommen des Jahres 2010 seinen Berechnungen zugrunde gelegt, da es nach derzeitigem Stand eine hinreichend verlässliche Grundlage darstellt, um auch die zukünftigen Verdienste des Antragstellers zu schätzen. Der Umstand, dass auch das Einkommen des Jahres 2010 zu einem nicht unwesentlichen Teil aus Vergütungen für Überstunden beruht, steht einer vollumfänglichen Berücksichtigung dieses Einkommens und einer Fortschreibung für die Zukunft nicht entgegen.

Nach Ziffer 1.3 der Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht (im folgenden Text: HLL) sind Überstundenvergütungen Einkommen, wenn die Überstunden entweder in geringem Umfang anfallen oder berufstypisch sind. Vergütungen für Überstunden, die deutlich über dieses übliche Maß hinausgehen, sind nach Billigkeitsgesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles sowie des in § 1577 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens anzurechnen. Beim Ehegattenunterhalt sind Überstundenvergütungen nach vorstehender Maßgabe bedarfsbestimmend zu berücksichtigen, wenn sie bereits die intakten Lebensverhältnisse mitgeprägt haben.

Diese Grundsätze führen hier zur vollen Anrechnung der Überstundenvergütungen, die im Jahr 2010 erzielt worden sind. Denn zum einen sind sie bei der Tätigkeit des Antragstellers, der als Bauleiter im Rohrleitungsbau arbeitet, berufstypisch. Auch sind sie offenbar bereits in der Vergangenheit angefallen und haben bereits die Lebensverhältnisse zu Zeiten intakter Ehe mitgeprägt, anders als die außergewöhnlich hohen Überstundenvergütungen im Jahr 2011.

Der Senat hält es nach alledem für gerechtfertigt, für den gesamten verfahrensgegenständlichen Unterhaltszeitraum ab dem 19.11.2011 das vom Antragsteller im Jahr 2010 erzielte Einkommen zugrundezulegen.

bb) Die Höhe des Gesamtbruttoeinkommens im Jahre 2010 sowie die Abzüge für Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung und Pflegeversicherung ergeben sich aus den Jahreswerten der Entgeltabrechnung Dezember 2010 vom 22.12.2010 (Bl. 275 d.A.), auf die Bezug genommen wird.

Aus den obengenannten Gründen hat der Senat die aus Mehrarbeit im Jahr 2010 erzielten Einkünfte in die Unterhaltsberechnung mit einbezogen.

cc) Von dem sich somit ergebenden monatsdurchschnittlichen Nettoeinkommen von 3.774,82 Euro sind hinsichtlich der erhaltenen Auslösungen die aus der obigen Aufstellung ersichtlichen Korrekturen vorzunehmen.

Gemäß Nr. 1.4 der HLL ist über die Anrechenbarkeit von Auslösungen und Spesen nach Maßgabe des Einzelfalles zu entscheiden. Im Zweifel kann davon ausgegangen werden, dass eine Ersparnis eintritt, die mit 1/3 der Nettobeträge zu bewerten und insoweit dem anrechenbaren Einkommen hinzuzurechnen ist.

Der Senat rechnet daher - wie bereits unbeanstandet das Amtsgericht - die erhaltenen Auslösungen nur zu 1/3 einkommenserhöhend an, wie im Senatstermin unwidersprochen erörtert.

Hinsichtlich der im Jahr 2010 erhaltenen steuerpflichtigen Auslösungen führt dies dazu, dass von dem oben ermittelten monatlichen Nettodurchschnittsverdienst ein Betrag in Höhe von 76,66 Euro in Abzug zu bringen ist. Die steuerpflichtigen Auslösungen sind in dem Gesamtbruttobetrag von 79.968,80 Euro, welcher Ausgang der Unterhaltsberechnung ist, bereits enthalten. Sie sind daher in Höhe von 2/3 wieder in Abzug zu bringen. Der Antragsteller hat im Jahr 2010 insgesamt steuerpflichtige Auslösungen in Höhe von (266,20 + 53,60 + 163,04 + 249,20 + 75,00 + 67,00 + 242,00 + 242,00 + 242,00 + 264,00 + 275,00 + 297,00 =) 2.436,04 Euro erhalten, monatsdurchschnittlich also 203,00 Euro brutto. Bei einer Nettoquote von (45.297,81 : 79.968,80 =) 57 % führt dies zu einem Nettobetrag von 114,99 Euro. 2/3 hiervon sind 76,66 Euro, die in Abzug gebracht worden sind.

Die im Jahr 2010 erhaltenen steuerfreien Auslösungen sind hingegen im Gesamtbruttobetrag von 79.968,80 Euro nicht enthalten, so dass sie in Höhe von 1/3 des monatsdurchschnittlichen Betrages hinzuzurechnen sind. Bezogen hat der Antragsteller im Jahr 2010 steuerfreie Auslösungen in Höhe von (146,56 + 24,00 + 152,32 + 342,72 + 18,00 + 1,00 + 304,64 + 12,00 + 90,00 + 48,00 =) 1.139,24 Euro. Monatsdurchschnittlich ergibt dies einen Betrag von 94,94 Euro. 1/3 hiervon sind 31,65 Euro, die in die Berechnung eingestellt worden sind.

dd) Die im Jahr 2010 angefallenen steuerfreien Fahrgelder und Übernachtungskosten, die ebenfalls im Gesamtbruttobetrag nicht enthalten sind, hat das Amtsgericht nicht berücksichtigt, was von den Beteiligten nicht angegriffen worden ist, so dass der Senat diese, im Übrigen auch nicht zu beanstandende, Handhabung fortgeschrieben hat.

ee) Der Abzug der Nettoquote der vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers, der Fahrtkosten sowie des Gewerkschaftsbeitrages sind zwischen den Beteiligten unstreitig.

ff) Der vom Senat in die Berechnung eingestellte, der Höhe nach gem. § 287 ZPO geschätzte, monatsdurchschnittliche Steuererstattungsbetrag von 150,00 Euro ergibt sich aus den folgenden Überlegungen.

Das Amtsgericht ist in seiner Berechnung unter Zugrundelegung der vom Antragsteller vorgelegten Steuerberechnung für das Jahr 2009 (Bl. 46 SH UE) von einem voraussichtlichen Erstattungsbetrag von 626,55 Euro ausgegangen, der zu einer monatlichen Erstattung von 52,21 Euro führt. Steuerbescheide der letzten Jahre liegen nach den Angaben des Antragstellers, die er im Senatstermin wiederholt hat, nicht vor, so dass eine Schätzung vorzunehmen ist.

Der Senat ist insoweit von dem vom Amtsgericht angenommenen Betrag ausgegangen und hat diesen um rund 100,00 Euro erhöht. Diese Erhöhung resultiert daraus, dass sich in der genannten Steuerberechnung des Antragstellers keine Angaben zum monatlichen Ehegattenunterhalt, der in Höhe von 200,00 Euro als Trennungsunterhalt vereinbart und gezahlt worden ist, finden. Berücksichtigt man diese Zahlungen, so verringert sich das zu versteuernde Einkommen um 2.400,00 Euro. Dies führt bei Zugrundelegung der Steuer-Grundtabelle für 2009 dazu, dass sich bei einem Jahreseinkommen von (77.390,00 - 2.400,00 =) 74.990,00 Euro lediglich eine Einkommensteuer in Höhe von 23.431,00 Euro gegenüber ansonsten 24.593,00 Euro ergibt, wobei der geringere Solidaritätszuschlag noch nicht berücksichtigt ist. Die Differenz von rund 1.200,00 Euro rechtfertigt die vorgenommene Erhöhung um monatsdurchschnittlich knapp 100,00 Euro auf dann gerundet 150,00 Euro.

gg) Aufwendungen für private Altersvorsorge sind in Höhe von 266,56 Euro zu berücksichtigen.

Gemäß Nr. 10.1 der HLL ist beim Ehegattenunterhalt für die sekundäre Altersvorsorge in der Regel ein Betrag von bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres als angemessen in Abzug zu bringen. Unstreitig ist, dass der Antragsteller Vorsorgeaufwendungen in einer diesen Betrag übersteigenden Höhe hat (vgl. seine Aufstellung Bl. 49 SH UE, wonach er zwei Lebensversicherungen in Höhe von monatlich 162,17 Euro und 300,00 Euro bedient). Der vom Senat eingestellte Betrag entspricht dem monatsdurchschnittlichen Betrag von 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Jahres 2010, da verfahrensgegenständlich der Zeitraum ab dem 19.11.2011 ist.

hh) Daneben kann der Antragsteller die monatlichen Belastungen für Verbindlichkeiten betreffend das Familienheim als eheprägend absetzen.

Der Senat schreibt insoweit den vom Amtsgericht abgesetzten Betrag von monatlich 801,05 Euro fort, welcher der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

Ein Abzug ist zusätzlich zu den unter oben gg) genannten Abzügen für private Altersvorsorge zulässig, da das Familienheim im hälftigen Miteigentum beider Beteiligter steht, so dass die Bedienung der Verbindlichkeiten durch den Antragsteller in gleichem Maße der Antragsgegnerin zugute kommt.

ii) Von dem sich ergebenden bereinigten monatlichen Nettoeinkommen von 2.465,13 Euro ist der Erwerbstätigenbonus in Höhe von 1/7 in Abzug zu bringen, so dass ein monatlicher Betrag von 2.112,97 Euro verbleibt.

b) Auf Seiten der Antragsgegnerin ist das folgende Einkommen in die Unterhaltsberechnung einzustellen.

Erwerbseinkommen (fiktiv) brutto 1.211,00 Euro
Erwerbseinkommen (fiktiv) netto 913,00 Euro
abzüglich 5 % Werbungskosten 867,35 Euro
davon 6/7 743,44 Euro
Wohnvorteil 510,00 Euro
gesamt 1.253,44 Euro.

aa) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Antragsgegnerin die unterhaltsrechtliche Obliegenheit trifft, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Weiterhin ist unstreitig, dass sie in den vergangenen Jahren keinerlei Erwerbsbemühungen entfaltet hat, so dass zu ihren Lasten mit fiktiven Erwerbseinkünften zu rechnen ist.

Der Senat geht davon aus, dass die Antragsgegnerin bei entsprechenden Bemühungen in der Lage wäre, eine vollschichtige Erwerbstätigkeit mit einem Stundenlohn von 7,00 Euro zu finden, die zu einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.211,00 Euro führen würde.

Der Senat hat hierbei die oben wiedergegebene Einschätzung des Sachverständigen Dr. Nensa berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin nur noch in der Lage ist, körperlich leichten Tätigkeiten nachzugehen. In Betracht kommen etwa Bürohilfsarbeiten.

Nach den Erfahrungen des Senats ist für derartige Arbeiten ein Stundenlohn von 7,00 Euro erzielbar.

Soweit der Sachverständige in seiner Anhörung vor dem Senat die Ansicht vertreten habe, die Antragsgegnerin sei auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelbar, folgt der Senat dieser Einschätzung des Sachverständigen, die im Übrigen nicht von seinem Gutachtenauftrag erfasst ist, nicht. Vielmehr ist es nach den Erfahrungen des Senats sehr wohl möglich, dass die am 07.07.1955 geborene Antragsgegnerin eine Arbeitstätigkeit mit dem beschriebenen Tätigkeitsfeld finden kann. Sie ist als Anspruchstellerin darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass ihr dies trotz entsprechender Bemühungen nicht möglich wäre. Entsprechende Bemühungen hat sie indes bislang gar nicht entfaltet. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Antragsgegnerin bereits seit mehreren Jahren gehalten war, sich um einen Arbeitsplatz zu bemühen. Die Trennung erfolgte im August 2003, so dass jedenfalls anfangs des Jahres 2005 von ihr erwartet werden konnte, sich um eine Arbeitstätigkeit zu bemühen. Das Alter der am xxx geborenen Kinder stand dem nicht entgegen. Im Übrigen war auch in dem seinerzeit erstellten Sachverständigengutachten des Dr. O vom 12.09.2007 in dem Trennungsunterhaltsverfahren AG Dorsten, 13 F 485/06, festgestellt worden, dass die Antragsgegnerin in der Lage ist, vollschichtig eine leichte Tätigkeit auszuüben. Zu ihren Aussichten auf dem Arbeitsmarkt ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass sie immerhin in der Zeit von 1998 bis 2004 zumindest teilweise eigenverantwortlich eine Boutique geführt hat, was ihre Chancen bei einer Arbeitsplatzsuche verbessert oder jedenfalls bei zeitnahen Bemühungen verbessert hätte, da ein potentieller Arbeitgeber davon ausgehen kann, dass sie den Anforderungen für leichte Bürotätigkeiten ohne Weiteres gewachsen ist.

bb) Das Bruttoeinkommen von monatlich 1.211,00 Euro führt nach einem Steuerberechnungsprogramm zu einem monatlichen Nettoeinkommen von 913,00 Euro.

Hiervon abzuziehen sind Werbungskosten in Höhe von pauschal 5 % entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senats bei fiktiver Einkommensberechnung.

Abzüglich des Erwerbstätigenbonus von 1/7 verbleibt ein Erwerbseinkommen in Höhe von 743,44 Euro.

cc) Weiterhin in die Unterhaltsberechnung einzustellen ist der Wohnvorteil der Antragsgegnerin, die kostenfrei das in ihrem hälftigen Miteigentum stehende vormalige Familienheim bewohnt.

Der Senat hat den Wohnvorteil mit monatlich 510,00 Euro bemessen.

Der Senat folgt insoweit der Einschätzung des Amtsgerichts. Dieses hat ausführlich und überzeugend begründet, warum von einem Wohnwert in Höhe von 510,00 Euro auszugehen sei. Der Senat nimmt auf diese Ausführungen (S. 10 f. des angefochtenen Beschlusses) Bezug und schließt sich ihnen an.

Mit den genannten Gründen des amtsgerichtlichen Beschlusses setzt sich die Beschwerdeerwiderung nicht substantiiert auseinander, so dass der Senat nicht gehalten ist, auf die ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung hin, der Wohnvorteil betrage 850,00 Euro, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Die insoweit bereits im Verhandlungstermin geäußerte Ansicht des Senats blieb bei der Erörterung unwidersprochen.

dd) Insgesamt ergibt sich somit auf Seiten der Antragsgegnerin ein in die Unterhaltsberechnung einzustellendes Einkommen von bereinigt 1.253,44 Euro.

c) Die unter Zugrundelegung der vorstehenden Erwägungen vorzunehmende Unterhaltsberechnung führt zu monatlichen Unterhaltsansprüchen der Antragsgegnerin auf Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 95,00 Euro und auf Elementarunterhalt in Höhe von 389,00 Euro, mithin auf monatlich insgesamt 484,00 Euro. Die Anspruchshöhe ergibt sich aus der folgenden Berechnung:

Einkommen Antragsteller 2.112,97 Euro
Einkommen Antragsgegnerin ./. 1.253,44 Euro
Differenz 859,52 Euro
davon ½ = vorläufiger Elementarunterhalt 429,76 Euro - gerundet 430,00 Euro
Zuschlag nach Bremer Tabelle 485,90 Euro
daraus folgender Altersvorsorgeunterhalt 95,24 Euro
Altersvorsorgeunterhalt gerundet 95,00 Euro
neues Einkommen Antragsteller nach Abzug des Altersvorsorgeunterhalts (2.465,13 Euro ./. 95,00 Euro) 2.370,13 Euro
davon 6/7 2.031,57 Euro
Einkommen der Antragsgegnerin ./. 1.253,44 Euro
Differenz 778,10 Euro
davon ½ = Elementarunterhalt 389,05 Euro
Elementarunterhalt gerundet 389,00 Euro
gesamt 484,00 Euro

Der Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt folgt aus § 1578 Abs. 3 BGB.

4. Die Unterhaltszahlung hat für den Zeitraum bis einschließlich März 2012 in Höhe von monatlich 333,58 € an das Jobcenter Kreis S zu erfolgen, da die Antragsgegnerin in dieser Höhe Leistungen nach dem SGB II erhalten hat, so dass insoweit ein gesetzlicher Forderungsübergang auf das Jobcenter erfolgt ist.

5. Der auf die vorstehende Weise ermittelte Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen ist mit Ablauf des Jahres 2013 gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, die Zahlungsverpflichtung auf 200,00 Euro zu reduzieren. Mit Ablauf des Jahres 2015 ist der Unterhaltsanspruch gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB zeitlich zu begrenzen.

Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den Eigenunterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Ehe ergeben.

a) Danach ist vorrangig zu berücksichtigen, ob ehebedingte Nachteile eingetreten sind. Den Unterhaltsberechtigten trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast. Diese hat im Rahmen von § 1578 b BGB zum Inhalt, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden. Die an die sekundäre Darlegungslast zu stellenden Anforderungen sind nicht zu überspannen und müssen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung tragen. Erforderlich ist allerdings die Darlegung konkreter beruflicher Entwicklungsmöglichkeiten, die so konkret sein müssen, dass sie auf ihre Plausibilität überprüft werden können und der Widerlegung durch den Unterhaltspflichtigen zugänglich sind (BGH, Urteil vom 26.10.2011, XII ZR 162/09, NJW 2012, 74 = FamRZ 2012, 93).

Hier können ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB auf Seiten der Antragsgegnerin nicht festgestellt werden.

Dem Amtsgericht ist in der Ansicht zu folgen, dass es an einem substantiierten Vortrag der Antragsgegnerin, welche beruflichen Nachteile ihr aufgrund der Ehe entstanden sein sollen, fehlt. Die Antragsgegnerin war zum Zeitpunkt der Heirat am xxx bereits 30 Jahre alt und noch immer ohne Berufsausbildung. Soweit dies auf die erste Ehe der Antragsgegnerin und die Betreuung der beiden aus der ersten Ehe hervorgegangenen Kinder zurückzuführen sein mag, ist dies für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. Jedenfalls gibt es keine konkreten Hinweise darauf, dass die Antragsgegnerin, hätte sie den Antragsteller nicht geheiratet und die beiden Kinder aus der Ehe betreut, noch eine Berufsausbildung absolviert hätte. Sie hat zu keinem Zeitpunkt, sei es vor ihrer zweiten Ehe oder sei es nach der im Jahr 2003 erfolgten Trennung, irgendwelche dahingehende Bemühungen entfaltet. Ebensowenig kann festgestellt werden, dass die Antragsgegnerin jetzt ein höheres Einkommen erzielen könnte, wenn sie bereits in früheren Jahren - ohne Berufsausbildung - einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre. Denn es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass es der Antragsgegnerin gelungen wäre, durchgehend beim selben Arbeitgeber tätig zu werden und auf diese Weise mit der Zeit ein höheres Lohnniveau zu erreichen. Vielmehr ist es gerade bei ungelernten Kräften nicht unüblich, dass diese nach einer Zeit der Arbeitstätigkeit ihren Arbeitsplatz verlieren und sich dann erneut auf den Arbeitsmarkt begeben müssen, um auf niedrigem Lohnniveau eine neue Anstellung zu finden.

b) § 1578 b BGb beschränkt sich indes nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Auch im Rahmen der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung sind nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB neben weiteren relevanten Umständen im Einzelfall die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie die Dauer der Ehe zu berücksichtigen. Die Ehedauer gewinnt durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt (BGH, Urteil vom 06.10.2010, AZ. XII ZR 202/08, FamRZ 2010, 1971).

Hier ist bei der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen, dass die Ehe der Beteiligten vom 29.08.1985 bis zur Zustellung des Scheidungsantrages am 26.10.2006 rund 21 Jahre dauerte. Die Antragsgegnerin hat während der Ehezeit den Haushalt geführt und die beiden gemeinsamen Kinder betreut. Daneben hat sie von 1998 bis zum Jahr 2004 in der auf den Namen des Antragstellers laufenden Boutique gearbeitet.

Weiterhin ist zugunsten des Antragstellers die außergewöhnlich lange Trennungszeit verbunden mit dem Umstand, dass er bereits seit der Trennung im August 2003 Trennungsunterhalt an die Antragsgegnerin zahlt, zu berücksichtigen.

Ungeklärt ist derzeit noch die Situation hinsichtlich des im hälftigen Miteigentum stehenden Familienheims, das möglicherweise veräußert werden soll. Der Senat hat insoweit die derzeit bestehenden tatsächlichen Verhältnisse zugrunde gelegt.

c) Unter Abwägung sämtlicher vorgenannter Gesichtspunkte hält es der Senat für geboten, von der Möglichkeit des § 1578 b Abs. 3 BGB Gebrauch zu machen und die Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs miteinander zu verbinden.

Insgesamt erscheint es trotz der nicht unerheblichen Dauer der Ehe unter Berücksichtigung der bereits seit August 2003 erfolgten Trennungsunterhaltszahlungen geboten, den Unterhaltsanspruch zum Ende des Jahres 2015 zeitlich zu begrenzen.

Darüber hinaus erscheint es angemessen, bereits zuvor die Anspruchshöhe auf monatlich 200,00 Euro herabzusetzen, wobei dieser Unterhalt als Elementarunterhalt geschuldet ist. Die Antragsgegnerin ist in der Lage, einer auskömmlichen Berufstätigkeit nachzugehen und kann somit über Beträge deutlich oberhalb des Selbstbehalts verfügen.

6. a) Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 FamFG. Der Senat hat trotz des teilweisen Obsiegens der Antragsgegnerin in der Beschwerdeinstanz die erstinstanzliche Kostenentscheidung nur geringfügig korrigiert, da diese zu einem wesentlichen Teil darauf beruht hat, dass die Antragsgegnerin mit ihrem Antrag auf Zahlung eines Zugewinnausgleichsbetrags in Höhe von 27.496,26 Euro vollumfänglich unterlegen ist. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 29.03.2012 - 2 UF 215/11)

***

„... Der Beklagten steht aber ein Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB wie aus dem Tenor ersichtlich zu. Nach den Feststellungen des Senats ist die Beklagte derzeit noch nicht in der Lage, ihren Bedarf nach den ehelichen Verhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB) beziehungsweise ihren eigenen angemessenen Bedarf (§ 1578 b Abs. 1 S. 1 BGB) durch ihre Berufstätigkeit als Rechtsanwältin vollständig zu decken.

Dabei ist davon auszugehen, dass die Beklagte Anschluss an ihre vor der Berufspause ausgeübte Tätigkeit finden konnte und der durch die Erwerbsabstinenz von 10 Jahren während der Kinderbetreuung verursachte Nachteil, der sich daraus ergibt, dass die Beklagte mit ihrer Selbstständigkeit nochmals neu beginnen musste, bis zum Dezember 2013 kompensierbar ist.

Soweit die Beklagte demgegenüber einen dauernden - nicht kompensierbaren - Nachteil reklamiert, ist sie ihrer sekundären Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen.

Die Höhe des eheangemessenen Bedarfes ist durch den Vergleich aus dem Jahre 2005 festgelegt.

Aus der Berechnung in dem Vergleich ergibt sich ein Elementarbedarf in Höhe von 2.000 € und ein Wohnbedarf in Höhe von 850 €, mithin in der Summe 2.850 €.

Hinzu kommen ein Altersvorsorgebedarf von 321 € und Krankenvorsorgebedarf von damals 484,54 €.

Nach den vorgelegten Einkommensunterlagen verfügt die Beklagte, wie auch das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, bisher tatsächlich nicht über ein Nettoeinkommen, das diesen im Vergleich festgelegten Bedarf deckt. Die aktuellen Unterlagen zum Einkommen dokumentieren, dass die Gewinnsituationen in 2008 mit knapp 22.000,00 € und im Jahre 2009 mit 17.400,00 € unter Berücksichtigung der Kosten nicht geeignet sind, eine nachhaltige Sicherung des Bedarfs der Beklagten anzunehmen.

Allerdings sind der Beklagten fiktive Einkünfte zuzurechnen, da die von ihr unternommenen Anstrengungen zur Steigerung ihrer Einkünfte nach der Überzeugung des Senats als teils unzureichend und teils ungeeignet bezeichnet werden müssen.

Zwar bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Wiederaufnahme einer selbstständigen Tätigkeit. Nach dem Schreiben der C vom 30.04.2008 war die Beklagte bereits zu Beginn des streitigen Zeitraums wegen fehlender Berufserfahrung, ihres Alters und ihrer fehlenden zeitlichen und örtlichen Mobilität schwer für ein abhängiges Arbeitsverhältnis vermittelbar.

Auf die vorgelegten Stellenangebote hat die Beklagte keine Zusage erhalten. Selbst wenn die Bewerbungsbemühungen als unzureichend angesehen werden müssten, kann davon ausgegangen werden, dass die bei Einsetzen der Erwerbsobliegenheit im Jahre 2002 bereits … Jahre alte Beklagte nur schwerlich eine Teilzeittätigkeit nach 10 Jahren Berufspause bekommen hätte. Die erneute Entscheidung zur Selbstständigkeit erscheint danach vernünftig und aussichtsreich.

Dennoch sind der Beklagten fiktive Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit zuzurechnen. Sie hat nicht ausreichend dargetan, dass sie sich in dem ihr zumutbaren Umfang um Einkünfte aus Rechtsanwaltstätigkeit bemüht hat.

Hinsichtlich der Berechnung fiktiver Einkünfte ist darauf abzustellen, welche durchschnittlichen Gewinne die Beklagte bei gehöriger Anstrengung zu erzielen in der Lage gewesen wäre.

Sie trägt vor, sie habe 2001 bereits wieder mit der Akquisition von Mandanten begonnen. Der Kläger habe ihre Bemühungen aber mit der Teilungsversteigerung des gemeinsamen Hauses 2002-2004 zunichte gemacht. Bis … 2006 sei es ihr unmöglich gewesen, den Aufbau ihres Anwaltsbüros fortzusetzen. Hierfür legt sie eine Bescheinigung des SV1 und des … vor. Der SV1 bescheinigt der Beklagten für die Zeit von 2000-2006 einen … Erschöpfungszustand.

Dieser Vortrag der Beklagten kann aber im vorliegenden Verfahren keine Berücksichtigung finden, da sie den Vergleich mit den fiktiven 900 € Einkommen und der Verpflichtung zur vollschichtigen Erwerbsobliegenheit ab 2008 am 04.05.2005 in Kenntnis dieser Umstände abgeschlossen hat.

Wenn sie bereits 5 Jahre wegen eines … Erschöpfungszustandes nicht arbeitsfähig gewesen wäre, hätte sie sich nicht fiktive Einkünfte mit der Aussicht auf eine vollschichtige Erwerbsobliegenheit zurechnen lassen dürfen. Außerdem sind die sich daraus für eine Berufsausübung ergebenden Einschränkungen sowie deren Ehebedingtheit nicht vorgetragen.

Mit der ihre berufliche Existenz angeblich schädigenden Teilungsversteigerung des ehemaligen Familienheims verhält es sich genauso. Diese war bereits bei Abschluss des Vergleichs vor dem Oberlandesgericht umgesetzt. Zudem ist nicht verständlich, wieso der Kläger nach der Trennung verpflichtet gewesen sein soll, sie auf Dauer weiter in dem ehelichen Haus wohnen zu lassen. Sie hätte sich schon ca. ein Jahr nach der Trennung darauf einstellen müssen, dass sie möglicherweise nicht in der ehelichen Wohnung verbleiben kann.

Für zu berücksichtigende Änderungen nach Vergleichsabschluss, d.h. in der Zeit von 2005 bis 2008, fehlt es an entsprechendem Vortrag der Beklagten.

Die Beklagte ist so zu behandeln, wie sie beruflich stehen würde, wenn sie sich seit 2002 im Rahmen einer Teilzeittätigkeit und ab ... 2008 im Umfang einer Vollzeittätigkeit engagiert um den Aufbau ihrer Kanzlei gekümmert hätte.

Sie hat nicht vorgetragen, dass sie sich seit 2002 ausreichend bemüht hat, die Defizite aus der Berufspause auszugleichen und höhere Umsätze zu erzielen. Letztlich ergibt sich aus ihren oben ausgeführten Angaben, dass sie in der Zeit von 2002 - 2006 keine zielführenden Maßnahmen zum Aufbau einer eigenen Kanzlei durchgeführt hat.

Auch ihre seitenweisen Auflistungen über ihre Aktivitäten sind größtenteils untauglich. ...

Der Senat ist der Auffassung, dass der Beklagten auf Dauer fiktiv das durchschnittliche Einkommen selbstständiger Rechtsanwälte zuzurechnen ist. Nach ihren Darlegungen über ihre ersten Berufsjahre seit 1985 soll es damals unproblematisch für sie möglich gewesen sein, ein solches Durchschnittseinkommen oder auf Dauer sogar überdurchschnittliche Einnahmen zu erzielen. Dies hätte auch seinerzeit ein andauerndes erhebliches Engagement und einen entsprechenden zeitlichen Einsatz erfordert. Warum solche Erfolge wegen der Unterbrechung für die Kindererziehung ausgeschlossen sein sollen und die Beklagte - bei entsprechenden Bemühungen - nach einer angemessenen Aufbauphase nicht an frühere Leistungen anschließen können soll, ist nicht genügend nachvollziehbar.

Der Beruf des selbstständigen Rechtsanwalts/Rechtsanwältin ist altersunabhängig zu betreiben. Bei ihrem Wiedereinstieg haben die Beklagte noch … Jahre Berufstätigkeit erwartet. Gerade Rechtsanwälte mittleren Alters können ihren Mandanten den Eindruck größerer Erfahrung und Seriosität als Berufsanfänger vermitteln.

Nach einem Aufsatz des Instituts für freie Berufe Nürnberg (Kerstin Eggert, Die Berufssituation von angestellten und frei mitarbeitenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten 1998 und 2006 im Vergleich, BRAK-Mittt 1/2010) wird zwischen Zulassungen von bis zu 3 Jahren, von 4-10 Jahren und von 11 Jahren und länger unterschieden. Danach geht der Senat im Wege einer Schätzung (§ 287 ZPO) davon aus, dass jedenfalls bei 11 Jahren fortgesetzter Tätigkeit der Aufbau einer Kanzlei abgeschlossen und der wirtschaftliche Höhepunkt spätestens erreicht werden kann.

Von 2002 bis 2008 ist die Beklagte so zu behandeln, als wäre sie im Rahmen einer Teilzeittätigkeit mit dem Aufbau der eigenen Kanzlei beschäftigt gewesen. Dabei hatte die Beklagte den Vorteil, dass sie bereits zuvor als Rechtsanwältin tätig war und ihr bestimmte Abläufe, insbesondere in organisatorischen Dingen, die für den Anfänger neu sind, vertraut waren. Als nachteilig erscheint, dass der Examensabschluss und damit der Erwerb der Rechtskenntnisse bereits längere Zeit zurücklagen und damit aufgefrischt werden mussten. Es erscheint dem Senat daher angemessen die Beklagte zu Beginn der hier streitigen Zeit so zu behandeln, als lägen nicht bereits 6, sondern lediglich 4 Berufsjahre hinter ihr.

Das führt dazu, dass die Beklagte ab Januar 2014 so zu behandeln ist, als hätte sie 11 Jahre selbstständig als Rechtsanwältin gearbeitet und als ob der wirtschaftliche Höhepunkt im Bereich der Durchschnittsverdienste zu diesem Zeitpunkt erreicht wäre. Etwaige Nachteile aus der Berufspause sind spätestens ab diesem Zeitraum als vollständig kompensiert anzusehen.

Nach dem Bericht des E zu dem statistischen Berichtssystems für Rechtsanwälte (STAR) ist für das Jahr 2008 von einem durchschnittlichen Honorarumsatz in Einzelkanzleien im Bezirk der Rechtsanwaltskammer Stadt3 von 141.000 € und einem persönlichen Überschuss von 62.000 € im Jahr auszugehen. In anderen Westkammern beträgt der durchschnittliche Überschuss dagegen nur 57.000 €.

Bei einem Überschuss von 62.000 € ergeben sich monatlich 5.167 €. Hiervon in Abzug zu bringen sind das Versorgungswerk mit 524 €, der Beitrag zur privaten Krankenkasse mit 602 € (entspricht den aktuellen Beiträgen der Beklagten) sowie sonstige weiter zu berücksichtigende Kosten. Nach Abzug von Einkommenssteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag ergeben sich netto geschätzt 2.975 €.

Es ist weiter unter Berücksichtigung dieser Zahlen und den im seinerzeitigen Vergleich festgehaltenen 900 € für eine Teilzeittätigkeit zu unterstellen, dass die Beklagte bei zumutbaren Anstrengungen kontinuierlich in der Lage gewesen wäre, ihre Einkünfte zu steigern. Dies insbesondere auch, da ihr aufgrund der Regelung in dem Vergleich bereits 2005 bewusst war, dass ab 2008 eine zeitlich ausgedehnte Tätigkeit von ihr zu erwarten sein dürfte.

Für das Jahr 2008 wird ein Gewinn vor Steuern und Vorsorgebeträgen von 30.000 € und für die Folgejahre eine Steigerung um 5.000 € per annum als realistisch angesehen.

Es ergeben sich damit für die Jahre 2008 bis 2010 im Durchschnitt 35.000 € (2008 = 30.000 €, 2009= 35.000 € und 2010 = 40.000 €), für die Jahre 2011 bis 2013 im Durchschnitt 50.000 € und für die Jahre 2014 bis 2016 durchschnittlich 62.000 €.

Bei einem Gewinn von 35.000 € im Jahr ergeben sich monatlich 2.917 € gerundet. Nach Abzug der Altersvorsorge von 321 € und geschätzten Krankenkassenbeiträgen von damals 500 €, sonstiger Kosten, Steuern und Abgaben verbleiben geschätzt rund 1.770 €.

Bei einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 50.000 € ergeben sich monatlich 4.167 €. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte bei einem solchen Einkommen erhöhte Einzahlungen in das Versorgungswerk geleistet hätte und die Krankenkassenbeiträge gestiegen sind, so dass ab diesem Zeitpunkt 524 € für das Versorgungswerk und 602 € für die Krankenversicherung in Abzug zu bringen sind. Es verbleiben dann 3.041 €. Nach Abzug sonstiger Kosten, Steuern und Abgaben ergibt sich ein geschätztes Nettoeinkommen von gerundet 2.390 €.

Bei der weiteren Berechnung ist für die Zeit bis Ende 2010 von dem jeweiligen fiktiven Einkommen der Beklagten der Erwerbstätigenbonus mit 1/7 in Abzug zu bringen. Dies entspricht auch der Vorgehensweise im Vergleich, wonach von dem fiktiven Einkommen von 900 € lediglich 772 € berücksichtigt worden sind.

Ab 01.01.2011 kann kein Abzug des Erwerbstätigenbonus mehr erfolgen, da sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, geändert hat.

Danach war es bis Dezember 2010 nicht zu beanstanden, wenn grundsätzlich 1/7 Bonus auf das Erwerbseinkommen angerechnet wurde.

Mit der Entscheidung vom 10.11.2010 (FamRZ 2011, 192) hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung geändert. Danach ist bei einer Bedarfsermittlung nach den konkreten Verhältnissen eigenes Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten zur Ermittlung der Bedürftigkeit nicht gekürzt um einen Erwerbsbonus, sondern in vollem Umfang auf den Bedarf anzurechnen.

Dass ein Erwerbsanreiz in allen Fällen der Bedarfsdeckung durch eigenes Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten geboten ist, trifft jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht zu (BGH a.a.O.). In Anbetracht der unterhaltsrechtlichen Eigenverantwortung (§ 1569 BGB) bedarf es vielmehr grundsätzlich keiner besonderen Vergünstigung, um den Unterhaltsberechtigten zur Deckung seines Lebensbedarfs durch eigene Erwerbstätigkeit zu motivieren (BGH FamRZ 2010, 357).

Diese geänderte Rechtsprechung ist im Rahmen der Abänderung ab ihrer Verkündung bzw. Veröffentlichung zu berücksichtigen.

Auf eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung kann sich auch der Abänderungsbeklagte erst ab Verkündung des entsprechenden höchstrichterlichen Urteils stützen (BGH, FamRZ 2007, 793).

Die geänderte Rechtslage kann zwar auch zurückliegende Zeiträume erfassen, vermag aber eine Abänderung von Prozessvergleichen erst ab Verkündung des maßgebenden Senatsurteils des Bundesgerichtshofs zu rechtfertigen (BGH, FamRZ 2003, 848-854).

Der Senat geht davon aus, dass die Entscheidung des Bundesgerichthofs zu dem Erwerbsbonus bei konkretem Bedarf jedenfalls ab 01.01.2011 bekannt zu sein hatte, so dass spätestens ab diesem Zeitpunkt eine abweichende Berechnung geboten ist.

Gegen diese Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spricht auch nicht, dass die Parteien zuvor eine anderslautende Berechnungsweise vereinbart haben.

Zwar sind bei einer Abänderungsentscheidung die Grundlagen des Unterhaltstitels zu wahren. Eine Anpassung hat aber sowohl an veränderte Verhältnisse als auch an eine geänderte Rechtslage zu erfolgen. Die Gesamtwürdigung des Vergleichs spricht vorliegend nicht dagegen, auf den konkreten Bedarf der Beklagten ihr gesamtes Einkommen ohne Reduzierung um den Bonus von 1/7 anzurechnen.

Für die Unterhaltsberechnung ist von einem Bedarf in Höhe von 2.975 € auszugehen. Dies entspricht nach den obigen Ausführungen dem fiktiven Einkommen, das die Beklagte bei ihr zumutbaren Bemühungen nach dem Ende der Aufbauphase hätte erwirtschaften können. Dabei handelt es sich zugleich um den eigenen angemessenen Bedarf nach § 1578 b Abs. 1 S. 1 BGB.

Höhere Beträge können ihr bei Betrachtung des hypothetischen Lebenslaufs ohne Ehe und Kind nicht zugerechnet werden.

Weder der Verlauf des Studiums, ihre Examensergebnisse, die konkrete Berufsausübung nach dem 2. Staatsexamen noch ihr Verhalten seit Trennung der Parteien ergeben Anhaltspunkte dafür, dass ihre Einkünfte eine überdurchschnittliche Entwicklung genommen hätten.

Weiter entspricht dieser Betrag von 2.975 € auch ihrem Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen, wie es die Parteien nach dem Inhalt des Vergleichs angenommen haben. Einer näheren Aufklärung, wie sie den seinerzeitigen Bedarf von 2.850 € ermittelt haben, bedurfte es nicht, da jedenfalls eine maßvolle Erhöhung auf 2.975 € unter Berücksichtigung der seit dem Jahre 2005 gestiegenen Lebenshaltungskosten angemessen erscheint.

Soweit die Beklagte der Auffassung ist, dass der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen - schon allein wegen der gestiegenen Wohnkosten - höher sei, ist dies unerheblich, da ihr gemäß § 1578 b BGB kein Anspruch mehr zusteht, der den eigenen angemessenen Bedarf übersteigt.

Zwar liegt, solange die Beklagte ihren Bedarf als Folge der Berufspause nicht decken kann, ein kompensierbarer ehebedingter Nachteil vor.

Ehebedingte Nachteile sind vor allem Erwerbsnachteile, die durch die von den Ehegatten praktizierte Rollenverteilung während der Ehe entstanden sind. Dazu genügt es, wenn ein Ehegatte sich entschließt, seinen Arbeitsplatz aufzugeben, um die Haushaltsführung und Kinderbetreuung zu übernehmen. Ab welchem Zeitpunkt die Rollenverteilung praktiziert wird, ist nicht von Bedeutung. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob die Ehegatten die Rollenverteilung zu Beginn der Ehe, bei Geburt eines Kindes oder erst später planten oder praktizierten (BGH FamRZ 2011, 628-630).

Ohne die Ehe und Kinderbetreuung wäre die Beklagte seit 1985 als selbstständige Rechtsanwältin tätig gewesen, bezogen auf den Abänderungszeitpunkt im Jahre 2008 also 23 Jahre. Es ist davon auszugehen, dass sie bei durchgängiger Tätigkeit die Aufbauphase längst abgeschlossen hätte und über diejenigen Einkünfte verfügen würde, die dem durchschnittlichen Einkommen einer selbstständigen Rechtsanwältin entsprechen. Dabei ist weiter zu Grunde zu legen, dass die Beklagte an allen Entwicklungen -positiv wie negativ- im Rahmen ihres unternehmerischen Risikos teilgenommen hätte, die sich für diese Branche im Laufe der Zeit ergeben haben. Anhaltspunkte dafür, dass sie von den durchschnittlichen Entwicklungen abweichende Ergebnisse erzielt hätte, ergeben sich aus ihrem Vortrag nicht. Auch aus dem zur Verfügung stehenden statistischen Material sowie den allgemeinen Kenntnissen des Senats über diese Branche lässt sich nicht ableiten, dass grundsätzlich etablierte Anwälte von Umsatzeinbrüchen und allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungen verschont bleiben. Allein der Verweis darauf, dass vereinzelte Rechtsanwälte aus ihrem Umfeld von Umsatzeinbußen, die im allgemeinen Trend lagen, verschont geblieben sind, sagt nichts darüber aus, wie es sich bei der Beklagten konkret verhalten hätte.

Die Differenz zwischen dem ihr jetzt anrechenbaren Einkommen einerseits und dem Einkommen nach dem hypothetischen Verlauf andererseits stellt ihren ehebedingten Nachteil dar.

Andererseits kann der Beklagten über diese Kompensation des ehebedingten Nachteils hinaus kein dauerhafter Aufstockungsunterhaltsanspruch zuerkannt werden.

Es entspricht nicht der Billigkeit, den Kläger zu verpflichten, der Beklagten auf Dauer Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu zahlen.

Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der relativ kurzen Ehezeit und der langen Dauer der Unterhaltsverpflichtung des Klägers.

Die Ehe der Parteien dauerte bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags nur ca. 8 Jahre, die Dauer der Unterhaltsverpflichtung erstreckt sich auf insgesamt 15 Jahre, d. h. sie übersteigt die Ehedauer noch um 6 Jahre. Das Kind der Parteien wies bei Scheidung der Ehe bereits ein Alter auf, welches der Beklagten eine Teilzeittätigkeit ermöglichte und es liegen keine sonstigen besonderen Umstände vor, die eine gesteigerte Unterhaltsverpflichtung rechtfertigen. Insbesondere gilt es kein besonderes Vertrauen der Beklagten in die bisherigen Unterhaltstitel zu schützen. Da es sich bei dem hier abzuändernden Vergleich unzweifelhaft um einen titulierten Anspruch auf Betreuungsunterhalt gehandelt hat, war dessen Auslaufen durch das fortschreitende Alter des Kindes vorhersehbar. Der vorliegende Fall ist nicht mit den Fällen vergleichbar, in denen Ehefrauen nach langer Ehe auf bereits seit vielen Jahren bestehende Titel über Aufstockungsunterhalt vertraut haben und nicht mehr damit gerechnet haben, dass sich vor dem Eintritt der Rente noch eine Änderung ergeben könnte. Die Beklagte hat eine qualifizierte akademische Ausbildung und übt nach der Berufspause keine andere - demgemäß eben auch keine schlechtere - Tätigkeit aus, als vor ihrer Heirat mit dem Kläger. Die durch die Berufspause eingetretenen Defizite können durch Fortbildungsmaßnahmen und im Laufe der Zeit durch wieder zu gewinnende Routine ausgeglichen werden.

Eine darüber hinausgehende Herabsetzung oder Befristung des Unterhalts nach § 1578 b BGB kommt daneben nicht in Betracht. Die Verpflichtung des Klägers kann nicht enden, bevor der Nachteil der Beklagten in ihrem beruflichen Fortkommen kompensiert ist.

Im Einzelnen ergibt sich danach folgende Unterhaltsberechnung:

Für die Zeit von ... 2008 bis Dezember 2010 errechnet sich ein monatlicher Aufstockungsunterhalt von 1.458 €. Dieser ergibt sich aus dem konkreten Bedarf von 2.975 € abzüglich des um 1/7 reduzierten fiktiven Eigeneinkommens, mithin 1.517 € (1.770 € - 1/7).

Für die Zeit von Januar 2011 bis Dezember 2013 ergibt sich ein monatlicher Anspruch von 585 €, indem von dem Bedarf von 2.975 € das Eigeneinkommen mit 2.390 € in Abzug gebracht wird.

Ab Januar 2014 errechnet sich kein Anspruch mehr, da die Beklagte ihren Bedarf durch ihr ab dann erzielbares Einkommen von 2.975 € selbst decken kann. ..." (OLG Frankfurt, Frankfurt, Urteil vom 29.11.2011 - 3 UF 285/09 zu §§ 287 ZPO, 1569,1570, 1573 II, § 1578 I BGB)

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Befristung des Krankheitsunterhalts nach 37-jähriger Ehe. Zum Vermögenseinsatz von Auslandsimmobilien (OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.11.2011 - 17 UF 177/11 zu §§ 1572 BGB, 1573 I, 1577, 1578 b BGB).

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Das Zusammenleben mit einem leistungsfähigen Partner kann unter dem Gesichtspunkt ersparter Wohn- und Haushaltskosten die Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten mindern. Ein leistungsfähiger Partner im vorstehenden Sinne kann nicht nur ein Lebenspartner sein, vielmehr kommen hier auch volljährige Kinder in Betracht, weil die Synergieeffekte des gemeinschaftlichen Wirtschaftens bei einer häuslichen Gemeinschaft eines Elternteils mit einem volljährigen Kind in gleicher Weise eintreten wie bei einer Wohngemeinschaft mit einem Lebenspartner(OLG Hamm, Beschluss vom 09.06.2011 - 6 UF 47/11 zu §§ 1361, 1573 II BGB):

„... Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner keinen Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt gemäß § 1361 BGB für die hier zur Beurteilung anstehende Zeit ab Juli 2010, da sich nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten kein Unterhaltsanspruch ergibt. Es ist zunächst von den folgenden Einkommensverhältnissen der Beteiligten auszugehen.

Der Antragsgegner verfügte im Jahr 2010 über ein monatliches Nettoeinkommen von 2.120,95 €. Dieses ergibt sich aus den in den in seiner Dezemberabrechnung 2010 ausgewiesenen Jahresbeträgen, die sich wie folgt darstellen:

41.878,27 € Gesamtbruttobetrag
- 7.155,00 € Lohnsteuer
- 643,95 € Kirchensteuer
- 393,52 € Solidaritätszuschlag
- 3.211,05 € Krankenversicherung
- 396,32 € Pflegeversicherung
- 4.056,33 € Rentenversicherung
- 570,75 € Arbeitslosenversicherung
25.451,35 € / 12 = 2.120,95 € = 2.121 €

Von diesem Betrag ist der Nettoanteil der vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers in Höhe von 16 € abzuziehen. Weiterhin sind unstreitige Fahrtkosten in Höhe von 88 € monatlich und unstreitige Zahlungen auf eine Lebensversicherung in Höhe von monatlich 106,86 € abzuziehen.

Die monatliche Darlehnsrate in Höhe von 200 €, die der Antragsgegner auf ein zur Anschaffung eines neuen Pkw aufgenommenes Darlehen zu zahlen hat, ist hingegen nicht zu berücksichtigen. Neben der Geltendmachung von Fahrtkosten für den Weg zur Arbeit können Kreditkosten für die Finanzierung eines Pkw nicht zusätzlich anerkannt werden (Hammer Leitlinien Ziffer 10.2.2.).

Daraus ergibt sich für 2010 folgende Berechnung zum Einkommen des Antragsgegners:

2.121 € - 16 € - 88 € - 106,86 € = 1.910,14 €

Für das Jahr 2011 lassen sich nach dem Vortrag der Beteiligten und den dem Senat vorliegenden Gehaltsbescheinigungen für die Monate Januar bis März keine signifikanten Änderungen erkennen, so dass auch für dieses Jahr von diesem Einkommen auszugehen ist.

Die Antragstellerin verfügte im Jahr 2010 über ein Nettoeinkommen von 1.605,80 €.

Dieses ergibt sich aus den in der Gehaltsabrechnung für Dezember 2010 ausgewiesenen Jahresbeträgen, die sich wie folgt darstellen:

29.428,48 € Gesamtbruttobetrag
- 3.840,87 € Lohnsteuer
- 345,62 € Kirchensteuer
- 211,19 € Solidaritätszuschlag
- 2.250,55 € Krankenversicherung
- 2.834,55 € Rentenversicherung
- 398,83 € Arbeitslosenversicherung
- 277,75 € Pflegeversicherung
19.269,62 € / 12 = 1.605,80 € = 1.606 €

Es kann aus Sicht des Senats dahinstehen bleiben, ob die Antragsgegnerin zur Aufstockung ihrer bisherigen ¾ - Stelle auf eine Vollzeitstelle gesundheitlich in der Lage ist, da sich Unterhaltsansprüche der Antragstellerin selbst dann nicht ergeben, wenn sie ihre bisherige Stelle mit dem dargestellten Einkommen beibehält.

Die vermögenswirksame Leistung des Arbeitgebers beträgt 4,99 € brutto. Der abzuziehende Nettoanteil ist mit 2 € anzusetzen.

Die von der Antragstellerin geltend gemachten Finanzierungskosten für ihren Pkw in Höhe von 231,42 € können nur in der Höhe der Fahrtkosten zu ihrer Arbeitsstelle anerkannt werden (Hammer Leitlinien Ziffer 10.2.2.).

Die Entfernung zwischen der Wohnung der Antragstellerin in T zu ihrer Arbeitsstelle im St. Josefs-Krankenhaus im Zentralort T beträgt laut Google-Maps-Berechnung 7,5 Kilometer. Daraus ergeben sich monatsanteilige Fahrtkosten von: 7,5 km x 2 x 220 Tage x 0,30 €/km = 990 € / 12 = 82,50 €.

Die von der Antragstellerin angeführten Darlehnsraten in Höhe von 42 € und 98 €, die sie für die Anschaffung von Hausrat anlässlich der Trennung aufgewendet haben will, können keine Berücksichtigung finden. Soweit es um den Kredit bei G-GmbH geht, kommt eine Anerkennung nicht in Betracht. Rechnungsadresse ist bereits wieder die ehemalige Ehewohnung, die die Antragstellerin zusammen mit ihren beiden Söhnen bewohnt. Die Ehewohnung dürfte vollausgestattet gewesen sein. Dass diese Anschaffung am 13.2.2010, also fast ein Jahr nach der Trennung, erforderlich war, und mit einem Darlehn finanziert werden musste, ist nicht im Ansatz nachzuvollziehen. Entsprechendes gilt für den Kredit bei der F-AG. Dieser datiert zwar vom Zeitpunkt her (29.4.2009) aus der Zeit der Trennung. Allerdings indiziert die Aufnahme eines Kredits nicht schon dessen Notwendigkeit. Es fehlt an jeglicher substantiierter Darlegung, welche Anschaffungen hiervon getätigt worden sind und aus welchen Gründen die Aufnahme eines Kredits erforderlich war.

Daraus ergibt sich folgende Rechnung zum Einkommen der Antragstellerin:

1.606 € - 2 € - 82,50 € = 1.521,50 €.

Für das Jahr 2011 sind nach dem Vortrag der Beteiligten und den bereits vorliegenden Gehaltsabrechnungen signifikante Änderungen nicht erkennbar, so dass das oben angeführte Einkommen auch für dieses Jahr zugrunde zu legen ist.

Danach ergibt sich zunächst der folgende Unterhaltsbedarf der Antragstellerin:

6/7 x 1.910,14 € + 6/7 x 1.521,50 € = 1.637 € + 1.304 € = 2.941 € / 2 = 1.470,50 € - 1.304 € = 166,50 €.

Der Bedarf der Antragsgegnerin wird aber in Höhe von 147 € gedeckt, da sie durch das Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft mit ihren beiden berufstätigen Söhnen Wohn- und Haushaltskosten spart. Nach Ziffer 6.2 der Hammer Leitlinien kann das Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft unter dem Aspekt ersparter Wohn- und Haushaltskosten nach den Umständen des Einzelfalls bei Leistungsfähigkeit die Bedürftigkeit mindern. Der geldwerte Vorteil kann dabei in der Regel mit 20 % des Selbstbehalts / Eigenbedarfs bemessen und dem jeweiligen Partner je zur Hälfte zugerechnet werden. Nach dem Wortlaut der Ziffer 6.2 der Hammer Leitlinien ist das Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft nicht auf das Zusammenleben mit einem Lebenspartner beschränkt. Häusliche Gemeinschaften können auch zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern bestehen. Für die Annahme einer solchen häuslichen Gemeinschaft spricht im vorliegenden Fall insbesondere, dass die häusliche Gemeinschaft mit den Söhnen schon vor der Trennung längere Zeit angedauert hat, nur kurze Zeit unterbrochen war und nunmehr auch bereits seit über einem Jahr besteht, so dass von einer gewissen Konstanz ausgegangen werden kann. Nach den Schilderungen der Antragstellerin im Termin besteht auch tatsächlich eine Hausgemeinschaft, da die Antragstellerin und ihre beiden Söhne gemeinsam wirtschaften, insbesondere jeweils zur Versorgung der Gemeinschaft beitragen. Beide Söhne sind als berufstätige Personen leistungsfähig.

Dass die Antragstellerin formal mit ihrem Sohn Q einen sogenannten "Mietvertrag" über einzelne Zimmer der einheitlichen Wohnung geschlossen hat, ist irrelevant. Ziffer 6.2. der Hammer Leitlinien ist auch dann anwendbar, wenn die Mitglieder einer häuslichen Gemeinschaft die Räumlichkeiten, in denen sie gemeinschaftlich wirtschaften, angemietet haben. Der Synergieeffekt eines gemeinschaftlichen Wirtschaftens tritt auch bei gemeinschaftlicher Nutzung einer Mietwohnung ein.

Da die häusliche Gemeinschaft hier sogar aus drei leistungsfähigen Personen besteht, kann der geldwerte Vorteil mit 30 % des Eigenbedarfs bemessen werden, von dem der Antragstellerin 10 % zuzurechnen sind. Der Bedarf der Antragsstellerin beträgt nach den obigen Ausführungen 1.470,50 €. 10 % hiervon sind 147 €.

Damit verbleibt nur noch ein rechnerischer ungedeckter Bedarf der Antragstellerin in Höhe von 19,50 € (166,50 € - 147 €).

Eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung dieses geringfügigen Unterhaltsbetrages kommt nach den Umständen des hier zur Beurteilung anstehenden Falles nicht in Betracht. Bei dem hier geschuldeten Trennungsunterhalt zwischen zwei berufstätigen Eheleuten nach § 1361 BGB geht es wie beim Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB um die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensverhältnisse. Dabei kommt es nicht auf eine schematische Gleichbehandlung an, sondern darauf, dass das während der Ehe bestehende Niveau erhalten bleibt (Johannsen/Henrich-Büttner, Familienrecht, 5. Auflage, § 1573 BGB Rn.29). Auch der Trennungsunterhalt ist von dem Gedanken der Eigenverantwortung geprägt, so dass auch hier - abhängig von den Umständen des Einzelfalls - ein Ausschluss der Zahlung geringfügiger Unterhaltsbeträge in Betracht kommt (OLG Brandenburg, Urteil vom 14.6.2007 - 9 UF 162/06). In der Rechtsprechung werden zum Teil Beträge, die unterhalb von 50 € liegen, als geringfügig erachtet (OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 947). Sachgerechter erscheint es, bei der Entscheidung, ob auch geringfügige Unterhaltsbeträge gezahlt werden müssen, auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten abzustellen. Eine Zahlung geringfügiger Unterhaltsbeträge kommt umso eher in Betracht je beengter die wirtschaflichten Verhältnisse sind (Palandt-Brudermüller, BGB, 70. Auflage, § 1573 Rn.15). Von beengten wirtschaftlichen Verhältnissen kann im vorliegenden Fall aber nicht die Rede sein. Der Antragstellerin verbleiben nach Abzug der anzuerkennenden Verbindlichkeiten 1.521,50 €. Selbst wenn man die Belastungen aus den Darlehen noch berücksichtigen würde, verfügt die Antragstellerin immer noch über ein zu ihrer Verfügung stehendes Einkommen von 1.150 €. Von beengten wirtschaftlichen Verhältnissen kann daher nicht ausgegangen werden. Das während der Ehe bestehende Niveau bleibt daher auch ohne die Zahlung der sich rechnerisch ergebenden Unterhaltsforderung von 19,50 € monatlich erhalten. ..."

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Für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der geschiedenen Ehefrau ist nur auf deren Einkommensverhältnisse sowie auf die des Unterhaltspflichtigen abzustellen (§ 1578 BGB). Die zweite Ehefrau ist nicht im Wege der Dreiteilung in die Bedarfsermittlung aufzunehmen. Unterhaltszahlungen an sie finden daher bei Ermittlung des Bedarfs der geschiedenen Ehefrau keine Berücksichtigung. Erst bei Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist die zweite Ehefrau einzubeziehen. Fließen dem Unterhaltspflichtigen Realsplittingvorteile aus der zweiten Ehe zu, müssen diese dem Unterhaltspflichtigen zur Deckung des Bedarfs der zweiten Ehefrau verbleiben. Soweit der Unterhaltspflichtige nicht ohne Gefährdung seines angemessenen Selbstbehaltes den Bedarf beider Ehefrauen decken kann, ist dem Vorrang der zweiten Ehefrau dadurch Rechnung zu tragen, dass der ungedeckte Bedarf der vorrangigen Ehefrau sowohl aus dem Bedarf des Unterhaltspflichtigen als auch aus dem Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau zu bedienen ist, wobei sich die geschiedene Ehefrau entsprechend ihrer quotalen Teilhabe an dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen an dem Bedarf der zweiten Ehefrau zu beteiligen hat. Den die Abänderung Begehrenden trifft die Darlegungs- und Beweislast, dass er wegen unterbliebener Aufklärung über geänderte Umstände auf Seiten des Berechtigten gehindert war, im Ausgangsverfahren Tatsachen vorzutragen, die objektiv in die abzuändernde Entscheidung hätten einbezogen werden müssen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.05.2011 - II-7 UF 1/11 zu §§ 1573 Abs. 2, 1578, 1581, 1609 BGB, 238 Abs. 2 FamFG).

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Zur Frage der Herabsetzung oder Befristung nachehelichen Unterhalts bei knapp 33jähriger Ehedauer und Eintritt eines ehebedingten Nachteils (OLG Hamm, Beschluss vom 16.05.2011 - 8 UF 246/10 zu §§ 1573 Abs 2, 1587b BGB):

„... 1. Auf das vorliegende Verfahren, das am 29. 4. 2010 eingeleitet wurde, ist das ab dem 1.9.2009 geltende materielle und prozessuale Recht anzuwenden, Art. 111 FGG-RG. Das Bestehen eines nachehelichen Aufstockungsunterhaltsanspruches gemäß § 1573 Abs. 2 BGB in Höhe von monatlich 441,00 € ist - nachdem der Antragsgegner seine Anschlussbeschwerde zurückgenommen hat und die Antragstellerin ihrerseits sich mit ihrer Beschwerde lediglich gegen die Befristung des ihr in dieser Höhe vom Amtsgericht zuerkannten Unterhaltsanspruches wendet - zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig.

2. Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist vorliegend nicht nach § 1578b BGB herabzusetzen oder zu befristen, da die Antragstellerin ehebedingte Nachteile erlitten hat und auch keine sonstigen Umstände ersichtlich sind, die eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung eines zeitlich unbegrenzten Unterhaltsanspruchs unbillig erscheinen ließen.

a) Entscheidendes Kriterium zu der gemäß § 1578 b BGB anzuwendenden Billigkeitsabwägung stellt ein fortbestehender ehebedingter Nachteil des Berechtigten dar. Je weniger die Bedürftigkeit des Berechtigten auf ehebedingte Nachteile zurückzuführen ist oder je geringer solche ehebedingte Nachteile waren und sind, desto eher kommt nach dem Grundsatz der Eigenverantwortung eine zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung in Betracht. Bei der Subsumtion unter diesen Ausnahmetatbestand ist nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer, sondern darauf abzustellen, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zu Gunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen kann. Erforderlich ist dabei ein Kausalzusammenhang zwischen Lebensführung und Erwerbsnachteilen, wobei es genügt, wenn solche Nachteile überwiegend auf die in der Ehe einvernehmlich praktizierte Aufgabenverteilung zurückzuführen sind. Als Abwägungskriterien sind grundsätzlich in erster Linie Kindererziehungszeiten zu berücksichtigen, weiterhin die Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie - in geringerem Maße - deren Dauer, also die Zeitspanne zwischen Eheschließung und Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens. Dabei trifft die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatsachen, die eine Unterhaltsbeschränkung rechtfertigen sollen, nach allgemeinen Grundsätzen den Unterhaltsverpflichteten, da es sich hierbei um eine unterhaltsbeschränkende Norm mit Ausnahmecharakter handelt. Hinsichtlich der Tatsache, das ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind, trifft hingegen den Unterhaltsberechtigten nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen eine so genannte sekundäre Darlegungslast. Er muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn sein Vorbringen diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (BGH, FamRZ 2010,875). Dabei ist diese Vorschrift grundsätzlich auf alle Unterhaltsansprüche anzuwenden, insbesondere aber auch auf den hier bestehenden Aufstockungsunterhaltsanspruch (BGH FamRZ 2010, 1971).

b) Zwar ist nach der Rechtsprechung des BGH allein die Dauer der Ehe kein entscheidendes, gegen eine Befristung oder Begrenzung sprechendes Kriterium, wenn beide Ehegatten während der Ehe vollschichtig berufstätig waren und die Einkommensdifferenz lediglich auf ein unterschiedliches Qualifikationsniveau zurückzuführen ist, das bereits zu Beginn der Ehe vorlag. Die Ehedauer gewinnt aber trotzdem durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit während der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt. Allein schon dieser Gesichtspunkt kann in Fällen, in denen keine ehebedingten Nachteile vorliegen, aus Billigkeitsgründen gegen eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts auf den eigenen angemessenen Lebensbedarf sprechen (BGH FamRZ 2010, 1971; FamRZ 2010, 1637). Die Ehezeit hat vorliegend knapp 33 Jahre angedauert (Heirat am 23. 1. 1976; Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens am 20.2.2009) und dürfte damit nach herrschender Rechtsprechung als lang anzusehen sein. Diese lange Ehedauer indiziert jedenfalls eine starke Verflechtung der ehelichen Lebensverhältnisse. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin bei Eheschließung und in der ersten Zeit danach zwar noch in ihrem erlernten Beruf tätig war, jedoch im Jahre 1978 vor Geburt des ersten gemeinsamen Kindes diese Berufstätigkeit eingestellt und eine Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf während der Ehezeit nie wieder aufgenommen hat. Dies hat zur Folge, dass sie jetzt bei objektiver Betrachtung keine Anstellung in diesem erlernten Beruf mehr finden dürfte. Sie hat während der Ehezeit zwei gemeinsame Kinder erzogen und betreut und hat im Anschluss hieran dann nur noch eine einfache Tätigkeit als Reinigungskraft in nicht vollschichtigem Umfang ausgeübt. Soweit sie auch zwischenzeitlich - teilweise sogar in halbschichtiger Tätigkeit - als angelernte Verkäuferin tätig war, hat sie diese Tätigkeit noch während des ehelichen Zusammenlebens in Übereinkunft mit dem Antragsgegner wieder eingestellt, da sich diese im Hinblick auf die hierdurch entstehende höhere Steuerlast nach ihrer damaligen gemeinsamen Einschätzung wirtschaftlich nicht lohnte. Aus der erteilten Auskunft des Versorgungsträgers zum Versorgungsausgleich ergibt sich eine Zeit der beruflichen Ausbildung vom 1.8.1970 bis zum 14. 6.1972 und im Anschluss hieran eine Beitragszeit vom 15. 6.1972 bis zum 1.12.1978, jedoch wechseln sich in dem dann folgenden Zeitraum bis zum 17. 9. 1979 Pflichtbeitragszeiten und Zeiten der Arbeitslosigkeit ab. Ab dem 20. 3. 1979 bis zum 19. 5.1993 folgen dann Zeiten der Schwangerschaft/Mutterschutz und Kindererziehung, wobei ab September 1992 bis März 1995 wieder Pflichtbeitragszeiten verzeichnet sind. In der Folgezeit wechseln sich dann wiederum Beitragszeiten aus geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung und Pflichtbeitragszeiten ab. Aus diesen Belegungszeiten in der Rentenversicherung ergibt sich, dass sie während der Ehezeit vor Geburt des ersten Kindes ihre Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf aufgegeben und dann in diesem nicht mehr gearbeitet hat. Da sie somit aus ehebezogenen Gründen und im Einverständnis mit dem Antragsgegner eine vorher von ihr ausgeübte und deutlich besser entlohnte Tätigkeit aufgegeben hat und dann später nur noch als Reinigungskraft bzw. angelernte Verkäuferin tätig gewesen ist, ist zusätzlich - neben der langen Ehedauer - auch ein ehebedingter Nachteil hinsichtlich ihrer jetzigen Erwerbsmöglichkeiten eingetreten. Denn als Arzthelferin würde sie einen monatlichen Nettoverdienst von etwa 1500 € erzielen können - wie das Amtsgericht bereits in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat -, zudem würde sie bei durchgehender Berufstätigkeit in diesem Beruf angesichts ihrer dann langjährigen Berufserfahrung entweder eine vollschichtige Arbeitsstelle innehaben oder aber eine solche jedenfalls finden können. Wird weiterhin das Alter der Antragstellerin von fast 56 Jahren bei Rechtskraft der Scheidung berücksichtigt, erscheint es dem Senat unter Abwägung sämtlicher Umstände gerechtfertigt, den ihr zuerkannten Aufstockungsunterhaltsanspruch nicht zu befristen. Da sie zudem ihren eigenen angemessenen Bedarf - der nach den vorstehenden Ausführungen bei etwa 1500 € liegt - durch den ihr zuerkannten Unterhaltsanspruch von monatlich 441 € neben den von ihr erzielbaren Einkünften aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit aller Voraussicht nach auch zukünftig nicht wird decken können, kommt auch keine Herabsetzung ihres Unterhaltsanspruches in Betracht.

Deshalb war die vom Amtsgericht vorgenommene Befristung des Unterhaltsanspruches aufzuheben und eine derartige nicht anzuordnen. ..."

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„... Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht das Verfahrenskostenhilfegesuch der Antragsgegnerin für die Folgesache nachehelicher Unterhalt mangels Erfolgsaussichten zurückgewiesen. Der Senat nimmt Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss und in dem Nichtabhilfebeschluss. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Die Antragsgegnerin ist ihrer Erwerbsobliegenheit nicht hinreichend nachgekommen. Es ist bereits unklar, ob sie ihre Arbeitsstelle bei dem Prüfungslabor Prof. Dr. H. L. GmbH mit einem Stundenlohn von 11,50 € unverschuldet verloren hat. Zu den näheren Umständen der arbeitgeberseitigen Kündigung trägt die Antragsgegnerin nicht vor. Spätestens ab Erhalt der Kündigung zum 16.8.2010 war die Antragsgegnerin gehalten, sich intensiv um eine neue Arbeitsstelle zu bemühen. Die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Bewerbungen reichen zur Erfüllung der unterhaltsrechtlichen Erwerbsobliegenheit weder quantitativ noch qualitativ aus.

Als Anlage zum Schriftsatz vom 8.3.2011 wurden ohne näheren Sachvortrag nur rund 40 Bewerbungen für einen Zeitraum von über 6 Monaten vorgelegt. Dies reicht quantitativ bei weitem nicht aus. Die Antragsgegnerin vermag insoweit nicht zu entlasten, dass sie in den Monaten Dezember 2010 und Januar 2011 teilweise berufstätig war. Denn im Dezember hat sie insgesamt lediglich 53 Stunden und im Januar 2011 durch eine erneute arbeitgeberseitige Kündigung nur 37,15 Stunden gearbeitet, so dass ausreichend Zeit für weitere Bewerbungen verblieb.

Zu beanstanden ist zudem, dass sich die Antragsgegnerin - abgesehen von einer Bewerbung auf eine Stelle als Verkäuferin - nur als Bürokraft beworben hat. Tätigkeitsbereiche, in denen gerichtsbekannt erheblicher Bedarf an Arbeitskräften besteht, wie etwa in der Kinder- und Seniorenbetreuung sowie vor allem im Bereich Pflege, wurden in die Bewerbungsbemühungen nicht einbezogen. Der 47-jährigen Antragsgegnerin kann durchaus zugemutet werden, sich in neue Tätigkeitsbereiche einzuarbeiten. Die Erzielung eines Nettoeinkommens von rund 1.000 €, das sich die Antragsgegnerin in der Antragsschrift vom 15.6.2010 noch selbst zugerechnet hat, ist daher durchaus möglich und mangels hinreichender Erwerbsbemühungen der Antragsgegnerin fiktiv zuzurechnen.

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die gebotene summarische Unterhaltsberechnung des Amtsgerichts zu Gunsten der Antragsgegnerin in dem Nichtabhilfebeschluss vom 8.3.2011, gegen die im Beschwerdeverfahren keine Einwände erhoben wurden.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, §§ 127 Abs. 4 ZPO, 73 Abs. 1 bzw. 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG. ..." (OLG Köln, Beschluss vom 30.03.2011 - 4 WF 51/11)


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In Abänderungsverfahren, die einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt betreffen, ist ein allein auf das Fehlen ehebedingter Nachteile gestütztes Befristungsverlangen regelmäßig präkludiert, wenn die Ehe der Parteien kinderlos geblieben ist und der abzuändernde Unterhaltstitel nach der Veröffentlichung des BGH - Urteils vom 12.4.2006 (Az. XII ZR 190/03) ausgeurteilt oder vereinbart wurde. Sind aus der Ehe jedoch Kinder hervorgegangen, ist eine abweichende Beurteilung geboten, weil § 1573 Abs. 5 Satz 1 2. Hs. BGB a.F. die Unterhaltsbefristung für diesen Fall regelmäßig ausschloss und der BGH die Befristung eines Unterhaltsanspruchs nach einer Ehe, aus der Kinder hervorgegangen sind, erstmals mit Urteil vom 28.2.2007 (Az. XII ZR 37/05) gebilligt hat (OLG Düsseldorf, Beshcluss vom 16.12.2009 - II-8 WF 185/09).

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„... Es kann dahingestellt bleiben, ob der vom Kläger erhobene Befristungseinwand präkludiert ist, weil die Parteien ausdrücklich eine unbefristete Unterhaltsverpflichtung in dem abzuändernden Vergleich trotz der bereits bei Vergleichsabschluss bestehenden Befristungsmöglichkeit vereinbart haben oder weil der Kläger seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil in dem früheren Abänderungsverfahren - 4 UF 157/06 OLG Köln (41 F 422/05 AG Bonn) - auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 2.11.2006 - 4 UF 157/06 - zurückgenommen hat. Denn jedenfalls kommt auch nach Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform unter Anwendung des § 1578 b BGB eine zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung unter den derzeit titulierten Betrag von 551,68 € nicht in Betracht. Die nach § 1578 b BGB gebotene umfassende Interessenabwägung führt nicht dazu, dass eine unbefristete Unterhaltsverpflichtung des Klägers unbillig erscheint.

Die Beklagte hat durch die Aufgabe ihres Arbeitsplatzes beim Arzneimittelverband dauerhafte ehebedingte Nachteile erlitten. Unstrittig hat die Beklagte in Absprache mit dem Kläger ihr seit über 10 Jahren bestehendes Arbeitsverhältnis beim Arzneimittelverband aufgrund der Eheschließung gekündigt. Der Einwand des Klägers, dass der Arbeitsplatz der Beklagten beim Arzneimittelverband nicht sicher gewesen sei, greift nicht durch. Es kann wiederum dahinstellt bleiben, ob der Einwand bereits aufgrund der Entscheidung in dem früheren Abänderungsverfahren präkludiert ist. Der Senat hat in seinem Hinweisbeschluss vom 2.11.2006 - 4 UF 157/06 - bereits auf die Unerheblichkeit dieses Einwands hingewiesen. Jedenfalls fehlt es auch in dem hiesigen Verfahren an einem hinreichenden schlüssigen Sachvortrag des Klägers, der auf eine Gefährdung des Arbeitsplatzes der Beklagten schließen ließe.

Der Vortrag des Klägers zu der Abmahnung ist weiterhin völlig unsubstantiiert. Wie bereits in dem Beschluss vom 2.11.2006 gemäß § 522 ZPO in dem Verfahren 4 UF 157/06 ausgeführt, reicht die vage Behauptung, die Beklagte habe eine Abmahnung erhalten nicht aus. Es bleibt weiterhin unklar, wann und aus welchem Grund die Abmahnung erfolgt sein soll. Im Übrigen bedeutet der Erhalt einer einmaligen Abmahnung nach einer über 10-jährigen Beschäftigungsdauer noch nicht, dass tatsächlich eine verhaltensbedingte Kündigung droht; zumal die Beklagte am 29.6.1995 noch eine außerordentliche Gehaltserhöhung von 10 % in Anerkennung ihrer in der Vergangenheit gezeigten Leistungen zusätzlich zu der tariflichen Gehaltserhöhung erhielt.

Die Behauptung des Klägers, die Beklagte wäre wegen ihres Gesundheitszustandes oder ihres Alters ohnehin gekündigt worden, ist reine Spekulation und entbehrt einer hinreichenden Tatsachengrundlage. Soweit der Kläger sich auf krankheitsbedingte Fehlzeiten der Beklagten beruft, so sind diese allenfalls für die Zeit nach der Scheidung und konkret nur während der dreimonatigen Reha-Maßnahme erkennbar. Die Beklagte arbeitete nach der Scheidung teilweise als Altenpflegerin mit einer wesentlich größeren körperlichen Belastung als in ihrer früheren Tätigkeit als kaufmännische Angestellte. Der im Jahr 2004 erlittene Bandscheibenvorfall schließt eine Tätigkeit im kaufmännischen Bereich nicht aus.

Der geringere Verdienst der Klägerin nach der Trennung wegen der Aufgabe der Stelle beim Arzneimittelverband stellt einen ehebedingten Nachteil dar, der dauerhaft nicht auszugleichen ist, weil die Beklagte keine realistischen Chancen hat, eine ähnlich hoch dotierte Stelle in ihrem Alter zu finden. Ausweislich der in dem früheren Verfahren vorgelegten Gehaltsbescheinigung verdiente die Beklagte im Oktober 1995 beim Arzneimittelverband netto 3210,83 DM (1641,67 €). Bei Abschluss des Vergleichs am 15.10.2001 verfügte die Beklagte hingegen nur noch über ein Nettoeinkommen von 1900 DM (971,45 €). Sie verdiente somit rund 670 € weniger als im Zeitpunkt der Eheschließung. Dass die Beklagte im Zeitpunkt des Abschluss des Vergleichs ihrer Erwerbsobliegenheit nicht hinreichend nachgekommen ist, lässt sich weder dem Inhalt des Vergleichs noch dem Vortrag des Klägers entnehmen. Insbesondere wurden der Beklagten keine fiktiven Einkünfte zugerechnet. Ganz im Gegenteil sollte sie nach dem Inhalt des Vergleichs ein monatliches Einkommen von bis zu 2500 DM netto verdienen dürfen, ohne dass der Unterhalt gekürzt wird.

Aufgrund ihres Alters und des zwischenzeitlichen Aussetzens aus dem Beruf besteht keine realistische Aussicht, dass die Beklagte auch bei hinreichenden Erwerbsbemühungen eine ähnlich hoch dotierte Stelle wie die ehebedingt gekündigte beim Arzneimittelverband wird finden können. Der Kläger selbst will der Beklagten ein fiktives Nettoeinkommen von 1250 € zurechnen. Dieses läge rund 400 € niedriger als das Einkommen, welches die Beklagte bereits im Jahr 1995 beim Arzneimittelverband verdiente. Unter Berücksichtigung der Gehaltsentwicklung seit 1995 ist davon auszugehen, dass ihr zumindest in Höhe des festgesetzten Unterhalts von 551,68 € ein Nachteil entstanden ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine zeitliche Befristung des Aufstockungsunterhalts in der Regel auch bei kurzer Ehedauer nicht in Betracht, wenn die Einkommensdifferenz zwischen den Eheleuten auf fortwirkenden Nachteilen zu Lasten des Unterhaltsberechtigten beruht (vgl. nur BGH FamRZ 2006, 1006; 2007, 200; 2007, 793; zuletzt Urteil vom 27.5.2009 - XII ZR 78/08 - veröffentlicht in Juris). Eine Ausnahme von dieser Regel ist vorliegend nicht geboten. Durch die ehedingte Aufgabe ihres Arbeitsplatzes ist die Beklagte heute nicht mehr in der Lage, ihren angemessenen Lebensbedarf zu sichern. Demgegenüber hat der Kläger seine berufliche Laufbahn als Studienrat uneingeschränkt fortsetzen können. Auch wenn die Ehedauer von knapp 4 Jahren bis zur Rechtshängigkeit der Scheidung als eher gering zu bewerten ist, hat die Aufgabe der Erwerbstätigkeit der Ehefrau im Alter von 41 Jahren anlässlich der Eheschließung zu einer engen wirtschaftlichen Verflechtung der Eheleute geführt. Es ist offensichtlich, dass die einvernehmliche Aufgabe jeglicher Erwerbstätigkeit zu Gunsten einer Hausfrauentätigkeit im Falle des Scheiterns der Ehe die Aussichten der über 40-jährigen Ehefrau auf dem Arbeitsmarkt erheblich verschlechtern würde. Der besonderen wirtschaftlichen Abhängigkeit einer Ehefrau, die ihre eigene gesicherte Lebensstellung aufgibt, vom Einkommen des allein verdienenden Ehemanns ist im Rahmen der gebotenen Abwägung ein höheres Gewicht beizumessen als der Dauer der Ehe. Eine Inanspruchnahme staatlicher Sozialleistungen ist der vor der Ehe finanziell unabhängigen Ehefrau weder zumutbar, noch dienen staatliche Sozialleistungen der Entlastung des unterhaltsverpflichteten Ehegatten nach der Scheidung.

Eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf gemäß § 1578 b BGB führt nicht zu einer Reduzierung der ausgeurteilten Unterhaltsverpflichtung. Denn - wie gezeigt - gleicht der ausgeurteilte Unterhalt von 551,68 € nicht einmal den Nachteil aus, den die Beklagte unter Berücksichtigung der üblichen Gehaltssteigerungen durch die Aufgabe ihres früheren Arbeitsplatzes erlitten hat.

Die Einwände des Klägers zur Höhe des Unterhalts greifen ebenfalls nicht durch. Der Vortrag des Klägers zur Höhe seines bereinigten Nettoeinkommens ist unsubstantiiert. Zum Abzug etwaiger Belastungen werden lediglich Aufstellungen des Klägers persönlich zu seinen " festen Kosten" ohne Erläuterungen und Belege vorgelegt. Von den dort aufgeführten Kosten kann allenfalls die Krankenversicherung in Höhe von 337,49 € auch ohne Vorlage eines Belegs als plausibel berücksichtigt werden. Neben der laufenden Pension in Höhe von 2099,24 € und den Mieteinkünften von 281,21 € ist noch das Weihnachtsgeld in die Berechnung einzubeziehen. Danach ergibt sich ein bereinigtes Nettoeinkommen des Klägers ab 7/2008 in Höhe von 2084,36 €:

Pension (Bezügemitteilung ab 7/08) 2099,24 €
Anteiliges Weihnachtsgeld von 496,74 € netto 41,40 €
Mieteinkünfte 281,21 €
Krankenversicherung nach kl. Aufstellung ohne Beleg - 337,49 €
Bereinigtes Nettoeinkommen 2084,36 €

Der Beklagten kann auf der Grundlage des Vergleichs vom 15.10.2001, die insoweit durch das amtsgerichtliche Urteil vom 9.6.2006 in dem früheren Verfahren nicht abgeändert wurde, allenfalls ein Einkommen von 971,45 € (1900 DM) netto fiktiv zugerechnet werden. Denn nach dem Vergleich sollte die Beklagte ein Einkommen von bis zu 2500 DM netto monatlich verdienen dürfen, ohne dass der Unterhalt gekürzt wird. Das heißt bis zu einem Nettoeinkommen von 1278,23 € (2500 DM) ist ein höheres Nettoeinkommen als das im Vergleich zugrundegelegte von 971,45 € unterhaltsrechtlich irrelevant. Dass die Beklagte in ihrem Alter auch bei hinreichenden Erwerbsbemühungen mehr als 1250 € verdienen könnte, ist unrealistisch und behauptet selbst der Kläger nicht.

Rechnet man der Beklagten ein Erwerbseinkommen von fiktiv 971,45 € zu, was bereinigt um den Erwerbstätigenbonus einem Betrag von 832,67 € entspricht, so errechnet sich nach dem Halbteilungsgrundsatz und dem Wegfall des Erwerbstätigenbonus auf Klägerseite mindestens der in dem Vergleich titulierte Unterhalt. ...

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Feststellung, dass auf Seiten der Beklagten ein dauerhafter ehebedingter Nachteil vorliegt, beruht auf Erwägungen, die auf den vorliegenden Einzelfall bezogen sind. Die Bedeutung fortwirkender ehebedingter Nachteile für die Entscheidung über eine Befristung des Unterhaltsanspruchs trägt den vom Bundesgerichtshof in den oben zitierten Entscheidungen entwickelten Grundsätzen Rechnung. Eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist deshalb nicht erforderlich. ..." (OLG Köln, Urteil vom 01.09.2009 - 4 UF 31/09)

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Der nachträglichen Herabsetzung und/oder zeitlichen Begrenzung einer in einem Prozeßvergleich ohne Befristung vereinbarten Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts nach § 323 ZPO in Verbindung mit §§ 313, 1578b BGB steht nicht entgegen, daß der Vergleich (erst) im Jahre 2004 (also unter Geltung der Befristungsmöglichkeiten nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 S. 2 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Änderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften vom 20. Februar 1986) geschlossen wurde. Hat der Unterhaltsberechtigte nennenswerte fortdauernde ehebedingte Nachteile nicht nachgewiesen, obwohl die Umstände einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahe legen, steht auch eine Ehedauer von 25 Jahren (gerechnet bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages) einer zeitlichen Begrenzung und Herabsetzung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt nach § 1578b BGB nicht entgegen (hier: Herabsetzung und zeitliche Begrenzung auf acht Jahre nach alsbald nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages rechtskräftig gewordenem Scheidungsurteil; OLG Stuttgart, Urteil vom 15.07.2009 - 18 UF 10/09 zu BGB §§ 313, 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1, 1578b; ZPO § 323):

„... Der Kläger verlangt von der Beklagten, seiner geschiedenen Ehefrau, einen Prozeßvergleich aus dem Jahre 2004 dahin abzuändern, daß er ab März 2010 keinen Unterhalt mehr an sie zu zahlen habe. Die im ersten Rechtszug erhobene Widerklage auf Erhöhung des Unterhalts hat das Amtsgericht - Familiengericht - Stuttgart-Bad Cannstatt abgewiesen, ohne daß die Beklagte hiergegen Berufung eingelegt hat.

Am 18. Mai 1977 schlossen die Beklagte (geboren am 6. Juni 19569) und der Kläger (geboren am 19. Januar 1953) die Ehe, aus der der Sohn D. (geboren am 22. März 1979) und die Zwillinge K. und J. (geboren am 17. Mai 1985) hervorgegangen sind. Mit am selben Tage rechtskräftig gewordenem Urteil vom 19. Februar 2004 sprach das Familiengericht die Scheidung aus, nachdem sich die Parteien im Juni 2001 getrennt hatten, und der Scheidungsantrag am 10. April 2002 zugestellt worden war.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. Februar 2004 trafen die Parteien eine Scheidungsfolgenvereinbarung zum Unterhalt, in der sich der Kläger in § 1 verpflichtete, an die Klägerin einen monatlich im voraus fälligen nachehelichen Unterhalt von 880 € zu zahlen. § 2 der Vereinbarung lautet:

» Die Parteien sind sich darüber einig, daß der Antragsteller insgesamt monatlich nicht mehr [als] 1.580 € an Unterhalt (Ehegatten- und Kindesunterhalt) für die Dauer von zwei Jahren zahlen soll. Danach können die Parteien eine Abänderung dieser Vereinbarung vornehmen. Eine vorherige Abänderung ist nur in Fällen der Not zulässig. «

In § 3 wurden die Kosten der Vereinbarung gegeneinander aufgehoben; in § 4 einigten sich die Parteien dahin, daß für den Fall des Nichtbestehens eines Unterhaltsanspruchs eines oder beider Kinder J. und K. der Unterhaltsanspruch der Beklagten sich um 45% des wegfallenden Kindesunterhalts erhöhe. Im übrigen nahmen die Parteien keine Grundlagen des Vergleichs in die Vereinbarung auf. Bei der Ermittlung der Höhe des Unterhaltsanspruchs der Beklagten, die seinerzeit aus ihrer Halbtagstätigkeit als Erzieherin ein Nettoeinkommen von monatlich 1.215 € erzielte, gingen sie allerdings auf seiten des Klägers von einem bereinigten Nettoeinkommen von 3.314 € bei einem Einkommen von 4.014 € monatlich und einem Kindesunterhalt von 700 € aus.

Die Beklagte war bei Eheschließung im Jahre 1977 als Erzieherin im Anerkennungsjahr im E. Heim in Würzburg beschäftigt. Auch nach der Geburt des Sohnes D. im März 1979 übte sie eine Halbtagstätigkeit als Erzieherin aus, während der Kläger sein von ihr und ihren Eltern mitfinanziertes Lehramtsstudium fortsetzte. Mit der Geburt der Zwillinge J. und K. im Februar 1985 beendete die Beklagte ihre Erwerbstätigkeit und widmete sich der Kinderbetreuung, während der Kläger nach Abschluß seines Referendariats ab Oktober 1985 als Pharmareferent in die Dienste der Firma G./P. D. trat. Die Beklagte konnte im Herbst 1988 ihre Halbtagstätigkeit als Erzieherin auf ihrer alten Stelle in Würzburg wieder aufnehmen.

1990 zogen die Parteien von Würzburg nach Freiburg, wo der Kläger zum Verkaufstrainer ernannt worden war. Im Juni 1991 erhielt die Beklagte ihre heutige Stelle als Erzieherin im Kindergarten der Gemeinde U. Die Halbtagsstelle wurde im Jahre 2001 auf eine Teilzeitstelle im Umfang von 24 Stunden pro Woche aufgestockt. Im Jahre 2007 erzielte die Beklagte hieraus ein monatliches Nettoeinkommen von 1.210 €. Befristet bis zum 31. August 2009 leistet sie seit November 2008 wöchentlich zusätzlich sechs Stunden Arbeit; im Jahre 2008 betrug ihr monatliches Nettoeinkommen 1.298 €. Außerdem erzielt sie Einkünfte aus Kapitalvermögen von monatlich 100 €; das Kapital hat sie aus der Vermögensauseinandersetzung in der Ehe erlangt, bei der sie aus dem Hausverkauf Anfang des Jahres 2004 45.634 €, als Zugewinnausgleich 38.000 € sowie weitere vom Kläger gezahlte 15.150,66 € für eine Lebensversicherung erhielt.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 29. Januar 2008 schlug der Kläger der Beklagten vor, auf die Zahlung von Ehegattenunterhalt zu verzichten. Der Kläger hat behauptet, bei der Unterhaltsberechnung für den Vergleich habe man immer eine Vollzeitbeschäftigung bei der Beklagten zugrunde gelegt. Er ist der Auffassung gewesen, bei Vergleichsschluß sei nach der damaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung wegen der langen Dauer der Ehe eine Befristung des Unterhaltsanspruchs ausgeschlossen gewesen. Er hat beantragt, den vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Freiburg (Breisgau) am 19. Februar 2004 geschlossenen Prozeßvergleich mit Wirkung ab 1. März 2010 dahingehend abzuändern, daß er an die Beklagte keinen Ehegattenunterhalt mehr zu bezahlen hat.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, bei der Unterhaltsberechnung für den Vergleich hätten die Parteien ihr zu ihrem tatsächlichen Einkommen aus Halbtagstätigkeit ein fiktives Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung von 400 € zugerechnet, um einerseits dem Einwand des Beklagten zu entsprechen, sie sei gehalten, eine Vollzeitstelle anzunehmen, und um andererseits ihrem Anliegen Rechnung zu tragen, ihre sichere, aber nicht die Möglichkeit einer Aufstockung bietende Stelle nicht aufgeben zu müssen. Weiter hat sie vorgetragen, ohne die Ehe hätte sie deutlich höhere Rentenanwartschaften erlangt. Schließlich hat sie sich auf den Rechtsstandpunkt gestellt, eine Befristung des Unterhalts sei »präkludiert«, weil schon bei Vergleichsschluß die damalige höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 1573 Abs. 5 BGB a.F. eine Befristung des Unterhalts ermöglicht hätte.

Das Amtsgericht hat in seinem Urteil vom 22. Dezember 2008, der Beklagten zugestellt am 23. Dezember 2008, den am 19. Februar 2004 vor dem Familiengericht Freiburg geschlossenen Vergleich dahin abgeändert, daß der Kläger ab 1. März 2010 keinen Ehegattenunterhalt mehr an die Beklagte zu zahlen hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Begrenzung des Unterhalts sei nach der im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 1573 Abs. 5 BGB wegen der Dauer der Ehe nicht möglich gewesen, weshalb eine Bindung an die Vergleichsgrundlage der Befristung des Unterhalts nicht entgegen stehe; vielmehr sei, gestützt auf § 1573 Abs. 5 BGB a.F., eine solche Befristung auf Ende Februar 2010 vorzunehmen. Dies sei auch in Anbetracht des Alters der Beklagten und der Ehedauer gerechtfertigt, weil die Beklagte Unterhaltsleistungen seit Februar 2004 bezogen und ehebedingte Nachteile, ausgehend von einem fiktiven Netto-Einkommen aus Vollzeittätigkeit von 1.917 €, nicht erlitten habe.

Hiergegen richtet sich die am 21. Januar 2009 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. März 2009 am 20. März 2009 begründete Berufung der Beklagten. Ihrer Ansicht nach hat das Amtsgericht zu Unrecht die Auffassung vertreten, die höchstrichterliche Rechtsprechung habe zur Zeit des Vergleichsschlusses eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht erlaubt. Sie behauptet, ohne die Ehe wäre sie heute Leiterin eines Kindergartens in München mit mehr als 180 Plätzen bei einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.260 € zuzüglich Weihnachts- und Urlaubsgeld. Dieses Einkommen könne sie heute tatsächlich nicht erzielen, zumal es sehr unwahrscheinlich sei, daß sie in einem anderen Kindergarten eine Vollzeitstelle finde. Im übrigen hält sie es für unzumutbar, ihr die Aufgabe ihres unkündbaren Teilzeit-Arbeitsverhältnisses anzusinnen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Freiburg vom 22. Dezember 2008 (42 F 59/08) in Tenor Ziffer 1. zu ändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt die Berufung zurückzuweisen. Er behauptet, die Beklagte könne aus einer Vollzeit-Tätigkeit als Erzieherin heute ein Nettoeinkommen von monatlich 1.677 € erzielen. ...

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet, hat aber in der Sache nur teilweise Erfolg. Gemäß § 1578b Abs. 1 BGB war der Aufstockungsunterhalt der Beklagten (§ 1573 Abs. 2 BGB) von März 2010 bis einschließlich Februar 2012 auf 440 € herabzusetzen; ab März 2012 entfällt der Unterhaltsanspruch (§ 1578b Abs. 2 und 3 BGB).

1. Die durch den Kläger erhobene Abänderungsklage ist gemäß § 323 Abs. 1 und 4 iVm § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig. Die den Schutz der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen bezweckenden Bestimmungen des § 323 Abs. 2 und 3 ZPO sind entgegen dem Wortlaut des § 323 Abs. 4 ZPO auf die Abänderung von der Privatautonomie der Parteien unterliegenden Prozeßvergleichen nicht anzuwenden; vielmehr folgt deren Abänderung ausschließlich den Bestimmungen des materiellen Rechts (BGH GSZ NJW 1983, 228, 230 = BGHF 3, 490; 1995, 534, 536 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 43 = BGHF 9, 728; OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 816; Wendl/Schmitz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 10 Rdn. 169; Zöller/Vollkommer, ZPO 27. Aufl. § 323 Rdn. 44 - 46). Weil der Kläger schlüssig behauptet hat, daß sich eine wesentliche Änderung seiner Unterhaltsverpflichtung durch Umstände ergeben habe, die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts zum 1. Januar 2008 entstanden und durch dieses Gesetz - nämlich durch § 1578b BGB - erheblich geworden seien, steht der Zulässigkeit der Klage auch nicht § 36 Nr. 1 EGZPO entgegen (zum prozessualen Gehalt dieser Bestimmung s. Borth, Unterhaltsrechtsänderungsgesetz (UÄndG) 1. Aufl. 2007 Rdn. 387, sowie OLG Saarbrücken OLGR 2009, 199).

2. Der Kläger kann von der Beklagten die Herabsetzung des ihr geschuldeten Unterhalts ab März 2010 auf 440 € und ab März 2012 auf Null verlangen (§§ 313 Abs. 1, 1578b BGB).

a) Die Abänderbarkeit des Vergleichs richtet sich nach den in § 313 Abs. 1 BGB geregelten Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage, denn die Parteien haben vor dem Familiengericht am 19. Februar 2004 über die grundsätzliche Möglichkeit der Abänderung der Vereinbarung nach Ablauf zweier Jahre in § 2 hinaus rechtsgeschäftlich keine Kriterien hierfür festgelegt. Unvereinbar mit dieser ausdrücklichen Einräumung einer Abänderungsmöglichkeit ist allerdings das durch den Kläger bestrittene Vorbringen der Beklagten im zweiten Rechtszug, die Parteien seien bei Vergleichsschluß davon ausgegangen, der Kläger müsse dauerhaft, jedenfalls aber bis zur Verrentung, Unterhalt leisten.

aa) In Bezug auf die Möglichkeit einer Befristung des Unterhalts bildete das bei Abschluß der Vereinbarung geltende materielle Unterhaltsrecht, namentlich also § 1573 Abs. 5 BGB, die Grundlage des Vergleichs iSv § 313 Abs. 1 BGB, weil die Parteien mit ihm den Aufstockungsunterhaltsanspruch der Beklagten nach § 1573 Abs. 2 BGB festlegten. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien wollten sie hierbei auch, was die Dauer der Zahlungsverpflichtung anbelangte, nicht von den gesetzlichen Unterhaltsbestimmungen abweichen, sondern eine diesen entsprechende Regelung treffen. Im übrigen ist Vereinbarungen zum Unterhalt generell immanent, daß sie auf der Grundlage der geltenden Rechtslage (BGH FamRZ 1994, 562, 564 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 40 = BGHF 9, 88; Graba, Die Abänderung von Unterhaltstiteln 3. Aufl. [2004] Rdn. 291) nebst herrschender Meinung und Rechtsprechung hierzu (Wendl/Schmitz, aaO Rdn. 171) getroffen worden sind.

bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten ermöglichte aber § 1573 Abs. 5 BGB in der durch den Bundesgerichtshof zu der Vorschrift entwickelten Rechtsprechung bei Abschluß der Scheidungsfolgenvereinbarung keine Befristung des Unterhalts, denn die Dauer der Ehe - gerechnet von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrages (BGH FamRZ 1986, 886, 887 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 17 = BGHF 5, 478) 25 Jahre - stand einer solchen Begrenzung des Anspruchs entgegen.

Bereits das Familiengericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß der Bundesgerichtshof noch in einer kurz nach Abschluß des Vergleichs - am 9. Juni 2004 - ergangenen Entscheidung (FamRZ 2004, 1357, 1360 = FuR 2004, 548 = EzFamR BGB § 1581 Nr. 8) ausführte, daß es zwar dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 1573 Abs. 5 BGB widerspräche, den Billigkeitsgesichtspunkt der Dauer der Ehe im Sinne einer festen Zeitgrenze zu bestimmen, von der ab der Unterhaltsanspruch grundsätzlich keiner zeitlichen Befristung mehr zugänglich sein sollte. Andererseits sei aber nicht zu verkennen, daß sich eine Ehedauer von mehr als zehn Jahren dem Grenzbereich nähern dürfte, in dem - vorbehaltlich stets zu berücksichtigender besonderer Umstände des Einzelfalles - der Dauer der Ehe als Billigkeitskriterium im Rahmen von § 1573 Abs. 5 BGB ein durchschlagendes Gewicht für eine dauerhafte Unterhalts-»Garantie« und gegen die Möglichkeit einer zeitlichen Begrenzung des Unterhalts zukommen werde. Eine weiter zunehmende Ehedauer gewinne nach und nach ein Gewicht, das nur bei außergewöhnlichen Umständen eine zeitliche Begrenzung zulasse. Hierbei berief sich der Bundesgerichtshof ausdrücklich auf zwei Urteile aus den Jahren 1990 (FamRZ 1990, 857, 859 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 17 = BGHF 7, 176, wo er ausdrücklich offen gelassen hatte, ob der Grenzbereich einer dauerhaften Unterhaltsgarantie bei einer Ehedauer von 15 Jahren erreicht sei, und FamRZ 1991, 307, 310 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 19 = BGHF 7, 482, wo eine Ehedauer von 28 Jahren als in einem Bereich liegend bezeichnet wurde, in dem grundsätzlich eine solche dauerhafte »Garantie« als geboten erscheine).

Erst in der Entscheidung vom 12. April 2006 (FamRZ 2006, 1006 = FuR 2006, 374 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 25) ist der Bundesgerichtshof von dieser Heraushebung der Ehedauer als Abwägungskriterium für die Unterhaltsbefristung abgerückt und hat betont, das Gesetz stelle die Ehedauer als Billigkeitsgesichtspunkt gleichrangig neben die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit; eine lebenslange Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards sei nur dann angemessen, wenn etwa die Ehe lange gedauert habe, aus ihr gemeinsame Kinder hervorgegangen seien, die der Berechtigte betreut oder betreut habe, wenn er erhebliche berufliche Nachteile um der Ehe willen auf sich genommen habe oder wenn sonstige Gründe wie Alter oder Krankheit des Berechtigten für eine dauerhafte Lebensstandardgarantie sprächen. Lägen diese Voraussetzungen nicht vor, werde es oft angemessen sein, ihm nach einer Übergangszeit einen Lebensstandard zuzumuten, wie er ihn vor der Ehe gehabt habe, ihm mit anderen Worten also nur Unterhalt in Höhe des ehebedingten Nachteils zu gewähren (aaO S. 1007).

Daß der Bundesgerichtshof mit diesem Urteil in der Auslegung des § 1573 Abs. 5 BGB eine grundlegend andere Richtung eingeschlagen hat, ergibt sich besonders deutlich aus seiner Entscheidung vom 26.9.2007 (FamRZ 2007, 2049 = FuR 2008, 37 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 30), in deren Gründen er ausführt, eine Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB scheide »nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des Senats« nicht schon allein wegen einer langen Ehedauer aus, auch wenn diese mehr als 20 Jahre betrage, und als Rechtsprechungsnachweise hierzu neben BGH FamRZ 2006, 1006 (= FuR 2006, 374 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 25) ausschließlich die später ergangenen Entscheidungen FamRZ 2007, 200 = FuR 2007, 25 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 26, FamRZ 2007, 793 = FuR 2007, 276 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 27 und FamRZ 2007, 1232 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 29 benennt.

Die obergerichtliche Rechtsprechung und das Schrifttum haben sich dem Bundesgerichtshof in seiner ursprünglichen Hervorhebung der Ehedauer als Abwägungskriterium angeschlossen (s. z.B. OLG Düsseldorf FamRZ 1992, 1439; OLG Bamberg FamRZ 1998, 25; OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1179; Gerhardt in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 5. Aufl. [2004] 6. Kap. Rdn. 386a, wonach eine zeitliche Begrenzung ab einer Ehedauer von 15, in Ausnahmefällen sogar bei 20 Jahren nur noch bei außergewöhnlichen Umständen in Erwägung zu ziehen sei; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. [2004] IV Rdn. 302, lehnte - BGH FamRZ 1991, 307 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 19 = BGHF 7, 482 folgend - eine Anwendung des § 1573 Abs. 5 BGB bei einer Ehedauer von 28 Jahren ab: Sie gewinne mit Überschreiten der Zehn-Jahres-Grenze unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles immer mehr an Gewicht; nach Palandt/Brudermüller, BGB 61. Aufl. [2002] sollte eine Begrenzung des Unterhalts ab einer Ehedauer von 20 Jahren grundsätzlich ausgeschlossen sein).

Nach der bis zum Jahre 2006 herrschenden Auslegung des § 1573 Abs. 5 BGB schied damit eine Befristung des Aufstockungsunterhaltsanspruchs aus, denn die Dauer der Ehe der Parteien bewegte sich mit 25 Jahren im Bereich einer dauerhaften Unterhaltsgarantie. Dies gilt um so mehr, als die Beklagte in dieser Zeit die gemeinschaftlichen Kinder D., K. und J. nicht nur vorübergehend und zumindest überwiegend betreut hatte, war doch gemäß § 1573 Abs. 5 S. 1 Hs. 2 BGB a.F. damit der lebenslange Unterhaltsanspruch im Regelfall als nicht unbillig anzusehen. Auch lagen derart außergewöhnliche Umstände, daß sich ausnahmsweise doch die Unbilligkeit eines unbefristeten Anspruchs ergeben hätte, bei Abschluß des Vergleichs nicht vor.

b) Durch die Einfügung des § 1578b in das Bürgerliche Gesetzbuch durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz hat sich die der Vereinbarung der Parteien über den nachehelichen Unterhalt zugrunde liegende Gesetzeslage schwerwiegend verändert mit der Folge, daß der Unterhaltsanspruch der Beklagten der geltenden Rechtslage entsprechend nunmehr herabzusetzen und zu befristen ist (§ 313 Abs. 1 BGB). Weil die Parteien die Dauer der Zahlungsverpflichtung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen vereinbaren wollten, ist dem Kläger ein Festhalten an dem auf der überholten Rechtslage beruhenden Vergleich nicht zumutbar.

aa) Auf die Herabsetzung und Befristung ist gemäß Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 und § 36 Nr. 7 EGZPO das ab 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden, denn beide werden erst unter Geltung der neuen Gesetzeslage wirksam.

bb) Eine Herabsetzung und Befristung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt nach § 1578b Abs. 1 und 2 BGB setzt voraus, daß ein nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessener bzw. zeitlich unbegrenzt gewährter Unterhalt unbillig wäre. Bei der Billigkeitsabwägung ist gemäß § 1578b Abs. 2 und Abs. 1 S. 2 BGB insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578b Abs. 1 S. 3 BGB).

Ehebedingte Nachteile in diesem Sinne sind etwa anzunehmen, wenn wegen der Ehe eine berufliche Ausbildung nicht aufgenommen oder beendet worden oder ein Wiedereinstieg in den während der Ehe ausgeübten Beruf erschwert ist, aber auch dann, wenn sich als Folge von Belastungen in der Ehe Gesundheitsbeeinträchtigungen eingestellt haben, oder durch die Dauer der Ehe ein Lebensalter erreicht worden ist, in dem keine Möglichkeit mehr besteht, eine den Unterhaltsbedarf deckende Beschäftigung zu finden (s. dazu BGH FamRZ 2008, 1325 = FuR 2008, 401 = EzFamR BGB § 1579 Nr. 50; OLG Karlsruhe FamRZ 2008, 2206; 2009, 341). Das Vorliegen ehebedingter Nachteile ist dabei anhand eines Vergleichs des tatsächlich erzielten mit dem fiktiv bei nicht unterbrochener Erwerbstätigkeit möglichen Einkommens zu beurteilen (Schürmann in Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozeß 5. Aufl. [2009] Kap. 1 Rdn. 1028; vgl. auch BGH FamRZ 2007, 200 = FuR 2007, 25 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 26). Lassen sich ehebedingte Nachteile feststellen, so schränkt dies die Möglichkeit einer Befristung und Begrenzung des Unterhalts regelmäßig ein (BGH FamRZ 2009, 1207 = FuR 2009, 530 Tz. 35), ohne sie aber generell auszuschließen; vielmehr gilt, daß nach dem Grundsatz der Eigenverantwortung desto eher eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung in Betracht kommt, je geringer die ehebedingten Nachteile sind (Wendl/Pauling, aaO § 4 Rdn. 587; BT-Dr. 16/1830 S. 18).

a) Der ehebedingte Nachteil ist mit höchstens 60 € zu bemessen, nämlich der Differenz zwischen dem fiktiven heutigen Einkommen der Beklagten ohne die Ehe von monatlich 1.770 € und dem Einkommen von 1.710 €, wie sie es tatsächlich, ihrer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit entsprechend, mindestens zu erzielen hätte.

(1) Daß sie heute ohne Ehe ein Einkommen von mehr als 1.770 € erzielen würde, hat die Beklagte nicht bewiesen. Die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Beschränkung des Unterhalts führen können, trägt zwar der Unterhaltsverpflichtete, weil es sich um Ausnahmetatbestände handelt. Hat der Unterhaltspflichtige allerdings Tatsachen vorgetragen, die - wie etwa die Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem von dem Unterhaltsberechtigten erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf - einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahelegen, so obliegt es dem Berechtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere »Schonfrist« sprechen (BGH FamRZ 2008, 134, 136 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 32; OLG Koblenz FamRZ 2009, 524, 526; Schürmann, aaO Rdn. 1034).

Hier ist nach diesen Grundsätzen die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet, weil bei ihr die Ausübung einer Vollzeitbeschäftigung in ihrem erlernten Beruf als Erzieherin zugrunde zu legen ist. Zwar übt sie tatsächlich nur eine Tätigkeit im Umfange von 24 Stunden pro Woche - derzeit vorübergehend von 30 Stunden pro Woche - aus. Allerdings gingen die Parteien nach ihrem insoweit übereinstimmenden Vortrag schon bei Vergleichsschluß von einer Vollzeittätigkeit aus; bestritten ist lediglich der Vortrag der Beklagten, die Obliegenheit zur Ausübung einer Vollzeittätigkeit habe man bei der Unterhaltsberechnung durch die fiktive Hinzurechnung von 400 € zum tatsächlichen Einkommen berücksichtigt, um ihr die Beibehaltung ihrer sicheren Teilzeitstelle zu ermöglichen. An die dem Vergleich zugrunde liegende Annahme einer Vollzeitbeschäftigung ist die Beklagte gebunden.

Bei der Beklagten ist damit ein Nettoeinkommen aus einer Tätigkeit als Leiterin einer Gruppe in einem Kindergarten von 1.770 € (gemäß ihrem Vortrag nach TvöD und unter Berücksichtigung von Besitzständen nach dem früheren BAT) anzunehmen. Der hypothetische Verlauf eines Erwerbslebens bei hinweggedachter Eheschließung läßt sich zwar kaum darlegen und beweisen. Jedenfalls aber ist vom Anspruchsteller zu verlangen, daß er substantiiert vorträgt, welche beruflichen Möglichkeiten ihm die Ehe genommen hat (so Bißmaier, FamRZ 2009, 389, 390). Im übrigen erscheint es als sachgerecht, ausgehend von der vorehelichen beruflichen Situation und orientiert an der tatsächlichen seitherigen Entwicklung, den normalen Verlauf einer Laufbahn im erlernten Beruf zugrunde zu legen (ähnlich OLG Stuttgart FamRZ 2009, 785).

Danach kann nicht dem Vortrag der Beklagten gefolgt werden, sie würde heute einen Kindergarten mit mindestens 180 Plätzen in München leiten und als solche ein Nettoeinkommen von monatlich 2.260 € zuzüglich Besitzstände nach BAT, Urlaubs- und Weihnachtsgeld erzielen. Hinreichend konkrete Indiztatsachen, die die Annahme einer solchen als Karrieresprung zu wertenden beruflichen Laufbahn begründen könnten, hat sie nicht benannt. Soweit die Beklagte behauptet, sie sei in ihrem Beruf stets sehr engagiert gewesen, ist dieser Vortrag unsubstantiiert, zumal sich berufliches Engagement in unterschiedlichsten Formen ausprägen kann, ohne daß dies den Schluß auf eine besondere Befähigung gerade für Leitungsfunktionen zuließe. Weshalb die Beklagte - wie sie behauptet - »selbstverständlich« die erforderliche Zusatzausbildung im Organisationsbereich absolviert hätte, ist nicht näher ausgeführt. Die berufliche Stellung des Vaters als Arzt und der Umstand, daß ihre Geschwister studiert haben, rechtfertigt die Annahme einer besonders erfolgreichen Laufbahn der Beklagten als Erzieherin ebenso wenig wie die Tatsache, daß sie neben Haushaltsführung und Betreuung dreier Kinder stets eine Teilzeittätigkeit ausübte.

Demgegenüber nimmt der Senat an, daß die Beklagte ohne die Ehe heute die Position einer Gruppenleiterin im Kindergarten erreicht hätte. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß die langjährige Ausübung einer Teilzeittätigkeit dem beruflichen Fortkommen hinderlich ist. Zudem sind Stellen als Gruppenleiterin - anders als die Position einer Leiterin eines Kindergartens, zumal mit mindestens 180 Plätzen - in zahlreichen Kindergärten nicht nur in Großstädten vorhanden. Aus diesen Gründen entspricht der Aufstieg in eine derartige Stellung bei einer langjährigen ununterbrochenen Vollzeittätigkeit als Erzieherin dem üblicherweise zu Erwartenden.

(2) Ihr tatsächliches Einkommen ist mit monatlich jedenfalls 1.710 € anzusetzen. Zu den Einkünften von 100 € aus Kapitalvermögen, das aus der Vermögensauseinandersetzung in der Ehe stammt, kommt ein fiktives Einkommen aus Vollzeittätigkeit von 1.610 € hinzu. Dieses ergibt sich aus dem realen Einkommen aus Teilzeittätigkeit als Erzieherin von 1.210 € (ausgehend von den Verhältnissen im Jahre 2007, weil die Beklagte ab November 2008 ihre Wochenarbeitszeit vorübergehend aufgestockt hat), zuzüglich 400 € aus Nebentätigkeit. Ausgehend vom klägerischen Vortrag, nach dem man sich bei dem Vergleich nicht auf ein auf diese Weise berechnetes Einkommen der Beklagten geeinigt habe, läge bei dem von ihm in erster Instanz behaupteten Einkommen aus einer Vollzeitstelle als Erzieherin von 1.677 € überhaupt kein ehebedingter Nachteil mehr vor.

(3) Ein an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierter und zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch wäre unbillig. Zwar spricht das Fortbestehen ehebedingter Nachteile regelmäßig gegen einen gänzlichen Fortfall des Unterhaltsanspruchs; dies gilt aber dann nicht, wenn sich (wie hier) der Nachteil auf einen geringfügigen Betrag - vorliegend von höchstens 60 € - beschränkt, und der Unterhaltsberechtigte auch ohne den Unterhaltsanspruch ein Einkommen erzielt (bzw. erzielen könnte), das erheblich über den angemessenen Selbstbehalt hinausgeht. Streitet somit der bei der Billigkeitsabwägung nach § 1578b BGB vorrangig zu berücksichtigende Gesichtspunkt des ehebedingten Nachteils nicht für eine unbefristete Gewährung des Unterhalts, so ist unter Berücksichtigung der auch ohne Bezug von Unterhaltsleistungen jedenfalls auskömmlichen Einkünfte der Beklagten eine Befristung des Unterhalts geboten.

Überdies hat die Beklagte aus der Ehe - abgesehen von der Teilhabe an der Altersversorgung des Klägers im Rahmen des Versorgungsausgleichs - auch durch die Vermögensauseinandersetzung in nicht unerheblichem Maße Vorteile gezogen; insgesamt hat sie hierdurch rund 100.000 € erlangt. Aus diesem Grunde kommt auch dem Umstand, daß die Beklagte und deren Eltern sich an der Finanzierung des Lehramtsstudiums des Klägers beteiligt haben, kein durchschlagendes Gewicht zu. Daß die Beklagte während der Ehe drei Kinder betreut hat, spricht für sich genommen deshalb nicht gegen eine Befristung, weil es sich insoweit wie auch bei der Dauer der Ehe (hier: 25 Jahre) nicht um einen eigenständigen Abwägungsbelang handelt; vielmehr sind die Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes und die Ehedauer nach dem Wortlaut des § 1578b Abs. 1 S. 3 BGB bei der Beurteilung des Vorliegens ehebedingter Nachteile im Sinne von Satz 2 dieser Vorschrift erheblich.

Die - wie die Höhe des bisher gezahlten Unterhalts belegt - im Vergleich zur Beklagten merklich besseren Einkommensverhältnisse des Klägers ändern an der Unbilligkeit einer unbefristeten Unterhaltsleistung nichts. Auch hier ist wieder das Fehlen ehebedingter Nachteile von Bedeutung; dann kann es aber dem Berechtigten zumutbar sein, nach einer Übergangszeit auf den bisherigen ehelichen Lebensstandard zu verzichten und sich auf einen Lebensstandard einzurichten, wie er ihn ohne die Ehe erreicht hätte (BGH NJW 2008, 2644). Dies ist bei der Beklagten anzunehmen, zumal sie wegen der verstärkten Entwicklung hin zu einer Fremdbetreuung noch nicht schulpflichtiger Kinder auch in ihrem Alter von jetzt 53 Jahren noch die Chance auf eine berufliche Weiterentwicklung, wenn auch möglicherweise nicht bei ihrem derzeitigen, so doch bei einem anderen Arbeitgeber hat.

Allerdings erscheint es als angemessen, den Unterhaltsanspruch nicht mit dem Amtsgericht ab März 2010 bereits vollständig entfallen zu lassen, sondern ihn zunächst um die Hälfte zu ermäßigen und erst nach Ablauf zweier weiterer Jahre auf Null abzusenken. Die dem Berechtigten für die Einstellung auf den Wegfall des Unterhalts zu gewährende Übergangs- und Schonfrist bemißt sich nach Billigkeit; bei ihrer Bestimmung sind erneut die in § 1578b Abs. 1 S. 2, 3 BGB aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen. In Anbetracht der Ehedauer von 25 Jahren, der während dieser Zeit erfolgten Betreuung dreier Kinder und der Höhe des wegfallenden Unterhalts erscheinen eine insgesamt 8-jährige Unterhaltsleistung als angemessen mit der Folge, daß der Beklagten ab Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts und dem Erhalt des Schriftsatzes des Klägers vom 29. Januar 2008, mit dem ihr ein Unterhaltsverzicht angesonnen worden war, insgesamt vier Jahre verbleiben, um sich auf die Verringerung ihrer Einkünfte einzustellen.

b) Der Wegfall des Unterhaltsanspruchs ist der Beklagten unter Berücksichtigung ihres Vertrauens in den Unterhaltsvergleich auch zumutbar (§ 36 Nr. 1 EGZPO). Ihre Vermögensdispositionen, die sie ihrem Vortrag zufolge mit Blick auf den Unterhalt getroffen hat - die Anmietung der Drei-Zimmer-Wohnung, die regelmäßige Unterstützung der Kinder und die Besuche alle 14 Tage bei ihrem schwerkranken Vater in Würzburg - kann sie der Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nicht entgegen halten. Sie waren wegen der von vielen schwer vorhersehbaren Faktoren abhängenden Bemessung des Unterhalts schon vor Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform mit einem unterhaltsrechtlichen Risiko behaftet. Im übrigen kann die Beklagte die genannten Belastungen, soweit sie sie aus eigenem Einkommen tatsächlich nicht tragen kann, in der ihr eingeräumten Übergangsfrist rückgängig machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nrn. 10 und 11, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, und zwar im Hinblick auf die Frage, ob der Umstand, daß bereits nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. eine Unterhaltsbegrenzung möglich war, einer Abänderung des Vergleichs nach § 313 BGB entgegen steht. ..."

***

„... I. Die Antragsgegnerin nimmt den Antragsteller im Scheidungsverbund auf Zahlung nachehelichen Unterhaltes in Anspruch. Die Parteien haben am 07.08.1992 geheiratet, sind seit dem 09.06.2009 rechtskräftig geschieden.

Die Antragsgegnerin ist gelernte Verkäuferin und seit November 2008 in … mit 24 Stunden in der Woche als kaufmännische Angestellte in einem …. Sie arbeitet nach Absprache mit einer in Vollzeit tätigen Kollegin an 2 Nachmittagen pro Woche, teilweise auch samstagvormittags.

Die beiden am 06.01.1996 und 09.02.2000 geborenen Kinder der Parteien leben mit der Antragsgegnerin in dem den Parteien gemeinsam gehörenden Eigenheim. Das ältere Kind ... besucht die 10,42 km vom Wohnort entfernte Realschule … in …. Unter Nutzung der bestehenden Busverbindungen ist sie von 7:20 bis 14:00 Uhr außer Haus. Von einer täglich bis 14.45 Uhr angebotenen Hausaufgabenbetreuung der Schule macht sie keinen Gebrauch, weil sie dann aufgrund schlechter Busverbindungen nicht vor 16.30 Uhr zuhause wäre. Auch Arbeitsgemeinschaftsangebote an der Schule nimmt sie nicht wahr. Sie erhielt bislang an 2 Nachmittagen zuhause stundenweise Nachhilfeunterricht. Das jüngere Kind ... besucht die 3. Klasse der Grundschule am Wohnort. Er nutzt ein schulisches tägliches Betreuungsangebot bis 15.00 Uhr, nimmt danach montags an einer Zirkusarbeitsgemeinschaft und dienstags an einem Lauftraining teil. In Zeiten beruflicher Abwesenheit der Mutter gibt es als Anlaufstelle für die Kinder eine Nachbarin.

Die Parteien hatten in der Ehe Gütergemeinschaft vereinbart. Eine Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft ist bisher nicht erfolgt. Die Antragsgegnerin trägt für das -von ihr bewohnte Eigenheim anfallende Hauslasten und verbrauchsunabhängige Nebenkosten in Höhe von monatlich 840,74. Der im Haus verbliebene Hausrat wurde nicht geteilt.

Der Antragssteller ist …. er arbeitet in …. Er zahlt monatlichen Kindesunterhalt von 307 € und 232 €. Auf zwei nach der Trennung aufgenommene Kredite zur Neuanschaffung von Möbeln zahlt er monatlich insgesamt 248,22 €.

Die Antragsgegnerin hat im Verbundverfahren beantragt, den Antragsteller zu verurteilen, an sie ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt in Höhe von 800 € monatlich zu zahlen. Der Antragsteller hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Amtsgericht Familiengericht Nordhorn hat durch sein wegen aller Einzelheiten nach § 540 ZPO in Bezug genommenes Verbundurteil vom 02.04.2009 unter Abweisung der Unterhaltsklage im Übrigen den Antragsteller ab Rechtskraft der Scheidung zu Unterhaltszahlungen in Höhe von monatlich 530 € verurteilt.

Mit seiner Berufung macht der Antragsteller geltend, das Amtsgericht habe für ihn ein zu hohes Einkommen in die Unterhaltsberechnung eingestellt. Mit Rechtskraft der Scheidung reduziere sich sein Bruttoeinkommen um den Verheiratetenzuschlag von monatlich 108,34 €, seine Krankenversicherungskosten betrügen monatlich 38,28 €. Die trennungsbedingten Anschaffungskosten für Möbel seien rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt worden. Ihm müsse der ihm zustehende Selbstbehalt verbleiben. Da beide Kinder sich in der Übermittagsbetreuung befänden, bestehe eine Vollerwerbsverpflichtung der Antragsgegnerin. Im Übrigen stünden die Großeltern mütterlicherseits zur Betreuung der Kinder zur Verfügung. Der der Antragsgegnerin zuzurechnende Wohnwert des 1997 erbauten Hauses bei einer Wohnfläche von 128 qm, einem 1159 qm großen Grundstück betrage mindestens 840 €, decke also die Hauslasten ab. Die Antragsgegnerin habe unterhaltsverwirkend verschwiegen, schon seit Monaten mindestens 1100 € netto monatlich an Einkünften erzielt zu haben.

Der Antragsteller beantragt, das Scheidungsverbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht zu Ziff. III betreffend die Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Antragsgegnerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, ab Mai 2009 habe sich ihr monatliches Bruttoeinkommen auf 1.445,00 € erhöht. Sie erhalte einmal jährlich eine Sonderzahlung, wahrscheinlich in Höhe von 500,00 €. Ihr Arbeitsplatz liege 21 km vom Wohnort entfernt. Eine Aufstockung ihrer Tätigkeit bei ihrem jetzigen Arbeitgeber sei nicht möglich, eine Vollzeittätigkeit sei ihr aufgrund der Betreuungssituation der Kinder und der von ihr zu leistenden Hilfe bei der Pflege der Mutter auch nicht zumutbar. Ihre in unmittelbarer Nähe wohnenden Eltern stünden alters und gesundheitsbedingt nicht zur Betreuung der Kinder zur Verfügung. Der objektive Nutzwert des Hauses betrage maximal 640 €.

II. Die Berufung hat teilweise Erfolg.

Die Antragsgegnerin hat ab Rechtskraft der Scheidung, mithin seit dem 09.06.2009, Anspruch auf Zahlung von Aufstockungsunterhalt gem. § 1573 Absatz 2 BGB in Höhe von monatlich 140 €.

Ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt besteht solange und soweit ein geschiedener Ehegatte, der keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 BGB hat, keine ihm angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag (§ 1573 Absatz 1 BGB) oder aus einer angemessenen Tätigkeit erzielte Einkünfte zum vollen Unterhaltsbedarf nicht ausreichen (§ 1573 Absatz 2 BGB).

Der Senat geht, ebenso wie das angefochtene Urteil, davon aus, dass der Antragsgegnerin kein Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB zusteht.

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens 3 Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 Absatz 1 Satz 2, 3, Absatz 2 BGB). Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber den nachehelichen Betreuungsunterhalt grundlegend umgestaltet. Er hat einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann.

Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen. Obwohl der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB als Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ausgestaltet ist, wird er vor allen Dingen im Interesse des Kindes gewährt, um dessen Betreuung und Erziehung sicherzustellen. Zugleich hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt. Kind oder elternbezogene Gründe, die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

Außerdem hat der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben. Dies ist im Regelfall mit dem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG und dem Kindeswohl vereinbar (BverfG FamRZ 2007, 965, 969 ff). Dabei hat der Gesetzgeber an die zahlreichen sozialstaatlichen Leistungen und Regelungen angeknüpft, insbesondere an den Anspruch des Kindes auf den Besuch einer Tageseinrichtung (§ 24 Abs. 1 SGB VIII), die den Eltern dabei behilflich sein soll, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (vgl. BGH FamRZ 2006, 1362). Die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten Fremdbetreuungsmöglichkeit findet erst dort ihre Grenzen, wo diese Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist, was jedenfalls bei öffentlichen Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten oder Kinderhorten regelmäßig nicht der Fall ist. In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine solche Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also regelmäßig nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist deswegen stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könnte. Auf die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes kommt es erst dann nicht mehr an, wenn das Kind ein Alter erreicht hat, in dem es zeitweise sich selbst überlassen werden kann und deswegen auch keiner durchgehenden persönlichen Betreuung durch einen Elternteil bedarf. Soweit demgegenüber in Rechtsprechung und Literatur zu der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung des § 1570 BGB abweichende Auffassungen vertreten werden, die an das frühere Altersphasenmodell anknüpfen und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein vom Kindesalter abhängig machen (vgl. dazu Born FF 2009, 92, 94 ff. und Borth FamRZ 2008, 1, 6), sind diese im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar (BGH, Urteil vom 06.05.2009, XII ZR 114/08).

Neben der grundsätzlichen Betreuungsbedürftigkeit minderjähriger Kinder können allerdings auch sonstige kindbezogene Gründe, wie z.B. Krankheiten, die im Rahmen einer Betreuung in kindgerechten Einrichtungen nicht aufgefangen werden können, für eine eingeschränkte Erwerbspflicht und damit für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen. Auch insoweit sind stets die individuellen Umstände des jeweiligen Falles zu beachten. Aus kindbezogenen Gründen ist dem betreuenden Elternteil deswegen eine Erwerbstätigkeit nicht zumutbar, soweit die Betreuung des Kindes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht hinreichend gesichert ist und auch nicht in kindgerechten Einrichtungen sichergestellt werden könnte und wenn das Kind im Hinblick auf sein Alter auch noch nicht sich selbst überlassen bleiben kann.

Die Antragsgegnerin hat im vorliegenden Fall nicht substantiiert dargelegt, dass eine persönliche Betreuung der Kinder durch sie selbst unter Berücksichtigung der persönlichen Belange der Kinder, etwa aufgrund ihres Gesundheits oder Entwicklungsstandes, etwaiger Verhaltensauffälligkeiten erforderlich ist und eine Fremdbetreuung der Kinder mit dem Kindeswohl nicht zu vereinbaren wäre. Einer Fremdbetreuung der Kinder stehen hier keine Gründe entgegen, tatsächlich erfolgt diese bereits zeitweise. ... nimmt das schulische Ganztagsangebot täglich bis 15.00 Uhr in Anspruch, geht an zwei Nachmittagen anschließend seinen Hobbys außer Haus nach. Für ... besteht eine schulische Betreuungsmöglichkeit, die derzeit nicht genutzt wird. An zwei Nachmittagen, an denen sie bisher stundenweise Nachhilfe erhielt, wurde ihre Betreuung für die Zeit der Nachhilfestunden letztlich durch die Nachhilfelehrerin, eine ältere Schülerin, gewährleistet. Soweit darüber hinaus an den beiden Nachmittagen, an denen die Mutter schon berufstätig ist, eine Betreuung der Kinder zu gewährleisten ist, erfolgt dies nach Absprache durch eine Nachbarin, nach Rückkehr von der Schule gehen die Kinder zuvor kurz zu den in unmittelbarer Nähe wohnenden Großeltern.

Um einer Vollzeittätigkeit nachgehen zu können, wäre die Antragsgegnerin gehalten, weitergehende Fremdbetreuungsmöglichkeiten für die Kinder zu nutzen. ... befindet sich in einem Alter, in dem eine Hortbetreuung ohne Weiteres möglich sein dürfte. Dass ortsnahe Betreuungsmöglichkeiten für ... in einer kindgerechten Einrichtung (Hort, Kindertagesstätte) nicht bestehen, hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt. ... ist die Nutzung des schulischen Betreuungsangebotes zuzumuten. Dass schlechte Busverbindungen bestehen, die Nutzung des schulischen Angebotes für sie deshalb mit einem verhältnismäßig hohen Zeitaufwand bis zur Rückkehr nach Hause verbunden ist, steht dem nicht entgegen. Wartezeiten wird ..., die von der Antragsgegnerin als sehr selbständig beschrieben wird, ohne Aufsicht überbrücken können. Aufgrund ihres Alters und ihrer hohen Selbständigkeit geht der Senat zudem davon aus, dass ... bereits zeitweise, zumindest stundenweise, sich selbst überlassen werden kann und einer durchgehenden Betreuung nicht mehr bedarf. Soweit Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder in Einrichtungen nicht bestehen, sind private Betreuungsmöglichkeiten zu nutzen. Bei Ausdehnung der beruflichen Tätigkeit der Antragsgegnerin auf eine Vollzeittätigkeit würde an den Tagen, an denen ... seinen Hobbys nachgeht, für ihn ein zusätzlicher Betreuungsbedarf für wenige Stunden entstehen, an den übrigen Nachmittagen, an denen nicht bereits wie bisher die Betreuung durch die Nachbarin erfolgt, wäre seine Betreuung für die Zeit ab 15.00 Uhr sicherzustellen. ... könnte, soweit ihre Betreuung noch erforderlich ist, durch die Betreuungsperson mitbetreut werden. Kindbezogene Gründe stehen danach einer Ausdehnung der Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin nicht entgegen.

Soweit die Betreuung des Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils aber auch elternbezogene Gründe entgegenstehen (BGH FamRZ 2008, 1739). Diese elternbezogenen Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts beruhen auf einer nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung (BTDrucks. 16/6980 S. 9). Die Umstände gewinnen durch das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung des gemeinsamen Kindes weiter an Bedeutung. Die ausgeübte oder verlangte Erwerbstätigkeit darf neben dem nach der Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen (oder durch Fremdpersonen) verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreuenden Elternteils führen, die ihrerseits wiederum negative Auswirkungen auf das Kindeswohl entfalten könnte. Denn selbst wenn ein Kind ganztags in einer kindgerechten Einrichtung betreut und erzogen wird, was dem betreuenden Elternteil grundsätzlich die Möglichkeit zu einer Vollzeittätigkeit einräumt, ergibt sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein kann (vgl. KG FamRZ 2009, 336, 337). Deshalb ist eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils trotz der anderweitigen Vollzeitbetreuung des Kindes noch eingeschränkt ist.

Darlegungs und beweispflichtig für elternbezogene Verlängerungsgründe ist wiederum der Unterhaltsberechtigte. Die Antragsgegnerin war bereits während der Ehe in ihrem Beruf teilzeittätig, hat ihre berufliche Tätigkeit nicht im Vertrauen auf eine bestimmte Rollenteilung aufgegeben sondern lediglich eingeschränkt. Die Ausübung ihres Berufes wird ihr weiterhin möglich sein. Dass die Ausübung einer Vollzeittätigkeit zu einer überobligatorischen Belastung ihrerseits führen würde, hat die Antragsgegnerin nicht substantiiert dargelegt. Dass die Antragsgegnerin neben der Betreuung der Kinder Pflegeleistungen für ihre eigene Mutter erbringt, kann bei der Beurteilung der Unterhaltspflicht des Antragsstellers ihr gegenüber keine Rolle spielen.

Ein weiterer Betreuungsaufwand für die Kinder ist nicht dargelegt. Soweit die Antragsgegnerin auf die Notwendigkeit anfallender Arztbesuche mit den Kindern etc. verwies, stellt dies keinen besonderen Betreuungsaufwand dar, der einer Ausdehnung der beruflichen Tätigkeit entgegensteht. Jede beruflich vollzeittätige Mutter ist gehalten, unter Beachtung ihrer eigenen Arbeitszeiten entsprechend den Bedürfnissen der Kinder Arztbesuche etc. zu organisieren. Den normalen Umfang überschreitende Betreuungsaufgaben sind nicht erkennbar. Ein Betreuungsunterhaltsanspruch besteht danach nicht. Das Amtsgericht hat im Ergebnis zutreffend einen Aufstockungsunterhaltsanspruch bejaht.

Gemäß § 1573 Absatz 2 BGB hat ein geschiedener Ehegatte Anspruch auf Aufstockungsunterhalt, wenn er eine Erwerbstätigkeit ausübt, die Einkünfte daraus aber zum vollen Unterhalt nicht ausreichen. Entsprechendes gilt auch, wenn der Berechtigte sich um die ihm obliegende Erwerbstätigkeit nicht genügend bemüht, die ihm deshalb anzurechnenden fiktiven Einkünfte aber seinen vollen Unterhalt nicht decken würden (BGH FamRZ 1985,265). Das für den Aufstockungsunterhalt bestimmende Maß des vollen Unterhaltes bestimmt sich gemäß § 1578 Absatz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der eheliche Lebensstandard wird insbesondere durch die Einkommensverhältnisse der Ehegatten geprägt. Dass die Parteien in ihrer Ehe Gütergemeinschaft vereinbart hatten, steht der Einstellung der beiderseits erzielten bzw. erzielbaren Einkünfte in die Unterhaltsberechnung nicht entgegen. Die gesetzlichen Vorschriften über den nachehelichen Unterhalt gelten unabhängig von dem früheren Güterstand, in dem die Parteien lebten. Bis zur Scheidung fielen Einkünfte der Parteien in das Gesamtgut und waren vorrangig für den Unterhalt der Familie einzusetzen (§ 1420 BGB). Nach der Scheidung anfallendes Einkommen fällt nicht mehr in das Gesamtgut (WendlDose, Unterhaltsrecht, 7.Aufl. 2008, § 6 Rn.413). Es kann nach den allgemeinen Grundsätzen zugerechnet und verteilt werden. Der Unterhalt bestimmt sich also nach den allgemeinen Regeln.

Zutreffend hat das Amtsgericht zunächst auf die Jahresbruttoeinkünfte des Antragstellers in 2008 gemäß Lohnsteuerbescheinigung für 2008 (Bl. 181 Bd.1 des Verfahrens 13 UF 41/09) in Höhe 36.789 € abgestellt. Zu berücksichtigen ist der Wegfalls des Verheiratetenzuschlages von monatlich 108,34 € mit Rechtskraft der Scheidung. Das zu erwartende Jahresbruttoeinkommen des Antragstellers reduziert sich danach auf rd. 35.490 €. Bei Steuerklasse 1 und einem Kinderfreibetrag von 1,0 errechnet sich ein voraussichtliches Jahresnettoeinkommen von ca. 27.970,00 €. Aus dem Verfahren der Parteien zum Trennungsunterhalt (AZ. 13 UF 41/09 OLG Oldenburg) ist dem Senat bekannt, dass dem Antragssteller in 2008 an Steuererstattungen für 2006 und 2007 insgesamt 827,49 € zuflossen. Der Erhalt einer entsprechenden Steuererstattung für 2009 ist aber nicht prognostizierbar. Aus den vorgelegten Gehaltsabrechnungen des Antragstellers ergibt sich weiter, dass dieser monatlich als Nachzahlung steuerfreie Bezüge in variierender Höhe erhält. Aus den zum Parallelverfahren vorgelegten Gehaltsnachweisen für 2007 (dort Bl.13 ff Hauptakte, 20 ff EAPKV) errechnen sich bezogen auf den Jahreszeitraum 2007 durchschnittlich erhaltene steuerfreie Nachzahlungen von monatlich 135,00 €. diese schreibt der Senat fort. An Krankenversicherungskosten entstehen dem Antragssteller seit 2009 monatlich 38,28 €, an Fahrtkosten zum Arbeitsplatz, wie im erstinstanzlichen Urteil angesetzt und in der Berufungsinstanz nicht angegriffen, 228,00 €.

Ein Unterhaltspflichtiger darf von seinen Einkünften grundsätzlich neben der gesetzlichen Altersvorsorge eine zusätzliche Altersvorsorge - wie hier in Form einer Kapitallebensversicherung - betreiben, die unterhaltsrechtlich beim Elternunterhalt bis zu 5 % des Bruttoeinkommens ( BGH FamRZ 2004, 792, FamRZ 2006, 1511) und im Übrigen bis zu 4 % des Bruttoeinkommens (BGH FamRZ 2005, 1817, FamRZ 2007, 793) betragen kann. Danach sind die Beiträge zu der 1996 abgeschlossenen Lebensversicherung des Beklagten bei der … in Höhe von 124,26 € abzuziehen.

Die zur Neuanschaffung von Möbeln aufgenommenen Verbindlichkeiten des Antragsstellers hat das Amtsgericht zutreffend unberücksichtigt gelassen. Gesetzlich ist nicht geregelt, ob und inwieweit bei der Bedarfsermittlung Schulden zu berücksichtigen sind. Der Bundesgerichtshof hat früher den Abzug auf ehebedingte Verbindlichkeiten beschränkt. Diese Rechtsprechung hat er zwischenzeitlich geändert. Abzugsposten sind nicht nur Schulden aus der Zeit des Zusammenlebens, sondern auch nach der Trennung/Scheidung entstandene Verbindlichkeiten, soweit sie unumgänglich sind bzw. nicht leichtfertig eingegangen wurden. Da es keine Lebensstandartgarantie gibt, nimmt der Unterhaltsberechtigte auch an Einkommensminderungen durch nicht vorwerfbare Einkommensreduzierungen oder neue Ausgaben teil (WendlGerhardt, Unterhaltsrecht, a.a.O., § 1 Rn. 616, 622. BGH FamRZ 2006,683, FamRZ 2008,968). Die Aufnahme der Kredite hätte durch eine Teilung des vorhandenen Hausrates vermieden werden können, war nicht unumgänglich.

Das bereinigte Nettoeinkommen des Antragstellers beläuft sich danach auf monatlich ca. 2.076 €.

Der Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin ermittelt sich unter Vorwegabzug des Unterhaltsbedarfes der minderjährigen Kinder nach hälftiger Anrechnung des Kindergeldes gemäß § 1612 b BGB. Die Zahlbeträge für die Kinder betragen nach der jeweiligen Altersstufe (2 bzw.3) gemäß Einkommensgruppe 3 333,00 € bzw. 273,00 €.

Das verbleibende Einkommen ist um einen Erwerbstätigenbonus von einem Siebtel auf 1260 € (ger.) zu bereinigen.

Den Einkünften des Ehemannes sind die Einkünfte, die die Antragstellerin bei Ausübung einer Vollzeittätigkeit aus einer ihr angemessenen Tätigkeit erzielen könnte, gegenüberzustellen. Die Antragsgegnerin hat sich nicht um eine Ausdehnung der Erwerbstätigkeit bemüht. Darauf, dass eine Ausdehnung ihrer Tätigkeit bei ihrem jetzigen Arbeitgeber nicht möglich ist, kann sie sich nicht zurückziehen. Sie erzielt seit Mai 2009 aus Teilzeittätigkeit als kaufmännische Angestellte im … bei einer Wochenarbeitszeit von 24 Stunden ein Bruttoeinkommen von monatlich 1445,00 € zuzüglich einer Sonderzahlung ab 2009 von jährlich 500,00 € brutto. Ihr Bruttoeinkommen wird danach ab Mai 2009 17.840,00 € jährlich, durchschnittlich 1486,66 € monatlich betragen. Die Beschäftigung erfolgt zu einem Stundenlohn von ca. 14,40 €. Bei Ausübung einer Vollzeitbeschäftigung als kaufmännische Angestellte zu einem entsprechenden Stundenlohn wäre bei einer Wochenarbeitszeit von 38 Stunden ein monatliches Bruttoeinkommen von 2353 € (=38 h x 14,40 € x 4,3), netto ca. 1550 € erzielbar. Der Senat hält ein entsprechendes Einkommen auf dem Arbeitsmarkt objektiv für erzielbar.

Die der Berechnung zugrunde gelegten tatsächlichen Einkünfte vermag die Antragsgegnerin nur unter Zurücklegung eines Fahrtweges von 21 km einfacher Strecke zum Arbeitsplatz zu erzielen. Entsprechende Fahrtkosten dürften auch bei Ausdehnung der beruflichen Tätigkeit entstehen. Nach Abzug der Fahrtkosten (hier ausnahmsweise in Höhe der konkreten Kosten von 231 €) sowie Zurechnung eines Erwerbstätigkeitsbonus von einem Siebtel errechnet sich ein bereinigtes Einkommen von ca. 1130 € für die Antragsgegnerin.

Mit Ausdehnung der Vollerwerbstätigkeit wird eine weitergehende, zumindest stundenweise Fremdbetreuung der Kinder erforderlich. Hierfür erforderliche Aufwendungen sind fiktiv einkommensmindernd gegenzurechnen. Aufgrund des Alters und des Gesundheitszustandes der Großeltern ist eine kostenlose Betreuung der Kinder durch diese nicht möglich. Die Eltern der Klägerin sind 80 und 83 Jahre alt, die Mutter ist seit einem Schlaganfall im Jahre 2006 pflegebedürftig, der Vater nach einer schweren Operation im Jahre 2007 nur eingeschränkt einsetzbar. Auch die Nachbarin, die bislang entgeltlos die Betreuung der Kinder in Zeiten beruflicher Abwesenheit der Kinder übernahm, steht nach Angaben der Antragsgegnerin nicht für eine weitergehende Betreuung zur Verfügung. Die für eine Privatperson, die stundenweise die Betreuung der Kinder gewährleistet, aufzubringenden monatlichen Kosten schätzt der Senat auf 150,00 €. Nach deren Abzug verbleibt ein (fiktives) Einkommen von ca. 980,00 €.

Der Antragsstellerin ist ein Wohnvorteil für das mietfreie Wohnen in dem den Parteien gehörenden Eigenheim zuzurechnen, der jedoch durch die von ihr getragenen Hauslasten und verbrauchsunabhängigen Nebenkosten in Höhe von ca. 840,00 € aufgezehrt wird.

Bei einer Einkommensdifferenz von 280 € errechnet sich dementsprechend ein ungedeckter Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin von 140 €.

Eine Verwirkung des Unterhaltsanspruches wegen Verschweigens vorhandener Einkünfte nach § 1579 Nr.5 BGB ist nicht anzunehmen. Denn die Antragsgegnerin hat ihre ab November 2008 gestiegenen tatsächlichen Einkünfte erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 17.03.2009 offenbart und über diese nicht getäuscht.

Eine Herabsetzung oder Befristung des Aufstockungsunterhaltsanspruches nach § 1578 b BGB aus Billigkeitsgründen ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorzunehmen.

Eine Herabsetzung oder Befristung hat zu erfolgen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruches auch unter Berücksichtigung der Belange der einem Unterhaltsberechtigten zur Erziehung und Pflege anvertrauten gemeinsamen Kinder unbillig wäre, wobei zu berücksichtigen ist, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit des Unterhaltsberechtigten eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Derzeit ist nicht abschätzbar, wie sich die gemeinsamen Kinder der Parteien, ihr schulischer Werdegang, ihr Betreuungsbedarf, die Betreuungskosten entwickeln. Auch mit welchem Ergebnis die Gütergemeinschaft der Parteien auseinandergesetzt werden wird, ob die Antragsgegnerin mit den Kindern unter Übernahme des Eigenheimes unter welchen finanziellen Belastungen in diesem verbleiben kann, ist nicht prognostizierbar. Angesichts der insoweit bestehenden Unsicherheitsfaktoren kann eine der künftigen Entwicklung gerecht werdende Billigkeitsabwägung nicht vorgenommen werden. Eine Anpassung des Titels an eintretende Veränderungen muss deshalb der Abänderungsklage vorbehalten bleiben. ..." (OLG Oldenburg, Urteil vom 13.07.2009 - 13 UF 52/09)

***

Keine Befristung wegen ehebedingter Nachteile aufgrund Aufgabe der Berufsausbildung nach Eheschließung und Betreuung dreier Kinder. Sind infolge der Berufsausbildung nach Eheschließung und Betreuung dreier Kinder ehebedingte Nachteile gegeben, spricht dies gegen eine Kürzung oder Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts (KG Berlin, Senat für Familiensachen, Urteil vom 07.07.2009, Az. 13 UF 65/08):

„.. I. Die Parteien hatten am 28. März 1980 die Ehe geschlossen. Die Klägerin befand sich nach bestandenem Abitur in einer im September 1978 begonnenen Ausbildung zur Bankkauffrau. Der Sohn F. wurde am 11. Oktober 1980 geboren. Die Klägerin gab ihre Ausbildung auf und der Ausbildungsvertrag wurde im Mai 1981 gelöscht. Im August 1984 wurde der Sohn D. geboren. Die Klägerin, die bis dahin nicht berufstätig war, begann 1986 mit einer Tätigkeit als Tagesmutter. Diese gab sie 1989 wieder auf, da der älteste Sohn an einem Krebsleiden erkrankte. Im Januar 1991 wurde der Sohn A. geboren. Die Klägerin begann am 19. November 1996 eine stundenweise Tätigkeit beim Unternehmen P., die sie bis heute ausübt. Ihr aktueller Stundenlohn beträgt 12,23 EUR brutto. In den Jahren 1997 und 1998 konnte sie lediglich stundenweise am Freitagnachmittag und Samstag arbeiten, weil nur zu diesen Zeiten eine Übernahme der Betreuung des Sohnes A., der damals einer erhöhten Betreuung bedurfte, durch den Beklagten möglich war. Der Beklagte hatte 1975 das Abitur abgelegt und dann eine Ausbildung im öffentlichen Dienst begonnen. Im September 1977 wurde er zum Stadtinspektor ernannt. Von 1977 bis 1980 besuchte er die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege. Von 1982 bis 1985 belegte er ein Fortbildungsstudium an der Verwaltungsakademie. Er durchlief von 1983 bis 1991 die Laufbahn des gehobenen Dienstes und war zuletzt Oberamtsrat. 1992 wechselte er im Land B. in den höheren Dienst und wurde im November 1994 zum Regierungsdirektor ernannt.

Ende 2002 trennten sich die Parteien und die Ehe wurde auf den im November 2003 zugestellten Scheidungsantrag am 10. Juni 2005 rechtskräftig geschieden. Die Parteien schlossen zugleich einen Vergleich vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg (158 F 16645/03), wonach sich der Beklagte verpflichtete an die Klägerin einen nachehelichen Unterhalt von 450 EUR zu zahlen. Hierbei ist eine Haushaltsersparnis von 200 EUR auf Seiten der Klägerin berücksichtigt worden, da sie damals mit einem Partner zusammen lebte. Gleichzeitig verpflichtete er sich an das Kind A. einen Unterhalt von monatlich 170% des Regelbetrages nach § 1 der jeweiligen RegelbetragsVO der 3. Altersstufe zu zahlen und die Klägerin von Unterhaltsansprüchen des Kindes D. im Innenverhältnis freizustellen.

Die Partnerschaft der Klägerin bestand seit Oktober 2005 nicht mehr. Die Ausbildung des Sohnes D. endete im August 2006. Der Beklagte zahlt an das Kind A. seit März 2007 aufgrund des gerichtlichen Vergleichs vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg vom 9. November 2007 - 158 F 8454/07 - einen monatlichen Unterhalt von nunmehr 180% des jeweiligen Regelbetrages gem. §1 der RegelbetragsVO der 3. Altersstufe.

Der Beklagte zahlt fortlaufend 450,- EUR an die Klägerin. Ferner leistete er an das Kind F. einen Unterhalt von monatlich 246,- EUR für Januar 2007 bis Juni 2007, 146,- EUR im Juli 2007, 196,- EUR im August 2007, 96,- EUR im September 2007, 46,- EUR im Oktober 2007, 150,- EUR im November 2007 und 100,- EUR im Dezember 2007.

Wegen des Verdienstes der Parteien in den Jahren 2007 und 2008 wird auf die überreichten Gehaltsbescheinigungen Bezug genommen. Die Klägerin erhielt im Februar 2007 eine Steuererstattung für das Jahr 2005 von insgesamt 952,36 EUR.

Der Beklagte erhielt in 2007 eine Steuererstattung für 2006 von insgesamt 2.977,09 EUR und 2008 eine Steuererstattungen für 2007 von 1.936,19 EUR und 2009 aufgrund der für 2007 zu berücksichtigenden Werbungskosten für die Fahrten zur Arbeit weitere 494,63 EUR sowie für 2008 1.085,65 EUR.

Die Klägerin hat behauptet, sie könne keinen höheren Verdienst als den bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber erzielen und zwar auch dann nicht, wenn sie woanders einer Vollzeitbeschäftigung nachgehe. Sie habe weiterhin einen Unterhaltsanspruch, da sie aufgrund der wegen der Kinderbetreuung abgebrochenen Berufsausbildung und der dann lediglich aufgenommenen stundenweisen Beschäftigung ehebedingte Nachteile erlitten habe. Der Beklagte habe hingegen die Möglichkeit gehabt, sich während der Ehe fortzubilden und beruflich aufzusteigen, da sie die Kinderbetreuung und den Haushalt übernommen habe.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, in Abänderung des Vergleichs des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg - 158 F 16645/03 - vom 10. Juni 2005 zu Ziffer 1 an sie ab Oktober 2007 einen monatlich im Voraus zu zahlenden Unterhalt in Höhe von 923,- EUR zu zahlen sowie einen Unterhaltsrückstand von März 2007 bis September 2007 von 2.625,- EUR. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Ferner hat er widerklagend beantragt, festzustellen, dass er in Abänderung des Vergleichs des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg - 158 F 16645/03 - vom 10. Juni 2005 zu Ziffer 1 ab Dezember 2007 nicht mehr verpflichtet sei, an die Klägerin einen nachehelichen Unterhalt zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe keinen Unterhaltsanspruch mehr, da das jüngste Kind keiner Betreuung mehr bedürfe. Die Klägerin sei vielmehr verpflichtet, einer vollschichtigen Tätigkeit nachzugehen, so dass sie mit den daraus erzielten Einkünften ihren Bedarf decken könne. Die Klägerin habe keine ehebedingten Nachteile erlitten. Ihre Ausbildung zur Bankkauffrau habe sie mangels hinreichender Eignung abgebrochen. Die ehelichen Lebensverhältnisse seien davon geprägt gewesen, dass die fünfköpfige Familie überwiegend von seinem Gehalt gelebt habe. Er sei seit 1994 nicht mehr befördert worden. Der Klägerin sei es fünf Jahre nach der Trennung der Parteien zuzumuten, sich dauerhaft auf einen niedrigeren Lebensstandard, der ihren beruflichen Möglichkeiten entspreche, einzurichten. Jedenfalls sei der Unterhaltsanspruch herabzusetzen, da sie bei einem Abschluss ihrer Berufsausbildung heute ca. 2.800,- EUR brutto verdienen würde und ein darüber hinausgehender Bedarf nicht bestehe. Der Unterhaltsanspruch sei ferner verwirkt, weil sie eine Treueprämie im Jahr 2006 verschwiegen habe und ihr Einkommen in den Jahren 2006 und 2007 falsch angegeben habe.

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 3. Juni 2008 den Beklagten in Abänderung des Vergleichs des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 10. Juni 2005 - 158 F 16645/03 - verurteilt, an die Klägerin ab März 2007 einen monatlichen Unterhalt von 790,- EUR und ab Januar 2008 einen monatlichen Unterhalt von 760,- EUR zu zahlen und die Widerklage abgewiesen. Auf Seiten der Klägerin hat das Amtsgericht einen Verdienst von monatlich 1.297,06 EUR in 2007 und 1407,91 EUR in 2008 angenommen und weitere 300 EUR netto aufgrund einer zumutbaren Nebentätigkeit angerechnet. Auf Seiten des Beklagten hat es ein Einkommen von monatlich 3.821,64 EUR netto in 2007 und 3.703,62 EUR in 2008 zugrunde gelegt. Unterhaltsleistungen an das Kind F. sind nicht berücksichtigt worden.

Ferner hat es angenommen, dass der Unterhaltsanspruch weder verwirkt sei noch herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, denn die Klägerin habe ehebedingte Nachteile erlitten, da sie bei einer Fortführung ihrer Berufsausbildung und anschließender Berufstätigkeit heute ca. 4.000,- EUR brutto verdienen könnte. Hiergegen hat der Beklagte fristgerecht Berufung eingelegt.

Er rügt, dass das Amtsgericht seine Unterhaltsleistungen an F. nicht berücksichtigt habe. Ferner ist er der Ansicht, das Amtsgericht habe zu Unrecht eine für 2003 unstreitig erhaltene Steuererstattung in Höhe von 2.994,96 EUR berücksichtigt. Soweit er zudem unstreitig in 2003 eine Nachzahlung des Familienzuschlags von 8.664,- EUR erhalten habe, habe er diese Zahlung zum Ausgleich bestehender Verbindlichkeiten der Parteien nach dem Verkauf des Einfamilienhauses der Parteien verwendet. Er habe zudem monatliche krankheitsbedingte Mehrkosten von ca. 100,- EUR.

Er ist der Ansicht, dass die Klägerin aus einer ihr neben ihrer stundenweise ausgeübten Tätigkeit zumutbaren weiteren Beschäftigung 750,- EUR verdienen könne. Ferner ist er weiterhin der Ansicht, dass keine ehebedingten Nachteile vorliegen.

Der Beklagte beantragt nunmehr, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils
1. die Klage abzuweisen sowie
2. unter Abänderung des Vergleichs des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 10. Juni 2005 - 158 F 16645/03 - zu Ziffer 1 festzustellen, dass der Beklagte ab Ende Dezember 2007 der Klägerin keinen Unterhalt mehr schuldet.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass auch auf ihrer Seite 100,- EUR monatliche Unterhaltszahlungen für den Sohn F. zu berücksichtigen seien. Die in 2003 erhaltene Nachzahlung sei auf 76 Monate und damit mit 114,- EUR monatlich bis Dezember 2010 zu berücksichtigen. Ferner müsse sich der Beklagte einen Realsplittingvorteil anrechnen lassen. Sie wiederholt ihren Vortrag zu ihren ehebedingten Nachteilen und behauptet, dass sie heute bei durchgehender Berufstätigkeit 74.000,- EUR brutto im Jahr hätte verdienen können, so wie eine Kollegin aus ihrem Ausbildungsjahrgang, die heute Filialdirektorin einer Bank sei.

II. Die zulässige Berufung ist nur zu einem geringen Teil begründet. Der Beklagte schuldet der Klägerin in Abänderung der Ziffer 1 des gerichtlichen Vergleichs des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 10. Juni 2005 - 158 F 16645/03 - einen monatlichen Unterhalt von 761,- EUR ab März 2007, 773,- EUR ab November 2007, 738,- EUR ab Januar 2008 und 739,- EUR ab Januar 2009. Hingegen ist der Unterhaltsanspruch weder verwirkt noch ist er zeitlich zu begrenzen oder zum gegenwärtigen Zeitpunkt herabzusetzen.

1. Die Abänderungsklage der Klägerin ist zulässig, denn sie hat mit dem Wegfall einer Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber dem Sohn D., den veränderten Einkommen der Parteien und der auf ihrer Seite nicht mehr vorhandenen Haushaltsersparnis eine wesentliche Veränderung der dem Vergleich vom 10. Juni 2005 zugrunde liegenden Umstände dargetan.

2. Die Abänderungsklage der Klägerin ist auch teilweise begründet.

Da es sich bei dem vorliegend abzuändernden Unterhaltstitel nicht um ein Urteil, sondern um einen Prozessvergleich handelt, erfolgt die in § 323 Abs. 4 ZPO i. V. mit § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorgesehene Anpassung des Titels an veränderte Umstände wie bei sonstigen privatrechtlichen Rechtsgeschäften allein nach den Regeln des materiellen Rechts. § 323 Abs. 1 ZPO ist in diesem Fall bedeutungslos. Maßgeblich sind die aus § 242 BGB abgeleiteten und nunmehr in § 313 BGB kodifizierten Grundsätze über die Veränderung oder den Fortfall der Geschäftsgrundlage, die eine Anpassung rechtfertigen, wenn es einem Beteiligten (nach Treu und Glauben) nicht zugemutet werden kann, an der bisherigen Regelung festgehalten zu werden (vgl. BGH FamRZ 1992, 539; 1986, 790, 791). Dabei ermöglicht das Abänderungsverfahren keine freie, von der bisher festgesetzten Höhe unabhängige Neubemessung des Unterhalts und keine abweichende Beurteilung der zugrunde liegenden Verhältnisse. Vielmehr kann die Abänderungsentscheidung nur in einer unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Anpassung des Unterhalts an veränderte Verhältnisse bestehen (vgl. BGH FamRZ 1986, 790 w.w.N.).

Vorliegend waren das jeweilige tatsächliche Einkommen der Parteien nebst tatsächlich erhaltenen Steuererstattungen und die bestehenden Unterhaltspflichten gegenüber den Kindern Grundlage des Vergleichs.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ab März 2007 ein höherer Aufstockungsunterhaltsanspruch gem. § 1573 Abs. 2 BGB zu, da auf Seiten des Beklagten Unterhaltsbelastungen entfallen sind und das Einkommen der Parteien sich verändert hat.

Die Klägerin erzielte 2007 ein Nettoeinkommen von 1.307,60 EUR.

Januar 1038,89
Februar 995,47
März 1234,81
April 978,74
Mai 995,22
Juni 1107,29
Juli 1340,29
August 1297,26
September 1371,58
Oktober 1436,23
November 1835,18
Dezember 1933,72
15564,68
monatlich 1297,06
Steuererstattung 79,36
1376,42
Werbungskosten -68,82
1307,60

In 2008 erzielte die Klägerin folgendes Einkommen:
Januar 1258,43
Februar 1420,41
März 1306,75
April 1229,58
Mai 1342,04
Juni 813,5
Juli 1014,06
August 1129,9
September 1254,66
Oktober 1402,36
480,49
November 1170,37
400,43
1,48
Dezember 1676,26
15900,72
1325,06
Werbungskosten -66,25
1258,81

Die Klägerin arbeitet allerdings nicht vollschichtig, sondern nur in Teilzeit mit unterschiedlichen monatlichen Stunden je nach Bedarf des Arbeitgebers. Die Klägerin hat durch entsprechende Schreiben ihres Arbeitgebers belegt, dass eine Ausweitung der Stundenzahl bei ihrem Arbeitgeber nicht möglich ist. Soweit der Beklagte auf den Sohn D. verweist, der bei demselben Unternehmen eine Ausbildung absolviert hat und nunmehr vollschichtig tätig ist, übersieht der Beklagte, dass die Klägerin, die seit nunmehr über 12 Jahren bei der Fa. P. beschäftigt ist, dort Ende 1996 als ungelernte Kraft auf Stundenbasis angefangen hat und ihre Situation auch nicht mit der eines im Betrieb zum Einzelhandelskaufmann oder Fachverkäufer Ausgebildeten verglichen werden kann. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die Klägerin sich letztlich hinreichend in den vergangenen Jahren um eine andere Anstellung bemüht hat. Als ungelernte Kraft kann sie jedenfalls keinen höheren Verdienst als 12,23 EUR die Stunde erzielen. Bei einer Volltagstätigkeit (173,9 Stunden im Monat) und 12,23 EUR/Std. brutto hätte die Klägerin mit Steuerklasse 2 und einem Kinderfreibetrag in 2007 1.338,53 EUR netto bereinigt verdienen können, welches sich unter Berücksichtigung der Steuererstattung für 2005 auf 1.413,93 EUR erhöht. In 2008 beträgt ein derart fiktiv berechnetes Monatseinkommen dann netto bereinigt 1.335,99 EUR.

Ein höheres Einkommen kann der Klägerin nicht fiktiv zugerechnet werden. Zwar ist es der Klägerin möglich neben ihrer derzeitigen Tätigkeit noch einem Nebenerwerb nachzugehen, so dass sie tatsächlich auch den fiktiven Verdienst erzielen könnte. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass der fiktive Verdienst bei einer Vollbeschäftigung mit einem Verdienst von 12,23 EUR/Stunde bereits am oberen Limit liegt. Die Klägerin hat durch zahlreiche Internetauszüge belegt, dass dieser Lohn für ungelernte Arbeitskräfte heute nicht mehr gezahlt wird. Dies ist auch aus zahlreichen Unterhaltsverfahren dem Senat gerichtsbekannt. Auch ihr jetziger Arbeitgeber zahlt bei Neueinstellungen mit 9,50 EUR/Stunde deutlich weniger. Warenhäuser wie Karstadt setzen überwiegend Arbeitskräfte von Zeitarbeitsfirmen ein, die ca. 7,38 EUR/Std. zahlen und zudem ebenfalls nur Teilzeitarbeit anbieten. Dies gilt entsprechend für andere große Bekleidungshäuser. Die Klägerin hat damit aufgrund ihres Alters und ihrer Erwerbsbiografie keinerlei Möglichkeit über den fiktiven Verdienst hinausgehendes Einkommen zu erzielen. Die geringen Abweichungen von dem tatsächlichen Einkommen belegen, dass die Klägerin aufgrund von teilweise erhöhter Stundenzahl, Zuwendungen des Arbeitgebers, die heute nicht mehr üblich sind (Umsatz-prämien, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld), und - teilweise steuerfreien - Zuschlägen für Beschäftigung zu ungünstigen Zeiten (am Wochenende, in den Abendstunden) annähernd die Entlohnung entsprechend einer Vollbeschäftigung erhält.

Der Beklagte hat in 2007 ein monatliches Einkommen von tatsächlich 2.950,54 EUR erzielt.
Januar 3726,2
Februar 3726,2
März 3726,2
April 3726,2
Mai 3726,2
Juni 3726,2
Juli 3726,2
August 3726,2
September 3726,2
Oktober 3597,78
November 3597,78
Dezember 3876,23
44607,59
monatlich 3717,30
Krankenversicherung -92,44
Pflegeversicherung -14,26
Steuererstattung 248,09
3858,69
Werbungskosten -150,00
3708,69
Unterhalt A. -516,66
Krankenversicherung A. -31,21
Unterhalt F. -184,17
Krankenversicherung F. -26,11
2950,54

Die Krankenversicherung berechnet sich auf einen durchschnittlichen Betrag in 2007, da der Beitrag ab März 2007 von 90,31 EUR auf 92,87 EUR angehoben worden ist. Ebenso ist der an F. und A. in 2007 gezahlte Unterhalt als Durchschnittsbetrag ermittelt worden. An F. zahlte der Beklagte insgesamt 2.210,- EUR, dies sind monatlich 184,17 EUR. Der an A. gezahlte Unterhalt ist in 2007 gegenüber der Klägerin noch als Tabellenbetrag zu berücksichtigen. Er zahlte in den ersten beiden Monaten danach 495,- EUR, dann bis Juni 2007 524,- EUR (180% des Regelbetrages der 3. Altersstufe) und ab Juli bis Dezember 2007 519,- EUR. Dies ergibt einen Unterhalt (Tabellenbetrag) von insgesamt 6.200,- EUR (516,66 EUR monatlich).

Das Einkommen ist nicht aufgrund einer im Oktober 2004 erhaltenen Nachzahlungen des Familienzuschlages für September 1992 bis Dezember 1998 von insgesamt 8.666,70 EUR weiterhin zu erhöhen. Der Beklagte hat diesen Betrag zur Ablösung von Restverbindlichkeiten benutzt, die nach dem Verkauf des im gemeinsamen Eigentum der Parteien stehenden Einfamilienhauses verblieben sind. Diese Verwendung der Nachzahlung ist dem Beklagten unterhaltsrechtlich nicht vorzuhalten, denn er hat gemeinsame Verbindlichkeiten hiervon getilgt und somit auch die Klägerin von bestehenden Verbindlichkeiten entlastet.

Das Einkommen ist allerdings auch nicht um einen krankheitsbedingten Mehrbedarf zu kürzen. Der Beklagte hat zwar für 2007 Aufwendungen von insgesamt 812,49 EUR belegt, die nicht von der Beihilfe oder der Krankenversicherung übernommen worden sind. Allerdings sind in diesem Betrag 90,- EUR Praxisgebühren enthalten. Diese Kosten sind auch von gesetzlich Krankenversicherten bei einem Arztbesuch zu leisten, so dass hier keine besondere Belastung vorliegt. Dies gilt auch für Zuzahlungen zu Arzneimittelkosten.

Denn auch diese treffen gem. § 31 Abs. 2 SGB V einen gesetzlich Krankenversicherten und sind damit dem allgemeinen Lebensbedarf zuzurechnen (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2008, 2120). Erst wenn die Belastungsgrenze von 2% des jährlichen Bruttoeinkommens überschritten ist, mithin gesetzlich Versicherte gem. § 61 SGB V von Zuzahlungen befreit sind, kann ein Privatversicherter einen erhöhten Bedarf unterhaltsrechtlich geltend machen. Diese Grenze ist hier allerdings nicht erreicht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass vorliegend zahlreiche nicht von der Beihilfe/Krankenversicherung erstattete Kosten beispielsweise auf nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten, Auslandsschutzimpfungen und nicht anerkannte Heilmethoden (Yogakurs) beruhen, die ebenfalls dem allgemeinen Lebensbedarf zuzurechnen sind.

Ab November 2007 erhöhte sich das Einkommen auf 2.976,65 EUR, denn der Beklagte leistete nicht mehr für F. die Krankenversicherung.

Dieses Einkommen des Beklagten ist aber in 2007 fiktiv um den Realsplittingvorteil zu erhöhen. Der Beklagte hat in 2007 durchgehend 450,- EUR im Monat an die Klägerin gezahlt und seine Unterhaltsverpflichtung auch in dieser Höhe nicht in Abrede gestellt. Er hatte mithin die unterhaltsrechtliche Obliegenheit, den sich ihm steuerrechtlich ergebenden Vorteil durch einen Freibetrag von monatlich 450,- EUR auszunutzen. Soweit der Beklagte behauptet hat, die Klägerin habe sich geweigert die Anlage U zu unterzeichnen, so hat diese vorgebracht, dass ihr eine Anlage U zur Unterzeichnung nicht vorgelegt sei. Dem ist der Beklagte nicht mehr substanziiert entgegen getreten, so dass ein fiktiver Realsplittingvorteil in 2007 zu berücksichtigen ist. Danach hätte er dann in 2007 folgendes Einkommen gehabt:
2007 Freibetrag 450 EUR
Januar 3925,6
Februar 3925,6
März 3925,6
April 3925,6
Mai 3925,6
Juni 3925,6
Juli 3925,6
August 3925,6
September 3925,6
Oktober 3797,11
November 3797,11
Dezember 4075,62
47000,24
monatlich 3916,69
Krankenversicherung -92,44
Pflegeversicherung -14,26
Steuererstattung 248,09
4058,08
Werbungskosten -150,00
3908,08
Unterhalt A. -516,66
Krankenversicherung A. -31,21
Unterhalt F. -184,17
Krankenversicherung F. -26,11
3149,93

Zwar hat der Beklagte dann auch den Realsplittingnachteil der Klägerin auszugleichen gehabt, dies hat aber erst für 2008 Bedeutung, da erst in 2008 die Klägerin dann die Unterhaltsleistungen zu versteuern gehabt hätte.

2008 hat der Beklagte ein monatliches Nettoeinkommen von

Beklagter 2008
Januar 3717,71
Februar 3889,51
März 3588,99
April 3588,99
Mai 3588,99
Juni 3588,99
Juli 3588,99
August 3588,99
September 3588,99
Oktober 3588,99
November 3588,99
Dezember 4145,89
44054,02
monatlich 3671,17
Krankenversicherung -150,69
Pflegeversicherung -14,26
3506,22
Steuererstattung 161,35
Realsplittingnachteil -139,90
Fiktive Steuerausgleich -29,28
Werbungskosten -150,00
3498,37
Unterhalt A. -442
Krankenversicherung A. 0
Unterhalt F. 0
Krankenversicherung F. 0
3056,37

In 2008 ist zum einen die reale Steuererstattung zu berücksichtigen. Allerdings ist eine Korrektur vorzunehmen, denn im Steuerjahr 2007 hatte der Beklagte - wie ausgeführt - die Obliegenheit den Realsplittingvorteil wahrzunehmen. Er hatte danach insgesamt 13.274,- EUR Einkommensteuer und 568,40 EUR Solidaritätszuschlag zu zahlen. Aufgrund der fiktiven Berechnung des monatlichen Nettoeinkommens unter Berücksichtigung eines eingetragenen Freibetrags von 450,- EUR ist aber in 2007 nur eine Einkommensteuer von insgesamt 15.259,47 EUR und ein Solidaritätszuschlag von 772,23 EUR von seinem Bruttoverdienst abgezogen worden. Bei einer fiktiven Steuererstattungsberechnung gemäß dem Steuerbescheid für 2007 allerdings zunächst nur unter Berücksichtigung der Fahrtkosten zur Arbeit ab dem 21. Kilometer ergibt sich eine Steuerlast von 13.840,- EUR Einkommensteuer und 606,91 EUR Solidaritätszuschlag (zu versteuerndes Einkommen: 58.938,- EUR - 5.400,- EUR Realsplittingvorteil - Kinderfreibeträge = 45.310,- EUR = Einkommensteuer von 11.222,- EUR zzgl. Kindergeld von insgesamt 2.618,- EUR). Es wäre dann noch eine Erstattung von insgesamt 1.584,79 EUR in 2008 zu erwarten gewesen, so dass 351,40 EUR (= 29,28 EUR monatlich) in 2008 aufgrund der fiktiven Berechnung nicht berücksichtigt werden können.

Ferner hätte er einen Realsplittingnachteil der Klägerin in 2008 auszugleichen gehabt.

Die Klägerin hätte dann anstelle von 22.669,97 EUR in 2007 28.069,97 EUR zu versteuern gehabt. Dies ergibt eine Steuerlast von 3.796,- EUR, 131,13 EUR Kirchensteuer und 80,13 EUR Solidaritätszuschlag gegenüber einer Einkommensteuer von 2.305,- EUR und einer Kirchensteuer von 23,49 EUR. Mithin beträgt der Nachteil aufgrund des Realsplittings 1.678,77 EUR (= 139,90 EUR monatlich).

Ein fiktiver Realsplittingvorteil in 2008 kann dem Beklagten dagegen nicht zugerechnet werden. Zwar hat er durchgehend 450,- EUR im Monat an die Klägerin gezahlt, aber er hat seine Unterhaltsverpflichtung ab 2008 grundsätzlich in Abrede gestellt. Ein fiktiver Realsplittingvorteil kann aber nur bei einer freiwilligen Zahlung von Unterhalt, einer Anerkennung der Unterhaltspflicht oder einer rechtskräftigen Verurteilung unterstellt werden. Beides ist ab 2008 aber aus den dargelegten Gründen nicht mehr gegeben (vgl. BGH FamRZ 2007, 793, FamRZ 2007, 883 und FamRZ 2007, 1232). Da A. seit Januar 2008 über die Klägerin familienversichert ist, leistet der Beklagte keinen Versicherungsbeitrag mehr. Der Zahlbetrag in Höhe von 442,- EUR an A. in 2008 ist unstreitig.

Der Unterhaltsanspruch der Klägerin in 2007 berechnet sich daher wie folgt:

März bis Oktober 2007:

3.149,93 EUR - (1.413,93 EUR - 39 EUR) = 1.775,00 EUR*3/7 =760,71 EUR = 761 EUR.

Das Einkommen der Klägerin ist noch um 39 EUR Unterhaltsleistungen an F. in 2007 zu kürzen. Dies entspricht ihrem quotalen Anteil von 8 % an einem geschätzten Bedarf des Kindes von 640 EUR - 154 EUR Kindergeld. Hierbei ist allerdings ihr tatsächliches Einkommen zugrunde zulegen, weil im Verhältnis zu dem volljährigen Kind kein fiktives Einkommen maßgeblich sein kann. Soweit die Klägerin tatsächlich einen höheren Unterhalt geleistet hat, kann sie dies nicht dem Beklagten entgegenhalten, denn sie ist unterhaltsrechtlich nicht berechtigt, gegenüber einem Kind eine überobligatorische Unterhaltsleistung zu erbringen, die ihren eigenen Unterhaltsanspruch erhöht.

Ab November 2007 erhöht sich ihr Unterhaltsanspruch geringfügig:

3.176,04 EUR (3.149,93 EUR + 26,11 EUR ) - 1.372,93 EUR = 1.803,11 EUR*3/7 = 773 EUR (gerundet).

2008 beträgt der Unterhaltsanspruch der Klägerin:

3.056,37 EUR - 1.335,99 EUR = 1.720,38 EUR*3/7 = 738 EUR (gerundet).

Für 2009 ist auf Seiten der Klägerin weiterhin ein Einkommen wie in 2008 von 1.335,99 EUR anzunehmen.

Sein Einkommen in 2009 wird voraussichtlich 3.433,25 EUR betragen. Hierbei ist auf der Grundlage der Gehaltsnachweise bis Mai 2009 das voraussichtliche Jahreseinkommen berechnet worden.

Januar 3588,99
Februar 3683,54
März 3589,19
April 3589,19
Mai 3655,14
Juni 3602,38
Juli 3602,38
August 3602,38
September 3602,38
Oktober 3602,38
November 3602,38
Dezember 3602,38
43322,71
monatlich 3610,23
Krankenversicherung -150,69
Pflegeversicherung -14,26
Steuererstattung 88,22
Steuererstattung aus 2007 49,75
3583,25
Werbungskosten -150,00
3433,25

Die Steuererstattung aus 2007 ist fiktiv berechnet worden und beruht auf der Berücksichtigung der ersten 20 Kilometer der Fahrten zur Arbeit. Danach hätte er 13.274,- EUR Einkommensteuer zu zahlen gehabt und 575,96 EUR Solidaritätszuschlag gegenüber der in einer ersten fiktiven Steuerberechnung für 2007 in 2008 ermittelten Einkommensteuer von 13.840,- EUR und einem Solidaritätszuschlag von 606,91 EUR.

Im Januar 2009 ist A. volljährig geworden, so dass beide Eltern nunmehr ihm gegenüber unterhaltspflichtig sind. A. lebt weiterhin bei der Klägerin und besucht eine allgemeinbildende Schule.

Er hat damit einen Bedarf in Höhe von 692,- EUR abzüglich 164,- EUR Kindergeld.

Die Parteien haben für seinen Bedarf wie folgt aufzukommen:

Beklagter: 3.433,25 EUR - 900,- EUR (Selbstbehalt) = 2.533,25 EUR.
Klägerin: 1.335,99 EUR - 900,- EUR (Selbstbehalt) = 435,99 EUR

Der Beklagte hat danach 85,3% und die Klägerin 14,7% des Bedarfs aufzubringen. Der Kläger hat damit 450,38 EUR und die Beklagte 77,62 EUR an A. zu zahlen.

Daraus ergibt sich für 2009 folgende Unterhaltsberechnung:

(3.433,25 EUR - 450,38 EUR) - (1.335,99 -77,62 EUR) = 1724,50 EUR*3/7 = 739,- EUR.

In 2010 kann die weitergehende Steuererstattung aus 2007 von 49,75 EUR nicht zugrunde gelegt werden. Da der Beklagte in 2009 sich auch einer Operation mit anschließender Kur unterzogen hat, wird eine höhere Steuererstattung als 2008 auch nicht für 2009 zu erwarten sein. Gleichwohl wird keine Korrektur für 2010 vorgenommen, weil der Beklagte Nachteile hierdurch durch den Realsplittingvorteil ausgleichen kann.

Damit hat die Berufung des Beklagten betreffend die Unterhaltshöhe ab März 2007 nur einen geringfügigen Erfolg. Aufgrund des bereits geleisteten Unterhalts von monatlich 450,- EUR schuldet er der Klägerin noch folgenden Unterhalt:

März 2007 bis Oktober 2007: (761 EUR - 450 EUR) * 8 = 2.488,- EUR;
November 2007 bis Dezember 2007: (773 EUR - 450 EUR) * 2 = 646,- EUR;
Januar 2008 bis Dezember 2008: (738 EUR - 450 EUR) * 12 = 3.456,- EUR;
Januar 2009 bis Juni 2009: (739 EUR - 450 EUR) * 6 = 1734,- EUR und
ab Juli 2009 monatlich 739,- EUR.

3. Die Widerklage hat das Amtsgericht mit zutreffenden Erwägungen abgewiesen.

Die Klägerin hat ihren Unterhaltsanspruch nicht gemäß § 1579 Nr. 3 BGB verwirkt. Die Klägerin hat in diesem Verfahren immer offengelegt, dass sie im Jahre 2006 eine Treueprämie erhalten hat. Dass sie dies möglicherweise 2006 dem Beklagten nicht offengelegt hat, führt vorliegend nicht zu einer Verwirkung, denn es fehlt an jeglicher Schädigungsabsicht, so dass ein Unterhaltsanspruch nicht als grob unbillig angesehen werden kann. Da 2006 bereits die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber dem Sohn D. sowie die Haushaltsersparnis der Klägerin entfallen waren, hatte die Klägerin bereits 2006 wie die Unterhaltsberechnungen für die Folgejahre zeigen dem Grunde nach einen deutlich höherer Unterhaltsanspruch als 2005 tituliert worden ist. Die Klägerin hat aber einen höheren Unterhalt erst ab März 2007 begehrt. Auch soweit die Klägerin ihr Einkommen im Verfahren zunächst zu niedrig angegeben hat, kann keine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs abgeleitet werden. Denn die Klägerin hat jederzeit ihre Gehaltsnachweise vorgelegt, so dass eine Kontrolle und Berechnung des Einkommens seitens des Beklagten hat stattfinden können. Ferner ist bei Unterhaltsberechnungen auch nie ein Rechen- oder Übertragungsfehler auszuschließen. Auch hier kann dem Verhalten der Klägerin keine Schädigungsabsicht entnommen werden, die einen Unterhaltsanspruch als grob unbillig erscheinen lässt. Aus diesem Grunde ist auch der Tatbestand des § 1579 Nr. 5 BGB nicht erfüllt.

Der Unterhaltsanspruch ist auch nicht gem. § 1578b Nr. 2 BGB zeitlich zu begrenzen.

Nach § 1578 b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Vorliegend hat die Klägerin ehebedingte Nachteile erlitten, die sie nicht mehr wird ausgleichen können. Die Klägerin hat einen ganz gravierenden ehebedingten Nachteil dadurch erlitten, dass sie ihre Berufsausbildung mit der Geburt des ersten Kindes gut ein halbes Jahr nach Eheschließung aufgegeben hat. Die Klägerin hatte dann die Betreuung des gemeinsamen Kindes übernommen und ihre eigene berufliche Karriere aufgegeben. Sie hatte auch während der Ehe keinerlei Möglichkeit mehr, die Berufsausbildung fortzuführen oder eine andere Ausbildung zu beginnen oder in einem weitaus größeren Umfang berufstätig zu sein als sie es tatsächlich war. Knapp vier Jahre nach der Geburt des ältesten Kindes wurde der Sohn D. geboren. Die Klägerin begann zwei Jahre nach der Geburt des Sohnes D. eine Tätigkeit als Tagesmutter und musste diese 1989 aufgegeben, weil das älteste Kind an Krebs erkrankte. Auch wenn der Beklagte teilweise Sonderurlaub genommen hat, um dem Kind beizustehen, so lag die Hauptlast der Betreuung und Versorgung des erkrankten Kindes bei der Klägerin als nicht berufstätigen Elternteil. In dieser für die ganze Familie belastenden Situation war eine Berufstätigkeit der Klägerin, die auch ein weiteres nicht einmal schulpflichtiges Kind zu betreuen hatte, nicht möglich. Im Januar 1991 wurde dann das jüngste Kind geboren, so dass auch nunmehr nach Genesung des ältesten Sohnes aufgrund der weiteren erforderlichen Kinderbetreuung von jetzt zwei Kindern im Alter von 10 und 6 Jahren und einem Neugeborenen kein beruflicher Wiedereinstieg möglich gewesen ist. Die Klägerin hat dann erstmals Ende 1996 stundenweise als ungelernte Kraft der Fa. P. zu arbeiten begonnen; das jüngste Kind war zu diesem Zeitpunkt knapp 6 Jahre alt gewesen ist. Sie konnte ihre Tätigkeit in den Folgejahren auch nicht ausdehnen, denn sie hatte in den Jahren 1997 und 1998 nur die Möglichkeit freitagnachmittags und samstags zu arbeiten, weil das jüngste Kind einer besonderen Betreuung bedurfte und somit für die Klägerin die Möglichkeit einer Berufstätigkeit nur bestand, wenn der Beklagte anwesend war. Damit bestand dann erstmals 1999 für die Klägerin die (theoretische) Möglichkeit einer Berufsausbildung nachzugehen. Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt 40 Jahre alt. Letztlich hat sie sich für die Fortsetzung einer gut bezahlten stundenweisen Tätigkeit als ungelernte Kraft entschieden, da sie weiterhin den Haushalt und die nunmehr noch minderjährigen jüngsten Kinder mit 15 und 8 Jahren zu betreuen hatte. Die Klägerin hat mithin durch die Eheschließung und die in der Ehe vorgenommene Rollenverteilung keinerlei Möglichkeit gehabt, eine eigene gesicherte wirtschaftliche Basis zu erlangen. Demgegenüber hatte der Beklagte die Möglichkeit, da er von Kinderbetreuung und Hausarbeit weitestgehend freigestellt war, während der Ehe den Grundstock für seinen beruflichen Aufstieg zu schaffen, denn er konnte von 1982 bis 1985 ein Fortsetzungsstudium an der Verwaltungsakademie belegen. Ansonsten hätte er die sich ihm durch die Wiedervereinigung bietende Möglichkeit des Aufstiegs in den höheren Dienst ohne Hochschulausbildung in einem der neuen Bundesländern nicht nutzen können.

Der Beklagte kann der Klägerin auch nicht entgegenhalten, dass sie ohne Eheschließung und der gelebten Rollenverteilung heute allenfalls einen Verdienst von 2800,- EUR brutto hätte, was einem bereinigten Nettolohn von ca. 1.630,- EUR entspricht. Die diesbezüglichen Behauptungen des Beklagten, der für den Umstand des fehlenden ehebedingten Nachteils darlegungs- und beweispflichtig ist, sind ohne jegliche Substanz. Es kommt dabei auch nicht darauf an, ob die Klägerin - wie der Beklagte behauptet - für die von ihr begonnene Ausbildung nicht geeignet gewesen wäre. Die Klägerin, die wie der Beklagte das Abitur abgelegt hatte, hätte ohne Eheschließung und gemeinsame Kinder in jedem Fall entweder die begonnene Ausbildung zu Ende gebracht oder eine andere Ausbildung gewählt. Es sind überhaupt keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die heute aufgrund ihrer Familienarbeit auf dem Arbeitsmarkt als ungelernte Kraft geltende Klägerin auch ohne Eheschließung und gemeinsame Kinder heute ungelernt gewesen wäre. Der persönliche Eindruck der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat vielmehr das Gegenteil vermittelt. Was die Klägerin heute bei einer Berufsausbildung und dauerhaften Berufstätigkeit verdienen könnte, bedarf - wie noch auszuführen sein wird - auch keiner Entscheidung, so dass es auch dahingestellt bleiben kann, ob die Klägerin heute nicht auch die Möglichkeit gehabt hätte, ein Einkommen von monatlich ca. 6100,- EUR brutto und damit letztlich einen Nettoverdienst entsprechend dem Beklagten zu erzielen, was offensichtlich einer damaligen Mitauszubildenden der Klägerin gelungen ist. Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass die Klägerin ähnlich wie der Beklagte Weiterbildungsmöglichkeiten nach einer Berufsausbildung genutzt hätte und dann möglicherweise auch bedingt durch die Situation in Berlin/Brandenburg nach der Wiedervereinigung eine ähnliche Karriere gemacht hätte, wenn nicht die übernommene Familienarbeit sie daran gehindert hätte. Zudem betrug die Ehezeit bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages 23 Jahre und 7 Monate, so dass wie ausgeführt eine nachhaltige wirtschaftliche Verflechtung der Parteien vorlag. Unter Abwägung all dieser Umstände ist eine zeitliche unbegrenzte Unterhaltsverpflichtung auch unter Berücksichtigung der Belange des Beklagten nicht unbillig i. S. v. § 1578b Abs. 2 BGB.

Der Unterhaltsanspruch ist auch zumindest gegenwärtig nicht gem. § 1578b Abs. 1 BGB herabzusetzen.

Ob letztendlich trotz fortdauernder ehebedingter Nachteile auf Seiten der Klägerin diese einen dauerhaften Unterhaltsanspruch gemessenen an den ehelichen Lebensverhältnissen hat oder dieser auf einen angemessenen Lebensbedarf gem. § 1578b Abs. 1 BGB herabzusetzen ist, kann gegenwärtig noch nicht entschieden werden. Zwar kommt vorliegend grundsätzlich eine Herabsetzung auf einen angemessenen Bedarf gem. § 1578b Nr. 1 BGB in Betracht, wenn anzunehmen wäre, dass die Klägerin bei einer angemessenen Berufsausbildung und fortdauernden Berufstätigkeit ohne Eheschließung und Übernahme der Betreuung der gemeinsamen Kinder heute ein Einkommen erzielen würde, welches ihr einen Lebensstandard unterhalb den ehelichen Lebensverhältnissen sichern würde. Bereits nach dem Vortrag des Beklagten hätte die Klägerin aber mindestens ein Nettoeinkommen von ca. 1.630,- EUR und somit in jedem Fall einen Unterhaltsanspruch. Gegenwärtig kommt allerdings eine Entscheidung über eine Herabsetzung des Anspruchs noch nicht in Betracht. Zum einen ist zu bedenken, dass der Beklagte erst seit Mitte 2005 aufgrund der rechtskräftigen Scheidung zu einem nachehelichen Unterhalt verpflichtet ist. Die Übergangszeit, in der die unterhaltsberechtigte Klägerin die volle Unterhaltsleistung zur Verfügung hat, ist zwar nicht schematisch nach der Ehezeit zu bemessen. Vielmehr findet die Übergangszeit ihren Grund darin, dass der Unterhaltsberechtigte nach der Ehescheidung Zeit benötigt, um sich auf die Kürzung des eheangemessenen Unterhalts einzustellen (vgl. BGH FamRZ 2008, 134, 138). Bei einer Ehedauer von über 23 Jahren und den festgestellten ehebedingten Nachteilen kann die Übergangsfrist hier auch unter Berücksichtigung der Trennungszeit nicht weniger als mindestens 10 Jahre berechnet ab Rechtskraft der Scheidung betragen. Der Senat kann aber die wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse der Parteien für diesen zukünftigen Zeitpunkt nicht mit der notwendigen Bestimmtheit festzustellen. Bereits auf Seiten des Beklagten ist die künftige Einkommensentwicklung fraglich. Der Beklagte musste sich 2009 einer Herzoperation unterziehen und hat in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass er gegenwärtig prüft, ob er sich möglicherweise aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in den Ruhestand versetzen lassen kann. Ebenso wenig ist die weitere Einkommensentwicklung auf Seiten der Klägerin sicher genug vorhersehbar. Damit ist die Entscheidung über eine Unterhaltsherabsetzung einem etwaigen späteren Abänderungsverfahren vorzubehalten, so dass es im Rahmen dieser Entscheidung auch offen bleiben kann, welche genaue Höhe eine ehebedingte Einkommenseinbuße hat und ob diese Einkommenseinbuße tatsächlich zu einer Herabsetzung gem. § 1578b Abs. 1 BGB berechtigt. ..."

***

Hat bereits im Ausgangsverfahren vor Inkrafttreten des UÄndG die Möglichkeit bestanden, dem Aufstockungsunterhaltsanspruch den Einwand der Befristung entgegenzuhalten, ist der Unterhaltsschuldner mit diesem Einwand im Abänderungsverfahren gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 1 EGZPO ausgeschlossen (OLG Saarbrücken Beschluss vom 23.06.2009, 9 WF 37/09).

***

Derjenige, der sich im Unterhaltsprozess darauf beruft, krankheitsbedingt keiner Erwerbstätigkeit nachgehen zu können, muss Art und Umfang der gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden darlegen. Beiträge zur Pensionskasse, einer zusätzlichen Rentenversicherung, sind in Höhe von 4 % des Bruttoeinkommens des Vorjahres abzugsfähig. Stellt bei einer Risikolebens-/Berufsunfähigkeitsversicherung die Lebensversicherung keine Absicherung des Unterhaltsverpflichteten dar, ist für eine Abzugsfähigkeit der Berufsunfähigkeitsversicherung anzugeben, welcher Teil der Prämie auf diese entfällt. Fiktive Einkünfte sind anzusetzen, wenn Einkommensminderungen des Unterhaltsverpflichteten auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit beruhen oder durch freiwillige berufliche oder wirtschaftliche Dispositionen des Pflichtigen veranlasst sind und durch zumutbare Vorsorge aufgefangen werden können.(OLG Brandenburg, Urteil vom 24.03.2009 - 10 UF 92/08 zu BGB §§ 1573 II, 1578b II):

„... Die Parteien haben am 5.10.1974 geheiratet, aus der Ehe sind zwei Kinder, geboren 1975 und 1981, hervorgegangen. Nach der Trennung im Februar 2002 wurde die Ehe durch Urteil des Amtsgerichts Neuruppin, Zweigstelle Wittstock, vom 12.8.2003 (Zw 17 F 67/03) geschieden.

Im Scheidungsverfahren schlossen die Parteien am 12.8.2003 einen Vergleich, durch den sich der Beklagte verpflichtete, an die Klägerin für die Zeit von August 2003 bis zum 31.7.2005 nachehelichen Unterhalt von monatlich 400 € zu zahlen. Der Vergleich sollte bis zum 31.7.2005 nicht abänderbar, ab August 2005 jedoch „von jeder der Parteien aufhebbar" sein. Die Verhältnisse bei Vergleichsabschluss sollten bei einer Neufestsetzung des Unterhalts nicht präjudizierend sein. Das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs der Klägerin für die Zeit ab August 2005 sollte nach der aktuell geltenden Sach- und Rechtslage entschieden werden.

Die Klägerin hat das vorliegende Verfahren im Juni 2005 eingeleitet und zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts zunächst Auskunft über das Einkommen des Beklagten verlangt sowie den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 29.7.2005 angeordnet, dass der Beklagte ab August 2005 vorläufig monatlichen Unterhalt von 276,01 € zu zahlen habe, die Zwangsvollstreckung aus diesem Beschuss jedoch am 14.11.2007 einstweilen eingestellt.

Der Beklagte, geboren am ….9.1955, ist von Beruf Tischlermeister. Er arbeitet seit 2001als Ausbilder bei der B.gesellschaft mbH in P.. Die wöchentliche Arbeitszeit von zunächst 40 Stunden wurde durch den Vertrag vom 1.10.2004 für die Zeit ab September 2005 auf 39 Stunden und durch weiteren, auf ein Jahr befristeten Vertrag vom 29.8.2007 auf 31 Stunden verkürzt. Der Anschlussvertrag vom 30.8.2008 ist bis zum 31.8.2009 befristet und verändert das Arbeitsverhältnis im Übrigen nicht.

Die Klägerin, geboren am ….4.1955, erlernte Anfang der 70er Jahre den Beruf einer Textilfacharbeiterin und arbeitete danach im O.werk in W.. Seit Beginn der 90er Jahre war sie überwiegend arbeitslos, nahm an verschiedenen Ausbildungs- bzw. Umschulungsmaßnahmen teil und war für zwei nicht zusammenhängende Jahre im Rahmen von Arbeitsförderungsmaßnahmen tätig. Eine letzte Trainingsmaßnahme absolvierte sie vom 19.5. bis zum 21.7.2000. Die Klägerin ist Diabetikerin und herzkrank, weshalb sie in den Jahren 2003, 2006 und 2007 im Krankenhaus behandelt wurde.

Seit Juli 2007 arbeitet die Klägerin im Rahmen einer Arbeitsförderungsmaßnahme beim Verein …. Der Arbeitsvertrag war zunächst bis zum 30.6.2008 befristet, die wöchentliche Arbeitszeit betrug 32 Stunden. In dem bis zum 31.12.2008 befristeten Folgevertrag wurde die Stundenzahl auf 26 verringert. Seit Januar 2009 arbeitet die Klägerin nur noch im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung.

Die Klägerin hat vom Beklagten aufgrund der einstweiligen Anordnung bis einschließlich August 2007 monatlichen Unterhalt von 276,01 € erhalten und ergänzende Sozialleistungen bezogen. Sie hat die Hauptsache wegen Unterhalts bis Juni 2007 sowie in Höhe der Sozialleistungen von monatlich 75,12 € von Juli 2007 bis April 2008 für erledigt erklärt und, nach Abzug von Sozialleistungen bis April 2008 monatlichen Unterhalt von 176 € für Juli bis Dezember 2007, von 172 € für Januar bis April 2008 und von 247 € ab Mai 2008 verlangt. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen und Klageabweisung beantragt.

Durch das am 8.5.2008 verkündete Urteil hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Rechtsstreit, soweit er das Klagebegehren für die Zeit von August 2005 bis August 2007 betrifft, erledigt sei, und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie trägt vor:

Der Beklagte müsse sich Einkünfte in dem bis einschließlich August 2007 tatsächlich erzielten Umfang zurechnen lassen. Die eingeschränkte Stundenzahl entspreche seinem Wunsch. Der Beklagte könne mit seiner neuen Partnerin zur Arbeit fahren, sodass sich die Fahrtkosten um die Hälfte ermäßigten. Die Beiträge zur Altersvorsorge seien zu hoch, die Lebensversicherung bei der S. sei nicht zu berücksichtigen. Der Selbstbehalt des Beklagten sei im Hinblick auf die Ersparnis durch gemeinsame Haushaltsführung mit seiner neuen Partnerin zu kürzen.

Sie könne aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen höheres als ihr tatsächliches Einkommen nicht erzielen. Davon seien 5 % für berufsbedingte Aufwendungen abzuziehen. Ihr ständen 3/7 der Einkommensdifferenz, das seien 248 € bzw. 247 €, monatlich zu. Nach Abzug der ergänzenden Sozialleistungen von 75,12 € monatlich ergäben sich bis Juni 2008 die von ihr ermittelten Beträge. Im Juli 2008 sei der gesamte Anspruch auf das Arbeitsamt übergegangen, sodass sie keinen Unterhalt verlange. Im August beliefen sich 3/7 der Einkommensdifferenz auf 215,58 €, in den Monaten September bis Dezember auf 175,30 €.

Seit Januar 2009 erziele sie nur noch Einkünfte im sog. Geringverdienerbereich. Während ihr Arbeitgeber noch kurz vor Weihnachten mitgeteilt habe, sie könne ihre Arbeit im Jahr 2009 fortsetzen und die Arbeitszeiten sogar erweitern, habe er am 29.12.2008 plötzlich mitgeteilt, dass sie nur noch mit einem Verdinest von 165 € weiterhin tätig sein könne. 3/7 der Einkommensdifferenz machten 462,26 € aus. Im Hinblick auf den Selbstbehalt müsse der Beklagte 360 € zahlen. Im Januar und Februar sei dieser Bedarf durch Sozialleistungen vollständig gedeckt, sodass Unterhalt in diesem Umfang erst ab März 2009 zu zahlen sei.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Perleberg vom 8.5.2008 den Beklagten zu verurteilen, an sie nachehelichen Unterhalt wie folgt zu zahlen: von September bis Dezember 2007 monatlich 176 € zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf jeweils 176 € ab 2.9., 2.10., 2.11. und 2.12.2007, von Januar bis Juni 2008 monatlich 172 € zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf jeweils 172 € ab 2.1., 2.2., 2.3., 2.4., 2.5., 2.6.2008 für August 2008 einen Betrag von 215,58 € nebst 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 2.8.2008, von September bis Dezember 2008 monatlich 175,30 € zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszins auf jeweils 175,30 € seit dem 2.9., 2.10., 2.11. und 2.12.2008 sowie ab März 2009 monatlich 360 €, jeweils monatlich im Voraus.

Der Beklagte beantragt Berufungszurückweisung. Er trägt vor:

Er schulde keinen Unterhalt mehr. Die Klägerin müsse sich Einkünfte aus einer angemessenen Tätigkeit zurechnen lassen. Sie sei während der Ehe bis Anfang der 90er Jahre berufstätig gewesen, die 1975 und 1981 geborenen Kinder habe man gemeinsam versorgt. Er sei nicht leistungsfähig. Gegen die Verkürzung seiner Arbeitszeit habe er sich nicht wehren können, weshalb von seinen tatsächlichen Einkünften auszugehen sei.

Die vermögenswirksame Anlage sei schon während der Ehe erfolgt, die Beiträge hätten nicht zur Verfügung gestanden, was die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt habe. Dasselbe gelte für die Prämie der Risikolebens- /Berufsunfähigkeitsversicherung. Sein Arbeitgeber habe die Zahlung an die Pensionskasse in Höhe des sozialversicherungs- und lohnsteuerfreien Anteils auf das Gehalt aufgerechnet. Deshalb sei nur das reine Nettogehalt maßgeblich. Dieses sei seit September 2007 fortlaufend gesunken.

Vom Einkommen abzuziehen seien Fahrtkosten in voller Höhe. Er könne wegen unterschiedlicher Arbeitszeiten mit seiner Partnerin keine Fahrgemeinschaft bilden. Diese erhalte ein Nettoeinkommen von 1.200 € und müsse Verbindlichkeiten aus ihrer Ehe mit 250 € monatlich abtragen. Angesichts dieser Einkünfte sei eine Haushaltsersparnis nicht zu berücksichtigen.

Ziehe man somit von seinem Einkommen die Versicherungsprämien und die Fahrtkosten ab, verbleibe ein Einkommen, das den ihm zustehenden Selbstbehalt nicht erreiche.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung ist teilweise begründet. Die Klägerin kann nachehelichen Unterhalt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang verlangen. Der Unterhaltsanspruch ist allerdings auf die Zeit bis einschließlich August 2012 zu befristen.

Da sich nur die Klägerin gegen das Urteil vom 8.5.2008 wendet, durch welches das Amtgericht entsprechend der Erklärung der Klägerin die Erledigung der Hauptsache wegen Unterhalts von August 2005 bis August 2007 festgestellt und die Unterhaltsforderung für die Zeit ab September 2007 abgewiesen hat, und mit der Berufung Unterhalt erst ab September 2007 verlangt, ist allein über das Unterhaltsverlangen der Klägerin für die Zeit ab September 2007 zu entscheiden.

Dem Anspruch steht der Vergleich der Parteien vom 12.8.2003 nicht entgegen. Denn durch diesen Vergleich wurde der Unterhaltsanspruch nicht zeitlich befristet. In dem Vergleich wird vielmehr nur geregelt, dass nach Ablauf der darin genannten Frist, innerhalb der eine Abänderung nicht möglich sein sollte, ohne Bindung an den Inhalt des Vergleichs im Übrigen eine Neufestsetzung des Unterhalts nach der aktuell geltenden Sach- und Rechtslage erfolgen solle.

Der Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt beruht auf §§ 1569, 1573 Abs. 2 BGB. Unterhalt wegen Krankheit gemäß § 1572 BGB kann die Klägerin nicht verlangen.

Wer sich im Unterhaltsprozess darauf beruft, krankheitsbedingt einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen zu können, muss Art und Umfang der gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden darlegen. Der bloße Hinweis auf eine Erkrankung lässt weder erkennen, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bestehen, noch inwieweit sich diese auf die Erwerbsfähigkeit auswirken. Aus dem Vortrag muss sich auch ergeben, auf welchen Zeitpunkt sich die Behauptung, nicht mehr erwerbsfähig zu sein, bezieht (vgl. BGH, FamRZ 2001, 1291). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin nicht. Sie hat zwar die Art ihrer Erkrankung dargestellt, nicht aber, wie sich diese auf ihre Erwerbsfähigkeit auswirkt. Insoweit reicht die allgemeine Behauptung, aus gesundheitlichen Gründen nur eingeschränkt belastbar zu sein, nicht aus. Hinzu kommt, dass die Klägerin seit Juli 2007 fortlaufend arbeitet, gesundheitliche Schwierigkeiten sind auch nach ihrem Vortrag nicht (mehr) aufgetreten.

Zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin nach den ehelichen Lebensverhältnissen, § 1578 Abs. 1 BGB, sind die Einkommensverhältnisse der Parteien heranzuziehen.

Der Beklagte hat ausweislich der vorgelegten Verdienstabrechnungen im Jahr 2007ein monatliches Nettoeinkommen von 1.344,32 € erzielt. Abzuziehen ist nur der Nettobetrag des Zuschusses des Arbeitgebers zu den vermögenswirksamen Anlagen von rd. 4,90 €. Der gesamte vom Beklagten insoweit aufgewendete Betrag ist entgegen seiner Ansicht nicht abzugsfähig. Denn es handelt sich um einseitige Vermögensbildung, an der die Klägerin, seine ehemalige Ehefrau, nicht mehr partizipiert. Ein weiterer Abzug wäre allenfalls bei sehr guten Einkommensverhältnissen möglich (vgl. Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 7.Aufl., § 4, Rz. 202; § 1, Rz. 630 und 659 a), die hier nicht vorliegen.

Die Beiträge zur Pensionskasse, der zusätzlichen Rentenversicherung, kann der Beklagte nur in Höhe von 4% des Bruttoeinkommens des Vorjahrs absetzen (vgl. BGH, FamRZ 2008, 963; FamRZ 2007, 879 ff, 881 f und 793 f). In 2006 hat er monatlich 1.896,96 € brutto erhalten. Setzt man dem das Urlaubsgeld von 255,65 € und Weihnachtsgeld von 1.130,88 € hinzu, ergibt sich ein auf den Monat umgelegtes Bruttoeinkommen von 2.012,50 € { = [(1.896,96 € x 12) + 255,65 € + 1.130,88 €] : 12}, 4 % davon machen 80,50 € aus. Diesen Betrag kann der Beklagte von seinem Einkommen absetzen.

Die monatlichen Aufwendungen für die Risikolebens- /Berufsunfähigkeitsversicherung von 55,60 € sind nicht abzuziehen. Denn jedenfalls die Lebensversicherung stellt keine Absicherung des Beklagten selbst dar (s.a. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rz. 1030 a.E.). Die Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung sind zwar grundsätzlich abzugsfähig, weil der Unterhaltsberechtigte davon profitieren könnte (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 1023). Der Beklagte hat aber nicht angegeben, welcher Teil der Prämie auf sie entfällt, sodass auch der Abzug eines Teilbetrags nicht in Betracht kommt.

Fahrtkosten können nicht abgezogen werden. Denn der Beklagte könnte ungeachtet der Frage, ob er nur die Kosten für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder diejenigen für die Benutzung eines Pkw in Ansatz bringen kann und ob die Pkw-Kosten im Hinblick auf die Bildung einer Fahrgemeinschaft mit seiner Partnerin zu halbieren wären, jedenfalls eine Steuererstattung erhalten. Da er aber eine Steuererklärung nicht abgibt, weil er, wie er bei seiner Anhörung erklärt hat, dazu keine Lust habe, muss er sich so behandeln lassen, als erhalte er eine Erstattung, die dann auch die Fahrtkosten ausgleicht.

Auf dieser Grundlage ergibt sich ein anrechenbares Einkommen des Beklagten im Jahr 2007 von rd. 1.258,92 € (= 1.344,32 € - 4,90 € - 80,50 €).

Im Jahr 2008beläuft sich das Einkommen des Beklagten, wie sich der Abrechnung für Dezember 2008 entnehmen lässt, auf insgesamt 14.811,85 € netto, was einem Monatsbetrag von 1.234,32 € entspricht. Wegen des in 2007 gesunkenen Bruttoeinkommens verringert sich der Betrag, den der Beklagte für die zusätzliche Altersvorsorge absetzen kann, auf 75,58 € (Gesamtbruttoeinkommen von 22.673,37 € : 12 = 1.889,45 €; 4 % davon machen 75,58 € aus). Es ergibt sich, wiederum unter Berücksichtigung des Nettobetrags der vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers, ein anrechenbares Einkommen von 1.153,84 € (= 1.234,32 € - 4,90 € - 75,58 €).

Dieses Einkommen verändert sich in 2009 lediglich im Hinblick darauf, dass der für die zusätzliche Altersvorsorge zu berücksichtigende Betrag sinkt. Im Vorjahr, nämlich in 2008, belief sich das Gesamtbruttoeinkommen auf 19.716,41 €, 4 % des Monatsbetrags von 1.643,03 € (= 19.716,41 € : 12) machen 65,72 € aus. Das anrechenbare Einkommen steigt geringfügig auf 1.163,70 €.

Dieses Einkommen kann allerdings nicht allein Grundlage der Unterhaltsermittlung sein. Denn der Beklagte arbeitet nur im zeitlichen Umfang von 31 Stunden. Er muss sich daher Einkünfte aus einer etwa achtstündigen Nebentätigkeit zurechnen lassen.

Grundsätzlich will das Unterhaltsrecht den bedürftigen Ehegatten nach der Scheidung wirtschaftlich so stellen, wie er ohne die Scheidung stände (vgl. BGH, FamRZ 2008, 968 ff., 972). Deshalb sind spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens regelmäßig zu berücksichtigen und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Der bedürftige Ehegatte ist nicht besser zu stellen, als er während der Ehe stand oder aufgrund einer absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde (BGH, NJW 2009, 588). Er kann nicht auf einen unveränderten Unterhalt vertrauen, wenn das relevante Einkommen des Pflichtigen zurückgeht. Die Berücksichtigung einer nachehelichen Verringerung des verfügbaren Einkommens findet allerdings ihre Grenzen bei einer Verletzung der nachehelichen Solidarität (BGH, a.a.O.). Der Unterhaltspflichtige darf den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nicht unterhaltsrechtlich leichtfertig gefährden. Beruhen Einkommensminderungen auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit oder sind sie durch freiwillige berufliche oder wirtschaftliche Dispositionen des Pflichtigen veranlasst und hätten sie von diesem durch zumutbare Vorsorge aufgefangen werden können, bleiben sie unberücksichtigt, sodass stattdessen fiktive Einkünfte anzusetzen sind (BGH, FamRZ 2008, 968 ff., 972, Rn. 45)

Da die Verringerung des Einkommens des Beklagten auf einer Verringerung seiner Arbeitszeit beruht, die er zwar, wie er geltend macht, nicht verhindern konnte, er aber grundsätzlich gleichwohl gehalten ist, ebenso wie während der Ehe vollschichtig zu arbeiten, muss der Beklagte in der durch die Verkürzung seiner Arbeitszeit frei gewordenen Zeit, also im Umfang von rund 8 Stunden pro Woche, einer Nebentätigkeit nachgehen. So könnte er etwa Nachhilfe- bzw. Förderunterricht erteilen oder sonstige Arbeiten im sozialen Bereich ausüben. Mit einer solchen Nebentätigkeit könnte der Beklagte jedenfalls anrechenbare 200 € im Monat erwirtschaften.

Da die Arbeitszeit des Beklagten erst ab September 2007 auf 31 Stunden pro Woche verkürzt worden ist, sind in diesem Jahr nur Nebeneinkünfte für vier Monate zu berücksichtigen und ergeben, auf das Jahr umgerechnet, einen Betrag von 66,67 € (= 800 € : 12). Damit sind der Unterhaltsberechnung folgende Einkünfte des Beklagten zugrunde zu legen:

rund 1.326 € (= 1.258,92 € + 66,67 €) im Jahr 2007,
rund 1.354 € (=1.153,84 € + 200 €) im Jahr 2008 und
rund 1.364 € (=1.163,70 € + 200 €) vom Jahr 2009 an.

Allerdings kann auch auf Seiten der Klägerin nicht das tatsächlich erzielte Einkommen zugrunde gelegt werden.

Die Klägerin ist, wovon sie selbst auch ausgeht, grundsätzlich gehalten, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Um eine Stelle zu finden, musste sie sich gehörig bemühen (vgl. dazu Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 711 ff.). Insoweit wird eine intensive und konkrete Eigenbemühung in Form der regelmäßigen, wöchentlichen Lektüre der örtlichen Zeitungen und sonstigen Werbeträger sowie die Bewerbung auf alle Annoncen, die für Stellensuchende in Betracht kommen und einen für den Bewerber günstigen Tätigkeitsbereich haben, erwartet. Blindbewerbungen, also solche, die abgegeben werden, ohne Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Arbeitskraft sucht, sind allein zum Nachweis ordnungsgemäßer Arbeitsplatzsuche nicht ausreichend. Die Anzahl der notwendigen Bewerbungen hängt von den Gegebenheiten des Arbeitsmarktes, insbesondere der Anzahl der angebotenen Stellen ab, 20 bis 30 Bewerbungen pro Monat können als zumutbar angesehen werden (vgl. Kalthoener/Büttner/ Niepmann, a.a.O., Rz. 713 f).

Diesen Anforderungen entsprechende Bemühungen hat die Klägerin nicht unternommen. Sie hat lediglich, wie die vorgelegten Bewerbungsschreiben zeigen, überwiegend am Ende eines Monats vier bis fünf Bewerbungen geschrieben. Der Text zeigt, dass es sich jedenfalls überwiegend um Blindbewerbungen handelt. Da die Klägerin zwar im Juli 2007 eine Stelle angetreten hat, aber nur im sog. Geringverdienerbereich bzw. im zeitlichen Umfang von 26 bis 32 Stunden arbeitet, muss sie sich fiktive Einkünfte aus einer vollschichtigen Tätigkeit zurechnen lassen.

Dem steht der Hinweis der Beklagten auf ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht entgehen. Denn sie hat nicht vorgetragen, inwieweit sich ihre Erkrankungen auf ihre Arbeitsfähigkeit auswirken, und nur pauschal behauptet, sie sei eingeschränkt belastbar. Zudem lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen, wie sich ihre gesundheitliche Situation aktuell darstellt. Dies reicht nicht aus.

Bei der Bemessung des fiktiven Einkommens ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin bis einschließlich Juli 2005 mit Unterhalt des Beklagten rechnen durfte. Sie ist im April 1955 geboren, war also bei Ende des vom Vergleich geregelten Unterhaltszeitraums 50 Jahre alt. In den 15 Jahren davor war sie überwiegend arbeitslos und hat seit 1990 nur etwa zwei nicht zusammenhängende Jahre lang im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gearbeitet. Seit August 2000 war sie durchgehend arbeitslos, also auch im Zeitpunkt der Trennung im Februar 2002. Im Hinblick darauf kann ein anrechenbares Einkommen nur in Höhe von rund 900 € angenommen werden.

Im Hinblick darauf, dass die Klägerin bis Juli 2008 Sozialleistungen erhalten hat, die sie vom Unterhaltsanspruch abzieht, ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung:

In der Zeit von September bis Dezember 2007 kann die Klägerin 182,57 € [= (1.326 € - 900 €) x 3/7] verlangen, nach Abzug der Sozialleistungen von 75,12 € verbleibt ein Unterhaltsanspruch von rund 107 €;
von Januar bis Juni 2008 ergibt sich ein Anspruch von 194,57 € [= (1.354 € - 900 €) x 3/7], nach Abzug der Sozialleistungen von 75,12 € verbleibt ein Anspruch von rund 119 €;
im August 2008 sind keine Sozialleistungen mehr geflossen, er verbleibt bei dem Anspruch von rund 195 €,
in den Monaten September bis Dezember 2008 kann die Klägerin die geltend gemachten 175,30 € verlangen.

Ab März 2009 stellt sich der Unterhaltsanspruch auf rund 199 € [= (1.364 € - 900 €) x 3/7].

Unterhalt in diesem Umfang kann der Beklagte aufgrund der oben ermittelten, anzurechnenden Einkünfte ohne weiteres zahlen. Auf die Frage, ob der Selbstbehalt im Hinblick darauf, dass er mit seiner neuen Partnerin einen gemeinsamen Haushalt führt, zu kürzen ist, kommt es nicht an.

Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist auf die Zeit bis einschließlich August 2012 zu befristen.

Gemäß § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Unter denselben Voraussetzungen ist gemäß § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB n.F. der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen. Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden, § 1578 b Abs. 3 BGB n.F. Bei der Frage, ob eine dieser beiden Rechtsfolgen oder beide miteinander verbunden in Betracht kommen, ist gemäß § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben, § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB n.F.

Ehebedingte Nachteile lassen sich auf Seiten der Klägerin nicht feststellen. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien hat die Klägerin auch nach der Geburt der 1975 und 1981 geborenen Kinder bis zum Beginn der 90er Jahre durchgehend gearbeitet, der Beklagte hat, von der Klägerin unwidersprochen, ausgeführt, man habe sich gleichermaßen um die Versorgung der Kinder gekümmert. Dass die Klägerin seit Beginn der 90er Jahre bis zum Sommer 2007 nicht bzw. nur teilweise gearbeitet hat, beruhte darauf, dass sie keine Arbeit hatte. So hat sie sich verschiedenen Ausbildungs- bzw. Umschulungsmaßnahmen unterzogen und ist nur im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen tätig gewesen.

Da einerseits die Ehe bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags gut 28 Jahre gedauert hat und die Klägerin während der letzten zehn Ehejahre überwiegend arbeitslos war, andererseits die lange Dauer der Ehe und die ungesicherte berufliche Zukunft der Klägerin einer Befristung nicht generell entgegenstehen (vgl. dazu Palandt/Brudermüller, BGB, 68. Aufl., § 1578 b, Rz. 10 f), erscheint es angemessen, den Unterhaltsanspruch bis August 2012 zu befristen. Die Klägerin muss dann noch rund sieben Jahre bis zum Eintritt ins Rentenalter überbrücken, was ihr im Hinblick darauf, dass sie dann rund neun Jahre nach der Scheidung noch Unterhalt erhalten hat, zuzumuten ist.

Eine zusätzliche Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf ist im Hinblick darauf, dass die Klägerin mit den (fiktiven) Einkünften und den Unterhaltszahlungen nur geringfügig mehr als diesen erhält, nicht angezeigt. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 24.03.2009 - 10 UF 92/08 zu BGB §§ 1573 II, 1578b II)

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Ein Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit, eine Vollzeittätigkeit auszuüben, liegt bei einer Erwerbspflichtigen, die durch ihre bisherige Teilzeitarbeit schon eine relativ gesicherte Position erworben hat (hier: Grundschullehrerin), nicht vor, wenn sie sich im Hinblick auf eine Vollzeittätigkeit räumlich nur eingeschränkt bewirbt. Die Voraussetzung für eine Begrenzung bzw. Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b BGB sind nicht gegeben, wenn die Berechtigte weiterhin ehebedingte Nachteile hat und es ungewiss ist, wann sie in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis übernommen wird (OLG Schleswig, Urteil vom 04.03. 2009 - 15 UF 86/08 zu BGB §§ 1573 II, 1578b).

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Ist bereits nach dem vor dem 1.1.2008 geltenden Recht eine Befristung des Ehegattenunterhalts möglich gewesen, insbesondere nach der Änderung der Rechtsprechung des BGH ab dem Frühjahr 2006, so sind Umstände, die in einem im Jahr 2007 entschiedenen Unterhaltsrechtsstreit bereits hätten berücksichtigt werden können, in einem nach dem 1.1.2008 eingeleiteten Abänderungsverfahren präkludiert. § 36 Nr. 2 EGZPO steht dem nicht entgegen (OLG Stuttgart Beschluss vom 08.01.2009, 16 UF 204/08 zu §§ 1573 V, 1578 b BGB):

„... I. Zum Prozesskostenhilfegesuch des Klägers: Dem Kläger kann für seine Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Bad Saulgau - Familiengericht - vom 19.8.2008 (1 F 27/08) keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden, weil sie nicht die gem. § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht bietet. Die Berufung ist zwar zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das angefochtene Urteil ist nämlich - jedenfalls im Ergebnis - richtig.

1. Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug allein um die Frage, ob die Unterhaltsverpflichtung des Klägers zeitlich zu befristen ist oder nicht; dieser Streitpunkt lässt sich in 3 Unterpunkte gliedern, nämlich den, ob die Befristungsvoraussetzungen derzeit vorliegen (s. u. 2.), den weiteren, ob die Befristungsvoraussetzungen bereits bei Erlass des Urteils vom 27.4.2007 im Verfahren 1 F 100/05 UE (im Folgenden: „Ausgangsverfahren") vorlagen und dort hätten geltend gemacht werden können und müssen (s. u. 3.) und schließlich den, ob bei Bejahung der dem 2. Unterpunkt zu Grunde liegenden Fragestellung die Befristung jetzt noch möglich oder vielmehr gem. § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert ist (s. u. 4.).

Außer Streit sind mittlerweile hingegen sämtliche zur Beurteilung der dargestellten Gesichtspunkte maßgeblichen Tatsachengrundlagen, dass nämlich die kinderlose Ehe bis zur Trennung der Ehegatten knapp 13 Jahre währte, die Beklagte vor der Ehe als ungelernte Arbeiterin erwerbstätig war, der Kläger weiterhin das im Urteil des Amtsgerichts Bad Saulgau vom 27.4.2007 zu Grunde gelegte Einkommen erzielt, also keine Einkommensverbesserungen erfahren hat, und die Beklagte seit Januar 2008 zwar eine Teilzeitbeschäftigung in der Gastronomie ausübt, hierbei jedoch ein Nettoeinkommen erzielt, das hinter dem zurückbleibt, das der Beklagten im Urteil vom 27.4.2007 fiktiv aufgrund der Annahme einer vollschichtigen Tätigkeit zugeschrieben wurde.

2. Die Frage, ob die Befristungsvoraussetzungen im Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen, bemisst sich im Grundsatz nach dem seit dem 1.1.2008 geltenden Recht, allerdings nach Maßgabe des Übergangsrechts gem. § 36 Nr. 1 und 2 EGZPO.

a. Voraussetzung einer Befristung gem. § 1578 b Abs. 2 BGB n. F. ist in jedem Falle, dass die Tatsachengrundlage für die in diesem Zusammenhang anzustellende Billigkeitsprüfung hinreichend gesichert ist. Da anerkannt ist, dass hierfür den Einkommensmöglichkeiten, die sich dem Unterhaltsberechtigten aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit eröffnen, zentrale Bedeutung zukommt, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob dem Unterhaltsberechtigten nach Wiedereintritt ins Berufsleben nach beendeter Ehe Nachteile verbleiben, die ihren Grund in der Ehe selbst haben und die innere Rechtfertigung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs darstellen, kommt eine Befristung nur dann in Betracht, wenn das Einkommen, das der Unterhaltsberechtigte nach voller Wiedereingliederung ins Erwerbsleben gesichert erzielen kann, bereits beziffert werden kann. Der Bundesgerichtshof hält dies in seiner Entscheidung FamRZ 2007, 793 bereits dann für möglich, wenn alle hierfür maßgeblichen Umstände bei Schluss der mündlichen Verhandlung zuverlässig voraussehbar sind (vgl. Rdnr. 60 der genannten Entscheidung).

b. Folgt man der Auffassung von Gerhardt in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht , 6. A., 6. Kapitel Rdnr. 420 a, der aus der Entscheidung BGH FamRZ 2007, 793 ableitet, das aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit gesichert erzielbare Einkommen sei erst nach (realer) Aufnahme einer Ganztagsarbeit zuverlässig feststellbar, so wäre eine für jede Befristung unerlässliche sichere und zuverlässige Prognose, dass dem Unterhaltsberechtigten durch Unterhaltsleistungen auszugleichende ehebedingte Nachteile nicht verbleiben, erst ab dem Zeitpunkt möglich, ab dem der Unterhaltsberechtigte tatsächlich vollschichtig erwerbstätig ist. Im vorliegenden Fall würde diese Auffassung dazu führen, dass weder im Ausgangsverfahren noch im vorliegenden Berufungsverfahren die Voraussetzungen einer Befristung gem. § 1578 b Abs. 2 BGB n. F. gegeben wären, weil die Beklagte - entgegen der Fiktion im Urteil des Amtsgerichts Bad Saulgau vom 27.4.2007 - bis zum heutigen Tage nicht vollschichtig arbeitet. Auf der Grundlage dieser Auffassung könnte die vorliegende Klage somit schon deshalb keinen Erfolg haben, weil selbst dann, wenn es sich vorliegend nicht um ein Abänderungsverfahren, sondern um ein Erstverfahren handeln würde, eine Befristung der Unterhaltsverpflichtung nicht möglich wäre.

c. Hält man entgegen Gerhardt für möglich, das gesichert erzielbare Einkommen aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit auch dann zuverlässig vorherzusehen, wenn der Unterhaltsberechtigte eine solche Tätigkeit noch nicht aufgenommen hat, so wäre eine Befristungsentscheidung bereits ab dem Zeitpunkt möglich, ab dem alle für die im Rahmen des § 1578 b Abs. 2 BGB n. F. anzustellende Billigkeitsabwägung maßgeblichen Gesichtspunkte hinreichend sicher prognostizierbar sind. Damit könnte auch das Einkommen aus fingierter vollschichtiger Erwerbstätigkeit hinreichende Grundlage einer Billigkeitsabwägung gem. § 1578 b Abs. 2 BGB sein, wenn nur die Grundlagen der Fiktion hinreichend gesichert sind.

Auf der Grundlage einer solchen Auffassung kommt im vorliegenden Fall anhand der derzeit festzustellenden Gegebenheiten eine Befristung gem. § 1578 b Abs. 2 BGB n. F. in Betracht, weil die Beklagte zu jeder vollschichtigen Tätigkeit als ungelernte Arbeiterin in der Lage ist, die mit nur geringen körperlichen Belastungen einhergeht. Sie kann damit an eine Erwerbstätigkeit anknüpfen, die sie vor ihrer Ehe bereits ausgeübt hat. Soweit sie keine Tätigkeiten ausüben kann, die über nur gelegentlich mittelschwere körperliche Belastungen hinausgehen, beruht diese Einschränkung ihres beruflichen Fortkommens auf ihren gesundheitlichen Beeinträchtigungen; dass diese wiederum ihren Grund in der Ehe mit dem Kläger haben, ist bislang weder dargetan noch sonst ausreichend ersichtlich. Da die Ehe kinderlos war, kommt dem Gesichtspunkt der kindererziehungsbedingten Nachteile im beruflichen Fortkommen der Beklagten keine Bedeutung zu. Die Ehe war bis zum Zeitpunkt der Trennung auch nicht von derart langer Dauer, dass allein dieser Umstand für sich genommen einen beruflichen Nachteil nahelegt, zumal unbekannt ist, ob die Beklagte während der Ehe - abgesehen von der Zeit ihrer vorübergehenden Erwerbsunfähigkeit mit anschließender Arbeitslosigkeit - ehebedingt von einer Erwerbstätigkeit abgesehen hat.

3. Tritt man der oben zu Ziffer 2. c. umschriebenen Auffassung bei, so hätte die Befristung der Unterhaltsverpflichtung bereits im Ausgangsverfahren erfolgen können.

a. Wie sich aus dem Urteil des Amtsgerichts Bad Saulgau vom 27.4.2007 ergibt, handelte es sich bei dem zugesprochenen nachehelichen Unterhalt ausschließlich um Aufstockungsunterhalt gem. § 1573 Abs. 2 BGB a. F., der auch nach der vor dem 1.1.2008 geltenden Gesetzeslage grundsätzlich befristbar war (vgl. § 1573 Abs. 5 BGB a. F.)

b. Die Möglichkeiten zur Befristung des Aufstockungsunterhalts nach dieser Vorschrift waren und sind seit der Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 12.4.2006 (FamRZ 2006, 1006) identisch mit denjenigen im neu formulierten § 1578 b BGB, soweit diese den Aufstockungsunterhalt betreffen. Dem Amtsgericht ist darin beizupflichten, dass der Bundesgerichtshof mit der erwähnten Rechtsprechungsänderung die Regelungen des § 1578 b BGB n. F. für den Bereich des Aufstockungsunterhalts vorweggenommen hat (vgl. Palandt - Brudermüller, BGB, 68. A., Einf. II vor § 1569 Rdnr. 15; Dose; FamRZ 2007, 1289, 1296; Gerhardt, aaO, Rdnr. 420). Die gesetzgeberische Neuerung durch das UÄndG gegenüber der seit 12.4.2006 geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht deshalb nur darin, dass § 1578 b BGB n. F. die Möglichkeiten zur Befristung der Unterhaltsverpflichtung auf andere Unterhaltstatbestände ausdehnt, die vorliegend jedoch nicht in Betracht zu ziehen sind.

c. Da die Tatsachengrundlagen im vorliegenden Berufungsverfahren keine anderen sind als die, die das Amtsgericht im Urteil des Ausgangsverfahrens vom 27.4.2007 festgestellt hat, hätte eine Befristung aus den oben dargelegten Gründen und vor dem Hintergrund der seit dem 12.4.2006 geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits im Ausgangsverfahren erfolgen können, wie dies das Amtsgericht im angefochtenen Urteil auch angenommen hat.

4. In Folge einer bereits im Ausgangsverfahren bestehenden Möglichkeit zur Befristung der Unterhaltsverpflichtung stellt sich dann die Frage der Präklusion gem. § 323 Abs. 2 ZPO. Von dieser Prämisse ausgehend hat das Amtsgericht die Anwendbarkeit der Präklusionsvorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO zutreffend bejaht.

a. § 36 Abs. 1 Nr. 2 EGZPO steht dem nicht entgegen, weil nicht bereits vor dem 1.1.2008 bestehende Umstände i. S. v. § 36 Abs. 1 Nr. 1 EGZPO in Rede stehen, die (erst) durch das „Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts" vom 21.12.2007 erheblich geworden sind.

aa. Ziffer 1 der genannten Vorschrift ermöglicht es, unter Durchbrechung des Vertrauensschutzes auf den Fortbestand eines bereits vor dem 1.1.2008 geschaffenen Unterhaltstitels Änderungen der Unterhaltsverpflichtung nach Maßgabe des seit 1.1.2008 geltenden Unterhaltsrechts herbeizuführen, auch wenn diese nicht auf Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse beruhen. Die Grenzen für die Durchbrechung des Vertrauensschutzes in den Fortbestand des bisherigen Unterhaltstitels sind dort gezogen, wo das neue Unterhaltsrecht zu keiner wesentlichen Änderung der Unterhaltsverpflichtung führt oder eine Änderung des bisherigen Unterhaltstitels nach Maßgabe des neuen Rechts dem Unterhaltsberechtigten nicht zuzumuten ist.

bb. § 36 Abs. 1 Nr. 2 EGZPO stellt demgegenüber nur klar, dass eine nach Ziffer 1 der genannten Vorschrift mögliche Durchbrechung des Vertrauensschutzes in den Fortbestand des Unterhaltstitels nicht an den Sperren der §§ 323 Abs. 2, 767 Abs. 2 ZPO scheitert.

b. Entscheidend ist demzufolge, ob eine Durchbrechung des Vertrauensschutzes gem. § 36 Abs. 1 Nr. 1 EGZPO möglich ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Dass der Aufstockungsunterhaltsanspruch der Beklagten hätte befristet werden müssen, ist kein Ausfluss der Rechtsänderung durch das „Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts" vom 21.12.2007, sondern der bereits ab dem 12.4.2006 geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Anwendungsbereich des § 1573 Abs. 5 BGB a. F. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren am 3.4.2007 war die Änderung der BGH-Rechtsprechung in der Fachwelt hinreichend bekannt und hätte vom Amtsgerichts bei seiner Entscheidung im Frühjahr 2007 beachtet werden müssen. Da - wie oben bereits ausgeführt - schon auf der Grundlage des damals festgestellten Sachverhalts sicher absehbar war, dass der Beklagten durch Aufnahme einer zumutbaren, körperlich nur wenig belastenden vollschichtigen Erwerbstätigkeit als ungelernte Arbeiterin keine ehebedingten Nachteile verbleiben würden, die eines Ausgleichs durch Gewährung von unbefristetem Geschiedenenunterhalt bedurft hätten, wäre schon damals die Befristung des Geschiedenenunterhalts nicht nur möglich, sondern auch geboten gewesen. Eines besonderen Hinweises oder gar eines entsprechenden Antrags, den Unterhaltsanspruch zu befristen, bedurfte es nicht, weil es sich bei der Befristung gem. § 1573 Abs. 5 BGB a. F. - wie bei der Befristungsmöglichkeit gem. § 1578 b BGB seit dem 1.1.2008 - um eine von Amts wegen zu beachtende Einwendung handelte.

c. Dass das Amtsgericht in seinem Urteil vom 27.4.2007 eine solche Befristung nicht vorgenommen hat, beruhte ausweislich der Entscheidungsgründe jenes Urteils nicht darauf, dass es die Prognosebasis für nicht ausreichend erachtete, sondern ersichtlich allein auf einer anderweitigen rechtlichen Würdigung des festgestellten Lebenssachverhalts. Es handelte sich damit um einen Rechtsanwendungsfehler, den der Kläger im Rechtsmittelwege hätte rügen und angreifen müssen. Dass er dieses unterlassen hat, führt gem. § 323 Abs. 2 ZPO zum Ausschluss der entsprechenden Rüge im nachfolgenden Abänderungsverfahren.

5. Die obigen Erwägungen zeigen, dass die eingangs dargestellten unterschiedlichen Auffassungen, die zur Frage der hinreichend sicheren Tatsachengrundlage zur Beurteilung der Befristungsmöglichkeit vertreten werden, vorliegend nicht ergebnisrelevant sind. Somit kommt auch nicht in Betracht, die Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug deshalb zu bewilligen, weil zu dem in Rede stehenden Problem unterschiedliche Rechtsauffassung vertretbar erscheinen; denn alle vertretenen Meinungen führen zum selben Ergebnis, nämlich mangelnder Erfolgsaussicht der Berufung. ..."

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„... Die Ag. hat gegen den Ast. für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung einen Anspruch auf Zahlung nachehelichen Krankheits- und Aufstockungsunterhalts gem. §§ 1572, 1573 II BGB in Höhe von monatlich 681 Euro (Elementarunterhalt) und 169 Euro (Altersvorsorgeunterhalt).

Die Ag. ist auf Grund eines Bandscheibenvorfalls an der Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert. Davon ist der Senat nach dem Ergebnis des nachvollziehbaren Sachverständigengutachtens vom 28. 11. 2007 überzeugt. Danach ist die Ag. auf Grund der Bandscheibenerkrankung nur in der Lage, bis zu 20 Stunden in der Woche als Arzthelferin zu arbeiten. Nach den glaubhaften Angaben der Ag. im Termin ist ihr Gesundheitszustand seit der Erstattung des Gutachtens stabil. Zumutbare Heilbehandlungen, wie zum Beispiel Krankengymnastik, nimmt die Ag. in Anspruch. Vor diesem Hintergrund ist es der Ag. trotz der gesundheitlichen Einschränkung zuzumuten, für 20 Stunden wöchentlich als Arzthelferin zu arbeiten.

Die Ag. ist bedürftig. Sie kann sich allerdings nicht darauf zurückziehen, lediglich monatlich 400 Euro aus einer geringfügigen Tätigkeit als Arzthelferin zu verdienen. Ihr ist ein fiktives Einkommen aus halbschichtiger Erwerbstätigkeit in Höhe von 701 Euro monatlich netto zuzurechnen. Ihre bisherigen Bemühungen um die Erlangung einer Halbtagsstelle sind unzureichend. So hat sie sich im Zeitraum April bis August 2008 lediglich sieben Mal beworben. Für den Zeitraum ab Januar 2007 hat sie nur 13 Bewerbungen vorgelegt.

Nach dem Tarifvertrag für Arzthelferinnen vom 22. 11. 2007 ist bei elfjähriger Berufserfahrung in der einfachsten Tätigkeitsgruppe ein Bruttoeinkommen von 1698 Euro monatlich für eine vollschichtige Tätigkeit zu Grunde zu legen. Die Ag. muss zunächst in die einfachste Tätigkeitsgruppe eingestuft werden, da sie 15 Jahre nicht in ihrem Beruf gearbeitet hat, also erst einmal wieder in die Abläufe einer Arztpraxis hineinfinden muss. Annehmbar in etwa zwei Jahren wird aber wegen bereits ausgeübter Tätigkeit eine Höherstufung in der Tätigkeitsgruppe voraussichtlich vorzunehmen sein.

Für Teilzeitbeschäftigte ist nach § 3 III des Tarifvertrags das Entgelt nach folgender Formel zu errechnen: 1698 Euro (Bruttogehalt bei Vollzeitbeschäftigung): 167 Stunden pro Monat x 20 Stunden pro Woche x 4,33 = 881 Euro brutto. Unter Zugrundelegung der Steuerklasse II und einem Kinderfreibetrag von 1,0 errechnet sich ein Nettoeinkommen von monatlich 701 Euro. (Wird ausgeführt; die Ausführungen sind abrufbar unter BeckRS 2009, 04239.)

Die Ag. kann sich nicht darauf berufen, dass es für Arzthelferinnen keine Halbtagsstellen gebe. Sie hat sich selbst auf zwei ausgeschriebene Halbtagsstellen (24 und 25 Stunden wöchentlich) beworben. Vom Nettoeinkommen sind fiktive Fahrtkosten von monatlich 52 Euro für eine Busfahrkarte abzusetzen, so dass ein bereinigtes Einkommen von 649 Euro verbleibt.

Der Ast. ist leistungsfähig. Er verfügt ausweislich der Gehaltsbescheinigung für November 2008 über ein Nettoeinkommen von 2716,38 Euro. ...

Das Einkommen ist um eine Steuererstattung von 376,22 Euro monatlich gemäß Steuerbescheid vom 9. 5. 2007 zu erhöhen. Diese ist für das Jahr 2008 fortzuschreiben, da der Ast. im Termin mitgeteilt hat, im Jahr 2008 für 2007 eine Steuererstattung in ähnlicher Höhe erhalten zu haben. Weitere fiktive Steuerguthaben sind dem Ast. darüber hinaus nicht zuzurechnen. Beruflich bedingte Fahrtkosten sind auch nach dem Vortrag des Ast. nicht abzusetzen.

Entsprechend der Auffassung des AG sind die Beiträge zum Sportverein für die Kinder, die der Ast. neben dem Kindesunterhalt entrichtet, nicht leistungsmindernd zu berücksichtigen, da diese Kosten keinen Mehrbedarf der Kinder darstellen, sondern als allgemeiner Lebensbedarf aus dem Kindesunterhalt zu entrichten sind (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 68. Aufl. [2009], § 1610 Rdnr. 9). Der Ast. kann diese Zahlungen jederzeit einstellen.

Fahrtkosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit den Söhnen in L. sind ebenfalls nicht abzugsfähig. Die frühere Rechtsprechung des BGH (NJW 2005, 1493 = FamRZ 2005, 706), wonach diese Kosten abzugsfähig sein sollten, wenn dem Unterhaltspflichtigen in Anwendung des § 1612b V BGB a.F. das anteilige Kindergeld ganz oder teilweise nicht zugute kommt und er die Kosten nicht aus dem ihm nach Abzug des Selbstbehalts verbleibenden Einkommen bestreiten kann, ist durch die Neufassung des § 1612b I Nr. 1 BGB seit dem 1. 1. 2008 teilweise überholt. Das Kindergeld wird jetzt wieder hälftig auf den Bedarf des Kindes angerechnet, so dass der Unterhaltspflichtige zur Hälfte daran teilhat. Demgemäß können Umgangskosten nur in Ausnahmefällen Berücksichtigung finden, wenn sie dem Umgangsberechtigten schlechthin unzumutbar sind und dazu führen, dass er das Umgangsrecht nicht oder nur eingeschränkt ausüben könnte (BGH, NJW 1995, 717 = FamRZ 1995, 215; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rspr. zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl. [2008], Rdnr. 1037). Solche Umstände sind nicht ersichtlich, da der Ast. über ausreichendes Einkommen verfügt und die Umgangskosten sowohl aus dem Steuervorteil hinsichtlich des Kinderfreibetrags als auch aus dem hälftigen Kindergeld bestreiten kann.

Auch ist sein Selbstbehalt nicht zu erhöhen wegen erhöhter Mietkosten. Zwar überschreiten seine Wohnkosten inklusive umlagefähiger Neben- und Heizkosten den im kleinen Selbstbehalt enthaltenen Anteil von bis zu 400 Euro (Nr. 21.1. der hiesigen unterhaltsrechtlichen Leitlinien, Stand: 1. 1. 2008) um 90 Euro (40 Euro + 50 Euro Heizkosten ohne Stromkosten). Eine Erhöhung des Selbstbehalts kommt aber nur im Falle erheblicher und unvermeidbarer erhöhter Wohnkosten in Betracht (Wendl/Staudigl, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl. [2008], § 1 Rdnr. 310b). Der Ast. hat zum einen nicht dargelegt, dass es in M. nicht möglich sei, eine kostengünstigere Wohnung anzumieten. Zum anderen ist die Wohnkostenüberschreitung unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des Ast. nicht als erheblich zu erachten.

Vom Einkommen des Ast. ist der prägende Kindesunterhalt abzusetzen. Er ist mit den im Urteil vom 28. 5. 2008 titulierten Beträgen anzusetzen, also monatlich 115% des Mindestunterhalts abzüglich hälftiges Kindergeld, mithin derzeit 420 Euro - 77 Euro = 343 Euro monatlich je Kind. Soweit die Kinder nach dem Einkommen des Ast. eigentlich höhere Unterhaltsbeträge verlangen könnten, sind diese nicht zu Grunde zu legen, da der Ast. diese Beträge nicht zahlt.

Nach Abzug des Kindesunterhalts verbleibt ein bereinigtes Einkommen des Ast. von 2406,60 Euro. Der vorläufige Quotenunterhalt der Ag. errechnet sich wie folgt:

Einkommen Ast. 2406,60 Euro
- Einkommen Ag. 649,00 Euro x 3/7 = 753,00 Euro (gerundet).

Der der Ag.gem. § 1578 III BGB zustehende Altersvorsorgeunterhalt ermittelt sich nach der Bremer Tabelle (1. 1. 2008) wie folgt:

Fiktives Brutto: 753 Euro + 13% = 851,00 Euro
Vorsorgeunterhalt: 851 Euro x 19,9% = 169,00 Euro (gerundet).

Unter Berücksichtigung des Vorsorgeunterhalts errechnet sich der endgültige Elementarunterhalt wie folgt:

Einkommen Ast. 2407 Euro
- Vorsorgeunterhalt - 169 Euro
Differenz 2238 Euro

- Einkommen Ag. - 649 Euro x 3/7 = 681 Euro.

Krankheitsvorsorgeunterhalt gem. § 1578 II BGB kann die Ag. nicht beanspruchen, da sie bereits über die ihr zuzurechnende Halbtagsbeschäftigung gesetzlich krankenversichert wäre. ..." (OLG Schleswig, Urteil vom 22.12.2008 - 13 UF 100/08, NJW 2009, 1216 ff).

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Regress gegen Rechtsanwalt wegen fehlendem Vortrag zur Unterhaltsbefristung (OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.09.2008 - 24 U 157/07).

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„... Die nach §§ 621 a, 511, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung des Klägers hat, soweit er eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten aufgrund der ab 01.01.2008 geltenden Rechtslage erstreiten will, ab 01.04.2018 Erfolg. Für die Vergangenheit in der Zeit vom 01.03.2003 bis 31.12.2007 ist der Prozessvergleich vom 16.07.1996 lediglich an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten und deren Auswirkungen auf den ausgehandelten Unterhaltsbedarf anzupassen mit der Folge, dass sich die Zahlungspflichten des Klägers zwar im tenorierten Umfang verringern, es aber andererseits bei den verabredeten Bemessungsgrundlagen bleibt. Für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.03.2018 ist der vereinbarte Unterhalt nach der Neuregelung in § 1578 b BGB unter Beachtung des Vertrauensschutzes der Beklagten nach § 36 Nr. 1 EGZPO zur Vermeidung grober Unbilligkeiten auf ein angemessenes Maß abzusenken, so dass der Kläger vom 01.01.2008 bis 31.03.2010 laufend noch 1.000,00 EUR schuldet (davon 200,00 EUR Altersvorsorgeunterhalt) und danach lediglich 500,00 EUR. Ab 01.04.2018 gerät der Anspruch vollständig in Wegfall.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil ihr im Hinblick auf die versäumte Frist zur Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 2 ZPO, die am 11.02.2008 endete, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (§ 233 ZPO) zu gewähren ist. Denn sie hat glaubhaft gemacht, dass sie kein eigenes oder ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten trifft. Nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs darf sich der Rechtsanwalt im Rahmen der gebotenen Fristenkontrolle grundsätzlich auf die Prüfung des Erledigungsvermerks in der Handakte beschränken, was hier geschehen ist (Beschluss des BGH vom 22.01.2008, AZ VI ZB 46/07; BGH, NJW 2007, 2332). Auch war die allgemein erteilte Weisung an die Kanzleiangestellten ausreichend, nach der sämtliche Haupt- und Vorfristen im Fristenkalender sofort zu notieren und diese Eintragungen entsprechend in der Akte zu vermerken und bei Rechtsmittelsachen neben der Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfrist auch jeweils eine Vorfrist von einer Woche einzutragen waren (vgl. dazu Beschluss des BGH vom 22.01.2008, AZ VI ZB 46/07; BGH, NJW 2007, 2332). Ein Organisationsverschulden scheidet somit gleichfalls aus.

Das Rechtsmittel der Beklagten ist für den Zeitraum vom 01.04.2004 bis 31.12.2007 teilweise begründet. Im Übrigen hat die Berufung in der Sache keinen Erfolg.

I. Die Abänderungsklage des Klägers ist nach § 323 Abs. 1 ZPO zulässig. Bei einem gerichtlichen Vergleich erfolgt die in § 323 Abs. 4 i.V. mit § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorgesehene Anpassung an veränderte Umstände wie bei sonstigen privatrechtlichen Rechtsgeschäften allein nach den Regeln des materiellen Rechts. Maßgeblich sind die früher aus § 242 BGB abgeleiteten Grundsätze über die Veränderung oder den Fortfall der Geschäftsgrundlage, die nunmehr in § 313 BGB ausdrücklich normiert worden sind. Haben sich danach die Umstände, die zur Grundlage einer Absprache erhoben worden sind, nach Abschluss des Vergleichs schwerwiegend geändert, so kann eine Anpassung unter Wahrung des Parteiwillens verlangt werden ( BGH , FamRZ 2001, 1140; BGH , FamRZ 1992, 539), soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB).

Diese Voraussetzungen hat der Kläger vorliegend dargetan, weil er sich zum Einen auf eine Verminderung seiner Einkünfte beruft mit der Folge einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit und andererseits einen (teilweisen) Wegfall der Bedürftigkeit der Beklagten aufgrund gestiegener Einkünfte geltend macht. Beide Gesichtspunkte sind geeignet, eine Herabsetzung der Unterhaltslast zu rechtfertigen, die im Prozessvergleich vom 16.07.1996 (OLG Stuttgart, 18 UF 52/96) einvernehmlich festgelegt worden ist. Weiter besteht nach der Gesetzesänderung zum 01.01.2008 nunmehr die Möglichkeit, den Unterhaltsanspruch der Beklagten nach § 1578 b BGB zu befristen. Auch diese Einwendung hat der Kläger erhoben.

II. Bei der gebotenen Anpassung des Unterhaltsvergleichs vom 16.07.1996 ist zunächst nur die Entwicklung der Einkommens- und Vermögenssituation der Beklagten im maßgebenden Zeitraum (ab 01.03.2003) zu betrachten, weil die Parteien den sich aus den ehelichen Lebensverhältnissen ergebenden Elementarunterhaltsbedarf (§ 1578 Abs. 1 BGB) bei Abschluss des ersten Vergleichs am 11.07.1986 vor dem Familiengericht Balingen (4 F 24/86) abweichend von der üblichen Praxis nicht nach dem Halbteilungsgrundsatz, sondern durch eine Schätzung dessen gewonnen haben, was die Beklagte nach der Scheidung zur Aufrechterhaltung des in der Ehe erreichten, gehobenen Lebensstandards benötigte. Diese Methode wurde auch im nachfolgenden, per Vergleich am 16.07.1996 beendeten Verfahren beibehalten und ist auch jetzt noch zu beachten (BGH, FamRZ 1990, 280). Da sich der Unterhaltsbedarf der Beklagten aber seither nicht verringert, sondern aufgrund von allgemeinen Preissteigerungen sogar noch erhöht hat, wirkt sich die Einkommensverbesserung auf Seiten der Beklagten nur bedingt auf ihren Unterhaltsanspruch aus.

Sodann ist in einem weiteren Prüfungsschritt die Frage zu stellen, ob mit dem Wegfall der bisherigen Erwerbseinkünfte des Klägers und deren Ersetzung durch Versorgungsbezüge und sonstige Einkünfte die Grundlage für die bisherige Bedarfsbemessung entfallen ist. Denn ein Unterhaltsanspruch wird allein durch seine Bestimmung anhand eines im Zeitpunkt der Scheidung konkret dargelegten Bedarfs nicht dauerhaft festgeschrieben, sondern kann für den Fall eines Einkommensrückgangs abgesenkt werden. Eine Bindung an die vorangegangene Bedarfsermittlung besteht insoweit nicht (BGH, FamRZ 2003, 848).

Indessen ergeben sich aus den letzteren Überlegungen keine Einschränkungen, weil der Kläger den Unterhaltsbedarf der Beklagten, der bei einer Anpassung der ausgehandelten Bemessungsgrundlagen im streitigen Zeitraum verbleibt, erfüllen kann, ohne dass der Halbteilungsgrundsatz und die Grenze des Angemessenen verlassen würden.

1. Nach den Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof für die Unterhaltsbemessung im Abänderungsverfahren entwickelt hat (BGH, FamRZ 1983, 569), ermöglicht diese keine freie, von der bisher festgesetzten Höhe unabhängige Neubemessung des Unterhalts und keine abweichende Beurteilung der zugrundeliegenden Verhältnisse. Vielmehr kann die Abänderungsentscheidung nur in einer unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Angleichung bestehen, wobei allein auf den Parteiwillen als dem Geltungsgrund der Vereinbarung abzustellen ist (BGH, FamRZ 1985, 362). Denn nur daran lässt sich ablesen, welche Verhältnisse zur Grundlage des Vergleichs erhoben und wie diese von den Parteien bewertet worden sind. Ist nach alledem eine Änderung eingetreten, so muss die gebotene Anpassung nach Möglichkeit unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm entsprechenden Grundlagen erfolgen (BGH, FamRZ 2001, 1140).

a. Vorliegend ergibt sich aus den Schriftsätzen im Verfahren 4 F 24/86 (AG Balingen), dass die Parteien die Höhe des Unterhalts ursprünglich nicht nach dem Halbteilungsgrundsatz bemessen haben, sondern anhand eines konkreten Bedarfs der Beklagten, der allerdings nicht aufgrund einzelner aufgelisteter Positionen errechnet, sondern grob geschätzt worden ist. Danach sollte die Beibehaltung des in der Ehe erreichten Lebensstandards der Beklagten monatlich 5.000,00 DM zuzüglich 900,00 DM als Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit erfordern. Diese Beträge sollten den an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierten Lebensbedarf der Beklagten im Zeitpunkt der Scheidung darstellen und das Maß des nachehelichen Unterhalts gemäß § 1578 Abs. 1 BGB bestimmen. Sie bleiben deshalb als rechnerische, auf einen vergangenen Zeitpunkt bezogene Bemessungsgrundlage von nachträglichen Änderungen der Verhältnisse zunächst unberührt (BGH, FamRZ 1985, 582).

So hatte der Kläger im Jahr 1985 als Apotheker einen Reingewinn (vor Steuern) in Höhe von rund 400.000,00 DM erzielt, wobei in den Jahren 1982 bis 1984, die aufgrund der gebotenen Durchschnittsbetrachtung des wirtschaftlichen Erfolgs eines Selbständigen maßgebend sind (vgl. BGH, FamRZ 2004, 1177), ähnliche Größenordnungen zu verzeichnen waren. Hinzu kamen die Wohnwerte von drei Immobilien, nämlich der Wohnwert einer vom Kläger selbst genutzten Villa in Meßstetten-Tieringen, einer an die Beklagte per Vergleich vom 11.07.1986 für 900,00 DM monatlich vermieteten Villa in Balingen und einer Ferienwohnung in Uhldingen-Mühlhofen am Bodensee, was eine Zurechnung weiterer Jahreseinkünfte von mindestens 25.000,00 DM gerechtfertigt haben dürfte. Weiter hatte der Kläger negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (und Schiffsbeteiligungen) in Höhe von 57.000,00 DM, die in erster Linie auf Abschreibungen beruhten (im Jahr 1984 entfielen allein auf das vom Kläger bewohnte Gebäude in Meßstetten-Tieringen Abschreibungen nach § 7 b EStG in Höhe von 120.643,00 DM, Bl. 59 der Beiakte 4 F 24/86). Die Versicherungsbeiträge beliefen sich im Jahr 1985 auf 78.000,00 DM, die Steuerlast auf 167.000,00 DM, so dass noch ein Jahresnettoeinkommen von 155.000,00 DM verblieb. Zuzüglich der Wohnwerte (25.000,00 DM) hätten - grob geschätzt - rund 180.000,00 DM in die Unterhaltsberechnung eingestellt werden müssen.

Indessen hatten sich die Parteien im gerichtlichen Vergleich vom 11.07.1986 darauf geeinigt, „dass aufgrund der beiderseitigen Einkommen in den Jahren 1982 bis 1984 für den angemessenen Unterhalt der Parteien ein Betrag von 120.000,00 DM zur Verfügung gestanden hat" und dass der gegenwärtige Elementarunterhaltsbedarf der Beklagten „auf 5.000,00 DM" bemessen wird. Da sich die Parteien auf einen laufenden Unterhalt von 3.900,00 DM verständigt haben und hiervon rechnerisch 900,00 DM für den Altersvorsorgeunterhalt aufzubringen waren, müssen die Mieteinnahmen der Beklagten auf 2.000,00 DM monatlich geschätzt und bedarfsdeckend in Abzug gebracht worden sein. Aus dieser Handhabung kann wiederum geschlossen werden, dass von den Einkünften, die hinsichtlich eines Teilbetrages von 120.000,00 DM als eheprägend vereinbart worden sind, 24.000,00 DM auf die Beklagte entfielen und 96.000,00 DM auf den Kläger. Demnach haben die Parteien bei ihrer Betrachtung nahezu die Hälfte der tatsächlichen Einkünfte des Klägers (180.000,00 DM) ausgeklammert.

b. Diese Absprache ist für das vorliegende Verfahren nach wie vor bindend, weil sie auch im Vergleich vom 16.07.1996 (OLG Stuttgart, 18 UF 52/96) keine grundlegende Veränderung erfahren hat. Die Parteien haben in Ziffer 3 des Vergleichs nämlich nur geregelt, dass es weiterhin bei dem am 11.07.1986 „vereinbarten Geschiedenenunterhalt von 3.900,00 DM bleibt" . Jedenfalls hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger keinen Vortrag gehalten, der die Annahme rechtfertigen würde, die Parteien seien im Jahr 1996 von ihrer ursprünglichen Bedarfsbemessung abgewichen und hätten den eheangemessenen Unterhalt nunmehr nach der Halbteilung bestimmt. Auch die Begleitumstände lassen einen entsprechenden Rückschluss nicht zu.

Zunächst kann aus der Gesamtschau des Vergleichsinhalts insoweit eine sichere Erkenntnis gewonnen werden, als sich der Unterhaltsanspruch der Beklagten im Hinblick auf ihre - in Ziffer 1 übernommenen - Verpflichtung, die Internatskosten für den gemeinsamen Sohn A. nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB hälftig mitzutragen, nicht in gleicher Weise erhöhen sollte. Denn die anteiligen Aufwendungen summierten sich nach den Angaben des Klägers nahezu auf 2.000,00 DM und konnten von der Beklagten nicht vollständig durch zusätzliche Einkünfte aufgefangen werden. Das Nettoeinkommen der Beklagten belief sich auf 1.100,00 DM, die Mieteinnahmen waren im Wesentlichen unverändert. Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass die Parteien dem Grundsatz Rechnung tragen wollten, dass der Ehegattenunterhalt nur den eigenen Bedarf, nicht aber denjenigen eines Kindes umfasst, auch wenn es volljährig ist und eine anteilige Haftung in Rede steht (BGH, FamRZ 2005, 1817). Dieselben Überlegungen haben in gleicher Weise für die Unterhaltslasten der Beklagten gegenüber ihrer Mutter zu gelten.

Zusätzlich widerspräche es dem erkennbaren Willen und dem Interesse der Parteien, Ziffer 3 des Prozessvergleichs vom 16.07.1996 lediglich eine deklaratorische Bedeutung beizumessen der Gestalt, dass sich deren Wirkung in einer bloßen Bestätigung der Vereinbarung vom 11.07.1986 erschöpft habe. Denn es bestand bereits deshalb ein praktisches Regelungsbedürfnis, weil sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten seither insoweit verändert hatten, als sie nunmehr über ein Nettoeinkommen in Höhe von rund 1.100,00 DM verfügte, während ihre Bruttomieteinnahmen annähernd gleich geblieben waren (ca. 3.000,00 DM). Somit lag es nahe, die Unterhaltslast des Klägers an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

Indessen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien ihre konkrete Bedarfsbemessung im Vergleich vom 11.07.1986 aufgegeben und den Unterhalt nunmehr nach den eheprägenden Einkünften bemessen hätten (§§ 133, 157 BGB). Im Gegenteil spricht bereits der Wortlaut des Vergleichs gegen eine solche Handhabung, weil keine Berechnungsgrundlagen genannt sind.

Auch aus der Tatsache, dass im Urteil des Familiengerichts Balingen vom 19.12.1995 (3 F 331/94), das dem Vergleich vor dem Oberlandesgericht am 16.07.1996 vorausgegangen ist und bereits rechtskräftig geworden war, die Einkünfte der Parteien festgestellt und die Einwendungen des Klägers gegen den Vergleich vom 11.07.1986 zurückgewiesen worden sind, ergibt sich nichts anderes. Denn der Kläger hatte lediglich eine Klage nach § 767 ZPO mit der Behauptung eines teilweisen Unterhaltsverzichts, hilfsweise einer Aufrechnungsvereinbarung erhoben und damit allenfalls die Vollstreckbarkeit des Vergleichs zu Fall bringen wollen, nicht aber dessen Bestand (vgl. BGH, FamRZ 2005, 1479). Dies hat zur Folge, dass die formelle Rechtskraft des familiengerichtlichen Urteils, die dadurch eingetreten ist, dass der Kläger mit Schriftsatz vom 25.04.1996 seine Berufung auf seine bisherigen Hilfsanträge beschränkt und lediglich eine hälftige Freistellung von seinen Unterhaltspflichten gegenüber A. weiterverfolgt hat, die Ausgestaltung des ursprünglichen Unterhaltsrechtsverhältnisses von vorneherein unberührt gelassen hat.

c. Wird Ziffer 3 des Vergleichs vom 16.07.1996 aufgrund der vorstehenden Erwägungen dahingehend verstanden, dass die Parteien ihre konkrete Bedarfsbemessung grundsätzlich beibehalten wollten, muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich der ursprünglich ausgehandelte Elementarbedarf der Beklagten - wegen der gleichbleibenden Unterhaltsverpflichtung des Klägers - seit Abschluss des Vergleichs am 11.07.1986 von 5.000,00 DM um die zwischenzeitlich erzielten Erwerbseinkünfte der Beklagten in Höhe von 1.100,00 DM auf 6.1000,00 DM erhöht hatte, was umgerechnet einem Betrag von 3.118,88 EUR entsprach. Nur eine solchermaßen berechnete Anpassung erweist sich letztendlich als sachgerecht, weil auf der anderen Seite auch die gestiegenen Lebenshaltungskosten zu beachten waren. Wird der ursprüngliche Unterhaltsbedarf von 5.000,00 DM ab 1986 mit Hilfe des allgemeinen Verbraucherindexes hochgerechnet, hätte sich dieser im Jahr 1996 auf 3.239,00 EUR summiert (2.556,46 EUR * 95,3/75,2 = 3.239,00 EUR). Dabei zeigt eine Gegenüberstellung mit dem im Wege der Auslegung ermittelten Bedarf von 3.118,88 EUR, dass sich die Größenordnungen bis auf 120,12 EUR gleichen, wobei die verbleibende Differenz einem gegenseitigen Nachgeben geschuldet sein dürfte, das einem Vergleichsabschluss regelmäßig vorausgeht.

2. Ferner ist der Kläger in der Lage, den auf der Grundlage eines konkreten Bedarfs von 3.118,88 EUR errechneten Unterhalt zu erfüllen, ohne seinen - bei einer hälftiger Teilhabe - verbleibenden eheangemessenen Selbstbehalt zu gefährden (§§ 1578 Abs. 1 S. 1, 1581 BGB).

a. Der Kläger war bis 28.02.2003 selbständiger Apotheker. Zu Recht hat ihm das Familiengericht zugestanden, die Apotheke mit Erreichen des 63. Lebensjahres zu veräußern, nachdem der Kläger zu diesem Zeitpunkt ausreichend für das Alter vorgesorgt hatte. Er verfügt neben einem umfangreichen Immobilienvermögen auch über erhebliche Barmittel und Renteneinkünfte, die es ihm ermöglichen, seinen bisherigen Lebensstandard auch unter Berücksichtigung seiner Unterhaltslasten gegenüber der Beklagten und seiner zweiten Ehefrau beizubehalten.

b. Durch den Verkauf der Apotheke waren die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien nicht mehr von den früheren Gewinnen des Klägers, sondern von den Renten geprägt, die als Surrogat an die Stelle des früheren Erwerbseinkommens getreten sind (BGH, FamRZ 2005, 1479). Gleiches gilt für den Veräußerungsgewinn und die beiden Lebensversicherungen des Klägers mit einem Nominalwert von zusammen 413.000,00 EUR, die ebenfalls der Kompensation verminderter Einkünfte im Rentenalter zu dienen bestimmt sind. Jedenfalls kann dies unterstellt werden, weil der Kläger die Behauptung der Beklagten nicht widerlegt hat, der Kläger habe bereits in den 70 er Jahren, also während intakter Ehe begonnen, sich umfassend - durch private Verträge und Anwartschaften in der berufsständischen Versorgung - für sein Alter abzusichern. Hinzu kommt, dass die Parteien Gütertrennung vereinbart haben und es deshalb nicht unbillig erscheint, die privaten Lebensversicherungen in die Einkommensberechnung einzustellen.

Im Einzelnen kann dahinstehen, ob der Kläger gehalten ist, nicht nur den Zinsertrag (von rund 14.000,00 EUR jährlich bei 3,4 % allein aus den Lebensversicherungen), sondern auch die vorhandenen Barmittel für Unterhaltszwecke einzusetzen (so OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 621), wobei anzumerken ist, dass es an der Vergleichbarkeit mit sonstigen privaten Rentenzahlungen (etwa Leibrenten, Altenteile) fehlen dürfte, die in der Rechtssprechung auch dann als Einkommen betrachtet werden, wenn sie auf einer vorausgegangenen Vermögensübertragung beruhen (BGH, FamRZ 1994, 228 zur Leibrente). Denn vorliegend sind der Veräußerungsgewinn und das Kapital aus den Lebensversicherungen nach wie vor vorhanden und können uneingeschränkt genutzt werden. Während der Schutzgedanke des § 1581 S. 2 BGB bei einer Veräußerung von Vermögen gegen Zahlung einer Leibrente, Gewährung eines Altenteils oder einer sonstigen privaten Rente u.a. deshalb nicht zum Tragen kommt, weil einem solchen Rechtsgeschäft typischerweise die Absicht zu Grunde liegt, Vermögen, das bisher in Form von Immobilien, Beteiligungen oder ähnlichem gebunden war, einem vollständigen Verbrauch zum Zwecke der Deckung des Lebensbedarfs zuzuführen, ist dies bei Geldmitteln, die - wie hier - laufend Erträge in Form von Zinsen abwerfen, gerade nicht der Fall.

Soweit dem Kläger auf der einen Seite zugestanden wird, sich frühzeitig aus dem Erwerbsleben zurückzuziehen, ist auf der anderen Seite eine Rücksichtnahme auf die Unterhaltsbelange der Beklagten zu fordern. Deshalb war der Kläger gehalten, nicht nur das Auszahlungsguthaben seiner Lebensversicherungen so gewinnbringend wie möglich anzulegen (was mit Zinsen von 3,4 % tatsächlich gelungen ist), sondern auch den Veräußerungsgewinn für die Apotheke. Aufgrund dieser Überlegung kann im Rahmen von § 1581 BGB nicht auf die tatsächliche Rendite in Höhe von 1,75 % jährlich abgestellt werden, die bei kurzfristigen Geldanlagen üblich ist, sondern es bedarf einer wertenden Korrektur. Da der Kläger in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt und auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die eine ständige Verfügbarkeit des Kapitals erfordern würden, sind ihm solche Zinseinnahmen fiktiv zuzurechnen, die ohne besonderes Verhandlungsgeschick bei mündelsicheren Geldanlagen mit längerer Vertragsbindung (etwa für 5 Jahre) regelmäßig erzielt werden, mindestens also 3 % jährlich, was einem zusätzlichen Jahreseinkommen von 19.830,00 EUR entspricht. Soweit der Kläger auf sein Alter verweist, hat er - da gesundheitliche Beeinträchtigungen ersichtlich nicht bestehen - mit seinen 68 Jahren nach statistischen Maßstäben noch ein langes Leben vor sich, kann also vorausschauend planen. Schließlich gebietet auch die Spekulation des Klägers auf künftige Zinserhöhungen keine abweichende Handhabung, da die hiermit verbundenen Chancen und Risiken in seiner eigenen Sphäre liegen und nur eine fiktive Durchschnittsbetrachtung zu einem ausgewogenen Verteilungsergebnis führt; denn dadurch ist gewährleistet, dass die Beklagte weder an den schlechten Ergebnissen noch an den erhofften künftigen Gewinnsteigerungen partizipiert.

Von den Zinseinnahmen, die sich auf insgesamt 33.830,00 EUR (19.830,00 EUR + 14.000,00 EUR) summieren sind unter Zugrundelegung der Steuerklasse 1 vom Monatsbetrag von 2.819,16 EUR bei Beachtung des Grenzsatzes von 25 % und der Ertragsanteile der Renten von 15.370 EUR (Bl. 304) 1.114,65 EUR in Abzug zu bringen, nämlich 982,08 EUR für die Einkommenssteuer, 54,01 EUR für den Solidaritätszuschlag und 78,56 EUR für die Kirchensteuer, so dass ein verfügbares Einkommen von 1.704,51 EUR verbleibt.

c. Hinzu kommen Rentenzahlungen der Apothekenversicherung in Höhe von 1.962,79 EUR (Bl. 70), eine BfA- Rente in Höhe von 491,64 EUR bzw. 487,77 EUR (Bl. 71 und 88) und eine private Rente der V. Versicherung von 405,60 EUR (Bl. 87), ferner der Wert für das mietfreie Wohnen XY. in Meßstetten, der vom Familiengericht zutreffend auf der Grundlage der Schätzung des Sachverständigen ... vom 26.02.2007 (Bl. 187 ff.) in Höhe von 818,00 EUR in die Berechnung eingestellt worden ist. Dieser Gebrauchsvorteil hat die Lebensverhältnisse der Parteien in vollem Umfang geprägt, weil der Kläger das Anwesen während bestehender Ehe im Jahr 1974 erworben hat. Soweit der Kläger ins Feld führt, der hohe Wohnwert sei einem Umbau zu verdanken, den er erst nach der Scheidung in Angriff genommen habe, fehlt es an einer chronologischen Darstellung der durchgeführten Maßnahmen, was zu Lasten des Klägers geht. Auch blieb der Vortrag der Beklagten unwidersprochen, der Kläger habe noch im Jahr 1985, also vor der Ehescheidung, ein Baudarlehen in Höhe von 811.241,54 DM aufgenommen. Dafür, dass die maßgeblichen baulichen Veränderungen noch in der Ehezeit vorgenommen worden sind, spricht im Übrigen, dass der Sachverständige dem Anwesen einen Standard bescheinigt hat, der den Jahren 1970 bis 1973 entspricht (Seite 24 des Gutachtens, Bl. 187 ff d.A.).

Abweichend vom angefochtenen Urteil sind zusätzlich die Gebrauchsvorteile der Wohnung in Uhldingen zu berücksichtigen, die die ehelichen Lebensverhältnisse ebenfalls mitbestimmt haben. Deren Wert ist zwar nicht in Anlehnung an eine ortsübliche Miete zu ermitteln, da die Parteien die Räumlichkeiten nur in den Ferien genutzt haben. Anzusetzen ist aber ein ersparter Aufwand für die Urlaubsaufenthalte des Klägers, der mit 2.400,00 EUR jährlich noch wohlwollend geschätzt ist (§ 287 ZPO).

Hinzu kommen die Einnahmen aus dem Mietvertrag über das Wohnhaus in der ...-Straße in Balingen, die das Familiengericht beanstandungsfrei mit Hilfe einer Streckung der im Jahr 2002 angefallenen Instandhaltungskosten (21.000,00 EUR) über einen Zeitraum von zehn Jahren auf 333,00 EUR beziffert hat.

d. In Abzug zu bringen sind noch die Krankenversicherungsbeiträge des Klägers in Höhe von 561,61 EUR und bis August 2004 die Leibrentenzahlungen an die Mutter der Beklagten.

Bei der wertenden Betrachtung, die im Rahmen von § 1581 BGB geboten ist, müssen die Beitragsleistungen des Klägers an die G. (früher T.) und die Lebensversicherung bei der ... ausgeklammert werden, da sie ausschließlich der Vermögensbildung des Klägers dienen. Sie können dem Kläger auch nicht als Altersvorsorge zugestanden werden, die der Bundesgerichtshof in Anlehnung an den Höchstfördersatz der sog. "Riester-Rente" in Höhe von bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres als angemessen ansieht ( BGH , FamRZ 2008, 963; BGH , FamRZ 2005, 1817). Denn der Kläger, der sich bereits vollständig aus dem Erwerbsleben zurückgezogen hat, ist durch Renteneinkünfte, Zins- und Mieteinnahmen sowie durch Immobilien- und Kapitalvermögen ausreichend abgesichert. Im Übrigen hat der Kläger die zu Grunde liegenden Verträge im Herbst 2004 beitragsfrei gestellt.

e. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen lässt sich das eheprägende Einkommen des Klägers wie folgt errechnen:

2003 bis August
2004 ab September

2004

Kapitaleinkünfte aus Lebensversicherungen und Kapitalanlagen (3 % aus dem Verkaufs-erlös für die Apotheke in Höhe von 661.000,00 EUR; 3,4 % aus dem Kapital der Lebensversicherungen in Höhe von 413.000,00 EUR): 33.830,00 EUR 33.830,00 EUR 33.830,00 EUR monatlich: 2.819,17 EUR 2.819,17 EUR 2.819,17 EUR abzgl. Steuern (unter Berücksichtigung der Ertragsanteile der Renten = 15.370 EUR, Bl. 304): -1.114,65 EUR -1.114,65 EUR -1.114,65 EUR

zzgl. Rente der Apothekerversicherung (Bl. 70): 1.962,79 EUR 1.962,79 EUR 1.962,79 EUR

zzgl. BfA-Rente (Bl. 71 u. 88): 491,64 EUR 487,77 EUR 487,77 EUR

zzgl. Rente V. Versicherung: 405,60 EUR 405,60 EUR 405,60 EUR

zzgl. Mieteinnahmen ...-Str. in Balingen (das Gebäude ist an die Beklagte vermietet): 333,00 EUR 333,00 EUR 333,00 EUR

zzgl. Wohnwert Y in Meßstetten-Tieringen laut GA X, Bl. 187 ff: 818,00 EUR 818,00 EUR 818,00 EUR

zzgl. Wohnwert Uhldingen: 200,00 EUR 200,00 EUR 200,00 EUR

Summe der Einkünfte: 5.915,55 EUR 5.911,68 EUR 5.911,68 EUR

abzgl. Kindesunterhalt für A. -500,00 EUR -500,00 EUR -500,00 EUR

abzgl. Krankenversicherung: -561,61 EUR -561,61 EUR -561,61 EUR

abzgl. Leibrente für die Mutter der Beklagten: -255,65 EUR -255,65 EUR 0,00 EUR

verbleibendes Einkommen des Klägers: 4.598,29 EUR 4.594,42 EUR 4.850,07 EUR

3. Die Beklagte verfügt aufgrund der zutreffenden Feststellungen des Familiengerichts (auch im Hinblick auf die Zurechnung einer fiktiven Rente) über Einkünfte in Höhe von 2.502,25 EUR, die sich aus den nachstehenden Positionen errechnet:

Erwerbsunfähigkeitsrente: 617,95 EUR
zzgl. Mieteinnahmen: 1.800,00 EUR
abzgl. Hauslasten: -50,00 EUR
abzgl. Steuern: -230,00 EUR
davon eheprägend: 2.137,95 EUR
zzgl. fiktive Rente: 364,30 EUR
Summe: 2.502,25 EUR

Von diesem Betrag hat die Beklagte bis Ende 2007 Unterhalt in Höhe von 500,00 EUR für den gemeinsamen Sohn A. geleistet, der vom Einkommen des Klägers bereits abgezogen ist.

Indessen können der Beklagten Gebrauchsvorteile, die sie aus Sicht des Klägers dadurch erlangt habe, dass sie das Wohnhaus des Klägers in der ...-Straße unterhalb ortsüblicher Preise angemietet habe, nicht fiktiv zugerechnet werden. Zwar ist es zutreffend, dass auch solche Erträge, die der Unterhaltsbedürftige nicht erwirtschaftet, obwohl er sie erzielen könnte, nach § 1577 Abs. 1 BGB gleichfalls seine Bedürftigkeit mindern (vgl. BGH, FamRZ 1985, 354). Dies setzt jedoch eine Zumutbarkeit der angesonnenen Maßnahme voraus (BGH, FamRZ 2005, 1159), die hier fehlt. Denn ein Untermietvertrag nach §§ 540, 553 BGB begründet nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten, deren Verletzung unter anderem Ansprüche auf Minderung (§ 536 BGB) sowie auf Schadens- und Aufwendungsersatz (§§ 535, 280, 286, 536 a BGB) auslösen kann. Weiter ist eine Vermietung mit erheblichen Risiken (Mietausfall, Beschädigungen) verbunden, die sich für den Mieter bei einer Gebrauchsüberlassung an Dritte dadurch noch erhöhen, dass er nicht nur gegenüber seinem Untermieter, sondern auch gegenüber dem Vermieter für die Erhaltung (§§ 535, 280, 538) und die Herausgabe der Mietsache verantwortlich ist (§§ 546, 546 a BGB). Hinzu kommt, dass der Mieter für ein Verschulden des Untermieters einzustehen hat (§ 540 Abs.2 BGB).

Schließlich kann der Kläger mit den Anforderungen, die er im Rahmen von § 1577 Abs. 3 BGB an die Beklagte stellen möchte, schon deshalb nicht gehört werden, weil sie mit seinem früheren Verhalten nicht in Einklang zu bringen sind (§ 242 BGB). Denn der Kläger hat einen - während des Verfahrens ausdrücklich geäußerten - Wunsch der Beklagten, aus dem Mietverhältnis entlassen zu werden, zurückgewiesen.

4. Bei der gebotenen Anpassung des Vergleichs vom 16.07.1996 ist weiter zu berücksichtigen, dass die Lebenshaltungskosten zwischenzeitlich gestiegen sind. Dem kann bei einer konkreten Bedarfsbemessung durch eine Multiplikation mit dem allgemeinen Verbraucherindex Rechnung getragen werden (BGH, FamRZ 2003, 848). Dadurch lässt sich der grundsätzliche Unterhaltsanspruch der Beklagten im Zeitraum ab 01.03.2003 wie folgt ermitteln:

Bedarf im Jahr 2003 (3.118,88 EUR* 104,5 / 95,3): 3.419,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 916,75 EUR

Bedarf im Jahr 2004 (3.118,88 EUR * 106,2 / 95,3): 3.475,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 972,75 EUR

Bedarf im Jahr 2005 (3.118,88 EUR * 108,3 / 95,3): 3.543,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 1.040,75 EUR

Bedarf im Jahr 2006 (3.118,88 EUR * 110,1 / 95,3): 3.602,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 1.099,75 EUR

Bedarf im Jahr 2007 (3.118,88 EUR * 112,5 / 95,3): 3.681,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 1.178,75 EUR

Die Deckungslücke, die auf Seiten der Beklagten von ursprünglich 916,75 EUR im Jahr 2003 auf 1.099,75 EUR im Jahr 2006 ansteigt, kann der Kläger auffüllen, ohne dass der Halbteilungsgrundsatz verletzt wäre. Dies verdeutlicht die nachstehende Berechnung:

2003 bis August

2004 ab September

2004 2005 2006 2007

verfügbares Einkommen des Klägers: 4.598,29 EUR 4.594,42 EUR 4.850,07 EUR 4.850,07 EUR 4.850,07 EUR 4.850,07 EUR

indexierter Bedarf der

Beklagten: 3.419,00 EUR 3.475,00 EUR 3.475,00 EUR 3.543,00 EUR 3.602,00 EUR 3.681,00 EUR

abzgl. eigenes Einkommen: -2.502,24 EUR -2.502,24 EUR -2.502,24 EUR -2.502,24 EUR -2.502,24 EUR -2.502,24 EUR

Unterhaltsanspruch der Beklagten: 916,76 EUR 972,76 EUR 972,76 EUR 1.040,76 EUR 1.099,76 EUR 1.178,76 EUR

verbleibendes Einkommen des Klägers nach Abzug der Unterhaltslast: 3.681,53 EUR 3.621,66 EUR 3.877,31 EUR 3.809,31 EUR 3.750,31 EUR 3.671,31 EUR

Soweit ab 01.01.2007 bei Fortschreibung der Indexierung die Grenze des Angemessenen überschritten wäre, weil der Kläger nur noch 3.671,31 EUR zur Verfügung hätte, während die Beklagte 3.681,00 EUR für sich beanspruchen könnte, ist der konkrete Bedarf der Beklagten auf das Niveau von 2006 abzusenken, so dass es vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2007 bei einem Elementarunterhalt von gerundet 1.100,00 EUR sein Bewenden hat.

II. Zusätzlich schuldet der Kläger Altersvorsorgeunterhalt, da die entsprechende Vereinbarung durch den Vergleich vom 16.07.1996 nicht obsolet geworden ist. Denn nach dem ausdrücklich formulierten Willen der Parteien sollte es bei dem verabredeten Unterhalt von 3.900,00 DM bleiben. Darin waren aber 900,00 DM für die Altersvorsorge enthalten.

Nachdem sich der Elementarunterhaltsanspruch der Beklagten aufgrund eigener Renteneinkünfte verringert, ist der Altersvorsorgeunterhalt neu zu berechnen wie folgt:

Bedarf im Jahr 2003 : 3.419,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 916,75 EUR

zzgl. Altersvorsorgeunterhalt:
Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle: 1.155,11 EUR
Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung (bis 2007 je 19,5 %, ab 2007 19,9 %): 225,25 EUR

Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten: 1.142,00 EUR

Bedarf im Jahr 2004 : 3.475,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 972,75 EUR

zzgl. Altersvorsorgeunterhalt:
Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle: 1.215,94 EUR
Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung: 237,11 EUR

Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten (gerundet): 1.210,00 EUR

Bedarf im Jahr 2005 : 3.543,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 1.040,75 EUR

zzgl. Altersvorsorgeunterhalt:

Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle: 1.332,16 EUR
Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung: 259,77 EUR

Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten (gerundet): 1.300,00 EUR

Bedarf im Jahr 2006 : 3.602,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 1.099,75 EUR

zzgl. Altersvorsorgeunterhalt:

Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle: 1.429,68 EUR
Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung: 278,79 EUR

Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten (gerundet): 1.379,00 EUR

Soweit der Kläger den errechneten Altersvorsorgeunterhalt aus seinen laufenden Einkünften nicht bestreiten kann, ohne seinen eheangemessenen Unterhalt zu gefährden, ist er nach § 1581 BGB gehalten, den Stamm seines Vermögens einzusetzen, etwa ein im Zuge des Verfahrens ausgezahltes Guthaben bei der ... - Versicherung in Höhe von ca. 20.000,00 EUR. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die Beklagte neben ihrer gesetzlichen Altersrente nur über eine im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von ihren Eltern zugewandte Immobilie verfügt und dass sie während der Ehe - trotz des hohen Einkommens des Klägers - kein weiteres Vermögen erworben hat, nachdem die Parteien Gütertrennung vereinbart hatten. Demgegenüber ist der Kläger Eigentümer von fünf Immobilien und konnte nach der Veräußerung seiner Apotheke auf ein Barvermögen von mehr als einer Million Euro zurückgreifen. Hinzu kommt, dass der Altersvorsorgeunterhalt ohnehin nur noch bis März 2010 geschuldet wird. Die ab März 2003 verbleibende Gesamtsumme von rund 20.000,00 EUR belastet den Kläger nicht übermäßig.

III. Der auf diese Weise ermittelte Unterhaltsanspruch erweist sich schließlich auch dann noch als angemessen, wenn die Unterhaltslasten des Klägers gegenüber seiner jetzigen Ehefrau in die Betrachtung einbezogen werden. Denn die Ehefrau verfügt über eigene Erwerbseinkünfte, die vor Abzug von Steuern und Sozialabgaben im Jahr 2004 13.822,00 EUR betragen haben, 27.347,00 EUR im Jahr 2005 und 24.044,00 EUR im Jahr 2006, weiter über Zinseinnahmen von rund 3.700,00 EUR jährlich (vgl. Einkommenssteuerbescheid für 2004, Bl. 180 ff.; für 2005 Bl. 281 ff. und für 2006 Bl. 304 ff.). Hinzu kommen Mieteinkünfte des Klägers für die Wohnung Y in Höhe von 2.259,00 EUR und für das Objekt X in Höhe von 11.594,00 EUR jährlich, jeweils nach Abzug von Werbungskosten und ohne Abschreibung. Damit stehen der Ehefrau nicht nur eigene Nettoeinkünfte zwischen 1.100,00 EUR (bis 2004) und 1.500,00 EUR (ab 2005) zur Verfügung, sondern weitere 1.154,41 EUR monatlich, die der Kläger vollständig für den Familienunterhalt einsetzen kann. Gleiches gilt für die Einkommensdifferenz, die der Kläger nach Leistung des Geschiedenenunterhalts im Verhältnis zur Beklagten noch verteidigen kann. Diese betrug im Jahr 2003 monatlich 262,53 (3.681,53 EUR - 3.419,00 EUR), im Jahr 2004 noch 146,66 EUR (3.621,66 EUR - 3.475,00 EUR) und erhöht sich ab 01.01.2008 auf immerhin 747,83 EUR [(4.850,07 EUR - 800,00 EUR = 4.050,07 EUR) - (2.502,24 EUR + 800,00 EUR = 3.302,24 EUR)]. Hinzu kommen Steuerersparnisse aufgrund von Abschreibungen und im Hinblick auf das Ehegattensplitting von mindestens weiteren 800,00 EUR monatlich. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung ist schließlich noch der Gesichtspunkt von Bedeutung, dass die Beklagte von dem errechneten Unterhaltsbedarf bis Ende 2007 die Unterhaltslasten für den gemeinsamen Sohn A. mindestens hälftig mitgetragen hat (500,00 EUR).

Selbst wenn nach alledem das Einkommen der Ehefrau zusammen mit ihrem Familienunterhalt noch geringfügig hinter den Einkünften der Beklagten und des Klägers zurückbleiben sollte, ist es dem Kläger zuzumuten, für den Fall einer gewünschte Aufstockung des ehelichen Lebensstandards der Ehefrau auf seine Bankguthaben zurückzugreifen oder sein Vermögen umzuschichten (etwa durch eine Vermietung der Ferienwohnung am Bodensee). Dies erscheint nicht unbillig, weil die Lebensverhältnisse der Ehefrau von vorneherein durch die Unterhaltslasten des Klägers gegenüber der Beklagten geprägt waren und dadurch eine Einschränkung erfahren haben, ohne dass es auf das Rangverhältnis beider Unterhaltsansprüche ankäme. Dies gilt umso mehr, als ohnehin nur eine kurze Übergangszeit zu überbrücken ist, nachdem der Sohn A. sein Studium bereits beendet hat und keinen Ausbildungsunterhalt mehr benötigt. Dadurch werden von den Einkünften des Klägers zusätzliche 500,00 EUR monatlich frei werden, die er mit seiner Ehefrau dauerhaft teilen kann.

IV. Hingegen ist der Unterhaltsanspruch ab 01.01.2008 herabzusetzen und nach § 1578 b Abs. 2 BGB bis 31.03.2018 zu befristen. Dabei hält der Senat unter Anwendung von § 36 Nr. 1 EGZPO für die Zeit bis 31.03.2010 eine laufende Rente von noch 1.000,00 EUR für angemessen, wobei 800,00 EUR auf den Elementarbedarf entfallen und 200,00 EUR auf die Altersvorsorge. Danach ist der Unterhalt bis zu seinem endgültigen Wegfall am 31.03.2018 nach Abwägung der Gesamtumstände auf insgesamt 500,00 EUR monatlich zu reduzieren.

1. Der Kläger ist mit seinem Befristungsbegehren nicht gemäß § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert. Denn diese Regelung ist bei einem Prozessvergleich nicht anwendbar, da sie lediglich die Rechtskraftwirkung unanfechtbar gewordener Entscheidungen sichern soll, also einen Zweck verfolgt, der bei gerichtlichen Vergleichen nicht erreicht werden kann ( BGH , FamRZ 2000, 1499). Maßgebend ist vielmehr, ob ein ins Feld geführter Umstand bereits bei Vergleichsabschluss absehbar gewesen und deshalb von der Absprache erfasst worden ist, also unverändert geblieben und bereits aus diesem Grund einer Anpassung entzogen ist. Dies ist hier aber nicht der Fall.

2. Zwar stand der Beklagten im Jahr 1996 nach dem Wegfall der Betreuungsbedürftigkeit von A. und der sich daraus ergebenden Erwerbsobliegenheit der Beklagten nur noch ein Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zu, der schon damals nach § 1573 Abs. 5 ZPO a.F. grundsätzlich einer Befristung zugänglich gewesen wäre. Indessen hätte der Kläger zu diesem Zeitpunkt sein Befristungsverlangen nicht durchsetzen können, weil damals nicht verlässlich beurteilt werden konnte, ob die Beklagte jemals in der Lage sein würde, ihren Unterhalt durch eigene Erwerbseinkünfte nachhaltig zu sichern. Denn die Beklagte hatte sich während der Ehe ausschließlich um den Haushalt und die Versorgung von A. gekümmert und erst in den Jahren 1989/1990 eine Ausbildung zur Altenpflegerin absolviert. Da die Beklagte bei Abschluss des Vergleichs nur in Teilzeit berufstätig war und ihre weitere berufliche Entwicklung noch im Dunkeln lag, war eine Prognose darüber, ob die Beklagte jemals eine Vollzeitstelle erhalten und auf diese Weise ihre ehebedingten Nachteile vollständig und auf Dauer würde ausgleichen können, nicht möglich. Deshalb kam eine Befristung ihres Unterhaltsanspruchs aus damaliger Sicht nicht in Betracht.

3. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst für den Fall, dass die Beklagte schon bei Bestätigung des ursprünglichen Vergleichs am 16.07.1996 in Vollzeit berufstätig gewesen wäre, aufgrund der damaligen Gesetzeslage eine Befristung des Unterhaltsanspruchs vor Gericht kaum hätte durchsetzen können. Denn nach der bis 31.12.2007 geltenden Regelung in § 1573 Abs. 5 BGB a.F. konnte u.a. der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nur dann zeitlich begrenzt werden, „soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig" gewesen wäre. Dies hatte nach dem Wortlaut von § 1573 Abs. 5 S. 1 BGB aber in der Regel nicht gelten sollen, „wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut" , was hier der Fall war. Nach § 1573 Abs. 5 S. 2 BGB stand die Zeit der Kindeserziehung „der Ehedauer gleich" .

Entsprechend dem Wortlaut der genannten Regelung war der Bundesgerichtshof einer Befristung von Unterhaltsansprüchen nach § 1573 Abs. 5 BGB lange Zeit zurückhaltend gegenübergestanden und hatte einer Ehedauer von mehr als 15 Jahren erhebliches Gewicht für eine lebenslange „Unterhaltsgarantie" beigemessen ( BGH , FamRZ 1983, 886; BGH , FamRZ 1990, 857; BGH , FamRZ 1991, 307). Diese Rechtssprechung hätte vorliegend im Jahr 1996, als die Parteien den gerichtlichen Vergleich geschlossen haben, mit Sicherheit noch Beachtung gefunden, weil die Ehe - mit 17 Jahren - relativ lang gedauert hatte (vgl. etwa BGH , FamRZ 2004, 1357). Erst in jüngster Zeit hat der Bundesgerichtshof - vor dem Hintergrund seiner Abkehr von der sogenannten Anrechnungsmethode zur Differenzmethode - nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer abgestellt, selbst wenn diese mehr als 20 Jahre betragen hat, sondern darauf, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründen kann, als ein „ehebedingter Nachteil" erweise ( BGH , FamRZ 2008, 134; BGH , FamRZ 2007, 1232; BGH , FamRZ 2007, 793; BGH , FamRZ 2007, 200; BGH , FamRZ 2006, 1006; zur Entwicklung der Rechtsprechung vgl. Dose , FamRZ 2007, 1289, 1294 f.). Vor diesem Hintergrund wurde in der Gesetzesbegründung zu § 1578 b BGB angemerkt, dass eine Tendenz zu einer vermehrten Beschränkung „erst in der neueren Rechtssprechung" festzustellen sei (Drucksache 16/1830 S. 18).

Dies bedeutet vorliegend, dass die Frage einer Befristung bereits deshalb erneut zu prüfen ist, weil der geschilderte Wandel in der Gerichtspraxis durch die Regelung in § 1578 b BGB, die mit Wirkung ab 01.01.2008 in Kraft getreten ist, nicht nur eine Konkretisierung erfahren hat, sondern darüber hinaus weiterentwickelt worden ist mit dem Ziel, die Beschränkung von Unterhaltsansprüchen anhand objektiver Billigkeitskriterien, insbesondere des Maßstabes der „ehebedingten Nachteile" zu erleichtern (Drucksache 16/1830 S. 18). Eine Änderung der Gesetzeslage stellt aber regelmäßig eine wesentliche Abweichung von der Geschäftsgrundlage eines Vergleichs dar, die dessen Anpassung rechtfertigt ( BGH , FamRZ 2001, 1687).

4. Vorliegend kann die Beklagte ihren Unterhaltsanspruch nunmehr auf § 1572 BGB und § 1573 Abs. 2 BGB stützen. Eine Abgrenzung erübrigt sich, weil beide Ansprüche nach § 1578 b Abs. 2 BGB einer Befristung zugänglich sind.

Nach dem Wortlaut des § 1578 b Abs. 2 BGB kann der Unterhaltsanspruch befristet werden, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten Kindes unbillig wäre. Aufgrund des Verweises auf § 1578 b Abs. 1 S. 2 und 3 BGB ist dabei insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, wobei sich solche Nachteile vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben können.

Zwar hat § 1578 b BGB als unterhaltsbegrenzende Norm Ausnahmecharakter. Andererseits verfolgte der Gesetzgeber durch die Neuregelung des bis 31.12.2007 geltenden § 1573 Abs. 5 BGB a.F. das Ziel, eine Beschränkung von Unterhaltsansprüchen anhand objektiver Billigkeitsmaßstäbe zu erleichtern. Zur Begründung hat er angeführt, dass der Anspruch der Ehegatten auf „gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten" nicht von vorneherein eine „Lebensstandardsgarantie" bedeute im Sinne einer zeitlich unbegrenzten und in der Höhe nach nicht abänderbaren Teilhabe nach der Scheidung. Grund für die nachehelichen Unterhaltsansprüche sei vielmehr die sich aus Art. 6 GG ergebende fortwirkende nacheheliche Solidarität, die vor allem einen Ausgleich der Nachteile erfordere, die dadurch entstünden, dass der Unterhaltsberechtigte wegen der Aufgabenverteilung in der Ehe, insbesondere der Kinderbetreuung, nach der Scheidung nicht oder nicht ausreichend für seinen Unterhalt selbst sorgen könne. Je geringer diese Nachteile seien, desto eher sei im Licht des Grundsatzes der Eigenverantwortung (§ 1569 BGB) unter Billigkeitsgesichtspunkten eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs geboten (Drucksache 16/1830 S. 18).

Bei einer diese Zweckrichtung berücksichtigenden Gesetzesanwendung ist vorrangig zu prüfen, ob sich die Einkommensdivergenz der Parteien, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründet, als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten der Beklagten rechtfertigt. Dies ist vorliegend spätestens mit Erreichen des Rentenalters im März 2010 nicht mehr der Fall, nachdem die Beklagte mit dem bislang bereit gestellten Vorsorgeunterhalt in der Lage gewesen wäre, sich eine angemessene Rente zu sichern. Laut Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 31.10.2007 (Bl. 334 ff.) würde die Beklagte über eine laufende Rente von 1.185,00 EUR verfügen (1.297,26 EUR abzgl. 22,05 EUR und 90,16 EUR für die Kranken- und Pflegeversicherung), wenn sie seit 01.01.1986 regelmäßig 900,00 DM eingezahlt hätte (der mitgeteilte Betrag mag zwar im Hinblick auf den - seit 2003 - verminderten Altersvorsorgeunterhalt etwas geringer ausfallen; dies wird sich jedoch bis 2010 teilweise wieder ausgleichen). Da die Beklagte vor der Ehe keinen Beruf erlernt hatte und nur in geringfügigem Umfang berufstätig gewesen ist, hat der Kläger mögliche Nachteile, die die Beklagte auf Grund der Rollenverteilung in der Ehe erlitten hat, bereits vollständig ausgeglichen. Denn als ungelernte Kraft hätte die Beklagte selbst bei einer ununterbrochenen Berufstätigkeit wohl kaum höhere Rentenanwartschaften erworben als die errechneten 1.185,00 EUR. Hinzu kommt, dass die Beklagte über ihr Immobilienvermögen zusätzlich abgesichert ist.

Weiter gilt zu beachten, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Trennung erst 38 Jahre alt gewesen ist und gesundheitliche Einschränkungen nicht ersichtlich waren. Vor diesem Hintergrund ließe sich allein mit der Ehedauer von 17 Jahren eine unbegrenzte Teilhabe der Beklagten an den verfügbaren Mitteln des Klägers nicht rechtfertigen.

Da auf der anderen Seite nach § 36 Nr. 1 EGZPO das Vertrauen der Beklagten in die getroffene Regelung nicht übergangen werden darf, ist für eine angemessene Übergangszeit Sorge zu tragen, um der Beklagten die Möglichkeit zu geben, sich auf den Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs und ein damit verbundenes Absinken ihres Lebensstandards einzustellen. Dies rechtfertigt eine annähernde Beibehaltung des ursprünglichen Titels bis 31.03.2010. In der Zeit danach reduziert sich der Unterhalt auf 500,00 EUR monatlich, da die Beklagte mit Eintritt in das Rentenalter nach dem normalen Verlauf der Dinge damit rechnen musste, dass ihr Unterhaltsniveau nicht auf Dauer gesichert sein würde, zumal der Kläger bereits am 16.02.2005 das 65. Lebensjahr vollendet und bereits zwei Jahre zuvor seine Apotheke veräußert hatte. Andererseits durfte die Beklagte bis zum Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes mit Wirkung zum 01.01.2008 darauf vertrauen, dass sie - angesichts der soliden Vermögensverhältnisse wohl auch über ein mögliches Vorversterben des Klägers hinaus - unterhaltsberechtigt sein würde, wenn auch in verringertem Umfang. Dazu war sie zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits 63 Jahre alt und somit nicht mehr in der Lage, einen Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs durch eigene Erwerbseinkünfte oder eine zusätzliche Altersvorsorge aufzufangen. Dies ist im Rahmen der Übergangsregelung in § 36 Nr. 1 EGZPO zu berücksichtigen, so dass weitere reduzierte Unterhaltszahlungen bis 2018 nicht unbillig erscheinen.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Billigkeitsentscheidung, ob ein Unterhaltsanspruch nach § 1578 b BGB zu begrenzen oder zu befristen ist, muss nach Abwägung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte getroffen werden, ist also allein Aufgabe des Tatrichters. Da es sich stets um eine Einzelfallbetrachtung handelt, fehlt es regelmäßig an einer grundsätzlichen Bedeutung, so auch hier. Ferner erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Der Streitwert wurde nach §§ 42, 45 GKG wie folgt berechnet:

Berufung des Klägers:

Abänderung vor Klageerhebung (vom 01.03.2003 bis 31.10.2004) = (10 X 966,57 EUR = 9.665,70 EUR) + (8 X 834,86 EUR = 6.678,88 EUR) + 1.167,20 EUR + 1.441,12 EUR 18.952,90 EUR
zzgl. Jahreszeitraum für Abänderung danach, also vom 01.11.2004 bis 31.10.2005 = (2 X 1.441,12 EUR= 2.882,20 EUR) + (10 X 1.617,93 EUR = 16.179,30 EUR) = 19.061,50 EUR

Streitwert der Berufung des Klägers: 38.014,40 EUR

Berufung der Beklagten:

Abänderung vor Klageerhebung (vom 01.03.2003 bis 31.10.2004) = [(10 X (1.994,00 EUR - 966,57 EUR = 1.027,40 EUR) = 10.274,00 EUR] + [8 X (1.994,00 EUR - 834,86 EUR = 1.159,10 EUR) = 9.272,80 EUR]+(1.994,00 EUR - 1.167,20 EUR = 826,80 EUR) + (1.994,00 EUR - 1.441,12 EUR = 552,88 EUR)= 20.926,48 EUR
zzgl. Jahreszeitraum für Abänderung danach, also vom 01.11.2004 bis 31.10.2005 = [2 X (1.994,00 EUR - 1.441,12 EUR= 552,90 EUR) = 1.105,80 EUR] + [10 X (1.994,00 EUR - 1.617,93 EUR = 376,10 EUR) = 3.761,00 EUR] = 4.866,80 EUR

Streitwert der Berufung der Beklagten: 25.793,28 EUR

Gesamtstreitwert: 63.807,68 EUR ..." (OLG Stuttgart Urteil vom 20.8.2008, 18 UF 256/07)

***

Zur Befristung des Unterhalts nach § 1573 BGB auf eine Übergangszeit von drei Jahren. Ehebedingte Nachteile liegen nicht vor, wenn die Zeit der Kindererziehung vor der Eheschließung gelegen hat und die Unterhalt begehrende Ehefrau während der späteren Ehezeit von knapp acht Jahren keine beruflichen Nachteile erlitten hat. Der Abzug eines im Hausabtrag enthaltenen Tilgungsanteils kann aus dem Gesichtspunkt der zusätzlichen Altersversorgung (von bis zu 4%) weiterhin in Betracht kommen (vgl. BGH, NJW 2008, 1946 = FamRZ 2008, 963 [966]; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.08.2008 - 5 UF 185/07 zu §§ 1572, 1573, 1578 b II BGB, NJW 2008, 3440 f):

„... Die Ag. begehrt vom Ast. nachehelichen Unterhalt. Der Scheidungsausspruch ist seit dem 3. 12. 2007 rechtskräftig. Seit Dezember 2007 ist die zweckgebundene Förderung der Ag. für die aufgenommene selbstständige Tätigkeit entfallen, zum Ende April 2008 hat sie diese Tätigkeit auf Verlangen der Arbeitsagentur einstellen müssen. Das AG - FamG - hat der Ag. im Verbund mit der Scheidung monatlich 896 Euro nachehelichen Unterhalt unbefristet zugesprochen. Allein dagegen richtet sich die Berufung des Ast., die weiterhin auf Abweisung der Unterhaltsklage zielt, hilfsweise auf eine Befristung von längstens einem Jahr. Das OLG hat den nachehelichen Unterhalt befristet bis 21. 12. 2010. ...

Zwar teilt der Senat die Auffassung des AG, dass der Ast. grundsätzlich jedenfalls gem. §§ 1569, 1573 I, II BGB auch nach der Scheidung noch zum Unterhalt der Ag. verpflichtet ist, weil nicht zu erwarten ist, dass die inzwischen über 50 Jahre alte Ag. unter Berücksichtigung ihrer bisherigen beruflichen Entwicklung in Verbindung mit ihren gesundheitlichen Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt zeitnah eine auskömmliche Vollerwerbstätigkeit zu finden vermag, selbst wenn sich ihre in dem Gutachten aus dem Mai 2006 bestätigten psychischen und körperlichen Einschränkungen entsprechend den Erwartungen im Gutachten verbessern.

Der Senat geht allerdings auch davon aus, dass sie bei entsprechenden Anstrengungen auf dem derzeitigen Arbeitsmarkt einer Halbtagsbeschäftigung mit einem Bruttoeinkommen von etwa 9 Euro je Stunde nachgehen könnte, was dann in etwa zu dem vom AG zu Grunde gelegten Nettoeinkommen aus der Zeit der zuletzt tatsächlich ausgeübten selbstständigen Tätigkeit führen würde; d.h. bei monatlich circa 80 Stunden kann sie monatlich etwa 720 Euro brutto, entsprechend 581,70 Euro netto verdienen, die dann unterhaltsrechtlich nach Abzug von 5% berufsbedingten Aufwendungen und 1/7 Erwerbstätigenbonus mit 473,70 Euro zu berücksichtigen sind. Zuzüglich fiktiver 44 Euro aus Kapitalvermögen sind hiernach monatlich 517,70 Euro auf Seiten der Ag. in Ansatz zu bringen.

Das maßgebliche Einkommen des Ast. stellt sich nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung wie folgt dar:

Dem jährlichen Bruttoeinkommen von zunächst 60045,76 Euro (55 395,23 Euro bis Nov. 2007 + 4650,53 Euro im Dez. 2007) sind für die Pkw-Nutzung noch 3308,64 Euro (3032,92 Euro bis Nov. + 275,72 Euro im Dez. 2007) zuzuschlagen. Nach Abzug der Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, Kontoführungsbeträge und vermögenswirksamen Leistungen (des Arbeitgebers) von insgesamt 32 148,80 Euro und Abzug weiterer 153,31 Euro Steuernachberechnung für Dez. 2007 verbleiben 31052,29 Euro, entsprechend monatlich 2587,69 Euro aus seiner Erwerbstätigkeit. Dieses Nettoeinkommen kann der Ast. um weitere 106,09 Euro für zusätzliche Altersversorgung, 124,08 Euro (5% berufsbedingte Aufwendungen) und 336,79 Euro (1/7 Erwerbstätigenbonus) auf 2020,73 Euro bereinigen.

Für die selbst genutzte Wohnung nebst Garagenstellplatz ist gemäß dem in der Folgesache Zugewinnausgleich eingeholten Gutachten ein weiteres monatliches Einkommen von 497,50 Euro anzusetzen, das allerdings um den Darlehensabtrag von 370,69 Euro auf dann verbleibende 126,81 Euro bereinigt werden kann. Dem Ast. ist in diesem Zusammenhang zuzugeben, dass er bei dem zu Grunde gelegten Bruttoeinkommen auch nach der geänderten Rechtsprechung des BGH vom 5. 3. 2008 weiterhin den in dem oben genannten Hausabtrag enthaltenen Tilgungsanteil von 55,35 Euro neben den bereits berücksichtigten 106,09 Euro aus dem Gesichtspunkt der zusätzlichen Altersversorgung in Abzug bringen kann (vgl. BGH, NJW 2008, 1946 = FamRZ 2008, 963 [966] Rdnrn. 23, 24).

Damit sind auf Seiten des Ast. monatlich 2020,73 Euro aus Erwerbseinkommen + 126,81 Euro aus Vermögen = insgesamt monatlich 2147,54 Euro den oben ermittelten fiktiven Gesamteinkünften der Ag. von monatlich 517,70 Euro gegenüber zu stellen. Da auf beiden Seiten auch bereits der jeweilige Erwerbstätigenbonus abgezogen ist, beläuft sich der monatliche Unterhaltsanspruch der Ag. auf die Hälfte der Differenz beider Beträge, mithin 1629,84 Euro : 2 = aufgerundet 815 Euro. Dieser Anspruch ist allerdings vorliegend gem. § 1578b II BGB in der seit 1. 1. 2008 geltenden Fassung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls auf eine Dauer von drei Jahren zu begrenzen. Der BGH hat bereits zum alten Recht (vgl. BGH, NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793) und nunmehr wiederholt seit 1. 1. 2008 zur Anwendung des neuen § 1578b BGB entschieden, dass eine Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs zu erfolgen hat, wenn dem Verpflichteten gegenüber eine zeitlich unbegrenzte Unterhaltsverpflichtung unbillig wäre und der oder die Berechtigte keine wesentlichen ehebedingten Nachteile erlitten hat, insbesondere auch unter Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung während der Ehe und der Dauer der Ehe (BGH, NJW 2008, 2581 = FamRZ 2008, 1325; NJW 2008, 2644). Neu ist allerdings, dass die Befristung nach § 1578b BGB nicht nur Ansprüche nach § 1573 BGB, sondern auch etwaige wegen Alters und Krankheit nach §§ 1571, 1572 BGB erfasst.

Vorliegend ist ein wesentlicher Teil der Erziehung des gemeinsamen Kindes bereits vor Eheschließung im Jahre 1993 erfolgt. Nach der Eheschließung haben die Parteien nur noch etwa sieben Jahre zusammengelebt; nach acht Jahren Ehezeit ist das Scheidungsverfahren rechtshängig geworden. Nach ihrem eigenen Vortrag in der Antragsschrift der Folgesache Unterhalt vom 12. 8. 2002 hat die Ag. in der Ehe regelmäßig ein eigenes Einkommen von 2500 DM erzielt. Sie ist nach knapp zweijähriger Trennung der Parteien durch die Insolvenz ihrer früheren Arbeitgeberin im August 2002 arbeitslos geworden; besondere berufliche Nachteile wegen der Eheschließung sind deswegen jedenfalls nicht ersichtlich. Andererseits sind ihre psychischen Probleme und auch die körperlichen Einschränkungen während der Ehezeit aufgekommen. Auch wenn laut amtsärztlichem Ergänzungsgutachten des Gesundheitsamtes vom 18. 5. 2006 die gesundheitliche Prognose „trotzdem als günstig einzuschätzen" ist, wird es aber, wie der in den letzten Monaten erfolglos unternommene Versuch einer Verselbstständigung gezeigt hat, noch erheblicher Anstrengungen der Ag. über einen weiteren Übergangszeitraum bedürfen, bis sie wieder ein eigenständiges Leben ohne Unterstützung des Ast. führen kann. Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände und Abwägung der beiderseitigen Belange hält es der Senat hiernach für angemessen, dass der Ast. im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit der Ag. die finanzielle Unterstützung für eine Gesamtdauer von drei Jahren nach der Scheidung und damit bis zum Ende des Jahres 2010 im oben errechneten Umfang zukommen lässt. Das ist auch für ihn unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse ein überschaubarer und noch zumutbarer Zeitraum.

Die weitergehende, auf eine vollständige Abweisung der Klage gerichtete Berufung war deswegen als unbegründet zurückzuweisen. ..."

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„... Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB schuldet. Wegen der guten wirtschaftlichen Verhältnisse ist der Bedarf der Antragsgegnerin gemäß § 1578 Abs. 1 BGB erst nach Abzug des Kindesunterhalts zu bestimmen. Das gilt hier nicht nur für die beiden minderjährigen Kinder des Antragstellers, sondern auch für den Unterhalt der volljährigen A…. Dem steht die neue Rangstufenregelung des § 1609 Nr. 4 BGB nicht entgegen, da unter den gegebenen guten Einkommensverhältnissen der angemessene Lebensbedarf der Antragsgegnerin nicht gefährdet wird (vgl. in diesem Zusammenhang auch Borth, a.a.O., Rdnr. 276). Ist der Kindesunterhalt bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts vorweg abgezogen worden, so beteiligt sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte bereits auf diese Weise am Kindesunterhalt. Denn der Vorwegabzug des Kindesunterhalts vom anrechnungsfähigen Einkommen des Unterhaltspflichtigen vermindert den Anspruch auf Ehegattenunterhalt. Müsste sich der unterhaltsberechtigte Elternteil unter Berücksichtigung seines Unterhaltsanspruchs als anrechenbares Einkommen am Volljährigenunterhalt beteiligen, so liefe das auf eine unzulässige Doppelbeteiligung hinaus (vgl. hierzu OLG Hamm, FamRZ 1996, 1234; Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rdnr. 151). ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 22.04.2008 - 10 UF 226/07)

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Bei einem Unterhalt wegen Krankheit kommt der ehelichen Solidarität gesteigerte Bedeutung zu. Bei einer langen Ehedauer und drohender Verschlechterung des Gesundheitszustandes in der Zukunft kann daher von einer Befristung abgesehen werden (OLG Nürnberg, Urteil vom 28.01.2008 - 10 UF 1205/07 zu BGB § 1572, § 1587 b).

§ 1574 Angemessene Erwerbstätigkeit

(1) Dem geschiedenen Ehegatten obliegt es, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben.

(2) Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht, soweit eine solche Tätigkeit nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Bei den ehelichen Lebensverhältnissen sind insbesondere die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen.

(3) Soweit es zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich ist, obliegt es dem geschiedenen Ehegatten, sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, wenn ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist.

Hinweis:

Die früher ausgeübte Erwerbstätigkeit wird regelmäßig als angemessen angesehen. Die ehelichen Lebensverhältnisse sind kein gleichrangiges Kriterium mehr. Die Bedeutung der Erwerbsobliegenheit ist verstärkt worden.

Leitsätze/Entscheidungen:

*** (BGH)
Es ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Tatsachengerichte im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon ausgehen, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe des Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrags vollständig für den Lebensbedarf der Familie verwendet worden ist. Der Unterhaltsbedarf kann in diesem Fall ohne Darlegung der konkreten Einkommensverwendung nach der Einkommensquote bemessen werden. Soweit das Einkommen darüber hinausgeht, hat der Unterhaltsberechtigte, wenn er dennoch Unterhalt nach der Quotenmethode begehrt, die entsprechende Verwendung des Einkommens für den Lebensbedarf darzulegen und im Bestreitensfall in vollem Umfang zu beweisen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. November 2017 - XII ZB 503/16, BGHZ 217, 24 = FamRZ 2018, 260). Als Familieneinkommen in diesem Sinn ist dabei das Einkommen anzusehen, das für den ehelichen Lebensbedarf der beiden Ehegatten zur Verfügung steht und damit insoweit unterhaltsrelevant ist. Die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten ist ausnahmsweise für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs des früheren Ehegatten zu berücksichtigen, soweit sie - etwa als Anspruch auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1615l BGB - bereits die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat (Fortführung von Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09, BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 und Senatsbeschluss vom 7. Mai 2014 - XII ZB 258/13, FamRZ 2014, 1183). Jedenfalls wenn der Unterhaltspflichtige eine unterhaltsrechtlich anzuerkennende zusätzliche Altersvorsorge betreibt, ist es geboten, dies auch dem Unterhaltsberechtigten durch eine entsprechende Erhöhung des Altersvorsorgeunterhalts zu ermöglichen (BGH, Beschluss vom 25.09.2019 - XII ZB 25/19).

***

Eine angemessene Erwerbstätigkeit im Sinne von § 1574 BGB kann auch in der Ausübung von zwei Teilzeitbeschäftigungen bestehen. Kapitalerträge aus einem Vermögen, welches einem Ehegatten nach der Scheidung durch Erbfall angefallen ist, können in die Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen nur dann einbezogen werden, wenn die Erwartung des künftigen Erbes schon während bestehender Ehe so wahrscheinlich war, dass die Eheleute ihren Lebenszuschnitt vernünftigerweise darauf einrichten konnten und auch eingerichtet haben (im Anschluss an Senatsurteil vom 23. November 2005, XII ZR 51/03, FamRZ 2006, 387). Zur sekundären Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten hinsichtlich ehebedingter Nachteile bei der Unterhaltsbegrenzung (im Anschluss an Senatsurteile, 24. März 2010, XII ZR 175/08, BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875, vom 20. Oktober 2010, XII ZR 53/09, FamRZ 2010, 2059 und vom 26. Oktober 2011, XII ZR 162/09, FamRZ 2012, 93; BGH, Urteil vom 11.07.2012 - XII ZR 72/10).

***

Der unterhaltsberechtigte Ehegatte trägt im Rahmen des Unterhaltsanspruchs wegen Erwerbslosigkeit die Darlegungs- und Beweislast nicht nur dafür, dass er keine reale Chance auf eine Vollzeitarbeitsstelle hat, sondern auch dafür, dass dies in gleicher Weise für eine geringfügige Beschäftigung (sog. Mini-Job) und auch für eine Erwerbstätigkeit im Rahmen der Gleitzone nach § 20 Abs. 2 SGB IV (sog. Midi-Job) zutrifft. Bewohnt der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung weiterhin das eheliche Einfamilienhaus, geht dies im Rahmen der konkreten Bedarfsermittlung regelmäßig über seinen Wohnbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen hinaus. Dieser wird bereits durch eine dem ehelichen Standard entsprechende Wohnung für eine Person gedeckt. Zum Verhältnis von Vermögensverwertung nach § 1577 Abs. 1 BGB und Herabsetzung/Befristung des Unterhalts nach § 1578b BGB ( BGH, Urteil vom 18.01.2012 - XII ZR 178/09 zu §§ 1573, 1574, 1577 I, § 1578, 1578b BGB u.a. - Volltext siehe zu § 1573 BGB).

*** (OLG)

Die Höherstufung des Kindesunterhalts um eine Einkommensgruppe ist eine wesentliche Änderung i.S. des § 323 I ZPO. Betreut die in der Ehe nicht erwerbstätig gewesene Ehefrau zwei Kinder im Grundschulalter, kann von ihr auch nach dem neuen Unterhaltsrecht nicht abrupt eine Vollzeittätigkeit verlangt werden. Das Kindeswohl erfordert vielmehr einen gestuften Übergang (hier: ab Mitte 2008 fünf Stunden Arbeitszeit pro Tag; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.05.2008 - 2 WF 62/08 zu ZPO § 323 I; BGB §§ 1570, 1574, NJW 2008, 2658 f):

„... II. Maßgeblich für die Höhe der Kindesunterhaltsansprüche der Kl. zu 2 und 3 ist das dem Bekl. anzurechnende Einkommen. … Dem Bekl. verbleiben noch 1906,39 Euro. Damit ist nach der nunmehrigen Düsseldorfer Tabelle von dem Bekl. der von den Kl. zu 2 und 3 geltend gemachte Kindesunterhalt in Höhe von 110% des Mindestunterhalts zu zahlen, mithin jeweils ein Zahlbetrag von 278 Euro statt der bisher unter Berücksichtigung des anzurechnenden Kindergeldes gezahlten 254 Euro. Die Höhergruppierung um eine Einkommensgruppe stellt eine wesentliche Änderung dar, so dass das Begehren der Kl. zu 2 und 3 Aussicht auf Erfolg hat.

Es verbleibt dem Bekl. nach Abzug der Beträge für den Kindesunterhalt mithin ein Einkommen von 1350,39 Euro. Der Kl. zu 1 ist jedenfalls ab Mitte des Jahres 2008 ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit zuzurechnen. Denn die Kl. hat, wie dies durch die nunmehrigen §§ 1569, 1570, 1574 BGB fixiert ist, grundsätzlich bestehende Kinderbetreuungsplätze zu nutzen, um auch selbst einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, und ist darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass solche Möglichkeiten im konkreten Fall nicht bestehen, wozu jedoch jeder Vortrag fehlt. Indessen kann von der Kl. zu 1 unter Berücksichtigung des Alters der Kinder eine Vollzeittätigkeit nicht erwartet werden.

Hieran hat sich auch durch die am 1. 1. 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsreform nichts geändert. Denn obwohl danach der Grundsatz der Eigenverantwortung gestärkt wurde, ergibt sich auch aus der Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Dr 16/6980, abgedruckt in FamRZ 2007, 1947) doch, dass der Basisunterhalt gem. § 1570 I 2 und 3 BGB dann zu verlängern ist, wenn kindbezogene Gründe dies erfordern. Dies bedeutet, dass sich der betreuende Elternteil nicht auf Fremdbetreuungsmöglichkeiten verweisen lassen muss, wenn dies mit den Kindesbelangen nicht vereinbar ist. Soweit es das Kindeswohl erfordert, hat daher das Prinzip der Eigenverantwortung zurückzustehen.

Das Gesetz enthält zwar keine ausdrückliche Vorgabe zu der Frage, in welchem Umfang der betreuende Elternteil bei einer bestehenden Betreuungsmöglichkeit auf eine eigene Erwerbstätigkeit verwiesen werden kann. Mit den Worten „soweit und solange" wird jedoch deutlich gemacht, dass es auch hier auf die Verhältnisse des Einzelfalls ankommt. Die Neuregelung verlangt also keineswegs einen abrupten übergangslosen Wechsel von der elterlichen Betreuung zur Vollzeittätigkeit. Im Interesse des Kindeswohls ist vielmehr auch künftig ein gestufter Übergang möglich. Darüber hinaus wurde durch § 1570 II BGB auch die Möglichkeit geschaffen, den Unterhaltsanspruch aus dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität zu verlängern. Dies wird insbesondere dann geboten sein, wenn dem betreuenden Ehegatten ein schützenswertes Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung zuzubilligen ist. Hier finden die konkreten ehelichen Lebensverhältnisse sowie die nachwirkende eheliche Solidarität ihren Niederschlag.

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben kann von der Kl. zu 1 eine weitergehende Erwerbstätigkeit als fünf Stunden täglich nicht verlangt werden. So kann nicht übersehen werden, dass die Kl. zu 1 neben einer Vollzeittätigkeit schließlich auch noch Zeit benötigen würde, um zu einer etwaigen Arbeitsstätte zu gelangen, und darüber hinaus auch noch die notwendigen Einkäufe tätigen muss, um die Kinder angemessen zu versorgen. Für die Kinder und deren Förderung verbliebe ihr daher kaum noch Zeit, was die Entwicklung der Kinder entscheidend beeinträchtigen würde. Dies gilt umso mehr, als sich beide Kinder noch in der Grundschule befinden und dort gerichtsbekannt auch stets der Förderung und Hilfe bei Hausaufgaben und Freizeitaktivitäten bedürfen. Der Kl. zu 1 gleichwohl die Verpflichtung zu einer Vollzeittätigkeit aufzuerlegen, würde im Ergebnis darauf hinauslaufen, dass die Kl. zu 1 sämtliche Lasten der Kinderbetreuung neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu tragen hätte, was auf eine deutlich ungleiche Lastenverteilung beider Elternteile hinauslaufen würde. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Kl. zu 1 auch in der Vergangenheit nicht erwerbstätig war, vielmehr erstmals nach der Scheidung eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hat. Von daher ergibt sich auch aus dem Grundsatz der nachehelichen Solidarität ein schützenswertes Vertrauen dahingehend, dass sie nunmehr auch weiterhin die Kinder jedenfalls zum größten Teil selbst versorgen und betreuen kann. Der Senat hält daher eine Tätigkeit von fünf Stunden täglich auf Seiten der Kl. zu 1 für ausreichend, was einem monatlichen Arbeitsumfang von rund 108 Stunden entspricht.

Die Kl. zu 1 hat bislang nicht vorgetragen, über welche Ausbildung sie verfügt und wie sich ihr Berufsleben in der Vergangenheit gestaltet hat. Zu Gunsten der Kl. zu 1 geht der Senat daher im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren davon aus, dass ein höherer Stundenlohn als 7,50 Euro von ihr nicht erzielt werden kann, mithin 810 Euro brutto monatlich. Dies entspricht einem monatlichen Nettoeinkommen von 645,55 Euro, von dem nach Abzug der Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen von 32,28 Euro noch 613,27 Euro verbleiben. Es errechnet sich hiernach ein Unterhaltsanspruch der Kl. zu 1 von ([1350,39 Euro - 613,27 Euro] x 3/7 =) 315,91 Euro, aufgerundet 316 Euro. Hierfür ist der Bekl. unter Berücksichtigung des gegenüber dem Ehegatten zu wahrenden Selbstbehalt von 1000 Euro auch leistungsfähig. ..."

***

„... Wegen Verletzung ihrer Erwerbsobliegenheit muss sich die Antragsgegnerin jedenfalls ab Anfang 2008 ein für sie erzielbares Einkommen in Höhe von bereinigt 1.000 € monatlich zurechnen lassen. Sie kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die fiktive Zurechnung eines solchen Einkommens scheitere daran, dass für sie auf dem Arbeitsmarkt keine reale Beschäftigungschance bestehe.

Nach der seit dem 01.01.2008 geltenden Neufassung des § 1574 BGB ist von der Antragsgegnerin zu erwarten, dass sie eine objektiv „angemessene„ Tätigkeit ausübt. Die Frage der Angemessenheit im Sinne von § 1574 Abs. 2 BGB ist nicht nur anhand der schon bisher geltenden Kriterien zu ermitteln. Vielmehr ist nach dem neu hinzugefügten Kriterium darauf abzustellen, welche Erwerbstätigkeit früher ausgeübt worden ist. Eine frühere Erwerbstätigkeit ist grundsätzlich als angemessen zu beurteilen, es sei denn, eine solche Tätigkeit wäre nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig. Hierauf muss sich jetzt der Unterhaltsgläubiger selbst berufen. Er muss Tatsachen, aus denen sich ein unzumutbares Abweichen der Erwerbstätigkeit von nachhaltig gestalteten ehelichen Lebensverhältnissen ergibt, konkret als Einwand vorbringen und gegebenenfalls beweisen. Äußert er sich nicht, so wird eine Tätigkeit auch dann als zumutbar angesehen, wenn sie objektiv unter dem ehelichen Niveau liegt. Eine Garantie dafür, dass es beim ehelichen Lebensstandard bleiben wird, wie das nach bisherigem Recht häufig angenommen wurde, soll es grundsätzlich nicht mehr geben. Mit der Obliegenheit zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit soll gerade auch die wirtschaftliche Eigenverantwortung (§ 1569 BGB) des unterhaltsberechtigten Ehegatten betont werden (vgl. hierzu Dose, FamRZ 2007, 1289/1297; Kalthoener/Büttner/ Niepmann, a.a.O., Rdnr. 459). Als angemessen im Sinne von § 1574 BGB n. F. ist nicht nur eine Erwerbstätigkeit anzusehen, welche vor der Ehe ausgeübt worden ist. Vielmehr gilt dies gleichermaßen für Fortbildungsmaßnahmen und sonstige Qualifikationen. Solche hat vorliegend auch die Antragsgegnerin in der Ehezeit durchgeführt. Nach dem von ihr selbst für die Bundesagentur für Arbeit erstellten Bewerbungsprofil hat sie Berufspraxis als Diätassistentin sowie als Köchin mit Tätigkeitsschwerpunkt Catering und als Ernähungsberaterin. Zusätzlich besitzt sie Qualifikationen als so genannte Tri-Fit-Trainerin (Übergewichtprogramm), im Pflegehilfsdienst (Altenpflegehelferin) und in der Farb- und Stilberatung, die sie in der Ehezeit erworben hat. Auch während ihrer mehrjährigen Selbständigkeit hat die Antragsgegnerin ein beruflich verwertbares Können und sonstige Fertigkeiten dazu gewonnen. In ihrem Bewerbungsprofil hebt die Antragsgegnerin selbst besonders hervor, gerade auch im Bereich des Kochens über ein umfangreiches sowie gutes Können zu verfügen und seit 11/2002 praktische Erfahrungen mit der Arbeit als Köchin gesammelt zu haben. Daneben verweist sie auf Kochkurse, die sie im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeit gegeben hat. Ferner war die Antragsgegnerin nach ihren Angaben im Senatstermin während ihrer Tätigkeit an der Uni-Kinderklinik T… unter anderem als Diätköchin tätig. Der von der Antragsgegnerin angebotene Catering-Service „R…„ ist ebenfalls mit Kochen verbunden. Danach kann es der Antragsgegnerin insbesondere zugemutet werden, als Köchin in einem Angestelltenverhältnis zu arbeiten. Dies stellt nach ihrer Erwerbsbiographie eine angemessene Tätigkeit im Sinne von § 1574 Abs. 2 BGB dar. Ungeachtet ihrer fehlenden Berufsausbildung als Köchin besitzt die Antragsgegnerin hinreichende praktische Qualifikationen und Erfahrungen. Soweit sich die Antragsgegnerin auf mangelnde Berufserfahrungen als Großküchen- und Betriebsköchin beruft, könnte sie ihre Kenntnisse und Fähigkeiten gegebenenfalls durch die Teilnahme an entsprechenden Fortbildungskursen dahin erweitern, dass sie auch in Betriebskantinen oder Großküchen einsetzbar wäre. Die Beurteilung der Angemessenheit im Sinne von § 1574 Abs. 2 BGB hängt dabei nicht davon ab, ob die Antragsgegnerin insoweit auch einen beruflichen Abschluss erreicht hat. Entscheidend ist vielmehr, dass die Antragsgegnerin während der Ehe und über die Trennung hinaus tatsächlich in diesem Bereich gearbeitet hat und sie als Köchin tätig gewesen ist bzw. Kochkurse gegeben hat.

Es besteht für die Antragsgegnerin auch die reale Chance, im Raum B…/Br… eine angemessene Erwerbstätigkeit als Köchin zu finden. Ausweislich des im Internet abrufbaren „WSITarifarchivs„ der Hans-Böckler-Stiftung werden im Hotel- und Gaststättengewerbe nicht nur Köchinnen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung gesucht. Die Suche potentieller Arbeitgeber erstreckt sich auch auf Personen, die nur über Berufserfahrungen im fachlich entsprechenden Tätigkeitsbereich verfügen, also auf angelernte Kräfte. Unter Berücksichtigung ihrer Erwerbsbiographie und ihres eigenen Bewerbungsprofils bestand für die Antragsgegnerin danach im zweiten Halbjahr 2007 die Obliegenheit, intensiv nach einer angemessenen Anstellung als Köchin zu suchen. Ebenso hätte es für sie nahe gelegen, sich mit der gebotenen Intensität um eine Stelle als angestellte Diätassistentin oder im Pflegedienstleistungsbereich zu bewerben.

Bei dieser Sachlage vermag der Senat auf der einen Seite nicht festzustellen, dass für die Antragsgegnerin - wie von ihr pauschal behauptet - im Zeitpunkt der Scheidung keine reale Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt bestanden hätte. Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass für Arbeitssuchende wie die Antragsgegnerin wegen der schlechten Arbeitsmarktlage keine neue Anstellung zu finden ist. Eine solche Feststellung ließe sich nur dann treffen, wenn die Antragsgegnerin alle gebotenen Anstrengungen unternommen hätte und die im Einzelnen darge20 legten Bewerbungsbemühungen nicht zum Erfolg geführt hätten. Daran fehlt es hier. Die Antragsgegnerin muss sich daher wegen unzureichender Arbeitsbemühungen ein fiktives Einkommen aus einer vollschichtigen sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit - zum Beispiel als Köchin, Diätassistentin oder im Pflegedienstleistungsbereich - zurechnen lassen. Bei der Frage der fiktiven Einkommenshöhe darf allerdings nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Antragsgegnerin viele Jahre keine berufliche Tätigkeit ausgeübt hat und ihre selbständige Tätigkeit wirtschaftlich gesehen letztlich nicht zum Erfolg geführt hat. Unter diesen Umständen sowie unter Berücksichtigung der Verhältnisse des heutigen Arbeitsmarktes und angesichts des Umstands, dass die Antragsgegnerin im fortgeschrittenen Alter von fast 48 Jahren nach einer neuen Stelle suchen musste, bestand für sie nach den Erfahrungen des Senats im Zeitpunkt der rechtskräftigen Ehescheidung und besteht auch derzeit nicht die Chance, einen Bruttostundenlohn von über 9 € zu erzielen. Der im Internet abrufbare Lohnspiegel der Hans-Böckler-Stiftung spricht ebenfalls dagegen. Auf der Grundlage von Lohnsteuerklasse II/1,0 Kinderfreibetrag und unter Abzug einer berufsbedingten Aufwendungspauschale - wie auch dem Antragsteller zugebilligt - schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO das für die Antragsgegnerin ab Beginn des Anspruchszeitraums erzielbare und ihr fiktiv zuzurechnende Nettoeinkommen auf bereinigt 1.000 € monatlich. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 22.04.2008 - 10 UF 226/07)

§ 1575 Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung

(1) Ein geschiedener Ehegatte, der in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen hat, kann von dem anderen Ehegatten Unterhalt verlangen, wenn er diese oder eine entsprechende Ausbildung sobald wie möglich aufnimmt, um eine angemessene Erwerbstätigkeit, die den Unterhalt nachhaltig sichert, zu erlangen und der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist. Der Anspruch besteht längstens für die Zeit, in der eine solche Ausbildung im Allgemeinen abgeschlossen wird; dabei sind ehebedingte Verzögerungen der Ausbildung zu berücksichtigen.

(2) Entsprechendes gilt, wenn sich der geschiedene Ehegatte fortbilden oder umschulen lässt, um Nachteile auszugleichen, die durch die Ehe eingetreten sind.

(3) Verlangt der geschiedene Ehegatte nach Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung Unterhalt nach § 1573, so bleibt bei der Bestimmung der ihm angemessenen Erwerbstätigkeit (§ 1574 Abs. 2) der erreichte höhere Ausbildungsstand außer Betracht.

§ 1576 Unterhalt aus Billigkeitsgründen

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit und solange von ihm aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann und die Versagung von Unterhalt unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig wäre. Schwerwiegende Gründe dürfen nicht allein deswegen berücksichtigt werden, weil sie zum Scheitern der Ehe geführt haben.

Leitsätze/Entscheidungen:

Betreut der Unterhalt wegen Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes beanspruchende Ehegatte neben dem gemeinschaftlichen Kind ein weiteres nichtgemeinschaftliches Kind, so sind bei der Bemessung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Ehegatten grundsätzlich nur die Belange des gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen. Im Rahmen des Unterhaltsanspruchs nach § 1570 BGB ist nicht relevant, inwieweit der betreuende Ehegatte wegen der Betreuung eines weiteren nichtgemeinschaftlichen Kindes an der Ausweitung oder Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das nichtgemeinschaftliche Kind bereits während des ehelichen Zusammenlebens von dem betreuenden Ehegatten im Einverständnis des anderen Ehegatten betreut worden ist. Allein aus diesem Grund kann auch eine grobe Unbilligkeit im Sinne des § 1576 BGB nicht angenommen werden (OLG Koblenz, Urteil vom 16.03.2010 - 11 UF 532/09):

„... Im Rahmen des Unterhaltsanspruchs nach § 1570 BGB ist nur die Betreuung gemeinschaftlicher Kinder zu berücksichtigen. Die Betreuung eines nichtgemeinschaftlichen Kindes kann allenfalls im Rahmen des § 1576 BGB zu Lasten des Antragsgegners Berücksichtigung finden. § 1576 BGB ist als subsidiärer Auffangtatbestand und Ausnahmeregelung eng auszulegen und soll nur in Härtefällen Regelungslücken schließen. Nach § 1576 BGB kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit und so lange von ihm aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann und die Versagung von Unterhalt unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig wäre. Daran fehlt es hier. Allein die Tatsache, dass F während des nur wenige Jahre dauernden ehelichen Zusammenlebens der Parteien mit Einverständnis des Antragsgegners von der Antragstellerin betreut worden ist, reicht für die Annahme einer groben Unbilligkeit nicht aus (vgl. BGH FamRZ 1983, 800).

Von der Antragstellerin kann eine Ausweitung ihrer Halbtagstätigkeit auf eine Vollzeiterwerbstätigkeit derzeit nicht verlangt werden. Unter Berücksichtigung des konkreten Betreuungsbedarfs (vgl. BGH FamRZ 2009, 770) der gemeinsamen 5-jährigen Tochter der Parteien hält der Senat die Ausübung einer Dreiviertelstelle jedoch für zumutbar.

Das gemeinschaftliche Kind ist an Werktagen bis 16.30 Uhr betreut. Eine Ausweitung der Erwerbstätigkeit ist der Antragstellerin damit auf 30 Stunden pro Woche möglich, sofern die Tätigkeit in der Zeit ausgeübt werden kann, in der sich das Kind in dem Ganztagskindergarten befindet. In der zur Zeit ausgeübten Stelle der Antragstellerin ist hingegen die Ausweitung der Halbtagstätigkeit mit dem Kindeswohl nicht vereinbar, weil aufgrund der Spät- und Nachtdienste sowie der Wochenenddienste das Kind zusätzlich zu der Betreuung in dem Ganztagskindergarten anderweitig fremd betreut werden müsste. Es wird von dem Betreuungsunterhalt verlangenden Elternteil jedoch nicht verlangt, dass verschiedene Möglichkeiten der Fremdbetreuungen kombiniert werden müssen, um so allen Anforderungen eines - gegebenenfalls vollschichtigen - Arbeitsplatzes gerecht werden zu können.

Der Antragstellerin ist es jedoch zuzumuten, sich um einen anderen Arbeitsplatz zu bemühen, der es ihr ermöglicht, im Rahmen der vorhandenen Betreuungszeiten einer Dreiviertelstelle nachzugehen. Die Antragstellerin ist als examinierte Altenpflegerin in einem Sektor tätig, in dem grundsätzlich qualifizierte Kräfte gesucht werden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Antragstellerin einen entsprechenden Arbeitsplatz ohne Spät-, Nacht- und Wochenenddienste in der Nähe ihres Wohnortes finden kann. Auf den entsprechenden Hinweis des Senats hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Antragstellerin auch nicht behauptet, dass eine derartige Stelle nicht zu finden sei.

Um einen entsprechenden neuen Arbeitsplatz zu finden ist der Antragstellerin eine Übergangszeit bis zum 30. Juni 2010 zuzubilligen.

Soweit die Antragstellerin durch die Belange des weiteren Kindes F und dessen konkrete Betreuungssituation an der Aufnahme einer Dreiviertelstelle gehindert sein sollte, kann dies nicht zu Lasten des Antragsgegners berücksichtigt werden. Sollte der Antragstellerin wegen der Betreuung des nichtgemeinschaftlichen Kindes die Ausübung einer Dreiviertelstelle nicht zumutbar sein, erscheint es sachgerecht, dass die Antragstellerin sich diesbezüglich an den Vater des nichtgemeinschaftlichen Kindes wenden und von diesem den ihr nach § 1615 l BGB zustehenden Unterhalt in Höhe der Einkommensdifferenz zwischen der derzeitigen Halbtagsbeschäftigung und einer während der Kindergartenöffnungszeiten ausgeübten Dreiviertelstelle fordern muss.

Soweit die Antragstellerin behauptet, sie sei aus gesundheitlichen Gründen gehindert, ihre derzeitige Tätigkeit auszuweiten, ist dem vorgelegten Attest vom 2.11.2009 lediglich zu entnehmen, dass die Antragstellerin „zur Zeit aufgrund gesundheitlicher Probleme eine vollschichtige Beschäftigung in der ambulanten Tagespflege" nicht ausüben kann. Das Attest lässt jedoch nicht erkennen, dass der Antragstellerin in der Zeit ab Juli 2010 die Ausübung einer Dreiviertelstelle aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden kann.

Der Senat geht davon aus, dass die Antragstellerin bei Aufnahme einer Dreiviertelstelle - ausgehend von dem derzeit ohne Zuschläge für Wochenend- oder Feiertagsdienste erzielten Einkommen von 1.364,24 € brutto - 2.046,36 € brutto verdienen kann. Unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse II sowie eines Kinderfreibetrages von 0,5 (auch hier ist nur das gemeinschaftliche Kind zu berücksichtigen) ergibt sich ein Nettolohn in Höhe von 1.406,02 €. Nach Abzug pauschaler berufsbedingter Aufwendungen in Höhe von 5 % verbleibt ein bereinigtes Einkommen von 1.335,72 €.

Von dem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des Antragsgegners in Höhe von 2.420,00 € sind Renten- und Lebensversicherungsbeiträge in Höhe von nur 125,49 € (Altersvorsorgeaufwendungen in Höhe von höchstens 4 % des Bruttolohnes) und die vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 13,29 € in Abzug zu bringen. Zudem sind pauschale berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 5 %, die Kosten für die Unfallversicherung von 18,56 € sowie für die Diensthaftpflicht von 93,18 € zu berücksichtigen, so dass ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen in Höhe von 2.055,00 € verbleibt.

Die in dem angefochtenen Urteil abgezogenen ehebedingten Belastungen in Höhe von 498,00 € können für den hier streitgegenständlichen Zeitraum ab Dezember 2009 nicht mehr berücksichtigt werden, weil ausweislich des vorgelegten Darlehensvertrages vom 16.9.2003 die letzte Rate im September 2009 zu zahlen war und das Darlehen somit zwischenzeitlich zurückgezahlt worden ist.

Es errechnet sich für die Übergangszeit bis 30.Juni 2010 ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 383,00 €. Von dem derzeitigen durchschnittlichen Nettoeinkommen der Antragstellerin in Höhe von 1.036,00 € verbleiben nach Abzug pauschaler berufsbedingter Aufwendungen 984,20 €. Des Weiteren sind die durchschnittlich pro Monat entstehenden Kosten für die Kinderbetreuung während der Wochenenddienste in Höhe von 80,00 € in Abzug zu bringen sowie das Anreizsiebtel, so dass 775,00 € verbleiben.

Bei dem Antragsgegner verbleiben von dem bereinigten Einkommen in Höhe von 2.055,00 € nach Abzug des Kindesunterhalts (258 €) sowie des Anreizsiebtels 1.540,00 €. Der Unterhaltsanspruch beträgt aufgerundet 383,00 € (<1.540,00 € - 775,00 €> : 2).

Ab Juli 2010 ist bei der Antragstellerin von einem Nettogehalt in Höhe von 1.406,02 € auszugehen, von dem 5 % berufsbedingte Aufwendungen und das Anreizsiebtel abzuziehen sind. Der Unterhaltsanspruch beträgt für diesen Zeitraum aufgerundet 198,00 € (<1.540,00 € - 1.145,00 €> : 2).

Die Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB scheidet aus, da § 1570 BGB eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Im Übrigen ist nicht sicher absehbar, wann keine kind- oder elternbezogenen Verlängerungsgründe mehr vorliegen. ..."

§ 1577 Bedürftigkeit

(1) Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann.

(2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§§ 1578 und 1578b) leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht.

(3) Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

(4) War zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu erwarten, dass der Unterhalt des Berechtigten aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg, so besteht kein Anspruch auf Unterhalt. Dies gilt nicht, wenn im Zeitpunkt des Vermögenswegfalls von dem Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

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„Bedürftig" sind vor allem die hungernden Menschen dieser Welt. Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren. Das sind 17.280 Kinder pro Tag. 57.000 Menschen sterben pro Tag am Hunger (Quelle: World Food Report der UN).

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Leitsätze/Entscheidungen:

Bei der Berechnung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs ist die Kürzung der Altersbezüge des Unterhaltspflichtigen, die durch den zugunsten einer späteren Ehefrau durchgeführten Versorgungsausgleich erfolgt ist, als nicht eheprägend anzusehen, so dass das Einkommen des Unterhaltspflichtigen entsprechend zu erhöhen ist. Die Einkommensverminderung ist allein im Rahmen der Leistungsfähigkeit von Bedeutung (im Anschluss an Senatsurteil vom 7. März 2012, XII ZR 145/09, FamRZ 2012, 951). Es stellt regelmäßig keinen ehebedingten Nachteil i.S.d. § 1578b Abs. 1 BGB dar, wenn sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte während bestehender Ehe bereits aus der Zeit vor der Ehe für ihn bestehende Versorgungsanrechte kapitalisiert auszahlen lässt (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 9. Juli 1986, IVb ZR 39/85, FamRZ 1986, 886). Ein ehebedingter Nachteil, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt als dies bei hinweggedachter Ehe der Fall wäre, ist grundsätzlich als ausgeglichen anzusehen, wenn er Altersvorsorgeunterhalt hätte erlangen können (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 26. Februar 2014, XII ZB 235/12, FamRZ 2014, 823 und vom 7. November 2012, XII ZB 229/11, FamRZ 2013, 109; BGH, Beschluss vom 14.05.2014 - XII ZB 301/12).

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Der unterhaltsberechtigte Ehegatte trägt im Rahmen des Unterhaltsanspruchs wegen Erwerbslosigkeit die Darlegungs- und Beweislast nicht nur dafür, dass er keine reale Chance auf eine Vollzeitarbeitsstelle hat, sondern auch dafür, dass dies in gleicher Weise für eine geringfügige Beschäftigung (sog. Mini-Job) und auch für eine Erwerbstätigkeit im Rahmen der Gleitzone nach § 20 Abs. 2 SGB IV (sog. Midi-Job) zutrifft. Bewohnt der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung weiterhin das eheliche Einfamilienhaus, geht dies im Rahmen der konkreten Bedarfsermittlung regelmäßig über seinen Wohnbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen hinaus. Dieser wird bereits durch eine dem ehelichen Standard entsprechende Wohnung für eine Person gedeckt. Zum Verhältnis von Vermögensverwertung nach § 1577 Abs. 1 BGB und Herabsetzung/Befristung des Unterhalts nach § 1578b BGB ( BGH, Urteil vom 18.01.2012 - XII ZR 178/09 zu §§ 1573, 1574, 1577 I, § 1578, 1578b BGB u.a. - Volltext siehe zu § 1573 BGB).

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Berücksichtigung des Vorteils mietfreien Wohnens als Einkommen beim Trennungsunterhalt (BGH, Urteil vom 18.01.2012 - XII ZR 177/09 zu § 1361 I, II, 1577 I, III, 1613 II Nr 1 BGB u.a.):

„... II. Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Der Unterhaltsanspruch beruht auf § 1361 BGB. Die vom Berufungsgericht durchgeführte konkrete Bedarfsermittlung hält den Angriffen der Revision im wesentlichen stand.

a) Die Notwendigkeit der Krankenversicherungskosten (monatlich für das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung rund 495 €, außerdem durchgehend 244 € für die private Zusatzversicherung) lässt sich indessen mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht annehmen. Die Kosten würden vielmehr, soweit sie die gesetzliche Krankenversicherung ersetzen, nicht anfallen, wenn die Klägerin eine sozialversicherungspflichtige (Teilzeit-)Erwerbsstelle hätte finden können, was noch weiterer Aufklärung bedarf.

Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin im Rahmen der sie nach § 1361 Abs. 2 BGB treffenden Erwerbsobliegenheit nicht mehr als eine geringfügige Beschäftigung erlangen konnte. Das Berufungsgericht konnte zwar davon ausgehen, dass die Klägerin aufgrund ihrer persönlichen Umstände keine Vollzeitstelle mehr finden kann. Die Feststellungen des Berufungsgericht tragen hingegen nicht seine Folgerung, dass die Klägerin keine in die Gleitzone nach § 20 Abs. 2 SGB IV fallende Teilzeitbeschäftigung finden konnte. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das heutige Senatsurteil im Parallelverfahren zwischen den Parteien XII ZR 178/09 verwiesen.

Wiederum übereinstimmend mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, dass die Erwerbsobliegenheit der Klägerin schon zu Beginn des gesamten streitbefangenen Unterhaltszeitraums bestand. Dass die Klägerin nicht aus gesundheitlichen Gründen an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist, hat das Berufungsgericht offengelassen. In der Revisionsinstanz ist demnach zu unterstellen, dass insoweit keine Hinderungsgründe bestehen. Im Fall einer sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung würden der Klägerin für die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung keine gesonderten Krankenversicherungskosten entstehen.

Die Kosten der privaten Zusatzversicherung fallen hingegen auch im Fall der sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit an und sind daher Bestandteil des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 2001 - XII ZR 292/99 - FamRZ 2002, 88, 91).

b) aa) Die von der Revision vorgebrachten Beanstandungen zur Erforderlichkeit diverser Kosten (Wasser, Strom) betreffen Positionen, deren Anfall vor dem Berufungsgericht unstreitig gewesen ist, und daher in der Revisionsinstanz mangels insoweit erhobener Verfahrensrügen als solche nicht mehr in Frage gestellt werden können. Dass auch die Gartenpflege im bisherigen Umfang entgeltlich durch Dritte erledigt werden kann, entspricht dem ehelichen Lebensstandard, ohne dass es darauf ankommt, ob die Klägerin diese Arbeiten selbst verrichten kann. Ähnliches gilt für die Putzhilfe, deren Kosten in zulässiger Weise geschätzt worden sind. Die Erforderlichkeit der genannten Kosten setzt allerdings die unterhaltsrechtliche Billigung der weiteren Nutzung des Einfamilienhauses durch die Klägerin voraus und hängt damit von der gesondert zu behandelnden Bemessung des Wohnbedarfs (unten 1 d) und des der Klägerin zukommenden Wohnvorteils (unten 2 b) ab.

bb) Im Hinblick auf die Kosmetikaufwendungen (monatlich 105 €) kann die Revision die vom Berufungsgericht getroffene tatrichterliche Würdigung mit der alleinigen Erwägung, die Klägerin träfen nach der Trennung keine Repräsentationspflichten als Unternehmergattin mehr, nicht in Frage stellen. Schließlich macht die Klägerin auch die Kosten ihres Zigarettenkonsums mit Recht geltend. Der Ansatz dieser Position entspricht dem ehelichen Lebensbedarf. Die Ansicht der Revision, eine Finanzierung des Tabakkonsums sei mit einem Alkohol- oder Drogenmissbrauch vergleichbar und verstoße gegen Treu und Glauben, entbehrt der Grundlage.

c) Demgegenüber greifen auch die von der Revisionserwiderung gegen die Bedarfsermittlung des Berufungsgerichts erhobenen Beanstandungen nicht durch. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend gemachten Kosten künftiger kosmetischer Operationen (1.800 € pro Jahr) zu Recht als Sonderbedarf angesehen, welcher für jeden Einzelfall geltend zu machen ist (vgl. Senatsurteil vom 15. Februar 2006 - XII ZR 4/04 - FamRZ 2006, 612). Dass die Operationen aufgrund altersbedingter Erscheinungen notwendig werden und diese zwangsläufig auftreten, stellt das Ergebnis des Berufungsgerichts - abgesehen davon, dass das vorliegende Verfahren nur einen Unterhaltszeitraum von neuneinhalb Monaten betrifft - nicht in Frage, schon weil sich eine feste Zeitspanne zur Erneuerung bestimmter Maßnahmen (etwa Fettabsaugen) nicht festlegen lässt und eine Pauschalierung untunlich ist. Einen pauschalen trennungsbedingten Mehrbedarf hat das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend nicht anerkannt. Denn ein Mehrbedarf lässt sich nicht pauschalieren, sondern ist im Rahmen der konkreten Bedarfsermittlung vielmehr so vorzutragen, dass zumindest eine verlässliche Schätzungsgrundlage besteht.

d) Den Wohnbedarf der Klägerin hat das Berufungsgericht bis auf die darauf anfallenden Betriebskosten und Instandhaltungskosten, die es als Bedarfspositionen anerkannt hat, nicht berücksichtigt. Das hat es (im Rahmen der Bedürftigkeit) unter anderem damit begründet, dass es zugleich den Wohnvorteil des Eigenheims nicht als Einkommen berücksichtigt hat. Eine solche vereinfachende Rechnung setzt allerdings voraus, dass Wohnbedarf und Wohnvorteil übereinstimmen. Das ist aber hier nicht ohne weiteres der Fall. Denn die Klägerin bewohnt das Einfamilienhaus nunmehr allein und wohnt damit aufwändiger als zu Zeiten des ehelichen Zusammenlebens, als die Parteien sich das Haus noch teilten. Der Wohnbedarf der Klägerin ist demnach geringer als der mit der Nutzung des Einfamilienhauses verbundene (volle) Wohnwert (vgl. Senatsurteile vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963 Rn. 15 mwN und vom 22. April 1998 - XII ZR 161/96 - FamRZ 1998, 899, 901). Der Bedarf entspricht dem, was die Klägerin als Miete (einschließlich Nebenkosten) für eine dem Standard der Ehewohnung entsprechende und der Größe nach für eine Person (statt wie bisher für zwei Personen) genügende Wohnung aufzubringen hätte.

Der volle Nutzungswert des Hausgrundstücks bemisst sich demgegenüber nach den (Netto-)Mieteinnahmen, welche die Klägerin aus einer Vermietung der gesamten Immobilie erzielen könnte. Ob der Klägerin letztlich der volle Wohnwert als Einkommen zuzurechnen ist, hängt davon ab, ob der von ihr nicht benötigte Wohnraum für sie totes Kapital darstellt oder ihr eine andere Nutzung zumutbar ist, und ist im Rahmen der Bedürftigkeit zu überprüfen.

2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Bedürftigkeit begegnen in den bereits oben behandelten Fragen durchgreifenden Bedenken.

a) Eine auf teilweiser Erwerbslosigkeit beruhende Bedürftigkeit lässt sich nicht ohne weiteres in dem vom Berufungsgericht angenommenen Umfang feststellen. Entsprechend den obigen Ausführungen zu den Krankenversicherungsbeiträgen als Bedarfsposition hat die Klägerin nicht ausgeräumt, dass sie ein in die sogenannte Gleitzone fallendes Einkommen erwirtschaften kann, was zur Anrechnung eines 400 € übersteigenden fiktiven Einkommens führt. Ob und in welchem Umfang dies begründet ist, bedarf - ggf. nach Ergänzung des Parteivorbringens und Beweiserhebung - der erneuten tatrichterlichen Beurteilung.

b) Zum Wohnwert hat das Berufungsgericht ausgeführt, ein solcher falle der Klägerin zwar zu, weil sie mietfrei wohne. Hierbei handele es sich aber um eine fiktive Größe. Ein konkreter Geldfluss, den die Klägerin zur Bedarfsdeckung einsetzen könnte, folge daraus nicht. Würde man den Wohnwert dennoch als Einkommensbestandteil berücksichtigen, müsste man folgerichtig eine entsprechende Position in gleicher Höhe in die Bedarfsberechnung einstellen. Damit hat das Berufungsgericht - wie bereits oben ausgeführt - verkannt, dass sich der Wohnwert und der Wohnbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht ohne weiteres entsprechen.

Nach der Rechtsprechung des Senats war von der Klägerin schon zu Beginn des streitgegenständlichen Unterhaltszeitraums ein anderweitiger Einsatz des Hausgrundstücks zu verlangen. Zwar ist der Vorteil mietfreien Wohnens nach der Trennung der Parteien zunächst regelmäßig nur noch in dem Umfang zu berücksichtigen, wie er sich als angemessene Wohnungsnutzung durch den in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten darstellt. Dabei ist auf den Mietzins abzustellen, den er auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine dem ehelichen Lebensstandard entsprechende kleinere Wohnung zahlen müsste (Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879, 880 f.; vgl. Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 479). Ist eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft allerdings nicht mehr zu erwarten, etwa wenn ein Scheidungsantrag rechtshängig ist oder die Ehegatten die vermögensrechtlichen Folgen ihrer Ehe abschließend geregelt haben, sind solche Ausnahmen von der Berücksichtigung des vollen Mietwerts nicht mehr gerechtfertigt (Senatsurteile vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963 Rn. 15).

Im vorliegenden Fall ist demnach der volle Mietwert zu berücksichtigen. Zu Beginn des streitbefangenen Zeitraums war das Scheidungsverfahren rechtshängig und hatten die Parteien ihre Vermögensverhältnisse jedenfalls im wesentlichen abschließend geregelt. Da andere Gründe für eine Unzumutbarkeit einer anderweitigen Verwendung des Hausgrundstücks nicht vorliegen, sondern insbesondere die hohen Betriebskosten eine andere Nutzung sogar nahelegen, ist der Klägerin der volle Mietwert als (erzielbares) Einkommen anzurechnen.

Daraus ergeben sich zugleich Folgerungen für die Notwendigkeit der als Bedarfsposten anerkannten Betriebskosten. Denn diese sind vermeidbar, sofern sie auf einen Mieter umgelegt werden können (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 29 ff.). Als eigener Bedarf entstehen der Klägerin für eine kleinere Wohnung sodann nur entsprechend geringere Kosten.

c) Bei den Einnahmen der Klägerin aus Vermietung hat das Berufungsgericht die Abschreibungen für Abnutzung wegen der Besonderheiten des vorliegenden Falles zu Recht berücksichtigt.

Zwar berühren nach der Rechtsprechung des Senats Abschreibungen für die Abnutzung von Gebäuden das unterhaltsrechtlich maßgebende Einkommen nicht, weil ihnen lediglich ein Verschleiß von Gegenständen des Vermögens zugrunde liege und die zulässigen steuerlichen Pauschalen vielfach über das tatsächliche Ausmaß der Wertminderung hinausgingen. Darüber hinaus sei zu beachten, dass sie durch eine günstige Entwicklung des Immobilienmarktes ausgeglichen werden könnten (Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159, 1160 mwN). Ob hieran in Anbetracht der Kritik (vgl. etwa Wendl/Kemper Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 347 f.) festzuhalten ist, bedarf aber keiner Entscheidung. Denn der vorliegende Fall ist insoweit besonders gelagert, als sich der Wertverlust anhand konkreter Zahlen (Gebäudewert im Jahr 1985 und Verkaufspreis im Jahr 2007) ausnahmsweise konkret feststellen lässt (vgl. auch Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 457). Das Berufungsgericht konnte sich hier darauf stützen, dass sich die Abschreibungsbeträge und der seit 1985 bis zur Veräußerung im Jahr 2007 eingetretene Wertverlust in etwa entsprechen.

Dies ist als tatrichterliche Würdigung von der Revision nicht in Frage gestellt worden. Dass die Immobilienpreise ständig schwanken, stellt für sich genommen den vom Berufungsgericht festgestellten Wertverlust nicht in Frage. Die von der Revision angeführte Diskrepanz des vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Abschreibungsbetrages von jährlich 11.058 € zu dem in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesenen Betrag von 15.132 € erklärt sich daraus, dass sich der letztgenannte Betrag auf sämtliche Sachanlagen bezieht und darin auch Abschreibungen für andere Gegenstände des Anlagevermögens als die Gebäude enthalten sind. Gewisse Abweichungen der notwendig gemittelten Beträge können im Übrigen vernachlässigt werden, weil jedenfalls ersichtlich ist, dass die Abschreibungen im konkreten Fall einem realen Wertverlust entsprechen, der sich in dem geringeren Verkaufserlös niedergeschlagen hat.

d) Fiktive Einnahmen aus einer weiteren Vermietung des Betriebsgebäudes ab Januar 2008 hat das Berufungsgericht zu Recht nicht angesetzt. Eine mutwillige Herbeiführung der Bedürftigkeit nach §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 4 BGB ist der Klägerin nicht vorzuwerfen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird insoweit auf das heutige Senatsurteil im Parallelverfahren zwischen den Parteien XII ZR 178/09 verwiesen.

e) Zu Recht hat das Berufungsgericht eine Verwertung des aus dem Verkauf des Betriebsgrundstücks erzielten Erlöses im Rahmen des Trennungsunterhalts nicht für geboten erachtet. Das beruht darauf, dass an die Verwertung des Vermögensstamms vor Scheidung höhere Anforderungen zu stellen sind als beim nachehelichen Unterhalt (vgl. Senatsurteil vom 19. November 2008 - XII ZR 129/06 - FamRZ 2009, 307 Rn. 17; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 614 mwN). Dass hier ausnahmsweise eine Verwertung schon vor Scheidung der Ehe geboten sei, hat das Berufungsgericht sodann aufgrund einer umfassenden tatrichterlichen Würdigung verneint, die Rechtsfehler nicht erkennen lässt. ..."

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Eine vom Unterhaltspflichtigen nach Erreichen der Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente ausgeübte Erwerbstätigkeit ist - entsprechend der Lage für den Unterhaltsberechtigten - sowohl hinsichtlich des Ehegattenunterhalts als auch des Kindesunterhalts regelmäßig überobligatorisch. Hierfür ist es unerheblich, ob der Unterhaltspflichtige abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist. Die Anrechnung eines aus überobligatorischer Tätigkeit erzielten Einkommens richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und hat der Überobligationsmäßigkeit Rechnung zu tragen. Eine danach eingeschränkte Anrechnung des Einkommens ist sowohl beim Ehegattenunterhalt als auch beim Kindesunterhalt schon bei der Ermittlung des vom Unterhaltspflichtigen abgeleiteten Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen. Zur Ermittlung der Haftungsanteile der Eltern beim Unterhalt so genannter privilegierter Volljähriger. Wenn eine Befristung des Ehegattenunterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB wegen aktuell bestehender ehebedingter Nachteile ausgeschlossen ist, darf das Familiengericht die Entscheidung über eine - teilweise - Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB nicht mit dem Hinweis auf eine nicht abgeschlossene wirtschaftliche Entflechtung der Verhältnisse zurückstellen, sondern muss hier-über insoweit entscheiden, als dies aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände möglich ist (BGH, Urteil vom 12.01.2011 - XII ZR 83/08 zu BGB §§ 242, 1571, 1573, 1577, 1578, 1578 b, 1603, 1606, 1610).

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Ein umfassender Anspruch auf Aufstockungsunterhalt setzt voraus, dass der Unterhaltsberechtigte eine vollschichtige angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder ihn eine entsprechende Obliegenheit trifft. Vermag der Unterhaltsberechtigte eine solche Tätigkeit nicht zu erlangen, ergibt sich der Anspruch zum Teil aus § 1573 Abs. 1 BGB - Erwerbslosigkeitsunterhalt (im Anschluss an Senatsurteil vom 16. Dezember 1987 - IVb ZR 102/86 - FamRZ 1988, 265). Bei einer Bedarfsermittlung nach den konkreten Verhältnissen ist eigenes Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten zur Ermittlung der Bedürftigkeit nicht gekürzt um einen Erwerbsbonus, sondern in vollem Umfang auf den Bedarf anzurechnen. Der angemessene Lebensbedarf gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB bestimmt sich nach der Lebensstellung, die der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und damit verbundene Erwerbsnachteile erlangt hätte (im Anschluss an Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - zur Veröffentlichung bestimmt und vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633). Die - besseren - Verhältnisse des anderen Ehegatten sind für den sich nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten bemessenden Bedarf ohne Bedeutung. Zur Befristung des Unterhalts nach § 1573 Abs. 1, 2 BGB bei ehebedingten Nachteilen des Unterhaltsberechtigten (BGH, Versäumnisurteil vom 10.11.2010 - XII ZR 197/08 zu BGB §§ 1573, 1577, 1578, 1578 b).

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Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus elternbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 2 BGB besteht nur, solange der betreuende Elternteil das Kind auch tatsächlich betreut. Ob das Einkommen des gemäß § 1570 BGB unterhaltsberechtigten Eltern-teils, das dieser neben der Kindesbetreuung erzielt, nach § 1577 Abs. 2 BGB bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen ist, hängt davon ab, in welchem Maße er nach § 1570 BGB von der Erwerbsobliegenheit befreit ist. Der pauschale Abzug eines Betreuungsbonus von seinem Einkommen kommt dagegen nicht in Betracht (im Anschluss an Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442, 444 zu § 1615 l BGB; BGH Urteil vom 21.04.2010 - XII ZR 134/08 zu BGB §§ 1570, 1573 Abs. 2, 1577 Abs. 2, 1578 b; ZPO § 559 Abs. 1 Satz 1).

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Hat das Gericht dem unterhaltsberechtigten Ehegatten im Vorprozess keine zusätzlichen Erwerbseinkünfte fiktiv zugerechnet und damit nach § 1577 Abs. 1 BGB zugleich entschieden, dass er seiner Erwerbsobliegenheit genügt hat, ist diese Feststellung auch im Abänderungsverfahren maßgebend. Der Unterhaltsverpflichtete kann deshalb nicht einwenden, der Unterhaltsberechtigte erleide bei Aufnahme der ihm obliegenden Erwerbstätigkeit keinen ehebedingten Nachteil, weshalb eine Befristung des Unterhalts aus diesem Gesichtspunkt ausscheidet. Etwas anders gilt nur, wenn der Unterhaltsverpflichtete eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse dargetan hat, die eine solche Obliegenheit im Nachhinein begründen könnte (BGH, Urteil vom 27.01.2010 - XII ZR 100/08 - zu BGB §§ 1573 Abs. 5 a.F., 1577 Abs. 1, 1578, 1578 b; ZPO 323).

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Bei der Berechnung des eheangemessenen Unterhaltsbedarfs gem. § 1578 BGB nach der so genannten Additions- bzw. Differenzmethode ist ein vom Unterhaltsberechtigten überobligationsmäßig erzielter Einkommensanteil nicht einzubeziehen. Bei der Feststellung des Unterhaltsanspruchs ist in einem weiteren Schritt unter Billigkeitsgesichtspunkten (§ 1577 II BGB) zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der vom Unterhaltsberechtigten überobligationsmäßig erzielte Einkommensanteil als ebenfalls bedarfsdeckend anzurechnen ist (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 148, 105 = NJW 2001, 2254; BGH, Urteil vom 22.01.2003 - XII ZR 186/01).

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Aus § 1577 I BGB ergibt sich keine unterhaltsrechtliche Obliegenheit, im Wege der Abänderungsklage eine Erhöhung der Unfallrente geltend zu machen (BGH, Urteil vom 08.07.1998 - XII ZR 274/96).

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Zur Berücksichtigung von Wohnvorteilen bei der Berechnung des nachehelichen Unterhalts (BGH, Urteil vom 22.10.1997 - XII ZR 12/96, NJW 1998, 753).

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Haben geschiedene Ehegatten in einem Unterhaltsvergleich vereinbart, daß ein bestimmter monatlicher Nettoverdienst des Berechtigten anrechnungsfrei bleiben soll, ist der Verpflichtete ungefragt zu informieren, wenn der Verdienst diese Grenze deutlich übersteigt (BGH, Urteil vom 29.01.1997 - XII ZR 257/95, NJW 1997, 1439).

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Der Rechtsgedanke des § 1577 II BGB ist auch im Verwandten-Unterhaltsrecht entsprechend anwendbar; hier entschieden für Einkünfte eines Studenten aus einer Nebenbeschäftigung, die er - in den ersten Studiensemestern - aufgenommen hat, nachdem er seit längerer Zeit keinen Unterhalt von dem unterhaltspflichtigen Elternteil erhalten hatte (BGH, Entscheidung vom 25.01.1995 - XII ZR 240/93, NJW 1995, 1215).

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Zur Anrechnung einer Vergütung für Versorgungsleistungen, die der getrenntlebende Ehegatte neben einer Vollzeitbeschäftigung einem neuen Partner erbringt, mit dem er zusammenlebt (BGH, Entscheidung vom 11.01.1995 - XII ZR 236/93, NJW 1995, 962).

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Bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs eines getrennt lebenden Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen ist der Unterhalt, den der Verpflichtete einem nach der Trennung der Eheleute geborenen nichtehelichen Kind schuldet, von dem unterhaltserheblichen Einkommen des Verpflichteten vorweg abzuziehen (im Anschluß an Senat, NJW-RR 1988, 1093 = LM § 1577 BGB Nr. 14 = FamRZ 1988, 1031; BGH, Entscheidung vom 20.10.1993 - XII ZR 89/92, NJW 1994, 190).

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Zur Bedürftigkeit eines geschiedenen Ehegatten, der unter Einsatz seines Erlösanteils an dem früheren gemeinsamen Haus sowie von Bankkrediten ein Eigenheim errichtet und bewohnt (BGH, Entscheidung vom 18.12.1991 - XII ZR 2/91, NJW 1992, 1044).

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Werden dem Unterhaltsberechtigten fiktive Einkünfte aus Erwerbstätigkeit zugerechnet, ist auch hier ein Erwerbstätigenbonus zu berücksichtigen (BGH, Entscheidung vom 31.01.1990 - XII ZR 21/89, NJW-RR 1990, 578).

*** (OLG)

Der Unterhaltsverpflichtete, dessen Leistungsfähigkeit auf der Zurechnung des Wohnwertes einer selbst genutzten Immobilie beruht, kann gehalten sein, den Erlös aus dem Verkauf einer anderen Immobilie zur Renovierung der selbst genutzten Immobilie zu verwenden. Der Unterhaltsverpflichtete, dessen Leistungsfähigkeit auf der Zurechnung des Wohnwertes einer selbst genutzten Immobilie beruhte, kann gehalten sein, den Erlös aus der Veräußerung dieser Immobilie als Vermögen zur Unterhaltsleistung einzusetzen (OLG Nürnberg, Beschluss vom 16.07.2020 - 10 UF 1286/19):

„... Darüber hinaus ist dem Antragsteller weiterhin fiktiv der Wohnwert für die früher in seinem Eigentum stehende und von ihm bewohnte Immobilie zuzurechnen.

Grundsätzlich ist die Verfügung des Antragstellers über sein Eigentum, wie der hier vorliegende Verkauf der Immobilien, zu respektieren. Die Anerkennung der Konsequenzen aus einer solchen Entscheidung ist beim Unterhalt aber eingeschränkt durch die unterhaltsrechtlichen Pflichten des Veräußerers. Dabei sind insbesondere Billigkeitserwägungen, wie sie in der negativen Härteklausel des § 1579 zum Ausdruck kommen, ggf. auch dem Unterhaltspflichtigen entgegenzuhalten (Brudermüller, aaO, § 1361 Rn. 43).

Beim Wohnvorteil kommt daher auf beiden Seiten eine Zurechnung fiktiver Einkünfte dann in Betracht, wenn dem Unterhaltspflichtigem oder dem Unterhaltsberechtigtem ein verantwortungsloses oder zumindest leichtfertiges Herbeiführen seiner Leistungsunfähigkeit vorzuwerfen ist (vgl. Brudermüller in Palandt, BGB, 79. Aufl., § 1578 Rn. 6; OLG Zweibrücken FamRZ 2008, 1863 Tz. 19). Ein solches Verhalten kann z. B. im Umzug zu einem neuen Lebensgefährten liegen, der zum Verlust des bisherigen Arbeitseinkommens führt und nicht durch Gründe der persönlichen Lebensführung gerechtfertigt ist (OLG Zweibrücken, a.a.O, Tz. 18 ff.).

Zudem ergibt sich aus § 1577 Abs. 1 BGB für den unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten die Obliegenheit, vorhandenes Vermögen so ertragreich wie möglich anzulegen. Vermögenserträge, die er in zumutbarer Weise erzielen könnte, tatsächlich aber nicht erzielt, mindern als fiktives Einkommen seine Bedürftigkeit (OLG Hamm FamRZ 1999, 233 Tz. 76; BGH FamRZ 1988, 87 Tz. 19). Deshalb darf der geschiedene Ehegatte beispielsweise den Erlös aus dem Verkauf eines bisher bewohnten Familienheims nicht ohne weiteres zum Erwerb eines Eigenheims verwenden, wenn durch eine verzinsliche Anlage des Kapitals höhere Erträge zu erwirtschaften wären. Er kann gehalten sein, sein Vermögen umzuschichten (BGH FamRZ 1988, 87 Tz. 19; NJW 1992, 1044 - dort bejaht bei Rendite von 2.100 DM im Vergleich zu 350 DM). Dabei muss dem Vermögensinhaber ein gewisser Entscheidungsspielraum belassen werden. Die tatsächliche Anlage des Vermögens muss sich als eindeutig unwirtschaftlich darstellen, ehe der Unterhaltsberechtigte auf eine andere Anlageform und daraus erzielbare Beträge verwiesen werden kann (BGH NJW 2001, 2259 Tz. 27; nach BGH FamRZ 2013, 109 Tz. 31 handelt es sich um einen Fall von § 1579 Nr. 3 BGB). Diese Obliegenheit trifft spiegelbildlich auch den Unterhaltsverpflichteten (Brudermüller, a.a.O, § 1361 Rn. 43).

Dem Antragsteller verblieben vorliegend im Jahr 2019 nach Abzug des Unterhalts etwas über 700 Euro von seinen Renteneinkünften, von denen er auch die laufenden Kosten der Immobilien bestreiten musste. Nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 2018 fiel eine etwaige finanzielle Unterstützung durch diese weg. Beide Anwesen waren seit längerer Zeit nicht renoviert worden, so dass unstreitig ein Renovierungsstau von mehr als 100.000 Euro eingetreten war. Auf Grund dieser Ausgangslage kann dem Antragsteller nicht grundsätzlich vorgeworfen werden, dass er sich nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus für eine Veräußerung seines Eigentums und den Umzug zu seiner Partnerin entschied, auch wenn er andererseits die laufenden Kosten für die Häuser über mehrere Jahre hinweg trotz Unterhaltszahlung hatte tragen können und nun nach eigenen - bestrittenen - Angaben 400 Euro Mietbeteiligung an seine Partnerin zahlt.

Dennoch ist der Verkauf beider Häuser nicht als vom unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähigen Ermessensspielraum des Antragstellers gedeckt und im Rahmen des zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit wirtschaftlich Zumutbaren und Obliegenden anzusehen. Der Antragsteller hätte lediglich das elterliche Anwesen verkaufen und mit dem erzielten Erlös das von ihm bewohnte, ehemals eheliche Anwesen sanieren können. Nach seinen eigenen unbestrittenen Angaben bestand für dieses Haus ein Renovierungsstau in einer Höhe von 150.000 Euro. Der mit dem Verkauf des elterlichen Anwesens erzielte Erlös in Höhe von 215.000 Euro hätte mithin nicht nur die anfallenden Sanierungskosten abgedeckt, sondern auch ermöglicht, einen Sockelbetrag in Höhe von ca. 65.000 Euro für zukünftige laufenden Kosten bzw. den zu zahlenden nachehelichen Unterhalt zurückzubehalten. Er hätte das Gebäude dann selbst bewohnen oder zur Erzielung von Einnahmen vermieten können. Auf diese Weise wäre die Kostentragung durch den Antragsteller nachhaltig sichergestellt worden.

Der Verkauf beider Immobilien, insbesondere des ehemaligen Familienheimes, verstößt mithin offenkundig gegen die Obliegenheit des Antragstellers als Unterhaltsverpflichteten, seine vorhandenen Vermögenswerte so ertragreich wie möglich anzulegen bzw. diese zur Sicherung umzuschichten und stellt sich als unterhaltsrechtlich unwirtschaftlich dar, so dass dem Antragsteller weiterhin - fiktiv - der Wohnwert für das zuvor tatsächlich bewohnte Haus anzurechnen ist.

Gegen die fiktiv angesetzte Höhe des Wohnwerts von 6,80 Euro/qm, insgesamt 605,20 EUR werden keine Einwände erhoben.

Der Wegfall des Wohnwertes wird auch nicht durch die tatsächliche oder fiktive Verzinsung des Verkaufserlöses kompensiert, die nach Veräußerung der während der Ehe mietfrei bewohnten Immobilie an die Stelle des Wohnwertes treten (BGH NJW 2001, 2254 Tz. 38; NJW 2001, 2259 Tz. 28; FamRZ 2014, 1098).

Insoweit hat der Antragsteller durch entsprechende Bescheinigung der Deutschen Bank vom 20.05.2020 nachgewiesen, dass er derartige Zinsen aus dem Erlös des Immobilienverkaufs tatsächlich nicht erzielt. Darüber hinaus kann der Antragsteller auch nicht darauf verwiesen werden, dass er sich entsprechend erzielbare Zinsen aus dem Verkaufserlös von 565.000 € fiktiv zurechnen lassen müsste. Zwar war der Antragsteller auf den Betrag nicht unmittelbar angewiesen und hat ihn auch nicht verzinslich angelegt. Eine positiv verzinste Möglichkeit für die Anlage des Betrags zu einer Verzinsung in Höhe des bisherigen Wohnwertes ist auf Grund der derzeitigen allgemeinen Finanzmarktlage aber konkret nicht feststellbar und damit das Unterlassen dem Antragsteller unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbar.

Der Umstand, dass eine verzinsliche Anlage des Verkaufserlöses und damit die Generierung von Surrogaten, die die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten stützen, derzeit nicht möglich ist, zeigt aber noch einmal, dass dem Antragsteller vorliegend nur ein eingeschränkter Ermessensspielraum bei der Verfügung über sein unterhaltsrechtlich relevantes Eigentum offen steht. Quasi spiegelbildlich zu der vom BGH entschiedenen Ausgangslage, wonach bei einer verzinslichen Anlage von Geld eine höhere Rendite zu erzielen war als beim Erwerb von Eigentum und daher fiktive Zinseinkünfte zu berücksichtigen waren, kann der Antragsteller vorliegend nicht ohne unterhaltsrechtliche Relevanz sein Eigentum frei veräußern und den Erlös zinslos anlegen, sondern musste den Grund- und Immobilienbesitz so weit wie möglich erhalten, wenn er sich nicht entsprechende Vorteile wie den Wohnvorteil zumindest fiktiv anrechnen lassen wollte.

cc) Die Antragsgegnerin bezieht seit 01.07.2019 Einkünfte aus Rentenzahlungen in Höhe von 823,71 Euro

Das Argument des Antragstellers, dass eine Treuwidrigkeit der Unterhaltsforderung bestehe, weil die Antragsgegnerin mit der Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt die „Versorgungslücke" hätte vermeiden können, greift nicht durch. Die unterlassene Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt oder das unterlassene Schaffen von Rücklagen aus dem laufenden Unterhalt kann nach § 1579 Nr. 4 BGB grundsätzlich zum Entfallen oder zur Begrenzung des Unterhaltsanspruchs führen (vgl. BGH MDR 2020, 225; Brudermüller, a.a.O, § 1578 Rn. 74; § 1579 Rn. 23 betreffend zweckwidrige Verwendung des Vorsorgeunterhalts).

Im vorliegenden Fall muss diese Frage nicht entschieden werden, da angesichts des Einkommens des Antragstellers, der sich daraus ergebenden Höhe des Vorsorgeunterhalts sowie der bis zum Renteneintritt der Antragsgegnerin zur Verfügung stehenden Zeit keine nennenswerten Renteneinkünfte hätten aufgebaut werden können. Der Unterhalt von 531 €, der als Nettoeinkommen hochzurechnen wäre, entspricht einem Bruttoeinkommen von 600 € (Gutdeutsch, Bremer Tabelle zur Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts Stand 1.1.2019 FamRZ 2019, 275). Bei 112 € (18,6 %; vgl. BGH FamRZ 1981, 442 Tz. 22 f.) monatlicher Einzahlung hätte die Antragsgegnerin lediglich jährlich 6,14 € Rente erworben (www.test.de/Rechner-freiwillige-Rentenversicherung-Berechnen-Sie-Ihre-Rente-durch-freiwillige-Beiträge). Daher kann der Antragsgegnerin nicht vorgeworfen werden, ihre Bedürftigkeit wegen unterlassener Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt mutwillig herbeigeführt zu haben.

dd) Die Unterhaltshöhe beträgt nach 1573 Abs. 2 BGB mithin für die Zeit ab 01.07.2019 508,42 Euro (1.013,13 EUR + 222,21 EUR + 605,20 EUR + 823,71 EUR) : 2 - 823,71 EUR).

ee) Nach § 238 Abs. 3 Satz 1 FamFG war eine Abänderung des laufenden Unterhalts erst ab 01.07.2019 möglich, nachdem der Antrag vom 12.07.2019 mit Zustellung am 19.07.2019 an die Antragsgegnerin am rechtshängig wurde. Einer Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses für den Zeitraum April bis Juni 2019 steht aber das Verschlechterungsverbot (§117 Abs. 2 S. 1 FamFG, § 528 ZPO) entgegen, da insoweit nur der Antragsteller Beschwerde eingelegt hat. Der mit der Anschlussbeschwerde verfolgte Widerantrag ändert daran nichts, da er auf einen höheren Unterhalt als 531 Euro gerichtet ist.

c) Darüber hinaus besitzt die Antragsgegnerin auch ohne Berücksichtigung eines fiktiven Wohnortes einen Unterhaltsanspruch gegen den Antragsteller, weil dieser aus seinem Vermögen leistungsfähig ist und die teilweise Verwertung des Verkaufserlöses dem Antragsteller zumutbar und angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten auch billig ist (§ 1581 BGB).

Anders als bei der Bedarfsbemessung nach § 1578 Abs. 1 BGB kommt es bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten im Rahmen des § 1581 BGB nicht darauf an, welche Einkommensverhältnisse in der Ehe angelegt sind, vielmehr sind alle eheprägenden, aber auch nicht prägenden Einkünfte heranzuziehen (Brudermüller, a.a.O, § 1581 Rn. 2).

Bei der Frage, ob bzw. wie vorhandenes Vermögen einzusetzen ist, bedeutet dies, dass nicht nur Erträge aus dem Vermögen, wie beispielsweise Zinsen, anzurechnen sind, sondern ggf. auch der Vermögensstamm zur Erfüllung der Unterhaltspflichten heranzuziehen ist. Als Maßstab für einen Einsatz des Vermögensstamms gelten für den Verpflichteten nach § 1581 Satz 2 BGB dieselben Maßstäbe wie gemäß § 1577 Abs. 3 BGB für den Berechtigten. Demnach hängt die Verpflichtung zum Einsatz des Vermögensstamms insbesondere von den bestehenden Möglichkeiten ab, das Vermögen dauerhaft ertragsfähig anzulegen und daraus Erträge zu generieren. Existieren solche Möglichkeiten nicht, ist auch der Vermögensstamm als unterhaltsrechtlich relevant anzusehen und bei der Frage der Leistungsfähigkeit heranzuziehen (Brudermüller, a.a.O, § 1577 Rn. 29).

Der Antragsteller hat den Verkaufserlös der Immobilie ohne Verzinsung angelegt. Ihm ist auch auf Grund der allgemeinen Finanzmarktlage eine ertragreiche Anlage des Erlöses von mehr als 560.000 Euro nicht möglich. Dieser ist daher - neben den Renteneinkünften, die aber nur 1.235,34 Euro betragen - als im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen und ein Einsatz dem Antragsteller ohne Verlust erheblicher Erträge auch zumutbar.

In einem zweiten Schritt ist auf dieser Grundlage eine Abwägung dahingehend durchzuführen, ob eine Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zu Leistungen an den Berechtigten mit Rücksicht auf die Bedürfnisse sowie der Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der früheren Ehegatten der Billigkeit entspricht (BGH, FamRZ 1990, 260).

Dies ist der Fall. Beide früheren Ehegatten verfügen aktuell allein über Renteneinkommen in Höhe von ca. 1.000 Euro, mithin über Einkünfte, die sich auf beiden Seiten im Bereich des eigenen Selbstbehalts bewegen. Der dem Antragssteller zuzurechnende Wohnvorteil ist mit dem Verkauf der Immobilien entfallen. Die beengten tatsächlichen Einkommensverhältnisse des Verpflichteten allein lassen einen Unterhaltsanspruch der bedürftigen Antragsgegnerin daher nicht mehr zu. Gleichzeitig steht dem Unterhaltsverpflichteten aber aus den Immobilienverkäufen ein Vermögen von mehr als 560.000 Euro zur Verfügung. Dieses stammt aus dem Verkauf gerade der Immobilien, die zuvor einen unterhaltsrechtlich relevanten Wohnvorteil des Antragstellers begründeten. Es wäre unter diesen Umständen unbillig, wenn die Antragsgegnerin auf ergänzende Sozialhilfeleistungen angewiesen wäre, während der Antragsteller sein Vermögen für eigene Belange zurückhalten könnte. ..."

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Herabsetzung und Befristung des Aufstockungsunterhalts (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.06.2020 - 20 UF 83/19).

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„... 5. Ab Oktober 2013 vermindern sich die monatlichen Kosten für das Bahnticket von bisher 96,00 € auf nunmehr 49,00 €. Überdies sind bedarfsmindernd Rentenbezüge von monatlich 756,84 € zu berücksichtigen. Der Elementarunterhalt berechnet sich bei im Übrigen unveränderten Werten auf nunmehr 575,00 €. Nach der Bremer Tabelle für 2013 ermittelt sich ein Zuschlag von 13 %, eine Bruttobemessungsgrundlage von 649,75 € und bei einem Beitragssatz von 18,9 % ein Altersvorsorgeunterhalt von 122,80 €.

Soweit der am 14.06.1948 geborene Antragsgegner und die nicht ganz sechs Wochen jüngere, am 24.07.1948 geborene Antragstellerin inzwischen überobligatorisch arbeiten, führt dies hier im Ergebnis zu keiner anderen Beurteilung. In welchem Umfang das Einkommen aus überobligatorischer Tätigkeit für den Unterhalt heranzuziehen ist, ist auf Seiten des Trennungsunterhaltsberechtigten entsprechend § 1577 Abs. 2 Satz 2 BGB und auf Seiten der Unterhaltsverpflichteten nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei können als Einzelfallumstände vor allem das Alter und die mit der fortgesetzten Erwerbstätigkeit zunehmende körperliche und geistige Belastung, ergänzend auch die ursprüngliche Planung der Eheleute und die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse, herangezogen werden (vgl. BGH FamRZ 2011, 454).

Beide Beteiligten befinden sich im gleichen Alter und keiner von ihnen schildert die fortgesetzte eigene Erwerbstätigkeit als zunehmende körperliche oder geistige Belastung. In Ansehung der berufsständischen Versorgung, die eine abschlagsfreie Altersrente erst mit Vollendung des 67. Lebensjahres vorsieht (vgl. § 17 der Satzung des Versorgungswerkes der Zahnärztekammer Berlin), liegt überdies die ursprüngliche Planung beider Eheleute nahe, jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt zu praktizieren. Keiner der Beteiligten, die soweit ersichtlich in vergleichbar guten wirtschaftlichen Verhältnissen leben, macht konkrete Umstände geltend, die die Berücksichtigung des jeweils eigenen Einkommens als für ihn unzumutbar erscheinen lassen. So wendet sich der Antragsteller auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht gegen den Ansatz der Antragstellerin, die ihren Bedarf konkret errechnet. Desgleichen rechnet sich die Antragstellerin im Rahmen ihrer Bedürftigkeit ihr gesamtes Einkommen, einschließlich der Bezüge aus der gesetzlichen Altersrente selbst bedarfsmindernd an (vgl. 60).

In Ansehung der vorgenannten Umstände hält es der Senat für unbillig, der Antragstellerin ein fiktives Einkommen in Höhe der gekürzten Altersbezüge aus der berufsständischen Altersvorsorge zuzurechnen. Dass es der ehelichen Lebensplanung entsprochen hätte, dass die Antragstellerin bereits vorfristig und unter teilweisem Verzicht auf die volle von ihr erwirtschaftbare berufsständische Altersversorgung aus der Erwerbstätigkeit ausscheiden sollte, liegt schon angesichts der kassenärztlichen Abrechnungsbesonderheiten fern und hat der Antragsgegner im Übrigen auch nicht vorgebracht. Abgesehen davon würden die nicht unbeträchtlichen Abschläge von 0,4 % je Monat bis ans Lebensende fortwirken. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.11.2014 - 13 UF 237/13)

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Bei der Frage, ob und inwieweit sich ein Student überobligatorische Nebeneinkünfte auf seinen Unterhaltsbedarf gegenüber einem Elternteil anrechnen lassen muss, kann es im Rahmen der Billigkeitsabwägung entsprechend § 1577 Abs. 2 Satz 2 BGB (vgl. BGH FamRZ 1995, 475, Juris-Rn. 30ff.) einen für die Anrechnung sprechenden Gesichtspunkt darstellen, wenn der Student noch zuhause (= bei dem anderen Elternteil) wohnt und dadurch einen im Zweifel geringeren Lebenshaltungsaufwand hat als ein Student mit eigenem Studienortwohnsitz, sein Bedarfssatz nach der Düsseldorfer Tabelle aufgrund der hohen maßgeblichen Einkommensgruppe jedoch höher ist als der Regelsatz von 670 € für einen auswärts wohnenden Studenten (OLG Hamm, Beschuss vom 10.09.2012 - 14 UF 165/12).

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Einsatz des Vermögensstammes beim nachehelichen Unterhalt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.07.2013 - 18 UF 225/11).

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Befristung des Krankheitsunterhalts nach 37-jähriger Ehe. Zum Vermögenseinsatz von Auslandsimmobilien (OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.11.2011 - 17 UF 177/11 zu §§ 1572 BGB, 1573 I, 1577, 1578 b BGB):

„... II. 1. Die Beschwerde ist nach §§ 58 ff. FamFG statthaft und zulässig; sie hat in der Sache lediglich teilweise Erfolg. Dem Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht zu entsprechen, weil die Voraussetzungen des § 156 Abs. 2 ZPO (i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG) nicht vorliegen und der neu gehaltene Vortrag im Sinne von § 115 FamFG verspätet ist.

2. Der laufende Bezug von Leistungen nach dem SGB II führt zum Übergang der Unterhaltsansprüche auf den zuständigen Träger (§ 33 SGB II Abs. 1). Rückübertragung ist weder vorgetragen noch nachgewiesen. Für die Vergangenheit fehlt der Antragsgegnerin deshalb die Aktivlegitimation. Erst für die Zukunft, das heißt dem dem Schluss der mündlichen Verhandlung folgenden Monatsersten (vgl. Gerhardt, in ders./von Heintschel-Heinegg, Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 8. Aufl., § 6 Rn. 28 m.w.N.), kann sie den Unterhalt in eigener Person geltend machen. Außerdem war der Unterhalt nach Maßgabe des § 1578 b Abs. 2 BGB zu befristen (s. dazu unten, 7.).

3. Der Antragsteller ist der Antragsgegnerin dem Grunde nach gemäß §§ 1572, 1573 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Unterhalt nach der Scheidung verpflichtet. Soweit sie derzeit keine Erwerbstätigkeit ausübt, ist das nach der Überzeugung des Senats auf krankheitsbedingte Einschränkungen, im Übrigen auf ihre Vita sowie die langjährige Erwerbspause zurückzuführen (s. dazu unten, 4. b). Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen.

4. a) aa) Auf Seiten des Ehemannes sind dessen früher erzielte Erwerbseinkünfte fiktiv fortzuschreiben. Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Familiengerichts sind das monatsdurchschnittlich netto rund 1.900,- €, bezogen auf das von der ... seinerzeit gezahlte Gehalt. Anlässlich seiner Befragung durch den Senat erklärte der Antragsteller, von 1978 bis 2003 bei der Fa. ... beschäftigt und in den Jahren 2004 bis 2008 durch das Unternehmen nach A. entsandt gewesen zu sein. Danach sei er nach Deutschland zurückgekehrt. Die S. Niederlassung habe das Unternehmen sodann geschlossen. Deshalb sei er nach P. gegangen, um nunmehr dort im Unternehmen weiter zu arbeiten. Vielleicht ein halbes Jahr später sei auch dieser Standort geschlossen worden. 150 Mitarbeiter seien nach M. gegangen, 150 weitere entlassen worden. Darunter auch er. M. habe allerdings allen Mitarbeitern angeboten, von P. nach M. zu gehen. Zum Teil habe man Leute entlassen; das habe sich jedoch insbesondere auf jüngere Mitarbeiter beschränkt. Andere, die - wie er - über 30 Jahre im Unternehmen tätig gewesen seien, hätten alle ein Angebot bekommen. Allerdings habe er schon immer den Wunsch gehegt, einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Außerdem sei er von der anwaltlichen Vertretung der Ehefrau mit Unterhaltsforderungen konfrontiert worden. Dabei sei er aber der Auffassung gewesen, bereits genug bezahlt zu haben.

Für den Senat lässt das nur den Schluss zu, dass der Antragsteller bei seinem vormaligen Arbeitgeber zu unveränderten Konditionen weiterbeschäftigt worden wäre, diese Möglichkeit jedoch eigenverantwortlich ausschlug, um in der Folge selbstständig erwerbstätig zu sein. Soweit er sich auf seine Schwerbehinderteneigenschaft beruft, gilt nichts anderes. Das ergibt sich zum einen aus den für Schwerbehinderte geltenden, besonderen Kündigungsvorschriften (§ 85 SGB IX), zum anderen aus dem Bekunden des Antragstellers selbst, wonach gerade jüngeren Arbeitnehmer(inne)n gekündigt worden sei. Das bedeutet, dass er sein Beschäftigungsverhältnis bei der Fa. ... fortsetzen hätte können und bereits die Aufnahme in die Transfergesellschaft ... mit allen sich anschließenden Folgen weder erforderlich noch unterhaltsrechtlich gestattet war.

Der (dreiseitige) Vertrag datiert vom 17. November 2008, wurde mithin geschlossen, als die Eheleute jedenfalls bereits getrennt lebten. Für die Ehefrau hätte deshalb kein Anlass bestanden, eine berufliche Umorientierung des Ehemannes mitzutragen. Konsequenz dessen ist die fiktive Zurechnung seiner vormals bei der Fa. ... erzielten Einkünfte (vgl. BGH, FamRZ 2011, 791, 794 m.w.N.). Dass lediglich die Einkünfte aus dem mit der ... bestehenden Beschäftigungsverhältnis zugerechnet wurden, ist allerdings unangegriffen und beschwert den Antragsteller nicht.

bb) Nach alledem kann dahinstehen, in welcher Höhe der Antragsteller Einkünfte aus der nunmehr selbstständig ausgeübten Erwerbstätigkeit erzielt. Dahinstehen kann ebenfalls, wie und inwieweit er die für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlte Abfindung verwendet hat (vgl. hierzu: BGH, FamRZ 2010, 1311 m. Anm. Maier). Dass ihn aus der Ehezeit laufende Zahlungsverpflichtungen getroffen hätten oder träfen, hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Verbindlichkeiten sind deshalb nicht zu berücksichtigen.

b) aa) Die Ehefrau ihrerseits kann nach der durch den Senat gewonnenen Überzeugung Einkünfte erzielen, die monatlich in einer Größenordnung von netto 200,- € liegen, darüber hinausgehend jedoch nicht. Sie ist jetzt 57 Jahre alt. Die deutsche Sprache beherrscht sie nur schlecht, was entgegen antragstellerseitigem Vorbringen vor allem in der Ehegestaltung und Lebensführung während des ehelichen Zusammenlebens begründet ist und nicht in der demgegenüber relativ kurzen Zeit der Trennung. Ebenso liegt in der Ehe und der gemeinsamen Entscheidung der Eheleute begründet, dass die Ehefrau bereits im Jahre 1998 ihre damals ausgeübte Beschäftigung aufgegeben hat und seither einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachging (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2011, 629, 630). Die lange „Erwerbsabstinenz" und ihre schlechten Deutschkenntnisse führen dazu, dass die Antragsgegnerin nach der Einschätzung des Senats realistischer Weise jetzt allenfalls noch eine Arbeitsstelle auf Geringverdienerbasis erlangen könnte. Gesundheitliche Einschränkungen treten hinzu, auch wenn sie durch den Antragsteller bestritten sind. Denn die Antragsgegnerin hat unter anderem eine Entlassungsmitteilung der W.-Kliniken ... vom 11. November 2010 vorgelegt, von wo sie nach einer Heilbehandlung als arbeitsunfähig entlassen worden war.

In dieser Mitteilung ist weiter dargestellt, bei gutem Heilungsverlauf seien leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Vollzeit möglich, ohne ständiges Heben, Tragen, Überkopfarbeiten, abhängig im Übrigen von der Psyche und entsprechender Zusatzbegutachtung. Zur psychologischen Behandlung hat sie dem Senat auf Befragen von dreiwöchentlichen Behandlungen für das letzte Jahr berichtet, welche im laufenden Jahr wieder erfolgten. Bereits im Hinblick auf die Entlassungsmitteilung und ungeachtet weiter vorgelegter Arztberichte ist festzustellen, dass die Antragsgegnerin gesundheitlich angeschlagen ist. Auch wenn in der genannten Mitteilung von einer „leichten Vollzeittätigkeit" die Rede ist, sind die entsprechenden Möglichkeiten an den realistischen Gegebenheiten zu messen (vgl. nur BGH, FamRZ 2009, 314; BGH, FamRZ 2008, 2104, 2105 m. Anm. Schürmann). Nach den persönlichen Voraussetzungen der Antragsgegnerin ist der Senat daher der Überzeugung, dass sie durch eine Aushilfstätigkeit monatliche Einkünfte in der Größenordnung von netto 200,- € verdienen kann. Dass sie keine Erwerbsminderungsrente beanspruchen kann, beruht auf dem Fehlen der hierfür erforderlichen Pflichtbeitragszeiten (§ 43 Abs. 1 und 2 SGB VI).

bb) Der Antragsteller beruft sich auf Vermögenseinsatz. Wie § 1577 BGB bestimmt, kann der geschiedene Ehegatte den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann (§ 1577 Abs. 1 BGB). Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre (§ 1577 Abs. 3 BGB). Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass der Antragsteller erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung und damit verspätet (§ 115 FamFG) vorgetragen, hat, er habe der damaligen Ehefrau Grundstücke in der Türkei zugewandt, auch damit ihr Lebensbedarf gedeckt sei. Diesem Vortrag kann allerdings auch aus anderen Gründen nicht gefolgt werden: Die Ferienwohnung in S. wurde der Antragsgegnerin offenbar durch den vormaligen Schwiegervater zugewandt, nicht durch den Antragsteller. Der Laden, ebenfalls in S., stand oder steht im Miteigentum der Antragsgegnerin mit ihrer Schwester.

Zum baulichen Zustand dieses Gebäudes hat die Antragsgegnerin - insoweit unwidersprochen durch den Antragsteller - in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen, es seien lediglich Wände vorhanden, ein Dach gebe es nicht. Wiederum unwidersprochen durch den Antragsteller hat sie ferner ausgeführt, die angeblichen Baugrundstücke befänden sich tatsächlich an einem Berg; um Bauland handle es sich nicht. Nicht nur die Divergenz zu den Beschaffenheitsangaben der Grundstücke, sondern auch die völlig konträren Wertansätze machen es für den Senat unmöglich, eine Vermögensverwertung der ausländischen Liegenschaften in Betracht zu ziehen. Jedenfalls kann die durch § 1577 Abs. 3 BGB vorgeschriebene Billigkeitsabwägung nicht erfolgen. Der Senat ist deshalb nicht imstande, den Vermögenseinsatz als billig oder als unbillig zu werten. Der in der mündlichen Verhandlung gehaltene Vortrag spricht vielmehr gegen eine Verwertung des Vermögensstamms. Allerdings erwies sich in der mündlichen Verhandlung zugleich, dass auf Seiten der Antragsgegnerin keine Verpflichtung bestand, die Grundstücke an den Schwiegersohn A. O. K. zu übertragen. Auch wenn eine Obliegenheit zur Verwertung des Vermögensstamms nicht in Betracht zu ziehen ist, rechnet ihr der Senat deshalb die Erträge zu, die aus der jeweiligen Grundstücksnutzung zu ziehen sind. Diese Zurechnung von Erträgen steht für sich genommen der Verwertung des Vermögensstamms entgegen, aus welchem die Erträge gezogen werden. Nach eigenem (bestrittenem) Vortrag des Antragstellers belaufen sich diese Erträge auf (180,- € + 150,- € =) 330,- € im Monat (Schriftsatz vom 26. August 2009, dort. Seite 2, Bl. 16 d.A.; Vortrag der Ehefrau: umgerechnet 120,- €). Mit seinen anderslautenden, nämlich höheren, Wertangaben setzt er sich zu seinem eigenen anfänglichen Vortrag in Widerspruch. Außerdem sind jene erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt, verspätet und auch aus diesem Grunde nicht zu berücksichtigen.

Aus der Übertragung der vormaligen Ehewohnung an den Sohn E. folgen allerdings weder ein anzusinnender Vermögenseinsatz noch zuzurechnende Erträge. Denn an dieser Übertragung hat der Antragsteller selbst, wenn auch lediglich über eine auf den Sohn lautende Vollmacht, mitgewirkt. Die Veräußerung von Grundstücken, die die Ehegatten gemeinsam übertragen (haben) und sie deshalb einen jeweiligen Erlösanteil zur freien Verfügung haben, führt nicht zum Vermögenseinsatz nach § 1577 BGB (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 1 Rn. 612). Diese Sachlage ist hier jedenfalls vergleichbar.

Sollte die Antragsgegnerin dem Sohn für den Erwerb einer weiteren Eigentumswohnung Mittel überlassen haben, so ist das unterhaltsrechtlich nicht zu beachten. Anderenfalls müssten auch diejenigen Vermögensübertragungen in Betracht gezogen werden, welche der Antragsteller selbst vorgenommen hat. Dessen ungeachtet ist kein Zuwendungsdatum vorgetragen, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, vielmehr sogar nahe liegt, dass die genannte Unterstützung mit Billigung des Ehemanns, des Antragstellers, erfolgt ist.

Dass die Antragsgegnerin mietfrei im (nunmehrigen) Eigentum des Sohnes lebt, ist, wie sie zutreffend darlegt, als freiwillige Zuwendung eines Dritten zu erachten, welche den Unterhaltsschuldner regelmäßig nicht entlasten soll (vgl. SüdL, Stand Januar 2011, Nr. 8).

5. Aus alledem errechnet sich zugunsten der Antragsgegnerin ein Unterhaltsanspruch in der Größenordnung, wie ihn auch das Familiengericht ermittelt hat. Dies selbst auf Grundlage der durch den Antragsteller vorgetragenen Miete. Ob die Mieteinkünfte tatsächlich geringer sind oder wären, kann deshalb dahinstehen. Auf die ledigliche Größenordnung darf abgestellt werden, weil das Familiengericht für den Antragsteller - wie bereits dargestellt - Einkünfte wiederum nur in einer Größenordnung von 1.900,- € zugrunde gelegt hat. Für die Antragsgegnerin ermittelt sich folgender Unterhalt:

Einkommen Mann, netto monatlich (fiktiv) 1.900,00 €
Berufspauschale -95,00 €
Erwerbstätigenbonus -180,50 €
Summe: 1.624,50 €
Einkommen Frau, netto monatlich (fiktiv) 200,00 €
Berufspauschale -10,00 €
Erwerbstätigenbonus -19,00 €
Summe Einkünfte 1.795,50 €
auf Seiten der Frau: Miete Türkei fiktiv 330,00 €
Bedarfsbasis 2.125,50 €
Bedarf = 1/2 1.062,75 €
Elementarunterhalt (aufgerundet, SüdL Nr. 25) 562,00 €

6. Der Unterhalt ist nicht gemäß § 1579 BGB verwirkt. Der Umstand des (Mit-) Eigentums an Grundstücken in der Türkei war dem Antragsteller von Anfang an bekannt. Entsprechend hat er sich ab Anbeginn hierauf berufen. Ob die Grundstücke noch vorhanden sind oder nicht, ist eine Frage der unterhaltsrechtlichen Bedürftigkeit. Gleiches gilt für den Vortrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin verstoße gegen ihre Erwerbsobliegenheiten. Diese Fragestellung ist an anderer Stelle beantwortet (s. oben, 4. b) aa).

Soweit sich der Antragsteller weiter darauf beruft, die Antragsgegnerin habe seine Unterschrift gefälscht und hierdurch versucht, 3.200,- € von seinem Konto abzuheben, ist dieser Vortrag wiederum erst verspätet konkretisiert worden. Mit Schriftsatz vom 16. September 2011 hatte der Antragsteller unter Vorlage eines fotokopierten Überweisungsträgers vom 2. August 2008 hierzu lediglich ausführen lassen: „Zur damaligen Zeit fiel eine Überweisung auf, die angebliche Unterhaltsansprüche der Beschwerdegegnerin für die Monate Januar bis April 2007 begleichen sollte. Diese Überweisung wurde nicht vom Beschwerdeführer unterschrieben, was glücklicher Weise von der ... Bank bemerkt wurde. Weiterer Vortrag hierzu bleibt vorsorglich vorbehalten." Aus diesem Vortrag, der offenbar nach eigenem Dafürhalten ergänzungsbedürftig war, lässt sich nicht einmal entnehmen, wer den Überweisungsträger anstelle des Antragstellers unterschrieben haben soll. Ein Vorwurf gegenüber der Antragsgegnerin erfolgt allenfalls indirekt. Zwar sind Verwirkungsgründe durch das Gericht von Amts wegen zu beachten; die hierzu erforderlichen Tatsachen sind jedoch beizubringen. Daran fehlt es bis zum Schriftsatz vom 31. Oktober 2011, welcher erst vorgelegt wurde, nachdem die mündliche Verhandlung geschlossen war. Noch in der mündlichen Verhandlung hatte der Antragsteller den Senat fragen lassen, ob nicht von einer Unterhaltsverwirkung auszugehen sei. Der Senat hat daraufhin geantwortet, der hierzu gehaltene Vortrag beziehe sich auf Fragen der Bedürftigkeit. Soweit der Antragsteller weiteren Vortrag in das Verfahren einführen wollte, hätte für ihn spätestens im genannten Zeitpunkt Anlass bestanden, ein Schriftsatzrecht zu beantragen. Das unterblieb.

Dass die Umstände im Zusammenhang mit der fehlgeschlagenen Überweisung nicht zu einer Unterhaltsverwirkung führen, ergibt sich aber auch daraus, dass die Ehegatten zur fraglichen Zeit, am 2. August 2008, wohl nicht mehr zusammenlebten, sich jedoch nach eigenem Vorbringen des Antragstellers erst später „offiziell" trennten, nämlich im darauffolgenden Oktober. In Betracht kommt deshalb, dass die Antragsgegnerin bis dahin zu Verfügungen über das besagte Konto berechtigt war, Vollmacht erteilt oder zwischen den Eheleuten Abreden getroffen waren. So hatte die Antragsgegnerin nach eigenem Vortrag des Antragstellers auch Geld von einem (gemeinsamen) Konto abgehoben. Wie er im Schriftsatz vom 16. September 2011 (dort: Seite 3, Bl. 280 d.A.) darlegt, „flossen die Einkünfte des Beschwerdeführers auf ein gemeinsames Konto, auf welches die Beschwerdegegnerin zugriff." Welche Abhebungen bis zu welchem Zeitpunkt von einer dahingehenden Berechtigung umfasst gewesen sein mögen und welche nicht, ist weder vorgetragen noch erkennbar. Die Voraussetzungen einer Unterhaltsverwirkung sind deshalb nicht gegeben.

7. Der der Antragsgegnerin nach alledem zustehende Unterhalt war gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB zu befristen. Seit der Eheschließung im Jahre 1972 bis zur Zustellung des Scheidungsantrags im Juni 2009 sind 37 Jahre vergangen. Im Laufe der (jahrzehnte-) langen Ehe tritt unter den Eheleuten eine wirtschaftliche Verflechtung ein, die zu einem besonderen Maß an nachehelicher Solidarität führt (vgl. nur BGH, FamRZ 2010, 1971; s. auch Dose, FamRZ 2011, 1341, 1347). Diese nacheheliche Solidarität führt während einer Übergangszeit zu einem weiterhin nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bestimmenden Unterhalt.

In die zur Bemessung dieser Übergangszeit durchzuführende Gesamtabwägung bezieht der Senat die Ehedauer ein, die Erziehung und Betreuung der vier Kinder durch die Ehefrau, daneben das jeweilige Lebensalter der Ehegatten (der Antragteller ist 56, die Antragsgegnerin 57 Jahre alt), die Vermögenssituation unter Einschluss der der Antragsgegnerin noch in der Türkei zugerechneten Vermögensbestandteile und ihres mietfreien Wohnens, ihre gesundheitlichen Einschränkungen und die Schwerbehinderteneigenschaft des Antragstellers, welcher außer über fiktiv zugerechnete Erwerbseinkünfte über keine realen positiven Einkünfte verfügt.

Soweit der Antragsteller geltend macht, die Antragsgegnerin habe keine ehebedingten Nachteile erfahren, kann dem im Ansatz gefolgt werden. Einen Beruf hat sie nicht erlernt; krankheitsbedingte Erwerbseinschränkungen stellen für sich genommen keine ehebedingten Nachteile dar. Allerdings hatte die Antragstellerin bis ins Jahr 1998 eine Beschäftigung als Küchenhilfe ausgeübt, aus welcher sie seinerzeit nach dem Versicherungsverlauf im Sonderheft Versorgungsausgleich ein Jahresbruttoentgelt von (im letzten vollen Beschäftigungsjahr 1997) 35.835,- DM erwirtschaftet hat. Diese Tätigkeit hat die Antragstellerin in der Ehezeit aufgegeben. Ob die gesundheitlichen Einschränkungen, welche für sich genommen nicht zur Annahme eines ehebedingten Nachteils führen, eine weiterhin unveränderte Ausübung dieser Tätigkeit zugelassen hätten, kann dahinstehen. Jedenfalls müsste die Antragsgegnerin, was bei der Bemessung ihrer Erwerbsobliegenheiten berücksichtigt ist, jetzt „von null" beginnen (vgl. BGH, FamRZ 2010, 1311, 1315 m. Anm. Maier).

In Würdigung all dieser Gesamtumstände steht der Antragsgegnerin ein nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bemessender Unterhalt bis zum Erreichen der allgemeinen Altersgrenze im Juli 2019 zu. Ab Rechtskraft der Ehescheidung am 16. August 2011 sind das noch knapp acht, gerechnet ab Verkündung der vorliegenden Entscheidung etwa siebeneinhalb Jahre. Auf den genannten Zeitpunkt war der Unterhalt nach § 1578 b Abs. 2 BGB zu befristen. Denn Einbußen in der eigenen Altersversorgung werden, bezogen auf die Ehezeit, durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen (vgl. nur BGH, FamRZ 2010, 1633, 1635 m. Anm. Borth). Zugunsten der Antragsgegnerin wurden durch den Versorgungsausgleich 25,1138 EP, daneben ein Anrecht auf Betriebsrente ausgeglichen. Zusammen mit ihren eigenen verbleibenden Rentenanwartschaften von (insgesamt 23,0561 EP ./. 11,4793 EP =) 11,5768 EP wird sie nach derzeitigem Stand über eine gesetzliche Monatsrente von 1.007,89 € verfügen [27,47 € * (25,1138 EP + 11,5768 EP)], die außerdem ausgeglichene Betriebsrente tritt hinzu. Dadurch ist der angemessene Lebensbedarf im Sinne des § 1578 b Abs. 1 BGB gedeckt, ein weitergehender Ausgleich jedenfalls angesichts der bereits aufgeführten Gesamtumstände nicht geboten.

Das gilt im Ergebnis auch wegen etwa (dann noch vorhandener) ehebedingter Nachteile, welche auf die in der Ehe gewählte Rollenverteilung zurückzuführen sind. Dazu rechnet der Umstand, dass die Antragsgegnerin wegen der Arbeitsplatzaufgabe nunmehr keine Erwerbsminderungsrente beanspruchen kann (s. bereits oben; zum genannten Aspekt vgl. BGH, FamRZ 2011, 713, 716 m. Anm. Holzwarth, FamRZ 2011, 795; BGH, FamRZ 2011, 188, 190). Dass ein Ausgleich insoweit unterbleibt, rechtfertigt sich zugleich aus der auf Seiten des Antragstellers ab Renteneintritt verschlechterten wirtschaftlichen Situation.

Auch wenn zwischen den beteiligten Ehegatten noch eine güterrechtliche oder Vermögensauseinandersetzung ausstehen mag, war der Senat aus derzeitiger Sicht in der Lage, die maßgeblichen Prognosen zu treffen (vgl. BGH, FamRZ 2011, 192, 195 m. Anm. Schürmann). ..."

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Die 44jährige geschiedene Ehefrau eines Zahnarztes kann vier Jahre nach Rechtskraft der Scheidung auch dann auf den Arbeitsmarkt für un und angelernte Kräfte verwiesen werden, wenn sie das Abitur erworben und ein Lehramtsstudium im Zusammenhang mit der Eheschließung abgebrochen hat. das gilt jedenfalls dann, wenn sie während der Ehezeit mehrere Jahre als ungelernte Empfangskraft in der Praxis des Ehemannes mitgearbeitet hat. Hat die zweite Ehefrau des Unterhaltspflichtigen vorehelich geborene Kinder (Stiefkinder des Unterhaltspflichtigen) in die Ehe mitgebracht und wird ihr im Rahmen der Dreiteilungsmethode ein Einkommen aus hypothetischer Erwerbstätigkeit zugerechnet (BGH Urteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - FamRZ 2010, 111), so sind diese Einkünfte jedenfalls um den Betrag zu bereinigen, den sie zur Deckung des durch Unterhaltszahlungen des leiblichen Vaters nicht gedeckten Mindestbedarfes ihrer Kinder benötigen würde. Dem Umstand der Haushaltsersparnis durch das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen mit seiner zweiten Ehefrau kann im Rahmen der Dreiteilungsmethode dadurch Rechnung getragen werden, dass der Quotenbedarf der geschiedenen Ehefrau pauschal um 10 % erhöht wird. Zur Beurteilung ehebedingter Nachteile bei einer Abiturientin, die im Zusammenhang mit der Eheschließung in jungen Jahren ein Studium abgebrochen hat (OLG Celle, Urteil vom 11.03.2010 - 17 UF 154/09 zu BGB §§ 1574 II, 1578 I, 1578 b I).

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Neben der Betreuung von zwei - elf Jahre und 14 Jahre - alten Schulkindern ist der Betreuungselternteil aus elternbezogenen Gründen auch dann noch nicht zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet, wenn die Kinder nach der Schule ganztägig in einer geeigneten Tagespflegestelle betreut werden könnten. Zur unterhaltsrechtlichen Behandlung eines Geldvermögens, welches dem berechtigten Ehegatten nach Scheidung der Ehe im Wege der Erbschaft zugeflossen ist. Wird der Unterhalt auf einen angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt, indem er auf einen Nachteilsausgleich nach der eigenen Lebensstellung des Berechtigten beschränkt worden ist, umfasst der Unterhaltsbedarf auch den Altersvorsorgebedarf (im Anschluss an OLG Bremen, FamRZ 2008, 1957 = BeckRS 2008, 9226; OLG Celle, Urteil vom 06.08.2009 - 17 UF 210/08 zu BGB §§ 1570, 1577 III, 1578 III, 1578b I).

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Entspricht die Arbeitsstelle, die der Unterhaltsberechtigte innehat, in etwa seinem beruflichen Werdegang, seinen beruflichen Fähigkeiten, und ist auch die Bezahlung angemessen, so ist die Entscheidung des Unterhaltsberechtigten, diese Arbeitsstelle zu behalten, unterhaltsrechtlich auch dann nicht zu beanstanden, wenn die rein theoretische Möglichkeit besteht, dass er irgendwo eine besser bezahlte Arbeitsstelle hätte finden können. Wer eine zumutbare Nutzung durch Vermietung unterläßt, dem ist danach der durchschnittlich erzielbare Ertrag (Mietzins) als fiktives Einkommen zuzurechnen. Zu den Voraussetzungen einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den eheangemessenen Bedarf ab Rechtskraft der Ehescheidung. Die Voraussetzungen für eine zeitlich begrenzte Herabsetzung sind inhaltsgleich mit den Voraussetzungen des § 1578b Abs. 2 BGB für eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs. Im Regelfall gibt es keine sofortige Herabsetzung mit Beginn des Unterhalts ab Rechtskraft der Scheidung, weil die Gewährung einer Übergangsfrist selten unbillig sein dürfte. Derartige Gründe sind nicht ansatzweise ersichtlich, wenn die Parteien lange verheiratet waren, drei Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind, und die Antragsgegnerin kein vorwerfbares Verhalten trifft (OLG Thüringen, Urteil vom 27.08.2009 - 1 UF 123/09 zu BGB §§ 1573 Abs. 2, 1577 Abs. 1, 1578b).

„... Ein fiktiver Wohnwert kann der Antragsgegnerin unter keinen rechtlichen Gesichtspunkt zugerechnet werden. Die Rechtsprechung geht bei Auszug eines Ehegatten davon aus, daß der angemessene Wohnwert als eingeschränkter Wohnvorteil unter Berücksichtigung des durch den Auszug eines Ehepartners entstehenden »toten Kapitals« nur noch in einer Höhe in Rechnung zu stellen ist, wie er sich als angemessene Wohnungsnutzung durch den Zurückbleibenden alleine darstellt. Die ehelichen Lebensverhältnisse verwirklichen sich damit nach der Trennung in Form eines geringer anzusetzenden Gebrauchsvorteils als prägender Wohnwert (BGH FamRZ 2008, 963 = FuR 2008, 283 = EzFamR BGB § 1361 Nr. 53).

Dem Antragsteller ist ein Wohnwert zuzurechnen. Bei dem Betrag in Höhe von 330 € handelt es sich ab 1. Januar 2009 um den Kaltmietanteil, der im Selbstbehalt gegenüber dem getrennt lebenden und geschiedenen Ehegatten (Ziff. 21.4 der Thüringer Leitlinien) enthalten ist. Die in den Selbstbehaltsätzen ausgewiesenen Wohnkosten können im Mangelfall als Maßstab für die Anrechnung mietfreien Wohnens herangezogen werden (Ziff. 5. Abs. 2 der Thüringer Leitlinien). Auch hat der Antragsteller im Laufe des Jahres 2008 die frühere Mieterin G. in seine Wohnung aufgenommen. Die bisher von den Eheleuten G. gemietete Wohnung wurde zum 1. August 2008 weitervermietet. Nach dem Ablauf des Trennungsjahres im Juni 2008 ist bei dem Antragsteller nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der volle Wohnwert in Höhe von (108 qm x 3,68 € =) 397,44 € zu berücksichtigen (BGH FamRZ 2008, 963 = FuR 2008, 283 = EzFamR BGB § 1361 Nr. 53). Dem Antragsteller ist für eine selbstgenutzte Garage ein Nutzungsvorteil in Höhe von 25 € monatlich zuzurechnen.

Bei der Ermittlung des Wohnwertes ist im übrigen nicht nur von den Einkünften auszugehen, die der Antragsteller tatsächlich erzielt. Zwischen den Parteien ist eine Vereinbarung dahingehend getroffen worden, daß der Antragsteller zukünftig (ab September 2007) alle Miteinahmen aus dem gemeinsamen Haus A. in D. für sich vereinnahmen kann. Im Gegenzug hat sich der Antragsteller verpflichtet, die eheprägenden Darlehensbelastungen, die mit dem Haus zusammenhängen, zu tragen. Die Mietverträge sollten/wurden auf den Antragsteller umgeschrieben/ausgestellt.

Nach Ziffer 1.6 der Thüringer Leitlinien ist Einkommen aus Vermietung und Verpachtung der Überschuß der Bruttoeinkünfte über die Werbungskosten. Wendl/Staudigl (Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis § 1 Rdn. 304) führt für den nachehelichen Unterhalt unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 22. Oktober 1997 (FamRZ 1998, 87,89 = EzFamR BGB § 1577 Nr. 15 = BGHF 10, 1201) aus, daß für den berechtigten Ehegatten sich aus § 1577 Abs. 1 BGB die Obliegenheit ergibt, vorhandenes Vermögen so ertragreich wie möglich anzulegen und zu nutzen. Wer eine zumutbare Nutzung durch Vermietung unterläßt, dem ist danach der durchschnittlich erzielbare Ertrag (Mietzins) als fiktives Einkommen zuzurechnen. Werden nicht vorwerfbar keine Mieteinkünfte erzielt, z.B. wenn der Mieter den Mietzins nicht leistet, oder wenn eine kurzfristige Vermietung nicht möglich oder zumutbar ist, entfällt der Ansatz fiktiver Mieteinkünfte. Die Antragsgegnerin ist darlegungs- und beweispflichtig für die Höhe der Einkünfte des Antragstellers.

Der Antragsteller hat in einem Vorverfahren Lichtbilder (in Fotokopie) vorgelegt, aus denen sich der Schimmelbefall im Kinderzimmer und im Keller sowie der Feuchtigkeitsschaden im Badezimmer ergeben soll; auch befanden sich bei der Akte zwei Kostenvoranschläge zur Badsanierung über einen Kostenaufwand von ca. 6.000 €. Dies betrifft aber die Erdgeschoßwohnung. Der Antragsteller erhält für die Dachgeschoßwohnung 187,75 €, und ihm ist ein Mietwert in Höhe von 397,44 € für die eigengenutzte Wohnung und in Höhe von 25 € für die eigengenutzte Garage zuzurechnen. Damit verfügt er über einen geldwerten Vorteil/Einkünfte in Höhe von 610,19 €. Er gibt die Hauslasten mit 762,55 € an.

Für die weitere Unterhaltsberechnung ist davon auszugehen, daß es dem Antragsteller möglich sein sollte, Miete in einer den Kredit übersteigenden Höhe zu erzielen. Der Antragsteller hat sich nicht ausreichend bemüht, die leere Wohnung »W.« zu vermieten. Die Wohnung wurde zum 31. Januar 2009 gekündigt. Mit nur drei Anzeigen hat der Antragsteller keine ausreichenden Bemühungen entfaltet; ihm ist daher eine fiktive Miete unter Berücksichtigung der Wohnung »W.« in Höhe der nicht gedeckten Hauslasten zuzurechnen. Auch hat der Antragsteller vorgetragen, daß die Restschuld bei Umschuldung auf ihn nur 33.500 € betragen habe. Es ist davon auszugehen, daß der Antragsteller eine monatliche Rate hätte vereinbaren können, die es ihm ermöglicht hätte, den Kredit mit den Mieten zu finanzieren.

Der Antragsteller hat nach Schluß der mündlichen Verhandlung eine Bescheinigung überreicht, wonach die Eheleute gesamtschuldnerisch gegenüber der LBS in Höhe von 138,05 € monatlich aus Bauspardarlehen haften. Der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 19. August 2009 gab keine Veranlassung, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten. Abgesehen davon, daß die monatliche Rate in Höhe von 138,05 € in der Gesamtverbindlichkeit in Höhe von 762,55 € enthalten ist, verbleibt es bei den obigen Ausführungen im Zusammenhang mit der Umschuldung.

Der Antragsteller hat nicht ausreichend dargetan, daß er sich längere Zeit in Kurzarbeit befindet. Die bisherigen Einkünfte sind daher in Höhe von 2.237 € monatlich fortzuschreiben. Abzüglich der unstreitigen Fahrtkosten des Antragstellers in Höhe von 165 € beträgt der geschuldete Unterhalt 3/7 x [(2.237 € ./. 165 € ./. 788,72 € =) 1.283,28 € =] 549,97 €, aufgerundet 550 €. ..."

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Zur - hier bejahten - Frage, ob vorhandenes Vermögen zu Unterhaltszwecken zu verwerten ist (§ 1577 II u. III BGB; 122.500 Euro Barvermögen einer 62-jährigen Frau; OLG Saarbrücken, Urteil vom 16.05.2007 - 9 UF 77/06, NJW-RR 2007, 1377).

***

Beim Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist grundsätzlich jedes Vermögen, gleich welcher Herkunft, einzusetzen (hier: 40 000 EUR Resterlös aus Hausverkauf; OLG Hamm, Urteil vom 03.03.2006 - 7 UF 154/05).

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Zahlt die als Maklerin tätige Mutter eines nichtehelichen Kindes zur Aufrechterhaltung ihres Geschäfts Umsatzprovisionen, so mindern diese Aufwendungen den Gewinn (OLG München, Beschluss vom 12.01.2006 - 16 UF 1643/05, NJW-RR 2006, 586).

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Zur Zurechnung eines Wohnvorteils wegen des von einem Ehepartner seit der Trennung allein bewohnten Familienanwesens in diesem Fall (OLG Koblenz, Urteil vom 29.11.2005 - 11 UF 137/05).

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Einer Mutter, die an den Wochenenden regelmäßig rund um die Uhr ein schwerstbehindertes volljähriges Kind betreut, ist auch dann keine vollschichtige Erwerbstätigkeit zuzumuten, wenn das Kind während der Woche in einem Internat untergebracht ist (OLG Zweibrücken, Urteil vom 14.10.2005 - 2 UF 57/05, NJW-RR 2006, 513).

***

Arbeitslosengeldleistungen sind - auch wenn sie aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit einer ein Kind betreuenden Mutter herrühren - zumutbare Einkünfte nach § 1577 I BGB, die in voller Höhe im Wege der Differenzmethode berücksichtigt werden können. Der Bedarfskontrollbetrag der Düsseldorfer Tabelle ist nicht mit dem Eigenbedarf zu verwechseln. Er soll eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhaltsschuldner und den Unterhaltsberechtigten gewährleisten. Der Senat nimmt die Angemessenheitskontrolle ohne die festen Kontrollbeträge der Düsseldorfer Tabelle im Rahmen der Ergebnisprüfung als letzte Stufe der Unterhaltsberechnung vor. Arbeitslosengeldleistungen sind - auch wenn sie aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit herrühren - zumutbare Einkünfte nach § 1577 I BGB, die in voller Höhe im Wege der Differenzmethode berücksichtigt werden können. Der Bedarfskontrollbetrag ist nicht identisch mit dem Eigenbedarf des Unterhaltsverpflichteten; er stellt lediglich eine Rechengröße dar, die eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhaltsschuldner und den Unterhaltsberechtigten gewährleisten soll. Diese Angemessenheitskontrolle ist ohne die festen Kontrollbeträge der Düsseldorfer Tabelle im Rahmen der Ergebnisprüfung als letzte Stufe der Unterhaltsberechnung vorzunehmen (OLG Braunschweig, Beschluss vom 07.03.2005 - 1 WF 446/04).

***

Es ist daran festzuhalten, dass sich die Bemessung des infolge Kinderbetreuung überobligatorischen Einkommens des Unterhaltsberechtigten nach § 1577 II BGB richtet, also kein einkommensunabhängiger Pauschbetrag abzusetzen ist, wobei dieses Einkommen darüber hinaus nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2003, 518, 520) nicht als eheprägend anzusehen sein soll. Es ist auch daran festzuhalten, dass bei entsprechend flexibler Handhabung durch die Zubilligung eines pauschalen Betreuungsbonusses auf Seiten des Unterhaltspflichtigen eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung Sinne des Art. 3 Grundgesetz gegenüber dem Unterhaltsberechtigten nicht erfolgt. Hat nämlich der Unterhaltspflichtige zwangsläufig das höhere Einkommen erzielt, würde die quotenmäßige Nichtberücksichtigung seines Einkommens dazu führen, dass die vergleichbare Leistung der Kindesbetreuung beim Unterhaltsverpflichteten sogar ungleich höher bewertet würde (OLG Karlsruhe, Urteil vom 21.12.2004 - 2 UF 138/04).

***

Um die überobligationsmäßige Erwerbstätigkeit der Unterhaltsberechtigten hinreichend zu privilegieren ist unter Berücksichtigung des Alters der ehegemeinsamen Kinder das erzielte Einkommen nur mit 1/3 anzurechnen. Das aus überobligationsmäßiger Tätigkeit herrührende Arbeitslosengeld ist teilweise bedarfsdeckend anzurechnen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.10.2003 - 2 UF 107/03, NJW 2004, 859).

***

In nunmehr ständiger Rechtsprechung lehnt es der Senat ab, überobligatorische Einkünfte des Unterhaltsberechtigten nach Abzug eines Betreuungsbonus in eine Differenzberechnung einzustellen (so etwa OLG Hamm, 8. FamS, Urteil v. 22.8.2002, FamRZ 2002, 1708), und rechnet Einkommen aus überobligatorischer Tätigkeit nach Abzug der berufsbedingten Aufwendungen und des Erwerbstätigenbonus in der Regel zu 50 % auf den Bedarf an. Der Senat schließt sich dabei der Auffassung des BGH an (Urteil. v. 22.1.2003 - XII ZR 186/01 -, FamRZ 2003, 518, m.Anm. Büttner, S, 520), wonach überobligatorsiche Einkünfte nicht bedarfsprägend und daher gemäß § 1577 II BGB nach Billigkeit auf den ohne diese Einkünfte ermittelten Bedarf anzurechnen sind (OLG Hamm, Beschluss vom 24.10.2003 - 11 WF 141/03).

§ 1578 Maß des Unterhalts

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.

(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderte Erwerbsfähigkeit.

Leitsätze/Entscheidungen:

*** (BVerfG)

Die zur Auslegung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB entwickelte Rechtsprechung zu den „wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen" unter Anwendung der Berechnungsmethode der so genannten Dreiteilung löst sich von dem Konzept des Gesetzgebers zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts und ersetzt es durch ein eigenes Modell. Mit diesem Systemwechsel überschreitet sie die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung und verletzt Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG; BVerfG, 1 BvR 918/10 vom 25.1.2011, Absatz-Nr. (1 - 84), http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20110125_1bvr091810.html):

„... A. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die vom Bundesgerichtshof zur Auslegung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB entwickelte neue Rechtsprechung zu den „wandelbaren Lebensverhältnissen" unter Anwendung der Berechnungsmethode der sogenannten Dreiteilung zur Feststellung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs.

I. 1. a) Das Maß nachehelich zu gewährenden Unterhalts war in der Vergangenheit wiederholt gesetzlichen Änderungen unterworfen. Während zunächst nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum 1. Januar 1900 gemäß § 1578 BGB a.F. nach der Scheidung standesgemäßer Unterhalt zu gewähren war, der sich gemäß § 1610 BGB a.F. nach der Lebensstellung des Bedürftigen richtete, war nach den Bestimmungen des zum 1. August 1938 in Kraft getretenen Ehegesetzes nach der Scheidung einer Ehe der nach den ehelichen Lebensverhältnissen angemessene Unterhalt geschuldet. Mit dem Ersten Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG) vom 14. Juni 1976 (BGBl I S. 1421) wurde das nacheheliche Unterhaltsrecht neu geordnet. Dabei wurde das Maß des nachehelichen Unterhalts in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB geregelt. Es richtete sich in Anlehnung an die Bestimmungen des Ehegesetzes - bis heute unverändert - nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Aus den Gesetzgebungsmaterialien geht hervor, dass für deren Bestimmung grundsätzlich die individuellen Lebensverhältnisse der Ehe zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung maßgeblich sein sollten. Damit wollte der Gesetzgeber den Fällen gerecht werden, in denen durch die gemeinsame Leistung der Eheleute ein höherer sozialer Status erreicht worden war, an dem beide Eheleute nach der Auflösung ihrer Ehe einen gleichwertigen Anteil erhalten sollten (BRDrucks 266/71, S. 79).

Nach dem in § 1569 BGB a.F. normierten Grundsatz der Eigenverantwortung, der durch das Prinzip der nachwirkenden ehelichen Mitverantwortung allerdings eingeschränkt wurde, setzte die Gewährung nachehelichen Unterhalts zunächst das Bestehen bestimmter, gesetzlich umschriebener Bedürfnislagen voraus. Sodann war nach § 1581 BGB eine Prüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen vorgesehen. Für den Fall, dass der Unterhaltspflichtige nicht in der Lage war, allen Unterhaltsberechtigten Unterhalt zu leisten, wurde in § 1582 BGB a.F. sowie in § 1609 BGB a.F. geregelt, dass Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten im selben Rang wie Unterhaltsansprüche minderjähriger und ihnen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. gleichgestellter volljähriger Kinder standen und den Unterhaltsansprüchen nachfolgender Ehepartner grundsätzlich vorgingen.

b) Mit dem am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl I S. 3189) hat der Gesetzgeber das Unterhaltsrecht erneut reformiert und an die geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse sowie den eingetretenen Wertewandel angepasst.

Im Geschiedenenunterhaltsrecht gilt seitdem der Grundsatz der wirtschaftlichen Eigenverantwortung jedes Ehegatten verstärkt. § 1569 BGB lautet nun:

Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu außerstande, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nur nach den folgenden Vorschriften.

§ 1578 BGB, der das Maß des zu gewährenden Unterhalts vorgibt, ist unverändert geblieben und hat nach wie vor folgenden Wortlaut:

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf. …

Nach § 1578b BGB kann allerdings der nacheheliche Unterhalt unabhängig davon, auf welchen Unterhaltstatbestand er sich gründet, herabgesetzt und zeitlich begrenzt werden. Die Vorschrift lautet:

(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

(2) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden.

Die Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter ist in § 1609 BGB neu festgelegt worden. Die Vorschrift bestimmt nun:

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:

1. minderjährige unverheiratete Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2,

2. Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen,

3. Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen,



c) Ziel der Reform ist neben der Vereinfachung des Unterhaltsrechts insbesondere die Stärkung des Kindeswohls sowie die wirtschaftliche Entlastung sogenannter Zweitfamilien gewesen (BTDrucks 16/1830, S. 1 ff.). Dafür hat der Gesetzgeber die Schwächung der unterhaltsrechtlichen Position geschiedener Ehegatten in Kauf genommen.

Der Stärkung des Kindeswohls soll im Mangelfall die Einräumung des ersten Ranges der Unterhaltsansprüche minderjähriger und ihnen gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellter Kinder vor sämtlichen Unterhaltsansprüchen anderer Unterhaltsberechtigter (§ 1609 Nr. 1 BGB) sowie die Einräumung des zweiten Ranges der Unterhaltsansprüche Kinder betreuender Elternteile (§ 1609 Nr. 2 BGB) dienen. Die Änderung der Rangregelung hat der Gesetzgeber damit begründet, dass die bestehende Privilegierung des ersten Ehegatten unter dem Aspekt des Kindeswohls nicht zu rechtfertigen sei. Künftig zähle nicht mehr die zeitliche Priorität der Eheschließung, sondern allein die Schutzbedürftigkeit des jeweiligen Berechtigten; der geschiedene Ehepartner genieße keinen Vertrauensschutz dahin, dass sich der Kreis der unterhaltsberechtigten Personen nach der Scheidung nicht mehr erweitere. Künftig solle im Falle der Konkurrenz zwischen mehreren Ehegatten das Gleiche wie bei der Konkurrenz der Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder gelten, die in diesem Fall eine Schmälerung des auf sie entfallenden Unterhaltsanteils hinnehmen müssten (BTDrucks 16/1830, S. 22 ff.).

Der wirtschaftlichen Entlastung sogenannter Zweitfamilien dient die mit der besseren Ausbildungs- und Arbeitssituation von Frauen begründete Erhöhung der Anforderungen an die Gewährung nachehelichen Unterhalts. Hierzu zählen insbesondere die Betonung der Erwerbsobliegenheit geschiedener Ehegatten in § 1569 BGB sowie die Erweiterung der Befristungs- und Begrenzungsmöglichkeiten nachehelichen Unterhalts gemäß § 1578b BGB.

Allerdings hat der Gesetzgeber das Unterhaltsrecht schonend an die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen anpassen wollen. Deshalb hat er neben der Bestimmung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gemäß § 1581 BGB die Regelung des Unterhaltsmaßes nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB ausdrücklich unverändert gelassen (BTDrucks 16/1830, S. 18). Außerdem hat er Ehegatten aus lang bestehenden Ehen in § 1609 Nr. 2 BGB und in § 36 EGZPO einen besonderen Vertrauensschutz eingeräumt.

2. Der Bundesgerichtshof hat den Begriff der ehelichen Lebensverhältnisse seit Inkrafttreten des geltenden § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB am 1. Juli 1977 in einer Vielzahl von Entscheidungen konkretisiert.

a) Zunächst ging er in Anlehnung an die Regelungen des Ehegesetzes in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass für die Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse grundsätzlich die Verhältnisse zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Scheidung maßgeblich seien, es sei denn, das Einkommen eines Ehegatten hatte während des Getrenntlebens bis zur Scheidung eine unerwartete, vom Normalverlauf erheblich abweichende und damit nicht zu berücksichtigende Entwicklung genommen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 1982 - IVb ZR 650/80 -, FamRZ 1982, S. 360 <361>). Demgegenüber bezog er nach Rechtskraft der Scheidung eintretende Veränderungen in die Bestimmung des Unterhaltsmaßes zunächst nur ein, wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde lag, die zum Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen war und deren Erwartung die ehelichen Lebensverhältnisse bereits geprägt hatte (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1985 - IVb ZR 78/84 -, FamRZ 1986, S. 148 <149>). Später anerkannte der Bundesgerichtshof auch solche Einkünfte als prägend, die nach der Scheidung seitens desjenigen Ehegatten erzielt wurden, der während der Ehe die Haushaltsführung und Kinderbetreuung übernommen hatte. Zur Begründung verwies er darauf, eine nach der Scheidung aufgenommene Erwerbstätigkeit ersetze lediglich die Haushaltsführung, die die Ehe geprägt habe, und komme ihr im Wert gleich (vgl. BGHZ 148, 105 ff.).

b) Mit Urteil vom 29. Januar 2003 hat der Bundesgerichtshof begonnen, seine bisherige, im Wesentlichen am Stichtag der Rechtskraft der Scheidung orientierte Rechtsprechung zur Bestimmung des Unterhaltsmaßes aufzugeben. Er geht nunmehr davon aus, dass die für die Höhe des Unterhaltsbedarfs maßgeblichen Lebensverhältnisse einer geschiedenen Ehe Veränderungen unabhängig davon erfahren können, ob diese in der Ehe angelegt waren und damit eine Anbindung an die vormaligen ehelichen Lebensverhältnisse besitzen (vgl. BGHZ 153, 358 <364 f.>; 166, 351 <362>; 171, 206 <215 f.>).

Dabei hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 6. Februar 2008 auch nach Rechtskraft der Scheidung entstehende Unterhaltspflichten gegenüber Kindern (vgl. BGHZ 175, 182 <195 ff.>) und mit Urteil vom 30. Juli 2008 erstmals auch eine Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehepartner (vgl. BGHZ 177, 356 <367 ff.>) in die Bemessung des Bedarfs des vorangegangenen, geschiedenen Ehegatten gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB einbezogen. Dazu hat er ausgeführt, die Unterhaltsansprüche einander nachfolgender Ehegatten nach § 1360a BGB beziehungsweise §§ 1569 ff. BGB seien einander monetär vergleichbar und beeinflussten sich infolge der Wandelbarkeit der ehelichen Lebensverhältnisse bis hin zur vollständigen Angleichung wechselseitig. Der Grundsatz der Halbteilung gebiete, dass dem Unterhaltspflichtigen grundsätzlich derselbe Betrag verbleibe, den er dem Unterhaltsberechtigten leisten müsse. Folgten zwei unterhaltsbedürftige Ehegatten einander nach, müsse ihm daher ebenso wie den beiden Unterhaltsberechtigten ein Drittel aller verfügbaren Mittel zukommen. Der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten sei daher zu ermitteln, indem seine bereinigten Einkünfte ebenso wie diejenigen des Unterhaltspflichtigen und dessen neuen Ehepartners zusammengefasst und durch drei geteilt würden (sogenannte Dreiteilungsmethode).

In das Gesamteinkommen bezieht der Bundesgerichtshof das tatsächliche Einkommen der Beteiligten ein, damit namentlich auch die durch die Wiederverheiratung erzielten Splittingvorteile (vgl. BGHZ 177, 356 <375 ff.>) sowie Einkommenserhöhungen infolge eines die Ehe nicht prägenden, nachehelichen Karrieresprungs des Unterhaltspflichtigen, soweit diese die neu hinzugetretene Unterhaltsverpflichtung auffangen (vgl. BGHZ 179, 196 <207 f.>). Er geht inzwischen zudem weiter davon aus, dass für die Bemessung des von dem zweiten Ehepartner erzielten Einkommens nicht die in der zweiten Ehe gewählte Rollenverteilung ausschlaggebend ist, sondern dass dem nachfolgenden Ehepartner dasjenige Einkommen anzurechnen ist, welches er im Falle der Scheidung seiner eigenen Ehe mit dem Unterhaltspflichtigen nach § 1569 BGB zu erzielen verpflichtet wäre (vgl. BGHZ 183, 197 <212 ff.>). Mittels einer Kontrollrechnung stellt der Bundesgerichtshof schließlich sicher, dass der geschiedene Ehegatte maximal in der Höhe Unterhalt erhält, die sich ergäbe, wenn der Unterhaltspflichtige nicht erneut geheiratet hätte (vgl. BGHZ 177, 356 <367 f.>).

3. In der fachwissenschaftlichen Literatur hat die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB teilweise Zustimmung (Gerhardt, FamRZ 2007, S. 945 <946>; Gutdeutsch, FamRZ 2010, S. 1874 <1874 f.>; Kemper, FuR 2009, S. 372 <379>; Klinkhammer, FF 2009, S. 140 <140 ff.>), vielfach aber auch Kritik erfahren (Borth, FamRZ 2006, S. 852 <852 f.>; Brudermüller, FF 2010, S. 134 <137 ff.>; Graba, FamRZ 2010, S. 1131 <1134 ff.>; Griesche, FPR 2008, S. 63 <64 ff.>; Maurer, FamRZ 2008, S. 1985 <1989 ff.>; Norpoth, FamRZ 2009, 23 <26 f.>; Soyka, FuR 2010, S. 305 <306>; Weber-Monecke, in: Münchner Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2010, § 1361 Rn. 14 f.).

Seitens der Befürworter wird vertreten, die Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den sogenannten wandelbaren Lebensverhältnissen werde der Lebenswirklichkeit besser gerecht als eine strikt an den ehelichen Lebensverhältnissen ausgerichtete Bedarfsbestimmung. Die wechselseitige Beeinflussung der Unterhaltsbedarfe einander nachfolgender Ehepartner lasse sich mit dem neu geregelten Gleichrang ihrer Unterhaltsansprüche in § 1609 Nr. 2 und 3 BGB rechtfertigen. Der Gesetzgeber billige die geänderte Rechtsprechung, da er das Unterhaltsmaß in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB in Kenntnis der neuen Rechtsprechung keiner Änderung unterzogen und darüber hinaus betont habe, dass nicht die Priorität der Unterhaltsansprüche zähle, sondern die Schutzbedürftigkeit des jeweiligen Unterhaltsberechtigten sowie der Ausgleich ehebedingter Nachteile.

Nach Ansicht der Kritiker fehlt der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die dogmatische Rechtfertigung. Der Wortlaut des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB schließe es aus, nacheheliche Änderungen in die Bedarfsbemessung einzubeziehen, denen jeglicher Bezug zu der früheren Ehe fehle, sondern die, wie insbesondere Unterhaltspflichten gegenüber nachfolgenden Ehepartnern, erst durch die Scheidung der Ehe ermöglicht würden. Die starre Dreiteilungsmethode widerspreche der an den individuellen ehelichen Lebensverhältnissen ausgerichteten Bedarfsbestimmung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die neue Bedarfsermittlungsmethode hebe überdies die systematische Differenzierung zwischen der Bedarfsbestimmung nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB und der Leistungsfähigkeit nach § 1581 BGB auf. Sie widerspreche dem Willen des Gesetzgebers, der über die infolge der Unterhaltsrechtsreform eingetretene Schwächung der Rechtsstellung des geschiedenen Ehepartners hinaus keine weitere Verschlechterung dessen unterhaltsrechtlicher Position bezweckt habe. Die neue Berechnungsmethode benachteilige den vorangegangenen Ehegatten infolge der Kontrollrechnung und belaste den nachfolgenden Ehegatten mit einer während des ehelichen Zusammenlebens nicht bestehenden Erwerbsobliegenheit.

II. Die Beschwerdeführerin war von 1978 bis 2002 mit dem Kläger des Ausgangsverfahrens verheiratet. Dieser wurde im Zuge der Scheidung verurteilt, der Beschwerdeführerin nachehelichen Aufstockungsunterhalt in Höhe von 618 € monatlich zu zahlen. Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist seit Juni 2008 wieder verheiratet.

1. Im Ausgangsverfahren änderte das Amtsgericht mit Urteil vom 25. Juni 2009 die Unterhaltsverpflichtung des Klägers gemäß § 323 ZPO dahin ab, dass er der Beschwerdeführerin nur noch Unterhalt in Höhe von 488 € im Monat zahlen müsse. Dabei bestimmte das Amtsgericht das Maß des der Beschwerdeführerin zu gewährenden Unterhalts entsprechend der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach der Dreiteilungsmethode. Es ging von einem teilweise fiktiv angesetzten, bereinigten und prägenden Einkommen der Beschwerdeführerin in Höhe von 958 €, einem um berufsbedingte Aufwendungen und den Erwerbstätigenbonus reduzierten sowie um Zinseinkünfte erhöhten, prägenden Einkommen des Klägers in Höhe von 2.934 € (Steuerklasse I) sowie einem Renteneinkommen der nachfolgenden Ehefrau des Klägers in Höhe von 530 € im Monat aus und kam im Wege der Dreiteilung des Gesamtbetrags zu einem Unterhaltsbedarf in Höhe von jeweils 1.474 €. Sodann berücksichtigte das Amtsgericht auf Seiten des Klägers und seiner gegenwärtigen Ehefrau Synergieeffekte gemeinsamen Wirtschaftens, die es zu einer Reduzierung ihres Unterhaltsbedarfs um jeweils 5 % und damit zu einer Erhöhung des Unterhaltsbedarfs der Beschwerdeführerin um 10 % veranlassten. Den sich danach ergebenden Unterhaltsbedarf der Beschwerdeführerin in Höhe von rund 1.621 € reduzierte es dann um deren eigene prägende und weitere nicht prägende Einkünfte auf den titulierten Betrag. Durch Urteil vom 4. März 2010 hielt das Oberlandesgericht das Urteil des Amtsgerichts hinsichtlich der Unterhaltsbemessung mit dem Hinweis aufrecht, es folge ebenfalls der neuen Bedarfsermittlungsmethode des Bundesgerichtshofs.

2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin insbesondere eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG. Die Auslegung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB im Sinne wandelbarer Lebensverhältnisse, noch dazu verbunden mit der Berechnungsmethode der Dreiteilung, überschreite die Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung und verletze sie in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit. Weder der Wortlaut des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB noch seine systematische Einordnung in den Gesetzeskontext böten eine ausreichende Grundlage für die der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegende Annahme, gegenüber einem nachfolgenden Ehegatten eingegangene Unterhaltsverpflichtungen bestimmten die ehelichen Lebensverhältnisse der vorangegangenen Ehe. Überdies habe das Oberlandesgericht die gesetzgeberische Ausgestaltung des Art. 6 Abs. 1 GG in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB und die damit verbundene Grundentscheidung des Gesetzgebers hinsichtlich der verfassungsrechtlich gebotenen gleichen Teilhabe geschiedener Eheleute am gemeinsam Erwirtschafteten sowie der Gleichwertigkeit und Gleichrangigkeit einander nachfolgender Ehen grundlegend verkannt.

III. Zu dem Verfahren haben der Bundesgerichtshof, die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht, der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht, der Deutsche Familiengerichtstag, der Deutsche Juristinnenbund, der Verband alleinerziehender Mütter und Väter sowie der Kläger des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.

Der Bundesgerichtshof hat zunächst auf die tragenden Erwägungen seiner geänderten Rechtsprechung Bezug genommen. Seiner Ansicht nach ist die Anknüpfung der nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgebenden Umstände an den Stichtag der Rechtskraft der Scheidung überholt. § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB begründe keine die früheren ehelichen Lebensverhältnisse unverändert fortschreibende Lebensstandardgarantie. Nachehelicher Unterhalt sei vielmehr in dem Maße zu gewähren, wie eine Teilhabe des bedürftigen Ehegatten an dem aufgrund gemeinsamer Leistung erreichten Lebensstandard des unterhaltspflichtigen Ehegatten gerechtfertigt sei. Sinke der Lebensstandard des Unterhaltsschuldners nach Rechtskraft der Scheidung dauerhaft ab und beruhe dies nicht auf einem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten oder freiwilligen beruflichen Dispositionen, müsse der Unterhaltsberechtigte die Absenkung seines Unterhaltsanspruchs hinnehmen, selbst wenn der Einkommensrückgang während des Bestehens der Ehe nicht vorauszusehen gewesen sei. Die Bestimmung des Unterhaltsmaßes wolle, jedenfalls im Prinzip, nur die Risiken der mit der Scheidung fehlgeschlagenen Lebensplanung der Ehegatten und der von ihnen in der Ehe praktizierten Arbeitsteilung angemessen ausgleichen, nicht aber den bedürftigen Ehegatten nach der Scheidung wirtschaftlich besser stellen als er ohne die Scheidung stünde. Werde der Bedarf nachfolgender Ehepartner bei der Bestimmung des Unterhaltsbedarfs des geschiedenen Ehegatten nicht berücksichtigt, übersteige dessen Unterhaltsanspruch das dem Unterhaltspflichtigen für seinen eigenen Unterhalt verbleibende Einkommen, was gegen den Grundsatz der Halbteilung verstoße.

Die geänderte Rechtsprechung fasse zwar vereinfachend Bedarf nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB und Leistungsfähigkeit nach § 1581 BGB zusammen, beachte aber die gesetzlichen Wertungen der Unterhaltsrechtsreform von 2007. Aus deren Anlass habe der Gesetzgeber ausgeführt, der geschiedene Ehegatte müsse sich bei Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter eine Schmälerung seines Unterhaltsanteils gefallen lassen und habe keinen Vertrauensschutz dahin, dass sich durch die Gründung einer Zweitfamilie der Kreis der unterhaltsberechtigten Personen nicht erweitere und damit seine Unterhaltsquote verkürze. Dem sei zu entnehmen, dass keine Lebensstandardgarantie mehr gewährt werden solle. Die Dreiteilungsmethode, die jedem Beteiligten denselben Anteil zuweise, entspreche dem Ziel der jüngsten Unterhaltsrechtsreform, nachfolgenden Ehegatten denselben Unterhaltsbedarf einzuräumen und die Gründung von Zweitfamilien zu erleichtern. Außerdem führe sie zu der vom Gesetzgeber bezweckten Vereinfachung der Unterhaltsberechnung.

Aus den Gesetzgebungsmaterialien zum Ersten Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG) von 1976 ergebe sich, dass bereits damals eine Dreiteilung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen zur Feststellung des Unterhaltsbedarfs mehrerer Ehegatten habe erfolgen sollen (BTDrucks 7/4361, S. 33 f.).

2. Die von der Wissenschaftlichen Vereinigung für Familienrecht, vom Interessenverband Unterhalt und Familienrecht und vom Kläger des Ausgangsverfahrens abgegebenen Stellungnahmen halten die geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für verfassungsgemäß.

Die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht ist der Ansicht, für die Beurteilung des Unterhaltsmaßes könne nicht alleine auf den ungenauen und missverständlichen Wortlaut des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB abgestellt werden. Es stelle keinen Widerspruch zum System des Unterhaltsrechts dar, den geschuldeten Unterhalt in einem einheitlichen, die Interessen aller Beteiligten wahrenden Vorgang zu errechnen. Die neue Auslegung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB entspreche dem Willen des Gesetzgebers, der dem Unterhaltsberechtigten in erster Linie eine Teilhabe am gemeinsam erarbeiteten Lebensstandard einräumen wolle. Daher müssten nacheheliche, den Lebensstandard des Unterhaltsschuldners reduzierende Unterhaltspflichten in die Bedarfsbestimmung einbezogen werden, um zu vermeiden, dass der geschiedene Ehegatte unter Verstoß gegen die Gleichwertigkeit des Unterhaltsbedarfs des ersten und zweiten Ehegatten mehr Unterhalt erhalte als der Unterhaltspflichtige und der nachfolgende Ehepartner.

3. Der Deutsche Familiengerichtstag, der Deutsche Juristinnenbund sowie der Verband alleinerziehender Mütter und Väter sind dagegen der Auffassung, die neue Rechtsprechung sei verfassungswidrig. Die geänderte Auslegung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB widerspreche dessen Wortlaut und dessen systematischer Einordnung in den Normenkontext.

Dabei heben der Deutsche Juristinnenbund und der Verband alleinerziehender Mütter und Väter hervor, die Auslegung sei nicht vom Willen des Gesetzgebers der Unterhaltsrechtsreform von 2007 gedeckt, der über die Gesetzesänderungen hinaus keine weitere Verschlechterung der unterhaltsrechtlichen Position des geschiedenen Ehegatten vorgesehen habe.

Der Deutsche Familiengerichtstag betont, die Dreiteilungsmethode führe zu einer Verringerung bereits des Bedarfs des Unterhaltsberechtigten und damit zu einem unrealistisch niedrigen Ausgangsbetrag, bevor über eine Befristung und Begrenzung des Unterhalts nach Leistungsfähigkeit und Billigkeit zu entscheiden sei. Außerdem ergäben sich für den Unterhaltsberechtigten negative Folgen hinsichtlich der Einsatzzeitpunkte der §§ 1571 ff. BGB.

Nach Ansicht des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter unterläuft die Einbeziehung von Unterhaltspflichten gegenüber einem nachfolgenden Ehegatten in die Bedarfsbemessung des geschiedenen Ehepartners den mit der Unterhaltsreform bezweckten Ausgleich ehebedingter Nachteile.

B. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die angegriffene Entscheidung schränkt die Beschwerdeführerin in verfassungswidriger Weise in ihrer von Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit ein, indem sie die Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung überschreitet und damit das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt.

I. Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet jedem allgemeine Handlungsfreiheit, soweit er nicht Rechte anderer verletzt und nicht gegen das Sittengesetz oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt; zu dieser gehört jede Rechtsnorm, die formell und materiell mit der Verfassung in Einklang steht (vgl. BVerfGE 6, 32 <37 f.>; 55, 159 <165>; 63, 88 <109>; 74, 129 <151 f.>; 80, 137 <152 f.>).

Stützt sich ein die Handlungsfreiheit berührender Akt der öffentlichen Gewalt auf eine Rechtsnorm, so kann mit der Verfassungsbeschwerde unter Berufung auf Art. 2 Abs. 1 GG zur Nachprüfung gestellt werden, ob diese Norm zur verfassungsmäßigen Ordnung gehört (vgl. BverfGE 6, 32 <37 f.>; 80, 137 <152 f.>).

Die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG wird damit zum Maßstab für die Bestimmungen des Unterhaltsrechts, da die Gewährung von Unterhalt dem Unterhaltsberechtigten wirtschaftliche Handlungsfreiheit eröffnet und umgekehrt die Auferlegung einer Unterhaltspflicht in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte, wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Unterhaltspflichtigen eingreift (vgl. BverfGE 57, 361 <378, 381>; BverfGK 7, 135 <138>; 9, 437 <440>; 10, 84 <87>; stRspr).

Das nacheheliche Unterhaltsrecht und insbesondere die verfahrensgegenständliche Bestimmung des Maßes nachehelich zu gewährenden Unterhalts nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf danach einer rechtlichen Ausgestaltung, bei der die Handlungsfreiheit sowohl des Unterhaltsberechtigten wie auch des Unterhaltsverpflichteten unter Berücksichtigung des Schutzes aus Art. 6 Abs. 1 GG in Ausgleich zu bringen ist. Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 GG schützt als wertentscheidende Grundsatznorm die Ehe als Lebensgemeinschaft gleichberechtigter Partner, in der die Ehegatten ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung in gemeinsamer Verantwortung bestimmen und bei der die Leistungen, die sie im Rahmen der von ihnen in gemeinsamer Entscheidung getroffenen Arbeits- und Aufgabenzuweisung jeweils erbringen, als gleichwertig anzusehen sind. Aus dieser Gleichwertigkeit folgt, dass beide Ehegatten grundsätzlich Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten haben, das ihnen grundsätzlich zu gleichen Teilen zuzuordnen ist (vgl. BverfGE 105, 1 <10 ff.>). Das Prinzip gleicher Teilhabe gilt nicht nur während des Bestehens der Ehe, sondern entfaltet für den Fall eines gesetzlich geregelten Unterhaltsanspruchs seine Wirkung auch nach Trennung und Scheidung, insbesondere auf die unterhaltsrechtliche Beziehung der Eheleute untereinander. Bei der Unterhaltsbemessung ist das Einkommen, das den Lebensstandard der Ehe geprägt hat, den Ehegatten daher grundsätzlich hälftig zuzuordnen, unabhängig davon, ob es nur von einem oder von beiden Ehegatten erzielt worden ist (vgl. BverfGE 63, 88 <109>; 105, 1 <12>). Bei der gesetzlichen Ausgestaltung des nachehelichen Unterhaltsrechts ist zudem zu berücksichtigen, dass einander nachfolgende Ehen durch Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gleichrangig und gleichwertig geschützt werden (vgl. BverfGE 66, 84 <94 f.>; 108, 351 <364>). Damit sind Modifikationen des Grundsatzes gleicher Teilhabe nicht ausgeschlossen.

2. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat, ist der Gesetzgeber den aus Art. 6 Abs. 1 GG folgenden Anforderungen bei der Ausgestaltung des nachehelichen Unterhaltsrechts gerecht geworden, indem er seit Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG) am 1. Juli 1977 die Gewährung nachehelichen Unterhalts von der Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten (§ 1569 BGB) und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (§ 1581 BGB) abhängig macht und dabei das Maß des nachehelichen Unterhalts individuell an den ehelichen Lebensverhältnissen der geschiedenen Ehe ausrichtet (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dieses Unterhaltsmaß steht in Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Gebot gleicher Teilhabe geschiedener Ehegatten am gemeinsam Erwirtschafteten (vgl. BverfGE 105, 1 <12>) sowie der nach der Scheidung fortwirkenden Verantwortung der Eheleute füreinander (vgl. BverfGE 57, 361 <380>), die dann zum Tragen kommt, wenn ein geschiedener Ehegatte in gesetzlich bestimmten Bedarfslagen außerstande ist, für sich selbst zu sorgen.

Die Ausrichtung des Unterhaltsmaßes am jeweils in einer Ehe erreichten Lebensstandard unter Berücksichtigung des nach der Ehe von beiden geschiedenen Ehegatten erzielten oder erzielbaren Einkommens stimmt auch mit der grundsätzlichen Gleichwertigkeit und Gleichrangigkeit einander folgender Ehen überein.

Dass der Gesetzgeber bei Inkrafttreten der Reform des Ehe- und Familienrechts 1977 der geschiedenen Ehefrau unterhaltsrechtlich den Vorrang vor einer nachfolgenden Ehefrau eingeräumt hat, war gerechtfertigt durch den Umstand, dass damals Ehen noch überwiegend als sogenannte Hausfrauenehen geführt wurden und Ehefrauen nach einer Scheidung deshalb oftmals nicht (mehr) in der Lage waren, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen (vgl. BverfGE 57, 361 <389>), während sich eine nachfolgende Ehefrau auf die wirtschaftliche Last aus der ersten Ehe einrichten konnte (vgl. BverfGE 66, 84 <98>; 108, 351 <364 f.>). Aufgrund der mittlerweile eingetretenen gesellschaftlichen Entwicklung, die zu anderen Rollenverteilungen in der Ehe, häufigeren Scheidungen und Wiederverheiratungen sowie einer besseren beruflichen Ausbildung und erhöhten Erwerbstätigkeit bei Frauen geführt hat, hat der Gesetzgeber diesen Vorrang der geschiedenen Ehefrau durch die Neuregelung der §§ 1569, 1578b und 1609 BGB abgebaut und damit der Gleichrangigkeit der Ehen unter den derzeitigen gesellschaftlichen Verhältnissen hinreichend Rechnung getragen.

3. a) Nicht nur die Rechtsnormen selbst, sondern auch ihre Anwendung und Auslegung durch die Gerichte setzen der allgemeinen Handlungsfreiheit Grenzen. Die Anwendung freiheitsbeschränkender Gesetze durch die Gerichte steht ihrerseits nur solange mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Einklang, wie sie sich in den Grenzen vertretbarer Auslegung und Zulässigkeit richterlicher Rechtsfortbildung bewegt.

Die Auslegung des einfachen Rechts, die Wahl der hierbei anzuwendenden Methoden sowie seine Anwendung auf den Einzelfall sind Sache der dafür zuständigen Fachgerichte und vom Bundesverfassungsgericht nicht auf ihre Richtigkeit zu untersuchen. Nur wenn die Gerichte hierbei Verfassungsrecht verletzen, kann das Bundesverfassungsgericht auf eine Verfassungsbeschwerde hin eingreifen. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn eine Entscheidung am einfachen Recht gemessen objektiv fehlerhaft ist (vgl. BverfGE 1, 418 <420>; 18, 85 <92 f.>; 113, 88 <103>). Setzt sich die Auslegung jedoch in krassen Widerspruch zu den zur Anwendung gebrachten Normen und werden damit ohne entsprechende Grundlage im geltenden Recht Ansprüche begründet oder Rechtspositionen verkürzt, die der Gesetzgeber unter Konkretisierung allgemeiner verfassungsrechtlicher Prinzipien gewährt hat, so beanspruchen die Gerichte Befugnisse, die von der Verfassung dem Gesetzgeber übertragen sind (vgl. BverfGE 49, 304 <320>; 69, 315 <372>; 71, 354 <362 f.>; 113, 88 <103>).

b) Art. 20 Abs. 2 GG verleiht dem Grundsatz der Gewaltenteilung Ausdruck. Auch wenn dieses Prinzip im Grundgesetz nicht im Sinne einer strikten Trennung der Funktionen und einer Monopolisierung jeder einzelnen bei einem bestimmten Organ ausgestaltet worden ist (vgl. BverfGE 9, 268 <279 f.>; 96, 375 <394>; 109, 190 <252>), schließt es doch aus, dass die Gerichte Befugnisse beanspruchen, die von der Verfassung dem Gesetzgeber übertragen worden sind, indem sie sich aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben und damit der Bindung an Recht und Gesetz entziehen (vgl. BverfGE 96, 375 <394>; 109, 190 <252>; 113, 88 <103 f.>). Richterliche Rechtsfortbildung darf nicht dazu führen, dass der Richter seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzt (vgl. BverfGE 82, 6 <12>; BverfGK 8, 10 <14>).

Diese Verfassungsgrundsätze verbieten es dem Richter allerdings nicht, das Recht fortzuentwickeln. Angesichts des beschleunigten Wandels der gesellschaftlichen Verhältnisse und der begrenzten Reaktionsmöglichkeiten des Gesetzgebers sowie der offenen Formulierung zahlreicher Normen gehört die Anpassung des geltenden Rechts an veränderte Verhältnisse zu den Aufgaben der Dritten Gewalt (vgl. BverfGE 49, 304 <318>; 82, 6 <12>; 96, 375 <394>; 122, 248 <267>). Der Aufgabe und Befugnis zur „schöpferischen Rechtsfindung und Rechtsfortbildung" sind mit Rücksicht auf den aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit unverzichtbaren Grundsatz der Gesetzesbindung der Rechtsprechung jedoch Grenzen gesetzt (vgl. BverfGE 34, 269 <288>; 49, 304 <318>; 57, 220 <248>; 74, 129 <152>). Der Richter darf sich nicht dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen. Er muss die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren und den Willen des Gesetzgebers unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung bringen. Er hat hierbei den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung zu folgen (vgl. BverfGE 84, 212 <226>; 96, 375 <395>). Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder - bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke - stillschweigend gebilligt wird, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (vgl. BverfGE 118, 212 <243>).

Da die Rechtsfortbildung das einfache Recht betrifft, obliegt die Beantwortung der Frage, ob und in welchem Umfang gewandelte Verhältnisse neue rechtliche Antworten erfordern, wiederum den Fachgerichten. Das Bundesverfassungsgericht darf deren Würdigung daher grundsätzlich nicht durch seine eigene ersetzen (vgl. BverfGE 82, 6 <13>). Seine Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die rechtsfortbildende Auslegung durch die Fachgerichte die gesetzgeberische Grundentscheidung und dessen Ziele respektiert (vgl. BverfGE 78, 20 <24>; 111, 54 <82>) und ob sie den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung folgt (vgl. BverfGE 96, 375 <395>; 113, 88 <104>; 122, 248 <258>).

4. Diesen Maßstäben hält die der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegende Auslegung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand. Sie löst sich von dem Konzept des Gesetzgebers zur Berechnung nachehelichen Unterhalts und ersetzt es durch ein eigenes Modell. Mit diesem Systemwechsel überschreitet sie die Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung.

a) aa) Mit der Einführung des verschuldensunabhängigen Scheidungs- und Scheidungsfolgenrechts durch das am 1. Juli 1977 in Kraft getretene Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG) hat der Gesetzgeber die schon seit Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches geltende Differenzierung zwischen Unterhaltsbedarf des Berechtigten, Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und Rang der Unterhaltsansprüche in § 1569 ff. BGB näher ausgestaltet. Dabei hat er die Unterhaltsbedürftigkeit des Berechtigten in § 1569 BGB a.F., dessen Unterhaltsbedarf in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB, die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen in § 1581 BGB sowie die Rangfolge der Gewährung von Unterhalt bei Zusammentreffen mehrerer Unterhaltsberechtigter im Mangelfall in §§ 1582, 1609 BGB a.F. geregelt.

Die Bestimmung des Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB stellt nach diesem normativen Konzept den Ausgangspunkt der Unterhaltsberechnung dar, an dessen Ermittlung sich die Prüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen sowie der Verteilung verfügbarer Geldmittel des Pflichtigen im Mangelfall anschließt. Mit der Ausrichtung des Unterhaltsmaßes an den „ehelichen Lebensverhältnissen" hat der Gesetzgeber auf die individuellen Einkommensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten Bezug genommen, die er zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung bestimmt wissen will (BRDrucks 266/71, S. 79). Damit hat der Gesetzgeber den Fällen gerecht werden wollen, in denen die Eheleute in der Ehe durch gemeinsame Leistung einen höheren sozialen Status erreicht haben, an dem der unterhaltsberechtigte Ehegatte auch nach der Scheidung einen gleichwertigen Anteil erhalten sollte (BRDrucks 266/71, S. 79). Dem Unterhaltsberechtigten sollte also nach der Scheidung der erreichte Lebensstandard gesichert und insbesondere sein sozialer Abstieg vermieden werden (vgl. BverfGE 57, 361 <389>).

bb) An dieser Strukturierung des nachehelichen Unterhaltsrechts hat der Gesetzgeber anlässlich der Unterhaltsrechtsreform von 2007 festgehalten. Nach wie vor differenziert er bei der Prüfung der Gewährung nachehelichen Unterhalts zwischen der Unterhaltsbedürftigkeit des Berechtigten gemäß § 1569 BGB n.F., dessen Unterhaltsbedarf nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB, der Leistungsfähigkeit des Pflichtigen nach § 1581 BGB sowie der Rangfolge im Mangelfall nach § 1609 BGB n.F. Innerhalb dieser unverändert gebliebenen Systematik hat der Gesetzgeber zwar die Voraussetzungen einer zu Unterhalt berechtigenden Bedürftigkeit sowie die Herabsetzung und Befristung des Unterhaltsanspruchs neu gestaltet und die Rangfolge beim Zusammentreffen mehrerer Unterhaltsansprüche im Mangelfall geändert, jedoch an der Ausrichtung des Unterhaltsmaßes sowie den Voraussetzungen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen festgehalten.

(1) In Reaktion auf die geänderte gesellschaftliche Situation, insbesondere die steigenden Scheidungszahlen sowie die vermehrte Gründung sogenannter Zweitfamilien einerseits und die geänderte Rollenverteilung in der Ehe sowie die verbesserte Ausbildungs- und Arbeitssituation der Frauen andererseits (BTDrucks 16/1830, S. 13) hat der Gesetzgeber den Grundsatz der wirtschaftlichen Eigenverantwortung nach der Scheidung in § 1569 BGB verstärkt (BTDrucks 16/1830, S. 16 f.). Darüber hinaus hat er der besonderen Schutzbedürftigkeit minderjähriger und ihnen gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellter Kinder Rechnung getragen, indem er ihren Unterhaltsansprüchen im Mangelfall den ersten Rang (§ 1609 Nr. 1 BGB) und den Ansprüchen der sie betreuenden Elternteile den zweiten Rang zugewiesen hat (§ 1609 Nr. 2 BGB), womit geschiedene und nachfolgende Ehegatten im Rang nun gleichgestellt sind, solange sie sich einer Kinderbetreuung im Sinne des § 1609 Nr. 2 BGB widmen. Infolgedessen hat er den Rang des Unterhaltsanspruchs geschiedener Ehegatten im Mangelfall verschlechtert. Allerdings hat er geschiedenen Unterhaltsberechtigten, sofern die Ehe von langer Dauer war, den gleichen Rang wie kinderbetreuenden nachfolgenden Ehegatten eingeräumt und ihnen den Vorrang vor nachfolgenden Ehegatten gegeben, soweit diese keine Kinder betreuen.

(2) Demgegenüber hat der Gesetzgeber § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB keiner Änderung unterzogen. Der Unterhaltsbedarf ist danach weiterhin an den ehelichen Lebensverhältnissen zu bemessen. An diesen unverändert gebliebenen Maßstab hat der Gesetzgeber auch mit dem neu geschaffenen § 1578b BGB angeknüpft, der die Möglichkeit eröffnet, den nachehelichen Unterhalt unabhängig von der Grundlage, auf der er gewährt wird, im Einzelfall herabzusetzen und zeitlich zu begrenzen. Der Gesetzgeber hat damit unterstrichen, dass der Unterhaltsbedarf grundsätzlich auch weiterhin zunächst am Maßstab der ehelichen Lebensverhältnisse zu bemessen ist. Er hat die Möglichkeit der Unterhaltsbegrenzung gerade nicht von nach Rechtskraft der Scheidung eintretenden Änderungen der Lebensverhältnisse des Unterhaltsschuldners wie etwa dem Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter abhängig gemacht. Vielmehr sieht § 1578b BGB vor, dass der Unterhaltsbedarf auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen ist, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs unbillig erscheint. Die Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs auf den angemessenen Lebensbedarf orientiert sich insofern ebenfalls an den individuellen ehelichen Lebensverhältnissen der geschiedenen Ehe im Sinne des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB, indem sie davon abhängig gemacht worden ist, ob durch die Ehe und deren individuelle Ausgestaltung für den Unterhaltsberechtigten Nachteile im Hinblick darauf eingetreten sind, nach der Scheidung selbst für seinen Unterhalt sorgen zu können. Beispielhaft werden in § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB dabei Nachteile aufgezählt, die sich aus der in der Ehe gewählten Rollenverteilung ergeben können, wie etwa die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie die Dauer der Ehe.

cc) Mit dieser differenzierten Berücksichtigung der jeweiligen Interessen von unterhaltsberechtigten Kindern und geschiedenen wie nachfolgenden Ehegatten durch Änderung einzelner unterhaltsrechtlicher Normen bei gleichzeitigem Festhalten an den bisher geltenden Strukturen des Unterhaltsrechts und der Ausrichtung des Geschiedenenunterhalts an den ehelichen Lebensverhältnissen hat der Gesetzgeber eine schonende Anpassung des nachehelichen Unterhaltsrechts an die veränderten Familienwelten vollziehen wollen. Wie in der Gesetzesbegründung ausgeführt, hat er mit seinem Konzept einerseits den veränderten gesellschaftlichen Realitäten gerecht werden, andererseits aber auch Ehepartner in ihrem Vertrauen auf den grundsätzlichen Bestand einer Ehe sowie auf die Beibehaltung eines in der Ehe gemeinsam geschaffenen Lebensstandards im Falle ihrer Auflösung angemessen schützen wollen (BTDrucks 16/1830, S. 33 f.).

b) Über dieses Konzept setzt sich die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB unter Anwendung der Dreiteilungsmethode hinweg. Sie verlässt die nach §§ 1569 ff. BGB zur Prüfung nachehelicher Unterhaltsansprüche vom Gesetzgeber 1977 vorgegebene und 2007 beibehaltene unterhaltsrechtliche Systematik und nimmt einen Systemwechsel vor, bei dem sie die in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB enthaltene gesetzgeberische Grundentscheidung durch eigene Gerechtigkeitsvorstellungen ersetzt.

aa) Die geänderte Auslegung hebt die gesetzliche Differenzierung zwischen Unterhaltsbedarf und Leistungsfähigkeit vollends auf, indem sie nachehelich entstandene Unterhaltspflichten gegenüber einem weiteren Ehegatten bereits auf der nach den individuellen Lebensverhältnissen der geschiedenen Ehe zu bestimmenden Bedarfsebene des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB berücksichtigt, obwohl deren Berücksichtigung gesetzlich erst auf der Ebene der nach den gegenwärtigen Verhältnissen des Unterhaltspflichtigen zu beurteilenden Leistungsfähigkeit nach § 1581 BGB vorgesehen ist.

Zwar hat die Rechtsprechung bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs auch früher schon bestimmte Entwicklungen der Einkommenssituation des Unterhaltspflichtigen wie des Unterhaltsberechtigten berücksichtigt, die erst nach Rechtskraft der Scheidung erfolgt sind, und damit zum Teil die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen in die Bedarfsberechnung mit einbezogen. Begrenzt hat sie dies jedoch auf Entwicklungen, die schon die Ehe geprägt haben und in ihr angelegt worden sind, die also schon während der Ehe mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartbar waren (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1985 - Ivb ZR 78/84 -, FamRZ 1986, S. 148 <149>). Ein solcher Bezug zur Ehe liegt auch bei der Berücksichtigung einer nach Scheidung aufgenommenen Erwerbsarbeit des Unterhaltsberechtigten vor, die das Äquivalent oder „Surrogat" einer schon in der Ehe in Form von Familienarbeit erbrachten Leistung darstellt (vgl. BGHZ 148, 105 ff.). Mit der Einbeziehung auch nachehelich entstandener Unterhaltspflichten gegenüber einem neuen Ehegatten des Unterhaltspflichtigen verliert die Rechtsauslegung jedoch jeglichen Bezug zu der in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB normierten Bestimmung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen und lässt die gesetzliche Unterscheidung zwischen einerseits dem Unterhaltsbedarf und andererseits der Leistungsfähigkeit außer Acht.

bb) Die Auslegung setzt sich über das anlässlich der Reform ausdrücklich beibehaltene Unterhaltsmaß des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB (BTDrucks 16/1830, S. 18) hinweg und stützt sich auf einen von ihr selbst geschaffenen, neuen Maßstab. Statt die Bestimmung des Unterhaltsbedarfs nach den „ehelichen Lebensverhältnissen" der aufgelösten Ehe vorzunehmen, ersetzt sie diesen Maßstab durch den der „wandelbaren ehelichen Lebensverhältnisse" (vgl. BGHZ 171, 206 <215>) und bestimmt damit letztlich den Unterhaltsbedarf nach den tatsächlichen Lebensverhältnissen und finanziellen Ausstattungen wie Belastungen der Geschiedenen zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Unterhalts. Dabei bezieht sie im Falle der Wiederverheiratung des Unterhaltspflichtigen die reale Einkommenssituation zweier Unterhaltsverbände in ihrer Gesamtheit, nämlich sowohl diejenige der geschiedenen als auch diejenige der nachfolgenden Ehe in die Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten mit ein und macht hierdurch und darüber hinaus durch die neue Berechnungsmethode der Dreiteilung des Gesamteinkommens der beiden Unterhaltsverbände die Höhe des Bedarfs des geschiedenen unterhaltsberechtigten Ehegatten nicht nur von der realen Einkommens- und finanziellen Belastungssituation des Unterhaltspflichtigen, sondern auch davon abhängig, ob und in welcher Höhe der neue Ehegatte des Unterhaltspflichtigen über Einkommen verfügt.

Die ehelichen Lebensverhältnisse der geschiedenen Ehe im Sinne des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB werden mit diesem neuen Maßstab, der unter Anwendung der Dreiteilungsmethode zur Berechnung des Unterhaltsbedarfs herangezogen wird, nicht mehr widergespiegelt. Er löst sich vielmehr in Gänze von seiner gesetzlichen Vorgabe. Zudem steht er in keinem Bezug zu dem gerade erst geschaffenen § 1578b BGB, der durch die neue Berechnungsweise an Relevanz verliert. Denn wird im Wege der Bedarfsbestimmung nach den „wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen" mittels der Dreiteilungsmethode bereits der Bedarf des Unterhaltsberechtigten gekürzt, weil der Unterhaltsverpflichtete geheiratet hat und seine dadurch eingetretene zusätzliche Unterhaltslast bei der Bedarfsberechnung Berücksichtigung findet, kann § 1578b BGB nur noch Anwendung finden und zu einer weiteren Kürzung des Bedarfs führen, wenn der „angemessene Lebensbedarf" nach § 1578b Abs. 1 Satz 1 BGB noch niedriger anzusetzen ist als der im Wege der Dreiteilung errechnete Bedarf und ehebezogene Gründe eine (weitere) Kürzung rechtfertigen.

cc) Die Rechtsprechung zu den „wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen" unter Anwendung der Dreiteilungsmethode bezieht den Unterhaltsbedarf des nachfolgenden Ehegatten zudem nur solange in die Bestimmung des Unterhaltsbedarfs des geschiedenen Ehegatten mit ein, wie dies zu einer Verkürzung des Bedarfs des geschiedenen Ehegatten führt. Zwar legt sie der Bedarfsermittlung das tatsächliche Einkommen des Unterhaltspflichtigen unter Einbeziehung auch von Steuervorteilen zugrunde, die gegebenenfalls aus einer nachfolgenden Eheschließung erwachsen (vgl. BGHZ 177, 356 <375 ff.>) und rechnet inzwischen dem nachfolgenden Ehegatten, sofern dieser nicht erwerbstätig ist und nicht Kinder betreut, fiktiv dasjenige Einkommen an, welches er im Falle der Scheidung seiner eigenen Ehe mit dem Unterhaltspflichtigen zu erzielen verpflichtet wäre (vgl. BGHZ 183, 197 <212 ff.>), was rechnerisch dem Bedarf des geschiedenen Ehegatten zugute kommt. Wirkt sich die Dreiteilungsmethode aufgrund dessen oder wegen eines tatsächlich vorhandenen höheren Erwerbseinkommens des nachfolgenden Ehegatten allerdings zugunsten des geschiedenen Ehegatten aus, wird sein Unterhaltsbedarf mittels der vom Bundesgerichtshof vorgesehenen Kontrollrechnung auf den sich nach seinen ehelichen Lebensverhältnissen ergebenden Betrag wieder herabbemessen (vgl. BGHZ 177, 356 <376 f.>). Konsequenz dieser Rechtsprechung ist, dass der geschiedene Ehegatte infolge der neuen Bedarfsermittlungsmethode regelmäßig weniger, selten dasselbe, nie aber mehr erhält als im Wege einer nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmten Berechnung. Umgekehrt verbleibt dem Unterhaltspflichtigen nach dieser Berechnungsmethode regelmäßig mehr, selten dasselbe und nie weniger als nach der an den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB orientierten Berechnungsmethode. Gleiches gilt im Verhältnis einander nachfolgender unterhaltsberechtigter Ehegatten. Die Dreiteilungsmethode gesteht auch ihnen nur solange gleiche Anteile am Gesamteinkommen zu, wie sich dies zulasten des geschiedenen Ehegatten auswirkt. Umgekehrt ist keine Kontrollberechnung vorgesehen, mit der sichergestellt wird, dass der nachfolgende Ehegatte infolge der Dreiteilung und der Einbeziehung des Einkommens des vorangegangenen Ehegatten nicht mehr Unterhaltsbedarf zugestanden bekommt, als wenn der Unterhaltspflichtige zuvor nicht bereits verheiratet gewesen wäre. Zwar mag das nach dem vom Bundesgerichtshof zugrunde gelegten Modell stimmig sein, jedoch beruht dies auf einer grundsätzlich anderen Bewertung und Zuordnung der verschiedenen Unterhaltsansprüche als sie die Regelung in ihrem vom Gesetzgeber zugrunde gelegten Verständnis und der von ihm getroffenen Unterscheidung zwischen Unterhaltsbedarf, Leistungsfähigkeit und Rangfolge im Mangelfall vorsieht.

c) Dieses neue Rechtsprechungskonzept der Berechnung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten lässt sich mit keiner der anerkannten Auslegungsmethoden (vgl. dazu BverfGE 93, 37 <81>) rechtfertigen. Es widerspricht dem Wortlaut des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB und seiner systematischen Einbindung in den Normenkontext (aa) sowie seiner Zwecksetzung und der mit ihr verbundenen gesetzgeberischen Intention (bb).

aa) (1) Die neue Rechtsprechung läuft dem klaren Wortlaut des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zuwider. Dieser gibt zwar für die Verhältnisse, die bei der Bestimmung des Unterhaltsbedarfs maßgeblich sein sollen, keinen bestimmten Zeitpunkt vor. Doch erklärt er die „ehelichen Verhältnisse" zum Maßstab der Bedarfsbemessung und damit diejenigen, die in der geschiedenen Ehe bestanden haben oder zumindest mit ihr in Zusammenhang stehen. Für deren Beurteilung bieten sich - wie vom Gesetzgeber vorgesehen (BRDrucks 266/71, S. 79) - deshalb zunächst grundsätzlich die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung an, also zu dem Zeitpunkt, zu dem die Ehe endgültig aufgelöst ist (vgl. BverfGE 108, 351 <366>).

Bezieht die Rechtsprechung bei der Bedarfsermittlung auch Entwicklungen nach Rechtskraft der Scheidung mit ein und geht insofern von den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aus, muss bei den berücksichtigten Veränderungen zumindest ein gewisser Bezug zu den „ehelichen Lebensverhältnissen" vorhanden sein, damit die Rechtsauslegung noch vom Wortlaut des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gedeckt ist. Dies kann bei Entwicklungen angenommen werden, die einen Anknüpfungspunkt in der Ehe finden, also gleichsam in ihr angelegt waren, oder die, wie bei einer unvorhersehbaren nachehelichen Einkommensverringerung auf Seiten des Unterhaltspflichtigen, soweit sie nicht vorwerfbar herbeigeführt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 -, FamRZ 1992, S. 1045 <1046 f.>), bei Fortbestand der Ehe auch deren Verhältnisse geprägt hätten. Ein Bezug zu den „ehelichen Lebensverhältnissen" lässt sich jedoch nicht mehr bei Veränderungen herstellen, die gerade nicht auf die Ehe zurückzuführen sind, weil sie nur und erst dadurch eintreten konnten, dass die Ehe geschieden worden ist, wie dies bei Unterhaltspflichten gegenüber einem neuen Ehegatten, die durch erneute Heirat des Unterhaltspflichtigen entstanden sind, der Fall ist. Dabei führt die Bedarfsermittlung im Wege der Dreiteilung des in den beiden Unterhaltsverbänden insgesamt erzielten Einkommens zur völligen Loslösung von den „ehelichen Lebensverhältnissen", weil hierdurch der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten auch noch von der Einkommenssituation des nachfolgenden Ehegatten abhängt. Es überschreitet die Grenzen des Wortlauts von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB, derartige nacheheliche Änderungen, die nicht ehe-, sondern scheidungsbedingt sind, also die Auflösung der Ehe voraussetzen, in die Bestimmung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten einzubeziehen.

(2) Die neue Auslegung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB lässt sich auch nicht aus dessen systematischer Einbindung in den Normenkontext herleiten. Sie hebt nicht nur die vom Gesetzgeber vorgesehene Differenzierung zwischen Unterhaltsbedarf nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB und Leistungsfähigkeit nach § 1581 BGB auf, dessen Anwendungsbereich sie dadurch wesentlich einschränkt, sondern führt überdies zu einer vom Gesetzgeber an dieser Stelle nicht vorgesehenen Kürzung bereits des Unterhaltsbedarfs des unterhaltsberechtigten Ehegatten, dem die richterliche Prüfung versagt bleibt, ob der Unterhaltspflichtige aufgrund seiner nach § 1581 BGB zu beurteilenden gegenwärtigen Verhältnisse, beispielsweise infolge nicht prägender nachehelicher Einkünfte, in der Lage ist, ihm Unterhalt in Höhe des ermittelten Bedarfs zu gewähren.

Die geänderte Rechtsprechung lässt sich nicht mit der geänderten Rangfolge nach § 1609 BGB begründen, da der Rang eines Unterhaltsanspruchs erst dann relevant wird, wenn die Höhe des Anspruchs gemessen am Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtigten und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen schon feststeht und ein Mangelfall vorliegt. Mit der Änderung der Rangfolge hat der Gesetzgeber insofern nicht Einfluss auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs genommen, sondern auf das Ausmaß der Realisierung des Anspruchs im Verhältnis zu Unterhaltsansprüchen Anderer gegenüber dem Unterhaltspflichtigen, wobei die Anspruchshöhe je nach Rang mit ausschlaggebend dafür ist, ob oder in welcher anteiligen Höhe der Anspruch vom Unterhaltspflichtigen zu bedienen ist. Die Höhe schon durch die neue Berechnungsart zu mindern, kann deshalb zu weiteren Verlusten bei der Realisierung des Anspruchs führen, die der Gesetzgeber jedoch mit der Änderung der Rangfolge nicht vorgesehen hat.

bb) (1) Im System des geltenden Unterhaltsrechts widerspricht die Auslegung dem Zweck des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB, der unverändert dazu dient, dem unterhaltsberechtigten Ehegatten bei der Bestimmung seines Bedarfs grundsätzlich gleiche Teilhabe an dem zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung gemeinsam erreichten Status zu gewähren (BRDrucks 266/71, S. 79). Die mit der Kontrollrechnung verbundene richterliche Dreiteilungsmethode belastet den vorangegangenen Ehegatten im Verhältnis zu der vom Gesetzgeber vorgesehenen Systematik einseitig zugunsten des Unterhaltspflichtigen und dessen nachfolgenden Ehepartners, indem sie die Vorteile dieser Berechnungsweise dem Unterhaltspflichtigen und dem nachfolgenden Ehegatten zuweist und deren Nachteile alleine dem geschiedenen Ehegatten aufbürdet.

(2) Die Dreiteilungsmethode setzt sich überdies über den Willen des Gesetzgebers hinweg. Dieser hat zwar zur besseren Berücksichtigung der Interessen von Betroffenen und Zweitfamilien Einschränkungen beim nachehelichen Unterhalt vorgenommen. Die Einschränkungen hat er jedoch wie bei der Kürzung oder Befristung von Unterhaltsansprüchen nach § 1578b BGB von der Dauer und Ausgestaltung der geschiedenen Ehe und nicht vom Umstand einer erneuten Eheschließung des Unterhaltspflichtigen abhängig gemacht, oder sie dann eintreten lassen, wenn der Unterhaltspflichtige in Anbetracht seiner real vorhandenen Mittel nicht in der Lage ist, alle an ihn herangetragenen Unterhaltsansprüche zu befriedigen. Die unterhaltsrechtliche Position des geschiedenen Ehegatten hat er damit also nicht von vornherein verschlechtern wollen, wie dies die Bedarfsbestimmung nach der Dreiteilung vorsieht, sondern nur im Falle der Unbilligkeit einer Ausrichtung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen oder einer zeitlich unbegrenzten Unterhaltsleistung sowie im Mangelfall. Die Feststellung des Gesetzgebers, der geschiedene Ehepartner habe keinen Vertrauensschutz dahin, dass sich der Kreis der unterhaltsberechtigten Personen nach der Scheidung nicht mehr erweitere, hat sich auf die Verteilung verfügbarer Mittel in einem solchen Mangelfall nach § 1609 BGB bezogen, für deren Berechnung der Gesetzgeber unter Verweis auf die Berechnung konkurrierender Unterhaltsansprüche von Kindern eine proportionale Kürzung vorgesehen hat (BTDrucks 16/1830, S. 23 f.), nicht dagegen auf die Bestimmung des Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB.

(3) Die geänderte Auslegung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB lässt sich nicht mit dem Ziel der Unterhaltsreform begründen, das Unterhaltsrecht zu vereinfachen (BTDrucks 16/1830, S. 14). Die geänderte Rechtsprechung erleichtert die Unterhaltsberechnung nicht, sondern erweitert sie um den Rechenschritt der Bedarfsermittlung im Wege der Dreiteilung, da sie im Rahmen der Kontrollrechnung nach wie vor eine Berechnung des Unterhalts unter Berücksichtigung der ehelichen Lebensverhältnisse nach der von der Rechtsprechung herkömmlich angewandten Methode vorsieht. Überdies ist nach der neuen Auslegung auf Seiten des nachfolgenden Ehegatten inzwischen je nach den Umständen des Einzelfalls ein fiktives Einkommen einzustellen, das durch die Gerichte anhand der Erwerbsbiografie des nachfolgenden Ehegatten festzustellen ist, was ebenfalls zu keiner Vereinfachung der Berechnung führt.

(4) Die Auslegung kann schließlich nicht mit dem Argument legitimiert werden, die Dreiteilungsmethode sei bereits seit Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG) im Jahre 1977 vorgesehen gewesen. Die Gesetzgebungsmaterialien und ihre Rezeption durch die Rechtsprechung (vgl. BGHZ 89, 108 <110>) geben keinerlei Hinweis darauf, dass schon nach den damaligen Vorstellungen des Gesetzgebers der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten bei Existenz eines nachfolgenden Ehegatten im Wege der Dreiteilung der Gesamteinkünfte ermittelt werden sollte. Das in der Stellungnahme des Bundesgerichtshofs für diese Annahme angeführte Rechenbeispiel in den Gesetzgebungsmaterialien hat ersichtlich nicht der Veranschaulichung der Unterhaltsbedarfsermittlung, sondern der Verdeutlichung der Konsequenzen der in § 1609 BGB damals neu geregelten Rangordnung bei zwei einander nachfolgenden, unterhaltsberechtigten Ehegatten gedient. Mit ihm wurde keine Bedarfsermittlung im Wege der Dreiteilung der Gesamteinkünfte dargestellt, sondern illustriert, wie bei unterstellten gleich hohen Bedarfen des geschiedenen wie des nachfolgenden Ehegatten im Mangelfall der damals vorrangige Anspruch des geschiedenen Ehegatten in vollem Bedarfsumfang bestehen geblieben ist, während sich der nachfolgende Ehegatte mit dem verbleibenden Rest hat begnügen müssen (BTDrucks 7/4361, S. 33 f.).

d) Es kann nicht unterstellt werden, dass der Gesetzgeber das von der Rechtsprechung neu geschaffene Konzept zur Bedarfsermittlung ausdrücklich oder stillschweigend gebilligt hat.

Der Gesetzgeber hat die Bezugnahme auf die „ehelichen Lebensverhältnisse" in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht nur ausdrücklich aufrechterhalten (BTDrucks 16/1830, S. 18), sondern sich überdies im neu geschaffenen § 1578b BGB ebenfalls auf sie bezogen. Zudem hat der Bundesgerichtshof im Rahmen seiner Rechtsprechung zu den „wandelbaren Lebensverhältnissen" erst nach Inkrafttreten des geänderten Unterhaltsrechts erstmals mit Urteil vom 30. Juli 2008 eine Unterhaltspflicht gegenüber einem nachfolgenden Ehepartner einbezogen (vgl. BGHZ 177, 356 <367 f.>) und dabei zudem erstmals die Bedarfsbestimmung nach der Dreiteilungsmethode vorgenommen.

II. Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG. Sie beruht auf der die Grenze zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung überschreitenden Auslegung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB im Sinne der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, in deren Folge der Unterhaltsbedarf der Beschwerdeführerin und damit ihr Unterhaltsanspruch in einem vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Maße verkürzt worden sind.

Das Oberlandesgericht hat nach der Dreiteilungsmethode einen Unterhaltsbedarf der Beschwerdeführerin in Höhe von 1.621 € ermittelt, aus dem sich unter Anrechnung ihrer Einkünfte der ausgeurteilte Unterhalt in Höhe von 488 € im Monat ergeben hat. Nach herkömmlicher Berechnungsmethode unter Berücksichtigung der ehelichen Lebensverhältnisse hätte die Beschwerdeführerin dagegen einen Unterhaltsbedarf in Höhe von 1.894 € und demzufolge einen Unterhaltsanspruch in Höhe von 761 € im Monat gehabt. Das Nettoeinkommen des Klägers wäre zunächst auf das Einkommen umzurechnen gewesen, welches er ohne erneute Eheschließung bei Veranlagung nach Steuerklasse I erzielen würde (vgl. BVerfGE 108, 351 <366 f.>). Nach Abzug der im Ausgangsverfahren anerkannten Abzugspositionen sowie nach Erhöhung um die im Ausgangsverfahren als eheprägend festgestellten Zinseinkünfte hätte sich danach ein Gesamteinkommen des unterhaltspflichtigen Klägers in Höhe von 2.486 € ergeben. Nach Abzug des prägenden Einkommens der Beschwerdeführerin in Höhe von 958 € hätte sich ihr Unterhaltsbedarf auf 1.722 € belaufen und sich unter Berücksichtigung bedarfsmindernder Synergieeffekte auf Seiten des Klägers um 10 % auf rund 1.894 € erhöht. Daraus hätte sich unter Anrechnung ihrer Einkünfte der genannte Unterhaltsanspruch in Höhe von 761 € ergeben, den zu zahlen der Kläger wirtschaftlich in der Lage gewesen wäre und der um 273 € im Monat höher gelegen hätte als der ausgeurteilte Betrag.

Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Für Unterhaltstitel, die nicht Gegenstand dieses Verfassungsbeschwerdeverfahrens sind, folgt eine auf die Zukunft beschränkte Rechtsfolgenwirkung aus § 323 Abs. 3 ZPO beziehungsweise § 238 Abs. 3 FamFG (vgl. BGHZ 148, 368 <376>).

Sofern der Gesetzgeber die Bestimmung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB oder die Art der Unterhaltsberechnung insbesondere bei aufeinanderfolgenden ehelichen Unterhaltsverbänden einer Änderung unterziehen will, ist es seine Sache, per Gesetz die Kriterien und Berechnungsweisen dafür vorzugeben. ..."

*** (BGH)
Steuerliche Abschreibungen für die Abnutzung von Gebäuden berühren das unterhaltsrechtlich maßgebende Einkommen nicht (Bestätigung des Senatsurteils vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02, FamRZ 2005, 1159). Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, die mittels kreditfinanzierter Immobilien erzielt werden, ist bis zur erzielten Miete nicht nur die - die Einkünfte bereits steuerrechtlich vermindernde - Zins-, sondern auch die Tilgungsleistung unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen (Fortführung von Senatsbeschlüssen vom 18. Januar 2017 - XII ZB 118/16, BGHZ 213, 288 = FamRZ 2017, 519 und vom 4. Juli 2018 - XII ZB 448/17, FamRZ 2018, 1506). Selbständige können in der Summe 24% ihres Bruttoeinkommens des jeweiligen Jahres für die Altersvorsorge aufwenden und damit - soweit eine solche Vorsorge tatsächlich betrieben wird - von ihrem unterhaltsrelevanten Einkommen absetzen (im Anschluss an Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05, BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739). Im Rahmen der Ermittlung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigte Tilgungsleistungen sind auf diese Altersvorsorgequote nicht anzurechnen (Fortführung von Senatsbeschluss vom 18. Januar 2017 - XII ZB 118/16, BGHZ 213, 288 = FamRZ 2017, 519). Werden die mit der Berufsausübung verbundenen höheren Aufwendungen bereits pauschal oder konkret bei der Einkommensermittlung berücksichtigt, bedarf es im Einzelnen einer Begründung des Tatgerichts, wenn es mehr als ein Zehntel des Erwerbseinkommens der Bedarfsbemessung entzieht. Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch steht in einem Alternativverhältnis zu den Unterhaltsansprüchen des Kindes, weil er nur entsteht, wenn der Unterhaltsanspruch erfüllt worden ist (BGH, Beschluss vom 15.12.2021 - XII ZB 557/20).

***

Dem Empfänger von Altersvorsorgeunterhalt obliegt es, die erhaltenen Unterhaltsbeträge in einer für die spätere Erzielung von Alterseinkünften geeigneten Form anzulegen. Statt freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, kann er auch eine private Rentenversicherung abschließen (im Anschluss an Senatsurteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04, FamRZ 2007, 117). Dass diese ein Kapitalwahlrecht vorsieht, steht nicht entgegen. Aufgrund des Unterhaltsrechtsverhältnisses obliegt es zwar grundsätzlich beiden (geschiedenen) Ehegatten, ihre (Gesamt-)Einkommensteuerbelastung möglichst gering zu halten. Der Unterhaltsberechtigte ist aber, insbesondere im Rahmen des steuerlichen Realsplittings, nicht gehalten, den Altersvorsorgeunterhalt in einer zum Sonderausgabenabzug berechtigenden zertifizierten Rentenversicherung (hier sog. Rürup-Rente) anzulegen (BGH, Beschluss vom 22.09.2021 - XII ZB 544/20).

***

Soweit bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens bereits berufsbedingte Aufwendungen abgezogen wurden, spricht nichts dagegen, den Erwerbstätigenbonus - wie es die Süddeutschen Leitlinien vorsehen - allgemein mit einem Zehntel zu berücksichtigen. Der Erwerbstätigenbonus ist auch dann in die Unterhaltsberechnung einzustellen, wenn er allein beim Unterhaltsberechtigten anfällt, etwa weil der Unterhaltspflichtige bereits Rentner ist. Erteilt der Unterhaltsberechtigte dem Unterhaltspflichtigen auf dessen Aufforderung hin keine Auskunft über die Verwendung des in der Vergangenheit bezogenen Altersvorsorgeunterhalts und bestehen deshalb begründete Zweifel daran, dass er die hierfür an ihn geleisteten Beträge zweckentsprechend verwenden wird, steht der Forderung auf Zahlung künftigen Altersvorsorgeunterhalts der Einwand der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB entgegen (Fortführung von Senatsurteil vom 25. März 1987 - IVb ZR 32/86 - FamRZ 1987, 684; BGH, Beschluss vom 13.11.2019 - XII ZB 3/19).

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Es ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Tatsachengerichte im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon ausgehen, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe des Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrags vollständig für den Lebensbedarf der Familie verwendet worden ist. Der Unterhaltsbedarf kann in diesem Fall ohne Darlegung der konkreten Einkommensverwendung nach der Einkommensquote bemessen werden. Soweit das Einkommen darüber hinausgeht, hat der Unterhaltsberechtigte, wenn er dennoch Unterhalt nach der Quotenmethode begehrt, die entsprechende Verwendung des Einkommens für den Lebensbedarf darzulegen und im Bestreitensfall in vollem Umfang zu beweisen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. November 2017 - XII ZB 503/16, BGHZ 217, 24 = FamRZ 2018, 260). Als Familieneinkommen in diesem Sinn ist dabei das Einkommen anzusehen, das für den ehelichen Lebensbedarf der beiden Ehegatten zur Verfügung steht und damit insoweit unterhaltsrelevant ist. Die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten ist ausnahmsweise für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs des früheren Ehegatten zu berücksichtigen, soweit sie - etwa als Anspruch auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1615l BGB - bereits die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat (Fortführung von Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09, BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 und Senatsbeschluss vom 7. Mai 2014 - XII ZB 258/13, FamRZ 2014, 1183). Jedenfalls wenn der Unterhaltspflichtige eine unterhaltsrechtlich anzuerkennende zusätzliche Altersvorsorge betreibt, ist es geboten, dies auch dem Unterhaltsberechtigten durch eine entsprechende Erhöhung des Altersvorsorgeunterhalts zu ermöglichen (BGH, Beschluss vom 25.09.2019 - XII ZB 25/19).

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Ist ein Abänderungsantrag des Unterhaltsgläubigers auf Erhöhung des durch Urteil oder Beschluss titulierten Unterhalts vollständig abgewiesen worden, so kann ein späterer Abänderungsantrag des Unterhaltsschuldners auf Herabsetzung in zulässiger Weise auch auf solche Tatsachen gestützt werden, die schon im vorausgegangenen Abänderungsverfahren zu berücksichtigen gewesen wären (Aufgabe von Senatsurteil vom 1. Oktober 1997, XII ZR 49/96, BGHZ 136, 374 = FamRZ 1998, 99; Fortführung von Senatsbeschluss vom 29. Mai 2013, XII ZB 374/11, FamRZ 2013, 1215; BGH, Beschluss vom 11.04.2018 - XII ZB 121/17).

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Ehegattenunterhalt von Besserverdienenden: Der Anspruch auf Auskunft über das Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist bereits gegeben, wenn die Auskunft für den Unterhaltsanspruch Bedeutung haben kann (im Anschluss an Senatsurteile vom 22. Juni 1994, XII ZR 100/93, FamRZ 1994, 1169 und vom 7. Juli 1982, IVb ZR 738/80, FamRZ 1982, 996). Es ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Tatsachengerichte im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon ausgehen, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe des Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrags vollständig für den Lebensbedarf der Familie verwendet worden ist. Der Unterhaltsbedarf kann in diesem Fall ohne Darlegung der konkreten Einkommensverwendung nach der Einkommensquote bemessen werden (teilweise Aufgabe von Senatsurteil vom 11. August 2010, XII ZR 102/09, FamRZ 2010, 1637). Soweit das Einkommen darüber hinausgeht, hat der Unterhaltsberechtigte, wenn er dennoch Unterhalt nach der Quotenmethode begehrt, die vollständige Verwendung des Einkommens für den Lebensbedarf darzulegen und im Bestreitensfall in vollem Umfang zu beweisen. Ein Auskunftsanspruch gegen den Unterhaltspflichtigen ist immer schon dann gegeben, wenn unabhängig von der tatsächlichen Vermutung der Einkommensverwendung eine Darlegung des Bedarfs nach der Quotenmethode in Betracht kommt. Aufgrund der Erklärung des Unterhaltspflichtigen, er sei "unbegrenzt leistungsfähig", entfällt der Auskunftsanspruch noch nicht (Fortführung von Senatsurteil vom 22. Juni 1994, XII ZR 100/93, FamRZ 1994, 1169; BGH, Beschluss vom 15.11.2017 - XII ZB 503/16).

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Eine vorübergehende Arbeitslosigkeit des Unterhaltspflichtigen unterbricht die "Unterhaltskette" beim Aufstockungsunterhalt auch dann nicht, wenn die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen infolge der Arbeitslosigkeit so weit absinken, dass sich zeitweilig kein Unterschiedsbetrag mehr zwischen dem - durch den Einkommensrückgang beeinflussten - vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen und den anrechenbaren Einkünften des Unterhaltsberechtigten ergibt (BGH, Urteil vom 04.11.2015 - XII ZR 6/15).

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Ein vom Gericht im vorausgegangenen Verfahren zur Frage der Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Bedarf übersehener Umstand kann für sich genommen nicht die Abänderung der Entscheidung eröffnen. Ist die Abänderung hingegen aus anderen Gründen eröffnet, so ist die Berücksichtigung des Umstands nur dann ausgeschlossen (präkludiert), wenn dieser bereits im Ausgangsverfahren entscheidungserheblich war. War der Umstand (hier: Möglichkeit des Wechsels der Unterhaltsberechtigten in einen günstigeren Tarif der privaten Krankenversicherung im Rahmen des Krankenvorsorgeunterhalts) im vorausgegangenen Verfahren allein für die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 1578b BGB anzustellende Gesamtschau von Bedeutung, ist seine Berücksichtigung im Abänderungsverfahren im Zweifel nicht ausgeschlossen (BGH, Beschluss vom 15.07.2015 - XII ZB 369/14).

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Haben die Parteien in einem Ehevertrag eine lebenslange Unterhaltsverpflichtung vereinbart, und hat sich die Rechtslage danach geändert (Möglichkeit der Befristung), bleibt es dem Unterhaltspflichtigen im Zweifel unbenommen, sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen (im Anschluss an Senatsurteil vom 25. Januar 2012, XII ZR 139/09, FamRZ 2012, 525). Bei einer nach § 313 i.V.m. § 1578b Abs. 1 Satz 1 BGB gebotenen Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Lebensbedarf ist die ehevertragliche Regelung, wonach eine Anrechnung von Erwerbseinkommen nicht erfolgt, grundsätzlich auch weiterhin zu berücksichtigen. Wird der in einem Ehevertrag festgeschriebene, einen Vorsorgeunterhalt nicht ausweisende Bedarf des Unterhaltsberechtigten nach § 313 i.V.m. § 1578b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt, so können hierbei grundsätzlich auch die Kosten für eine angemessene Kranken- und Pflegeversicherung sowie für eine angemessene Altersversorgung berücksichtigt werden. Die betreffenden Einzelbeträge sind im Tenor gesondert auszuweisen (im Anschluss an Senatsurteil vom 6. Oktober 1982, IVb ZR 311/81, FamRZ 1982, 1187; BGH, Urteil vom 18.02.2015 - XII ZR 80/13).

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Das Begehren eines Ehegatten, die Auflösung des Scheidungsverbundes vor einer abschließenden Entscheidung über eine Folgesache in der Rechtsmittelinstanz zu verhindern, vermag die für ein Rechtsmittel gegen den Scheidungsausspruch erforderliche Beschwer nicht zu begründen (im Anschluss an Senatsurteil vom 26. November 1986, IVb ZR 92/85, FamRZ 1987, 264). Die erstmals in der Revisionsinstanz erhobene Einrede nach Art. 5 HUP ist vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn die Anwendung des Haager Unterhaltsprotokolls und des danach berufenen Sachrechts auf einem Verfahrensfehler beruht, die der Einrede zugrundeliegenden Tatsachen unstreitig sind und auch die weiteren Voraussetzungen vorliegen, die eine ausnahmsweise Berücksichtigung neuer Tatsachen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Revisionsinstanz zulassen (im Anschluss an Senatsurteile vom 14. Oktober 2009, XII ZR 146/08, FamRZ 2009, 1990 Rn. 27 und vom 21. November 2001, XII ZR 162/99, FamRZ 2002, 318, 319 mwN). Gibt der aus dem Ausland stammende Unterhaltsberechtigte ehebedingt seine Erwerbstätigkeit auf und wird er später erwerbsunfähig, so ist die fiktive Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach Rückkehr in sein Heimatland so zu bemessen, als hätte er dort bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit durchgehend gearbeitet und einen entsprechenden Rentenanspruch erworben (im Anschluss an Senatsurteil vom 16. Januar 2013, XII ZR 39/10, FamRZ 2013, 534 Rn. 24). Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB ist ein Erwerbstätigkeitsbonus nicht zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 26. Juni 2013 - XII ZR 133/11).

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Beim Unterhaltsanspruch wegen Betreuung von Kindern ab der Altersgrenze von drei Jahren ist zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder gesichert werden könnte (im Anschluss an BGH, 18. März 2009, XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770). An die für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts insbesondere aus kindbezogenen Gründen erforderlichen Darlegungen (hier: bei drei minderjährigen Kindern und von der Unterhaltsberechtigten zu leistenden Fahrdiensten an den Nachmittagen) sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen (im Anschluss an BGH, 15. Juni 2011, XII ZR 94/09, FamRZ 2011, 1375). Zur Beurteilung einer überobligationsmäßigen Belastung im Rahmen der Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist auch der Aspekt einer gerechten Lastenverteilung zwischen unterhaltsberechtigtem und unterhaltspflichtigem Elternteil zu berücksichtigen (im Anschluss an BGH, 18. März 2009, XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770; BGH, 16. Juli 2008, XII ZR 109/05, FamRZ 2008, 1739 und BGH, 21. April 2010, XII ZR 134/08, FamRZ 2010, 1050). Hat der Unterhaltspflichtige nach dem - unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbaren - Verlust seines Arbeitsplatzes eine Abfindung erhalten und hat er im Anschluss daran eine neue Arbeitsstelle mit dauerhaft geringerem Einkommen gefunden, so ist die Abfindung bis zur Höchstgrenze des Bedarfs aufgrund des früheren Einkommens grundsätzlich für den Unterhalt zu verwenden (im Anschluss an BGH, 28. März 2007, XII ZR 163/04, FamRZ 2007, 983 und BGH, 2. Juni 2010, XII ZR 138/08, FamRZ 2010, 1311; teilweise Aufgabe von BGH, 29. Januar 2003, XII ZR 92/01, FamRZ 2003, 590). Ob eine Aufstockung bis zum bisherigen Einkommen geboten ist und der bisherige Lebensstandard vollständig aufrechterhalten werden muss, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen, insbesondere auch nach der vom Unterhaltspflichtigen zu erwartenden weiteren Einkommensentwicklung (BGH, Urteil vom 18.04.2012 - XII ZR 65/10 zu §§ 1570 I BGB, 1573, 1578,1578b BGB).:

„... 3. Das Berufungsgericht hat den Bedarf ab Rechtskraft der Scheidung (1. Oktober 2009) in der Weise ermittelt, dass es vom verringerten Einkommen des Antragstellers aus seiner aktuellen Erwerbstätigkeit ausgegangen ist. Zudem hat es die Abfindung zur Aufstockung auf das bisherige Einkommensniveau herangezogen und den Unterhalt entsprechend fortgeschrieben.

a) Das begegnet im Ausgangspunkt keinen rechtlichen Bedenken. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist ein auf Seiten des Unterhaltspflichtigen gesunkenes Einkommen zu berücksichtigen, wenn der Einkommensrückgang auf keinem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten beruht (ständige Rechtsprechung; vgl. Senatsurteile BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.; BGHZ 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn. 17 und vom 23. Dezember 1987 - IVb ZR 108/86 - FamRZ 1988, 256, 257; zur Rechtslage nach der Entscheidung des BVerfG vom 25. Januar 2011 - FamRZ 2011, 437 - s. Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - FamRZ 2012, 281 Rn. 24). Ob die Beendigung des früheren Arbeitsverhältnisses dem Antragsteller unterhaltsrechtlich vorzuwerfen ist, hat das Berufungsgericht offengelassen. Demnach ist in der Revisionsinstanz davon auszugehen, dass den Antragsteller keine Obliegenheitsverletzung trifft.

b) Auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Heranziehung der Abfindung zur Aufstockung des verringerten Einkommens aus dem vom Antragsteller im Oktober 2009 angetretenen neuen Arbeitsverhältnis hat im Ergebnis Bestand.

aa) Allerdings sind bei der Behandlung einer Abfindung die Besonderheiten zu beachten, die sich daraus ergeben, dass es sich um Einkommen im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses handelt. Die Abfindung kann je nach ihrem arbeitsrechtlichen Hintergrund unterschiedlichen Zwecken dienen, so der zukunftsbezogenen Entschädigung für Lohneinbußen (etwa bei Sozialplanabfindungen), als Gegenleistung für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage oder als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und des mit diesem verbundenen sog. sozialen Besitzstandes (vgl. Kaiser Festschrift D. Schwab 2005 S. 495, 500 ff. mwN). Aus der arbeitsrechtlichen Qualifikation der Abfindung lässt sich indessen noch keine zwingende Vorgabe für deren unterhaltsrechtliche Behandlung entnehmen. Die Heranziehung der Abfindung ist vielmehr vorwiegend nach unterhaltsrechtlichen Regeln zu beurteilen.

Einer Heranziehung der Abfindung bedarf es demnach nicht, wenn der Unterhaltspflichtige im Anschluss an das beendete Arbeitsverhältnis sogleich eine neue Arbeitsstelle erlangt, die ihm ein der früheren Tätigkeit vergleichbares Einkommen einbringt. Für diesen Fall hat der Senat entschieden, dass eine nach Ehescheidung zusätzlich zu dem in unveränderter Höhe bezogenen Einkommen erhaltene Abfindung bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs unberücksichtigt bleibt (Senatsurteil vom 2. Juni 2010 - XII ZR 138/08 - FamRZ 2010, 1311 Rn. 28 f.).

Kann der Unterhaltspflichtige hingegen sein früheres Einkommen nicht mehr erzielen, so ist die Abfindung grundsätzlich zur Aufstockung des verringerten Einkommens einzusetzen. Das gilt zum einen, wenn der Unterhaltspflichtige nur noch Lohnersatzleistungen, etwa Arbeitslosengeld, bezieht, die erheblich hinter dem bisherigen Einkommen zurückbleiben. Dementsprechend hat der Senat entschieden, dass die Abfindung als Ersatz des fortgefallenen Arbeitseinkommens in solchen Fällen dazu diene, die bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum Eintritt in das Rentenalter aufrechterhalten zu können (Senatsurteil BGHZ 172, 22 = FamRZ 2007, 983; vgl. auch Senatsurteil vom 14. Januar 1987 - IVb ZR 89/85 - FamRZ 1987, 359, 360; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 29 f., 93).

Für den Fall, dass der Unterhaltspflichtige zwar ein neues Arbeitsverhältnis erlangt hat, das daraus bezogene Einkommen aber hinter dem früheren zurückbleibt, hat der Senat hingegen entschieden, dass eine Abfindung und die Erträge daraus nicht für den Unterhalt zu verwenden seien (Senatsurteil BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590 m. Anm. Graba FamRZ 2003, 746). Der Senat hat dies damit begründet, dass der Unterhaltsbedarf ausschließlich nach dem aktuellen Arbeitseinkommen zu bemessen und die Abfindung hierfür nicht zu berücksichtigen sei. Daran hält der Senat nicht fest. Vielmehr ist eine andere Betrachtung geboten, weil die Quelle der Abfindung in dem beendeten Arbeitsverhältnis liegt und dadurch der notwendige Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen hergestellt ist. Daraus folgt zwar - wie ausgeführt - nicht, dass aus der Abfindung bei ansonsten gleich gebliebenem Einkommen eine Erhöhung des Bedarfs hergeleitet werden kann. Für eine Aufstockung auf das bisherige Einkommensniveau mangelt es indessen nicht an einem Bezug zu den - früher gelebten - ehelichen Lebensverhältnissen. Aus diesem Grund ist die Abfindung bereits bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 14. Januar 1987 - IVb ZR 89/85 - FamRZ 1987, 359, 360).

Damit steht allerdings noch nicht fest, dass die Abfindung unabhängig von ihrer Höhe notwendig zur kompletten Aufstockung zu verwenden ist und stets das frühere Einkommens- und Unterhaltsniveau erreicht werden muss. Vielmehr kann je nach den Umständen des Falles, insbesondere bei dauerhafter Arbeitslosigkeit oder aber bei nicht bestehenden Aussichten auf eine künftige Steigerung des Einkommens, auch eine nur teilweise Aufstockung angemessen sein, um die Abfindung auf einen längeren Zeitraum zu verteilen. Auf welchen Zeitraum die Abfindung im Einzelfall umzulegen ist, unterliegt der tatrichterlichen Angemessenheitsprüfung.

Dabei ist neben den genannten Grundsätzen schließlich noch zu beachten, dass sich Unterhalt und Zugewinnausgleich, soweit unter dem Gesichtspunkt der Halbteilung Berührungspunkte bestehen, nicht widersprechen dürfen (vgl. Senatsurteil vom 21. April 2004 - XII ZR 185/01 - FamRZ 2004, 1352 mwN; "Verbot der Doppelberücksichtigung").

bb) Das Berufungsurteil entspricht diesen Anforderungen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Einkommen des Antragstellers gegenüber seinem früheren Einkommen um etwa ein Drittel gesunken ist. Damit ist eine Aufstockung des gesunkenen Einkommens angezeigt. Dass der Antragsteller die Abfindung ungeschmälert als Vermögensreserve behielte, wäre von vornherein nicht gerechtfertigt, weil er damit entgegen dem der Unterhaltsbemessung nach Quoten zugrunde liegenden Halbteilungsgrundsatz aus seinem Einkommen Vermögensbildung auf Kosten der Antragsgegnerin betreiben würde.

Auch der Umfang der Heranziehung hält sich im Rahmen einer zulässigen tatrichterlichen Angemessenheitsbetrachtung. Zwar erscheint der Zeitraum der Umlegung auf (nur) eineinhalb bis zwei Jahre und die dadurch bewirkte vollständige Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards als recht kurz bemessen. Indessen hat der Antragsteller auch in seinem neuen Arbeitsverhältnis die Möglichkeit einer künftigen Verbesserung seines Einkommens. Die Dauer der Aufstockung, über die im vorliegenden Verfahren nicht abschließend zu entscheiden ist, kann dann gegenüber dem vorläufig veranschlagten Zeitraum durchaus länger ausfallen. In Anbetracht des vom Berufungsgericht zu Recht angenommenen (jedenfalls) unterhaltsrechtlichen Zwecks der Abfindung, den Einkommensrückgang ganz oder teilweise aufzufangen, bewegt sich seine Unterhaltsbemessung insoweit noch im zulässigen Rahmen tatrichterlicher Beurteilung, die nach revisionsrechtlichen Maßstäben nicht zu beanstanden ist. Um den vollständigen Verbrauch der Abfindung geltend zu machen, steht dem Antragsteller ein Abänderungsantrag nach § 238 FamFG offen.

Ein Widerspruch zum vom Amtsgericht zugesprochenen Zugewinnausgleich kann schließlich nicht entstehen, weil die Abfindung erst nach dem Stichtag versprochen und gezahlt wurde, so dass sie kein Endvermögen des Antragstellers dargestellt hat. ..."


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Haben die Parteien in einem Ehevertrag eine lebenslange Unterhaltsverpflichtung vereinbart, und hat sich die Rechtslage danach geändert (Möglichkeit der Befristung), bleibt es dem Unterhaltspflichtigen im Zweifel unbenommen, sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen. Der Unterhaltsanspruch der nachfolgenden Ehefrau hat keine Auswirkung auf den Unterhaltsbedarf der früheren Ehefrau nach § 1578 BGB; dieser Anspruch ist allein im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsurteil vom 7. Dezember 2011, XII ZR 151/09, zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Urteil vom 25.01.2012 - XII ZR 139/09).

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Der unterhaltsberechtigte Ehegatte trägt im Rahmen des Unterhaltsanspruchs wegen Erwerbslosigkeit die Darlegungs- und Beweislast nicht nur dafür, dass er keine reale Chance auf eine Vollzeitarbeitsstelle hat, sondern auch dafür, dass dies in gleicher Weise für eine geringfügige Beschäftigung (sog. Mini-Job) und auch für eine Erwerbstätigkeit im Rahmen der Gleitzone nach § 20 Abs. 2 SGB IV (sog. Midi-Job) zutrifft. Bewohnt der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung weiterhin das eheliche Einfamilienhaus, geht dies im Rahmen der konkreten Bedarfsermittlung regelmäßig über seinen Wohnbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen hinaus. Dieser wird bereits durch eine dem ehelichen Standard entsprechende Wohnung für eine Person gedeckt. Zum Verhältnis von Vermögensverwertung nach § 1577 Abs. 1 BGB und Herabsetzung/Befristung des Unterhalts nach § 1578b BGB ( BGH, Urteil vom 18.01.2012 - XII ZR 178/09 zu §§ 1573, 1574, 1577 I, § 1578, 1578b BGB u.a. - Volltext siehe zu § 1573 BGB).


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Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB werden grundsätzlich durch die Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind. Nacheheliche Entwicklungen wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (im Anschluss an BVerfG, 25. Januar 2011, 1 BvR 918/10, FamRZ 2011, 437). Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB ist der Halbteilungsgrundsatz zu beachten, was zu einem relativen Mangelfall führen kann, wenn dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt weniger verbleibt, als der Unterhaltsberechtigte mit dem Unterhalt zur Verfügung hat. Sonstige Verpflichtungen gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten, die nicht bereits den Bedarf des Unterhaltsberechtigten beeinflusst haben, sind entsprechend ihrem Rang zu berücksichtigen (im Anschluss an das Senatsurteil 18. Oktober 1989, IIb ZR 89/88, BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260). Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leis-tungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das schließt eine Berücksichtigung weiterer individueller Billigkeitserwägungen nicht aus (BGH, Urteil vom 07.12.2011 - XII ZR 151/09 zu §§ 1578 Abs 1 S 1, § 1581 S 1, § 1609, § 1615l BGB).

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Wenn der Unterhaltsberechtigte seinen Elementarunterhaltsbedarf auf einen Betrag beschränkt, für den noch keine konkrete Bedarfsbemessung erforderlich ist, unter Berücksichtigung des Altersvorsorgebedarfs aber einen Gesamtbedarf geltend macht, der über jenem Betrag liegt, braucht er den Gesamtbedarf gleichwohl nicht konkret darzulegen. Der Altersvorsorgeunterhalt ist vielmehr ausgehend von dem ermittelten Elementarunterhalt zu berechnen ( BGH, Urteil vom 30.11.2011 - XII ZR 34/09):

„... Das Berufungsgericht hat der Antragsgegnerin zu Unrecht Altersvorsorgeunterhalt versagt.

1. Zu dem gesamten Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten, den der Unterhalt umfasst, gehören neben dem Elementarunterhaltsbedarf die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters (§ 1578 Abs. 2 BGB).

a) Der danach zu befriedigende Elementarunterhaltsbedarf wird regelmäßig als Quotenunterhalt - gegebenenfalls nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus - im Wege der Halbteilung ermittelt. Diese Bedarfsberechnung beruht auf der Annahme, dass das vorhandene Einkommen in voller Höhe für den Lebensunterhalt der Ehegatten verwendet wurde. Bei besonders günstigen Einkommensverhältnissen liegt allerdings die Vermutung nahe, dass nicht sämtliche Einkünfte für den Lebensunterhalt eingesetzt werden, sondern ein Teil der Vermögensbildung zugeführt wird. Insoweit hat das Einkommen für die Unterhaltsbemessung aber grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Wenn in Rechtsprechung und Schrifttum deshalb in den entsprechenden Fällen eine konkrete Bedarfsbemessung verlangt wird (vgl. Nr. 15.3 der Leitlinien der Oberlandesgerichte sowie Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 7 Rn. 763 ff.), hat der Senat dies nicht beanstandet (Senatsurteile vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 27; vom 5. Juni 2004 - XII ZR 277/02 - FamRZ 2005, 97, 98; BGHZ 153, 372, 380 f. = FamRZ 2003, 848, 851).

b) Soweit in Rechtsprechung und Schrifttum eine konkrete Bedarfsbemessung auch dann gefordert wird, wenn der Bedarf denjenigen übersteigt, der ausgehend von den Einkommenshöchstbeträgen der Unterhaltstabellen ermittelt worden ist, begegnet auch dies keinen rechtlichen Bedenken (Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 28). Die hieraus resultierenden Anforderungen rechtfertigen sich gleichfalls aus der Überlegung, dass bei entsprechenden Einkünften auch Vermögensbildung betrieben worden ist und nicht sämtliche vorhandenen Mittel für den laufenden Lebensunterhalt verwendet worden sind. Eine absolute Sättigungsgrenze ist mit dieser Art der Bedarfsermittlung nicht verbunden, denn die Darlegung eines konkreten höheren Bedarfs bleibt dem Berechtigten unbenommen.

2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Antragsgegnerin habe ihren Bedarf konkret darlegen müssen, weil sie Gesamtunterhalt auf der Grundlage eines 2.000 € monatlich übersteigenden Betrags (2.000 € Elementarunterhalt zuzüglich Altersvorsorgeunterhalt) verlange, begegnet allerdings durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Bei der Frage, welche Mittel der unterhaltsberechtigte Ehegatte für eine nach den ehelichen Lebensverhältnissen sowie den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen angemessene Lebensführung benötigt, geht es zunächst um die Ermittlung des Elementarunterhaltsbedarfs. Diesem Zweck dient bei unteren und durchschnittlichen Einkommensverhältnissen die Bedarfsbemessung nach einer Quote des beiderseitigen - gegebenenfalls fiktiven - Einkommens. Wenn bei günstigen Einkommensverhältnissen an die Stelle einer Quotenberechnung eine konkrete Bedarfsermittlung tritt, handelt es sich gleichfalls um eine Methode zur Bestimmung des Elementarunterhaltsbedarfs. Unabhängig davon, wie die Bedarfsbemessung im Einzelfall erfolgt, ist der auf Altersvorsorge gerichtete Bedarf als Teil des gesamten Lebensbedarfs zusätzlich zu berücksichtigen. Dabei hat der Senat es für gerechtfertigt gehalten, den Elementarunterhalt zu dem Entgelt aus einer Erwerbstätigkeit und den Vorsorgeunterhalt zu den Versicherungsbeiträgen in Beziehung zu setzen, die im Hinblick auf ein derartiges Erwerbseinkommen zu zahlen wären. Damit wird der Berechtigte hinsichtlich der Altersvorsorge so behandelt, wie wenn er aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit Einkünfte in Höhe des ihm an sich zustehenden Elementarunterhalts hätte (Senatsurteile vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 36 und vom 25. November 1998 - XII ZR 33/97 - FamRZ 1999, 372, 373 f.). Das gilt ohne Rücksicht darauf, ob der Elementarunterhalt als Quotenunterhalt oder aufgrund einer konkreten Bedarfsbemessung ermittelt worden ist.

b) Auch soweit eine konkrete Bedarfsbemessung verlangt wird, wenn der Bedarf über denjenigen hinausgeht, der sich auf der Grundlage des Einkommenshöchstbetrages der Unterhaltstabellen ergibt, geht es um die Feststellung allein des Elementarunterhaltsbedarfs. Denn der Höchstbetrag des Quotenunterhalts (errechnet mit 3/7 der letzten Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle [hier: Stand: 1. Juli 2003 und 1. Juli 2005] von 4.800 €; 3/7 = rund 2.050 €) beinhaltet ebenfalls nur den Elementarunterhalt. Das folgt bereits daraus, dass auf die bereinigten Nettoeinkünfte abgestellt wird, die einen Vorsorgeanteil nicht mehr enthalten, sondern der Bestreitung des laufenden Lebensbedarfs dienen. Daran ändert sich nichts dadurch, dass der Unterhaltsberechtigte seinen Bedarf auf diesen Betrag beschränkt. Zusätzlich zu dem Elementarunterhalt kann aber Altersvorsorgeunterhalt verlangt werden, ohne dass der betreffende Bedarf konkret darzulegen wäre. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe ihren Gesamtbedarf (Elementarunterhalt und Altersvorsorgeunterhalt) aufgrund einer unzulässigen Kombination der Berechnungsmethoden geltend gemacht, ist deshalb nicht gerechtfertigt.

V. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Dem Senat ist eine abschließende Sachentscheidung nicht möglich, da es weiterer Feststellungen zu dem Anspruch auf Elementarunterhalt und damit zugleich zu demjenigen auf Altersvorsorgeunterhalt bedarf, der in seiner Höhe von dem Elementarunterhalt abhängt. Der Rechtsstreit ist deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. In dem weiteren Verfahren wird der Antragsteller Gelegenheit haben, sein Vorbringen zu einer Versagung oder Beschränkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 BGB zu substantiieren. Einer seit längerer Zeit bestehenden Beziehung des Unterhaltsberechtigten zu einem neuen Partner kann auch im Rahmen der nach § 1578 b BGB vorzunehmenden Billigkeitsabwägung Bedeutung zukommen. Denn hierdurch wird in der Regel eine zunehmende Distanz zu den ehelichen Lebensverhältnissen deutlich, weshalb eine weitere Gewährleistung des unveränderten Lebensstandards durch den geschiedenen Ehegatten nicht mehr ohne Weiteres der Billigkeit entsprechen wird (vgl. Senatsurteil vom 6. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 36). ..."

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Die Anzahl der zum Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit vom Anspruchsteller vorgetragenen Bewerbungen ist nur ein Indiz für seine dem Grundsatz der Eigenverantwortung entsprechenden Arbeitsbemühungen, nicht aber deren alleiniges Merkmal. Für ausreichende Erwerbsbemühungen kommt es vielmehr wie für das Be-stehen einer realistischen Erwerbschance vorwiegend auf die individuellen Verhältnisse und die Erwerbsbio-grafie des Anspruchstellers an, die vom Familiengericht aufgrund des - ggf. beweisbedürftigen - Parteivor-trags und der offenkundigen Umstände umfassend zu würdigen sind (Fortführung der Senatsurteile vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06 - FamRZ 2008, 2104 und vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789). Bei der Bedarfsermittlung aufgrund der beiderseitigen Einkommensverhältnisse ist es Aufgabe der Tatsa-cheninstanzen, unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls eine geeignete Methode zur möglichst rea-litätsgerechten Ermittlung des Nettoeinkommens zu finden. Daher kann es im Einzelfall zulässig und gebo-ten sein, die abzuziehende Einkommensteuer nicht nach dem sog. In-Prinzip, sondern nach dem Für-Prinzip zu ermitteln (Anschluss an Senatsurteil vom 2. Juni 2004 - XII ZR 217/01 - FamRZ 2004, 1177). Für eine Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts genügt auch bei fehlenden ehebedingten Nachteilen nicht der alleinige Hinweis auf die Dauer der Ehe, der Kinderbetreuung und der bisherigen Unter-haltszahlungen, wenn andere Umstände unstreitig sind, die für eine Verlängerung des Unterhalts sprechen. Die Entscheidung des Familiengerichts muss erkennen lassen, dass alle wesentlichen Faktoren berücksichtigt worden sind (BGH, Urteil vom 21. September 2011 - XII ZR 121/09 zu BGB §§ 1573, 1578, 1578 b).

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Dass der Unterhaltspflichtige mit der Herabsetzung gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB in der Fassung vom 2. Januar 2002 eines nach altem Recht nicht befristbaren Unterhaltsanspruchs - hier Anspruch auf Altersunterhalt - ausgeschlossen war, steht einer Herabsetzung und/oder Befristung des Unterhalts nach § 1578b BGB nicht entgegen. Der durch die Eheschließung bedingte Wegfall eines aus einer früheren Ehe herrührenden Unterhaltsanspruchs stellt keinen ehebedingten Nachteil im Sinne von § 1578b BGB dar (BGH, Urteil vom 23.11.2011 - XII ZR 47/10 zu §§ 313, § 1578 Abs 1 S 2 vom 02.01.2002, § 1578b BGB, § 323 ZPO vom 05.12.2005, § 36 ZPOEG):

„... Jedoch hat der Gesetzgeber mit § 1578 b BGB den Bestand der bis dahin einer Befristung nicht zugänglichen nachehelichen Unterhaltstatbestände nicht nur hinsichtlich der Dauer, sondern auch bezogen auf die Höhe des Unterhalts einer Revision unterzogen. Nicht nur dass diese erstmals befristet werden können, mit § 1578 b Abs. 3 BGB hat der Gesetzgeber zudem ausdrücklich die Möglichkeit geschaffen, Herabsetzung und Befristung zu kombinieren (BT-Drucks. 16/1830 Seite 19). Damit kann die Herabsetzung im Rahmen der Billigkeitsabwägung von nun an nicht mehr isoliert betrachtet werden, sondern muss immer auch im Lichte einer kumulativ oder aber auch alternativ möglichen Befristung gesehen werden. Dadurch bekommen die jeweils anzusetzenden Maßstäbe ein anderes Gewicht. Während nach altem Recht die Herabsetzung das einzige und damit auch das einschneidendste Mittel darstellte, um den Unterhalt zu begrenzen, stellt es jetzt das mildere Mittel im Verhältnis zur Befristung dar.

c) Bei der sonach gemäß § 313 BGB im Lichte des § 1578 b BGB vorzunehmenden Vertragsanpassung ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Begrenzung des Unterhalts nicht ausgeschlossen. Vielmehr lässt die zu treffende Billigkeitsabwägung nach den getroffenen Feststellungen eine Herabsetzung sowie eine anschließend einsetzende Befristung geboten erscheinen.

aa) Es fehlt bereits an ehebedingten Nachteilen, die einer Begrenzung des Unterhalts entgegenstehen könnten. Vor allem stellt der vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Umstand, dass der Ehegattenunterhaltsanspruch der Beklagten gegen ihren früheren Ehemann wegen der Heirat mit dem Kläger untergegangen sei, keinen solchen Nachteil dar.

(1) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre.

Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist bei der Billigkeitsabwägung vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Ein ehebedingter Nachteil äußert sich in der Regel darin, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne die Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde (vgl. Senatsurteile vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 19 und vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 22).

(2) Gemessen hieran lassen sich den von den Instanzgerichten getroffenen Feststellungen keine ehebedingten Nachteile entnehmen.

Das Berufungsgericht hat verkannt, dass der Wegfall des Unterhaltsanspruchs der Beklagten gegen ihren ersten Ehemann - ungeachtet der fehlenden Feststellungen zur Werthaltigkeit des Anspruchs - bezogen auf die Ehe der Parteien keinen ehebedingten Nachteil im Sinne von § 1578 b BGB darstellt.

Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des § 1578 b BGB vielmehr einen Ausgleich der Nachteile bewirken, die dadurch entstehen, dass der Unterhaltsberechtigte wegen der Aufgabenverteilung in der Ehe, insbesondere der Kinderbetreuung, nach der Scheidung nicht oder nicht ausreichend für seinen eigenen Unterhalt sorgen kann (BT-Drucks. 16/1830 S. 18). Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass die Nachteile, die allein durch den Akt der Eheschließung entstanden sind, keine Nachteile sind, die der Unterhaltsberechtigte aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe erlitten hat. Vielmehr tritt der Wegfall des Unterhaltsanspruchs aus erster Ehe als vom Gesetz zwingend vorgesehene Rechtsfolge ein.

Dass die Beklagte andere ehebedingte Nachteile im Sinne des § 1578 b BGB erlitten hat, ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch sonst ersichtlich.

bb) Nach den bislang getroffenen Erwägungen des Oberlandesgerichts stehen einer Begrenzung des Unterhalts ebenso wenig die nacheheliche Solidarität bzw. der Vertrauensschutz entgegen.

(1) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung hat das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Die Ehedauer gewinnt im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt (Senatsurteil vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 21 ff.).

Bereits bei der Prüfung der Unbilligkeit nach § 1578 b BGB ist außerdem zu berücksichtigen, ob der Unterhaltsanspruch tituliert ist. Denn einem titulierten oder durch Vereinbarung festgelegten Unterhalt kommt ein größerer Vertrauensschutz zu als einem nicht vertraglich festgelegten oder durch Titulierung gesicherten Anspruch. Wie das Gesetz in § 36 Nr. 1 EGZPO klarstellt, gilt dies bei Unterhaltstiteln oder -vereinbarungen nach der bis Dezember 2007 bestehenden Rechtslage in noch stärkerem Maße. Dass dieser Gesichtspunkt in § 36 Nr. 1 EGZPO gesondert geregelt ist, hindert seine Heranziehung im Rahmen von § 1578 b BGB nicht. Da die Beurteilung der Begrenzung und Befristung nach § 1578 b BGB vielmehr auf einer umfassenden Interessenabwägung beruhen muss, ist die Berücksichtigung der Titulierung im Rahmen des § 1578 b BGB sogar geboten. Dass damit die Zumutbarkeit nach § 36 Nr. 1 EGZPO bereits in dem insoweit umfassenderen Tatbestand des § 1578 b BGB aufgeht, ist unbedenklich, weil bei einem Zusammentreffen der Abänderung eines Alttitels mit der Befristung den gesetzlichen Wertungen des § 36 Nr. 1 EGZPO bereits im Rahmen der Befristung nach § 1578 b BGB in vollem Umfang Rechnung getragen ist (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 32).

(2) Die vom Berufungsgericht insoweit vorgenommene Billigkeitsabwägung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand.

(a) Zwar obliegt die Billigkeitsabwägung im Rahmen des § 1578 b BGB grundsätzlich dem Tatrichter. Diese kann vom Revisionsgericht lediglich auf Rechtsfehler überprüft werden, insbesondere darauf, ob das Berufungsgericht im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebende Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 47). Letzteres ist hier der Fall.

(b) Im Ergebnis unschädlich ist allerdings, dass das Berufungsgericht die nach § 1578 b BGB gebotene Billigkeitsabwägung der Sache nach unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gemäß § 36 EGZPO durchgeführt hat, anstatt letzteren im Rahmen der Abwägung nach § 1578 b BGB zu berücksichtigen.

(c) Das Oberlandesgericht hat bei seiner Abwägung maßgeblich darauf abgestellt, dass die Beklagte aufgrund ihres Alters zusätzliche Einkünfte nicht mehr erzielen könne und zudem aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes in ihren Möglichkeiten, ihren Lebensstandard einem niedrigeren Einkommensniveau anzupassen, erheblich eingeschränkt sei. Diese besonderen, durch Krankheit und hohes Alter erheblich erschwerten Lebensumstände der Beklagten lassen es nach Auffassung des Oberlandesgerichts gerechtfertigt erscheinen, ihrem Vertrauen auf den unbefristeten Fortbestand des Unterhaltsanspruchs ein höheres Gewicht beizumessen als dem Interesse des durch die langjährige Unterhaltszahlung belasteten Klägers, aus seiner Verpflichtung entlassen zu werden.

Die vorerwähnten Gesichtspunkte, die bezogen auf Gesundheit und Alter jedenfalls auch dem Bereich der nachehelichen Solidarität zuzuordnen sind, rechtfertigen für sich genommen keine lebenslange Lebensstandardgarantie, wie sie sich als Konsequenz des Berufungsurteils in der Sache ergeben hätte. Bei seiner Abwägung hat das Berufungsgericht - im Gegensatz zum Amtsgericht - nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Kläger bei einer nur rund neun Jahre langen Ehe und einem Zusammenleben von lediglich rund fünf Jahren über einen Zeitraum von zwanzig Jahren Unterhaltszahlungen in nicht geringer Höhe an die Beklagte erbracht hat (vgl. dazu die Ausführungen in dem amtsgerichtlichen Urteil vom 12. November 2009). Hinzu kommt, dass aus der Verbindung der Parteien keine Kinder hervorgegangen sind. Dabei ist auch die zunehmende Entflechtung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse der geschiedenen Ehegatten zu beachten, die um so gewichtiger wird, je weiter die Scheidung zurückliegt, und dementsprechend das Maß der geschuldeten nachehelichen Solidarität begrenzt (Senatsurteil vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 36). Einer Befristung des nachehelichen Unterhalts steht nach der - insoweit allerdings erst nach dem Berufungsurteil veröffentlichten - Senatsrechtsprechung auch nicht entgegen, dass der Unterhaltsberechtigte dadurch möglicherweise sozialhilfebedürftig würde (Senatsurteile vom 30. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 21 und vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 26 jeweils mwN).

Nach den getroffenen Feststellungen wäre dem Vertrauen der Beklagten vielmehr mit einer stufenweisen Herabsetzung und Befristung, wie sie etwa das Amtsgericht vorgenommen hat, hinreichend Rechnung getragen. Eine unbefristete Unterhaltsverpflichtung, so wie sie das Berufungsgericht ausgesprochen hat, erscheint demgegenüber unter Berücksichtigung der Gesamtumstände für den unterhaltsverpflichteten Kläger unzumutbar. ..."

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Zur Herabsetzung eines vor der Unterhaltsrechtsreform titulierten oder vereinbarten Unterhaltsanspruchs nach dem Eintritt des Unterhaltsberechtigten in das Rentenalter (BGH, Urteil vom 29.06.2011 - XII ZR 157/09 zu BGB § 1578 Abs. 1 Satz 2, 3 aF, § 1578 b Abs. 1, 2; EGZPO § 36 Nr. 1):

„... Nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB aF kann die Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen zeitlich begrenzt und danach auf den angemessenen Lebensbedarf abgestellt werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit eine zeitlich unbegrenzte Bemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre; dies gilt in der Regel nicht, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. Die danach maßgeblichen Abwägungskriterien sind weitgehend deckungsgleich mit den in der Nachfolgevorschrift des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB spezifizierten Billigkeitsgesichtspunkten (vgl. bereits Schwab FamRZ 2005, 1417, 1419). Nach dieser Vorschrift ist der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. ...

Ist der Unterhaltsberechtigte erwerbsfähig, ist auf das Einkommen abzustellen, das er ohne die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit durch die Ehe oder die Kindererziehung erzielen könnte (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 14). Hat der Unterhaltsberechtigte hingegen - wie hier - das Rentenalter erreicht, kommt es darauf an, ob die erzielten Alterseinkünfte aus seiner früheren, nachehelich ausgeübten oder ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit hinter demjenigen zurückbleiben, was er ohne die ehebedingte Einschränkung seiner Berufstätigkeit an Alterseinkommen hätte erwerben können.

Ein ehebedingter Nachteil ist nicht darin zu erblicken, dass die Ehefrau während der Ehezeit nicht erwerbstätig war, was zu einer geringeren Altersrente führen kann. Denn insoweit greift der zwischen den Parteien durchgeführte Versorgungsausgleich. Darauf, ob der Ausgleichsbetrag gemeinsam mit den eigenen ehezeitlichen Anwartschaften die Höhe der Anwartschaften erreicht, die die Ehefrau bei vollschichtiger Erwerbstätigkeit als milchwirtschaftlich-technische Assistentin während der Ehezeit selbst verdient hätte, kommt es nicht an. Denn durch den Versorgungsausgleich sind die gesamten ehezeitlich erworbenen Versorgungsanwartschaften der Parteien vollständig ausgeglichen. Insoweit können ehebedingte Nachteile keine Berücksichtigung mehr finden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 43; vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 27 und vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 30).

In Betracht kommen daher nur die nach der Ehezeit entstandenen ehebedingten Versorgungsnachteile. Solche bestehen jedoch nicht, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat. Denn ein ehebedingter Nachteil ergibt sich in der Regel daraus, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte aufgrund der gewählten Rollenverteilung nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne die Ehe erzielen würde. Das ist hier nicht gegeben.

Vor der Ehe hatte die Ehefrau eine Ausbildung zur milchwirtschaftlich-technischen Assistentin absolviert und war in diesem Beruf bis zum 15. Oktober 1970 tätig. Nach der Trennung erlangte sie am 1. Juni 1981 eine Anstellung als technische Assistentin in Anlehnung an die Vergütungsgruppe BAT V b, was nach den getroffenen Feststellungen dem unter Berücksichtigung des Regelaufstiegs erreichbaren Endgehalt einer medizinisch-technischen Assistentin entspricht. Dass die Ehefrau ohne die ehebedingte Berufspause ein höheres Endgehalt in ihrem erlernten Beruf als milchwirtschaftlichtechnische Assistentin hätte erreichen können, hat sie im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 23 und BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 20 ff.) nicht substanziiert. Somit durfte das Berufungsgericht davon ausgehen, dass die Ehefrau bereits in der Trennungszeit wieder das Vergütungsniveau ihrer vorehelich angelegten beruflichen Möglichkeiten erreicht hatte, so dass ehebedingte Fortkommensnachteile bereits damals nicht mehr gegeben waren. Dass die Ehefrau aus ehebedingten Gründen dauerhaft daran gehindert gewesen wäre, die in der Trennungszeit ausgeübte Halbtagstätigkeit alsbald in eine Vollzeittätigkeit - ggf. in einem anderen Anstellungsverhältnis - auszuweiten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Auch liegt kein ehebedingter Nachteil darin, dass die Ehefrau sich nach der Geburt eines außerehelichen Kindes dessen Betreuung widmete, von weiterer Berufstätigkeit absah und nach Abschluss der Kindeserziehung altersbedingt auf dem Arbeitsmarkt keinen Platz mehr fand. Denn die dadurch entstandenen Versorgungsnachteile hat die Ehefrau nicht aufgrund der Ehe, sondern durch die Geburt eines nicht aus der Ehe hervorgegangenen Kindes erlitten. Durch dessen Betreuung und nicht durch ehebedingte Umstände wurde sie an der weiteren Erwerbstätigkeit gehindert. Daher kann nicht auf fiktiv erworbene Versorgungsanwartschaften abgestellt werden, welche sie als Kinderlose hätte erzielen können (vgl. Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 29). Das setzt sich fort, soweit sie im Anschluss an die Kinderbetreuung aus Altersgründen keinen Platz mehr auf dem Arbeitsmarkt fand. Auch diese Einbuße ist nicht durch die Ehe, sondern durch das außereheliche Kind verursacht.

Da diese nicht im Zusammenhang mit der Ehe stehenden Nachteile unterhaltsrechtlich nicht zu Lasten des Ehemanns verwertet werden können, hat das Berufungsgericht der Ehefrau auch zutreffend ein fiktives Alterseinkommen von 226 € mit der Begründung zugerechnet, dass die Ehefrau für die Zeiträume ab 1993 (halbtags) und ab 1999 (Vollzeit) so zu behandeln sei, als habe sie eine ihren beruflichen Fähigkeiten entsprechende Erwerbstätigkeit gefunden und ausgeübt. Insoweit oblag ihr, nach ihren Möglichkeiten zum weiteren Aufbau einer eigenen Altersversorgung durch Berufstätigkeit beizutragen (§ 1569 BGB). ..."

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Eine vom Unterhaltspflichtigen nach Erreichen der Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente ausgeübte Erwerbstätigkeit ist - entsprechend der Lage für den Unterhaltsberechtigten - sowohl hinsichtlich des Ehegattenunterhalts als auch des Kindesunterhalts regelmäßig überobligatorisch. Hierfür ist es unerheblich, ob der Unterhaltspflichtige abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist. Die Anrechnung eines aus überobligatorischer Tätigkeit erzielten Einkommens richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und hat der Überobligationsmäßigkeit Rechnung zu tragen. Eine danach eingeschränkte Anrechnung des Einkommens ist sowohl beim Ehegattenunterhalt als auch beim Kindesunterhalt schon bei der Ermittlung des vom Unterhaltspflichtigen abgeleiteten Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen. Zur Ermittlung der Haftungsanteile der Eltern beim Unterhalt so genannter privilegierter Volljähriger. Wenn eine Befristung des Ehegattenunterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB wegen aktuell bestehender ehebedingter Nachteile ausgeschlossen ist, darf das Familiengericht die Entscheidung über eine - teilweise - Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB nicht mit dem Hinweis auf eine nicht abgeschlossene wirtschaftliche Entflechtung der Verhältnisse zurückstellen, sondern muss hier-über insoweit entscheiden, als dies aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände möglich ist (BGH, Urteil vom 12.01.2011 - XII ZR 83/08 zu BGB §§ 242, 1571, 1573, 1577, 1578, 1578 b, 1603, 1606, 1610).

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Ein umfassender Anspruch auf Aufstockungsunterhalt setzt voraus, dass der Unterhaltsberechtigte eine vollschichtige angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder ihn eine entsprechende Obliegenheit trifft. Vermag der Unterhaltsberechtigte eine solche Tätigkeit nicht zu erlangen, ergibt sich der Anspruch zum Teil aus § 1573 Abs. 1 BGB - Erwerbslosigkeitsunterhalt (im Anschluss an Senatsurteil vom 16. Dezember 1987 - IVb ZR 102/86 - FamRZ 1988, 265). Bei einer Bedarfsermittlung nach den konkreten Verhältnissen ist eigenes Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten zur Ermittlung der Bedürftigkeit nicht gekürzt um einen Erwerbsbonus, sondern in vollem Umfang auf den Bedarf anzurechnen. Der angemessene Lebensbedarf gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB bestimmt sich nach der Lebensstellung, die der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und damit verbundene Erwerbsnachteile erlangt hätte (im Anschluss an Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - zur Veröffentlichung bestimmt und vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633). Die - besseren - Verhältnisse des anderen Ehegatten sind für den sich nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten bemessenden Bedarf ohne Bedeutung. Zur Befristung des Unterhalts nach § 1573 Abs. 1, 2 BGB bei ehebedingten Nachteilen des Unterhaltsberechtigten (BGH, Versäumnisurteil vom 10.11.2010 - XII ZR 197/08 zu BGB §§ 1573, 1577, 1578, 1578 b).

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Nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO muss ein Berufungsurteil zwar keinen Tatbestand enthalten. Erforderlich ist aber eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil mit einer Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen. Dazu gehört auch die zumindest sinngemäße Wiedergabe der Berufungsanträge. Die Berechnung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs nach einer Quote des vorhandenen Einkommens beruht auf der Annahme, dass das gesamte vorhandene Einkommen für den Lebensunterhalt der Ehegatten verwendet wird. Bei besonders günstigen Einkommensverhältnissen, bei denen die Vermutung nahe liegt, dass nicht sämtliche Einnahmen für den Lebensunterhalt verbraucht werden, sondern ein Teil von ihnen auch der Vermögensbildung zufließt, ist ein höherer Bedarf konkret zu begründen. Zur Bemessung des Altersvorsorgeunterhalts bei konkret bemessenem Barunterhalt (im Anschluss an das Senatsurteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04 - FamRZ 2007, 117). Im Rahmen der - dem Tatrichter obliegenden - Billigkeitsabwägung nach § 1578 b BGB gewinnt eine längere Ehedauer durch eine wirtschaftliche Verflechtung, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit eintritt, besonderes Gewicht (BGH, Urteil vom 11.08.2010 - XII ZR 102/09 zu BGB §§ 1578 Abs. 1, 3, 1578 b; ZPO § 540):

„... 2. Soweit das Berufungsgericht den Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin auf der Grundlage ihrer konkreten Darlegungen bemessen und dabei auch die Kosten für den Unterhalt eines Reitpferdes einbezogen hat, ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.

a) Der nacheheliche Unterhaltsbedarf ergibt sich nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich aus den ehelichen Lebensverhältnissen. Zwar wird dieser vom Einkommen des besser verdienenden Ehegatten abgeleitete Unterhaltsbedarf regelmäßig als Quotenunterhalt nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus im Wege der Halbteilung ermittelt. Diese Bedarfsberechnung beruht allerdings auf der Annahme, dass das gesamte vorhandene Einkommen für den Lebensunterhalt der Ehegatten verwendet wurde und wird. Bei besonders günstigen Einkommensverhältnissen liegt hingegen die Vermutung nahe, dass nicht sämtliche Einnahmen für den Lebensunterhalt verbraucht werden, sondern ein Teil von ihnen auch der Vermögensbildung zufließt. Wenn in Rechtsprechung und Literatur deswegen für solche Fälle eine konkrete Bedarfsbemessung verlangt wird (vgl. Ziff. 15.3 der Leitlinien der Oberlandesgerichte und Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 366 ff.), ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern (vgl. bereits Senatsurteile vom 5. Juni 2004 - XII ZR 277/02 - FamRZ 2005, 97, 98; BGHZ 153, 372, 380 f. = FamRZ 2003, 848, 851; vom 15. November 1989 - IVb ZR 95/88 - FamRZ 1990, 280, 281; vom 1. April 1987 - IVb ZR 33/86 - FamRZ 1987, 691, 693; vom 16. Januar 1985 - IVb ZR 62/83 - FamRZ 1985, 582, 583 und vom 6. Oktober 1982 - IVb ZR 311/81 - FamRZ 1982, 1187, 1188).

Wenn das Berufungsgericht eine solche konkrete Bemessung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs verlangt, sofern dieser den Bedarf auf der Grundlage des Einkommens nach der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle übersteigt, lässt dies keine Rechtsfehler erkennen. Zwar wird eine absolute Sättigungsgrenze für den nachehelichen Unterhalt durchweg abgelehnt. Das Einkommen von gegenwärtig 5.100 € bildet aber nur die Höchstgrenze des vom Einkommen des besser verdienenden Ehegatten abgeleiteten Quotenunterhalts (vgl. auch Wendl/Gerhardt aaO § 4 Rdn. 368a; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 42 f.). Die konkrete Darlegung eines höheren Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen ist dadurch nicht ausgeschlossen.

b) Auch soweit das Berufungsgericht im Rahmen der konkreten Bedarfsbemessung einen Bedarf für die Unterhaltung eines Reitpferdes in Höhe von monatlich 345 € hinzugerechnet hat, hält dies den Angriffen der Revision stand. Unstreitig war während der Ehezeit ein solcher Bedarf der Antragsgegnerin entstanden, zumal der Antragsgegnerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts stets ein Reitpferd zur Verfügung stand, das sie auch selbst geritten hat. Zwar verfügt die Antragsgegnerin gegenwärtig nicht über ein Reitpferd, nachdem das frühere Pferd eingeschläfert werden musste. Dies ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber lediglich auf die ungeklärte finanzielle Situation zurückzuführen. Der konkrete Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin kann nicht dadurch beeinflusst werden, dass sie ihre Lebensverhältnisse infolge unzureichender Unterhaltsleistungen des Antragstellers vorübergehend einschränken muss. Weil die Antragsgegnerin nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts ihr Hobby auch künftig weiter verfolgen möchte, besteht dieser konkrete Bedarf fort. Die dem zugrunde liegenden Feststellungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und werden von der Revision auch nicht angegriffen.

3. Zu Recht hat das Berufungsgericht auf den konkret ermittelten Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin die von ihr erzielten Einkünfte angerechnet.

a) Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen ist es dabei von den gegenwärtig erzielten Einkünften der Antragsgegnerin ausgegangen und hat diese um berufsbedingte Kosten und einen Erwerbstätigenbonus auf monatlich 1.010,01 € bereinigt. Ebenso zutreffend hat das Berufungsgericht auf den konkret ermittelten Unterhaltsbedarf in Höhe von 3.195 € monatlich die Zinseinkünfte der Antragsgegnerin in Höhe von monatlich 215 € angerechnet. Die Bemessung des restlichen monatlichen Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen in Höhe von rund 1.970 € lässt somit keine Rechtsfehler erkennen; auch die Revision greift dies nicht an.

b) Für die Zeit ab Januar 2014 ist das Berufungsgericht von einem nach § 1578 b Abs. 1 BGB herabgesetzten Unterhaltsbedarf nach den eigenen Lebensverhältnissen der Antragsgegnerin in Höhe von 2.200 € ausgegangen, der sich aus einem ohne die Ehe und Kindererziehung heute erzielbaren Einkommen ergebe. Darauf hat es das Einkommen der Antragsgegnerin nach Abzug berufsbedingter Kosten, aber ohne Abzug eines Erwerbstätigenbonus angerechnet. Das greift die Revision als ihr günstig nicht an.

Soweit das Berufungsgericht für diese Zeit keine weiteren Zinseinkünfte der Antragsgegnerin angerechnet hat, hält auch dies der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Denn das Berufungsgericht hat insoweit im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung festgestellt, dass die Antragsgegnerin auch ohne Ehe und Kinderbetreuung ein entsprechendes Vermögen angespart hätte und Zinsen in gleicher Höhe erzielen würde. Diese Feststellungen beruhen auf einer Würdigung des Sachvortrags der Parteien und sind vom Revisionsgericht nur darauf nachprüfbar, ob sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder erhebliches Parteivorbringen außer Acht gelassen wurde. Solches ist hier nicht ersichtlich. Indem die Revision meint, die Antragsgegnerin wäre ohne die Ehe nicht in der Lage gewesen, ein entsprechendes Vermögen anzusparen, setzt sie lediglich ihre Würdigung an die Stelle der Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht. Das ist ihr im Revisionsverfahren verwehrt.

4. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht der Antragsgegnerin neben dem Elementarunterhalt weiteren Altersvorsorgeunterhalt zugesprochen. Der nacheheliche Unterhalt umfasst gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB den gesamten Lebensbedarf. Im Rahmen eines Unterhaltsanspruchs nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576 BGB gehören nach § 1578 Abs. 3 BGB zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

a) Der nach § 1578 Abs. 3 BGB geschuldete Vorsorgeunterhalt ist dazu bestimmt, als Teil des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf des Berechtigten umfassenden Unterhaltsanspruchs den Aufbau einer Altersvorsorge zu ermöglichen, die den Einkünften vor Renteneintritt entspricht. Im Rahmen des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB soll der Unterhaltsberechtigte seine weitere Altersvorsorge nicht lediglich aus den erzielten eigenen Einkünften, sondern auch auf der Grundlage des Aufstockungsunterhalts aufbauen können.

Dabei hat es der Senat stets abgelehnt, den Vorsorgeunterhalt an der Höhe einer später zu erwartenden, den Lebensbedarf des Berechtigten sodann in angemessener Weise deckenden Versorgungsleistung auszurichten und zu bemessen, zumal es in der Regel mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein dürfte, den angemessenen Lebensbedarf für den Zeitpunkt des Versicherungsfalls zu beurteilen (Senatsurteil vom 25. Februar 1981 - IVb ZR 543/80 FamRZ 1981, 442, 444). Im Hinblick auf die Zielsetzung des Versorgungsausgleichs hat er es stattdessen für gerechtfertigt gehalten, den Elementarunterhalt zu dem Entgelt aus einer Erwerbstätigkeit und den Vorsorgeunterhalt zu den Versicherungsbeiträgen in Beziehung zu setzen, die im Hinblick auf ein derartiges Erwerbseinkommen zu erreichen wären, und damit den Berechtigten hinsichtlich der Altersvorsorge so zu behandeln, wie wenn er aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit Einkünfte in Höhe des ihm an sich zustehenden Elementarunterhalts hätte (Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 33/97 - FamRZ 1990, 372, 373 f.). Entsprechend hat das Berufungsgericht den als Elementarunterhalt zugesprochenen Betrag dem Nettoarbeitsentgelt gleichgestellt und dieses zur Ermittlung der darauf entfallenden Vorsorgebeiträge in ein fiktives Bruttoeinkommen umgerechnet (vgl. insoweit Bremer Tabelle FamRZ 2010, 260 ff.). Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Altersvorsorgeunterhalt auch nicht durch die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung zur Höhe begrenzt (Senatsurteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04 - FamRZ 2007, 117 Tz. 22 ff.).

b) Zutreffend hat das Berufungsgericht der Antragsgegnerin hier einen Altersvorsorgeunterhalt zusätzlich zu dem vollen Elementarunterhalt zugesprochen. Zwar führt die Minderung der Einkünfte des Unterhaltspflichtigen durch den Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt im Wege der Halbteilung regelmäßig zu einem geringeren Elementarunterhalt des Unterhaltsberechtigten. In Fällen besonders günstiger wirtschaftlicher Verhältnisse ist eine solche zweistufige Berechnung des Elementarunterhalts allerdings nicht erforderlich, zumal diese lediglich sicherstellen soll, dass nicht zu Lasten des Unterhaltsverpflichteten über den Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe der Ehegatten an den ehelichen Lebensverhältnissen hinausgegangen wird. Sind die wirtschaftlichen Verhältnisse hingegen so günstig, dass der Vorsorgebedarf neben dem laufenden Unterhaltsbedarf befriedigt werden kann, besteht keine Notwendigkeit für die zweistufige Berechnungsweise. Der Vorsorgeunterhalt kann dem Unterhaltsberechtigten dann neben dem konkret ermittelten ungekürzten Elementarunterhalt zugesprochen werden (Senatsurteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04 - FamRZ 2007, 117 Tz. 11 ff.).

c) Entgegen der Auffassung der Revision führt der Altersvorsorgeunterhalt hier auch nicht zu einer Besserstellung der Antragsgegnerin gegenüber den Verhältnissen bei fortbestehender Ehe. Zwar hatten die Ehegatten während ihrer Ehezeit nur eine zu vernachlässigende Altersvorsorge aufgebaut. Dies war aber darauf zurückzuführen, dass der Antragsteller über erhebliche Vermögenseinkünfte verfügt, die ihm auch im Alter zur Verfügung stehen und den Parteien bei fortbestehender Ehe die Lebensverhältnisse gesichert hätten. Nach rechtskräftiger Ehescheidung ist die Antragsgegnerin auf eine andere Alterssicherung angewiesen. Weil die Zinseinkünfte aus dem im Zugewinnausgleich erhaltenen Vermögen ihre Altersvorsorge nur in sehr begrenztem Umfang decken können, muss sie durch die Einkünfte aus ihrer Erwerbstätigkeit und dem Aufstockungsunterhalt eine weitere Altersvorsorge aufbauen. ..."

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Eine nach Ehescheidung zusätzlich zu dem in unveränderter Höhe bezogenen Einkommen erhaltene Abfindung bleibt bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs unberücksichtigt. Das gilt auch, wenn die Abfindung zur Tilgung von unterhaltsmindernd berücksichtigten Verbindlichkeiten verwendet worden ist (BGH, Urteil vom 02.06.2010 - XII ZR 138/08).

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Ist der Unterhaltsberechtigte vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert, ergibt sich der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt allein aus den §§ 1570 bis 1572 BGB, und zwar auch für den Teil des Unterhaltsbedarfs, der nicht auf dem Erwerbshindernis, sondern auf dem den angemessenen Lebensbedarf übersteigenden Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB beruht. Ist der Unterhaltsberechtigte hingegen nur teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert, ergibt sich der Unterhaltsanspruch wegen des allein durch die Erwerbshinderung verursachten Einkommensausfalls aus den §§ 1570 bis 1572 BGB und im Übrigen als Aufstockungsunterhalt aus § 1573 Abs. 2 BGB (im Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406). Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen im Rahmen der Dreiteilung trifft den Unterhaltspflichtigen die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die die Unterhaltsbedürftigkeit seiner neuen Ehefrau begründen, weil es sich dabei um eine das Einkommen mindernde Verbindlichkeit handelt (im Anschluss an das Senatsurteil vom 27. April 1988 - IVb ZR 58/87 - FamRZ 1988, 930, 931; BGH, Urteil vom 14.04.2010 - XII ZR 89/08).

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Der Unterhaltsbedarf wegen Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes bemisst sich jedenfalls nach einem Mindestbedarf in Höhe des Existenzminimums, der unterhaltsrechtlich mit dem notwendigen Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen (zur Zeit 770 €) pauschaliert werden darf (im Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 177, 272, 287 = FamRZ 2008, 1738, 1743). Hat der Unterhaltsberechtigte keine kind- oder elternbezogenen Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus vorgetragen, können solche nur insoweit berücksichtigt werden, als sie auf der Grundlage des sonst festgestellten Sachverhalts auf der Hand liegen (BGH, Urteil vom 16.12.2009 - XII ZR 50/08 zu BGB §§ 1615 l Abs. 2, 1610, 1570, 1578 Abs. 1 Satz 1).

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Der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten ist bei Wiederverheiratung des unterhaltspflichtigen Ehegatten zur gleichmäßigen Aufteilung des Einkommens der Beteiligten nach der so genannten Drittelmethode zu bemessen (im Anschluss an Senat, BGHZ 177, BGHZ Band 177 Seite 356 = NJW 2008, NJW Jahr 2008 Seite 3213 = FamRZ 2008, FAMRZ Jahr 2008 Seite 1911; NJW 2009, NJW Jahr 2009 Seite 145 = FamRZ 2009, FAMRZ Jahr 2009 Seite 23; BGHZ 179, BGHZ Band 179 Seite 196 = NJW 2009, NJW Jahr 2009 Seite 588 = FamRZ 2009, FAMRZ Jahr 2009 Seite 411; NJW 2009, NJW Jahr 2009 Seite 1271 = FamRZ 2009, FAMRZ Jahr 2009 Seite 579). Auf Seiten des neuen Ehegatten kommt es bei der Unterhaltsbemessung nicht auf dessen Anspruch auf Familienunterhalt an, sondern auf den hypothetischen Unterhaltsanspruch im Fall einer Scheidung. Kommt hierfür ein Anspruch wegen Kinderbetreuung in Frage, so haben elternbezogene Gründe nach § BGB § 1570 BGB § 1570 Absatz II BGB, die auf der Rollenverteilung in der neuen Ehe beruhen, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Im Abänderungsverfahren ist der Einwand der Befristung ausgeschlossen, wenn sich seit Schluss der mündlichen Verhandlung im vorausgegangenen Verfahren die für eine Befristung wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nicht geändert haben (im Anschluss an Senat, NJW 2004, NJW Jahr 2004 Seite 3106 = FamRZ 2004, FAMRZ Jahr 2004 Seite 1357; NJWE-FER 2001, NJWE-FER Jahr 2001 Seite 25 = FamRZ 2001, FAMRZ Jahr 2001 Seite 905). Beruht der Unterhaltsanspruch allein auf § BGB § 1573 BGB § 1573 Absatz II BGB (Aufstockungsunterhalt) und wurde dieser zuletzt im Jahr 2007 durch Urteil festgelegt, so ergibt sich aus dem Inkrafttreten des § BGB § 1578b BGB am 1. 1. 2008 für sich genommen noch keine Änderung der wesentlichen Verhältnisse. Auch § EGZPO § 36 Nr. 1 EGZPO bietet in diesem Fall gegenüber § ZPO § 323 ZPO keine eigenständige Abänderungsmöglichkeit (BGH, Urteil vom 18.11.2009 - XII ZR 65/09 zu BGB §§ BGB § 1578, BGB § 1578b, BGB § 1609; ZPO § ZPO § 323; EGZPO § EGZPO § 36).

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„... 2. Die Revision der Ag. hat in geringem Umfang Erfolg, weil das OLG die Höhe ihres Unterhaltsbedarfs nicht in allen Punkten rechtsfehlerfrei ermittelt hat.

Zu Recht ist das BerGer. allerdings davon ausgegangen, dass sich die Höhe des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Ag. gem. § 1578 I 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet. Dabei sind spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens zu berücksichtigen, und zwar grundsätzlich unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Die in § 1578 I 1 BGB vorgegebene Anknüpfung an die ehelichen Lebensverhältnisse kann deren grundsätzliche Wandelbarkeit lediglich nach dem Zweck des nachehelichen Unterhalts einerseits und der fortwirkenden ehelichen Solidarität andererseits begrenzen (Senat, BGHZ 179, 196 = NJW 2009, 588 = FamRZ 2009, 411 [413f.]).

a) Diesen Vorgaben der neueren Rspr. des Senats hält das angefochtene Urteil im Rahmen der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Ast. nicht in allen Punkten stand.

aa) Zutreffend ist das BerGer. bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts der Ag. von den Nettoeinkünften des Ast. als Lehrer ausgegangen und hat davon - was auch die Revision der Ag. nicht angreift - die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die berufsbedingten Fahrtkosten und einen geringen Betrag für Fachliteratur abgesetzt.

bb) Im Ansatz zutreffend hat das BerGer. weiter berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des Senats auch der Unterhaltspflichtige als Beamter neben der gesetzlichen Altersvorsorge eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben darf. Für die Berücksichtigung der zusätzlichen Altersvorsorge kommt es nicht darauf an, ob eine solche bereits während der Ehezeit betrieben wurde; entscheidend ist allein, dass Beiträge für eine zusätzliche Altersvorsorge in dem unterhaltsrelevanten Zeitraum geleistet werden (Senat, NJW 2009, 2450).

Um eine unangemessene Vermögensbildung zu Lasten der Unterhaltsansprüche des Berechtigten zu verhindern, ist die zusätzliche Altersvorsorge aus unterhaltsrechtlicher Sicht allerdings auf 4% des Bruttoeinkommens begrenzt (Senat, BGHZ 163, 84 [97]ff. = NJW 2005, 3277 = FamRZ 2005, 1817 [1821f.]; und BGHZ 171, 206 [216] = NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793 [795]). Dies hat das BerGer. zwar erkannt, aber nicht auf den Fall umgesetzt. Denn es hat mit den Beiträgen des Ast. auf seine Lebensversicherungen einen Betrag in Höhe von insgesamt (166,67 Euro + 55,20 Euro =) 221,87 Euro monatlich abgesetzt. Der Höchstbetrag von 4% beläuft sich bei dem vom BerGer. festgestellten Bruttoeinkommen des Ast. von 48578,37 Euro allerdings auf lediglich 162 Euro monatlich. Nur diesen Betrag hätte das OLG zusätzlich vom Einkommen des Ast. abziehen dürfen.

cc) Soweit das OLG vom Einkommen des unterhaltspflichtigen Ast. Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit dem gemeinsamen Kind in Höhe von monatlich 30 Euro abgesetzt hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

Seit dem Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung in § 1612b BGB zum 1. 1. 2008 mindert das hälftige Kindergeld den Barbedarf des minderjährigen Kindes und entlastet in diesem Umfang den barunterhaltspflichtigen Elternteil (§ 1612b I 2 BGB). Diese Entlastung ist bei einer anschließenden Bemessung des nachehelichen Unterhalts auf die Weise zu berücksichtigen, dass als Kindesunterhalt nur noch der Zahlbetrag abgesetzt werden kann (vgl. Senat, NJW 2009, 2523 mit Anm. Born). Die Entlastung der Barunterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern durch das hälftige Kindergeld (§ 1612b I 1 Nr. 1 BGB) kann sich deswegen im Rahmen eines Anspruchs auf Ehegattenunterhalt auf bis zu (164 : 2 x 55% =) 45,10 Euro vermindern. Kosten der Ausübung des Umgangsrechts, die deutlich über den verbleibenden Anteil hinausgehen, können nach der Rspr. des Senats durch einen - teilweisen - Abzug vom Einkommen oder eine Erhöhung des Ehegattenselbstbehalts berücksichtigt werden (vgl. Senat, NJW 2005, 1493 = FamRZ 2005, 706 [708]; und NJW 2008, 1373 = FamRZ 2008, 594 [599], sowie Wendl/Klinkhammer, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 2 Rdnr. 169).

Hier hat das OLG zu Recht berücksichtigt, dass die Ag. nach der Trennung mit dem Kind nach M. verzogen ist und der Ast. deswegen zur Ausübung seines 14-tägigen Umgangsrechts mehrere Hundert Kilometer fahren muss. Wenn das BerGer. auf der Grundlage dieses Sachverhalts einen Teil der Umgangskosten von 30 Euro monatlich vom Einkommen des Ast. abgesetzt hat, hält sich dies im Rahmen der Rspr. des Senats.

dd) Damit ergibt sich folgende Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Ast.:

Nettoeinkommen des Ast. 3292,91 Euro
abzgl. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung - 507,66 Euro
abzgl. berufsbedingte Fahrtkosten - 287,10 Euro
abzgl. anteilige Fachliteratur - 24,64 Euro
abzgl. Höchstbetrag zusätzlicher Altersvorsorge - 162 Euro
abzgl. anteiliger Umgangskosten - 30 Euro
verbleibendes Nettoeinkommen 2281,51 Euro

ee) Zutreffend hat das OLG von diesem Einkommen des unterhaltspflichtigen Ast. den Barunterhalt für die gemeinsame Tochter abgesetzt. Dabei hat es im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats für die hier relevante Zeit ab Januar 2008 auf den Zahlbetrag nach Abzug des Kindergeldes und nicht auf einen geschuldeten Tabellenbetrag abgestellt (vgl. Senat, NJW 2009, 2523 mit Anm. Born). Wenn es bei dem unterhaltsrelevanten Monatseinkommen des Ast. von (richtig) 2281,51 Euro für die Zeit ab Januar 2008 unter Berücksichtigung der erhöhten Umgangskosten eine Unterhaltspflicht aus der dritten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle angenommen hat, ist auch dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. Das ergibt für die Zeit von Januar bis März 2008 (1. Altersstufe) einen Zahlbetrag von (307 Euro - 77 Euro =) 230 Euro, für die Zeit von April bis Dezember 2008 einen solchen von (355 Euro - 77 Euro =) 278 Euro und für die Zeit ab Januar 2009 (Anstieg des Kindergeldes) einen solchen in Höhe von (355 Euro - 82 Euro =) 273 Euro.

Unter Berücksichtigung dieses Kindesunterhalts ergibt sich folgende Berechnung des für den Ehegattenunterhalt relevanten Einkommens: ...

b) Soweit das BerGer. ein unterhaltsrelevantes Einkommen der Ag. in Höhe von rund 638 Euro berücksichtigt hat, ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. Es ist zutreffend von einer halbschichtigen Erwerbspflicht der Ag. und ihren daraus erzielbaren Einkünften ausgegangen. Die darüber hinausgehenden Einkünfte hat es - wie ausgeführt - im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats als überobligatorisch unberücksichtigt gelassen (vgl. Senat, BGHZ 162, 384 [391f.] = NJW 2005, 2145 = FamRZ 2005, 1154 [1156]). Unter Berücksichtigung dieser eigenen Einkünfte der Ag. ergibt sich - abweichend von der Berechnung des OLG - folgende Unterhaltsberechnung: ..." (BGH, Urteil vom 17.06.2009 - XII ZR 102/08 zu BGB §§ 1570, 1578b)

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Im Rahmen der Bedarfsermittlung beim Ehegattenunterhalt gem. § 1578 I 1 BGB ist nach der seit dem 1. 1. 2008 geltenden Rechtslage auch ein vom Unterhaltspflichtigen geschuldeter Minderjährigenunterhalt nicht mehr mit dem so genannten Tabellenbetrag, sondern mit dem sich nach Abzug des (hälftigen) Kindergeldes gem. § 1612b I BGB ergebenden Zahlbetrag zu berücksichtigen. § 1612b I BGB verstößt auch mit dieser Wirkung nicht gegen Art. 3 I GG. Wenn einem Ehegatten zwei Wohnungen gehören, können seinem Einkommen entsprechende Wohnvorteile zugerechnet werden. Allerdings kommt eine Kürzung unter Angemessenheitsgesichtspunkten in Betracht. Vom Eigentümer zu tragende verbrauchsunabhängige Kosten können grundsätzlich nur dann von seinem Wohnvorteil abgezogen werden, wenn es sich um nicht umlagefähige Kosten i.S. von § 556 I BGB, §§ 1, 2 BetrKV handelt (Aufgabe von Senat seit NJW 2000, 284 = FamRZ 2000, 351). Die Darlegungs- und Beweislast für ehebedingte Nachteile i.S. von § 1578b BGB ist im Hinblick auf die dem Unterhaltsberechtigten gegenwärtig fehlende Möglichkeit, eine seiner Ausbildung und früheren beruflichen Stellung entsprechende Tätigkeit zu erlangen, vorgreiflich nach § 1577 BGB zu beurteilen und obliegt dem Unterhaltsberechtigten. Gelangt das Familiengericht hier zu der Überzeugung, dass der Unterhaltsgläubiger kein adäquates Einkommen erzielen kann, erübrigt sich insoweit eine erneute Prüfung im Rahmen von § 1578b BGB (BGH, Urteil vom 27.05. 2009 - XII ZR 78/08 zu BGB §§ 1578, 1578b, 1612b, 100).

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Schuldet der Unterhaltspflichtige neben dem unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten auch nachehelich geborenen Kindern oder einem neuen Ehegatten Unterhalt, sind die neu hinzugekommenen Unterhaltspflichten regelmäßig auch bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1578 Abs. 1 BGB) der geschiedenen Ehe zu berücksichtigen. Soweit ein nachehelicher Karrieresprung lediglich einen neu hinzugetretenen Unterhaltsbedarf auffängt, ist das daraus resultierende Einkommen in die Unterhaltsbemessung einzubeziehen (im Anschluss an das Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 - XII ZR 9/07 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). In Fällen einer Verurteilung zu künftig fällig werdenden Leistungen ist die Anschließung an eine gegnerische Berufung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung möglich. Dies setzt nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht voraus, dass die zur Begründung vorgetragenen Umstände erst nach der letzten mündlichen Verhandlung in erster Instanz entstanden sind (BGH, Urteil vom 28.01.2009 - XII ZR 119/07 zu BGB § 1578 Abs. 1 Satz 1; ZPO § 524 Abs. 2 Satz 3; FamFG § 117 Abs. 2 - in Kraft ab 1. September 2009).

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Bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 I 1 BGB) sind spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Weil das Unterhaltsrecht den geschiedenen Ehegatten aber nicht besser stellen will, als er während der Ehe stand oder auf Grund einer absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde, sind grundsätzlich nur solche Steigerungen des verfügbaren Einkommens zu berücksichtigen, die schon in der Ehe absehbar waren, was nicht für einen Einkommenszuwachs infolge eines Karrieresprungs gilt. Schuldet der Unterhaltspflichtige neben dem unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten auch nachehelich geborenen Kindern oder einem neuen Ehegatten Unterhalt, sind die neu hinzugekommenen Unterhaltspflichten regelmäßig auch bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1578 I BGB) der geschiedenen Ehe zu berücksichtigen. Soweit ein nachehelicher Karrieresprung lediglich einen neu hinzugetretenen Unterhaltsbedarf auffängt und nicht zu einer Erhöhung des Unterhalts nach den während der Ehe absehbaren Verhältnissen führt, ist das daraus resultierende Einkommen in die Unterhaltsbemessung einzubeziehen (BGH, Urteil vom 17.12.2008 - XII ZR 9/07).

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Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) ist sowohl der Unterhaltsbedarf eines vom Unterhaltspflichtigen nachehelich adoptierten Kindes als auch der Unterhaltsbedarf seines neuen Ehegatten zu berücksichtigen (im Anschluss an die Senatsurteile vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 971 f. und vom 30. Juli 2008 - XII ZR 177/06 - FamRZ 2008, 1911). Der Wohnvorteil an der Familienwohnung setzt sich nach einem Verkauf des Grundstücks an den Zinsen aus dem Verkaufserlös und, bei Einsatz des Erlöses für den Erwerb eines neuen Grundstücks, an dem neuen Wohnvorteil fort. Kommt ein neuer Wohnvorteil nicht in Betracht, weil die Zinsbelastung der zusätzlich aufgenommenen Kredite den objektiven Wohnwert übersteigt, ist zu prüfen, ob eine Obliegenheit zur Vermögensumschichtung besteht (im Anschluss an die Senatsurteile vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159, 1161 und vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99 - FamRZ 2001, 1140, 1143; BGH, Urteil vom 01.10.2008 - XII ZR 62/07)

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„... 3. Zum Unterhaltsbedarf der Beklagten nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB entspricht das Berufungsurteil allerdings nicht in vollem Umfang der Rechtsprechung des Senats.

a) Die vom Berufungsgericht zum Einkommen des Klägers getroffenen Feststellungen bleiben aus revisionsrechtlicher Sicht bis auf einen nebensächlichen Punkt frei von Beanstandungen.

Die Revision rügt allein mit Recht, dass das Oberlandesgericht ohne nähere Begründung nicht von dem Gesamtbruttobetrag der Bezügemitteilung vom Dezember 2005 ausgegangen ist, auf die es in seinem Urteil Bezug genommen hat. Aus der Bezügemitteilung lässt sich erkennen, dass das Oberlandesgericht nur das laufende Bruttoeinkommen (‚laufendes SteuerBrutto') zugrunde gelegt und das sonstige Einkommen (‚sonstiges SteuerBrutto') übergangen hat. Das sonstige Einkommen beläuft sich indessen nach derselben Mitteilung nur auf 80 €. Es handelt sich ersichtlich um das im Juli 2005 ausgezahlte Urlaubsgeld. Davon sind 32 € (‚Lohnsteuer sonstiger Bezug') und 1,76 € (‚Solizuschlag sonstiger Bezug') abzuziehen, so dass sich der Fehler (allenfalls) mit netto 46,24 € und monatlich also weniger als 4 € niederschlägt.

Die weiter von der Revision erhobene Rüge, der Nettobetrag sei nicht nachvollziehbar ermittelt worden, greift indessen nicht durch. Dem Berufungsurteil ist vielmehr zu entnehmen, nach welcher Methode das Berufungsgericht das Nettoeinkommen ermittelt hat. Die Angabe des vollständigen Rechenweges, wie es zu dem Nettoeinkommen gelangt ist, ist nicht erforderlich, wenn die einzelnen Berechnungsgrößen nachvollziehbar dargestellt sind. Das ist hier der Fall, denn das Berufungsgericht hat sowohl die Werbungskosten als auch die Sonderausgaben angegeben. Die weiteren Rechenschritte ergeben sich aus den gesetzlichen Steuerabzügen. Dass das Berufungsgericht von einer lediglich fiktiven getrennten Veranlagung ausgegangen ist, obwohl der Kläger offensichtlich seit 2004 wiederum geschieden ist, ist unschädlich.

Dass das Berufungsgericht im Ergebnis zu einem geringeren als dem in erster Instanz noch unstreitigen Nettoeinkommen gelangt ist, erklärt sich daraus, dass es gegenüber dem früheren Monatsfreibetrag (887 €) lediglich den vom Amtsgericht festgesetzten Unterhaltsbetrag (486 €) als monatlichen Freibetrag berücksichtigt hat. Dies ist in den Urteilsgründen ausdrücklich aufgeführt und stimmt mit der Rechtsprechung des Senats zur Berücksichtigung des Realsplittingvorteils überein (Senatsurteile vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 971; vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232, 1234 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 797).

b) Die von beiden Parteien gezogenen Nutzungen (Wohnvorteil bei der Beklagten und Zinsen beim Kläger) sind vom Berufungsgericht als annähernd gleichwertig angesehen und daher rechnerisch nicht berücksichtigt worden. Die Kürzung der beiden Vorteile im Rahmen der Bedarfsermittlung beim Ehegattenunterhalt ist deswegen auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159) nicht zu beanstanden und wird auch von der Revision nicht gerügt.

c) Bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts hat das Berufungsgericht den Unterhalt der volljährigen Kinder zutreffend vorweg abgezogen. Der Unterhaltsbedarf volljähriger Kinder bemisst sich, soweit er der Altersstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle entnommen wird, nach dem zusammengerechneten Einkommen der Eltern. Nach ständiger Rechtsprechung schuldet ein Elternteil allerdings höchstens den Unterhalt, der sich allein auf der Grundlage seines Einkommens aus der vierten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle ergibt (Senatsurteil BGHZ 164, 375, 378 = FamRZ 2006, 99, 100). Die Berechnung kann abgekürzt werden, wenn nur ein Elternteil Einkommen oberhalb des eigenen angemessenen Unterhalts im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB (angemessener Selbstbehalt; nach den Leitlinien des Berufungsgerichts - Nr. 21.3.1 - sowie der Anmerkung A. 5 zur Düsseldorfer Tabelle ab 1. Juli 2005: 1.100 €; bis Juni 2005: 1.000 €) erzielt und der andere Elternteil nicht leistungsfähig ist. In diesem Fall kann der Kindesunterhalt zur Vereinfachung sogleich allein nach dem Einkommen des allein leistungsfähigen Elternteils bestimmt werden.

aa) Das Berufungsgericht hat den Unterhalt der beiden volljährigen Töchter allein nach dem Einkommen des Klägers bestimmt und das der Beklagten zugerechnete Einkommen als bloß fiktives Einkommen außer Acht gelassen. Die Revision bringt dagegen im Ausgangspunkt allerdings zu Recht vor, dass die Anrechnung eines fiktiven Einkommens auch die Beteiligung der Beklagten am Unterhalt der volljährigen Kinder zur Folge hat (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB), soweit sich insgesamt ein den angemessenen Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 1 BGB übersteigendes Einkommen ergibt. Allein aufgrund des Umstands, dass es sich um fiktives Einkommen handelt, folgt auch im Rahmen der anteiligen Unterhaltspflicht nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB noch nicht, dass eine Mithaftung entfällt. Anderenfalls hätte der Elternteil die Möglichkeit, durch seine Pflichtverletzung den Wegfall seiner Unterhaltspflicht herbeizuführen. Das Gleiche muss jedenfalls grundsätzlich gelten, wenn es nicht primär um die Feststellung des Volljährigenunterhalts geht, sondern der Volljährigenunterhalt nur eine Vorfrage bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts ist.

Das Berufungsgericht hat jedoch des Weiteren - wie auch die Revision - nicht beachtet, dass die Zurechnung eines fiktiven Einkommens beim Kindesunterhalt unter anderen Voraussetzungen steht als beim Ehegattenunterhalt. Die Zurechnung fiktiven Einkommens ist für jedes Unterhaltsverhältnis gesondert zu beurteilen und setzt voraus, dass der Unterhaltspflichtige im jeweiligen Unterhaltsverhältnis gegen seine unterhaltsrechtliche Erwerbsobliegenheit verstoßen hat. Die Erwerbsobliegenheiten beim Ehegattenunterhalt und beim Kindesunterhalt sind unterschiedlich ausgestaltet. Sie unterscheiden sich nicht zuletzt auch danach, ob sie den Unterhaltsberechtigten oder den Unterhaltspflichtigen betreffen, wie der vorliegende Fall deutlich macht. Während die Beklagte im Rahmen des Ehegattenunterhalts schon seit 1998 unterhaltsrechtlich zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet war, erfüllte sie ihre Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern, solange diese noch minderjährig waren, allein durch deren Pflege und Erziehung (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Da der Barunterhalt der Kinder gesichert war (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB) und auch ansonsten kein Ausnahmefall von der Regel des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB in Betracht kommt, war die Beklagte gegenüber ihren Kindern somit erst seit deren im Mai 2005 eingetretener Volljährigkeit zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Erwerbschancen der Beklagten allerdings gegenüber der Betrachtung beim Ehegattenunterhalt bereits deutlich verschlechtert. Dass die Beklagte seitdem noch in der Lage sein sollte, eine Vollzeitstelle zu erlangen, erscheint schon aufgrund ihres Alters von nunmehr 56 Jahren und ihrer noch deutlich längeren beruflichen Abstinenz zweifelhaft. Aufgrund der fehlerhaften Gleichstellung der Erwerbsobliegenheiten der Beklagten einerseits als Gläubigerin des Ehegattenunterhalts und andererseits als Schuldnerin des Kindesunterhalts hat das Berufungsgericht hier die notwendigen Feststellungen unterlassen.

Allerdings kann sich das vom Berufungsgericht erzielte Ergebnis auch dann als richtig erweisen, wenn und soweit die Beklagte nicht nur wegen eingeschränkter Vollstreckungsmöglichkeiten, sondern rechtlich gesichert vom Kindesunterhalt befreit ist. Der hierfür in Frage kommende Grund könnte in einer Freistellung der Beklagten durch den Kläger liegen. Soweit der Kläger - wie es offenbar der Fall ist - den Kindesunterhalt seit Eintritt der Volljährigkeit der gemeinsamen Kinder geleistet hat, ohne die Beklagte in Rückgriff nehmen zu wollen, dürfte eine zumindest stillschweigende Freistellungsabrede der Parteien vorliegen. Dass die Beklagte den Naturalunterhalt der Kinder sicherstellt, steht dem nicht notwendig entgegen, weil dieser aus dem Barunterhalt, der insbesondere auch den Wohnbedarf umfasst, zu finanzieren ist (Senatsurteil BGHZ 164, 375, 385 = FamRZ 2006, 99, 102). Auch wenn die Kinder durch eine solche Abrede grundsätzlich nicht gehindert sind, die Beklagte auf ihren Unterhaltsanteil in Anspruch zu nehmen, wird eine rückwirkende Inanspruchnahme regelmäßig ausscheiden, weil es an den Voraussetzungen des § 1613 BGB fehlt. Sind sowohl ein Rückgriff des Klägers als auch eine rückwirkende Inanspruchnahme durch die Kinder aber zuverlässig ausgeschlossen, kann dem in der Tat dadurch Rechnung getragen werden, dass der Unterhalt allein vom Einkommen des zugleich dem Ehegatten und den Kindern zum Unterhalt Verpflichteten abgezogen wird (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 2 Rdn. 151). Auch für den künftigen Unterhalt kann es sich ähnlich verhalten, wenn der Kläger auch insoweit der offenbar durchgehenden bisherigen Praxis entsprechend anbietet, den Kindesunterhalt im Verhältnis der Parteien weiter allein aufzubringen. Die Beklagte verstieße dann gegen Treu und Glauben, wenn sie das Freistellungsangebot des Klägers nicht annehmen würde. Etwas anderes kann sich nur ergeben, wenn die Kinder die Beklagte direkt auf Unterhalt in Anspruch nehmen sollten. Dieser Umstand lässt sich anhand der Anforderungen gemäß § 1613 BGB verlässlich feststellen und würde gegebenenfalls eine Abänderung des Ehegattenunterhalts begründen.

Weil das Berufungsgericht allein auf die Eigenschaft als fiktives Einkommen abgestellt hat, bedürfen die oben aufgezeigten Voraussetzungen (zur Erwerbsobliegenheit gegenüber den Kindern und zu einer Freistellung der Beklagten) weiterer Feststellungen.

bb) Das Berufungsgericht hat zudem aber den Kindesunterhalt mit den nicht um das Kindergeld gekürzten Tabellenbeträgen nach der Düsseldorfer Tabelle abgezogen. Das entspricht nicht der Rechtsprechung des Senats und ist nach § 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO auch ohne entsprechende Revisionsrüge zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats schuldet der Kläger seinen volljährigen Kindern nur Unterhalt in einer Höhe, wie er sich nach Abzug des vollen Kindergeldes ergibt (Senatsurteile BGHZ 164, 375, 382 f. = FamRZ 2006, 99, 101 f. und vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963). Auch in Höhe des staatlichen Kindergeldes ist der Unterhaltsbedarf der volljährigen Töchter gedeckt. Der Kläger schuldet insoweit keinen Barunterhalt, den er bei der Berechnung des der Beklagten zustehenden Ehegattenunterhalts zusätzlich abziehen könnte. Dadurch wird das Kindergeld entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht als Einkommen des Barunterhaltspflichtigen behandelt. Vielmehr wird dieser durch die bedarfsdeckende Anrechnung des Kindergelds vom Kindesunterhalt entlastet, so dass ihm ein größerer Teil seines Einkommens - auch für den Ehegattenunterhalt - zur Verfügung steht. Damit stellt sich die Lage beim Kindergeld nicht anders dar als bei dem mit ähnlicher Funktion gewährten steuerlichen Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 EStG), der ebenfalls zu einem höheren Nettoeinkommen führt. ...

Für die Bedarfsermittlung ist neben der geringfügigen Korrektur des vom Kläger bezogenen Einkommens und dessen Fortschreibung seit 2006 der Kindesunterhalt nur nach Abzug des Kindergelds zu berücksichtigen. Neben den seit dem 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Änderungen durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) sind ferner die geänderten Fassungen der Düsseldorfer Tabelle, gegebenenfalls auch davon abweichende vom Kläger gezahlte Beträge zu berücksichtigen.

Sollte das Berufungsgericht - bei einer Obliegenheitsverletzung der Beklagten auch gegenüber den Kindern - zu der Feststellung gelangen, dass die Beklagte vom Kläger vollständig vom Kindesunterhalt freigestellt worden ist und eine entsprechende Vereinbarung auch in Zukunft weiteren Bestand hat, ist vom Einkommen der Beklagten grundsätzlich kein Kindesunterhaltsanteil abzuziehen. Das auf Seiten der Beklagten vorhandene Einkommen wäre dann grundsätzlich bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts bereits in zulässiger Weise vereinfachend berücksichtigt. ..." (BGH, Versäumnisurteil vom 30.07.2008 - XII ZR 126/06)

***

Schuldet der Unterhaltspflichtige sowohl einem geschiedenen als auch einem neuen Ehegatten Unterhalt, so ist der nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB) zu bemessende Unterhaltsbedarf jedes Berechtigten im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und beider Unterhaltsberechtigter zu ermitteln. Ausnahmen von dieser Dreiteilung ergeben sich bei unterschiedlicher Rangfolge der Ansprüche (§ 1609 Nr. 2, 3 BGB) nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit, wenn ein Mangelfall vorliegt (§ 1581 BGB). Ist der Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten durch den hinzu gekommenen Unterhaltsbedarf eines neuen Ehegatten herabgesetzt, ist im Rahmen der dann gebotenen Dreiteilung das Gesamteinkommen einschließlich des Splittingvorteils aus der neuen Ehe zugrunde zu legen (Aufgabe der Senatsrechtsprechung BGHZ 163, 84, 90 f. = FamRZ 2005, 1817, 1819). Das gilt ebenso für einen Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 BBesG (Aufgabe der Senatsrechtsprechung BGHZ 171, 206, 223 f. = FamRZ 2007, 793, 797 f.). Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach geschiedener Ehe ist nur dann mit dem Anspruch eines neuen Ehegatten auf Betreuungsunterhalt gleichrangig, wenn nach langer Ehedauer auch ehebedingte Nachteile i.S. des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB vorliegen (§ 1609 Nr. 2 BGB). Auch insoweit ist darauf abzustellen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen (BGH, Urteil vom 30.07.2008 - XII ZR 177/06 zu BGB §§ 1578 Abs. 1, 1609 Nr. 2 und 3).

Eine Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts kann regelmäßig nicht allein mit der Erwägung abgelehnt werden, damit entfalle der Einsatzzeitpunkt für einen späteren Anspruch auf Altersunterhalt nach § 1571 Nr. 3 BGB. Die Auswirkungen einer vorübergehenden Unterbrechung der Erwerbstätigkeit auf die künftige Altersversorgung belasten nach Durchführung des Versorgungsausgleichs regelmäßig beide Ehegatten in gleichem Umfang. Ein dadurch entstandener Nachteil ist dann vollständig ausgeglichen (im Anschluss an das Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Urteil vom 25.06.2008 - XII ZR 109/07 zu BGB § 1578 b; BGB a.F. §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2).

Bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) sind spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind, ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt oder ob die Veränderung aufseiten des Unterhaltspflichtigen oder des Unterhaltsberechtigten eingetreten ist. Das Unterhaltsrecht will den geschiedenen Ehegatten nicht besser stellen, als er während der Ehe stand oder aufgrund einer absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde. Daher sind nur solche Steigerungen des verfügbaren Einkommens zu berücksichtigen, die schon in der Ehe angelegt waren, nicht aber z.B. ein Einkommenszuwachs infolge eines Karrieresprungs. Die Berücksichtigung einer nachehelichen Verringerung des verfügbaren Einkommens findet ihre Grenze erst in der nachehelichen Solidarität. Nur bei unterhaltsrechtlich leichtfertigem Verhalten ist deswegen von einem fiktiven Einkommen auszugehen. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn ein Unterhaltsschuldner Kinder aus einer neuen Beziehung bekommt. Daher ist in solchen Fällen von den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen und auch die neue Unterhaltspflicht bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts zu berücksichtigen (BGH, Versäumnisurteil vom 06.02.2008 - XII ZR 14/06 ui BGB § 1578 Abs. 1 Satz 1).

*** (OLG)

Bei der Berechnung von Ehegattenunterhalt ist der Naturalunterhalt, den ein betreuender Elternteil aus eigenen Einkünften für die gemeinsamen, bei ihm lebenden Kinder aufbringt, vor der Berechnung der Unterhaltsquote von seinem bereinigten Nettoeinkommen in Abzug zu bringen. Die Höhe der Abzugsposition ergibt sich rechnerisch aus der Differenz zwischen dem aus den beiderseitigen Einkünften ermittelten Barbedarf der Kinder einerseits und dem vom barunterhaltspflichtigen Elternteil aufgebrachten Unterhalt andererseits (OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.06.2022 - 7 UF 77/21):

„ ... Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin für die Betreuung der Kinder in der Zeit von 2/2013 bis 1/2016 von dem Antragsgegner rückständigen Kindesunterhalt gemäß §§ 1601 ff. BGB im Wege des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs (vgl. hierzu Grüneberg/von Pückler, Bürgerliches Gesetzbuch, 81. Auflage 2022, Einführung vor § 1601 Rdnr. 26) nach Eintritt des Wechselmodells bzgl. des Sohnes und aus gemäß § 398 BGB abgetretenem Recht hinsichtlich der inzwischen volljährigen Tochter verlangen kann. Darüber hinaus hat die Vorinstanz zu Recht angenommen, dass der Antragsgegner der Antragstellerin dem Grunde nach Trennungsunterhalt aus § 1361 BGB schuldet. Nach dieser Vorschrift kann ein Ehegatte im Falle der Trennung von dem anderen Ehegatten den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen angemessenen Unterhalt verlangen.

Auf der Grundlage des von den Beteiligten im zweiten Rechtszug gehaltenen weiteren Vortrages und unter Berücksichtigung der teilweise von der Vorinstanz abweichenden Rechtsauffassung des Senates zu diversen Punkten gilt hinsichtlich der Unterhaltshöhen die folgende Aufstellung: ...

In Übereinstimmung mit dem Amtsgericht geht auch der Senat auf Seiten des Antragsgegners von Einkünften in Höhe von mtl. 2.849,00 € aus. Der hiergegen geführte Beschwerdeangriff greift im Ergebnis nicht. Die Problematik der bereits erstinstanzlich vorgetragenen Schenkung des Vaters des Antragsgegners in Höhe von 10.000,00 € und des Verkaufs der Wertpapiere mit einem Erlös von 23.898,52 € ist bereits erstinstanzlich thematisiert worden und war auch Gegenstand der Begutachtung. Insoweit hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28.12.2018 im Rahmen der Erläuterung seines Rechenwerkes auf S. 25 seines Gutachtens vom 29.9.2018 ausgeführt, dass er einerseits die Entnahmen für Sparbuch, Wertpapiere und Bausparen nicht als verfügbares Einkommen für den Lebensunterhalt berücksichtigt habe, wodurch der Unternehmerlohn entsprechend gemindert worden sei, und „umgekehrt … dann jedoch auch die Rückführung dieser Beträge in den Betrieb nicht als Einlagen berücksichtigt werden" dürften. Dies leuchtet dem Senat hinsichtlich der 23.898,52 € ein, nicht jedoch bezüglich der in Rede stehenden Schenkung von 10.000,00 €. Insoweit hat der Sachverständige angegeben, dass es sich hierbei „nicht um eine Einlage zuvor entnommener Beträge, sondern um eine Zahlung von dritter Seite" gehandelt habe, weshalb „der Betrag daher nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen" sei. Das ist zwar korrekt, allerdings sind die 10.000,00 € nach dem Rechenwerk des Sachverständigen ja gerade einkommenserhöhend verbucht worden. Auf der anderen Seite ist zu sehen, dass dies hinsichtlich des auf S. 25 aufgeführten Vierjahreszeitraumes einen Betrag von mtl. (brutto) 208,33 € ausmacht und es sich bei den Ausführungen des Sachverständigen auf S. 22 ff. seines Gutachtens lediglich um die „Gegenkontrolle des Ergebnisses" handelt. Dieses wurde auf S. 20 unter Nr. 3.7 mit - umgerechnet auf den einzelnen Monat - 4.117,44 € bewertet (es handelt sich hierbei nicht um den Gewinn vor Steuern, dieser ergibt sich aus S. 8 des Gutachtens und belief sich auf umgerechnet 5.422,65 € mtl.) Nimmt man hinzu, dass ausweislich S. 25 der „Kontrollrechnung" auf Grund der Formulierung des Beweisbeschlusses, den der Senat bei einem landwirtschaftlichen Betrieb für problematisch erachtet, aus dem Ergebnis des Wirtschaftsjahres 2012/2013 die Entnahmen und Einlagen für die Monate 7-12/2012 herausgerechnet worden sind, was nach der Berechnung des Sachverständigen zu einer Reduzierung des Unternehmerlohns für das erste Rumpfjahr von + 26.840,61 auf - 526,37 € geführt hat, hält der Senat dafür, dass der Antragsgegner durch die Veranschlagung eines Betrages von mtl. 2.849,00 € nicht benachteiligt worden ist.

Soweit das Amtsgericht den der Höhe nach unstreitigen Wohnvorteil von mtl. 500,00 € in Ansatz gebracht hat, ist dies aus den in dem angefochtenen Beschluss dargelegten Gründen nicht zu beanstanden. Die amtsgerichtlichen Ausführungen sind entgegen der Ansicht des Antragsgegners auch nicht in sich widersprüchlich; vielmehr ist die private Nutzung der Betriebsleiterwohnung durch den Antragsgegner aus unterhaltsrechtlicher Sicht ein ihm zugutekommender geldwerter Vorteil, der - anders als der PKW-Nutzungsvorteil - in dem Gutachten nicht als solcher berücksichtigt worden ist.

Hinsichtlich der sich aus dem bereinigten Nettoeinkommen ergebenden Kindesunterhaltsbeträge entsprechend der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle nach der Altersstufe zwei für beide Kinder bis einschließlich 10/2014 und drei ab 11/2014 bezüglich A ist für die Zeit bis 3/2014 eine Herabstufung nicht nur um eine Einkommensgruppe - weil insgesamt drei Unterhaltsberechtigte vorhanden waren - vorzunehmen, sondern um insgesamt zwei Einkommensgruppen. Der Antragsgegner hat nämlich nunmehr im zweiten Rechtszug unter Vorlage der Umgangsvereinbarung vom 14.3.2014 (Amtsgericht Kirchhain, Az. …) nebst „Anlage Kalender 2014" sowie des außergerichtlichen Schreibens des Rechtsanwalts E vom 7.11.2014 nebst „Anlage Kalender 2015" substantiiert und insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass jedenfalls ab März 2014 kein reines Residenzmodell mehr gelebt worden ist, vielmehr ergibt sich aus den Kalendern für die Zeit ab 3/2014 ein Betreuungsanteil des Antragsgegners von 42 % und für 2015 ein solcher von 44 %. Kosten, die dem Umgangsberechtigten durch die Ausübung eines solchen deutlich über das übliche Maß hinausgehenden Umgangs entstehen, schränken dessen Leistungsfähigkeit ein und sind daher für die Lebensstellung des Kindes bedeutsam. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (OLG Frankfurt a. M., FamRZ 2014, 46 ff., bestätigt durch BGH, FamRZ 2014, 917 ff.) rechtfertigt dies vorliegend unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls die Herabstufung um eine weitere Einkommensgruppe. Weil der Verwirkungseinwand des Antragsgegners, wie noch darzulegen sein wird, für die Zeit ab 3/2015 greift, entfällt ab diesem Zeitpunkt die auf Grund der Anzahl der Unterhaltsberechtigten erfolgte Herabstufung.

Bei der Berechnung des Erwerbstätigenbonus, den der Senat in Hinblick auf die Entscheidungen des BGH vom 13.11.2019 (Az.: XII ZB 3/19) und vom 15.12.2021 (Az. XII ZB 557/20) auch vorliegend mit 1/10 bemisst, ist zu berücksichtigen, dass der Erwerbsanreiz sich nur auf das Einkommen aus Arbeitstätigkeit bezieht (vgl. Unterhaltsgrundsatz Nr. 15.2 des OLG Frankfurt a. M.), weshalb insoweit zwischen dem Nettoeinkommen aus Erwerbstätigkeit einerseits und dem zuzurechnenden Wohnvorteil andererseits zu differenzieren ist.

Hinsichtlich des auf Seiten der Antragstellerin in die Berechnung einzustellenden Nettoeinkommens ist der Senat mit dem Amtsgericht der Auffassung, dass der Antragstellerin über die im fraglichen Zeitraum tatsächlich erzielten Einkünfte hinaus keine weiteren Einnahmen (fiktiv) zuzurechnen sind. Eine Erwerbsobliegenheitsverletzung ist der alleinerziehenden und halbschichtig tätigen Mutter angesichts des Alters der Kinder von seinerzeit 7 bis 10 Jahren (B) und 10 bis 13 Jahren (A) nicht vorzuwerfen, zumal, wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat, hinsichtlich des Sohnes kindbezogene Gründe (Ergo- und Psychotherapie) vorgetragen und belegt worden sind. Daran ändert auch der neue Vortrag des Antragsgegners hinsichtlich der erhöhten Betreuungsanteile ab 3/2014 nichts, weil die Hauptlast der Betreuung weiterhin bei der Antragstellerin lag. Soweit der Antragsgegner eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit der Antragstellerin daraus herzuleiten versucht, dass sie „aus der Ehe ausgebrochen" sei und alsbald ihre Beziehung zu ihrem neuen Freund verfestigt habe, handelt es sich um Gesichtspunkte, die in erster Linie im Rahmen der Verwirkung Bedeutung erlangen und hinsichtlich der Frage der Erwerbsobliegenheit allenfalls zu einer Annäherung der unterschiedlichen Maßstäbe bei Trennungs- und nachehelichem Unterhalt führen (vgl. Unterhaltsgrundsätze 17.1 und 17.2), wobei es für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum aus den dargelegten Gründen dabei bleibt, dass eine fiktive Veranlagung nicht gerechtfertigt erscheint.

Auch hinsichtlich des bei der Antragstellerin zu berücksichtigenden Erwerbstätigenbonus ist einer Differenzierung erforderlich, und zwar zwischen einerseits den Einkünften aus Erwerbstätigkeit und andererseits denjenigen aus Kapitalvermögen (Unterhaltsgrundsatz Nr. 10.2.1).

In Hinblick auf die inzwischen ergangene Entscheidung des BGH vom 29.9.2021 (Az. XII ZB 474/20) und die weitere Entscheidung vom 15.2.2017 (Az. XII ZB 201/16) ist, soweit vorliegend für die Zeit von 2/2013 bis 2/2014 von der Praktizierung eines Residenzmodells auszugehen ist, zu Gunsten des betreuenden Elternteils ein ungedeckter Naturalkindesunterhaltsbedarf in Abzug zu bringen, der ermittelt wird durch Bildung der Differenz des Zahlbetrages nach der Düsseldorfer Tabelle aus dem gemeinsamen Einkommen der Eltern und dem von dem barunterhaltspflichtigen Elternteil nach seinem eigenen Einkommen zu zahlenden geringeren Betrag (Berechnungsmethode beispielsweise nachzulesen bei Viehfues, FuR 2022, S. 15 ff.). Hieraus resultiert vorliegend ein Betrag von jeweils mtl. 135,00 € pro Kind (Unterschied zwischen dem tatsächlichen Zahlbetrag von 327,00 € und dem fiktiven Zahlbetrag aus dem gemeinsamen Elterneinkommen von 462,00 €). Entgegen der von dem Antragsgegner vertretenen Ansicht beschränkt sich die Anrechnung nicht auf Fälle außergewöhnlich guter Einkommensverhältnisse.

Der von dem Antragsgegner erhobene Verwirkungseinwand führt zu einer Versagung des Trennungsunterhaltsanspruchs für die Zeit ab 4/2015.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass jedenfalls seit dem Zusammenzug der Antragstellerin mit dem Zeugen D Mitte März 2015 von dem Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft im Sinne des Gesetzes, bei der die Partner ihre Lebensverhältnisse aufeinander abgestellt haben und eine auf Dauer angelegte Verbindung unterhalten, auszugehen ist. Der Verwirkungsgrund nach §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 BGB sanktioniert kein vorwerfbares Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten, sondern knüpft vielmehr an eine rein objektive Gegebenheit an und berücksichtigt eine Veränderung in den Lebensverhältnissen des Unterhaltsbedürftigen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung des getrenntlebenden Ehegatten unzumutbar erscheinen lässt, weil sich die neue Beziehung in einem solchen Maß verfestigt hat, dass sie als eheähnlich anzusehen ist (vgl. BT-Drucksache 16/1830, S. 21; BGH, FamRZ 2011, 1854 ff.). Dabei kommt es bei der Beurteilung, ob von einer verfestigten Lebensgemeinschaft ausgegangen werden kann, auf die Umstände des Einzelfalls an, wobei das Führen eines gemeinsamen Haushaltes zwar ein starkes Indiz, jedoch nicht unabdingbare Voraussetzung für das Vorliegen einer solchen Lebensgemeinschaft ist (BGH, FamRZ 2011, 1854 ff.; BGH, FamRZ 2002, 810 ff.; OLG Düsseldorf, FamRZ 2011, 225 f.: OLG Karlsruhe, NJW-RR 2011, 655 ff.; OLG Karlsruhe, FamRZ 2009, 351 ff.; OLGR Karlsruhe 2008, 792 ff.; OLGR Zweibrücken 2008, 474 f.). Vielmehr kann von einer verfestigten Lebensgemeinschaft auch dann ausgegangen werden, wenn die Partner zwar in getrennten Wohnungen leben und auch wirtschaftlich nicht miteinander verflochten sind, sie aber nach außen für jedermann erkennbar wie ein Paar auftreten und sich ihre Gemeinschaft nach dem Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit wie ein eheliches Zusammenleben darstellt. Indizien hierfür sind insbesondere gemeinsame Freizeitgestaltungen - zumal unter Einbeziehung der Kinder - und Urlaube (OLGR Bremen 2007, 223 ff.), gemeinsames Verbringen von Wochenenden, hohen Festtagen und Geburtstagen, gemeinsames Erscheinen im Freundeskreis und gemeinsames Erscheinen in öffentlichen Anzeigen (vgl. OLGR Frankfurt am Main 2002, 7 f. und OLG Koblenz, FamRZ 2006, 1540 [jeweils zur Benennung in der Todesanzeige für ein verstorbenes Familienmitglied]). Fest steht nunmehr, dass die Antragstellerin und der Zeuge D spätestens im September 2012 einander kennengelernt haben, der Zeuge sich wegen der Antragstellerin zum Schuljahr 2014/2015 nach Stadt1 hat versetzen lassen und beide spätestens am 15.3.2015 eine neu angemietete Wohnung in Stadt1 bezogen haben. Ab diesem Zeitpunkt war der Verwirkungstatbestand erfüllt. Damals waren die Antragstellerin und der Zeuge D seit über zwei Jahren ein Paar, hatten sie bereits Urlaube, auch mit den Kindern der Beteiligten, miteinander verbracht und ihre Lebensplanung, wie die Versetzung zeigt, auch in beruflicher Hinsicht aufeinander abgestimmt. Da man nicht täglich von Stadt3 nach Stadt1 pendeln kann und der Zeuge vor dem 12.3.2015 auch keine eigene Wohnung in Stadt1 angemeldet hatte, ist davon auszugehen, dass er spätestens ab Februar 2015 in der damaligen Mietwohnung der Antragstellerin in der Straße1 übernachtet hat. Ab dem Zusammenwohnen des Paares in der gemeinsam angemieteten Wohnung in Stadt4, Straße2, und somit seit dem 12.3.2015 und damit 2 ½ Jahren nach dem Kennenlernen, geht der Senat in Kombination mit der beruflichen Neuorientierung des Zeugen von einer hinreichenden Verfestigung der Beziehung, wie sie von der Rechtsprechung für die Bejahung des Verwirkungstatbestands gefordert wird, aus. Soweit der Antragsgegner sich in seiner Stellungnahme zur Zeugenvernehmung dahingehend geäußert hat, dass die Antragstellerin und der Zeuge D voneinander abweichende Angaben zum Kennenlernen gemacht hätten, weil es sich bei der fraglichen Geburtstagsfeier im Gebiet1 nach den Bekundungen des Zeugen D um die Feier seines besten Freundes gehandelt hat, während die Antragstellerin von der Feier einer Freundin berichtet hatte, schließen sich beide Schilderungen zum einen nicht unbedingt aus und gibt es im Übrigen Anhaltspunkte für einen früheren Beziehungsbeginn als September 2012 ohnehin nicht. Weil es sich vorliegend gemäß §§ 112 Nr. 1, 231 Abs. 1 Nr. 2 FamFG um eine Familienstreitsache handelt und demzufolge nicht der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, sondern der Beibringungsgrundsatz, sieht sich der Senat auch nicht gehalten, wie von dem Antragsgegner angeregt eine Auskunft beim staatlichen Schulamt einzuholen um herauszufinden, ob der Zeuge D entgegen seiner Aussage möglicherweise schon vor dem 1.2.2015 an die X-Schule versetzt worden war, zumal für den Senat in rechtlicher Hinsicht entscheidend die Kombination aus Versetzung plus Anmietung einer gemeinsamen Wohnung ist. Eine diesbezügliche Falschaussage des Zeugen wäre unterhaltsrechtlich unerheblich und allein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Aussagedelikts (§ 153 StGB), was ggf. von der hierfür zuständigen Strafverfolgungsbehörde, nicht aber von dem Senat, zu untersuchen wäre.

Im Rahmen der durchzuführenden Billigkeitsabwägung erscheint die Versagung weiterer Trennungsunterhaltszahlungen für die Zeit ab 4/2015 auch angesichts der beiderseitigen Einkommensverhältnisse angemessen, zumal die Antragstellerin durchweg über eigene (bereinigte) Einkünfte oberhalb ihres notwendigen Bedarfs (von damals mtl. 1.200,00 €) verfügte und sie zudem nunmehr einen leistungsfähigen Partner, der zumindest die hälftigen Mietkosten übernehmen konnte, an ihrer Seite hatte. Der Umstand, dass die Antragstellerin unter Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht eindeutig falschen Vortrag gehalten hat, indem sie schriftsätzlich zunächst angab, erst ab 2017 mit dem Zeugen in einer Beziehung gelebt zu haben, ist ein weiterer Aspekt, der für die Annahme von Unzumutbarkeit weiterer Unterhaltszahlungen ab 4/2015 streitet.

Aus diesem Grund bleibt es bei dem von dem Amtsgericht für den Zeitraum 2/2013 bis 3/2015 zugesprochenen Betrag von insgesamt 10.232,00 € (6.556,00 € für 2013 + 7.002,00 € für 2014 + 3 x 564,00 € für die ersten drei Monate des Jahres 2015 abzüglich 5.018,00 € (193,00 € x 26 Monate). Der Umstand, dass dieser Betrag auf Grund der zum Teil abweichenden Berechnungen des Amtsgerichts zur Anspruchshöhe und zusätzlich infolge eines Versehens bei der Ermittlung der Höhe der bereits titulierten Ansprüche (ausgehend von mtl. 193,00 € anstelle von mtl. 163,00 € entsprechend dem Teilanerkenntnisbeschluss vom 11.4.2014) hinter den nach Ansicht des Senats der Antragstellerin für den vorgenannten Zeitraum zustehenden Ansprüchen bleibt, führt nicht dazu, quasi „im Gegenzug" doch Ansprüche auch über 3/2015 hinaus als nicht verwirkt anzusehen (mit der weiteren Konsequenz, dass sich die Kindesunterhaltsansprüche wegen dann insgesamt drei Unterhaltsberechtigten reduzieren würden). Insoweit hält der Senat an seiner mit Verfügung vom 24.2.2022 geäußerten Rechtsansicht, dass im Rahmen der Billigkeitsprüfung eine entsprechende Korrektur dahingehend erfolgen könnte, dass die in der Zeit bis 3/2015 ermittelten Trennungsunterhaltsansprüche, die nicht voll zugesprochen worden sind, einer Verwirkung des Unterhalts in der Zeit ab 4/2015 entgegenstehen, nicht fest. Vielmehr erscheint bei genauer Betrachtung eine Korrektur der rechtlichen Ausführungen der Vorinstanz und des unterlaufenen Rechenfehlers hinsichtlich der Ansprüche für die Zeit von 2/2013 bis 3/2015 nicht angezeigt, weil dies darauf hinausliefe, ein Ergebnis zu verändern, welches durch Erhebung einer eigenen Beschwerde oder Anschlussbeschwerde hätte verhindert werden können. Hierzu sieht sich der Senat nicht veranlasst, weil die Voraussetzungen für eine Verwirkung ab 3/2015 auf der Hand liegen und die Antragstellerin bei wahrheitsgemäßem Vortrag von Anfang an nicht damit hätte rechnen können, nach dem Zusammenzug mit ihrem Lebensgefährten noch weiter Trennungsunterhalt zu erhalten. Hinsichtlich des vorhergehenden Zeitraums gilt demgegenüber, nachdem gegen die diesbezüglichen Festsetzungen des Amtsgerichts kein Rechtsmittel eingelegt worden ist, der Grundsatz ne ultra petita (§ 308 Abs. 1 ZPO). ..."

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Überobligatorische Arbeitsleistungen nach Trennung (OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.05.2022 - 13 UF 212/19):

„ ... 1. Die Antragstellerin hat einen aus § 1361 BGB resultierenden Anspruch auf Trennungsunterhalt bis zur am 22. Februar 2020 eingetretenen Rechtskraft der Scheidung. Ihr steht gemäß §§ 1361 Abs. 4, 1360a Abs. 3, 1613 Abs. 1 BGB ab November 2018 Unterhalt zu, denn sie hat den Antragsgegner Ende des vorangegangenen Monats zur Auskunft aufgefordert.

2. Die Bemessung des Unterhaltsbedarfs erfolgt wegen des Maßstabs der ehelichen Lebensverhältnisse entsprechend den auch für den nachehelichen Unterhalt nach § 1578 Abs. 1 BGB geltenden Grundsätzen (BGH FamRZ 2016, 199 Rn. 12 mwN). Zur Bestimmung des Unterhaltsbedarfs ist vor allem auf die von den Ehegatten erzielten Einkünfte abzustellen, soweit diese die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben (vgl. BGH NJW 2020, 1674 Rn. 15; FamRZ 2016, 199 Rn. 12; FamRZ 1989, 838 [839]). Den in der Vergangenheit liegenden Unterhalt für 2014 bis 2018 ermittelt der Senat anhand von Jahresdurchschnitten (vgl. Wendl/Dose UnterhaltsR, 10. Aufl., § 1 Rn. 71).

Die Antragstellerin ist bedürftig, weil sie während der Trennungszeit über ein wesentlich geringeres Einkommen verfügt hat als der Antragsgegner.

Für die Beteiligten ist - zeitlich gestaffelt - von folgenden Einkünften auszugehen:

a) Der Antragsteller hat - insoweit ist der Beschluss unangefochten - über Einkünfte in Höhe von 1.865,15 € verfügt, wobei berufsbedingte Aufwendungen nicht abzuziehen sind, weil er nahezu während der gesamten Trennungszeit krank und deshalb nicht erwerbstätig gewesen ist.

Abzuziehen hiervon sind die Beiträge zur privaten Altersvorsorge mit 182,16 €, die Servicerate an die …-Bank mit monatlich 27,41 € (Bl. 237) und die Kreditrate mit 105,10 € (Bl. 230 ff.) und bis April 2019 die Sky-Vertragsgebühr mit 68,99 € (Bl. 227), insoweit greift die Beschwerde den angefochtenen Beschluss nicht an.

aa) Das Amtsgericht hat die Sky-Vertragsgebühr zu Recht seit dem Monat Mai 2019 nicht mehr berücksichtigt. Der Antragsgegner hat vorgetragen, der Sky-Vertrag sei auf Wunsch und Veranlassung der Antragstellerin einvernehmlich abgeschlossen worden (Bl. 76). Dann bestand nach der Trennung kein Grund, den Vertrag über seine mit dem April 2019 endende Mindestlaufzeit hinaus aufrecht zu erhalten. Der Einwand, krankheitsbedingt sei er nicht in der Lage gewesen, die Verlängerung des Sky-Vertrages abzuwenden, verhilft seiner Beschwerde nicht zum Erfolg. Dass der - geschäftsfähige - Antragsgegner den Vertrag gleichwohl nicht gekündigt oder sich zu einer Vertragsverlängerung hat überreden lassen, kann er der Antragstellerin nicht entgegenhalten, zumal er keinen konkreten Krankheitsverlauf geschildert hat, der seine Verhinderung im maßgeblichen Zeitraum nachvollziehbar erkennen lassen könnte.

bb) Kosten in Höhe von monatlich 120 € für zwei vor der Trennung gemeinsam angeschaffte, zwischenzeitlich betagte Kaninchen kann der Antragsgegner dem Unterhaltsanspruch der Antragstellerin ebenfalls nicht als berücksichtigungswürdige Verbindlichkeit entgegenhalten.

Nach § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB bestimmt sich das Maß des eheangemessenen Unterhalts nach den ‚ehelichen Lebensverhältnissen', insbesondere den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eheleute (Wendl/Dose UnterhaltsR, 10. A., 2019, § 4 Ehegattenunterhalt Rn. 60). Die Lebensverhältnisse werden im Wesentlichen durch das in der Ehe zur Deckung des Lebensbedarfs verfügbare Einkommen der Eheleute bestimmt. Verfügbar in diesem Sinn ist nur der Teil des Einkommens, der nach Abzug von Steuern und sonstigen gesetzlichen Abzügen, berufsbedingtem Aufwand, Vorsorgeaufwendungen, berücksichtigungswürdigen Verbindlichkeiten, Aufwendungen für Vermögensbildung und Barunterhaltsleistungen für den Kindesunterhalt zur Bestreitung des Lebensbedarfs der Eheleute verwendet werden kann. Dabei ist bei der Bemessung des Trennungsunterhalts ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist derjenige Lebensstandard, der nach dem vorhandenen Einkommen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus angemessen erscheint. Außer Betracht bleiben - gemessen am verfügbaren Einkommen - sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch ein übermäßiger Aufwand (Wendl/Dose a. a. O., § 4 Ehegattenunterhalt Rn. 60).

Ungeachtet dessen, dass der Antragsgegner schon die Höhe der Aufwendungen nicht nachgewiesen hat - die nachgewiesenen Kosten für die Impfung der beiden Tiere von einmalig 104,03 € im März 2019 (Bl. 89) machen einen Monatsbetrag von 120 € für die Versorgung von zwei Kaninchen nicht plausibel - kommt nach dem beschriebenen Maßstab eine Berücksichtigung der Tierhaltungskosten auch nicht in angemessener Höhe in Betracht.

Der Antragsgegner hat sich darauf berufen, die Antragstellerin sei als Eigentümerin der beiden Kaninchen für deren Unterhalt und Versorgung mitverantwortlich (Bl. 76). Dass er sich vor diesem Hintergrund nicht auf ihr wiederholtes und ausdrückliches Angebot der Übernahme der Tiere einlässt, obwohl sie zugleich ankündigt, die im Rahmen der Tierhaltung entstehenden Kosten ihrerseits nicht bedarfserhöhend geltend zu machen, verstößt gegen die wirtschaftliche Vernunft und steht einer Berücksichtigung auch nur angemessener Haustierkosten entgegen.

Sein Einwand, eines der Kaninchen wäre nahezu blind, weshalb ihm ein Umzug zur Antragstellerin nicht zumutbar sei, ist bereits wegen des Angebots der Antragstellerin abwegig, den Käfig mitzuübernehmen, um dem Tier räumliche Orientierungsmöglichkeiten zu erhalten. Auch seine nicht mit Substanz unterlegte Annahme, die Tiere hätten es bei ihm besser als bei der Antragstellerin, rechtfertigt eine Berücksichtigung von Tierhaltungskosten nicht. Bei den durch das Festhalten an den kostspieligen Tieren entstehenden Aufwendungen handelt es sich - gemessen an den eher beengten wirtschaftlichen Verhältnissen der Beteiligten - um nicht erforderlichen und deshalb unterhaltsrechtlich unbeachtlichen einseitigen Luxus.

cc) Die durch den Auszug der Antragstellerin für den Antragsgegner gestiegenen Kosten der Unterkunft hat das Amtsgericht zu Recht nicht einmal für eine Übergangszeit als den Selbstbehalt erhöhend anerkannt. Voraussetzung für eine Erhöhung des Selbstbehalts infolge hoher Wohnkosten wäre die Unvermeidbarkeit der Überschreitung des im Selbstbehalt vorgesehenen Betrages von 380 € (vgl. BGH NJW 2021, 472, Rn. 17). Dazu hat aber der Antragsteller nichts vorgetragen. Dass es ihm nicht möglich gewesen sein sollte, eine günstigere Wohnung zu finden, ist nicht ersichtlich.

Auch die Anrechnung der erhöhten Wohnkosten auf den Unterhalt der Antragstellerin kommt nicht in Betracht.

Nutzt der Unterhaltspflichtige die Ehewohnung weiter, kann er dem Unterhaltsberechtigten die Hälfte der diesbezüglichen Aufwendungen entgegenhalten, wenn es sich um eine „aufgedrängte" Wohnsituation handelt, so lange eine Chance auf Wiederherstellung der Ehe besteht (vgl. OLG Brandenburg, 2. Familiensenat, BeckRS 2004, 154582 Rn. 45, 46). Denn beide Ehegatten haften für die Miete der von ihnen gemeinsam angemieteten Ehewohnung grundsätzlich gemeinsam, d. h. im Innenverhältnis jeweils zur Hälfte. Trennen sie sich und zieht ein Ehegatte aus und übernimmt der in der Wohnung verbleibende Ehegatte im Rahmen einer aus Anlass der Trennung getroffenen Vereinbarung die Wohnung alleine, haftet er nach Ablauf der mietvertraglichen Kündigungsfrist alleine für den Mietzins (vgl. OLG Koblenz BeckRS 2019, 34918 Rn. 43; OLG Düsseldorf FamRZ 2014, 1296).

Danach kommt eine Berücksichtigung der Wohnkosten des Antragsgegners hier nicht in Betracht. Nach den vorgetragenen Umständen sind die Beteiligten bereits kurz nach der Trennung im Juni 2018 von deren Endgültigkeit ausgegangen. Am 30. August 2018 hat der Antragsgegner mit dem Vermieter und der Antragstellerin deren Entlassung aus dem Mietverhältnis zum 31. August 2018 vereinbart (Bl. 118, Anlage Ast. 15). Bemühungen um günstigeren Wohnraum hat er nicht konkret dargelegt. Dass ihm dies nicht möglich oder unzumutbar gewesen wäre, hat er ebenfalls nicht dargelegt. Nach alledem kann nicht festgestellt werden, dass die Wohnsituation des Antragsgegners nicht von ihm selbst gewählt sei.

dd) Die Berücksichtigung vom Antragsgegner befürchteter, tatsächlich aber nicht dargelegter Steuernachteile kommt - insoweit ist dem angefochtenen Beschluss nichts hinzuzufügen - nicht in Betracht.

b) Die Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens der Antragstellerin durch das Amtsgericht lässt keine Rechtsfehler erkennen. Die Beschwerde greift die Art und Weise der Einkommensermittlung auch nicht an. Zutreffend hat das Amtsgericht auch das von der Antragstellerin nach der Trennung tatsächlich erzielte Einkommen zugrunde gelegt und nicht fiktive, am bis Ende 2017 erzielten Verdienst orientierte Einkünfte. Denn von einer durch den Arbeitsplatzwechsel unterhaltsbezogen leichtfertigen Verringerung des Einkommens durch den Arbeitsplatzwechsel ist nicht auszugehen.

Unterhaltsbezogen leichtfertig handelt, wer seine Bedürftigkeit selbst schuldhaft herbeiführt. Erforderlich ist insoweit ein leichtfertiges, vom üblichen sozialen Standard abweichendes Verhalten, bei dem sich die zugrunde liegenden Vorstellungen und Antriebe auch auf die Bedürftigkeit als Folge dieses Verhaltens erstrecken müssen (sogenannte unterhaltsbezogene Leichtfertigkeit). Leichtfertig in diesem Sinn handelt, wer seine Arbeitskraft oder sein Vermögen, also die Faktoren, die ihn in die Lage versetzen, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, auf sinnlose Art aufs Spiel setzt und einbüßt. Der Unterhaltsberechtigte muss sich unter grober Nichtachtung dessen, was jedem einleuchten muss, oder in Verantwortungslosigkeit und Rücksichtslosigkeit gegen den Unterhaltspflichtigen über die als möglich erkannten nachteiligen Folgen für seine Bedürftigkeit hinweggesetzt haben (vgl. BGH FamRZ 2001, 541; Wendl/Dose, a. a. O., § 1 Rn. 743).

Diese Voraussetzungen erfüllen die Arbeitsplatzwechsel der Antragstellerin nicht. Sie hat unwidersprochen vorgetragen, sie habe die bis Ende 2017 durchgehende Leistung von 11-Stunden-Schichten aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weiter fortsetzen können. Nach dem Umzug zu ihrer Mutter habe sie den Wechsel in eine wohnortnahe Filiale ihres Arbeitgebers vollzogen. Ausweislich der vorgelegten Entgeltabrechnungen (Bl. 31 - 42, 62 ff.) haben sich Einkommenseinbußen lediglich hinsichtlich der Provisionen ergeben, die die Antragstellerin nach ihrem unbestrittenen Vortrag aber nur bei überobligatorischem Einsatz hat erzielen können, wenn sie nämlich das Vierfache ihres monatlichen Bruttolohnes an monatlichen Einnahmen erzielt hat. Nur dann habe sie hierfür eine ca. 20prozentige Provision erhalten; für verkaufte Haarpflegeprodukte habe sie eine 10prozentige Provision erhalten. Sie hat dargelegt, die Provision im Jahr 2017 lediglich aufgrund ihrer erheblichen Mehrarbeit im Rahmen der 11-Stunden-Schichten erwirtschaftet zu haben, deren Leistung ihr im Jahr 2018 indes nicht mehr möglich gewesen sei, weil sie ihre Gesundheit angegriffen hätte.

Eine unterhaltsbezogene Leichtfertigkeit lässt sich hieraus nicht herleiten. Sie hat sich aus Gründen des Arbeitsweges und damit verringerten Aufwandes für den Wechsel in eine wohnortnähere Filiale entschieden, und nach der Trennung keine überobligatorischen Arbeitsleistungen mehr erbracht. Arbeitsvertraglich waren Einkommenseinbußen damit nicht verbunden, lediglich im Hinblick auf monatlich um etwa 50 € verringerte Trinkgelder. Mit der Abkehr von der auf die Dauer konkret gesundheitsbeeinträchtigenden Leistung von Überstunden hat sie weder ihre Arbeitskraft aufs Spiel gesetzt oder ist vom sozialen Standard abgewichen, noch vermag der Senat ihr Verantwortungs- oder Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Antragsgegner vorzuwerfen.

Der weitere Wechsel ihres Arbeitsplatzes mit ihrem Umzug nach Ansbach zum 1. Oktober 2019 erfüllt ebensowenig die Kriterien der Leichtfertigkeit, zumal er ausweislich des Änderungsvertrages (Bl. 400) sogar mit einer Steigerung des Bruttogrundlohnes einhergegangen ist.

Die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts zu Einbußen an Trinkgeld, die aufgrund der Freiwilligkeit der Leistung Schwankungen unterliegen, bedürfen keiner Ergänzung. Weitere Einkünfte der Antragstellerin, etwa aus privaten Friseurleistungen für Freundinnen und Bekannte, hat der hierfür darlegungsbelastete Antragsgegner nicht nachgewiesen.

Den Abzug zusätzlicher Altersvorsorge auch auf Seiten der Antragstellerin beanstandet die Beschwerde nicht; er lässt auch keine Rechtsfehler erkennen. Auch hinsichtlich des Abzugs der 5-Prozent-Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen der Antragstellerin ist die Einkommensermittlung durch das Amtsgericht nicht zu beanstanden.

Damit kann auf die Berechnung des Amtsgerichts, die keine Rechtsfehler erkennen lässt, Bezug genommen werden.

Zu einer weiteren Unterhaltsberechnung, bezogen auf den Zeitraum von Oktober 2019 bis zum Ende des Trennungsunterhaltsanspruchs mit der am 22. Februar 2020 eingetretenen Rechtskraft der Scheidung, besteht keine Veranlassung. Obwohl bei beiden Beteiligten Änderungen eingetreten sind - die Antragsgegnerin ist nach Ansbach gezogen und hat zum 1. Oktober 2019 ihren Arbeitsplatz gewechselt, wobei sich ihr Bruttolohn zunächst erhöht und zum 1. Januar 2020 wiederum etwas verringert hat (Bl. 400, 402), und der Antragsgegner geht seit November 2019 wieder seiner Tätigkeit bei D… … L… nach (Bl. 393) und bezieht wieder Lohn und nicht mehr nur Krankengeld, was sich erhöhend auf seine Einkünfte ausgewirkt haben dürfte - haben die im vom Beibringungsverfahren beherrschten Unterhaltsverfahren darlegungsbelasteten Beteiligten keine konkreten Darlegungen zu den mit den Veränderungen einhergegangenen Einkommensänderungen gemacht, so dass der Senat das bisher bezogene Einkommen beider Beteiligter fortschreibt.

Für den Monat Februar 2020 steht der Antragstellerin Unterhalt nur bis zum 21. des Monats zu. Es ist taggenau zu rechnen: 21 x 305 € / 29 = 220,86 €, rund 221 €. ..."

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Sieht der Unterhaltsberechtigte trotz besonders günstiger Einkommensverhältnisse davon ab, seinen Unterhaltsbedarf konkret darzulegen, und beschränkt er sich stattdessen darauf, diesen in Höhe des von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gebilligten höchsten Quotenbedarfs anzusetzen, so kann er nicht zugleich einen - aus Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt zusammengesetzten - Gesamtunterhaltsanspruch geltend machen, welcher jenen Quotenbedarf übersteigt. Anders kann die Lage nur sein, wenn der Altersvorsorgeunterhaltsberechtigte darlegt - und bei Bestreiten beweist -, dass ausreichend zusätzliche, nichtprägende Einkünfte vorhanden sind, aus denen der Vorsorgebedarf neben dem laufenden Unterhaltsbedarf befriedigt werden kann, ohne dass deshalb der Halbteilungsgrundsatz verletzt wird. Im Falle der gleichzeitigen Zuerkennung von Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt ist im Rahmen der Tenorierung zu beachten, dass beide lediglich unselbständige Bestandteile des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf umfassenden Unterhaltsanspruchs sind, sodass der Gesamtunterhaltsanspruch zu titulieren - und der auf den Altersvorsorgeunterhalt entfallende Anteil dennoch gesondert auszuweisen - ist (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 23.03.2021 - 6 UF 136/20).

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Der Unterhaltsverpflichtete, dessen Leistungsfähigkeit auf der Zurechnung des Wohnwertes einer selbst genutzten Immobilie beruht, kann gehalten sein, den Erlös aus dem Verkauf einer anderen Immobilie zur Renovierung der selbst genutzten Immobilie zu verwenden. Der Unterhaltsverpflichtete, dessen Leistungsfähigkeit auf der Zurechnung des Wohnwertes einer selbst genutzten Immobilie beruhte, kann gehalten sein, den Erlös aus der Veräußerung dieser Immobilie als Vermögen zur Unterhaltsleistung einzusetzen (OLG Nürnberg, Beschluss vom 16.07.2020 - 10 UF 1286/19):

„... Darüber hinaus ist dem Antragsteller weiterhin fiktiv der Wohnwert für die früher in seinem Eigentum stehende und von ihm bewohnte Immobilie zuzurechnen.

Grundsätzlich ist die Verfügung des Antragstellers über sein Eigentum, wie der hier vorliegende Verkauf der Immobilien, zu respektieren. Die Anerkennung der Konsequenzen aus einer solchen Entscheidung ist beim Unterhalt aber eingeschränkt durch die unterhaltsrechtlichen Pflichten des Veräußerers. Dabei sind insbesondere Billigkeitserwägungen, wie sie in der negativen Härteklausel des § 1579 zum Ausdruck kommen, ggf. auch dem Unterhaltspflichtigen entgegenzuhalten (Brudermüller, aaO, § 1361 Rn. 43).

Beim Wohnvorteil kommt daher auf beiden Seiten eine Zurechnung fiktiver Einkünfte dann in Betracht, wenn dem Unterhaltspflichtigem oder dem Unterhaltsberechtigtem ein verantwortungsloses oder zumindest leichtfertiges Herbeiführen seiner Leistungsunfähigkeit vorzuwerfen ist (vgl. Brudermüller in Palandt, BGB, 79. Aufl., § 1578 Rn. 6; OLG Zweibrücken FamRZ 2008, 1863 Tz. 19). Ein solches Verhalten kann z. B. im Umzug zu einem neuen Lebensgefährten liegen, der zum Verlust des bisherigen Arbeitseinkommens führt und nicht durch Gründe der persönlichen Lebensführung gerechtfertigt ist (OLG Zweibrücken, a.a.O, Tz. 18 ff.).

Zudem ergibt sich aus § 1577 Abs. 1 BGB für den unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten die Obliegenheit, vorhandenes Vermögen so ertragreich wie möglich anzulegen. Vermögenserträge, die er in zumutbarer Weise erzielen könnte, tatsächlich aber nicht erzielt, mindern als fiktives Einkommen seine Bedürftigkeit (OLG Hamm FamRZ 1999, 233 Tz. 76; BGH FamRZ 1988, 87 Tz. 19). Deshalb darf der geschiedene Ehegatte beispielsweise den Erlös aus dem Verkauf eines bisher bewohnten Familienheims nicht ohne weiteres zum Erwerb eines Eigenheims verwenden, wenn durch eine verzinsliche Anlage des Kapitals höhere Erträge zu erwirtschaften wären. Er kann gehalten sein, sein Vermögen umzuschichten (BGH FamRZ 1988, 87 Tz. 19; NJW 1992, 1044 - dort bejaht bei Rendite von 2.100 DM im Vergleich zu 350 DM). Dabei muss dem Vermögensinhaber ein gewisser Entscheidungsspielraum belassen werden. Die tatsächliche Anlage des Vermögens muss sich als eindeutig unwirtschaftlich darstellen, ehe der Unterhaltsberechtigte auf eine andere Anlageform und daraus erzielbare Beträge verwiesen werden kann (BGH NJW 2001, 2259 Tz. 27; nach BGH FamRZ 2013, 109 Tz. 31 handelt es sich um einen Fall von § 1579 Nr. 3 BGB). Diese Obliegenheit trifft spiegelbildlich auch den Unterhaltsverpflichteten (Brudermüller, a.a.O, § 1361 Rn. 43).

Dem Antragsteller verblieben vorliegend im Jahr 2019 nach Abzug des Unterhalts etwas über 700 Euro von seinen Renteneinkünften, von denen er auch die laufenden Kosten der Immobilien bestreiten musste. Nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 2018 fiel eine etwaige finanzielle Unterstützung durch diese weg. Beide Anwesen waren seit längerer Zeit nicht renoviert worden, so dass unstreitig ein Renovierungsstau von mehr als 100.000 Euro eingetreten war. Auf Grund dieser Ausgangslage kann dem Antragsteller nicht grundsätzlich vorgeworfen werden, dass er sich nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus für eine Veräußerung seines Eigentums und den Umzug zu seiner Partnerin entschied, auch wenn er andererseits die laufenden Kosten für die Häuser über mehrere Jahre hinweg trotz Unterhaltszahlung hatte tragen können und nun nach eigenen - bestrittenen - Angaben 400 Euro Mietbeteiligung an seine Partnerin zahlt.

Dennoch ist der Verkauf beider Häuser nicht als vom unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähigen Ermessensspielraum des Antragstellers gedeckt und im Rahmen des zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit wirtschaftlich Zumutbaren und Obliegenden anzusehen. Der Antragsteller hätte lediglich das elterliche Anwesen verkaufen und mit dem erzielten Erlös das von ihm bewohnte, ehemals eheliche Anwesen sanieren können. Nach seinen eigenen unbestrittenen Angaben bestand für dieses Haus ein Renovierungsstau in einer Höhe von 150.000 Euro. Der mit dem Verkauf des elterlichen Anwesens erzielte Erlös in Höhe von 215.000 Euro hätte mithin nicht nur die anfallenden Sanierungskosten abgedeckt, sondern auch ermöglicht, einen Sockelbetrag in Höhe von ca. 65.000 Euro für zukünftige laufenden Kosten bzw. den zu zahlenden nachehelichen Unterhalt zurückzubehalten. Er hätte das Gebäude dann selbst bewohnen oder zur Erzielung von Einnahmen vermieten können. Auf diese Weise wäre die Kostentragung durch den Antragsteller nachhaltig sichergestellt worden.

Der Verkauf beider Immobilien, insbesondere des ehemaligen Familienheimes, verstößt mithin offenkundig gegen die Obliegenheit des Antragstellers als Unterhaltsverpflichteten, seine vorhandenen Vermögenswerte so ertragreich wie möglich anzulegen bzw. diese zur Sicherung umzuschichten und stellt sich als unterhaltsrechtlich unwirtschaftlich dar, so dass dem Antragsteller weiterhin - fiktiv - der Wohnwert für das zuvor tatsächlich bewohnte Haus anzurechnen ist.

Gegen die fiktiv angesetzte Höhe des Wohnwerts von 6,80 Euro/qm, insgesamt 605,20 EUR werden keine Einwände erhoben.

Der Wegfall des Wohnwertes wird auch nicht durch die tatsächliche oder fiktive Verzinsung des Verkaufserlöses kompensiert, die nach Veräußerung der während der Ehe mietfrei bewohnten Immobilie an die Stelle des Wohnwertes treten (BGH NJW 2001, 2254 Tz. 38; NJW 2001, 2259 Tz. 28; FamRZ 2014, 1098).

Insoweit hat der Antragsteller durch entsprechende Bescheinigung der Deutschen Bank vom 20.05.2020 nachgewiesen, dass er derartige Zinsen aus dem Erlös des Immobilienverkaufs tatsächlich nicht erzielt. Darüber hinaus kann der Antragsteller auch nicht darauf verwiesen werden, dass er sich entsprechend erzielbare Zinsen aus dem Verkaufserlös von 565.000 € fiktiv zurechnen lassen müsste. Zwar war der Antragsteller auf den Betrag nicht unmittelbar angewiesen und hat ihn auch nicht verzinslich angelegt. Eine positiv verzinste Möglichkeit für die Anlage des Betrags zu einer Verzinsung in Höhe des bisherigen Wohnwertes ist auf Grund der derzeitigen allgemeinen Finanzmarktlage aber konkret nicht feststellbar und damit das Unterlassen dem Antragsteller unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbar.

Der Umstand, dass eine verzinsliche Anlage des Verkaufserlöses und damit die Generierung von Surrogaten, die die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten stützen, derzeit nicht möglich ist, zeigt aber noch einmal, dass dem Antragsteller vorliegend nur ein eingeschränkter Ermessensspielraum bei der Verfügung über sein unterhaltsrechtlich relevantes Eigentum offen steht. Quasi spiegelbildlich zu der vom BGH entschiedenen Ausgangslage, wonach bei einer verzinslichen Anlage von Geld eine höhere Rendite zu erzielen war als beim Erwerb von Eigentum und daher fiktive Zinseinkünfte zu berücksichtigen waren, kann der Antragsteller vorliegend nicht ohne unterhaltsrechtliche Relevanz sein Eigentum frei veräußern und den Erlös zinslos anlegen, sondern musste den Grund- und Immobilienbesitz so weit wie möglich erhalten, wenn er sich nicht entsprechende Vorteile wie den Wohnvorteil zumindest fiktiv anrechnen lassen wollte.

cc) Die Antragsgegnerin bezieht seit 01.07.2019 Einkünfte aus Rentenzahlungen in Höhe von 823,71 Euro

Das Argument des Antragstellers, dass eine Treuwidrigkeit der Unterhaltsforderung bestehe, weil die Antragsgegnerin mit der Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt die „Versorgungslücke" hätte vermeiden können, greift nicht durch. Die unterlassene Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt oder das unterlassene Schaffen von Rücklagen aus dem laufenden Unterhalt kann nach § 1579 Nr. 4 BGB grundsätzlich zum Entfallen oder zur Begrenzung des Unterhaltsanspruchs führen (vgl. BGH MDR 2020, 225; Brudermüller, a.a.O, § 1578 Rn. 74; § 1579 Rn. 23 betreffend zweckwidrige Verwendung des Vorsorgeunterhalts).

Im vorliegenden Fall muss diese Frage nicht entschieden werden, da angesichts des Einkommens des Antragstellers, der sich daraus ergebenden Höhe des Vorsorgeunterhalts sowie der bis zum Renteneintritt der Antragsgegnerin zur Verfügung stehenden Zeit keine nennenswerten Renteneinkünfte hätten aufgebaut werden können. Der Unterhalt von 531 €, der als Nettoeinkommen hochzurechnen wäre, entspricht einem Bruttoeinkommen von 600 € (Gutdeutsch, Bremer Tabelle zur Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts Stand 1.1.2019 FamRZ 2019, 275). Bei 112 € (18,6 %; vgl. BGH FamRZ 1981, 442 Tz. 22 f.) monatlicher Einzahlung hätte die Antragsgegnerin lediglich jährlich 6,14 € Rente erworben (www.test.de/Rechner-freiwillige-Rentenversicherung-Berechnen-Sie-Ihre-Rente-durch-freiwillige-Beiträge). Daher kann der Antragsgegnerin nicht vorgeworfen werden, ihre Bedürftigkeit wegen unterlassener Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt mutwillig herbeigeführt zu haben.

dd) Die Unterhaltshöhe beträgt nach 1573 Abs. 2 BGB mithin für die Zeit ab 01.07.2019 508,42 Euro (1.013,13 EUR + 222,21 EUR + 605,20 EUR + 823,71 EUR) : 2 - 823,71 EUR).

ee) Nach § 238 Abs. 3 Satz 1 FamFG war eine Abänderung des laufenden Unterhalts erst ab 01.07.2019 möglich, nachdem der Antrag vom 12.07.2019 mit Zustellung am 19.07.2019 an die Antragsgegnerin am rechtshängig wurde. Einer Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses für den Zeitraum April bis Juni 2019 steht aber das Verschlechterungsverbot (§117 Abs. 2 S. 1 FamFG, § 528 ZPO) entgegen, da insoweit nur der Antragsteller Beschwerde eingelegt hat. Der mit der Anschlussbeschwerde verfolgte Widerantrag ändert daran nichts, da er auf einen höheren Unterhalt als 531 Euro gerichtet ist.

c) Darüber hinaus besitzt die Antragsgegnerin auch ohne Berücksichtigung eines fiktiven Wohnortes einen Unterhaltsanspruch gegen den Antragsteller, weil dieser aus seinem Vermögen leistungsfähig ist und die teilweise Verwertung des Verkaufserlöses dem Antragsteller zumutbar und angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten auch billig ist (§ 1581 BGB).

Anders als bei der Bedarfsbemessung nach § 1578 Abs. 1 BGB kommt es bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten im Rahmen des § 1581 BGB nicht darauf an, welche Einkommensverhältnisse in der Ehe angelegt sind, vielmehr sind alle eheprägenden, aber auch nicht prägenden Einkünfte heranzuziehen (Brudermüller, a.a.O, § 1581 Rn. 2).

Bei der Frage, ob bzw. wie vorhandenes Vermögen einzusetzen ist, bedeutet dies, dass nicht nur Erträge aus dem Vermögen, wie beispielsweise Zinsen, anzurechnen sind, sondern ggf. auch der Vermögensstamm zur Erfüllung der Unterhaltspflichten heranzuziehen ist. Als Maßstab für einen Einsatz des Vermögensstamms gelten für den Verpflichteten nach § 1581 Satz 2 BGB dieselben Maßstäbe wie gemäß § 1577 Abs. 3 BGB für den Berechtigten. Demnach hängt die Verpflichtung zum Einsatz des Vermögensstamms insbesondere von den bestehenden Möglichkeiten ab, das Vermögen dauerhaft ertragsfähig anzulegen und daraus Erträge zu generieren. Existieren solche Möglichkeiten nicht, ist auch der Vermögensstamm als unterhaltsrechtlich relevant anzusehen und bei der Frage der Leistungsfähigkeit heranzuziehen (Brudermüller, a.a.O, § 1577 Rn. 29).

Der Antragsteller hat den Verkaufserlös der Immobilie ohne Verzinsung angelegt. Ihm ist auch auf Grund der allgemeinen Finanzmarktlage eine ertragreiche Anlage des Erlöses von mehr als 560.000 Euro nicht möglich. Dieser ist daher - neben den Renteneinkünften, die aber nur 1.235,34 Euro betragen - als im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen und ein Einsatz dem Antragsteller ohne Verlust erheblicher Erträge auch zumutbar.

In einem zweiten Schritt ist auf dieser Grundlage eine Abwägung dahingehend durchzuführen, ob eine Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zu Leistungen an den Berechtigten mit Rücksicht auf die Bedürfnisse sowie der Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der früheren Ehegatten der Billigkeit entspricht (BGH, FamRZ 1990, 260).

Dies ist der Fall. Beide früheren Ehegatten verfügen aktuell allein über Renteneinkommen in Höhe von ca. 1.000 Euro, mithin über Einkünfte, die sich auf beiden Seiten im Bereich des eigenen Selbstbehalts bewegen. Der dem Antragssteller zuzurechnende Wohnvorteil ist mit dem Verkauf der Immobilien entfallen. Die beengten tatsächlichen Einkommensverhältnisse des Verpflichteten allein lassen einen Unterhaltsanspruch der bedürftigen Antragsgegnerin daher nicht mehr zu. Gleichzeitig steht dem Unterhaltsverpflichteten aber aus den Immobilienverkäufen ein Vermögen von mehr als 560.000 Euro zur Verfügung. Dieses stammt aus dem Verkauf gerade der Immobilien, die zuvor einen unterhaltsrechtlich relevanten Wohnvorteil des Antragstellers begründeten. Es wäre unter diesen Umständen unbillig, wenn die Antragsgegnerin auf ergänzende Sozialhilfeleistungen angewiesen wäre, während der Antragsteller sein Vermögen für eigene Belange zurückhalten könnte. ..."

***

Ist der Verdienst des Unterhaltsberechtigten höher als der Durchschnittsverdienst seiner Branche und trägt er nicht ausreichend vor, ist davon auszugehen, dass er keine ehebedingten Nachteile erlitten hat (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.06.2020 - 20 UF 83/19).

***

Geltendmachung von Scheidungsunterhalt erstmals über zehn Jahre nach Rechtskraft der Scheidung (OLG Koblenz, Beschluss vom 19.02.2016 - 13 WF 22/16):

„... Unschädlich ist in diesem Zusammenhang zwar, dass die Antragstellerin erst über zehn Jahre nach der rechtskräftigen Scheidung überhaupt nachehelichen Unterhalt begehrt (vgl. BGH FamRZ 2010, 1311 Rz. 36). Jedoch ist erforderlich, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Unterhalt wegen Krankheit oder auf Aufstockungsunterhalt bereits im Zeitpunkt der Scheidung sowie auch in der Folgezeit grundsätzlich ohne zeitliche Lücke vorgelegen haben. Lediglich vorübergehende Unterbrechungen der Unterhaltskette aufgrund fehlender Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten oder mangelnder Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen stehen Unterhaltsansprüchen in der Zeit nach der Wiederherstellung von Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit nicht zwingend entgegen (vgl. BGH FamRZ 2016, 203), wobei mit Finke (vgl. FamRZ 2016, 205, 206) für diese Abgrenzung der Begriff der Nachhaltigkeit besser geeignet erscheint. ..."

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Die gerichtliche Geltendmachung von Unterhalt durch den Unterhaltsberechtigten hemmt nicht den Ablauf der Verjährung der im Zeitpunkt der Antragseinreichung bereits auf einen Träger öffentlicher Leistungen übergegangenen und nicht rückübertragenen Unterhaltsansprüche (OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.02.2020 - 4 UF 249/16):

„ ... I. Die Beteiligten streiten um nachehelichen Ehegattenunterhalt.

Ihre am XX.XX.1998 geschlossene Ehe wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Stadt1 vom 24.10.2012, rechtskräftig seit dem 4.1.2013, geschieden. Die beiden aus der Ehe hervorgegangenen, am XX.XX.2000 und am XX.XX.2004 geborenen Söhne lebten mit der inzwischen allein sorgeberechtigten Antragstellerin seit der Trennung der Eltern im Jahr 2007 in dem im Alleineigentum der Antragstellerin stehenden Haus in Stadt2, der vormaligen Ehewohnung.
Beide Kinder befanden sich im hier streitgegenständlichen Zeitraum noch in der allgemeinen Schulausbildung und besuchten eine Ganztagsschule. Im Rahmen der nach einer vorübergehenden Inobhutnahme des älteren Sohnes ab dem Jahr 2013 gewährten Hilfe zur Erziehung erhielten sie bis zum Sommer 2015 eine sozialpädagogische Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII.

Nach der Trennung zahlte der Antragsgegner, der geschäftsführender Alleingesellschafter einer im Immobiliengeschäft tätigen Kapitalgesellschaft ist, die während des Zusammenlebens noch beiden Ehegatten gemeinsam gehörte, zunächst mangels Leistungsfähigkeit keinen Ehegattenunterhalt, nahm im Jahr 2009 jedoch auch die Zahlung von Ehegattenunterhalt auf. Nach Rechtskraft der Scheidung zahlte er neben dem Kindesunterhalt bis einschließlich Juni 2013 auch nachehelichen Ehegattenunterhalt, und zwar in Höhe von insgesamt 8.966,- Euro. Zum Monat Juli 2013 stellte er die Zahlung von Ehegattenunterhalt mit der Begründung ein, er sei nicht mehr leistungsfähig. Kindesunterhalt zahlt er weiterhin.

Die Antragstellerin ist gelernte Beruf1. Nach der Geburt des ersten Kindes war sie bis 2012 nicht mehr berufstätig. Im Jahr 2012 nahm sie eine Teilzeitbeschäftigung als … Angestellte bei der dem Antragsgegner gehörenden Kapitalgesellschaft mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 500,- Euro auf, welcher sie bis einschließlich Juli 2013 nachging. Nachdem der Antragsgegner seine Unterhaltszahlungen eingestellt hatte, forderte sie ihn mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 16.7.2013 im Hinblick auf ihr möglicherweise zustehende Unterhaltsansprüche zur Auskunftserteilung über sein Einkommen auf.

Die Antragstellerin bezog für den Zeitraum vom 1.7.2013 bis zum 30.6.2016 Leistungen der Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Diese beliefen sich ausweislich der Angaben im Schriftsatz vom 4.10.2019, Bl. 907 ff. der Akte, auf insgesamt 26.072,11 Euro nach Abzug von Rückforderungen. Wegen der einzelnen im Zeitraum von Juli 2013 bis Juni 2016 bezogenen Leistungen wird auf den Schriftsatz vom 4.10.2019 samt Anlagen Bezug genommen.

Für den Monat Juli 2013 weist der Bescheid vom 22.7.2013, Bl. 921 ff. der Akte, das von der Antragsgegnerin bis einschließlich Juli 2013 aus ihrer zum 1.2.2013 aufgenommenen Teilzeitbeschäftigung erzielte Nettoerwerbseinkommen von 418,49 Euro aus. Am 5.8.2013 nahm die Antragstellerin eine Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma auf, aus welcher sie im August einen Nettolohn von 850,94 Euro bei 89,67 Arbeitsstunden, im September von 1.499,95 Euro bei 163 Arbeitsstunden, im Oktober 2013 von 1.556,70 Euro bei 183,51 Arbeitsstunden und im November von 1.091,31 Euro bei 45,19 Arbeitsstunden, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 14.11.2013 und Auszahlung des Guthabens auf dem Arbeitszeitkonto, insgesamt also einen Nettolohn von 4.998,91 Euro erzielte. Vom 16.1.2014 bis zum 31.1.2014, vom 15.3.2014 bis zum 14.3.2014 und vom 17.3. bis zum 21.3.2014 war die Antragstellerin wegen eines (…) arbeitsunfähig erkrankt, vom 8.9.2014 bis zum 30.9.2014 mit den Diagnosen (…), vom 27.10.2014 bis zum 2.11.2014 mit der Diagnose (…), vom 5.2.2015 bis zum 26.6.2015 mit den Diagnosen (…), vom 20.7.2015 bis zum 12.4.2016 mit den Diagnosen (…), vom 14.4.2016 bis zum 22.4.2016 mit der Diagnose (…) und vom 25.4.2016 bis zum 1.8.2016 mit den Diagnosen (…). Im November 2014 nahm die Antragstellerin eine Beschäftigung bei einer Y auf, die zum 15.12.2014 beendet wurde und für die sie einen Lohn von insgesamt 730,- Euro netto erhielt.

Die Antragstellerin ist seit dem XX.XX.2018 wieder verheiratet. Bis 2019 lebte sie mit beiden Kindern in dem ihr gehörenden Einfamilienhaus in Stadt2. Die Wohnfläche des frei stehenden Bungalows beläuft sich auf 123 m², die Fläche des Grundstücks auf 1.424 m². Der Wert des Grundstücks wurde vom Ortsgericht am 14.10.2009 auf 431.134,- Euro geschätzt. Auf die zur Finanzierung des Grundstückskaufs gewährten Bankdarlehen zahlte die Antragstellerin monatliche Raten von 500,- Euro und erbrachte eine jährliche Sondertilgung von 5.000,- Euro. Wegen des Zins- und des Tilgungsanteils der Raten wird auf den vorgelegten Kontoauszug vom 31.12.2013, Bl. 722 der Akte, Bezug genommen. Die jährliche Sondertilgung finanzierte die Antragstellerin aus privaten Darlehen.

Die auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergegangenen Unterhaltsansprüche für den Zeitraum vom 1.7.2013 bis zum 30.6.2016 sind von diesem durch Rückübertragungsvertrag vom 6.11.2019, Bl. 1032 f. der Akte, auf die Antragstellerin zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen worden. Auf den Inhalt des Rückübertragungsvertrags wird Bezug genommen.

Nach der Aufforderung zur Auskunftserteilung vom 16.7.2013 verfolgte die Antragstellerin den von ihr im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Unterhaltsanspruch zunächst nicht weiter und forderte den Antragsgegner mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 7.4.2015 erneut zur Auskunftserteilung über seine Einkommensverhältnisse auf.

Nachdem der Antragsgegner auch dieser Aufforderung nicht nachkam, reichte die Antragstellerin am 5.11.2015 beim Amtsgericht einen auf Auskunftserteilung, Belegvorlage, eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskunft und Zahlung noch zu beziffernden nachehelichen Ehegattenunterhalts gerichteten Stufenantrag ein, welcher dem Antragsgegner nach erfolgter Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe am 22.1.2016 zugestellt wurde.

Einen möglichen Unterhaltsanspruch stützte die Antragstellerin im ersten Rechtszug maßgeblich auf eine fortbestehende Betreuungsbedürftigkeit beider Kinder sowie auf bestehende Erkrankungen ihrerseits.

Der Antragsgegner vertrat die Auffassung, kindbezogene Belange stünden einer Vollzeitbeschäftigung der Mutter jedenfalls seit der Rechtskraft der Scheidung nicht mehr entgegen. Für einen Anspruch auf Krankenunterhalt sei der maßgebliche Einsatzzeitpunkt mangels Vorhandensein einer Erkrankung im Zeitpunkt der Scheidung nicht gewahrt. Etwaige Unterhaltsansprüche der Antragstellerin seien im Übrigen verjährt, jedenfalls aber verwirkt.

Mit dem angefochtenen, auf Grund mündlicher Verhandlung ergangenen Beschluss wies das Amtsgericht die Stufenanträge insgesamt zurück und führte zur Begründung aus, der Stufenantrag sei bereits in der Auskunftsstufe insgesamt zurückzuweisen, weil feststehe, dass die begehrte Auskunft den Unterhaltsanspruch unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen könne. Die Voraussetzungen des Bestehens des geltend gemachten Anspruchs auf Betreuungs- bzw. Krankheitsunterhalt lägen nicht vor.

Mit ihrer am 16.9.2016 beim Amtsgericht eingegangenen und innerhalb der von der damaligen Vorsitzenden des Senats verlängerten Frist zur Begründung der Beschwerde gegen den ihr am 26.8.2016 zugestellten Beschluss verfolgt die Antragstellerin ihre Stufenanträge weiter. Sie stützt die geltend gemachten Ansprüche mittlerweile auch auf einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt.

Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten.

Mit am 7.4.2017 verkündeten, rechtskräftigen Teilbeschluss, Bl. 302 ff. der Akte, ist der Antragsgegner unter Zurückweisung der weitergehenden Anträge der Antragstellerin in der Auskunfts- und der Belegstufe zur Auskunftserteilung über seine Einkommensverhältnisse der Jahre 2013 bis 2016, über sein Vermögen am 31.12.2016 sowie zur Vorlage der Einkommenssteuererklärungen und der Einkommenssteuerbescheide sowie der Jahresabschlüsse der ihm gehörenden Kapitalgesellschaft für die genannten Jahre verpflichtet worden.

Nach erfolgter Auskunftserteilung hat die Antragstellerin ihren Leistungsantrag mit Schriftsatz vom 29.1.2019, Bl. 329 ff. der Akte, beziffert. Wegen des der Bezifferung des Leistungsantrags vorausgegangenen Schriftwechsels der Beteiligten wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 18.3.2019 samt Anlagen, Bl. 657 ff. der Akte, und den Schriftsatz der Bevollmächtigten des Antragsgegners vom 5.4.2019, Bl. 690 ff. der Akte, Bezug genommen.

Der Antragsgegner erzielte aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer im Jahr 2013 ein Bruttoeinkommen (einschließlich des Sachbezugs in Form eines zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellten Dienstwagens) von 28.614,- Euro, im Jahr 2014 von 32.316,- Euro, im Jahr 2015 von 61.214,- Euro und im Jahr 2016 von 94.895,- Euro. Seine Gesellschaft erwirtschaftete im Jahr 2013 einen Überschuss von 18.760,79 Euro, im Jahr 2014 vom 212.655,52 Euro, im Jahr 2015 von 202.954,37 Euro und im Jahr 2016 von 1.756,- Euro. In den Jahren 2011 und 2012 hatte sich das Bruttoeinkommen des Antragsgegners aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer auf je 29.160,- Euro belaufen, der Gewinn seiner Gesellschaft - nach vorangegangenen Verlusten - auf 11.647,50 Euro und auf 27.751,93 Euro. Aus den vorgelegten Bilanzen ergibt sich, dass eine Ausschüttung der in den Jahren 2011 bis 2016 erzielten Gewinne nicht erfolgt ist.

Der Antragsgegner ist seit dem XX.XX.2014 wieder verheiratet. Aus der Ehe ist ein am XX.XX.2015 geborenes Kind hervorgegangen. Die Ehefrau war bis zur Geburt des Kindes in Vollzeit beschäftigt, bezog nach der Geburt des Kindes Elterngeld und arbeitet seit dem 11.4.2016 wieder in Vollzeit. Ausweislich der vorgelegten Einkommenssteuerbescheide bezog sie im Jahr 2014 ein Bruttoeinkommen von 119.566,- Euro aus nichtselbständiger Arbeit. In den Jahren 2015 und 2016 ließen sich der Antragsgegner und seine neue Ehefrau getrennt veranlagen. Zur Höhe des Einkommens seiner Ehefrau in diesen beiden Jahren hat der Antragsgegner keine Angaben gemacht.

Wegen der Höhe des dem geltend gemachten Unterhaltsanspruch von der Antragstellerin zu Grunde gelegten bedarfsprägenden Einkommens des Antragsgegners und der dabei in Ansatz gebrachten Steuern und der in Ansatz gebrachten Beiträge zur Alters- und Krankheitsvorsorge sowie des sich daraus ergebenden Kindesunterhalts wird auf den Schriftsatz vom 29.1.2019 samt Anlagen Bezug genommen. Zur Höhe des tatsächlich gezahlten Kindesunterhalts haben die Beteiligten keine Angaben gemacht.

Die Antragstellerin trägt vor, die in den Bilanzen der Gesellschaft des Antragsgegners ausgewiesenen Raumkosten seien unterhaltsrechtlich mindestens zur Hälfte als bedarfsprägendes Einkommen zu berücksichtigen, weil die Räumlichkeiten, deren Kosten in der Bilanz in Ansatz gebracht würden, vom Antragsgegner tatsächlich ausschließlich für private Zwecke genutzt würden. Den Kaltmietwert des von den Kindern und ihr bewohnten Hausgrundstücks beziffert sie mit 1.200,- Euro monatlich.

Die Antragstellerin begrenzt den geltend gemachten nachehelichen Unterhaltsanspruch in zeitlicher Hinsicht bis einschließlich Juni 2016 und der Höhe nach auf den ihr vom Antragsgegner nach der Scheidung nach ihren Angaben zugesagten und zunächst auch gezahlten monatlichen Unterhalt von 1.000,- Euro.

Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass der Antragsgegner verpflichtet wird,

‚an die Antragstellerin für die Zeit vom 1.7.2013 bis zum 30.6.2016 einen nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von € 36.000,00 zzgl. 5 Prozentpunkte über den Basiszinssatz wie folgt zu bezahlen:

- aus € 1.000,00 vom 01.07. bis 31.07.2013
- aus € 2.000,00 vom 01.08. bis 31.08.2013
- aus € 3.000,00 vom 01.09. bis 30.09.2013
- aus € 4.000,00 vom 01.10. bis 31.10.2013
- aus € 5.000,00 vom 01.11. bis 30.11.2013
- aus € 6.000,00 vom 01.12. bis 31.12.2013
- aus € 7.000,00 vom 01.01. bis 31.01.2014
- aus € 8.000,00 vom 01.02. bis 28.02.2014
- aus € 9.000,00 vom 01.03. bis 31.03.2014
- aus € 10.000,00 vom 01.04. bis 30.04.2014
- aus € 11.000,00 vom 01.05. bis 31.05.2014
- aus € 12.000,00 vom 01.06. bis 30.06.2014
- aus € 13.000,00 vom 01.07. bis 31.07.2014
- aus € 14.000,00 vom 01.08. bis 31.08.2014
- aus € 15.000,00 vom 01.09. bis 30.09.2014
- aus € 16.000,00 vom 01.10. bis 31.10.2014
- aus € 17.000,00 vom 01.11. bis 30.11.2014
- aus € 18.000,00 vom 01.12. bis 31.12.2014
- aus € 19.000,00 vom 01.01. bis 31.01.2015
- aus € 20.000,00 vom 01.02. bis 28.02.2015
- aus € 21.000,00 vom 01.03. bis 31.03.2015
- aus € 22.000,00 vom 01.04. bis 30.04.2015
- aus € 23.000,00 vom 01.05. bis 31.05.2015
- aus € 24.000,00 vom 01.06. bis 30.06.2015
- aus € 25.000,00 vom 01.07. bis 31.07.2015
- aus € 26.000,00 vom 01.08. bis 31.08.2015
- aus € 27.000,00 vom 01.09. bis 30.09.2015
- aus € 28.000,00 vom 01.10. bis 31.10.2015
- aus € 29.000,00 vom 01.11. bis 30.11.2015
- aus € 30.000,00 vom 01.12. bis 31.12.2015
- aus € 31.000,00 vom 01.01. bis 31.01.2016
- aus € 32.000,00 vom 01.02. bis 28.02.2016
- aus € 33.000,00 vom 01.03. bis 31.03.2016
- aus € 34.000,00 vom 01.04. bis 30.04.2016
- aus € 35.000,00 vom 01.05. bis 31.05.2016
- aus € 36.000,00 vom 01.06. bis 30.06.2016"

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er rügt die Zuständigkeit des Beschwerdegerichts und vertritt die Auffassung, über den erstmals bezifferten Leistungsantrag habe das Familiengericht - gegebenenfalls - nach einer Zurückverweisung zu entscheiden. In der Sache erhebt er die Einrede der Verjährung und den Einwand der Verwirkung der geltend gemachten Unterhaltsansprüche. Er trägt vor, die in den Jahresabschlüssen seiner Gesellschaft berücksichtigten Raumkosten beliefen sich auf 70 Prozent der tatsächlich angefallenen Raumkosten und berücksichtigten bereits die mit 30 Prozent der Kosten in Ansatz zu bringende Privatnutzung. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Scheidung sei die Antragstellerin nicht bedürftig und er nicht leistungsfähig gewesen. Die von ihm nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung erzielten Einkommenssteigerungen seien nicht bedarfsprägend. Es sei im Übrigen nicht ersichtlich, weshalb die Antragstellerin kein höheres als das zunächst von ihr selbst als erzielbar angegebene Einkommen von 1.720,- Euro netto erzielen könne. Außerdem habe das von ihr bewohnte Hausgrundstück mittlerweile eine erhebliche Wertsteigerung erfahren, weshalb von einem höheren als dem vom Amtsgericht in Ansatz gebrachten Mietwert ausgegangen werden müsse.

II. Die zulässige Beschwerde ist in der Sache teilweise begründet und führt insoweit zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Im Übrigen ist sie unbegründet und daher zurückzuweisen.

Die Zuständigkeit des Senats für den nach Abschluss der Auskunfts- und Belegstufe durch den Teilbeschluss vom 7.4.2017 erstmals mit Schriftsatz vom 29.1.2019 bezifferten Leistungsantrag folgt aus § 69 Abs. 1 Satz 1 FamFG, wonach das Beschwerdegericht in der Sache, also über den Gegenstand der Beschwerde, selbst zu entscheiden hat. Gegenstand der Beschwerde ist im vorliegenden Fall die Entscheidung des Familiengerichts vom 18.8.2016, mit welcher dieses die Stufenanträge der Beschwerdeführerin einschließlich ihres (noch unbezifferten) Leistungsantrags als unbegründet zurückgewiesen hat. Der Senat ist daher zur Entscheidung über die mit der Beschwerde weiter verfolgten Stufenanträge berufen.

Eine vor Erlass des Teilbeschlusses vom 7.4.2017 von keinem der Beteiligten beantragte Zurückverweisung an das Amtsgericht nach §§ 117 Abs. 2, 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO kommt zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr in Betracht, weil der Streit über die Höhe des geltend gemachten Anspruchs zur Entscheidung reif ist. Eine Zurückverweisung wäre ohnehin in das Ermessen des Senats gestellt, der im Hinblick auf die Verfahrensdauer und die mittlerweile gegebene Entscheidungsreife selbst dann keine Veranlassung für eine Zurückverweisung sähe, wenn diese zulässig wäre.

Der bezifferte Leistungsantrag ist allerdings nur teilweise begründet.

Die Antragstellerin ist in Folge der am 6.11.2019 mit dem Träger der von ihr bezogenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vereinbarten Rückübertragung als Verfahrensstandschafterin auch zur gerichtlichen Geltendmachung der vor Rechtshängigkeit nach § 33 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGB II auf den Träger übergegangenen Unterhaltsansprüche berechtigt. Die vereinbarte Rückübertragung führt dazu, dass die Antragstellerin befugt ist, die Ansprüche in eigenem Namen geltend zu machen, d.h. auch Leistung an sich zu verlangen. Soweit sie sich im Innenverhältnis mit dem Leistungsträger dazu verpflichtet hat, bis zur Höhe der rückübertragenen Ansprüche Leistung an diesen zu verlangen, berührt dies ihre im Außenverhältnis durch die Rückübertragung begründete Befugnis zur Beantragung der Zahlung an sich nicht.

Die geltend gemachten Unterhaltsansprüche sind jedoch verjährt, soweit sie vor dem 5.11.2015, dem Tag des Antragseingangs beim Amtsgericht, entstanden und gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGB II auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergegangen waren. Insoweit ist die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB gemäß § 199 Abs. 1 BGB spätestens mit Ablauf des Jahres 2018 abgelaufen.

Die gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Antragseinreichung beim Amtsgericht zurückwirkende Klageerhebung durch die Antragstellerin hat den Ablauf der Verjährung der bis zu diesem Zeitpunkt auf den Träger der Leistungen übergegangenen Ansprüche nicht gehemmt. Eine Hemmung der Verjährung durch die Erhebung einer Klage auf Leistung nach § 204 Nr. 1 BGB tritt nur durch die Klage des Berechtigten, also im Falle eines gesetzlichen Forderungsübergangs einer Klage des neuen Gläubigers (Zessionars) ein (vgl. Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 204, Rdnr. 9 unter Verweis auf BGH, VersR 65, 611). Eine Rückabtretung der Forderung an den alten Gläubiger (Zedenten) hemmt dessen Klage nur ex nunc, also ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Rückabtretung (vgl. Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearbeitung 2019, § 204, Rdnr. 10 unter Verweis auf BGH, NJW 1995, 1675). Da die Rückabtretung der übergegangenen Ansprüche auf die Antragstellerin im vorliegenden Fall erst am 6.11.2019 vereinbart wurde, konnte sie den Eintritt der Verjährung der bereits mit Ablauf der Jahre 2016 bis 2018 verjährten Unterhaltsansprüche aus den Jahren 2013 bis 2015 nicht hemmen.

Die nach § 167 ZPO auf den 5.11.2015 zurückwirkende Antragserhebung durch die Antragstellerin führte daher lediglich zur Hemmung der Verjährung der zu diesem Zeitpunkt nicht auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergegangenen Unterhaltsansprüche für den Zeitraum von Juli 2013 bis November 2015 sowie der noch nicht auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergegangenen Unterhaltsansprüche für den Zeitraum von Dezember 2015 bis Juni 2016. Deren späterer (teilweiser) Übergang auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II lässt weder die Berechtigung der Antragstellerin zu ihrer Geltendmachung noch die Hemmungswirkung ihrer Anträge entfallen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 265 Abs. 2 Satz 1, 167 ZPO; vgl. zu der sich aus § 167 ZPO ergebenden Hemmungswirkung auch für Ansprüche, deren Inhaberschaft der Antragsteller im Zeitraum zwischen der Einreichung seines Antrags und dessen alsbaldiger Zustellung verloren hat, BGH, NJW 2013, 1730, Rdnr. 26 f.).

Ausgehend von den im Schriftsatz vom 4.10.2019 genannten Beträgen und den mit dem Schriftsatz in Kopie vorgelegten Bescheiden sind die geltend gemachten Unterhaltsansprüche damit in Höhe der gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von 2.549,91 Euro im Jahr 2013, von 9.284,88 Euro im Jahr 2014 und von 8.726,40 Euro im Zeitraum von Januar bis November 2015, insgesamt also in Höhe von 20.561,19 Euro verjährt.

Die darüber hinaus geltend gemachten Unterhaltsansprüche von 3.450,09 Euro im Jahr 2013, von 2.715,12 Euro im Jahr 2014, von 3.273,60 Euro im Jahr 2015 und von 6.000,- Euro im Jahr 2016 sind hingegen nicht verjährt.

Die Verjährung der Unterhaltsansprüche war gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 14 BGB ab dem 5.11.2015 gehemmt; die Hemmung endete gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 und 3 BGB sechs Monate nach der Zustellung des Teilbeschlusses vom 7.4.2017 und damit mit Ablauf des 18.10.2017 und begann gemäß §§ 204 Abs. 2 Satz 4 BGB, 167 ZPO mit dem Eingang des Leistungsantrags beim Beschwerdegericht am 31.1.2019 erneut. Zu diesem Zeitpunkt war die dreijährige Verjährungsfrist für die 2013 entstandenen Unterhaltsansprüche 34 Monate und 16 Tage gelaufen, also selbst für die ältesten geltend gemachten Unterhaltsansprüche noch nicht abgelaufen.

Die geltend gemachten Unterhaltsansprüche sind allerdings gemäß § 1585 b Abs. 3 BGB verwirkt, soweit sie vor dem 5.11.2014 entstanden sind.

Nach § 1585 b Abs. 3 BGB kann nachehelicher Ehegattenunterhalt für eine mehr als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit nur verlangt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat. § 1585 b Abs. 3 BGB gilt auch für Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes auf einen Träger von Sozialleistungen übergegangen sind (vgl. BGH, FamRZ 2019, 112, Rdnr. 22). Eine absichtliche Entziehung setzt eine bewusste Erschwerung der Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs des Unterhaltsberechtigten voraus (vgl. BGH, FamRZ 1989, 150; FamRZ 2005, 1162; OLG Köln, FamRZ 1997, 426). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Umständen, welche auf eine absichtliche Entziehung schließen lassen, trägt der Unterhaltsberechtigte (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1585 b, Rdnr. 8 m.w.N.; Wendl/Dose/Siebert, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 6, Rdnr. 118). § 167 ZPO findet Anwendung mit der Folge, dass der für die Berechnung der Jahresfrist maßgebliche Zeitpunkt der Rechtshängigkeit bei alsbaldiger Zustellung auf den Zeitpunkt des Antragseingangs bei Gericht vorverlegt wird (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1585 b, Rdnr. 6 m.w.N.; Wendl/Dose/Siebert, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 6, Rdnr. 114 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin keine Umstände dargelegt, welche darauf schließen ließen, dass der Antragsgegner sich absichtlich seiner Unterhaltspflicht entzogen hat. Die bloße Untätigkeit des Antragsgegners nach erfolgter Inverzugsetzung durch die Stufenmahnung vom 16.7.2013 reicht für die Annahme einer bewussten Erschwerung der Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin nicht aus, weil § 1585 b Abs. 3 BGB sonst ins Leere liefe. Die Annahme einer absichtlichen Entziehung setzt daher über die bloße Inverzugsetzung hinausgehende Umstände voraus. Die geltend gemachten Unterhaltsansprüche sind daher ausgehend vom Antragseingang am 5.11.2015 und dessen alsbaldiger Zustellung am 22.1.2016 bis einschließlich November 2014 verwirkt.

Eine darüber hinausgehende Verwirkung der geltend gemachten Unterhaltsansprüche für den Zeitraum ab Dezember 2014 kann hingegen nicht angenommen werden. Das bloße Unterlassen der Fortsetzung einer begonnenen Geltendmachung von Unterhalt kann das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment nicht begründen. Vielmehr bedarf es der Darlegung weiterer Umstände, auf Grund derer der Unterhaltspflichtige berechtigterweise darauf vertrauen durfte, vom Unterhaltsberechtigten nicht mehr auf den geltend gemachten Unterhalt in Anspruch genommen zu werden (vgl. BGH, FamRZ 2018, 589; FamRZ 2018, 681). Solche Umstände sind hier weder vorgetragen noch ersichtlich. Der vorgelegte Schriftverkehr der Beteiligten im Anschluss an den Erlass des Teilbeschlusses vom 7.4.2017, in welchem die Beteiligten darüber stritten, welche Auskünfte der Antragsgegner noch erteilen bzw. welche Belege er noch vorlegen müsse, spricht sogar eindeutig gegen die Annahme eines solchen Umstandsmoments.

Für den nicht verwirkten Zeitraum von Dezember 2014 bis Juni 2016 steht der Antragstellerin in Folge der Stufenmahnung vom 16.7.2013 gemäß §§ 1585 b Abs. 2, 1613 Abs. 1 BGB ein Unterhaltsanspruch nach § 1573 Abs. 2 BGB (sogenannter Aufstockungsunterhalt) zu.

Der Antragsgegner weist zwar zutreffend darauf hin, dass Voraussetzung eines nachehelichen Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt das allenfalls durch eine vorübergehende Leistungsunfähigkeit des Unterhaltspflichtigen unterbrochene durchgängige Bestehen eines Unterhaltsanspruchs ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung ist (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1573, Rdnr. 16 unter Verweis auf BGH, FamRZ 2016, 203; FamRZ 2005, 1817). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall jedoch gegeben. Der Antragsteller hat nach Rechtskraft der Scheidung bis Juni 2013 noch Ehegattenunterhalt gezahlt. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Einstellung der Unterhaltszahlungen im Juli 2013 darauf beruhte, dass der Antragstellerin ab diesem Zeitpunkt kein Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB mehr zustand und dass die Einkommensunterschiede der Beteiligten im Jahr 2013 noch keinen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründeten, bestand ein solcher jedenfalls ab dem Jahr 2014, in welchem der Antragsteller ein Bruttoeinkommen von 32.316,- Euro erzielte und seine Gesellschaft einen Gewinn von 212.655,52 Euro erwirtschaftete. Die „Unterhaltskette" war damit allenfalls für sechs Monate unterbrochen. Da der Antragsgegner während der gesamten Zeit seiner schon während der Ehe ausgeübten Tätigkeit nachging, rechtfertigt dies sowohl die Annahme, dass die ab 2014 erzielten Einkünfte bedarfsprägend im Sinne des § 1578 Abs. 1 BGB waren (vgl. zur Berücksichtigung nachehelicher Einkommensverbesserungen Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1578, Rdnr. 20 m.w.N.), als auch die Annahme einer allenfalls vorübergehenden Unterbrechung der „Unterhaltskette".

Im Ergebnis geht der Senat unter Zugrundelegung des vom Antragsgegner im streitgegenständlichen Zeitraum von 2013 bis 2016 durchschnittlich erzielten Einkommens sogar von einem ununterbrochenen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt aus. Im Hinblick auf die starken Schwankungen der Einkünfte des Antragsgegners erachtet der Senat es als gerechtfertigt, für die Ermittlung der hier ausschließlich noch geltend gemachten Unterhaltsrückstände auf das gesamte im streitgegenständlichen Zeitraum erzielte Einkommen abzustellen, weil es lebensfremd erscheint, dass die Beteiligten ihren Bedarf jährlich den jeweiligen Einkommensschwankungen angepasst hätten (vgl. insoweit auch BGH, FamRZ 2007, 1532, Rdnr. 23). Soweit der Antragsgegner darauf hinweist, dass die Antragstellerin keine Angaben zur Höhe seines in der zweiten Hälfte des Jahres 2013 und in der ersten Hälfte des Jahres 2016 erzielten Einkommens gemacht hat, ist dies unerheblich, weil der Antragsgegner selbst nicht vorträgt, in diesen beiden Zeitabschnitten weniger als im Durchschnitt des jeweiligen Jahres verdient zu haben.

Bringt man das in den Jahren 2013 bis 2016 vom Antragsgegner erzielte Bruttoeinkommen aus seiner Geschäftsführertätigkeit, das den geldwerten Vorteil aus der Nutzung eines Firmenwagens enthält, und den im genannten Zeitraum von seiner GmbH erzielten Gewinn in voller Höhe als bedarfsprägendes Einkommen in Ansatz und zieht davon die von der Antragstellerin in Ansatz gebrachten Steuern, welche sogar die für Körperschaftssteuer, Kapitalertragssteuer (zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) und Einkommenssteuer (zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) geltenden Höchstsätze überschreiten, und die von der Antragstellerin in Ansatz gebrachten Alters- und Krankenvorsorgeaufwendungen ab, welche die vom Antragsgegner selbst bezifferten Aufwendungen übersteigen, verbleibt auch unter Außerachtlassung des von der Antragstellerin in Ansatz gebrachten Zuschlags für eine behauptete fehlerhafte Verbuchung privater Raumkosten ein durchschnittliches bereinigtes Nettoeinkommen von über 6.400,- Euro vor Abzug des Kindesunterhalts.

Selbst wenn man den Kindesunterhalt für die beiden ehelichen Kinder mit dem sich aus der Düsseldorfer Tabelle ergebenden Höchstsatz in Ansatz bringt, stand dem Antragsgegner damit im streitgegenständlichen Zeitraum auch nach Abzug des Kindesunterhalts ein bedarfsprägendes bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von mindestens 5.200,- Euro zur Verfügung.

Die Antragstellerin hat das von ihr erzielbare gesetzliche Nettoeinkommen - ausgehend von der Hochrechnung ihres bis Juni 2013 erzielten Einkommens auf eine Vollzeitstelle zunächst mit 1.720,- Euro monatlich vor Abzug berufsbedingter Aufwendungen angegeben. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat sie zu den tatsächlich erzielten Einkünften vorgetragen und eine zumindest phasenweise krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit sowie eine fortbestehende Betreuungsbedürftigkeit der beiden bei ihr lebenden Kinder geltend gemacht.

Da vor dem Hintergrund der durch eine lange Unterbrechung wegen der Kinderbetreuung und eine anschließende Teilzeitbeschäftigung in der Firma des geschiedenen Ehemanns gekennzeichneten Erwerbsbiografie keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich sind, dass die Antragsgegnerin mit einer Vollzeitbeschäftigung ein höheres als das mit der Vollzeitbeschäftigung im Herbst 2013 erzielte Einkommen hätte erzielen können, ist dieses den erzielbaren Einkünften zu Grunde zu legen. Ausgehend von einer Obliegenheit zur Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit mit 40 Wochenstunden, wie sie die Antragsgegnerin im Oktober und der ersten Hälfte des November 2013 ausübte, beläuft sich das erzielbare gesetzliche Nettoeinkommen auf rund 1.550,- monatlich. Nach Abzug einer fünfprozentigen Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen verbleibt ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.472,50 Euro.

Ein fiktives Einkommen In dieser Höhe ist der Antragstellerin für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum anzurechnen. Der Aufnahme einer Vollzeittätigkeit entgegenstehende kind- oder elternbezogene Belange im Sinne des § 1570 Abs. 1 und 2 BGB sind weder dargelegt noch ersichtlich. Die Antragstellerin nahm unmittelbar nach Einstellung der Unterhaltsleistungen des Antragsgegners eine Vollzeitbeschäftigung auf, die sie nach eigenem Vortrag nicht wegen der Betreuungsbedürftigkeit der beiden Kinder, sondern in Folge einer arbeitgeberseitigen Kündigung beendete.

Dass sie nach der Kündigung keine realistische anderweitige Beschäftigungschance hatte, hat sie nicht hinreichend dargelegt. Sie hat weder ausreichende Bewerbungsbemühungen vorgetragen noch eine mehr als vorübergehende krankheitsbedingte Einschränkung ihrer Erwerbsunfähigkeit. Die phasenweisen Krankschreibungen durch ihren Hausarzt reichen für die Annahme einer Erwerbsunfähigkeit nicht aus, zumal weder die Antragstellerin noch das Jobcenter auf einen Wechsel der Antragstellerin in den Grundsicherungsbezug für nicht Erwerbsfähige hingewirkt haben. Auf die Frage, ob eine Erkrankung bereits in dem für die Geltendmachung von Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB maßgeblichen Einsatzzeitpunkt vorlag, kommt es daher nicht an.

Dem erzielbaren Erwerbseinkommen ist der aus der Nutzung des eigenen Heims resultierende Wohnvorteil hinzuzurechnen (vgl. Ziffer 5 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1.1.2020, veröffentlicht unter www.hefam.de). Insoweit hat der Antragsgegner zu Recht darauf hingewiesen, dass das Hausgrundstück seit 2009 als Folge der allgemeinen Preisentwicklung am Immobilienmarkt eine erhebliche Wertsteigerung erfahren hat, die im Zusammenspiel mit der Entwicklung der Wohnungsmieten im X-Gebiet auch für den streitgegenständlichen Zeitraum den Ansatz einer höheren als der von der Antragstellerin veranschlagten Miete rechtfertigt. Der Ansatz eines Mietwerts von 1.500,- Euro monatlich erscheint hier - auch in Anbetracht der Größe des Grundstücks - realistisch.

Der Mietwert ist um die anfallenden Finanzierungslasten zu bereinigen, zu denen nach Auffassung des Senats nicht nur die Zins-, sondern auch die Tilgungsleistungen rechnen. Zwar führen diese zu einer Vermögensbildung auf Seiten der Antragstellerin. Sie dienen jedoch der Finanzierung des anzurechnenden Wohnvorteils, den es ohne die Tilgungsleistungen nicht gäbe. Im Übrigen stünden die aus der Finanzierung des Erwerbs der vormaligen Ehewohnung herrührenden Tilgungsleistungen auch im Falle einer fortgesetzten Bedarfsgemeinschaft der Beteiligten nicht für den Lebensunterhalt zur Verfügung, würden also ihren Bedarf prägen. Der Senat rückt vor diesem Hintergrund von seiner bisherigen Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Tilgungsleistungen beim Wohnvorteil ab und folgt der zum Elternunterhalt entwickelten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, deren Ausweitung auf den Ehegattenunterhalt der Bundesgerichtshof bereits angedeutet hat (vgl. BGH, FamRZ 2018, 1506, Rdnr. 31 unter Verweis auf seine zum Elternunterhalt ergangene Entscheidung FamRZ 2017, 519; OLG Frankfurt am Main, FamRZ 2019, 1611, Rdnr. 66; für den Abzug beim Kindesunterhalt OLG Frankfurt am Main, NZFam 2019, 1054).

Ausgehend von einem Mietwert von 1.500,- Euro verbleibt nach Abzug der durchschnittlichen Zins- und Tilgungsleistungen von 916,67 Euro ein monatlicher Wohnvorteil von 583,33 Euro.

Das bedarfsprägende erzielbare Einkommen der Antragstellerin belief sich im streitgegenständlichen Zeitraum damit auf 2.055,83 Euro.

Daraus folgt im Falle einer quotalen Berechnung des Unterhaltsanspruchs mittels einer Halbteilung des von beiden Beteiligten erzielten bzw. erzielbaren bedarfsprägenden Einkommens unter Berücksichtigung eines Erwerbsanreizes von einem Siebtel des bedarfsprägenden Erwerbseinkommens ein ungedeckter Bedarf der Antragstellerin von (5200 x 6/7 - 1472,50 x 6/7 - 583,33) : 2 = gerundet 1.306,- Euro.

Der Antragsgegner ist auch unter Berücksichtigung seiner ab Dezember 2014 einsetzenden Unterhaltspflicht gegenüber seiner neuen Ehefrau und seiner ab April 2015 einsetzenden Unterhaltspflicht gegenüber dem aus seiner neuen Ehe hervorgegangenen Kind jedenfalls in Höhe des geltend gemachten Unterhalts von 1.000,- Euro monatlich leistungsfähig im Sinne des § 1581 BGB. Selbst wenn man den Barbedarf des neu geborenen Kindes mit dem Höchstsatz der Düsseldorfer Tabelle in Ansatz bringt und davon ausgeht, dass dieser allein aus dem Einkommen des Antragsgegners bestritten wird, verbleibt dem Antragsgegner nach Abzug des geforderten Unterhalts ein höherer Betrag als der Antragstellerin. Der Halbteilungsgrundsatz ist damit nicht verletzt.

Eine aus der Unterhaltspflicht gegenüber der neuen Ehefrau resultierende Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes hat der Antragsteller nicht dargelegt. Zur Höhe des von der neuen Ehefrau in den Jahren 2015 und 2016 erzielten Einkommens hat er keine Angaben gemacht. Auch für den Monat Dezember 2014 ist eine mit der neuen Ehe einhergehende Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners nicht dargelegt. Bei einem von der neuen Ehefrau im Jahr 2014 erzielten Bruttoeinkommen von 119.566,- Euro war deren sich aus einer Dreiteilung des Einkommens der beiden Beteiligten und der neuen Ehefrau ergebender Bedarf (vgl. insoweit BGH, FamRZ 2012, 288) offensichtlich durch ihr eigenes Einkommen und den bei der Bedarfsberechnung der Antragstellerin nicht berücksichtigten steuerlichen Splittingvorteil gedeckt.

Dennoch kann nicht von einem ungedeckten Bedarf der Antragstellerin in Höhe des von ihr geltend gemachten Betrags von 1.000,- Euro monatlich ausgegangen werden.

Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall noch die in den Unterhaltsgrundsätzen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main für die Jahre 2013 bis 2016 enthaltene relative Sättigungsgrenze von 2.500,- Euro Anwendung findet, oberhalb derer ein Bedarf vom Unterhaltsberechtigten konkret, also nicht als Quote des verfügbaren Einkommens darzulegen und zu beweisen ist, oder ob auch für die Vergangenheit von einer tatsächlichen Vermutung des vollständigen Verbrauchs des verfügbaren Einkommens bis zum Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommenshöchstbetrags auszugehen ist mit der Folge, dass der Unterhaltspflichtige darlegen und beweisen muss, dass die Beteiligten das verfügbare Einkommen nicht in vollem Umfang zur Bedarfsdeckung eingesetzt haben bzw. eingesetzt hätten (vgl. zur Problematik BGH, FamRZ 2018, 260; FamRZ 2020, 21, und Ziffer 15.3 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1.1.2020). Auf Grund des fest stehenden Sachverhalts gelangt man nämlich in beiden Fällen zum gleichen Ergebnis.

Bis zur Einstellung der Unterhaltsleistungen des Antragsgegners im Juli 2013 stand der Antragstellerin zur Bedarfsdeckung ein monatlicher Betrag in Höhe des Wohnvorteils von 583,33 Euro, des Erwerbseinkommens von 397,56 Euro (nach Abzug einer Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen) und des vom Antragsgegner im ersten Halbjahr gezahlten Unterhalts von durchschnittlich 1.494,33 Euro zur Verfügung.

Gegen eine Deckelung des eheprägenden Bedarfs auf den sich daraus ergebenden Betrag bestehen bereits deshalb Bedenken, weil die Antragstellerin anschließend Einkommen erzielt hat bzw. ihr Einkommen angerechnet wird, welches an die Stelle der bis einschließlich Juni 2013 geleisteten Kinderbetreuung getreten ist. Dieses wirkt sich im Falle einer quotalen Bedarfsermittlung nach der oben angewandten Differenzmethode bedarfserhöhend aus (vgl. BGH, FamRZ 2001, 1687). Führt das als Surrogat der Kinderbetreuung erzielte Einkommen hingegen zu einem Überschreiten der relativen Sättigungsgrenze der Ziffer 15.3 der Unterhaltsgrundsätze, soll es sich nicht bedarfserhöhend auswirken und - im Ergebnis - nach der Anrechnungsmethode auf den durch die Sättigungsgrenze bzw. durch das vor der Aufnahme der Erwerbstätigkeit vorhandene Einkommen gedeckelten Bedarf anzurechnen sein. Diese Vorgehensweise begegnet jedenfalls bei einer Sättigungsgrenze von 2.500,- Euro, welche im streitgegenständlichen Zeitraum einem Einkommen nach der vierten von zehn Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle entsprach, erheblichen Bedenken. Vielmehr spricht nach Auffassung des Senats eine tatsächliche Vermutung dafür, dass zusätzliches, an Stelle der bisher geleisteten Kinderbetreuung erzieltes Einkommen, von den Ehegatten im Falle einer Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht in voller Höhe angespart, sondern auch dann zumindest teilweise zur Deckung eines durch das zusätzliche Einkommen gestiegenen Lebensbedarfs verwendet worden wäre, wenn dieser den Betrag von 2.500,- Euro monatlich überstiegen hätte.

Einer vollen Berücksichtigung des zusätzlichen Einkommens als bedarfserhöhend steht im vorliegenden Fall allerdings die vom Antragsgegner sowohl im streitgegenständlichen Zeitraum als auch vor Eintritt der Rechtskraft der Ehescheidung und vor Beginn der Erwerbstätigkeit der Antragstellerin unstreitig betriebene Vermögensbildung entgegen. Der Antragsgegner ließ sich die von seiner Gesellschaft in den Jahren 2011 bis 2016 erzielten Gewinne nicht ausschütten; sie standen tatsächlich nicht zur Deckung seines Lebensbedarfs und des Lebensbedarfs der Antragstellerin zur Verfügung. Wenn die Beteiligten ihr Einkommen aber bereits vor der Erzielung zusätzlichen Einkommens durch die Antragstellerin nicht in voller Höhe zur Bedarfsdeckung einsetzten, ist eine dahingehende tatsächliche Vermutung, dass das zusätzliche Einkommen in voller Höhe verbraucht worden wäre, widerlegt.

Allerdings bleibt unklar, aus welchen Mitteln der Antragsgegner den bis Juni 2013 gezahlten Unterhalt bestritten hat. Die Höhe der Unterhaltszahlungen und des von seiner neuen Ehefrau im Jahr 2014 erzielten Einkommens lassen vermuten, dass ihm neben seinem Geschäftsführereinkommen noch weitere Mittel zur Deckung seines Bedarfs zur Verfügung standen.

Der Senat erachtet es vor diesem Hintergrund als gerechtfertigt, die von der Antragstellerin ab Juli 2013 zusätzlich erzielten bzw. erzielbaren Erwerbseinkünfte von bereinigt rund 1.075,- Euro netto monatlich (1.472,50 Euro statt 397,56 Euro) in Höhe eines Betrags von 500,- Euro, also etwa in Höhe der Hälfte des zusätzlich erzielten Einkommens als bedarfserhöhend zu berücksichtigen und sie im Übrigen auf den sich daraus ergebenden konkreten Bedarf anzurechnen, woraus sich bei einem bis Juni 2013 zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehenden Betrag von 2.475,22 Euro ab Juli 2013 ein (konkreter) Bedarf von gerundet 2.975,- Euro ergibt. Daraus folgt bei einem anzurechnenden Einkommen von 1.472,50 Euro aus fiktiver Erwerbstätigkeit und von 583,33 Euro aus dem Wohnvorteil ein ungedeckter Bedarf und damit ein Unterhaltsanspruch von gerundet 920,- Euro.

Eine weitergehende als die von der Antragstellerin selbst vorgenommene zeitliche Befristung ihres Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 2 BGB ist nicht geboten. Eine für den Antragsgegner mit einer insgesamt dreieinhalb-jährigen vollen Unterhaltspflicht verbundene Unbilligkeit ist weder dargelegt noch - in Anbetracht der Dauer der Ehe und der Aufgabenverteilung während der Ehe - ersichtlich.

Unter Berücksichtigung der teilweise eingetretenen Verjährung und der für den Zeitraum bis einschließlich November 2014 anzunehmenden vollständigen Verwirkung errechnen sich die Unterhaltsrückstände wie folgt:

Für den Zeitraum von Dezember 2015 bis Juni 2016 belaufen sich die Unterhaltsrückstände auf 7 x 920 = 6.440,- Euro. Davon entfallen 5.510,92 Euro auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II und 929,08 Euro auf die Antragstellerin.

Die Unterhaltsrückstände von 12 x 920 = 11.040,- Euro für den Zeitraum von Dezember 2014 bis November 2015 sind in Höhe der auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergegangenen Ansprüche von 9.500,14 Euro verjährt. Es verbleibt ein an die Antragstellerin zu zahlender rückständiger Unterhalt von 1.539,86 Euro.

Insgesamt belaufen sich die Unterhaltsrückstände damit auf den im Tenor genannten Betrag von 7.979,86 Euro.

Der nur für den Zeitraum bis einschließlich Juni 2016 geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus §§ 1612 Abs. 3 Satz 1, 1613 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1, 291 BGB. Die Berechnung der zu verzinsenden Beträge ergibt sich für den Zeitraum bis einschließlich November 2015 aus der Differenz zwischen dem monatlichen Unterhaltsanspruch von 920,- Euro und den für den jeweiligen Monat gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, wie sie sich aus dem Schriftsatz vom 4.10.2019 ergeben. Durch die Stufenmahnung vom 16.7.2013 hat die Antragstellerin den Antragsgegner - auch für die Zukunft - wirksam in Verzug gesetzt (vgl. BGH, FamRZ 1990, 283). Ausgehend von einer Fälligkeit des geschuldeten Unterhalts zum jeweiligen Monatsersten (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1585, Rdnr. 1 m.w.N.) geriet der Antragsgegner damit jeweils am Zweiten eines jeden Monats mit der Unterhaltszahlung in Verzug, weshalb eine Verzinsung bis zur Rechtshängigkeit jeweils ab dem Zweiten eines jeden Monats anzuordnen ist. Ab der Rechtshängigkeit besteht der Zinsanspruch gemäß § 191 BGB ab der jeweiligen Fälligkeit und somit bereits am dem Ersten eines jeden Monats.

Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit der Entscheidung nach § 116 Abs. 3 Satz 2 und 3 FamFG ist nicht angezeigt, weil Gegenstand der Entscheidung lediglich Unterhalt für einen weit zurückliegenden Zeitraum in der Vergangenheit ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 243 FamFG, welcher in Unterhaltssachen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kostenverteilung verdrängt. Im Hinblick auf die nach § 243 Satz 2 Nr. 2 FamFG in die Ermessensabwägung einzubeziehende Verweigerung der Auskunftserteilung durch den Antragsgegner vor Beginn des vorliegenden Verfahrens und den nach § 243 Satz 2 Nr. 1 FamFG zu berücksichtigenden Grad des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten entspricht eine Aufhebung der Kosten für beide Rechtszüge billigem Ermessen.

Die Rechtsbeschwerde ist wegen der aufgeworfenen grundsätzlichen Rechtsfragen zuzulassen (§ 70 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG). ..."

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Bei bereinigten Gesamteinkünften der Eheleute von 8.839,00 € monatlich errechnet sich der Unterhaltsanspruch nach dem Halbteilungsbedarf. Eine konkrete Bedarfsermittlung ist nicht erforderlich. Das Vorhandensein erheblicher Barmittel begründet auch in Zeiten geringer Kapitalerträge keine Obliegenheit zum Immobilienerwerb zum Zwecke der Steigerung der Rendite (OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.09.2015 - 11 UF 100/15):

„... Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Bezahlung von Trennungsunterhalt gemäß § 1361 BGB, da sie mit ihren Einkünften aus einer vollschichtigen Tätigkeit als … und den Zinserträgen aus ihrem Vermögen nicht in der Lage ist, den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt selbst zu bestreiten.

Die ehelichen Lebensverhältnisse waren auf Seiten der Antragstellerin geprägt durch ein teilschichtiges Einkommen als … (Deputat von 20 Stunden, entsprechend 71,4 % einer vollschichtigen Tätigkeit) und einer Nebentätigkeit beim … im Umfang von 4-5 Stunden pro Woche, wobei der Antragsteller in seinem Beschwerdevorbringen die Gesamteinkünfte auf 1.503,23 € beziffert.

Soweit das Familiengericht die Antragstellerin nunmehr ihrer Obliegenheit gemäß mit einem Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit fingiert (3.225,09 € ./. Krankenversicherung 333,24 €) erweist sich diese - fiktive - Ausweitung der Erwerbstätigkeit entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht lediglich als bedarfsdeckend, sondern unter dem Gesichtspunkt des Surrogats für frühere Familienarbeit als eheprägend und damit in die Bedarfsbemessung einzubeziehend (ständige und nicht mehr bestrittene Rechtsprechung des BGH und aller Obergerichte seit BGH FamRZ 2001, 986).

Zu Recht hat das Familiengericht vom Einkommen der Antragstellerin einen Betrag in Höhe von 4 % des Bruttoeinkommens, insgesamt also 175,83 € monatlich als zusätzliche Altersvorsorge in Abzug gebracht. Die Antragstellerin hat dargelegt und nachgewiesen, dass sie 132 € monatlich auf einen Bausparvertrag und 400 € monatlich auf ein Sparbuch einbezahlt. Sowohl das Ansparen eines Bausparvertrages (BGH FamRZ 2009, 1207) als auch der Aufbau von Sparvermögen und ähnlichen Kapitaleinlagen (BGH FamRZ 2006, 1511; 2015, 1172) stellen berücksichtigungsfähige Aufwendungen für eine zusätzliche Altersversorgung dar.

Den Kindesunterhalt hat das Familiengericht bei der Antragstellerin zu Recht mit 216 € monatlich, und nicht, wie vom Antragsgegner gerügt, lediglich mit 215 € monatlich eingestellt, da die Antragstellerin unstreitig monatlich 400 € Kindesunterhalt bezahlt und hiervon lediglich das staatliche Kindergeld nicht aus ihrem Einkommen aufzubringen ist. Dieses ist jedenfalls bis Ende 2015 gemäß Art. 8 Abs. 3 des Gesetzes zur Erhöhung des Grundfreibetrages, des Kinderfreibetrages, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags unterhaltsrechtlich weiterhin mit dem bis Ende 2014 gültigen Betrags von 184 € zu berücksichtigen.

Die Zinserträge stellt der Senat in Übereinstimmung mit dem Familiengericht in der Höhe ein, wie Kapitalerträge nach den vorgelegten Bescheinigungen tatsächlich angefallen sind. Ein Nettoertrag von 4 %, wie vom Beschwerdeführer in Erwägung gezogen, ist aktuell nicht zu erzielen. Insbesondere begründet das Vorhandensein von liquiden Geldmitteln keine Obliegenheit, zur Steigerung der Rendite daraus Immobilien zu erwerben, da angesichts des derzeit äußerst hohen Preisniveaus auf dem Immobilienmarkt sich dies alsbald als Fehlentscheidung erweisen könnte und sich eine solche Vermögensumschichtung daher als spekulativ darstellt.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Familiengericht auch auf Seiten des Antragsgegners diejenigen Einkünfte als eheprägend angesehen, welche er aus den von ihm versteuerten Gewinnen der von ihm betriebenen Firmen erzielt hat.

Der Antragsgegner ist selbstständig tätig, weshalb bei ihm zum Zwecke der Feststellung der unterhaltsrechtlich relevanten Einkünfte der aus der geschäftlichen Tätigkeit erzielte Gewinn im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu ermitteln ist. Dieser lässt sich aus letzten vorliegenden Jahresabschlüssen bzw. Steuerbescheiden ersehen, welche die Antragstellerin vom Antragsgegner erhalten und in das Unterhaltsverfahren eingeführt hat. Sie betreffen die Geschäftsjahre 2009 - 2011 und weisen einen stetig ansteigenden steuerlichen Gewinn aus, nämlich im Jahr 2009 165.867 €, im Jahr 2010 205.372 € und im Jahr 2011 336.516 €, wozu im letzten Jahr das Familiengericht eine Rückstellung in Höhe von 49.352 € gewinnerhöhend hinzugerechnet hat, was vom Antragsgegner unsubstantiiert beanstandet wird.

Rückstellungen können gemäß § 249 Abs. 1 HGB gebildet werden für ungewisse Verbindlichkeiten, drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden, sowie für Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden. Dies bedeutet, dass Rückstellungen nicht für Schadensausgleich oder gar allgemeines Unternehmerwagnis oder für künftige Ausgaben gebildet werden dürfen (Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Kuckenberg/Perleberg-Kölbel, 10. Aufl. 2015, Kap. 13 Rn. 79). In dieser Weise sind die Rückstellungen im Jahresabschluss vom 30.06.2011 auch gekennzeichnet nämlich dass sie beinhalten Garantien, restlicher noch nicht abgegoltener Urlaubsanspruch von Mitarbeitern und Kosten der Aufbewahrung. Die Rechtfertigung der Rückstellung, welche im Jahr 2011 angefallene Posten betrifft, hätten zum Zwecke der unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung konkret nachgewiesenen müssen und auch können, nachdem der Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz mehr als drei Jahre nach dem betroffenen Veranlagungsjahr liegt. Da der Antragsgegner keine entsprechenden Aufwendungen dargestellt hat, ist unterhaltsrechtlich davon auszugehen, dass solche auch in nennenswerter Höhe nicht entstanden sind, soweit sie aus dem Jahr 2011 resultieren, so dass die Rückstellung gewinnerhöhend zu berücksichtigen ist (Wendl/Spieker, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 9. Aufl. 2015, § 1 Rn. 388 ff.). Dies gilt umso mehr, als das Familiengericht dem Antragsgegner im Veranlagungsjahr 2011 zugestanden hat, einen Gewinnanteil von 85.448,70 € als Zuführung zum Firmenvermögen von der Unterhaltsberechnung auszunehmen.

Mit der Darstellung des vom Antragsgegner erzielten Einkommens ist die Antragstellerin im Bereich des Quotenunterhalts (dazu unten) ihrer Darlegungspflicht hinsichtlich des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens des Antragsgegners nachgekommen.

Der Antragsgegner konnte nicht darlegen, dass dieses Einkommen wegen anerkennenswerter anderweitiger Bestimmung dem Lebensunterhalt nicht zur Verfügung stehen sollte und soll.

Nachdem der Antragsgegner für seine Tätigkeiten für die … und die … während der Zeit des Zusammenlebens kein Gehalt bezog, die Jahresabschlüsse auch keine gesonderten Positionen für Privatentnahmen erhalten, der Antragsgegner vielmehr den gesamten erzielten Gewinn privat versteuert, ist ihm dieser grundsätzlich auch in voller Höhe als Einkommen zuzurechnen.

Soweit er, ohne dass dies aus irgendwelchen Unterlagen konkret ersichtlich gemacht wurde, behauptet, dass er die Gewinne bis auf einen geringen Anteil nicht zum Lebensunterhalt verbraucht, sondern in der Firma gelassen habe, handelt es sich unterhaltsrechtlich um Vermögensbildung, welche die Antragstellerin nach Trennung der Beteiligten grundsätzlich nicht gegen sich gelten lassen muss. Im Falle der Thesaurierung von Einkünften - wie vorliegend - gilt dies lediglich dann ausnahmsweise nicht, wenn das dadurch gebildete Vermögen einem Ausgleich im Zugewinnausgleich unterliegen würde, da dies einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot darstellen würde (BGH FamRZ 2007, 1532). Da die Beteiligten durch ehevertragliche Regelung sowohl den Wert der Firma als auch das Kapitalvermögen auf Konten, welche allein auf den Antragsgegner lauten, dem Zugewinnausgleich entzogen haben, ist eine doppelte Berücksichtigung der angesparten Vermögenswerte ausgeschlossen, so dass eine Einbeziehung in den Trennungsunterhalt regelgerecht zu erfolgen hat.

Da der Unterhalt der Vermögensbildung vorgeht, muss sich der Unterhaltsberechtigte nach Trennung über einen reduzierten Unterhalt nicht mehr an der Vermögensbildung des Unterhaltspflichtigen beteiligen, wobei es noch nicht einmal darauf ankommt, ob die durch die Erzielung des Einkommens vorhandenen Mittel während der Ehe zur Lebensführung zur Verfügung gestanden haben oder nicht (Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Gerhardt, 10 . Aufl. 2015, Kap. 6 Rn. 227). Auch wenn der Antragsgegner zutreffend darauf hinweist, dass die Unterhaltsberechnung getrennt lebender Eheleute grundsätzlich die tatsächlich in der Ehe gelebten Verhältnisse abbilden und kein neuer status quo geschaffen werden soll, so ist anhand der vorhandenen Einkünfte mangels anderweitiger Darlegung gleichwohl ein objektivierter Maßstab für die gerichtliche Feststellung des ehelichen Lebensbedarfs iSd § 1361 BGB anzulegen (Palandt/Brudermüller, BGB, 74. Aufl. 2015, § 1361 Rn. 11 mit Verweis auf § 1578 Rn 36).

Die Angaben des Antragsgegners, wonach während der Ehe Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit jeweils nur 2.656 € monatlich zur Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung standen, werden durch die vorliegenden Unterlagen nicht bestätigt. Der Antragsgegner trägt vor, er sei Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und beziehe ein monatliches Nettogehalt von 2.656,07 €. Zum Nachweis legt er Überweisungsgutschriften vom Geschäftskonto auf sein Privatkonto für die Zeit ab Januar 2012, somit ab einem Jahr nach der Trennung der Beteiligten, vor. Dies belegt lediglich, dass er nach der Trennung eine abhängige Tätigkeit aufgenommen hat und seitdem Einkünfte als Geschäftsführer einer GmbH bezieht.

Die vorliegenden Steuerbescheide für die Jahre 2009 - 2011 belegen dagegen, dass dies während der Ehe der Beteiligten nicht der Fall war. Sämtliche Steuerbescheide weisen keine Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit aus, vielmehr versteuerte der Antragsgegner ausschließlich seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie die Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit, welche die Antragstellerin als Lehrerin erzielte. Nachdem der Antragsgegner, aus welchen Gründen auch immer, seinen Bezug von Einkünften aus seinen Firmen gegenüber dem während der Ehe gefahrenen Geschäftsmodell abgeändert hat, lassen sich aus der jetzigen Handhabung keine Rückschlüsse auf die frühere Gestaltung ziehen, weshalb insoweit auch die zum Beweis angebotene Vernehmung des Steuerberaters nicht zielführend ist, da sich diese auf das seit 2012 angewandte Verfahren bezieht.

Soweit der Antragsgegner darauf hinweist, dass der 16. Senat des OLG Stuttgart (OLG Stuttgart FamRZ 2013, 1988) entschieden habe, dass bei überdurchschnittlichen Einkünften in der Regel nicht das gesamte Einkommen für den Lebensunterhalt verbraucht, sondern zu einem bestimmten Anteil für die Vermögensbildung verwendet wird, hat das Familiengericht diesem Umstand bereits dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass es einen Anteil in Höhe von 24 % des zu versteuernden Einkommens (was in etwa 42 % des Nettoeinkommens ausmacht) als Zuführung zum Vermögen anerkannt hat. Zwar hat das Familiengericht diesen Anteil als zulässige Altersvorsorge bezeichnet, woran gewisse Zweifel bestehen, nachdem der Antragsgegner selbst vorgetragen hat, dass die von ihm betriebenen Firmen keinen Marktwert aufweisen, da sie stark inhaberbezogen ausgerichtet seien.

Somit verbleibt es bei dem vom Familiengericht als unterhaltsrechtlich relevant ermittelten Durchschnittseinkommen des Antragsgegners in Höhe von monatlich 6.468,19 €.

Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass infolge Änderung der Düsseldorfer Tabelle zum 01.08.2015 Kindesunterhalt von ihm geschuldet ist in Höhe von monatlich 867 € anstelle der bisherigen Zahlung von 800 €, welche das Familiengericht in seine Rechnung einkommensmindernd eingestellt hat. Dies führt jedoch nicht zu einer Reduzierung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens, da das Familiengericht in der angefochtenen Entscheidung regelwidrig den Erwerbstätigenbonus von 10 % vor Abzug des Kindesunterhalts berechnet hat. Der Bonusabzug erfolgte deshalb in Höhe von 646,81 €, obwohl vom Nettoeinkommen des Antragsgegners zunächst noch der Kindesunterhalt von 800 € in Abzug zu bringen gewesen wäre und sich der Bonus sodann nur noch in Höhe von 566,81 € einkommensmindernd ausgewirkt hätte. Dies sind 80 € weniger, als es nach der Berechnung des Familiengerichts der Fall ist. Nachdem der Kindesunterhalt lediglich um 67 € angestiegen ist, muss er auch nach Erhöhung des Kindesunterhalts noch aus einem geringeren Einkommen Ehegattenunterhalt leisten, als dies bei zutreffender Berechnung des Bonus der Fall gewesen wäre.

Damit verbleibt es auch zum Zwecke der Unterhaltsberechnung bei den Gesamteinkünften beider Beteiligter in Höhe von 8.839,49 €, bzw. nach Durchführung der Halbteilung bei einem jeweiligen Quotenbedarf von 4.419,75 €.

Angesichts dieser Einkommensverhältnisse geht der Senat davon aus, dass eine konkrete Bedarfsbemessung nicht erforderlich ist.

Eine konkrete Bedarfsbemessung ist vorzunehmen, wenn bei besonders günstigen Einkommensverhältnissen generell davon auszugehen ist, dass bereits nach einem objektiven Maßstab ein Teil der zur Verfügung stehenden Mittel in die Vermögensbildung fließt, weil er für die Lebensführung nicht benötigt wird (BGH FamRZ 2010, 1637; 2012, 947). Wo allerdings bei sehr guten Einkommensverhältnissen die Grenze für eine konkrete Bedarfsermittlung zu ziehen ist, hängt stets vom Einzelfall ab.

Nach Auffassung des Senats bildet ein Bedarf (nicht Einkommen des Pflichtigen) von ca. 5.000 € die Richtschnur (so auch OLG Zweibrücken FamRZ 2014, 216; OLG Köln FamRZ 2012, 1731; OLG Brandenburg FamFR 2012, 320; FamRZ 2015, 1118; Wendl/Siebert, das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 9. Aufl. 2015, § 4 Rn. 767; Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Maier, 10. Aufl. 2015, Kap. 6 Rn. 706; Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Gerhardt aaO Kap. 6 Rn. 268).

Angesichts der Tatsache, dass das Durchschnittseinkommen aller versicherungspflichtig Beschäftigten sich im Jahr 2014 auf 34.857 € brutto (entsprechend 1 Entgeltpunkt im Versorgungsausgleich) belief (netto bei Steuerklasse I/0 1.829 €) erscheint es nicht gerechtfertigt, besonders günstige Einkommensverhältnisse bereits bei 3/7 von 5.100 € (so die Leitlinien der Oberlandesgerichte Hamm und Oldenburg) oder bei Festbeträgen von 2.500 € (so die Leitlinien der Oberlandesgerichte Frankfurt und Jena) anzunehmen, da diese Einkünfte das Durchschnittseinkommen nur moderat übersteigen und damit noch nicht einmal der Tatsache der gehobenen Lebenshaltungskosten in Ballungsgebieten Rechnung tragen. So hat in jüngster Zeit auch das OLG Düsseldorf (FamRZ 2015, 1392) nach seinen Erfahrungswerten die Richtschnur auf einen Bedarf oberhalb von 3.000 € angehoben, was im Rahmen der 3/7-Methode Gesamteinkünften der Eheleuten vor Bonusabzug in Höhe von 7.000 € entspricht. Zwar hat der BGH in der Vergangenheit (BGH FamRZ 2010, 1637; 2012, 947) das Verlangen der Instanzgerichte nach Darlegung eines konkreten Bedarfs gebilligt, sofern der pflichtige Ehegatte mehr als 5.100 € verdient, jedoch stets auf das tatrichterliche Ermessen in diesen Fällen hingewiesen.

Der vom Familiengericht festgestellte Halbteilungsbedarf in Höhe von 4.419,75 € unterfällt somit noch der regelmäßigen Unterhaltsberechnung nach der Halbteilung und macht noch keine Darstellung eines konkreten Bedarfs erforderlich.

Der geforderte Trennungsunterhalt ist ab dem Zeitpunkt des Auskunftsverlangens im September 2012 geschuldet, was sich zwanglos aus der gesetzlichen. ..."

***

„... ee) Als nächstes möchte der Antragsteller monatliche Darlehenszahlungen für das Darlehen Nr. … bei der S.D. in Höhe von 1.545 €/mtl. berücksichtigt haben. Diesem Verlangen tritt der Senat bei.

(1) Die Kreditaufnahme erfolgte, um eine Steuernachzahlung gemäß Steuerbescheid vom 08.08.2013 für den Veranlagungszeitraum 2008 leisten zu können.

Diese Steuernachzahlung resultiert aus der Auflösung einer Investitionsrücklage (früher Ansparabschreibung bzw. -rücklage). Die Investitionsrücklage wurde 2008 in Höhe von 169.480 € getätigt. Sie führte im am 18.03.2010 ergangenen ursprünglichen Steuerbescheid für 2008 zu einer Steuerersparnis. Mangels Durchführung der Investition musste die buchmäßig vorhandene Rücklage nach drei Jahren zwangsweise wieder aufgelöst werden. Mit Feststellungsbescheid vom 22.07.2013 wurde das Einkommen des Antragstellers aus selbstständiger Tätigkeit daher für 2008 rückwirkend von 298.958,79 € auf 466.722,83 € festgesetzt. Dies hatte im Jahr 2013 eine Steuernachforderung von rd. 80.000 € für 2008 zur Folge.

Das Familiengericht hat eine Berücksichtigung des Darlehens dem Sachverständigen folgend mit der Begründung abgelehnt, dass hier aufgrund der für die Unterhaltsberechnung vorzunehmenden Einkommens-/Gewinnkorrektur eine fiktive Steuerberechnung zu erfolgen habe. Diese ziehe das sog. Für-Prinzip nach sich. Das Jahr 2008 liege jedoch außerhalb des maßgeblichen Zeitraums 2010 bis 2012. ...

(3) Im Ansatz zutreffend weist das Familiengericht darauf hin, dass der Bundesgerichtshof gerade für den Fall der Investitionsrücklage eine fiktive Steuerberechnung nach dem sog. Für-Prinzip durchführt (vgl. BGH FamRZ 2004, 1177 Tz. 35). Der Unterschied besteht vorliegend jedoch darin, dass der dortige Fall die Tätigung einer Investitionsrücklage betraf. Innerhalb des dort für die Unterhaltsberechnung maßgeblichen Zeitraums hatte sich der mit der Einrichtung der Investitionsrücklage verbundene steuerliche Effekt (Steuerersparnis) noch nicht wieder - z.B. durch die anschließende Auflösung der Investitionsrücklage (Steuernachzahlung) - ausgeglichen (vgl. BGH FamRZ 2004, 1177 Tz. 35).

Vorliegend geht es demgegenüber um die Auswirkungen einer mit der zwangsweisen Auflösung einer Investitionsrücklage verbundenen Steuernachzahlung. Diese wurde zwar erst im Jahre 2013 fällig. Dennoch handelt es sich dabei um eine gegen beide Eheleute gerichtete Steuerforderung aus dem Jahr 2008. Diese wurde hier durch die Bildung der Investitionsrücklage im Ergebnis also praktisch lediglich zunächst gestundet.

Nachdem für diese gestundete Steuerforderung keine Rücklagen gebildet worden sind, die Eheleute im Jahr 2008 noch nicht getrennt lebten und nach der Anhörung im Senatstermin am 26.11.2014 auch nicht ersichtlich ist, dass die mit der Bildung der Investitionsrücklage verbundene höhere Liquidität einseitig in Vermögenswerte des Antragstellers investiert wurde, stellt die nunmehr fällige Steuernachforderung eine gemeinsame Verbindlichkeit aus der Zeit des Zusammenlebens der Eheleute dar. Sie ist damit nicht anders als eine sonstige das eheliche Zusammenleben prägende Schuld zu behandeln. Damit ist sie bzw. sind die zu ihrer Tilgung vom Antragsteller aufgebrachten Darlehensabzahlungen bei der Berechnung seines Einkommens als Abzugsposten zu berücksichtigen.

Dieser hier anzuwendenden Sichtweise steht auch nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen. Nach dieser soll zwar die mit der Bildung einer Investitionsrücklage verbundene zusätzliche Liquidität nicht für Unterhaltszwecke verwendet werden müssen (vgl. BGH FamRZ 2004, 1177 Tz. 28). Anders ist es jedoch, wenn die zusätzliche Liquidität während des Zusammenlebens für die Lebenshaltung verbraucht wurde. Dann sind auch beide Ehegatten unterhaltsrechtlich an der späteren Rückführung der Steuerstundung (Steuernachzahlung) zu beteiligen. ...

c) Ende Juli erreicht der Antragsteller das gesetzliche Renteneintrittsalter (65. Lebensjahr + 4 Monate für im Jahr 1950 Geborene)

aa) Bereits ab April 2015 (Vollendung des 65. Lebensjahres im März 2015) hat der Antragsteller einen Anspruch auf abschlagsfreie Altersversorgung der B.-Ärztekammer. Diese beläuft sich nach derzeitigem Stand auf rd. 3.040 €/mtl. brutto. Deren Kürzung durch den Versorgungsausgleich in Höhe von rd. 1.350 € (3.039,30 € - 1.689,50 €) kann nach Auskunft der B.-Ärztekammer analog § 33 VersAusglG ausgesetzt werden, solange die Antragsgegnerin keine Versorgung bezieht. Das gilt in dem Umfang, in welchem der Antragsteller Unterhalt zahlt.

Die weitere Rente des Antragstellers bei der R.-Versicherung kann ab 01.11.2015 gezahlt werden. Hier wirkt sich die Kürzung durch den Versorgungsausgleich sofort aus. Nach derzeitigem Stand beläuft sich die - gekürzte - Monatsrente auf rund 50 €/mtl. brutto.

An gesetzlicher Rente wird der Antragsteller nach derzeitiger Aktenlage rund 155 €/mtl. brutto beziehen. Darin enthalten sind bereits die im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Anrechte.

Hinzu kommen auch nach Erreichen des Rentenalters weiterhin die Bruttoeinnahmen aus der Vermietung der vormaligen Ehewohnung (bei pauschalen Instandhaltungskosten) von 537,50 €, der Wohnvorteil mit 150,00 € sowie die Bruttomieteinkünfte aus dem Objekt in M. mit rd. 878 € (1/12 x rd. 10.531 €).

Damit beläuft sich das Monatsbruttoeinkommen bei Nichtfortsetzung der Erwerbstätigkeit ab 01.08.2015 auf insgesamt rd. 4.610 € bzw. ab November 2015 rd. 4.660 €, jeweils zzgl. des Wohnwerts von 150 €.

bb) Der Antragsteller wird jedoch - wie er bereits angekündigt hat - auch über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus erwerbstätig sein. Das daraus erzielte Einkommen ist dann zu 100% überobligatorisch (vgl. BGH FamRZ 2013, 191). Vorliegend ist es auch bei der Unterhaltsberechnung nicht zu berücksichtigen.

Allerdings folgt aus der grundsätzlichen Überobligationsmäßigkeit der Erwerbstätigkeit noch nicht ohne weiteres, dass das daraus erzielte Einkommen für die Unterhaltsbemessung außer Betracht zu lassen ist. In welchem Umfang Einkommen aus überobligatorischer Tätigkeit für den Unterhalt heranzuziehen ist, ist vielmehr nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei können etwa das Alter und die mit der fortgesetzten Erwerbstätigkeit zunehmende körperliche und geistige Belastung, ergänzend auch die ursprüngliche Planung der Eheleute und die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse herangezogen werden (vgl. BGH aaO.).

(1) Die danach vorzunehmende Billigkeitsentscheidung aller in Betracht kommender Gesichtspunkte führt vorliegend dazu, dass das überobligatorisch erzielte Erwerbseinkommen des Antragstellers für Unterhaltsansprüche nicht heranzuziehen ist.

Ausschlaggebend hierfür ist zum einen der angeschlagene Gesundheitszustand des Antragstellers. Zum anderen hat der Antragsteller als Hauptgrund für seine weitere Berufstätigkeit den Schuldenabbau angegeben. Diese Verbindlichkeiten haben die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt. Sie wären somit bei Nichtfortsetzung der Erwerbstätigkeit des Antragstellers grundsätzlich weiterhin einkommensmindernd zu berücksichtigen und würden so einen Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin erheblich reduzieren. Führt der Antragsteller seine Erwerbstätigkeit nun zum Abbau der Schulden über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus fort, erscheint es dem Senat angemessen, sowohl das weiterhin erzielte Erwerbseinkommen als auch den vom Antragsteller geleisteten Schuldendienst unterhaltsrechtlich unberücksichtigt zu lassen.

Hierbei bezieht der Senat in seine Abwägung ein, dass die nicht unerheblichen Verbindlichkeiten weitgehend betrieblicher Natur sind. Bis auf einen unterhaltsrechtlich relevanten Betrag von 1.616,14 € (siehe oben …) fließen die Kreditlasten in den betrieblich erwirtschafteten Gewinn ein. Hinzu kommt zwar noch das für die Steuernachzahlung aufgenommene Darlehen. Die Steuernachzahlung stammt allerdings ebenfalls primär ursächlich aus der Selbstständigkeit des Antragstellers. Daher ist es sachgerecht, den Antragsteller auch hinsichtlich dieses Kredits auf die Bedienung aus seinen ab 01.08.2015 nicht mehr unterhaltsrechtlich berücksichtigten, nicht unerheblichen Einkünften aus Selbstständigkeit zu verweisen. ..." (OLG Koblenz, Beschluss vom 10.12.2014 - 13 UF 347/14).

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Verpflichtung der Mutter eines fünfjährigen Kindes zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.12.2013 - 1 UF 180/13).

„... Die Antragsgegnerin hat gegen den Antragsteller ab Rechtskraft der Scheidung gemäß §§ 1570, 1578 Abs. 3 BGB einen Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt in Höhe monatlicher insgesamt 1.378 €, davon 372 € Altersvorsorgeunterhalt.

a) Von der Antragsgegnerin ist unter Berücksichtigung der Betreuungsbedürfnisse M's gemäß § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB und aus elternbezogenen Gründen gemäß § 1570 Abs. 2 BGB keine weitergehende als die tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit im Umfang von 25 Wochenstunden zu verlangen.

Nach § 1570 BGB kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen, § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht, § 1570 Abs. 2 BGB. Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen. In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahrs eine kindgerechte Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes und somit nicht mehr auf kindbezogene Verlängerungsgründe im Sinne von § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB berufen. Elternbezogene Gründe sind zu prüfen, soweit nicht schon kindbezogene Gründe einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Betreuung. Ein Anspruch auf Billigkeitsunterhalt unter dem Gesichtspunkt der elternbezogenen Gründe kann sich schließlich auch dann ergeben, wenn und soweit die Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten unter Berücksichtigung des konkreten Betreuungsbedarfs trotz der ganztätigen anderweitigen Betreuung des Kindes noch eingeschränkt ist (BGH, FamRZ 2010, 1050 ff., Tz. 18 ff.). Bei der Prüfung, ob die neben der Erwerbstätigkeit zu leistende Betreuung und Erziehung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führt, ist unter anderem zu berücksichtigen, dass am Morgen oder am späten Nachmittag und Abend regelmäßig weitere Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu erbringen sind, die je nach dem individuellen Betreuungsbedarf des Kindes in unterschiedlichem Umfang anfallen können. Die vom Gesetz angeordnete Billigkeitsabwägung nach § 1570 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB lässt Raum für eine Einbeziehung dieses Umstands unter dem Gesichtspunkt einer gerechten Lastenverteilung zwischen unterhaltsberechtigtem und unterhaltspflichtigem Elternteil im Einzelfall (BGH, FamRZ 2012, 1040 ff., Tz. 24 ff.).

Nach diesem Maßstab ist es aus kind- und elternbezogenen Gründen unbillig, von der Antragsgegnerin eine Erwerbstätigkeit zu verlangen, die über die tatsächlich ausgeübte hinausgeht.

Da M längstens bis um 17 Uhr im Hort bleiben kann, wäre seine Betreuung angesichts des regelmäßigen Arbeitsbeginns der Antragsgegnerin um 10 Uhr im Falle einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit, bei der sie unter Berücksichtigung der Fahrzeiten erst zwischen 19 Uhr und 19.30 Uhr zu Hause sein könnte, für die Dauer von arbeitstäglich zumindest zwei Stunden nicht sichergestellt. Hinzu kommen die nicht zu vernachlässigenden außerplanmäßigen Arbeitseinsätze, zu denen die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 05.12.2012 im Einzelnen vorgetragen hat.

Neben diesen kindbezogenen Gründen ist im Rahmen der Prüfung der elternbezogenen Gründe zu berücksichtigen, dass Kinder in M's Alter auch nach Verlassen der Ganztagseinrichtung noch der Betreuung durch einen Elternteil bedürfen. Um eine gerechte Lastenverteilung zwischen den Beteiligten zu gewährleisten, ist keine Obliegenheit der Antragsgegnerin anzunehmen, während der gesamten durch die Fremdbetreuung des Kindes gewonnenen Zeit einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Vielmehr ist ihr ein gewisser Spielraum für Arztbesuche, Behördengänge, Einkäufe sowie Haushaltsarbeit zu belassen und ihr die Möglichkeit zu eröffnen, sich nach der Heimkehr von der Arbeit persönlich dem Kind zuzuwenden. Dies wäre hier bei einer weitergehenden als der tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit nicht mehr sichergestellt.

b) Die Höhe des geschuldeten Betreuungsunterhalts ergibt sich aus der Differenz des Einkommens der Antragsgegnerin aus Ganztagstätigkeit zu dem tatsächlich unter Beachtung der Erfordernisse der Kindesbetreuung erzielten Einkommen (vgl. BGH, FamRZ 2010, 1050 ff., Tz. 42).

Bei vollzeitiger Erwerbstätigkeit könnte die Antragsgegnerin gemäß ihren nicht bestrittenen Ausführungen im Schriftsatz vom 22.11.2013 Einkünfte von jährlich netto 40.453,05 € = monatlich 3.371,09 € erzielen. Tatsächlich verfügt sie über Einkünfte von jährlich netto 28.385,98 € = monatlich 2.365,50 €, wie sie in dem vorgenannten Schriftsatz unbestritten dargelegt sind.

Die anlässlich der Beendigung des früheren Arbeitsverhältnisses vereinnahmte Abfindung ist nicht anzurechnen.

Eine Abfindung bleibt unterhaltsrechtlich unberücksichtigt, wenn der Ehegatte im Anschluss an das beendete Arbeitsverhältnis eine neue Arbeitsstelle erlangt, die ihm ein der früheren Tätigkeit vergleichbares Einkommen einbringt. Kann der Ehegatte hingegen sein früheres Einkommen nicht mehr erzielen, so ist die Abfindung grundsätzlich zur Aufstockung des verringerten Einkommens einzusetzen (vgl. BGH, FamRZ 2012, 1040 ff., Tz. 37 ff).

Nach der zwischenzeitlichen vollschichtigen Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin ist keine Einkommenseinbuße ersichtlich, die eine Zurechnung der Abfindung unter dem Gesichtspunkt des Lohnersatzes rechtfertigen könnte. Der Einkommensrückgang ab Mai 2012 beruht ausschließlich auf der Kindesbetreuung und stellt sich damit als Nachteil dar, der nicht dem Ausgleichszweck einer Abfindung unterfällt.

Andererseits rechtfertigen die vorgetragenen weiteren Kosten eines Kindermädchens keine Reduzierung der anrechenbaren Einkünfte. Denn insoweit ist nicht ersichtlich, dass auf der Grundlage einer Erwerbstätigkeit im reduzierten Umfang von 25 Wochenstunden statt der zuvor geleisteten 38,5 Wochenstunden regelmäßig in einem so großen Umfang nicht abgedeckte Betreuungszeiten verbleiben sollen, dass hierfür weiterhin die Anstellung eines Kindermädchens erforderlich ist. Insoweit hat die Antragsgegnerin einen über die fünfprozentige Berufsaufwandspauschale hinausgehenden Aufwand nicht hinreichend dargelegt.

Da im Falle einer Vollzeittätigkeit ein erhöhter Aufwand für die private Krankenzusatzversicherung, deren Beiträge sich typischerweise nicht an der Einkommenshöhe orientieren, nicht zu erkennen ist, kann dieser Posten im Rahmen der Bemessung der Einkommensdifferenz unberücksichtigt bleiben.

Danach errechnet sich eine Einkommenseinbuße wegen Kindesbetreuung und damit ein Elementarunterhaltsanspruch in Höhe monatlicher (3.371,09 € - 2.365,50 € = rund) 1.006 €.

c) Der gemäß § 1578 Abs. 3 BGB ebenfalls zu deckende Altersvorsorgebedarf beläuft sich auf monatlich 372 €. Dieser Betrag ist aufzuwenden, um die Antragsgegnerin so zu stellen, als betriebe sie ohne die Erwerbseinschränkungen durch die Kindesbetreuung gesetzliche Altersvorsorge bei einer Vollzeittätigkeit.

Ausgangspunkt dieser Bemessung ist der in Österreich geltende Gesamtbeitragssatz zur Pensionsversicherung von 22,8 % des Bruttoeinkommens bis zu einer Höchstbeitragsgrundlage von monatlich 4.400 € zuzüglich 8.880 € pro Jahr für Sonderzahlungen = insgesamt 62.160 €.

Mit ihrem derzeit erzielten jährlichen Bruttoeinkommen von 42.602 €, wie sich dies aus dem Schriftsatz vom 22.11.2013 ergibt, wird demnach insgesamt ein Beitrag von 9.713,26 € an die Pensionsversicherung abgeführt. Die Höchstbeitragsgrundlage wird nicht erreicht. Bei einem Einkommen aus Vollzeittätigkeit von jährlich brutto 65.000 € könnte unter Beachtung der Höchstbeitragsgrundlage ein Gesamtbeitrag von 14.172,48 € abgeführt werden. Daraus resultiert ein betreuungsbedingt ungedeckter Altersvorsorgebedarf von (14.172,48 € - 9.713,26 € =) 4.459,22 € im Jahr, was einem Monatsbetrag von rund 372 € entspricht.

d) Eine Leistungsunfähigkeit des Antragstellers zur Zahlung dieses Unterhalts gemäß § 1581 BGB kann nicht festgestellt werden. Legt man lediglich seine im Jahr 2013 bezogenen Erwerbseinkünfte ohne Tantiemen zugrunde, so ergibt sich im Ausgangspunkt nach Maßgabe der Gehaltsabrechnung 11/2013 ein Nettoeinkommen nach Steuern und Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung einschließlich der Arbeitgeber-Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe monatlicher 10.533,07 €. Nach Abzug der Aufwendungen für die private Kranken- und Pflegeversicherung von jährlich 5.753,29 € = monatlich 479,44 €, der Höchst-berufsaufwandspauschale von 150 €, der Sparrate auf das Wertpapierdepot von 2.000 €, der Tilgung für die Eigentumswohnung in Höhe von 688 €, des Unterhalts für F und J von je 608 € sowie des Kindesunterhalts für M von 462 € und für M von 421 € verbleibt ein bereinigtes Einkommen von monatlich 5.116,63 €, das eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit zur Zahlung des oben ermittelten Unterhalts der Antragsgegnerin nicht erkennen lässt, so dass es auf die Kapitaleinkünfte des Antragstellers und etwaige Steuererstattungen ebenso wenig ankommt wie auf die Berechtigung der einzelnen Abzugsposten, insbesondere der vorgenannten Sparrate.

4. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß §§ 1573 Abs. 2, 1578 BGB steht der Antragsgegnerin nicht zu, weil eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs über die Rechtskraft der Scheidung hinaus unbillig im Sinne von § 1578 b Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BGB wäre.

Bei dieser Billigkeitsabwägung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Ein solcher ehebedingter Nachteil äußert sich in der Regel darin, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne die Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde. Wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind (BGH, FamRZ 2012, 197 ff.). Wesentliche Aspekte im Rahmen der Billigkeitsabwägung sind neben der Dauer der Ehe insbesondere die in der Ehe gelebte Rollenverteilung wie auch die vom Unterhaltsberechtigten während der Ehe erbrachte Lebensleistung. Ferner sind die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten von Bedeutung, so dass in die Abwägung einzubeziehen ist, wie dringend der Berechtigte neben seinen eigenen Einkünften auf den Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maß der Unterhaltspflichtige durch diese Unterhaltszahlungen belastet wird. Dabei kann auch die lange Dauer von Trennungsunterhaltszahlungen bedeutsam sein. Die Ehedauer gewinnt vor allem durch die wirtschaftliche Verflechtung Gewicht, die insbesondere durch den Verzicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder wegen der Haushaltsführung eingetreten ist. Diese Grundsätze haben durch die am 01.03.2013 in Kraft getretene Neufassung des § 1578 b Abs. 1 BGB keine grundlegenden Änderungen erfahren (BGH, FamRZ 2013, 1291, 1293).

Nach diesem Maßstab ist ein nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessener Anspruch auf nachehelichen Unterhalt als unbillig anzusehen.

a) Ehebedingte Nachteile der Antragsgegnerin, die nicht schon durch den Betreuungsunterhalt ausgeglichen werden, sind nicht festzustellen. Die Antragsgegnerin hat nach der Trennung in ihrem erlernten Beruf vollschichtig gearbeitet und hieraus Einkünfte von jährlich brutto 65.000 € erzielt. Es besteht kein Anhalt dafür, dass sie Einkünfte in dieser Höhe nach Wegfall der Betreuungserfordernisse des Kindes nicht wieder erzielen wird. Höhere Einkünfte vor Heirat und Kindererziehung sind nicht ersichtlich, ergeben sich insbesondere nicht aus dem Versicherungsverlauf in der zum Versorgungsausgleich vorgelegten Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 19.04.2012.

b) Auch unter Berücksichtigung der nachehelichen Solidarität erscheint eine weitergehende Unterhaltspflicht unbillig.

Von maßgeblicher Bedeutung sind hier zunächst die wirtschaftlichen Verhältnisse. Die Antragsgegnerin verfügt mit Einkünften von jährlich netto 28.385,98 € = monatlich 2.365,50 €, wie sie sich aus dem Schriftsatz vom 22.11.2013 ergeben, bereits auf der Grundlage einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden über gehobene Einkünfte. Dies gilt erst recht, wenn man den Elementarbetreuungsunterhalt von monatlich 1.006 € in die Betrachtung einbezieht. Bei diesen Einkommensverhältnissen ist es der Antragsgegnerin ohne weiteres zuzumuten, ihre Bedürfnisse sogleich nach Rechtskraft der Scheidung am angemessenen Lebensbedarf nach ihren eigenen Einkünften unter Ausgleich lediglich der betreuungsbedingten Erwerbsnachteile zu orientieren. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der bereits seit August 2011 erfolgten Trennungsunterhaltszahlungen ist daher in der Gesamtabwägung ein weitergehender Anspruch auf nachehelichen Unterhalt unbillig. ..."

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Gemäß § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB kann die Klägerin den nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Eheleute angemessenen Unterhalt verlangen. Die Lebensverhältnisse richten sich nach den für die allgemeine Lebensführung verfügbaren Einkünften der Ehegatten. Soweit Einkommensteile der Vermögensbildung vorbehalten bleiben, dienen sie nicht der Befriedigung der laufenden Lebensbedürfnisse und sind damit grundsätzlich der Unterhaltsbemessung entzogen. Dabei ist bei der Bemessung sowohl des Trennungsunterhalts als auch des nachehelichen Unterhalts ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist derjenige Lebensstandard, der nach dem vorhandenen Einkommen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus angemessen erscheint. Außer Betracht bleiben - gemessen am verfügbaren Einkommen - sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch ein übermäßiger Aufwand (vgl. BGH FamRZ 2013, 363 ff. m. w. N.). Der Unterhalt soll nämlich nur der Bedarfsdeckung dienen und nicht der Vermögensteilhabe des Unterhaltsberechtigten (BGH FamRZ 2007, 1532; OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.06.2013 - 16 UF 285/12).

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Dem unterhaltsberechtigten Ehegatten, der über seinen Ehepartner während der Ehe über Beihilfe und eine private Krankenversicherung für den Fall der Krankheit abgesichert war und dem es nicht mehr möglich ist, in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert zu werden, kann es zumutbar sein, eine private Krankenversicherung zu einem günstigeren Tarif abzuschließen. Ein etwaiger Selbstbehalt ist im Rahmen des Krankenvorsorgeunterhalts gegebenenfalls zu berücksichtigen. Es stellt einen Ehe bedingten Nachteil dar, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte während der Ehe aufgrund deren Gestaltung nicht gesetzlich krankenversichert war und aufgrund seines Alters nach den Vorschriften des SGB V nicht mehr gesetzlich krankenversichert werden kann. Dieser Nachteil steht einer Befristung des Krankenvorsorgeunterhalts entgegen, nicht aber einer Herabsetzung (hier auf die Hälfte des Basistarifs; KG Berlin, Beschluss vom 02.10.2012 - 13 UF 174/11).

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Berücksichtigung von auf Grund durchgeführten Versorgungsausgleichs erhöhten Versorgungsbezügen bei der Bedarfsermittlung beim nachehelichen Unterhalt (OLG Koblenz, Beschluss vom 15.09.2011 - 7 UF 60/11 zu §§ 1571, 1572, § 1578 I 1 BGB):

„... Der Antragsgegnerin steht grundsätzlich ab Rechtskraft der Ehescheidung, die am 15.03.2011 eingetreten ist (vgl. Bl. 106 GA), ein Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt nach §§ 1571, 1572 BGB zu, da sie eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bezieht und von ihr deshalb eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann. Dieser Anspruch besteht aber nur solange sie sich mit ihren eigenen Einkünften nicht selbst unterhalten kann. Das ist ab dem 17.04.2011 (Eintritt der Rechtskraft in der Folgesache Versorgungsausgleich am 16.04.2011 und Beginn der Leistungen nach dem Bundesversorgungsteilungsgesetz am 17.04.2011) nicht mehr der Fall. Ab diesem Zeitpunkt ist die Antragsgegnerin in der Lage, mit ihren erhöhten Einkünften aus dem durchgeführten Versorgungsausgleich ihren eheangemessenen Bedarf selbst zu decken. Daran ändert sich auch nichts nach der Kürzung ihrer eigenen Altersrente ab dem 01.05.2011 infolge des Versorgungsausgleichs.

Das Maß des Unterhalts bestimmt sich gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Diese waren geprägt durch das mietfreie Wohnen im eigenen Haus, die Erwerbseinkünfte des Antragstellers als Beamter beim Bundeswehrbeschaffungsamt und die Altersrente für schwerbeschädigte Menschen der Antragsgegnerin. Nicht eheprägend sind demgegenüber - wie schon das Amtsgericht zutreffend dargestellt hat - die aufgrund des Versorgungsausgleichs ab 01.05.2011 erhöhten Versorgungsbezüge der Antragsgegnerin. Der Senat folgt insoweit nicht den Ausführungen des Oberlandesgerichts Dresden in dessen Urteil vom 25.09.2009 - 24 UF 717/08 - (FamRZ 2010, 649), das die "außerplanmäßige" Erhöhung des gemeinsamen Einkommens der dortigen Eheleute letztlich aus Billigkeitsgründen auch der bereits im Ruhestand befindlichen Ehefrau zugute kommen ließ, sondern schließt sich insoweit den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in dessen Senatsbeschluss vom 25.01.2011 (vgl. etwa FamRZ 2011, 437 ff) an, wo es u.a. heißt: "§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB ... erklärt ... die ehelichen Verhältnisse zum Maßstab der Bedarfsbemessung und damit diejenigen, die in der geschiedenen Ehe bestanden haben oder zumindest mit ihr in Zusammenhang stehen. Für deren Beurteilung bieten sich - wie vom Gesetzgeber vorgesehen ... - deshalb zunächst grundsätzlich die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung an, also zu dem Zeitpunkt, zu dem die Ehe endgültig aufgelöst ist ... Bezieht die Rechtsprechung bei der Bedarfsermittlung auch Entwicklungen nach Rechtskraft der Scheidung mit ein und geht insofern von den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aus, muss bei den berücksichtigten Veränderungen zumindest ein gewisser Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen vorhanden sein, damit die Rechtsauslegung noch vom Wortlaut des § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB gedeckt ist. Dies kann bei Entwicklungen angenommen werden, die einen Anknüpfungspunkt in der Ehe finden, also gleichsam in ihr angelegt waren, oder die, wie bei einer unvorhersehbaren nachehelichen Einkommensverringerung auf Seiten des Unterhaltspflichtigen, soweit sie nicht vorwerfbar herbeigeführt wurde ..., bei Fortbestand der Ehe auch deren Verhältnisse geprägt hätten. Ein Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen lässt sich jedoch nicht mehr bei Veränderungen herstellen, die gerade nicht auf die Ehe zurückzuführen sind, weil sie nur und erst dadurch eintreten konnten, dass die Ehe geschieden worden ist ..."

Genau dies ist hier der Fall, da es bei Fortbestand der Ehe der Beteiligten zwangsläufig nicht zu der Situation hätte kommen können, dass der Antragsteller weiterhin ein volles Erwerbseinkommen bezieht, während die Antragsgegnerin höhere als die aus ihrer eigenen Erwerbsbiographie bzw. Scheidung einer früheren Ehe stammenden Renteneinkünfte erhält. Die gegenüber der Zeit vor Rechtskraft der Ehescheidung erhöhten Versorgungsbezüge der Antragsgegnerin sind allein aufgrund der Durchführung des Versorgungsausgleichs entstanden und konnten folglich nur und erst dadurch eintreten, dass die Ehe der Beteiligten geschieden wurde. Ein Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen besteht deshalb nicht, da diese Entwicklung bei Fortbestand der Ehe deren Verhältnisse denknotwendigerweise nicht hätte prägen können.

Dies widerspricht auch nicht den Ausführungen des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa FamRZ 2002, 88 ff), wonach Altersrenten als Surrogatseinkommen grundsätzlich in die Bedarfsberechnung einzubeziehen sind, und zwar insgesamt, ohne Unterscheidung danach, dass sie teilweise auf eigenen vorehelichen Anwartschaften, teilweise auf dem infolge der Scheidung durchgeführten Versorgungsausgleich beruhen. Denn in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen waren jeweils beide (ehemaligen) Ehepartner Versorgungsempfänger; diese Einkommenssituation hätte auch bei Bestehenbleiben der Ehe eintreten können, da sie nicht zu einer Erhöhung der beiden Eheleuten insgesamt zur Verfügung stehenden Einkünfte führt. Diese Situation wird auch im vorliegenden Fall mit dem (berechtigten) Eintritt des Antragstellers in den Ruhestand entstehen. Ab diesem Zeitpunkt werden folglich wieder sämtliche Versorgungsbezüge der geschiedenen Ehegatten als eheprägend in der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen sein.

Auf dieser Grundlage ist die Bedarfsberechnung für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung (15.03.2011) vorzunehmen. Dabei rechnet der Senat zugunsten der Antragsgegnerin mit den von dieser selbst in der Beschwerdebegründung vom 14.03.2011 (Bl. 88 ff. GA) vorgetragenen Zahlen. Einkünfte aus der Tätigkeit als Yoga-Lehrerin werden auf Seiten der Antragsgegnerin nicht berücksichtigt; der Wohnwert für das von ihr bewohnte Haus in ...[Y] wird mit dem von ihr genannten Wert in die Berechnung eingestellt.

Auf Seiten des Antragstellers ist ein Wohnvorteil angesichts der Höhe der von ihm getragenen Belastungen nicht anzusetzen. Der Antragsteller hat in der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2011 Darlehensunterlagen der …[B]bank (Bl. 229 f. GA) und der …[C] Sparkasse (Bl. 231 GA) vorgelegt. Hieraus ergibt sich, dass er bei der ...[B]bank im Jahr 2008 für den Kauf und die Renovierung des Wohnhauses in ...[Z] ein Darlehen über 93.000 € (monatliche Rate 600 €) aufgenommen und im Jahr 2010 eine neue Zinsvereinbarung für ein bei der ...[C] bestehendes Darlehen mit einer Restschuld von 39.497,81 €/68.579,03 € (monatliche Rate 200 €) abgeschlossen hat. Soweit die Antragsgegnerin erstmals in ihrem Schriftsatz vom 10.08.2011 "vermutet", der Antragsteller habe Sondertilgungen geleistet, weil er "über nicht unerhebliches Vermögen aus der Vermögensaufteilung der Parteien" verfüge und ihm "im Januar 2010 der Restbetrag des dinglichen Wohnrechts seiner Mutter ausgezahlt" worden sei (insgesamt 60.000 €), ist dies schon kein substantiierter Vortrag von Tatsachen. Zudem hat die Antragsgegnerin selbst in ihre Berechnungen zur Ermittlung des eheprägenden Einkommens des Antragstellers Zinseinkünfte aus einem angelegten Kapital des Antragstellers von 60.000 € eingestellt (Schriftsatz vom 05.08.2010, S. 4; Bl. 4 UA UE). Dies widerspricht ihrem jetzigen Vortrag. Unter diesen Umständen ist es ausreichend, wenn der Antragsteller diesen Vortrag mit Schriftsatz vom 18.08.2011 als "falsch" bezeichnet. Ebenso kann dahinstehen, ob dieses nach der Trennung überwiegend nicht aus vorhandenen Mitteln der Eheleute erworbene Haus überhaupt die ehelichen Lebensverhältnisse mitbestimmt hat. Danach ergibt sich folgendes Rechenwerk: ...

Da die Antragsgegnerin nur Unterhalt in Höhe von 338 € monatlich verlangt, können zumindest geringfügige Einkünfte der Antragstellerin als Yoga-Lehrerin als anspruchsunschädlich unterstellt werden; für höhere Einkünfte gibt es schon aufgrund des Alters und der gesundheitlichen Einschränkungen der Antragsgegnerin keine ernsthaften Anhaltspunkte. Auch ein um 200 € erhöhter Wohnwert entsprechend dem Vortrag des Antragstellers hätte keine Auswirkungen auf das Ergebnis.

Ab dem 17.04.2011 erhält die Antragsgegnerin zusätzlich eine Nettopension von monatlich 1.018,05 € (Bl. 249 ff. GA), und zwar bis zum 30.04.2011 neben ihrer ungekürzten Altersrente. Ihr Einkommen beläuft sich damit für diesen Zeitraum auf (monatlich) 2.492,48 €. Dieses allein aufgrund der Durchführung des Versorgungsausgleichs erhöhte Einkommen ist auf den eheangemessenen Bedarf der Antragsgegnerin von unverändert 2.289 € anzurechnen. Hierdurch wird ihr Bedarf vollständig gedeckt.

Ab 01.05.2011 wird die eigene Rente der Antragsgegnerin von bisher 838,59 € auf einen monatlichen Zahlbetrag von 627,40 € gekürzt (Bl. 205 ff. GA). Ihr Gesamteinkommen (einschließlich des Wohnwerts) beträgt damit nur noch 2.281,29 €. Bei Zugrundelegung eines unveränderten eheangemessenen Bedarfs von 2.289 € (ohne Berücksichtigung des jetzt verringerten Einkommens des Antragstellers) wäre dieser damit nur in Höhe von gerundet 8 € ungedeckt.

In dieser Höhe besteht allerdings kein Unterhaltsanspruch. Unabhängig von eventuellen Einkünften als Yogalehrerin und unabhängig von der Geringfügigkeit des verbleibenden Unterhaltsbetrages ist Erwerbseinkommen auf Seiten des Antragstellers nur bis zum 30.04.2011 zu berücksichtigen, da er zum 01.05.2011 in den - vorzeitigen - Ruhestand getreten ist. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin war er hierzu berechtigt. Zwar endet die Erwerbsobliegenheit gewöhnlich erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze, die der Antragsteller erst im Februar 2012 erreichen wird. Auch sind die von ihm vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht derart gravierend, dass der vorzeitige Bezug der Versorgung unbedingt geboten erscheint. Allerdings ist eine selbst herbeigeführte Verminderung der Leistungsfähigkeit nach Treu und Glauben nur dann unbeachtlich, wenn die betreffende Person unterhaltsrechtlich unverantwortlich oder zumindest leichtfertig gehandelt hat (vgl. OLG Koblenz, FamRZ 2004, 1573). Dies ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung unter Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls nach Abwägung der Belange des Berechtigten und des Verpflichteten festzustellen. Hier fällt insbesondere ins Gewicht, dass der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin bei eigenem Einkommen von 2.281 € ab Mai 2011 nur noch 8 € monatlich betragen hätte. Zudem hätte sich der Zeitraum für diesen Unterhaltsanspruch insgesamt nur 10 Monate belaufen, so dass der Antragsgegnerin nur ein Unterhalt von insgesamt 80 € entgeht. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin selbst - wenn auch unstreitig aus gesundheitlichen Gründen - mehrere Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze nicht mehr erwerbstätig war. Zwar hat der Antragsteller erst ab Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf die ihm aufgrund des Versorgungsausgleichs übertragene Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Allerdings gewährt die Wehrbereichsverwaltung bis dahin einen vollständigen Ausgleich durch Minderung des auf der Durchführung des Versorgungsausgleichs beruhenden Versorgungsabzugs in Höhe von 238,81 €. Letztlich ist ein ganz wesentlicher Umstand, dass mit dem vorzeitigen Ruhestand des Antragstellers lediglich Einkommensteile, die den ehelichen Bedarf der Beteiligten nicht geprägt haben, in Wegfall gekommen sind. Unter diesen Umständen kann nicht von einem unterhaltsrechtlich verantwortungslosen Verhalten ausgegangen werden. Danach stellt sich die tatsächliche Einkommenssituation der Beteiligten jetzt wie folgt dar: ...

Der Antragsteller erhält monatlich netto - einschließlich des von der Wehrbereichsverwaltung gewährten Ausgleichs für die aufgrund des Versorgungsausgleich an ihn erst ab Vollendung des 65. Lebensjahres zu leistende Rente - 2.440,18 € (vgl. Bl. 224 GA). Sonderzahlungen fallen nicht an (vgl. Bl. 191 GA). Hiervon sind die Krankenversicherungsbeiträge jedenfalls in Höhe des von der Antragsgegnerin nicht bestrittenen Betrages von 272,55 € abzuziehen. Hinzuzurechnen sind (wie bisher) die von der Antragsgegnerin vorgetragenen unstreitigen Zinseinkünfte von netto 89,49 € (1.080 € - 5,81 € - 0,32 € = 1.073,87 : 12). Das Einkommen des Antragstellers beläuft sich damit jetzt auf rund 2.257 € und liegt (geringfügig) unter dem Einkommen der Antragsgegnerin. Ein Unterhaltsanspruch besteht nicht. ..."

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Besteht eine Unterhaltspflicht sowohl gegenüber einem geschiedenen als auch einem neuen aktuellen Ehegatten, so ist der Bedarf des geschiedenen Ehegatten auf der Grundlage der Einkünfte des geschiedenen Ehegatten und des Unterhaltsschuldners im Wege der Halbteilung zu ermitteln. Bei der Feststellung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegen-über einem geschiedenen Ehegatten begründet der Unterhaltsanspruch eines nachrangigen aktuellen Ehegatten des Unterhaltspflichtigen keine sonstige Verpflichtung i.S. des § 1581 Satz 1 BGB. Der Umstand, dass ein Teil des Renteneinkommens des Unterhalts-pflichtigen im Hinblick auf § 33 Abs. 1, Abs. 3 VersAusglG vom Bestehen und der Höhe des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt abhängig ist, ist ein im Rahmen der Billigkeitserwägungen nach § 1578b Abs. 1 und § 1581 Satz 1 BGB zu berücksichtigender Aspekt. Ist für die Beurteilung eines Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt gegen einen im Ausland lebenden Unterhaltspflichtigen deutsches Recht anwendbar, so gilt dies auch für die Beurteilung der in diesem Zusammenhang zu klärenden Frage, ob aus der vom Unterhaltspflichtigen im Ausland geführten neuen Ehe eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem neuen Ehegatten besteht. Übernimmt der unterhaltsberechtigte Ehegatte unter Reduzierung einer Er-werbstätigkeit die Pflege seiner gemäß § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XI Pflegegeld beziehenden Mutter, so ist dieses Pflegegeld in voller Höhe als Einkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten anzusehen, wenn es vollständig an diesen weitergegeben wird ( OLG Nürnberg, Beschluss vom 11.01.2012 - 7 UF 747/11 zu §§ 1578, 1578b I, 1581 1 BGB, 33 I, III u.a.).

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Ein Unterhaltsanspruch wegen Alters kommt regelmäßig erst dann in Betracht, wenn der Unterhaltsberechtigte die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht hat. Deshalb ist auch von einer nahezu 60-jährigen Unterhaltsgläubigerin zu verlangen, dass sie darlegt und nachweist, trotz ernstlicher und nachhaltiger Erwerbsbemühungen keine angemessene Erwerbstätigkeit mehr finden zu können. Bei besonders guten Einkünften trägt der Unterhaltsgläubiger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass nach den ehelichen Lebensverhältnissen ein über den vom Unterhaltsschuldner eingeräumten Betrag (hier: 6.500 € netto) hinausgehender Einkommensteil zur Finanzierung des allgemeinen Lebensbedarfes zur Verfügung stand. Zur Frage der Herabsetzung und Befristung eines Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt ( OLG Zweibrücken, Beschluss vom 19.10.2011 - 2 UF 77/11 zu §§ 1570 II, § 1571 Nr 1,1578,1578b I, II BGB):

„... Der Antragsgegner schuldet nachehelichen Unterhalt lediglich in dem im Entscheidungssatz zuerkanntem Umfang.

1. Grundsätzlich obliegt es nach der Ehescheidung jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen (§ 1569 BGB). Den während der Ehe nicht erwerbstätigen Ehegatten trifft daher die Obliegenheit zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit (§ 1574 Abs, 1 BGB). Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt hat er nur, wenn und soweit er aus den in §§ 1570 ff BGB genannten Gründen außerstande ist, seinen Bedarf aus eigenen Einkünften zu decken.

Die Antragstellerin hat lediglich Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB, weil die Einkünfte, die sie aus einer ihr zumutbaren angemessenen vollschichtigen Erwerbstätigkeit erzielen könnte, zur Deckung ihres vollen Unterhalts (§ 1578 BGB) nicht ausreichen.

Die Voraussetzungen der weitergehenden Unterhaltstatbestände (§§ 1570, 1571, 1572, 1573 Abs. 1 BGB) sind dagegen nicht gegeben.

Die Antragstellerin betreut keine gemeinsamen Kinder mehr. Sie ist nicht wegen Krankheit oder anderer Gebrechen an einer Erwerbstätigkeit gehindert. Auch ihr Lebensalter steht der Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht entgegen. Die Voraussetzungen für einen Altersunterhalt sind regelmäßig erst mit Erreichen der Regelaltergrenze gegeben, die die im … geborenen Antragstellerin Anfang des Jahres … (mit 65 Jahren und 3 Monaten - § 235 SGB VI) erreichen wird. Konkrete Umstände, die einen Unterhalt wegen Alters bereits ab einem früheren Zeitpunkt begründen könnten, hat die Antragstellerin nicht dargetan. Schließlich kommt auch ein Anspruch auf Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit nicht in Betracht. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass der zur eigenen Erwerbstätigkeit verpflichtete Unterhaltsberechtigte trotz ernstlicher und nachhaltiger Erwerbsbemühungen keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

Die Antragstellerin war nach Beendigung des ersten Trennungsjahrs, spätestens seit Sommer 2009, zur Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet.

Sie hat nicht ausreichend dargetan, dass sie sich ernsthaft und nachhaltig um die Erlangung einer Arbeitsstelle bemüht hat.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass für die Antragstellerin keine reale Beschäftigungschance für eine angemessene Tätigkeit bestanden hätte. Zwar war es für die bei Eintritt der Erwerbsobliegenheit nahezu 60 Jahre alte Antragstellerin sicher schwieriger, einen Arbeitsplatz zu finden als für eine jüngere Bewerberin. Dies allein spricht jedoch nicht gegen ihre Vermittelbarkeit. Sie ist nicht gesundheitlich beeinträchtigt; vor der Ehe stand sie viele Jahre im Berufsleben, während des Zusammenlebens mit dem Antragsgegner hat sie die Repräsentationsaufgaben einer Unternehmergattin wahr genommen. Sie dürfte daher in ihrem Auftreten so gewandt sein, dass ihr - hinreichende Bemühungen unterstellt - das Erlangen einer angemessenen Arbeitsstelle möglich gewesen wäre und ist.

2. Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen; er umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessen Versicherung für den Fall der Krankheit und des Alters (§ 1578 BGB), soweit sie diese Kosten nicht selbst decken kann.

a) Für die Bedarfsbemessung ist ein objektiver Maßstab anzulegen (BGH FamRZ 2007, 1532). Bei besonders guten wirtschaftlichen Verhältnissen ist der Teil der Einkünfte, der nach einem objektiven Maßstab nicht für die Lebensführung benötigt wird, nicht prägendes Einkommen und deshalb bei der Bedarfsbemessung unberücksichtigt zu lassen (vgl. Wendl/Staudigl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rdnrn. 213, 238 und 268a jeweils m.w .N.). Hierbei ist das tatsächliche Konsumverhalten der Ehegatten während des Zusammenlebens zu berücksichtigen (BGH a.a.O.).

Die Darlegungs- und Beweislast für die Gestaltung der eheliche Lebensverhältnisse, nach denen sich der Unterhaltsanspruch bemisst, liegt bei dem Ehegatten, der Unterhalt für sich in Anspruch nimmt, hier also bei der Antragstellerin. Sie trägt auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, in welchem Umfang das hohe Einkommen des Antragsgegners zur Finanzierung des allgemeinen Lebensbedarfs zur Verfügung stand und nicht der Vermögensbildung beziehungsweise anderen Zwecken diente.

Es hätte daher ihr oblegen, den Vortrag des Antragsgegner zu widerlegen, zur Deckung des Lebensunterhaltes der Familie hätten stets nur rund 6.500,00 € netto zur Verfügung gestanden, die darüber hinausgehenden Gewinne und Tätigkeitsvergütungen seien in den Firmen verblieben. Das bloße Bestreiten dieses Vorbringens des Antragsgegners ist nicht ausreichend.

Der Unterhaltsbedarf der Antragstellerin ist deshalb nach Quoten unter Zugrundelegung eines bedarfsprägenden Erwerbseinkommens des Antragsgegners von 6.500,00 € zu ermitteln.

b) Die Antragstellerin ist im Rahmen der Bedarfsbemessung so zu behandeln, als ob sie ihrer Erwerbsobliegenheit genügen würde. Ihr ist daher fiktiv das aus einer vollschichtigen Tätigkeit erzielbare Erwerbseinkommen zuzurechnen.

In ihren erlernten Beruf kann die Antragstellerin nach mehr als zwanzig Jahren nicht mehr zurückkehren. Sie ist daher nur in Tätigkeiten vermittelbar, für die es keiner Berufsausbildung bedarf. Aus er solchen Tätigkeit könnte sie nach Einschätzung des Senats ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.000,00 € erzielen. Dieses Einkommen ist um die Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen sowie das Anreizzehntel auf rund 855,00 € zu bereinigen .

Da die Antragstellerin bei Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit gesetzlich krankenversichert wäre, besteht kein Krankenvorsorgebedarf.

Daneben ist der Antragstellerin ein Gebrauchsvorteil für mietfreies Wohnen zuzurechnen.

Sie bewohnt eine neu errichtete Eigentumswohnung in einem aus drei Einheiten bestehenden Mehrfamilienhaus in G.. Die Wohnung hat eine Wohnfläche von rund 105 m²; sie ist gehoben ausgestattet und verfügt über einen Balkon. Zu ihr gehören ein separater Abstellraum in einem Nebengebäude, eine Garage sowie ein Fahrzeugstellplatz. Für diese Wohnung dürfte der vom Familiengericht angesetzte Wohnvorteil von 500,00 € deutlich zu niedrig sein. Andererseits erscheint der vom Antragsgegner in der Beschwerdebegründung behauptete Wert von 800,00 € übersetzt. In Grünstadt werden nach den Recherchen des Senats für Wohnungen dieser Größe Mieten zwischen 6,00 € und 7,00 € pro Quadratmeter gezahlt. Der Senat schätzt den objektiven Mietwert dieser Wohnung daher auf rund 700,00 €.

Hinzuzurechnen sind der Antragstellerin weiter die unstreitig erzielten Zinseinkünfte von monatlich 65,85 €.

Insgesamt ist damit von einem bereinigten Einkommen der Antragstellerin von (855,00 € + 700,00 € + 65,85 € =) rund 1.621,00 € auszugehen.

c) Auf Seiten des Antragsgegners ist bei der Bedarfsbemessung neben dem Erwerbseinkommen von 6.500,00 € ebenfalls ein Gebrauchsvorteil des mietfreien Wohnens zu berücksichtigen.

Das Familiengericht hat den objektiven Mietwert des Einfamilienhauses in Birkenhördt mit 1.000,00 € angesetzt. Aus Sicht des Senats ist dies nicht zu beanstanden; auch die Beteiligten haben dagegen nichts erinnert.

Die Auffassung des Antragsgegners, ein Wohnwert sei nicht zu berücksichtigen, weil aus den 6.500,00 €, die während des Zusammenlebens zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie zur Verfügung standen, auch die damals noch zu leistenden Kreditraten für das Anwesen bezahlt worden seien, ist nicht zu folgen. Finanzierungslasten für ein Familienheim reduzieren sich regelmäßig mit zunehmender Entschuldung; dadurch frei werdende Mittel stehen dann zur Deckung des anderweitigen sich ebenfalls regelmäßig verändernden Bedarfs der Familie - etwa zur Deckung des mit fortschreitendem Alter steigenden Unterhaltsbedarfs der Kinder - zur Verfügung.

Das Einkommen des Antragsgegners ist zu bereinigen um den Unterhaltsbedarf der beiden volljährigen Kinder. Da sie noch im Haushalt eines Elternteils leben, ist ihr Bedarf nach der 4. Alterstufe der Düsseldorfer Tabelle zu bemessen (Ziff. 11 SüdL); auf Grund der Einkommensverhältnisse der Eltern ist er der höchsten Einkommensgruppe zu entnehmen und beläuft sich damit für jedes Kind auf 781,00 €.

Bedarfsdeckend anzurechnen ist das Kindergeld von je 184,00 € (§ 1612 b Abs. 1 Nr. 2 BGB).


Dieser Unterhaltsbedarf der Kinder wird unstreitig allein vom Antragsgegner gedeckt, der die Antragstellerin von ihrer Mitverpflichtung freistellt.

Das Einkommen ist weiter zu bereinigen um den an die Antragstellerin zu zahlenden Altersvorsorgeunterhalt von monatlich 250,00 €.

Schließlich ist von dem Erwerbseinkommen, das nach Abzug des anteilig aus ihm zu deckenden Kindes- und Altervorsorgeunterhalts verbleibt, der Erwerbsanreiz (1/10) abzusetzen.

Es verbleibt ein bereinigtes Gesamteinkommen des Antragstellers von (6.500,00 € + 1.000,00 € = 7.500,00 € ./. 2 x 597,00 € ./. 250,00 € ./. 524,85 € =) rund 5.531,00 €.

d) Aus den beiderseitigen prägenden Einkünften der Beteiligten errechnet sich ein nicht durch eigene Einkünfte gedeckter Elementarunterhaltsbedarf der Antragstellerin von (5.531,00 € ./. 1.621,00 € =) 1.955,00 €.

Zu ihren Gunsten besteht daher ein Unterhaltsanspruch von insgesamt 2.205,00 € (1.955,00 € Elementarunterhalt und 250,00 € Altervorsorgeunterhalt).

3. Dieser nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessene Unterhaltsanspruch ist gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf der Antragstellerin herabzusetzen, weil ein dauerhafter voller Unterhaltsanspruch unbillig wäre.

Dagegen kommt eine Befristung (§ 1578 b Abs. 2 BGB) des auf den angemessenen Lebensbedarf der Antragstellerin reduzierten Unterhaltsanspruchs auf Grund der fortbestehenden ehebedingten Nachteile, die die Antragstellerin nicht mehr ausgleichen können wird, nicht in Betracht.

Der angemessene Lebensbedarf gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB bestimmt sich nach der Lebensstellung, die der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und die damit verbundenen Nachteile erlangt hätte (BGH FamRZ 2011, 197; 2010, 2059 und 1633).

Durch die Ehe sind auf Seiten der Antragstellerin Nachteile in Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Sie hat ihren Beruf aufgegeben, um sich - entsprechend der gemeinsamen Lebensplanung - der Betreuung und Erziehung der Kinder, der Haushaltsführung und den Repräsentationsaufgaben einer Unternehmergattin zu widmen.

Es kann davon ausgegangen werden, dass sie ohne die Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit heute weiterhin als Bürokauffrau oder Sekretärin tätig wäre und ein deutlich höheres Einkommen erzielen würde, als ihr das heute - bei Erfüllung ihrer Erwerbsobliegenheit - möglich wäre.

An Bürokauffrauen werden heute - abhängig von der Anzahl der Berufsjahre sowie von Branche, Art und Wichtigkeit der Tätigkeit - regelmäßige Bruttogehälter zwischen 1.500,00 € und 2.500,00 € gezahlt.

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin sich - wie vor Beendigung der Berufstätigkeit - weiterhin um ihre berufliche Qualifizierung bemüht hätte und nach langjähriger Berufszugehörigkeit heute ein Bruttoeinkommen im oberen Bereich erzielen würde. Ihr würde dann unter Berücksichtigung von Sonderzahlungen, wie sie in diesen Bereichen üblicherweise geleistet werden, zur Deckung ihres angemessenen (laufenden) Lebensbedarfs ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von rund 1.700,00 € zur Verfügung stehen, mithin monatlich 700,00 € netto mehr als die 1.000,00 € netto, die sie heute bei Erfüllung ihrer Erwerbsobliegenheit verdienen könnte.

Daneben könnte sie aus dem höheren Einkommen weitergehende Altersvorsorge betreiben; Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung wären um rund 220,00 € höher (19,9 % Beitrag aus einem Bruttoeinkommen von 2.500,00 € sind rund 497,00 €; 19,9 % Beitrag aus einem Bruttoeinkommen von rund 1.390,00 € - hochgerechnet aus den der Antragstellerin fiktiv zugerechneten 1.000,00 € netto - sind rund 277,00 €).

In dieser auf ihren angemessenen Lebensbedarf reduzierten Höhe (700,00 € Elementarunterhalt und 220,00 € Altersvorsorgeunterhalt) besteht der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin unbefristet.

Der darüber hinausgehende Anspruch ist dagegen bis September 2013 (zwei Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung) zu beschränken.

Unter Berücksichtigung der Trennungszeit wird die Antragstellerin dann über einen Zeitraum von insgesamt rund fünfeinhalb Jahren den vollen Unterhalt zur Verfügung haben (der Antragsgegner hat unstreitig Trennungsunterhalt in vergleichbarer Höhe geleistet); in dieser Zeit sollte es ihr möglich sein, sich so einzurichten, dass sie ihren Lebensbedarf (mit Ausnahme des durch mietfreies Wohnen bereits gedeckten Wohnbedarfs) mit den ihr dann noch verbleibenden Mitteln decken kann, die (unter Berücksichtigung der erzielbaren eigenen Einkünfte) deutlich über dem Mindestbedarf liegen .

Bei der Festlegung des Zeitpunkts, bis zu dem der Antragstellerin über die Rechtskraft der Ehescheidung hinaus der volle Unterhalt verbleiben soll, hat der Senat auch die Dauer der Ehe der Beteiligten (rund 22 Jahre bis zur Zustellung des Scheidungsantrags) und deren wirtschaftliche Verflechtung durch Aufgabe der Erwerbstätigkeit und Kindererziehung seitens der Antragstellerin berücksichtigt. ..."

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Für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der geschiedenen Ehefrau ist nur auf deren Einkommensverhältnisse sowie auf die des Unterhaltspflichtigen abzustellen (§ 1578 BGB). Die zweite Ehefrau ist nicht im Wege der Dreiteilung in die Bedarfsermittlung aufzunehmen. Unterhaltszahlungen an sie finden daher bei Ermittlung des Bedarfs der geschiedenen Ehefrau keine Berücksichtigung. Erst bei Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist die zweite Ehefrau einzubeziehen. Fließen dem Unterhaltspflichtigen Realsplittingvorteile aus der zweiten Ehe zu, müssen diese dem Unterhaltspflichtigen zur Deckung des Bedarfs der zweiten Ehefrau verbleiben. Soweit der Unterhaltspflichtige nicht ohne Gefährdung seines angemessenen Selbstbehaltes den Bedarf beider Ehefrauen decken kann, ist dem Vorrang der zweiten Ehefrau dadurch Rechnung zu tragen, dass der ungedeckte Bedarf der vorrangigen Ehefrau sowohl aus dem Bedarf des Unterhaltspflichtigen als auch aus dem Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau zu bedienen ist, wobei sich die geschiedene Ehefrau entsprechend ihrer quotalen Teilhabe an dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen an dem Bedarf der zweiten Ehefrau zu beteiligen hat. Den die Abänderung Begehrenden trifft die Darlegungs- und Beweislast, dass er wegen unterbliebener Aufklärung über geänderte Umstände auf Seiten des Berechtigten gehindert war, im Ausgangsverfahren Tatsachen vorzutragen, die objektiv in die abzuändernde Entscheidung hätten einbezogen werden müssen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.05.2011 - II-7 UF 1/11 zu §§ 1573 Abs. 2, 1578, 1581, 1609 BGB, 238 Abs. 2 FamFG).

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Der Halbteilungsgrundsatz ist auch bei krankheitsbedingt erhöhtem Unterhaltsbedarf des Berechtigten zu beachten. Zur Bewertung von Leistungen aus der Pflegeversicherung als unterhaltsrelevantes Einkommen mit Lohnersatzfunktion.(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.02.2010 - II-8 WF 224/09):

„... I. Der 1965 geborene Antragsteller und die 1958 geborene Antragsgegnerin haben am 03.03.1995 geheiratet. Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen. Die Trennung der Parteien erfolgte im Februar 2007.

Am 10.02.2007 unternahm die Antragsgegnerin einen Suizidversuch und liegt seitdem im Wachkoma. Ihr monatlicher Unterhalts- und Pflegebedarf beläuft sich auf 5.500 € bis 6.000 €. Die Antragsgegnerin erhält eine Erwerbsminderungsrente von 1.046 € und ein Pflegegeld von 1.279 €; im Übrigen bezieht sie Leistungen nach dem SGB XII .

Der Antragsteller verfügt - unstreitig - über ein um berufsbedingte Aufwendungen bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von 3.955 €; er macht zudem den einkommensmindernden Abzug von Kreditverbindlichkeiten geltend.

Das Amtsgericht hat der Antragsgegnerin im vorliegenden Verbundverfahren Prozesskostenhilfe in der Folgesache Nachscheidungsunterhalt in Höhe von 1.237 € bewilligt. Den Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung weiterer Prozesskostenhilfe bis zu einem Betrag von 2.955 € hat das Amtsgericht mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss zurückgewiesen.

II. Die - zulässige - Beschwerde ist nicht begründet. Der Antragsgegnerin steht ein über monatlich 1.237 € - insoweit hat das Amtsgericht Prozesskostenhilfe bewilligt - hinausgehender Unterhaltsanspruch nicht zu. Bei einer höheren Unterhaltszahlung wäre der für die Bedarfsbestimmung geltende Halbteilungsgrundsatz verletzt, wonach dem Unterhaltsverpflichteten jedenfalls die Hälfte des eheprägenden Einkommens verbleiben muss (BGH in FamRZ 2001, 986, 991; 2006, 683, 686). Dies folgt aus dem Gebot, dass beide Ehegatten in gleicher Weise auch nach Trennung und Scheidung an den ehelichen Lebensverhältnissen teilhaben.

Die ehelichen Lebensverhältnisse wurden durch die beiderseitigen Erwerbseinkünfte der Parteien aus vollschichtiger Tätigkeit bestimmt. Auf Seiten der Antragsgegnerin ist an die Stelle ihrer Erwerbseinkünfte jedenfalls die Erwerbsminderungsrente getreten. Ob auch die Leistungen aus der Pflegeversicherung als Einkommen mit Lohnersatzfunktion zu bewerten sind, ist, soweit erkennbar, bisher ober- oder höchstgerichtlich nicht entschieden worden, kann jedoch im vorliegenden Fall dahinstehen, wie sich aus der nachfolgenden Berechnung ergibt.

Die der Bedarfsbemessung zugrunde zu legenden Einkünfte der Parteien belaufen sich auf maximal 4.436 €, wovon dem Antragsteller nach dem Halbteilungsgrundsatz jedenfalls 2.218 € verbleiben müssen. Der Antragsteller verfügt über ein monatliches bereinigtes Nettoeinkommen von 3.955 €. Ob der Abzug von - streitigen - Kreditverpflichtungen unterhaltsrechtlich geboten ist, mag im Hauptsacheverfahren geklärt werden und ist für die Entscheidung des Beschwerdeverfahrens ohne Bedeutung. Vom bereinigten Nettoeinkommen des Antragstellers ist jedoch jedenfalls der Erwerbstätigenbonus (1/7) in Abzug zu bringen (BGH in FamRZ 2006, 387, 392), so dass (3.955 € - 565 € =) 3.390 € verbleiben. Auf Seiten der Antragsgegnerin ist - jedenfalls - die Erwerbsminderungsrente von 1.046 € zu berücksichtigen.

Dem Antragsteller ist von seinem Einkommen von (maximal) 3.955 € zunächst der Erwerbstätigenbonus von 565 € zu belassen, so dass 3.390 € verbleiben. Zahlt er sodann einen monatlichen Nachscheidungsunterhalt von 1.237 €, wofür das Amtsgericht bereits auch Prozesskostenhilfe bewilligt hat, so verbleiben ihm 2.153 €, mithin weniger, als ihm nach dem Halbteilungsgrundsatz mit 2.218 € zu verbleiben hat.

Würde auch das Pflegegeld als Einkommen mit Lohnersatzfunktion bewertet, beliefen sich die eheprägenden Einkünfte der Parteien auf insgesamt (3.390 € + 1.046 € + 1.279 € =) 5.715 €, so dass dem Antragsteller nach dem Halbteilungsgrundsatz 2.858 € verbleiben müssten, mithin noch mehr als ohne eine solche Zurechnung.

Danach steht der Antragsgegnerin jedenfalls kein über monatlich 1.237 € hinausgehender Anspruch auf Nachscheidungsunterhalt zu. ..."

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Die 44jährige geschiedene Ehefrau eines Zahnarztes kann vier Jahre nach Rechtskraft der Scheidung auch dann auf den Arbeitsmarkt für un und angelernte Kräfte verwiesen werden, wenn sie das Abitur erworben und ein Lehramtsstudium im Zusammenhang mit der Eheschließung abgebrochen hat. das gilt jedenfalls dann, wenn sie während der Ehezeit mehrere Jahre als ungelernte Empfangskraft in der Praxis des Ehemannes mitgearbeitet hat. Hat die zweite Ehefrau des Unterhaltspflichtigen vorehelich geborene Kinder (Stiefkinder des Unterhaltspflichtigen) in die Ehe mitgebracht und wird ihr im Rahmen der Dreiteilungsmethode ein Einkommen aus hypothetischer Erwerbstätigkeit zugerechnet (BGH Urteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - FamRZ 2010, 111), so sind diese Einkünfte jedenfalls um den Betrag zu bereinigen, den sie zur Deckung des durch Unterhaltszahlungen des leiblichen Vaters nicht gedeckten Mindestbedarfes ihrer Kinder benötigen würde. Dem Umstand der Haushaltsersparnis durch das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen mit seiner zweiten Ehefrau kann im Rahmen der Dreiteilungsmethode dadurch Rechnung getragen werden, dass der Quotenbedarf der geschiedenen Ehefrau pauschal um 10 % erhöht wird. Zur Beurteilung ehebedingter Nachteile bei einer Abiturientin, die im Zusammenhang mit der Eheschließung in jungen Jahren ein Studium abgebrochen hat (OLG Celle, Urteil vom 11.03.2010 - 17 UF 154/09 zu BGB §§ 1574 II, 1578 I, 1578 b I).

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„... Das Maß des Unterhalts richtet sich gem. § 1578 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen.

aa) Diese waren zunächst von dem Erwerbseinkommen des Antragstellers geprägt, das sich im Jahr 2009 auf 20.927,58 € netto belief, wie sich aus den Jahreszahlen in der Verdienstbescheinigung für Dezember 2009 ergibt. Das durchschnittliche, monatliche Nettoeinkommen betrug danach 1.743,97 €.

Dieses Nettoeinkommen ist auch der Unterhaltsberechnung für die Zeit vom 03.11.2009 bis zum 31.12.2009 zugrunde zu legen. Denn im Jahr 2009 war der Antragsteller noch nicht gehalten, den Realsplittingvorteil aus der Unterhaltspflicht gegenüber der Antragsgegnerin geltend zu machen. Bei der Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB ist nämlich grundsätzlich von den tatsächlich erzielten Einkünften auszugehen. Im Regelfall ist deswegen auch die Steuerlast in ihrer jeweils realen Höhe maßgebend, unabhängig davon, worauf sie im konkreten Fall beruht. Berichtigungen der tatsächlichen, durch Steuerbescheid oder Lohnabrechnung nachgewiesenen Nettoeinkünfte sind nur in besonders liegenden Fällen vorzunehmen, etwa dann, wenn erreichbare Steuervorteile entgegen einer insoweit bestehenden Obliegenheit nicht in Anspruch genommen worden sind. Entsprechend trifft den Unterhaltspflichtigen grundsätzlich auch eine Obliegenheit, mögliche Steuervorteile im Wege des Realsplittings nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu realisieren, soweit dadurch nicht eigene Interessen verletzt werden. Die Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Inanspruchnahme steuerlicher Vorteile aus dem Realsplitting geht allerdings nur so weit, wie seine Unterhaltspflicht aus einem Anerkenntnis oder einer rechtskräftigen Verurteilung folgt oder freiwillig erfüllt wird. Denn die steuerlichen Voraussetzungen des Realsplittings erfordern eine tatsächliche Unterhaltszahlung in dem jeweiligen Steuerjahr (BGH, Urteil vom 28.02.2007, XII ZR 37/05, FamRZ 2007, 793).

Der Antragsteller führt die Berufung zwar nur, soweit er über den Betrag von monatlich 600,70 € zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verurteilt worden ist und hat dies auch bereits in der Berufungsbegründung vom 28.09.2009 erklärt. Zu diesem Zeitpunkt war der nacheheliche Unterhalt aber noch nicht fällig, denn der Scheidungsausspruch ist erst am 03.11.2009 rechtskräftig geworden. Der Senat ist der Ansicht, dass dem Antragsteller keine unterhaltsrechtliche Obliegenheitsverletzung vorgeworfen werden kann, wenn er in dieser Situation von der nur bis zum 30.11. des jeweiligen Steuerjahrs bestehenden Möglichkeit, einen Freibetrag eintragen zu lassen, keinen Gebrauch mehr gemacht hat, zumal unklar ist, wann er Kenntnis von der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs erlangt hat und ob bzw. in welcher Höhe er vom 03.11.2009 bis zum 31.12.2009 überhaupt Ehegattenunterhalt gezahlt hat.

Für den Unterhaltszeitraum ab Januar 2010 ist aber eine andere Beurteilung gerechtfertigt. Mangels anderer Anhaltspunkte schreibt der Senat zwar das von dem Antragsteller im Jahr 2009 erzielte Bruttoeinkommen in Höhe von 35.126,24 € fort, errechnet das Nettoeinkommen aber unter Berücksichtigung eines jährlichen Freibetrags von 13.805,00 €, des Höchstbetrags gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Denn mit Verkündung des vorliegenden Urteils am 1.02.2010 steht die Unterhaltspflicht des Antragstellers fest. Er kann dann umgehend den Freibetrag auf seiner Lohnsteuerkarte eintragen lassen, so dass dieser schon für das ab März 2010 auszuzahlende Gehalt berücksichtigt werden kann. Es ist auch davon auszugehen, dass etwaige Nachzahlungen auf den Unterhalt für Januar und Februar 2010 im Laufe des Jahres 2010 noch erfolgen werden.

Dann beträgt das Nettoeinkommen, das der Antragsteller im Jahr 2010 erzielen kann 26.074,00 €, monatlich rund 2.173,00 € (vgl. Gehaltsrechner im Internet: www.x.de).

bb) Die ehelichen Lebensverhältnisse waren weiter geprägt von der Steuererstattung, die sich nach dem Steuerbescheid für 2007 vom 09.03.2009 monatsanteilig auf 210,02 € belief.

cc) Das Erwerbseinkommen des Antragstellers ist jedoch zu bereinigen um die berufsbedingten Fahrtkosten, die das Amtsgericht für seine Fahrten von T nach P mit 236,50 € (21,5 km einfache Entfernung) angesetzt hat. Die Antragsgegnerin hatte im Berufungsverfahren zunächst behauptet, dass der Antragsteller seit Rechtskraft der Ehescheidung wieder dauerhaft in der Siegener Niederlassung der B GmbH arbeite. Auf die Erklärung des Antragstellers im Senatstermin vom 11.01.2010, dass er weiterhin in der Niederlassung in P eingesetzt sei, hat sie ihren diesbezüglichen Vortrag aber nicht weiter verfolgt.

dd) Der Senat berücksichtigt die Tilgung des Hypothekendarlehens bei der M Bank, das der Antragsteller monatlich mit 488 € (Zins und Tilgung) bedient, in Höhe von 4% seines Bruttoeinkommens als ergänzende Altersvorsorge (vgl. BGH, Urteil vom 05.03.2008, XII ZR 22/06, FamRZ 2008, 963 sowie Ziffer 5.4 der Leitlinien zum Unterhaltsrecht des Oberlandesgerichts Hamm, Stand: 01.01.2010). Dadurch rechtfertigt sich ein weiterer Abzug vom Erwerbseinkommen des Antragstellers in Höhe von monatlich 117,00 €.

ee) Eheprägend ist weiter der geldwerte Vorteil, den der Antragsteller daraus zieht, dass er mietfrei im eigenen Haus wohnt.

Dabei kommt nach Auffassung des Senats aber als Ausgangspunkt der Ermittlung des objektiven Wohnwerts nicht der Mietwert von 736,10 € in Betracht, den das Amtsgericht offenbar dem Sachverständigengutachten zum Verkehrswert des Hauses G-Straße in T entnommen hat. Denn dieses Gutachten ist nur im Verfahren über den Zugewinnausgleich und nicht im Unterhaltsverfahren eingeholt worden. Außerdem ging es dort nur um die Ermittlung des Verkehrswerts des Grundstücks und nicht um die sachverständige Feststellung des Mietwerts. Darüber hinaus hatten die Parteien im Termin vom 29.06.2007 vor dem Amtsgericht den objektiven Mietwert mit 5,00 € für 118 m² Wohnfläche, also mit 590,00 €, unstreitig gestellt. Es ist kein Umstand ersichtlich, der eine Partei berechtigt hätte, später von dieser Erklärung wieder abzuweichen.

Der Wohnwert ist um die Zinsbelastung aus dem Hypothekendarlehen bei der M Bank zu bereinigen, die im Jahr 2008 monatsdurchschnittlich 89,33 € betrug. Genaue Feststellungen dazu, wie hoch die reine Zinsbelastung im Jahr 2009 war und ab dem Jahr 2010 sein wird, sind entbehrlich. Sie beträgt sicherlich mehr als monatlich 40,00 €, so dass der von dem Antragsteller selbst vorgerechnete Wohnvorteil von monatlich 550,00 € der Entscheidung des Senats zugrundegelegt werden kann.

ff) Das Zusammenleben in einer häuslichen Gemeinschaft kann unter dem Gesichtspunkt ersparter Wohn- und Haushaltskosten nach den Umständen des Einzelfalls - bei Leistungsfähigkeit des Partners - die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten steigern (Ziffer 6.2 der Leitlinien zum Unterhaltsrecht des Oberlandesgerichts Hamm). Dieser geldwerte Vorteil hat die ehelichen Lebensverhältnisse aber nicht geprägt und bleibt deshalb bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs der Antragsgegnerin außer Betracht.

gg) Nebeneinkünfte des Antragstellers aus dem Verkauf von Holz hat die Antragsgegnerin pauschal behauptet, aber nicht der Höhe nach konkretisiert. Da sie ihren diesbezüglichen Vortrag nicht weiter verfolgt hat, nachdem der Antragsteller im Senatstermin die Erklärung abgegeben hat, daraus kein Einkommen zu erzielen, sind auf seiner Seite keine weiteren Einkünfte zu berücksichtigen.

hh) Die Antragsgegnerin verfügt zwar - krankheitsbedingt - nicht über Erwerbseinkünfte. Die erzielbaren Zinseinkünfte aus dem Zugewinnausgleich stellen aber prägendes Einkommen dar(vgl. Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 7. Auflage 2008, § 1 Rn 395 m.w.N.). Der Senat unterstellt, dass sie die knapp 30.000,00 € zu 3% anlegen könnte. Dann ist ihr ein Einkommen von monatlich 75,00 € zuzurechnen (30.000,00 € x 3% = 900,00 € : 12).

ii) Die Antragsgegnerin kann von dem Antragsteller neben dem Elementarunterhalt auch Altersvorsorgeunterhalt verlangen, weil die Kosten einer angemessenen Altersvorsorge gem. § 1578 Abs. 2 BGB zu ihrem Lebensbedarf gehören.

Der Vorsorgeunterhalt beinhaltet die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit. Nach dem Zweck der Regelung sollen mit dem Vorsorgeunterhalt mit unterhaltsrechtlichen Mitteln Nachteile ausgeglichen werden, die dem Berechtigten aus einer ehebedingten Behinderung seiner Erwerbstätigkeit erwachsen. Diese Beurteilung rechtfertigt es, den Vorsorgeunterhalt auf der Grundlage des Elementarunterhalts zu berechnen, wie wenn der Berechtigte aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit ein Einkommen in Höhe des Elementarunterhalts hätte. Es wird ein Einkommen in Höhe des Elementarunterhalts aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit fingiert. Vorsorgeunterhalt wird zusätzlich zum Elementarunterhalt geschuldet. Er ist ein unselbstständiger Bestandteil des einheitlichen Lebensbedarfs. Die Antragsgegnerin muss keine konkreten Angaben über Art und Weise der von ihr beabsichtigten Vorsorge machen. Zur Substantiierung ihres Anspruchs reicht deshalb die Erklärung aus, dass und in welcher Höhe sie Vorsorgeunterhalt verlangt.

In welcher Weise der Vorsorgeunterhalt zu berechnen ist, ist im Gesetz nicht geregelt. Nach gefestigter Rechtsprechung ist aber - entsprechend dem Zweck des Vorsorgeunterhalts - für die Berechnung an den Elementarunterhalt anzuknüpfen, wie er ohne Vorsorgeunterhalt zu leisten wäre. Deshalb ist zunächst - als erster Rechenschritt - der Elementarunterhalt festzustellen, der ohne Vorsorgeunterhalt geschuldet wäre. Dann ist - in einem zweiten Rechenschritt - dieser vorläufige Elementarunterhalt entsprechend dem Verfahren nach § 14 Abs. 2 SGB IV (Umrechnung sogenannter Nettovereinbarungen) wie ein Nettoarbeitsentgelt zum sozialversicherungsrechtlichen Bruttolohn hochzurechnen. Dies geschieht in der Praxis nach der Bremer Tabelle. In einem dritten Rechenschritt wird aus dieser Bruttobemessungsgrundlage mit dem jeweils geltenden Beitragssatz gemäß §§ 157 f. SGB VI der Vorsorgeunterhalt berechnet. Der Beitragssatz beträgt seit 01.01.2007 19,9%. Schließlich ist der Elementarunterhalt nach Vorabzug des Vorsorgeunterhalts vom Einkommen des Verpflichteten endgültig zu berechnen (Wendl/Gutdeutsch, Unterhaltsrecht, 7. Auflage 2008, § 4 Rn 449 ff.).

c) Daraus ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung: (siehe: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2010/4_UF_151_09urteil20100201.html) ..." (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 01.02.2010 - 4 UF 151/09).

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In Abänderungsverfahren, die einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt betreffen, ist ein allein auf das Fehlen ehebedingter Nachteile gestütztes Befristungsverlangen regelmäßig präkludiert, wenn die Ehe der Parteien kinderlos geblieben ist und der abzuändernde Unterhaltstitel nach der Veröffentlichung des BGH - Urteils vom 12.4.2006 (Az. XII ZR 190/03) ausgeurteilt oder vereinbart wurde. Sind aus der Ehe jedoch Kinder hervorgegangen, ist eine abweichende Beurteilung geboten, weil § 1573 Abs. 5 Satz 1 2. Hs. BGB a.F. die Unterhaltsbefristung für diesen Fall regelmäßig ausschloss und der BGH die Befristung eines Unterhaltsanspruchs nach einer Ehe, aus der Kinder hervorgegangen sind, erstmals mit Urteil vom 28.2.2007 (Az. XII ZR 37/05) gebilligt hat (OLG Düsseldorf, Beshcluss vom 16.12.2009 - II-8 WF 185/09).

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Neben der Betreuung von zwei - elf Jahre und 14 Jahre - alten Schulkindern ist der Betreuungselternteil aus elternbezogenen Gründen auch dann noch nicht zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet, wenn die Kinder nach der Schule ganztägig in einer geeigneten Tagespflegestelle betreut werden könnten. Zur unterhaltsrechtlichen Behandlung eines Geldvermögens, welches dem berechtigten Ehegatten nach Scheidung der Ehe im Wege der Erbschaft zugeflossen ist. Wird der Unterhalt auf einen angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt, indem er auf einen Nachteilsausgleich nach der eigenen Lebensstellung des Berechtigten beschränkt worden ist, umfasst der Unterhaltsbedarf auch den Altersvorsorgebedarf (im Anschluss an OLG Bremen, FamRZ 2008, 1957 = BeckRS 2008, 9226; OLG Celle, Urteil vom 06.08.2009 - 17 UF 210/08 zu BGB §§ 1570, 1577 III, 1578 III, 1578b I).

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Der nachträglichen Herabsetzung und/oder zeitlichen Begrenzung einer in einem Prozeßvergleich ohne Befristung vereinbarten Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts nach § 323 ZPO in Verbindung mit §§ 313, 1578b BGB steht nicht entgegen, daß der Vergleich (erst) im Jahre 2004 (also unter Geltung der Befristungsmöglichkeiten nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 S. 2 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Änderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften vom 20. Februar 1986) geschlossen wurde. Hat der Unterhaltsberechtigte nennenswerte fortdauernde ehebedingte Nachteile nicht nachgewiesen, obwohl die Umstände einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahe legen, steht auch eine Ehedauer von 25 Jahren (gerechnet bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages) einer zeitlichen Begrenzung und Herabsetzung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt nach § 1578b BGB nicht entgegen (hier: Herabsetzung und zeitliche Begrenzung auf acht Jahre nach alsbald nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages rechtskräftig gewordenem Scheidungsurteil; OLG Stuttgart, Urteil vom 15.07.2009 - 18 UF 10/09 zu BGB §§ 313, 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1, 1578b; ZPO § 323):

„... Der Kläger verlangt von der Beklagten, seiner geschiedenen Ehefrau, einen Prozeßvergleich aus dem Jahre 2004 dahin abzuändern, daß er ab März 2010 keinen Unterhalt mehr an sie zu zahlen habe. Die im ersten Rechtszug erhobene Widerklage auf Erhöhung des Unterhalts hat das Amtsgericht - Familiengericht - Stuttgart-Bad Cannstatt abgewiesen, ohne daß die Beklagte hiergegen Berufung eingelegt hat.

Am 18. Mai 1977 schlossen die Beklagte (geboren am 6. Juni 19569) und der Kläger (geboren am 19. Januar 1953) die Ehe, aus der der Sohn D. (geboren am 22. März 1979) und die Zwillinge K. und J. (geboren am 17. Mai 1985) hervorgegangen sind. Mit am selben Tage rechtskräftig gewordenem Urteil vom 19. Februar 2004 sprach das Familiengericht die Scheidung aus, nachdem sich die Parteien im Juni 2001 getrennt hatten, und der Scheidungsantrag am 10. April 2002 zugestellt worden war.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. Februar 2004 trafen die Parteien eine Scheidungsfolgenvereinbarung zum Unterhalt, in der sich der Kläger in § 1 verpflichtete, an die Klägerin einen monatlich im voraus fälligen nachehelichen Unterhalt von 880 € zu zahlen. § 2 der Vereinbarung lautet:

» Die Parteien sind sich darüber einig, daß der Antragsteller insgesamt monatlich nicht mehr [als] 1.580 € an Unterhalt (Ehegatten- und Kindesunterhalt) für die Dauer von zwei Jahren zahlen soll. Danach können die Parteien eine Abänderung dieser Vereinbarung vornehmen. Eine vorherige Abänderung ist nur in Fällen der Not zulässig. «

In § 3 wurden die Kosten der Vereinbarung gegeneinander aufgehoben; in § 4 einigten sich die Parteien dahin, daß für den Fall des Nichtbestehens eines Unterhaltsanspruchs eines oder beider Kinder J. und K. der Unterhaltsanspruch der Beklagten sich um 45% des wegfallenden Kindesunterhalts erhöhe. Im übrigen nahmen die Parteien keine Grundlagen des Vergleichs in die Vereinbarung auf. Bei der Ermittlung der Höhe des Unterhaltsanspruchs der Beklagten, die seinerzeit aus ihrer Halbtagstätigkeit als Erzieherin ein Nettoeinkommen von monatlich 1.215 € erzielte, gingen sie allerdings auf seiten des Klägers von einem bereinigten Nettoeinkommen von 3.314 € bei einem Einkommen von 4.014 € monatlich und einem Kindesunterhalt von 700 € aus.

Die Beklagte war bei Eheschließung im Jahre 1977 als Erzieherin im Anerkennungsjahr im E. Heim in Würzburg beschäftigt. Auch nach der Geburt des Sohnes D. im März 1979 übte sie eine Halbtagstätigkeit als Erzieherin aus, während der Kläger sein von ihr und ihren Eltern mitfinanziertes Lehramtsstudium fortsetzte. Mit der Geburt der Zwillinge J. und K. im Februar 1985 beendete die Beklagte ihre Erwerbstätigkeit und widmete sich der Kinderbetreuung, während der Kläger nach Abschluß seines Referendariats ab Oktober 1985 als Pharmareferent in die Dienste der Firma G./P. D. trat. Die Beklagte konnte im Herbst 1988 ihre Halbtagstätigkeit als Erzieherin auf ihrer alten Stelle in Würzburg wieder aufnehmen.

1990 zogen die Parteien von Würzburg nach Freiburg, wo der Kläger zum Verkaufstrainer ernannt worden war. Im Juni 1991 erhielt die Beklagte ihre heutige Stelle als Erzieherin im Kindergarten der Gemeinde U. Die Halbtagsstelle wurde im Jahre 2001 auf eine Teilzeitstelle im Umfang von 24 Stunden pro Woche aufgestockt. Im Jahre 2007 erzielte die Beklagte hieraus ein monatliches Nettoeinkommen von 1.210 €. Befristet bis zum 31. August 2009 leistet sie seit November 2008 wöchentlich zusätzlich sechs Stunden Arbeit; im Jahre 2008 betrug ihr monatliches Nettoeinkommen 1.298 €. Außerdem erzielt sie Einkünfte aus Kapitalvermögen von monatlich 100 €; das Kapital hat sie aus der Vermögensauseinandersetzung in der Ehe erlangt, bei der sie aus dem Hausverkauf Anfang des Jahres 2004 45.634 €, als Zugewinnausgleich 38.000 € sowie weitere vom Kläger gezahlte 15.150,66 € für eine Lebensversicherung erhielt.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 29. Januar 2008 schlug der Kläger der Beklagten vor, auf die Zahlung von Ehegattenunterhalt zu verzichten. Der Kläger hat behauptet, bei der Unterhaltsberechnung für den Vergleich habe man immer eine Vollzeitbeschäftigung bei der Beklagten zugrunde gelegt. Er ist der Auffassung gewesen, bei Vergleichsschluß sei nach der damaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung wegen der langen Dauer der Ehe eine Befristung des Unterhaltsanspruchs ausgeschlossen gewesen. Er hat beantragt, den vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Freiburg (Breisgau) am 19. Februar 2004 geschlossenen Prozeßvergleich mit Wirkung ab 1. März 2010 dahingehend abzuändern, daß er an die Beklagte keinen Ehegattenunterhalt mehr zu bezahlen hat.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, bei der Unterhaltsberechnung für den Vergleich hätten die Parteien ihr zu ihrem tatsächlichen Einkommen aus Halbtagstätigkeit ein fiktives Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung von 400 € zugerechnet, um einerseits dem Einwand des Beklagten zu entsprechen, sie sei gehalten, eine Vollzeitstelle anzunehmen, und um andererseits ihrem Anliegen Rechnung zu tragen, ihre sichere, aber nicht die Möglichkeit einer Aufstockung bietende Stelle nicht aufgeben zu müssen. Weiter hat sie vorgetragen, ohne die Ehe hätte sie deutlich höhere Rentenanwartschaften erlangt. Schließlich hat sie sich auf den Rechtsstandpunkt gestellt, eine Befristung des Unterhalts sei »präkludiert«, weil schon bei Vergleichsschluß die damalige höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 1573 Abs. 5 BGB a.F. eine Befristung des Unterhalts ermöglicht hätte.

Das Amtsgericht hat in seinem Urteil vom 22. Dezember 2008, der Beklagten zugestellt am 23. Dezember 2008, den am 19. Februar 2004 vor dem Familiengericht Freiburg geschlossenen Vergleich dahin abgeändert, daß der Kläger ab 1. März 2010 keinen Ehegattenunterhalt mehr an die Beklagte zu zahlen hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Begrenzung des Unterhalts sei nach der im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 1573 Abs. 5 BGB wegen der Dauer der Ehe nicht möglich gewesen, weshalb eine Bindung an die Vergleichsgrundlage der Befristung des Unterhalts nicht entgegen stehe; vielmehr sei, gestützt auf § 1573 Abs. 5 BGB a.F., eine solche Befristung auf Ende Februar 2010 vorzunehmen. Dies sei auch in Anbetracht des Alters der Beklagten und der Ehedauer gerechtfertigt, weil die Beklagte Unterhaltsleistungen seit Februar 2004 bezogen und ehebedingte Nachteile, ausgehend von einem fiktiven Netto-Einkommen aus Vollzeittätigkeit von 1.917 €, nicht erlitten habe.

Hiergegen richtet sich die am 21. Januar 2009 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. März 2009 am 20. März 2009 begründete Berufung der Beklagten. Ihrer Ansicht nach hat das Amtsgericht zu Unrecht die Auffassung vertreten, die höchstrichterliche Rechtsprechung habe zur Zeit des Vergleichsschlusses eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht erlaubt. Sie behauptet, ohne die Ehe wäre sie heute Leiterin eines Kindergartens in München mit mehr als 180 Plätzen bei einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.260 € zuzüglich Weihnachts- und Urlaubsgeld. Dieses Einkommen könne sie heute tatsächlich nicht erzielen, zumal es sehr unwahrscheinlich sei, daß sie in einem anderen Kindergarten eine Vollzeitstelle finde. Im übrigen hält sie es für unzumutbar, ihr die Aufgabe ihres unkündbaren Teilzeit-Arbeitsverhältnisses anzusinnen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Freiburg vom 22. Dezember 2008 (42 F 59/08) in Tenor Ziffer 1. zu ändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt die Berufung zurückzuweisen. Er behauptet, die Beklagte könne aus einer Vollzeit-Tätigkeit als Erzieherin heute ein Nettoeinkommen von monatlich 1.677 € erzielen. ...

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet, hat aber in der Sache nur teilweise Erfolg. Gemäß § 1578b Abs. 1 BGB war der Aufstockungsunterhalt der Beklagten (§ 1573 Abs. 2 BGB) von März 2010 bis einschließlich Februar 2012 auf 440 € herabzusetzen; ab März 2012 entfällt der Unterhaltsanspruch (§ 1578b Abs. 2 und 3 BGB).

1. Die durch den Kläger erhobene Abänderungsklage ist gemäß § 323 Abs. 1 und 4 iVm § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig. Die den Schutz der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen bezweckenden Bestimmungen des § 323 Abs. 2 und 3 ZPO sind entgegen dem Wortlaut des § 323 Abs. 4 ZPO auf die Abänderung von der Privatautonomie der Parteien unterliegenden Prozeßvergleichen nicht anzuwenden; vielmehr folgt deren Abänderung ausschließlich den Bestimmungen des materiellen Rechts (BGH GSZ NJW 1983, 228, 230 = BGHF 3, 490; 1995, 534, 536 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 43 = BGHF 9, 728; OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 816; Wendl/Schmitz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 10 Rdn. 169; Zöller/Vollkommer, ZPO 27. Aufl. § 323 Rdn. 44 - 46). Weil der Kläger schlüssig behauptet hat, daß sich eine wesentliche Änderung seiner Unterhaltsverpflichtung durch Umstände ergeben habe, die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts zum 1. Januar 2008 entstanden und durch dieses Gesetz - nämlich durch § 1578b BGB - erheblich geworden seien, steht der Zulässigkeit der Klage auch nicht § 36 Nr. 1 EGZPO entgegen (zum prozessualen Gehalt dieser Bestimmung s. Borth, Unterhaltsrechtsänderungsgesetz (UÄndG) 1. Aufl. 2007 Rdn. 387, sowie OLG Saarbrücken OLGR 2009, 199).

2. Der Kläger kann von der Beklagten die Herabsetzung des ihr geschuldeten Unterhalts ab März 2010 auf 440 € und ab März 2012 auf Null verlangen (§§ 313 Abs. 1, 1578b BGB).

a) Die Abänderbarkeit des Vergleichs richtet sich nach den in § 313 Abs. 1 BGB geregelten Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage, denn die Parteien haben vor dem Familiengericht am 19. Februar 2004 über die grundsätzliche Möglichkeit der Abänderung der Vereinbarung nach Ablauf zweier Jahre in § 2 hinaus rechtsgeschäftlich keine Kriterien hierfür festgelegt. Unvereinbar mit dieser ausdrücklichen Einräumung einer Abänderungsmöglichkeit ist allerdings das durch den Kläger bestrittene Vorbringen der Beklagten im zweiten Rechtszug, die Parteien seien bei Vergleichsschluß davon ausgegangen, der Kläger müsse dauerhaft, jedenfalls aber bis zur Verrentung, Unterhalt leisten.

aa) In Bezug auf die Möglichkeit einer Befristung des Unterhalts bildete das bei Abschluß der Vereinbarung geltende materielle Unterhaltsrecht, namentlich also § 1573 Abs. 5 BGB, die Grundlage des Vergleichs iSv § 313 Abs. 1 BGB, weil die Parteien mit ihm den Aufstockungsunterhaltsanspruch der Beklagten nach § 1573 Abs. 2 BGB festlegten. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien wollten sie hierbei auch, was die Dauer der Zahlungsverpflichtung anbelangte, nicht von den gesetzlichen Unterhaltsbestimmungen abweichen, sondern eine diesen entsprechende Regelung treffen. Im übrigen ist Vereinbarungen zum Unterhalt generell immanent, daß sie auf der Grundlage der geltenden Rechtslage (BGH FamRZ 1994, 562, 564 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 40 = BGHF 9, 88; Graba, Die Abänderung von Unterhaltstiteln 3. Aufl. [2004] Rdn. 291) nebst herrschender Meinung und Rechtsprechung hierzu (Wendl/Schmitz, aaO Rdn. 171) getroffen worden sind.

bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten ermöglichte aber § 1573 Abs. 5 BGB in der durch den Bundesgerichtshof zu der Vorschrift entwickelten Rechtsprechung bei Abschluß der Scheidungsfolgenvereinbarung keine Befristung des Unterhalts, denn die Dauer der Ehe - gerechnet von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrages (BGH FamRZ 1986, 886, 887 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 17 = BGHF 5, 478) 25 Jahre - stand einer solchen Begrenzung des Anspruchs entgegen.

Bereits das Familiengericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß der Bundesgerichtshof noch in einer kurz nach Abschluß des Vergleichs - am 9. Juni 2004 - ergangenen Entscheidung (FamRZ 2004, 1357, 1360 = FuR 2004, 548 = EzFamR BGB § 1581 Nr. 8) ausführte, daß es zwar dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 1573 Abs. 5 BGB widerspräche, den Billigkeitsgesichtspunkt der Dauer der Ehe im Sinne einer festen Zeitgrenze zu bestimmen, von der ab der Unterhaltsanspruch grundsätzlich keiner zeitlichen Befristung mehr zugänglich sein sollte. Andererseits sei aber nicht zu verkennen, daß sich eine Ehedauer von mehr als zehn Jahren dem Grenzbereich nähern dürfte, in dem - vorbehaltlich stets zu berücksichtigender besonderer Umstände des Einzelfalles - der Dauer der Ehe als Billigkeitskriterium im Rahmen von § 1573 Abs. 5 BGB ein durchschlagendes Gewicht für eine dauerhafte Unterhalts-»Garantie« und gegen die Möglichkeit einer zeitlichen Begrenzung des Unterhalts zukommen werde. Eine weiter zunehmende Ehedauer gewinne nach und nach ein Gewicht, das nur bei außergewöhnlichen Umständen eine zeitliche Begrenzung zulasse. Hierbei berief sich der Bundesgerichtshof ausdrücklich auf zwei Urteile aus den Jahren 1990 (FamRZ 1990, 857, 859 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 17 = BGHF 7, 176, wo er ausdrücklich offen gelassen hatte, ob der Grenzbereich einer dauerhaften Unterhaltsgarantie bei einer Ehedauer von 15 Jahren erreicht sei, und FamRZ 1991, 307, 310 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 19 = BGHF 7, 482, wo eine Ehedauer von 28 Jahren als in einem Bereich liegend bezeichnet wurde, in dem grundsätzlich eine solche dauerhafte »Garantie« als geboten erscheine).

Erst in der Entscheidung vom 12. April 2006 (FamRZ 2006, 1006 = FuR 2006, 374 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 25) ist der Bundesgerichtshof von dieser Heraushebung der Ehedauer als Abwägungskriterium für die Unterhaltsbefristung abgerückt und hat betont, das Gesetz stelle die Ehedauer als Billigkeitsgesichtspunkt gleichrangig neben die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit; eine lebenslange Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards sei nur dann angemessen, wenn etwa die Ehe lange gedauert habe, aus ihr gemeinsame Kinder hervorgegangen seien, die der Berechtigte betreut oder betreut habe, wenn er erhebliche berufliche Nachteile um der Ehe willen auf sich genommen habe oder wenn sonstige Gründe wie Alter oder Krankheit des Berechtigten für eine dauerhafte Lebensstandardgarantie sprächen. Lägen diese Voraussetzungen nicht vor, werde es oft angemessen sein, ihm nach einer Übergangszeit einen Lebensstandard zuzumuten, wie er ihn vor der Ehe gehabt habe, ihm mit anderen Worten also nur Unterhalt in Höhe des ehebedingten Nachteils zu gewähren (aaO S. 1007).

Daß der Bundesgerichtshof mit diesem Urteil in der Auslegung des § 1573 Abs. 5 BGB eine grundlegend andere Richtung eingeschlagen hat, ergibt sich besonders deutlich aus seiner Entscheidung vom 26.9.2007 (FamRZ 2007, 2049 = FuR 2008, 37 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 30), in deren Gründen er ausführt, eine Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB scheide »nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des Senats« nicht schon allein wegen einer langen Ehedauer aus, auch wenn diese mehr als 20 Jahre betrage, und als Rechtsprechungsnachweise hierzu neben BGH FamRZ 2006, 1006 (= FuR 2006, 374 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 25) ausschließlich die später ergangenen Entscheidungen FamRZ 2007, 200 = FuR 2007, 25 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 26, FamRZ 2007, 793 = FuR 2007, 276 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 27 und FamRZ 2007, 1232 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 29 benennt.

Die obergerichtliche Rechtsprechung und das Schrifttum haben sich dem Bundesgerichtshof in seiner ursprünglichen Hervorhebung der Ehedauer als Abwägungskriterium angeschlossen (s. z.B. OLG Düsseldorf FamRZ 1992, 1439; OLG Bamberg FamRZ 1998, 25; OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1179; Gerhardt in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 5. Aufl. [2004] 6. Kap. Rdn. 386a, wonach eine zeitliche Begrenzung ab einer Ehedauer von 15, in Ausnahmefällen sogar bei 20 Jahren nur noch bei außergewöhnlichen Umständen in Erwägung zu ziehen sei; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. [2004] IV Rdn. 302, lehnte - BGH FamRZ 1991, 307 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 19 = BGHF 7, 482 folgend - eine Anwendung des § 1573 Abs. 5 BGB bei einer Ehedauer von 28 Jahren ab: Sie gewinne mit Überschreiten der Zehn-Jahres-Grenze unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles immer mehr an Gewicht; nach Palandt/Brudermüller, BGB 61. Aufl. [2002] sollte eine Begrenzung des Unterhalts ab einer Ehedauer von 20 Jahren grundsätzlich ausgeschlossen sein).

Nach der bis zum Jahre 2006 herrschenden Auslegung des § 1573 Abs. 5 BGB schied damit eine Befristung des Aufstockungsunterhaltsanspruchs aus, denn die Dauer der Ehe der Parteien bewegte sich mit 25 Jahren im Bereich einer dauerhaften Unterhaltsgarantie. Dies gilt um so mehr, als die Beklagte in dieser Zeit die gemeinschaftlichen Kinder D., K. und J. nicht nur vorübergehend und zumindest überwiegend betreut hatte, war doch gemäß § 1573 Abs. 5 S. 1 Hs. 2 BGB a.F. damit der lebenslange Unterhaltsanspruch im Regelfall als nicht unbillig anzusehen. Auch lagen derart außergewöhnliche Umstände, daß sich ausnahmsweise doch die Unbilligkeit eines unbefristeten Anspruchs ergeben hätte, bei Abschluß des Vergleichs nicht vor.

b) Durch die Einfügung des § 1578b in das Bürgerliche Gesetzbuch durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz hat sich die der Vereinbarung der Parteien über den nachehelichen Unterhalt zugrunde liegende Gesetzeslage schwerwiegend verändert mit der Folge, daß der Unterhaltsanspruch der Beklagten der geltenden Rechtslage entsprechend nunmehr herabzusetzen und zu befristen ist (§ 313 Abs. 1 BGB). Weil die Parteien die Dauer der Zahlungsverpflichtung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen vereinbaren wollten, ist dem Kläger ein Festhalten an dem auf der überholten Rechtslage beruhenden Vergleich nicht zumutbar.

aa) Auf die Herabsetzung und Befristung ist gemäß Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 und § 36 Nr. 7 EGZPO das ab 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden, denn beide werden erst unter Geltung der neuen Gesetzeslage wirksam.

bb) Eine Herabsetzung und Befristung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt nach § 1578b Abs. 1 und 2 BGB setzt voraus, daß ein nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessener bzw. zeitlich unbegrenzt gewährter Unterhalt unbillig wäre. Bei der Billigkeitsabwägung ist gemäß § 1578b Abs. 2 und Abs. 1 S. 2 BGB insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578b Abs. 1 S. 3 BGB).

Ehebedingte Nachteile in diesem Sinne sind etwa anzunehmen, wenn wegen der Ehe eine berufliche Ausbildung nicht aufgenommen oder beendet worden oder ein Wiedereinstieg in den während der Ehe ausgeübten Beruf erschwert ist, aber auch dann, wenn sich als Folge von Belastungen in der Ehe Gesundheitsbeeinträchtigungen eingestellt haben, oder durch die Dauer der Ehe ein Lebensalter erreicht worden ist, in dem keine Möglichkeit mehr besteht, eine den Unterhaltsbedarf deckende Beschäftigung zu finden (s. dazu BGH FamRZ 2008, 1325 = FuR 2008, 401 = EzFamR BGB § 1579 Nr. 50; OLG Karlsruhe FamRZ 2008, 2206; 2009, 341). Das Vorliegen ehebedingter Nachteile ist dabei anhand eines Vergleichs des tatsächlich erzielten mit dem fiktiv bei nicht unterbrochener Erwerbstätigkeit möglichen Einkommens zu beurteilen (Schürmann in Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozeß 5. Aufl. [2009] Kap. 1 Rdn. 1028; vgl. auch BGH FamRZ 2007, 200 = FuR 2007, 25 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 26). Lassen sich ehebedingte Nachteile feststellen, so schränkt dies die Möglichkeit einer Befristung und Begrenzung des Unterhalts regelmäßig ein (BGH FamRZ 2009, 1207 = FuR 2009, 530 Tz. 35), ohne sie aber generell auszuschließen; vielmehr gilt, daß nach dem Grundsatz der Eigenverantwortung desto eher eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung in Betracht kommt, je geringer die ehebedingten Nachteile sind (Wendl/Pauling, aaO § 4 Rdn. 587; BT-Dr. 16/1830 S. 18).

a) Der ehebedingte Nachteil ist mit höchstens 60 € zu bemessen, nämlich der Differenz zwischen dem fiktiven heutigen Einkommen der Beklagten ohne die Ehe von monatlich 1.770 € und dem Einkommen von 1.710 €, wie sie es tatsächlich, ihrer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit entsprechend, mindestens zu erzielen hätte.

(1) Daß sie heute ohne Ehe ein Einkommen von mehr als 1.770 € erzielen würde, hat die Beklagte nicht bewiesen. Die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Beschränkung des Unterhalts führen können, trägt zwar der Unterhaltsverpflichtete, weil es sich um Ausnahmetatbestände handelt. Hat der Unterhaltspflichtige allerdings Tatsachen vorgetragen, die - wie etwa die Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem von dem Unterhaltsberechtigten erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf - einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahelegen, so obliegt es dem Berechtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere »Schonfrist« sprechen (BGH FamRZ 2008, 134, 136 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 32; OLG Koblenz FamRZ 2009, 524, 526; Schürmann, aaO Rdn. 1034).

Hier ist nach diesen Grundsätzen die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet, weil bei ihr die Ausübung einer Vollzeitbeschäftigung in ihrem erlernten Beruf als Erzieherin zugrunde zu legen ist. Zwar übt sie tatsächlich nur eine Tätigkeit im Umfange von 24 Stunden pro Woche - derzeit vorübergehend von 30 Stunden pro Woche - aus. Allerdings gingen die Parteien nach ihrem insoweit übereinstimmenden Vortrag schon bei Vergleichsschluß von einer Vollzeittätigkeit aus; bestritten ist lediglich der Vortrag der Beklagten, die Obliegenheit zur Ausübung einer Vollzeittätigkeit habe man bei der Unterhaltsberechnung durch die fiktive Hinzurechnung von 400 € zum tatsächlichen Einkommen berücksichtigt, um ihr die Beibehaltung ihrer sicheren Teilzeitstelle zu ermöglichen. An die dem Vergleich zugrunde liegende Annahme einer Vollzeitbeschäftigung ist die Beklagte gebunden.

Bei der Beklagten ist damit ein Nettoeinkommen aus einer Tätigkeit als Leiterin einer Gruppe in einem Kindergarten von 1.770 € (gemäß ihrem Vortrag nach TvöD und unter Berücksichtigung von Besitzständen nach dem früheren BAT) anzunehmen. Der hypothetische Verlauf eines Erwerbslebens bei hinweggedachter Eheschließung läßt sich zwar kaum darlegen und beweisen. Jedenfalls aber ist vom Anspruchsteller zu verlangen, daß er substantiiert vorträgt, welche beruflichen Möglichkeiten ihm die Ehe genommen hat (so Bißmaier, FamRZ 2009, 389, 390). Im übrigen erscheint es als sachgerecht, ausgehend von der vorehelichen beruflichen Situation und orientiert an der tatsächlichen seitherigen Entwicklung, den normalen Verlauf einer Laufbahn im erlernten Beruf zugrunde zu legen (ähnlich OLG Stuttgart FamRZ 2009, 785).

Danach kann nicht dem Vortrag der Beklagten gefolgt werden, sie würde heute einen Kindergarten mit mindestens 180 Plätzen in München leiten und als solche ein Nettoeinkommen von monatlich 2.260 € zuzüglich Besitzstände nach BAT, Urlaubs- und Weihnachtsgeld erzielen. Hinreichend konkrete Indiztatsachen, die die Annahme einer solchen als Karrieresprung zu wertenden beruflichen Laufbahn begründen könnten, hat sie nicht benannt. Soweit die Beklagte behauptet, sie sei in ihrem Beruf stets sehr engagiert gewesen, ist dieser Vortrag unsubstantiiert, zumal sich berufliches Engagement in unterschiedlichsten Formen ausprägen kann, ohne daß dies den Schluß auf eine besondere Befähigung gerade für Leitungsfunktionen zuließe. Weshalb die Beklagte - wie sie behauptet - »selbstverständlich« die erforderliche Zusatzausbildung im Organisationsbereich absolviert hätte, ist nicht näher ausgeführt. Die berufliche Stellung des Vaters als Arzt und der Umstand, daß ihre Geschwister studiert haben, rechtfertigt die Annahme einer besonders erfolgreichen Laufbahn der Beklagten als Erzieherin ebenso wenig wie die Tatsache, daß sie neben Haushaltsführung und Betreuung dreier Kinder stets eine Teilzeittätigkeit ausübte.

Demgegenüber nimmt der Senat an, daß die Beklagte ohne die Ehe heute die Position einer Gruppenleiterin im Kindergarten erreicht hätte. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß die langjährige Ausübung einer Teilzeittätigkeit dem beruflichen Fortkommen hinderlich ist. Zudem sind Stellen als Gruppenleiterin - anders als die Position einer Leiterin eines Kindergartens, zumal mit mindestens 180 Plätzen - in zahlreichen Kindergärten nicht nur in Großstädten vorhanden. Aus diesen Gründen entspricht der Aufstieg in eine derartige Stellung bei einer langjährigen ununterbrochenen Vollzeittätigkeit als Erzieherin dem üblicherweise zu Erwartenden.

(2) Ihr tatsächliches Einkommen ist mit monatlich jedenfalls 1.710 € anzusetzen. Zu den Einkünften von 100 € aus Kapitalvermögen, das aus der Vermögensauseinandersetzung in der Ehe stammt, kommt ein fiktives Einkommen aus Vollzeittätigkeit von 1.610 € hinzu. Dieses ergibt sich aus dem realen Einkommen aus Teilzeittätigkeit als Erzieherin von 1.210 € (ausgehend von den Verhältnissen im Jahre 2007, weil die Beklagte ab November 2008 ihre Wochenarbeitszeit vorübergehend aufgestockt hat), zuzüglich 400 € aus Nebentätigkeit. Ausgehend vom klägerischen Vortrag, nach dem man sich bei dem Vergleich nicht auf ein auf diese Weise berechnetes Einkommen der Beklagten geeinigt habe, läge bei dem von ihm in erster Instanz behaupteten Einkommen aus einer Vollzeitstelle als Erzieherin von 1.677 € überhaupt kein ehebedingter Nachteil mehr vor.

(3) Ein an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierter und zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch wäre unbillig. Zwar spricht das Fortbestehen ehebedingter Nachteile regelmäßig gegen einen gänzlichen Fortfall des Unterhaltsanspruchs; dies gilt aber dann nicht, wenn sich (wie hier) der Nachteil auf einen geringfügigen Betrag - vorliegend von höchstens 60 € - beschränkt, und der Unterhaltsberechtigte auch ohne den Unterhaltsanspruch ein Einkommen erzielt (bzw. erzielen könnte), das erheblich über den angemessenen Selbstbehalt hinausgeht. Streitet somit der bei der Billigkeitsabwägung nach § 1578b BGB vorrangig zu berücksichtigende Gesichtspunkt des ehebedingten Nachteils nicht für eine unbefristete Gewährung des Unterhalts, so ist unter Berücksichtigung der auch ohne Bezug von Unterhaltsleistungen jedenfalls auskömmlichen Einkünfte der Beklagten eine Befristung des Unterhalts geboten.

Überdies hat die Beklagte aus der Ehe - abgesehen von der Teilhabe an der Altersversorgung des Klägers im Rahmen des Versorgungsausgleichs - auch durch die Vermögensauseinandersetzung in nicht unerheblichem Maße Vorteile gezogen; insgesamt hat sie hierdurch rund 100.000 € erlangt. Aus diesem Grunde kommt auch dem Umstand, daß die Beklagte und deren Eltern sich an der Finanzierung des Lehramtsstudiums des Klägers beteiligt haben, kein durchschlagendes Gewicht zu. Daß die Beklagte während der Ehe drei Kinder betreut hat, spricht für sich genommen deshalb nicht gegen eine Befristung, weil es sich insoweit wie auch bei der Dauer der Ehe (hier: 25 Jahre) nicht um einen eigenständigen Abwägungsbelang handelt; vielmehr sind die Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes und die Ehedauer nach dem Wortlaut des § 1578b Abs. 1 S. 3 BGB bei der Beurteilung des Vorliegens ehebedingter Nachteile im Sinne von Satz 2 dieser Vorschrift erheblich.

Die - wie die Höhe des bisher gezahlten Unterhalts belegt - im Vergleich zur Beklagten merklich besseren Einkommensverhältnisse des Klägers ändern an der Unbilligkeit einer unbefristeten Unterhaltsleistung nichts. Auch hier ist wieder das Fehlen ehebedingter Nachteile von Bedeutung; dann kann es aber dem Berechtigten zumutbar sein, nach einer Übergangszeit auf den bisherigen ehelichen Lebensstandard zu verzichten und sich auf einen Lebensstandard einzurichten, wie er ihn ohne die Ehe erreicht hätte (BGH NJW 2008, 2644). Dies ist bei der Beklagten anzunehmen, zumal sie wegen der verstärkten Entwicklung hin zu einer Fremdbetreuung noch nicht schulpflichtiger Kinder auch in ihrem Alter von jetzt 53 Jahren noch die Chance auf eine berufliche Weiterentwicklung, wenn auch möglicherweise nicht bei ihrem derzeitigen, so doch bei einem anderen Arbeitgeber hat.

Allerdings erscheint es als angemessen, den Unterhaltsanspruch nicht mit dem Amtsgericht ab März 2010 bereits vollständig entfallen zu lassen, sondern ihn zunächst um die Hälfte zu ermäßigen und erst nach Ablauf zweier weiterer Jahre auf Null abzusenken. Die dem Berechtigten für die Einstellung auf den Wegfall des Unterhalts zu gewährende Übergangs- und Schonfrist bemißt sich nach Billigkeit; bei ihrer Bestimmung sind erneut die in § 1578b Abs. 1 S. 2, 3 BGB aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen. In Anbetracht der Ehedauer von 25 Jahren, der während dieser Zeit erfolgten Betreuung dreier Kinder und der Höhe des wegfallenden Unterhalts erscheinen eine insgesamt 8-jährige Unterhaltsleistung als angemessen mit der Folge, daß der Beklagten ab Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts und dem Erhalt des Schriftsatzes des Klägers vom 29. Januar 2008, mit dem ihr ein Unterhaltsverzicht angesonnen worden war, insgesamt vier Jahre verbleiben, um sich auf die Verringerung ihrer Einkünfte einzustellen.

b) Der Wegfall des Unterhaltsanspruchs ist der Beklagten unter Berücksichtigung ihres Vertrauens in den Unterhaltsvergleich auch zumutbar (§ 36 Nr. 1 EGZPO). Ihre Vermögensdispositionen, die sie ihrem Vortrag zufolge mit Blick auf den Unterhalt getroffen hat - die Anmietung der Drei-Zimmer-Wohnung, die regelmäßige Unterstützung der Kinder und die Besuche alle 14 Tage bei ihrem schwerkranken Vater in Würzburg - kann sie der Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nicht entgegen halten. Sie waren wegen der von vielen schwer vorhersehbaren Faktoren abhängenden Bemessung des Unterhalts schon vor Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform mit einem unterhaltsrechtlichen Risiko behaftet. Im übrigen kann die Beklagte die genannten Belastungen, soweit sie sie aus eigenem Einkommen tatsächlich nicht tragen kann, in der ihr eingeräumten Übergangsfrist rückgängig machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nrn. 10 und 11, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, und zwar im Hinblick auf die Frage, ob der Umstand, daß bereits nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. eine Unterhaltsbegrenzung möglich war, einer Abänderung des Vergleichs nach § 313 BGB entgegen steht. ..."

***

„... Die Parteien sind seit dem 3. 5. 1994 rechtskräftig geschieden. Auf Grund des Urteils vom 9. 8. 2005 war der Kl. verpflichtet, an die Bekl. monatlichen Unterhalt in Höhe von zuletzt 1522,47 Euro (1025,17 Euro Elementarunterhalt, 292,37 Euro Altersvorsorgeunterhalt, 204,93 Euro Krankenvorsorgeunterhalt) zu zahlen. Der Kl., ein pensionierter Berufsschullehrer, der wiederverheiratet ist, begehrt mit der am 4. 2. 2006 zugestellten Abänderungsklage den Wegfall der Unterhaltsverpflichtung, weil die Bekl. seit Februar 2006 Altersrente bezieht. Das AG - FamG - hat den von dem Kl. geschuldeten nachehelichen Unterhalt nach Zeiträumen gestaffelt auf Beträge zwischen 263,26 Euro und 218,61 Euro monatlich herabgesetzt und die weitergehende Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung will die Bekl. erreichen, dass der Kl. ihr höheren nachehelichen Unterhalt zahlen muss. Ihr Rechtsmittel war für den Zeitraum vom 4. 2. 2006 bis 31. 7. 2008 teilweise erfolgreich. Für die Zeit ab dem 1. 8. 2008 blieb es bei den vom FamG zuerkannten Beträgen (131,88 Euro Elementarunterhalt zzgl. 105,57 Euro Krankenvorsorgeunterhalt). ...

II. Der Bekl. steht für die Zeit bis einschließlich Juli 2008 höherer monatlicher Unterhalt zu, als vom FamG ausgeurteilt. Für die Zeit ab August 2008 ist das Rechtsmittel unbegründet, weil seither der Unterhaltsanspruch der Ehefrau des Bekl. mit zu berücksichtigen ist.

Durch das Urteil des BGH vom 30. 7. 2008 (NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566 = FamRZ 2008, 1911) hat sich die Rechtsprechung zu dem unbestimmten Rechtsbegriff der „ehelichen Lebensverhältnisse" in § 1578 BGB dahin geändert, dass auch der Unterhaltsbedarf des neuen Ehegatten bei der Ermittlung des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Gatten berücksichtigt wird. Bis zu der mit diesem Urteil erfolgten Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung waren die ehelichen Lebensverhältnisse in § 1578 BGB dahin verstanden worden, dass bei der Ermittlung des Bedarfs des geschiedenen Ehegatten Unterhaltsansprüche, die nach der Ehescheidung entstanden sind, insbesondere die Ansprüche eines neuen Ehegatten, nicht berücksichtigt wurden. Maßgeblich waren die Verhältnisse, die bei Rechtskraft des Ehescheidungsurteils vorlagen (BGH, NJW 1982, 1986 = FamRZ 1983, 152; NJW 1988, 2101 = FamRZ 1988, 817; NJW 1999, 717 = FamRZ 1999, 367). Demzufolge blieb in den Vorverfahren der Parteien bei der Bemessung des Unterhalts der Bekl. ein etwaiger Unterhaltsanspruch der Ehefrau des Kl. unberücksichtigt.

Der Senat folgt dieser geänderten Rechtsprechung, die allerdings erst ab Verkündung des Urteils des BGH vom 30. 7. 2008 auf das Unterhaltsverhältnis der Parteien angewandt werden kann. Es entspricht einem allgemeinen Grundsatz, dass die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung erst ab der Verkündung des maßgebenden Urteils des BGH anzuwenden ist (BGH, NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793; NJW 2003, 1796 = FamRZ 2003, 848; NJW 2003, 1181 = FamRZ 2003, 518; NJW 2001, 3618 = FamRZ 2001, 1687). Die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung beruht auf einer abweichenden Sicht des § 1578 BGB sowie des bisherigen Verständnisses der „eheprägenden Verhältnisse" und führt zu einer neuen Rechtslage. Insbesondere das Vertrauen der Parteien in die bestehende Rechtslage gebietet es, die geänderte Rechtsprechung erst ab der Verkündung des maßgeblichen Urteils anzuwenden. Soweit andere Gerichte ohne Vertiefung der Problematik erwägen, die geänderte Rechtsprechung zu dem Begriff der „ehelichen Lebensverhältnisse" bereits für die Zeit vor der Verkündung des Urteils vom 30. 7. 2008 anzuwenden (OLG Bremen, NJW 2009, 449 = FamRZ 2009, 343; OLG Celle, 10. Senat, NJW-RR 2009, 146 = FamRZ 2009, 348), vermag der Senat dem aus den dargestellten Gründen nicht zu folgen.

III. Bis zum 31. 7. 2008 gilt somit für die einzelnen Zeiträume Folgendes: (Wird ausgeführt, der vollständige Text ist abrufbar unter BeckRS 2009, 09778.)

IV. Für den Unterhaltszeitraum ab August 2008 hat das Rechtsmittel der Bekl. keinen Erfolg. Der Kl. schuldet ihr keinen höheren monatlichen Unterhalt als durch das angefochtene Urteil in Höhe von 237,45 Euro (131,88 Euro Elementarunterhalt und 105,57 Euro Krankenvorsorgeunterhalt) tituliert worden ist.

Bei der Anwendung der Drittelmethode ist auf die tatsächlichen Einkünfte abzustellen. Sowohl der Steuervorteil aus der neuen Ehe als auch der Verheiratetenzuschlag sind in voller Höhe bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen (NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566 = FamRZ 2008, 1911). Ausweislich der Verdienstabrechung für Januar 2008 werden dem Kl. monatlich 2444,80 Euro ausgezahlt. Für seine Kranken- und Pflegeversicherung hat der Kl. monatlich 194,82 Euro aufzuwenden.

Die Ehefrau des Kl. bezieht eine Altersrente in Höhe von 1016,77 Euro. Sie ist Eigentümerin einer vermieteten Eigentumswohnung. Aus dieser Wohnung hat die Ehefrau des Bekl. monatliche Einnahmen in Höhe von 67,14 Euro. Zur Einmittlung dieser Einnahmen ist zunächst die monatliche Miete von 270 Euro anzusetzen. Soweit geltend gemacht wird, die Wohnung habe nach einem Wechsel des Mieters vorübergehend leer gestanden, handelt es sich um einen Zeitraum vor August 2008, so dass sich dieser Leerstand hier nicht auswirkt. Im Jahr 2008 ist für die Wohnung ein Hausgeld in Höhe von 1246,16 Euro zu entrichten gewesen. Der Einwand der Bekl., Aufwendungen für die Instandhaltungsrücklage könnten keine Berücksichtigung finden, ist nicht begründet. Der Eigentümer einer Eigentumswohnung ist verpflichtet, das von der Eigentümergemeinschaft beschlossene Hausgeld einschließlich der Instandhaltungsrücklage zu entrichten. Hierbei handelt es sich um tatsächliche Aufwendungen für die Erhaltung des Objekts, die zu berücksichtigen sind (BGH, NJW 2000, 284 = FamRZ 2000, 351). Zur Finanzierung der Wohnung sind im Jahr 2008 Zinsen in Höhe von 1008,79 Euro aufgewandt worden. Abzusetzen ist weiter die Grundsteuer in Höhe von monatlich 14,95 Euro. Aus den vorgenannten Zahlen errechnen sich monatliche Einkünfte aus Vermietung in Höhe von 67,14 Euro.



Zusätzlich ist bei der Ehefrau des Kl. ein monatlicher Wohnvorteil in Höhe von 300 Euro monatlich anzusetzen. Die Ehefrau des Kl. ist Eigentümerin des von ihr und dem Kl. bewohnten Hausgrundstücks. Es handelt sich um ein 1972/ 1973 errichtetes Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von ca. 75/76 m2. Wegen unzureichender Geschosshöhe zählen die Flächen im Dachgeschoss nicht zur vermietbaren Wohnfläche, wenn sie auch tatsächlich von dem Kl. und seiner Ehefrau genutzt wird. Bei einem erzielbaren Mietzins von 4 Euro/m2, auf den sich die Parteien in der Verhandlung vor dem Senat verständigt haben, schätzt der Senat den Mietwert des Hauses nach § 287 ZPO auf 300 Euro monatlich.

Für die Ehefrau des Kl. ergeben sich somit monatliche Einkünfte von insgesamt 1383,91 Euro (1016,77 Euro + 67,14 Euro + 300 Euro).

Der Kl. und seine Ehefrau haben auf Grund des Steuerbescheids für 2007 im Jahr 2008 eine Nachzahlung in Höhe von 1506,60 Euro leisten müssen. Diese Last in Höhe eines monatlichen Betrags von 125,55 Euro ist bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen.

Für die Bekl. ist für die Zeit ab August 2008 das ermittelte bereinigte Einkommen von 1567,02 Euro anzusetzen.

Aus den vorstehenden Einkünften errechnet sich auf Grund der Drittelmethode für die Bekl. ein monatlicher Unterhaltsanspruch von insgesamt 195,15 Euro.

Zur Ermittlung dieses Betrags sind von den Einkünften des Kl. in Höhe von 2444,80 Euro seine Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung (194,82 Euro), der der Bekl. für ihre Krankenversicherung geschuldete Betrag von 105,57 Euro und die Steuernachzahlung von 125,55 Euro absetzen (ob die Steuernachzahlung bei dem Kl. oder bei seiner Ehefrau angesetzt wird, ist rechnerisch ohne Belang). Es verbleiben 2018,86 Euro. Aus diesem Einkommen und den Einkünften der Ehefrau des Kl. von 1383,91 Euro sowie den Einkünften der Bekl. von monatlich 1567,02 Euro errechnet sich ein Gesamtbetrag von 4969,79 Euro. Ein Drittel hiervon, 1656,60 Euro, stellt den Bedarf der Bekl. dar. Nach Abzug der Einkünfte der Bekl. von 1567,02 Euro verbleibt ihr ein ungedeckter Restbedarf von 89,58 Euro. Zusammen mit dem Krankenvorsorgeunterhalt von 105,57 Euro errechnet sich ein monatlicher Gesamtanspruch der Bekl. von 195,15 Euro. Diese Summe ist niedriger als der Betrag, der mit dem angefochtenen Urteil der Bekl. zugesprochen worden ist. Daher hat es ab August 2008 bei dem durch das angefochtene Urteil zuerkannten Betrag von monatlich 237,45 Euro (131,88 Euro Elementarunterhalt und 105,57 Euro Krankenvorsorgeunterhalt) zu verbleiben. ..." (OLG Celle, Urteil vom 13.03.2009 - 12 UF 156/08)

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„... I. Der am 22.12.1942 geborene Kläger und die am 14.08.1940 geborene Beklagte haben am 28.08.1968 geheiratet. Die Trennung der Parteien erfolgte im März 1996; seit April 2002 sind die Parteien rechtskräftig geschieden.Durch Vergleich vom 22.04.2002 verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung eines monatlichen Nachscheidungsunterhalts von 1.175,72 €. Zur damaligen Zeit erzielte er Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit; die Beklagte verfügte über keine Einkünfte. Der Kläger ist im Übrigen seit 2006 wieder verheiratet; seine jetzige Ehefrau erzielt - allenfalls - geringfügige Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit. Der Kläger hat - hinreichend belegt und mittlerweile unbestritten - in den Jahren 1992 bis 2000 Verbindlichkeiten in der Größenordnung von rund 100.000 € zurückgeführt; diese waren in zwischen 1984 bis 1988 übernommenen Bürgschaftserklärungen begründet, die er für Verbindlichkeiten übernommen hatte, die im Rahmen einer seinerzeitigen selbständigen Tätigkeit der Beklagten entstanden waren.Die Beklagte bezieht im streitbefangenen Unterhaltszeitraum ab Juli 2008 eine gesetzliche Rente in Höhe von rund 578 €, der Kläger eine solche von rund 672 €; die Rente der Beklagten beruht im Übrigen zu rund 350 € auf der Durchführung des Versorgungsausgleichs zwischen den Parteien. Der Kläger arbeitet auch über das Erreichen der Altersgrenze hinaus selbständig als Grafik-Designer weiter. Er hat im Jahre 2008 Umsatzerlöse von rund 148.000 € erzielt, die knapp über denen der Vorjahre lagen. In den Vorjahren 2005 bis 2007 hat der Kläger nach den vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnungen Überschüsse zwischen rund 43.000 € und rund 50.000 € aus seiner selbständigen Tätigkeit erzielt. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Abänderung des Unterhaltsvergleichs vom 22.04.2002 ab 01.07.2008 auf Null. Die Beklagte hat in vollem Umfang Klageabweisungsantrag angekündigt und dafür um Prozesskostenhilfe nachgesucht. Das Amtsgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen, da maßgebend für eine Unterhaltsberechnung allein das Renteneinkommen des Klägers sei. Der dagegen gerichteten Beschwerde der Beklagten hat das Amtsgericht nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde hat teilweise Erfolg. Betreffend einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 200 € ist das Klageabweisungsbegehren der Beklagten nicht ohne die gemäß § 114 ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche Erfolgsaussicht.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist die Unterhaltsbemessung nicht völlig unabhängig von den Einkünften des Klägers aus selbständiger Tätigkeit über den Rentenbeginn hinaus vorzunehmen; es bedarf vielmehr einer an den Umständen des Einzelfalles orientierten Abwägung, ob bzw. in welcher Höhe das vom Kläger aus überobligatorischer Tätigkeit erzielte Einkommen - er könnte seine Tätigkeit unterhaltsrechtlich unbedenklich jederzeit beenden - zu berücksichtigen ist (BGH in FamRZ 2005, 442 ff., 1154 ff.; Gerhardt in Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1, Rn 557 c). Die Vornahme dieser Abwägung im Einzelnen ist dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten, erforderlichenfalls nach weiterer Sachaufklärung. Die vorliegende vom Senat getroffene (und wegen Abweichungen im Sachverhalt nicht im Widerspruch zu seinem Urteil vom 20.12.2006 - FamRZ 2007, 1817 f - stehende) Entscheidung ist an folgenden Überlegungen orientiert:

Das Renteneinkommen der Beklagten ist in vollem Umfang als bedarfsdeckend heranzuziehen, so dass, da ein höherer Unterhaltsbedarf als der titulierte nicht behauptet wird, das Klageabweisungsbegehren jedenfalls in dieser Höhe ohne Aussicht auf Erfolg ist und eine Erfolgsaussicht allenfalls noch in Höhe von (tituliert 1.175,72 € - Rente 577,67 € =) 598,08 € bestehen kann.

Bei überschlägiger Bewertung der übrigen für die o. g. Abwägung maßgeblichen Kriterien erscheint es nicht ausgeschlossen, dass der Kläger im Hauptsacheverfahren verpflichtet werden wird, unter Einsatz seiner Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit den Mindestbedarf der Beklagten, der sich nach der Düsseldorfer Tabelle auf monatlich 770 € bemisst, über den 01.07.2008 hinaus - bis zur Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit oder wesentliche Reduzierung seiner Einkünfte daraus - sicherzustellen. Angesichts der Bedarfsdeckung durch die Rente verbleibt danach ein monatlicher Betrag von rund 200 €, den der Kläger zu zahlen hätte, so dass eine entsprechende Erfolgsaussicht für das Klageabweisungsbegehren der Beklagten zu bejahen ist. ..."(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.03.2009 - II-8 WF 210/08)

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„... Laut Anerkenntnisurteil vom 9. 3. 2004 hat der Ast. an die Ag. nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Die Ag. betreut das gemeinsame 1996 geboren Kind J. Für ein weiteres Kind (Z) zahlt der Ast. 105 Euro monatlich. Der Ast. trägt vor, seine neue Ehefrau, die zwei Kinder aus früherer Ehe betreut, verdiene als Teilzeitbeschäftigte 520 Euro monatlich.

Der Ast. erstrebt eine Herabsetzung des für die Ag. titulierten nachehelichen Unterhalts. Das AG - FamG - hat sein Prozesskostenhilfegesuch wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückgewiesen, ebenso seinen Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung. Auf die sofortige Beschwerde wurde dem Ast. Prozesskostenhilfe bewilligt für eine Abänderungsklage auf Herabsetzung des titulierten nachehelichen Unterhalts auf 180 Euro monatlich. ...

Entgegen der Auffassung des Ast. kann für die Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage i.S. des § 114 ZPO von einer genauen Unterhaltsberechnung nicht deshalb abgesehen werden, weil es um die Prüfung der Berechtigung des Ast. geht, Prozesskostenhilfe zu erhalten. Es ist auch im Grundsatz der Berechnungsweise des FamG im angefochtenen Beschluss zu folgen, die - soweit es den Ehegattenunterhalt betrifft - auf der so genannten Drittelmethode basiert. Diese Berechnungsmethode legt der BGH nunmehr in konsequenter Umsetzung seiner neueren Rechtsprechung zu den „wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen" der Berechnung beim Ehegattenunterhalt zu Grunde, wenn der Unterhaltspflichtige zwei Ehegatten Unterhalt schuldet (BGH, NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566 = FamRZ 2008, 1911). Der erkennende Senat hat sich mit Beschluss vom 8. 10. 2008 (NJW 2009, 449 = FamRZ 2009, 343) dieser Berechnungsweise angeschlossen.

Im vorliegenden Fall ergibt sich bei Zugrundelegung der gegenwärtigen Sach- und Rechtslage folgende Berechnung:

Auf Seiten des Ast. ist vorläufig zu Grunde zu legen ein Nettoeinkommen von 2312,72 Euro. Der Ast. weist zu Recht darauf hin, dass die Ag. selbst mit diesem, also keinem höheren Einkommen rechnet, so dass seitens des Gerichts nicht ein höheres Einkommen angesetzt werden kann. Soweit der Ast. allerdings geltend macht, sein Einkommen sei deshalb niedriger, weil sich sein Einkommen gegenüber 2007 wegen Wegfalls von Urlaubsgeld reduziert habe, kann er damit keinen Erfolg haben. Denn den vorgelegten Einkommensunterlagen lässt sich eine solche Reduzierung nicht entnehmen.

Nach Abzug der im angefochtenen Beschluss angegebenen Belastungen für berufsbedingte Aufwendungen von 40 Euro, HPK von 52 Euro und VWL von 40 Euro verbleiben 2180,72 Euro. Ein pauschaler Abzug für (weitere) berufsbedingte Aufwendungen kommt nach ständiger Rechtsprechung des OLG nicht in Betracht.

Abzuziehen ist weiter der vorrangige (§ 1609 Nr. 1 BGB) Kindesunterhalt, und zwar für J auf der Grundlage der dritten Gruppe der Düsseldorfer Tabelle; eine Herabstufung in der Tabelle ist, obwohl der Ast. vier Personen unterhaltsverpflichtet ist, nicht geboten, weil das Einkommen sich im oberen Einkommensbereich der dritten Gruppe bewegt und der Ast. zwei Unterhaltsberechtigten nur relativ geringe Unterhaltsbeträge schuldet. Anzusetzen ist der Zahlbetrag, also (402 Euro abzgl. 77 Euro =) 325 Euro, für Z der gemäß Schriftsatz des Ast. vom 12. 12. 2008 geschuldete Zahlbetrag von 105 Euro. Es verbleibt ein bereinigtes Einkommen des Ast. von 1750,72 Euro. Nach Abzug des Erwerbstätigenbonus von 1/7 stehen davon für die Dreiteilung zur Verfügung (gerundet) 1501 Euro.

Zu Recht begehrt der Ast., dass der Ag. ein höheres als das vom FamG angenommene Einkommen zugerechnet wird. Dass die Ag. wegen der Betreuung des jetzt gut 12 ½ Jahre alten gemeinsamen Kindes J noch an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert ist, hat sie nicht dargetan. Umstände, die einer bei einem solchen Alter des Kindes nach § 1570 BGB n.F. grundsätzlich gegebenen Obliegenheit zu einer Ganztagstätigkeit entgegenstehen, hat sie nicht, zumindest nicht substanziiert, vorgetragen. Es ist daher davon auszugehen, dass ihr Unterhaltsanspruch sich nicht mehr aus § 1570 BGB, sondern aus § 1573 II BGB herleitet. Das hat zugleich zur Folge, dass mit dem FamG von einem Gleichrang der Ag. und der jetzigen Ehefrau des Ast. (jeweils 3. Rang gem. § 1609 Nr. 3 BGB) auszugehen ist. Umstände, die für eine lange Ehedauer i.S. von § 1609 Nr. 2 BGB sprechen könnten (vgl. dazu BGH, NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566 = FamRZ 2008, 1911 [1918]), hat die Ag. nicht vorgetragen. Nimmt man an, dass sie als ungelernte Kraft 38 Wochenstunden bei einem Stundenlohn von 7 Euro arbeiten könnte - vergebliche Bemühungen um eine vollschichtige Tätigkeit oder Umstände, die gegen die Möglichkeit sprechen könnten, einen Stundenlohn in der genannten Größenordnung zu erzielen, hat die Ag. nicht dargetan -, so ergibt sich ein Nettoeinkommen von etwa 860 Euro. Nach Abzug von 40 Euro Fahrtkosten verbleiben 820 Euro. Nach Abzug des Erwerbstätigenbonus stehen für die Dreiteilung zur Verfügung (gerundet) 703 Euro.

Legt man auf Seiten der jetzigen Ehefrau des Ast. vorläufig das in der Beschwerde für die Zukunft angegebene Teilzeiteinkommen von 520 Euro zu Grunde (das im Hauptsacheverfahren vom Ast. noch zu belegen sein wird, sofern es nicht unstreitig wird), so stehen hier nach Abzug des Erwerbstätigenbonus von 1/7 rund 446 Euro für die Halbteilung zur Verfügung. Abzüge für Kindesunterhalt erscheinen nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht gerechtfertigt, denn der Ast. hat nicht substanziiert vorgetragen, dass seine jetzige Ehefrau keinen Barunterhalt von dem barunterhaltspflichtigen Vater ihrer beiden Kinder erlangen kann.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass nach der Entscheidung des BGH vom 30. 7. 2008 (NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566 = FamRZ 2008, 1911 [1914]; ebenso OLG Düsseldorf, FamRZ 2008, 1254 = BeckRS 2008, 10940; Bömelburg, FF 2008, 332 [334]; Unterhaltsleitlinien des OLG Köln, Nr. 15.5) Zuschläge oder Abschläge im Hinblick auf eventuelle Vorteile des Zusammenlebens nicht gerechtfertigt sind.

Insgesamt stehen damit für die Dreiteilung 2650 Euro zur Verfügung. Der Bedarf der Ag. (und der der jetzigen Ehefrau des Ast.) beträgt davon 1/3, also gerundet 883 Euro. Ihr Anspruch beläuft sich auf (883 Euro abzgl. 703 Euro =) 180 Euro. Der Anspruch der jetzigen Ehefrau des Ast. beträgt (883 Euro abzgl. 446 Euro =) 437 Euro.

Bei einem bereinigten Einkommen von 1750,72 Euro (s. o.) ist der Ast. für diese Beträge leistungsfähig. Ihm verbleiben 1133,72 Euro. Damit ist auch der Bedarfskontrollbetrag der dritten Gruppe der Düsseldorfer Tabelle gewahrt. Für den Fall, dass sich im Hauptsacheverfahren ein geringeres verbleibendes Einkommen des Ast. als 1100 Euro ergeben sollte, wird der Kindesunterhalt für J der zweiten Gruppe der Düsseldorfer Tabelle zu entnehmen sein. Das würde auch dann gelten, wenn sich ein Mangelfall im zweiten Rang ergäbe (vgl. Wever, FamRZ 2008, 553 [559]).

2. Keinen Erfolg hat das Rechtsmittel des Ast., soweit es sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Anerkenntnisurteil vom 3. 9. 2004 richtet. Seit der Neuregelung des Beschwerderechts durch das ZPO-Reformgesetz vom 27. 7. 2001 (BGBl I, 1887, 1902) ist nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2004, 2224 = FamRZ 2004, 1191), der der Senat folgt (Beschl. v. 9. 9. 2004 - 4 WF 81/04), eine - wie hier - auf der Grundlage des § 769 ZPO ergangene Einstellungsentscheidung weder mit der sofortigen Beschwerde gem. § 793 ZPO noch als außerordentliche Beschwerde bei greifbarer Gesetzeswidrigkeit anfechtbar (vgl. dazu auch Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 769 Rdnr. 13). Das Rechtsmittel des Ast. insoweit ist daher unzulässig. Der Ast. mag gegebenenfalls einen neuen Einstellungsantrag beim FamG stellen, um dem FamG Gelegenheit zu geben, die Rechtsauffassung des Senats im vorliegenden Beschluss zu berücksichtigen. ..." (OLG Bremen, Beschluss vom 19.12.2008 - 4 WF 145/08, NJW 2009, 925 ff)

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Der Hauptrechtsmittelführer kann sein - auf eine Scheidungsfolgesache beschränktes - Rechtsmittel gegen eine im Scheidungsverbund getroffene Entscheidung des Familiengerichts nach Ablauf der für ihn geltenden Rechtsmittelfrist nicht mehr auf den Scheidungsausspruch erweitern. Das gilt auch für den Fall einer Anschließung an eine eigenständige - ebenfalls auf die Folgesache beschränkte - Berufung des Rechtsmittelgegners. Eine fiktive Zurechnung von nicht ausgeschütteten Gewinnen aus dem Betrieb eines Unternehmens zulasten des unterhaltspflichtigen geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafters setzt voraus, dass dieser seine unterhaltsrechtliche Obliegenheit, zumutbare Gewinne aus dem Unternehmen zu realisieren, in vorwerfbarer Weise verletzt hat. Vorwerfbar ist das Unterlassen eine Gewinnausschüttung an die Gesellschafter nur dann, wenn der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter die Grenzen seiner unternehmerischen Freiheit in einer Art und Weise überschreitet, die dem Unterhaltsgläubiger, unter Berücksichtigung der Belange der übrigen Mitgesellschafter und der Interessen der Unterhaltsberechtigten auf dauerhafte Sicherstellung ihres Unterhalts, nicht zumutbar ist. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Der private Nutzungsvorteil eines Firmenfahrzeugs ist in der Regel mit dem nach Steuerrecht zu veranschlagenden Wert (Einprozentregelung) zu bemessen. Er ist zu bereinigen um den steuerlichen Nachteil, der dem Nutzungsberechtigten dadurch entsteht, dass er das Firmenfahrzeug als Sachbezug zu versteuern hat. Eine zeitliche Befristung des Ehegattenunterhalts gem. § 1578b Abs. 2 BGB scheidet in der Regel aus, solange ein Anspruch des Berechtigten auf Zahlung von Unterhalt wegen der Betreuung minderjähriger Kinder nach § 1570 Abs. 1, S. 2 BGB besteht und (noch) keine sichere Prognose getroffen werden kann, ab wann der Anspruch auf Betreuungsunterhalt entfällt (OLG Hamm, Urteil vom 30.10.2008 - 2 UF 43/08 zu §§ 629a Abs. 3 ZPO, 1570 Abs. 1, 1578 Abs. 2, 1581 S. 1 BGB).


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Die Anrechnung des Erwerbseinkommens eines Studierenden vollzieht sich in Anwendung des § 1577 Abs. 2 S. 2 BGB nach Billigkeitsgesichtspunkten.(OLG Jena, Beschluss vom 10.10.2008 - 1 UF 121/08):

„... Der Bedarf der Klägerin als Volljähriger und Studentin mit eigenem Hausstand beträgt im Klagezeitraum ab dem 01. 02.2007 590,- EUR und ab dem 01.01.2008 640,- EUR (Ziffer 13.1.2. der jeweils gültigen Thüringer Leitlinien). Hierauf hat sich die Klägerin das unstreitig weitergeleitete Kindergeld in Höhe von 154,- EUR sowie die monatlichen Bafög-Beträge in Höhe von 295,- EUR bzw. in Höhe von 329,- EUR ab dem 01.04.2007 anrechnen zu lassen. Die Klägerin hat ab dem 01.10.2008 kein Bafög mehr bezogen, da ihr - wie sie im Termin vom 30.11.2007 ausgeführt hat - Bafög in Höhe von 300,- EUR monatlich nur als Darlehen gewährt worden wäre. Sie lässt sich gleichwohl ihren Bafög-Anspruch insoweit fiktiv auf ihren Unterhaltsbedarf anrechnen.

Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Unterhaltsberechtigte, der die Stellung eines BaföG - Antrages vorwerfbar unterlassen hat, sich die Förderung fiktiv anrechnen zu lassen hat (vgl. OLG Schleswig, FamRZ 2006, 571 [OLG Schleswig 24.08.2005 - 15 UF 75/05] ) und folgt der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 1985, 916), dass Darlehen (50% der Förderung gemäß § 17 Abs. 2 BAföG ) anrechenbares Einkommen nach Billigkeitsgesichtspunkten sind, da Bafög-Darlehen wegen ihrer Zinsfreiheit, den Rückzahlungsmodalitäten und den Teilerlassmöglichkeiten so günstig sind, dass es dem Studenten angesichts seiner Zukunftsperspektiven zumutbar sei, sie zur Entlastung der Eltern, die schon erhebliche Leistungen für das Kind erbracht haben, in Anspruch zu nehmen.

Die Frage, ob die Klägerin sich ihren Bafög-Anspruch auch dann fiktiv anrechnen lassen muss, wenn sie das gewährte Bafög verzinslich zurückzahlen muss, kann insoweit dahinstehen.

Nach Abzug von Bafög und Kindergeld ergeben sich die von der Klägerin im Rahmen der Antragstellung für die Berufungsinstanz geltend gemachten Unterhaltsbeträge.

Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1995, 1216 [BGH 25.01.1995 - XII ZR 240/93] ) einen Studenten neben dem Studium in der Regel keine Erwerbsobliegenheit trifft. Denn er soll sich, auch im Interesse des Unterhaltspflichtigen, mit ganzer Kraft sowie dem gehörigen Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit dem Studium widmen, um dieses innerhalb angemessener und üblicher Dauer zu beenden. Das gilt auch für die Zeit der Semesterferien, die neben der notwendigen Erholung der Wiederholung und Vertiefung des Stoffes dient, soweit sie nicht ohnehin durch studienbedingte Arbeiten (Hausarbeiten) ausgefüllt ist.

Eine andere Betrachtung ist nur dann angebracht, wenn es sich z B um studiumsbegleitende Praktika oder sonst -studiumsfördernde Nebenarbeit im Studienfach handelt (Wendl/Staudigl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Auflage, § 1, Rdnr. 78). Davon ist bei der ausgeübten Tätigkeit der Klägerin in einem Coffee-Shop nicht auszugehen.

Ist die Nebentätigkeit hingegen unzumutbar, kann der Student sie jederzeit aufgeben. Erzielt er die Einkünfte auch weiterhin, ist über deren Anrechnung im Rahmen der Billigkeit zu entscheiden (BGH, a.a.O., §§ 1577 Abs. 2 , 242 BGB ).

Der Bundesgerichtshof (a.a.O.) geht davon aus, dass eine Anrechnung insoweit in Betracht kommt, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht, § 1577 Abs. 2 Satz 2 BGB . Ein pauschaler anrechnungsfreier Betrag z.B. in Höhe der Differenz des Bedarfs eines Studenten und des notwendigen Selbstbehalts des Pflichtigen als Existenzminimum ist abzulehnen.

Im vorliegenden Einzelfall ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin nur Nebeneinkünfte in einer Größenordnung von 200,- EUR erzielt hat. Bringt man hiervon den Erwerbstätigenbonus in Höhe von 1/7 in Abzug, so verbleibt noch ein Betrag von aufgerundet 172,- EUR. Auch hat die Klägerin im Rahmen der Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens in der Berufungsinstanz darauf hingewiesen, dass der Beklagte den Unterhalt unter Vorhalt gezahlt hat, so dass sie jederzeit damit habe rechnen müssen, dass der Beklagte die Unterhaltszahlungen einstelle. Auch steht der Klägerin der fiktiv eingesetzte Betrag Bafög in Höhe von 300,- EUR ab dem 01.10.2007 tatsächlich monatlich nicht zur Verfügung, da sie keine Förderung mehr in Anspruch nimmt, um der Zinsbelastung zu entgehen. Um ihr Studium Diplom-Sportwissenschaft erfolgreich abschließen zu können, muss die Klägerin zusätzliche sportliche Leistungen wie Bergwandern und Skilaufen trainieren, die einen finanziellen Mehraufwand bedingen. Auch hat die Klägerin als Mehrbedarf die Studiengebühren aufgebracht, die der Senat mit 30,- EUR monatlich in Ansatz bringt.

Zusätzliche Wohnkosten hat die Klägerin demgegenüber nicht substantiiert dargetan. Die von der Klägerin angeführte Miete liegt derzeit erkennbar nicht über den in den Leitlinien ausgewiesen Wohnkosten in Höhe von 270,- EUR (vgl. Süddeutsche Leitlinien , 01.01.2008, Nr. 13.1.2; Gerhardt, a.a.O., § 1, Rdnr. 553).

Der Senat geht daher in der Gesamtschau davon aus, dass sich die Klägerin ihre Eigeneinkünfte lediglich für die Zeit vom 01.02.2007 bis 30.09.2007, während der sie noch Bafög bezogen hat, in Höhe von (1/3 x 172,- EUR =) 58,- EUR monatlich auf ihren Unterhaltsanspruch anrechnen lassen muss. ..."

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Regress gegen Rechtsanwalt wegen fehlendem Vortrag zur Unterhaltsbefristung (OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.09.2008 - 24 U 157/07).

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§ 524 Abs. 2 S. 3 ZPO gilt nur dann, wenn sich die für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Verhältnisse nach Ablauf der Berufungserwiderungsfrist geändert haben. Zur Zumutbarkeit von Beitragszahlungen beim Ausgleich einer Betriebsrente. Zur Darlegung der Erwerbsbemühungen des arbeitslosen Unterhaltsberechtigten. Zur Begrenzung bzw. Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs (OLG Nürnberg, Urteil vom 06.08.2008 - 7 UF 244/08 zu §§ 1577, 1578 b BGB):

„... Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der zwischen den Parteien durchzuführende Versorgungsausgleich sowie der nacheheliche Ehegattenunterhalt.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben am 28. Oktober 1977 vor dem Standesbeamten des Standesamtes S. die Ehe geschlossen. Aufgrund des der Antragsgegnerin am 23. April 2004 zugestellten Scheidungsantrages wurde die Ehe der Parteien in diesem Verfahren mit Endurteil vom 22. Januar 2008, das insoweit seit 3. Juni 2008 rechtskräftig ist, geschieden. Aus der Ehe sind zwei inzwischen volljährige Kinder hervorgegangen. Die Tochter T. lebt in Z. und ist auf keinerlei Unterstützung durch die Eltern mehr angewiesen; der Sohn S. studiert im 14. Fachsemester Mechatronik in C. Seit Januar 2008 zahlt der Antragsteller im Hinblick auf die Studiendauer für ihn keinen Unterhalt mehr.

Der Antragsteller ist bei der F.-GmbH & Co. KG beschäftigt und erzielt ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 3.687,36 €. Zum 1. Januar 2008 erhöhte sich der vom Antragsteller zu zahlende Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung um rund 50 €. Der Antragsteller, der nach wie vor zur Hälfte Miteigentümer des vormals ehelichen Anwesens in H. ist, leistet auf ein Darlehen hierfür Zahlungen in Höhe von 420,07 € monatlich; außerdem ist er Eigentümer eines 11-Parteien-Mietshauses und einer weiteren Eigentumswohnung, wobei der Nießbrauch hieran jeweils seiner Mutter zusteht. Eine 2-Zimmer-Wohnung in dem Mietshaus bewohnt er selbst; er bezahlt hierfür keine Miete an seine Mutter, erbringt aber als Gegenleistung Hausverwalter- und Hausmeistertätigkeiten. Neben dem Grundvermögen bestehen zugunsten des Antragstellers noch zwei Lebensversicherungen im Werte von 23.923 € (Stichtag: 31. Dezember 2004) und von 2.138 € (Stichtag: 30. November 2005). Die Versicherungen können vom Antragsteller nicht vorzeitig aufgelöst werden, da diese der betrieblichen Altersvorsorge dienen, und Versicherungsnehmer die F.-GmbH & Co. KG ist.

Die Antragsgegnerin hat die mittlere Reife und ist gelernte Arzthelferin. In diesem Beruf hat sie zunächst in Vollzeit und von 1978 bis zur Geburt des Sohnes im Jahre 1980 in Teilzeit gearbeitet. Nach der Geburt des Sohnes widmete sie sich hauptsächlich der Erziehung der Kinder und der Haushaltsführung. Nachdem im Jahre 1979 ihre Mutter verstorben war, übernahm sie deren Bürotätigkeit für die von ihrer Familie betriebene Gestüt G.-GmbH; sie erhielt hierfür ca. 600 DM im Monat. Nach dem Tode ihres Bruders im Jahre 1996 wurde sie auf Bitten der Familie formell Geschäftsführerin, führte aber weiterhin nur die kaufmännischen Tätigkeiten aus, während ihr Vater die Geschäfte führte. Für diese Tätigkeit erhielt sie zunächst ca. 1.300 DM im Monat, und später ca. 800 DM. Außerdem half sie bei der Verwaltung der ihren Schwiegereltern gehörenden Mietwohnungen, wobei der Umfang dieser Tätigkeit zwischen den Parteien umstritten ist. Nach der Auflösung der Gestüt G.-GmbH im April 2003 erhielt sie von Mai 2003 bis zum 19. Februar 2005 Arbeitslosengeld. Ab 10. November 2004 belegte sie einen 20-monatigen Fernlehrgang und ließ sich zur geprüften Immobilienfachwirtin ausbilden. Im März 2005 gründete sie eine Ich-AG auf dem Immobiliensektor; hierfür erhielt sie von März 2005 bis Februar 2008 einen Existenzgründerzuschuß in Höhe von zunächst 600 €, dann 360 € und schließlich 240 €. Weitere Einnahmen aus dieser Tätigkeit erzielte sie jedoch zu keinem Zeitpunkt. Seit 2006 bewirbt sie sich verstärkt auf Stellen aus dem medizinischen und kaufmännischen Bereich. Sie legt insoweit drei Aktenordner mit Absagen sowie Stellenausschreibungen und mit Schriftsatz vom 15. Juli 2008 einige Bewerbungsschreiben vor. Ihre Arbeitssuche blieb bisher erfolglos.

Die Antragsgegnerin wohnt nach wie vor zusammen mit dem gemeinsamen Sohn mietfrei im vormals ehelichen Anwesen in H. Ihren hälftigen Miteigentumsanteil hieran hat sie zwischenzeitlich an ihre beiden Kinder unter Einräumung des Nießbrauchs übertragen. Sie erbringt derzeit im Monat folgende Zahlungen: Verbrauchsunabhängige Kosten für das Haus 40 €, BfA-Beitrag 79,60 €, private Kranken- und Pflegeversicherung 191,34 €, Zusatzkrankenversicherung 28,68 €, Auslandskrankenversicherung 0,41 € und Lebensversicherung 16,69 €.

Der Antragsteller erwarb wahrend der Ehezeit unter anderem Anrechte aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der F.-GmbH & Co. KG. Die vom Antragsteller nach dem derzeitigen Stand insgesamt erworbene Jahresrente, bezogen auf den 31. Mai 2019, beläuft sich auf 13.590,36 €; hieraus errechnet sich ein an die Antragsgegnerin zu übertragender Betrag von 108,07 €. Die Satzung der betrieblichen Altersversorgung sieht - wie eine Nachfrage durch den Senat ergeben hat - in § 9 eine Hinterbliebenenversorgung vor.

Die Antragsgegnerin machte in erster Instanz einen nachehelichen Erwerbslosenunterhalt in Höhe von 995 € monatlich geltend. Das Amtsgericht - Familiengericht - Hersbruck hat mit Endurteil vom 22. Januar 2008 unter Nummer 3. dem Unterhaltsbegehren der Antragsgegnerin im vollen Umfange stattgegeben; eine zeitliche Befristung des Unterhaltsanspruchs hat es nicht vorgenommen. Unter Nummer 2. des Endurteils erfolgte der Ausgleich der betrieblichen Altersversorgung des Antragstellers in der Weise, daß gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG 48,30 € vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Rentenversicherung Bund übertragen wurden. Zum Ausgleich des darüber hinausgehenden Betrages von 59,77 € wurde der Antragsteller gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG verpflichtet, durch Entrichtung einer Beitragszahlung in Höhe von 13.126,15 € auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin Rentenanwartschaften von monatlich 59,77 €, bezogen auf den 31. März 2004, zu begründen.

Das Amtsgericht geht bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs davon aus, daß dem Antragsteller ein Wohnwert von 300 € zuzurechnen sei, und der Antragsgegnerin nach Abzug der verbrauchsunabhängigen Kosten von 40 € und unter Berücksichtigung dessen, daß der Sohn der Parteien mit in dem Anwesen wohne, ein solcher von 850 €. Die vom Antragsteller wegen seiner Erkrankung (antrogensensibles PSA-Rezidiv nach radikaler Prostatektomie) geltend gemachten Mehrkosten in Höhe von 400 € erkennt das Amtsgericht nicht an und rechnet der Antragsgegnerin auch kein fiktives Einkommen zu. Zur Begründung führt es aus, daß sich die Antragsgegnerin hinreichend um eine neue Erwerbsmöglichkeit bemüht habe. Außerdem führt das Erstgericht aus, eine Befristung des Unterhaltsanspruchs sei wegen der Dauer der Ehe und im Hinblick darauf, daß es der Antragsgegnerin aufgrund ihres Alters nahezu unmöglich sei, eine Erwerbstätigkeit zu finden, und ihres weitgehenden Verzichts auf ihre berufliche Entfaltung während der Ehezeit, nicht vorzunehmen.

Die Anordnung der Beitragszahlung im Rahmen des Versorgungsausgleichs begründet das Amtsgericht damit, daß diese zumutbar sei, da erhebliches Vermögen vorhanden sei.

Gegen die Verurteilung zum nachehelichen Ehegattenunterhalt und die Verpflichtung zur Begründung von Rentenanwartschaften in Höhe von 59,77 € durch Entrichtung einer Beitragszahlung in Höhe von 13.126,15 € im Endurteil vom 22. Januar 2008, das dem Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers am 24. Januar 2008 zugestellt worden ist, hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 25. Februar 2008, der am folgenden Tage beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen ist, Berufung einlegen und diese mit Schriftsatz vom 16. April 2008, der nach entsprechender Fristverlängerung vorab per Telefax am 25. April 2008 eingegangen ist, begründen lassen.

Er macht geltend, das Erstgericht gehe zu Unrecht davon aus, daß dem Antragsteller die im Rahmen des Versorgungsausgleichs angeordnete Ausgleichszahlung zumutbar sei. Wie seine Auskunft im abgetrennten Zugewinnausgleichsverfahren zeige, habe er kein flüssiges Kapital in der erforderlichen Höhe. Er habe Unterhaltszahlungen an die Antragsgegnerin zu erbringen; außerdem stehe eine nicht unerhebliche Zugewinnausgleichsforderung seitens der Antragsgegnerin im Raum. Eine Verwertung seiner Immobilien komme nicht in Betracht, weil diese entweder mit dem Nießbrauch für seine Mutter belastet seien oder der Antragsgegnerin und dem gemeinsamen Sohn als Wohnung dienen würden. Die Lebensversicherungen könne er nicht auflösen.

Bezüglich der Verurteilung zum nachehelichen Unterhalt macht der Antragsteller geltend, daß ihm kein Wohnvorteil zuzurechnen sei: Insoweit handele es sich um eine unterhaltsrechtlich unbeachtliche Zuwendung von seiner Mutter; außerdem sei dieser Vorteil nicht eheprägend. Darüber hinaus habe das Erstgericht nicht berücksichtigt, daß sich der Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeitrag des Antragstellers - wie in erster Instanz vorgetragen - zum 1. Januar 2008 um rund 50 € im Monat erhöht habe. Da es sich bei dem gemeinsam erworbenen Anwesen um ein luxuriöses Einfamilienhaus handele, müsse der Antragsgegnerin nach Abzug der verbrauchsunabhängigen Kosten von 40 € ein Wohnvorteil in Höhe von 1.160 € zugerechnet werden. Nicht nachvollziehbar sei, daß sich der Wohnwert verringere, weil das Anwesen auch von dem gemeinsamen Sohn bewohnt werde. Weiter sei auf seiten der Antragsgegnerin ein fiktives Nettoeinkommen von monatlich mindestens 1.000 € anzusetzen, da davon auszugehen sei, daß sie, wenn sie sich nach Ablauf des Orientierungsjahres ausdauernd und gewissenhaft um eine Anstellung in ihrem angestammten Beruf bemüht hätte, eine entsprechende Anstellung gefunden hätte. Schließlich müsse gerügt werden, daß das Erstgericht zu Unrecht die von ihm wegen seiner Erkrankung geltend gemachten notwendigen Aufwendungen in Höhe von 485 € im Monat nicht einkommensmindernd berücksichtigt habe.

Vorsorglich macht der Antragsteller geltend, daß ein etwaiger Unterhaltsanspruch auf jeden Fall zeitlich zu begrenzen sei.

Der Antragsteller beantragt, das Urteil des Familiengerichts Hersbruck vom 22. Januar 2008 (3 F 358/04) in Ziffer 2. dahingehend abzuändern, daß seine Verpflichtung zur Beitragszahlung von 13.126,15 € aufgehoben wird, und das Urteil weiter dahingehend abzuändern, daß er keinen nachehelichen Unterhalt an die Antragsgegnerin zu zahlen hat.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Berufung des Antragstellers zurückzuweisen. Sie bestreitet, daß es dem Antragsteller nicht zumutbar sei, die Ausgleichszahlung vorzunehmen, sowie, daß der Antragsteller im Jahre 2008 wegen seiner Erkrankung Aufwendungen in der geltend gemachten Höhe gehabt habe, verteidigt das erstinstanzliche Endurteil unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen in erster Instanz, und führt im übrigen aus, der Mietwert der vom Antragsteller genutzten Wohnung liege, wie die Mieten für die anderen im Hause befindlichen Wohnungen zeigen würden, bei 360 €. Dagegen könne bei ihr kein höherer Wohnvorteil angesetzt werden: Entgegen dem Sachvortrag des Antragstellers handele es sich nicht um eine Luxusimmobilie, sondern um ein 1950 errichtetes und 1968 bzw. 1996 aus- und umgebautes Haus in einer kleinen Ortschaft. Zu Recht gehe das Erstgericht davon aus, daß der Antragsgegnerin kein fiktives Einkommen zugerechnet werden könne, denn im Hinblick auf die zahlreichen Bewerbungen könne ihr keine Obliegenheitsverletzung zum Vorwurf gemacht werden. Als Arzthelferin könne sie bei einer Vollzeitstelle allenfalls 1.356 € brutto im Monat verdienen.

Mit Verfügung vom 29. April 2008, die dem Bevollmächtigten der Antragsgegnerin am 30. April 2008 zugestellt worden ist, ist der Antragsgegnerin zur schriftlichen Erwiderung auf die Berufung des Antragstellers eine Frist bis zum 28. Mai 2008 gesetzt worden. Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2008, der am gleichen Tage als Telefax beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen ist, ist die Antragsgegnerin dieser Aufforderung nachgekommen und hat darin unter anderem ausgeführt, daß im Hinblick darauf, daß der Antragsteller seit Januar 2008 keinen Kindesunterhalt mehr bezahle, nicht nur die Berufung des Antragstellers keinen Erfolg haben könne, sondern sich darüber hinaus eine Erhöhung der Unterhaltslast anbiete. Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2008 - eingegangen beim Oberlandesgericht per Telefax am gleichen Tage - hat die Antragsgegnerin schließlich mit dieser Begründung Anschlußberufung einlegen lassen. Sie führt aus, dadurch, daß der Antragsteller die Unterhaltszahlungen für S. eingestellt habe, erhöhe sich der ihr zustehende nacheheliche Unterhaltsanspruch auf mindestens 1.200 € im Monat.

Die Antragsgegnerin beantragt daher im Wege der Anschlußberufung, den Antragsteller und Berufungskläger zu verurteilen, an sie ab Rechtskraft des Scheidungsurteils einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 1.200 € zu zahlen, und zwar monatlich im voraus, jeweils zum 3. Werktag eines jeden Monats.

Der Antragsteller beantragt, die Anschlußberufung zurückzuweisen, da diese unzulässig sei.

Ergänzend wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Eine Beweisaufnahme hat weder in der ersten noch in der zweiten Instanz stattgefunden.

Entscheidungsgründe: Während die Berufung des Antragstellers zulässig ist und zumindest teilweise Erfolg hat, ist die Anschlußberufung der Antragsgegnerin zu verwerfen, da diese - worauf Senat in der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2008 hingewiesen hat - unzulässig ist.

1. Anschlußberufung

Die Anschlußberufung der Antragsgegnerin ist unzulässig, weil sie verspätet eingelegt worden ist. Nach § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO ist die Anschließung nur bis zum Ablauf der dem Berufungsgegner gesetzten Frist zur Berufungserwiderung zulässig. Mit Verfügung vom 29. April 2008 war der Antragsgegnerin zur schriftlichen Erwiderung auf die Berufung des Antragstellers eine Frist bis zum 28. Mai 2008 gesetzt worden. Die Anschlußberufung ging jedoch erst am 15. Juli 2008 und damit erhebliche Zeit nach Ablauf dieser Frist beim Oberlandesgericht Nürnberg ein.

Die Ausnahmeregelung des § 524 Abs. 2 S. 3 ZPO, wonach die vorgenannte Frist nicht gilt, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323 ZPO) zum Gegenstand hat, ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Diese Regelung wurde aus prozeßökonomischen Gründen eingeführt (BT-Dr. 145/3482 S. 18). Bei künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen sollten wesentliche Änderungen der für die Höhe der Leistung maßgebenden Umstände nicht erst im Abänderungsverfahren berücksichtigt werden, sondern der Rechtsstreit bereits im Berufungsverfahren umfassend entschieden werden. Dieser Gesichtspunkt greift jedoch nur dann, wenn diese Umstände vor Ablauf der in § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO bestimmten Frist nicht geltend gemacht werden konnten, d.h. erst nach Ablauf dieser Frist eingetreten sind (OLG Celle FamRZ 2007, 1821; OLG Koblenz FamRZ 2007, 1999).

Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Der Antragsteller hat seine Unterhaltszahlung an den gemeinsamen Sohn im Januar 2008 eingestellt, also erhebliche Zeit vor Ablauf der der Antragsgegnerin gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Die Antragsgegnerin war sich dieser Sachlage auch bewußt, denn bereits in der Berufungserwiderung vom 28. Mai 2008 wird ausgeführt, daß durch die Einstellung der Kindesunterhaltszahlungen eine Erhöhung des Ehegattenunterhaltsanspruchs im Raum steht. Eine Anschließung wurde in diesem Schriftsatz jedoch nicht erklärt.

Hinreichende Anhaltspunkte die es rechtfertigen könnten, Wiedereinsetzung von Amts wegen gemäß § 236 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 ZPO zu gewähren, sind somit nicht ersichtlich.

Die Anschlußberufung der Antragsgegnerin ist damit unzulässig. Sie hätte jedoch, wie sich aus den Ausführungen zur Berufung des Antragstellers ergibt, auch in der Sache keinen Erfolg gehabt.

2. Berufung des Antragstellers

a) Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie rechtzeitig eingelegt (§ 517 ZPO).

Das Endurteil des Amtsgerichts vom 22. Januar 2008 wurde den Bevollmächtigten des Antragstellers am 24. Januar 2008 zugestellt, so daß die einmonatige Berufungseinlegungsfrist, da der 24. Februar 2008 ein Sonntag war, am 25. Februar 2008 abgelaufen ist. Das Original des Berufungseinlegungsschriftsatzes ist zwar erst am 26. Februar 2008 beim Oberlandesgericht eingegangen, also einen Tag nach Ablauf der Berufungseinlegungsfrist; der Senat ist jedoch davon überzeugt, daß dieser Schriftsatz vorab als Telefax am 25. März 2008 und damit innerhalb der laufenden Frist eingegangen ist. Dies folgert der Senat zum einen aus dem von den Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 16. Juni 2008 vorgelegten Sendebericht, und zum anderen aus dem vom Oberlandesgericht Nürnberg geführten Telefax-Empfangsjournal. Aus dem Sendebericht ergibt sich, daß der Berufungsschriftsatz am 25. Februar 2008, bestehend aus vier Seiten, um 11.20 Uhr an die Telefaxnummer des Oberlandesgerichts gesendet worden ist. Die Richtigkeit dieses Sendeberichts wird durch das Journal bestätigt: Darin ist der Eingang eines vom Telefaxanschluß der Bevollmächtigten des Antragstellers abgesendeten Telefaxes, bestehend aus vier Seiten, um 11.24 Uhr vermerkt. Dabei handelt es sich nicht um die vom Antragsteller im Parallelverfahren 7 UF 233/08 eingelegte Berufung, denn diese ist - wie dem Journal zu entnehmen ist - drei Minuten vorher um 11.21 Uhr beim Oberlandesgericht eingegangen.

b) Versorgungsausgleich durch Beitragszahlung

Bezüglich des Ausgleichs des Restbetrages von 59,77 €, den das Amtsgericht durch Anordnung einer Beitragszahlung von 13.126,15 € vorgenommen hat, verbleibt es beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.

Gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG kann, wenn nach der Anwendung des § 1587b BGB und des § 1 Abs. 2 und 3 VAHRG noch ein Rest vorhanden ist, der schuldrechtlich auszugleichen ist, durch das Familiengericht die Begründung von Anwartschaften durch eine Beitragszahlung angeordnet werden, wenn dies dem Verpflichteten nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zumutbar ist. Dabei ist die wirtschaftliche Zumutbarkeit positiv unter Zugrundelegung der konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse festzustellen (KG NJW-RR 2002, 76), und sind im Rahmen der Ermessensentscheidung die Interessen des Berechtigten am Erwerb eigener Rentenanwartschaften durch eigene Beitragszahlung gegenüber dem Interesse des Verpflichteten an weitgehender Schonung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zu hoch zu bewerten (BGH FamRZ 1997, 166 = EzFamR BGB § 1587a Nr. 96 = BGHF 10, 433). Der Verpflichtete muß seinen Vermögensstamm nur dann einzusetzen, wenn gute Vermögensverhältnisse bestehen, und Vermögen vorhanden ist, das in wirtschaftlicher Form angemessen zu verwerten ist und nicht der eigenen Alterssicherung oder dem Erwerb einer Immobilie zu Wohnzwecken dient (BGH aaO). Bei der Abwägung spielt eine entscheidende Rolle, ob der Berechtigte durch den verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich abgesichert ist. Zu berücksichtigen sind ferner das Alter des Verpflichteten, ob er noch in der Lage ist, den Vermögensverlust auszugleichen, und ob er im Rahmen des Zugewinnausgleichs in Anspruch genommen wird (BGH aaO).

Wendet man diese Kriterien auf den vorliegenden Fall an, so kommt man zu dem Ergebnis, daß eine Beitragszahlung nicht angeordnet werden kann.

Der Antragsteller hat kein Vermögen, das er leicht und wirtschaftlich angemessen verwerten kann. Er hat weder Sparvermögen noch Wertpapiere oder Beteiligungen in der erforderlichen Höhe. Eine Verwertung der ihm gehörenden Immobilien ist in wirtschaftlicher Hinsicht nicht zumutbar. Er ist zwar Eigentümer einer Eigentumswohnung und eines 11-Parteien Mietshauses; diese sind jedoch mit einem Nießbrauch zugunsten seiner Mutter belastet, so daß eine Veräußerung nur schwer und höchstwahrscheinlich nur mit einem Wertverlust möglich ist. Ob und zu welchem Preise eine Veräußerung des vormals ehelichen Anwesens, das nun im Miteigentum des Antragstellers und der beiden gemeinsamen Kinder steht und von der Antragsgegnerin und dem gemeinsamen Sohn bewohnt wird, möglich ist, ist völlig offen und ungeklärt.

Auch eine Verwertung der beiden Lebensversicherungen kommt nicht in Betracht, denn Versicherungsnehmer ist nicht der Antragsteller, sondern seine Arbeitgeberin, die F.-GmbH & Co. KG. Diese zusätzliche betriebliche Altersversorgung steht daher nicht zur freien Verfügung des Antragstellers. Ungeklärt ist im vorliegenden Fall darüber hinaus, ob bzw. in welchem Umfange der Antragsteller im Rahmen des Zugewinnausgleichs noch in Anspruch genommen wird. Das Verfahren über den Zugewinnausgleich wurde abgetrennt. Eine Bezifferung wurde bisher noch nicht vorgenommen.

Gegen die Annahme der Zumutbarkeit spricht ferner, daß der Antragsteller ernsthaft erkrankt ist, und damit derzeit offen ist, ob er in der Lage sein wird, einen etwaigen Vermögensverlust wieder auszugleichen.

Entscheidende Bedeutung für die Verneinung der Zumutbarkeit kommt hier jedoch dem Umstand zu, daß die betriebliche Altersversorgung des Antragstellers, die hier auszugleichen ist, eine Hinterbliebenenversorgung vorsieht (§ 9 der Satzung), und damit die Antragsgegnerin durch den verlängerten schuldrechtlicher Versorgungsausgleich gemäß § 3a Abs. 1 VAHRG abgesichert ist.

Jedoch auch dann, wenn man die Zumutbarkeit bejahen müßte, würde der Senat im vorliegenden Fall im Rahmen der Ermessensentscheidung von der Anordnung der Beitragszahlung absehen, denn durch eine solche Anordnung würde zu Lasten der Antragsgegnerin ein beachtlicher Wertverlust eintreten. Die durch die Beitragszahlung erlangte Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung würde, bezogen auf den 31. März 2004, 59,77 € betragen, während sich durch Rückrechnung ein auf den 31. Mai 2019 bezogener Anspruch aus der betrieblichen Altersversorgung von (= 59,77 : 26,13 : 0,0001742628 : 5,7 : 12 =) 191,90 € ergibt.

c) Unterhaltsanspruch

Der Antragsgegnerin steht gegen den Antragsteller ein Aufstockungsunterhaltsanspruch ab Rechtskraft der Scheidung (3. Juni 2008) in Höhe von 794 € im Monat zu (§ 1573 Abs. 2 BGB). Dabei geht der Senat von folgenden Überlegungen aus:

Einkommen des Antragstellers

Das bereinigte Einkommen des Antragstellers aus seiner Tätigkeit bei der F.-GmbH & Co. KG betragt unstreitig 3.687,36 € inklusive zu berücksichtigender Spesengelder.

Diesem Einkommen hat das Amtsgericht zu Recht als Wohnvorteil weitere 300 € hinzugerechnet. Der Wohnvorteil stellt zwar keinen Wohnwert im eigentlichen Sinne dar; er ist jedoch als kostenloser geldwerter Sachbezug einkommenserhöhend zu berücksichtigen. Wie der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2005 erklärt, erbringt er für seine Mutter Hausverwalter- und Hausmeistertätigkeiten für das 11-Parteien-Mietshaus und darf dafür eine Wohnung in diesem Hause selbst nutzen. Der Wohnvorteil ist also nicht als unentgeltliche Zuwendung eines Dritten zu qualifizieren, sondern als Gegenleistung für vom Antragsteller erbrachte Arbeitsleistungen und damit Einkommen im unterhaltsrechtlichen Sinne. Auch § 1578 Abs. 1 BGB steht einer Berücksichtigung des geldwerten Vorteils nicht entgegen. Bei der Bestimmung der ehelichen Verhältnisse werden Änderungen nach der Trennung und sogar nach der Scheidung grundsätzlich berücksichtigt (BGH FamRZ 2006, 683 = FuR 2006, 266 = EzFamR BGB § 1581 Nr. 9; 2008, 968 = FuR 2008, 297), so daß die geldwerten Vorteile, die der Antragsteller durch Ausführung der Hausverwalter- und Hausmeistertätigkeit seit der Trennung erzielt, in die Bedarfsberechnung einfließen.

Der Senat sieht keine Veranlassung dazu, den sich aus dieser Tätigkeit ergebenden geldwerten Vorteil, wie von der Antragsgegnerin in der Berufungserwiderung angeregt, von 300 € auf 360 € zu erhöhen. Die Antragsgegnerin trägt insoweit zwar vor, daß die Mieten für die anderen Wohnungen in dem 11-Parteien-Mietshaus 360 € betragen; es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die vom Antragsteller genutzte Wohnung mit den übrigen Wohnungen in Ausstattung und Größe vergleichbar ist.

Da der Antragsteller - wie er einräumt - aufgrund dessen, daß seinem Sohn seiner Meinung nach kein Unterhaltsanspruch mehr zusteht, seit Januar 2008 diesem keine Zahlungen mehr leistet, kann der Kindesunterhalt nicht mehr als Abzugsposten bei der Bedarfsermittlung berücksichtigt werden.

Beim Abzug des Krankenversicherungsbeitrags für den gemeinsamen Sohn hat es jedoch sein Bewenden. Zwar wird im Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 15. Juli 2008 ausgeführt, daß das Einkommen des Antragstellers im Hinblick darauf, daß der Antragsteller für den Sohn keinen Unterhalt mehr bezahle, nicht mehr um 588 € zuzüglich 100 € zu bereinigen sei; sie behauptet jedoch nicht konkret, daß der Antragsteller den Krankenversicherungsbeitrag für den gemeinsamen Sohn in Höhe von rund 100 € tatsächlich nicht mehr erbringt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen des Antragstellers: Im Schriftsatz vom 9. Juni 2008 hat er lediglich bestätigt, daß er keine Zahlungen mehr an den Sohn leistet, aber nicht, daß er den Krankenkassenbeitrag für den Sohn nicht mehr erbringt.

Von dem Einkommen des Antragstellers abzuziehen sind - was zwischen den Parteien nicht umstritten ist - die Aufwendungen in Höhe von 420,07 €, die der Antragsteller nach wie vor für das Darlehen, das das vormals eheliche Anwesen betrifft, erbringt.

Zusätzlich abzuziehen ist der Betrag, um den sich der Krankenversicherungsbeitrag, den der Antragsteller für sich und seinen Sohn zu zahlen hat, seit Januar 2008 erhöht hat. Wie sich aus dem Schreiben der DKV vom 13. November 2007 ergibt, beträgt die Erhöhung ab Januar 2008 49,37 €.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die vom Antragsteller wegen seiner Erkrankung geltend gemachten Medikamentekosten zusätzlich vom Einkommen abzuziehen wären, denn es ist auf jeden Fall nicht nachgewiesen, daß solche Kosten auch im Jahre 2008 angefallen sind bzw. anfallen werden. Der Antragsteller hat insoweit lediglich drei Rechnungen vorgelegt; diese datieren jedoch vom 27. März 2006, vom 29. Januar und vom 15. Februar 2007. Legt man die vom Antragsteller angegebene Medikation zugrunde, so waren die Medikamente, auf die sich die drei Rechnungen beziehen, nach wenigen Monaten aufgebraucht. Folgerechnungen, aus denen entnommen werden könnte, daß der Antragsteller die Medikamente auch weiterhin, insbesondere auch im Jahre 2008, bezieht und einnimmt, werden jedoch nicht vorgelegt.

Einkommen der Antragsgegnerin

Der Senat sieht - worauf bereits in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2008 hingewiesen worden ist - keine Veranlassung dazu, den vom Amtsgericht auf seiten der Antragsgegnerin angesetzten Wohnvorteil von 850 € auf 1.160 € hinaufzusetzen. Bei der Bewertung des Wohnvorteils der Antragsgegnerin hat außen vor zu bleiben, daß diese ihren Miteigentumsanteil an dem Anwesen zwischenzeitlich an ihre beiden Kinder übertragen hat, denn zum einen kann zu Lasten des Unterhaltspflichtigen nicht berücksichtigt werden, daß der Unterhaltsberechtigte sein Einkommen ohne nachvollziehbaren Grund vermindert, und zum anderen hat sich die Antragsgegnerin den Nießbrauch vorbehalten, so daß die Nutzungsvorteile nach wie vor ihr und nicht den Kindern zufließen.

Beim nachehelichen Unterhalt ist zur Bestimmung des Wohnwertes grundsätzlich auf den Gesamtnutzungswert abzustellen, d.h. auf die objektive Marktmiete. Dies kann jedoch nur dann gelten, wenn im Falle der Verwertung des Eigenheims, sei es durch Vermietung oder Veräußerung, dem alleinnutzenden Ehegatten auch die gesamten Mieteinnahmen bzw. der gesamte Veräußerungserlös zufließen würden (vgl. BGH FamRZ 2000, 950 = FuR 2000, 469 = EzFamR BGB § 1581 Nr. 4 = BGHF 12, 159). Dies trifft im vorliegenden Fall jedoch nicht zu, denn dem Antragsteller stehen, da er nach wie vor zur Hälfte Miteigentümer des Anwesens ist, die Hälfte der Mieteinnahmen bzw. des Veräußerungserlöses zu. Demzufolge ist hier der Antragsgegnerin entweder der angemessene Wohnvorteil oder die Hälfte der objektiven Mieten zuzurechnen. Da weder der angemessene Wohnvorteil noch die Hälfte der objektiven Miete 850 € übersteigen, kommt eine Erhöhung des Wohnvorteils auf seiten der Antragsgegnerin nicht in Betracht.

Der Antragsgegnerin ist ein fiktives Einkommen in Höhe von 800 € netto im Monat zuzurechnen, da sie ihre Erwerbsbemühungen nicht hinreichend dargelegt hat.

Um im Falle der Arbeitslosigkeit der Darlegungslast für seinen Bedarf bzw. die fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit zu genügen, muß ein Unterhaltspflichtiger in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte er im einzelnen zu dem Zwecke unternommen hat, einen zumutbaren Arbeitsplatz zu finden und sich bietende Erwerbsmöglichkeiten zu nutzen (BGH FamRZ 1996, 345 = EzFamR BGB § 1581 Nr. 3 = BGHF 9, 1386; OLG Hamm FamRZ 2005, 279). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Antragsgegnerin, worauf sie bereits in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2008 durch den Senat hingewiesen worden ist, nicht. Die Antragsgegnerin legt zwar zahllose Absagen, ein Konvolut von Stellenausschreibungen und einige Bewerbungsschreiben vor; sie stellt jedoch nicht systematisch dar, auf welche Stellenausschreibung sie sich mit welchen Bewerbungsschreiben beworben hat, so daß sich die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Bewerbungen nicht überprüfen läßt, insbesondere nicht, ob sie überhaupt dem jeweiligen Anforderungsprofil entsprochen hat, und ob die Bewerbung jeweils hierauf zugeschnitten war. Darüber hinaus fehlt es am überregionalen Engagement. Die vorgelegten Absagen beziehen sich beinahe ausschließlich auf die hiesige Region. Da die Antragsgegnerin ungebunden ist, ist ihr aber auch zur Erlangung einer angemessen Erwerbstätigkeit ein Ortswechsel zuzumuten; auch kann von der Antragsgegnerin erwartet werden, daß sie selbst Anzeigen schaltet und von sich aus bei potentiellen Arbeitgebern nachfragt.

Ob ein arbeitsloser Unterhaltsberechtigter einen neuen Arbeitsplatz gefunden hätte, wenn er sich in der gebotenen Weise darum bemüht hätte, hängt von den Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt und auch von den persönlichen Eigenschaften des Bewerbers ab (BGH aaO). Die Antragsgegnerin ist gelernte Arzthelferin und war auch während der Ehezeit ununterbrochen bis Mai 2003 im kaufmännischen Bereich tätig, wenn auch nicht im vollen Umfange, d.h. die Antragsgegnerin - die keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen hat - hat eine abgeschlossene Berufsausbildung und Berufserfahrungen in einem beachtlichen Umfange, so daß sie trotz ihres Alters auf dem wieder belebten Arbeitsmarkt, der gerade auch für ältere Arbeitnehmer vermehrt Stellenangebote bereithält, Vermittlungschancen hat.

Der Senat verkennt jedoch auch die Schwierigkeiten der Antragsgegnerin, die bereits bei der Trennung das kritische Alter überschritten hatte und bisher ausschließlich im Familienbetrieb bzw. bei ihrem Schwiegervater tätig war, nicht, eine vollschichtige Arbeitsstelle zu finden, und geht daher davon aus, daß sie lediglich eine Anstellung als Teilzeitkraft mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von rund 1.100 € und damit einen Nettoeinkommen von rund 800 € hätte finden können.

Sonstige Rügen des Antragstellers

Soweit der Antragsteller rügt, daß dem Erstgericht bei der Berechnung des Unterhalts für 2004 und 2005 Fehler unterlaufen sind, spielt dies im vorliegenden Verfahren, das lediglich den nachehelichen Ehegattenunterhalt seit 3. Juni 2008 zum Gegenstand hat, keine Rolle und bedarf daher keiner Erörterung. Es ergibt sich somit folgende Bedarfsrechnung: Für den Zeitraum vom 3. Juni 2008 bis einschließlich August 2008 errechnet sich ein fälliger Unterhaltsanspruch von ([794 € : 30 Tage × 28 Tage] + [2 × 794 €] =) 2.329,07 €.

d) Zeitliche Begrenzung

Zu Recht geht das Amtsgericht davon aus, daß eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin nicht in Betracht kommt.

Nach § 1578b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ergeben.

Nach diesen rechtlichen Maßstäben ist im vorliegenden Fall eine Befristung des nachehelichen Unterhalts abzulehnen.

Gegen eine Befristung des Unterhaltsanspruchs spricht hier, daß die Ehe zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin fast 27 Jahre gedauert (Eheschließung 28. Oktober 1977, Zustellung des Scheidungsantrages 23. April 2004), und daß die Antragsgegnerin sich nach der Geburt der beiden Kinder hauptsächlich der Erziehung der Kinder und der Haushaltsführung gewidmet hat und nur noch eingeschränkt erwerbstätig war, so daß sich in der Erwerbsbiographie der Antragsgegnerin ehebedingt Nachteile manifestiert haben (vgl. zuletzt BGH FamRZ 2008, 1325 = FuR 2008, 401). Wie bereits oben dargelegt, kann die Antragsgegnerin, die während der Ehezeit nur eingeschränkt berufstätig war und bereits über 50 Jahre alt ist, lediglich eine Teilzeitstelle mit einem Nettoeinkommen in Höhe von 800 € finden. Hätte die Antragsgegnerin dagegen ihre Berufstätigkeit nicht zugunsten der Erziehung der Kinder und der Haushaltsführung eingeschränkt, sondern wäre sie durchgehend als Vollzeitkraft beschäftigt gewesen, so wäre davon auszugehen, daß sie jetzt eine gesicherte Vollzeitstelle im medizinischen oder kaufmännischen Bereich inne hätte und ein Nettoeinkommen erzielen würde, das zumindest den oben errechneten Bedarf von 2.282,18 € erreichen würde. Es kommen daher weder eine Befristung noch eine Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578b Abs. 1 BGB in Betracht. ..."

***

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB schuldet. Wegen der guten wirtschaftlichen Verhältnisse ist der Bedarf der Antragsgegnerin gemäß § 1578 Abs. 1 BGB erst nach Abzug des Kindesunterhalts zu bestimmen. Das gilt hier nicht nur für die beiden minderjährigen Kinder des Antragstellers, sondern auch für den Unterhalt der volljährigen A…. Dem steht die neue Rangstufenregelung des § 1609 Nr. 4 BGB nicht entgegen, da unter den gegebenen guten Einkommensverhältnissen der angemessene Lebensbedarf der Antragsgegnerin nicht gefährdet wird (vgl. in diesem Zusammenhang auch Borth, a.a.O., Rdnr. 276). Ist der Kindesunterhalt bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts vorweg abgezogen worden, so beteiligt sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte bereits auf diese Weise am Kindesunterhalt. Denn der Vorwegabzug des Kindesunterhalts vom anrechnungsfähigen Einkommen des Unterhaltspflichtigen vermindert den Anspruch auf Ehegattenunterhalt. Müsste sich der unterhaltsberechtigte Elternteil unter Berücksichtigung seines Unterhaltsanspruchs als anrechenbares Einkommen am Volljährigenunterhalt beteiligen, so liefe das auf eine unzulässige Doppelbeteiligung hinaus (vgl. hierzu OLG Hamm, FamRZ 1996, 1234; Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rdnr. 151). ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 22.04.2008 - 10 UF 226/07)

§ 1578 a Deckungsvermutung bei schadensbedingten Mehraufwendungen

Für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens gilt § 1610a.

§ 1578 b Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit (n.F. ab 01.03.2013)

(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile im Sinne des Satzes 2 können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.

(2) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden.

***

§ 1578 b Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit (a.F.)

(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

(2) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden.

Hinweis:
Die Vorschrift soll das Ende der „Lebensstandardgarantie" besiegeln. Die am 01.03.2013 in Kraft getretenen Änderungen klären nichts und sind wiederum misslungen, weil den Betroffenen keine klaren Regelungen zur Verfügung gestellt werden, was sich in den Stresssituationen der Trennung und Scheidung besonders nachteilig auf die Beteiligten auswirkt.

Leitsätze/Entscheidungen:

*** (BGH)

Dem Empfänger von Altersvorsorgeunterhalt obliegt es, die erhaltenen Unterhaltsbeträge in einer für die spätere Erzielung von Alterseinkünften geeigneten Form anzulegen. Statt freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, kann er auch eine private Rentenversicherung abschließen (im Anschluss an Senatsurteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04, FamRZ 2007, 117). Dass diese ein Kapitalwahlrecht vorsieht, steht nicht entgegen. Aufgrund des Unterhaltsrechtsverhältnisses obliegt es zwar grundsätzlich beiden (geschiedenen) Ehegatten, ihre (Gesamt-)Einkommensteuerbelastung möglichst gering zu halten. Der Unterhaltsberechtigte ist aber, insbesondere im Rahmen des steuerlichen Realsplittings, nicht gehalten, den Altersvorsorgeunterhalt in einer zum Sonderausgabenabzug berechtigenden zertifizierten Rentenversicherung (hier sog. Rürup-Rente) anzulegen (BGH, Beschluss vom 22.09.2021 - XII ZB 544/20).

***

Soweit bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens bereits berufsbedingte Aufwendungen abgezogen wurden, spricht nichts dagegen, den Erwerbstätigenbonus - wie es die Süddeutschen Leitlinien vorsehen - allgemein mit einem Zehntel zu berücksichtigen. Der Erwerbstätigenbonus ist auch dann in die Unterhaltsberechnung einzustellen, wenn er allein beim Unterhaltsberechtigten anfällt, etwa weil der Unterhaltspflichtige bereits Rentner ist. Erteilt der Unterhaltsberechtigte dem Unterhaltspflichtigen auf dessen Aufforderung hin keine Auskunft über die Verwendung des in der Vergangenheit bezogenen Altersvorsorgeunterhalts und bestehen deshalb begründete Zweifel daran, dass er die hierfür an ihn geleisteten Beträge zweckentsprechend verwenden wird, steht der Forderung auf Zahlung künftigen Altersvorsorgeunterhalts der Einwand der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB entgegen (Fortführung von Senatsurteil vom 25. März 1987 - IVb ZR 32/86 - FamRZ 1987, 684; BGH, Beschluss vom 13.11.2019 - XII ZB 3/19).

***

Die Bemessung des eheangemessenen Selbstbehalts ist Aufgabe des Tatrichters. Dabei ist es diesem nicht verwehrt, sich an Erfahrungs- und Richtwerte anzulehnen, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände eine Abweichung gebieten. Die Erfahrungs- und Richtwerte können dabei auch eine Differenzierung zwischen erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen vorsehen (Fortführung von Senatsurteil vom 17. März 2010 - XII ZR 204/08, FamRZ 2010, 802) Es ist nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners dessen angemessenen Selbstbehalt nach Nr. 21.4 der Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm mit 1.090 € für einen nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen (gegenüber 1.200 € für einen Erwerbstätigen) angesetzt hat (BGH, Beschluss vom 16.10.2019 - XII ZB 341/17).

***

„... I. 1. Der 1961 geborene Beschwerdeführer ist seit November 1999 verheiratet. Die Ehe blieb kinderlos. Nach der Trennung im Mai 2007 reichte der Beschwerdeführer Anfang 2008 beim Amtsgericht Scheidungsantrag ein. Der Beschwerdeführer verdient rund 1.725 € netto im Monat. Seine 1937 geborene Ehefrau, die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens, lebte bei Eheschließung von Sozialhilfe. Seit 2000 erhält sie Altersrente, zuletzt in Höhe von rund 540 € im Monat. Der Beschwerdeführer zahlt ihr Trennungsunterhalt in Höhe von 450 € im Monat.

a) Im Ausgangsverfahren wies das Amtsgericht mit angegriffenem Beschluss vom 11. Dezember 2008 ein Gesuch des Beschwerdeführers zurück, mit dem er Prozesskostenhilfe für die Verteidigung gegen den Scheidungsfolgeantrag der Antragsgegnerin begehrt hatte, ihr nachehelichen Unterhalt in Höhe von 300 € im Monat zu zahlen.

Der 71-jährigen Antragsgegnerin stehe Altersunterhalt nach § 1571 Nr. 1 BGB zu. Von ihr könne nach der Scheidung keine Erwerbstätigkeit mehr erwartet werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. Oktober 1981 - IVb ZR 605/80 -, juris) setze der Unterhaltsanspruch wegen Alters nicht voraus, dass die Bedürftigkeit auf ehebedingten Nachteilen beruhe. Es handele sich bei dem Anspruch um einen den ehelichen Verhältnissen folgenden Unterhaltsanspruch und nicht um einen Nachteilsausgleich. Aus der nicht in Streit stehenden Einkommensdifferenz der Parteien ergebe sich rechnerisch der von der Antragsgegnerin geltend gemachte Unterhalt.

Die Billigkeitsprüfung des § 1578b BGB führe nicht zum vollständigen Entfall des Unterhalts. Die Erwerbsbiographie der Antragsgegnerin sei abgeschlossen. Mit ihrer eigenen Altersversorgung und dem zu erwartenden Versorgungsausgleich könne sie den nach der Scheidung zu beachtenden Bedarf nicht decken. Die Ehe dauere seit neun Jahren an. Bereits bei Eheschließung habe der Beschwerdeführer voraussehen können, dass er der Antragsgegnerin im Falle des Scheiterns der Ehe mit Blick auf die Altersdifferenz von 24 Jahren Altersunterhalt würde leisten müssen. Die Dauer der Ehe belege, dass es sich nicht um eine kurze Altersehe gehandelt habe, bei der sich die Eheleute nicht nachhaltig wirtschaftlich aufeinander eingerichtet hätten. Der Antragsgegnerin müsse ermöglicht werden, auch nach der Ehescheidung einen eigenen Haushalt zu führen.

Der Unterhalt sei allerdings aufgrund der Gesamtumstände der Höhe nach zu begrenzen. Aus der Ehe seien keine Kinder hervorgegangen. Kurz nach der Eheschließung habe die Antragsgegnerin bereits Rente bezogen, weitere Rentenanwartschaften würden im bevorstehenden Versorgungsausgleich übertragen werden. Mit Blick auf den vereinbarten Trennungsunterhalt in Höhe von 450 € im Monat entspreche es der Billigkeit, den nachehelichen Unterhalt der Höhe nach auf 300 € im Monat zu begrenzen. Eine Befristung des Unterhalts scheide dagegen wegen der Dauer der Ehe und wegen des Alters der Antragsgegnerin aus. Sie könne sich nach der Scheidung keine wirtschaftliche Unabhängigkeit mehr erarbeiten, was bereits bei Eheschließung voraussehbar gewesen sei.

b) Mit angegriffenem Beschluss vom 23. Januar 2009 wies das Oberlandesgericht die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers zurück.

Das Amtsgericht habe zutreffend darauf abgestellt, dass der Anspruch auf Altersunterhalt nicht voraussetze, dass die Bedürftigkeit auf ehebedingten Nachteilen beruhe. Dieser vom Bundesgerichtshof ausgesprochene Grundsatz (Hinweis auf Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. Oktober 1981 - IVb ZR 605/80 -, juris) sei durch die Unterhaltsreform nicht überholt. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich betont, dass sich die nachwirkende eheliche Verantwortung nicht im Ausgleich ehebedingter Nachteile erschöpfe, sondern Ansprüche wegen Alters, Krankheit und Erwerbslosigkeit auch dann bestünden, wenn Krankheit oder Arbeitslosigkeit unabhängig von der Ehe und ihrer Ausgestaltung durch die Ehegatten einträten.

Die Antragsgegnerin habe Anspruch auf nachehelichen Altersunterhalt. Mit ihrer Rente in Höhe von rund 540 € im Monat und den ihr durch den bevorstehenden Versorgungsausgleich zuwachsenden Anwartschaften sei sie nicht in der Lage, ohne einen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 300 € ihren angemessenen Bedarf in Höhe von 1.000 € im Monat zu sichern.

Eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts nach § 1578b Abs. 2 BGB scheide aus. Zwar erfasse diese Vorschrift auch die Fälle, in denen es nicht um eine zeitliche Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern allein um das Ausmaß der darüber hinausgehenden ehelichen Solidarität gehe. Dabei komme insbesondere der Dauer der Ehe Bedeutung für das Ausmaß der fortwirkenden Verantwortung zu. Das Amtsgericht habe zu Recht keine Ehe von kurzer Dauer angenommen. Die Antragsgegnerin sei altersbedingt nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt selbst sicher zu stellen. Die Abwägung des Amtsgerichts stelle daher eine überzeugende Billigkeitsentscheidung des vorliegenden Einzelfalls dar.

Die Frage der Befristung beziehungsweise Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578b BGB stelle nicht in jedem Fall eine höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage dar, so dass Prozesskostenhilfe nicht allein aus diesem Grunde zu bewilligen sei. Anhand der Billigkeitsvorschrift des § 1578b BGB seien konkrete Einzelfallumstände zu bewerten, die weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufwiesen.

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seines Grundrechts auf Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die Versagung der Prozesskostenhilfe verstoße gegen das Gebot der Angleichung der bemittelten und unbemittelten Partei bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Die Prüfung der Erfolgsaussichten seiner Rechtsverteidigung habe nicht in das summarische Prozesskostenhilfeverfahren verlagert werden dürfen. Insbesondere habe die schwierige, bislang in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht geklärte Rechtsfrage der Befristung nachehelichen Altersunterhalts nach der Unterhaltsreform nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden dürfen. Die Gerichte bezögen sich zur Begründung ihrer Entscheidungen auf ein veraltetes Urteil des Bundesgerichtshofs.

3. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegen. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen und die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Während die Landesregierung sich nicht geäußert hat, verteidigt die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens die angegriffenen Entscheidungen und beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

II. Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers geboten ist, § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG. Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die zulässige Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist, § 93c Abs. 1 BVerfGG.

1. Die angefochtenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die angegriffenen Entscheidungen überspannen im Hinblick auf die höchstrichterlich noch ungeklärte Rechtsfrage der Voraussetzungen der Befristung nachehelichen Altersunterhalts nach § 1578b BGB n.F. die Anforderungen an die Bewilligung der Prozesskostenhilfe.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet das Grundgesetz eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 9, 124 <130 f.>; 10, 264 <270>; 22, 83 <86>; 51, 295 <302>; 63, 380 <394 f.>; 67, 245 <248>). Dabei wird es als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Das Gebot der Rechtsschutzgleichheit verlangt keine völlige Gleichstellung; der Unbemittelte muss vielmehr nur dem Bemittelten gleichgestellt werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>).

Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll allerdings nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung beziehungsweise Rechtsverteidigung selbst in das summarische Prozesskostenhilfeverfahren zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>). Prozesskostenhilfe darf insbesondere dann nicht versagt werden, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. BVerfGE 81, 347 <359>; BVerfGK 2, 279 <281>). Zwar braucht Prozesskostenhilfe nicht schon gewährt zu werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist. Dies setzt allerdings voraus, dass ihre Beantwortung im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als „schwierig" erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 <359>). Ist dies nicht der Fall, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht seines Begehrens die Gewährung von Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfGE 81, 347 <359>).

Die Auslegung und Anwendung des § 114 ZPO obliegt in erster Linie den zuständigen Fachgerichten, die dabei den verfassungsgebotenen Zweck der Prozesskostenhilfe zu beachten haben. Das Bundesverfassungsgericht kann nur eingreifen, wenn Verfassungsrecht verletzt ist, insbesondere wenn die angegriffene Entscheidung Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit beruhen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357 f.>).

b) Bei Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich die Verfassungsbeschwerde als begründet. Die Gerichte haben die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverteidigung überspannt und dadurch den Zweck der Prozesskostenhilfe verfehlt, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen.

aa) Sie haben erkannt, dass die Voraussetzungen der Befristung und Begrenzung nachehelichen Altersunterhalts gemäß § 1578b BGB höchstrichterlich noch nicht geklärt sind. Sie haben diese entscheidungserhebliche Rechtsfrage sodann zum Nachteil des Beschwerdeführers als „nicht schwierig" angesehen. Die maßgebliche Fragestellung, wie die Voraussetzungen des § 1578b BGB bei der Beurteilung der Befristung beziehungsweise Begrenzung nachehelichen Altersunterhalts inhaltlich auszulegen und zu gewichten sind, stellt jedoch weder eine einfache, noch eine eindeutig zu entscheidende Frage dar, die geeignet wäre, ohne Vorwegnahme der Hauptsache im summarischen Prozesskostenhilfeverfahren entschieden zu werden.

Die Parteien des Ausgangsverfahrens haben knapp acht Jahre ehelich zusammengelebt. Anlässlich der Scheidung wird zugunsten der Antragsgegnerin ein Versorgungsausgleich durchzuführen sein. Insbesondere sind - wie die Gerichte des Ausgangsverfahrens zutreffend festgestellt haben - auf Seiten der Unterhalt begehrenden Antragsgegnerin keine ehebedingten Nachteile im Hinblick auf ihre Möglichkeit eingetreten, für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen, § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB, da ihre Erwerbsbiographie bereits vor der Eheschließung abgeschlossen war. Vor diesem Hintergrund erscheint es jedenfalls fraglich und nicht eindeutig, § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB dahin auszulegen, dass gleichwohl Ehegattenunterhalt - wenn auch der Höhe nach begrenzt - zeitlich unbefristet zu gewähren sei. Durch die Entscheidung dieser Frage im summarischen Prozesskostenhilfeverfahren wird es dem nach seiner Darstellung in der Verfassungsbeschwerde mittellosen Beschwerdeführer in verfassungswidriger Weise erschwert, im Hauptsacheverfahren durch vertiefte Entwicklung und Darstellung seines Rechtsstandpunktes auf die Meinungsbildung der Instanzgerichte Einfluss zu nehmen beziehungsweise die entscheidungserhebliche Frage der Auslegung des § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB einer weiteren Klärung durch die höhere Instanz zuzuführen.

bb) Soweit die Gerichte des Ausgangsverfahrens ihre Entscheidungen hinsichtlich der sich nach der Unterhaltsreform erstmals in dieser Form stellenden, ungeklärten und entscheidungserheblichen Frage der Befristung und Begrenzung nachehelichen Unterhalts bei fehlenden ehebedingten Nachteilen auf die Argumente des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 21. Oktober 1981 (a.a.O.) gestützt haben, haben sie unberücksichtigt gelassen, dass das dem Urteil des Bundesgerichtshofs damals zugrunde liegende Unterhaltsrecht von dem inzwischen geltenden Recht in erheblichem Maße abweicht.

Während der Bundesgerichtshof in seiner damaligen Entscheidung unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien des anzuwendenden Rechts davon ausging, dass die Gewährung nachehelichen (Alters-)Unterhalts nicht vom Bestehen einer ehebedingten Bedürfnislage abhängt (Bundesgerichtshof, a.a.O., juris Rn. 9 ff.), gilt seit der am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsreform § 1587b BGB, der die Herabsetzung und zeitliche Begrenzung jeglichen nachehelichen Unterhaltsanspruchs nach seinem Absatz 1 Satz 2 und 3 insbesondere davon abhängig macht, inwieweit dem Anspruchsberechtigten durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit entstanden sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Dabei kann sich nach § 1578b Abs. 1 Satz 3 BGB ein solcher Nachteil aus der Dauer der Ehe ergeben. Liegt jedoch ein Nachteil nicht vor, stellt sich die Frage, ob ein unbegrenzter Unterhaltsanspruch allein auf die Dauer der Ehe gestützt werden kann. Dies haben die Gerichte weder berücksichtigt noch ist diese Rechtsfrage vorab im summarischen Prozesskostenhilfeverfahren zu klären.

Die Gerichte haben insofern, indem sie die Erfolgsaussicht der in Aussicht genommenen Rechtsverteidigung verneint und Prozesskostenhilfe versagt haben, dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht Genüge geleistet.

2. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf dem dargestellten Verfassungsverstoß. Es erscheint angezeigt, gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG nur den Beschluss des Oberlandesgerichts aufzuheben und die Sache dorthin zurückzuverweisen, weil dem Beschwerdeführer damit besser gedient ist; es liegt in seinem Interesse, möglichst rasch eine das Verfahren abschließende Entscheidung über sein Prozesskostenhilfegesuch zu erhalten.

3. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

4. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der von der nach § 94 Abs. 3 BVerfGG anhörungsberechtigten Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens beantragten Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts liegen nicht vor, da die mit dem Gesuch vorgelegte anwaltliche Stellungnahme der Antragsgegnerin keinen relevanten Beitrag zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der Verfassungsbeschwerde geleistet hat (vgl. BVerfGE 92, 122 <125>). ... (BVerfG, 1 BvR 365/09 vom 11.3.2010, Absatz-Nr. (1 - 27), http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20100311_1bvr036509.html)

*** (BGH)

Leistungen nach § 16 Abs. 1 HIVHG bleiben bei der Unterhaltsbemessung stets unberücksichtigt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 16. Juli 2014, XII ZB 164/14, FamRZ 2014, 1619 - zur Conterganrente). Auch wenn eine abschließende Entscheidung über die Folgen des § 1578b BGB noch nicht möglich ist, darf eine Entscheidung darüber nicht vollständig zurückgestellt werden. Vielmehr muss das Gericht insoweit entscheiden, als eine Entscheidung aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände möglich ist. Das gilt insbesondere für eine bereits mögliche Entscheidung über die Herabsetzung nach § 1578b Abs. 1 BGB (im Anschluss an Senatsurteil vom 12. Januar 2011, XII ZR 83/08, BGHZ 188, 50, FamRZ 2011, 454; BGH, Beschluss vom 04.07.2018 - XII ZB 448/17).

***

Ehebedingte Nachteile im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB können nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen (im Anschluss an Senatsurteil vom 7. März 2012, XII ZR 179/09, FamRZ 2012, 772). Ein ehebedingter Nachteil, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte auch nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt, als dies bei hinweggedachter Ehe der Fall wäre, ist grundsätzlich als ausgeglichen anzusehen, wenn er für diese Zeit Altersvorsorgeunterhalt zugesprochen erhält oder jedenfalls erlangen kann (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 14. Mai 2014, XII ZB 301/12, FamRZ 2014, 1276; BGH, Beschluss vom 04.07.2018 - XII ZB 122/17).

***

Leistungen nach § 16 Abs. 1 HIVHG bleiben bei der Unterhaltsbemessung stets unberücksichtigt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 16. Juli 2014, XII ZB 164/14, FamRZ 2014, 1619 - zur Conterganrente). Auch wenn eine abschließende Entscheidung über die Folgen des § 1578b BGB noch nicht möglich ist, darf eine Entscheidung darüber nicht vollständig zurückgestellt werden. Vielmehr muss das Gericht insoweit entscheiden, als eine Entscheidung aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände möglich ist. Das gilt insbesondere für eine bereits mögliche Entscheidung über die Herabsetzung nach § 1578b Abs. 1 BGB (im Anschluss an Senatsurteil vom 12. Januar 2011, XII ZR 83/08, BGHZ 188, 50, FamRZ 2011, 454; BGH, Beschluss vom 04.07.2018 - XII ZB 448/17).

***

Der ehebedingte Erwerbsnachteil des unterhaltsberechtigten Ehegatten begrenzt regelmäßig die Herabsetzung seines nachehelichen Unterhaltsanspruchs gemäß § 1578b Abs. 1 BGB. Dieser Nachteil ist nicht hälftig auf beide geschiedenen Ehegatten zu verteilen, sondern in voller Höhe zugunsten des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 08.06.2016 - XII ZB 84/15)

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Ein vom Gericht im vorausgegangenen Verfahren zur Frage der Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Bedarf übersehener Umstand kann für sich genommen nicht die Abänderung der Entscheidung eröffnen. Ist die Abänderung hingegen aus anderen Gründen eröffnet, so ist die Berücksichtigung des Umstands nur dann ausgeschlossen (präkludiert), wenn dieser bereits im Ausgangsverfahren entscheidungserheblich war. War der Umstand (hier: Möglichkeit des Wechsels der Unterhaltsberechtigten in einen günstigeren Tarif der privaten Krankenversicherung im Rahmen des Krankenvorsorgeunterhalts) im vorausgegangenen Verfahren allein für die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 1578b BGB anzustellende Gesamtschau von Bedeutung, ist seine Berücksichtigung im Abänderungsverfahren im Zweifel nicht ausgeschlossen (BGH, Beschluss vom 15.07.2015 - XII ZB 369/14).

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Haben die Parteien in einem Ehevertrag eine lebenslange Unterhaltsverpflichtung vereinbart, und hat sich die Rechtslage danach geändert (Möglichkeit der Befristung), bleibt es dem Unterhaltspflichtigen im Zweifel unbenommen, sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen (im Anschluss an Senatsurteil vom 25. Januar 2012, XII ZR 139/09, FamRZ 2012, 525). Bei einer nach § 313 i.V.m. § 1578b Abs. 1 Satz 1 BGB gebotenen Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Lebensbedarf ist die ehevertragliche Regelung, wonach eine Anrechnung von Erwerbseinkommen nicht erfolgt, grundsätzlich auch weiterhin zu berücksichtigen. Wird der in einem Ehevertrag festgeschriebene, einen Vorsorgeunterhalt nicht ausweisende Bedarf des Unterhaltsberechtigten nach § 313 i.V.m. § 1578b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt, so können hierbei grundsätzlich auch die Kosten für eine angemessene Kranken- und Pflegeversicherung sowie für eine angemessene Altersversorgung berücksichtigt werden. Die betreffenden Einzelbeträge sind im Tenor gesondert auszuweisen (im Anschluss an Senatsurteil vom 6. Oktober 1982, IVb ZR 311/81, FamRZ 1982, 1187; BGH, Urteil vom 18.02.2015 - XII ZR 80/13).

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Bei der Berechnung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs ist die Kürzung der Altersbezüge des Unterhaltspflichtigen, die durch den zugunsten einer späteren Ehefrau durchgeführten Versorgungsausgleich erfolgt ist, als nicht eheprägend anzusehen, so dass das Einkommen des Unterhaltspflichtigen entsprechend zu erhöhen ist. Die Einkommensverminderung ist allein im Rahmen der Leistungsfähigkeit von Bedeutung (im Anschluss an Senatsurteil vom 7. März 2012, XII ZR 145/09, FamRZ 2012, 951). Es stellt regelmäßig keinen ehebedingten Nachteil i.S.d. § 1578b Abs. 1 BGB dar, wenn sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte während bestehender Ehe bereits aus der Zeit vor der Ehe für ihn bestehende Versorgungsanrechte kapitalisiert auszahlen lässt (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 9. Juli 1986, IVb ZR 39/85, FamRZ 1986, 886). Ein ehebedingter Nachteil, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt als dies bei hinweggedachter Ehe der Fall wäre, ist grundsätzlich als ausgeglichen anzusehen, wenn er Altersvorsorgeunterhalt hätte erlangen können (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 26. Februar 2014, XII ZB 235/12, FamRZ 2014, 823 und vom 7. November 2012, XII ZB 229/11, FamRZ 2013, 109; BGH, Beschluss vom 14.05.2014 - XII ZB 301/12).

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Bei einem betriebsbedingten und damit nicht ehebedingten Verlust des Arbeitsplatzes kann sich ein ehebedingter Nachteil auch daraus ergeben, dass sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene oder fortgeführte Rollenverteilung zunächst nur in einem eingeschränkten Radius und später gar nicht mehr um eine seiner beruflichen Qualifikation und Fähigkeiten entsprechenden Stelle bewirbt (im Anschluss an BGH, 7. März 2012, XII ZR 25/10, FamRZ 2012, 776 und vom 20. Februar 2013, XII ZR 148/10, FamRZ 2013, 860). Auch in einem solchen Fall hat der Unterhaltsberechtigte im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substanziiert zu bestreiten und seinerseits darzulegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sind. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (im Anschluss an BGH, 24. März 2010, XII ZR 175/08, BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 und Senatsbeschluss vom 13. März 2013, XII ZB 650/11, FamRZ 2013, 935; BGH, Beschluss vom 26.03.2014 - XII ZB 214/13):

„... (2) Ehebedingte Nachteile sind vor allem Erwerbsnachteile, die durch die von den Ehegatten praktizierte Rollenverteilung während der Ehe entstanden sind. Sie können sich ergeben, wenn ein Ehegatte sich entschließt, seinen Arbeitsplatz aufzugeben, um die Haushaltsführung und Kinderbetreuung zu übernehmen. Denn nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB können sich solche Nachteile vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben. Es ist auf die tatsächliche Gestaltung von Kinderbetreuung und Haushaltsführung abzustellen, weshalb der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht einwenden kann, dass er den Unterhaltsberechtigten während der Ehe zur Berufstätigkeit angehalten habe (Senatsbeschluss vom 13. März 2013 - XII ZB 650/11 - FamRZ 2013, 935 Rn. 36 und Senatsurteil vom 16. Februar 2011 - XII ZR 108/09 - FamRZ 2011, 628 Rn. 20 mwN).

Ein Nachteil ist nur dann nicht ehebedingt, wenn die Ehegestaltung für den Erwerbsnachteil nicht ursächlich geworden ist. Das ist der Fall, wenn der Unterhaltsberechtigte seinen Arbeitsplatz ausschließlich aus Gründen aufgegeben oder verloren hat, die außerhalb der Ehegestaltung liegen, so etwa aufgrund einer von ihm persönlich beschlossenen beruflichen Neuorientierung oder wegen einer betriebs- oder krankheitsbedingten Kündigung seitens des Arbeitgebers (Senatsbeschluss vom 13. März 2013 - XII ZB 650/11 - FamRZ 2013, 935 Rn. 36 mwN).

Ein ehebedingter Nachteil kann sich bei einem - nicht ehebedingten - Arbeitsplatzverlust indes daraus ergeben, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene Rollenverteilung von der Aufnahme einer seiner beruflichen Qualifikation und Fähigkeiten entsprechenden Erwerbstätigkeit absieht und ihm dadurch eine dauerhafte Einkommenseinbuße entsteht (Senatsurteile vom 20. Februar 2013 - XII ZR 148/10 - FamRZ 2013, 860 Rn. 20 und vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776 Rn. 21).

(3) Der Unterhaltspflichtige, der sich auf eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts beruft, trägt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der hierfür sprechenden Tatsachen. In die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltspflichtigen fällt deshalb grundsätzlich auch der Umstand, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile im Sinne des § 1578 b BGB entstanden sind. Die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast erfährt jedoch eine Erleichterung nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen. Danach trifft den Unterhaltsberechtigten eine sekundäre Darlegungslast, die im Rahmen von § 1578 b BGB zum Inhalt hat, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 18 ff. und Senatsbeschluss vom 13. März 2013 - XII ZB 650/11 - FamRZ 2013, 935 Rn. 37 mwN).

bb) Gemessen hieran begegnet die Auffassung des Beschwerdegerichts, wonach die Voraussetzungen für eine Begrenzung nach § 1578 b BGB wegen eines bestehenden ehebedingten Erwerbsnachteils gegenwärtig nicht vorliegen, keinen Bedenken.

(1) Das Beschwerdegericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der betriebsbedingte Arbeitsplatzverlust auf Seiten der Ehefrau für sich gesehen keinen ehebedingten Nachteil zu begründen vermag. Zu Recht hat es in einem nächsten Schritt darauf abgestellt, dass ein ehebedingter Nachteil auch dann eintreten kann, wenn sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingt zunächst - vergeblich - nur in einem eingeschränkten Radius und später gar nicht mehr um eine seiner beruflichen Qualifikation und Fähigkeiten entsprechende Stelle bewirbt. Dabei kommt es auf die Einwendungen des Ehemanns, wonach die Ehefrau während des ehelichen Zusammenlebens die gebotenen Erwerbsbemühungen unterlassen habe, entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde schon deshalb nicht an, weil für die Bewertung der in § 1578 b BGB aufgeführten Kriterien maßgeblich auf die tatsächlich gelebte Ehe, also auf objektive Umstände abzustellen ist (siehe etwa Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 27).

(2) Das Beschwerdegericht hat zudem die vom Senat zu § 1578 b BGB entwickelten Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast in nicht zu beanstandender Weise auf den vorliegenden Fall übertragen.

(a) Für die Frage, ob ehebedingte Nachteile entstanden sind, macht es im Ergebnis keinen Unterschied, ob sich der Unterhaltsberechtigte ehebedingt erst gar nicht um eine Erwerbstätigkeit bemüht hat und deshalb später nicht mehr in den erlernten Beruf zurückfinden kann oder ob er sich - wie hier - ehebedingt nur in einem engen örtlichen Umkreis zum Wohnort vergeblich beworben hat und deshalb nun keine entsprechende Anstellung mehr findet. Soweit die Rechtsbeschwerde meint, der letztgenannten Fallgruppe eine gewisse Indizwirkung für eine generell fehlende Erfolgsaussicht der Bewerbungsbemühungen entnehmen zu können, kann dem im Rahmen der sekundären Darlegungslast je nach den Umständen des Einzelfalls angemessen Rechnung getragen werden. Das ändert entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde allerdings nichts daran, dass der Unterhaltspflichtige vom Unterhaltsberechtigten hinreichend substantiiert vorgetragene ehebedingte Nachteile zu widerlegen hat, weil er die Beweislast für die von ihm geltend gemachte Einwendung der Unterhaltsbegrenzung nach § 1578 b BGB trägt.

Beide Fallkonstellationen setzen freilich voraus, dass die Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit ohne ehebedingte Einschränkung möglich gewesen wäre.

(b) Diesen Maßstäben ist das Beschwerdegericht hinreichend gerecht geworden.

Das Beschwerdegericht ist in tatrichterlicher Verantwortung davon ausgegangen, dass die Ehefrau ihrer Darlegungslast gerecht geworden sei. Hierbei hat es maßgeblich auf den Vortrag zu ihrer Erwerbsbiografie bis zur Eheschließung abgestellt. Zudem hat das Beschwerdegericht berücksichtigt, dass die Ehefrau bereits über fünf Jahre Berufserfahrung in leitender Position und neben dem Ingenieursabschluss über die Ausbildung als Chemielaborantin verfügte. Wenn es unter Berücksichtigung dieser Feststellungen den Vortrag der Ehefrau als hinreichend substantiiert erachtet, ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

(c) Schließlich geht die Rüge der Rechtsbeschwerde fehl, wonach das Beschwerdegericht dem Beweisantrag des Ehemanns, ein Sachverständigengutachten zu den seinerzeit bestehenden Einstellungschancen und zur Einkommenshöhe einzuholen, hätte entsprechen müssen. Die Rechtsbeschwerde hat mit ihrer Verfahrensrüge nicht aufgezeigt, dass der Beweisantrag des Ehemanns erheblich war, also die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich gewesen wäre.

Allerdings kann der Unterhaltspflichtige - worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist - die substantiierte Darlegung ehebedingter Nachteile widerlegen. Dabei verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht, erhebliche Beweisanträge zu berücksichtigen; der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährt allerdings keinen Schutz davor, dass das Gericht Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt (BGH Beschluss vom 9. April 2013 - XI ZR 337/10 - BKR 2013, 260 Rn. 11 mwN).

(aa) Der Einholung eines Sachverständigengutachtens über die damaligen Beschäftigungschancen der Ehefrau bedurfte es ausgehend vom Vortrag des Ehemanns nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen indes nicht.

Der Ehemann hat in dem von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommenen Schriftsatz im instanzgerichtlichen Verfahren selbst vorgetragen, dass die Arbeitslosenquote der ‚FH-Absolventen (Chemiker)' in Gesamtdeutschland 1991 26,6 % und im Jahr 1992 31,3 % betragen habe. Der von der Rechtsbeschwerde konkret in Bezug genommene Beweisantritt des Ehemanns bezieht sich auf das Beweisthema ‚Bewerbung in Pforzheim oder Umgebung'. In seiner Beschwerdebegründung hat der Ehemann wiederum die Behauptung unter Beweis gestellt, dass nur ein Bewerber mit speziellen Zusatzqualifikationen bzw. Nachweisen über Fortbildungsmaßnahmen auf dem Arbeitsmarkt in Westdeutschland eine Chance und eine Frau ohnehin noch schlechtere Chancen gehabt hätte.

Das Beschwerdegericht hat den Vortrag des Ehemanns als richtig unterstellt, wonach die Arbeitsplatzsituation für Chemie-Ingenieure Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts so angespannt gewesen sei, dass auch Universitätsabsolventen mit guten Examina nicht sofort eine Anstellung hätten finden können. Dabei hat es aber zugunsten der Ehefrau berücksichtigt, dass diese anders als Universitätsabsolventen Anfang der 90er Jahre bereits über fünf Jahre Berufserfahrung in leitender Position verfügte und neben dem Ingenieurabschluss eine Ausbildung als Chemielaborantin innehatte. Selbst wenn man die vom Ehemann - bezogen auf FH-Absolventen, also Berufsanfänger - behauptete Arbeitslosenquote von rund 30 % unterstellte, würde dies der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil damit die von der Ehefrau dargelegte Erwerbschance nicht widerlegt wäre. Da sie im Übrigen dargetan hat, dass sie sich im gesamten Bundesgebiet beworben hätte, kommt es auf die unter Beweis gestellte Tatsache der Einstellungschancen in Pforzheim und Umgebung nicht an.

Ebenso wenig kann sich der Ehemann mit Erfolg darauf berufen, dass sich die Ehefrau erst im Jahr 1993 um die Anerkennung ihres Abschlusses (FH) gekümmert habe. Denn dies ist letztlich Ausdruck der gelebten Ehe und lässt keine Rückschlüsse darauf zu, wie die Ehefrau ohne Ehe verfahren wäre. Hinzu kommt, dass der Ehemann an anderer Stelle selbst behauptet hat, dass die Ehefrau in der Zeit von 1990 bis 1993 einen Arbeitsplatz in ihrem erlernten Beruf hätte finden können, wenn sie sich nur ausreichend und in einem größeren Umkreis beworben hätte. Im Übrigen hätte der Ehefrau selbst bei unterstellt schlechten Erwerbschancen im Jahr 1992 - ohne Ehe - dann jedenfalls ein späterer Wiedereinstieg gelingen können.

(bb) Schließlich ist auch nichts dagegen zu erinnern, dass das Beschwerdegericht aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen das von der Ehefrau in ihrem früheren Beruf erzielbare monatliche Bruttoeinkommen mit 3.450 € bemessen hat (netto 2.132 € bei Steuerklasse 1 und einem hälftigen Kinderfreibetrag), ohne hierzu ein Sachverständigengutachten eingeholt zu haben.

Entgegen den pauschal gehaltenen Ausführungen der Rechtsbeschwerde hat sich das Beschwerdegericht zur Ermittlung der Einkommenshöhe nicht allein auf eine Studie des Vereins Deutscher Ingenieure gestützt. Vielmehr hat es in tatrichterlicher Verantwortung das Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung herangezogen und schließlich unter Berücksichtigung verschiedener Tarifstrukturen einen Mittelwert von 4.200 € brutto monatlich gebildet. Zudem hat das Beschwerdegericht den von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommenen Einwand des Ehemanns im Ergebnis Rechnung getragen, wonach ein geschlechtsspezifischer Abschlag von 18 % vorzunehmen sei, indem es bei der Berechnung des angemessenen Lebensbedarfs der Ehefrau einen monatlichen Bruttolohn von lediglich 3.450 € zugrunde gelegt hat. Schließlich hat es sich umfassend und in von Rechts wegen nicht zu beanstandender Weise mit dem Einwand des Ehemanns auseinandergesetzt, wonach ein Abschlag vom Tarifgehalt vorzunehmen sei, weil viele Akademiker nicht in tarifgebundenen Unternehmen arbeiteten. Dass das Beschwerdegericht einen solchen Abschlag ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens abgelehnt hat, ist nicht zuletzt auch deshalb vertretbar, weil dieser Beweisantritt nicht geeignet war, eine mögliche Anstellung der Ehefrau in einem tarifgebundenen Unternehmen zu widerlegen, zumal nach dem eigenen Vortrag des Ehemanns immerhin 47 % aller Akademiker in tarifgebundenen Betrieben beschäftigt seien.

(3) Nach den weiteren Feststellungen des Beschwerdegerichts entspricht der angemessene Lebensbedarf der Ehefrau, also das Einkommen, über das sie ohne Eheschließung verfügen würde, dem Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Demnach stimmt der zugesprochene Elementarunterhalt mit dem ehebedingten Nachteil überein, weshalb auch nichts dagegen zu erinnern ist, dass sich das Beschwerdegericht gegen eine Befristung ausgesprochen hat.

cc) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht von einer Herabsetzung im Sinne des § 1578 b Abs. 1 BGB abgesehen hat. Denn eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf kommt nur dann in Betracht, wenn der angemessene Lebensbedarf unterhalb des ehelichen Bedarfs gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt.

dd) Weder von der Rechtsbeschwerde angegriffen noch sonst zu beanstanden ist der vom Beschwerdegericht der Ehefrau zugebilligte Altersvorsorgeunterhalt. Da ihr lediglich die ehebedingte Einkommensdifferenz als Elementarunterhalt zugesprochen wird, setzt sich der ehebedingte Nachteil mit Renteneintritt in Form der geringeren Rentenanwartschaften fort. Durch die Bewilligung von Altersvorsorgeunterhalt im Sinne von § 1578 Abs. 3 BGB bezogen auf die ehebedingte Einkommensdifferenz kann dieser Nachteil ausgeglichen werden (Senatsbeschlüsse vom 7. November 2012 - XII ZB 229/11 - FamRZ 2013, 109 Rn. 51 und vom 26. Februar 2014 - XII ZB 235/12 - zur Veröffentlichung bestimmt). ..."

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Ein ehebedingter Nachteil, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt als er bei hinweggedachter Ehe erwürbe, wird ausgeglichen, wenn er Altersvorsorgeunterhalt erlangen kann (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 7. November 2012, XII ZB 229/11, FamRZ 2013, 109; BGH, Beschluss vom 26. Februar 2014 - XII ZB 235/12):

„... bb) Unzutreffend sind allerdings die Erwägungen, mit denen das Oberlandesgericht eine Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts abgelehnt hat.

Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist zwar Aufgabe des Tatrichters. Sie ist vom Rechtsbeschwerdegericht aber daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Der rechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Verfahrensstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsbeschluss vom 19. Juni 2013 - XII ZB 309/11 - FamRZ 2013, 1291 Rn. 25 mwN). Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist auch nach diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab rechtlich nicht bedenkenfrei.

(1) Keinen rechtlichen Bedenken begegnet allerdings die Beurteilung des Oberlandesgerichts, dass der Ehefrau keine ehebedingten Nachteile in ihrer beruflichen Entwicklung entstanden seien, da sie nicht hinreichend substanziiert aufgezeigt habe, dass sie ohne Ehe und Kinderbetreuung nach einer von ihr angestrebten Weiterentwicklung zur Pharmareferentin heute über 3.000 € verdienen könnte oder beabsichtigt habe, in der Industrie zu arbeiten.

(2) Ein fortwirkender ehebedingter Nachteil kann zwar auch darin liegen, dass ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe keine ausreichende Altersvorsorge treffen konnte und seine Rentenanwartschaften infolgedessen geringer sind, als sie es gewesen wären, wenn er seine frühere Erwerbstätigkeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalls fortgesetzt hätte. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist allerdings vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten - von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen - ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB können daher regelmäßig nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen (grundlegend Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 43; vgl. auch Senatsbeschluss vom 19. Juni 2013 - XII ZB 309/11 - FamRZ 2013, 1291 Rn. 22).

Der ehebedingte Nachteil geringerer Versorgungsanwartschaften setzt sich zwar fort, wenn ein Ehegatte auch nach der Ehezeit noch aufgrund der gewählten Rollenverteilung, insbesondere wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder, gehindert ist, ausreichende Rentenanwartschaften durch eigene Erwerbstätigkeit aufzubauen. Dieser Nachteil wird jedoch ausgeglichen, wenn der betreuende Ehegatte - wie hier - zum Zwecke der freiwilligen Erhöhung seiner Altersrente und Invaliditätsabsicherung einen über den Elementarunterhalt hinausgehenden Vorsorgeunterhalt gemäß § 1578 Abs. 3 BGB erlangen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 229/11 - FamRZ 2013, 109 Rn. 51). Dadurch wird der Unterhaltsberechtigte hinsichtlich der Altersvorsorge so behandelt, als ob er aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit zusätzliche Nettoeinkünfte in Höhe des ihm zustehenden Elementarunterhalts hätte. Die Bemessung erfolgt durch Anknüpfung an den laufenden Unterhalt, und zwar sowohl bei voller Unterhaltsbedürftigkeit als auch dann, wenn dem Unterhaltsberechtigten wie hier lediglich ein ergänzender Unterhalt zusteht, weil davon ausgegangen werden kann, dass in Höhe des zugerechneten eigenen Einkommens des Unterhaltsberechtigten eine der Höhe dieses Einkommens entsprechende Altersversorgung begründet wird, so dass auch der zuzubilligende Vorsorgeunterhalt grundsätzlich nur der Vervollständigung einer durch die Erwerbstätigkeit bereits erzielten Altersvorsorge dient (Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 33/97 - FamRZ 1999, 372, 373; für fiktive Einkommen vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 797). Da somit bereits der Vorsorgeunterhalt darauf zielt, die sich rollenbedingt nach der Ehezeit fortsetzenden Versorgungsnachteile auszugleichen, kann dieser Umstand entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht zusätzlich als ehebedingter Nachteil im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB herangezogen werden.

(3) Soweit danach keine ehebedingten Nachteile vorliegen, die bei der nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB anzustellenden Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen sind, kann die angefochtene Entscheidung mit der vom Oberlandesgericht gegebenen Begründung keinen Bestand haben.

3. Der Senat kann allerdings nicht abschließend entscheiden, da noch nicht alle erforderlichen Feststellungen getroffen sind.

§ 1578 b BGB beschränkt sich nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (vgl. Dose FamRZ 2011, 1341, 1347 mwN). Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass auch dann, wenn keine ehebedingten Nachteile feststellbar sind, eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet ist. Bei der insoweit gebotenen umfassenden Billigkeitsabwägung ist das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen (Senatsbeschluss vom 19. Juni 2013 - XII ZB 309/11 - FamRZ 2013, 1291 Rn. 23).

Wesentliche Aspekte im Rahmen der Billigkeitsabwägung sind neben der Dauer der Ehe insbesondere die in der Ehe gelebte Rollenverteilung wie auch die vom Unterhaltsberechtigten während der Ehe erbrachte Lebensleistung. Bei der Beurteilung der Unbilligkeit einer fortwährenden Unterhaltszahlung sind ferner die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien von Bedeutung, so dass der Tatrichter in seine Abwägung auch einzubeziehen hat, wie dringend der Unterhaltsberechtigte neben seinen eigenen Einkünften auf den Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige - unter Berücksichtigung weiterer Unterhaltspflichten - durch diese Unterhaltszahlungen belastet wird. In diesem Zusammenhang kann auch eine lange Dauer von Trennungsunterhaltszahlungen bedeutsam sein (Senatsbeschluss vom 19. Juni 2013 - XII ZB 309/11 - FamRZ 2013, 1291 Rn. 24 mwN).

Um eine tatrichterliche Würdigung der für eine Herabsetzung bedeutsamen Umstände zu ermöglichen - hier insbesondere der kurzen Ehedauer und des bereits längere Zeit gezahlten Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen -, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. ..."

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Das Begehren eines Ehegatten, die Auflösung des Scheidungsverbundes vor einer abschließenden Entscheidung über eine Folgesache in der Rechtsmittelinstanz zu verhindern, vermag die für ein Rechtsmittel gegen den Scheidungsausspruch erforderliche Beschwer nicht zu begründen (im Anschluss an Senatsurteil vom 26. November 1986, IVb ZR 92/85, FamRZ 1987, 264). Die erstmals in der Revisionsinstanz erhobene Einrede nach Art. 5 HUP ist vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn die Anwendung des Haager Unterhaltsprotokolls und des danach berufenen Sachrechts auf einem Verfahrensfehler beruht, die der Einrede zugrundeliegenden Tatsachen unstreitig sind und auch die weiteren Voraussetzungen vorliegen, die eine ausnahmsweise Berücksichtigung neuer Tatsachen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Revisionsinstanz zulassen (im Anschluss an Senatsurteile vom 14. Oktober 2009, XII ZR 146/08, FamRZ 2009, 1990 Rn. 27 und vom 21. November 2001, XII ZR 162/99, FamRZ 2002, 318, 319 mwN). Gibt der aus dem Ausland stammende Unterhaltsberechtigte ehebedingt seine Erwerbstätigkeit auf und wird er später erwerbsunfähig, so ist die fiktive Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach Rückkehr in sein Heimatland so zu bemessen, als hätte er dort bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit durchgehend gearbeitet und einen entsprechenden Rentenanspruch erworben (im Anschluss an Senatsurteil vom 16. Januar 2013, XII ZR 39/10, FamRZ 2013, 534 Rn. 24). Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB ist ein Erwerbstätigkeitsbonus nicht zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 26.06.2013 - XII ZR 133/11):

„... Die Revisionen der Parteien haben in der Sache jeweils nur teilweise Erfolg, die Revision des Antragstellers, soweit er sich gegen die Ausgleichszahlung wendet, und die Revision der Antragsgegnerin, soweit sie einen höheren Unterhalt begehrt.

Das Berufungsgericht hat den Unterhaltsanspruch auf § 2 des Ehevertrages i.V.m. Art. 125 Schweizer ZGB gestützt. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Allerdings ist der vom Oberlandesgericht zugesprochene Unterhalt nach dem hier anzuwendenden deutschen Sachrecht mindestens in der ausgeurteilten Höhe gerechtfertigt.

1. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Ehevertrages, nach der der von der Antragsgegnerin geltend gemachte Krankheitsunterhalt nicht ausgeschlossen ist, ist entgegen der Auffassung des Antragstellers revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. ...

aa) Die Auslegung von Verträgen ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Seine Auslegung kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf im Revisionsverfahren gerügten Verfahrensfehlern beruht, wobei die Auslegung auch ohne entsprechende Rüge vom Revisionsgericht zu überprüfen ist (Senatsurteile vom 25. Januar 2012 - XII ZR 139/09 - FamRZ 2012, 525 Rn. 30 und BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 15 mwN).

bb) Gemessen hieran ist die vom Oberlandesgericht vorgenommene Auslegung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Entgegen der Rüge der Revision ist die vertragliche Unterhaltsregelung bei dieser Auslegung auch nicht "sinnlos". Denn mit der Regelung in § 2 Ziffer 2.1 haben die Parteien einen Anspruch auf eine Unterhaltsbemessung nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB bei fortdauernder Berufstätigkeit beider Ehegatten ausgeschlossen. Ohne diese Regelung müsste derjenige Ehegatte mit dem höheren Einkommen dem anderen Differenzunterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen leisten.

2. Das Berufungsgericht hat den Unterhaltsanspruch allerdings zu Unrecht auf Schweizer Sachrecht gestützt.

a) Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, auf den Unterhaltsanspruch sei nach Art. 2 des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007 (ABl. EU 2009 Nr. L 331, S. 19 im Folgenden: Haager Unterhaltsprotokoll/HUP) Schweizer Recht (Art. 125 Schweizer ZGB) in Verbindung mit dem Ehevertrag anzuwenden. Im Übrigen ergäbe sich kein anderes Ergebnis, wenn deutsches Recht anzuwenden wäre. Daher sei ein weiterer Hinweis entbehrlich gewesen.

Die Ehe sei nach deutschem Recht geschieden worden, Art. 17 Abs. 1 Satz 2, Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB. Gemäß Art. 8 Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2. Oktober 1973 (BGBl. 1986 II 837, im Folgenden: Haager Unterhaltsübereinkommen 1973/HUÜ 73) richte sich der nacheheliche Unterhalt nach dem auf die Ehescheidung angewandten Recht. Das wäre hier deutsches Recht. Durch Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 30. November 2009 sei das Haager Unterhaltsprotokoll gebilligt und festgelegt worden, dass dieses ab 18. Juni 2011 innerhalb der Gemeinschaft anzuwenden sei, selbst wenn es zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Kraft getreten sei. Nach Art. 3 Abs. 1 HUP sei für Unterhaltspflichten das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts der unterhaltsberechtigten Person maßgebend. Das sei hier die Schweiz, da die Antragsgegnerin seit der Trennung der Parteien am 19. Oktober 2005 dort lebe.

Der Anwendbarkeit des Protokolls stehe nicht entgegen, dass das Verfahren schon vor dem 18. Juni 2011 eingeleitet worden sei. In einem solchen Fall sei der Zeitraum maßgeblich, für den Unterhalt verlangt werde.

Unschädlich sei auch, dass die Schweiz dem Protokoll bisher nicht beigetreten sei. Nach Art. 2 HUP sei es auch dann anzuwenden, wenn das darin bezeichnete Recht dasjenige eines Nichtvertragsstaats sei. Da die Schweiz allerdings zu den Staaten gehöre, die dem Haager Unterhaltsübereinkommen 1973 beigetreten seien, werde mit Hinweis auf Art. 18 des Protokolls die Auffassung vertreten, dass gegenüber diesen Staaten weiterhin die Bestimmungen jenes Übereinkommens anzuwenden seien. Dieser Auffassung, die zu einer Einführung der Gegenseitigkeit führe, sei aber nicht zu folgen.

b) Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision des Antragstellers im Ergebnis nicht stand.

Auf den geltend gemachten Unterhaltsanspruch ist deutsches Recht anzuwenden. Dabei kann dahinstehen, ob das Haager Unterhaltsprotokoll im Verhältnis zur Schweiz dem Grunde nach bzw. bezogen auf die entsprechenden Übergangsvorschriften auf den vorliegenden Fall grundsätzlich unanwendbar ist und deshalb nach dem Haager Unterhaltsübereinkommen 1973 deutsches Recht Anwendung findet. Denn jedenfalls hätte sich der Antragsteller für den Fall einer etwaigen Anwendung des Haager Unterhaltsprotokolls erfolgreich auf Art. 5 HUP berufen, womit ohnehin deutsches Sachrecht berufen wäre.

aa) Es ist umstritten, ob das Haager Unterhaltsprotokoll gegenüber der Schweiz überhaupt zur Anwendung gelangt, weil die Schweiz diesem Abkommen (bislang) nicht beigetreten ist.

Gemäß Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen vom 18. Dezember 2008 (ABl. EU 2009 Nr. L 7, S. 1 - im Folgenden: EuUnthVO) bestimmt sich das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht für die Mitgliedsstaaten, die durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sind, nach jenem Protokoll. Die EuUnthVO ist gemäß Art. 76 Abs. 3 seit dem 18. Juni 2011 anwendbar. Der Beschluss des Rates vom 30. November 2009 über den Beitritt zum Haager Unterhaltsprotokoll (Art. 4, ABl. EU Nr. L 331, S. 17) sieht die innergemeinschaftliche Billigung des Haager Unterhaltsprotokolls, die Ermächtigung zu seiner rechtsverbindlichen Unterzeichnung, die vorläufige Anwendung ab dem 18. Juni 2011 sowie eine intertemporale Überleitungsregelung in Abweichung zum Haager Unterhaltsprotokoll vor (Andrae GPR 2010, 196). Ausweislich Art. 18 HUP ersetzt dieses Protokoll im Verhältnis zwischen den Vertragsstaaten das Haager Unterhaltsübereinkommen 1973.

Da das Haager Unterhaltsprotokoll einerseits auch im Verhältnis zu Nichtvertragsstaaten anwendbar ist (Art. 2 HUP), die Schweiz aber andererseits - anders als beim Haager Unterhaltsübereinkommen 1973 - nicht beigetreten ist, ist streitig, ob das Haager Unterhaltsprotokoll gleichwohl auf die Schweiz anwendbar ist.

Die herrschende Meinung in der Literatur stellt maßgeblich auf Art. 18 HUP ab und lehnt deswegen eine Anwendung im Verhältnis zur Schweiz ab (Ring FPR 2013, 16; Henrich Internationales Scheidungsrecht 3. Aufl. Rn. 136; Erman/Hohloch BGB 13. Aufl. Art. 18 EGBGB aF/UnthProt Rn. 1; Özen/Odendahl FamRBint 2012, 11, 13; Meyer FPR 2013, 83, 87; Andrae GPR 2010, 196, 200; Palandt/Thorn BGB 72. Aufl. Art. 18 HUntProt Rn. 53).

Die Gegenmeinung stellt maßgeblich auf Art. 2 HUP ab, wonach das von dem Übereinkommen bestimmte Recht unabhängig vom Erfordernis der Gegenseitigkeit anzuwenden ist, auch wenn es das Recht eines Nichtvertragsstaates ist (vgl. Conti/Bißmaier FamRBint 2011, 62, 63; s. auch BT-Drucks. 17/4887 S. 53).

Der Senat ist zu einer abschließenden Beantwortung dieser Streitfrage nicht berufen. Mit der Ratifikation durch die EU ist das Haager Unterhaltsprotokoll Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung geworden. Auslegungsfragen, die vor mitgliedsstaatlichen Gerichten entstehen, sind daher dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der europäischen Union (AEUV) vorzulegen (vgl. dazu Rauscher/Pabst GPR 2011, 41, 47 und Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 2). Letztlich kann die Frage aber aus den unten zu cc) dargestellten Gründen dahinstehen.

bb) Auch kann die - ebenfalls streitige - Frage dahinstehen, ob das Protokoll nach den entsprechenden Übergangsregelungen auf Unterhaltsverfahren Anwendung finden kann, die - wie hier - vor Anwendbarkeit der EuUnthVO, also vor dem 18. Juni 2011, eingeleitet worden sind (gegen eine Anwendung des Haager Unterhaltsprotokolls in Fällen, in denen das Verfahren vor dem 18. Juni 2011 eingeleitet worden ist, sprechen sich aus: Dimmler/Bißmaier FPR 2013, 11, 12; Erman/Hohloch BGB 13. Aufl. Art. 18 EGBGB aF/UnthProt Rn. 1; Coester-Waltjen IPRax 2012, 528, 529; aA OLG Köln FamRZ 2012, 1509, 1510; Rauscher/Andrae Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht [Bearbeitung 2010] Einleitung HUntStProt Rn. 14; Conti/Bißmaier FamRBint 2011, 62, 64).

cc) Unabhängig von den genannten umstrittenen Rechtsfragen ist vorliegend im Ergebnis ohnehin deutsches Recht anzuwenden.

Lehnte man eine Anwendung des Haager Unterhaltsprotokolls ab, wäre nach Art. 8 HUÜ 73 für die Unterhaltspflicht zwischen geschiedenen Ehegatten das auf die Scheidung angewandte Recht maßgebend. Das ist - wie das Amtsgericht für den vorliegenden Fall zutreffend ausgeführt hat - gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 EGBGB i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB deutsches Recht.

Bei unterstellter Anwendung des Haager Unterhaltsprotokolls ist im Ergebnis ebenfalls deutsches Sachrecht auf den Unterhaltsanspruch anzuwenden. Nach Art. 5 HUP findet Art. 3 HUP, der für Unterhaltspflichten das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts der berechtigten Person als maßgeblich anordnet, keine Anwendung, wenn eine der Parteien sich dagegen wendet und das Recht eines anderen Staates, insbesondere des Staates ihres letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts, zu der betreffenden Ehe eine engere Verbindung aufweist.

Der Antragsteller hat sich auf Art. 5 HUP berufen. Dieser erstmals in der Revisionsinstanz geltend gemachte Einwand ist vom Senat deswegen zu berücksichtigen, weil die Anwendung des Haager Unterhaltsprotokolls und damit des Schweizer Sachrechts auf einem Verfahrensfehler beruht und auch die weiteren Voraussetzungen vorliegen, die eine Berücksichtigung neuer Tatsachen in der Revisionsinstanz zulassen.

(1) Der Antragsteller hat in der Revisionsinstanz ausdrücklich erklärt, dass er sich nach Art. 5 HUP gegen die Anwendung Schweizer Rechts wende.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sind die Voraussetzungen des Art. 5 HUP nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen erfüllt. Maßgeblich hierfür ist, dass das Recht eines anderen Staates, insbesondere des Staates des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Eheleute, zu der betreffenden Ehe eine engere Verbindung aufweist. In diesem Fall ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden. Hintergrund der als Einrede zu qualifizierenden Regelung des Art. 5 HUP (vgl. zum Begriff OLG Köln FamRZ 2012, 1509, 1510; Palandt/Thorn BGB 72. Aufl. Art. 5 HUntProt Rn. 21; Andrae GPR 2010, 196, 202 "kollisionsrechtliche Einrede") ist das Vertrauen eines Ehegatten in diejenige Rechtsordnung, der sich beide Eheleute während des Bestehens der Ehe unterstellt haben (Dimmler/Bißmaier FPR 2013,11, 14).

Danach ist deutsches Recht berufen. Die Eheleute haben 1990 in Deutschland geheiratet und bis zur Einleitung des Scheidungsverfahrens im Herbst 2005 in Deutschland gelebt. Der Antragsteller besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit; das gemeinsame Kind hat die deutsche Staatsangehörigkeit mit seiner Geburt erworben (vgl. § 4 Abs. 1 StAG). Da die Parteien ihre Ehe 15 Jahre lang in Deutschland gelebt haben, weist das deutsche Recht zu ihrer Ehe eine deutlich engere Verbindung auf als das Schweizer Recht. Daran ändert auch nichts, dass die Antragsgegnerin mittlerweile rund siebeneinhalb Jahre mit dem Kind in der Schweiz lebt. Im Hinblick auf die eindeutige Sachlage bedarf es entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin keiner Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV.

(2) Die erst in der Revisionsinstanz erhobene Einrede ist unter Berücksichtigung der hier vorliegenden Besonderheiten zu beachten.

(a) Zwar ist gemäß § 559 Abs. 1 ZPO neues Tatsachenvorbringen in der Revisionsinstanz grundsätzlich unbeachtlich. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO allerdings einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung einfließen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen. Der Gedanke der Konzentration der Revisionsinstanz auf die rechtliche Bewertung eines festgestellten Sachverhalts verliert nämlich an Gewicht, wenn die Berücksichtigung von neuen tatsächlichen Umständen keine nennenswerte Mehrarbeit verursacht und die Belange des Prozessgegners gewahrt bleiben. Dann kann es aus prozessökonomischen Gründen nicht zu verantworten sein, die vom Tatsachenausschluss betroffene Partei auf einen weiteren, gegebenenfalls durch mehrere Instanzen zu führenden Prozess zu verweisen. In einem solchen Fall ist vielmehr durch die Zulassung neuen Vorbringens im Revisionsverfahren eine rasche und endgültige Streitbereinigung herbeizuführen (Senatsurteile vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 27 und vom 21. November 2001 - XII ZR 162/99 - FamRZ 2002, 318, 319 mwN - hinsichtlich der Einrede der Verjährung offengelassen in BGHZ 139, 214 = NJW 1998, 2972, 2974).

(b) Gemessen hieran kann sich der Antragsteller in der Revisionsinstanz ausnahmsweise auf die Anwendung des Art. 5 HUP berufen.

(aa) Zwar hätte der Antragsteller die Einrede bereits im instanzgerichtlichen Verfahren erheben können; bei den ihr zugrunde liegenden Tatsachen handelt es sich also nicht um solche, "die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen". Dass der Antragsteller die Einrede nicht früher erhoben hat, beruht jedoch auf einem Verfahrensfehler des Berufungsgerichts. Das Berufungsgericht hat nicht darauf hingewiesen, dass es seiner Entscheidung zum Unterhaltsrecht das Haager Unterhaltsprotokoll und damit Schweizer Sachrecht zugrunde legen werde. Damit liegt ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG vor.

Ein Verstoß gegen die Hinweispflicht aus § 139 ZPO liegt vor, wenn das Berufungsgericht - wie hier - überraschend ausländisches Recht anwendet, die Parteien ihren Ausführungen dagegen ausschließlich deutsches Recht zugrunde gelegt haben und das Revisionsgericht an die Entscheidung des Berufungsgerichts über Bestehen und Inhalt des ausländischen Rechts gebunden ist (BGH Urteil vom 19. Dezember 1975 - I ZR 99/74 - NJW 1976, 474). Entsprechendes muss gelten, wenn das der Anwendung ausländischen Rechts vorgeschaltete Kollisionsrecht den Parteien die Möglichkeit einräumt, die Anwendung der entsprechenden Kollisionsnorm mittels einer Einrede zu verhindern.

Gemessen hieran hätte das Berufungsgericht auf die beabsichtigte Anwendung des Haager Unterhaltsprotokolls und damit des Schweizer Rechts hinweisen müssen. Nachdem das Amtsgericht den Unterhaltsanspruch nach deutschem Recht beurteilt hatte, hat das Berufungsgericht in seinem der angefochtenen Entscheidung vorangegangen Hinweisbeschluss den Parteien mitgeteilt, den Unterhaltsrechtsstreit nach der ehevertraglichen Regelung in Verbindung mit § 1572 BGB und damit nach deutschem Recht entscheiden zu wollen, was die Parteien - soweit ersichtlich - nicht anders gesehen haben. Deshalb konnten sie nicht damit rechnen, dass das Berufungsgericht Schweizer Recht anwenden würde. Der Antragsteller hat in seiner Revision zudem dargetan, dass er bei entsprechendem Hinweis die Einrede aus Art. 5 HUP erhoben hätte.

(bb) Verwehrte man dem Antragsteller in einem Fall wie dem vorliegenden die Möglichkeit, in der Revisionsinstanz eine entsprechende Einrede zu erheben, wäre dies für ihn letztlich nicht hinnehmbar. Berücksichtigte der Senat die Einrede des Antragstellers im Revisionsverfahren nicht, müsste er die Frage, welches Recht anzuwenden ist, dem Europäischen Gerichtshof vorlegen. Käme dieser zu dem Ergebnis, dass das Haager Unterhaltsprotokoll nicht anzuwenden ist, wäre über Art. 8 HUÜ 73 das auf die Scheidung angewandte Recht, also deutsches Recht maßgebend. Würde der Europäische Gerichtshof entscheiden, dass das Haager Unterhaltsprotokoll vorliegend anzuwenden sei, ist - jedenfalls im Revisionsverfahren - davon auszugehen, dass sich der Antragsteller im anschließenden Instanzverfahren auf Art. 5 HUP berufen würde mit der Folge, dass ebenfalls deutsches Recht anzuwenden wäre. Dies würde das Verfahren unnötig in die Länge ziehen und weitere Kosten verursachen, obgleich die der Einrede zugrunde liegenden Tatsachen unstreitig sind und vom Senat ohne weiteres seiner Entscheidung zugrunde gelegt werden können.

3. Der vom Berufungsgericht aufgrund der getroffenen Feststellungen zugesprochene Krankheitsunterhalt ist entgegen der Auffassung des Antragstellers mindestens in der ausgeurteilten Höhe auch nach deutschem Recht gerechtfertigt, und zwar aus § 1572 BGB i.V.m. dem Ehevertrag. Zu Recht rügt die Antragsgegnerin indes, dass hiernach auch ein höherer Unterhalt als zugesprochen möglich ist, weshalb ihre Revision - anders als die des Antragstellers - insoweit Erfolg hat.

a) Zum Unterhalt hat das Berufungsgericht ausgeführt, unter Berücksichtigung der Wertung in § 2 Ziffer 2.1 (kein Unterhalt bei voller Berufstätigkeit) und des Umstandes, dass beide Parteien bei Eheschließung in Ausbildungsberufen gearbeitet hätten, sei der Vertrag so auszulegen, dass sich der Ehegatte selbst unterhalten könne, wenn er wieder ohne Nachteil den eigenen oder einen gleichwertigen Beruf ausüben könne. Dann bilde die Fähigkeit, sich aus dem erlernten Beruf zu unterhalten, sowie das daraus erwirtschaftete Gehalt die Grenze und das Maß eines Unterhaltsanspruchs.

Da der kranke Ehegatte aber regelmäßig auch ohne Ehe krank geworden wäre, sei der Anspruch auf dasjenige beschränkt, was dieser Ehegatte wegen der Kindererziehung bis zur Erkrankung nicht habe erwirtschaften können und was ihm heute deshalb an Rente wegen (voller) Erwerbsminderung fehle. Das begründe einen Anspruch der Antragsgegnerin auf einen nachehelichen Unterhalt in Höhe der Differenz aus ihren tatsächlichen Rentenansprüchen wegen voller Erwerbsminderung und denjenigen, die sie ohne die Eheschließung - bei fiktiver voller Erwerbstätigkeit bis zum Eintritt ihrer Erwerbsunfähigkeit - hätte. Denn nach allen vorliegenden Anhaltspunkten wäre die Antragsgegnerin ohne Eheschließung in der Schweiz geblieben und hätte dort weiterhin gearbeitet. Sie habe aufgrund der Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit und der damit verbundenen Einstellung der Zahlung von Beiträgen an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) gegenwärtig keine Rentenansprüche in der Schweiz.

Bei Fortführung der Erwerbstätigkeit bei der A. in der Schweiz hätte die Antragsgegnerin dagegen einen Rentenanspruch aus Betriebsrente sowie aus der staatlichen Invalidenrente in Höhe von umgerechnet mindestens 3.790 € netto. Rentenansprüche könne die Antragsgegnerin erst mit Erreichen des Rentenalters von 64 Jahren geltend machen. Da sie in der Bundesrepublik Deutschland nie erwerbstätig gewesen sei, habe sie auch hier keinen Anspruch auf Rente wegen geminderter Erwerbsfähigkeit (§ 43 Abs. 2 Nr. 2, 3 SGB VI).

Der Umstand, dass die Antragsgegnerin sich vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit nicht wieder in das Arbeitsleben integriert habe, sei nicht maßgeblich, weil die Ehe tatsächlich über den Bestand des Zusammenlebens, also 15 Jahre lang, so gelebt worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass die unterlassene Vorsorge für den eingetretenen Fall der krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit seitens der Antragsgegnerin allein in deren Verantwortungsbereich falle.

Der Antragsteller sei für den Bedarf der Antragsgegnerin nicht in vollem Umfang leistungsfähig. Ihm müsste im Wesentlichen die Hälfte seiner bereinigten Einkünfte verbleiben. Als Einkommen des Antragstellers sei das Gehalt aus seiner Geschäftsführertätigkeit bei der N. GmbH, hälftig die Einkünfte aus der ehrenamtlichen Tätigkeit als Präsident der Handwerkskammer und als Aufsichtsrat der Landesmesse, Einkünfte aus Kapitalanlagen sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus den Immobilien B. zugrunde zu legen.

Die Einkünfte als Präsident der Handwerkskammer seien als überobligatorische Tätigkeit nur zur Hälfte zu berücksichtigen (= 21.976 €). Das Amt sei neben der vollschichtigen Tätigkeit als Geschäftsführer des Familienbetriebs überobligatorisch. Es erfordere insbesondere im Herbst und im Frühjahr einen nicht zu vernachlässigenden Arbeitsaufwand von bis zu zwei Tagen pro Woche. Gleiches gelte für die Einkünfte aus der Aufsichtsratstätigkeit bei der Landesmesse. Die Einkünfte aus der Aufsichtsratstätigkeit für die S. I. Gruppe, die der Antragsteller erst seit Mitte des Jahres 2008 ausübe, seien dagegen nicht anrechenbar. Diese Tätigkeit beruhe auf dem persönlichen Engagement des Antragstellers. Anrechenbar seien die Mieteinkünfte aus den Immobilien in der B. .

Die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge der Antragsgegnerin einschließlich des Selbstbehalts seien vom Antragsteller zu bezahlen, da die Antragsgegnerin mindestens in dieser Höhe Krankenversicherungsbeiträge auch in der Schweiz zahlen müsste, um angemessen versichert zu sein. Es sei zudem angemessen, dem Antragsteller einen Betrag in Höhe von 10 % aus Erwerbstätigkeit zu belassen.

Unter Berücksichtigung eines Altersvorsorgeunterhalts von 548,65 € hat das Berufungsgericht ein verbleibendes bereinigtes Einkommen des Antragstellers von 3.835,78 € ermittelt, davon 10 % in Abzug gebracht und von dem verbleibenden Betrag von 3.452,20 € die Hälfte als (restlichen) Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin ermittelt, das bedeutet: Elementarunterhalt (1.726,10 €), zuzüglich Altersvorsorgeunterhalt (548,65 €), zuzüglich Krankenversicherung für die Antragsgegnerin (525,69 €), zuzüglich Pflegeversicherung für die Antragsgegnerin (30,51 €), zuzüglich von der Antragsgegnerin in der Schweiz zu zahlenden Steuern (125 €) und schließlich zuzüglich Selbstbehalt für die Krankenversicherung der Antragsgegnerin (125 €). Daraus hat das Berufungsgericht einen Gesamtunterhaltsanspruch von 3.080,95 € errechnet.

Der Unterhaltsanspruch sei gegenwärtig nicht zu begrenzen. Nach Schweizer Recht sei die Ehedauer mit 15 Jahren lang und lebensprägend gewesen. Die Antragsgegnerin habe über die gesamte Zeit das gemeinsame Kind großgezogen und ihre Verdienstmöglichkeiten aufgegeben. Sie könne aufgrund ihrer Krankheit nicht mehr für sich selbst aufkommen. Auch die lange Trennungszeit führe nicht zu einer Begrenzung.

Eine Herabsetzung nach deutschem Recht schiede aus, weil sich der Unterhaltsanspruch bereits am angemessenen Lebensstandard orientiere, den die Antragsgegnerin im Falle einer vollen Erwerbsminderung seit 1995 in der Schweiz - also ohne die Ehe - erworben hätte.

Ebenso wenig käme derzeit eine Befristung nach deutschem Recht gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB in Betracht. Als Zeitpunkt einer möglichen Herabsetzung oder zeitlichen Begrenzung des Unterhalts komme das Erreichen des gesetzlichen Rentenalters der Antragsgegnerin mit 64 Jahren (in der Schweiz) in Betracht. Dann zu erwartende Einkünfte seien heute nicht hinreichend bekannt und hingen auch nicht bloß vom Zeitablauf ab.

b) Dies hält den Angriffen der Revisionen nicht in allen Punkten stand.

aa) Der Revision des Antragstellers bleibt insoweit allerdings der Erfolg versagt.

(1) Nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht der Antragsgegnerin, die nach revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden und von dem Antragsteller auch nicht angegriffenen Feststellungen erwerbsunfähig ist, einen Krankheitsunterhaltsanspruch i.S.d. § 1572 Nr. 1 BGB i.V.m. dem Ehevertrag zuerkannt hat.

(2) Soweit das Berufungsgericht den Bedarf der Antragsgegnerin nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern im Ergebnis nach ihrem angemessenen Lebensbedarf bemessen hat, ist die entsprechende Auslegung des Ehevertrages weder von den Parteien gerügt noch revisionsrechtlich zu beanstanden.

Danach bemisst sich ihr Bedarf nach den Einkünften, die sie ohne Ehe und Kindererziehung hätte. Nach den vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Verantwortung getroffenen und von keiner der Parteien beanstandeten Feststellungen bezöge die Antragsgegnerin in der Schweiz eine Invalidenrente von umgerechnet jedenfalls 3.790 € netto monatlich, wenn sie bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit erwerbstätig geblieben wäre.

Dabei ist das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des vorehelich erzielten Einkommens der Antragsgegnerin von dem Höchstbetrag der Invalidenrente von 27.360 CHF im Jahr ausgegangen. Dieser Rente hat es eine fiktive betriebliche Rente hinzugerechnet. Auch die betragsmäßige Ermittlung der Betriebsrente ist von den Revisionen weder angegriffen noch sonst revisionsrechtlich zu beanstanden.

Allerdings ist die Steuerlast für die (fiktiven) Renteneinkünfte nach dem für Alleinstehende maßgeblichen Grundtarif zu berechnen. Da es allein um die Frage geht, welches Einkommen die Antragsgegnerin ohne Ehe und Kindererziehung erzielte, ist fiktiv auf den für Alleinstehende zutreffenden Steuertarif abzustellen (vgl. Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2012 - XII ZB 670/10 - FamRZ 2013, 274 Rn. 32 zur Anwendung der Steuerklasse I ohne Kinderfreibetrag). Dann verbleiben der Antragsgegnerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 3.790 € monatlich. Dass das Berufungsgericht die Frage nach dem maßgeblichen Steuertarif offengelassen hat, vermag der Revision des Antragstellers indes nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil das Berufungsgericht wegen der nach seiner Auffassung nur eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Antragstellers ohnehin nur einen deutlich unter diesem Bedarf liegenden Unterhalt zugesprochen hat.

(3) Die Rügen des Antragstellers, das Berufungsgericht hätte im Rahmen der Leistungsfähigkeit die Einkünfte aus seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Präsident der Handwerkskammer, seiner Aufsichtsratstätigkeit bei der Landesmesse und den Mieteinkünften aus den Immobilien B. nicht berücksichtigen dürfen, weil diese auf einem in der Ehe nicht angelegten Karrieresprung beruhten bzw. die Immobilien erst nach gescheiterter Ehe angeschafft worden seien, gehen fehl.

Die Revision verkennt, dass es für die Frage der Leistungsfähigkeit - anders als im Rahmen der Bedarfsbemessung nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. hierzu Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 4 Rn. 477) - nicht darauf ankommt, was in der Ehe angelegt ist. Maßgeblich für die Beurteilung sind vielmehr alle eheprägenden und nicht prägenden Einkünfte (Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 4 Rn. 969; vgl. zur Berücksichtigung von Einkünften aus einem nachehelichen Karrieresprung Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 47).

(4) Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision des Antragstellers auch insoweit stand, als das Berufungsgericht zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Begrenzung des Unterhalts nach § 1578 b BGB abgelehnt hat.

(a) Eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf scheidet schon deshalb aus, weil sich der Unterhaltsanspruch bereits nach diesem Bedarf bemisst. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats besteht der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, in dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte (s. etwa Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 32). Maßgeblich ist danach die (fiktive) Invalidenrente, die die Antragsgegnerin bei fortdauernder Beschäftigung in der Schweiz erzielen würde.

(b) Eine Befristung kommt entgegen der Auffassung der Revision des Antragstellers vor allem deshalb nicht in Betracht, weil der vom Berufungsgericht zugesprochene Unterhalt lediglich den ehebedingten Nachteil widerspiegelt, der darin besteht, dass die Antragsgegnerin infolge der Rollenverteilung in der Ehe ihre Erwerbstätigkeit aufgegeben hat.

(aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 20) kann sich ein ehebedingter Nachteil wegen Aufgabe der Erwerbstätigkeit infolge der Kindererziehung und der Haushaltstätigkeit etwa dann ergeben, wenn deswegen die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt sind.

So liegt der Fall auch hier. Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden und von der Revision im Übrigen auch nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Antragsgegnerin infolge der ehebedingten Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit derzeit keinen Anspruch auf Invalidenrente. Dabei braucht sich die Antragsgegnerin nicht auf einen Rentenbezug in Deutschland verweisen zu lassen, da sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ohne Eheschließung und Kinderbetreuung in der Schweiz verblieben wäre (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2013 - XII ZR 39/10 - FamRZ 2013, 534 Rn. 24).

(bb) Zwar entfällt der sich hieraus ergebende ehebedingte Nachteil regelmäßig mit dem Beginn der Altersrente (vgl. Senatsurteil vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 20). Allerdings gilt diese Einschränkung nur für den Fall, dass durch den Versorgungsausgleich die von dem Unterhaltsberechtigten aufgrund der ehelichen Rollenverteilung erlittene Einbuße bei ihrer Altersvorsorge vollständig ausgeglichen worden ist (vgl. Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 25).

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin durch den Versorgungsausgleich indes nur Rentenanwartschaften von 61 € übertragen bekommen. Dies folgt daraus, dass die Altersvorsorge des Antragstellers als Selbständiger im Wesentlichen nicht dem Versorgungsausgleich unterfiel. Damit ist deutlich, dass der Antragsgegnerin auch hinsichtlich ihrer Altersversorgung erhebliche ehebedingte Nachteile verblieben sind (vgl. auch Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 25).

(cc) Entgegen der Auffassung der Revision des Antragstellers kommt es für die Feststellung eines ehebedingten Nachteils auf seinen Vortrag, wonach die Antragsgegnerin jetzt einen Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente hätte, wenn sie absprachegemäß nach der "Kleinkindbetreuung" wieder in das Erwerbsleben eingetreten wäre, nicht an.

Gemäß § 1578 b BGB ist auf die tatsächliche Gestaltung von Kinderbetreuung und Haushaltsführung abzustellen. Bei den dort aufgeführten Kriterien handelt es sich um objektive Umstände, denen kein Unwerturteil und keine subjektive Vorwerfbarkeit anhaften, weshalb im Rahmen der Abwägung nach § 1578 b BGB nicht etwa eine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens stattfindet. Daher kann der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht einwenden, dass er den Unterhaltsberechtigten während der Ehe zur Berufstätigkeit angehalten habe (Senatsurteile vom 16. Februar 2011 - XII ZR 108/09 - FamRZ 2011, 628 Rn. 20 und vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 27).

(dd) Ebenso geht der Einwand der Revision fehl, die Antragsgegnerin habe die ihr nach dem Ehevertrag überlassenen Barmittel zum Aufbau einer entsprechenden Altersvorsorge einsetzen müssen.

Unbeschadet der rechtlichen Einordnung der Regelung in § 1 Abs. 2 des Ehevertrages und der vom Berufungsgericht bejahten Frage, ob die hieraus getätigten Zahlungen durch den Antragsteller unzulänglich waren, ergibt sich aus dem Vertrag eindeutig, dass der jeweilige Barbetrag der Antragsgegnerin zur freien Verfügung bzw. als Entschädigung zu leisten ist. Demgemäß hat der Antragsteller in seiner Revision selbst ausgeführt, dem Begriff der "freien Verfügung" wohne eine völlige Dispositionsfreiheit inne; er schließe eine Pflicht zur Rechenschaft gerade aus. Damit fehlt es aber an einer Obliegenheit der Antragsgegnerin, diese Zahlungen für eine angemessene Altersversorgung einzusetzen.

(ee) Bei fortbestehenden ehebedingten Nachteilen ist eine Befristung des nachehelichen Unterhalts regelmäßig nicht auszusprechen. Eine Befristung kommt dann nur unter außergewöhnlichen Umständen in Betracht (Senatsurteil vom 16. Februar 2011 - XII ZR 108/09 - FamRZ 2011, 628 Rn. 24), wofür nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen nichts ersichtlich ist.

bb) Demgegenüber hat die Revision der Antragsgegnerin teilweise Erfolg.

(1) Gemäß § 1581 BGB darf der eigene angemessene Unterhalt des Unterhaltspflichtigen nicht geringer sein als der an den Unterhaltsberechtigten zu leistende Betrag (vgl. Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 33 mwN). Allerdings ist bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit - anders als beim Bedarf - kein Erwerbstätigkeitsbonus in Abzug zu bringen (vgl. auch Kleffmann in Scholz/Kleffmann/Motzer Praxishandbuch Familienrecht [Stand Januar 2013] H 132 f.; aA Eschenbruch/Schürmann Der Unterhaltsprozess 5. Aufl. Kap. 1 Rn. 1104 ff., 1106 unter Hinweis auf OLG Düsseldorf FamRZ 1990, 1364, 1365). Bei der Billigkeitsabwägung nach § 1581 BGB ist das gesamte unterhaltsrelevante Einkommen namentlich des Unterhaltspflichtigen einzubeziehen. Das schließt auch Einkünfte aus einem nachehelichen Karrieresprung ein (vgl. Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 47 mwN).

Ob eine Tätigkeit des Unterhaltspflichtigen hingegen als überobligatorisch zu qualifizieren ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. hierzu Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 828, 831 mwN). Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das Einkommen aus überobligatorischer Tätigkeit für den Unterhalt heranzuziehen ist, ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (Senatsurteile vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 30/10 - FamRZ 2013, 191 und BGHZ 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn. 23 ff. mwN).

(2) Diesen Grundsätzen zur Leistungsfähigkeit wird das Berufungsurteil nicht in jeder Hinsicht gerecht.

(a) Zutreffend hat das Berufungsgericht zwar erkannt, dass der eigene angemessene Unterhalt des Unterhaltspflichtigen nicht geringer sein darf als der an den Unterhaltsberechtigten zu leistende Betrag.

(b) Allerdings vermag das Berufungsurteil die Nichtberücksichtigung der Einkünfte des Antragstellers aus seiner Aufsichtsratstätigkeit bei der S. I. Gruppe nicht zu rechtfertigen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kommt es dabei nicht auf den Umstand an, dass er diese Tätigkeit erst nach der Trennung aufgenommen hat. Denn bei der Leistungsfähigkeit geht es nicht um die Frage, ob es sich um eheprägende Einkünfte handelt. Vielmehr sind hier grundsätzlich alle Einkünfte zu berücksichtigen. Deshalb ist es auch unerheblich, dass die Tätigkeit nach den getroffenen Feststellungen auf dem persönlichen Engagement des Antragstellers beruht. Eine (teilweise) Nichtberücksichtigung dieser Einkünfte ließe sich allenfalls aus dem Gesichtspunkt einer überobligatorischen Tätigkeit herleiten. Hierzu fehlt es indes an den erforderlichen Feststellungen.

(c) Soweit das Berufungsgericht in Einklang mit dem Amtsgericht von den Einkünften des Antragstellers aus seinem Amt als Präsident der Handwerkskammer und seiner Tätigkeit im Aufsichtsrat der Landesmesse unter dem Gesichtspunkt einer überobligatorischen Tätigkeit jeweils nur die Hälfte zugrunde gelegt hat, unterliegt diese Entscheidung dem tatrichterlichen Ermessen. Sie ist vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen vertretbar. Danach erfordere die Nebentätigkeit insbesondere im Herbst und Frühjahr einen nicht zu vernachlässigenden Arbeitsaufwand von zwei Tagen pro Woche neben der Vollzeittätigkeit in seiner Funktion als Geschäftsführer. Diese Erwägungen sind - wie der Antragsteller in seiner Revisionserwiderung zu Recht ausführt - aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

(d) Allerdings hat das Berufungsgericht zu Lasten der Antragsgegnerin einen auf Seiten des Antragstellers bestehenden Wohnvorteil unberücksichtigt gelassen.

Nach den von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts bewohnt der Antragsteller seit Januar 2009 ein in seinem hälftigen Miteigentumsanteil stehendes Haus. Der Vorteil des mietfreien Wohnens im eigenen Haus ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich als Gebrauchsvorteil unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 18. Januar 2012 - XII ZR 177/09 - FamRZ 2012, 514 Rn. 29 und vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963 Rn. 11 ff. jew. mwN). Auf die Frage, ob der Wohnvorteil eheprägend war, kommt es nach dem oben Gesagten nicht an.

(3) Soweit die Antragsgegnerin mit ihrer Revision die Tenorierung der Unterhaltsverpflichtung in Schweizer Franken begehrt, hat sie indes keinen Erfolg.

(a) Grundsätzlich kann der Unterhaltspflichtige allerdings aus Gründen der gegenseitigen Rücksichtspflicht verlangen, dass er die Geldrente in der betreffenden Fremdwährung entrichten darf (Senatsbeschluss vom 9. Mai 1990 - XII ZB 133/88 - FamRZ 1990, 992, 993; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 94).

(b) Zutreffend weist die Revisionserwiderung des Antragstellers allerdings darauf hin, dass einer Verurteilung in Schweizer Franken bereits § 308 Abs. 1 ZPO entgegensteht.

Unstreitig hat die Antragsgegnerin beantragt, ihr den Unterhalt in Euro auszuzahlen. Dass es sich hierbei um einen - von Amts wegen zu berichtigenden - Schreibfehler handeln könnte, erscheint nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Antragsgegnerin bereits beim Amtsgericht beantragt hatte, den Unterhalt in Euro zu tenorieren, fernliegend.

Nach der Rechtsprechung des Senats sind die in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld (Valutaschuld) und eine auf die inländische Währung lautende Geldschuld nicht gleichartig. Dementsprechend darf, wenn der Klageantrag auf Zahlung in ausländischer Währung gerichtet ist, das Gericht nicht zur Zahlung in inländischer Währung verurteilen (vgl. BGH Urteil vom 7. April 1992 - X ZR 119/90 - IPRax 1994, 366). Entsprechendes gilt für den umgekehrten Fall, wenn - wie hier - der Klageantrag auf inländische Währung (Euro) gerichtet ist, im Ergebnis aber eine Verurteilung in ausländischer Währung gewünscht wird (s. auch Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 94).

II. Soweit das Berufungsgericht der Antragsgegnerin einen Vermögensausgleich zugesprochen hat, hält das Berufungsurteil den Angriffen der Revision des Antragstellers nicht stand.

1. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, der Antragsgegnerin stehe ein solcher Anspruch aus § 1 Abs. 2 des Ehevertrages zu. Die Situation der Eheleute bei Vertragsschluss spreche dafür, dass mit dieser Regelung dem Ehegatten, der aufgrund der Kindererziehung eigenes Vermögen nicht in dem Maße aufbauen könne, wie der arbeitende Ehegatte, jedenfalls auch eine Ausgleichszahlung zum Zwecke der Vermögensbildung habe zugesichert werden sollen. Die Regelung in § 1 Abs. 2 sei allerdings dahin auszulegen, dass in dem Betrag auch Taschengeld enthalten gewesen sei. Der Betrag "zur freien Verfügung" lege begrifflich nahe, dass die Antragsgegnerin hierüber keine Rechenschaft abzulegen habe. Die Verortung des Betrages unter der Überschrift "Gütertrennung" hindere die Auslegung (auch) als Teil des Familienunterhaltsanspruchs angesichts der fehlenden Klarheit und Zweckbestimmung durch die Parteien nicht.

Als Maßstab für die Angemessenheit des Betrags sei die Lebensversicherung des Antragstellers heranzuziehen. Es sei von der Hälfte der hierfür eingezahlten Beträge auszugehen. Demgegenüber sei entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht auf den Auszahlungsbetrag zur Fälligkeit der Lebensversicherung abzustellen. Die Antragsgegnerin begründe ihre Forderung damit, dass die Lebensversicherung die Altersversorgung und ihre Absicherung dargestellt habe. Nach ihrem Vortrag sei eine konkludent einverständliche Abkehr vom Ehevertrag und die Errichtung einer Ersatzvereinbarung erfolgt. Dagegen spreche aber der Umstand, dass der Antragsteller auch nach Abschluss der Lebensversicherung weiterhin monatliche Beträge "zur freien Verfügung" gezahlt habe. Es sei auch nicht auf den bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags angesparten Betrag abzustellen, wie das Amtsgericht es getan habe. Die Auffassung des Amtsgerichts folge aus dem Umstand, dass es die gesamten Beträge zur freien Verfügung als Taschengeld klassifiziert habe. Dem sei nicht zu folgen.

Zur Berechnung des Zahlungsanspruchs sei von dem "zur freien Verfügung" gezahlten Betrag der jeweils errechnete Taschengeldanspruch abzuziehen. Die Differenz sei wiederum vom hälftigen Lebensversicherungsbeitrag abzuziehen. Das Ergebnis stelle den Betrag dar, den der Antragsteller nicht geleistet habe und noch zahlen müsse, um insgesamt seiner Verpflichtung aus § 1 Abs. 2 des Ehevertrages zu genügen.

In der Summe ergebe dies einen nicht verzinsten Betrag von gerundet 38.753 €. Werde das anwachsende Kapital kontinuierlich mit durchschnittlichen 3 % verzinst, ergebe sich der zugesprochene Betrag von gerundet 46.261 €.

2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision des Antragstellers nicht stand.

a) Frei von Rechtsfehlern und von der Revision zugestanden ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der Regelung in § 1 Abs. 2 des Ehevertrages, wonach die dort vom Antragsteller übernommene Verpflichtung, der Antragsgegnerin "regelmäßig einen angemessenen Betrag zur freien Verfügung" zu stellen, jedenfalls auch laufende Zahlungen zur Vermögensbildung beinhaltet. Ebenso wenig ist es revisionsrechtlich zu beanstanden, dass das Berufungsgericht das Bestehen einer - konkludent geschlossenen und über die Regelung des Ehevertrages hinausgehende - Ersatzvereinbarung abgelehnt hat, woraus die Antragsgegnerin im Ergebnis einen güterrechtlichen Ausgleichsanspruch in Form einer einmaligen Kapitalzahlung hätte verlangen können.

b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch im Nachhinein einen Betrag bestimmt, der seiner Auffassung nach "angemessen" i.S.d. ehevertraglichen Regelung sein soll, und unter Berücksichtigung geleisteter Zahlungen Rückstände errechnet, diese addiert und der Antragsgegnerin als Gesamtsumme zuerkannt. Dabei hat das Berufungsgericht verkannt, dass nach den von ihm getroffenen Feststellungen - worauf die Revision zutreffend hinweist - davon auszugehen ist, dass der Antragsteller die Zahlungspflicht aus § 1 Abs. 2 Satz 1 des Ehevertrages gemäß § 362 Abs. 1 BGB tatsächlich erfüllt hat. Er hat der Antragsgegnerin danach monatlich Haushaltsgeld, Lohn und einen Betrag zur freien Verfügung gezahlt. Das Geld hat die Antragsgegnerin jeweils entgegengenommen und verbraucht. Dies entsprach der langjährigen Übung der Parteien in der Ehe, weshalb davon auszugehen ist, dass sie die gezahlten Beträge als angemessen und damit vertragsgemäß angesehen haben. Dass sich die Antragsgegnerin bei der Entgegennahme der Zahlungen vorbehalten hätte, die Leistung sei nur unvollständig und deshalb nicht vertragsgemäß erbracht worden, ist nicht festgestellt (§ 363 BGB).

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Angemessenheit der während der Ehe geleisteten Zahlungen nicht nachträglich abweichend von den Vorstellungen der Parteien beurteilt werden. Dass die Eheleute keinen festen Betrag vereinbart haben, spricht dafür, dass sie die Zahlungen der Höhe nach ihrer jeweils aktuellen Situation anpassen wollten. Hätten die Parteien eine andere Regelung treffen wollen, wäre es ihnen unbenommen geblieben, etwa durch eine Bezifferung einen - dann jedenfalls am Beginn der Ehezeit - angemessenen Betrag zu bestimmen. Alternativ hierzu hätten sie auch vereinbaren können, dass am Ende der Ehe ein angemessener (Einmal-) Betrag zu leisten wäre. Weil die Parteien dies nicht vereinbart haben, kann eine solche Abrede auch nicht Grundlage des begehrten Ausgleichsanspruchs sein. ..."

***

Zur Begrenzung eines vor der Unterhaltsrechtsreform titulierten Anspruchs auf Krankheitsunterhalt (BGH, Beschluss vom 19.06.2013 - XII ZB 309/11):

„... Die Beteiligten streiten um die Abänderung eines Titels über nachehelichen Unterhalt.

Der 1958 geborene Antragsteller und die 1960 geborene Antragsgegnerin sind in der ehemaligen Tschechoslowakei geboren und aufgewachsen. Dort schlossen sie im März 1981 ihre kinderlos gebliebene Ehe. Im Jahre 1985 siedelten sie in die Bundesrepublik Deutschland über. Die Beteiligten trennten sich im November 1999 und wurden auf einen im März 2001 zugestellten Scheidungsantrag durch Urteil vom 13. Juli 2001 geschieden. Der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich wurde nach Abtrennung aus dem Scheidungsverbund durch Beschluss vom 7. Januar 2002 geregelt; dabei wurden monatliche Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in einer Gesamthöhe von 191,91 €, bezogen auf den 28. Februar 2001, von dem Versicherungskonto des Antragstellers auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin übertragen.

Der Antragsteller schloss im September 2002 eine neue Ehe. Durch Urteil des Amtsgerichts vom 14. März 2003 wurde er verurteilt, an die Antragsgegnerin einen monatlichen Nachscheidungsunterhalt in Höhe von 830,63 € zu zahlen. Dabei ging das Amtsgericht auf Seiten des Antragstellers von einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von rund 4.300 € aus, wobei es diese Einkünfte allerdings wegen eines nach der Trennung vollzogenen und als Karrieresprung gewürdigten Arbeitgeberwechsels nur teilweise, nämlich in Höhe von rund 3.100 €, bei der Unterhaltsbemessung berücksichtigte. Dem standen auf Seiten der Antragsgegnerin eine durch den Zuschlag an Entgeltpunkten im Versorgungsausgleich bereits aufgebesserte Erwerbsunfähigkeitsrente in monatlicher Höhe von rund 910 € gegenüber.

Der Antragsteller ist als Angestellter bei einer Bank beschäftigt. Aus seiner neuen Ehe sind zwei minderjährige, in den Jahren 2004 und 2006 geborene Kinder hervorgegangen, die von der nicht berufstätigen Ehefrau des Antragstellers betreut werden. Das derzeitige Nettoeinkommen des Antragstellers beträgt rund 4.600 €; er lebt mit seiner neuen Familie mietfrei in einer - allerdings noch nicht lastenfreien - Immobilie.

Die Antragsgegnerin hat in der früheren C(SSR zwischen 1975 und 1978 den Beruf der Schneiderin erlernt. Im Anschluss absolvierte sie dort die Wirtschaftsoberschule, an der sie im Jahre 1983 das Reifezeugnis erwarb. Zwischen 1983 und 1985 war sie als Betriebsleiterin in der Konfektionsherstellung beschäftigt. Nach der Übersiedlung in die Bundesrepublik im Jahre 1985 führte die Antragsgegnerin den Haushalt der Beteiligten. Zwischen 1987 und 1990 durchlief sie eine Umschulung zur Krankengymnastin; in diesem Beruf war sie bis 1991 teilschichtig berufstätig. Im Jahre 1993 wurde bei der Antragsgegnerin eine Multiple Sklerose diagnostiziert; seit September 1995 steht sie im Bezug einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, deren Höhe derzeit 952 € beträgt.

Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller beantragt, die Unterhaltspflicht gegenüber der Antragsgegnerin in Abänderung des Urteils vom 14. März 2003 mit Wirkung zum 1. Juli 2010 entfallen zu lassen. Das Amtsgericht hat dem Antrag nur teilweise stattgegeben und das Urteil für den Zeitraum seit dem 1. Juni 2011 dahin abgeändert, dass der Antragsteller nur noch zur Zahlung eines nachehelichen Unterhalts in Höhe von 400 € verpflichtet ist. Beide Beteiligte haben gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Während das Rechtsmittel der Antragsgegnerin erfolglos geblieben ist, hat das Oberlandesgericht der Beschwerde des Antragstellers weitgehend entsprochen und erkannt, dass der Antragsteller für die Zeit vom 1. Juni 2011 bis zum 31. Dezember 2011 noch einen auf monatlich 400 € herabgesetzten Ehegattenunterhalt zu zahlen habe und seit dem 1. Januar 2012 keinen Unterhalt mehr schulde.

Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie die vollständige Zurückweisung des Abänderungsantrages des Antragstellers weiterverfolgt. ...

II.... 1. Allerdings bestehen entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde an der Zulässigkeit des Abänderungsantrages im Sinne des § 238 Abs. 2 FamFG keine durchgreifenden Bedenken. Der Antragsteller kann sich hinsichtlich der Möglichkeit, den der Antragsgegnerin im Jahre 2003 zugesprochenen Krankheitsunterhalt herabzusetzen und zu befristen, in zulässiger Weise auf eine Änderung der Rechtslage durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 berufen.

Richtig ist zwar, dass schon vor dem Inkrafttreten der Unterhaltsreform gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. bei allen Tatbeständen des nachehelichen Unterhalts - mithin auch beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB - die grundsätzliche Möglichkeit bestand, im Rahmen einer Billigkeitsabwägung die Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen zeitlich zu begrenzen und danach auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen. Allerdings wurde, anknüpfend an die frühere Senatsrechtsprechung zur Bedeutung der Ehedauer im Rahmen von Billigkeitsentscheidungen nach §§ 1578 Abs. 1 Satz 2, 1573 Abs. 5 BGB a.F. (vgl. insbesondere Senatsurteil vom 10. Oktober 1990 - XII ZR 99/89 - FamRZ 1991, 307, 310), die durch § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. eröffnete Möglichkeit einer zeitlich abgestuften Unterhaltsbemessung beim Krankheitsunterhalt regelmäßig nur bei einer nicht (besonders) langen Ehedauer in Erwägung gezogen (vgl. OLG München FamRZ 2003, 1110 f.; OLG Hamm FamRZ 1998, 295, 296). Einen vollständigen Wegfall des - auch herabgesetzten - Unterhalts erlaubte § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. ohnehin nicht (Senatsurteil vom 27. Januar 1999 - XII ZR 89/97 - FamRZ 1999, 710, 712).

2. Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB in der seit dem 1. März 2013 geltenden Fassung auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Gemäß § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung sind aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB zu entnehmen. Danach ist neben der Dauer der Ehe vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes und aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben. Ein ehebedingter Nachteil äußert sich in der Regel darin, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde.

a) Zutreffend ist zunächst die Beurteilung des Beschwerdegerichts, dass der Antragsgegnerin keine ehebedingten Nachteile entstanden sind.

aa) Mit Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass das Krankheitsbild der Antragsgegnerin nicht im Zusammenhang mit der Rollenverteilung in der Ehe oder sonstigen mit der Ehe verbundenen Umständen steht. Soweit dies den Ausbruch der erstmals im Jahre 1993 diagnostizierten Multiplen Sklerose betrifft, wird diese Beurteilung von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt. Doch auch für die - in Korrelation zur organischen Erkrankung - aufgetretenen Angstzustände und Belastungsstörungen der Antragstellerin lassen sich keine ehebedingten Ursachen finden. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass eine psychische Erkrankung selbst dann, wenn sie durch eine Ehekrise ausgelöst worden ist, für sich genommen keinen ehebedingten Nachteil im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB begründen kann. Bereits aus der Formulierung des Gesetzes geht hervor, dass ehebedingte Nachteile ‚durch' die Ehe verursacht sein müssen und hierfür die Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes sowie die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit bedeutsam sind (§ 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB). Daraus erschließt sich, dass unter ehebedingten Nachteilen vornehmlich solche Einbußen zu verstehen sind, die sich aus der ehelichen Rollenverteilung (§ 1356 BGB) ergeben, nicht aber aus sonstigen persönlichen Umständen, die insbesondere mit dem Scheitern der Ehe zusammenhängen (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 18 und vom 7. Juli 2010 - XII ZR 157/08 - FamRZ 2011, 188 Rn. 20). Die Erkrankung des Unterhaltsberechtigten wird daher in aller Regel nicht ehebedingt sein. Auch wenn im vorliegenden Fall - was der Antragsteller allerdings bestreitet - die organische Krankheit der Antragsgegnerin durch die im Zusammenhang mit der Ehekrise aufgetretenen psychischen Belastungen einen ungünstigeren Verlauf genommen haben sollte, wäre die Ursache dafür immer noch nicht in der Ehe als solcher oder der mit ihr verbundenen Rollenverteilung zu suchen, sondern in den persönlichen Umständen der Beteiligten und ihrer schicksalhaften Entwicklung beim Scheitern der Partnerschaft.

Dadurch ist es allerdings nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall der Unterhaltspflichtige auch unabhängig von der Ehe für die Krankheit des Unterhaltsberechtigten (mit-)verantwortlich sein und dies als Billigkeitsgesichtspunkt im Rahmen der nach § 1578 b Abs. 1 BGB gebotenen Abwägung berücksichtigt werden kann (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 20 und vom 7. Juli 2010 - XII ZR 157/08 - FamRZ 2011, 188 Rn. 22). Auch bei dieser Würdigung wird indessen Zurückhaltung geboten sein. Da im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1578 b Abs. 1 BGB generell keine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens nach Kriterien subjektiver Vorwerfbarkeit stattfinden soll, wird ein zur Ehekrise oder zur Trennung führendes Verhalten des Unterhaltspflichtigen in den meisten Fällen kein zusätzliches Maß an nachehelicher Solidarität gegenüber einem im Zusammenhang mit dem Scheitern der Ehe psychisch belasteten Ehegatten begründen können.

bb) Wenn beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB - wie regelmäßig - die Krankheit selbst keine ehebedingten Ursachen hat, ist ein ehebedingter Nachteil denkbar, soweit ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsminderungsrente infolgedessen geringer ist, als sie es gewesen wäre, wenn er seine Erwerbstätigkeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalls fortgesetzt hätte. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist allerdings vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten - von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen - ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB können daher regelmäßig nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen (grundlegend Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 43; vgl. zuletzt Senatsurteil vom 20. März 2013 - XII ZR 72/11 - FamRZ 2013, 853 Rn. 37). Im Übrigen ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin ohne die Ehe - unter keinem denkbaren Verlauf ihrer beruflichen Karriere und unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik - durch eigene versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit keine höheren Rentenanwartschaften hätte erwerben können, als ihr nach der Ehe und nach der Durchführung des Versorgungsausgleiches tatsächlich zur Verfügung standen. Auch gegen diese Beurteilung erinnert die Rechtsbeschwerde nichts.

b) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzes allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass auch dann, wenn keine ehebedingten Nachteile feststellbar sind, eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet ist. Bei der insoweit gebotenen umfassenden Billigkeitsabwägung ist das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen.

Wesentliche Aspekte im Rahmen der Billigkeitsabwägung sind neben der Dauer der Ehe insbesondere die in der Ehe gelebte Rollenverteilung wie auch die vom Unterhaltsberechtigten während der Ehe erbrachte Lebensleistung (vgl. Senatsurteil vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 - FamRZ 2012, 197 Rn. 31); dies gilt auch beim Krankheitsunterhalt (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Rn. 39). Bei der Beurteilung der Unbilligkeit einer fortwährenden Unterhaltszahlung sind ferner die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien von Bedeutung, so dass der Tatrichter in seine Abwägung einzubeziehen hat, wie dringend der Unterhaltsberechtigte neben seinen eigenen Einkünften auf den Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige - auch unter Berücksichtigung weiterer Unterhaltspflichten - durch diese Unterhaltszahlungen belastet wird (Senatsurteile vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 24 und vom 20. März 2013 - XII ZR 72/11 - FamRZ 2013, 853 Rn. 42). In diesem Zusammenhang kann auch die lange Dauer von Trennungsunterhaltszahlungen bedeutsam sein (Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 22). Bereits bei der Prüfung der Unbilligkeit nach § 1578 b BGB ist außerdem zu berücksichtigen, ob der Unterhaltsanspruch tituliert ist, denn einem titulierten oder durch Vereinbarung festgelegten Unterhalt kommt ein größerer Vertrauensschutz zu, was - wie das Gesetz in § 36 Nr. 1 EGZPO klarstellt - bei Unterhaltstiteln oder Unterhaltsvereinbarungen nach der bis zum 31. Dezember 2007 bestehenden Rechtslage in noch stärkerem Maße gilt.

Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie ist vom Rechtsbeschwerdegericht aber daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Der rechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Verfahrensstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 14 und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 37). Die Entscheidung des Beschwerdegerichts erscheint auch nach diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab rechtlich nicht völlig bedenkenfrei.

aa) Im Ausgangspunkt zutreffend ist allerdings die Ansicht des Beschwerdegerichts, dass es unter den obwaltenden Umständen die lange Ehedauer von rund zwanzig Jahren nicht allein rechtfertigt, aus Billigkeitsgründen von einer Begrenzung des Unterhalts abzusehen. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass in solchen Fällen, in denen die fortwirkende nacheheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, die Ehedauer vor allem durch die wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht gewinnt, welche insbesondere durch den Verzicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder wegen der Haushaltsführung eingetreten ist; diese Grundsätze haben durch die am 1. März 2013 in Kraft getretene Neufassung des § 1578 b Abs. 1 BGB keine grundlegenden Änderungen erfahren (Senatsurteil vom 20. März 2013 - XII ZR 72/11 - FamRZ 2013, 853 Rn. 34 f.; vgl. auch Senatsurteil vom 20. März 2013 - XII ZR 120/11 - FamRZ 2013, 864 Rn. 35).

Soweit in der Ehezeit eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Antragsgegnerin von dem beruflich erfolgreichen Antragsteller eingetreten ist, beruhte dies entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde gerade nicht in einem besonderen Maße auf der Rollenverteilung in der kinderlosen Ehe der Beteiligten. Vor der Ausreise aus der ehemaligen Tschechoslowakei im Jahre 1985 stand die Antragsgegnerin durchgehend in der beruflichen Ausbildung und im Erwerbsleben. Nach der Übersiedlung hatte die Antragsgegnerin in Deutschland zwischen 1987 und 1990 eine mehrjährige berufliche Fortbildung zur Krankengymnastin durchlaufen. Sie war anschließend im Umschulungsberuf - wenn auch nur kurzfristig und teilschichtig - berufstätig, so dass jedenfalls nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Antragsgegnerin wegen der gemeinsamen Übersiedlung der Eheleute in die Bundesrepublik oder wegen des zeitweiligen Verzichts auf eigene Berufstätigkeit in den Jahren zwischen 1985 und 1987 sowie zwischen 1991 und 1993 bereits vor dem Ausbruch ihrer Erkrankung den Anschluss an den (deutschen) Arbeitsmarkt verloren hätte. Die wirtschaftliche Verflechtung der Beteiligten beruhte daher im Wesentlichen darauf, dass die Antragsgegnerin bereits sehr früh, nämlich im Alter von 33 Jahren, erwerbsunfähig erkrankte, mithin auf einer schicksalhaften Entwicklung, die ein unterhaltspflichtiger Ehegatte auch bei langer Ehedauer nicht ohne weiteres unbegrenzt mitzutragen hat.

bb) Eine umfassende Würdigung aller für die Billigkeitsentscheidung maßgebenden Gesichtspunkte hat allerdings auch in den Blick zu nehmen, inwieweit der unterhaltspflichtige Ehegatte seinen beruflichen Aufstieg und sein heute erzieltes Einkommen in einem besonderen Maße der geschiedenen Ehe mit dem Unterhaltsberechtigten zu verdanken hat (vgl. auch Senatsurteil vom 21. September 2011 - XII ZR 121/09 - FamRZ 2011, 1851 Rn. 24). Insoweit hat das Beschwerdegericht einen möglicherweise erheblichen Verfahrensstoff nicht in seine Abwägung einfließen lassen. Die Antragsgegnerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Antragsteller nur aufgrund seiner Ehe mit ihr im Jahre 1985 und damit lange vor den politischen Veränderungen in Osteuropa aus der ehemaligen Tschechoslowakei in das Gebiet der alten Bundesrepublik auswandern und dadurch die Grundlagen seiner erfolgreichen beruflichen Laufbahn in Deutschland legen konnte. Zudem ist es nicht streitig gewesen, dass sich der Antragsgegnerin bereits im Jahre 1982 die Möglichkeit geboten hätte, mit ihren Eltern in die Bundesrepublik überzusiedeln, sie von dieser Möglichkeit aber deshalb Abstand genommen hatte, weil der Antragsteller in der damaligen C(SSR noch seinen Wehrdienst ableisten und sein Studium beenden musste. Stellen sich, was gegebenenfalls näherer Sachaufklärung bedarf, die heutigen Einkommensverhältnisse des Antragstellers indessen als Fortwirkung von Karrierechancen dar, die sich ihm - gleichsam als ehebedingter Vorteil - nur durch die Übersiedlung nach Deutschland eröffnen konnten, vermag dies grundsätzlich ein höheres Maß an nachehelicher Solidarität gegenüber dem geschiedenen Ehegatten zu begründen.

Mit Recht wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Erwägungen des Beschwerdegerichts zum Lebensbedarf der Antragsgegnerin. Diese hat geltend gemacht, monatlich 180 € für Medikamente zu benötigen. Die Annahme des Beschwerdegerichts, dass die von der Antragsgegnerin behaupteten Aufwendungen keine notwendigen, sondern lediglich nützliche Medikamente wie beispielsweise Vitaminpräparate beträfen, findet im Vortrag der Beteiligten und im sonstigen Akteninhalt keine Stütze. Träfe es aber zu, dass die Antragsgegnerin krankheitsbedingte Aufwendungen in einer solchen Größenordnung zu bestreiten hat, würde dadurch der über dem Existenzminimum liegende Teil der Erwerbsunfähigkeitsrente der Antragsgegnerin weitgehend aufgezehrt; in diesem Falle würden ihr aus den laufenden Renteneinkünften die Mittel für die Haltung eines Kraftfahrzeuges und für die Aufrechterhaltung ihrer bisherigen, nach sozialhilferechtlichen Maßstäben möglicherweise unangemessenen, aber keineswegs übertrieben luxuriösen Wohnverhältnisse tatsächlich nicht mehr verbleiben.

cc) Es erscheint daher möglich, dass das Beschwerdegericht, welches selbst davon ausgeht, dass der Antragsteller aufgrund seiner überdurchschnittlich günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse auch in Ansehung der Unterhaltspflicht für seine zweite Ehefrau und die beiden aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder durch Unterhaltszahlungen an die Antragsgegnerin ‚nicht übermäßig' belastet werden würde, bei vollständiger Berücksichtigung der vorstehenden Aspekte zu dem Ergebnis gelangt, der Antragsgegnerin einen - gegebenenfalls deutlich herabgesetzten - Krankheitsunterhalt für einen längeren Zeitraum zu belassen. ..."

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Unterhaltsvereinbarungen, die auf der durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Januar 2011 (BVerfG, 25. Januar 2011, 1 BvR 918/10, FamRZ 2011, 437) beanstandeten Rechtsprechung des Senats zur Bedarfsermittlung durch Dreiteilung des zur Verfügung stehenden Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen sowie des früheren und des jetzigen unterhaltsberechtigten Ehegatten beruhen (BGH, 30. Juli 2008, XII ZR 177/06, BGHZ 177, 356), sind weder nach § 779 Abs. 1 BGB unwirksam noch nach §§ 119 ff. BGB anfechtbar. Die Anpassung solcher Vereinbarungen richtet sich nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage; sie kann frühestens für solche Unterhaltszeiträume verlangt werden, die der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Januar 2011 nachfolgen. In Fällen, in denen die nacheheliche Solidarität das wesentliche Billigkeitskriterium bei der Abwägung nach § 1578b BGB darstellt, gewinnt die Ehedauer ihren wesentlichen Stellenwert bei der Bestimmung des Maßes der gebotenen nachehelichen Solidarität aus der Wechselwirkung mit der in der Ehe einvernehmlich praktizierten Rollenverteilung und der darauf beruhenden Verflechtung der wirtschaftlichen Verhältnisse; hieran hat die am 1. März 2013 in Kraft getretene Neufassung des § 1578b Abs. 1 BGB nichts geändert ( BGH, Urteil vom 20.03.2013 - XII ZR 72/11):

„... Die im Rentenalter stehenden Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab dem 30. Juli 2008. Der 1940 geborene Kläger und die 1939 geborene Beklagte heirateten am 1. Juni 1962. Ihre Ehe, aus der zwei mittlerweile volljährige Kinder hervorgegangen sind, wurde auf einen am 29. Januar 1996 zugestellten Scheidungsantrag durch Urteil vom 18. Juni 1998 geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt. Zuvor hatten die Parteien im Scheidungsverbund zur Folgesache Unterhalt am 28. April 1998 einen gerichtlich protokollierten Vergleich geschlossen, wonach der Kläger an die Beklagte einen monatlichen Nachscheidungsunterhalt in einer Gesamthöhe von 2.004,07 DM zu zahlen hatte. Im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung hatte die Beklagte für einen Kaufpreis von 200.000 DM den hälftigen Miteigentumsanteil des Klägers an dem vormaligen Familienheim der Parteien übernommen. Den Kaufpreis brachte der Kläger in die Finanzierung eines Einfamilienhauses ein, welches im gemeinschaftlichen Eigentum des seit dem Jahre 2000 wiederverheirateten Klägers und seiner zweiten Ehefrau steht. Der Kläger verfügt über eine gesetzliche Rente sowie über eine Betriebsrente, und er lebt mit seiner zweiten Ehefrau mietfrei in dem gemeinsamen Einfamilienhaus. Die Beklagte bezieht eine gesetzliche Rente. Auch sie wohnt mietfrei in dem - allerdings noch nicht schuldenfreien - eigenen Haus und erzielt zudem Miet- und Kapitaleinkünfte. ...

1. Allerdings ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der am 2. Februar 2010 geschlossene Prozessvergleich der Parteien einen Teil des mit dem Rechtsmittel des Klägers bei dem Berufungsgericht angefallenen Rechtsstreits - nämlich in Bezug auf die Unterhaltszeiträume seit dem 30. Juli 2008 - beendet hatte.

Wegen der Doppelnatur des Prozessvergleiches würde einem vor Gericht geschlossenen Vergleich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zwar auch seine verfahrensrechtliche Wirkung der Prozessbeendigung entzogen, wenn er aus materiell-rechtlichen Gründen nichtig oder anfechtbar wäre (vgl. Senatsurteil vom 6. April 2011 - XII ZR 79/09 - FamRZ 2011, 1140 Rn. 10; BGHZ 79, 71, 74 = NJW 1981, 823). Dies hat das Berufungsgericht indessen mit Recht verneint.

a) Entgegen der Auffassung der Revision liegt kein rechtserheblicher Irrtum über die Vergleichsgrundlage (§ 779 Abs. 1 BGB) vor.

aa) Richtig ist, dass dem Vergleichsschluss vom 2. Februar 2010 erkennbar die frühere Rechtsprechung des Senats zugrunde lag, wonach der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten grundsätzlich unter Berücksichtigung aller nachehelich eingetretenen tatsächlichen Umstände, dabei insbesondere der Wiederverheiratung des Unterhaltsschuldners und der damit verbundenen Unterhaltspflichten gegenüber dem neuen Ehegatten, zu bestimmen sei (Senatsurteil BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 30 ff.). Diese auf dem Wegfall des Stichtagsprinzips basierende Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht für nicht mit dem geltenden Recht vereinbar erklärt (BVerfG FamRZ 2011, 437, 441 ff.). Im Anschluss an diese Entscheidung hat der Senat diese Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen aufgegeben und ist zu dem - seiner früheren Rechtsprechung zugrunde liegenden - Stichtagsprinzip zurückgekehrt (Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 16 ff.).

bb) Damit lässt sich jedoch ein Irrtum über die Vergleichsgrundlage nach § 779 Abs. 1 BGB nicht begründen. Voraussetzung für die Unwirksamkeit eines Vergleichs nach § 779 Abs. 1 BGB ist es, dass der von beiden Parteien nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt nicht der Wirklichkeit entspricht und der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde. Ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, dass ein Rechtsirrtum, wenn er nicht gleichzeitig einen Irrtum über relevante Tatsachen umschließt, von vornherein nicht in den Anwendungsbereich von § 779 Abs. 1 BGB fallen kann (so zuletzt BGH Urteil vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 76/06 - NJW-RR 2008, 643 Rn. 14; offen gelassen in BGH Urteil vom 21. Dezember 2006 - VII ZR 275/05 - NJW 2007, 838 Rn. 10 m.N. zum Streitstand), braucht unter den hier obwaltenden Umständen nicht entschieden zu werden. Selbst wenn der Begriff des Sachverhalts weit auszulegen sein sollte und nicht nur Tatsachen, sondern auch (reine) Rechtsfragen umfasst, muss der Irrtum der Parteien nach allgemeiner Ansicht das gegenwärtige Bestehen des Sachverhalts betreffen, nicht dagegen das Eintreten oder Ausbleiben künftiger Ereignisse (Senatsurteile vom 19. Februar 1986 - IVb ZR 7/85 - NJW-RR 1986, 945, 946 und vom 24. April 1985 - IVb ZR 17/84 - NJW 1985, 1835, 1836; BGH Urteile vom 13. Juni 1961 - VI ZR 215/60 - JZ 1963, 129 und vom 8. Februar 1984 - VIII ZR 254/82 - NJW 1984, 1746; BAG NZA 2000, 1097, 1101). Aus diesem Grunde kann schon ein Irrtum über die Entwicklung der künftigen Gesetzgebung nicht in den Anwendungsbereich des § 779 Abs. 1 BGB fallen (vgl. bereits RGZ 117, 306, 310); in gleicher Weise betrifft auch die unrichtige Vorstellung über den Fortbestand einer bestimmten Rechtsprechung einen Umstand, der dem Abschluss des Vergleiches erst nachfolgt und ihm schon daher nicht als feststehend zugrunde gelegt werden kann (vgl. BGHZ 58, 355, 361 f. = NJW 1972, 1577; OLG Schleswig OLGR 2000, 285, 286; vgl. auch Erman/H.-F. Müller BGB 13. Aufl. § 779 Rn. 30). An dieser Beurteilung ändert sich auch in dem Fall nichts, in dem der Fortgeltung der dem Vergleich zugrunde gelegten Rechtsprechung (erst) durch eine dem Vergleichsschluss nachfolgende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts der Boden entzogen worden ist.

b) Richtig ist ferner die Auffassung des Berufungsgerichts, dass auch die von der Beklagten erklärte Anfechtung wegen Irrtums (§ 119 BGB) nicht durchgreifen kann, weil beide Parteien der gleichen unrichtigen Vorstellung über die Fortgeltung der Senatsrechtsprechung unterlegen sind. Solche Fehlvorstellungen sind nach den zum Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) entwickelten Grundsätzen zu behandeln (vgl. BGH Urteil vom 5. Februar 1986 - VIII ZR 72/85 - NJW 1986, 1348, 1349; OLG Hamm NJW-RR 2006, 65, 66). Hiergegen erinnert auch die Revision nichts.

2. Im Weiteren hat sich das Berufungsgericht folgerichtig mit der Zulässigkeit der Anschlussberufung befasst und diese mit Recht bejaht. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Beklagte der Berufung des Klägers zulässigerweise auch unter einer Bedingung anschließen konnte. Es entspricht allgemeiner Ansicht, dass der Berufungsbeklagte die Anschließung von dem Erfolg oder Misserfolg seines Antrages auf Zurückweisung der gegnerischen Berufung oder von einem sonstigen ‚innerprozessualen' Vorgang - hier von der gerichtlichen Entscheidung über den Streit bezüglich der Wirksamkeit des Teilvergleiches - abhängig machen kann, dessen Eintritt oder Ausfall bis zur sachlichen Entscheidung über die Berufung feststeht (vgl. BGH Urteile vom 10. November 1983 - VII ZR 72/83 - NJW 1984, 1240, 1241 und vom 19. Januar 2001 - V ZR 437/99 - NJW 2001, 1127, 1131). Richtig ist es ebenfalls, dass sich der Berufungsbeklagte der Berufung auch (allein) mit dem Ziel der Erhebung einer Widerklage anschließen kann (vgl. bereits BGHZ 4, 229, 234).

3. Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht ferner erkannt, dass die Beklagte ihre Unterhaltsansprüche für die Zeit seit dem 30. Juli 2008 nicht mit einer gegen den Teilvergleich vom 2. Februar 2010 gerichteten Abänderungsklage (§ 323 Abs. 1 ZPO aF), sondern nur mit einer Leistungsklage als statthafter Klageart verfolgen konnte und das ursprüngliche Abänderungsbegehren der Beklagten in verfahrensrechtlich nicht zu beanstandender Weise (vgl. dazu Senatsurteil vom 1. Juni 1983 - IVb ZR 365/81 - FamRZ 1983, 892, 893 f.) in einen Leistungsantrag umgedeutet.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats kommt § 323 ZPO aF (bzw. nunmehr § 238 FamFG) zwar auch dann zur Anwendung, wenn ein Unterhaltsgläubiger, dessen - durch gerichtliche Entscheidung oder durch Prozessvergleich - titulierter Unterhalt nachträglich durch eine gerichtliche Abänderungsentscheidung aberkannt worden ist, in der Folgezeit erneut Unterhalt verlangt. Kommt es zu einer solchen Abänderungsentscheidung, hat das Gericht - im Rahmen der Korrektur der ursprünglichen Prognose - seinerseits die künftige Entwicklung der Verhältnisse vorausschauend zu berücksichtigen. Demgemäß beruht die abändernde Entscheidung sowohl im Falle der Reduzierung als auch beim völligen Wegfall des Unterhalts weiterhin auf einer Prognose der zukünftigen Entwicklung und stellt den Rechtszustand auch für die Zukunft fest. Das spätere Begehren auf Wiedergewährung des Unterhalts stellt daher abermals die Geltendmachung einer von der Prognose abweichenden tatsächlichen Entwicklung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse dar, für die das Gesetz das gerichtliche Abänderungsverfahren vorsieht, um die (erneute) Anpassung der Entscheidung an die veränderten Entscheidungsgrundlagen zu ermöglichen (Senatsurteile BGHZ 172, 22 = FamRZ 2007, 983 Rn. 19 und vom 30. Januar 1985 - IVb ZR 63/83 - FamRZ 1985, 376, 377).

b) Diese Rechtsprechung ist jedoch nicht auf die Fälle übertragbar, in denen dem Unterhaltsgläubiger ein titulierter Unterhalt durch einen Prozessvergleich aberkannt wird. Nach § 323 Abs. 4 ZPO aF sind die Bestimmungen über die Abänderungsklage (§ 323 Abs. 1 bis Abs. 3 ZPO aF) auf Prozessvergleiche (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder auf Schuldurkunden nach § 794 Abs. 1 Nr. 2a und Nr. 5 ZPO nur insoweit entsprechend anzuwenden, als darin künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen übernommen oder festgesetzt worden sind. § 323 Abs. 4 ZPO aF erfasst mithin gerade nicht die Fälle, in denen für die Zukunft keine Leistungspflicht festgelegt worden ist. Eine analoge Anwendung über den Wortlaut des § 323 Abs. 4 ZPO aF hinaus kommt nicht in Betracht. Denn die verfahrensrechtliche Situation nach Erlass einer rechtskräftigen Entscheidung ist mit derjenigen nach Abschluss eines Prozessvergleichs nicht vergleichbar. Auch wenn die Parteien mit der getroffenen Regelung zum Ausdruck bringen wollten, dass für die Zukunft kein Unterhaltsanspruch mehr besteht, beschränkt sich die Vereinbarung auf den materiellen Anspruch; sein Nichtbestehen ist nicht rechtskräftig festgestellt (vgl. Senatsurteil BGHZ 172, 22 = FamRZ 2007, 983 Rn. 20; OLG Hamm NJWE-FER 2000, 129).

An dieser rechtlichen Beurteilung hat sich im Übrigen durch die Reform des familiengerichtlichen Verfahrens nichts geändert. Nach § 239 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann jeder Teil die Abänderung eines Vergleiches nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO oder einer vollstreckbaren Urkunde beantragen, wenn diese eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden Leistungen enthält. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber keine vom früheren Rechtszustand abweichende Rechtslage schaffen wollen (vgl. BT-Drucks. 16/6308, S. 258), so dass nach den zu § 323 Abs. 4 ZPO aF entwickelten Grundsätzen auch unter der Geltung des neuen Verfahrensrechts keine Abänderung beantragt werden kann, wenn durch einen Prozessvergleich ein titulierter Anspruch aberkannt worden ist (vgl. Keidel/Meyer-Holz FamFG 17. Aufl. § 239 Rn. 28; Prütting/Helms/Bömelburg FamFG 2. Aufl. § 239 Rn. 12; Haußleiter/Fest FamFG § 239 Rn. 10).

4. Selbst wenn die Beklagte danach in verfahrensrechtlicher Hinsicht gehalten war, ihr Unterhaltsbegehren für den Zeitraum seit dem 30. Juli 2008 mit der Leistungsklage (§ 258 ZPO) zu verfolgen, ist der zwischen den Parteien am 2. Februar 2010 geschlossene Teilvergleich für den materiellen Unterhaltsanspruch der Beklagten weiterhin von Bedeutung. Er wirkt sich für diesen Zeitraum auf das Unterhaltsrechtsverhältnis aus, solange und soweit seine Geschäftsgrundlage nicht weggefallen ist und die Regelung deshalb einer Anpassung an die veränderten Verhältnisse unterliegt (vgl. Senatsurteil BGHZ 172, 22 = FamRZ 2007, 983 Rn. 22 ff.).

a) Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, dass der Vergleich bereits für den Zeitraum zwischen dem 30. Juli 2008 und dem 31. Januar 2011 anzupassen sei.

aa) Bei Prozessvergleichen über Dauerschuldverhältnisse kann die Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung nach allgemeiner Ansicht zwar zu Störungen vertraglicher Vereinbarungen führen, die nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Wege der Anpassung zu bereinigen sind. Für diese Fälle hat der Senat bereits mehrfach ausgesprochen, dass eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Unterhaltsrecht nur für solche Unterhaltszeiträume zu einer Anpassung des Vergleiches führen kann, die auf die Verkündung des die bisherige Rechtsprechung aufgebenden Urteils des Senats folgen. Für die Zeit davor verbleibt es bei der bisherigen Rechtslage, welche die Parteien ihrem Vergleich zugrunde gelegt haben (Senatsurteile BGHZ 148, 368 = FamRZ 2001, 1687, 1690 f. und vom 22. Januar 2003 - XII ZR 186/01 - FamRZ 2003, 518, 520). Denn der in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung beruhende Prozessvergleich stellt einen Vertrauenstatbestand für beide Parteien dar, in den eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich nicht rückwirkend zu Lasten des Unterhaltspflichtigen eingreifen darf, zumal erst sie zu einer die Vertragsanpassung rechtfertigenden Äquivalenzstörung führt (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 186/01 - FamRZ 2003, 518, 520).

bb) Die gleichen Grundsätze gelten auch dann, wenn das Bundesverfassungsgericht eine bestimmte, auf der Rechtsprechung der Fachgerichte beruhende Rechtsanwendung, die von den Parteien ihrem Vergleich zugrunde gelegt worden ist, aus verfassungsrechtlichen Gründen beanstandet. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seinem Urteil zur (Nicht-) Berücksichtigung des aus neuer Ehe herrührenden steuerlichen Splittingvorteils bei der Bemessung des an den geschiedenen Ehegatten zu leistenden Unterhalts darauf hingewiesen, dass seine Entscheidung für bereits bestehende Unterhaltstitel, die nicht Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde waren, lediglich eine auf die Zukunft beschränkte Rechtsfolgenwirkung entfaltet (BVerfG FamRZ 2003, 1821, 1825; vgl. auch Senatsurteile vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - FamRZ 2007, 882 Rn. 25 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793 Rn. 36) und in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Senatsrechtsprechung zur Anpassung von Unterhaltsvergleichen an eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung Bezug genommen (BVerfG FamRZ 2003, 1821, 1825). Eine Anpassung von vertraglichen Unterhaltsvereinbarungen, die auf der früheren Rechtsprechung des Senats zur Bedarfsermittlung durch Dreiteilung des zur Verfügung stehenden Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und beider unterhaltsberechtigten Ehegatten beruhen, kommt daher frühestens für solche Unterhaltszeiträume in Betracht, die der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Januar 2011 nachfolgen, mithin für den Zeitraum seit dem 1. Februar 2011. Richtig ist deshalb auch der Hinweis der Revisionserwiderung darauf, dass es für diese Beurteilung auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage nach den Voraussetzungen für die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit (§§ 1585 b Abs. 2, 1613 Abs. 1 BGB) nicht einmal angekommen wäre.

b) Mit Recht wendet sich die Revision indessen gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts, der Beklagten einen Unterhaltsanspruch auch für die Zeit ab dem 1. Februar 2011 zu versagen.

Richtig ist im Ausgangspunkt, dass die Anpassung einer Unterhaltsvereinbarung an veränderte Verhältnisse nicht schematisch und automatisch erfolgt, sondern nur dann, wenn dem benachteiligten Vertragsteil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann. Die in diesen Zusammenhang zu stellenden Zumutbarkeitserwägungen des Berufungsgerichts können dessen Entscheidung, die Beklagte an dem Teilvergleich vom 1. Februar 2010 und damit an der vollständigen Aberkennung des Unterhaltsanspruches festzuhalten, allerdings nicht tragen. Die Anpassung eines Unterhaltstitels an veränderte Umstände kann sowohl von dem Unterhaltspflichtigen als auch von dem Unterhaltsberechtigten verlangt werden. Der Anpassungsanspruch des Unterhaltsberechtigten würde aber weitgehend ausgehöhlt werden, wenn man ihm im Anpassungsverfahren ohne weiteres entgegenhalten könnte, er habe seine Lebensführung während der - hier nicht einmal besonders langen - Geltungsdauer der Unterhaltsvereinbarung auf das bisherige geringe Unterhaltsniveau oder sogar auf das Ausbleiben von Unterhaltszahlungen einrichten können. Auch der Hinweis des Berufungsgerichts auf die ‚relativ geringe' Höhe des sich nunmehr zugunsten der Beklagten ergebenden Unterhaltsanspruches vermag insoweit nicht zu überzeugen, zumal sich das Berufungsgericht damit auch in Widerspruch zu seinen eigenen Ausführungen betreffend die vorherigen Unterhaltszeiträume setzt. Seine Entscheidung, der Beklagten den zur Höhe von monatlich 138 € errechneten Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen für den Zeitraum bis zum 29. Juli 2008 zu gewähren, hat das Berufungsgericht insbesondere damit begründet, dass die finanziellen Verhältnisse der Beklagten keineswegs so günstig gestaltet seien, dass der Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs keine spürbaren Auswirkungen auf ihren Lebensstandard hätte. Dann ist es nicht nachvollziehbar, warum bei einem Wegfall des Unterhaltsanspruches im Jahre 2011 insoweit eine abweichende Beurteilung geboten sein sollte, zumal das Berufungsgericht selbst davon ausgeht, dass sich für den Unterhaltszeitraum seit Februar 2011 für die Beklagte rechnerisch ein Unterhaltsanspruch in vergleichbarer Höhe ergeben würde.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen auch nicht deshalb als richtig, weil die im Rahmen der Anpassung des Prozessvergleiches zu berücksichtigenden Maßstäbe des § 1578 b BGB eine Begrenzung des Unterhalts geboten hätten.

aa) Zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen, dass bei einem Altersrentner rechtlich erhebliche ehebedingte Nachteile nicht mit den durch die Unterbrechung oder die Aufgabe der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden können, wenn für diese Zeit ein V e r s o r g u n g s a u s g l e i c h s t a t t g e f u n d e n hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen (grundlegend Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 43). Einen Sachverhalt, der eine Ausnahme von dieser Regel rechtfertigen könnte (vgl. etwa Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 25: Versorgungsausgleich erfasst nur einen Teil der Ehezeit) hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und die Beklagte nicht geltend gemacht.

bb) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht allerdings in der Beurteilung, dass die Voraussetzungen für eine Begrenzung des Unterhaltsanspruches schon deshalb gegeben seien, weil aufseiten der Beklagten keine fortwirkenden ehebedingten Nachteile vorlägen und allein der langen Ehedauer keine entscheidende Bedeutung mehr beizumessen sei. Damit trägt das Berufungsgericht dem Umstand, dass § 1578 b BGB nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile beschränkt ist, sondern auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität erfasst, nicht hinreichend Rechnung.

(1) Der Senat hat mehrfach betont, dass auch dann, wenn keine ehebedingten Nachteile feststellbar sind, eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet ist. Es ist Aufgabe des Tatrichters, bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen. In solchen Fällen, in denen die fortwirkende nacheheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, gewinnt die Ehedauer durch die wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch den Verzicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder wegen der Haushaltsführung eingetreten ist. Schon dieser Gesichtspunkt kann in Fällen, in denen keine ehebedingten Nachteile vorliegen, aus Billigkeitsgründen gegen eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts sprechen (vgl. Senatsurteile vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 48 und vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 33).

(2) Die vorgenannten, von der Rechtsprechung des Senats entwickelten Grundsätze erfahren auch durch die am 1. März 2013 in Kraft getretene Neufassung des § 1578 b Abs. 1 BGB (vgl. Art. 3 und Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Durchführung des Haager Übereinkommens vom 23. November 2007 über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen sowie zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des internationalen Unterhaltsverfahrensrechts und des materiellen Unterhaltsrechts vom 20. Februar 2013, BGBl. I S. 273) keine grundlegenden Änderungen.

Nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB ist nunmehr das Tatbestandsmerkmal der Ehedauer als weiterer konkret benannter Billigkeitsmaßstab neben das Bestehen ehebedingter Nachteile getreten. Demgegenüber ist der Begriff der ‚Dauer der Ehe' bei der beispielhaften Aufzählung der Gründe für das Entstehen ehebedingter Nachteile (§ 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB) gestrichen worden, da es einer zusätzlichen Erwähnung der Ehedauer in diesem Zusammenhang nicht mehr bedurfte. In der Gesetzesbegründung wird dazu ausdrücklich hervorgehoben, dass die tatbestandliche Neufassung des § 1578 b Abs. 1 BGB eine (lediglich) klarstellende Funktion erfüllt, um einer - dem Willen des Gesetzgebers der Unterhaltsrechtsreform 2008 nicht entsprechenden und auch vom Bundesgerichtshof missbilligten - Praxis entgegenzuwirken, beim Fehlen ehebedingter Nachteile automatisch zu einer Begrenzung des Unterhaltsanspruches zu gelangen, ohne bei der Billigkeitsabwägung die sonstigen Umstände des Einzelfalls, darunter insbesondere die lange Ehedauer, zu berücksichtigen (BT-Drucks. 17/11885 S. 5 f.). Aus der Begründung des Gesetzes ergibt sich demgegenüber nicht, dass dem Begriff der ‚Dauer der Ehe' durch die Aufnahme als selbständiges Billigkeitskriterium in § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB ein anderer Inhalt hätte verliehen werden sollen und der Gesetzgeber den Begriff der Ehedauer abweichend von der - in der Gesetzesbegründung ausdrücklich in Bezug genommenen - Senatsrechtsprechung zur Berücksichtigung der Ehedauer im Rahmen der nachehelichen Solidarität interpretieren wollte (ebenso Borth FamRZ 2013, 165, 167). Es bleibt daher dabei, dass die Ehedauer ihren wesentlichen Stellenwert bei der Bestimmung des Maßes der gebotenen nacheheliche Solidarität aus der Wechselwirkung mit der in der Ehe einvernehmlich praktizierten Rollenverteilung und der darauf beruhenden Verflechtung der wirtschaftlichen Verhältnisse gewinnt (vgl. auch Born NJW 2013, 561, 562). Weiterhin rechtfertigt eine lange Ehedauer für sich genommen insbesondere dann keinen fortdauernden Unterhalt nach den - die eigene Lebensstellung übersteigenden - ehelichen Lebensverhältnissen, wenn beide Ehegatten während der Ehe vollschichtig berufstätig waren und die Einkommensdifferenz lediglich auf ein unterschiedliches Qualifikationsniveau zurückzuführen ist, das bereits zu Beginn der Ehe vorlag (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 21).

cc) Nach diesen Maßstäben kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben.

Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1578 b BGB wird der Ehedauer im vorliegenden Fall ein erhebliches Gewicht beizumessen sein, weil sich die Beklagte während der mehr als dreiunddreißig Jahre währenden Ehezeit nach Lage der Dinge allein um die Führung des Haushalts und um die Betreuung der beiden Kinder gekümmert haben dürfte. Andererseits folgt selbst aus dem Umstand, dass eine Hausfrauenehe von (sehr) langer Dauer geführt worden ist, noch nicht zwangsläufig, dass die mit einer Herabsetzung oder Befristung verbundene Absenkung des Lebensniveaus des Unterhaltsberechtigten stets unterbleiben müsste. Vielmehr sind im Rahmen der Billigkeitsabwägung auch alle weiteren Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen. Insbesondere hat der Tatrichter zu ermitteln, wie dringend der Unterhaltsberechtigte neben seinen eigenen Einkünften auf die Zahlung von Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige - auch unter Berücksichtigung weiterer, gegebenenfalls nachrangiger Unterhaltspflichten - durch diese Unterhaltszahlungen belastet wird (Senatsurteil vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 24); dabei wird insbesondere die Belastung des Unterhaltsschuldners durch die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten mit zunehmender Dauer der Zweitehe an Gewicht gewinnen. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts lassen eine solche umfassende Billigkeitsabwägung nicht zu, weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - insbesondere zu den Einkommensverhältnissen der Parteien im Unterhaltszeitraum seit dem 1. Februar 2011 und zur Unterhaltsbedürftigkeit der zweiten Ehefrau des Klägers keine Feststellungen getroffen hat.

III. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die von einem Hauseigentümer zu tragenden verbrauchsunabhängigen Kosten grundsätzlich nur dann von seinem Wohnvorteil abgezogen werden können, wenn es sich bei ihnen um nicht umlagefähige Betriebskosten im Sinne von § 556 Abs. 1 BGB, §§ 1, 2 BetrKV handelt (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 29 ff.). ..."

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Zur sekundären Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten hinsichtlich ehebedingter Nachteile (hier: ehebedingte Übersiedlung einer Diplomingenieurin für Postbetrieb und Ökonomie von Tschechien nach Deutschland). Beruft sich der Unterhaltsberechtigte für seinen hypothetischen beruflichen Werdegang ohne die Ehe auf eine regelmäßige, vorwiegend von der Berufserfahrung abhängige Entwicklung im vor der Eheschließung erlernten Beruf, so trifft ihn im Gegensatz zu einem behaupteten beruflichen Aufstieg keine erweiterte Darlegungspflicht (im Anschluss an Senatsurteile vom 20. Oktober 2010, XII ZR 53/09, FamRZ 2010, 2059 und vom 4. August 2010, XII ZR 7/09, FamRZ 2010, 1633; BGH, Urteil vom 20.03.2013 - XII ZR 120/11):

„... Das Berufungsgericht hat zu Recht von einer weiteren Herabsetzung sowie einer Befristung des Unterhalts (hier: Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB) abgesehen.

Nach § 1578 b Abs. 1 BGB in der seit 1. März 2013 geltenden Fassung ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre.

1. Ehebedingte Nachteile in diesem Sinne können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats begründen allerdings eine Arbeitsplatzaufgabe oder ein Arbeitsplatzwechsel keinen ehebedingten Nachteil, wenn sie geraume Zeit vor der Eheschließung erfolgt sind (vgl. Senatsurteile vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776 Rn. 19 und vom 20. Februar 2013 - XII ZR 148/10 - zur Veröffentlichung bestimmt jeweils mwN). Ein ehebedingter Nachteil kann sich dann aber aus der Fortsetzung der Rollenverteilung in der Ehe und dem damit verbundenen Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit ergeben (vgl. Senatsurteile vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776 Rn. 19 und vom 20. Februar 2013 - XII ZR 148/10 - zur Veröffentlichung bestimmt jeweils mwN).

Das Berufungsgericht hat seine - in den Entscheidungsgründen enthaltene - tatbestandliche Feststellung, dass die Ehefrau ihre Erwerbstätigkeit aufgrund der Beziehung zum Ehemann aufgegeben habe, im Wege der Tatbestandsberichtigung dahin korrigiert, dass der Zeitpunkt, zu dem die Ehefrau ihre Tätigkeit im Jahr 1993 aufgab, zwischen den Parteien streitig sei. Es ist aber dessen ungeachtet davon ausgegangen, dass die Ehefrau nach der Eheschließung von einer weiteren Erwerbstätigkeit wegen der von ihr in der Ehe übernommenen Hausfrauenrolle absah. Dem entspricht seine Annahme, dass die Ehefrau ohne die Eheschließung weiterhin in Tschechien geblieben und dort erwerbstätig gewesen wäre. Diese Feststellungen werden, was die Erwerbstätigkeit als solche angeht, von der Revision nicht in Frage gestellt.

b) Hinsichtlich der Frage, mit welcher Qualifikation die Ehefrau ohne die Eheschließung gearbeitet hätte und heute arbeiten würde, ist das Berufungsgericht dem Vortrag der Ehefrau gefolgt, dass sie bei ununterbrochener Erwerbsbiografie in Tschechien als Finanzbuchhalterin mit Hochschulabschluss nunmehr ein (Brutto-)Einkommen von monatlich bis zu 50.000 Tschechische Kronen (CZK; umgerechnet 1.956 €) erzielen könnte. Dass das Berufungsgericht nicht den anderslautenden Vortrag des Ehemanns zugrunde gelegt hat, wonach die Ehefrau weiterhin als Schwarzarbeiterin in undurchschaubaren Arbeitsverhältnissen gearbeitet hätte und heute keinerlei Berufserfahrung vorweisen könnte, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist im Rahmen der Herabsetzung und Befristung des Unterhalts der

- Unterhaltspflichtige für die Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet, die für eine Begrenzung sprechen.
- Hinsichtlich der Tatsache, dass ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind, trifft den Unterhaltsberechtigten aber nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen eine sogenannte sekundäre Darlegungslast
.
- Der Unterhaltsberechtigte muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und
- seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen.
- Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt,
- müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden


(Senatsurteile BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 18 ff.; vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 24; vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 - FamRZ 2012, 93 Rn. 22 ff. und vom 11. Juli 2012 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 40; Senatsbeschluss vom 13. März 2013 - XII ZB 650/11 - zur Veröffentlichung bestimmt).

Damit dürfte zwar nicht übereinstimmen, dass das Berufungsgericht die Ehefrau offenbar als beweisbelastet angesehen hat. In der Sache entsprechen die vom Berufungsgericht angestellten Überlegungen aber den vom Senat aufgestellten Grundsätzen.

Aufgrund der gegebenen Sachlage ist der Vortrag der Ehefrau, sie hätte ohne die Eheschließung als Finanzbuchhalterin gearbeitet, als ausreichend substantiiert zu betrachten. Die vor der Eheschließung von ihr zuletzt ausgeübte Schwarzarbeit steht dem nicht entgegen und macht ihren Prozessvortrag nicht widersprüchlich. Denn zum einen wurde diese Tätigkeit nach ihrem Vorbringen besser bezahlt als die vorangegangene Beschäftigung bei der Tschechischen Telekom. Zum anderen war die Ehefrau ebenfalls in der Buchhaltung tätig, sie arbeitete also weder fachfremd noch ohne weiteres unterhalb der von ihr erworbenen beruflichen Qualifikation. Demnach ist auch nicht ausschlaggebend, dass die Ehefrau ihre Tätigkeit bei der Tschechischen Telekom aufgegeben hatte, weil sie dort zunächst keine Aufstiegsmöglichkeiten gesehen hatte.

Schon aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts zur Bedürftigkeit (vgl. Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 25 mwN und Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 229/11 - FamRZ 2013, 109 Rn. 35) ist davon auszugehen, dass die Ehefrau in Deutschland keine ihrer beruflichen Qualifikation entsprechende Stelle finden kann. Dass das Berufungsgericht zudem keine Obliegenheit der Ehefrau angenommen hat, in ihr Heimatland zurückzukehren, bewegt sich im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung und steht mit der Senatsrechtsprechung im Einklang (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2013 - XII ZR 39/10 - FamRZ 2013, 534 Rn. 26). Demnach ist vom Bestehen ehebedingter Nachteile auszugehen.

bb) Um einen ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs bemisst sich dabei regelmäßig nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Haushaltsführung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte, wobei eine Schätzung entsprechend § 287 ZPO bei ausreichenden Grundlagen zulässig ist (vgl. zuletzt Senatsurteile vom 11. Juli 2012 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 43 mwN und vom 20. Februar 2013 - XII ZR 148/10 - zur Veröffentlichung bestimmt).

Das Berufungsgericht hat ein ohne ehebedingte Nachteile erzielbares Monatseinkommen von 1.956 € brutto zugrunde gelegt. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch.

Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Ehefrau ohne die Eheschließung heute in Tschechien eine Arbeitsstelle als Finanzbuchhalterin mit Berufserfahrung innehaben könnte, entspricht den nach der Senatsrechtsprechung geltenden Maßstäben. Die Ehefrau hat das erzielbare Einkommen mit Hilfe einer Stellenanzeige näher substantiiert. Da die Ehefrau über einen Hochschulabschluss verfügt, es sich um eine in ihr Berufsfeld fallende Tätigkeit handelt und die Höhe des Arbeitslohns nicht von einem vorausgegangenen beruflichen Aufstieg, sondern nur von einer entsprechenden Berufserfahrung abhängig ist (zur Abgrenzung vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 31 ff. und vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 39), ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht einen weiteren Vortrag der Ehefrau nicht für erforderlich gehalten hat. Denn unter diesen Umständen sind die mit der Widerlegung einer negativen Tatsache verbundenen spezifischen Schwierigkeiten ausgeräumt und ist die den Ehemann treffende Beweislast nicht mit überzogenen Anforderungen verbunden. Auf ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen konnte dieser sich demnach nicht mehr beschränken.

Eine exakte Feststellung des hypothetisch erzielbaren Einkommens des Unterhaltsberechtigten ist bei feststehenden Nachteilen schließlich nicht notwendig. Die Tatsachengerichte können sich vielmehr insoweit bei geeigneter Grundlage einer Schätzung entsprechend § 287 ZPO bedienen. Für die Billigkeitsbetrachtung wird es dann in der Regel genügen, wenn das ungefähre Ausmaß der Einbuße feststeht (Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 39), was im vorliegenden Fall aufgrund der bereits genannten Rahmenbedingungen gegeben ist.

cc) Das Berufungsgericht hat das Bruttoeinkommen unter Berücksichtigung der Kaufgeldparität auf die Verhältnisse in Deutschland umgerechnet (2.250 €) und sodann das Nettoeinkommen aufgrund der Steuerklasse 1 auf rund 1.450 € berechnet. Das wird von der Revision nicht angegriffen und ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Der Ausgangspunkt, dass das vom unterhaltsberechtigten Ehegatten in seinem Heimatland hypothetisch erzielbare Einkommen im Hinblick auf Kaufkraftunterschiede an das deutsche Preisniveau anzupassen ist, entspricht der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 16. Januar 2013 - XII ZR 39/10 - FamRZ 2013, 534 Rn. 24). Dass das Berufungsgericht das Bruttoeinkommen auf der Grundlage des deutschen Steuer- und Sozialversicherungsrechts in ein Nettoeinkommen umgerechnet hat, ist demgegenüber zwar nicht folgerichtig, weil es auch insoweit auf die Verhältnisse in Tschechien ankommt. Die Revision macht aber nicht geltend, dass eine Berechnung nach den entsprechenden Vorschriften in Tschechien zu einem niedrigeren Nettoeinkommen geführt hätte.

Demnach ist auch die konkrete Bemessung des am ehebedingten Nachteil orientierten angemessenen Lebensbedarfs im Sinne von § 1578 b Abs. 1 BGB nicht zu beanstanden, auf den das Berufungsgericht den Unterhalt ab März 2013 herabgesetzt hat.

2. Aus weiteren Billigkeitsaspekten, die aus der nachehelichen Solidarität folgen, ergibt sich nicht die Notwendigkeit einer früheren Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB oder einer Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB.

Dass das Berufungsgericht die Ehedauer nur bis zur Trennung statt bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 35 mwN) berechnet hat, kann sich nicht zum Nachteil des Antragstellers als Revisionskläger ausgewirkt haben. Die stärkere Betonung der Ehedauer in der seit 1. März 2013 geltenden Neufassung von § 1578 b Abs. 1 BGB dient nach der Gesetzesbegründung der Klarstellung und soll jedenfalls keine wesentliche Änderung des nach der Senatsrechtsprechung bestehenden Rechtszustands bewirken (vgl. BT-Drucks. 17/11885 S. 6; Senatsurteil vom 20. März 2013 - XII ZR 72/11 - zur Veröffentlichung bestimmt; Borth FamRZ 2013, 165, 167; Born NJW 2013, 561). Sie könnte sich überdies aber auch nicht zu Gunsten des Ehemannes - als Revisionskläger - auswirken, weil das Berufungsgericht der Ehedauer im Gegensatz zu den ehebedingten Nachteilen im Hinblick auf eine längere Fortdauer der - ungeschmälerten - Unterhaltspflicht ersichtlich kein wesentliches Gewicht beigemessen hat. ..."

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Ein ehebedingter Nachteil im Sinne des § 1578b BGB liegt nicht nur vor, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingt von der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit absieht oder eine bereits ausgeübte Erwerbstätigkeit aufgibt, sondern auch dann, wenn er ehebedingt seinen Arbeitsplatz wechselt und dadurch Nachteile erleidet ( BGH, Beschluss vom 13. 03.2013 - XII ZB 650/11):

„... Bereits nach den insoweit getroffenen Feststellungen kann nicht von einem Beschäftigungswechsel ausgegangen werden, dem allein eine von der Antragsgegnerin persönlich beschlossene berufliche Neuorientierung zugrunde lag. Dem Vorliegen eines damit einhergehenden ehebedingten Nachteils steht auch nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin nach dem Arbeitsplatzwechsel weiterhin Vollzeit beschäftigt war, also nicht ganz oder teilweise in eine Hausfrauenrolle gewechselt ist. Denn unter Berücksichtigung ihres - vom Antragsteller nicht widerlegten - Vortrages ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin ihre Erwerbstätigkeit umgestaltet hat, um die Tochter besser betreuen zu können. Die aus einer solchen Fallkonstellation entstehenden Erwerbsnachteile fallen ebenso unter den Schutz des § 1578 b BGB wie die durch eine Arbeitsplatzaufgabe bedingten. Denn in beiden Fällen sind die Nachteile letztlich der Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse geschuldet.

Schließlich ist das Beschwerdegericht zu Recht davon ausgegangen, dass es auf die Behauptung des Antragstellers, er sei mit der Entscheidung zum Arbeitsplatzwechsel nicht einverstanden gewesen, nicht ankomme (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 2011 - XII ZR 108/09 - FamRZ 2011, 628 Rn. 20 mwN).

(2) Die Annahme des Beschwerdegerichts, wonach die Antragsgegnerin ohne ehebedingten Nachteil den gleichen Arbeitsplatz wie der Antragsteller hätte besetzen, jedenfalls aber ein Einkommen hätte erwirtschaften können, wie es ihrem eheangemessenen Bedarf von 2.160 € netto entspreche, ist ebenfalls von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

Nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen haben die Beteiligten, die bis zum Arbeitsplatzwechsel der Antragsgegnerin im selben Kraftwerk gearbeitet haben, über dieselbe Ausbildung verfügt und in der Frühphase der Ehe erhebliche Anstrengungen unternommen, um sich beruflich fortzuentwickeln. Ausweislich der - vom Oberlandesgericht in Bezug genommenen - Feststellungen des Amtsgerichts hat die Antragsgegnerin "zu DDR-Zeiten" bis zur Aufgabe ihres Arbeitsplatzes Ende Februar 1990 ein gleich hohes, zeitweise sogar höheres Einkommen erzielt als der Antragsteller. Nach den weiteren Feststellungen des Beschwerdegerichts hatte sich die Antragsgegnerin seinerzeit ständig fortgebildet und ist entsprechend befördert worden. Wenn das Beschwerdegericht bei dieser Sachlage das aktuelle Einkommen des Antragstellers, der noch immer in dem Kraftwerk arbeitet, im Ergebnis unter dem Gesichtspunkt eines vergleichbaren Karriereverlaufs als Maßstab heranzieht, ist dies von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Hinzu kommt, dass sich der Bedarf der Antragsgegnerin nach § 1578 BGB lediglich auf 2.160 € beläuft und damit deutlich niedriger ist, als das vom Antragsteller bezogene Nettoeinkommen von weit über 3.000 €.

(3) Ebenso wenig ist etwas dagegen zu erinnern, dass das Beschwerdegericht bei seiner Entscheidung zusätzlich die lange Dauer der Ehe von 25 Jahren berücksichtigt hat (vgl. § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aF und § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB in der seit 1. März 2013 geltenden Fassung).

cc) Es ist schließlich auch folgerichtig, dass das Beschwerdegericht auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen eine Herabsetzung des Unterhalts gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB abgelehnt hat.

Zu Recht hat das Oberlandesgericht ausgeführt, dass gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB der Unterhalt nur bis zum angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt werden kann. Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b Abs. 1 BGB die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhaltes bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Deswegen ist Voraussetzung für eine Herabsetzung, dass der eheangemessene Bedarf nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB den angemessenen Lebensbedarf gemäß § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB übersteigt. Nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Beschwerdegerichts ist das hier jedoch nicht der Fall. Vielmehr entspricht der angemessene Lebensbedarf hier auch (mindestens) dem eheangemessenen Lebensbedarf, so dass kein Raum für eine Herabsetzung nach § 1578 b Abs. 1 BGB bleibt...."

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Die geraume Zeit vor Eheschließung aufgenommene Betreuung eines gemeinsamen Kindes und eine damit verbundene Aufgabe des Arbeitsplatzes begründen keinen ehebedingten Nachteil. Ein ehebedingter Nachteil kann sich allerdings aus der Fortsetzung der Kinderbetreuung nach der Eheschließung ergeben, soweit ein Ehegatte mit Rücksicht auf die eheliche Rollenverteilung und die Kinderbetreuung während der Ehe auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verzichtet. Demgegenüber haben Erwerbsnachteile, die bei dem betreuenden Elternteil bereits infolge der Geburt des Kindes oder durch die in der Zeit vorehelicher Kinderbetreuung getroffenen beruflichen Dispositionen endgültig eingetreten sind und nicht mehr ausgeglichen werden können, weiterhin keine ehebedingten Ursachen (Fortführung des Senatsurteils vom 7. März 2012, XII ZR 25/10, FamRZ 2012, 776; BGH, Urteil vom 20.02.2013 - XII ZR 148/10):

„... Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt - hier der vom Berufungsgericht zugesprochene Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) - ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

1. Die geraume Zeit vor Eheschließung (hier: rund zweieinhalb Jahre) aufgenommene Betreuung eines gemeinsamen Kindes kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keinen "ehebedingten" Erwerbsnachteil begründen.

Die gesetzliche Regelung stellt in § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB darauf ab, inwiefern "durch die Ehe" Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Auch die Nachteile gemäß § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB, die infolge der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes entstanden sind, beziehen sich auf "solche Nachteile", d.h. durch die Ehe entstandene Nachteile und zudem auf die Kindererziehung "während der Ehe". Auch wenn damit nicht ausgeschlossen ist, dass noch durch die nacheheliche Kinderbetreuung Nachteile entstehen oder vergrößert werden können, ist jedenfalls eine über einen längeren Zeitraum praktizierte voreheliche Kinderbetreuung davon nicht erfasst (Senatsurteil vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776 Rn. 19). Ebenso wenig vermögen die längere Zeit vor der Eheschließung getroffenen beruflichen Dispositionen des späteren Ehegatten für ihn einen ehebedingten Nachteil zu begründen, und zwar auch dann nicht, wenn diese unmittelbar durch das voreheliche Zusammenleben veranlasst worden waren (vgl. Senatsurteile vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 25 und vom 2. Februar 2011 - XII ZR 11/09 - FamRZ 2011, 1377 Rn. 20).

Damit steht im Einklang, dass allein das Zusammenleben in nichtehelicher Lebensgemeinschaft vor der Eheschließung keine rechtlich gesicherte Position begründet. Ein Unterhaltsanspruch gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB beruht allein auf der Betreuung gemeinsamer Kinder, während ein über die Kindesbetreuung hinausgehender Unterhalt selbst dann nicht geschuldet ist, wenn dem Elternteil durch die Betreuung bleibende Nachteile entstanden sind. Die spätere Eheschließung wirkt nicht auf die Zeit des vorherigen Zusammenlebens und der Betreuung gemeinschaftlicher Kinder zurück (Senatsurteil vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776 Rn. 20). Anders als das Berufungsgericht meint, kann die Eheschließung deshalb auch keine rückwirkende Haftung für solche auf der Kinderbetreuung beruhenden Erwerbsnachteile begründen, die dem betreuenden Elternteil im Zeitpunkt der Eheschließung bereits entstanden waren.

Richtig ist allerdings, dass sich ein ehebedingter Nachteil aus der Fortsetzung der Kinderbetreuung nach der Eheschließung ergeben kann, wenn und soweit ein Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene oder fortgeführte Rollenverteilung auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet. Ein Nachteil entsteht dem Ehegatten in diesem Fall, wenn er bei Eheschließung aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe keine (weitergehende) Erwerbstätigkeit aufnimmt und ihm dadurch eine dauerhafte Einkommenseinbuße entsteht (vgl. Senatsurteil vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776 Rn. 21). Demgegenüber bleibt es allerdings dabei, dass solche Erwerbsnachteile, die bei dem betreuenden Elternteil bereits infolge der vorehelichen Geburt des Kindes oder durch die in der Zeit vorehelicher Kinderbetreuung getroffenen beruflichen Dispositionen endgültig eingetreten sind und nicht mehr ausgeglichen werden können, keine ehebedingten Ursachen haben.

2. Dieser Rechtsirrtum ergreift die weitergehenden Erwägungen des Berufungsgerichts zur Höhe eines bei der Ehefrau entstandenen ehebedingten Nachteils.

Um einen ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. bei Ausschöpfung seiner Erwerbsmöglichkeiten nach §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs bemisst sich dabei regelmäßig nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dieses Einkommen hat das Berufungsgericht mit mindestens 1.900 € (brutto) bemessen, was sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen allerdings nicht als tragfähig erweist.

a) Bei seinen Erwägungen zum Verlauf einer hypothetischen Erwerbsbiographie der Ehefrau konnte das Berufungsgericht schon im gedanklichen Ausgangspunkt nicht - wie geschehen - an die Überlegung anknüpfen, dass die Ehefrau ohne die Geburt des gemeinsamen Sohnes im Jahre 1991 ihren Arbeitsplatz als Bahnfacharbeiterin bei der Deutschen Reichsbahn nicht aufgegeben und voraussichtlich weiter durchgehend in ihrem erlernten Beruf beschäftigt gewesen wäre. Denn die Kündigung des Arbeitsplatzes im Jahre 1991 beruhte aus den oben dargestellten Gründen weder auf der Ehe noch auf der Kinderbetreuung während der Ehe.

Nicht zutreffend sind im Übrigen die Feststellungen des Berufungsgerichts zu den von der Ehefrau vor der Geburt des Kindes im Jahre 1991 erzielten Erwerbseinkünften als Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn. Soweit das Berufungsgericht der von der DRV Knappschaft-Bahn-See für die Ehefrau erteilten Versorgungsauskunft vom 25. August 2006 entnehmen will, dass diese im Zeitraum zwischen dem 1. Juli 1990 (Inkrafttreten des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion) und dem 31. Dezember 1990 ein gesamtes Bruttoeinkommen von 20.813 DM erzielt habe, liegt diesem Betrag kein tatsächlich erzielter Arbeitsverdienst in gleicher Höhe zugrunde. Vielmehr handelt es sich bei diesem Wert um eine Rechengröße, welche die Ermittlung von Entgeltpunkten für die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten nach Maßgabe der Sondervorschrift des § 256 a Abs. 1 Satz 1 SGB VI ermöglichen soll. Für diese Berechnung (sog. Hochwertung) wird der Betrag, der nach § 256 a Abs. 2 und Abs. 3 SGB VI rentenrechtlich als Verdienst des Versicherten behandelt wird, mit dem sich für den maßgeblichen Zeitraum aus Anlage 10 zum SGB VI ergebenden Faktor (hier: 2,3473) multipliziert. Daher dürfte die Ehefrau unmittelbar vor der Aufgabe ihres Arbeitsplatzes bei der Deutschen Reichsbahn im Jahre 1991 tatsächlich nicht das vom Berufungsgericht angenommene monatliche Bruttoeinkommen in Höhe von 3.468 DM oder 1.774 €, sondern einen deutlich darunter liegenden Verdienst erzielt haben.

b) Abzustellen war vielmehr auf die konkreten Erwerbsmöglichkeiten, die sich der Ehefrau nach rund zweieinhalbjähriger Arbeitslosigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung im September 1993 geboten hätten, weil ihr Verzicht auf die Wiederaufnahme einer eigenen Erwerbstätigkeit erst von diesem Zeitpunkt an (auch) auf die eheliche Rollenverteilung und damit auf eine ehebedingte Ursache zurückzuführen war. Hierzu lassen sich der Entscheidung des Berufungsgerichts keine hinreichenden Feststellungen entnehmen.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (grundlegend Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 18 ff.) trifft den Unterhaltsberechtigten im Rahmen von § 1578 b BGB eine sekundäre Darlegungslast, die zum Inhalt hat, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substanziiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.

Der Ehemann hat in diesem Zusammenhang geltend gemacht, dass die ursprünglich von der Ehefrau bei der Deutschen Reichsbahn bis zum Jahre 1991 ausgeübte Tätigkeit der Bahnhofsaufsicht infolge der Strukturänderungen bei der Bahn weitgehend weggefallen sei und sich im erlernten Beruf für die Ehefrau angesichts ihrer Vorbildung nur noch solche Beschäftigungsmöglichkeiten (Kundenbetreuerin im Regionalverkehr) geboten hätten, mit denen ein höheres Einkommen als im tatsächlich ausgeübten Pflegeberuf nicht erzielt werden könne. Angesichts dieses Vorbringens oblag es der Ehefrau, einerseits darzulegen, dass - aus der Sicht des Jahres 1993 - für sie noch eine reale Möglichkeit zur Rückkehr in ihren erlernten Beruf bestanden habe und andererseits substanziiert dazu vorzutragen, welche beruflichen Entwicklungs- und Verdienstmöglichkeiten sich dort für sie ergeben hätten.

bb) Die von dem Berufungsgericht in diesem Zusammenhang angestellten Plausibilitätsüberlegungen auf der Grundlage eines Vergleiches mit der Einkommensentwicklung aufseiten des Ehemannes vermögen einen substanziierten Vortrag zu den konkreten beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten der Ehefrau nicht zu ersetzen. Zwar kann sich der Unterhaltsberechtigte im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch des Hinweises auf vergleichbare Karriereverläufe bedienen, um sein Vorbringen zu den seinerzeit vorhandenen beruflichen Entwicklungschancen plausibel zu machen (Senatsurteile vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 - FamRZ 2012, 93 Rn. 24 und vom 11. Juli 2012 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 41), was aber schon im Ausgangspunkt voraussetzt, dass die Erwerbsbiographien der Vergleichspersonen überhaupt genügend Berührungspunkte aufweisen (vgl. Senatsurteil vom 11. Juli 2012 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 41). Davon ist unter den obwaltenden Umständen schon deshalb nicht auszugehen, weil der Ehemann (Lokführer) und die Ehefrau (Bahnhofsaufsicht) schon bei der Deutschen Reichsbahn in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen beschäftigt waren und die berufliche Laufbahn der Ehefrau bei der Bahn durch die - nicht als ehebedingt anzusehende - Aufgabe des Arbeitsplatzes im Jahr 1991 und die daran anschließende Arbeitslosigkeit für mehrere Jahre unterbrochen war.

cc) Bei der Entwicklung einer hypothetischen Erwerbsbiographie wird das Berufungsgericht in tatrichterlicher Verantwortung auch darüber zu befinden haben, ob die von der Ehefrau absolvierte zweijährige Umschulung zur Familienpflegerin angesichts der Erwerbsaussichten der Ehefrau im Zeitpunkt bei Eheschließung auch unabhängig von ehelicher Rollenverteilung und Kinderbetreuung durchlaufen worden wäre, wenn sich dazu die Gelegenheit geboten hätte. Die Bewilligung einer öffentlich geförderten Umschulungsmaßnahme durch die Arbeitsverwaltung wird als Indiz dafür auszuwerten sein, dass die Umschulung für die Ehefrau sowohl im Hinblick auf die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt als auch im Hinblick auf ihre individuellen Verhältnisse jedenfalls kurze Zeit nach Eheschließung im Jahre 1995 sinnvoll gewesen sein muss, um ihr bessere Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu vermitteln. Zudem hat der Ehemann geltend gemacht, dass die Hinwendung zu einem pflegerischen Beruf den Neigungen der Ehefrau entsprochen habe und in diesem Zusammenhang geltend gemacht, dass die Ehefrau schon in den 1980er Jahren in der ehemaligen DDR für mehrere Jahre den Bahnberuf aufgegeben hatte, um in einem Kreispflegeheim zu arbeiten. Freilich würde der Umstand, dass die Ehefrau ohne die in der Ehe übernommene Rollenverteilung eine Umschulung absolviert hätte und anschließend im pflegerischen Bereich tätig geworden wäre, das Vorhandensein solcher, an entgangene Verdienstmöglichkeiten im Umschulungsberuf anknüpfender ehebedingter Nachteile nicht ausschließen. Auch hierzu fehlt es allerdings bislang an einem hinreichend substanziierten Vortrag der Ehefrau.

3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, den Unterhaltsanspruch der Ehefrau nach § 1578 b BGB weder herabzusetzen noch zu befristen, erweist sich nach dem bisherigen Streitstand auch nicht aus anderen Gründen als richtig.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass auch dann, wenn keine ehebedingten Nachteile feststellbar sind, eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts insoweit ausscheidet, als das Maß der von dem Unterhaltspflichtigen geschuldeten nachehelichen Solidarität einen fortdauernden Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Bei der insoweit gebotenen Abwägung sind insbesondere die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB genannten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 30. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 16 und vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 22). Nach diesen Maßstäben stehen die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts - auch unter Berücksichtigung der rund dreizehnjährigen Ehedauer und der von der Ehefrau erbrachten Betreuungsleistungen für das gemeinsame Kind - der Annahme nicht entgegen, dass ein unbefristet fortdauernder Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig erscheinen könnte. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die vom Berufungsgericht festgestellten Einkommensverhältnisse der Parteien, weil die Ehefrau aus eigenen Einkünften auch ohne Unterhaltszahlungen des Ehemannes einen über ihrem Mindestbedarf liegenden Lebensbedarf sicherzustellen vermag und die Einkommensverhältnisse des Ehemannes bestenfalls durchschnittlich sind. ..."

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Wird ein aus dem Ausland stammender Ehegatte im Zusammenhang mit seiner Eheschließung in Deutschland ansässig und hätte er ohne die Ehe sein Heimatland nicht verlassen, bestimmt sich sein angemessener Lebensbedarf im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB nach den Erwerbs- und Verdienstmöglichkeiten, die sich ihm bei einem Verbleib in seinem Heimatland geboten hätten. Das von dem ausländischen Ehegatten in seinem Heimatland hypothetisch erzielbare Einkommen ist gegebenenfalls im Hinblick auf Kaufkraftunterschiede an das deutsche Preisniveau anzupassen. Der angemessene Lebensbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten kann auch in diesen Fällen nicht unter das unterhaltsrechtliche Existenzminimum sinken, welches dem in den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen Selbstbehalt eines nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldners entspricht (BGH, Urteil vom 16.01.2013 - XII ZR 39/10):

„... Die 1963 geborene Beklagte stammt aus der Ukraine und war im Zusammenhang mit der Eheschließung im Jahre 1990 aus der damaligen Ukrainischen SSR in die ehemalige DDR übergesiedelt. In der Ukraine hatte sie zuvor als Sekretärin für ein kommunales Verwaltungsorgan gearbeitet. Sie hat im Jahre 1993 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben; eine Erwerbstätigkeit in Deutschland übt sie nicht aus. ...

Eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB könne sich im vorliegenden Fall, da die Parteien keine gemeinsamen Kinder hätten, nur dann als unbillig darstellen, wenn bei der Beklagten ehebedingte Nachteile vorlägen. Solche Nachteile für die Zeit nach dem 1. Januar 2009 habe die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Der Kläger habe ausgeführt, dass die Beklagte bei Ausübung einer Berufstätigkeit in der Lage sei, ihren vor der Ehe in der Ukraine erreichten bzw. den für sie heute dort erreichbaren Lebensstandard selbst zu decken. Dem sei die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Zwar könne bei der Ermittlung ehebedingter Nachteile nicht auf die Lebensverhältnisse der Beklagten vor 1990 abgestellt werden, da in der Ukraine gravierende politische und wirtschaftliche Veränderungen eingetreten seien. Es komme vielmehr darauf an, über welche Einkommensverhältnisse die Beklagte heute verfügen würde, wenn sie in der Ukraine geblieben wäre. Dagegen könnten die ehebedingten Nachteile nicht nach den deutschen Lebens- und Einkommensverhältnissen bemessen werden, weil keinerlei Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Beklagte ohne die Eheschließung mit dem Kläger die Möglichkeit gehabt hätte, nach Deutschland zu ziehen. Die von einer Sekretärin mit der Vorbildung der Beklagten in der Ukraine erzielbaren Einkünfte würden allerdings auch unter Berücksichtigung von Verbrauchergeldparitäten das der Beklagten in diesem Verfahren fiktiv zugerechnete Einkommen von 650 € nicht übersteigen. Die Zurechnung dieser fiktiven Einkünfte sei zu Recht erfolgt, denn das Amtsgericht habe zutreffend erkannt, dass die Beklagte ihre Erwerbsobliegenheit gegenüber dem Kläger verletze, weil sie seit der spätestens im August 2002 erfolgten Trennung von dem Kläger weder einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei noch sich um eine solche bemüht habe. Die Beklagte verfüge über gute Deutschkenntnisse und dazu aufgrund ihrer Herkunft über umfangreiche Fremdsprachenkenntnisse, so dass das ihr fiktiv zugerechnete Nettoeinkommen von 650 € z.B. als Fremdsprachenkorrespondentin oder Dolmetscherin jedenfalls zu erzielen sei. Ehebedingte Nachteile könnten sich auch nicht daraus ergeben, dass die Beklagte wegen der Eheschließung nach Deutschland übergesiedelt sei. Es fehlten Darlegungen dazu, warum die Beklagte nach der Scheidung nicht wieder in die Ukraine zurückkehren und ihre vor der Ehe ausgeübte Tätigkeit als Sekretärin nicht wieder habe aufnehmen können. Dies gelte umso mehr, als die Beklagte zwischenzeitlich gute Deutschkenntnisse erworben habe und nicht ersichtlich sei, warum diese nicht auch in der Ukraine für eine Berufstätigkeit nutzbar gemacht werden könnten. Schließlich ergebe sich ohne Hinzutreten weiterer Umstände auch aus der mehr als zwölfjährigen Dauer der Ehe kein ehebedingter Nachteil.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung zwar nicht in allen Punkten der Begründung, aber jedenfalls im Ergebnis stand.

2. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Kläger mit seinem Befristungsverlangen nicht ausgeschlossen.

a) Die Abänderung einer rechtskräftigen Entscheidung über den Unterhalt setzt nach dem hier noch anwendbaren § 323 Abs. 1 ZPO aF voraus, dass sich die für die Bestimmung der Höhe und Dauer der Leistungen maßgebenden Verhältnisse wesentlich geändert haben. Dabei ist zu beachten, dass die Grundlagen der Ausgangsentscheidung im Abänderungsverfahren zu wahren sind und eine Fehlerkorrektur wegen der Rechtskraft des Ausgangsurteils nicht zulässig ist. Deshalb kann die Abänderungsklage nach § 323 Abs. 2 ZPO aF nur auf solche Gründe gestützt werden, die erst nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz des Ausgangsverfahrens entstanden sind, in der eine Erweiterung des Klageantrags oder die Geltendmachung von Einwendungen spätestens hätte erfolgen müssen.

Richtig ist im vorliegenden Fall zwar, dass der Kläger insbesondere den Einwand, die Beklagte habe durch die Ehe keine Erwerbsnachteile erlitten, bereits im Ausgangsverfahren hätte anbringen können. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 323 Abs. 1 ZPO aF kann sich aber nicht nur aus der Änderung tatsächlicher Verhältnisse, sondern auch daraus ergeben, dass sich die rechtliche Beurteilung eines gegenüber dem Ausgangsverfahren unverändert gebliebenen Tatsachenstoffs geändert hat. Eine wesentliche Änderung der insoweit maßgebenden rechtlichen Verhältnisse kann sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht nur aus einer Gesetzesänderung, sondern auch aus einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof ergeben (Senatsurteile vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 18 und vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 16 mwN), wie nunmehr auch durch § 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG bzw. durch § 323 Abs. 1 Satz 2 ZPO in der seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung gesetzlich klargestellt ist.

b) Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass sich eine solche Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - bezogen auf die zur Befristung des Aufstockungsunterhalts schon im Rahmen des § 1573 Abs. 5 BGB aF anzustellenden Billigkeitsabwägungen - durch die Änderung der Senatsrechtsprechung aufgrund des Urteils vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006) vollzogen hat (zuletzt Senatsurteil vom 23. Mai 2012 - XII ZR 147/10 - FamRZ 2012, 1284 Rn. 18 mwN). Denn der Senat hat mit diesem Urteil seine zunächst nach dem Unterhaltsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 (BGBl. I S. 301) ergangene und grundlegend auf das Jahr 1990 zurückgehende Rechtsprechung geändert.

Nach ihr war die mit der Einführung des § 1573 Abs. 5 BGB aF erstmals möglich gewordene Befristung des Aufstockungsunterhaltsanspruchs bei Ehen von einer bestimmten Dauer regelmäßig ausgeschlossen und allenfalls unter außergewöhnlichen Umständen zulässig (vgl. Senatsurteile vom 28. März 1990 - XII ZR 64/89 - FamRZ 1990, 857, 859 und vom 10. Oktober 1990 - XII ZR 99/88 - FamRZ 1991, 307, 310; zur Entwicklung der Senatsrechtsprechung vgl. Dose FamRZ 2007, 1289, 1294). Zwar hatte der Senat bereits im Zusammenhang mit der Änderung seiner Rechtsprechung zur Anrechnungsmethode (sogenannte Surrogatrechtsprechung) im Jahre 2001 angedeutet, dass einer Begrenzung des Unterhalts nach §§ 1578 Abs. 1 Satz 2, 1573 Abs. 5 BGB aF als Korrektiv gegenüber der mit der Anwendung der Differenzmethode auf die Einkünfte des erst nach der Trennung wieder erwerbstätigen Ehegatten verbundenen wirtschaftlichen Mehrbelastung des Unterhaltspflichtigen gesteigerte Bedeutung zukommen könnte (Senatsurteil BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 991). Eine Änderung der Rechtsprechung zur Frage der zeitlichen Begrenzung des Aufstockungsunterhaltsanspruches war damit aber noch nicht verbunden. Vielmehr hatte der Senat auch in der Folgezeit zunächst daran festgehalten, dass sich eine Ehedauer von mehr als zehn Jahren dem Grenzbereich nähern dürfte, in dem unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls der Dauer der Ehe als Billigkeitskriterium im Rahmen von § 1573 Abs. 5 BGB aF ein durchschlagendes Gewicht für eine dauerhafte ‚Unterhaltsgarantie' und gegen die Möglichkeit zeitlicher Begrenzung des Unterhalts zukommen wird (vgl. Senatsurteil vom 9. Juni 2004 - XII ZR 308/01 - FamRZ 2004, 1357, 1360 mit ausdrücklichem Hinweis auf die Senatsrechtsprechung aus dem Jahre 1990). Von dieser Rechtsprechung ist der Senat erst in seinem Urteil vom 12. April 2006 in Bezug auf die grundsätzliche Gewichtung des Merkmals der Ehedauer vollständig abgerückt; er hat seither für die Entscheidung über eine Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB aF das hauptsächliche Gewicht auf die mit der Ehe verbundenen Erwerbsnachteile für den Unterhaltsberechtigten gelegt.

c) Nach alledem kann dem Berufungsgericht zwar nicht in seiner Beurteilung gefolgt werden, dass sich die Möglichkeit einer Befristung von Aufstockungsunterhalt bei Ehen von langer Dauer erst durch das Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes ergeben habe. Da das abzuändernde Urteil allerdings am 11. März 2005 und damit vor Erlass des Senatsurteils vom 12. April 2006 ergangen ist, ist der Kläger aus Rechtsgründen nicht daran gehindert, den Befristungseinwand in diesem Abänderungsverfahren geltend zu machen, auch wenn dieser nicht auf neue Tatsachen gestützt wird (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 2011 - XII ZR 117/09 - FamRZ 2011, 1854 Rn. 31).

d) Entgegen der Auffassung der Revision steht auch § 36 Nr. 1 EGZPO dem Befristungsverlangen des Klägers nicht entgegen, weil diese Vorschrift hier keine Anwendung findet. Hierzu hat der Senat bereits mehrfach ausgesprochen, dass § 36 Nr. 1 EGZPO nur auf die Abänderung solcher Unterhaltstitel bzw. Unterhaltsvereinbarungen anwendbar ist, deren Grundlagen sich durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz geändert haben. Bei der Abänderung eines vor dem 1. Januar 2008 erlassenen Urteils oder einer zuvor geschlossenen Vereinbarung zum Aufstockungsunterhalt ist das mit Blick auf das Senatsurteil vom 12. April 2006 nicht der Fall (Senatsurteile BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 16 und vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 22). § 36 Nr. 1 EGZPO kann deshalb für sich genommen nicht als Begründung dafür herangezogen werden, für Unterhaltszeiträume nach dem 1. Januar 2008 von einer zeitlichen Begrenzung des Anspruches auf Aufstockungsunterhalt abzusehen (Senatsurteil vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 22 f.).

3. Die vom Berufungsgericht nach § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB vorgenommene Befristung des Unterhaltsanspruches der Beklagten hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Zwar sind seine Erwägungen nicht frei von Rechtsfehlern. Diese wirken sich aber im Ergebnis nicht aus.

Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

a) Im Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht mit Recht darauf abgestellt, ob aufseiten des Unterhaltsberechtigten ehebedingte Nachteile entstanden sind. Um einen ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs bemisst sich dabei regelmäßig nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte, wobei eine Schätzung entsprechend § 287 ZPO bei ausreichenden Grundlagen zulässig ist (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 11. Juli 2012 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 43 mwN).

aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Beklagte ohne ihre Eheschließung mit dem Kläger nicht nach Deutschland übersiedeln können, sondern sie hätte voraussichtlich weiter in der Ukraine gelebt. Dies räumt auch die Revision ein. Soweit indessen im Rahmen des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB beim unterhaltsberechtigten Ehegatten ein Vergleich zwischen seiner jetzigen Lebenslage und seiner hypothetischen Lebenssituation ohne Eheschließung angestellt werden muss, kann es in solchen Fällen folgerichtig nicht beanstandet werden, wenn für die Ermittlung eines hypothetischen Erwerbseinkommens auf die Erwerbs- und Verdienstmöglichkeiten des ausländischen Ehegatten abgestellt wird, die sich ihm bei einem Verbleib in seinem Heimatland geboten hätten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Beklagte bei einer Beschäftigung als Sekretärin oder Assistentin der Geschäftsführung in einem ukrainischen Wirtschaftsunternehmen seit 2009 kein Einkommen erzielen können, welches auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Kaufkraft in Deutschland einem Betrag von mehr als 650 € entsprochen hätte. Diese Feststellungen greift die Revision nicht an; sie lassen auch keine Rechtsfehler erkennen.

Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich für die Beklagte kein weitergehender ehebedingter Nachteil dadurch, dass sie durch die in der Ehe gewählte Übernahme der Hausfrauenrolle daran gehindert worden sei, sich durch Fortbildung oder Umschulung weitergehend für den deutschen Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Bei einem im Hinblick auf die Eheschließung in Deutschland ansässig gewordenen ausländischen Ehegatten ist die ungenügende Verwertbarkeit seiner im Ausland absolvierten Berufsausbildung auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht ehebedingt (vgl. Senatsurteil BGHZ 170, 77 = FamRZ 2007, 450, 451). Auch wenn der Beklagten durch die eheliche Rollenverteilung die Möglichkeit beruflicher Qualifikation für den deutschen Arbeitsmarkt genommen worden sein sollte, würde eine sich dadurch im Zusammenhang mit der Scheidung von dem Kläger ergebende Bedarfslage nicht auf einem ehebedingten Nachteil, sondern auf dem Entgehen von Erwerbschancen beruhen, die sich ihr - als ehebedingter Vorteil - mit der Übersiedlung nach Deutschland hätten eröffnen können. Ihr angemessener Lebensbedarf kann deshalb nicht auf der Grundlage einer fiktiven Erwerbsbiographie bestimmt werden, die erst im Jahre 1990 mit ihrer Übersiedlung nach Deutschland ansetzt.

bb) Allerdings folgt aus dem Begriff der ‚Angemessenheit' des Lebensbedarfs in § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB zugleich, dass es sich um einen Bedarf handeln muss, der das Existenzminimum mindestens erreicht. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass dieser Bedarf dem in den Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen notwendigen Selbstbehalt eines nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldners von 770 € (seit dem 1. Januar 2013: 800 €) entspricht, und zwar auch dann, wenn von dem Unterhaltsgläubiger noch eine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. Denn der darüber hinausgehende notwendige Selbstbehalt eines erwerbstätigen Unterhaltsschuldners schließt einen Erwerbsanreiz ein, der aufseiten des Unterhaltsgläubigers keine Berechtigung hat (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 33; vgl. auch Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123/08 - FamRZ 2010, 444 Rn. 18 zum Mindestbedarf beim Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB). Diesen Bedarf kann auch ein im Hinblick auf die Eheschließung in Deutschland ansässig gewordener Ehegatte als Mindestbedarf verteidigen, weil der unterhaltspflichtige Ehegatte ihn nicht auf eine Rückkehr in sein Heimatland und deshalb nicht darauf verweisen kann, dass sein Existenzminimum unter den dortigen wirtschaftlichen Bedingungen gesichert werden könnte.

Dies hat das Berufungsgericht zwar verkannt; seine Beurteilung, dass aufseiten der Beklagten keine ehebedingten Nachteile vorliegen, wird dadurch jedoch nicht in Frage gestellt. Ein ehebedingter Nachteil kann sich für die Beklagte im Zeitraum seit Januar 2009 nur ergeben, wenn und soweit sie ihr unterhaltsrechtliches Existenzminimum nicht zu sichern vermag, obwohl sie eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder bei gehöriger Erfüllung ihrer Erwerbsobliegenheit ausüben könnte. Davon kann unter den obwaltenden Umständen nicht ausgegangen werden. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Beklagte angesichts ihrer Vorbildung und ihrer in Deutschland erworbenen guten Sprachkenntnisse bei entsprechenden Erwerbsbemühungen eine angemessene Erwerbstätigkeit als Dolmetscherin oder Fremdsprachenkorrespondentin ausüben können. Schon die der Beklagten in der Ausgangsentscheidung vom 11. März 2005 zugerechneten fiktiven Einkünfte in Höhe von monatlich 650 € entsprachen dem notwendigen Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen nach den im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Leitlinien in der zum Entscheidungszeitpunkt gültigen Fassung (Ziffer 21.2. der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des OLG Rostock, Stand: 1. Juli 2003). Die Annahme, dass die spätestens seit Sommer 2003 zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtete Beklagte selbst bei zunehmender Berufserfahrung in Deutschland keine Aussicht auf eine Einkommenssteigerung hätte, mit der nachhaltig zumindest der Mindestbedarf gesichert werden kann, erscheint im Hinblick darauf nicht gerechtfertigt.

b) § 1578 b BGB ist allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile beschränkt, sondern erfasst auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität, die auch beim Aufstockungsunterhalt einer Befristung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen entgegenstehen kann (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 25. Januar 2012 - XII ZR 139/09 - FamRZ 2012, 525 Rn. 50). Das Maß der geschuldeten nachehelichen Solidarität bestimmt sich neben der Ehedauer (vgl. nunmehr ausdrücklich BT-Drucks. 17/11885, S. 6) vor allem durch die wirtschaftliche Verflechtung, die durch den Verzicht des haushaltsführenden Ehegatten auf eine eigene Erwerbstätigkeit und hier insbesondere dadurch eingetreten ist, dass die Beklagte zum Zwecke der Eheschließung ihr Heimatland verlassen hat. Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen im Ergebnis zu einer ungekürzten Unterhaltspflicht bis zum 31. Dezember 2008, mithin für mehr als dreieinhalb Jahre nach Rechtskraft der Scheidung und mehr als sechs Jahre nach Zustellung des Scheidungsantrags gelangt. Dieses Ergebnis ist angesichts einer zwölfeinhalbjährigen Ehedauer, des Alters der Parteien bei Trennung und Scheidung, der Kinderlosigkeit der Ehe und des Umstandes, dass der Kläger durch seine Wiederverheiratung neue Unterhaltspflichten eingegangen ist, nach revisionsrechtlichen Maßstäben noch vertretbar. ..."

***

Genügt der Unterhaltsberechtigte seiner aktuellen Erwerbsobliegenheit, kann ihm für die Vergangenheit nicht vorgehalten werden, er hätte konkrete Bewerbungsbemühungen entfalten müssen, um den jetzt eingetretenen ehebedingten Nachteil zu kompensieren (BGH, Beschluss vom 05.12.2012 - XII ZB 670/10):

„... Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Beschwerdebeschlusses und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

Die vom Beschwerdegericht auf den Unterhaltszeitraum ab 1. Januar 2015 beschränkte Zulassung der Rechtsbeschwerde und die damit einhergehende Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin sind zulässig (vgl. Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 10).

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Der Abänderungsantrag sei nach § 239 FamFG zulässig. Dies folge schon daraus, dass der Vergleich aus dem Jahre 2004 datiere und inzwischen die Unterhaltsreform in Kraft getreten sei. Dabei spiele es keine Rolle, dass die Parteien noch Anfang des Jahres 2008 durch eine private Vereinbarung den Titel modifiziert hätten. Abänderungsgegenstand sei allein der gerichtliche Vergleich. Der Antragsteller sei auch nicht mit seinem Einwand, die Unterhaltspflicht zu befristen, präkludiert. Zwar treffe es zu, dass der Vergleich nach Inkrafttreten der Unterhaltsreform geändert worden sei. Die entsprechende Vereinbarung habe sich aber erkennbar mit einem anderen Tatbestand befasst, nämlich dem Betreuungsunterhalt, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht der Befristungsmöglichkeit nach § 1578 b BGB unterliege. Aufgrund der Vereinbarung sei klargestellt gewesen, dass Betreuungsunterhalt bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres des gemeinsamen Sohnes geschuldet sein sollte. Zudem sei vereinbart gewesen, dass die Antragsgegnerin ohne Anrechnung hinzuverdienen könne. Letztlich werde durch den Passus in der Vereinbarung, nach Ablauf des genannten Zeitraums richteten sich eventuelle Unterhaltsansprüche nach den gesetzlichen Vorschriften, auch ausdrücklich die Abänderungsmöglichkeit eröffnet.

Die Auffassung des Amtsgerichts, der Abänderungsantrag sei unschlüssig, sei nicht haltbar, jedenfalls wenn der Antragsteller, wie hier, ausdrücklich seine unbegrenzte Leistungsfähigkeit einräume. Soweit er sich nicht zu seinen Einkommensverhältnissen erkläre, seien diese bei der gebotenen Billigkeitsabwägung in außergewöhnlicher Höhe zu unterstellen. Ohnehin sei hier aufgrund des Vortrags und des Antrags der Antragsgegnerin naheliegend, dass eine Herabsetzung auf den angemessenen Bedarf nicht streitig gewesen sei. Unabhängig davon habe die Antragsgegnerin in erster Instanz einer Reduzierung auf 1.400 € zugestimmt. Es komme nur ein Aufstockungsunterhalt nach § 1573 BGB in Betracht. Da der Anspruch zunächst auf den "eheangemessenen" Lebensbedarf zu begrenzen und dann zu befristen sei, komme es auf die aktuellen Einkommensverhältnisse des Antragstellers nicht an und auch nicht auf seine Familienverhältnisse, weil einerseits kein Quotenunterhalt geschuldet sei und andererseits seine Leistungsfähigkeit außer Frage stehe. Unzweifelhaft liege ein ehebedingter Nachteil vor, wenn man vom Status quo ausgehe. Das gegenwärtig erzielte Einkommen liege deutlich unter dem, das die Antragsgegnerin bei Fortsetzung ihrer Sachbearbeitertätigkeit in der Versicherungsbranche gehabt hätte. Allerdings treffe den Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit, solche Nachteile nach Möglichkeit auszugleichen, im konkreten Fall spätestens seit Mitte 2006 im Hinblick auf die Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Befristung des Aufstockungsunterhalts. Das Problem des ehebedingten Nachteils "kristallisiere" sich auf die Aussage der Antragsgegnerin, sie habe infolge der Ehe und der Kinderbetreuung nach der Scheidung keine ihrer vorherigen Tätigkeit entsprechende Stelle in der Versicherungswirtschaft mehr finden können. Hierzu habe die Antragsgegnerin jedenfalls keine ausreichenden Bemühungen entfaltet. Dabei sei auf der anderen Seite allerdings auch zu berücksichtigen, dass - ausdrücklich durch die Vereinbarung von Anfang 2008 durch den Antragsteller eingeräumt - ein Teil ihrer Arbeitskraft durch die Betreuung des Kindes gebunden gewesen sei.

Allerdings gehe es hier nicht um die Bedürftigkeit und die Bedarfsermittlung der Antragsgegnerin. Sie genüge - bei unterstellter Vollzeittätigkeit - ihrer aktuellen Erwerbsobliegenheit. Es gehe um die Frage, ob ein ehebedingter Nachteil nicht durch entsprechende Bemühungen hätte vermieden werden können. Auch insoweit treffe die Darlegungs- und Beweislast den Unterhaltspflichtigen, der sich auf einen Ausnahmetatbestand berufe. Die Antragsgegnerin dürfe sich allerdings nicht darauf beschränken, die allgemeine Lage auf dem hier einschlägigen Arbeitsmarkt in der Versicherungsbranche darzustellen. Sie müsse im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast zu ihren konkreten Bemühungen, eine entsprechende Stelle zu erlangen, vortragen. Auch wenn eine sichere rückblickende Einschätzung nicht mehr möglich sei, könne mit Gewissheit ausgeschlossen werden, dass es im Zeitraum 2006 bis 2008 keine entsprechenden Arbeitsmöglichkeiten gegeben habe.

Die im Ergebnis hiernach gebotene Befristung des Unterhalts komme unter Berücksichtigung der Abwägungskriterien des § 1578 b BGB erst nach einer Übergangszeit in Betracht, in der der Unterhalt auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen sei. Dabei sei die berufliche Entwicklung der Antragsgegnerin wie auch die Dauer der Ehe und der Kindererziehung zu berücksichtigen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers seien weit überdurchschnittlich, während die Antragsgegnerin unterdurchschnittliche Einkünfte erziele. Von daher sei der Unterhalt zunächst für eine Übergangszeit auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, und zwar bis zu dem Ende des Jahres, in dem das Kind volljährig werde, also bis Ende 2014. Erst für die Zeit danach sei der Unterhalt völlig auszuschließen.

Der angemessene Lebensbedarf entspreche dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Diesbezüglich sei unter Berücksichtigung der Angaben der LVM-Versicherung von einem Nettoeinkommen von rund 2.640 € auszugehen. In ihrer jetzigen Stellung könnte die Antragsgegnerin - hoch gerechnet auf eine Vollzeittätigkeit - rund 1.460 € verdienen. Die Differenz zum angemessenen Lebensbedarf betrage also rund 1.180 €. Der Altersvorsorgeunterhalt sei bei den sehr guten Einkommensverhältnissen daneben geschuldet. Er sei von beiden Beteiligten der Höhe nach nicht näher dargelegt, aber bisher mit 128 € außer Streit und entspreche der Festsetzung im Vergleich von 2004 sowie der Modifizierung im Jahr 2008.

2. Diese Ausführungen halten nicht in jeder Hinsicht einer rechtlichen Überprüfung stand.

a) Allerdings ist das Beschwerdegericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Abänderungsantrag nach § 239 FamFG zulässig ist. Bei dem gerichtlichen Vergleich handelt es sich um einen solchen i.S.d. § 239 Abs. 1 Satz 1 FamFG i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Nach § 239 Abs. 1 Satz 2 FamFG ist der Antrag zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine Abänderung rechtfertigten.

Nach der Rechtsprechung des Senats richtet sich die Abänderung eines Prozessvergleichs allein nach materiell-rechtlichen Kriterien. Dabei ist - vorrangig gegenüber einer Störung der Geschäftsgrundlage - durch Auslegung zu ermitteln, ob und mit welchem Inhalt die Parteien eine insoweit bindende Regelung getroffen haben (Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 13).

Vorliegend haben die Beteiligten im Jahr 2008 den titulierten Vergleich inhaltlich dahin abgeändert, dass der Betreuungsunterhalt bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres des gemeinsamen Kindes geschuldet sein soll, also bis einschließlich März 2010. Für die Zeit danach haben die Beteiligten vereinbart, dass sich die Unterhaltsansprüche nach den gesetzlichen Vorschriften richten sollen. Danach fehlt dem Vergleich unter Beachtung der modifizierenden Regelung für die Zeit ab April 2010 eine bindende Regelung, weshalb er insoweit frei abänderbar ist.

b) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht eine Präklusion des Befristungseinwandes ausgeschlossen hat.

Zwar haben die Beteiligten den ursprünglichen Vergleich aus dem Jahre 2004 im Jahr 2008 abgeändert, also zu einem Zeitpunkt, als der Senat bereits seine Rechtsprechung zur Befristung des Aufstockungsunterhalts geändert (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006) und der Gesetzgeber in der Folge mit dem zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetz § 1578 b BGB in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt hatte. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht maßgeblich darauf abgestellt hat, dass Gegenstand der modifizierenden Vereinbarung aus dem Jahr 2008 ausschließlich der Betreuungsunterhaltsanspruch gewesen ist. Im Übrigen haben die Beteiligten mit Auslauf dieses Anspruchs ausdrücklich auf die gesetzlichen Bestimmungen - und damit auch auf § 1578 b BGB - Bezug genommen.

c) Schließlich kann dem Beschwerdegericht auch dahin gefolgt werden, dass der Abänderungsantrag des Antragstellers nicht deshalb unschlüssig ist, weil er (zunächst) keine Angaben über seine konkreten Einkommensverhältnisse gemacht, vielmehr auf seine unbeschränkte Leistungsfähigkeit verwiesen hat.

Die Beteiligten haben sich darauf verständigt, dass sich der Unterhaltsanspruch nach Ablauf des Betreuungsunterhalts nach den gesetzlichen Bestimmungen richten solle. Damit war der Vergleich frei abänderbar. Einer Darlegung der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - wie etwa der Einkommensverhältnisse - bedurfte es daher nicht mehr.

Im Übrigen oblag es dem Grunde nach ohnehin der Antragsgegnerin, zu ihrem Bedarf nach § 1578 BGB und damit auch zum Einkommen des Antragstellers vorzutragen, da sie mit Auslaufen des vereinbarten Betreuungsunterhaltsanspruchs für die Voraussetzungen des nunmehr von ihr geltend zu machenden Aufstockungsunterhaltsanspruchs nach § 1573 Abs. 2 BGB auch in dem vom Antragsteller betriebenen Abänderungsverfahren darlegungsbelastet ist (vgl. Senatsurteil 31. Januar 1990 - XII ZR 36/89 - FamRZ 1990, 496, 497). Da die Antragsgegnerin ausweislich der nicht zu beanstandenden und von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts jedoch keinen über ihren angemessenen Lebensbedarf im Sinne von § 1578 b Abs. 1 BGB liegenden Unterhalt begehrt, bedurfte es zum Bedarf nach § 1578 BGB keiner weiteren Feststellungen des Beschwerdegerichts.

d) Nicht gefolgt werden kann im vorliegenden Fall aber der Auffassung des Beschwerdegerichts, der - bestehende - ehebedingte Nachteil i.S.d. § 1578 b BGB stehe einer Befristung nicht entgegen, weil die Antragsgegnerin ihn durch entsprechende Bemühungen hätte vermeiden können.

aa) Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, dass der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt oder gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz ergibt den ehebedingten Nachteil (Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 23).

Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs besteht in dem Einkommen, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte (Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 32). Dabei ist die Darlegungs- und Beweislast für die dem Unterhaltsberechtigten gegenwärtig fehlende Möglichkeit, eine seiner Ausbildung und früheren beruflichen Stellung entsprechende Tätigkeit zu erlangen, vorgreiflich nach § 1577 BGB zu beurteilen und obliegt dem Unterhaltsberechtigten. Hierfür gelten dieselben Kriterien wie für die Obliegenheit zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nach § 1574 BGB. Wer die Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit unterlässt, muss sich das daraus erzielbare Einkommen im Rahmen der Prüfung der Bedürftigkeit nach § 1577 Abs. 1 BGB fiktiv zurechnen lassen (Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 229/11 - zur Veröffentlichung bestimmt). Gelangt das Familiengericht dagegen zu der Überzeugung, dass der Unterhaltsgläubiger seiner Erwerbsobliegenheit genügt, kann der Unterhaltspflichtige im Rahmen des § 1578 b BGB nicht mehr einwenden, jener könne ein höheres Einkommen erzielen und habe daher keinen ehebedingten Nachteil erlitten (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 42).

bb) Diesen Anforderungen wird der Beschluss des Beschwerdegerichts nicht gerecht.

Zwar hat das Beschwerdegericht sowohl den angemessenen Lebensbedarf dem Grunde nach zutreffend bestimmt als auch einen Nachteil als solchen in nicht zu beanstandender Weise hergeleitet. Soweit es in diesem Zusammenhang aber die Auffassung vertritt, dass die Antragsgegnerin den so entstandenen Nachteil durch entsprechende - ihr obliegende - Bemühungen hätte vermeiden können, hält die Entscheidung einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

(1) Die Ausführungen des Beschwerdegerichts sind insoweit widersprüchlich. Einerseits stellt es fest, dass die Antragsgegnerin (bei unterstellter Vollzeittätigkeit) mit ihrer Tätigkeit als Schulsekretärin ihrer "aktuellen Erwerbsobliegenheit genügt". Folgerichtig hat es davon abgesehen, der Antragsgegnerin ein weitergehendes Einkommen fiktiv zuzurechnen. Andererseits aber wirft das Oberlandesgericht der Antragsgegnerin vor, sie hätte in dem Zeitraum von 2006 bis 2008 konkrete Bewerbungsbemühungen entfalten müssen, um eine Anstellung in ihrem erlernten Beruf als Versicherungsfachwirtin zu erlangen, womit sie ihre Einkommensnachteile hätte kompensieren können.

(2) Hinzu kommt, dass die Beteiligten im Jahre 2008, also zu einem Zeitpunkt, als die Antragsgegnerin bereits ihre Beschäftigung bei der Stadt aufgenommen hatte, den ursprünglichen Vergleich abgeändert haben, ohne dass der Antragsteller von der Antragsgegnerin verlangt hätte, sich um eine Beschäftigung in ihrem erlernten Beruf als Versicherungsfachwirtin zu bemühen. Im Gegenteil hat er ihr die Möglichkeit eingeräumt, über das ihm bekannte "aktuelle Einkommen" anrechnungsfrei hinzuverdienen zu können.

Für den Fall, dass das Gericht dem unterhaltsberechtigten Ehegatten im Vorprozess keine zusätzlichen Erwerbseinkünfte fiktiv zugerechnet hat, ist damit zugleich nach § 1577 Abs. 1 BGB entschieden, dass der Unterhaltsberechtigte seiner Erwerbsobliegenheit genügt hat, und diese Feststellung auch im Abänderungsverfahren maßgebend ist (Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538).
Entsprechendes muss grundsätzlich auch dann gelten, wenn die Beteiligten - wie hier - eine vorbehaltlose Vereinbarung mit dem oben dargestellten Inhalt geschlossen haben. Denn ohne einen solchen Vorbehalt darf der Unterhaltsberechtigte regelmäßig darauf vertrauen, gegenwärtig seiner Erwerbsobliegenheit zu genügen.

3. Gemäß § 74 Abs. 5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Deshalb ist sie gemäß § 74 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 FamFG zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Das Beschwerdegericht wird zu prüfen haben, inwieweit die der Antragsgegnerin entstandenen Nachteile ehebedingt i.S.d. § 1578 b BGB sind. Dabei wird es sich auch die Frage vorzulegen haben, ob es der Antragsgegnerin zumutbar war, auf das Abänderungsverlangen des Antragstellers eine Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf wieder aufzunehmen. Soweit ein ehebedingter Nachteil verbleibt, ist eine Befristung zwar grundsätzlich (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 13), nicht aber generell ausgeschlossen (Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 35), so dass Ausnahmen denkbar sind. Bei der zu treffenden Abwägung wird das Beschwerdegericht auf der einen Seite neben der Dauer der Ehe und Kinderbetreuung die guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu berücksichtigen haben. Andererseits wird zu beachten sein, dass der Antragsteller bereits über einen langen Zeitraum (seit 2004) Unterhalt geleistet hat. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin die ihr entstandenen Nachteile durch ihre Entscheidung, als Schulsekretärin zu arbeiten, mitverursacht hat. Ferner wird das Beschwerdegericht zu bedenken haben, dass das hypothetische (Netto-)Einkommen, das die Antragsgegnerin ohne Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte, fiktiv anhand der Steuerklasse I ohne Kinderfreibetrag zu ermitteln ist. Andererseits dürfte der Altersvorsorgeunterhalt deutlich zu gering bemessen sein; eine Vergleichsgrundlage für den vom Beschwerdegericht zugrunde gelegten Festbetrag von 128 € ist für den hier noch maßgeblichen Zeitraum (ab 2015) nicht ersichtlich. Schließlich kann im Rahmen der Abwägung auch die Gründung einer neuen Familie durch den Antragsteller Beachtung finden. Denn nach der Absicht des Gesetzgebers des Unterhaltsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 sollte "die Ausweitung der Möglichkeit, nacheheliche Unterhaltsansprüche zeitlich oder der Höhe nach zu begrenzen, (…) die Chancen für einen Neuanfang nach einer gescheiterten Ehe erhöhen und die Zweitfamilien entlasten" (BT-Drucks. 16/1830 S. 13). Die Billigkeitsabwägung unter Einbeziehung dieses allgemeinen Gesetzesmotivs, dass die Chancen für einen "Neuanfang" erhöht werden sollten, ist jedenfalls nicht sachwidrig (Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 23). Inwieweit sich dieser Aspekt trotz der guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers auswirken kann, wird der Tatrichter in eigener Verantwortung zu beurteilen haben. ..."

***

Zum angemessenen Lebensbedarf i.S.d. § 1578b Abs. 1 Satz 1 BGB gehört auch der Altersvorsorgeunterhalt (BGH, Beschluss vom 07.11.2012 - XII ZB 229/11):

„... d) Zu Unrecht hat das Beschwerdegericht zudem die Antragstellerin als befugt angesehen, den bereits bezifferten Unterhalt rückwirkend zu erhöhen beziehungsweise um den Altersvorsorgeunterhalt zu erweitern.

aa) Gemäß § 1585 b Abs. 2 i.V.m. § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Berechtigte für die Vergangenheit Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist.

Ob der Unterhaltsberechtigte, der vom Unterhaltspflichtigen zunächst Auskunft begehrt und später seinen Anspruch beziffert hat, im Nachhinein die ursprüngliche Bezifferung rückwirkend erhöhen kann, ist streitig (dafür Frerix FamRZ 2000, 1046; Johannsen/Henrich/Graba Familienrecht 5. Aufl. § 1613 BGB Rn. 3; aA OLG Düsseldorf Urteil vom 27. Februar 2011 - 7 UF 99/10 - juris Rn. 14; AG Wesel FamRZ 2000, 1045; Keuter FamRZ 2009, 1024 mwN zum Meinungsstand).

§ 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB erlaubt es grundsätzlich nicht, einen nach dem ursprünglichen Auskunftsbegehren bezifferten Unterhaltsanspruch nachträglich betragsmäßig zu erhöhen.

Zwar berechtigt § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB den Unterhaltsgläubiger für die Vergangenheit von dem Zeitpunkt an Unterhalt zu fordern, zu welchem der Verpflichtete zur entsprechenden Auskunftserteilung aufgefordert worden ist. Nach dem Wortlaut der Norm steht eine zwischenzeitlich erfolgte Bezifferung des Unterhalts einer rückwirkenden Erhöhung nicht entgegen. Allerdings bedarf die Norm einer einschränkenden Auslegung. Der Unterhaltspflichtige wird ab Zugang des Auskunftsbegehrens vom Gesetzgeber nicht mehr als schutzwürdig angesehen, da er von nun an konkret damit rechnen muss, auf Unterhalt in Anspruch genommen zu werden und hierzu gegebenenfalls Rückstellungen bilden kann (vgl. BT-Drucks. 13/7338 S. 31; Senatsurteil vom 22. November 2006 - XII ZR 24/04 - FamRZ 2007, 193, 195 f.). Soweit der Unterhaltsberechtigte aber seinen Unterhaltsanspruch nach Auskunftserteilung beziffert hat, ohne sich zugleich vorzubehalten, den Anspruch gegebenenfalls im Hinblick auf noch nicht erfolgte Auskünfte zu erhöhen, braucht der Unterhaltspflichtige nur noch mit einer Inanspruchnahme in der bezifferten Höhe zu rechnen. Ließe man es dagegen zu, dass der Gläubiger Monate später noch Forderungen für die Vergangenheit wirksam geltend machen kann, die möglicherweise weit über die ursprünglichen Forderungen hinausgehen, würde man dem Schuldner genau das Risiko unkalkulierbar angewachsener Rückstände aufbürden, vor welchem § 1613 BGB ihn schützen will (Keuter FamRZ 2009, 1024, 1026). Außerdem erscheint es nicht gerechtfertigt, dem Unterhaltsberechtigten, der seine Forderung nach vorangegangener Auskunft beziffert hat, besser zu stellen als den Unterhaltsberechtigten, der seine Unterhaltsforderung sogleich beziffert hat. Für Letzteren begründet § 1613 Abs. 1 BGB nur in Höhe des bezifferten Betrages Verzug, so dass eine nachträgliche Erhöhung des Anspruchs rückwirkend nicht möglich ist (Senatsurteil vom 15. November 1989 - IVb ZR 3/89 - FamRZ 1990, 283, 285).

bb) Diesen Grundsätzen wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht.

Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht die Möglichkeit einer rückwirkenden Erhöhung bejaht. Dies gilt sowohl für den Zeitraum von August 2009 bis Juli 2010, für den die Antragstellerin rückwirkend zusätzlich zu dem zunächst bezifferten Unterhalt von 310,50 € monatlich Altersvorsorgeunterhalt begehrt, als auch für August 2010 für den die Antragstellerin einen Elementarunterhalt von 1.254,71 € zuzüglich Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 366 € begehrt statt der ursprünglich bezifferten 310,50 €.

(1) Zwar hat der Senat entschieden, dass Altersvorsorgeunterhalt für die Vergangenheit nicht erst von dem Zeitpunkt an verlangt werden kann, in dem er ausdrücklich geltend gemacht worden ist. Es reicht mit Rücksicht darauf, dass Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt nicht Gegenstand eigenständiger Ansprüche sind, sondern lediglich Teile des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf umfassenden Unterhaltsanspruchs, für die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen vielmehr aus, dass von diesem Auskunft mit dem Ziel der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs begehrt worden ist; eines gesonderten Hinweises, es werde auch Altersvorsorgeunterhalt verlangt, bedarf es nicht (Senatsurteil vom 22. November 2006 - XII ZR 24/04 - FamRZ 2007, 193, 196).

Diese Ausführungen beziehen sich indessen allein auf das Auskunftsersuchen als solches, nicht auf die Bezifferung. Sofern der Unterhaltsberechtigte seinen Unterhaltsanspruch beziffert hat, ohne damit einen Altersvorsorgeunterhalt geltend zu machen, scheidet ein rückwirkend verlangter, über den bezifferten Betrag hinausgehender Unterhalt aus. Denn Unterhalt wird regelmäßig in voller Höhe geltend gemacht, so dass die Vermutung gegen eine Teilforderung spricht. Beziffert der Unterhaltsberechtigte seinen Unterhaltsanspruch, ohne zugleich Altersvorsorgeunterhalt geltend zu machen, fehlt es an einem erkennbaren Vorbehalt hinsichtlich einer etwaigen Nachforderung von Vorsorgeunterhalt. Auch in den Fällen, in denen sich der Unterhaltsgläubiger nicht bewusst war, Vorsorgeunterhalt verlangen zu können, kann von einem solchen Vorbehalt nicht ausgegangen werden. Aus der Sicht des Unterhaltsberechtigten ist nämlich der gesamte Unterhalt geltend gemacht worden, während die Annahme eines Vorbehalts voraussetzt, dass sich der Unterhaltsberechtigte des Bestehens einer weiteren Forderung bewusst war (vgl. zur Teilklage Senatsurteil vom 3. April 1985 - IVb ZR 19/84 - FamRZ 1985, 690).

(2) Entsprechendes gilt für die Unterhaltsforderung für August 2010, wobei dort zudem der Elementarunterhalt rückwirkend erhöht worden ist.

3. Gemäß § 74 Abs. 5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Da noch weitere Feststellungen zu treffen sind, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif. Deshalb ist sie gemäß § 74 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 FamFG zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

a) Die Einbeziehung eines Altersvorsorgeunterhalts bezogen auf den nach dem ehebedingten Nachteil bemessenen Unterhalt ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Dem Unterhaltsberechtigten können Nachteile dadurch entstehen, dass er nach Zustellung des Scheidungsantrags und damit in einer nicht mehr vom Versorgungsausgleich umfassten Zeit ehebedingt ein geringeres Erwerbseinkommen erzielt und demgemäß auch geringere Rentenanwartschaften erwirbt. Sofern dem Unterhaltsberechtigten lediglich die ehebedingte Einkommensdifferenz als Unterhalt zugesprochen wird, setzt sich der ehebedingte Nachteil mit Renteneintritt in Form der geringeren Rentenanwartschaften fort. Durch die Bewilligung von Altersvorsorgeunterhalt i.S. von § 1578 Abs. 3 BGB bezogen auf die ehebedingte Einkommensdifferenz kann dieser Nachteil ausgeglichen werden (vgl. auch Senatsurteil vom 7. März 2012 - XII ZR 145/09 - FamRZ 2012, 951 Rn. 29 ff.).

b) Allerdings bedarf die Unterhaltsberechnung im Hinblick auf den vom Einkommen der Antragstellerin abzuziehenden Kindesunterhalt für den Zeitraum ab November 2011 einer Korrektur. Das älteste Kind ist am 7. November 2011 volljährig geworden. Daher muss gemäß §§ 1606 Abs. 3 Satz 1, 1612 a Abs. 3 BGB bereits für November 2011 eine neue Unterhaltsberechnung unter Berücksichtigung der nunmehr gebotenen anteiligen Haftung beider Eltern für den Volljährigenunterhalt durchgeführt werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn. 34).

c) Im Umfang der Aufhebung wird sich das Beschwerdegericht erneut die Frage vorzulegen haben, ab wann und in welchem Umfang der Unterhalt herabzusetzen ist. Dabei dürfte die von ihm im Rahmen der Billigkeitsabwägung als maßgeblich erachtete "deutliche Differenz" zwischen dem - gemäß § 1578 BGB - errechneten Unterhaltsanspruch und dem ehebedingten Nachteil kein tauglicher Gesichtspunkt für eine frühzeitige Herabsetzung sein. Denn der ehebedingte Nachteil wirkt sich ausschließlich unterhalb des angemessenen Lebensbedarfs aus (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 23), hat also regelmäßig keinen Einfluss auf die Bestimmung des darüber liegenden Bedarfs. ..."

***

Eine angemessene Erwerbstätigkeit im Sinne von § 1574 BGB kann auch in der Ausübung von zwei Teilzeitbeschäftigungen bestehen. Kapitalerträge aus einem Vermögen, welches einem Ehegatten nach der Scheidung durch Erbfall angefallen ist, können in die Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen nur dann einbezogen werden, wenn die Erwartung des künftigen Erbes schon während bestehender Ehe so wahrscheinlich war, dass die Eheleute ihren Lebenszuschnitt vernünftigerweise darauf einrichten konnten und auch eingerichtet haben (im Anschluss an Senatsurteil vom 23. November 2005, XII ZR 51/03, FamRZ 2006, 387). Zur sekundären Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten hinsichtlich ehebedingter Nachteile bei der Unterhaltsbegrenzung (im Anschluss an Senatsurteile, 24. März 2010, XII ZR 175/08, BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875, vom 20. Oktober 2010, XII ZR 53/09, FamRZ 2010, 2059 und vom 26. Oktober 2011, XII ZR 162/09, FamRZ 2012, 93; BGH, Urteil vom 11.07.2012 - XII ZR 72/10):

„... 5. Auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Begrenzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 und Abs. 2 BGB sind mit Rechtsfehlern behaftet.

a) Die Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit nach § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB hängt zunächst davon ab, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

aa) Das angefochtene Urteil lässt nicht erkennen, von welcher Verteilung der Darlegungs- und Beweislast das Berufungsgericht im Rahmen des § 1578 b BGB ausgegangen ist. Im Ausgangspunkt trägt der Kläger als Unterhaltsschuldner, der sich mit der Befristung auf eine prozessuale Einwendung beruft, die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der für eine Befristung sprechenden Tatsachen (Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 18 mwN). In die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltspflichtigen fällt deshalb grundsätzlich auch der Umstand, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB entstanden sind. Die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast erfährt jedoch Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen. Nach diesen Grundsätzen trifft den Unterhaltsberechtigten eine sekundäre Darlegungslast, die im Rahmen von § 1578 b BGB zum Inhalt hat, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substanziiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (Senatsurteile BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 23 und vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 - FamRZ 2012, 93 Rn. 22 ff.).

Soweit dafür regelmäßig eine hypothetische Betrachtung angestellt werden muss und diese gerade dann auf unsicherer Tatsachengrundlage steht, wenn der Unterhaltsberechtigte bei Eheschließung noch am Beginn seiner beruflichen Entwicklung stand und die Ehe lange gedauert hat, sind diesbezügliche Schwierigkeiten im Rahmen der an die sekundäre Darlegungslast zu stellenden Anforderungen zu bewältigen, welche nicht überspannt werden dürfen und den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung tragen müssen (Senatsurteil vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 - FamRZ 2012, 93 Rn. 24). Deshalb kann der Unterhaltsberechtigte im Einzelfall seiner sekundären Darlegungslast genügen, wenn er vorträgt, dass in dem von ihm erlernten oder vor der ehebedingten Berufspause ausgeübten Beruf Gehaltssteigerungen in einer bestimmten Höhe mit zunehmender Berufserfahrung oder Betriebszugehörigkeit üblich seien. Wenn indessen ein beruflicher Aufstieg behauptet werden soll, muss der Unterhaltsberechtigte darlegen, aufgrund welcher Umstände (Fortbildungsbereitschaft, besondere Befähigungen, Neigungen oder Talente) er eine entsprechende Karriere gemacht hätte (Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 32 f.).

Solche Umstände hat das Berufungsgericht dem Vorbringen der Beklagten nicht entnommen; vielmehr hat es - von der Revision der Beklagten insoweit unbeanstandet - festgestellt, dass die von der Beklagten nach dem Ende ihrer Berufsausbildung im Jahre 1969 bis zur Geburt des gemeinsamen Sohnes im Jahre 1978 ausgeführten Büro- und Buchführungstätigkeiten einfachen Zuschnitts waren und sich in eher untergeordneten Bereichen entfalteten. Es ist deshalb nicht ohne weiteres ersichtlich, worauf das Berufungsgericht seine weitergehende Erwägung stützt, dass der Beklagten durch die Berufspause die Möglichkeit genommen worden sei, sich eine andere und besser dotierte Position zu erarbeiten. Der von der Beklagten mit Hinweis auf den identischen Ausbildungshintergrund (abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung) angestellte Vergleich zur Erwerbsbiographie des Klägers vermag insoweit nicht zu verfangen. Zwar kann sich der Unterhaltsberechtigte im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch des Hinweises auf vergleichbare Karriereverläufe bedienen, um sein Vorbringen zu den seinerzeit vorhandenen beruflichen Entwicklungschancen plausibel zu machen (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 - FamRZ 2012, 93 Rn. 24). Ein solcher Vergleich kann aber einen substanziierten Vortrag dazu, welche Entwicklungsmöglichkeiten sich für den Unterhaltsberechtigten in seinem Berufsfeld konkret ergeben haben, nicht ersetzen. Darüber hinaus dürften die Erwerbsbiographien der beiden Parteien, die nach dem Abschluss ihrer Berufsausbildung in unterschiedlichen Branchen tätig waren, auch kaum genügend Berührungspunkte aufweisen, um den von der Beklagten gezogenen Schluss zu rechtfertigen, sie könne ohne die durch die eheliche Rollenverteilung bedingte Berufspause die gleichen Einkünfte erzielen wie der Kläger.

bb) Das Berufungsgericht ist demgegenüber auch ohne substanziierten Vortrag der Beklagten davon ausgegangen, dass ehebedingte Nachteile deshalb entstanden seien, weil die Beklagte ohne Eheschließung und Kinderbetreuung eine vollschichtige Tätigkeit mit den im kaufmännischen Bereich üblichen Gehältern ausüben würde.

Allein diese Ausführungen vermögen die Annahme ehebedingter Nachteile von vornherein nicht zu tragen. Der Senat hat bereits ausgesprochen, dass zwar exakte Feststellungen zum hypothetisch erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten nicht notwendig sind. Der Tatrichter kann vielmehr beim Vorliegen einer geeigneten Schätzungsgrundlage, die er unter anderem aus der Anwendung von Erfahrungssätzen im jeweiligen Berufsfeld und aus der Heranziehung tariflicher Regelwerke gewinnen kann, entsprechend § 287 ZPO verfahren, sofern in der Entscheidung die tatsächlichen Grundlagen der Schätzung und ihre Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise angegeben sind (Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 33). Das Berufungsgericht hat indessen überhaupt keine Feststellungen dazu getroffen, wie hoch es die üblichen Gehälter im kaufmännischen Bereich einschätzt, zu denen die Beklagte nach seiner Auffassung bei einer ununterbrochenen Erwerbsbiographie Zugang gehabt hätte. Damit fehlt es an jeder Begründung, warum die heutige Erwerbstätigkeit der Beklagten als Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst ihr nicht das gleiche Einkommensniveau bieten kann, das sie ohne Ehe und Kinderbetreuung bei einer kaufmännischen Tätigkeit erzielt hätte. Auf den Umstand, dass die Beklagte tatsächlich nur 25 Wochenstunden arbeitet und deshalb lediglich Teilzeiteinkünfte erzielt, käme es in diesem Zusammenhang nur dann an, wenn die Gründe, die der Ausübung einer Vollzeittätigkeit entgegenstehen, ihrerseits ehebedingte Ursachen haben (vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 - FamRZ 2012, 93 Rn. 27 und vom 29. Juni 2011 - XII ZR 157/09 - FamRZ 2011, 1721 Rn. 31). Auch hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.

b) Die gegenüber der Feststellung ehebedingter Nachteile zu erhebenden Beanstandungen ergreifen auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Herabsetzung des Unterhalts. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats bemisst sich der angemessene Lebensbedarf, der nach § 1578 b Abs. 1 BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, im Grundsatz nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte; dabei muss es sich grundsätzlich um einen Bedarf handeln, der das Existenzminimum wenigstens erreicht (vgl. zuletzt Senatsurteile vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 - FamRZ 2012, 93 Rn. 27 und vom 29. Juni 2011 - XII ZR 157/09 - FamRZ 2011, 1721 Rn. 27 f.). Mit welchem Betrag nach diesen Maßstäben der angemessene Lebensbedarf der Beklagten zu veranschlagen ist, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, so dass seine Herabsetzungsentscheidung insgesamt nicht nachvollzogen werden kann.

III. Danach kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden, weil es hierzu weiterer tatrichterlicher Feststellungen und Würdigungen bedarf. Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren wird noch auf folgendes hingewiesen:

Die Billigkeitsabwägung nach § 1578 b BGB erschöpft sich nicht in der Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt darüber hinaus das Maß der nachehelichen Solidarität; dies gilt auch für den Aufstockungsunterhalt (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 35). Sollten im vorliegenden Fall keine ehebedingten Nachteile festzustellen sein, so dürften die verbleibenden, besonders gewichtig gegen eine Unterhaltsbegrenzung sprechenden Billigkeitsgesichtspunkte - zum einen die lange Ehedauer und zum anderen die von der Beklagten behaupteten, allerdings vom Berufungsgericht bislang nicht aufgeklärten herausgehobenen Vermögensverhältnisse des Klägers - es nicht rechtfertigen können, der Beklagten einen dauerhaften Aufstockungsunterhalt zuzusprechen.

Die Zurückverweisung gibt dem Kläger auch Gelegenheit, zur Unterhaltsbedürftigkeit seiner zweiten Ehefrau vorzutragen. Sollte hiernach festgestellt werden können, dass eine weitere, nach § 1609 BGB gleichrangige Unterhaltsverbindlichkeit besteht, wäre diese nach den vom Senat entwickelten Grundsätzen (Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - FamRZ 2012, 281 Rn. 41 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers zu berücksichtigen. ..."

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Wurde im Unterhaltsvergleich eine spätere Befristung des Unterhalts vorbehalten, diese jedoch in einem nach Veröffentlichung des Senatsurteils vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03, FamRZ 2006, 1006) verhandelten Abänderungsverfahren nicht geltend gemacht, so ergibt sich weder aus der anschließenden Senatsrechtsprechung noch aus dem Inkrafttreten des § 1578b BGB am 1. Januar 2008 eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse (im Anschluss an Senatsurteil vom 29. September 2010, XII ZR 205/08, FamRZ 2010, 1884; BGH, Urteil vom 23.05.2012 - XII ZR 147/10):

„... 1. Zu Recht ist das Berufungsgericht von der Zulässigkeit der Abänderungsklage ausgegangen.

Auf das im März 2009 eingeleitete Abänderungsverfahren ist wie auf das Verfahren im Allgemeinen nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1, 2 FGG-RG das vor dem 1. September 2009 geltende Recht anzuwenden. Die Zulässigkeit der Abänderungsklage ergibt sich bereits aus § 323 ZPO aF, ohne dass es eines Rückgriffs auf die insoweit nur klarstellende Regelung in § 36 Nr. 1 EGZPO bedarf (vgl. Senatsurteil BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 16).

Der Ehemann hat sich für die Abänderung vor allem auf die gesetzliche Neuregelung des § 1578 b BGB berufen. Hierbei handelt es sich um Gründe, die gemäß § 323 Abs. 2 ZPO aF nach der mündlichen Verhandlung im Vorprozess entstanden sind. Ob die vorgebrachten Umstände auch zutreffend gewürdigt worden sind und eine Abänderung des Ausgangstitels im Ergebnis rechtfertigen, ist dagegen eine Frage der Begründetheit (vgl. Senatsurteile vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 und vom 5. September 2001 - XII ZR 108/00 - FamRZ 2001, 1687, 1689).

2. Die Abänderungsklage führt jedoch nicht zu einer Herabsetzung des geschuldeten Unterhalts, weil nach den bislang getroffenen Feststellungen seit der letzten mündlichen Verhandlung im vorangegangenen Abänderungsverfahren weder eine tatsächliche noch eine rechtliche Änderung eingetreten ist, aufgrund derer eine erneute Prüfung der Voraussetzungen einer Unterhaltsbegrenzung möglich wäre.

a) Zwar ist die Präklusionsvorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO aF nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf Vergleiche nicht anzuwenden (Senatsurteil vom 26. Mai 2010 - XII ZR 143/08 - FamRZ 2010, 1238 Rn. 12 mwN). Die vorgenannte Vorschrift ist allerdings anwendbar, wenn ein Prozessvergleich bereits in einem früheren Abänderungsverfahren durch Urteil abgeändert worden ist (Senatsurteil vom 27. Januar 1988 - IVb ZR 14/87 - FamRZ 1988, 493), wie hier der Vergleich vom 7. April 2005 durch das Urteil vom 15. Mai 2007 abgeändert worden ist.

b) Nach § 323 Abs. 2 ZPO aF ist die Abänderungsklage nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf die sie gestützt wird, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der eine Erweiterung des Klageantrags oder die Geltendmachung von Einwendungen spätestens hätte erfolgen müssen, entstanden sind. Insbesondere zur Absicherung der Rechtskraft unanfechtbar gewordener Entscheidungen ist danach eine Zeitschranke für die Berücksichtigung von Abänderungsgründen errichtet, denn der Möglichkeit einer Abänderung bedarf es nicht, wenn die veränderten Verhältnisse schon im Ausgangsprozess zur Geltung gebracht werden konnten. Maßgebender Zeitpunkt ist der Schluss der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz. Das gilt gleichermaßen für das Erstklage- wie für das Abänderungsverfahren. Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf die Parteistellung oder Zielrichtung des Vorprozesses an, was daraus folgt, dass der Wortlaut des Gesetzes nicht nur auf die Erweiterung des Klageantrags, sondern auch auf die Geltendmachung der rechtserheblichen Einwendungen abstellt und damit beide Parteien dazu anhält, ihren Standpunkt bereits im Ausgangsprozess zur Geltung zu bringen (Senatsurteil vom 17. Mai 2000 - XII ZR 88/98 - FamRZ 2000, 1499, 1501 mwN; vgl. auch Senatsurteil vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 15 mwN).

c) Die Tatsachen, auf die der Ehemann seine vorliegende Abänderungsklage vorrangig stützt, sind jedenfalls bereits vor dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung des Vorprozesses entstanden. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass hinsichtlich der für die Unterhaltsbefristung maßgeblichen Kriterien - Ehedauer, erlittene ehebedingte Nachteile, Alter, Gesundheitszustand - keine Veränderung eingetreten ist.

Die Abänderung des Unterhaltstitels hängt deshalb insoweit davon ab, ob eine - vom Ehemann geltend gemachte - wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse eingetreten ist. Dass sowohl eine Gesetzesänderung als auch eine Änderung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenso wie Veränderungen der entscheidungsrelevanten Tatsachen zur Abänderung einer rechtskräftigen Unterhaltsentscheidung berechtigen, ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 1990 - XII ZR 85/89 - FamRZ 1990, 1091, 1094 und vom 5. September 2001 - XII ZR 108/00 - FamRZ 2001, 1687, 1689 [Gesetzesänderung] und vom 5. Februar 2003 - XII ZR 29/00 - FamRZ 2003, 848 [Rechtsprechungsänderung]) und nunmehr in § 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 323 Abs. 1 Satz 2 ZPO nF auch gesetzlich klargestellt worden (vgl. BR-Drucks. 309/07 S. 575).

Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Rechtsänderung, die den Ehemann berechtigen könnte, eine Abänderung des Ausgangsurteils zu verlangen, nicht eingetreten. Die vom Ehemann angeführten Umstände, namentlich die Einführung des § 1578 b BGB durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) und die seit der mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren veröffentlichte Rechtsprechung des erkennenden Senats haben hinsichtlich des in Rede stehenden Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB die Rechtslage seit dem Vorprozess nicht entscheidend geändert.

aa) Die maßgebliche Änderung seiner Rechtsprechung hat der Senat hinsichtlich der Gewichtung von Ehedauer und ehebedingten Nachteilen im Rahmen der Befristung (§ 1573 Abs. 5 BGB aF) bereits durch sein Urteil vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006) vollzogen (Senatsurteile BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 62; BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 60 und vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 22). Eine Differenzierung danach, ob die geschiedene Ehe kinderlos war oder ob aus ihr Kinder hervorgegangen sind, ist nicht angezeigt (vgl. im einzelnen Senatsurteil vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 18 ff.).

Es erscheint schon zweifelhaft, ob die Ehedauer von neuneinhalb Jahren eine Befristung des Unterhalts nach den Grundsätzen vor der Senatsentscheidung vom 12. April 2006 ausgeschlossen hätte. Jedenfalls nach der Änderung der Rechtsprechung durch den Senat hätte der Ehemann die Befristung und Herabsetzung des Unterhalts bereits im Vorprozess geltend machen können und müssen. Nach dem Stand der Rechtsprechung zum Zeitpunkt der abschließenden mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht am 22. April 2007 kam es vorwiegend auf die Frage an, ob der Ehefrau nach der Scheidung ehebedingte Nachteile verblieben sind. Diese Frage war wegen der unveränderten Tatsachenlage bereits im Vorprozess zu beantworten und nicht erst im vorliegenden Verfahren.

Da die Befristung und Herabsetzung des Unterhalts nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB aF nicht lediglich auf eine Einrede des Unterhaltspflichtigen, sondern bei entsprechendem Sachvortrag von Amts wegen zu überprüfen waren, schließt die Rechtskraft des ersten Abänderungsurteils jedenfalls bei unveränderter Tatsachenlage eine künftige Befristung und Herabsetzung des Unterhalts aus. Im Unterschied zu dem von den Ehegatten ursprünglich geschlossenen Unterhaltsvergleich ist hier auch nicht auf die Vorstellungen der Parteien abzustellen, die im Zweifel noch keinen späteren Ausschluss einer Unterhaltsbegrenzung vereinbaren wollen. Da das Gericht die Frage der Befristung von Amts wegen zu prüfen hat und jedenfalls bei einer abgeschlossenen Entflechtung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten auch nicht offen lassen darf (vgl. Senatsurteil vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 51, 52), erfasst die Rechtskraft des Urteils im Zweifel auch die Möglichkeit einer Befristung, die damit bei unveränderter Tatsachenlage ausgeschlossen ist (Senatsurteil vom 26. Mai 2010 - XII ZR 143/08 - FamRZ 2010, 1238 Rn. 25).

Etwas anderes gilt dann, wenn das Gericht in den Entscheidungsgründen die künftige Befristung etwa wegen einer noch nicht zuverlässig absehbaren Entwicklung der Verhältnisse ausdrücklich offen lässt. In diesem Fall ist die Rechtskraft der Entscheidung entsprechend eingeschränkt. Sie steht einer späteren Berücksichtigung des Befristungseinwands selbst dann nicht entgegen, wenn über eine Befristung richtigerweise bereits im Ausgangsverfahren hätte entschieden werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2010 - XII ZR 143/08 - FamRZ 2010, 1238 Rn. 13, 23 mwN). Eine derartige Einschränkung ist in dem ersten Abänderungsurteil aber nicht enthalten, so dass das Urteil eine umfassende Rechtskraft entfaltet.

bb) Auch durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 hat sich die Rechtslage für die vorliegende Fallkonstellation nicht geändert. Denn eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nach § 323 Abs. 1 ZPO aF (§ 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG; § 323 Abs. 1 Satz 2 ZPO nF) liegt nur vor, wenn die Gesetzesänderung für den konkreten Einzelfall erheblich ist. Das ist hier nicht der Fall.

Für den Fall, dass der Unterhaltsanspruch allein auf § 1573 Abs. 2 BGB (Aufstockungsunterhalt) beruht und zuletzt im Jahr 2007 durch Urteil festgelegt wurde, hat der Senat bereits entschieden, dass sich aus dem Inkrafttreten des § 1578 b BGB am 1. Januar 2008 für sich genommen noch keine Änderung der wesentlichen Verhältnisse ergibt (Senatsurteile BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 60, 62 f. und vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 34). Daran ist auch in der vorliegenden Fallkonstellation einer Ehe mit Kindern festzuhalten (Senatsurteil vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 30 ff.).

Zwar ist für den Fall, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte gemeinsame Kinder betreut hat, der Gesetzeswortlaut geändert worden, indem die in §§ 1573 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2, 1578 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB aF noch enthaltene Regelung, dass eine fortlaufende und ungeminderte Unterhaltszahlung in der Regel nicht unbillig ist, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut, nicht in § 1578 b BGB übernommen worden ist. Damit war aber keine materielle Rechtsänderung verbunden. Denn die Kinderbetreuung stand schon nach der bis 2007 geltenden Rechtslage einer Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts nicht generell entgegen, sondern entsprechend §§ 1573 Abs. 5 Satz 2, 1578 Abs. 1 Satz 3 BGB aF nur in Abhängigkeit von ihrer Dauer.

Der Gesetzgeber ist mit dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 auch insoweit von der bestehenden Rechtsprechung des Senats ausgegangen, die gerade im Jahr 2007 mehrfach auch in Fällen mit Kinderbetreuung ergangen war. Er hat durch die Streichung der einschränkenden Formulierung demnach keine sachliche Änderung vorgenommen, sondern das Gesetz lediglich entsprechend klargestellt (vgl. Senatsurteile BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 60 und vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 34; BT-Drucks. 16/1830 S. 18 ff.).

cc) Auch auf § 36 Nr. 1 EGZPO lässt sich eine Abänderung des Ausgangsurteils nicht stützen (Senatsurteil vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 33 ff.).

Wie der Senat bereits entschieden hat (BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 62, 63), eröffnet § 36 Nr. 1 EGZPO keine eigenständige Abänderungsmöglichkeit, sondern stellt lediglich klar, dass die Gesetzesänderung ein Anwendungsfall des § 323 Abs. 1 ZPO aF ist. Denn nach der Gesetzesbegründung handelt es sich hierbei nicht um einen eigenen, neu geschaffenen Abänderungsrechtsbehelf. In der Sache ist eine Anpassung von bestehenden Titeln und Unterhaltsvereinbarungen danach nur möglich, wenn eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 32 f.). Die Wesentlichkeitsschwelle ist im Sinne von § 323 Abs. 1 ZPO zu verstehen. In einer Gesamtschau aller Umstände ist zu prüfen, in welchem Umfang sich die für Unterhaltsverpflichtung und -bemessung maßgeblichen Verhältnisse geändert haben (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 33).

Dadurch wird zugleich bestätigt, dass das neue Unterhaltsrecht nur dann zur Abänderung bestehender Titel berechtigt, wenn bestimmte Umstände erst durch die Gesetzesänderung erheblich geworden sind und dieses gegenüber der bisherigen Rechtslage zu einer wesentlichen Änderung führt. Auch durch § 36 Nr. 2 EGZPO soll - nur - sichergestellt werden, dass Umstände, die erst durch das neue Recht erheblich geworden sind, in das Verfahren eingeführt werden können (BT-Drucks. 16/1830 S. 33).

Im vorliegenden Fall sind die für die Befristung angeführten Umstände nicht erst durch das neue Unterhaltsrecht erheblich geworden. Sie hätten bereits aufgrund der zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess geltenden Gesetzeslage und Rechtsprechung für eine Befristung des Unterhalts vorgebracht werden können. ..."

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Beim Unterhaltsanspruch wegen Betreuung von Kindern ab der Altersgrenze von drei Jahren ist zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder gesichert werden könnte (im Anschluss an BGH, 18. März 2009, XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770). An die für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts insbesondere aus kindbezogenen Gründen erforderlichen Darlegungen (hier: bei drei minderjährigen Kindern und von der Unterhaltsberechtigten zu leistenden Fahrdiensten an den Nachmittagen) sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen (im Anschluss an BGH, 15. Juni 2011, XII ZR 94/09, FamRZ 2011, 1375). Zur Beurteilung einer überobligationsmäßigen Belastung im Rahmen der Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist auch der Aspekt einer gerechten Lastenverteilung zwischen unterhaltsberechtigtem und unterhaltspflichtigem Elternteil zu berücksichtigen (im Anschluss an BGH, 18. März 2009, XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770; BGH, 16. Juli 2008, XII ZR 109/05, FamRZ 2008, 1739 und BGH, 21. April 2010, XII ZR 134/08, FamRZ 2010, 1050). Hat der Unterhaltspflichtige nach dem - unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbaren - Verlust seines Arbeitsplatzes eine Abfindung erhalten und hat er im Anschluss daran eine neue Arbeitsstelle mit dauerhaft geringerem Einkommen gefunden, so ist die Abfindung bis zur Höchstgrenze des Bedarfs aufgrund des früheren Einkommens grundsätzlich für den Unterhalt zu verwenden (im Anschluss an BGH, 28. März 2007, XII ZR 163/04, FamRZ 2007, 983 und BGH, 2. Juni 2010, XII ZR 138/08, FamRZ 2010, 1311; teilweise Aufgabe von BGH, 29. Januar 2003, XII ZR 92/01, FamRZ 2003, 590). Ob eine Aufstockung bis zum bisherigen Einkommen geboten ist und der bisherige Lebensstandard vollständig aufrechterhalten werden muss, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen, insbesondere auch nach der vom Unterhaltspflichtigen zu erwartenden weiteren Einkommensentwicklung (BGH, Urteil vom 18.04.2012 - XII ZR 65/10 zu §§ 1570 I BGB, 1573, 1578,1578b BGB).


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Ist ein Unterhaltsberechtigter altersbedingt nicht mehr erwerbstätig, richtet sich sein Unterhalt für den durch die Rente nicht gedeckten Bedarf allein nach § 1571 BGB (Altersunterhalt - in Abgrenzung zu Senatsurteil vom 3. Februar 1999, XII ZR 146/97, FamRZ 1999, 708, 709).Kann der Unterhaltsberechtigte in der Zeit nach der Zustellung des Scheidungsantrags ehebedingt nicht das Einkommen erzielen, was er ohne Ehe hätte erzielen können, sind die daraus folgenden Rentennachteile im Rahmen des § 1578b BGB grundsätzlich als ehebedingte Nachteile zu berücksichtigen. Etwas anderes gilt aber, wenn sie durch andere mit der Ehe verbundene Vorteile kompensiert werden (im Anschluss an Senatsurteil vom 8. Juni 2011, XII ZR 17/09, FamRZ 2011, 1381 Rn. 33). Die Frage, ob der Unterhaltsberechtigte ehebedingt auf eine berufliche Karriere verzichtet hat, ist im Rahmen des § 1578b BGB allein unter dem Gesichtspunkt des ehebedingten Nachteils von Bedeutung. Die nacheheliche Solidarität erfasst demgegenüber andere Umstände, die unabhängig von ehebedingten Nachteilen Auswirkungen auf den konkreten Unterhaltsanspruch haben (BGH, Urteil vom 07.03.2012 - XII ZR 145/09):

„... 4. Die im Rahmen des § 1578 b BGB vom Berufungsgericht durchgeführte Billigkeitserwägung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist bei der Billigkeitsabwägung insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Ein ehebedingter Nachteil äußerst sich in der Regel darin, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne die Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde (Senatsurteil vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 - FamRZ 2012, 197 Rn. 25 mwN).

b) Diesen Anforderungen wird das Berufungsurteil nicht gerecht.

Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht allerdings daraufhin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - XII ZR 157/09 - FamRZ 2011, 1721 Rn. 21 mwN). Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - XII ZR 157/09 - FamRZ 2011, 1721 Rn. 21 mwN).

aa) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach die Beklagte ehebedingte Nachteile erlitten habe, soweit sie in der Zeit von der Zustellung des Scheidungsantrags bis Ende 1986 nicht voll erwerbstätig gewesen sei und infolge dessen Einbußen bei der Rente zu beklagen habe, sind nicht frei von Rechtsfehlern.

Zwar wird der hier in Rede stehende Nachteil in der Altersversorgung, den das Oberlandesgericht auf 50 € bis 60 € geschätzt hat, nicht unmittelbar von dem Versorgungsausgleich erfasst (s. hierzu Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - XII ZR 157/09 - FamRZ 2011, 1721 Rn. 29 mwN), weil er nicht mehr in die Ehezeit fällt. Jedoch hat das Berufungsgericht verkannt, dass diese Einbuße auch anderweit kompensiert werden kann.

Ob ehebedingte Nachteile entstanden sind, ist zu ermitteln, indem die Lage, wie sie sich ohne Eheschließung und die gewählte Rollenverteilung ergeben hätte, und die tatsächlich bestehende Lage gegenüber gestellt werden. Dabei können zunächst entstandene Nachteile durch andere mit der Ehe verbundene Vorteile - auch nach der Ehescheidung - kompensiert worden sein (Senatsurteil vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 33).

Der Kläger hat der Beklagten ausweislich des Unterhaltsvergleichs keinen Altersvorsorgeunterhalt geschuldet, weshalb der Nachteil nicht auf diese Weise kompensiert worden ist (s. dazu Senatsurteil vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 33). Jedoch erzielt die Beklagte ausweislich der Feststellungen des Berufungsgerichts infolge des Versorgungsausgleichs Renteneinkünfte, die über ihrem bis dahin erzielten Erwerbseinkommen liegen. Danach drängt sich der Schluss auf, dass die Beklagte wegen des Versorgungsausgleichs eine höhere Rente erzielt, als sie dies ohne Heirat bei durchgehender Erwerbstätigkeit getan hätte. Damit wären die vom Oberlandesgericht angenommenen Rentennachteile zumindest kompensiert.

Soweit das Berufungsgericht ehebedingte Nachteile aus dem Gesichtspunkt einer "nicht stattgefundenen Karriereentwicklung" unberücksichtigt gelassen hat, ist der Kläger hierdurch nicht beschwert.

bb) Ebenso wenig hält die unter dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität durchgeführte Billigkeitsabwägung einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

(1) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung hat das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Die Ehedauer gewinnt im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt (Senatsurteil vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 - FamRZ 2012, 197 Rn. 31 mwN).

(2) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Abwägung wird diesen Anforderungen nicht gerecht.

(a) Nicht zu beanstanden ist jedoch, dass das Berufungsgericht im Rahmen seiner Abwägung zugunsten der Beklagten berücksichtigt hat, dass diese den Kläger am Anfang der Ehe durch ihr eigenes Erwerbseinkommen sowie mit ihrer Erbschaft unterstützt hat und dass sie sich um die Kindesbetreuung gekümmert hat.

Ebenso wenig ist etwas dagegen zu erinnern, dass das Berufungsgericht das Vertrauen der Beklagten auf einen dauerhaften Unterhaltsanspruch und den Umstand, dass die Beklagte keinerlei Chancen mehr habe, den Unterhaltsausfall durch eigene berufliche Disposition abzufangen, zu ihren Gunsten gewürdigt hat. Bereits bei der Überprüfung der Unbilligkeit nach § 1578 b BGB ist zu berücksichtigen, dass der Unterhaltsanspruch durch Vereinbarung festgelegt ist. Wie das Gesetz in § 36 Nr. 1 EGZPO klarstellt, gilt dies bei Unterhaltstiteln oder -vereinbarungen nach der bis Dezember 2007 bestehenden Rechtslage in noch stärkerem Maße. Dass dieser Gesichtspunkt in § 36 Nr. 1 EGZPO gesondert geregelt ist, hindert seine Heranziehung im Rahmen des § 1578 b BGB nicht. Weil die Beurteilung der Begrenzung hiernach vielmehr auf einer umfassenden Interessenabwägung beruhen muss, ist die Berücksichtigung der Titulierung im Rahmen des § 1578 b BGB sogar geboten (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 32).

(b) Im Übrigen ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Billigkeitsabwägung jedoch fehlerhaft.

(aa) Das Berufungsgericht hat für die Bemessung der nachehelichen Solidarität darauf abgestellt, dass die Beklagte aufgrund des seinerzeit vorherrschenden Rollenverständnisses auf eine eigene berufliche Karriere verzichtet habe. Dabei hat es verkannt, dass dieser Aspekt allein für die Frage von Bedeutung ist, ob die Beklagte einen - insoweit vom Berufungsgericht verneinten - ehebedingten Nachteil erlitten hat. Der Gesetzgeber wollte mit der entsprechenden Regelung des § 1578 b BGB einen Ausgleich der Nachteile bewirken, die dadurch entstehen, dass der Unterhaltsberechtigte wegen der Aufgabenverteilung in der Ehe, insbesondere der Kinderbetreuung, nach der Scheidung nicht oder nicht ausreichend für seinen eigenen Unterhalt sorgen kann (Senatsurteil vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 - FamRZ 2012, 197 Rn. 28). Der Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität erfasst demgegenüber andere Umstände, die unabhängig von ehebedingten Nachteilen Auswirkungen auf den konkreten Unterhaltsanspruch haben.

Hinzu kommt, dass das Berufungsgericht den Aspekt des Karriereverzichts widersprüchlich gewürdigt hat. Einerseits hat es im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte einen ehebedingten Nachteil erlitten hat, die Aufnahme eines Lehramtsstudiums als Spekulation zurückgewiesen. Andererseits hat es eine solche - hypothetische - Karriere bei der Bemessung der nachehelichen Solidarität zugunsten der Beklagten berücksichtigt. Dazu hat es ausgeführt, dass die Beklagte auf eine Zusatzausbildung verzichtet und damit die ehebedingten Nachteile gering gehalten habe und dass die Erwerbsbiografie der Beklagten zeige, dass mit der Entscheidung für ein Kind die Chance für eine Zusatzausbildung praktisch vertan gewesen sei. Diese Ausführungen sind in sich widersprüchlich. Der Verzicht auf eine Zusatzausbildung bedeutet im Umkehrschluss, dass die Beklagte diese - vom Berufungsgericht noch beim ehebedingten Nachteil als Spekulation verneinte - Option überhaupt gehabt hätte. Überdies ist auch der weitere, vom Berufungsgericht hieraus gezogene Schluss, wonach die Beklagte mit dem Verzicht auf eine solche Zusatzausbildung die ehebedingten Nachteile "gering gehalten" habe, nicht nachvollziehbar. Denn die Aufgabe einer möglichen Karriere lässt die ehebedingten Nachteile erst entstehen.

(bb) Zu Recht rügt die Revision, dass das Berufungsgericht bei seiner Abwägung zudem nicht die vom Kläger geleisteten Unterhaltszahlungen gewürdigt hat. Denn im Rahmen von § 1578 b BGB ist die Gesamtbelastung des Unterhaltspflichtigen durch den Unterhalt ebenfalls ein Billigkeitskriterium (Senatsurteile vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 - FamRZ 2012, 197 Rn. 37 und vom 30. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 22).

Den Gründen des Berufungsurteils lässt sich entnehmen, dass der Kläger erstmals 1974 Trennungsunterhalt gezahlt hat. Genaue Feststellungen zu Höhe und Zeitraum vor allem auch der Leistung nachehelichen Unterhalts fehlen indes, obgleich der Kläger im instanzgerichtlichen Verfahren hierzu konkret vorgetragen hat. Aus dem Prozessvergleich vom 21. Juli 1995 ergibt sich jedenfalls, dass der Kläger eine Unterhaltsnachzahlung von 49.000 DM und seit August 1995 laufenden Unterhalt von monatlich 1.050 DM und ab Januar 1996 von 1.100 DM zu zahlen hatte.

(cc) Überdies hat sich das Berufungsgericht nicht mit der Frage auseinander gesetzt, wie sehr die Parteien wirtschaftlich noch miteinander verflochten sind.

Durch eine zunehmende Entflechtung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse der geschiedenen Ehegatten, die umso gewichtiger wird, je weiter die Scheidung zurückliegt, wird das Maß der geschuldeten nachehelichen Solidarität begrenzt (vgl. Senatsurteile vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 - FamRZ 2012, 197 Rn. 37; vom 29. Juni 2011 - XII ZR 157/09 - FamRZ 2011, 1721 Rn. 23 f. und vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 36).

Anlass für eine Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes bestand schon deshalb, weil die Beklagte durch die frühe Wiederaufnahme ihrer Erwerbstätigkeit im Jahr 1974 und ihre kontinuierliche Tätigkeit bis zum Renteneintritt im Jahr 2007 an ihre Lebensstellung, die sie bereits vor der Geburt des Kindes innehatte, anknüpfte. Hinzu kommt, dass die Ehe, die bis zur Zustellung des Scheidungsantrages lediglich rund 13 Jahre dauerte, bezogen auf den vom Kläger begehrten Abänderungszeitpunkt (August 2007) bereits seit über 25 Jahren geschieden war.

(dd) Schließlich hätte das Berufungsgericht bei der Billigkeitsabwägung auch nicht unberücksichtigt lassen dürfen, dass die Beklagte durch den Versorgungsausgleich eine erhebliche Aufbesserung ihrer Rente erfahren hat, die nunmehr deutlich über ihrem angemessenen Lebensbedarf liegt. Dass die Beklagte hinsichtlich ihres Vertrauens auf den Unterhalt Dispositionen getroffen hätte, denen zufolge sie auf den Unterhalt angewiesen wäre, ist demgegenüber nicht festgestellt.

5. Nicht zu beanstanden - und von der Revision auch nicht gerügt - sind hingegen die Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Beklagte auf den Unterhalt für die Zeit ab Renteneintritt verzichtet habe und ihr Unterhaltsanspruch auch nicht gemäß § 1579 Nr. 2 BGB zu versagen sei. ..."

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Zur Herabsetzung eines vor der Unterhaltsrechtsreform durch Vergleich titulierten Unterhaltsanspruchs nach dem Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung durch den Unterhaltsberechtigten ( BGH, Urteil vom 07.03.2012 - XII ZR 179/09):

„... 4. Im Rahmen der gemäß § 313 BGB vorzunehmenden Vertragsanpassung ist der Unterhaltsanspruch nach Auffassung der Revision zu befristen. Auf die geltend gemachte Regelung ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden (Art. 4 Unterhaltsrechtsänderungsgesetz; vgl. auch Art. 36 Nr. 7 EGZPO und Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 27 und BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 31). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist eine Begrenzung des Unterhalts nicht ausgeschlossen. Vielmehr lässt die vorzunehmende Billigkeitsabwägung nach den getroffenen Feststellungen sowohl eine Herabsetzung als auch eine Befristung naheliegend erscheinen.

a) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre.

Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Ein ehebedingter Nachteil äußert sich in der Regel darin, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde (Senatsurteile vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 - FamRZ 2012, 197 Rn. 24; vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 19 und vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 22).

b) Nach den getroffenen Feststellungen kann die Beklagte seit dem Jahr 2004 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres im September 2011 ausschließlich Unterhalt wegen Krankheit nach § 1572 BGB verlangen, da sie seitdem Erwerbsunfähigkeitsrente wegen voller Erwerbsminderung bezog (zur Abgrenzung von Krankheitsunterhalt und Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB vgl. Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 20).

Beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB, bei dem die Krankheit selbst regelmäßig nicht ehebedingt ist, ist ein ehebedingter Nachteil denkbar, wenn ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsunfähigkeitsrente infolge der Ehe oder Kindererziehung geringer ist als sie ohne die Ehe wäre oder sie vollständig entfällt (Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 34; vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Rn. 36 und vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 19). Insoweit entsprechen sich Krankheitsunterhalt nach § 1572 und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB. In beiden Fällen ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB können also nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 43; vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508 Rn. 25 und vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 19).

Ein ehebedingter Nachteil wegen Aufgabe der Erwerbstätigkeit infolge der Kindererziehung und Haushaltstätigkeit kann sich allerdings dann ergeben, wenn deswegen die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt sind. In solchen Fällen besteht der Nachteil im Verlust der ohne Ehe und Kindererziehung erzielbaren Erwerbsunfähigkeitsrente. Der sich daraus ergebende ehebedingte Nachteil entfällt allerdings mit dem Beginn der Altersrente, weil für diese nach den §§ 35 ff. SGB VI neben der Erfüllung der Wartezeit und der Altersvoraussetzung keine Mindestzahl von Pflichtbeiträgen - wie bei der Erwerbsunfähigkeitsrente gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI - erforderlich ist (Senatsurteil vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 20).

c) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzes allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung hat das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Wesentliche Aspekte sind die Ehedauer, die Rollenverteilung während der Ehe wie auch die vom Unterhaltsberechtigten während der Ehe erbrachte Lebensleistung (Senatsurteile vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 - FamRZ 2012, 197 Rn. 31 und vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Rn. 39). Bei der Beurteilung der Unbilligkeit der fortwährenden Unterhaltszahlung sind ferner die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien sowie Umfang und Dauer des vom Unterhaltspflichtigen bis zur Scheidung gezahlten Trennungsunterhalts von Bedeutung (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 28).

Bereits bei der Prüfung der Unbilligkeit nach § 1578 b BGB ist außerdem zu berücksichtigen, ob der Unterhaltsanspruch tituliert ist. Denn einem titulierten oder durch Vereinbarung festgelegten Unterhalt kommt ein größerer Vertrauensschutz zu als einem nicht vertraglich festgelegten oder durch Titulierung gesicherten Anspruch. Wie das Gesetz in § 36 Nr. 1 EGZPO klarstellt, gilt dies bei Unterhaltstiteln oder -vereinbarungen nach der bis Dezember 2007 bestehenden Rechtslage in noch stärkerem Maße. Dass dieser Gesichtspunkt in § 36 Nr. 1 EGZPO gesondert geregelt ist, hindert seine Heranziehung im Rahmen von § 1578 b BGB nicht. Da die Beurteilung der Begrenzung und Befristung nach § 1578 b BGB vielmehr auf einer umfassenden Interessenabwägung beruhen muss, ist die Berücksichtigung der Titulierung im Rahmen des § 1578 b BGB sogar geboten. Dass damit die Zumutbarkeit nach § 36 Nr. 1 EGZPO bereits in dem insoweit umfassenderen Tatbestand des § 1578 b BGB aufgeht, ist unbedenklich, weil bei einem Zusammentreffen der Abänderung eines Alttitels und einer Befristung den gesetzlichen Wertungen des § 36 Nr. 1 EGZPO bereits im Rahmen der Befristung nach § 1578 b BGB in vollem Umfang Rechnung getragen ist (Senatsurteile vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 -FamRZ 2012, 197 Rn. 32 und vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 32).

d) Danach hält die vom Berufungsgericht vorgenommene Billigkeitsabwägung einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

aa) Zwar ist die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung in Betracht kommenden Gesichtspunkte Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (Senatsurteile vom 29. Juni 2011 - XII ZR 157/09 - FamRZ 2011, 1721 Rn. 21 und vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 47). Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 29. Juni 2011 - XII ZR 157/09 - FamRZ 2011, 1721 Rn. 21 und vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 19).

Nach diesen Prüfungsmaßstäben wendet sich die Revision zu Recht gegen die Ablehnung einer Unterhaltsbegrenzung.

bb) Das Berufungsgericht hat einen ehebedingten Nachteil der Beklagten darin gesehen, dass sie im Hinblick auf die Überforderung, die sich aus der Krankheit in Verbindung mit der Geburt der Kinder und dem Auslandsaufenthalt der Parteien ergeben habe, ihr zweites Staatsexamen als Lehrerin nicht abgeschlossen und deshalb nicht den Weg in den Staatsdienst gefunden habe. Dies ist bereits nicht widerspruchsfrei. Denn das Berufungsgericht ist im Rahmen der Frage der Erwerbsfähigkeit der Beklagten davon ausgegangen, dass sie nie eine ernsthafte Chance auf Übernahme in den Staatsdienst gehabt habe, weil sie von einer Lehrtätigkeit unter üblichen Bedingungen überfordert gewesen sei (BU 16 oben). Darauf kommt es aber nicht entscheidend an. Nachdem die Beklagte in der noch streitgegenständlichen Zeit ab Januar 2008 erwerbsunfähig war, lagen die Voraussetzungen des § 1572 BGB (Unterhalt wegen Krankheit) bzw. ab Vollendung des 65. Lebensjahres des § 1571 BGB (Unterhalt wegen Alters) vor. Insoweit können sich - wie ausgeführt - ehebedingte Nachteile nur aus einer infolge der Rollenverteilung während der Ehe unzureichenden Versorgung für den Fall der Erwerbsunfähigkeit bzw. des Alters ergeben. Da der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge in erster Linie durch den Versorgungsausgleich erfolgt, hätte es Feststellungen dazu bedurft, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein solcher durchgeführt worden ist. Daran fehlt es. In den mangelnden rechtlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente kann im vorliegenden Fall jedenfalls kein ehebedingter Nachteil liegen, da der Beklagten eine solche Rente gewährt wurde.

Von einem ehebedingten Nachteil kann deshalb im Revisionsverfahren nicht ausgegangen werden. Die Krankheit eines unterhaltsbedürftigen Ehegatten stellt regelmäßig keinen ehebedingten Nachteil dar, denn sie wird allenfalls in Ausnahmefällen auf der Rollenverteilung in der Ehe oder sonstigen mit der Ehe zusammenhängenden Umständen beruhen (Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 33; vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Rn. 37; vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 42 und vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 1414 Rn. 17). Dass es hier anders wäre, ist nach den getroffenen Feststellungen nicht anzunehmen. Vielmehr litt die Beklagte schon viele Jahre vor der Heirat unter einer Tabletten- und Alkoholabhängigkeit.

cc) Auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Vertrauen in die nacheheliche Solidarität tragen den Ausschluss einer Befristung nicht.

(1) Die in Bezug genommene Auffassung, der Gesetzgeber sei nicht der Ansicht gewesen, dass im Falle des Bestehens einer Krankheit zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung die nacheheliche Solidarität, in der die Rechtfertigung für die Unterhaltstatbestände liege, irgendwann nach der Ehe ende und dann die gesellschaftliche Solidarität einzutreten habe, trifft nicht zu. Mit dieser Begründung wäre die Befristung des Krankheitsunterhalts überhaupt ausgeschlossen. Dies widerspräche indessen dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, der eine Befristungsmöglichkeit über den Unterhalt nach § 1573 BGB hinaus auch auf die weiteren Unterhaltsansprüche, insbesondere auf den Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB und den Altersunterhalt nach § 1571 BGB, ausdehnen wollte (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 26).

(2) Das vom Berufungsgericht maßgeblich angeführte Vertrauen der Beklagten auf den lebenslangen Bestand des Unterhaltsvergleichs war jedenfalls seit Erhebung der Abänderungsklage im Jahre 1992 nicht mehr gerechtfertigt. Abgesehen von der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit die Beklagte für ihren Unterhaltsbedarf selbst aufkommen konnte, sah das Gesetz seit Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 20. Februar 1986 am 1. April 1986 in § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB aF bereits die Möglichkeit der Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Lebensbedarf vor. Soweit die Beklagte noch zeitweise erwerbstätig war und Unterhalt nach § 1573 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB beanspruchte, enthielt § 1573 Abs. 5 BGB aF seit 1986 eine Befristungsmöglichkeit. Deshalb musste die Beklagte seit Jahren damit rechnen, dass der Vergleich auf die erhobene Klage abgeändert werden konnte. Hinzu kommt, dass der Kläger offensichtlich seit 1992 keinen Unterhalt mehr gezahlt hat, so dass sie seitdem auf sich selbst gestellt war.

(3) Die Ehedauer hat das Berufungsgericht mit der Zeit von 1975 bis 1985 zugrunde gelegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist indessen auf die Zeit von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrags abzustellen (BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 34 mwN). Der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ist nicht festgestellt worden.

(4) Außerdem ist in die Würdigung des Berufungsgerichts die wirtschaftliche Gesamtbelastung des Klägers nicht eingeflossen. Es ist nicht festgestellt, inwieweit er Trennungsunterhalt gezahlt hat. Nach dem Vergleich war jedenfalls für das Jahr 1985 ein solcher von monatlich 1.164 DM geschuldet. Darüber hinaus ist unberücksichtigt geblieben, dass der Kläger nach dem für die Zeit von 1992 bis 2007 in Rechtskraft erwachsenen Ausspruch des Berufungsurteils mehr als 65.000 € an Unterhalt zu zahlen hat. Zudem war der Kläger sowohl für die Betreuung des Sohnes M. als auch für dessen Barunterhalt verantwortlich, da er die Beklagte nach dem Vergleich im Innenverhältnis von Ansprüchen auf Kindesunterhalt für M. freigestellt hat. Ferner ist unbeachtet geblieben, dass dem Kläger nach der Unterhaltsbemessung des Berufungsgerichts weniger an Mitteln zur Verfügung steht als der Beklagten. Deshalb trifft ihn die uneingeschränkte Unterhaltsverpflichtung besonders hart.

(5) Als weiteren gegen eine Befristung sprechenden Umstand hat das Berufungsgericht in seine Beurteilung einbezogen, dass die Dauer des Rechtsstreits mit mehreren Begutachtungen der Beklagten eine erhebliche Belastung für diese dargestellt habe. Der genannte Gesichtspunkt kann indessen kein tauglicher Aspekt der Billigkeitsabwägung nach § 1578 b BGB sein, weil der Kläger damit in zulässiger Weise seine prozessualen Rechte wahrgenommen hat (vgl. Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 69/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 20).

5. Eine Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB, die bis auf den angemessenen Lebensbedarf (vgl. hierzu Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 22 mwN) erfolgen kann, hat das Berufungsgericht für die Zeit ab Januar 2008 ersichtlich nicht erwogen. Eine solche kann nach den getroffenen Feststellungen indessen ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Maßgebend ist auch insoweit eine Billigkeitsabwägung unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Kriterien.

III. Danach kann das Berufungsurteil im angefochtenen Umfang keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden, da es hierzu weiterer Feststellungen bedarf. Die Sache ist deshalb im Umfang der Revision an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass eine dem Revisionsbegehren entsprechende Befristung zur Folge hätte, dass der Beklagten keine Übergangsfrist zugebilligt würde, weil eine Befristung des Krankheitsunterhalts nach § 1572 BGB erst seit dem 1. Januar 2008 möglich ist. Eine dauerhafte Unterhaltsverpflichtung dürfte unter den Umständen des vorliegenden Falles allerdings unbillig sein. Gegen die Beurteilung, dass der Unterhalt nicht nach § 1579 BGB zu versagen ist, bestehen keine rechtlichen Bedenken. ..."

***

Die geraume Zeit vor Eheschließung aufgenommene Kinderbetreuung und ein damit verbundener Arbeitsplatzwechsel begründen keinen ehebedingten Nachteil (im Anschluss an Senatsurteile vom 6. Oktober 2010, XII ZR 202/08, FamRZ 2010, 1971; BGH, 26. Mai 2010, XII ZR 143/08, BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 und vom 2. Februar 2011, XII ZR 11/09, FamRZ 2011, 1377). Die Zeit der vorehelichen Kinderbetreuung ist auch nicht der Ehedauer zuzurechnen. Ein ehebedingter Nachteil kann sich allerdings aus der Fortsetzung der Kinderbetreuung nach der Eheschließung ergeben, soweit ein Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene oder fortgeführte Rollenverteilung auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verzichtet. Er kann darin bestehen, dass der Ehegatte aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe eine dauerhafte Einkommenseinbuße erleidet ( BGH, Urteil vom vom 07.03.2012 - XII ZR 25/10):

„... 3. Die vom Berufungsgericht zur Befristung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB bzw. § 1573 Abs. 5 BGB aF angestellten Erwägungen sind nicht frei von Rechtsfehlern, die sich im Ergebnis aber nicht auswirken.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen die aus der vorehelichen Kindererziehung hervorgegangenen Verflechtungen der Annahme einer Ehe von kurzer Dauer entgegen. Damit hat das Berufungsgericht ersichtlich die Zeiten der vorehelichen Kinderbetreuung der Ehedauer gleichgestellt. Ferner hat es - wenn auch im Widerspruch zu seiner Betrachtung für die Zeit ab 1. Januar 2008 - die Aufgabe der Vollzeitstelle aus Anlass der Geburt des zweiten Sohnes als fortwirkenden ehebedingten Nachteil angesehen.

a) Die gesetzliche Regelung stellt in § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB darauf ab, inwiefern "durch die Ehe" Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Auch Nachteile gemäß § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB, die infolge der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes entstanden sind, beziehen sich auf "solche Nachteile", also durch die Ehe entstandene Nachteile und zudem auf die Kindererziehung "während der Ehe". Auch wenn damit nicht ausgeschlossen ist, dass noch durch die nacheheliche Kinderbetreuung Nachteile entstehen oder vergrößert werden können, ist jedenfalls eine mehrere Jahre praktizierte voreheliche Kinderbetreuung davon nicht erfasst. Dementsprechend hat der Senat entschieden, dass eine mehrere Jahre vor Eheschließung vollzogene berufliche Veränderung keinen ehebedingten Nachteil begründet, auch wenn diese durch das voreheliche Zusammenleben veranlasst worden war (Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 25; BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 39; vgl. auch Senatsurteil vom 2. Februar 2011 - XII ZR 11/09 - FamRZ 2011, 1377 Rn. 20).

Damit steht im Einklang, dass allein das Zusammenleben in nichtehelicher Lebensgemeinschaft vor der Eheschließung keine rechtlich gesicherte Position begründet. Ein Unterhaltsanspruch gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB beruht allein auf der Kinderbetreuung (vgl. Senatsurteil BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739 Rn. 32 f.), während ein über die Kindesbetreuung hinausgehender Unterhalt selbst dann nicht geschuldet ist, wenn dem Elternteil durch die Betreuung bleibende Nachteile entstanden sind. Die spätere Eheschließung wirkt nicht auf die Zeit des vorherigen Zusammenlebens und der Betreuung gemeinschaftlicher Kinder zurück. Soweit die Revisionserwiderung darauf hinweist, dass sich der Anspruch aus § 1615 l BGB auch aus elternbezogenen Gründen verlängern kann, gilt dies nur im Rahmen der fortbestehenden Kinderbetreuung, ohne einen darüber hinausgehenden Unterhaltsanspruch begründen zu können.

b) Ein ehebedingter Nachteil kann sich allerdings aus der Fortsetzung der Kinderbetreuung nach der Eheschließung ergeben, soweit ein Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene oder fortgeführte Rollenverteilung auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet. Ein Nachteil entsteht dem Ehegatten in diesem Fall dann, wenn er bei Eheschließung aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe keine (weitergehende) Erwerbstätigkeit aufnimmt und ihm dadurch eine dauerhafte Einkommenseinbuße entsteht.

c) Die Zeit der vorehelichen Kinderbetreuung und -erziehung kann aus denselben Gründen auch nicht der Ehedauer zugeschlagen werden. Denn eine über den Unterhalt nach § 1615 l BGB hinausgehende Rechtsposition wird erst durch die Eheschließung begründet. Da diese nicht auf den Beginn des Zusammenlebens oder der Betreuung gemeinsamer Kinder zurückwirkt, ist auch insoweit eine geraume Zeit vor Eheschließung aufgenommene Kinderbetreuung und -erziehung nicht zu berücksichtigen.

d) Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht einen ehebedingten Nachteil nur in Bezug auf die Zeit bis Dezember 2007 angenommen, während es für die Zeit ab Januar 2008 davon ausgegangen ist, dass sich ehebedingte Nachteile "nicht mehr feststellen" ließen. Dies hat es damit begründet, dass die Beklagte nach den Feststellungen des Sachverständigen krankheitsbedingt nur eingeschränkt erwerbsfähig sei, während sie ohne die Erkrankung ihr früheres Einkommen wieder erreichen könnte. Aus diesem Grund hätte das Berufungsgericht einen (fortwirkenden) ehebedingten Nachteil indessen durchgehend verneinen müssen, weil die Krankheit schon früher bestand und sich aus der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2008 im Hinblick auf die Berücksichtigung ehebedingter Nachteile im Bereich des Aufstockungsunterhalts keine materielle Änderung ergeben hat.

Zum Nachteil des Klägers kann sich indessen nur ausgewirkt haben, dass das Berufungsgericht für die Zeit bis zum 31. Dezember 2007 eine Befristung nicht für zulässig erachtet hat. Da dieses aber im Hinblick auf den Krankheitsunterhalt durchaus zutreffend war, ist insoweit nicht davon auszugehen, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts davon maßgeblich beeinflusst worden ist. Zwar ist vom Berufungsgericht zudem wegen der vorehelichen Kinderbetreuung eine kurze Ehedauer verneint und die fragliche Zeit daher der Sache nach der Ehedauer zugerechnet worden. Die Entscheidung zur Befristung (erst) zum 31. Dezember 2009 erweist sich dennoch im Ergebnis als zutreffend. Denn allein der längeren Ehedauer ist kein wesentliches Gewicht zugemessen worden, was sich an der Befristung bereits zum 31. Dezember 2009 und somit rund sechs Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung zeigt. Des Weiteren hat das Berufungsgericht den Unterhalt zu Unrecht schon ab Januar 2008 wegen der Wiederverheiratung des Klägers deutlich vermindert, obwohl aufgrund seiner Feststellungen bis Oktober 2008 von einem unterhaltsrechtlichen Nachrang der jetzigen Ehefrau auszugehen ist. Da sich deswegen die Unterhaltsverpflichtung des Klägers verringert hat und dies - da zu Gunsten des Klägers als Revisionsführers - auch nicht mehr nachträglich korrigiert werden wird, erscheint trotz der unrichtigen Erwägungen zur Ehedauer eine Unterhaltszahlung in dem zuerkannten - teilweise zu niedrig festgesetzten - Umfang bis zum 31. Dezember 2009 jedenfalls nicht als unbillig. Daher kann der Senat abschließend entscheiden, zumal mit einer abweichenden tatrichterlichen Beurteilung zu Gunsten des Klägers nicht zu rechnen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 41). ..."

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Der unterhaltsberechtigte Ehegatte trägt im Rahmen des Unterhaltsanspruchs wegen Erwerbslosigkeit die Darlegungs- und Beweislast nicht nur dafür, dass er keine reale Chance auf eine Vollzeitarbeitsstelle hat, sondern auch dafür, dass dies in gleicher Weise für eine geringfügige Beschäftigung (sog. Mini-Job) und auch für eine Erwerbstätigkeit im Rahmen der Gleitzone nach § 20 Abs. 2 SGB IV (sog. Midi-Job) zutrifft. Bewohnt der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung weiterhin das eheliche Einfamilienhaus, geht dies im Rahmen der konkreten Bedarfsermittlung regelmäßig über seinen Wohnbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen hinaus. Dieser wird bereits durch eine dem ehelichen Standard entsprechende Wohnung für eine Person gedeckt. Zum Verhältnis von Vermögensverwertung nach § 1577 Abs. 1 BGB und Herabsetzung/Befristung des Unterhalts nach § 1578b BGB ( BGH, Urteil vom 18.01.2012 - XII ZR 178/09 zu §§ 1573, 1574, 1577 I, § 1578, 1578b BGB u.a. - Volltext siehe zu § 1573 BGB).

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Dass der Unterhaltspflichtige mit der Herabsetzung gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB aF eines nach altem Recht nicht befristbaren Unterhaltsanspruchs - hier Anspruch auf Altersunterhalt - ausgeschlossen war, steht einer Herabsetzung und/oder Befristung des Unterhalts nach § 1578b BGB nicht entgegen. Der durch die Eheschließung bedingte Wegfall eines aus einer früheren Ehe herrührenden Unterhaltsanspruchs stellt keinen ehebedingten Nachteil im Sinne von § 1578b BGB dar (BGH, Urteil vom 23.11.2011 - XII ZR 47/10 zu § 313 BGB, § 1578 Abs 1 S 2 BGB vom 02.01.2002, § 1578b BGB, § 323 ZPO vom 05.12.2005, § 36 ZPOEG):

„... Jedoch hat der Gesetzgeber mit § 1578 b BGB den Bestand der bis dahin einer Befristung nicht zugänglichen nachehelichen Unterhaltstatbestände nicht nur hinsichtlich der Dauer, sondern auch bezogen auf die Höhe des Unterhalts einer Revision unterzogen. Nicht nur dass diese erstmals befristet werden können, mit § 1578 b Abs. 3 BGB hat der Gesetzgeber zudem ausdrücklich die Möglichkeit geschaffen, Herabsetzung und Befristung zu kombinieren (BT-Drucks. 16/1830 Seite 19). Damit kann die Herabsetzung im Rahmen der Billigkeitsabwägung von nun an nicht mehr isoliert betrachtet werden, sondern muss immer auch im Lichte einer kumulativ oder aber auch alternativ möglichen Befristung gesehen werden. Dadurch bekommen die jeweils anzusetzenden Maßstäbe ein anderes Gewicht. Während nach altem Recht die Herabsetzung das einzige und damit auch das einschneidendste Mittel darstellte, um den Unterhalt zu begrenzen, stellt es jetzt das mildere Mittel im Verhältnis zur Befristung dar.

c) Bei der sonach gemäß § 313 BGB im Lichte des § 1578 b BGB vorzunehmenden Vertragsanpassung ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Begrenzung des Unterhalts nicht ausgeschlossen. Vielmehr lässt die zu treffende Billigkeitsabwägung nach den getroffenen Feststellungen eine Herabsetzung sowie eine anschließend einsetzende Befristung geboten erscheinen.

aa) Es fehlt bereits an ehebedingten Nachteilen, die einer Begrenzung des Unterhalts entgegenstehen könnten. Vor allem stellt der vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Umstand, dass der Ehegattenunterhaltsanspruch der Beklagten gegen ihren früheren Ehemann wegen der Heirat mit dem Kläger untergegangen sei, keinen solchen Nachteil dar.

(1) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre.

Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist bei der Billigkeitsabwägung vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Ein ehebedingter Nachteil äußert sich in der Regel darin, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne die Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde (vgl. Senatsurteile vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 19 und vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 22).

(2) Gemessen hieran lassen sich den von den Instanzgerichten getroffenen Feststellungen keine ehebedingten Nachteile entnehmen.

Das Berufungsgericht hat verkannt, dass der Wegfall des Unterhaltsanspruchs der Beklagten gegen ihren ersten Ehemann - ungeachtet der fehlenden Feststellungen zur Werthaltigkeit des Anspruchs - bezogen auf die Ehe der Parteien keinen ehebedingten Nachteil im Sinne von § 1578 b BGB darstellt.

Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des § 1578 b BGB vielmehr einen Ausgleich der Nachteile bewirken, die dadurch entstehen, dass der Unterhaltsberechtigte wegen der Aufgabenverteilung in der Ehe, insbesondere der Kinderbetreuung, nach der Scheidung nicht oder nicht ausreichend für seinen eigenen Unterhalt sorgen kann (BT-Drucks. 16/1830 S. 18). Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass die Nachteile, die allein durch den Akt der Eheschließung entstanden sind, keine Nachteile sind, die der Unterhaltsberechtigte aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe erlitten hat. Vielmehr tritt der Wegfall des Unterhaltsanspruchs aus erster Ehe als vom Gesetz zwingend vorgesehene Rechtsfolge ein.

Dass die Beklagte andere ehebedingte Nachteile im Sinne des § 1578 b BGB erlitten hat, ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch sonst ersichtlich.

bb) Nach den bislang getroffenen Erwägungen des Oberlandesgerichts stehen einer Begrenzung des Unterhalts ebenso wenig die nacheheliche Solidarität bzw. der Vertrauensschutz entgegen.

(1) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung hat das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Die Ehedauer gewinnt im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt (Senatsurteil vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 21 ff.).

Bereits bei der Prüfung der Unbilligkeit nach § 1578 b BGB ist außerdem zu berücksichtigen, ob der Unterhaltsanspruch tituliert ist. Denn einem titulierten oder durch Vereinbarung festgelegten Unterhalt kommt ein größerer Vertrauensschutz zu als einem nicht vertraglich festgelegten oder durch Titulierung gesicherten Anspruch. Wie das Gesetz in § 36 Nr. 1 EGZPO klarstellt, gilt dies bei Unterhaltstiteln oder -vereinbarungen nach der bis Dezember 2007 bestehenden Rechtslage in noch stärkerem Maße. Dass dieser Gesichtspunkt in § 36 Nr. 1 EGZPO gesondert geregelt ist, hindert seine Heranziehung im Rahmen von § 1578 b BGB nicht. Da die Beurteilung der Begrenzung und Befristung nach § 1578 b BGB vielmehr auf einer umfassenden Interessenabwägung beruhen muss, ist die Berücksichtigung der Titulierung im Rahmen des § 1578 b BGB sogar geboten. Dass damit die Zumutbarkeit nach § 36 Nr. 1 EGZPO bereits in dem insoweit umfassenderen Tatbestand des § 1578 b BGB aufgeht, ist unbedenklich, weil bei einem Zusammentreffen der Abänderung eines Alttitels mit der Befristung den gesetzlichen Wertungen des § 36 Nr. 1 EGZPO bereits im Rahmen der Befristung nach § 1578 b BGB in vollem Umfang Rechnung getragen ist (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 32).

(2) Die vom Berufungsgericht insoweit vorgenommene Billigkeitsabwägung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand.

(a) Zwar obliegt die Billigkeitsabwägung im Rahmen des § 1578 b BGB grundsätzlich dem Tatrichter. Diese kann vom Revisionsgericht lediglich auf Rechtsfehler überprüft werden, insbesondere darauf, ob das Berufungsgericht im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebende Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 47). Letzteres ist hier der Fall.

(b) Im Ergebnis unschädlich ist allerdings, dass das Berufungsgericht die nach § 1578 b BGB gebotene Billigkeitsabwägung der Sache nach unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gemäß § 36 EGZPO durchgeführt hat, anstatt letzteren im Rahmen der Abwägung nach § 1578 b BGB zu berücksichtigen.

(c) Das Oberlandesgericht hat bei seiner Abwägung maßgeblich darauf abgestellt, dass die Beklagte aufgrund ihres Alters zusätzliche Einkünfte nicht mehr erzielen könne und zudem aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes in ihren Möglichkeiten, ihren Lebensstandard einem niedrigeren Einkommensniveau anzupassen, erheblich eingeschränkt sei. Diese besonderen, durch Krankheit und hohes Alter erheblich erschwerten Lebensumstände der Beklagten lassen es nach Auffassung des Oberlandesgerichts gerechtfertigt erscheinen, ihrem Vertrauen auf den unbefristeten Fortbestand des Unterhaltsanspruchs ein höheres Gewicht beizumessen als dem Interesse des durch die langjährige Unterhaltszahlung belasteten Klägers, aus seiner Verpflichtung entlassen zu werden.

Die vorerwähnten Gesichtspunkte, die bezogen auf Gesundheit und Alter jedenfalls auch dem Bereich der nachehelichen Solidarität zuzuordnen sind, rechtfertigen für sich genommen keine lebenslange Lebensstandardgarantie, wie sie sich als Konsequenz des Berufungsurteils in der Sache ergeben hätte. Bei seiner Abwägung hat das Berufungsgericht - im Gegensatz zum Amtsgericht - nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Kläger bei einer nur rund neun Jahre langen Ehe und einem Zusammenleben von lediglich rund fünf Jahren über einen Zeitraum von zwanzig Jahren Unterhaltszahlungen in nicht geringer Höhe an die Beklagte erbracht hat (vgl. dazu die Ausführungen in dem amtsgerichtlichen Urteil vom 12. November 2009). Hinzu kommt, dass aus der Verbindung der Parteien keine Kinder hervorgegangen sind. Dabei ist auch die zunehmende Entflechtung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse der geschiedenen Ehegatten zu beachten, die um so gewichtiger wird, je weiter die Scheidung zurückliegt, und dementsprechend das Maß der geschuldeten nachehelichen Solidarität begrenzt (Senatsurteil vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 36). Einer Befristung des nachehelichen Unterhalts steht nach der - insoweit allerdings erst nach dem Berufungsurteil veröffentlichten - Senatsrechtsprechung auch nicht entgegen, dass der Unterhaltsberechtigte dadurch möglicherweise sozialhilfebedürftig würde (Senatsurteile vom 30. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 21 und vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 26 jeweils mwN).

Nach den getroffenen Feststellungen wäre dem Vertrauen der Beklagten vielmehr mit einer stufenweisen Herabsetzung und Befristung, wie sie etwa das Amtsgericht vorgenommen hat, hinreichend Rechnung getragen. Eine unbefristete Unterhaltsverpflichtung, so wie sie das Berufungsgericht ausgesprochen hat, erscheint demgegenüber unter Berücksichtigung der Gesamtumstände für den unterhaltsverpflichteten Kläger unzumutbar. ..."

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Zur sekundären Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten hinsichtlich ehebedingter Nachteile bei der Unterhaltsherabsetzung und -befristung (im Anschluss an Senatsurteile vom 24. März 2010, XII ZR 175/08, BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 und vom 20. Oktober 2010, XII ZR 53/09, FamRZ 2010, 2059; BGH, Urteil vom 26.10.2011 - XII ZR 162/09):

„... Die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast erfährt jedoch Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen. Entsprechend der - nach Erlass des Berufungsurteils weiterentwickelten - Rechtsprechung des Senats trifft den Unterhaltsberechtigten im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Beweis negativer Tatsachen eine sogenannte sekundäre Darlegungslast (Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 18 mwN). Diese hat im Rahmen von § 1578 b BGB zum Inhalt, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substanziiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (Senatsurteile BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 23 und vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 24).

Der Senat verkennt nicht, dass hierzu regelmäßig eine hypothetische Betrachtung angestellt werden muss und diese gerade dann auf unsicherer Tatsachengrundlage steht, wenn der Unterhaltsberechtigte bei Eheschließung noch am Beginn seiner beruflichen Entwicklung stand und die Ehe lange gedauert hat (vgl. Koch JR 2011, 304 f.). Diesbezügliche Schwierigkeiten sind aber im Rahmen der an die sekundäre Darlegungslast zu stellenden Anforderungen zu bewältigen, welche nicht überspannt werden dürfen (Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 32 f.) und den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung tragen müssen. Insoweit besteht für die Tatsachengerichte zudem ein Spielraum durch die Anwendung von Erfahrungssätzen in dem jeweiligen Berufsfeld wie auch die Berücksichtigung tariflicher Regelungen. Dies entbindet allerdings nicht von der Darlegung konkreter beruflicher Entwicklungsmöglichkeiten und bei behauptetem beruflichen Aufstieg zudem der entsprechenden Bereitschaft und Eignung des Unterhaltsberechtigten (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 33). Die Darlegungen müssen so konkret sein, dass die für den Unterhaltsberechtigten seinerzeit vorhandenen beruflichen Entwicklungschancen und seine persönlichen Fähigkeiten - etwa auch anhand vergleichbarer Karrieren - vom Familiengericht auf ihre Plausibilität überprüft werden können und der Widerlegung durch den Unterhaltspflichtigen zugänglich sind (Senatsurteile BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 23 und vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 24). ..."

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Der Wille der Parteien, den Unterhaltsanspruch völlig auf eine vertragliche Grundlage zu stellen, kann nur bei Vorliegen besonderer dafür sprechender Anhaltspunkte angenommen werden (im Anschluss an Senatsurteil vom 26. September 1990, XII ZR 87/89, FamRZ 1991, 673, 674; Senatsbeschluss vom 23. Januar 1985, IVb ARZ 63/84, FamRZ 1985, 367, 368 und BGH Urteil vom 28. Juni 1984, IX ZR 143/83, FamRZ 1984, 874, 875). Gegen einen solchen Willen spricht in der Regel eine Scheidung in frühem Lebensalter und die deshalb nicht auszuschließende Möglichkeit einer erneuten Eheschließung. § 36 Nr. 1 EGZPO regelt lediglich die Abänderung solcher Unterhaltstitel und -vereinbarungen, deren Grundlagen sich durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 geändert haben (im Anschluss an BGH, 26. Mai 2010, XII ZR 143/08, BGHZ 186, 1, FamRZ 2010, 1238 und BGH, 18. November 2009, XII ZR 65/09, BGHZ 183, 197, FamRZ 2010, 111). Das gilt unabhängig davon, ob der Titel vor oder nach Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes 1986 zustande gekommen ist (BGH, Urteil vom 21.09.2011 - XII ZR 173/09 zu §§ 1573, 1578b BGB, § 323 ZPO u.a.).

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Die Anzahl der zum Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit vom Anspruchsteller vorgetragenen Bewerbungen ist nur ein Indiz für seine dem Grundsatz der Eigenverantwortung entsprechenden Arbeitsbemühungen, nicht aber deren alleiniges Merkmal. Für ausreichende Erwerbsbemühungen kommt es vielmehr wie für das Be-stehen einer realistischen Erwerbschance vorwiegend auf die individuellen Verhältnisse und die Erwerbsbio-grafie des Anspruchstellers an, die vom Familiengericht aufgrund des - ggf. beweisbedürftigen - Parteivor-trags und der offenkundigen Umstände umfassend zu würdigen sind (Fortführung der Senatsurteile vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06 - FamRZ 2008, 2104 und vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789). Bei der Bedarfsermittlung aufgrund der beiderseitigen Einkommensverhältnisse ist es Aufgabe der Tatsa-cheninstanzen, unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls eine geeignete Methode zur möglichst rea-litätsgerechten Ermittlung des Nettoeinkommens zu finden. Daher kann es im Einzelfall zulässig und gebo-ten sein, die abzuziehende Einkommensteuer nicht nach dem sog. In-Prinzip, sondern nach dem Für-Prinzip zu ermitteln (Anschluss an Senatsurteil vom 2. Juni 2004 - XII ZR 217/01 - FamRZ 2004, 1177). Für eine Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts genügt auch bei fehlenden ehebedingten Nachteilen nicht der alleinige Hinweis auf die Dauer der Ehe, der Kinderbetreuung und der bisherigen Unter-haltszahlungen, wenn andere Umstände unstreitig sind, die für eine Verlängerung des Unterhalts sprechen. Die Entscheidung des Familiengerichts muss erkennen lassen, dass alle wesentlichen Faktoren berücksich-tigt worden sind (BGH, Urteil vom 21.09.2011 - XII ZR 121/09 zu BGB §§ 1573, 1578, 1578 b).

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Zur Herabsetzung eines vor der Unterhaltsrechtsreform titulierten oder vereinbarten Unterhaltsanspruchs nach dem Eintritt des Unterhaltsberechtigten in das Rentenalter (BGH, Urteil vom 29.06.2011 - XII ZR 157/09 zu BGB § 1578 Abs. 1 Satz 2, 3 aF, § 1578 b Abs. 1, 2; EGZPO § 36 Nr. 1):

„... Nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB aF kann die Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen zeitlich begrenzt und danach auf den angemessenen Lebensbedarf abgestellt werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit eine zeitlich unbegrenzte Bemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre; dies gilt in der Regel nicht, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. Die danach maßgeblichen Abwägungskriterien sind weitgehend deckungsgleich mit den in der Nachfolgevorschrift des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB spezifizierten Billigkeitsgesichtspunkten (vgl. bereits Schwab FamRZ 2005, 1417, 1419). Nach dieser Vorschrift ist der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. ...

Ist der Unterhaltsberechtigte erwerbsfähig, ist auf das Einkommen abzustellen, das er ohne die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit durch die Ehe oder die Kindererziehung erzielen könnte (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 14). Hat der Unterhaltsberechtigte hingegen - wie hier - das Rentenalter erreicht, kommt es darauf an, ob die erzielten Alterseinkünfte aus seiner früheren, nachehelich ausgeübten oder ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit hinter demjenigen zurückbleiben, was er ohne die ehebedingte Einschränkung seiner Berufstätigkeit an Alterseinkommen hätte erwerben können.

Ein ehebedingter Nachteil ist nicht darin zu erblicken, dass die Ehefrau während der Ehezeit nicht erwerbstätig war, was zu einer geringeren Altersrente führen kann. Denn insoweit greift der zwischen den Parteien durchgeführte Versorgungsausgleich. Darauf, ob der Ausgleichsbetrag gemeinsam mit den eigenen ehezeitlichen Anwartschaften die Höhe der Anwartschaften erreicht, die die Ehefrau bei vollschichtiger Erwerbstätigkeit als milchwirtschaftlich-technische Assistentin während der Ehezeit selbst verdient hätte, kommt es nicht an. Denn durch den Versorgungsausgleich sind die gesamten ehezeitlich erworbenen Versorgungsanwartschaften der Parteien vollständig ausgeglichen. Insoweit können ehebedingte Nachteile keine Berücksichtigung mehr finden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 43; vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 27 und vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 30).

In Betracht kommen daher nur die nach der Ehezeit entstandenen ehebedingten Versorgungsnachteile. Solche bestehen jedoch nicht, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat. Denn ein ehebedingter Nachteil ergibt sich in der Regel daraus, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte aufgrund der gewählten Rollenverteilung nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne die Ehe erzielen würde. Das ist hier nicht gegeben.

Vor der Ehe hatte die Ehefrau eine Ausbildung zur milchwirtschaftlich-technischen Assistentin absolviert und war in diesem Beruf bis zum 15. Oktober 1970 tätig. Nach der Trennung erlangte sie am 1. Juni 1981 eine Anstellung als technische Assistentin in Anlehnung an die Vergütungsgruppe BAT V b, was nach den getroffenen Feststellungen dem unter Berücksichtigung des Regelaufstiegs erreichbaren Endgehalt einer medizinisch-technischen Assistentin entspricht. Dass die Ehefrau ohne die ehebedingte Berufspause ein höheres Endgehalt in ihrem erlernten Beruf als milchwirtschaftlichtechnische Assistentin hätte erreichen können, hat sie im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 23 und BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 20 ff.) nicht substanziiert. Somit durfte das Berufungsgericht davon ausgehen, dass die Ehefrau bereits in der Trennungszeit wieder das Vergütungsniveau ihrer vorehelich angelegten beruflichen Möglichkeiten erreicht hatte, so dass ehebedingte Fortkommensnachteile bereits damals nicht mehr gegeben waren. Dass die Ehefrau aus ehebedingten Gründen dauerhaft daran gehindert gewesen wäre, die in der Trennungszeit ausgeübte Halbtagstätigkeit alsbald in eine Vollzeittätigkeit - ggf. in einem anderen Anstellungsverhältnis - auszuweiten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Auch liegt kein ehebedingter Nachteil darin, dass die Ehefrau sich nach der Geburt eines außerehelichen Kindes dessen Betreuung widmete, von weiterer Berufstätigkeit absah und nach Abschluss der Kindeserziehung altersbedingt auf dem Arbeitsmarkt keinen Platz mehr fand. Denn die dadurch entstandenen Versorgungsnachteile hat die Ehefrau nicht aufgrund der Ehe, sondern durch die Geburt eines nicht aus der Ehe hervorgegangenen Kindes erlitten. Durch dessen Betreuung und nicht durch ehebedingte Umstände wurde sie an der weiteren Erwerbstätigkeit gehindert. Daher kann nicht auf fiktiv erworbene Versorgungsanwartschaften abgestellt werden, welche sie als Kinderlose hätte erzielen können (vgl. Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 29). Das setzt sich fort, soweit sie im Anschluss an die Kinderbetreuung aus Altersgründen keinen Platz mehr auf dem Arbeitsmarkt fand. Auch diese Einbuße ist nicht durch die Ehe, sondern durch das außereheliche Kind verursacht.

Da diese nicht im Zusammenhang mit der Ehe stehenden Nachteile unterhaltsrechtlich nicht zu Lasten des Ehemanns verwertet werden können, hat das Berufungsgericht der Ehefrau auch zutreffend ein fiktives Alterseinkommen von 226 € mit der Begründung zugerechnet, dass die Ehefrau für die Zeiträume ab 1993 (halbtags) und ab 1999 (Vollzeit) so zu behandeln sei, als habe sie eine ihren beruflichen Fähigkeiten entsprechende Erwerbstätigkeit gefunden und ausgeübt. Insoweit oblag ihr, nach ihren Möglichkeiten zum weiteren Aufbau einer eigenen Altersversorgung durch Berufstätigkeit beizutragen (§ 1569 BGB). ..."

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Die Anwendung des § 36 Nr. 1 EGZPO und des darin enthaltenen Zumutbarkeitskriteriums ist auf die Fälle beschränkt, in denen sich der Abänderungsgrund aus dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 ergibt (im Anschluss an Senatsurteile BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111; BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 und vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538). Zur Feststellung ehebedingter Nachteile in der Altersvorsorge, wenn der Versorgungsausgleich nur einen Teil der Ehezeit erfasst (im Anschluss an Senatsurteile vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 und vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713; BGH, Urteil vom 08.06.2011 - XII ZR 17/09):

„... Da das Berufungsgericht die gebotene Prüfung der Herabsetzung oder Befristung des Unterhalts gemäß § 1578 b BGB unterlassen hat, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, schon weil die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht widerspruchsfrei sind. Für die Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nach § 1578 b BGB ist nach ständiger Senatsrechtsprechung zunächst zu prüfen, ob auf Seiten des Unterhaltsberechtigten ehebedingte Nachteile eingetreten sind (vgl. Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 23 mwN). Das Berufungsgericht ist hierzu in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils davon ausgegangen, dass der Beklagten keine ehebedingten Nachteile entstanden seien und deshalb eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung der Billigkeit entsprechen würde. An anderer Stelle des Berufungsurteils ist jedoch lediglich unterstellt, dass der Beklagten keine ehebedingten Nachteile entstanden seien. Schließlich hat das Berufungsgericht wiederum, wie sich aus der weiteren Begründung ergibt, wegen der geringen übertragenen Rentenanwartschaften einen ehebedingten Nachteil der Beklagten sogar ausdrücklich festgestellt. Da sich insoweit aus dem Berufungsurteil eindeutige Feststellungen nicht ergeben, fehlt es an der für eine Sachentscheidung erforderlichen tatsächlichen Grundlage.

Da es zudem an einer auf § 1578 b BGB bezogenen Ausübung des tatrichterlichen Ermessens - auch im Hinblick auf eine Herabsetzung des Unterhalts fehlt, ist dem Senat eine abschließende Sachentscheidung verwehrt.

IV. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. a) Das Berufungsgericht hat bislang keine ausreichenden Feststellungen zum Fehlen ehebedingter Nachteile im Sinne von § 1578 b Abs. 1 BGB getroffen, welchen nach ständiger Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 23 mwN) vorrangige Bedeutung zukommt.

aa) Im Hinblick auf die aufgrund der Rollenverteilung während des ehelichen Zusammenlebens entstandenen Nachteile in der Altersvorsorge ist der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge nach ständiger Senatsrechtsprechung vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508).

Ob hier eine Ausnahme angezeigt ist, die der Senat in mehreren Fallgestaltungen zugelassen hat, lässt sich aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend beurteilen. Der Senat hat eine Ausnahme dann angenommen, wenn die vom Unterhaltsberechtigten aufgrund der ehelichen Rollenverteilung erlittene Einbuße bei seiner Altersvorsorge durch den Versorgungsausgleich nicht vollständig erfasst wird, weil der Unterhaltspflichtige nur für einen geringen Teil der Ehezeit Rentenanwartschaften erworben hat (Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 25). Eine weitere Ausnahme gilt für den Fall, dass der Berechtigte allein aufgrund des Versorgungsausgleichs noch nicht die Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung erfüllte, während dies ohne die Berufspause der Fall gewesen wäre (Senatsurteil vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 20).

Im vorliegenden Fall kommt die erstgenannte Ausnahme in Betracht. Hierzu hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger seit 1980 bis zum Ende der Ehezeit keine Rentenanwartschaften mehr erworben habe, was einen vom Versorgungsausgleich nicht erfassten ehebedingten Nachteil nahelegt. Ob der Beklagten im Ergebnis ein ehebedingter Nachteil verblieben ist, ist demnach unter Berücksichtigung der ihr seit 1980 durch die eheliche Rollenverteilung entgangenen eigenen Rentenanwartschaften zu beurteilen. Dass ein - unterstellter - Nachteil die Beklagte derzeit noch nicht belastet, sondern sich erst auswirken wird, wenn die Beklagte zum Bezug einer Rente berechtigt sein wird, steht einer Berücksichtigung im Rahmen von § 1578 b BGB nicht entgegen. Dies steht im Einklang mit der Senatsrechtsprechung, dass es nicht zulässig ist, von einer Unterhaltsbefristung nur deswegen abzusehen, um den Einsatzzeitpunkt für den Altersunterhalt zu wahren (Senatsurteil vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508). Denn im vorliegenden Fall greift der Versorgungsausgleich als das speziellere Ausgleichsinstrument nicht - vollständig - ein.

bb) Ob ehebedingte Nachteile entstanden sind, ist zu ermitteln, indem die Lage, wie sie sich ohne Eheschließung und die gewählte Rollenverteilung ergeben hätte, und die tatsächlich bestehende Lage gegenüber gestellt werden. Dabei können zunächst entstandene Nachteile durch andere mit der Ehe verbundene Vorteile - auch nach der Ehescheidung - kompensiert worden sein. Im vorliegenden Fall sind im Hinblick auf einen in der Zeit seit 1980 entstandenen Nachteil in der Altersvorsorge der Beklagten insbesondere die Vermögenszuwendungen des Klägers an die Beklagte und der vom Kläger geleistete Altersvorsorgeunterhalt zu berücksichtigen.

Außerdem ist der ehebedingte Nachteil in der Altersvorsorge durch die Höhe der bei (gedachter) unverändert fortgesetzter Erwerbstätigkeit des Klägers im Wege des Versorgungsausgleichs zusätzlich übertragenen Rentenanwartschaften begrenzt. Das folgt daraus, dass der Unterhaltsberechtigte im Ausnahmefall des nicht vollständig eingreifenden Versorgungsausgleichs nicht besser stehen darf als im Regelfall des Versorgungsausgleichs, der die ehebedingten Versorgungsnachteile nicht notwendig vollständig kompensiert, sondern entstandene Nachteile gleichmäßig auf beide Ehegatten verteilt.

b) Die bei der Befristung und Herabsetzung des Unterhalts anzustellende Billigkeitsabwägung beschränkt sich allerdings nicht auf den Ausgleich ehebedingter Nachteile, sondern hat darüber hinaus die vom Gesetz geforderte nacheheliche Solidarität zu berücksichtigen. Das gilt nicht nur für die Unterhaltstatbestände, die - wie der Alters- oder Krankheitsunterhalt nach §§ 1571, 1572 BGB - bereits ihre Begründung in der nachehelichen Solidarität finden, sondern auch für den Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB.

Als Aspekte kommen im vorliegenden Fall die lange Dauer der Ehe und die guten Vermögensverhältnisse des Klägers in Betracht. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen für sich genommen aber noch keine lebenslange Lebensstandardgarantie, wie sie sich als Konsequenz des Berufungsurteils in der Sache ergeben hätte. Vielmehr ist auch die zunehmende Entflechtung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse der geschiedenen Ehegatten zu beachten, die um so gewichtiger wird, je weiter die Scheidung zurückliegt, und dementsprechend das Maß der geschuldeten nachehelichen Solidarität begrenzt. Die zunehmende Distanz zu den ehelichen Lebensverhältnissen wird im vorliegenden Fall auch dadurch verdeutlicht, dass die Beklagte schon seit vielen Jahren ein intimes Verhältnis zu G. H. unterhält, sodass eine weitere Gewährleistung des unveränderten Lebensstandards durch den geschiedenen Ehegatten ungeachtet dessen guter Vermögensverhältnisse nicht mehr ohne weiteres der Billigkeit entspricht.

Die vom Berufungsgericht herangezogene Dauer der Unterhaltsleistungen dürfte hingegen für eine Fortdauer des Unterhalts nicht angeführt werden können. Allerdings kann sich unter Umständen aus der Fortzahlung des Unterhalts ein Vertrauenstatbestand für den Unterhaltsberechtigten insoweit ergeben, als er im berechtigten Vertrauen darauf Dispositionen getroffen hat, die rückgängig zu machen ihm nicht oder nicht sogleich möglich oder zumutbar ist. So kann etwa die vom Unterhaltspflichtigen hingenommene eingeschränkte Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten einen Vertrauenstatbestand bilden, der gegen eine Begrenzung des Unterhalts angeführt werden kann (vgl. Senatsurteil vom 10. November 2010 - XII ZR 197/08 - FamRZ 2011, 192 Rn. 37). Vergleichbare Dispositionen der Beklagten aufgrund berechtigten Vertrauens hat das Berufungsgericht hier indessen nicht festgestellt. Vielmehr ist der Beklagten bereits in dem abzuändernden Urteil wegen der Verletzung ihrer Erwerbsobliegenheit für die Zeit ab Oktober 1999 ein fiktives Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit zugerechnet worden. Damit hat der vom Kläger geleistete Unterhalt in der Vergangenheit nicht nur den ehelichen Lebensstandard aufrechterhalten, sondern zum Teil auch die sich aus der nicht ausreichenden Erwerbstätigkeit der Beklagten ergebende Einkommenslücke geschlossen, was eher für als gegen eine Begrenzung des Unterhalts spricht (vgl. auch Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 22 mwN).

c) Demnach wird das Berufungsgericht vor allem zu überprüfen haben, ob der Beklagten ehebedingte Nachteile entstanden und auch nicht durch Zuwendungen und (Vorsorge-)Unterhaltszahlungen kompensiert worden sind. Dabei ist eine zweckentsprechende Verwendung des Vorsorgeunterhalts zu unterstellen. Sollten ehebedingte Nachteile fortbestehen, so wäre eine Herabsetzung auf den angemessenen Unterhalt zu überprüfen (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 23). Sollten keine ehebedingten Nachteile bestehen und der Aufstockungsunterhalt folglich allein auf nachehelicher Solidarität beruhen, dürfte jedenfalls ein dauerhafter unverminderter Unterhaltsanspruch auch in Anbetracht der Ehedauer und der guten Vermögensverhältnisse des Klägers der Billigkeit widersprechen.

2. Zudem haben die Parteien durch die Zurückverweisung Gelegenheit, zu der vom Kläger eingewandten Verwirkung wegen verfestigter Lebensgemeinschaft nach § 1579 Nr. 2 BGB ergänzend vorzutragen und Beweis anzubieten. Der Senat weist darauf hin, dass eine verfestigte Lebensgemeinschaft nicht zwingend voraussetzt, dass die Partner einen gemeinsamen Haushalt unterhalten (vgl. etwa Senatsurteile vom 28. Januar 2004 - XII ZR 259/01 - FamRZ 2004, 614, 616 und vom 24. Oktober 2001 - XII ZR 284/99 - FamRZ 2002, 23, 25). Unstreitig unterhielt die Beklagte die intime Beziehung mit G. H. zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht bereits seit vierzehn Jahren. ..."

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Zur Herabsetzung und Befristung nachehelichen Krankheitsunterhalts (BGH, Urteil vom 30.03.2011 - XII ZR 63/09):

„... Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten um den nachehelichen Unterhalt der Antragsgegnerin. Die Parteien schlossen ihre Ehe im September 1990. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Seit Oktober 2003 leben sie getrennt. Der Scheidungsantrag des Antragstellers ist der Antragsgegnerin im Dezember 2004 zugestellt worden. Der im vorliegenden Verfahren ergangene Scheidungsausspruch ist seit dem 5. Februar 2009 rechtskräftig. Der 1967 geborene Antragsteller ist von Beruf Bauzeichner. Nach der im Jahr 2007 eröffneten Insolvenz seines Arbeitgebers, bei dem er seit 1985 beschäftigt war, und einer anschließenden kurzzeitigen Tätigkeit als Bauleiter ist er seit September 2007 als Projektmanager in der Medizintechnik tätig und erzielt ein deutlich höheres Einkommen.

Die 1969 geborene Antragsgegnerin ist gelernte Bürokauffrau und arbeitete bei einem Möbelhaus, bis Ende 1990 vollschichtig, danach in Teilzeit. 1993 erkrankte sie an einer bipolaren affektiven Psychose, weshalb sie ihre Stelle kündigte. Seither arbeitete sie von 1994 bis 1999 in sozialversicherungsfreien Beschäftigungen, seit April 1999 halbtags versicherungspflichtig in einem Sonnenstudio. Ende des Jahres 2004 endete ihre Erwerbstätigkeit. Seit Januar 2005 bezieht sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Ehe geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Antragsteller zu einem monatlichen Unterhalt von insgesamt gerundet 708 € (566,42 € Elementarunterhalt und 140,60 € Altersvorsorgeunterhalt) verurteilt.

Auf die Rechtsmittel beider Parteien hat das Berufungsgericht das Urteil teilweise abgeändert und den Unterhalt bis Ende 2012 auf monatlich 645 €, davon 129 € Altersvorsorgeunterhalt, festgesetzt und ab dem 1. Januar 2013 und befristet bis zum 31. Dezember 2014 auf monatlich 460 €. Mit der - zugelassenen - Revision wendet sich die Antragsgegnerin gegen die Beschränkung des Unterhalts ab 2013 und gegen die Befristung. ...

I. Das Berufungsgericht hat für die Entscheidung über die Herabsetzung oder Befristung nach § 1578 b BGB ehebedingte Nachteile nicht feststellen können. Aus dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin ergebe sich, dass es allein auf ihre Erkrankung zurückzuführen sei, dass sie während der Ehezeit nicht durchgängig gearbeitet habe. Es könne daher nicht die Rede davon sein, dass die Antragsgegnerin ihre Arbeit fortwährend auf Wunsch des Antragstellers reduziert habe, um sich mehr um den Haushalt kümmern zu können. Dass der Antragsteller einverstanden gewesen sei, sei kein Argument, weil ihm in Anbetracht der Erkrankung nichts anderes übrig geblieben sei. Die Erkrankung als solche sei nicht durch die Ehe verursacht. Dass ihre Depressionen sich durch den Unterhaltsstreit und die Vorwürfe des Antragstellers, sie tue nicht genug für die Wiedererlangung ihrer Erwerbsfähigkeit, verstärkten, besage nicht, dass die Ehe die Ursache ihrer Erkrankung sei.

Damit sei wesentlicher Gesichtspunkt für die Frage des Fortbestandes und der Dauer des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin das Ausmaß der vom Gesetz weiterhin grundsätzlich geforderten nachehelichen Verantwortung. Gerade aber unter Berücksichtigung der durch die fortdauernde Erwerbsunfähigkeit und die dauernde Unterhaltsbedürftigkeit der erst 39 Jahre alten Antragsgegnerin erscheine es unbillig, diese Belastung allein und unbegrenzt dem Antragsteller aufzuerlegen, so dass der Unterhaltsanspruch nicht dauerhaft fortbestehen könne. Auch die Dauer der Ehe von vierzehn Jahren und zwei Monaten bis zur Zustellung des Scheidungsantrags sei nicht derart lang, dass sie einen zeitlich unbegrenzten Unterhaltsanspruch rechtfertigen könne. Dass die Antragsgegnerin nach einem Wegfall des Unterhalts auf ergänzende staatliche Leistungen angewiesen sein werde, sei ebenfalls kein Umstand, der einer Befristung entgegenstehen könne.

Bei der Frage, für welchen Zeitraum der Antragsgegnerin der Unterhaltsanspruch unter dem Gesichtspunkt der nachehelichen Verantwortung noch zuzubilligen sei, komme der Ehedauer besonderes Gewicht zu. Bedeutsam sei weiter die Schwere der bereits chronifizierten Erkrankung und die geringe Wahrscheinlichkeit einer Genesung. Andererseits sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller bereits seit der Trennung, mithin seit mehr als fünf Jahren Unterhalt zahle und sich der Fortbestand der Unterhaltspflicht trotz seines derzeit guten Verdienstes nicht zuletzt mit Rücksicht auf seine künftige Familienplanung als eine deutliche Belastung darstelle. Demnach sei der Unterhalt bis zum 31. Dezember 2014 zu befristen, wobei der Antragsteller für eine Übergangszeit von vier Jahren den vollen, mit 645 € ermittelten eheangemessenen Unterhalt schulde und ab dem 1. Januar 2013 noch einen auf 460 € herabgesetzten Unterhalt, der es der Antragsgegnerin ermögliche, für weitere zwei Jahre zusammen mit ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente ihren "angemessenen Selbstbehalt" von 1.000 € zu decken.

II. Die nach § 1578 b Abs. 1, Abs. 2 BGB vorgenommene Herabsetzung und Befristung des Anspruchs der Antragsgegnerin auf Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der Unterhalt ist nach § 1578 b BGB vom Familiengericht herabzusetzen oder zu befristen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 BGB).

1. Dass in der Erkrankung der Beklagten hier ein ehebedingter Nachteil liegen sollte, hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Denn die Erkrankung der Beklagten steht nicht im Zusammenhang mit der Rollenverteilung in der Ehe oder sonstigen mit der Ehe verbundenen Umständen (vgl. Senatsurteile vom 28. April 2010 - XII ZR 141/08 - FamRZ 2010, 1057 Rn. 15 mwN und vom 16. Februar 2011 - XII ZR 108/09 - zur Veröffentlichung bestimmt). Die Krankheit des unterhaltsbedürftigen Ehegatten stellt demnach regelmäßig keinen ehebedingten Nachteil dar (Senatsurteile vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 17 und vom 7. Juli 2010 - XII ZR 157/08 - FamRZ 2011, 188 Rn. 20).

Die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts zur Rollenverteilung während des Zusammenlebens und der Frage, ob diese auf der Krankheit oder aber vorwiegend auf dem Wunsch des Antragstellers beruhte, haben für die Frage eines ehebedingten Nachteils keine Bedeutung, weil die heutigen Erwerbsnachteile der Antragsgegnerin allein krankheitsbedingt sind. Da die Antragsgegnerin zudem eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit vorhandene ehebedingte Nachteile insoweit regelmäßig durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen sind (dazu und zu Ausnahmefällen vgl. Senatsurteile vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 und vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - zur Veröffentlichung bestimmt), sind der Antragsgegnerin keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 b Abs. 1 BGB entstanden.

2. Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts indessen nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet.

a) Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung hat das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteil vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - zur Veröffentlichung bestimmt mwN).

Die Feststellung der für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist - ebenso wie die entsprechende Billigkeitsabwägung - Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen oder Beweisregeln verkannt hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 25 und vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 42 mwN).

b) Diesen Anforderungen wird das Berufungsurteil gerecht.

Das Berufungsgericht hat insbesondere die Dauer der Ehe von rund vierzehneinhalb Jahren sowie die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien in seine Betrachtung einbezogen.

Dass sich nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin ihre Erkrankung durch den Unterhaltsstreit und die Vorwürfe des Antragstellers, sie arbeite nicht hinreichend an der Wiederherstellung ihrer Erwerbsfähigkeit, verschlimmert hätten, kann indessen schon deswegen kein tauglicher Aspekt der Billigkeitsabwägung nach § 1578 b BGB sein, weil der Antragsteller damit in zulässiger Weise seine prozessualen Rechte wahrgenommen hat (vgl. im Übrigen Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 27).

Auch eine im Fall einer Unterhaltsversagung eintretende Sozialleistungsbedürftigkeit schließt eine Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB nicht notwendig aus. Vielmehr nimmt das Gesetz durch die Möglichkeit der Befristung des Krankheitsunterhalts in Kauf, dass der Unterhaltsberechtigte infolge der Unterhaltsbefristung sozialleistungsbedürftig wird und somit die Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten durch eine staatliche Verantwortung ersetzt wird (Senatsurteil vom 28. April 2010 - XII ZR 141/08 - FamRZ 2010, 1057 Rn. 18; vgl. auch Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 37). Freilich sind die Folgen der Unterhaltsbefristung oder -herabsetzung für beide Parteien und deren jeweilige Belastung durch die Unterhaltspflicht und deren Wegfall in die Billigkeitsbetrachtung einzubeziehen. Diese Würdigung hat das Berufungsgericht indessen nicht unterlassen, wie nicht zuletzt an der der Befristung vorgeschalteten Herabsetzung des Unterhalts deutlich wird.

Dass das Berufungsgericht auch die Dauer der Trennungsunterhaltszahlungen einbezogen hat, entspricht ebenfalls der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 31, 35). Das findet seine Rechtfertigung darin, dass im Rahmen von § 1578 b BGB die Gesamtbelastung des Unterhaltspflichtigen durch den Unterhalt ein Billigkeitskriterium ist und diese auch durch den - etwa längere Zeit gezahlten - Trennungsunterhalt mit beeinflusst wird. Dass die Zahlungen, wie die Revision einwendet, der gesetzlichen Verpflichtung des Antragstellers entsprachen, steht dem ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass der Trennungsunterhalt selbst nicht entsprechend § 1578 b BGB herabgesetzt oder befristet werden kann.

Dass das Berufungsgericht beim Umfang der Belastung für den Antragsteller auch das - bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs nicht herangezogene - nach der Trennung erhöhte Einkommen des Antragstellers berücksichtigt hat, ergibt sich ebenfalls aus den Gründen des Berufungsurteils. Das Berufungsgericht ist insoweit davon ausgegangen, dass sich der Unterhalt trotz des derzeit guten Verdienstes des Antragstellers mit Rücksicht auf seine zukünftige Familienplanung als eine deutliche Belastung darstelle. Die Revision beanstandet insoweit, dass das Berufungsgericht zu dem Inhalt dieser Familienplanung keinerlei Feststellungen getroffen habe. Solche Feststellungen waren indessen nicht erforderlich. Denn die Billigkeitsabwägung des Berufungsgerichts bewegt sich auch mit dieser Erwägung im Rahmen der mit § 1578 b BGB verbundenen gesetzgeberischen Wertungen (vgl. BVerfG Beschluss vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 - FamRZ 2011, 437 Rn. 20). Dass damit eine Billigkeitsabwägung bereits vor Beurteilung der Leistungsfähigkeit nach § 1581 BGB und der in diesem Rahmen zu berücksichtigenden sonstigen (Unterhalts-)Verbindlichkeiten zu treffen ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner Vertiefung, weil keine konkurrierenden Unterhaltsansprüche in Rede stehen. Darauf, dass konkrete Unterhaltspflichten bereits entstanden sind oder mit ihrem Entstehen in absehbarer Zeit zu rechnen ist, kommt es zudem nicht an. Denn nach der Absicht des Gesetzgebers des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 sollte "die Ausweitung der Möglichkeit, nacheheliche Unterhaltsansprüche zeitlich oder der Höhe nach zu begrenzen, […] die Chancen für einen Neuanfang nach einer gescheiterten Ehe erhöhen und die Zweitfamilien entlasten" (BT-Drucks. 16/1830 S. 13). Die Billigkeitsabwägung unter Einbeziehung dieses allgemeinen Gesetzesmotivs, dass schon die Chancen für einen "Neuanfang" erhöht werden sollten, kann als solche demnach nicht sachwidrig sein. Ob diesem Gesichtspunkt in seiner Allgemeinheit neben weiteren Aspekten eine wesentliche Bedeutung zukommen kann, erscheint allerdings fraglich. Die vom Berufungsgericht hier getroffene Abwägung hält sich insoweit jedenfalls noch im Rahmen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums, was nicht zuletzt das von ihm erzielte Ergebnis verdeutlicht.

c) Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zu einer ungekürzten Unterhaltspflicht bis Ende 2012, mithin für mehr als dreieinhalb Jahre nach Rechtskraft der Scheidung und rund acht Jahre nach Zustellung des Scheidungsantrags gelangt und hat den Unterhalt anschließend für weitere zwei Jahre auf den angemessenen Bedarf herabgesetzt. Dabei hat es mit der Ehedauer, dem Alter der Parteien bei Scheidung sowie der Gestaltung der kinderlosen und jedenfalls nicht auf eine sogenannte Hausfrauenehe angelegten Ehe sämtliche wesentlichen einschlägigen Abwägungskriterien in seine Betrachtung einbezogen und ist zu einem nach revisionsrechtlichen Maßstäben vertretbaren Ergebnis gelangt. Im Rahmen der Herabsetzung des Unterhalts hat es allerdings den angemessenen Bedarf der Antragsgegnerin im Sinne von § 1578 b Abs. 1 BGB auf 1.000 € festgelegt. Das entspricht zwar nicht der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteile vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 31 f. und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 28 f. mwN), wirkt sich indessen nicht zum Nachteil der Antragsgegnerin als Revisionsklägerin aus. ..."

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„... 2. Soweit das Berufungsgericht eine Herabsetzung oder Befristung des Betreuungsunterhalts angelehnt hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

Eine Befristung des nachehelichen Betreuungsunterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind bereits alle kind- und elternbezogenen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578 b BGB führen (Senatsurteile vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880 Rn. 33; vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124 Rn. 55 und BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 42 mwN).

Auch eine Begrenzung des Betreuungsunterhalts der Antragsgegnerin nach § 1578 b Abs. 1 BGB hat das Berufungsgericht hier zu Recht abgelehnt. Zwar ist eine solche Begrenzung grundsätzlich auch dann möglich, wenn wegen der noch fortdauernden Kindesbetreuung eine Befristung des Betreuungsunterhalts entfällt. Insbesondere in Fällen, in denen der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB erheblich über den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten hinausgeht, kommt eine Kürzung auf den eigenen angemessenen Unterhalt in Betracht (Senatsurteil vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880 mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil die Instanzgerichte der Antragsgegnerin, deren Einkommen aus halbschichtiger Erwerbstätigkeit 790 € betrüge, lediglich weiteren Unterhalt in Höhe von 463 € zugesprochen haben. ..." (BGH, Urteil vom 30.03.2011 - XII ZR 3/09)

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Im Rahmen des Krankheitsunterhalts nach § 1572 BGB kann sich ein ehebedingter Nachteil aus der Aufgabe der Erwerbstätigkeit wegen Kindererziehung und Haushaltstätigkeit während der Ehe ergeben, wenn deswegen die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt sind. Denn nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nur dann Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt haben. Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung hat das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil 02.03.2011 - XII ZR 44/09).

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Im Rahmen des Krankheitsunterhalts nach § 1572 BGB kann sich ein ehebedingter Nachteil aus der Aufgabe der Erwerbstätigkeit wegen Kindererziehung und Haushaltstätigkeit während der Ehe ergeben, wenn deswegen die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt sind. Denn nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nur dann Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt haben. Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung hat das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 02.03.2011 - XII ZR 44/09):

„... Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt. Der 1955 geborene Antragsteller und die 1964 geborene Antragsgegnerin hatten im Mai 1984 die Ehe geschlossen, aus der eine 1984 geborene Tochter und ein 1990 geborener Sohn hervorgegangen sind. Im Oktober 2002 trennten sich die Parteien. Der Antragsteller zog aus und die Antragsgegnerin verblieb mit dem noch minderjährigen Sohn in dem im gemeinsamen Eigentum stehenden Haus. Nachdem sich in der Folgezeit eine psychische Erkrankung der Antragsgegnerin abgezeichnet hatte, zog der Antragsteller an ihrer Stelle zu dem Sohn und übernahm die weitere Betreuung. Die Antragsgegnerin ist gelernte Apothekenhelferin und war als solche bis zur Geburt der gemeinsamen Tochter im Jahre 1984 berufstätig. Während der Ehezeit ging sie keiner Erwerbstätigkeit nach. Inzwischen ist sie wegen einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis mit sekundärer Alkoholabhängigkeit dauernd erwerbsunfähig. Sie erhält Grundsicherung nach dem SGB XII sowie ein Pflegegeld in Höhe von monatlich 205 €. Der Antragsteller erzielt als Arbeiter monatliche Nettoeinkünfte in Höhe von 2.353,87 €. Zusätzlich haben die Instanzgerichte eine Unfallrente und einen Wohnvorteil im eigenen Haus abzüglich der darauf entfallenden Darlehensraten berücksichtigt. Den Barunterhalt für die beiden inzwischen volljährigen Kinder trägt der Antragsteller allein. Während der Zeit ab September 2004 zahlte der Antragsteller der Antragsgegnerin Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 596 €.

Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt (insoweit rechtskräftig seit dem 25. Oktober 2008). Zur Durchführung des Versorgungsausgleichs hat es vom Versicherungskonto des Antragstellers auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 464,50 € übertragen. Außerdem hat es den Antragsteller verurteilt, zur Begründung weiterer Anwartschaften in Höhe von 31,26 € einen Beitrag von 6.835,99 € zu zahlen. Auf den Unterhaltsantrag hat das Amtsgericht den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin nachehelichen Unterhalt, zuletzt seit Juli 2011 in Höhe von 957 € Elementarunterhalt, 125 € Krankenvorsorgeunterhalt und 258 € Altersvorsorgeunterhalt, zu zahlen und den Anspruch bis zum 31. Dezember 2013 befristet.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Antragsgegnerin, mit der sie weiterhin einen unbefristeten Unterhalt begehrt. ...

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100).

I. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Antragsgegnerin zurückgewiesen, weil das Amtsgericht ihren Unterhaltsanspruch zu Recht auf die Zeit bis Dezember 2013 befristet habe. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts zum 1. Januar 2008 sei eine Befristung des nachehelichen Unterhalts über die bis dahin bestehenden Möglichkeiten der Befristung hinaus möglich und im Einzelfall geboten. Eine Befristung sei danach für sämtliche nachehelichen Unterhaltsansprüche möglich, einschließlich des hier in Rede stehenden Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit aus § 1572 BGB. Die Krankheit der Antragsgegnerin sei nicht ehebedingt, weil sie erst nach der Trennung auffällig geworden sei und nicht auf die Ehe als solche zurückgeführt werden könne. Handele es sich insoweit nicht um einen ehebedingten Nachteil, sei die Möglichkeit einer zeitlichen Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB nicht nur eröffnet, sondern ein unbefristeter nachehelicher Unterhalt solle die Ausnahme bleiben. Die in diesen Fällen erforderliche Bestimmung des Ausmaßes nachehelicher Solidarität als innere Rechtfertigung für den nachehelichen Unterhaltsanspruch müsse sich dann maßgeblich an der Ehedauer, aber auch an der wirtschaftlichen Belastbarkeit des Unterhaltspflichtigen im Verhältnis zur Bedürftigkeit der Berechtigten orientieren. Die Antragstellerin sei wegen ihrer chronifizierten Erkrankung nicht mehr erwerbsfähig. Andererseits könne der Antragsteller bei Wahrung seines Selbstbehalts nicht den vollen Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin abdecken. Während die nacheheliche Verantwortung nach dem früheren Unterhaltsrecht stärker individuell geprägt gewesen sei, lege der Geist des neuen Unterhaltsrechts, das sich auf den unterhaltsrechtlichen Ausgleich ehebedingter Nachteile konzentriere, die Vermutung nahe, dass der Gesetzgeber nunmehr die Grenze deutlich in Richtung der Verantwortung der Solidargemeinschaft verschoben habe. Vor diesem Hintergrund erscheine die vom Amtsgericht ausgesprochene Befristung bis Ende 2013 unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit angemessen.

Dabei sei zwar zu berücksichtigen, dass die Parteien bis zur Zustellung des Scheidungsantrags 22 Jahre verheiratet, die Antragsgegnerin bei der Heirat erst 20 Jahre alt gewesen sei und sie während der Ehe unter Aufgabe ihrer eigenen Erwerbstätigkeit die Betreuung der Kinder und die Führung des Haushaltes übernommen habe. Auf Seiten des Antragstellers falle hingegen ins Gewicht, dass dieser seit der Trennung der Parteien, also für mehr als sechs Jahre, den noch im Haushalt lebenden Sohn betreut habe, der sich noch bis Mitte 2011 in allgemeiner Schulausbildung befinde, und dass er für diesen sowie für die studierende Tochter allein den Barunterhalt aufbringe. Für die Bemessung des Umfangs der nachehelichen Solidarität könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Erkrankung der Antragsgegnerin erst nach der Trennung der Parteien zum Tragen gekommen sei und der Antragsteller ihr unter Berücksichtigung des Trennungsunterhalts dann insgesamt mehr als neun Jahre Unterhalt schulde. Die Unterhaltsdauer trage auch dem Umstand Rechnung, dass die Antragstellerin ohne Erkrankung gewisse ehebedingte Nachteile gehabt hätte. Diese Belastung des Antragsgegners, der weiterhin den Barunterhalt für die beiden Kinder allein sicherstelle, sei im Hinblick auf die Ehedauer und darauf gerechtfertigt, dass die Antragsgegnerin ihren eigenen Notbedarf nicht selbst bestreiten könne. Wenn - wie vorliegend - der eheangemessene Bedarf hinter dem Notbedarf zurückbleibe oder diesen gerade erreiche, stehe der Befristung nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin selbst diesen nicht durch Erwerbstätigkeit abdecken könne.

II. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.

1. Auf die Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden (Art. 4 UÄndG; vgl. auch § 36 Nr. 7 EGZPO; Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 28 und vom 7. Juli 2010 - XII ZR 157/08 - FamRZ 2011, 188 Rn. 13).

Nach § 1578 b BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre.

Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie ist vom Revisionsgericht aber daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 37 und vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 19).

a) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auf die konkrete Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen.

Ist der Unterhaltsberechtigte erwerbsfähig, ist auf das Einkommen abzustellen, das er ohne die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit durch die Ehe oder die Kindererziehung erzielen könnte (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 14). Ist der Unterhaltsberechtigte hingegen bereits Rentner, kann lediglich auf das Renteneinkommen aus einer solchen Erwerbstätigkeit abgestellt werden, wobei von der tatsächlichen Rente nach durchgeführtem Versorgungsausgleich auszugehen ist. Beim Krankheitsunterhalt kann hingegen nur auf das Einkommen abgestellt werden, das der kranke Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung zur Verfügung hätte. Denn wenn er auch ohne die Ehe zu keiner Erwerbstätigkeit in der Lage wäre, kann nicht auf ein fiktives Einkommen abgestellt werden, das ein gesunder Unterhaltsberechtigter erzielen könnte. Wenn die Krankheit nicht ehebedingt ist, ergibt sich der angemessene Lebensbedarf im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB bei vollständiger Erwerbsunfähigkeit also aus der Höhe der Erwerbsunfähigkeitsrente, wobei auch hier von der tatsächlichen Rente nach Durchführung des Versorgungsausgleichs auszugehen ist. Nur wenn der Unterhaltsberechtigte noch teilweise erwerbsfähig ist, kann daneben auf Erwerbseinbußen als ehebedingter Nachteil abgestellt werden (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 926 Rn. 29). Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 b Abs. 1 BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten erreichen muss (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 14).

Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemessenen Unterhaltsbedarf erreichen, oder könnte er solche Einkünfte erzielen, kann dies im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalts in Form einer Befristung führen (Senatsurteile vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 15 mwN und vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007 f.). Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hingegen lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 2 BGB regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhaltsanspruch nach einer Übergangszeit aber bis auf die Differenz zwischen dem angemessenen Unterhaltsbedarf und dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen herabgesetzt werden (Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 23 ff.; vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 30 und vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 16).

b) Die nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts insbesondere zu berücksichtigenden ehebedingten Nachteile können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB, bei dem die Krankheit selbst regelmäßig nicht ehebedingt ist, ist ein ehebedingter Nachteil denkbar, wenn ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsunfähigkeitsrente infolge der Ehe- oder Kindererziehung geringer ist als sie ohne die Ehe wäre oder sie vollständig entfällt (Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 34 und vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Rn. 36). Insoweit entsprechen sich der Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB. In beiden Fällen ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB können also nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 43 und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508 Rn. 25).

Ein ehebedingter Nachteil wegen Aufgabe der Erwerbstätigkeit infolge der Kindererziehung und der Haushaltstätigkeit kann sich allerdings dann ergeben, wenn deswegen die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt sind. Nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nur dann Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt haben. Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich nach § 43 Abs. 4 SGB VI nur durch besondere Anrechnungs- und Berücksichtigungszeiten. Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte wegen der Kindererziehung und Haushaltstätigkeit in der relevanten Zeit nicht genügend Pflichtbeiträge gezahlt, kann die Erwerbsunfähigkeitsrente für eine alsbald anschließende Erwerbsunfähigkeit vollständig ausscheiden. Diese Lücke durch eine ehebedingte Erwerbslosigkeit wird auch durch den durchgeführten Versorgungsausgleich nicht kompensiert. In solchen Fällen besteht der Nachteil im Verlust der ohne Ehe und Kindererziehung erzielbaren Erwerbsunfähigkeitsrente und ist auf die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe zurückzuführen, ist somit ehebedingt. Darauf, ob die Gestaltung der Kinderbetreuung und Haushaltsführung während der Ehe einvernehmlich erfolgt ist, kommt es nicht an (Senatsurteil vom 16. Februar 2011 - XII ZR 108/09 - zur Veröffentlichung bestimmt). Der sich daraus ergebende ehebedingte Nachteil entfällt allerdings mit dem Beginn der Altersrente, weil für diese nach den §§ 35 ff. SGB VI neben der Erfüllung der Wartezeit und der Altersvoraussetzung keine Mindestzahl von Pflichtbeiträgen erforderlich ist.

c) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Indem § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB "insbesondere" auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt er andere Gesichtspunkte für die Billigkeitsabwägung nicht aus. Diese Umstände gewinnen beim nachehelichen Krankheitsunterhalt gemäß § 1572 BGB, der regelmäßig nicht mit ehebedingten Nachteilen einhergeht, an Bedeutung (Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 36 ff.; vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Rn. 37 und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 25).

aa) Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung hat das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind (Senatsurteil vom 28. April 2010 - XII ZR 141/08 - FamRZ 2010, 1057 Rn. 17). Auch in solchen Fällen, in denen die fortwirkende eheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, fällt den in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB genannten Umständen also besondere Bedeutung zu (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Auf deren Grundlage, insbesondere der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ist auch der Umfang einer geschuldeten nachehelichen Solidarität zu bemessen (Senatsurteile vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 21; vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Rn. 39 und vom 28. April 2010 - XII ZR 141/08 - FamRZ 2010, 1057 Rn. 17).

Die Ehedauer gewinnt im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt (Senatsurteile vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 2 und vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 21).

bb) Im Rahmen der Billigkeitsabwägung sind allerdings auch alle weiteren Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen. Insbesondere hat der Tatrichter zu ermitteln, wie dringend der Unterhaltsberechtigte, gegebenenfalls neben eigenen Einkünften aus Erwerbsunfähigkeitsrente, auf den Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige durch den Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen oder den angemessenen Unterhalt belastet wird. Auch die Unterhaltspflichten gegenüber gemeinsamen Kindern sind im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen, selbst wenn diese nach § 1609 Nr. 4 BGB gegenüber dem Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nachrangig sind.

Im Rahmen der Billigkeit kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, wenn der Unterhaltspflichtige neben seiner Erwerbstätigkeit weitere Betreuungsleistungen erbringt, zu denen der Unterhaltsberechtigte wegen seiner Erkrankung ebenfalls nicht in der Lage ist (Senatsurteil vom 28. April 2010 - XII ZR 141/08 - FamRZ 2010, 1057 Rn. 23).

cc) Dass der Unterhaltsberechtigte auch ohne eine Befristung Sozialhilfe beziehen müsste, weil der Unterhalt ohnehin nicht sein Existenzminimum abdeckt, ist hingegen kein Grund für eine Befristung. Zwar sind die jeweiligen Belastungen, die mit der Zahlungspflicht für den Unterhaltspflichtigen einerseits bzw. mit einer Herabsetzung oder zeitlichen Begrenzung für den Unterhaltsberechtigten andererseits verbunden sind, im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 39). Dabei darf allerdings nicht auf einen Vergleich mit der Versorgungslage des Unterhaltsberechtigten unter Einbeziehung von Sozialleistungen abgestellt werden. Denn dies liefe darauf hinaus, dass ein Unterhaltsanspruch eher zu befristen wäre, wenn er das Sozialhilfeniveau nicht erreicht. Das widerspräche aber der gesetzlichen Grundentscheidung, wonach Sozialhilfe gegenüber dem Unterhalt nachrangig ist (§§ 2, 94 SGB XII; Senatsurteil vom 28. April 2010 - XII ZR 141/08 - FamRZ 2010, 1057 Rn. 20). Umgekehrt steht einer Begrenzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts aber auch nicht zwingend entgegen, dass der Unterhaltsberechtigte dadurch sozialhilfebedürftig würde (Senatsurteile vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 36 und vom 28. April 2010 - XII ZR 141/08 - FamRZ 2010, 1057 Rn. 18).

2. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des Senats trägt die Begründung des angefochtenen Urteils die Unterhaltsbefristung bis Dezember 2013 nicht.

a) Die Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach ein ehebedingter Nachteil nicht vorliege, lassen wesentliche Umstände des vorliegenden Einzelfalles unberücksichtigt.

aa) Zutreffend hat das Oberlandesgericht zwar ausgeführt, dass die Krankheit der Antragsgegnerin hier nicht ehebedingt ist. Denn nach seinen Feststellungen sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Erkrankung selbst auf die Dauer der Pflege oder Erziehung der gemeinschaftlichen Kinder, die Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe oder die Dauer der Ehe zurückzuführen ist. Auch sind keine weiteren Umstände ersichtlich, die die Erkrankung der Antragsgegnerin auf die Ehe der Parteien zurückführen könnten. Der Umstand, dass die Erkrankung erst nach der Trennung der Parteien aufgetreten ist, spricht hier sogar gegen einen solchen Ehebezug.

bb) Ein ehebedingter Nachteil ist auch nicht darin zu erblicken, dass die Antragsgegnerin während der Ehezeit nicht erwerbstätig war, was zu einer geringeren Altersrente führen kann. Denn insoweit greift der zwischen den Parteien durchgeführte Versorgungsausgleich. Darauf, ob der Ausgleichsbetrag gemeinsam mit den, etwa auf Kindererziehungszeiten beruhenden, eigenen ehezeitlichen Anwartschaften die Höhe der Anwartschaften erreicht, die die Antragsgegnerin bei vollschichtiger Erwerbstätigkeit als Apothekenhelferin während der Ehezeit selbst verdient hätte, kommt es nicht an. Denn durch den Versorgungsausgleich sind die gesamten ehezeitlich erworbenen Versorgungsanwartschaften der Parteien vollständig ausgeglichen. Insoweit können nach der angeführten Rechtsprechung des Senats ehebedingte Nachteile keine Berücksichtigung mehr finden.

cc) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhält die Antragsgegnerin allerdings keine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI, obwohl sie vollständig erwerbsgemindert ist. Zwar ist die Wartezeit nach § 43 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI zweifelsfrei erfüllt, zumal die Antragsgegnerin bereits vor der Ehezeit versicherungspflichtig erwerbstätig war, Kindererziehungszeiten hinzuzurechnen sind und nach § 52 SGB VI auch die im Versorgungsausgleich übertragenen Anwartschaften bei der Bemessung der Wartezeit Berücksichtigung finden. Die Antragsgegnerin erhält aber deswegen keine Rente wegen Erwerbsminderung, weil sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung keine drei Jahre Pflichtbeiträge entrichtet hat (§ 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI). Dies wiederum ist darauf zurückzuführen, dass sie wegen der Erziehung der gemeinsamen Kinder sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit bis zur Trennung nicht erwerbstätig war. Nach der Trennung im Oktober 2002 konnte sie die erforderlichen Zeiten nicht mehr erfüllen, weil die Erkrankung schon bald so fortgeschritten war, dass im November 2003 eine Betreuung eingerichtet und sie im Mai 2004 stationär behandelt werden musste. Damit bildet die entfallene Möglichkeit zum Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente hier einen ehebedingten Nachteil, der im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB zu berücksichtigen ist. Die Höhe dieses ehebedingten Nachteils hat das Berufungsgericht nicht festgestellt (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 23 ff.).

Dieser Nachteil wird auch nicht durch die Unterstützungsleistungen aufgefangen, die die Antragsgegnerin gegenwärtig erhält. Soweit sie im Hinblick auf ihre Erkrankung ein Pflegegeld in Höhe von 205 € monatlich erhält, ist § 1610 a BGB zu beachten, wonach vermutet wird, dass die erhaltenen Sozialleistungen durch die infolge der Körper- oder Gesundheitsschäden notwendigen Aufwendungen vollständig aufgebraucht werden. Anhaltspunkte dafür, dass das Pflegegeld die krankheitsbedingten zusätzlichen Aufwendungen übersteigt, sind hier nicht ersichtlich (vgl. insoweit Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rn. 463 ff.). Auch soweit die Antragsgegnerin Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den §§ 19 Abs. 2, 41 ff. SGB XII erhält, deckt diese ihren Lebensbedarf nicht. Denn diese Grundsicherung ist nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII nur gegenüber solchen Verwandten als bedarfsdeckendes Einkommen zu berücksichtigen, deren jährliches Gesamteinkommen nach § 16 SGB IV unter 100.000 € liegt. Gegenüber anderen unterhaltspflichtigen Verwandten oder Ehegatten ist auch die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung subsidiär. Diesen gegenüber sind die Leistungen also nicht bedarfsdeckend und der Unterhaltsanspruch geht mit der Leistung gemäß § 94 Abs. 1 SGB XII auf den Träger der Sozialleistung über (vgl. Wendl/Scholz aaO § 8 Rn. 152 f. und Wendl/Dose aaO § 1 Rn. 467 a ff.).

b) Die weitere Billigkeitsabwägung, die das Maß der nachehelichen Solidarität einschließt, kann die Befristung des nachehelichen Unterhalts schon deswegen nicht begründen, weil sie von einem fehlenden ehebedingten Nachteil ausgeht und deswegen keine Ausführungen dazu enthält, ob eine Befristung ausnahmsweise trotz des bis zur Altersgrenze verbleibenden ehebedingten Nachteils geboten ist.

Zu Recht hat das Oberlandesgericht zwar die Ehedauer von 22 Jahren berücksichtigt, in denen die Antragsgegnerin ihre Erwerbstätigkeit als Apothekenhelferin für die Kindererziehung und Haushaltstätigkeit aufgegeben hatte. Im Hinblick auf diese Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit waren die Lebensverhältnisse der Parteien hier eng miteinander verknüpft.

Ebenso hat das Berufungsgericht zutreffend einbezogen, dass der Antragsteller seit der Trennung der Parteien neben seiner Erwerbstätigkeit den gemeinsamen Sohn betreut hat, woraus sich für ihn eine überobligatorische Belastung ergab (vgl. BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739 - Rn. 103). Auch die Pflicht des Antragstellers zur Beitragszahlung in Höhe von 6.835,99 € im Rahmen des Versorgungsausgleichs ist ein zu berücksichtigender Billigkeitsgesichtspunkt. Gleiches gilt für den Umstand, dass der Antragsteller seit der Trennung für den Unterhalt der beiden gemeinsamen Kinder allein aufkommen muss, was ihn, unabhängig vom Rang des Kindesunterhalts, zusätzlich belastet (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 2009 - XII ZR 54/06 - FamRZ 2009, 762 Rn. 46 ff.). Nach Abzug des Unterhalts für den gemeinsamen Sohn verfügt der Antragsgegner noch über Einkünfte von weniger als 2.300 €, von denen der titulierte Elementar, Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von insgesamt 1.340 € abzusetzen ist. Dem Antragsteller verbleiben nach der Unterhaltsbemessung der Instanzgerichte mithin lediglich Einkünfte, die sogar unter seinem Selbstbehalt von 1.050 € (Senatsurteil vom 15. März 2006 - XII ZR 30/04 - FamRZ 2006, 683, 684 f.; zur Höhe vgl. Anm. B IV zur Düsseldorfer Tabelle und Ziff. 21.3.2 der Leitlinien der Oberlandesgerichte) liegen.

3. Das Oberlandesgericht hat im Rahmen seiner Billigkeitsprüfung nach § 1578 b BGB aber verkannt, dass die Antragsgegnerin durch die Kindererziehung und Haushaltstätigkeit während der Ehe ehebedingte Nachteile erlitten hat. Unter Berücksichtigung dieser Nachteile wird das Oberlandesgericht die Höhe und Dauer des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) erneut auf seine Billigkeit zu überprüfen haben (§ 1578 b BGB). Dabei wird es für die Zeit ab 2014 auch die Höhe des Unterhalts unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Antragstellers überprüfen müssen. Soweit das Oberlandesgericht einen dauerhaften Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen für unbillig erachtet, wird es auch eine weitere Herabsetzung des Unterhalts auf den am Existenzminimum orientierten notwendigen Selbstbehalt von zurzeit 770 € prüfen müssen. Wenn das Oberlandesgericht wegen der erheblichen Belastungen des Antragstellers trotz des gegenwärtig vorliegenden ehebedingten Nachteils erneut eine Befristung des Unterhalts prüft, wird es dies und alle übrigen Umstände des vorliegenden Einzelfalles zu berücksichtigen haben. ..."

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Für das Bestehen ehebedingter Nachteile kommt es vor allem darauf an, ob aus der tatsächlichen, nicht notwendig einvernehmlichen Gestaltung von Kinderbetreuung und Haushaltsführung Erwerbsnachteile entstanden sind (im Anschluss an Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059). Gab der unterhaltsberechtigte Ehegatte während des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft seinen Arbeitsplatz auf, ist es jedenfalls grundsätzlich nicht von Bedeutung, ob der unterhaltspflichtige Ehegatte damit einverstanden war oder nicht, so dass daraus entstandene Erwerbsnachteile ehebedingt sind. Etwas anderes gilt, wenn die Aufgabe (oder der Verlust) der Arbeitsstelle ausschließlich auf Gründen beruhte, die außerhalb der Ehegestaltung liegen (BGH, Urteil vom 16.02.2011 - XII ZR 108/09).

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Eine vom Unterhaltspflichtigen nach Erreichen der Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente ausgeübte Erwerbstätigkeit ist - entsprechend der Lage für den Unterhaltsberechtigten - sowohl hinsichtlich des Ehegattenunterhalts als auch des Kindesunterhalts regelmäßig überobligatorisch. Hierfür ist es unerheblich, ob der Unterhaltspflichtige abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist. Die Anrechnung eines aus überobligatorischer Tätigkeit erzielten Einkommens richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und hat der Überobligationsmäßigkeit Rechnung zu tragen. Eine danach eingeschränkte Anrechnung des Einkommens ist sowohl beim Ehegattenunterhalt als auch beim Kindesunterhalt schon bei der Ermittlung des vom Unterhaltspflichtigen abgeleiteten Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen. Zur Ermittlung der Haftungsanteile der Eltern beim Unterhalt so genannter privilegierter Volljähriger. Wenn eine Befristung des Ehegattenunterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB wegen aktuell bestehender ehebedingter Nachteile ausgeschlossen ist, darf das Familiengericht die Entscheidung über eine - teilweise - Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB nicht mit dem Hinweis auf eine nicht abgeschlossene wirtschaftliche Entflechtung der Verhältnisse zurückstellen, sondern muss hier-über insoweit entscheiden, als dies aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände möglich ist (BGH, Urteil vom 12.01.2011 - XII ZR 83/08 zu BGB §§ 242, 1571, 1573, 1577, 1578, 1578 b, 1603, 1606, 1610).

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Ein umfassender Anspruch auf Aufstockungsunterhalt setzt voraus, dass der Unterhaltsberechtigte eine vollschichtige angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder ihn eine entsprechende Obliegenheit trifft. Vermag der Unterhaltsberechtigte eine solche Tätigkeit nicht zu erlangen, ergibt sich der Anspruch zum Teil aus § 1573 Abs. 1 BGB - Erwerbslosigkeitsunterhalt (im Anschluss an Senatsurteil vom 16. Dezember 1987 - IVb ZR 102/86 - FamRZ 1988, 265). Bei einer Bedarfsermittlung nach den konkreten Verhältnissen ist eigenes Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten zur Ermittlung der Bedürftigkeit nicht gekürzt um einen Erwerbsbonus, sondern in vollem Umfang auf den Bedarf anzurechnen. Der angemessene Lebensbedarf gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB bestimmt sich nach der Lebensstellung, die der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und damit verbundene Erwerbsnachteile erlangt hätte (im Anschluss an Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - zur Veröffentlichung bestimmt und vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633). Die - besseren - Verhältnisse des anderen Ehegatten sind für den sich nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten bemessenden Bedarf ohne Bedeutung. Zur Befristung des Unterhalts nach § 1573 Abs. 1, 2 BGB bei ehebedingten Nachteilen des Unterhaltsberechtigten (BGH, Versäumnisurteil vom 10.11.2010 - XII ZR 197/08 zu BGB §§ 1573, 1577, 1578, 1578 b).

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Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz aus den beiden Positionen ergibt grundsätzlich den ehebedingten Nachteil. Der Unterhaltsberechtigte kann im Einzelfall seiner - sekundären - Darlegungslast genügen, wenn er vorträgt, dass in dem von ihm erlernten Beruf Gehaltssteigerungen in einer bestimmten Höhe mit zunehmender Berufserfahrung bzw. Betriebszugehörigkeit üblich sind. Bei feststehenden Nachteilen ist eine exakte Feststellung zum hypothetisch erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten nicht notwendig. Die Tatsachengerichte können sich bei geeigneter Grundlage einer Schätzung entsprechend § 287 ZPO bedienen. Das Gericht muss in der Entscheidung jedoch die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung und ihre Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise angeben. Bei den in § 1578 b BGB aufgeführten Kriterien handelt es sich um objektive Umstände, denen kein Unwerturteil bzw. keine subjektive Vorwerfbarkeit anhaftet, weshalb im Rahmen der Abwägung des § 1578 b BGB keine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens stattfindet (BGH, Urteil vom 20.10.2010 - XII ZR 53/09 zu BGB §§ 1573, 1574, 1578, 1578 b; ZPO §§ 287, 323 aF; EGZPO § 36 Nr. 1).

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Bei der Billigkeitsprüfung nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB ist vorrangig zu berücksichtigen, ob ehebedingte Nachteile eingetreten sind, die schon deswegen regelmäßig einer Befristung des nachehelichen Unterhalts entgegenstehen, weil der Unterhaltsberechtigte dann seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht selbst erzielen kann. Ob bei fehlenden ehebedingten Nachteilen eine Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf den angemessenen Lebensbedarf (§ 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB) in Betracht kommt, ist gemäß § 1578 b BGB im Wege einer umfassenden Billigkeitsabwägung zu bestimmen, die dem Tatrichter obliegt. Dabei ist auch eine über die Kompensation ehebedingter Nachteile hinausgehende nacheheliche Solidarität zu berücksichtigen (im Anschluss an das Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629). Die Ehedauer gewinnt durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt (im Anschluss an das Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Urteil vom 06.10.2010 - XII ZR 202/08).

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Bei der Billigkeitsprüfung nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB ist vorrangig zu berücksichtigen, ob ehebedingte Nachteile eingetreten sind, die schon deswegen regelmäßig einer Befristung des nachehelichen Unterhalts entgegenstehen, weil der Unterhaltsberechtigte dann seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht selbst erzielen kann. Ob bei fehlenden ehebedingten Nachteilen eine Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf den angemessenen Lebensbedarf (§ 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB) in Betracht kommt, ist gemäß § 1578 b BGB im Wege einer umfassenden Billigkeitsabwägung zu bestimmen, die dem Tatrichter obliegt. Dabei ist auch eine über die Kompensation ehebedingter Nachteile hinausgehende nach-eheliche Solidarität zu berücksichtigen (im Anschluss an das Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629). Die Ehedauer gewinnt durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt (im Anschluss an das Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Urteil vom 06.10.2010 - XII ZR 202/08).

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Wurde ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB nach Veröffentlichung des Senatsurteils vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006) durch Urteil festgelegt, so ergibt sich weder aus der anschließenden Senatsrechtsprechung noch aus dem Inkrafttreten des § 1578 b BGB am 1. Januar 2008 eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse. Auch § 36 Nr. 1 EGZPO bietet in diesem Fall keine eigenständige Abänderungsmöglichkeit (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111). Das gilt auch dann, wenn aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind, die von der Unterhaltsberechtigten betreut wurden (BGH, Urteil vom 29.09.2010 - XII ZR 205/08).

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Nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO muss ein Berufungsurteil zwar keinen Tatbestand enthalten. Erforderlich ist aber eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil mit einer Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen. Dazu gehört auch die zumindest sinngemäße Wiedergabe der Berufungsanträge. Die Berechnung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs nach einer Quote des vorhandenen Einkommens beruht auf der Annahme, dass das gesamte vorhandene Einkommen für den Lebensunterhalt der Ehegatten verwendet wird. Bei besonders günstigen Einkommensverhältnissen, bei denen die Vermutung nahe liegt, dass nicht sämtliche Einnahmen für den Lebensunterhalt verbraucht werden, sondern ein Teil von ihnen auch der Vermögensbildung zufließt, ist ein höherer Bedarf konkret zu begründen. Zur Bemessung des Altersvorsorgeunterhalts bei konkret bemessenem Barunterhalt (im Anschluss an das Senatsurteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04 - FamRZ 2007, 117). Im Rahmen der - dem Tatrichter obliegenden - Billigkeitsabwägung nach § 1578 b BGB gewinnt eine längere Ehedauer durch eine wirtschaftliche Verflechtung, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit eintritt, besonderes Gewicht (BGH, Urteil vom 11.08.2010 - XII ZR 102/09 zu BGB §§ 1578 Abs. 1, 3, 1578 b; ZPO § 540):

„... 5. Auch die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Begrenzung des nachehelichen Unterhalts gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB hält den Angriffen der Revision stand.

a) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist bei der Billigkeitsabwägung vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

b) Das Berufungsgericht hat hier einen dauerhaften ehebedingten Nachteil der Antragsgegnerin angenommen, weil sie ohne Ehe und Kindererziehung heute deutlich höhere Einkünfte erzielen würde, als sie gegenwärtig aus ihrer zumutbaren Tätigkeit erzielt. Das greift die Revision ohne Erfolg an.

aa) Die Feststellung aller für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen oder Beweisregeln verkannt hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Das setzt voraus, dass in dem Urteil die wesentlichen Gründe aufgeführt werden, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind. Nicht erforderlich ist hingegen die ausdrückliche Auseinandersetzung mit allen denkbaren und fern liegenden Gesichtspunkten, wenn sich nur ergibt, dass eine sachgerechte Beurteilung stattgefunden hat (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 19).

bb) Diesen Anforderungen trägt die Feststellung ehebedingter Nachteile durch das Berufungsgericht Rechnung. Sie beruht auf einer Würdigung des gesamten Prozessstoffes. Entgegen der Rechtsauffassung der Revision hat das Berufungsgericht dabei auch nicht gegen die Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast verstoßen.

Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass der Antragsteller als Unterhaltsschuldner, der sich mit seinem Begehren nach Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts auf eine prozessuale Einwendung beruft, die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der dafür sprechenden Tatsachen trägt (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 41 und vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 22). In die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltspflichtigen fällt grundsätzlich auch der Umstand, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB entstanden sind. Die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast erfährt jedoch Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen. Diese sekundäre Darlegungslast hat im Rahmen des § 1578 b BGB zum Inhalt, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt und dies bewiesen werden (Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 Tz. 18 ff.).

Die Feststellung der für einen ehebedingten Nachteil sprechenden Tatsachen durch das Berufungsgericht ist danach revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat substantiiert vorgetragen, dass sie nach Abschluss der Realschule und der höheren Handelsschule ohne die Ehe und die Erziehung der beiden gemeinsamen Töchter eine berufliche Entwicklung im betriebswirtschaftlichen Bereich erfahren hätte und heute monatlich zwischen 1.500 und 3.000 € netto verdienen würde. Die Würdigung des Berufungsgerichts, dass von einer solchen beruflichen Entwicklung bis zu einem Nettoeinkommen von 2.200 € auszugehen sei, beruht auf den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Persönlichkeit der Antragsgegnerin. Dies hat der insoweit beweisbelastete Antragsteller nicht widerlegt.

Weil die Antragsgegnerin danach ohne ihre Ehe und die Kindererziehung ein monatliches Nettoeinkommen von 2.200 € erzielen würde, liegt in der Differenz zu dem angemessenen gegenwärtigen Erwerbseinkommen ein ehebedingter Nachteil im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB. Diesen hat das Berufungsgericht zu Recht bei seiner Billigkeitsabwägung berücksichtigt.

c) Auch die Billigkeitsabwägung im Rahmen des § 1578 b BGB obliegt grundsätzlich dem Tatrichter. Diese kann vom Revisionsgericht lediglich auf Rechtsfehler überprüft werden, insbesondere darauf, ob das Berufungsgericht im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Das ist hier nicht der Fall.

aa) Das Berufungsgericht hat neben den ehebedingten Nachteilen der Antragsgegnerin auch die Dauer der Ehe von 30 Jahren berücksichtigt. Die Ehedauer gewinnt durch die wirtschaftliche Verflechtung, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt, besonderes Gewicht. Entsprechend ist die Antragsgegnerin auch hier nach dem gemeinsamen Lebensplan der Parteien frühzeitig aus dem Berufsleben ausgeschieden, hat nur eine unwesentliche eigene Altersvorsorge aufgebaut und sich auf die Versorgung durch die Vermögenseinkünfte des Antragstellers eingerichtet. Auch soweit das Berufungsgericht im Rahmen der Billigkeitsabwägung die besonders günstige Vermögens- und Einkommenssituation beim Antragsteller berücksichtigt hat, ist dagegen nichts zu erinnern.

Aus revisionsrechtlicher Sicht ist deswegen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens wegen des fortdauernden ehebedingten Nachteils der Antragsgegnerin eine Befristung des Unterhalts abgelehnt und den Unterhaltsanspruch lediglich auf den eigenen angemessenen Lebensbedarf der Antragsgegnerin herabgesetzt hat. Auch die vom Berufungsgericht gewählte Übergangsfrist bis zur Herabsetzung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen auf den eigenen angemessenen Unterhalt von fünf Jahren ab Rechtskraft der Ehescheidung begegnet keinen Bedenken. Das Berufungsgericht hat dabei alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt.

bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Entscheidung über eine weiter gehende Begrenzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts ab Erreichen des Rentenalters der Antragsgegnerin zurückgestellt.

Zwar setzt nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts aus Billigkeitsgründen nach § 1578 b BGB nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist. Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung bereits eingetreten oder zuverlässig voraussehbar sind, ist eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung nach § 323 Abs. 2 ZPO (jetzt §§ 238 f. FamFG) vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren auszusprechen. Ob die für die Begrenzung ausschlaggebenden Umstände allerdings bereits im Ausgangsverfahren zuverlässig vorhersehbar sind, lässt sich nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beantworten (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 37 und vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 17).

Das Berufungsgericht hat hier alle bereits sicher vorhersehbaren Umstände berücksichtigt. Zutreffend hat es allerdings darauf hingewiesen, dass die eigene Einkommenssituation der Antragsgegnerin bei Rentenbeginn noch ungeklärt ist, zumal sich ihre weitere Erwerbstätigkeit und der für die Altersvorsorge zu verwendende Altersvorsorgeunterhalt in noch ungewisser Weise auf die eigene Altersvorsorge auswirken werden. Wenn es im Hinblick darauf gegenwärtig von einer abschließenden Entscheidung nach § 1578 b BGB auch für die Zeit nach Rentenbeginn abgesehen hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

6. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch die erst in der Berufungsinstanz erhobene Widerklage des Antragstellers abgewiesen.

Nach § 533 ZPO sind eine Klageänderung, eine Aufrechnungserklärung oder eine Widerklage in der Berufungsinstanz nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und wenn diese Anträge auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Die Antragsgegnerin hat der Widerklage des Antragstellers ausdrücklich nicht zugestimmt. Das Oberlandesgericht hat die als Widerklage erhobene Feststellungsklage auf Rückzahlung geleisteten Unterhalts zu Recht auch nicht für sachdienlich erachtet. Es hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Feststellungsklage des Antragstellers die verschärfte Haftung nach § 818 Abs. 4 BGB ohnehin nicht begründen kann. Auch zur Verhinderung einer Verjährung des Rückzahlungsanspruchs war die Feststellungsklage nicht geboten.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann der Unterhaltsgläubiger dem Unterhaltsschuldner im Rahmen einer Klage auf Rückzahlung des geleisteten Unterhalts zwar den Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB entgegenhalten, sofern nicht die Voraussetzungen einer verschärften Haftung nach den §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1, 820 Abs. 1 BGB vorliegen. Gemäß § 818 Abs. 4 BGB kann sich der Empfänger einer rechtsgrundlos erbrachten Leistung vom Eintritt der Rechtshängigkeit an nicht mehr auf den Wegfall der Bereicherung berufen, sondern haftet nach allgemeinen Vorschriften. Der Senat hat wiederholt ausgesprochen, dass es dabei weder auf den Eintritt der Rechtshängigkeit einer Abänderungsklage noch einer Feststellungsklage ankommt. Maßgeblich ist vielmehr der Eintritt der Rechtshängigkeit der auf die Bereicherung gestützten Rückforderungsklage (Senatsurteile BGHZ 93, 183, 185 = FamRZ 1985, 368 f. und vom 22. April 1998 - XII ZR 221/96 - FamRZ 1998, 951 f.; zur neuen Rechtslage vgl. jetzt § 241 FamFG).

Der Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass dies nicht zu einer ungleichen Risikoverteilung zwischen Unterhaltsgläubiger und Unterhaltsschuldner führt. Selbst im Falle eines rechtskräftigen Unterhaltstitels kann der Unterhaltsschuldner im Rahmen seiner Abänderungsklage einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung stellen. Unabhängig davon kann er Leistungsklage auf Rückzahlung überzahlten Unterhalts erheben, ohne zuvor die Rechtskraft des Titels oder die Abänderung eines früheren Titels abzuwarten (Senatsurteile BGHZ 118, 383, 391 = FamRZ 1992, 1152, 1155 und vom 22. April 1998 - XII ZR 221/96 - FamRZ 1998, 951, 952). Schließlich bleibt es dem Unterhaltsschuldner unbenommen, den Unterhalt als zins- und tilgungsfreies Darlehen zu zahlen, verbunden mit der Verpflichtung, auf Rückzahlung zu verzichten, falls es beim zugesprochenen Unterhalt bleibt. Der Unterhaltsberechtigte ist nach Treu und Glauben verpflichtet, sich auf eine solche Gestaltung einzulassen (Senatsurteil BGHZ 143, 65, 75 f. = FamRZ 2000, 751, 753).

b) Die Feststellungsklage war auch nicht zur Unterbrechung der Verjährung erforderlich. Denn die Parteien streiten hier lediglich um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab Januar 2009 und nur auf Rückzahlung dieses Unterhalts bezieht sich der Feststellungsantrag des Antragstellers. Eine Verjährung dieser Ansprüche droht gegenwärtig noch nicht. Der Antragsteller hatte deswegen genügend Zeit, die Rechtskraft des Unterhaltsprozesses abzuwarten und dann ggf. eine Leistungsklage auf Rückzahlung zu erheben. Im Hinblick darauf ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die Klageerweiterung im Berufungsrechtszug nicht als sachdienlich behandelt hat. Darauf, dass nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts ein Rückzahlungsanspruch des Antragstellers ohnehin nicht in Betracht kommt und die Widerklage deswegen jedenfalls unbegründet wäre, kommt es somit nicht an. ..."

***

Nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO muss ein Berufungsurteil zwar keinen Tatbestand enthalten. Erforderlich ist aber eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil mit einer Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen. Dazu gehört auch die zumindest sinngemäße Wiedergabe der Berufungsanträge. Die Berechnung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs nach einer Quote des vorhandenen Einkommens beruht auf der Annahme, dass das gesamte vorhandene Einkommen für den Lebensunterhalt der Ehegatten verwendet wird. Bei besonders günstigen Einkommensverhältnissen, bei denen die Vermutung nahe liegt, dass nicht sämtliche Einnahmen für den Lebensunterhalt verbraucht werden, sondern ein Teil von ihnen auch der Vermögensbildung zufließt, ist ein höherer Bedarf konkret zu begründen. Zur Bemessung des Altersvorsorgeunterhalts bei konkret bemessenem Barunterhalt (im Anschluss an das Senatsurteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04 - FamRZ 2007, 117). Im Rahmen der - dem Tatrichter obliegenden - Billigkeitsabwägung nach § 1578 b BGB gewinnt eine längere Ehedauer durch eine wirtschaftliche Verflechtung, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit eintritt, besonderes Gewicht (BGH, Urteil vom 11.08.2010 - XII ZR 102/09 zu BGB §§ 1578 Abs. 1, 3, 1578 b; ZPO § 540).

***

Bei der Frage, ob ehebedingte Nachteile im Sinne des § 1578 b Abs. 1 BGB vorliegen, ist der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (im Anschluss an Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508). Das gilt nicht, wenn die vom Unterhaltsberechtigten aufgrund der ehelichen Rollenverteilung erlittene Einbuße bei seiner Altersvorsorge durch den Versorgungsausgleich nicht vollständig erfasst wird, weil der Unterhaltspflichtige nur für einen geringen Teil der Ehezeit Rentenanwartschaften erworben hat. Auch im Rahmen des Altersunterhalts bestimmt sich der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auf die konkrete Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 b BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten erreichen muss (im Anschluss an Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629; BGH, Urteil vom 04.08.2010 - XII ZR 7/09):

„... II. Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Die für den Unterhaltsbedarf nach § 1578 Abs. 1 BGB durchgeführte Einkommensermittlung des Berufungsgerichts hält den von der Revision der Antragsgegnerin geführten Angriffen stand.

Der Einwand der Antragsgegnerin, die Darlehensraten hinsichtlich des Sanierungskredits dienten mit ihrem Tilgungsanteil der Vermögensbildung des Antragstellers, verfängt nicht. Nach der Rechtsprechung des Senats sind von dem Vorteil mietfreien Wohnens grundsätzlich die mit dem Eigentumserwerb verbundenen Kosten abzusetzen, weil der Eigentümer nur in Höhe der Differenz günstiger lebt als ein Mieter. Der Tilgungsanteil der Kreditraten kann aber dann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn der andere Ehegatte nicht mehr von der mit der Tilgung einhergehenden Vermögensbildung profitiert und daher eine einseitige Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten stattfindet, wie es im gesetzlichen Güterstand ab Zustellung des Scheidungsantrags der Fall ist (Senatsurteil vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963 Tz.17, 19 m.w.N.) und bei der vorliegenden Gütertrennung schlechthin gilt.

An einer solchen einseitigen Vermögensbildung mangelt es hier schon deswegen, weil dem Antragsteller an der von ihm bewohnten Wohnung nicht das Eigentum, sondern lediglich ein Nießbrauch zusteht. Die Darlehensraten stellen sich für ihn daher in vollem Umfang als Erhaltungsaufwand dar, mit dem eine Vermögensmehrung nicht einhergeht. Der Hinweis der Antragsgegnerin auf eine mögliche Rückforderung des verschenkten Wohneigentums nach § 528 BGB ergibt nichts anderes, weil der Antragsteller auch nach der Schenkung sowohl seinen eigenen angemessenen Unterhalt bestreiten als auch seine Unterhaltspflicht erfüllen kann. Dass der Antragsteller - wie die Revision der Antragsgegnerin meint - eine Rückforderung sogar geltend machen müsse, um der Antragsgegnerin (wegen der dann nicht mehr abziehbaren Tilgungsanteile) einen höheren Unterhalt zahlen zu können, findet zum einen in den tatsächlichen Gegebenheiten keine Grundlage und lässt außer acht, dass die Grundstücksübertragung im Einvernehmen mit der Antragsgegnerin vorgenommen wurde. Zum anderen wäre ein Rückforderungsanspruch wegen Verarmung des Schenkers ersichtlich nicht gegeben.

Der Einwand der Antragsgegnerin, der Antragsteller habe für die vom Berufungsgericht anerkannte Haushaltshilfe die Steuerermäßigung nach § 35 a EStG berücksichtigen müssen, greift bereits deshalb nicht, weil zu den tatsächlichen Voraussetzungen der Norm nichts festgestellt worden ist und insofern ein Verfahrensfehler im Rahmen der Tatsachenfeststellungen weder gerügt noch ersichtlich ist.

2. Auf die Befristung und Begrenzung des Unterhalts ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden (Art. 4 Unterhaltsrechtsänderungsgesetz; vgl. auch § 36 Nr. 7 EGZPO und Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 - Tz. 27 f.). Seit dem 1. Januar 2008 ist neben der hier vorgenommenen Herabsetzung gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB für den nachehelichen Altersunterhalt nach § 1571 BGB auch eine Befristung zulässig.

a) Die Regelung in § 1578 b BGB ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht wegen Unbestimmtheit verfassungswidrig. Der Senat hat bereits zur Befristung des Krankheitsunterhalts entschieden, dass es der mit dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 verfolgten Absicht des Gesetzgebers entspricht, sich in weiten Teilen auf konkretisierungsbedürftige Grundaussagen und Generalklauseln zu beschränken und damit den Gerichten einen relativ breiten Spielraum zu geben, um dem konkreten Einzelfall nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten gerecht zu werden (BT-Drucks. 16/1830 S. 13). Dadurch verstößt der Gesetzgeber nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Gebot der Normenklarheit (vgl. Herzog/Grzeszick in: Maunz/Dürig Grundgesetz 57. Aufl. Art. 20 Rdn. 90). Zwar wird bei der Befristung des Altersunterhalts das nach der gesetzlichen Konzeption vorrangige Kriterium der ehebedingten Nachteile oftmals nicht einschlägig sein.

Die Befristung des Altersunterhalts ist aber auch ohne ehebedingte Nachteile nicht der gesetzliche Regelfall (vgl. - zum Krankheitsunterhalt - Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 - Tz. 36 f.). Zudem stellt das Gesetz für die Beurteilung der Unbilligkeit einer weitergehenden Unterhaltspflicht in § 1578 b Abs. 1 BGB mit der Ehedauer und der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit sowie der Kindererziehung Kriterien zur Verfügung, die auch für die generelle Bemessung der nachehelichen Solidarität heranzuziehen sind (vgl. BT-Drucks. 16/1830, S. 19).

Dem Gesetzgeber stand es demnach frei, die Entscheidung über die Befristung der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls zu überlassen (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch BVerfG NJW 2010, 1657). Im Übrigen hat das Berufungsgericht wie das Amtsgericht nur eine Herabsetzung nach § 1578 b Abs. 1 BGB vorgenommen, welche schon nach der früheren Rechtslage gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. möglich war.

b) Bei der Billigkeitsprüfung für die Begrenzung des Unterhalts gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB ist das Berufungsgericht zu Recht vom Vorliegen ehebedingter Nachteile aufgrund der Rollenverteilung während der Ehe ausgegangen.

Nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB ist für die Unbilligkeit einer weiteren Unterhaltszahlung nach den ehelichen Lebensverhältnissen insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

aa) Der Antragsteller rügt mit seiner Revision, dass die Antragsgegnerin gegenüber ihrem früheren Arbeitgeber den Wunsch geäußert habe, ‚gehen zu dürfen', woraufhin sie eine Kündigung erhalten habe. Ursache seien gesundheitliche Probleme gewesen und nicht - wie von der Antragsgegnerin behauptet - der Umstand, dass sie die Ferienpensionen des (schwerbehinderten) Antragstellers habe führen sollen.

Das steht dem vom Berufungsgericht zugrunde gelegten ehebedingten Nachteil jedoch nicht entgegen.

Im Rahmen der Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des Unterhalts ist der Unterhaltspflichtige für die Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet, die für eine Befristung sprechen (Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 Tz. 18). Den Unterhaltsberechtigten trifft allerdings hinsichtlich der Tatsache, dass ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind, nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen eine sog. sekundäre Darlegungslast. Dazu genügt es indessen, wenn dieser die Behauptung des Unterhaltspflichtigen, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreitet und seinerseits darlegt, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen (Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 Tz. 20 ff.).

Gemessen an diesen Anforderungen genügt zur Darlegung eines ehebedingten Nachteils, dass die Antragsgegnerin während der Ehe auf eine Erwerbstätigkeit verzichtete und infolgedessen keine Beiträge für ihre Altersvorsorge geleistet wurden. Die Widerlegung dieses ehebedingten Nachteils obliegt dem Antragsteller. Hierzu genügt es nicht, dass er, wie er behauptet hat, zur Führung seiner Ferienpensionen der Hilfe der Antragsgegnerin nicht bedurft habe. Denn dieser Umstand steht der Tatsache, dass die Antragsgegnerin aufgrund der Ehe von einer eigenen Erwerbstätigkeit absah, nicht entgegen. Dass die Antragsgegnerin für die von ihr angeregte Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses auch gesundheitliche Gründe angeführt hat, schließt einen ehebedingten Nachteil als solchen ebenfalls nicht aus. Das wäre nur der Fall, wenn die Antragsgegnerin aus gesundheitlichen Gründen an einer Erwerbstätigkeit gänzlich gehindert gewesen wäre. Auch das von der Revision des Antragstellers angeführte Risiko der Arbeitslosigkeit steht einem ehebedingten Nachteil nur entgegen, wenn feststeht, dass der Unterhaltsberechtigte während der Ehe einen Arbeitsplatz nicht hätte erlangen können. Für beide Umstände hat der Antragsteller bereits nichts vorgetragen, so dass der Annahme eines ehebedingten Nachteils nichts entgegensteht.

bb) In der Regel werden allerdings die aus der ehebedingten Erwerbsunterbrechung resultierenden Nachteile in der Altersvorsorge eines Ehegatten durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 42 und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508 Tz. 25).

Nach der Rechtsprechung des Senats können daher ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB unabhängig von der Höhe der im Versorgungsausgleich übertragenen Anrechte regelmäßig nicht mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe und den dadurch bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit der Versorgungsausgleich vollständig durchgeführt worden ist. Der Nachteil in der Versorgungsbilanz ist dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und damit in der Regel vollständig ausgeglichen, was einen zusätzlichen unterhaltsrechtlichen Ausgleich ausschließt (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 43).

Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass der Antragsteller nur für einen geringen Teil der Ehezeit Rentenanwartschaften erworben hat. Er war bereits seit August 1996 (Alters-)Rentner, während die Ehezeit im Sinne des Versorgungsausgleichs vom 1. März 1995 bis zum 30. September 2007 dauerte. Damit ist deutlich, dass durch den Versorgungsausgleich die von der Antragsgegnerin aufgrund der ehelichen Rollenverteilung erlittene Einbuße bei ihrer Altersvorsorge nicht vollständig, sondern nur zu einem geringen Teil ausgeglichen worden ist und der Antragsgegnerin darüber hinaus erhebliche ehebedingte Nachteile verblieben sind.

c) Das Berufungsgericht hat auch die weiteren Billigkeitsgesichtspunkte wie die Dauer der Ehe, die vorausgegangene Biografie der Ehegatten und ihre Vermögensverhältnisse zutreffend in seine Betrachtung einbezogen. Die Würdigung des Berufungsgerichts bewegt sich im Rahmen des tatrichterlichen Spielraums und ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

d) Hinsichtlich der Rechtsfolgen nach § 1578 b BGB, die das Berufungsgericht aus den von ihm herangezogenen Gesichtspunkten abgeleitet hat, bleibt das Berufungsurteil allerdings nicht frei von Beanstandungen.

aa) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Unterhaltsanspruch stets zu begrenzen sei, wenn keiner der in der Vorschrift angeführten Billigkeitsgründe entgegensteht. Diese Auffassung lässt sich mit der in § 1578 b BGB getroffenen gesetzlichen Regelung nicht vereinbaren.

Denn zum einen ist die Aufzählung der Billigkeitsgründe in § 1578 b Abs. 1 BGB nicht abschließend, sondern es werden dort die - freilich wichtigsten - Gesichtspunkte für die anzustellende Würdigung nur exemplarisch genannt. In die Billigkeitsbetrachtung sind also auch vom Gesetz nicht ausdrücklich aufgeführte Einzelfallumstände für oder gegen eine Herabsetzung oder Befristung einzubeziehen. Zum anderen hat das Berufungsgericht das in § 1578 b BGB zum Ausdruck kommende Regel-/Ausnahmeverhältnis verkannt. Die Herabsetzung oder Befristung ist nach § 1578 b Abs. 1, Abs. 2 BGB vom Familiengericht auszusprechen, wenn ein zeitlich oder der Höhe nach unbeschränkter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Aus § 1578 b BGB ergibt sich, dass die Herabsetzung wie auch die Befristung des Unterhalts nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt. Das Familiengericht hat demnach zu prüfen, ob die fortdauernde unbeschränkte Unterhaltspflicht unbillig ist, nicht aber, ob der Befristung oder Herabsetzung Billigkeitsgründe entgegenstehen (vgl. - zur Befristung - Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 Tz. 22).

bb) Nicht zu beanstanden ist es hingegen, dass das Berufungsgericht den Unterhalt nicht bereits mit Rechtskraft der Scheidung herabgesetzt hat. Entgegen der Revision des Antragstellers folgt aus der Möglichkeit einer sofort mit Rechtskraft der Scheidung eingreifenden Herabsetzung nicht, dass der Unterhalt regelmäßig bereits mit der Scheidung herabzusetzen wäre. Dies widerspräche jedenfalls in dieser Allgemeinheit bereits dem vorstehend ausgeführten Regel/Ausnahmeverhältnis. Statt dessen hält sich die vom Berufungsgericht gewählte Übergangszeit von zwei Jahren für sich genommen im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung und ist daher nicht zu beanstanden.

cc) Durchgreifenden Bedenken begegnet allerdings der vom Berufungsgericht für die Herabsetzung des Unterhalts gewählte Maßstab für den angemessenen Lebensbedarf im Sinne von § 1578 b Abs. 1 BGB. Das Berufungsgericht hat den Bedarf am sogenannten angemessenen Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 1 BGB orientiert, der zur Zeit in der Düsseldorfer Tabelle (Anmerkung A.5., Stand 1. Januar 2010) und in den Leitlinien der meisten Oberlandesgerichte mit 1.100 € ausgewiesen ist (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 2 Rdn. 418).

Das widerspricht der - nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen - Rechtsprechung des Senats. Danach besteht der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, in dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auch auf die konkrete Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Tz. 28 f. m.w.N.). Diese vom Senat für den Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB aufgestellten Grundsätze finden auch auf den Altersunterhalt nach § 1571 BGB Anwendung. Beim Altersunterhalt kann wie beim Krankheitsunterhalt nur auf das Einkommen abgestellt werden, das der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung nach Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zur Verfügung hätte.

Ist der Unterhaltsberechtigte bereits Rentner, kann demnach im Regelfall lediglich auf das Renteneinkommen aufgrund seiner hypothetischen Erwerbstätigkeit abgestellt werden, wobei nur von der tatsächlichen Rente nach durchgeführtem Versorgungsausgleich auszugehen ist (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Tz. 29). Allerdings ist eine Ausnahme angebracht, wenn - wie im vorliegenden Fall - die dem Unterhaltsberechtigten entstandenen Versorgungsnachteile durch den Versorgungsausgleich nur unzureichend ausgeglichen worden sind. Dann stellt die Untergrenze einer Herabsetzung nach § 1578 b Abs. 1 BGB das hypothetische Renteneinkommen ohne ehebedingte und nicht vom Versorgungsausgleich erfasste Versorgungsnachteile dar.

Demnach durfte das Berufungsgericht die für den zum Verwandtenunterhalt Verpflichteten geltende Grenze des angemessenen Selbstbehalts gemäß § 1603 Abs. 1 BGB nicht für den angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten heranziehen. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 b BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten, das nach der neueren Rechtsprechung des Senats dem notwendigen Selbstbehalt eines nichterwerbstätigen Unterhaltspflichtigen von zur Zeit 770 € monatlich (vgl. Anmerkung A.5. der Düsseldorfer Tabelle Stand 1. Januar 2010) entspricht, erreichen muss (Senatsurteile vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Tz. 31 ff. und vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Tz. 46).

dd) Die Revision rügt schließlich im Ausgangspunkt zu Recht, dass das Berufungsgericht neben der Herabsetzung nicht zusätzlich eine Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB geprüft hat. Diese ist - unter umfassender Würdigung aller Umstände - auch bei verbliebenen ehebedingten Nachteilen nicht generell ausgeschlossen.

III. Das Berufungsurteil ist demnach teilweise aufzuheben. Die Revision des Antragstellers hat in vollem Umfang Erfolg, die der Antragsgegnerin nur, soweit sie ab Oktober 2010 über den vom Berufungsgericht zugesprochenen Unterhalt von monatlich 443 € hinaus weitere 275 €, insgesamt also einen Unterhalt von monatlich 718 € geltend macht.

Ob das Berufungsurteil von dem unzutreffend vorangestellten Regel-/Ausnahmeverhältnis im Rahmen des § 1578 b Abs. 1 BGB beeinflusst ist (vgl. etwa Senatsurteil vom 26. Mai 2010 - XII ZR 143/08 - zur Veröffentlichung bestimmt Tz. 32 ff.), bedarf keiner näheren Prüfung. Denn das angefochtene Urteil kann bereits wegen des unzutreffenden Maßstabs des angemessenen Lebensbedarfs nach § 1578 b Abs. 1 BGB nicht aufrechterhalten bleiben. Dem Senat ist eine eigene abschließende Sachentscheidung nicht möglich, weil es zur Festlegung des angemessenen Lebensbedarfs ergänzender Feststellungen und sodann einer erneuten tatrichterlichen Würdigung der für die Unterhaltsbegrenzung nach § 1578 b BGB maßgeblichen Gesichtspunkte bedarf.

IV. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Bei einer Herabsetzung gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB hat das Berufungsgericht den angemessenen Lebensbedarf im Sinne der oben genannten näheren Bestimmung zu ermitteln. Allerdings ist bei feststehenden Nachteilen eine exakte Feststellung zum hypothetisch erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten nicht notwendig, vielmehr können sich die Tatsachengerichte insoweit bei geeigneter Grundlage einer Schätzung entsprechend § 287 ZPO bedienen. Für die Billigkeitsbetrachtung wird es dann in der Regel genügen, wenn das ungefähre Ausmaß der Einbuße feststeht.

Auch bei feststehender Untergrenze einer Herabsetzung ist allerdings eine Ausschöpfung des Spielraums bis zum angemessenen Lebensbedarf nicht zwingend, sondern unterliegt ebenso der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls wie eine im Einzelfall etwa hinzukommende Befristung nach § 1578 b Abs. 2, Abs. 3 BGB. Bei seiner erneuten Beurteilung hat das Berufungsgericht zudem Gelegenheit zu überprüfen, ob die Rechtsfolge mit dem Regel-/Ausnahmeverhältnis von Unterhalt und Begrenzung im Einklang steht. ..."

***

Die Krankheit eines unterhaltsbedürftigen Ehegatten stellt regelmäßig keinen ehebedingten Nachteil dar. Hierunter sind vornehmlich Einbußen zu verstehen, die sich aus der Rollenverteilung in der Ehe ergeben, nicht dagegen solche, die aufgrund sonstiger persönlicher Umstände oder schicksalhafter Entwicklungen eingetreten sind (im Anschluss an Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414). Zur Herabsetzung und Befristung des Anspruchs auf Krankenunterhalt (BGH, Urteil vom 07.07.2010 - XII ZR 157/08 zu BGB §§ 1572, 1578 b):

„... II. 1. Auf die Begrenzung und Befristung ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden (Art. 4 Unterhaltsrechtsänderungsgesetz; vgl. auch § 36 Nr. 7 EGZPO sowie Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 27 f.). Seit dem 1. Januar 2008 ist gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB eine Befristung auch für den nachehelichen Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB zulässig.

a) Der Unterhalt ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 BGB). Unter denselben Voraussetzungen ist der Unterhalt zu befristen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre (§ 1578 b Abs. 2 BGB). Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden (§ 1578 b Abs. 3 BGB).

b) Die Regelung in § 1578 b BGB ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht wegen Unbestimmtheit verfassungswidrig. Es entspricht der mit dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 verfolgten Absicht des Gesetzgebers, sich in weiten Teilen auf konkretisierungsbedürftige Grundaussagen und Generalklauseln zu beschränken und damit den Gerichten einen relativ breiten Spielraum zu geben, um dem konkreten Einzelfall nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten gerecht zu werden (BT-Drucks. 16/1830 S. 13). Dadurch verstößt der Gesetzgeber nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Gebot der Normenklarheit. Mit den vom Gesetz genannten Kriterien kann auch beim Krankheitsunterhalt beurteilt werden, ob und ggf. in welchem Umfang ein Unterhaltsanspruch zu begrenzen und/oder zu befristen ist. Auch bei dem auf § 1572 BGB beruhenden Unterhaltsanspruch kann der nach der gesetzlichen Konzeption vorrangigen Frage nach dem Vorliegen ehebedingter Nachteile grundsätzlich Bedeutung zukommen. Zwar wird eine Krankheit selten ehebedingt sein (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 - Rn. 36). Ein ehebedingter Nachteil kann sich im Einzelfall gleichwohl auch beim Krankheitsunterhalt ergeben, etwa wenn die Möglichkeit, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, durch die während der Ehe praktizierte Aufgabenverteilung beeinträchtigt und deshalb keine ausreichende Vorsorge für den Fall einer krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit getroffen worden ist (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 34, auch zu dem insofern ebenfalls in Betracht zu ziehenden Versorgungsausgleich). Unter Berücksichtigung der näheren Vorgaben zur Bemessung des Umfangs der nachehelichen Solidarität stand es dem Gesetzgeber deshalb nicht zuletzt wegen der Vielgestaltigkeit der Fallgruppen und unter Einbeziehung des Umstandes, dass es wegen der zuvor noch fehlenden gesetzlichen Befristungsmöglichkeit beim Krankheitsunterhalt an rechtstatsächlichen Erfahrungen mangelte, frei, die Entscheidung über die Begrenzung und Befristung der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls zu überlassen (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 14 f.).

2. a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass bei der Billigkeitsabwägung für die Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts vorrangig zu berücksichtigen ist, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Da eine Krankheit nur in Ausnahmefällen ehebedingt ist, kann sich ein ehebedingter Nachteil allenfalls daraus ergeben, dass ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsunfähigkeitsrente infolge der Ehe und Kindererziehung geringer ist, als sie ohne die Ehe wäre (Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 34 und vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 42). Insofern ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 42 und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508 Rn. 25). Solche Nachteile, die sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes oder aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben, hat das Berufungsgericht zu Recht und von der Revision unangegriffen verneint. Abgesehen davon sind der Antragsgegnerin im Versorgungsausgleich Rentenanwartschaften in Höhe von 168,51 € monatlich übertragen worden, die zu einer Erhöhung der von ihr bezogenen Rente wegen Erwerbsminderung geführt haben, so dass sie insoweit an der besseren Altersversorgung des Antragstellers teilhat.

b) Eine Ehebedingtheit der Erkrankung hat das Berufungsgericht im Hinblick auf die bereits vor der Heirat aufgetretene depressive Störung und die verschiedenen, teilweise langfristigen Beschäftigungsverhältnisse der Antragsgegnerin abgelehnt.

aa) Die Revision rügt insofern, allein der vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Umstand, dass eine bestimmte Erkrankung bereits vor der Eheschließung angelegt gewesen sei, könne nicht dafür ausreichen, die spätere krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit als einen nicht durch die Ehe entstandenen Nachteil anzusehen. Das Berufungsgericht habe verkannt, dass eine Krankheit nicht zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung des Kranken in seiner Erwerbsfähigkeit führen müsse. Trete dieser Fall jedoch trotz langjähriger Erwerbstätigkeit ein, könne ein durch die Ehe eingetretener Nachteil vorliegen. Darüber hinaus habe das Berufungsgericht zu Unrecht nur durch konkretes Verhalten des Antragstellers verursachte Erkrankungen als ehebedingt gewertet. Die Antragsgegnerin habe vorgetragen, ihre depressive Symptomatik sei durch die Trennung der Parteien Anfang 2004 verstärkt worden, wodurch sie schließlich erwerbsunfähig geworden sei. Das Berufungsgericht habe dies sachwidrig als unbeachtlich angesehen, da eine derart trennungsbedingte Verstärkung der Krankheit nicht als ehebedingter Nachteil gewertet werden könne. Damit kann die Revision nicht durchdringen.

bb) Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts litt die Antragsgegnerin schon lange vor der Heirat an einer depressiven Störung. Dass die Erkrankung gleichwohl - ausnahmsweise - ehebedingt ist, hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Die Erkrankung steht nicht im Zusammenhang mit der Rollenverteilung in der Ehe oder sonstigen mit der Ehe verbundenen Umständen (vgl. zu diesem Aspekt Senatsurteil vom 28. April 2010 - XII ZR 141/08 - FamRZ 2010, 1057 Rn. 15 mN). Dass sich eine psychische Erkrankung - wie im vorliegenden Fall - im Zusammenhang mit Ehekrise und Trennung verstärkt, begründet für sich genommen keinen ehebedingten Nachteil. Bereits aus der Formulierung des § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB geht hervor, dass ehebedingte Nachteile durch die Ehe verursacht sein müssen und hierfür insbesondere die Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes sowie die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit bedeutsam sind. Daraus wird deutlich, dass unter ehebedingten Nachteilen vornehmlich solche Einbußen zu verstehen sind, die sich aus der Rollenverteilung in der Ehe (vgl. § 1356 BGB) ergeben, nicht aber aus sonstigen persönlichen Umständen, die im Verlauf der Ehe eingetreten sind oder mit dem Scheitern der Ehe zusammenhängen (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 18).

Unter welchen Umständen eine Krankheit im Einzelfall mittelbar oder unmittelbar auf der Ehe beruhen und sich als ehebedingt darstellen kann, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn eine solche Fallgestaltung scheidet hier angesichts der bereits vorehelich angelegten Erkrankung der Antragsgegnerin aus. Auch wenn der Ausbruch der Krankheit durch die Ehekrise und Trennung ausgelöst oder verstärkt worden sein sollte, läge die Krankheitsursache nicht in der Ehe als solcher oder der mit ihr verbundenen Rollenverteilung, sondern in den persönlichen Umständen der Parteien und ihrer schicksalhaften Entwicklung.

cc) Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, dass der Unterhaltspflichtige im Einzelfall unabhängig von der Ehe für die Krankheit des Unterhaltsbedürftigen (mit-) verantwortlich sein kann und dies als Billigkeitsgesichtspunkt zu berücksichtigen ist (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 20). Solche Umstände hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall indes nicht festgestellt. Dabei hat es zutreffend und von der Revision unbeanstandet darauf abgestellt, dass weder schlüssig vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass das Verhalten des Antragstellers über die Trennung als solche hinaus die Gesundheit der Antragsgegnerin geschädigt habe. Soweit die Antragsgegnerin auf die Trennungsumstände hingewiesen und behauptet habe, der Antragsteller habe ihr gegenüber im März 2004 körperliche Gewalt angewandt, sei nicht dargelegt, in welchem konkreten Zusammenhang dieser Vorfall mit der späteren depressiven Episode stehe. Zudem fehle es an einem Beweisantritt für den vom Antragsteller ausdrücklich bestrittenen Übergriff.

3. a) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers indessen nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Da Abs. 1 Satz 2 BGB "insbesondere" auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt die Bestimmung die Berücksichtigung anderer Gesichtspunkte für die Billigkeitsabwägung nicht aus. Diesem Umstand kommt vor allem beim nachehelichen Unterhalt gemäß § 1572 BGB wegen regelmäßig nicht ehebedingter Krankheiten oder Gebrechen Bedeutung zu. Er hat zugleich zur Folge, dass eine Begrenzung oder Befristung des Unterhalts nicht damit begründet werden kann, dass keine ehebedingten Nachteile vorliegen (Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 36 ff.; vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 44 und vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 21).

Zwar ist eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten für das allein im zeitlichen Zusammenhang mit der Ehe stehende, sich schicksalhaft verwirklichende Krankheitsrisiko nicht ohne weiteres gerechtfertigt. Der Gesetzgeber hat allerdings mit dem Unterhaltsanspruch wegen Krankheit in § 1572 BGB ein besonderes Maß an nachehelicher Solidarität statuiert, dem auch im Rahmen der Begrenzung oder Befristung dieses nachehelichen Unterhalts Rechnung zu tragen ist (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Rn. 39). Die fortwirkende Solidarität muss deshalb auch den Billigkeitsmaßstab im Rahmen des § 1578 b BGB bilden; sie ist aber für die Frage einer Begrenzung und Befristung im Lichte des Grundsatzes der Eigenverantwortung zu verstehen und in ihrem Ausmaß nach den in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB genannten Vorgaben zu bestimmen. Dabei kommt insbesondere auch der Dauer der Ehe Bedeutung zu (BT-Drucks. 16/1830 S. 19; Senatsurteile vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Rn. 39 und vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 45).

b) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b Abs. 1 BGB die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auf die konkrete Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen. Beruht der Unterhaltsanspruch - wie hier - auf § 1572 BGB und ist die Krankheit - wie regelmäßig - nicht ehebedingt, so ergibt sich der angemessene Lebensbedarf im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB bei vollständiger Erwerbsunfähigkeit aus der Höhe der Erwerbsunfähigkeitsrente, wobei von der tatsächlichen Rente nach Durchführung des Versorgungsausgleichs auszugehen ist. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 b Abs. 1 BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten erreichen muss, das nach der Rechtsprechung des Senats dem notwendigen Selbstbehalt eines nichterwerbstätigen Unterhaltspflichtigen von zur Zeit 770 € monatlich entspricht (Senatsurteile vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 28 f., 39, 41 und vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 46).

4. Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 19 und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 37). Diesen Anforderungen genügt das Berufungsurteil.

a) Ob und inwieweit eine Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts unter Billigkeitsgesichtspunkten angemessen ist, bestimmt sich im vorliegenden Fall maßgeblich unter Berücksichtigung der nachehelichen Solidarität, da ehebedingte Nachteile, die sich aus der Rollenverteilung in der kinderlosen Ehe ergeben haben, nicht festgestellt sind. Insofern ist zum einen von Bedeutung, dass die Antragsgegnerin während der Ehe - wie bereits zuvor - vollschichtig erwerbstätig war, soweit ihre gesundheitliche Situation und die Lage auf dem Arbeitsmarkt dies zuließen. Im Hinblick darauf ist mit dem Berufungsgericht nicht von einer engen wirtschaftlichen und sozialen Verflechtung der Parteien auszugehen. Anhaltspunkte hierfür hat die Antragsgegnerin auch nicht dargetan.

Hinsichtlich der Ehedauer ist nach der Rechtsprechung des Senats auf die Zeit von der Eheschließung (hier: Januar 1994) bis zur Zustellung des Scheidungsantrags (hier: Mai 2005) abzustellen (Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 35 und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 36). Die Ehedauer betrug danach knapp 11 ½ Jahre. Diesem Gesichtspunkt, der nach der Gesetzesbegründung besonders zu beachten ist, kommt im vorliegenden Fall allerdings kein erhebliches Gewicht zu. Die Antragsgegnerin war bei der Eheschließung bereits 37 Jahre alt; es handelte sich um ihre dritte Ehe. Ein besonderes Vertrauen auf den Fortbestand der Unterhaltsverpflichtung war deshalb unter Berücksichtigung aller Umstände nicht gerechtfertigt. Dass die Antragsgegnerin gleichwohl Dispositionen im Hinblick auf fortwährende Unterhaltsleistungen getroffen hat, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden.

Schließlich hat das Berufungsgericht zutreffend in seine Beurteilung einbezogen, dass sich die Antragsgegnerin aufgrund des Versorgungsausgleichs, der zu einer Übertragung von Rentenanwartschaften von monatlich 168,51 € geführt hat, besser steht als ohne die Ehe. Denn hierdurch nimmt sie an den höheren Einkünften des Antragstellers teil und verfügt über Renteneinkünfte, die deutlich über dem Existenzminimum liegen. Demgegenüber würde die fortwährende Unterhaltspflicht den Antragsteller erheblich belasten und seine Lebensführung spürbar einschränken.

b) Danach ist die Annahme nicht zu beanstanden, dass der Unterhaltsanspruch herabzusetzen und in der Folge zeitlich zu begrenzen ist. Dass der Antragsgegnerin der uneingeschränkte Unterhalt von monatlich 417 € nur für einen Zeitraum von 5 ½ Monaten ab Rechtskraft der Scheidung zuerkannt und für ein weiteres Jahr ein Unterhalt von monatlich 126 € ausgeurteilt worden ist, hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand. Mit einer Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Lebensbedarf musste die Antragsgegnerin schon vor dem Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes am 1. Januar 2008 rechnen. Denn bereits § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB aF sah die Möglichkeit einer zeitlichen Begrenzung des Unterhalts nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) vor. Im Übrigen war der Antragsgegnerin im Januar 2008 vom Amtsgericht der Hinweis erteilt worden, dass ein dauerhafter uneingeschränkter Unterhaltsanspruch nicht der Billigkeit entspreche. Auf eine zeitliche Begrenzung musste sie sich deshalb einrichten. Mit einem Betrag von insgesamt 1.000 € (Rente: gerundet 874 € zuzüglich 126 € Unterhalt) ist der angemessene Lebensbedarf der Antragsgegnerin großzügig angesetzt; nach ihrer eigenen Lebensstellung stünde ihr nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben deutich weniger zur Verfügung.

Die Schonfristen von 5 ½ Monaten bis zur Herabsetzung des Unterhalts und von einem weiteren Jahr bis zum Wegfall der Unterhaltspflicht sind zwar - auch im Hinblick auf die Dauer der Ehe - knapp bemessen. Das Berufungsgericht hat aber zu Recht berücksichtigt, dass der Antragsteller bereits seit der im Mai 2004 erfolgten Trennung Unterhalt an die Antragsgegnerin gezahlt hat. Angesichts der vorliegenden Gesamtumstände können die zugebilligten Übergangsfristen im Rahmen der revisionsrechtlichen Überprüfung deshalb noch nicht als zu kurz angesehen werden. ..."

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§ 1578 b BGB ist - auch - im Hinblick auf die Befristung des Krankheitsunterhalts nicht wegen Unbestimmtheit verfassungswidrig. Die Krankheit des unterhaltsbedürftigen Ehegatten stellt regelmäßig keinen ehebedingten Nachteil dar. Das gilt auch dann, wenn eine psychische Erkrankung durch die Ehekrise und Trennung ausgelöst worden ist. Dass der Unterhalt nach der bis zum Dezember 2007 geltenden Rechtslage tituliert ist, ist als ein den Vertrauensschutz des Unterhaltsberechtigten verstärkendes Element bereits im Rahmen der Entscheidung über die Befristung des Unterhalts zu berücksichtigen. Im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung ist auch die gesetzliche Bewertung zur Zumutbarkeit einer Abänderung nach § 36 Nr. 1 EGZPO zu beachten (BGH, Urteil vom 30.06.2010 - XII ZR 9/09 zu GG Art. 20 Abs. 3; BGB §§ 1572, 1578 b; EGZPO § 36 Nr. 1).

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Für die Abänderung eines Prozessvergleichs über nachehelichen Unterhalt wegen Unterhaltsbefristung kommt es vorrangig darauf an, inwiefern der Vergleich im Hinblick auf die spätere Befristung eine bindende Regelung enthält. Mangels einer entgegenstehenden ausdrücklichen oder konkludenten vertraglichen Regelung ist jedenfalls bei der erstmaligen Festsetzung des nachehelichen Unterhalts im Zweifel davon auszugehen, dass die Parteien die spätere Befristung des Unterhalts offenhalten wollen. Eine Abänderung des Vergleichs ist insoweit auch ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse und ohne Bindung an den Vergleich möglich. § 36 EGZPO regelt lediglich die Abänderung solcher Unterhaltstitel und -vereinbarungen, deren Grundlagen sich durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 geändert haben. Bei der Abänderung einer vor dem 1. Januar 2008 geschlossenen Vereinbarung zum Aufstockungsunterhalt ist das nicht der Fall (im Anschluss an Senatsurteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - FamRZ 2010, 111). Zur Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 26.05.2010 - XII ZR 143/08 zu BGB §§ 1573, 1578 b; ZPO § 323 a.F.; EGZPO § 36; FamFG § 239).

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Zur Befristung des nachehelichen Krankheitsunterhalts im Fall der Klage des Sozialhilfeträgers auf rückständigen und laufenden Unterhalt aus übergegangenem Recht (BGH, Urteil vom 28.04.2010 - XII ZR 141/08 zu BGB §§ 1572, 1578b, 412, 404; SGB XII § 94):

„... 1. Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt eine weitergehende Begrenzung des Unterhalts nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. nicht in Betracht. Zwar hat das Berufungsgericht eine Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Lebensbedarf ausweislich der Gründe des angefochtenen Urteils nicht erwogen, obwohl diese schon nach der bis 2007 geltenden Rechtslage auch für den Krankheitsunterhalt möglich gewesen wäre. Eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf kam hier aber schon deswegen nicht in Betracht, weil der auf die Klägerin übergangene Unterhalt ohnehin nicht über dem angemessenen Unterhaltsbedarf lag.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist der angemessene Unterhaltsbedarf im Sinne von § 1578 b Abs. 1 BGB, § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. zumindest mit dem Existenzminimum zu bemessen (Senatsurteile vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 14 und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Tz. 32). Da die Ehefrau Sozialhilfe erhielt und ein Unterhaltsanspruch nach § 94 SGB XII ohnehin nur begrenzt durch die geleistete Sozialhilfe auf die Klägerin übergegangen sein kann, erhielt sie im Zweifel keine über die Sicherung des Existenzminimums hinausgehenden Leistungen. Für eine Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. wie auch nach § 1578 b Abs. 1 BGB besteht demnach kein Raum.

2. Die vom Berufungsgericht angenommene Befristung des Unterhalts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

a) Der Beklagte kann der Klägerin, die nach § 94 SGB XII neue Gläubigerin des Unterhaltsanspruchs geworden ist, gemäß §§ 412, 404 BGB den Befristungseinwand entgegenhalten (vgl. Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 8 Rdn. 79). Das muss auch gelten, wenn der Unterhaltspflichtige - wie im vorliegenden Fall - vom Sozialhilfeträger nach § 94 Abs. 4 Satz 2 SGB XII auf künftigen Unterhalt in Anspruch genommen wird und die Befristung erst in der Zukunft eingreift (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1756). Anderenfalls würde sich die Rechtsstellung des Unterhaltspflichtigen durch den gesetzlichen Anspruchsübergang ohne sachlichen Grund verschlechtern. Der am Prozess nicht beteiligte Unterhaltsberechtigte erleidet, wenn etwa die Voraussetzungen des § 94 Abs. 4 Satz 2 SGB XII entfallen, dadurch keinen Nachteil, weil die Entscheidung über die Befristung für ihn keine Rechtskraftwirkung entfaltet.

b) Auf die Befristung ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden (Art. 4 Unterhaltsrechtsänderungsgesetz; vgl. auch § 36 Nr. 7 EGZPO und Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 - Tz. 27 f.). Die vom Berufungsgericht vorgenommene Befristung ist demnach seit 1. Januar 2008 gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB auch für den nachehelichen Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB zulässig.

Der Unterhalt ist vom Familiengericht zu befristen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 BGB).

aa) Ein ehebedingter Nachteil liegt hier nicht vor (zur Darlegungs- und Beweislast s. Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Die Krankheit des Unterhaltsberechtigten ist regelmäßig kein ehebedingter Nachteil, denn sie wird allenfalls in Ausnahmefällen auf der Rollenverteilung in der Ehe oder sonstigen mit der Ehe zusammenhängenden Tatsachen beruhen (vgl. Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 - Tz. 33; vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Tz. 37 und vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - zur Veröffentlichung bestimmt). Dafür ist hier nichts ersichtlich. Die Krankheit der Ehefrau besteht seit mehreren Jahrzehnten und ist der Grund ihrer Unterhaltsbedürftigkeit.

Ein ehebedingter Nachteil kann sich allenfalls daraus ergeben, dass ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsunfähigkeitsrente infolge der Ehe und Kindererziehung geringer ist, als sie ohne die Ehe wäre (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 - Tz. 34). Dann ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 42 und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508 Tz. 25).

bb) Das Fehlen ehebedingter Nachteile führt indessen nicht ohne weiteres dazu, dass der Krankheitsunterhalt zwangsläufig zu befristen wäre (Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 - Tz. 36; vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Tz. 37 und vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 zur Veröffentlichung bestimmt). Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist die Befristung als gesetzliche Ausnahme nur bei Unbilligkeit eines weitergehenden Unterhaltsanspruchs begründet. Bei der hier anzustellenden Billigkeitsabwägung hat das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Auch in solchen Fällen, in denen die fortwirkende eheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, fällt den in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB genannten Umständen besondere Bedeutung zu (BT-Drucks. 16/1830, S. 19). Auf deren Grundlage, insbesondere der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ist auch der Umfang einer geschuldeten nachehelichen Solidarität zu bemessen (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207 Tz. 39).

Eine im Fall einer Unterhaltsversagung eintretende oder - wie im vorliegenden Fall - erweiterte Sozialleistungsbedürftigkeit schließt eine Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB nicht notwendig aus. Vielmehr nimmt das Gesetz durch die Möglichkeit der Befristung des Krankheitsunterhalts in Kauf, dass der Unterhaltsberechtigte infolge der Unterhaltsbefristung sozialleistungsbedürftig wird und somit die Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten durch eine staatliche Verantwortung ersetzt wird (vgl. auch Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 - Tz. 37).

cc) Das Berufungsgericht hat insoweit neben dem Fehlen ehebedingter Nachteile auf die Dauer der Ehe und das Alter der Ehefrau zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags abgestellt.

Dass sich nach der Begründung des Berufungsgerichts zudem wegen des geringen Unterhalts und der auch ohne Befristung "erforderlichen Sozialhilfebedürftigkeit in der Versorgungslage der Ehefrau" keine Nachteile ergeben, ist hingegen kein sachlicher Grund für eine Befristung. Zwar findet die Frage, welche Belastungen mit einer Fortschreibung oder aber Befristung des Unterhalts für die Beteiligten verbunden sind, in der Billigkeitsabwägung durchaus einen Platz (vgl. Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 - Tz. 39). Auf einen Vergleich mit der Versorgungslage des Unterhaltsberechtigten unter Einbeziehung von Sozialleistungen darf hierbei aber nicht abgestellt werden. Denn diese Betrachtungsweise liefe darauf hinaus, dass ein Unterhaltsanspruch eher zu befristen wäre, wenn er das Sozialhilfeniveau nicht erreicht. Das widerspräche aber der gesetzlichen Grundentscheidung, dass die Sozialhilfe gegenüber dem Unterhalt nachrangig ist (§§ 2, 94 SGB XII).

Gleichwohl ist die Abwägung des Berufungsgerichts im Ergebnis aber nicht zu beanstanden. Es handelt sich ersichtlich um eine Hilfserwägung, die schon vom Berufungsgericht offensichtlich nicht als tragender Grund für die Befristung angesehen worden und die auch von der Revision der Klägerin nicht aufgegriffen worden ist.

Die Ehedauer betrug rund 9 ½ Jahre. Für die Ehedauer ist - entgegen der Ansicht der Klägerin - auf die Zeit von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrags abzustellen (ständige Senatsrechtsprechung, Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 - Tz. 35 und vom 9. Juli 1986 - IVb ZR 39/85 - FamRZ 1986, 886, 888).

Allerdings ergibt sich allein aus der Ehedauer von 9 ½ Jahren und dem Alter der Ehefrau von 38 Jahren bei Zustellung des Scheidungsantrags noch nicht zwangsläufig, dass der nacheheliche Unterhalt zu befristen wäre. Vielmehr ist eine umfassende Würdigung notwendig und sind - wie ausgeführt - insbesondere auch die Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit sowie die Erziehung der Kinder einzubeziehen. Dabei ist im vorliegenden Fall aber zu berücksichtigen, dass die Ehefrau schon in den ersten Ehejahren und seitdem fortwährend erkrankt war. Dem Beklagten oblag der Familienunterhalt. Zusätzlich wurde er dadurch belastet, dass ihm im Zuge der Ehescheidung das Sorgerecht für den seinerzeit achtjährigen gemeinsamen Sohn übertragen wurde und er jedenfalls in der Folgezeit sowohl für die Betreuung des Kindes als für dessen Barunterhalt verantwortlich war. Auch wenn der Beklagte seit der Ehescheidung - zum Teil aufgrund von Schulden, die von der Klägerin akzeptiert wurden - nur in eingeschränktem Umfang Unterhalt leisten musste, ist demnach die vom Berufungsgericht ausgesprochene Befristung des Unterhalts auf einen Zeitraum von rund vierzehn Jahren nach der Scheidung und einem Jahr nach Inkrafttreten der gesetzlichen Befristungsmöglichkeit im Ergebnis nicht zu beanstanden. ..."

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Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus elternbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 2 BGB besteht nur, solange der betreuende Elternteil das Kind auch tatsächlich betreut. Ob das Einkommen des gemäß § 1570 BGB unterhaltsberechtigten Eltern-teils, das dieser neben der Kindesbetreuung erzielt, nach § 1577 Abs. 2 BGB bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen ist, hängt davon ab, in welchem Maße er nach § 1570 BGB von der Erwerbsobliegenheit befreit ist. Der pauschale Abzug eines Betreuungsbonus von seinem Einkommen kommt dagegen nicht in Betracht (im Anschluss an Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442, 444 zu § 1615 l BGB; BGH Urteil vom 21.04.2010 - XII ZR 134/08 zu BGB §§ 1570, 1573 Abs. 2, 1577 Abs. 2, 1578 b; ZPO § 559 Abs. 1 Satz 1).

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Ist der Unterhaltsberechtigte vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert, ergibt sich der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt allein aus den §§ 1570 bis 1572 BGB, und zwar auch für den Teil des Unterhaltsbedarfs, der nicht auf dem Erwerbshindernis, sondern auf dem den angemessenen Lebensbedarf übersteigenden Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB beruht. Ist der Unterhaltsberechtigte hingegen nur teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert, ergibt sich der Unterhaltsanspruch wegen des allein durch die Erwerbshinderung verursachten Einkommensausfalls aus den §§ 1570 bis 1572 BGB und im Übrigen als Aufstockungsunterhalt aus § 1573 Abs. 2 BGB (im Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406). Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen im Rahmen der Dreiteilung trifft den Unterhaltspflichtigen die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die die Unterhaltsbedürftigkeit seiner neuen Ehefrau begründen, weil es sich dabei um eine das Einkommen mindernde Verbindlichkeit handelt (im Anschluss an das Senatsurteil vom 27. April 1988 - IVb ZR 58/87 - FamRZ 1988, 930, 931; BGH, Urteil vom 14.04.2010 - XII ZR 89/08).

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Im Rahmen der Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des Unterhalts ist der Unterhaltspflichtige für die Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet, die für eine Befristung sprechen. Hinsichtlich der Tatsache, dass ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind, trifft den Unterhaltsberechtigten aber nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen eine sog. sekundäre Darlegungslast (Klarstellung der Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134; vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325; vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 und vom 28. März 1990 - XII ZR 64/89 - FamRZ 1990, 857). Der Unterhaltsberechtigte muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (BGH, Urteil vom 24.03.2010 - XII ZR 175/08):

„... Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

1. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen bereits eine Unterhaltsbedürftigkeit der Klägerin jedenfalls im Umfang des zugesprochenen Unterhalts nicht, was von der Revision im Ergebnis mit Recht gerügt wird. Einer insoweit bestehenden Bedürftigkeit der Klägerin widersprechen die vom Berufungsgericht zum Unterhaltstatbestand getroffenen Feststellungen.

Das Berufungsgericht ist - im Rahmen der Befristung - davon ausgegangen, dass sich der Unterhaltsanspruch ab März 2009 allein aus § 1573 Abs. 2 BGB ergebe. Einen Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB hat es ab diesem Zeitpunkt mit der Begründung verneint, dass die Betreuung der beiden Söhne trotz deren gesundheitlicher Einschränkungen die Klägerin nicht mehr an einer vollschichtigen Tätigkeit hindere. Das steht im Gegensatz zu den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Amtsgerichts. Das Amtsgericht ist bei seiner Unterhaltsberechnung davon ausgegangen, dass die Klägerin lediglich zu einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit im Umfang von 20 Wochenstunden verpflichtet sei. Hinderungsgründe an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit hat das Amtsgericht in der Betreuungsbedürftigkeit der Söhne gesehen und weil die Klägerin aufgrund ihrer Vorerkrankung eine umfangreichere ärztliche Kontrolle benötige als eine nicht vorerkrankte Mutter. In seinen Ausführungen zur von ihm noch offen gelassenen Frage der Befristung hat das Amtsgericht darauf verwiesen, dass es sich um Betreuungsunterhalt handele, der grundsätzlich nicht zu befristen sei.

Bei dem vom Berufungsgericht im Gegensatz zum Amtsgericht angenommenen alleinigen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB hätte das Berufungsgericht Feststellungen zu der Frage treffen müssen, welches Einkommen die Klägerin aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit erzielen kann. Eine Bedürftigkeit der Klägerin besteht demnach jedenfalls nicht in dem vom Amtsgericht angenommenen Umfang und durfte daher vom Berufungsgericht nicht im Anschluss an das Amtsgericht unverändert zugrunde gelegt werden. Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass ein Unterhalt in der Größenordnung des vom Amtsgericht titulierten Monatsbetrags auch bei einer vollschichtigen Erwerbsobliegenheit der Klägerin gerechtfertigt sei, entbehrt jeder Grundlage.

2. Das Berufungsgericht hat eine Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB mit der Begründung abgelehnt, der Beklagte habe nicht (ausreichend) dargelegt, dass der Klägerin durch die Ehe und die dort gewählte Rollenverteilung keine Erwerbsnachteile entstanden seien. Wie sich die weitere berufliche Entwicklung der Klägerin ohne die Ehe gestaltet hätte, sei völlig offen. Unwägbarkeiten wirkten sich nach der Darlegungs- und Beweislast zu Lasten des Beklagten aus. Selbst ohne Abschluss einer Berufsausbildung hätten sich der Klägerin aufgrund erworbener Berufserfahrung höhere Einkommensquellen erschlossen.

Diese Beurteilung begegnet durchgreifenden Bedenken.

a) Die Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB hängt insbesondere davon ab, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB).

Die Berücksichtigung von Nachteilen, die auf einer ehebedingt nicht aufgenommenen oder abgebrochenen Berufsausbildung beruhen, scheitert entgegen der Auffassung der Revision nicht schon daran, dass ein Anspruch der Klägerin auf Ausbildungsunterhalt gemäß § 1575 BGB nicht besteht oder von ihr nicht geltend gemacht worden ist. Auch wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 1575 BGB nicht gegeben sind, kann durch die Rollenverteilung in der Ehe und die deswegen nicht abgeschlossene Berufsausbildung ein ehebedingter Nachteil entstehen, der im Rahmen von § 1578 b Abs. 1, 2 BGB zu berücksichtigen ist. Eine Obliegenheit der Klägerin, ihre Verdienstmöglichkeiten durch eine nach der Scheidung aufgenommene Ausbildung zu verbessern, kommt unter den Umständen des vorliegenden Falls schließlich nicht in Betracht.

b) Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass der Beklagte als Unterhaltsschuldner, der sich mit der Befristung auf eine prozessuale Einwendung beruft, die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der für eine Befristung sprechenden Tatsachen trägt (Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 22 und vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 41). In die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltspflichtigen fällt grundsätzlich auch der Umstand, dass der Klägerin keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB entstanden sind.

Die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast erfährt jedoch Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft den Prozessgegner der für eine negative Tatsache beweisbelasteten Partei eine sogenannte sekundäre Darlegungslast (Senatsurteil BGHZ 171, 232 = FamRZ 2007, 896 - Tz. 20 f.; BGHZ 128, 167, 171 = NJW 1995, 662, 663; BGHZ 154, 5, 9 = NJW 2003, 1449, 1450; BGH Urteile vom 27. September 2002 - V ZR 98/01 - NJW 2003, 1039; vom 18. Mai 2005 - VIII ZR 268/03 - NJW 2005, 2395, 2397; vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08 - ZIP 2009, 1654 Tz. 38; vom 19. Mai 1958 - II ZR 53/57 - NJW 1958, 1188 f. und vom 4. Februar 2010 - IX ZR 18/09 - juris Tz. 81; zum Unterhaltsrecht vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 6 Rdn. 721 ff.; vgl. auch Empfehlungen des Arbeitskreises 15 des 18. Deutschen Familiengerichtstages). Dadurch soll eine unbillige Belastung der beweispflichtigen Partei vermieden werden. Der Umfang der sekundären Darlegungslast richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Darlegungen müssen so konkret sein, dass der beweisbelasteten Partei eine Widerlegung möglich ist.

bb) Diese Grundsätze sind auf die Darlegung ehebedingter Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB ebenfalls anzuwenden. Würde den Unterhaltspflichtigen die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast treffen, so müsste er sämtliche auch nur theoretisch denkbaren und nicht näher bestimmten Nachteile widerlegen, die aufgrund der Rollenverteilung innerhalb der Ehe möglicherweise entstanden sind. Das würde in Anbetracht dessen, dass die Tatsachen zur hypothetischen beruflichen Entwicklung den persönlichen Bereich des Unterhaltsberechtigten betreffen, zu einer unbilligen Belastung des Unterhaltspflichtigen führen.

Soweit der Senat in der Vergangenheit für den Fall, dass der Unterhaltsberechtigte eine ehebedingt unterbrochene Erwerbstätigkeit nach der Scheidung wieder aufnehmen konnte, erwähnt hat, dass den Unterhaltsberechtigten dafür, dass ihm dennoch ehebedingte Nachteile entstanden seien, neben der Darlegungslast auch die Beweislast treffe (Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 22; vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 41 und vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 18), hält er daran nicht fest. In den beiden erstgenannten Fällen fehlte es bereits an hinreichenden Darlegungen des Unterhaltsberechtigten zu fortbestehenden ehebedingten Nachteilen und ist der Senat in der Sache bereits nach den oben genannten Grundsätzen verfahren (ähnlich auch Senatsurteil vom 28. März 1990 - XII ZR 64/89 - FamRZ 1990, 857, 859 f.). Für eine mit weiterreichenden Folgen verbundene Beweislastumkehr fehlt es nach der geltenden Gesetzeslage und dem Regel-Ausnahme-Verhältnis von Unterhaltspflicht und Unterhaltsbegrenzung, das auch durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 nicht verändert worden ist, an einer hinreichenden Rechtfertigung, zumal den Beweisschwierigkeiten des Unterhaltspflichtigen bereits durch die sekundäre Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten wirksam zu begegnen ist.

Die sekundäre Darlegungslast hat im Rahmen von § 1578 b BGB zum Inhalt, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.

c) Das im Berufungsurteil zugrunde gelegte Vorbringen der Klägerin genügt den Anforderungen an ihre sekundäre Darlegungslast nicht.

aa) Aufgrund der vom Berufungsgericht angenommenen vollschichtigen Erwerbsobliegenheit ist davon auszugehen, dass die Klägerin zu einer entsprechenden Tätigkeit in der Lage ist. Das Amtsgericht hat der Klägerin aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit (1.470 € brutto bei 30 Wochenstunden) einen erzielbaren Verdienst von ca. 1.000 € brutto (= 2/3, bei 20 Wochenstunden) und 800 € netto zugerechnet. Diese Feststellungen sind vom Berufungsgericht nicht beanstandet worden. Für die Frage, ob ehebedingte Nachteile entstanden sind, ist demnach als Vergleichsgröße ein auf dieser Grundlage erzielbarer Verdienst aus einer vollschichtigen Tätigkeit zugrunde zu legen. Hinsichtlich des vom Unterhaltsberechtigten aufgrund der aktuellen Gegebenheiten erzielbaren Einkommens stellt sich die Frage der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen von § 1578 b BGB nicht. Denn dieser Umstand ist bereits vorgreiflich im Rahmen der Bedürftigkeit zu überprüfen, welche vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und zu beweisen ist (Senatsurteile vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Tz. 62 und vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - zur Veröffentlichung bestimmt Tz. 42).

bb) Hinsichtlich der weiteren Vergleichsgröße des ohne die Ehe und die praktizierte Rollenverteilung (hypothetisch) erzielbaren Einkommens hat es das Berufungsgericht im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin damit bewenden lassen, Umstände aufzuführen, die eine berufliche Qualifizierung der Klägerin und ein höheres erzielbares Einkommen lediglich möglich erscheinen lassen. Das genügt den genannten Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast der Klägerin nicht.

Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Unterhaltsberechtigte, der zur Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem von ihm erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf in der Lage ist, Umstände dafür darzulegen, dass ihm dennoch ein Nachteil verblieben ist (vgl. Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 22; vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 41; vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 18 und vom 28. März 1990- XII ZR 64/89 - FamRZ 1990, 857, 859 f.). Ähnliches gilt, wenn der Unterhaltsberechtigte - wie die Klägerin - vor der Ehe keine Berufsausbildung abgeschlossen hat, im Hinblick auf eine von ihr zu verlangende - auch unqualifizierte - Erwerbstätigkeit.

Die Klägerin hätte demnach Umstände dafür vortragen müssen, dass sie ohne Eheschließung und Kindererziehung eine konkrete Berufsausbildung aufgenommen und abgeschlossen hätte, die ihr ein höheres Einkommen ermöglicht hätte, als sie es unter den heute gegebenen Verhältnissen erzielen kann.

Der Hinweis auf das Alter der Klägerin bei Eheschließung, die Totgeburt und die Geburt des ersten Kindes zwei Jahre nach Eheschließung genügt hier nicht. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Eheschließung 22 Jahre alt und somit in einem Alter, in dem unter regelmäßigen Umständen eine Berufsausbildung nach einem Haupt- oder Realschulabschluss bereits abgeschlossen gewesen wäre. Daraus, dass sie erst kurz vor der Eheschließung den Realschulabschluss nachgeholt hatte, folgt nichts anderes. Die Klägerin nahm vielmehr noch nach der Eheschließung zwei Berufsausbildungen auf, zunächst als Köchin, dann als Bürokauffrau. Dass sie beide Ausbildungen abbrach, beruhte nach ihrem Vorbringen auf gesundheitlichen Gründen und bei der Ausbildung zur Bürokauffrau zudem auf ihrer Prüfungsangst. Hierbei handelte es sich aber nicht um Nachteile, die "durch die Ehe" im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB entstanden sind. Ein Zusammenhang des Abbruchs ihrer zweiten Ausbildung mit der Geburt und der anschließenden Betreuung des ersten Kindes ist nicht vorgetragen. Einen Anspruch auf Krankheitsunterhalt hat schließlich weder das Berufungsgericht noch das Amtsgericht angenommen.

Somit fehlt es bereits an einem hinreichend konkreten Vorbringen der Klägerin, dass ihr aufgrund ihrer fehlenden beruflichen Qualifikation ein ehebedingter Nachteil entstanden sei. Die von ihr vorgebrachten Gründe sprechen vielmehr gegen das Vorliegen eines ehebedingten Nachteils.

Hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten ohne einen Berufsabschluss trägt die Begründung des Berufungsgerichts die Ablehnung einer Unterhaltsbefristung ebenfalls nicht. Auch hier fehlt es an einem konkreten Vorbringen, dass die Klägerin durch eine kontinuierliche Erwerbstätigkeit auch ohne Berufsausbildung ein höheres Einkommen hätte erzielen können, als sie es heute erzielen kann. Das gilt insbesondere in Anbetracht des von beiden Vorinstanzen als erzielbar unterstellten Einkommens von - hochgerechnet auf 40 Wochenstunden - brutto rund 2.000 €. Ohne Rücksicht darauf kann aber bei einer fehlenden Berufsausbildung ohne konkrete Anhaltspunkte jedenfalls schon nicht davon ausgegangen werden, dass der Unterhaltsberechtigte über längere Zeit eine kontinuierliche Beschäftigung auf einer bestimmten Arbeitsstelle überhaupt hätte ausüben können. Auch die Darlegung einer Einkommenssteigerung wegen einer ohne die Ehe kontinuierlichen Erwerbstätigkeit erfordert daher die Angabe konkreter und überprüfbarer Anhaltspunkte, die diese Annahme rechtfertigen.

III. Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Dem Senat ist eine abschließende Entscheidung in der Sache nicht möglich. Zur Bedürftigkeit bedarf es ergänzender Feststellungen zum von der Klägerin erzielbaren Einkommen. Wenn noch eine Unterhaltsbedürftigkeit der Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer Erwerbsminderung bestehen sollte und ehebedingte Nachteile zu verneinen sind, ist die im Rahmen von § 1578 b Abs. 1, 2 BGB für eine Befristung sowie die Bemessung der sogenannten Schonfrist anzustellende Billigkeitsabwägung Aufgabe des Tatrichters (Senatsurteile vom 14. Oktober 2009- XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 19 und vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 23).

IV. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Unterhaltsanspruch sich ab März 2009 nicht aus § 1570 BGB, sondern allein aus § 1573 Abs. 2 BGB ergebe, steht mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang. Vor einer erneuten Entscheidung ist beiden Parteien zur Frage der Bedürftigkeit der Klägerin und zu der anzustellenden Billigkeitsabwägung nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB Gelegenheit zum ergänzenden Vortrag zu geben. ..."

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Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. § 1578 b BGB beschränkt sich allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (im Anschluss an die Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 und vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207). Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auch auf die konkrete Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen. Beim Krankheitsunterhalt kann deswegen nur auf das Einkommen abgestellt werden, das der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung im Falle seiner Krankheit zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 b BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten erreichen muss (im Anschluss an das Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990, 1991; BGH, Urteil vom 17.02.2010 - XII ZR 140/08 zu BGB §§ 1572, 1578 b).

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Der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten ist bei Wiederverheiratung des unterhaltspflichtigen Ehegatten zur gleichmäßigen Aufteilung des Einkommens der Beteiligten nach der so genannten Drittelmethode zu bemessen (im Anschluss an Senat, BGHZ 177, BGHZ Band 177 Seite 356 = NJW 2008, NJW Jahr 2008 Seite 3213 = FamRZ 2008, FAMRZ Jahr 2008 Seite 1911; NJW 2009, NJW Jahr 2009 Seite 145 = FamRZ 2009, FAMRZ Jahr 2009 Seite 23; BGHZ 179, BGHZ Band 179 Seite 196 = NJW 2009, NJW Jahr 2009 Seite 588 = FamRZ 2009, FAMRZ Jahr 2009 Seite 411; NJW 2009, NJW Jahr 2009 Seite 1271 = FamRZ 2009, FAMRZ Jahr 2009 Seite 579). Auf Seiten des neuen Ehegatten kommt es bei der Unterhaltsbemessung nicht auf dessen Anspruch auf Familienunterhalt an, sondern auf den hypothetischen Unterhaltsanspruch im Fall einer Scheidung. Kommt hierfür ein Anspruch wegen Kinderbetreuung in Frage, so haben elternbezogene Gründe nach § BGB § 1570 BGB § 1570 Absatz II BGB, die auf der Rollenverteilung in der neuen Ehe beruhen, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Im Abänderungsverfahren ist der Einwand der Befristung ausgeschlossen, wenn sich seit Schluss der mündlichen Verhandlung im vorausgegangenen Verfahren die für eine Befristung wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nicht geändert haben (im Anschluss an Senat, NJW 2004, NJW Jahr 2004 Seite 3106 = FamRZ 2004, FAMRZ Jahr 2004 Seite 1357; NJWE-FER 2001, NJWE-FER Jahr 2001 Seite 25 = FamRZ 2001, FAMRZ Jahr 2001 Seite 905). Beruht der Unterhaltsanspruch allein auf § BGB § 1573 BGB § 1573 Absatz II BGB (Aufstockungsunterhalt) und wurde dieser zuletzt im Jahr 2007 durch Urteil festgelegt, so ergibt sich aus dem Inkrafttreten des § BGB § 1578b BGB am 1. 1. 2008 für sich genommen noch keine Änderung der wesentlichen Verhältnisse. Auch § EGZPO § 36 Nr. 1 EGZPO bietet in diesem Fall gegenüber § ZPO § 323 ZPO keine eigenständige Abänderungsmöglichkeit (BGH, Urteil vom 18.11.2009 - XII ZR 65/09 zu BGB §§ BGB § 1578, BGB § 1578b, BGB § 1609; ZPO § ZPO § 323; EGZPO § EGZPO § 36).

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Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass es sich grundsätzlich um einen Bedarf handeln muss, der das Existenzminimum wenigstens erreicht. Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung des § 1578b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Nach § 559 I 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die Urteilsgrundlage wird also regelmäßig durch das Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen. Die Vorschrift ist allerdings einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung einfließen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange einer Partei nicht entgegenstehen (BGH, Urteil vom 14.10.2009 - XII ZR 146/08):

„... Die Parteien streiten im Scheidungsverbundverfahren noch über den nachehelichen Unterhalt. Sie hatten am 1. 10. 1993 geheiratet, am 12. 12. 1993 wurde ihr gemeinsamer Sohn geboren. Nach der Trennung im April 2004 wurde die Ehe der Parteien mit Urteil vom 27. 3. 2007 geschieden. Die 1963 geborene Ast. ist ausgebildete Gymnasiallehrerin, war aber seit 1991 als Texterin in der Werbebranche tätig. Nach ihrem Aufstieg zur Cheftexterin erzielte sie zuletzt im Jahre 2000 ein Nettoeinkommen, das sich ohne Abzug von Krankenversicherungsbeiträgen auf 4974,38 DM (= 2543,36 Euro) belief. Diese Tätigkeit gab die Ast. Mitte 2000 auf, weil die Parteien wegen der Erwerbstätigkeit des Ag. nach Brüssel umzogen. Dort erzielte sie lediglich Einkünfte aus untergeordneter Bürotätigkeit. Nach der Trennung war die Ast. seit Oktober 2005 zunächst mit 80% als Lehrerin in einem Internat erwerbstätig und erzielte daraus Monatseinkünfte in Höhe von 3200 Euro brutto. Zum 23. 8. 2007 wechselte sei an ein privates Gymnasium, wo sie in Teilzeit (73%) Nettomonatseinkünfte erzielt, die ursprünglich 1489,85 Euro betrugen und sich seit Februar 2008 auf 1591,92 Euro belaufen. Im Falle einer Vollzeitbeschäftigung würde sie aus dieser Erwerbstätigkeit Nettomonatseinkünfte in Höhe von 1848,19 Euro erzielen. Der 1957 geborene Ag. arbeitete seit 1987 als freiberuflicher Konferenzdolmetscher für das Europäische Parlament in Straßburg und Brüssel. Während der Ehe studierte er daneben Rechtswissenschaften und schloss das Studium 1997 ab. Im Frühjahr 2000 erhielt er beim Europäischen Parlament eine Stelle als Beamter im Sprachendienst. Deswegen zogen die Parteien mit dem gemeinsamen Kind Mitte 2000 nach Brüssel um. Zum 15. 9. 2007 wurde der Ag. in eine leitende Position versetzt. Daraus erzielt er Einkünfte, die sich nach Abzug berufsbedingter Kosten und des Kindesunterhalts jedenfalls auf 5427,80 Euro netto belaufen.

Das AG hat die Ehe der Parteien geschieden und den Ag. verurteilt, an die Ast. Kindesunterhalt für den gemeinsamen Sohn in Höhe von monatlich 563,20 Euro sowie nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 1545,70 Euro zu zahlen. Auf die gegen den Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt gerichtete Berufung des Ag. hat das OLG das Urteil für die Zeit ab Januar 2012 abgeändert und den nachehelichen Unterhalt auf 500 Euro herabgesetzt. Die weitere Berufung des Ag. mit dem Ziel einer Befristung des nachehelichen Unterhalts bis Ende Dezember 2009 hat es ebenso abgewiesen wie die auf einen höheren nachehelichen Unterhalt gerichtete Anschlussberufung der Ast. Dagegen richtet sich die vom OLG zugelassene Revision des Ag., mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Das Rechtsmittel war erfolglos. ...

I. Das OLG hat die Anschlussberufung der Ast. zurückgewiesen, weil ihr kein höherer Unterhalt zustehe, als vom AG zugesprochen. Zwar sei ihr die Aufgabe der ursprünglich nach der Trennung ausgeübten Tätigkeit als Lehrerin in einem Internat nicht als Obliegenheitsverletzung vorzuwerfen, weil sie dort weitere überobligatorische Tätigkeiten ausgeübt habe. Im Hinblick auf das Alter des gemeinsamen Sohnes, der beim Wechsel an das private Gymnasium bereits fast 14 Jahre alt gewesen sei, sei die Ast. allerdings zur Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet gewesen. Dass sie sich um eine solche Vollzeitstelle bemüht habe, habe die Ast. selbst nicht behauptet. Ihr sei deswegen ein fiktives Einkommen aus Vollzeittätigkeit in Höhe von 1 848,19 Euro netto zuzurechnen.

Auf die Berufung des Ag. sei der nacheheliche Unterhalt für die Zeit ab Januar 2012 auf monatlich 500 Euro herabzusetzen. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs scheide demgegenüber aus. Für die von der Berufung des Ag. erfasste Zeit ab Januar 2010 gehe es allein um Aufstockungsunterhalt, zumal der Ast. eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zumutbar sei. § 1578b I 2 BGB konkretisiere im Rahmen der Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts den Maßstab der Unbilligkeit. Eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts hänge im Wesentlichen davon ab, ob und in welchem Ausmaß durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten seien, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Dabei genüge es, wenn der Nachteil ganz überwiegend oder im Wesentlichen auf die vereinbarte Aufgabenverteilung während der Ehe zurückzuführen sei. Die Ast. habe zu dem beruflichen Fortkommen des Ag. wesentlich beigetragen, indem sie während der Ehe die Betreuung des gemeinsamen Kindes übernommen und dem Ag. sein Jurastudium neben der Dolmetschertätigkeit ermöglicht habe. Im Zusammenhang mit der Verlegung des Wohnsitzes nach Brüssel habe sie außerdem ihre Festanstellung als Cheftexterin in einer Werbeagentur aufgegeben und damit ihr berufliches Fortkommen zu Gunsten des Ag. zurückgestellt. Infolge der Aufgabe dieser Tätigkeit habe die Ast. bis heute fortwirkende ehebedingte Nachteile zu tragen, die auch durch eine Vollzeittätigkeit in ihrem Beruf als Lehrerin nicht aufgefangen würden. In ihrer Position als Cheftexterin würde sie heute ein Einkommen von mindestens 4500 Euro brutto verdienen. Zwar habe die Ast. nach der mehrjährigen Unterbrechung dieser Tätigkeit jetzt keine realistische Aussicht mehr auf eine Rückkehr auf einen gesicherten Arbeitsplatz in der Werbebranche. Das besage aber nichts zur Wahrscheinlichkeit der Fortbeschäftigung, wenn die Ast. ihre Tätigkeit als Cheftexterin ohne die Ehe und den Umzug nach Brüssel nicht aufgegeben hätte. Sie sei seit 1991 mit nur sechsmonatiger Unterbrechung wegen der Geburt des Kindes dort tätig gewesen und habe im Zeitpunkt des Umzugs bereits seit mehreren Jahren eine Festanstellung als Cheftexterin gehabt. Es sei deswegen davon auszugehen, dass sie diese Tätigkeit ohne den ehebedingten Umzug noch heute ausüben und daraus ein Monatseinkommen in Höhe von 4500 Euro brutto erzielen würde. Weil sie aus ihrer Tätigkeit als Lehrerin jedenfalls kein höheres Bruttoeinkommen als 3630 Euro monatlich erzielen könne, errechne sich eine ehebedingte Einkommenseinbuße in Höhe von monatlich rund 900 Euro brutto.

Unter Berücksichtigung des Alters der Parteien, der Dauer der Ehe und des besonderen Einsatzes der Ast. für ihre Vollzeittätigkeit, die Kinderbetreuung und die Haushaltsführung in den ersten Jahren der Ehe sowie der ehebedingten Nachteile komme eine Befristung des nachehelichen Unterhalts nicht in Betracht. Allerdings entspreche auch ein unbegrenzter Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht der Billigkeit. Unter Abwägung aller Umstände sei eine Übergangszeit bis Ende 2012 angemessen, in der es der Ast. zumutbar sei, sich persönlich und wirtschaftlich von den günstigeren ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensstandard einzurichten, den sie erreicht hätte, wenn sie die vor dem Umzug nach Brüssel ausgeübte Beschäftigung fortgesetzt hätte. Weil es bei diesem Nachteil aller Voraussicht nach auf Dauer bleiben werde, sei der Unterhaltsanspruch hier nicht zeitlich zu befristen, sondern nach der Übergangszeit auf den Betrag zu begrenzen, der netto als Einkommenseinbuße verbleibe. Diesen Betrag schätzte das BerGer. auf jedenfalls 500 Euro. Mit einem solchen Unterhalt und den Einkünften aus einer Vollzeittätigkeit aus dem ausgeübten Beruf stehe der Ast. ein Betrag zur Verfügung, der ihren angemessenen Lebensbedarf i.S. von § 1578b BGB erreiche. Eine unbefristete Unterhaltspflicht in Höhe von monatlich 500 Euro belaste auch den Ag. nicht unbillig, zumal dieser nach Abzug des Kindesunterhalts über ein bereinigtes Nettomonatseinkommen in Höhe von 5427,80 Euro verfüge.

Das OLG hat die Revision zugelassen, weil es für die Neuregelung in § 1578b BGB noch an höchstrichterlichen Maßstäben für die Billigkeitsprüfung bei Vorliegen ehebedingter Nachteile fehle.

II. Gegen die vom BerGer. ausgesprochene Begrenzung des nachehelichen Unterhalts für die Zeit ab Januar 2012 auf monatlich 500 Euro unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags des Ag. ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.

1. Nach § 1578b I 1 BGB ist der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs (§ 1578 I 1 BGB) auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den in § 1578b I 2 und 3 BGB genannten Gesichtspunkten.

a) Danach ist bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder eine zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile begrenzen regelmäßig die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts und stehen einer Befristung grundsätzlich entgegen. Sie können sich nach § 1578b I 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (BT-Dr 16/1830, S. 18f.; Senat, NJW 2009, 2450 = FamRZ 2009, 1207 [1210] Rdnr. 35).

b) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass es sich grundsätzlich um einen Bedarf handeln muss, der das Existenzminimum wenigstens erreicht (Wendl/Pauling, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rdnr. 583).

Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemessenen Unterhaltsbedarf erreichen oder könnte er solche Einkünfte erzielen, kann dies im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalts in Form einer Befristung führen (Eschenbruch/Klinkhammer/Schürmann, Der Unterhaltsprozess, 5. Aufl., Kap.1 Rdnr. 1021; zur Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 V BGB a.F. vgl. Senat, NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006 [1007f.]).

Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hingegen lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578b BGB nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit aber bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt.

c) Die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578b BGB setzt dabei nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist. Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung bereits eingetreten oder zuverlässig voraussehbar sind, ist eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung nach § 238 FamFG (= § 323 ZPO a.F.) vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren auszusprechen (Senat, NJW 2008, 2581 = FamRZ 2008, 1325 [1328] m.w. Nachw.).

d) Die Darlegungs- und Beweislast für Umstände, die zu einer Befristung oder Beschränkung des nachehelichen Unterhalts führen können, trägt grundsätzlich der Unterhaltsverpflichtete, weil § 1578b BGB als Ausnahmetatbestand konzipiert ist. Hat der Unterhaltspflichtige allerdings Tatsachen vorgetragen, die - wie z.B. die Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem vom Unterhaltsberechtigten erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf oder die Möglichkeit dazu - einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahe legen, obliegt es dem Unterhaltsberechtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere „Schonfrist" sprechen (Senat, NJW 2008, 2581 = FamRZ 2008, 1325 [1328], und NJW 2008, 151 = FamRZ 2008, 134 [136]). Das ist allerdings nur dann der Fall, wenn die Einkünfte des Unterhaltsberechtigten aus seiner ausgeübten oder der ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit wenigstens die Einkünfte aus einer ehebedingt aufgegebenen Erwerbstätigkeit erreichen. Nur dann trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass gleichwohl ehebedingte Nachteile vorliegen, etwa weil mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehezeit Einbußen im beruflichen Fortkommen verbunden waren. Bleibt das jetzt erzielte oder erzielbare Einkommen jedoch hinter dem Einkommen aus der früher ausgeübten Tätigkeit zurück, weil eine Wiederaufnahme der früheren Erwerbstätigkeit nach längerer Unterbrechung nicht mehr möglich ist, bleibt es insoweit bei einem ehebedingten Nachteil, den der Unterhaltsschuldner widerlegen muss.

2. Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom RevGer. nur daraufhin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (Senat, NJW 2008, 151 = FamRZ 2008, 134 [136]; NJW-RR 2008, 1 = FamRZ 2007, 2049 [2051], und NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793 [800]). Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senat, NJW 1987, 1557 = FamRZ 1987, 470 [471]). Das setzt voraus, dass in dem Urteil die wesentlichen Gründe aufgeführt werden, die für die richterliche Überzeugungsbildung im Rahmen der Billigkeitsabwägung leitend gewesen sind. Nicht erforderlich ist hingegen die ausdrückliche Auseinandersetzung mit allen denkbaren und fernliegenden Gesichtspunkten, wenn sich nur ergibt, dass eine sachgerechte Beurteilung stattgefunden hat (BGH, NJW-RR 1993, 1379).

3. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des Senats ist das BerGer. im Rahmen seiner Billigkeitsabwägung zu Recht von einem fortdauernden ehebedingten Nachteil der Ast. ausgegangen.

Zutreffend sind die Erwägungen des BerGer., wonach die Ast. während der Ehe zuletzt als Cheftexterin in der Werbebranche beschäftigt war und aus dieser Tätigkeit heute ein deutlich höheres Einkommen erzielen würde, als sie in ihrem Beruf als Gymnasiallehrerin erzielen kann. Die frühere Tätigkeit hat die Ast. ehebedingt aufgegeben, weil sie nach dem Aufstieg des Ag. mit ihm und dem gemeinsamen Kind nach Brüssel gezogen ist. Das BerGer. durfte auch davon ausgehen, dass sich die eigene Lebensstellung der Ast. - wenn sie die Tätigkeit nicht ehebedingt aufgegeben hätte - nach wie vor nach ihren Einkünften als Cheftexterin richten würde. Die dagegen von der Revision vorgebrachten Bedenken erschöpfen sich in Mutmaßungen, die nicht den Schluss nahelegen, die Ast. würde heute ohnehin nicht mehr in diesem Beruf arbeiten. Auch die Feststellungen des BerGer., die Ast. würde in diesem Beruf unter Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen Einkommenssteigerungen gegenwärtig ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von 4500 Euro erzielen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruht auf substanziiertem Vortrag der Ast. zur Entwicklung der Einkünfte in der Werbebranche, die von dem Ag. bereits nicht hinreichend bestritten worden sind.

Auch soweit das BerGer. dem ohne Ehe erzielbaren Einkommen als Cheftexterin lediglich ein aus einer Vollzeittätigkeit als Gymnasiallehrerin erzielbares Einkommen gegenübergestellt hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Der Ag. trägt als Unterhaltsschuldner die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 1578b BGB. Er hat deswegen grundsätzlich auch das Fehlen eines ehebedingten Nachteils darzulegen. Dazu gehört auch ein Vortrag, dass die Ehefrau Einkünfte erzielt oder erzielen könnte, die in der Höhe den Einkünften entsprechen, die sie wegen der ehebedingten Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit nicht mehr erzielen konnte. Weil der Ag. dem nicht im erforderlichen Umfang nachgekommen ist, hat das BerGer. zu Recht eine fortdauernde ehebedingte Einkommenseinbuße in Höhe von monatlich 900 Euro brutto angenommen. Zwar ist die Ast. auch unter Berücksichtigung der Belange des im Dezember 1993 geborenen gemeinsamen Sohnes gehalten, eine Vollzeiterwerbstätigkeit auszuüben. Zutreffend ist das BerGer. deswegen von einem Unterhaltsanspruch der Ast. ausgegangen, der sich lediglich auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 II BGB richtet. Soweit es der Ast. keine fiktiven Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit als Cheftexterin zugerechnet hat, widerspricht dies nicht den Ausführungen zum ehebedingten Nachteil in Folge der Aufgabe dieser Erwerbstätigkeit. Denn nach den zutreffenden Ausführungen des BerGer. spricht der Umstand, dass die Ast. einen Beruf als Cheftexterin ohne ehebedingte Unterbrechung bis heute ausüben würde, nicht notwendig dafür, dass sie nach der ehebedingten mehrjährigen Unterbrechung dieser Tätigkeit auch heute noch eine solche Stelle bekommen würde. Wenn das BerGer. stattdessen an der von der Ast. tatsächlich ausgeübten Tätigkeit in ihrem Beruf als Gymnasiallehrerin anknüpft, liegt das in seinem tatrichterlichen Ermessen.

4. Auch die weiteren Angriffe der Revision gegen die Billigkeitsentscheidung des OLG überzeugen nicht. Das BerGer. hat insoweit alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. Zu Recht ist es davon ausgegangen, dass eine zeitliche Befristung des Aufstockungsunterhalts gem. § 1578b II BGB regelmäßig dann nicht in Betracht kommt, wenn die Einkommensdifferenz zwischen den Ehegatten auf fortwirkenden ehebedingten Nachteilen zu Lasten des Unterhaltsberechtigten beruht (Senat, NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006 [1007f.] und seitdem in st. Rspr.). Eine solche dauerhafte ehebedingte Einkommenseinbuße hat das OLG mit monatlich 500 Euro ermittelt, was zur Höhe von der Revision nicht angegriffen wird. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung hat das OLG außerdem die Dauer der Ehe der Parteien von Oktober 1993 bis zur Trennung im April 2004 sowie die Ausgestaltung der Kindererziehung und Erwerbstätigkeit während der Ehe berücksichtigt. Obwohl auch die Ast. zunächst vollschichtig erwerbstätig war, hat sie - neben der Tagesbetreuung des gemeinsamen Kindes durch Au-pair-Mädchen und Tagesmütter - den überwiegenden Teil der weiteren Betreuung selbst sichergestellt. Denn der Ag. war durch seine Berufstätigkeit in Straßburg und Brüssel und durch das parallel absolvierte Jurastudium dazu nur sehr eingeschränkt in der Lage. Auch die Einkommensverhältnisse beider Parteien hat das BerGer. zutreffend berücksichtigt, indem es ausführt, dass eine dauerhafte Unterhaltspflicht in Höhe von 500 Euro den Ag. bei dessen bereinigtem Nettoeinkommen von 5 427,80 Euro nicht übermäßig belastet.

Die Entscheidung des OLG entspricht schließlich auch der gesetzlichen Intention des § 1578b BGB. Denn es hat den Unterhaltsanspruch der Ast. nach einer im Wege der Billigkeit ermittelten Übergangsfrist bis Ende 2011 auf 500 Euro monatlich und damit auf die Höhe des ehebedingten Nachteils reduziert. Ab diesem Zeitpunkt belaufen sich die Einkünfte der Ast. aus ihrer Erwerbstätigkeit und dem Unterhaltsanspruch gegen den Ag. auf den Betrag, den sie ohne die Ehe selbst erzielen würde. Wenn das BerGer. eine Befristung dieses Unterhaltsanspruchs nach § 1578b II BGB abgelehnt hat, um der Ast. den Ausgleich ihrer ehebedingten Nachteile dauerhaft zu sichern, ist dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen Einkommensverhältnisse aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

5. Die Revision des Ag. hat schließlich auch keinen Erfolg, soweit sie sich auf neue Umstände stützt, die nach Erlass des Berufungsurteils entstanden sind.

a) Zwar hat der Ag. mit der Revision dargelegt, dass die Ast. ab September 2008 eine monatliche Kinder- und Haushaltszulage in Höhe von 478,94 Euro nebst einer Nachzahlung für die Zeit seit April 2007 erhält. Diese neue Tatsache ist aber im Revisionsverfahren nicht mehr zu berücksichtigen. Denn nach § 559 I 1 ZPO i.V. mit Art. 111 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz - FGG-RG) unterliegt der Beurteilung des RevGer. nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die Urteilsgrundlage wird also regelmäßig durch das Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen (BGHZ 104, 215 [220] = NJW 1988, 3092 [3094]); neue Tatsachen dürfen im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht berücksichtigt werden.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist § 559 I 1 ZPO allerdings einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung einfließen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen. Der Gedanke der Konzentration der Revisionsinstanz auf die rechtliche Bewertung eines festgestellten Sachverhalts verliert nämlich an Gewicht, wenn die Berücksichtigung von neuen tatsächlichen Umständen keine nennenswerte Mehrarbeit verursacht und die Belange des Prozessgegners gewahrt bleiben. Dann kann es aus prozessökonomischen Gründen nicht zu verantworten sein, die vom Tatsachenausschluss betroffene Partei auf einen weiteren, gegebenenfalls durch mehrere Instanzen zu führenden Prozess zu verweisen. In einem solchen Fall ist vielmehr durch die Zulassung neuen Vorbringens im Revisionsverfahren eine rasche und endgültige Streitbereinigung herbeizuführen (Senat, NJW 2002, 1130 = FamRZ 2002, 318 [319] m.w. Nachw.).

c) Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Selbst wenn die Zahlung der Kinder- und Haushaltszulage an die Ast. unstreitig sein sollte, stünde damit noch nicht fest, auf welcher Grundlage dieser Betrag an die Ast. gezahlt wird, wie er unterhaltsrechtlich einzuordnen ist und ob auch die Kinderzulage als ihr Einkommen zu berücksichtigen ist (zu einem vom Arbeitgeber gezahlten Kinderzuschlag vgl. Senat, NJW 2007, 1969 = FamRZ 2007, 882 [885]; zum Kinderzuschlag nach § 6a BKGG vgl. Wendl/Dose, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1 Rdnrn. 462bff.).

Schließlich wäre ein weiteres Einkommen der Ast. auch im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 1578b I und II BGB zu berücksichtigen, zumal dann ihr ehebedingter Nachteil überwiegend kompensiert würde. Ob dieser Umstand, der zu einer weiteren Absenkung des ehebedingten Nachteils führen kann, im Hinblick auf die ungewisse Fortzahlung der Kinder- und Haushaltszulage nur zu einer weiteren Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs oder sogar zu einer Befristung des nachehelichen Unterhalts führen kann, muss deswegen einer umfassenden Prüfung im Abänderungsverfahren nach § 238 FamFG (§ 323 ZPO a.F.) vorbehalten bleiben. Schließlich lässt die Zulage den ehebedingten Nachteil der Ast. nicht entfallen, sondern kompensiert diesen lediglich teilweise. Damit sind auch schützenswerte Belange der Ast. betroffen, die im Rahmen der umfassenden Billigkeitsabwägung Berücksichtigung finden müssen. ..."

***

„... 3. Soweit das BerGer. eine Befristung oder Begrenzung des Anspruchs der Kl. auf Betreuungsunterhalt abgelehnt hat, ist dagegen nichts zu erinnern.

a) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578b BGB scheidet schon deswegen aus,

- weil § 1570 BGB in der seit dem 1. 1. 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält.

Nach Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu (§ 1570 I 2 BGB). Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind aber bereits alle kind- und elternbezogenen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578b BGB führen
(Senat, NJW 2009, 1956 = FamRZ 2009, 1124 [1128] Rdnr. 55; und NJW 2009, 1876 = FamRZ 2009, 770 [774] Rdnr. 42 m.w. Nachw.).

b) Auch soweit das OLG eine Begrenzung des Betreuungsunterhalts der Ag. vom

- eheangemessenen Unterhalt
nach § 1578 I BGB auf einen
- angemessenen Unterhalt nach ihrer eigenen Lebensstellung

abgelehnt hat, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Zwar ist eine solche Begrenzung grundsätzlich auch dann möglich,

- wenn wegen der noch fortdauernden Kindesbetreuung eine Befristung des Betreuungsunterhalts entfällt.

Insbesondere in Fällen, in denen der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gem. § 1578 I BGB erheblich über den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten hinausgeht, kommt eine Kürzung auf den eigenen angemessenen Unterhalt in Betracht. Das setzt allerdings voraus, dass

- einerseits die notwendige Erziehung und Betreuung gemeinsamer Kinder trotz des abgesenkten Unterhaltsbedarfs sichergestellt und
- das Kindeswohl auch sonst nicht beeinträchtigt ist und
- andererseits eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den abgeleiteten ehelichen Lebensverhältnissen während der Ehe unbillig erscheint (Senat, NJW 2009, 1956 = FamRZ 2009, 1124 [1128] Rdnr. 57; und NJW 2009, 1876 = FamRZ 2009, 770 [774] Rdnr. 44 m.w. Nachw.).

Diese Voraussetzungen für eine Begrenzung des Betreuungsunterhalts hat das OLG auf der Grundlage des Vortrags der Parteien nicht festzustellen vermocht. Insbesondere ist nach wie vor ein ehebedingter Nachteil darin zu sehen, dass die Ag. wegen der Betreuung des gemeinsamen Kindes an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert ist.

- Ob und in welchem Umfang dieser Nachteil auch durch einen geringeren Unterhalt ausgeglichen werden könnte und
- die fortdauernde Teilhabe an den vom Einkommen des Ast. abgeleiteten Lebensverhältnisse unbillig ist,

hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Ast. nicht substanziiert vorgetragen
.

4. Das angefochtene Urteil ist deswegen lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Höhe des geschuldeten Betreuungsunterhalts abzuändern. Im Übrigen sind die Revision des Ast. und weitergehende Revision der Ag. zurückzuweisen. ..." (BGH, Urteil vom 17.06.2009 - XII ZR 102/08 zu BGB §§ 1570, 1578b)

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Im Rahmen der Bedarfsermittlung beim Ehegattenunterhalt gem. § 1578 I 1 BGB ist nach der seit dem 1. 1. 2008 geltenden Rechtslage auch ein vom Unterhaltspflichtigen geschuldeter Minderjährigenunterhalt nicht mehr mit dem so genannten Tabellenbetrag, sondern mit dem sich nach Abzug des (hälftigen) Kindergeldes gem. § 1612b I BGB ergebenden Zahlbetrag zu berücksichtigen. § 1612b I BGB verstößt auch mit dieser Wirkung nicht gegen Art. 3 I GG. Wenn einem Ehegatten zwei Wohnungen gehören, können seinem Einkommen entsprechende Wohnvorteile zugerechnet werden. Allerdings kommt eine Kürzung unter Angemessenheitsgesichtspunkten in Betracht. Vom Eigentümer zu tragende verbrauchsunabhängige Kosten können grundsätzlich nur dann von seinem Wohnvorteil abgezogen werden, wenn es sich um nicht umlagefähige Kosten i.S. von § 556 I BGB, §§ 1, 2 BetrKV handelt (Aufgabe von Senat seit NJW 2000, 284 = FamRZ 2000, 351). Die Darlegungs- und Beweislast für ehebedingte Nachteile i.S. von § 1578b BGB ist im Hinblick auf die dem Unterhaltsberechtigten gegenwärtig fehlende Möglichkeit, eine seiner Ausbildung und früheren beruflichen Stellung entsprechende Tätigkeit zu erlangen, vorgreiflich nach § 1577 BGB zu beurteilen und obliegt dem Unterhaltsberechtigten. Gelangt das Familiengericht hier zu der Überzeugung, dass der Unterhaltsgläubiger kein adäquates Einkommen erzielen kann, erübrigt sich insoweit eine erneute Prüfung im Rahmen von § 1578b BGB (BGH, Urteil vom 27.05. 2009 - XII ZR 78/08 zu BGB §§ 1578, 1578b, 1612b, 100).

***

Auch der Unterhaltspflichtige darf grundsätzlich neben der gesetzlichen Altersvorsorge eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben, die beim Ehegattenunterhalt mit einem Betrag bis zu 4% seines Bruttoeinkommens zu berücksichtigen ist. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen nicht darauf an, ob bereits während der Ehezeit Beiträge für eine solche Altersvorsorge gezahlt wurden. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. § 1578b BGB beschränkt sich allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (im Anschluss an Senat, BGHZ 179, 43 = NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 = FamRZ 2009, 406; BGH, Urteil vom 27.05.2009 - XII ZR 111/08 zu BGB §§ 1572, 1578b):

„... Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab Februar 2007. Sie hatten im April 1972 geheiratet, als die Kl. 16 Jahre alt und vom Bekl. schwanger war. Aus ihrer Ehe sind insgesamt vier Kinder hervorgegangen, von denen nur noch die im Oktober 1987 geborene jüngste Tochter, die im Haushalt der Kl. wohnt, unterhaltsbedürftig ist. Die Ehe der Parteien wurde im Mai 1998 geschieden. Im Hinblick auf die Unterhaltspflicht des Bekl. für die gemeinsamen Kinder machte die Kl. zunächst keinen nachehelichen Unterhalt geltend. Die Kl. ist nach einer im Jahre 1989 diagnostizierten Darmkrebserkrankung seit 1993 als zu 100% schwerbehindert eingestuft und bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente, die sich zunächst auf 1039,21 Euro belief und seit Juli 2007 1040,19 Euro beträgt. Daneben erzielt sie Einkünfte aus einer geringfügigen Erwerbstätigkeit in Höhe von monatlich 349 Euro. Um den Arbeitsplatz zu erreichen, muss sie zweimal wöchentlich mit dem Pkw 30 km zurücklegen. Für eine Lebensversicherung zahlt die Kl. monatliche Beiträge in Höhe von 51,13 Euro. Im Jahre 2007 musste sie eine Steuernachzahlung in Höhe von insgesamt 74 Euro, im Jahre 2008 eine solche in Höhe von 488 Euro leisten. Der Bekl. erzielt als Beamter Nettoeinkünfte in Höhe von 2601,28 Euro, in denen eine Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von monatlich 104,17 Euro enthalten ist. Hinzu kommt eine Steuererstattung, die sich nach Abzug der Kosten für die Erstellung der Steuererklärung im Jahre 2007 auf insgesamt 790,02 Euro und im Jahre 2008 auf insgesamt 744,78 Euro belief. Die Beiträge des Bekl. zur Krankenversicherung betrugen im Jahre 2007 monatlich 303,98 Euro und belaufen sich ab Januar 2008 auf monatlich 314,85 Euro. Für eine Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zahlte der Bekl. ursprünglich monatlich 302,16 Euro, wovon nach den Feststellungen des BerGer. 111,85 Euro auf die Berufsunfähigkeitsversicherung und 190,31 Euro auf die Lebensversicherung entfielen. Für die Zeit ab Juli 2007 ist der Gesamtbeitrag auf monatlich 317,27 Euro gestiegen. Für sich und die noch unterhaltsberechtigte Tochter A zahlt der Bekl. monatliche Beiträge für eine Krankenhaustagegeldversicherung, die ursprünglich 13,01 Euro betrugen und sich seit November 2007 auf 17,51 Euro belaufen. Außerdem zahlt der Bekl. monatliche Beiträge für eine weitere Lebensversicherung in Höhe von ursprünglich 49,49 Euro und von 52,02 Euro seit September 2007. Schließlich zahlt er Monatsraten auf einen Bausparvertrag in Höhe von 75 Euro. Auf den Unterhaltsanspruch der Tochter A zahlt der Bekl. monatlich 250 Euro, während die Kl. für den restlichen Barunterhalt der volljährigen Tochter aufkommt.

Das AG hat der auf einen Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 111,40 Euro gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung des Bekl. hat das OLG - unter Zurückweisung der mit einer Klageerweiterung verbundenen Anschlussberufung der Kl. - der Klage in geringerem Umfang stattgegeben und den Bekl. verurteilt, an die Kl. für die Zeit ab dem 20. 2. 2007 Unterhalt in wechselnder Höhe, zuletzt für die Zeit ab Januar 2008 in Höhe von monatlich 103 Euro zu zahlen. Die vom Bekl. begehrte Befristung des Unterhaltsanspruchs hat es abgelehnt. Die Revision hat das BerGer. „im Hinblick auf die Anwendung des neuen Unterhaltsrechts zur Frage der Beschränkung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b BGB" zugelassen. Die dagegen gerichtete Revision des Bekl., mit der er nach wie vor Klageabweisung begehrt, hatte keinen Erfolg. Die Anschlussrevision der Kl., die auf einen höheren Unterhalt für die Zeit ab Juli 2007, zuletzt für die Zeit ab Juni 2008 auf monatlich 209 Euro gerichtet war, hatte Erfolg. ...

B. Soweit die Revision des Bekl. zulässig ist, bleibt sie ohne Erfolg, während die Anschlussrevision der Kl. im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das BerGer. führt.

I. Das BerGer. (BeckRS 2009, 16933) hat der Klage zur Höhe lediglich teilweise stattgegeben und eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Kl. abgelehnt. ...

II. Diese Ausführungen des BerGer. halten nicht in allen Punkten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. ...

2. Die Anschlussrevision der Kl. hat schon deswegen Erfolg, weil das OLG ihren Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht zutreffend ermittelt hat.

a) Zu Recht ist das BerGer. davon ausgegangen, dass sich die Höhe des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Kl.gem. § 1578 I 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet. Der unbestimmte Rechtsbegriff der ‚ehelichen Lebensverhältnisse' ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats allerdings nicht mehr im Sinne eines strikten Stichtagsprinzips auszulegen. Eine solche Fixierung auf einen bestimmten Stichtag lässt sich der Vorschrift des § 1578 I 1 BGB nicht entnehmen. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sind bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen vielmehr spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Die in § 1578 I 1 BGB vorgegebene Anknüpfung an die ehelichen Lebensverhältnisse kann deren grundsätzliche Wandelbarkeit lediglich nach dem Zweck des nachehelichen Unterhalts einerseits und der fortwirkenden ehelichen Solidarität andererseits begrenzen (Senat, BGHZ 179, 196 = NJW 2009, 588 = FPR 2009, 118 = FamRZ 2009, 411 [413f.]).

b) Diesen Vorgaben der neueren Rechtsprechung des Senats hält das angefochtene Urteil nicht in allen Punkten stand.

aa) Im Ansatz zutreffend ist das BerGer. bei der Bemessung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Kl. allerdings von den unstreitigen Nettoeinkünften des Bekl. in Höhe von 2601,28 Euro ausgegangen und hat dem - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senat, BGHZ 175, 182 [195] = NJW 2008, 1663 = FPR 2008, 303 = FamRZ 2008, 968 [971]) - die vom Bekl. erhaltenen Steuererstattungen hinzugerechnet.

Bei der Bemessung der unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Steuererstattungen hat das BerGer. ebenfalls zutreffend die Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen abgesetzt. In seiner neueren Rechtsprechung zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen knüpft der Senat grundsätzlich an die tatsächlichen Verhältnisse während des Unterhaltszeitraums an. Nach den Feststellungen des BerGer. musste der Bekl. für seine Steuererklärung im Jahre 2007 84 Euro und im Jahre 2008 115 Euro aufwenden, die seine Steuererstattung entsprechend schmälern. Eine Berücksichtigung dieser Verringerung des verfügbaren Einkommens findet nach der neueren Rechtsprechung des Senats erst in der nachehelichen Solidarität ihre Grenze. Nur bei einem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten ist deswegen entgegen den tatsächlichen Verhältnissen von fiktiv höheren Einkünften auszugehen (Senat, BGHZ 175, 182 [195f.] = NJW 2008, 1663 = FPR 2008, 303 = FamRZ 2008, 968 [971f.]). Ein solches unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten hat das OLG bezüglich der Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen zu Recht abgelehnt. Denn die steuerliche Behandlung der Erwerbseinkünfte ist auch für abhängig beschäftigte Arbeitnehmer nicht offenkundig, eine geringere Steuerlast kommt auch dem unterhaltsberechtigten Ehegatten zugute und oftmals ergibt sich erst durch die Beratung, ob steuerrechtlich zu beachtende Besonderheiten vorliegen. Ein Abzug tatsächlich angefallener Kosten für die Steuererklärung ist deswegen nur dann ausgeschlossen, wenn von vornherein feststeht, dass für das abgelaufene Steuerjahr weder eine Steuerpflicht noch eine Erstattung in Betracht kommt (vgl. Wendl/Dose, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1 Rdnr. 108; a.A. OLG Hamm, FamRZ 1992, 1177; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rspr. zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rdnr. 1051).

Zu Recht hat das BerGer. vom Nettoeinkommen des Bekl. auch neben der Dienstaufwandsentschädigung die Kosten für seine Krankenversicherung, seine Berufsunfähigkeitsversicherung und die Krankenhaustagegeldversicherung abgesetzt. Diese Beiträge dienen der Sicherung des Erwerbseinkommens des Bekl. im Falle von Krankheit oder Arbeitslosigkeit, ohne dass der Bekl. dadurch zu Lasten der Kl. eigenes Vermögen bildet. Die Kosten für diese reinen Risikoversicherungen sind deswegen als Kosten zur Erhaltung des Arbeitseinkommens zu berücksichtigen.

bb) Zutreffend weist die Anschlussrevision der Kl. allerdings darauf hin, dass das BerGer. mit dem Abzug der Beiträge für zwei Lebensversicherungen und einen Bausparvertrag Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt hat, die den nach der Rechtsprechung des Senats geltenden Höchstbetrag der zusätzlichen Altersvorsorge übersteigen.

Nach der Rechtsprechung des Senats darf auch der Unterhaltspflichtige von seinen Einkünften grundsätzlich neben der gesetzlichen Altersvorsorge eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben, die unterhaltsrechtlich beim Elternunterhalt bis zu 5% des Bruttoeinkommens (Senat, NJW-RR 2004, 793 = FPR 2004, 408 = FamRZ 2004, 792 [793]; NJW 2006, 3344 = FamRZ 2006, 1511 [1514]) und im Übrigen bis zu 4% des Bruttoeinkommens (Senat, BGHZ 163, 84 [97ff.] = NJW 2005, 3277 = FamRZ 2005, 1817 [1821f.]; BGHZ 171, 206 [216] = NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793 [795]) betragen kann.

Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen entgegen der Auffassung des BerGer. jedoch nicht darauf an, ob bereits während der Ehezeit Beiträge für eine solche Altersvorsorge gezahlt wurden. Denn wenn der Unterhaltspflichtige bereits während der Ehezeit eine zusätzliche Altersvorsorge - wie hier in Form einer Kapitallebensversicherung - betrieben hatte, profitiert der andere Ehegatte regelmäßig im Zugewinnausgleich davon. Für die Zeit ab Zustellung des Scheidungsantrags, die vom Zugewinnausgleich nicht mehr erfasst wird, können überhöhte ehezeitliche Vorsorgekosten keine Rechtfertigung für deren Fortdauer geben. Dies würde nunmehr auf eine einseitige Vermögensbildung des unterhaltspflichtigen Ehegatten zu Lasten der Unterhaltsansprüche des unterhaltsberechtigten Ehegatten hinauslaufen (vgl. zum Wohnvorteil Senat, NJW 2008, 1946 = FPR 2008, 384 = FamRZ 2008, 963 [965] Rdnrn. 17ff.). Umgekehrt ist nach der Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen allerdings auch eine erst nachehelich hinzutretende zusätzliche Altersvorsorge zu berücksichtigen, weil darin kein unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten liegt, welches die nacheheliche Solidarität der geschiedenen Ehegatten verletzt (vgl. Senat, BGHZ 179, 196 = NJW 2009, 588 = FPR 2009, 118 = FamRZ 2009, 411 [413f.]).

Das OLG durfte danach die der Altersvorsorge dienenden Beiträge des Bekl. für seine beiden Lebensversicherungen und den Bausparvertrag nicht in voller Höhe von monatlich 314,80 Euro (190,31 Euro + 49,49 Euro + 75 Euro), sondern lediglich in Höhe von 4% des Bruttoeinkommens berücksichtigen. Der Senat kann insoweit aber nicht selbst abschließend entscheiden, weil es an den erforderlichen Feststellungen durch das BerGer. fehlt. Denn es hat weder das Bruttoeinkommen des Bekl. festgestellt, noch die Höhe des auf die Lebensversicherung entfallenden Beitrags für den mit der Berufsunfähigkeitsversicherung verbundenen Versicherungsvertrag. Zwar hatte das AG die monatlichen Kosten für diesen Versicherungsvertrag in Höhe von ursprünglich 302,16 Euro entsprechend dem Vortrag des Bekl. in einen Teil für die Berufsunfähigkeitsversicherung von 111,85 Euro und einen weiteren Teil für die Lebensversicherung in Höhe von 190,31 Euro aufgeteilt. Dies widerspricht allerdings der in Bezug genommenen Auskunft der Versicherungsgesellschaft, die den Beitrag in einen Teil von 122,14 Euro für die Berufsunfähigkeitsversicherung und einen Teil von 180,02 Euro für die Lebensversicherung aufgeteilt hatte. Auch die Aufteilung für die Zeit ab der Erhöhung des Gesamtbeitrags zum 1. 7. 2007 von 302,16 Euro auf 317,27 Euro hat das OLG - aus seiner Sicht konsequent - nicht festgestellt. Das angefochtene Urteil ist deswegen aufzuheben und der Rechtsstreit ist insoweit an das BerGer. zurückzuverweisen.

3. Soweit der Bekl. mit seiner Revision eine zeitliche Befristung oder eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578b BGB begehrt, hat diese hingegen keinen Erfolg. Denn das OLG hat im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Kl. in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgelehnt.

a) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578b II 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den nach § 1578b II 2 BGB entsprechend anzuwendenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578b I 2, 3 BGB.

aa) Danach ist bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts

- vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit
- durch die Ehe
- Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen.

Wie schon nach der Rechtsprechung des Senats zu § 1573 V BGB a.F. (Senat, NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006 [1007]) schränken solche ehebedingten Nachteile regelmäßig auch nach der Neufassung des § 1578b BGB (BT-Dr 16/1830, S. 19) die Möglichkeit einer Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ein (Senat, NJW 2008, 2581 = FPR 2008, 379 = FamRZ 2008, 1325 [1328]). Solche Nachteile können sich nach § 1578b I 3 BGB vor allem

- aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes,
- aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie
- aus der Dauer der Ehe ergeben.

Im Rahmen des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB führt etwa

- eine fehlende oder eingeschränkte Erwerbsmöglichkeit wegen Betreuung eines gemeinsamen Kindes zu einem ehebedingten Nachteil,

der regelmäßig unterhaltsrechtlich auszugleichen ist (vgl. insoweit Senat, NJW 2009, 1876 = FPR 2009, 238 = FamRZ 2009, 770 [772ff.]). Auch bei der Entscheidung über eine Begrenzung oder Befristung des Unterhalts wegen Alters nach § 1571 BGB ist zu berücksichtigen,

- ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte trotz eines durchgeführten Versorgungsausgleichs geringere Renteneinkünfte erzielt, als er ohne die Ehe und die Erziehung der gemeinsamen Kinder erzielen würde.

Beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB, bei dem die Krankheit regelmäßig nicht ehebedingt ist, kann sich ein ehebedingter Nachteil nur daraus ergeben,

- dass ein Unterhaltsberechtigter auf Grund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsunfähigenrente in Folge der Ehe und Kindererziehung geringer ist, als sie ohne die Ehe wäre

(Senat, BGHZ 179, 43 = NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 = FamRZ 2009, 406 [408]). Insoweit entsprechen sich der Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB. In beiden Fällen ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senat, NJW 2008, 2581 = FPR 2008, 379 = FamRZ 2008, 1325 [1328f.]; NJW 2008, 2644 = FPR 2008, 449 = FamRZ 2008, 1508 [1511]).

bb) § 1578b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BT-Dr 16/1830, S. 19). Denn indem § 1578b I 2 BGB ‚insbesondere' auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt es andere Gesichtspunkte für die Billigkeitsabwägung nicht aus. Dieser Umstand gewinnt besonders beim nachehelichen Unterhalt gem. § 1572 BGB wegen einer Krankheit, die regelmäßig nicht ehebedingt ist, an Bedeutung (Senat, BGHZ 179, 43 = NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 = FamRZ 2009, 406 [409]).

Allerdings handelt es sich bei einer schweren Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit in der Regel um eine schicksalhafte Entwicklung. Eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten für das allein im zeitlichen Zusammenhang mit der Ehe stehende Krankheitsrisiko ist deswegen nicht ohne Weiteres gerechtfertigt. Der Einsatzzeitpunkt in § 1572 BGB schließt deswegen eine Einstandspflicht des geschiedenen Ehegatten für erst nachehelich eingetretene Erkrankungen aus (Senat, BGHZ 179, 43 = NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 = FamRZ 2009, 406 [409]).

Andererseits hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit oder Gebrechen in § 1572 BGB ein besonderes Maß an nachehelicher Solidarität festgeschrieben, das auch im Rahmen der Begrenzung oder Befristung dieses nachehelichen Unterhalts nicht unberücksichtigt bleiben kann. Auch in solchen Fällen, in denen die fortwirkende eheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, fällt den in § 1578b I 3 BGB genannten Umständen besondere Bedeutung zu (BT-Dr 16/1830, S. 19). Auf deren Grundlage, insbesondere der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ist auch der Umfang einer geschuldeten nachehelichen Solidarität zu bemessen.

b) Soweit das BerGer. auf dieser rechtlichen Grundlage eine Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Kl. abgelehnt hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

aa) Zwar ist die Krebserkrankung der Kl. nach den Feststellungen des BerGer. unabhängig von Ehe, Kindererziehung und Rollenverteilung in der Ehe eingetreten und somit nicht ehebedingt. Dass die Erwerbsunfähigkeitsrente der Kl. unter Berücksichtigung ihrer Kindererziehungszeiten und der damit verbundenen Anrechnungszeiten sowie des durchgeführten Versorgungsausgleichs geringer ist, als sie ohne die Ehe und Kindererziehung wäre, hat das BerGer. ebenfalls nicht festgestellt.

bb) Der unbegrenzte Ausspruch des nachehelichen Unterhalts als Billigkeitsentscheidung ist gleichwohl aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das BerGer. hat der nachehelichen Solidarität der Ehegatten hier zu Recht eine besondere Bedeutung eingeräumt.

- Denn die Parteien waren 26 Jahre verheiratet und
- hatten eine reine Hausfrauenehe geführt.
- Die Kl. hatte bereits im Alter von 16 Jahren wegen der eingetretenen Schwangerschaft geheiratet und
- konnte deswegen keine Berufsausbildung absolvieren.
- Die vier ehelich geborenen Kinder sind von ihr betreut und erzogen worden.
- Im Zeitpunkt der Scheidung war die jüngste Tochter erst zehn Jahre alt und noch betreuungsbedürftig.


Die Kl. hat sich somit seit Abschluss ihrer Schulzeit und weit über den Zeitpunkt ihrer Krebserkrankung im Jahre 1989 hinaus allein für die Ehe der Parteien eingesetzt. Dies begründet ein besonders gewichtiges Vertrauen, das im Rahmen einer Befristung und Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b BGB ebenfalls zu berücksichtigen ist.

Auch die weiteren Umstände stehen der Entscheidung des BerGer. im Rahmen der notwendigen Gesamtschau aus revisionsrechtlicher Sicht nicht entgegen.
- Denn die Kl. erzielt aus ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente und ihren Nebeneinkünften abzüglich aller Kosten lediglich Einkünfte in Höhe von rund 1140 Euro, die nur wenig über den angemessenen Selbstbehalt hinausgehen.

- Demgegenüber verbleiben dem Bekl. nach Abzug sämtlicher unterhaltsrelevanter Kosten und des für die volljährige Tochter gezahlten Unterhalts deutlich höhere Einkünfte, von denen er den relativ geringen Unterhaltsanspruch der Kl. ohne besondere Einschränkung erbringen kann.

- Ein berechtigtes Vertrauen, das einem unbefristeten Unterhaltsanspruch der Kl. entgegenstehen könnte, konnte sich schon deswegen nicht bilden, weil die Kl. bereits im Jahre 1989 erkrankt und seit 1993 dauerhaft als zu 100% erwerbsunfähig eingestuft war, während die Ehe der Parteien erst im Jahre 1998 geschieden wurde. ..."

***

Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen nach § 1570 I 2 und 3 BGB ist zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die notwendige Betreuung der Kinder auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Betreuungseinrichtungen gesichert werden könnte. Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein auf das Alter der Kinder abstellt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht (im Anschluss an Senat, NJW 2009, 1876 = FPR 2009, 238 = FamRZ 2009, 770). Soweit die Betreuung der Kinder auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, kann einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils auch entgegenstehen, dass der ihm daneben verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung der Kinder zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann (im Anschluss an Senat, NJW 2009, 1876 = FPR 2009, 238 = FamRZ 2009, 770; NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 = FamRZ 2008, 1739 [1748f.]). Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578b BGB scheidet schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1. 1. 2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Eine Begrenzung des Betreuungsunterhalts vom eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 I BGB auf den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung setzt einerseits voraus, dass die notwendige Erziehung und Betreuung gemeinsamer Kinder trotz des abgesenkten Unterhaltsbedarfs sichergestellt und das Kindeswohl auch sonst nicht beeinträchtigt ist, andererseits eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den abgeleiteten Lebensverhältnissen während der Ehe unbillig erscheint (BGH, Urteil vom 06.05.2009 - XII ZR 114/08).

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„... Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten um nachehelichen Unterhalt und dessen Befristung. Die Parteien heirateten am 23. Juni 1994. Für den Antragsgegner war es die zweite Ehe. Die Antragstellerin war seinerzeit 36 Jahre alt, der Antragsgegner 47 Jahre. Nach der Eheschließung führten sie zunächst noch getrennte Haushalte. Bis zur Trennung im Mai 2003 lebten sie fünf Jahre zusammen. Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen. Die Antragstellerin ist Versicherungskauffrau. Der Antragsgegner ist gelernter Klempner und Installateur. Er arbeitete zuletzt als Maschinenführer. Seit 1998 ist er krankheitsbedingt nicht mehr erwerbstätig und bezieht neben der gesetzlichen Rente wegen Erwerbsminderung eine Betriebsrente. Er begehrt von der Antragstellerin nachehelichen Unterhalt.

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Ehe der Parteien durch Verbundurteil geschieden. Es hat die Antragstellerin - überwiegend entsprechend ihrem Anerkenntnis - zur Zahlung von 235 € Geschiedenenunterhalt verurteilt und den Unterhalt auf drei Jahre ab Rechtskraft der Ehescheidung befristet. Des weiteren hat es im Versorgungsausgleich Rentenanwartschaften der Antragstellerin auf den Antragsgegner übertragen und schließlich die Antragstellerin zu einem Zugewinnausgleich von 6.000 € verurteilt. Auf die Berufung des Antragsgegners gegen die Entscheidung über den Unterhalt hat das Berufungsgericht den Unterhalt auf monatlich 285 € erhöht, es allerdings bei der Befristung belassen.

Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Antragsgegners, der eine Erhöhung des Unterhalts und einen Wegfall der Befristung erstrebt.

Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat die zeitliche Begrenzung des Unterhalts auf § 1573 Abs. 5 BGB a.F. gestützt und als Anspruchsgrundlage für den Geschiedenenunterhalt nicht § 1572 BGB, sondern § 1573 Abs. 2 BGB angesehen. Zwar werde in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, dass allein ein Anspruch nach § 1572 BGB bestehe, wenn der Berechtigte krankheitsbedingt vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert sei. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur teilweisen Erwerbstätigkeit beim Betreuungsunterhalt ergebe sich indessen, dass der Betreuungsunterhalt seinen Rechtsgrund darin finde, dass der Berechtigte durch die Betreuung teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert sei. Diese Überlegung müsse auch auf Fälle übertragen werden, in denen der Berechtigte vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert sei. Denn es gebe gerade im Hinblick auf die Befristung keinen Grund, dem Unterhaltsanspruch eines Nichterwerbstätigen den vollen Bestandsschutz der §§ 1570 bis 1572 BGB zu gewähren, während der Unterhaltsanspruch eines Teilerwerbstätigen diesen Bestandsschutz nur in dem Umfang erhalte, in dem er seinen Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (offenbar gemeint: seinen Lebensbedarf aufgrund des ohne Erwerbshindernis erzielbaren Einkommens) nur deshalb nicht decken könne, weil er nicht mehr voll erwerbstätig sein könne. Der Anspruch eines Nichterwerbstätigen unterliege im Gegensatz zu dem des teilweise Erwerbstätigen nicht der Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB (a.F.).

Auf den Anspruch aus § 1572 BGB übertragen bedeute dies, dass der Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen seinen Rechtsgrund stets darin finde, dass der Unterhaltsberechtigte nicht erwerbstätig sein könne und deshalb das nach seinen persönlichen Verhältnissen erzielbare Einkommen nicht erziele. Darüber hinaus gehender Unterhalt ergebe sich (allein) aus § 1573 Abs. 2 BGB. Dem Antragsgegner würden mit seinen - aufgrund des Versorgungsausgleichs erhöhten - Rentenbezügen 1.449 € zur Verfügung stehen, während aufgrund seines zuletzt erzielten Arbeitsverdienstes nach Abzug pauschaler Werbungskosten und eines Erwerbstätigenbonus (1/7) nur 1.415 € in die Unterhaltsberechnung einzustellen wären. Eine zwischenzeitliche Erhöhung des Arbeitnehmereinkommens habe der Antragsgegner nicht dargelegt.

Der - vom Berufungsgericht rechnerisch näher ermittelte - Aufstockungsunterhalt sei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auf die Dauer von drei Jahren nach Rechtskraft der Ehescheidung zu befristen. Dabei hat das Berufungsgericht die Dauer der Ehe gewürdigt ("weder lang noch ungewöhnlich kurz") und die zunächst noch getrennte Haushaltsführung. Die Erwerbsunfähigkeit des Antragsgegners sei hingegen als ehebedingter Nachteil zu werten. Dafür genüge es, dass die Erkrankung während der Ehe eingetreten und von beiden Ehegatten in der durch die Eheschließung begründeten "Schicksalsgemeinschaft" mitzutragen sei. Ein Nachteil im Hinblick auf die Deckung des sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen ergebenden Unterhaltsbedarfs (auch hier offenbar gemeint: Lebensbedarf aufgrund des ohne Erwerbshindernis erzielbaren Einkommens) lasse sich aber nicht feststellen. Die Ehe habe nicht den Charakter gehabt, dass einer der Ehegatten den anderen auf Dauer habe versorgen sollen. Auch dass die Antragstellerin für mehrere Jahre Trennungsunterhalt gezahlt habe, sei zu berücksichtigen.

II. Die Revision ist unzulässig, soweit der Antragsgegner eine Erhöhung des vom Berufungsgericht bis zum Ablauf von drei Jahren nach Rechtskraft der Scheidung zugesprochenen Geschiedenenunterhalts begehrt. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen.

Das Berufungsgericht hat ausweislich des Urteilstenors die Revision zu der Frage zugelassen, aus welcher Anspruchsgrundlage sich der Anspruch des Antragsgegners ergibt, sowie zu der daran anknüpfenden Frage der Befristung des nachehelichen Unterhalts. Die Zulassung der Revision kann allerdings nicht auf einzelne Rechtsfragen beschränkt werden, sondern nur auf abgrenzbare Teile des Streitgegenstandes. Aus der Zulassung ist aber hinreichend deutlich erkennbar, dass das Berufungsgericht die Revision nur im Hinblick auf die Befristung zulassen wollte und die Frage der Anspruchsgrundlage als notwendige Vorfrage miterwähnt hat. Insoweit ist der mit der Klage geltend gemachte Unterhalt in zeitlicher Hinsicht teilbar und eine entsprechend eingeschränkte Zulassung der Revision möglich (Senatsurteile vom 25. Januar 1995 - XII ZR 195/93 - FamRZ 1995, 1405 und BGHZ 153, 358, 362 f. = FamRZ 2003, 590, 591 m. Anm. Büttner).

Für die eingeschränkte Zulassung der Revision reicht es aus, dass der Anspruch teilbar ist. Es ist nicht erforderlich, dass ein (Wertungs-)Widerspruch zwischen der abschließenden Entscheidung über den noch in der Revision anhängigen Teil und der bereits rechtskräftigen Teilentscheidung auszuschließen ist. Denn die Zulassung der Revision kann in gleicher Weise beschränkt werden, wie der Revisionskläger selbst sein Rechtsmittel beschränken könnte (BGHZ 101, 276, 278; Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - XII ZR 195/93 - FamRZ 1995, 1405). Eine Beschränkung der Revision auf den nach Ablauf der Befristung liegenden Zeitraum wäre wirksam.

Die Revision ist demnach nur zulässig, soweit der Antragsgegner weiteren Unterhalt für die Zeit nach Ablauf von drei Jahren seit Rechtskraft der Scheidung geltend macht.

III. Soweit die Revision zulässig ist, hält das Berufungsurteil einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

1. Die Begründung des Berufungsgerichts ist allerdings nicht frei von Rechtsfehlern. Die vom Berufungsgericht vorgenommene zeitliche Begrenzung (Befristung) des Unterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. war nicht zulässig. Denn der Unterhaltsanspruch des Antragsgegners ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allein aus § 1572 BGB, so dass - bis zum 31. Dezember 2007 - eine Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. nicht möglich war. Auch für die seit dem 1. Januar 2008 geltende Rechtslage kann es nicht dahingestellt bleiben, auf welcher Grundlage der Unterhaltsanspruch beruht, selbst wenn die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen im konkreten Fall bei der Frage der Befristung zum selben Ergebnis führen (a.A. OLG Celle FamRZ 2008, 1449, 1450; vgl. auch Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791 a.E.).

a) Schon vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet kann sich der Unterhaltsanspruch zum überwiegenden Teil nur aus § 1572 BGB ergeben.

Der Antragsgegner ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wegen Krankheit oder Gebrechen im Sinne von § 1572 BGB nicht zu einer Erwerbstätigkeit in der Lage. Damit besteht auch nach der Auffassung des Berufungsgerichts ein Bedarf in Höhe der durch das Erwerbshindernis verursachten Einkommenseinbuße. Dieser Bedarf stimmt grundsätzlich mit dem angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F., § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB überein (vgl. Hahne FamRZ 1986, 305, 309; zum entsprechenden Maßstab beim Unterhalt nach § 1615 l BGB s. Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1741 f.).

Dem Berufungsgericht ist indessen bei der Gegenüberstellung des angemessenen Lebensbedarfs (hypothetisches Einkommen des Antragsgegners ohne Erwerbshindernis) und seinem tatsächlich erzielten Renteneinkommen ein Fehler unterlaufen. Zwar kann das zur Ermittlung der Einkommenseinbuße herangezogene hypothetische Einkommen unter Berücksichtigung pauschaler Werbungskosten ermittelt werden. Nicht gerechtfertigt ist aber der Abzug eines Erwerbstätigenbonus, wie er vom Berufungsgericht offenbar aus der in der Praxis üblichen Unterhaltsberechnung nach Quoten übernommen worden ist. Maßstab für den hypothetischen Bedarf ohne die Hinderung durch die Krankheit ist vielmehr das Einkommen, das dem Unterhaltsberechtigten bei voller Erwerbstätigkeit zur Bestreitung seines Lebensbedarfs zur Verfügung stehen würde. Um seinen Lebensbedarf zu bestreiten, könnte er aber sein gesamtes Arbeitseinkommen verwenden.

Ausgehend von der Berechnung des Berufungsgerichts könnte der Antragsgegner ohne Erwerbshindernis netto und bereinigt um pauschale Werbungskosten ein Einkommen von 1.651 € erzielen. Demgegenüber beläuft sich sein Renteneinkommen auf 1.449 €. In Höhe der Differenz zwischen beiden Beträgen (202 €) ergibt sich der Anspruch auch nach der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung allein aus § 1572 BGB.

b) Aber auch soweit das Berufungsgericht einen darüber hinausgehenden Unterhalt von 83 € (= 285 € ./. 202 €) zuerkannt hat, ist die Anspruchsgrundlage dafür § 1572 BGB und nicht § 1573 Abs. 2 BGB.

aa) Der Senat unterscheidet in ständiger Rechtsprechung für die Abgrenzung der Anspruchsgrundlagen wegen eines Erwerbshindernisses aus §§ 1570 bis 1572 BGB und aus § 1573 Abs. 2 BGB (Aufstockungsunterhalt) danach, ob wegen des vorliegenden Hindernisses eine Erwerbstätigkeit vollständig oder nur zum Teil ausgeschlossen ist (Senatsurteile vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 79/89 - FamRZ 1990, 492, 493 f. - zu § 1570 BGB; vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791 - zu § 1572 BGB - und vom 3. Februar 1999 - XII ZR 146/97 - FamRZ 1999, 708, 709 - zu § 1571 BGB). Wenn der Unterhaltsberechtigte an einer Erwerbstätigkeit vollständig gehindert ist, ergibt sich der Unterhaltsanspruch allein aus §§ 1570 bis 1572 BGB, und zwar auch für den Teil des Unterhaltsbedarfs, der nicht durch das Erwerbshindernis verursacht worden ist, sondern auf dem den angemessenen Lebensbedarf übersteigenden Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (voller Unterhalt) gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB beruht. Nur bei einer lediglich teilweisen Erwerbshinderung ist der Unterhalt nach der Rechtsprechung des Senats allein wegen des durch die Erwerbshinderung verursachten Einkommensausfalls auf §§ 1570 bis 1572 BGB zu stützen und im Übrigen auf § 1573 Abs. 2 BGB.

bb) Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung Abstand zu nehmen.

Allerdings ist - in Übereinstimmung mit der Auffassung des Berufungsgerichts - gegen die vom Senat vorgenommene Differenzierung eingewandt worden, dass die sachlichen Gründe für die Abgrenzung des Aufstockungsunterhalts vom Unterhalt wegen eines Erwerbshindernisses auch dann eingreifen würden, wenn das Hindernis eine Erwerbstätigkeit vollständig ausschließe (W. Maier FamRZ 2005, 1509, 1510). Der Aufstockungsunterhalt spiegelt danach nur den Teil des Lebensbedarfs wider, der auf dem in der Ehe erhöhten Lebensstandard beruht. Dieses Argument trifft zwar zu, zwingt allerdings - jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung - nicht dazu, die Unterscheidung zwischen den Anspruchsgrundlagen der §§ 1570 ff. BGB weiter zu verfeinern.

Die Rechtsprechung des Senats entspricht den Motiven des 1. Eherechtsreformgesetzes. Dieses ist ersichtlich davon ausgegangen, dass der Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB erst dann eingreift, wenn dem Unterhaltsberechtigten eine (volle oder teilweise) Erwerbstätigkeit möglich ist (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 126 f.; Rolland 1. EheRG 2. Aufl. § 1573 Rdn. 24). Auch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz von 1986, durch das die Befristungsmöglichkeit nach § 1573 Abs. 5 BGB eingeführt wurde, beruht offenbar auf diesem Verständnis. Wenn der Gesetzgeber die Differenz zwischen dem Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen und dem angemessenen Lebensbedarf generell dem Aufstockungsunterhalt zugeordnet hätte, hätte es für die gleichzeitig eingeführte Begrenzungsvorschrift des § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB (a.F.) im Bereich der Tatbestände nach §§ 1570 bis 1572 BGB kaum ein Bedürfnis gegeben, weil für diese kein nennenswerter Anwendungsbereich verblieben wäre.

Ob im Hinblick auf einzelne Rechtsfolgen (etwa den Rang des kinderbetreuenden Ehegatten gemäß § 1609 Nr. 2 BGB) eine andere Sichtweise geboten sein kann, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Auch für die bis zum 31. Dezember 2007 geltende Rechtslage bedurfte es der vom Berufungsgericht gewählten Konstruktion nicht. Denn mit § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. stand eine gesetzliche Begrenzungsmöglichkeit zur Verfügung, die auch auf den Unterhalt wegen Krankheit nach § 1572 BGB anwendbar war und - abgesehen von dem oben aufgezeigten Fehler bei der Ermittlung des angemessenen Bedarfs - zu demselben Ergebnis hätte führen können. Eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf konnte zum Wegfall des Unterhalts führen, soweit der angemessene Lebensbedarf durch eigene Einkünfte des Unterhaltsberechtigten gedeckt war (BT-Drucks. 10/2888 S. 19).

c) Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Befristung des Anspruchs nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. scheidet somit aus, weil es sich allein um Unterhalt wegen Krankheit gemäß § 1572 BGB handelt und das bis zum 31. Dezember 2007 geltende Recht für diesen Unterhaltsanspruch eine solche Befristungsmöglichkeit nicht vorsah.

2. Das Berufungsurteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, so dass die Revision zurückzuweisen ist (§ 561 ZPO). Die Befristung des Unterhalts auf drei Jahre nach Rechtskraft der Scheidung ist im Ergebnis aufgrund von § 1578 b Abs. 2 BGB gerechtfertigt.

a) Ob das Berufungsgericht sich anstelle der von ihm vorgenommenen Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. auf eine Herabsetzung des Bedarfsmaßstabs gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. hätte beschränken können, bedarf in Anbetracht deren eingeschränkter Wirkung und der inzwischen geänderten Gesetzeslage keiner Entscheidung. Denn die durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) mit Wirkung zum 1. Januar 2008 eingeführte Vorschrift des § 1578 b Abs. 2 BGB lässt nunmehr auch beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB eine zeitliche Begrenzung zu.

b) Auf die Befristung ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden (Art. 4 Unterhaltsrechtsänderungsgesetz; vgl. auch § 36 Nr. 7 EGZPO). Die Befristung auf drei Jahre beginnt mit der Rechtskraft der Scheidung, die laut dem Rechtskraftvermerk des Familiengerichts am 3. Juli 2007 eingetreten ist. Da die Befristung somit erst unter Geltung der neuen Gesetzeslage wirksam wird, ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Recht maßgebend.

c) Der vom Berufungsgericht erschöpfend festgestellte und gewürdigte Sachverhalt rechtfertigt die ausgesprochene Unterhaltsbefristung auf drei Jahre ab Rechtskraft der Scheidung. Einer differenzierten Bewertung nach dem angemessenen Lebensbedarf und dem darüber hinausgehenden Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen bedarf es im vorliegenden Fall nicht. Auch wenn das Berufungsgericht diesen Aspekt aufgrund seines Fehlers bei der Gegenüberstellung des Renteneinkommens des Antragsgegners mit seinem hypothetisch erzielbaren Erwerbseinkommen nicht zutreffend erfasst hat, ist mit einer abweichenden tatrichterlichen Würdigung nicht zu rechnen, so dass der Senat abschließend entscheiden kann.

Der Unterhaltsanspruch ist nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den nach § 1578 b Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechend anzuwendenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB.

aa) Demnach kommt es zunächst darauf an, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit in der - hier kinderlosen - Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Sowohl nach der Rechtsprechung des Senats zu § 1573 Abs. 5 BGB (a.F.) als auch nach der daran orientierten Neufassung des § 1578 b Abs. 2 BGB (vgl. Dose FamRZ 2007, 1289, 1293) liegen ehebedingte Nachteile vor, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (vgl. Senatsurteil vom 28. November 2007 - XII ZR 132/05 - FamRZ 2008, 582, 586).

Das ist hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht der Fall. Der Antragsgegner war während der Ehe zunächst noch erwerbstätig. Seine Erwerbstätigkeit musste er aus gesundheitlichen Gründen einstellen, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Ehe stehen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Erkrankung des Antragsgegners nicht schon deshalb als ehebedingter Nachteil zu betrachten, weil sie während der Ehe eingetreten ist.

Ehebedingte Nachteile wären indessen dann eingetreten, wenn der Unterhaltsberechtigte aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hätte. Insoweit entsprechen sich der Krankheitsunterhalt und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB (vgl. Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 159). In die Betrachtung einzubeziehen ist dann aber auch, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328 f. und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508, 1511). Im vorliegenden Fall sind dem Antragsgegner im Versorgungsausgleich Rentenanwartschaften der Antragstellerin in Höhe von insgesamt 39,46 € übertragen worden, die zu einer Erhöhung der von ihm bezogenen gesetzlichen Rente wegen Erwerbsminderung geführt haben. Hierdurch hat der Antragsgegner allerdings schon mehr erhalten als einen Ausgleich ehebedingter Nachteile. Denn die Rollenverteilung in der Ehe hat nicht dazu geführt, dass die vom Antragsgegner erworbenen Versorgungsanwartschaften geschmälert worden wären. Der Antragsgegner nimmt vielmehr insoweit am besseren Versorgungsstandard der Antragstellerin teil.

Das Merkmal der Ehedauer stellt im Regelungszusammenhang des § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB nur ein Indiz für die zunehmende Verflechtung der beiderseitigen Verhältnisse dar (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328; BT-Drucks. 16/1830 S. 19; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 591). Die Ehedauer betrug etwa elf Jahre. Für die Ehedauer ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats auf die Zeit von der Eheschließung (23. Juni 1994) bis zur Zustellung des Scheidungsantrags (13. April 2005) abzustellen (Senatsurteil vom 9. Juli 1986 - IVb ZR 39/85 - FamRZ 1986, 886, 888). Eine wirtschaftliche Verflechtung ist hier nicht festgestellt. Jeder Ehegatte unterhielt zunächst noch seinen eigenen Haushalt. Auch als sie zusammengezogen waren, wirtschafteten sie im wesentlichen getrennt.

bb) Allerdings wird die Krankheit als solche nur in Ausnahmefällen ehebedingt sein. Das führt indessen nicht ohne weiteres dazu, dass der Krankheitsunterhalt - bei Fehlen ehebedingter Nachteile - zwangsläufig zu befristen wäre.

Dass die Krankheit regelmäßig nicht ehebedingt ist, hat allerdings Einfluss auf die grundsätzliche Gewichtung des Unterhalts nach § 1572 BGB im Rahmen der Billigkeitsabwägung und im Hinblick auf das von den Ehegatten zu fordernde Maß an fortwirkender Unterhaltsverantwortung nach der Scheidung (ähnlich OLG Celle FamRZ 2008, 1449, 1451). Dem entsprechend war die Legitimation des Krankheitsunterhalts schon bei den Beratungen zum 1. Eherechtsreformgesetz nicht frei von Zweifeln (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 124). Da es sich bei der Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit in der Regel um eine schicksalhafte Entwicklung handelt, ist eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten für das allein in zeitlichem Zusammenhang mit der Ehe stehende Krankheitsrisiko nicht ohne weiteres zu rechtfertigen.

Die Reichweite der vom Gesetz hier im Grundsatz nach wie vor geforderten nachehelichen Verantwortung bedarf im vorliegenden Fall jedoch keiner exakten Bestimmung. Denn auch eine von ehebedingten Nachteilen getrennte Billigkeitsbetrachtung begründet im vorliegenden Fall jedenfalls keine längere Laufzeit des nachehelichen Krankheitsunterhalts, als sie das Berufungsgericht dem Antragsgegner zugebilligt hat.

Der Ehedauer (hier etwa elf Jahre), die nach der Gesetzesbegründung zum Unterhaltsrechtsänderungsgesetz (BT-Drucks. 16/1830 S. 19) besondere Bedeutung hat, kommt im vorliegenden Fall kein erhebliches Gewicht zu. Der Antragsgegner war bei Eheschließung bereits 47 Jahre alt. Es handelte sich für ihn um die zweite Ehe. Ein besonderes Vertrauen auf den Fortbestand der Unterhaltsverpflichtung wurde durch die Ehe und deren Dauer nicht begründet. Die Parteien lebten nur etwa fünf Jahre in einem gemeinsamen Haushalt zusammen. Insbesondere hat das Berufungsgericht keine Dispositionen des Antragsgegners aufgrund eines etwaigen Vertrauens in die fortwährende Unterhaltsverpflichtung der Antragstellerin festgestellt. Der Antragsgegner verfügt schließlich mit seinen beiden Renten über ein - teils durch den Versorgungsausgleich erhöhtes - Einkommen, das ihm einen deutlich über dem Existenzminimum liegenden Lebensstandard sichert. Demgegenüber bedeutet die fortwährende Unterhaltspflicht für die Antragstellerin eine spürbare Belastung, die sie in ihrer Lebensführung nicht unerheblich einschränkt. Das Berufungsgericht hat auch weitere Faktoren, wie etwa den über vier Jahre von der Antragstellerin gezahlten Trennungsunterhalt, zutreffend berücksichtigt.

Auch wenn das Unterhaltsrecht eine Befristung des Krankheitsunterhalts erst aufgrund der nach Rechtskraft der Ehescheidung in Kraft getretenen Gesetzeslage zulässt, kann daraus ein besonderer Vertrauensschutz nicht hergeleitet werden. Der Gesetzgeber hat von einem Vertrauensschutz für sogenannte Altfälle bewusst abgesehen und das neue Recht auf Unterhaltsansprüche, die ab dem 1. Januar 2008 entstanden sind, für unterschiedslos anwendbar erklärt (BT-Drucks. 16/1830 S. 32). Nur für vor dem 1. Januar 2008 bereits ergangene rechtskräftige Entscheidungen, errichtete Titel oder Unterhaltsvereinbarungen enthält § 36 Nr. 1 EGZPO einen über das Inkrafttreten des Gesetzes hinausreichenden Vertrauensschutz und macht eine Abänderung von der Zumutbarkeit abhängig.

Die Revision macht allerdings zu Recht geltend, dass ein Teil der vom Berufungsgericht rechnerisch zugrunde gelegten Frist (drei Jahre ab Rechtskraft der Scheidung) noch vor Inkrafttreten der seit dem 1. Januar 2008 geänderten Rechtslage verstrichen ist, als eine Befristung noch nicht zulässig war. Auch wenn das Berufungsgericht bei der Bemessung der Frist somit von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen ist, stellt dies die Angemessenheit der Befristung im Ergebnis aber nicht in Frage. Es handelt sich um einen Zeitraum von etwa einem halben Jahr, denn die Rechtskraft der Scheidung ist nach dem Rechtskraftvermerk des Amtsgerichts am 3. Juli 2007 eingetreten. Die anstehenden Änderungen durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz waren zu diesem Zeitpunkt der Öffentlichkeit bereits bekannt und hinsichtlich der Befristung nach § 1578 b BGB politisch nicht umstritten. Die Gesetzesänderung zur Befristung ist von der Antragstellerin zum Gegenstand ihrer Argumentation im Berufungsverfahren gemacht worden. Da der weitaus überwiegende Teil der Frist in die Geltung der neuen Rechtslage fällt, erscheint eine abweichende tatrichterliche Würdigung somit fernliegend.

Die Bemessung der sogenannten Schonfrist auf drei Jahre nach Rechtskraft der Scheidung (bzw. zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten der neuen Rechtslage) erfüllt demnach im Ergebnis auch die Anforderungen des § 1578 b Abs. 2 BGB, so dass die Befristung jedenfalls nicht zu kurz ausgefallen ist. ..." (BGH, Urteil vom 26.11.2008 - XII ZR 131/07)

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Eine Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts kann regelmäßig nicht allein mit der Erwägung abgelehnt werden, damit entfalle der Einsatzzeitpunkt für einen späteren Anspruch auf Altersunterhalt nach § 1571 Nr. 3 BGB. Die Auswirkungen einer vorübergehenden Unterbrechung der Erwerbstätigkeit auf die künftige Altersversorgung belasten nach Durchführung des Versorgungsausgleichs regelmäßig beide Ehegatten in gleichem Umfang. Ein dadurch entstandener Nachteil ist dann vollständig ausgeglichen (im Anschluss an das Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Urteil vom 25.06.2008 - XII ZR 109/07 zu BGB § 1578 b; BGB a.F. §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2).

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Der objektive Tatbestand des für eine Verwirkung nach § 1579 Nr. 5 BGB sprechenden Härtegrundes kann auch dadurch erfüllt sein, dass der Unterhaltsberechtigte den Verpflichteten nicht ungefragt über einen erheblichen Anstieg des eigenen Einkommens informiert (Fortführung des Senatsurteils vom 29. Januar 1997 - XII ZR 257/95 - FamRZ 1997, 483). Hat der Unterhaltsberechtigte eine vollzeitige Erwerbstätigkeit in dem von ihm erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf aufgenommen, können ehebedingte Nachteile i.S. von § 1578 b BGB nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Der Nachteil in der Versorgungsbilanz ist dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und damit vollständig ausgeglichen (Fortführung des Senatsurteils vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134; BGH, Urteil vom 16.04.2008 - XII ZR 107/06 zu BGB §§ 1578 b, 1579 Nr. 5; BGB a.F. §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2):

„... Mit Erfolg rügt die Revision des Antragsgegners allerdings die Ablehnung der Befristung des nachehelichen Ehegattenunterhalts durch das Berufungsgericht.

a) Schon die im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts geltende Rechtslage sah in § 1573 Abs. 5 BGB a.F. und in § 1578 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB a.F. eine Möglichkeit zur zeitlichen Begrenzung des Aufstockungsunterhalts vor, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig war. Bei der Subsumtion unter diese Ausnahmetatbestände hat der Senat in seiner neueren Rechtsprechung nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer, sondern darauf abgestellt, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründen könnte, als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen kann. Schon nach dieser früheren Rechtslage bot der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB a. F. deswegen keine - von ehebedingten Nachteilen unabhängige - Lebensstandardgarantie i.S. einer fortwirkenden Mitverantwortung. War die nacheheliche Einkommensdifferenz nicht auf ehebedingte Nachteile, sondern darauf zurückzuführen, dass beide Ehegatten schon vorehelich infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten, konnte es im Einzelfall dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nach einer Übergangszeit zumutbar sein, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich statt dessen mit dem Lebensstandard zu begnügen, den er auch ohne die Ehe erreicht hätte (Senatsurteil vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134, 135; zur Entwicklung der Rechtsprechung vgl. Dose FamRZ 2007, 1289, 1294 f.).

b) Diese Rechtsprechung ist in die Neuregelung des § 1578 b BGB zum 1. Januar 2008 eingeflossen. Nach § 1578 b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Maßgebend ist deswegen darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt der Entscheidung des Tatrichters ehebedingte Nachteile absehbar sind.

Wie das frühere Recht setzt auch die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts aus Billigkeitsgründen nach § 1578 b BGB nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist. Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung bereits eingetreten oder zuverlässig voraussehbar sind, ist eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung nach § 323 Abs. 2 ZPO vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren auszusprechen (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 799). Ob die für die Begrenzung ausschlaggebenden Umstände allerdings bereits im Ausgangsverfahren zuverlässig vorhersehbar sind, lässt sich nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beantworten (Senatsurteil vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134, 135 f.).

c) Nach diesen rechtlichen Maßstäben hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen eine Befristung des nachehelichen Unterhalts zu Unrecht abgelehnt.

aa) Zwar kommt es entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht darauf an, dass die Antragstellerin ihre Berufstätigkeit schon vor Beginn der Schwangerschaft mit der gemeinsamen Tochter aufgegeben hatte, um die Betreuung ihrer beiden aus einer anderen Beziehung stammenden Kinder sicherzustellen. Denn jedenfalls mit der Geburt des gemeinsamen Kindes war die Antragstellerin auch wegen der Betreuung dieses Kindes an einer Erwerbstätigkeit gehindert. Unterhaltsansprüche gegen den Vater ihrer weiteren Kinder waren nach § 1586 Abs. 1 BGB erloschen. Nach § 1586 a BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung leben solche Ansprüche, die nicht auf § 1570 BGB beruhen, auch nicht wieder auf (vgl. BT-Drucksache 16/1830 S. 22).

bb) Das Berufungsgericht verkennt allerdings, dass es nach der neueren Rechtsprechung des Senats nicht entscheidend auf die Dauer der Ehe und der Kindererziehung, sondern auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile ankommt, wofür die Ehedauer und die zunehmende Verflechtung der gemeinsamen Verhältnisse lediglich Indizien sind.

Hier hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Antragstellerin verpflichtet und in der Lage ist, eine vollschichtige Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf auszuüben. Schon dieser Umstand spricht gegen fortdauernde ehebedingte Nachteile. Soweit das Berufungsgericht darauf abgestellt hat, dass während der Betreuung des gemeinsamen Kindes die Gelegenheit zu Fort- und Weiterbildungen eingeschränkt gewesen sei und deshalb Gehaltseinbußen nicht ausgeschlossen werden könnten, verkennt es die Darlegungs- und Beweislast. Diese trägt für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Beschränkung des nachehelichen Unterhalts führen können, grundsätzlich der Unterhaltsverpflichtete, weil § 1578 b BGB - wie schon die früheren Vorschriften der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB - als Ausnahmetatbestand konzipiert ist. Hat der Unterhaltspflichtige allerdings Tatsachen vorgetragen, die - wie z.B. die Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem vom Unterhaltsberechtigten erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf - einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahe legen, obliegt es dem Unterhaltsberechtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere "Schonfrist" sprechen (Senatsurteil vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134, 136).

Solche Umstände, die trotz der Obliegenheit zur Übernahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit fortdauernde ehebedingte Nachteile begründen könnten, nämlich dass sie infolge ihrer Berufspause an keiner Fortbildung teilnehmen konnte und deswegen heute über ein geringeres Einkommen verfügt, als es ohne die Ehe und Kindererziehung der Fall wäre, hat die Antragstellerin nicht substantiiert vorgetragen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgen diese auch nicht aus den infolge der Kindererziehung und Haushaltstätigkeit nicht unerheblich reduzierten eigenen Rentenanwartschaften. Zwar weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass die Antragstellerin während der Ehezeit lediglich Anwartschaften in Höhe von monatlich 86,76 € erworben hat. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs sind ihr allerdings vom Versicherungskonto des Antragsgegners weitere Anwartschaften in Höhe von 451,27 € übertragen worden. Allein aus der knapp 13-jährigen Ehezeit verfügt die Antragstellerin deswegen über Rentenanwartschaften in Höhe von 538,03 €. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass dieser Anteil der Altersversorgung deutlich unter dem Wert liegt, den die Antragstellerin auf der Grundlage der erzielbaren Einkünfte in ihrem erlernten Beruf als Krankenschwester ohne Ehe und Kindererziehung während derselben Zeit erworben hätte.

Unabhängig von der Höhe der im Versorgungsausgleich übertragenen Anrechte können ehebedingte Nachteile i.S. von § 1578 b BGB regelmäßig nicht mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe und den dadurch bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit der Versorgungsausgleich vollständig durchgeführt worden ist. Der Nachteil in der Versorgungsbilanz ist dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und damit in der Regel vollständig ausgeglichen, was einen zusätzlichen unterhaltsrechtlichen Ausgleich ausschließt.

3. Danach kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben und ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung in Betracht kommenden Gesichtspunkte Aufgabe des Tatrichters ist. Sie kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgeblichen Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 800 m.w.N.). Das Berufungsgericht wird deswegen auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Neuregelung in § 1578 b BGB erneut über die Befristung des Anspruchs der Antragstellerin auf Aufstockungsunterhalt zu befinden haben. ..."

*** (OLG)

Ein Anspruch auf Verlängerung von Betreuungsunterhalt nach § 1570 Abs. 1 und 2 BGB kommt auch bei volljährigen Kindern in Betracht, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung sind kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen. Steht das volljährige Kind wegen einer Behinderung unter gesetzlicher Betreuung und hat die als Betreuerin bestellte Mutter ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht dahin ausgeübt, dass dieses in ihrem Haushalt verbleibt und von ihr versorgt wird, kann der unterhaltspflichtige Vater nicht geltend machen, dass eine Unterbringung des Kindes in einer betreuten Wohngruppe dem Kindeswohl förderlicher sei und die Mutter in die Lage versetzen würde, eine vollschichtige Tätigkeit auszuüben. Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578b BGB kommt nicht in Betracht, weil § 1570 BGB insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält und die kind- und elternbezogenen Umstände des Einzelfalls bereits im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB zu berücksichtigen sind (OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.09.2023 - 6 UF 69/23).

***

Ehebedingte Nachteile (OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.08.2020 - 13 UF 192/19):

„... 3. Nach § 1578 b Abs. 1 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs oder ein unbegrenzter Anspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder ob eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Ein ehebedingter Nachteil des Unterhaltsberechtigten ist nur dann gegeben, wenn er konkret auf Grund der Ehe berufliche Einschränkungen erlitten hat und daher durch eigene Erwerbstätigkeit nicht das Einkommen erzielen kann, dass er ohne Ehe erzielen könnte (BGH, NJW 2012, 309 = FamRZ 2012, 197; NJOZ 2016, 915 Rn. 14, beck-online). Ehebedingte Nachteile in diesem Sinne können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der von den Ehegatten praktizierten Rollenverteilung im Hinblick auf Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe oder der Ehedauer ergeben. Liegen ehebedingte Nachteile vor, steht dieser Umstand einer Begrenzung oder Befristung von Unterhaltsansprüchen grundsätzlich entgegen (BGH FamRZ 2015, 824; OLG Hamm, FamRZ 2017, 1306).

Die Darlegungs- und Beweislast für Umstände, die zu einer Befristung oder Beschränkung des nachehelichen Unterhalts führen können, trägt grundsätzlich der Unterhaltsverpflichtete, weil § 1578b BGB als Ausnahmetatbestand konzipiert ist. Hat der Unterhaltspflichtige allerdings Tatsachen vorgetragen, die - wie z.B. die Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem vom Unterhaltsberechtigten erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf oder die Möglichkeit dazu - einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahe legen, obliegt es dem Unterhaltsberechtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere „Schonfrist" sprechen (BGH, FamRZ 2008, 1325, FamRZ 2008, 134). Das ist allerdings nur dann der Fall, wenn die Einkünfte des Unterhaltsberechtigten aus seiner ausgeübten oder der ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit wenigstens die Einkünfte aus einer ehebedingt aufgegebenen Erwerbstätigkeit erreichen. Nur dann trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass gleichwohl ehebedingte Nachteile vorliegen, etwa weil mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehezeit Einbußen im beruflichen Fortkommen verbunden waren. Bleibt das jetzt erzielte oder erzielbare Einkommen jedoch hinter dem Einkommen aus der früher ausgeübten Tätigkeit zurück, weil eine Wiederaufnahme der früheren Erwerbstätigkeit nach längerer Unterbrechung nicht mehr möglich ist, bleibt es insoweit bei einem ehebedingten Nachteil, den der Unterhaltsschuldner widerlegen muss (BGH, NJW 2009, 3783).

Gemessen an diesen Grundsätzen lassen sich den Darlegungen der Antragsgegnerin keine ehebedingten Nachteile entnehmen. Der Antragsteller hat vorgetragen, dass die Antragsgegnerin wieder in ihrem erlernten Beruf zu einer üblichen Vergütung beschäftigt ist und noch mit einem höheren Arbeitskraftanteil beschäftigt sein könnte. Dass die Antragsgegnerin ohne die familienbedingte Erwerbseinschränkung eine leitende Position erreicht hätte, hat er bestritten.

Die Antragsgegnerin hat dem im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast (vgl. Wendl/Dose, a. a. O., § 4 Rn. 1093 f.) nichts von Substanz entgegengehalten. Dass mit der ca. anderthalb Jahre währenden Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit während der Ehezeit Einbußen in ihrem beruflichen Fortkommen verbunden waren, hat sie nicht substantiiert vorgetragen. Der Unterhaltsberechtigte, der sich auf ehebedingte Nachteile beruft, muss substantiiert den Vortrag des fehlenden ehebedingten Nachteils bestreiten und konkret darlegen, dass und welchen ehebedingten Nachteil er erlitten hat. Dazu gehört regelmäßig der Vortrag der hypothetischen beruflichen Entwicklung ohne die Ehe mit der praktizierten Rollenverteilung. Ausgangspunkt und Maßstab der Prüfung ist regelmäßig die berufliche Ausbildung bzw. die erlernten beruflichen Fähigkeiten im Zeitpunkt der Eheschließung. Mangels abweichenden Vortrags des Berechtigten ist ein Normalverlauf des Berufslebens ohne besondere berufliche Entwicklungen zugrunde zu legen. Arbeitet der Berechtigte wieder in seinem erlernten Beruf zur üblichen Bezahlung, will er aber einen hypothetischen beruflichen Aufstieg geltend machen, hat er konkret die Umstände darzulegen, aus denen sich die verpassten Aufstiegsmöglichkeiten ergeben sollen. Dabei hat er insbesondere seine Fähigkeiten, besonderen Talente und Neigungen, auch seine Bereitschaft zum Erwerb von Zusatzqualifikationen bzw. Fortbildungsbereitschaft darzulegen, seine berufliche Entwicklung vor der Ehe, die Aufschluss über seine Leistungsbereitschaft und gegebenenfalls frühe Erfolge geben kann, die er ohne die Ehe bei durchgehender Beschäftigung erworben hätte (BGH FamRZ 2011, 1377). Er muss darlegen, welche Karriereschritte dadurch wahrscheinlich gewesen wären (BGH FamRZ 2010, 2059), sowie die Umstände, derentwegen solche berufliche Weiterentwicklung in der Ehe nicht möglich war (BGH FamRZ 2008,1325). Führt der Vortrag dazu, dass die behauptete Entwicklung nur als möglich anzusehen ist, hat der Berechtigte seine Darlegungslast nicht erfüllt (BGH FamRZ 2010, 875).

So aber liegt der Fall hier. Mehr als die bloße Möglichkeit des Aufstiegs in eine leitende Position hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt. Die Antragsgegnerin beruft sich auf einen Aufstieg in "eine leitende Position", die ihr "ein deutlich höheres Einkommen" ermöglicht hätte, was sich zumindest "aus anderen vergleichbaren Laufbahnen ableiten" (Bl. 41 UE) lasse. Vor der Geburt ihres Kindes ist sie als medizinisch-technische Assistentin mit einer Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich im Institut für Pathologie beim W... in B... angestellt gewesen. Seit Ende der Erziehungszeit arbeitet sie wöchentlich 30 Stunden. Sie hat vorgetragen, dass sie im Zuge der während ihres Erziehungsurlaubs vollzogenen Umstrukturierung ihres Labors "vermutlich in diese Position" der stellvertretenden Laborleiterin eingerückt wäre (Bl. 52 UE). Ohne Erziehungsurlaub wäre sie als langjährig erfahrene Mitarbeiterin mit Zusatzqualifikation in der Histologie und Histopathologie zum Zuge gekommen. Mit diesem Aufstieg wären sowohl die Ausweitung ihrer Arbeitszeit auf 40 Stunden pro Woche als auch eine Gehaltsverbesserung verbunden gewesen. So aber sei eine andere Mitarbeiterin für diese Position eingestellt worden.

Der Antragsteller hat dies bestritten (Bl. 58 UE). Die Antragsgegnerin sei im Zeitpunkt der Aufgabe ihrer Tätigkeit infolge einer Rückstufung nicht mehr als stellvertretende Laborleiterin tätig gewesen. Auch ohne Erziehungsurlaub wäre sie nicht in eine höhere berufliche Position aufgerückt und hätte auch kein entsprechend höheres Einkommen erzielt.

Trotz Hinweises des Antragstellers (Schriftsatz vom 14. August 2019, Bl. 104 UE) hat die Antragsgegnerin weder das Anforderungsprofil für die konkrete Stelle als Laborleiterin, für die sie meint, im Falle ihrer Berufstätigkeit die aussichtsreichste Kandidatin gewesen zu sein, dargelegt, noch dass ihre Qualifikation diesem Profil entsprochen hätte. Zudem fehlen Darlegungen dazu, welche Qualifikation sie derjenigen Person, die für die Stelle als Laborleiterin eingestellt worden ist, vorausgehabt haben will. Soweit sie sich auf Berufserfahrung beruft, legt sie nicht dar, dass die Stelle durch eine Kollegin besetzt werden sei, die über geringere Erfahrung verfügt hat. Soweit sie überdies mitteilt, der Aufstieg in die Position der Laborleiterin wäre mit einer Aufstockung der Arbeitszeit auf wöchentlich 40 Stunden einher gegangen, legt sie nicht dar, wie sie dieser Anforderung hätte gerecht werden wollen, da sie sich zugleich darauf beruft, zum Wohle des gemeinsamen Kindes gerade nicht mehr als 30 Stunden arbeiten zu wollen. Mangels substantiierter Darlegung eines ehebedingten Nachteils war dem Beweisangebot der Antragsgegnerin nicht nachzugehen.

Die bei der Befristung und Herabsetzung des Unterhalts anzustellende Billigkeitsabwägung beschränkt sich allerdings nicht auf den Ausgleich ehebedingter Nachteile, sondern hat darüber hinaus die vom Gesetz geforderte nacheheliche Solidarität zu berücksichtigen. Dies gilt auch für den Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Bei der Bestimmung des Maßes der im Einzelfall gebotenen nachehelichen Solidarität sind vor allem die in § 1578b BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (BGH FamRZ 2011,713). Dies führt im Ergebnis zu der in der Beschlussformel ausgesprochenen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs.

Wesentliche Aspekte im Rahmen der Billigkeitsabwägung sind neben der Dauer der Ehe insbesondere die in der Ehe gelebte Rollenverteilung wie auch die vom Unterhaltsberechtigten während der Ehe erbrachte Lebensleistung. Zudem sind die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten von Bedeutung (vgl. OLG Karlsruhe, BeckRS 2020, 11600 Rn. 86, 87, beck-online).

Im vorliegenden Fall ist zu Gunsten der Antragsgegnerin die Ehedauer bis zur Zustellung des Scheidungsantrages von nahezu neun Jahren zu berücksichtigen, in der die Antragsgegnerin während der 14monatigen Elternzeit das gemeinsame Kind betreut hat.

Zu Gunsten des Antragstellers ist zu berücksichtigen, dass durch die Rollenverteilung in der Ehe keine erhebliche wirtschaftliche Verflechtung zwischen den Ehegatten eingetreten sind. Die Antragsgegnerin ist vielmehr nachehelich in der Lage, an ihren vorehelichen Lebensstandard anzuknüpfen. Bei dieser Sachlage gebietet die nacheheliche Solidarität lediglich eine zeitlich begrenzte Sicherstellung eines an den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen Unterhalts. Es erscheint nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalles daher billig, den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin bis Ende Mai 2021 zu begrenzen, da das Band der nachehelichen Solidarität mit zunehmender Distanz zur Ehe eine immer weniger tragfähige Grundlage für den Unterhaltsanspruch bietet (vgl. OLG Karlsruhe, a. a. O.) ..."

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Herabsetzung und Befristung des Aufstockungsunterhalts (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.06.2020 - 20 UF 83/19).

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„... Die zulässigen selbständigen Beschwerden beider Beteiligten haben jeweils in der Sache teilweise Erfolg und führen zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

1. Vorliegend ist der der Antragsgegnerin gemäß § 1572 BGB und gemäß § 1573 Abs. 2 BGB zustehende Unterhalt nicht nach einer Quote, sondern aufgrund einer konkreten Bedarfsberechnung zu ermitteln.

Gemäß Ziffer 15.3 HLL ist bei besonders günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen eine konkrete Bedarfsberechnung vorzunehmen. Hierbei sind die Einkünfte des Berechtigten ohne Erwerbsbonus auf den Bedarf anzurechnen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist eine konkrete Bedarfsberechnung im Einzelfall deshalb durchzuführen, weil bei einem überdurchschnittlich hohen Einkommen die Vermutung nahe liegt, dass dieses nicht mehr in vollem Umfange zur Bedarfsdeckung eingesetzt, sondern auch zu einem erheblichen Teil der Vermögensbildung zugeführt wird. Eine Unterhaltszumessung nach Quote würde in diesen Fällen zu einem den Lebensbedarf übersteigenden Unterhalt führen (BGH FamRZ 2010, 1637). Zwar trägt die Antragsgegnerin eine (erhebliche) Vermögensbildung nicht vor. Sie behauptet vielmehr, dass das gesamte zur Verfügung stehende Geld ausgegeben wurde. Dem ist der Antragsteller allerdings entgegengetreten. Zudem ist unstreitig, dass die Beteiligten im Zuge des Immobilienverkaufs einen erheblichen Gewinn erzielt haben (128.000 EUR). Zumindest dies ist eine nicht unerhebliche Vermögensbildung, sodass der tragende Grund für eine konkrete Bedarfsbemessung bejaht werden kann.

Der BGH ist in der angegebenen Entscheidung davon ausgegangen, dass bei einem Einkommen von jenseits des Höchstsatzes der Düsseldorfer Tabelle eine konkrete Bedarfsberechnung aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist (vgl. auch Wendl/Dose-Siebert, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl., § 4 Rn. 766 zu den anderen Auffassungen, ab wann eine konkrete Bedarfsberechnung angezeigt ist).

Die besonders günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse (d.h. ein bereinigtes beiderseitiges Einkommen von mehr als 5.100 EUR), können auch durchgängig, d.h. nicht erst ab 2011, sondern auch bis zu der Beförderung des Antragstellers zum Piloten bejaht werden. Im Jahr 2010 (vgl. nachfolgende Exceltabelle) verdiente der Antragsteller monatsdurchschnittlich 7.193,04 EUR netto. Auf Seiten des Antragstellers sind auch die Spesen und ggfls. die kostenlose Verpflegung zu berücksichtigen. Wenn die Abzugspositionen und der Kindesunterhalt nach der höchsten Einkommensstufe abgezogen werden, verbleibt noch ein Einkommen von 5.531,44 EUR. Wenn dann noch die nicht konkret vorgetragenen Hausbelastungen (vgl. z.B. Bl. 215 d.A.) i.H. von 600 EUR abgezogen werden, läge man zwar rechnerisch unter 5.100 EUR. Allerdings ist bei der Antragsgegnerin beim unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen ein Wohnwert in zumindest dieser Höhe anzurechnen. Auch das erzielte Erwerbseinkommen der Antragsgegnerin ist zu berücksichtigen, so dass es bei der konkreten Bedarfsberechnung verbleibt.

... Abbildung

Für die Zeit ab 2011, also insbesondere auch für den Unterhaltszeitraum ab 03.05.2014, gelten diese Erwägungen angesichts des gestiegenen Einkommens des Antragstellers erst recht.

Das Amtsgericht hat in der Sitzung vom 28.11.2013 bereits darauf hingewiesen, dass eine konkrete Bedarfsberechnung vorzunehmen sein dürfte, was von den Beteiligten danach, so auch im Beschwerdeverfahren, letztlich nicht mehr in Abrede gestellt wird.

2. Die Antragsgegnerin hat ihren konkreten Bedarf für den hier unterhaltsrechtlich relevanten Zeitraum nur in Höhe von 2.104,12 EUR (bis Mai 2015), 2.254,12 EUR (bis Oktober 2015) und von 2.354,12 EUR (ab November 2015) schlüssig dargelegt, wobei der Senat davon absieht, die Entwicklung des ständig wechselnden Vortrages der Antragsgegnerin im Verlauf des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens im Einzelnen darzustellen.

Die Antragsgegnerin hat sich letztlich, nachdem der Senat bereits im Termin vom 22.09.2014 auf die weitgehende Unschlüssigkeit der Berechnung in der Beschwerdebegründung hingewiesen hat, weiterhin auf die Darlegungen in der Beschwerdebegründung bezogen und diese als nach ihrer Ansicht hinreichend bezeichnet, so dass der Senat seine Feststellungen und Schätzungen grundsätzlich auf diese Darlegungen stützt.

Bei der (deutlich geringeren) Bewertung der Einzelpositionen, wie sie der Senat vorgenommen hat, kann allerdings nicht unberücksichtigt bleiben, dass der von der Antragsgegnerin ermittelte Gesamtbedarf von (rechnerisch richtig) 6.375,75 EUR, der sich an den tatsächlichen ehelichen Lebensverhältnissen während des Zusammenlebens der Beteiligten zu orientieren hat, in der vorgetragenen Höhe schon deshalb nicht richtig sein kann, weil der vierköpfigen Familie keinesfalls Gesamteinkünfte zur Verfügung standen, die der Antragsgegnerin allein einen solchen Lebensstandard auch nur annähernd erlaubt hätten. Dabei verkennt der Senat nicht, dass es einzelne Positionen gibt - hierzu mag insbesondere der Bedarf für Wohnen, Urlaub und PKW gehören -, welche infolge der Trennung für die Antragsgegnerin einen höheren finanziellen Aufwand erfordern, als es ihrem persönlichen Anteil im Rahmen der Familienunterhalts entsprochen hätte. Für den Großteil der Positionen, die (nur) die ganz persönlichen Bedürfnisse der Antragsgegnerin betreffen, gilt dies indessen nicht. Jedoch kann aus dem Umstand, dass sich vor diesem Hintergrund jedenfalls die Gesamtrechnung der Antragsgegnerin als bei weitem überhöht erweist - angesichts des oben dargestellten Einkommens des Antragstellers für die Jahre 2011 und 2012 kommt bei dem von der Antragsgegnerin errechneten Bedarf eine Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes in Betracht -, letztlich noch nicht gefolgert werden, dass damit schon der gesamte konkrete Bedarf nicht schlüssig dargelegt worden ist. Vielmehr ist eine Einzelbetrachtung zu den jeweiligen Position erforderlich; eine Schätzung gemäß § 287 ZPO kommt dabei umso eher in Betracht, als die Bedarfsposition als existenziell notwendig anzusehen ist.

Bei der Darstellung der einzelnen Bedarfsbereiche bzw. Bedarfspositionen folgt der Senat der Gliederung in der Beschwerdebegründung, wobei hinsichtlich der einzelnen Positionen das Nachfolgende gilt:

a) Essen und Trinken

Die Antragsgegnerin gibt hier einen monatlichen Gesamtbedarf i.H.v. 560 EUR an, wobei dieser Betrag auf diverse Einzelpositionen verteilt wird (vgl. obige Tabelle).

Dieser Betrag erscheint bei weitem übersetzt, zumal auch jeglicher Nachweis dafür fehlt, dass während des ehelichen Zusammenlebens von ihr als Einzelperson Lebensmittel und Getränke in einem solchen erheblichen Umfang tatsächlich verzehrt worden sind. Dies hat aber - wie ausgeführt - nicht zur Folge, dass der konkrete Bedarf bei der vorliegenden existenziell notwendigen Position auf Null gesetzt wird. Der Senat sieht es daher als sachgerecht an, den Bedarf für Lebensmittel und Kleidung, wie vom Antragsteller zugestanden, gemäß § 287 ZPO auf einen Gesamtbetrag von 500 EUR zu schätzen. Hierin sind auch Bedarfsgegenstände für den Haushalt enthalten.

b) Kleidung, Schuhe, Schmuck etc.

Hier legt die Antragsgegnerin einen Gesamtbetrag von 660 EUR monatlich (zu den einzelnen Unterpositionen vgl. obige Tabelle) zu Grunde. Bei der Schlüssigkeitsprüfung fällt insoweit auf, dass die Antragsgegnerin beispielsweise bei der Position Oberbekleidung, die immerhin 350 EUR monatlich ausmacht, eine Vielzahl von Kleidungsstücken und Marken aufführt, aber nicht - auch nicht etwa exemplarisch für einen gewissen Zeitraum - mit konkreten Beträgen für bestimmte Kleidungsstücke rechnet. Das Vorbringen ist derartig pauschal, dass noch nicht einmal ein Sachverständigengutachten dazu eingeholt werden könnte, welche Durchschnittsaufwendungen pro Monat anfallen. Abgesehen davon hat der Antragsteller die dargelegten Aufwendungen bestritten, so dass die Antragsgegnerin gehalten gewesen wäre, zumindest einen gewissen Nachweis zu erbringen. Die Vorlage jeglicher Kassenbelege fehlt. Denkbar wäre es auch gewesen - da Kleidungsstücke vielfach mit Giro-Karte bezahlt werden -, Kontoauszüge für einen bestimmten Zeitraum vorzulegen.

Was die Ausführungen zu Schmuck, Uhren und Brille anbelangt, hätte es sich hier besonders angeboten, Belege aus den vergangenen Jahren vorzulegen, zumal kaum anzunehmen ist, dass solche - auch im Hinblick auf laufende Garantiefristen - restlos vernichtet worden sein könnten.

Da man diese Position ebenfalls in einem bestimmten Maße als existenziell notwendig anzusehen haben wird, erscheint es nicht gerechtfertigt, sie ganz auf null zu setzen. Wie bereits unter Buchstabe a) ausgeführt, hat der Senat sie entsprechend dem Zugeständnis des Antragstellers zusammen mit der Position Essen und Trinken einschließlich Bedarfsgegenstände für den Haushalt auf insgesamt 500 EUR monatlich geschätzt.

c) Körperpflege

Hier legt die Antragsgegnerin einen Monatsbetrag von 465 EUR (Unterpositionen siehe obige Tabelle) zu Grunde. Einzelne Darlegungen bzw. Nachweise mit Ausnahme desjenigen für das Kosmetikstudio fehlen gänzlich, so dass weitgehend eine ausreichende Grundlage für eine Schätzung nicht besteht. Es ist daher gerechtfertigt, diese Position gänzlich unbeachtet zu lassen, zumal in der Position Lebensmittel und Bedarfsgegenstände schon gewisse einfache Körperpflegeprodukte enthalten sind.

d) Wohnkosten

Für Miete, Nebenkosten, Treppenhausreinigung und Strom legt die Antragsgegnerin einen Gesamtbetrag von 1.061 EUR zu Grunde. Da die Wohnkosten existenziell notwendig sind, hat der Senat diese ungeachtet der fehlenden Vorlage einzelner Belege geschätzt. Im Rahmen der zuzubilligenden Kaltmiete ist der Senat hierbei davon ausgegangen, dass der Antragsgegnerin bei einer vorherigen Wohnungsgröße für die Familienwohnung von ca. 200 m² nunmehr als Einzelperson eine Wohnungsgröße von 80 m² zuzubilligen ist. Im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin vorgetragene ortsübliche Kaltmiete sowie die vom Antragsteller vorgelegten Wohnungsanzeigen hat der Senat eine monatliche Kaltmiete von 600 EUR berücksichtigt.

Für die Nebenkosten hat die Antragsgegnerin lediglich eine Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2012 vorgelegt, die sich über ca. 220 EUR monatlich verhält. Wenn man in Rechnung stellt, dass zu diesem Zeitpunkt die gemeinsamen Kinder der Beteiligten noch im Haushalt der Antragsgegnerin lebten und sie einen Anspruch auf eine Wohnung von max. 80 m² hätte, ist es sachgerecht, diesen Betrag im Wege der Schätzung um die Hälfte zu kürzen, also auf 110 EUR monatlich.

Die Stromkosten hat der Senat entsprechend dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Beleg auf 90 EUR monatlich geschätzt. Ferner ist eine Prämie zur Hausratversicherung i.H.v. 12 EUR monatlich gerechtfertigt.

Die für eine Haushaltshilfe angesetzten 165 EUR monatlich sind nicht berücksichtigungsfähig. Auch insoweit fehlt jeder Nachweis. Zudem ist nicht dargelegt, warum die Antragsgegnerin neben einer halbschichtigen Erwerbstätigkeit und fehlender Kinderbetreuung ihren Haushalt nicht selbst führen kann. Es ist zwar immer zu beachten, dass es allein auf die Eheprägung ankommt, wobei aber auch zu berücksichtigen ist, inwieweit sich die Wohn- und Lebensverhältnisse seit dem ehelichen Zusammenleben verändert haben.

Die Positionen Verbrauchsmaterial Haushalt und Kosten für Mangelwäsche sind ohne jegliche weitere Substantiierung und ohne jeglichen Nachweis nicht ansatzfähig, insbesondere, wenn für Lebensmittel und Bedarfsgegenstände bereits ein gewisser Betrag zugrundegelegt worden ist.

Die Positionen Zeitungen und Zeitschriften sind ohne jeglichen Nachweis in der geforderten Höhe nicht gerechtfertigt. Wenn der Antragsteller als Pilot eine Fülle von Zeitungen und Zeitschriften kostenlos mit nach Hause bringen konnte, wäre dies kaum nachhaltig eheprägend gewesen, zumal schwer vorstellbar ist, dass die Antragsgegnerin diese neben Haushaltsführung, Erwerbstätigkeit und Freizeitaktivitäten tatsächlich (neben den Büchern) gelesen hat. Der Senat hält es daher für richtig, lediglich für den Bezug einer örtlichen Tageszeitung einen Betrag i.H.v. 27 EUR in die Bedarfsberechnung einzustellen.

Für Internet, Telefon und Fernsehen setzt die Antragsgegnerin einen Gesamtbetrag von monatlich 150 EUR an. Dies erscheint ohne weitere Einzelaufstellung und ohne jeglichen Nachweis in Anbetracht der heutigen preiswerten Flatrates deutlich überhöht. Insoweit hält der Senat einen monatlichen Betrag i.H.v. 50 EUR für sachgerecht (einschließlich GEZ).

Die weiteren von der Antragsgegnerin geltend gemachten Positionen im Bereich Wohnkosten sind ohne jede weitere Einzelaufschlüsselung und ohne jeglichen Nachweis nicht ansetzbar.

e) Kultur

Für die Positionen Kultur und Teilnahme am sozialen Leben hat die Antragsgegnerin einen monatlichen Betrag von ca. 346 EUR in ihre Berechnung eingestellt (Unterpositionen siehe obige Tabelle).

Auch hier gilt, dass keine substantiierte Aufschlüsselung erfolgt und keinerlei Beleg der Antragsgegnerin vorgelegt worden ist.

In der Bedarfsberechnung ist seitens des Senats daher lediglich ein monatlicher Betrag von 13 EUR für Bücher angesetzt worden, wobei berücksichtigt worden ist, dass die Antragsgegnerin gegenüber dem Sachverständigen Lesen als Hobby angegeben hat. Zudem mag der Pauschalbetrag zu nachfolgend f) auch gewisse kulturelle Bedürfnisse abdecken.

f) Sport und Freizeit

Bei weitem übersetzt und in keiner Weise nachgewiesen ist auch die Position Sport und Freizeit (einschließlich Ausrüstung) mit 466,40 EUR im Monat (Unterpositionen siehe obige Tabelle). Da die Antragsgegnerin selber angegeben hat, neben dem gelegentlichen Joggen keinen Sport zu betreiben, andererseits ein gewisser Bedarf für sportliche Aktivitäten und sonstige Freizeit als notwendig anzusehen ist, hat der Senat diesen Bereich entsprechend dem Zugeständnis des Antragstellers mit einem Betrag von 150 EUR monatlich geschätzt.

g) Urlaub

Für den Bereich Urlaub hat die Antragsgegnerin einen Gesamtbedarf von 850 EUR monatlich (Haupturlaube 700 EUR und Städtereisen 150 EUR) behauptet.

Auch die diesbezüglichen Darlegungen sind nicht hinreichend schlüssig. Für die Schlüssigkeit wäre zu erwarten gewesen, dass die Antragsgegnerin die Urlaubsgestaltung exemplarisch für einen bestimmten Zeitraum des ehelichen Zusammenlebens darstellt und insbesondere auch die während der Zeit des ehelichen Zusammenlebens tatsächlich entstandenen Kosten, jedenfalls der ungefähren Größenordnung nach, vorträgt. Zudem ist es nicht gerechtfertigt, anzunehmen, dass der Umfang und die Ausgestaltung der Urlaube die Ehe in der Weise nachhaltig geprägt haben, dass sie ungeachtet der dafür aufzuwendenden Kosten auch künftig so durchgeführt werden sollten. Die Gesamtumstände sprechen eher dafür, dass die Beteiligten die Urlaube nur deshalb so verbracht haben, weil sie die Leistungen verbilligt in Anspruch nehmen konnten. Es besteht insoweit eine Vergleichbarkeit mit einer Fallkonstellation, bei der während der Ehe tatsächlich die Möglichkeit besteht, kostenlos mehrere Monate des Jahres in einem Ferienhaus zu verbringen; dann wird man aber kaum einen mehrmonatigen Urlaub in einem (nunmehr für einen solchen Zeitraum anzumietenden) Ferienhaus als eheprägend ansehen können. Maßgeblich für die eheprägenden Urlaube sind deshalb hier die tatsächlich entstandenen - allerdings auf die heutigen Verhältnisse fortzuschreibenden - Kosten, für die es aber an einer hinreichenden Darlegung der Antragsgegnerin fehlt.

Zu beachten ist allerdings, dass der Antragsteller eine Position i.H.v. 150 EUR monatlich für Urlaube und Kurzreisen zugestanden hat. Diese Position ist der Antragsgegnerin daher zuzubilligen.

h) PKW

Für ein privates Kraftfahrzeug Marke Golf Variant hat die Antragsgegnerin einen monatlichen Betrag i.H.v. 650 EUR angesetzt.

In diesem Bereich fällt allerdings auf, dass die Antragsgegnerin - trotz ihres angeblich sehr luxuriösen Lebensstils - während des ehelichen Zusammenlebens nur relativ bescheidene Gebrauchtfahrzeuge gefahren hat. Demgegenüber hatte der Antragsteller ein besseres Fahrzeug zur Verfügung, so dass davon auszugehen ist, dass die Eheleute für längere Fahrten jenes Fahrzeug genutzt haben. Vor diesem Hintergrund wird die Antragsgegnerin nach der Trennung für sich allein ein etwas besseres Fahrzeug als das jeweils früher gefahrene benötigen. Ungeachtet dessen fällt dem Senat auch hier jegliche Schätzung schwer, weil die Antragsgegnerin beispielsweise zu dem Umfang und den Kosten von Reparaturen nichts vorgetragen hat. Der Antragsteller gesteht der Antragstellerin für die Position PKW einschließlich Benzin lediglich einen Betrag von 143,14 EUR monatlich zu, was im Hinblick auf die Gesamtkosten, wozu auch Rücklagen für eine Wiederbeschaffung gehören, äußerst wenig ist. Der Senat schätzt daher die Kosten für einen angemessenen Gebrauchtwagen, so wie er bei Fortschreibung eheprägend war, für den Zeitraum ab Rechtskraft der Scheidung bis einschließlich Mai 2015 entsprechend dem im Trennungsunterhaltsverfahrens angesetzten Wert auf 200 EUR monatlich, im Zeitraum von Juni bis Oktober 2015 unter Berücksichtigung des eingeschränkten Umgangs mit den Kindern auf 350 EUR und ab November 2015 unter Berücksichtigung des erweiterten Umganges mit den Kindern auf 450 EUR monatlich.

i) Versicherungen

Die von der Antragsgegnerin im einzelnen (siehe obige Tabelle) dargelegten Versicherungsprämien hat der Senat berücksichtigt, allerdings mit Ausnahme der Unfallversicherung für die Kinder, die keinen Bedarf der Antragsgegnerin darstellt.

f) Sonstiges

Im Bereich Sonstiges hat die Antragsgegnerin einen monatlichen Bedarf von ca. 187 EUR geltend gemacht. Hier konnte der Senat lediglich die schlüssig dargelegten und belegten Beträge für Riester-Rente, Bausparbeiträge und Gewerkschaftsbeitrag berücksichtigen. Im Übrigen fehlt auch hier jede nachvollziehbare Substantiierung bzw. jeder Beleg, auf deren Grundlage der Senat eine Schätzung vornehmen könnte und nicht lediglich zu Spekulationen veranlasst wäre.

Der Gesamtbedarf der Antragsgegnerin errechnet sich daher wie folgt:

... Abbildung

3. Auf den ermittelten konkreten Bedarf ist (nur) das von der Antragsgegnerin tatsächlich erzielte Erwerbseinkommen ohne Abzug des Erwerbstätigenbonus anzurechnen. Denn angesichts ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen kann von der Antragsgegnerin eine weitergehende Erwerbstätigkeit, als von ihr im Unterhaltszeitraum tatsächlich ausgeübt (19 Stunden wöchentlich), nicht erwartet werden. Nach dem Ergebnis des eingeholten arbeitsmedizinischen Gutachtens ist die Antragsgegnerin nicht in der Lage, eine vollschichtige Tätigkeit auszuüben; die ausgeübte Arbeitszeit von 19 Stunden ist gerade noch zumutbar. Konkrete Angriffe dagegen sind seitens des Antragstellers nicht erhoben. Nur der Hinweis, dass der Arbeitsmediziner auch die von der Antragsgegnerin eingereichten Atteste verwendet hat, reicht als hinreichender Angriff nicht aus. Bis zum Wechsel der Kinder in den Haushalt des Antragstellers im August 2013 konnte daher auf Basis des erstinstanzlich eingeholten Gutachtens nur von einer teilschichtigen Tätigkeit ausgegangen werden.

Soweit das erstinstanzlich eingeholte Gutachten ferner zugrunde gelegt hat, dass die Antragsgegnerin auch die Kinder versorgt und damit entsprechend belastet ist, hat sich der Senat dazu veranlasst gesehen, im Beschwerdeverfahren eine erneute gutachtliche Stellungnahme des Sachverständigen Dr. G einzuholen unter Berücksichtigung dessen, dass die Antragsgegnerin seit August 2013 die gemeinsamen Kinder der Beteiligten nicht mehr betreut. Bereits in seinen schriftlichen Ausführungen ist der Sachverständige dabei geblieben, dass die Antragsgegnerin auch ohne die Kinderbetreuung nur in dem von ihr jetzt ausgeübten Umfang arbeiten kann. Der Sachverständige hat dies im Rahmen seiner mündlichen Erläuterungen im Senatstermin nochmals überzeugend damit begründet, dass die bei der Antragsgegnerin vorliegende psychische Erkrankung keine Anpassungsstörung an akute Ereignisse sei, sondern sehr tiefgehend in ihre Persönlichkeitsstruktur hineinreiche. Wenn bei der Antragsgegnerin jeweils ein bisschen Belastung zu der jetzt tatsächlich vorliegenden Belastung hinzukomme, sei das von ihr nicht mehr zu kompensieren. Die Reserven bei ihr seien nicht allzu groß. Aufgrund dieser gut nachvollziehbaren Beurteilungen des gerichtlichen Sachverständigen ist der Senat davon überzeugt, dass die Antragsgegnerin aus gesundheitlichen Gründen in keinem größeren Umfang einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann, als sie dies derzeit tut, so dass der Antragsgegnerin über das von ihr tatsächlich erzielte Einkommen hinaus keine weiteren Einkünfte fiktiv zuzurechnen sind.

Die Höhe der tatsächlich erzielten Einkünfte ergibt sich aus den von der Antragsgegnerin umfassend vorgelegten Gehaltsabrechnungen. Von den sich hieraus ergebenden Nettoeinkünften waren keine weiteren Abzüge vorzunehmen, weil etwaige ansonsten bei Berechnung des Unterhalts nach Quoten berücksichtigungsfähige Abzugspositionen, wie z.B. Fahrtkosten oder Versicherungsbeiträge, bereits in dem errechneten konkreten Bedarf enthalten sind.

Zur Ermittlung der Kapitaleinkünfte kann bei der Antragsgegnerin ein Betrag von 36.000 EUR als Kapital eingestellt werden. Sie hat mit den im Oktober 2011 erhaltenen 64.000 EUR aus dem Hausverkauf einen PKW gekauft (2.500 EUR), ein überzogenes Konto ausgeglichen (3.000 EUR) und Verbindlichkeiten von 8.199 EUR getilgt. Ferner hat sie aufgrund der zahlreichen Prozesse, in denen ihr unter Hinweis auf den Erlös Verfahrenskostenhilfe verweigert wurde, erhebliche Kosten getragen. Die 36.000 EUR hat sie an ihre Eltern weitergegeben, die damit ihr die Wohnung vergünstigt zur Verfügung stellten, die sie zur Zeit bewohnt. Der Ansatz des Familiengerichts von 1,5 % Verzinsung ab Oktober 2011 ist angemessen. Warum hierauf Kapitalertragsteuer anfallen soll, wie dies die Antragsgegnerin in der Beschwerde behauptet, ist nicht nachzuvollziehen, da der Kapitalertrag unterhalb des steuerlichen Freibetrags liegt. Damit beläuft sich der monatsanteilige Kapitalertrag auf 45 EUR.

Das so zu berücksichtigende Einkommen der Antragsgegnerin ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle.

... Abbildung

4. Der der Antragsgegnerin zuzusprechende Unterhalt, bestehend aus Elementarunterhalt und Altersvorsorgeunterhalt, ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle.

Der Altersvorsorgeunterhalt ist hierbei einstufig auf Basis des Elementarunterhalts nach der Bremer Tabelle berechnet worden. Im Rahmen dieser Berechnung waren allerdings vorab vom Elementarunterhalt die tatsächlich von der Antragsgegnerin geleisteten Vorsorgebeiträge in einer Gesamthöhe von 146 EUR monatlich abzuziehen, da diese bereits in der konkreten Bedarfsermittlung enthalten sind und daher nicht außerdem Grundlage für die Ermittlung des Altersvorsorgeunterhalts sein können.

... Abbildung

5. Die Unterhaltsansprüche der Antragsgegnerin sind entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers nicht verwirkt. Verwirkungsgründe gemäß § 1579 BGB liegen nicht vor. Im vorliegenden Fall kämen einzig die Verwirkungsgründe des § 1579 Nr. 3 BGB sowie des § 1579 Nr. 7 BGB in Betracht.

Zutreffend verweist der Antragsteller zwar darauf, dass die Antragsgegnerin zunächst behauptet hat, der Antragsteller sei gegenüber den Kindern gewalttätig gewesen. Als die Gutachterin in der Sorgerechtssache hierfür keinen Anhaltspunkt fand, äußerte die Antragsgegnerin den Verdacht, der Antragsteller könne sexuell übergriffig gewesen sein. Dies reicht für eine Verwirkung gem. § 1579 Nr. 3 BGB allerdings nicht aus. Es wurden von der Antragsgegnerin auch im Sorgerechtsverfahren keine massiven körperlichen Übergriffe geäußert. Hinsichtlich des sexuellen Missbrauchs wurde aufgrund bestimmter Verhaltensweisen des Kindes nur der leichte Verdacht geäußert. Dies reicht für ein schweres vorsätzliches Vergehen i.S. von § 1579 Nr. 3 BGB nicht aus. Auch § 1579 Nr. 7 BGB (ein schwerwiegendes Fehlverhalten gegenüber dem Verpflichteten) liegt nicht vor.

In der vom Antragsteller zitierte Entscheidung des hiesigen 2. Familiensenats (2 UF 105/13; veröffentlicht z.B. in NZFam 2014, 223) ging es um langjährig wiederholt erhobene Missbrauchsvorwürfe, die ein jeder für sich objektiv geeignet waren, den Unterhaltspflichtigen in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und sein Leben gravierend zu beeinträchtigen bis hin zur Zerstörung seiner familiären, sozialen und wirtschaftlichen Existenz.

Im Hinblick auf die überhöhte Bedarfsdarstellung der Antragsgegnerin kann schon ein versuchter Verfahrensbetrug gemäß § 263 StGB - wie es für § 1579 Nr. 3 BGB erforderlich wäre - nicht festgestellt werden. Denn ein solcher setzt voraus, dass bestimmter Tatsachenvortrag der Antragsgegnerin zu einzelnen Bedarfspositionen sich als unzutreffend erwiesen hat; letzteres lässt sich aber nicht schon daraus herleiten, dass sie insgesamt einen überhöhten konkreten Bedarf geltend macht. Zudem ist zu beachten, dass § 1579 Nr. 3 BGB nur dann einschlägig sein kann, wenn sich das Verhalten des Berechtigten, der vom Pflichtigen nacheheliche Solidarität fordert, ohne ihr selbst zu genügen, als besonders unredlich darstellt, in- dem es darauf abzielt, durch Täuschung eine nicht oder nicht in diesem Umfang zustehende Leistung vom Unterhaltsschuldner zu erlangen (Palandt-Brudermüller, BGB, 75. Aufl., § 1579 Rn. 16 m.w.N.). Der Hauptanwendungsfall ist das Verschweigen von Einkünften trotz gezielter Nachfrage (vgl. z.B. OLG Düsseldorf v. 07.07.2010 - 8 UF 14/14 - juris). Angesichts dessen, dass die im Gesamtergebnis völlig überzogenen Berechnungen der Antragsgegnerin so offensichtlich unzutreffend sind, dass eine Täuschung kaum möglich ist, könnte es sich insoweit allenfalls um einen untauglichen Betrugsversuch handeln, der von vorneherein nicht geeignet war, beim Amtsgericht oder beim Senat einen Irrtum hervorzurufen. Nach allem sieht der Senat den ohnehin relativ kurz zu befristenden - siehe hierzu sogleich die Ausführungen unter Ziffer 6. - Unterhaltsanspruch als nicht verwirkt an.

6. Der Unterhaltsanspruch war gemäß § 1578b Abs.2 BGB zeitlich auf fünf Jahre ab Rechtskraft der Scheidung zu befristen, wobei der Senat davon abgesehen hat, noch für zwei Tage im Mai 2019 anteiligen Unterhalt zuzusprechen, sondern die Befristung bis zum Ende des Monats April 2019 ausgesprochen hat.

Zur Überzeugung des Senats liegen ehebedingte Nachteile auf Seiten der Antragsgegnerin nicht vor. Die bei der Antragsgegnerin vorliegende psychische Erkrankung selber ist auch nach ihrem eigenen Vortrag (siehe Bl. 1673 d. A.), als schicksalhaft und nicht als ehebedingt anzusehen. Dies entspricht auch den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. G, der überzeugend ausgeführt hat, dass die Erkrankung keine Anpassungsstörung an akute Ereignisse sei, sondern sehr tiefgehend bis in die Persönlichkeitsstruktur der Antragsgegnerin zurückreiche. Die Erkrankung sei Ausdruck der Persönlichkeit und nicht Ausdruck einer akuten Belastungssituation.

Soweit die Antragsgegnerin dargelegt hat, sie hätte ohne die Ehe und Familie ein Fernstudium absolviert, nach dessen erfolgreichem Abschluss sie einkommensmäßig deutlich bessergestellt worden wäre als jetzt, hat der Antragsteller zur Überzeugung des Senats den Beweis erbracht, dass die Antragsgegnerin ein solches Fernstudium unter Berücksichtigung ihrer schon vor der Ehe liegenden psychischen Erkrankung nicht erfolgreich hätte abschließen können. Der gerichtliche Sachverständige Dr. G ist auch nach mehrfacher Nachfrage des Senats bei seiner überzeugenden Beurteilung geblieben, dass die Antragsgegnerin ein Fernstudium zusätzlich zu einer vollschichtigen Tätigkeit nicht geschafft hätte. Der Sachverständige hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass, wie bereits oben ausgeführt, die psychische Erkrankung der Antragsgegnerin keine Anpassungsstörung an akute Ereignisse, sondern ein sehr tiefgehendes, schon vor der Ehe in der Persönlichkeitsstruktur wurzelndes Problem sei. Der Sachverständige hat diesen Befund auf genügend breiter Tatsachengrundlage erhoben, nämlich auf den anamnestischen Erzählungen der Antragsgegnerin, den erhobenen psychotherapeutischen Befunden, der Rücksprache mit den die Antragsgegnerin behandelnden Therapeuten sowie der von ihm selber durchgeführten Testung. Bei diesem Test war für den Sachverständigen auffällig, dass die Antragsgegnerin sehr genau und richtig arbeitete, aber sehr langsam war. Der Sachverständige hat das als eine sehr kontrollierte Arbeitsweise bezeichnet. Eine solche Arbeitsweise sei Ausdruck der Persönlichkeit, nicht ein Ausdruck einer akuten Belastungssituation. Wenn bei der Antragsgegnerin jeweils ein bisschen Belastung dazukomme, sei das von ihr nicht mehr zu kompensieren. Die Reserven seien bei der Antragsgegnerin nicht allzu groß. Deshalb wäre es ihr auch nicht möglich gewesen, berufsbegleitend ein Fernstudium erfolgreich zu absolvieren.

Ob die Antragsgegnerin ein Studium, das Bestandteil der Arbeitszeit gewesen wäre, erfolgreich geschafft hätte, kann dahingestellt bleiben. Unstreitig hat die Antragsgegnerin ein solches Studium bereits vor der Eheschließung nicht mehr betrieben, sondern im August 2003 das berufsbegleitende Fernstudium begonnen, welches sie nach ihren Angaben auch noch während der ersten Monate der Ehezeit betrieben hat. Maßgebend für die hier zu treffende Beurteilung eines ehebedingten Nachteils ist daher das letztgenannte Fernstudium.

Mangels ehebedingten Nachteils waren daher für die vorzunehmende Befristung folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

Die Ehe war mit 7 Jahren und 5 Monate (gerechnet von der Eheschließung am 15.12.2003 bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages am 18.05.2011) von relativ kurzer Dauer. Die Trennungszeit ab 02.02.2010 bis zur Rechtskraft der Scheidung am 03.05.2014 war dagegen relativ lang; innerhalb der Trennungszeit hat der Antragsteller durchgehend Unterhalt gezahlt. Auch bereits vorher gab es zwei zwischenzeitliche Trennungen 2005 und Ende 2009. Die Antragstellerin ist mit jetzt 36 Jahren noch jung und kann aufgrund ihrer eigenen intellektuellen Möglichkeiten selbst im Erwerbsleben Fuß fassen, wenn auch zu berücksichtigen ist, dass sie psychisch belastet und daher nur teilweise erwerbsfähig ist. Gleichwohl ist sie aber nach ihren Angaben in ihrer beruflichen Tätigkeit zu überdurchschnittlichen Leistungen in der Lage, die ihr jedenfalls bei ihrem jetzigen Arbeitgeber besondere Anerkennung in Form von Bonuszahlungen eintragen. Die gemeinsamen Kinder der Beteiligten sind in den Haushalt des Antragstellers gewechselt. Die Antragsgegnerin ist daher nicht durch Kinderbetreuung beeinträchtigt.

Für eine etwas längere Befristung spricht, dass eine reine Hausfrauenehe geführt wurde und dass aufgrund der sehr guten wirtschaftlichen Verhältnisse den Antragsteller maßvolle Unterhaltszahlungen nicht beeinträchtigen.

Insgesamt ist eine Befristung des Unterhalts auf 5 Jahre nach Rechtskraft der Scheidung, wie sie bereits vom Amtsgericht vorgenommen wurde, sachgerecht.

III. Dem von der Antragsgegnerin im Senatstermin vom 21.03.2016 gestellten Antrag auf Einräumung einer Schriftsatzfrist war nicht nachzukommen.

Der Senat hatte bereits mit Beschluss vom 22.09.2014 gemäß § 139 ZPO darauf hingewiesen, dass die in der Beschwerdebegründung im Wege der konkreten Bedarfsberechnung angestellte Unterhaltsberechnung unschlüssig ist. Da die Antragsgegnerin in ihrer Stellungnahme zu diesem Hinweis weiterhin die Auffassung vertreten hat, dass ihre Unterhaltsberechnung hinreichend schlüssig sei, und sie deshalb in der Sache nicht weiter vorgetragen hat, durfte sie nicht erwarten, dass der Senat ihr nach dem Senatstermin vom 21.03.2016 eine erneute Stellungnahmefrist gewähren würde.

Soweit die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen im Senatstermin vom 21.03.2016 zur Frage ihrer Fähigkeit zur erfolgreichen Absolvierung eines berufsbegleitenden Studiums eine ergänzende Stellungnahmefrist begehrt hat, war diesem Antrag deshalb nicht zu entsprechen, weil die Ausführungen des Sachverständigen auch insoweit für die Antragsgegnerin weder neu noch überraschend waren. Sie stellten lediglich eine konsequente Fortführung der Argumentation des Sachverständigen zur Frage der Fähigkeiten der Antragsgegnerin zur Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit dar, die der Sachverständige bereits in seinem schriftlichen Gutachten dargelegt hatte. Insoweit hatte der Sachverständige bereits in dem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass die Antragsgegnerin aufgrund ihrer bereits vor der Ehe bestehenden Persönlichkeitsstruktur nicht in der Lage sei, eine mehr als halbschichtige Tätigkeit auszuüben. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 21.03.2016 - 4 UF 14/14)

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Verpflichtung der Mutter eines fünfjährigen Kindes zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.12.2013 - 1 UF 180/13).

„... Die Antragsgegnerin hat gegen den Antragsteller ab Rechtskraft der Scheidung gemäß §§ 1570, 1578 Abs. 3 BGB einen Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt in Höhe monatlicher insgesamt 1.378 €, davon 372 € Altersvorsorgeunterhalt.

a) Von der Antragsgegnerin ist unter Berücksichtigung der Betreuungsbedürfnisse M's gemäß § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB und aus elternbezogenen Gründen gemäß § 1570 Abs. 2 BGB keine weitergehende als die tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit im Umfang von 25 Wochenstunden zu verlangen.

Nach § 1570 BGB kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen, § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht, § 1570 Abs. 2 BGB. Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen. In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahrs eine kindgerechte Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes und somit nicht mehr auf kindbezogene Verlängerungsgründe im Sinne von § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB berufen. Elternbezogene Gründe sind zu prüfen, soweit nicht schon kindbezogene Gründe einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Betreuung. Ein Anspruch auf Billigkeitsunterhalt unter dem Gesichtspunkt der elternbezogenen Gründe kann sich schließlich auch dann ergeben, wenn und soweit die Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten unter Berücksichtigung des konkreten Betreuungsbedarfs trotz der ganztätigen anderweitigen Betreuung des Kindes noch eingeschränkt ist (BGH, FamRZ 2010, 1050 ff., Tz. 18 ff.). Bei der Prüfung, ob die neben der Erwerbstätigkeit zu leistende Betreuung und Erziehung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führt, ist unter anderem zu berücksichtigen, dass am Morgen oder am späten Nachmittag und Abend regelmäßig weitere Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu erbringen sind, die je nach dem individuellen Betreuungsbedarf des Kindes in unterschiedlichem Umfang anfallen können. Die vom Gesetz angeordnete Billigkeitsabwägung nach § 1570 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB lässt Raum für eine Einbeziehung dieses Umstands unter dem Gesichtspunkt einer gerechten Lastenverteilung zwischen unterhaltsberechtigtem und unterhaltspflichtigem Elternteil im Einzelfall (BGH, FamRZ 2012, 1040 ff., Tz. 24 ff.).

Nach diesem Maßstab ist es aus kind- und elternbezogenen Gründen unbillig, von der Antragsgegnerin eine Erwerbstätigkeit zu verlangen, die über die tatsächlich ausgeübte hinausgeht.

Da M längstens bis um 17 Uhr im Hort bleiben kann, wäre seine Betreuung angesichts des regelmäßigen Arbeitsbeginns der Antragsgegnerin um 10 Uhr im Falle einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit, bei der sie unter Berücksichtigung der Fahrzeiten erst zwischen 19 Uhr und 19.30 Uhr zu Hause sein könnte, für die Dauer von arbeitstäglich zumindest zwei Stunden nicht sichergestellt. Hinzu kommen die nicht zu vernachlässigenden außerplanmäßigen Arbeitseinsätze, zu denen die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 05.12.2012 im Einzelnen vorgetragen hat.

Neben diesen kindbezogenen Gründen ist im Rahmen der Prüfung der elternbezogenen Gründe zu berücksichtigen, dass Kinder in M's Alter auch nach Verlassen der Ganztagseinrichtung noch der Betreuung durch einen Elternteil bedürfen. Um eine gerechte Lastenverteilung zwischen den Beteiligten zu gewährleisten, ist keine Obliegenheit der Antragsgegnerin anzunehmen, während der gesamten durch die Fremdbetreuung des Kindes gewonnenen Zeit einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Vielmehr ist ihr ein gewisser Spielraum für Arztbesuche, Behördengänge, Einkäufe sowie Haushaltsarbeit zu belassen und ihr die Möglichkeit zu eröffnen, sich nach der Heimkehr von der Arbeit persönlich dem Kind zuzuwenden. Dies wäre hier bei einer weitergehenden als der tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit nicht mehr sichergestellt.

b) Die Höhe des geschuldeten Betreuungsunterhalts ergibt sich aus der Differenz des Einkommens der Antragsgegnerin aus Ganztagstätigkeit zu dem tatsächlich unter Beachtung der Erfordernisse der Kindesbetreuung erzielten Einkommen (vgl. BGH, FamRZ 2010, 1050 ff., Tz. 42).

Bei vollzeitiger Erwerbstätigkeit könnte die Antragsgegnerin gemäß ihren nicht bestrittenen Ausführungen im Schriftsatz vom 22.11.2013 Einkünfte von jährlich netto 40.453,05 € = monatlich 3.371,09 € erzielen. Tatsächlich verfügt sie über Einkünfte von jährlich netto 28.385,98 € = monatlich 2.365,50 €, wie sie in dem vorgenannten Schriftsatz unbestritten dargelegt sind.

Die anlässlich der Beendigung des früheren Arbeitsverhältnisses vereinnahmte Abfindung ist nicht anzurechnen.

Eine Abfindung bleibt unterhaltsrechtlich unberücksichtigt, wenn der Ehegatte im Anschluss an das beendete Arbeitsverhältnis eine neue Arbeitsstelle erlangt, die ihm ein der früheren Tätigkeit vergleichbares Einkommen einbringt. Kann der Ehegatte hingegen sein früheres Einkommen nicht mehr erzielen, so ist die Abfindung grundsätzlich zur Aufstockung des verringerten Einkommens einzusetzen (vgl. BGH, FamRZ 2012, 1040 ff., Tz. 37 ff).

Nach der zwischenzeitlichen vollschichtigen Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin ist keine Einkommenseinbuße ersichtlich, die eine Zurechnung der Abfindung unter dem Gesichtspunkt des Lohnersatzes rechtfertigen könnte. Der Einkommensrückgang ab Mai 2012 beruht ausschließlich auf der Kindesbetreuung und stellt sich damit als Nachteil dar, der nicht dem Ausgleichszweck einer Abfindung unterfällt.

Andererseits rechtfertigen die vorgetragenen weiteren Kosten eines Kindermädchens keine Reduzierung der anrechenbaren Einkünfte. Denn insoweit ist nicht ersichtlich, dass auf der Grundlage einer Erwerbstätigkeit im reduzierten Umfang von 25 Wochenstunden statt der zuvor geleisteten 38,5 Wochenstunden regelmäßig in einem so großen Umfang nicht abgedeckte Betreuungszeiten verbleiben sollen, dass hierfür weiterhin die Anstellung eines Kindermädchens erforderlich ist. Insoweit hat die Antragsgegnerin einen über die fünfprozentige Berufsaufwandspauschale hinausgehenden Aufwand nicht hinreichend dargelegt.

Da im Falle einer Vollzeittätigkeit ein erhöhter Aufwand für die private Krankenzusatzversicherung, deren Beiträge sich typischerweise nicht an der Einkommenshöhe orientieren, nicht zu erkennen ist, kann dieser Posten im Rahmen der Bemessung der Einkommensdifferenz unberücksichtigt bleiben.

Danach errechnet sich eine Einkommenseinbuße wegen Kindesbetreuung und damit ein Elementarunterhaltsanspruch in Höhe monatlicher (3.371,09 € - 2.365,50 € = rund) 1.006 €.

c) Der gemäß § 1578 Abs. 3 BGB ebenfalls zu deckende Altersvorsorgebedarf beläuft sich auf monatlich 372 €. Dieser Betrag ist aufzuwenden, um die Antragsgegnerin so zu stellen, als betriebe sie ohne die Erwerbseinschränkungen durch die Kindesbetreuung gesetzliche Altersvorsorge bei einer Vollzeittätigkeit.

Ausgangspunkt dieser Bemessung ist der in Österreich geltende Gesamtbeitragssatz zur Pensionsversicherung von 22,8 % des Bruttoeinkommens bis zu einer Höchstbeitragsgrundlage von monatlich 4.400 € zuzüglich 8.880 € pro Jahr für Sonderzahlungen = insgesamt 62.160 €.

Mit ihrem derzeit erzielten jährlichen Bruttoeinkommen von 42.602 €, wie sich dies aus dem Schriftsatz vom 22.11.2013 ergibt, wird demnach insgesamt ein Beitrag von 9.713,26 € an die Pensionsversicherung abgeführt. Die Höchstbeitragsgrundlage wird nicht erreicht. Bei einem Einkommen aus Vollzeittätigkeit von jährlich brutto 65.000 € könnte unter Beachtung der Höchstbeitragsgrundlage ein Gesamtbeitrag von 14.172,48 € abgeführt werden. Daraus resultiert ein betreuungsbedingt ungedeckter Altersvorsorgebedarf von (14.172,48 € - 9.713,26 € =) 4.459,22 € im Jahr, was einem Monatsbetrag von rund 372 € entspricht.

d) Eine Leistungsunfähigkeit des Antragstellers zur Zahlung dieses Unterhalts gemäß § 1581 BGB kann nicht festgestellt werden. Legt man lediglich seine im Jahr 2013 bezogenen Erwerbseinkünfte ohne Tantiemen zugrunde, so ergibt sich im Ausgangspunkt nach Maßgabe der Gehaltsabrechnung 11/2013 ein Nettoeinkommen nach Steuern und Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung einschließlich der Arbeitgeber-Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe monatlicher 10.533,07 €. Nach Abzug der Aufwendungen für die private Kranken- und Pflegeversicherung von jährlich 5.753,29 € = monatlich 479,44 €, der Höchst-berufsaufwandspauschale von 150 €, der Sparrate auf das Wertpapierdepot von 2.000 €, der Tilgung für die Eigentumswohnung in Höhe von 688 €, des Unterhalts für F und J von je 608 € sowie des Kindesunterhalts für M von 462 € und für M von 421 € verbleibt ein bereinigtes Einkommen von monatlich 5.116,63 €, das eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit zur Zahlung des oben ermittelten Unterhalts der Antragsgegnerin nicht erkennen lässt, so dass es auf die Kapitaleinkünfte des Antragstellers und etwaige Steuererstattungen ebenso wenig ankommt wie auf die Berechtigung der einzelnen Abzugsposten, insbesondere der vorgenannten Sparrate.

4. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß §§ 1573 Abs. 2, 1578 BGB steht der Antragsgegnerin nicht zu, weil eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs über die Rechtskraft der Scheidung hinaus unbillig im Sinne von § 1578 b Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BGB wäre.

Bei dieser Billigkeitsabwägung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Ein solcher ehebedingter Nachteil äußert sich in der Regel darin, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne die Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde. Wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind (BGH, FamRZ 2012, 197 ff.). Wesentliche Aspekte im Rahmen der Billigkeitsabwägung sind neben der Dauer der Ehe insbesondere die in der Ehe gelebte Rollenverteilung wie auch die vom Unterhaltsberechtigten während der Ehe erbrachte Lebensleistung. Ferner sind die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten von Bedeutung, so dass in die Abwägung einzubeziehen ist, wie dringend der Berechtigte neben seinen eigenen Einkünften auf den Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maß der Unterhaltspflichtige durch diese Unterhaltszahlungen belastet wird. Dabei kann auch die lange Dauer von Trennungsunterhaltszahlungen bedeutsam sein. Die Ehedauer gewinnt vor allem durch die wirtschaftliche Verflechtung Gewicht, die insbesondere durch den Verzicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder wegen der Haushaltsführung eingetreten ist. Diese Grundsätze haben durch die am 01.03.2013 in Kraft getretene Neufassung des § 1578 b Abs. 1 BGB keine grundlegenden Änderungen erfahren (BGH, FamRZ 2013, 1291, 1293).

Nach diesem Maßstab ist ein nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessener Anspruch auf nachehelichen Unterhalt als unbillig anzusehen.

a) Ehebedingte Nachteile der Antragsgegnerin, die nicht schon durch den Betreuungsunterhalt ausgeglichen werden, sind nicht festzustellen. Die Antragsgegnerin hat nach der Trennung in ihrem erlernten Beruf vollschichtig gearbeitet und hieraus Einkünfte von jährlich brutto 65.000 € erzielt. Es besteht kein Anhalt dafür, dass sie Einkünfte in dieser Höhe nach Wegfall der Betreuungserfordernisse des Kindes nicht wieder erzielen wird. Höhere Einkünfte vor Heirat und Kindererziehung sind nicht ersichtlich, ergeben sich insbesondere nicht aus dem Versicherungsverlauf in der zum Versorgungsausgleich vorgelegten Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 19.04.2012.

b) Auch unter Berücksichtigung der nachehelichen Solidarität erscheint eine weitergehende Unterhaltspflicht unbillig.

Von maßgeblicher Bedeutung sind hier zunächst die wirtschaftlichen Verhältnisse. Die Antragsgegnerin verfügt mit Einkünften von jährlich netto 28.385,98 € = monatlich 2.365,50 €, wie sie sich aus dem Schriftsatz vom 22.11.2013 ergeben, bereits auf der Grundlage einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden über gehobene Einkünfte. Dies gilt erst recht, wenn man den Elementarbetreuungsunterhalt von monatlich 1.006 € in die Betrachtung einbezieht. Bei diesen Einkommensverhältnissen ist es der Antragsgegnerin ohne weiteres zuzumuten, ihre Bedürfnisse sogleich nach Rechtskraft der Scheidung am angemessenen Lebensbedarf nach ihren eigenen Einkünften unter Ausgleich lediglich der betreuungsbedingten Erwerbsnachteile zu orientieren. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der bereits seit August 2011 erfolgten Trennungsunterhaltszahlungen ist daher in der Gesamtabwägung ein weitergehender Anspruch auf nachehelichen Unterhalt unbillig. ..."

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„... c) Es ist eine Befristung des Aufstockungsunterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin bis zum 31.12.2015 vorzunehmen.

Die Befristung ist nach § 1578 b Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 BGB auszusprechen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Die Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB hängt nach der zum 1.3.2013 in Kraft getretenen Neufassung der Vorschrift insbesondere davon ab, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Ehebedingte Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.

Dass eine Befristung unter Berücksichtigung der nicht sehr langen Ehedauer von rd. 8 ½ Jahre unbillig wäre und hier unter dem Gesichtspunkt einer Verpflichtung der Ehegatten zur nachehelichen Solidarität zu einem zeitlich unbegrenzten Nachaufstockungsunterhaltsanspruch der Antragsgegnerin führen müsste, ist weder dargelegt noch nach den Umständen erkennbar. Es besteht auch keine wirtschaftliche Verflechtung der Beteiligten untereinander mehr.

Entgegen dem Vorbringen der Antragsgegnerin sind für sie auch keine ehebedingten Nachteile eingetreten. Dass die Antragsgegnerin ihre Tätigkeit beim T… in S… im Jahr 2001 aufgegeben und am 15.7.2002 im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit eine Mangelstube in dem Haus des Antragstellers in H… eröffnet hat, ist nicht auf die Ehe der Beteiligten zurückzuführen. Die Ehe ist erst am 15.10.2002 geschlossen worden. Die schon längere Zeit vor der Eheschließung einsetzende Entwicklung war nicht durch die Heirat, sondern durch das bereits seit 1996 währende voreheliche Zusammenleben veranlasst. Das aber wird nicht vom Vertrauen in den Bestand der Ehe umfasst und vermag deshalb keinen ehebedingten Nachteil i.S.v. § 1578 b Abs. 1 BGB zu begründen (vgl. hierzu z. B. BGH, FamRZ 2012, 776; FamRZ 2011, 1377; FamRZ 2010, 1238 und 1971). Da die berufliche Veränderung der Antragsgegnerin sowie ihr Umzug nach H… nicht auf die Ehe oder die Kindererziehung zurückzuführen sind und auch durch die Kindererziehung weder während noch nach der Ehe Nachteile entstanden sind und weitere Umstände (z. B. andere Erwerbsnachteile) von der insoweit darlegungspflichtigen Antragsgegnerin nicht vorgetragen worden sind, lassen sich hier keine (fortwirkenden) ehebedingten Nachteile für die Antragsgegnerin feststellen. Eine zeitliche Begrenzung des Aufstockungsunterhalts ist daher nicht ausgeschlossen und unter Billigkeitsgesichtspunkten auch vorzunehmen.

Im Ergebnis ist lediglich der Einkommensunterschied zwischen den geschiedenen Ehegatten Basis für das auf Dauer gerichtete nacheheliche Unterhaltsbegehren der Antragsgegnerin. Der damit allein auf die nacheheliche Solidarität gestützte Aufstockungsunterhaltsanspruch der Antragsgegnerin zielt auf die Aufrechterhaltung ihres maßgeblich von dem höheren Einkommen des Antragstellers abgeleiteten Lebensstandards. Mit Blick auf die die Antragsgegnerin treffende verstärkte Eigenverantwortung nach der Ehe (§ 1569 BGB) erscheint es hier unter Berücksichtigung der Ehedauer und des Eintritts der Volljährigkeit der gemeinsamen Tochter im Jahr 2015 gerechtfertigt, den Aufstockungsunterhaltsanspruch der Antragsgegnerin bis zum 31.12.2015 zu befristen. Sie hat damit hinreichend Zeit, sich auf die Lebensverhältnisse einzurichten, die ihrem eigenen Erwerbseinkommen entsprechen. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.03.2013 - 10 UF 387/11)

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Grundsätze der Ermessensausübung bei einer Kostenentscheidung in Unterhaltssachen in Fällen der Befristung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs (OLG Stuttgart, Beschluss vom 07.02.2013 - 11 UF 184/12):

„... Nach billigem Ermessen sind die Verfahrenskosten in erster Instanz gegeneinander aufzuheben, während in zweiter Instanz die Antragstellerin 1/3 und der Antragsgegner 2/3 der Kosten zu tragen haben, § 243 FamFG.

Auch nach Erledigung der Hauptsache durch Vergleich richtet sich die gerichtliche Kostenentscheidung ausschließlich nach § 243 FamFG, da die Sondervorschrift des § 98 ZPO in familienrechtlichen Verfahren keine Anwendung findet (BGH FamRZ 2011, 1933). Lediglich der Rechtsgedanke der Vorschrift stellt eines, aber nicht das maßgebliche, von mehreren Abwägungskriterien im Rahmen der Ermessensentscheidung des § 243 FamFG dar (BGH aaO).

In Unterhaltssachen ist gemäß § 243 FamFG abweichend von den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kostenverteilung nach billigem Ermessen zu entscheiden, wobei nach § 243 Nr. 1 FamFG insbesondere das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten einschließlich der Dauer der Unterhaltsverpflichtung zu berücksichtigen ist.

Die von § 92 ZPO abweichende Gesetzesformulierung trägt dem Umstand Rechnung, dass in Unterhaltssachen anders als bei Verfahren über einmalige Leistungen der Dauercharakter der Verpflichtung bei der Streitwertermittlung nur begrenzt berücksichtigt werden kann (BT-Drucks. 16/6308, S. 259). Die Dauer der Unterhaltsverpflichtung hat somit vor allem in den Fällen Bedeutung, in welchen neben der Höhe um den zeitlichen Umfang eines Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB oder 1615l BGB gestritten wird, oder wenn die Beteiligten unterschiedliche Vorstellungen über die Herabsetzung oder Befristung eines Unterhaltsanspruchs nach § 1578b BGB haben (Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl 2012, § 243 FamFG, Rn. 2).

Im zuletzt genannten Fall muss die Befristung oder Herabsetzung kostenrechtlich berücksichtigt werden, wobei im Falle einer Befristung die anzusetzende Quote um so niedriger ist, je länger Unterhalt gezahlt werden muss (Prütting/Helms/Bömelburg, FamFG, 2. Aufl. 2011, § 243, Rn. 16). Wird also ein Unterhaltsanspruch im gegenstandswertrelevanten Zeitraum in vollem Umfang zugesprochen, jedoch dem streitigen Befristungsantrag des Pflichtigen in vollem Umfang entsprochen, kann dies zu einer Kostenquotelung bis hin zur Kostenaufhebung führen (Münchner Kommentar/Dötsch, FamFG, 3. Aufl. 2010, § 243, Rn. 5; Johannsen/Henrich/Maier, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 243 FamFG, Rn. 5). Kommt es zu einer Quotelung unter Einbeziehung von Dauer der Befristung bzw. Umfang der Begrenzung sind als Maßstab der Entscheidung die Vorstellungen der Beteiligten über die Höhe und Dauer der Unterhaltsleistungen heranzuziehen (Keidel/Giers, FamFG, 17. Aufl. 2011, § 243, Rn. 3). In jedem Fall bedarf auch die gerichtliche Ermessensabwägung der Darstellung eines für alle Beteiligten nachvollziehbaren Abwägungsprozesses, um auch die wirtschaftlichen Überlegungen transparent zu gestalten (Johannsen/Henrich/Maier, aaO, § 243 FamFG, Rn 1).

So hat das OLG Schleswig (NJW 2012, 3655) in einem Fall, in welchem die Höhe des Unterhalts nicht mehr im Streit war, das Begehren des Pflichtigen auf Befristung in gleicher Höhe bewertet wie das Begehren der Berechtigten, einen über die Dauer von noch 5 weiteren Jahren hinaus zugesprochenen Unterhalt zu erhalten. Zu Grundsätzen einer Billigkeitsabwägung im Falle einer Begrenzung nach § 1578b Abs. 1 BGB sind Entscheidungen anderer Gerichte - soweit ersichtlich - bislang nicht veröffentlicht.

In dem für die Festsetzung des Gegenstandswertes maßgeblichen Zeitraum von Februar 2011 bis Februar 2012 (1 Monat Rückstand und 12 Monate laufender Unterhalt) obsiegt die Antragstellerin unter Zugrundelegung des abgeschlossenen Vergleichs und der gestellten Verfahrensanträge in erster Instanz zu etwa 66 % und in zweiter Instanz zu etwa 75 %. Der Unterschied resultiert daraus, dass das Familiengericht in seiner Entscheidung den früheren Vergleich zum Nachteil der Antragstellerin abgeändert hat, obwohl dies vom Antragsgegner nicht beantragt worden war und dementsprechend der Unterschiedsbetrag der Vergleichssumme von 557,98 € zum Abänderungsantrag der angefochtenen Entscheidung von 361,00 € wertmäßig nicht erfasst werden kann, da der Verfahrenswert in Familienstreitsachen ausschließlich durch die Verfahrensanträge der Beteiligten bestimmt werden. In zweiter Instanz war die Antragstellerin dagegen durch die Entscheidung des Familiengerichts in vollem Umfang beschwert, so dass insoweit ein höherer Gegenstandswert angefallen ist.

Darüber hinaus war die Dauer der Unterhaltsverpflichtung für die Kostenentscheidung zu berücksichtigen, soweit sie zwischen den Beteiligten im Streit stand.

Der Vergleich des Senats vom 26.11.2009 sah mit Beendigung des Halbteilungsunterhalts eine Befristung des Unterhaltsanspruchs auf den 31.12.2006 vor. Die Antragstellerin erstrebte zusätzlich einen unbefristeten Unterhalt in Höhe von 1.247,61 €, der Antragsgegner eine Aufrechterhaltung der Befristung mit Ablauf des 31.12.2006. Geeinigt haben sich die Beteiligten auf einen Halbteilungsunterhalt bis zum 31.12.2006 und einen weiteren herabgesetzten, jedoch unbefristeten Unterhalt in Höhe von 200,00 €.

Der Senat geht in Übereinstimmung mit den oben zitierten Literaturmeinungen (Münchner Kommentar/Dötsch, FamFG, 3. Aufl. 2010, § 243, Rn. 5; Johannsen/Henrich/Maier, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 243 FamFG, Rn. 5) davon aus, dass für den Fall, dass die Antragstellerin im gegenstandswertrelevanten Zeitraum überwiegend obsiegt hätte, jedoch entsprechend dem Antrag des Antragsgegners eine Befristung ausgesprochen worden wäre, eine Kostenaufhebung in Betracht gekommen wäre. Da jedoch weder der Antragsgegner mit seinem Befristungseinwand Erfolg hatte, noch die Antragstellerin mit ihrer Vorstellung eines unbefristeten Halbteilungsunterhalts durchgedrungen ist, erscheint dieses Ergebnis nicht angemessen. Da andererseits der vereinbarte Unterhalt im Vergleich zur erstrebten Zahlung relativ gering ausfällt, kann das nicht durchgesetzte Interesse nicht in gleicher Höhe gewichtet werden, weshalb der Senat die oben dargestellte rechnerische Haftungsquote der Antragstellerin moderat erhöht.

Der Rechtsgedanke des § 98 ZPO der grundsätzlichen Kostenaufhebung nach Abschluss eines gerichtlichen Vergleiches führt zu keiner abweichenden Beurteilung, nachdem der Vergleichsschluss von den Beteiligten ausdrücklich auf die Hauptsache beschränkt wurde und beide Beteiligte dem Senat eine Kostenentscheidung nach den Grundsätzen des § 243 FamFG angetragen haben. Die Anregung der Kostenaufhebung von Seiten des Antragsgegners wurde von der Antragstellerin nach eingehender Erörterung ausdrücklich abgelehnt. ..."

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„... Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig. Zutreffend hat das Amtsgericht noch in Form eines Urteils nach dem bis 31.08.2009 gültigen Verfahrensrecht entschieden, das vorliegend gemäß Artikel 111 I FGG-RG auch im Rechtsmittelverfahren noch weiter anzuwenden ist (vgl. BGH FamRZ 2010,639, Rn. 7 ff, 11, unter Bezugnahme auf Schwamb, FamRB 2010, 27, 28), weil zur Zeit der Entscheidung des Amtsgerichts kein Restverbund mehr mit dem bereits zuvor erstinstanzlich entschiedenen Versorgungsausgleich mehr bestanden hat und somit auch Art. 111 V FGG-RG die vorliegenden Folgesachen nicht ins neue Verfahrensrecht überführt hat. ...

1. Ehegattenunterhalt (Ziffer 2 des angefochtenen Urteils):

Die Ehegattenunterhaltsklage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen umfang begründet. Allerdings hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Antragsgegnerin jedenfalls gegenwärtig kein sog. Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 I, II BGB zusteht, weil sie durch die Kinderbetreuung auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH vom 18.04.2012 (XII ZR 65/10 = FamRZ 2012, 1040 ff.), in der die Anforderungen an die für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts insbesondere aus kindbezogenen Gründen erforderlichen Darlegungen wieder etwas gelockert worden sind und die gleichmäßige Lastenverteilung betont wird, im vorliegenden Einzelfall nicht an einer ihr angemessenen Erwerbstätigkeit gehindert ist. Die Zeugin H. hat nämlich glaubhaft und überzeugend dargelegt, dass die Antragsgegnerin bei rechtzeitiger Antragstellung geeignete Hortplätze oder alternativ Schülerbetreuungsplätze für beide Kinder in einem zeitlichen Umfang hätte bekommen können, die ihr bei gleichzeitiger Entlastung von häuslichen Verpflichtungen eine Vollzeitbeschäftigung ermöglicht hätten. Insbesondere die Annahme der Hortplätze täglich bis 17.00 Uhr inklusive Ferienangebot hätte ihr dies ermöglicht. Soweit die Inanspruchnahme des Angebots mit den von der Zeugin H. angegebenen nicht unerheblichen Kosten verbunden gewesen wäre, hätte allerdings der Antragsteller diese als Mehrbedarf der Kinder weitgehend tragen müssen, so dass er sich damit finanziell wohl nicht besser gestellt hätte, worauf es aber hier im Ergebnis nicht ankommt.

Der BGH bleibt nämlich - unter Berücksichtigung abweichender Auffassungen, u.a. OLG Frankfurt am Main FamRZ 2010,1449, vgl. ferner Schwamb in Büttner/Niepmann/Schwamb, 11. Aufl., Rn. 466 ff. - dabei, dass für ein Altersphasenmodell jedweder Art und ein Wahlrecht des betreuenden Elternteils, die Kinder noch in einem höheren Umfang selbst betreuen zu dürfen, sofern Fremdbetreuung angeboten wird, im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 1570 II BGB kein Raum mehr ist. Auch bei grundsätzlicher Aufrechterhaltung der Bedenken gegen diese restriktive Auslegung des § 1570 BGB (s. o.) ist vorliegend einzuräumen, dass die Beweisaufnahme im konkreten Fall Argumente für die Inanspruchnahme von mehr Fremdbetreuung insbesondere für das Kind K. ergeben hat. Zwar haben der Kinderarzt, die ehemalige Grundschullehrerin und die Förderschullehrerin aus ihrer jeweiligen Sicht die besondere Betreuungsbedürftigkeit von K. betont, andererseits aber auch durchblicken lassen, dass gerade in seinem Fall etwas weniger häusliche Betreuung und mehr Außenkontakte mit mehr Bewegung förderlich wären. Nach diesem Ergebnis der Beweisaufnahme blieb für die Geltendmachung von nicht zu befristendem Betreuungsunterhalt insoweit in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Amtsgerichts - derzeit - kein Raum, was allerdings nicht ausschließt, dass ein Anspruch auf dieser Grundlage zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufleben kann, wenn für die Kinder altersbedingt keine Hortangebote mehr zur Verfügung stehen und die dann besuchte Schule auch keine entsprechenden Ganstagsangebote unterbreiten kann (vgl. hierzu ebenfalls BGH FamRZ 2012,1040 ff.).

Es bleibt allerdings, was das Amtsgericht nicht ausreichend in Erwägung gezogen hat, angesichts der sehr unterschiedlichen Einkommensverhältnisse der Parteien ein Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 II BGB in der jetzt noch beantragten Höhe für die Antragsgegnerin. Dieser unterliegt zwar in teilweiser Übereinstimmung mit dem Vortrag des Antragstellers durchaus einer Befristung gemäß § 1578b BGB. Allerdings geht es auch insoweit um eine Billigkeitsabwägung. Angesichts einer bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ca. 11 1/2 Jahre dauernden Ehe, die kurz nach der Geburt der Kinder scheiterte und danach zumindest bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres der Kinder eine umfängliche Kinderbetreuungstätigkeit der Antragsgegnerin erforderte, hält der Senat eine weitere Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers bis Ende des Jahres 2015 auch unter Berücksichtigung der Jahre gewährten Trennungsunterhafts nicht für unbillig. Zwar hat der Antragsteller damit und unter weiterer Berücksichtigung des nach der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle zu zahlenden Kindesunterhalts für beide Kinder eine erhebliche Unterhaltslast zu tragen. Diese ist aber für einen so begrenzten Zeitraum unter Berücksichtigung der noch näher zu beleuchtenden Leistungsfähigkeit zumutbar.

Soweit vorgebracht wird, dass das neue Unterhaltsrecht keine Lebensstandardgarantie mehr für den bedürftigen Ehegatten gewährleiste, wird übersehen, dass das einem den Umständen angepassten übergangsweisen Aufstockungsunterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen im hier zugesprochenen umfang (insgesamt ca. 5 1/2 Jahre nach zuvor 6 1/2 Jahren Trennungsunterhalt) unter den gegebenen Umständen nicht entgegensteht. Nach Ende dieser Frist muss die Antragsgegnerin allerdings, sofern nicht noch eine neuerliche Betreuungsbedürftigkeit der Kinder und damit ein Anspruch gemäß S 1570 BGB wieder auflebt, selbst für sich sorgen, zumal auch unter Berücksichtigung ihres Vortrags nicht ersichtlich ist, dass bessere berufliche Aussichten ohne die Ehe bestanden hätten.

Der Antragsteller hat sein Einkommen noch einmal nach unten korrigiert, und es ist ihm zuzugeben, dass das Amtsgericht mit der Berechnung im Urteil vom 22.11.2011 etwas zu hoch gegriffen hat, weit es den Monatsdurchschnitt nur aus den ersten acht Monaten des Jahres 2011 mit der in diese Zeit bereits fallenden Bonuszahlung ermittelt hat. Die Antragsgegnerin weist allerdings zu Recht darauf hin, dass sie ihre Forderung nicht ausgereizt hat und sich der geltend gemachte Anspruch auch bei richtiger Berechnung noch ergibt.

Der Senat legt aufseiten des Antragstellers die von ihm zuletzt mitgeteilten geringeren 58.760,80 Euro netto für Oktober 2011 bis September 2012 zugrunde, bringt davon die in der Abrechnung Dezember 2011 kumulierten Jahreswerte VwL 480 Euro, freiwillige KV 6905,28 Euro, freiwiilige PV 868,68 Euro sowie AVK 1.969,92 Euro in Abzug und schlägt die AG-Zuschüsse für KV von 3.252,12 Euro und PV von 434,40 Euro wieder hinzu, so dass 52.223,44 Euro verbleiben, geteilt durch 12 = mtl. 4.351,95 Euro. Hinzu kommen die mtl. 77,27 Euro aus der Steuererstattung und abzuziehen sind die inzwischen geringfügig erhöhten Fahrtkosten von 246 Euro.

Auch unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren erneut wiederholten Argumente des Antragstellers sind keine höheren berufsbedingten Kosten anzuerkennen. Insbesondere ist rnit den insoweit zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, denen der Senat folgt, nach wie vor in keiner Weise ersichtlich, weshalb der Antragsteller keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen sollte.

Es bleiben demnach 4.183,22 Euro aus dem Erwerbseinkommen des Antragstellers. Hinzu kommen die 467,50 Euro Wohnvorteil; abzuziehen sind 982 Euro (2 x 491 Euro) Kindesunterhalt. Danach verbleiben dem Antragsteller insgesamt monatlich 3.668,72 Euro. Sein Selbstbehalt wird somit bei einem ausgeurteilten Ehegattenunterhalt von mtl. 1.034,80 Euro jedenfalls nicht annähernd tangiert.

Für die Bedarfsberechnung ist das noch um den Erwerbstätigenbonus zu bereinigende Einkommen des Antragstellers einem ebenso zu berechnenden fiktiven Einkommen der Antragsgegnerin gegenüber zu stellen.

Da das Erwerbseinkommen des Antragstellers 90 % ausmacht, sind vor Ermittlung des 1 /7-Erwerbstätigenbonus beim Ehegattenunterhalt zunächst 90 % des Kindesunterhalts abzuziehen, d. h. 883,80 Euro: 4.183,22 Euro - 883,80 Euro = 3.299,42 Euro, hiervon 1/7 = 471,35 Euro Erwerbstätigenbonus des Antragstellers.

Vom oben ermittelten bereinigten Nettoeinkommen von 3.668,72 Euro (mit Wohnvorteil und nach Abzug des gesamten Kindesunterhalts) sind deshalb 471,35 Euro Erwerbstätigenbonus abzuziehen. Das ergibt 3.197,37 Euro.

Geht man aufseiten der - in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht nur im ungelernten Bereich einsetzbaren - Antragsgegnerin von einer Vollerwerbstätigkeit (173,20 stunden monatlich) aus und veranschlagte dafür sogar einen Bruttolohn von allerdings nur schwer erzielbaren 10 Euro pro Stunde, ergäbe sich unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrags und der günstigsten Steuerklasse 2 ein fiktives Nettoeinkommen von €. 1.247 Euro. Nach Abzug von 5 % berufsbedingten Aufwendungen und einem 1/7-Erwerbstätigenbonus ergäben sich im günstigsten Fall erzielbare bereinigt 1.015,41 Euro monatlich, die den oben errechneten 3.197,37 Euro des Antragstellers gegenüber zu stellen sind. Die hälftige Differenz aus diesen Beträgen (= ca. 1.091 Euro) liegt über dem geltend gemachten und, als Aufstockungsunterhalt angemessen befristeten, zugesprochenen Betrag von 1.034,80 Euro.

Abschließend war lediglich noch klar zu stellen, dass die Befristung für etwa wieder auflebenden Betreuungsunterhalt keine Bedeutung hat. Soweit zur Abwendung der Voltstreckung aus der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts vom 04.06.2010 über nachehelichen unterhalt bereits Zahlungen geleistet worden sind, sind diese zu berücksichtigen, ohne dass dies hier auszusprechen war. ..." (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.10.2012 - 5 UF 3/12)

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Erhöht sich bei einer konkreten Bedarfsbemessung später das Einkommen des Berechtigten, so rechtfertigt dies allein noch nicht eine Herabsetzung des titulierten Unterhalts. Vielmehr muss der Pflichtige, der die Abänderung begehrt, konkret darlegen, dass das gestiegene Einkommen auch unter Berücksichtigung der gestiegenen Lebenshaltungskosten nunmehr den fixierten Bedarf in größerem Umfang deckt (OLG Köln, Beschluss vom 11.10.2012 - 12 UF 130/11, NJW-Spezial 2012, 740).

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Dem unterhaltsberechtigten Ehegatten, der über seinen Ehepartner während der Ehe über Beihilfe und eine private Krankenversicherung für den Fall der Krankheit abgesichert war und dem es nicht mehr möglich ist, in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert zu werden, kann es zumutbar sein, eine private Krankenversicherung zu einem günstigeren Tarif abzuschließen. Ein etwaiger Selbstbehalt ist im Rahmen des Krankenvorsorgeunterhalts gegebenenfalls zu berücksichtigen. Es stellt einen Ehe bedingten Nachteil dar, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte während der Ehe aufgrund deren Gestaltung nicht gesetzlich krankenversichert war und aufgrund seines Alters nach den Vorschriften des SGB V nicht mehr gesetzlich krankenversichert werden kann. Dieser Nachteil steht einer Befristung des Krankenvorsorgeunterhalts entgegen, nicht aber einer Herabsetzung (hier auf die Hälfte des Basistarifs; KG Berlin, Beschluss vom 02.10.2012 - 13 UF 174/11):

„... 5. Der Unterhalt ist gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB ab dem 1. November 2012 herabzusetzen und - mit Ausnahme des (ebenfalls herabzusetzenden) Krankenvorsorgeunterhalts - sodann bis zum 31. Oktober 2014 zu befristen.

a. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts unterliegt der Unterhaltsanspruch nicht von seiner Entstehung an der Befristung, schon weil dies nach der Gestaltung der Ehe nicht der Billigkeit entsprechen würde. Zwar hat die Antragsgegnerin, die keine abgeschlossene Berufsausbildung hat und schon vor der Ehe mit dem Antragsteller nur in geringfügigem Umfang erwerbstätig war, hinsichtlich ihrer Einkommenssituation keine Ehe bedingten Nachteile erlitten. Soweit die Antragsgegnerin gesundheitliche Einschränkungen in ihren Erwerbsmöglichkeiten geltend macht, sind diese nicht als Ehe bedingte Nachteile zu qualifizieren, nur weil ihre gesundheitlichen Beschwerden während der Ehe aufgetreten sein mochten (vgl. BGH FamRZ 2010, 1414; BGH FamRZ 2011, 188). Jedoch war die Ehe, die mit etwa sieben Jahren bis zur Zustellung des Scheidungsantrages zwar nicht sehr lang, aber auch keine so kurze Ehe, dass eine wirtschaftliche Verflechtung von vorneherein nicht hätte entstehen können. Vielmehr war die Ehe durch eine besonders enge wirtschaftliche Verflechtung geprägt, indem die Antragsgegnerin, die den Haushalt geführt und nur in sehr geringem Umfang eigene Einkünfte erzielt hat, wirtschaftlich vollständig von dem Antragsteller abhängig war. Insofern ist es aus Gründen der nachehelichen Solidarität nicht gerechtfertigt, die Unterhaltszahlungen von vorneherein mit Rechtskraft der Scheidung ohne Übergangszeit einzustellen.

b. Kein Ehe bedingter Nachteil ist im Hinblick auf die Altersvorsorge gegeben. Zwar hat die Antragsgegnerin unstreitig dem Antragsteller Geld zur Verfügung gestellt, das früher in einer Lebensversicherung angelegt gewesen war. Die Lebensversicherung bei der Nürnberger Versicherung hatte die Antragsgegnerin allerdings schon weit vor der Ehe im Jahr 1999 aufgelöst und in Investmentpapieren angelegt. Vor der Eheschließung entstandene Nachteile sind im Rahmen des § 1578 b BGB nicht zu berücksichtigen, denn die Regelung stellt auf in der Ehe entstandene Nachteile ab (vgl. BGH FamRZ 2012, 776). Bereits durch die vor der Eingehung der Ehe vorgenommene Auflösung der Lebensversicherung war die enge auf die Altersvorsorge gerichtete Zweckbestimmung entfallen und die Antragsgegnerin hätte das Geld jederzeit für andere Zwecke ausgeben können. Darüber hinaus hat der Antragsteller vorgetragen, dass nicht nur das Geld der Antragsgegnerin für die Schuldentilgung verwandt worden sei, sondern er auch mit seinem hohen Einkommen dazu beigetragen habe, mit dem er außerdem die Antragsgegnerin unterhalten hat. Hätte die Antragsgegnerin nicht die Ehe mit dem Antragsteller geschlossen, wäre sie, sofern sie nicht eine Festanstellung gefunden hätte, mit der sie ihren Lebensunterhalt bestreiten konnte, ebenfalls gehalten gewesen, das frei angelegte Geld bis zur Grenze des Schonbetrages (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II) für den Lebensunterhalt zu verwenden. Sofern die Antragsgegnerin im Jahr 2005 eine weitere Lebensversicherung bei der HUK aufgelöst hat, ist davon auszugehen, dass der Verlust dieses vergleichsweise geringen Betrages von rund 6.000 EUR (nach Abzug des anderweit angelegten Geldes) dadurch aufgewogen wird, dass die Antragsgegnerin über den Versorgungsausgleich an den weit höheren Anrechten des Antragstellers teil hat.

c. Besonders zu betrachten ist der Krankenvorsorgeunterhalt. Insoweit sind bedingt durch die Ehe der Antragsgegnerin Nachteile entstanden, die sie nicht mehr ausgleichen kann. Vor der Ehe mit dem Antragsteller war die Antragsgegnerin noch in der Familienversicherung des früheren Ehemannes gesetzlich krankenversichert. Dadurch, dass sie mehr als fünf Jahre in der Versicherung des Antragstellers privat krankenversichert war und sie inzwischen das 55. Lebensjahr überschritten hat, kann sie, wie ausgeführt, nicht mehr in die gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen werden. Dieser Nachteil ist auf die Ehe mit dem Antragsteller zurückzuführen (so auch OLG Hamm, OLGR 2009, 834). Zwar beruht der Umstand, dass die Antragsgegnerin nicht mehr den gesetzlichen Krankenversicherungsschutz erlangen kann, unmittelbar auf den gesetzlichen Regelungen, die diesen Schutz für die Antragsgegnerin ausschließen. Dass diese Regelungen zur Anwendung kommen, beruht darauf, dass die Eheleute die Ehe so praktiziert haben, dass die Antragsgegnerin - weiterhin, wie schon in der vorherigen Ehe - keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, sondern im wesentlichen Hausfrau war sowie darauf, dass die Eheleute sich entschieden haben, dass die Antragsgegnerin von der Beihilfeberechtigung des Antragstellers profitieren sollte mit der Folge, dass die Antragsgegnerin auch nicht, was damals noch möglich gewesen wäre (§ 9 Abs. 1 Ziffer 2 SGB V), sich freiwillig weiter gesetzlich versichert hat. Hätte die Antragsgegnerin den Antragsteller nicht geheiratet, so wäre sie, sei es über eine Beschäftigung, sei es auch allein durch den Bezug von Leistungen nach dem SGB II, pflichtversichert gewesen (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V). Diese Möglichkeit besteht inzwischen nicht mehr, denn auch insoweit sind Personen, die unmittelbar vor dem Bezug der Leistungen privat versichert waren, von der Versicherungspflicht ausgenommen (§ 5 Abs. 5 a SGB V). Anders als in dem vom OLG Oldenburg entschiedenen Fall (FamRZ 2010, 567) ist unter den gegebenen Umständen auch nicht davon auszugehen, dass die Lage der Antragsgegnerin allein schicksalsbedingt ist. In dem vom OLG Oldenburg entschiedenen Fall war die Ehefrau erwerbsunfähig und konnte schon deshalb während der Ehe nicht arbeiten. Vorliegend war aber die Ehegestaltung der Grund dafür, dass die Antragsgegnerin nicht gearbeitet hat oder sonst eine eigene Krankenversicherung erlangt hat. Der Antragsteller macht selbst jetzt noch geltend, die Antragsgegnerin könne arbeiten. Soweit ein Unterhaltsbedarf auf einem Ehe bedingten Nachteil beruht, scheidet eine Befristung aus (vgl. BGH FamRZ 2010, 1971). Auch bei bestehenden Nachteilen ist jedoch eine Herabsetzung nicht ausgeschlossen.

d. Auch wenn und soweit keine Ehe bedingten Nachteile entstanden sind, kann die eheliche Solidarität die Weiterzahlung des Unterhalts zumindest für einen gewissen Zeitraum gebieten. Maßgeblich sind insoweit neben der Ehe die wirtschaftliche Verflechtung, die Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit zugunsten der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung sowie die vom Unterhaltsberechtigten erbrachten Lebensleistung, aber auch die Belastung des Unterhaltspflichtigen (vgl. BGH FamRZ 2010, 1414; BGH FamRZ 2012, 93). Vorliegend ist zwar eine hohe wirtschaftliche Verflechtung gegeben gewesen, weil die Antragsgegnerin nur geringfügig beschäftigt war und den Haushalt geführt hat, andererseits ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Ehe nicht sehr lang war und der Antragsteller bereits seit ca. drei Jahren einen relativ hohen Trennungsunterhalt gezahlt hat. Die Antragsgegnerin hat keine Berufsausbildung. Sie war wenige Jahre selbständig und hat seit mehreren Jahren nicht mehr gearbeitet. Durch die Ehe mit dem Antragsteller hat sie eine Verbesserung ihres Lebensstandards erreicht, den dauerhaft halten zu können, sie nicht sicher erwarten konnte. Ein solches Vertrauen ist umso weniger geschützt, als es für die Antragsgegnerin bereits die dritte Ehe war und auch der Antragsteller vorher schon einmal verheiratet gewesen war (vgl. insoweit BGH FamRZ 2011, 188 Tz 29, 31). Die Antragsgegnerin hat auch nicht vorgetragen, dass sie besondere Investitionen im Vertrauen auf den Fortbestand der Ehe getätigt hat oder dazu in der Lage gewesen wäre, wobei hinsichtlich der aufgelösten Lebensversicherung auf die vorstehenden Erwägungen zu verweisen ist. Sie hat keine berufliche Karriere aufgegeben, sondern hat bereits vor Beginn der Ehe mit dem Antragsteller nur geringfügige Beschäftigungen ausgeübt. Dass sie für sie derzeit schwer sein mag, eine Anstellung zu finden, in erster Linie auf ihre Erwerbsbiographie zurückzuführen. Ohne die Ehe wäre die Antragsgegnerin, sofern sie nicht früher eine Anstellung gefunden hätte, bereits früher auf Sozialleistungen angewiesen gewesen. Dass solches nach einer Begrenzung oder Befristung des Unterhalts eintreten kann, ist nach der Konzeption des Gesetzes hinzunehmen (vgl. BGH FamRZ 2010, 1057 und 1414; BGH FamRZ 2011, 713). Der Antragsgegnerin ist es daher zuzumuten, dass nach einer Übergangszeit von einem Jahr, in dem der Unterhalt herabzusetzen ist, der Unterhalt bis auf den Krankenvorsorgeunterhalt nach einer weiteren Frist von zwei Jahren endet. Die Antragsgegnerin hat dann etwa so lange Unterhalt erhalten, wie die Beteiligten zusammen gelebt haben. Eine Zahlung von Unterhalt darüber hinaus ist dem Antragsteller nicht zumutbar.

Für die Herabsetzung des Unterhalts ist Untergrenze der angemessene Lebensbedarf, für den wiederum als Untergrenze das Existenzminimum, das derzeit entsprechend dem notwendigen Selbstbehalt des nicht erwerbstätigen Unterhaltsschuldners mit 770 EUR anzusetzen ist (vgl. BGH FamRZ 2010, 629 und 869; BGH FamRZ 2011, 188). Da in erster Linie der laufende Unterhalt zu sichern ist, ist der Elementarunterhalt gegenüber dem Altersvorsorgeunterhalt vorrangig (vgl. BGH FamRZ 1981, 442; BGH FamRZ 1987, 684). Daher ist der Unterhalt ab 1. Dezember 2012 für die Übergangszeit auf den Mindestunterhalt als Elementarunterhalt zu beschränken.

Der Krankenvorsorgeunterhalt ist auf die Hälfte des Basistarifs herabzusetzen. Dem Antragsteller ist es unter Berücksichtigung der nicht sehr langen Ehe nicht zumutbar, auf Dauer für die Antragsgegnerin einen Krankenvorsorgeunterhalt zu zahlen, der mehr als das Doppelte des Aufwandes für die eigene Krankenvorsorge beträgt und der auch die ehelichen Verhältnisse nicht geprägt hat. Der Antragsgegnerin ist es insoweit zuzumuten, von der vom Gesetz vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch zu machen, nur die Hälfte des Basistarifs zu zahlen, indem sie durch Vorlage einer Bescheinigung des Leistungsträgers nach dem SGB II nachweist, dass sie durch die Zahlung des vollen Beitrages hilfebedürftig würde (§ 12 Abs. 1 c S. 3 VAG). Da die Regelung auf den Basistarif bezogen ist, ist dieser zugrunde zu legen und nicht der bisher günstigere Tarif, den die Antragsgegnerin derzeit zahlt. ..."

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Erzieht, betreut und versorgt die Ehefrau nach der Scheidung einer langjährigen Ehe zwei jeweils nach langwierigen Fertilitätsbehandlungen geborene Zwillingspaare von neun und 17 Jahren, steht ihr nach den Umständen des Einzelfalles noch ein anteiliger Betreuungsunterhaltsanspruch aus § 1570 Abs. 1 und 2 BGB - in Kombination mit einem teilweisen Aufstockungsunterhaltsanspruch aus § 1573 Abs. 2 BGB - zu. Zu berücksichtigen sind bei der mit 2/3 bemessenen Erwerbsobliegenheit und mit einem Drittel der verfügbaren Zeit fortbestehenden Betreuungsbedürftigkeit nicht nur die kindesbezogenen Belange der beiden jüngeren Kinder - an die keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen und die auch die von der Unterhaltsberechtigten zu erbringenden Fahr- und Betreuungsleistungen für die sportlichen, musischen oder anderen Beschäftigungen der Kinder mit umfassen -, sondern auch die Auswirkungen des Zusammenlebens mit den zwar selbst nicht mehr betreuungsbedürftigen, aber zusätzliche Anforderungen an die Unterhaltsberechtigte stellenden 17-jährigen Zwillinge auf die Betreuung der jüngeren Zwillinge sowie die durch die Beeinträchtigungen auf Grund jahrelanger hochstrittiger Umgangsregelungs- und Sorgerechtsverfahren eingeschränkte Fremdbetreuungsfähigkeit der jüngeren beiden Kinder. Die teilweise noch aus § 1570 Abs. 1 und 2 BGB unterhaltsberechtigte frühere Ehefrau steht trotz des ergänzenden Aufstockungsunterhaltsanspruchs aus § 1573 Abs. 2 BGB im gleichen Unterhaltsrang des § 1609 Nr. 2 BGB wie die jetzige, ein Kind aus dieser zweiten Ehe betreuende Ehefrau des Unterhaltsschuldners. Auf die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich erforderliche genaue Differenzierung zwischen dem Betreuungsunterhaltsanteil und dem Aufstockungsunterhaltsanteil bei der Frage der Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b BGB kann verzichtet werden, wenn sowohl eine Befristung als auch eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs derzeit noch von vornherein ausscheiden müssen. Anders als in einem Nachscheidungsunterhalts-Ausgangsverfahren, in dem das Gericht grundsätzlich auch für die Zukunft den Zeitpunkt für eine Befristung oder Herabsetzung des Anspruchs prognostizieren darf, müssen in einem Nachscheidungsunterhalts-Abänderungsverfahren nach § 238 Abs. 1 FamFG die eine Abänderung des bestehenden Titels rechtfertigenden Tatsachen für eine Befristung oder Herabsetzung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung aktuell vorliegen (OLG Hamm, Beschluss vom 31.08.2012 - 3 UF 265/11).

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Beim Unterhalt nach § 1572 BGB ist auch dann, wenn - wie regelmäßig - die Krankheit selbst nicht ehebedingt ist, ein ehebedingter Nachteil denkbar, wenn ein Unterhaltsberechtigter die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt, weil er aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht genügend Pflichtbeiträge gezahlt hat. Der sich daraus ergebende ehebedingte Nachteil entfällt allerdings - aber auch erst - mit dem Beginn der Altersrente, wenn für diese neben der Erfüllung der Wartezeit und der Altersvoraussetzung keine Mindestzahl von Pflichtbeiträgen erforderlich ist (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 05.07.2012 - 6 UF 172/11):

„... Mit Erfolg beanstandet die Ehefrau die vom Familiengericht erkannte Befristung dieses Unterhaltsanspruchs. Letzterer steht - jedenfalls bis zum Bezug von Altersrente der Ehefrau - ein ehebedingter Nachteil entgegen.

Nach der - verfassungsgemäßen (BGH FamRZ 2012, 93; 2011, 188; 2010, 1633) - Vorschrift des § 1578 b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre, wobei für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung gegeben sind, Abs. 1 S. 2 und 3 entsprechend gilt. Zu prüfen ist folglich, ob die fortdauernde unbeschränkte Unterhaltspflicht unbillig ist, nicht aber, ob der Befristung Billigkeitsgründe entgegenstehen (BGH FamRZ 2010, 1633 und 875). Bei den Billigkeitskriterien des § 1578 b BGB handelt es sich um objektive Umstände, denen kein Unwerturteil bzw. keine subjektive Vorwerfbarkeit anhaftet, weshalb im Rahmen der Abwägung des § 1578 b BGB eine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens nicht stattfindet (BGH FamRZ 2010, 2059) und es auch nicht darauf ankommt, ob die Gestaltung der Kinderbetreuung und Haushaltsführung während der Ehe einvernehmlich erfolgt ist (BGH FamRZ 2011, 628 und 713).

Ob hiernach eine Befristung des Unterhaltsanspruchs in Betracht kommt, ist gemäß § 1578 b BGB im Wege einer umfassenden Billigkeitsabwägung zu bestimmen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen (§ 1578 b Abs. 1 S. 2 BGB). Ist dies der Fall, so kommt in der Regel eine Befristung nicht in Betracht, sondern allenfalls - gegebenenfalls nach einer Übergangszeit - eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten nach § 1578 b Abs. 1 S. 1 (BGH FamRZ 2011, 192; 2010, 2059).

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, die sich der Senat zu eigen macht, ist beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB auch dann, wenn - wie regelmäßig - die Krankheit selbst nicht ehebedingt ist, ein ehebedingter Nachteil denkbar, wenn ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Rente wegen Erwerbsminderung infolge der Ehe- oder Kindererziehung geringer ist als sie ohne die Ehe wäre oder sie vollständig entfällt. Insoweit entsprechen sich der Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB. In beiden Fällen ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sinne des § 1578 b Abs. 1 S. 2 BGB können also nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen. Ein ehebedingter Nachteil wegen Aufgabe der Erwerbstätigkeit infolge der Kindererziehung und der Haushaltstätigkeit kann sich allerdings dann ergeben, wenn deswegen die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt sind. Nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nur dann Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt haben. Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich nach § 43 Abs. 4 SGB VI nur durch besondere Anrechnungs- und Berücksichtigungszeiten. Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte wegen der Kindererziehung und Haushaltstätigkeit in der relevanten Zeit nicht genügend Pflichtbeiträge gezahlt, kann die Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung für eine alsbald anschließende Erwerbsunfähigkeit vollständig ausscheiden. Diese Lücke durch eine ehebedingte Erwerbslosigkeit wird auch durch den durchgeführten Versorgungsausgleich nicht kompensiert. In solchen Fällen besteht der Nachteil im Verlust der ohne Ehe und Kindererziehung erzielbaren Rente wegen Erwerbsminderung, ist auf die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe zurückzuführen und somit ehebedingt. Darauf, ob die Gestaltung der Kinderbetreuung und Haushaltsführung während der Ehe einvernehmlich erfolgt ist, kommt es nicht an. Der sich daraus ergebende ehebedingte Nachteil entfällt allerdings - aber auch erst - mit dem Beginn der Altersrente, weil für diese nach den §§ 35 ff. SGB VI neben der Erfüllung der Wartezeit und der Altersvoraussetzung keine Mindestzahl von Pflichtbeiträgen erforderlich ist (siehe zum Ganzen BGH FamRZ 2012, 772; 2011, 713 und 1381; 2009, 406 und 1207, jeweils m.w.N.).

So liegt der Fall hier. Die Ehefrau macht zu Recht geltend, dass sie ehebedingt die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfülle, was sie durch Vorlage des Bescheides der Deutschen Rentenversicherung Saarland vom 27. September 2010 belegt hat. In diesem wird - vom Ehemann unangegriffen und bedenkenfrei - von einem möglichen Eintritt der Erwerbsminderung am 20. September 2010 ausgegangen. Das Versicherungskonto der Ehefrau enthält in der demnach maßgeblichen Zeit vom 20. September 2005 bis zum 19. September 2010 statt der für den Rentenbezug erforderlichen 36 Monate Pflichtbeiträge nur derer 25 (1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009, 10. Juli 2009 bis 31. Juli 2010). Einer der Ausnahmefälle, in denen auch ohne diese Beitragszeiten oder wegen anderer Zurechnungs- oder Berücksichtigungszeiten ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente besteht, liegt ausweislich des Bescheides nicht vor und wird auch vom Ehemann im Beschwerdeverfahren nicht aufgezeigt.

Nach alledem kommt jedenfalls vor dem Bezug von Altersrente aufgrund bis dahin fortbestehender ehebedingter Versorgungsnachteile eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht in Betracht.

Auch eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs scheidet bei den gegebenen Umständen aus, da der vom Familiengericht unangefochten mit 790 EUR bestimmte eheangemessene Bedarf nur geringfügig über ihrem Mindestbedarf von derzeit 770 EUR liegt.

Über die Frage einer Begrenzung des Unterhaltsanspruchs ab dem Altersrentenbezug der Ehefrau kann der Senat derzeit noch nicht entscheiden.

Zwar setzt die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts aus Billigkeitsgründen nach § 1578b BGB nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist. Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung bereits eingetreten oder zuverlässig voraussehbar sind, ist eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren auszusprechen (vgl. nur BGH FamRZ 2012, 517 m.w.N.; Senatsurteil vom 10. Dezember 2009 - 6 UF 110/08 -, ZFE 2010, 113 m.w.N.).

Die Zeitspanne bis zum Altersrentenbezug durch die heute erst 49-jährige Ehefrau ist indes zu lang, um heute schon zuverlässig die dann gegebenen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten, insbesondere auch ihre Vermögensverhältnisse prognostizieren zu können, so dass der Ehemann darauf verwiesen ist, ggf. bei Altersrenteneintritt der Ehefrau ein Abänderungsverfahren anzustrengen.

Nach alledem ist das angegangene Erkenntnis abzuändern und - wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich - zugunsten der Ehefrau ein nachehelicher Unterhalt von insgesamt (13/29 * 790 + 4 * 790 =) 3.514,14 EUR für den Zeitraum vom 17. Februar bis 30. Juni 2012 und ab Juli 2012 ein solcher von monatlich 790 EUR - zeitlich unbegrenzt - zu titulieren. ..."

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Bei fortbestehenden ehebedingten Nachteilen ist eine Befristung des nachehelichen Unterhalts regelmäßig nicht auszusprechen, kommt jedoch unter außergewöhnlichen Umständen in Betracht (Anschluss an BGH, Urteil vom 2. Februar 2011, XII ZR 11/09). Außergewöhnliche Umstände können gegeben sein, wenn der Unterhaltspflichtige durch die nacheheliche Betreuung gemeinsamer Kinder in seiner beruflichen Entwicklung eingeschränkt ist. Hier kann die Befristung eines Unterhaltsanspruchs trotz fortbestehender ehebedingter Nachteile auf Seiten des Unterhaltsberechtigten rechtfertigen, weil die fehlgeschlagene Lebensplanung bei beiden Ehegatten zu beruflichen Nachteilen geführt hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2012 - 8 UF 19/12).

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„... Auf das nach dem 31.8.2009 eingeleitete Verfahren findet das seit dem 1.9.2009 geltende Verfahrensrecht Anwendung (Art. 111 Abs. 1 FGG-RG), weshalb sich die vom Antragsteller begehrte Abänderung des gerichtlichen Vergleichs vom ...6.2005 - ohne dass sich dies auf das Ergebnis auswirken würde - nicht nach § 323 ZPO, sondern nach § 239 FamFG richtet. Für die Zulässigkeit des Abänderungsbegehrens reicht es dabei aus, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, welche die begehrte Abänderung rechtfertigen, wobei sich die Abänderung von Prozessvergleichen unabhängig von einer zwischenzeitlichen Änderung der Sachlage allein nach den Regeln des materiellen Rechts beurteilt (§ 239 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 FamFG).

Da mittlerweile beide Beteiligte von einem nach § 1578 Abs. 1 BGB an den ehelichen Lebensverhältnissen ausgerichteten monatlichen Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin von 800,- Euro ausgehen, beschränkt sich die Beschwerdeentscheidung auf die von der Antragstellerin angegriffene Herabsetzung und Befristung ihres Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB. Das insoweit auf die zwischenzeitliche Änderung der Rechtslage gestützte Abänderungsbegehren des Antragstellers ist jedenfalls im Umfang der vom Amtsgericht ausgesprochenen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin zulässig und begründet.

Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob sich der Abänderungsanspruch - wofür hier insbesondere Ziffer 5 des Scheidungsfolgenvergleichs vom ...6.2005 und die fehlende Erörterung einer späteren Befristung des Unterhaltsanspruchs im Zuge der Vergleichsverhandlungen sprechen - aus dem Vergleich selbst ergibt, weil dieser insoweit keine die Vertragsparteien bindende Regelung enthält, oder ob es hierfür eines Rückgriffs auf die gesetzlichen Regelungen der Störung der Geschäftsgrundlage bedarf. Es ist nämlich anerkannt, dass die mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.4.2006 (Aktenzeichen XII ZR 240/03, FamRZ 2006, 1006) einher gehende Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Stellenwert der Ehedauer bei der Befristung bzw. Begrenzung nachehelichen Aufstockungsunterhalts nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB (in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung, im Folgenden BGB a.F.) regelmäßig eine nach § 313 Abs. 1 und 2 BGB zur Vertragsanpassung berechtigende Störung der Geschäftsgrundlage begründet, wenn die Vertragsparteien - wie hier - eine Begrenzung oder Befristung erkennbar nicht zum Gegenstand ihrer Vergleichsverhandlungen gemacht haben und hierzu auch keine Veranlassung hatten, weil die im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses geltende Rechtslage eine Herabsetzung oder Befristung nicht vorsah (vgl. BGH, Urteil vom 21.9.2011, Aktenzeichen XII ZR 173/09, FamRZ 2012, 699). Es sind im vorliegenden Fall auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beteiligten eine spätere Abänderung für den Fall einer Änderung der Rechtslage ausschließen wollten. Vielmehr behielten sie sich in Ziffer 5 des Vergleichs sogar eine über die gesetzlichen Abänderungstatbestände hinausgehende Abänderungsmöglichkeit vor.

Auf die demnach zu klärende Frage der Herabsetzung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin findet das seit dem 1.1.2008 geltende Unterhaltsrecht und damit § 1578 b BGB Anwendung (Art. 4 UnterhaltsrechtsänderungsG, vgl. auch § 36 Nr. 7 EGZPO und BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406).

Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs oder ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wären. Aus § 1578 b BGB ergibt sich, dass nach der gesetzlichen Konzeption die Begrenzung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt. Das Familiengericht hat demnach zu prüfen, ob die fortdauernde Unterhaltspflicht unbillig ist, nicht aber ob der Befristung Billigkeitsgründe entgegenstehen (vgl. BGH, Urteil vom 26.5.2010, Aktenzeichen XII ZR 143/08, FamRZ 2010, 1238).

Die Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts hängt insbesondere davon ab, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3, Abs. 2 Satz 2 BGB). Die vorzunehmende Billigkeitsabwägung beschränkt sich dabei allerdings nicht auf die Frage der Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern hat auch andere Gesichtspunkte zu berücksichtigen, soweit diese eine fortdauernde nacheheliche Solidarität der geschiedenen Ehegatten begründen können. In Betracht kommen hier zum Beispiel die Dauer der Ehe, die Aufgabenverteilung während der Ehe, das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten in den Fortbestand des Unterhaltsanspruchs sowie das Alter der Ehegatten bei der Scheidung und die Möglichkeit, ein Absinken des Lebensstandards durch eine Verbesserung der eigenen Einkommenssituation auszugleichen (vgl. BT-Drs 16/1830 S. 19; BGH, Urteil vom 26.5.2010, Aktenzeichen XII ZR 143/08, FamRZ 2010, 1238).

Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der sowohl für die Beurteilung des Vorliegens ehebedingter Nachteile im vorbeschriebenen Sinne heranzuziehen ist als auch die Grenze einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 1 BGB bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemessenen Lebensbedarf erreichen, oder könnte er solche Einkünfte erzielen, kann dies im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalts in Form einer Befristung führen. Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hingegen lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nicht erreichen oder könnte er nur solche Einkünfte erzielen, scheidet zwar eine Befristung des Unterhaltsanspruchs regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit jedoch bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren Einkommen ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 21.9.2011, Aktenzeichen XII ZR 173/09, FamRZ 2012, 699; Urteil vom 20.10.2010, Aktenzeichen XII ZR 53/09, FamRZ 2010, 2059; Urteil vom 14.10.2009, Aktenzeichen XII ZR 146/08, FamRZ 2009, 1990).

Unter Zugrundelegung der vorgenannten Kriterien ist der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin schrittweise auf den angemessenen Unterhaltsbedarf herabzusetzen, was im Ergebnis zu einer Zurückweisung der Beschwerde führt, weil die Antragsgegnerin derzeit in der Lage ist, ihren angemessenen Lebensbedarf durch eigene Erwerbstätigkeit sicherzustellen.

Die Antragsgegnerin hat keine ehebedingten beruflichen Nachteile erlitten. Unstreitig ist das aus ihrer derzeitigen Beschäftigung erzielte bzw. erzielbare Einkommen höher als das Einkommen, welches sie aus ihrer bei Eingehung der Ehe ausgeübten Tätigkeit als Z erzielen könnte. Die Antragsgegnerin ist entgegen ihres Vortrags im Beschwerdeverfahren auch nicht auf Grund ehebedingter oder sonstiger Umstände daran gehindert, ihre derzeit ausgeübte Tätigkeit auf eine Vollzeittätigkeit auszuweiten. Auf Grund der nachvollziehbaren und in sich schlüssigen schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die F- und K-Erkrankungen der Antragsgegnerin zwar zu einer Einschränkung ihrer Erwerbsfähigkeit in qualitativer Hinsicht, nicht jedoch in quantitativer Hinsicht führen. Die Antragsgegnerin wäre in der Lage, die derzeit in Teilzeit ausgeübten leichten bis gelegentlich mittelschweren Tätigkeiten im J in Vollzeit auszuüben. Hieran wird sie weder durch ihre F-Beschwerden noch durch ihre labile E-Konstitution gehindert. An der diesbezüglichen Sachkunde des Sachverständigen, der Facharzt für Arbeitsmedizin ist und dem Senat aus seiner langjährigen Tätigkeit als Gutachter in arbeitsmedizinischen und betreuungsrechtlichen Fragen bekannt ist, bestehen keine Zweifel. Das Ergebnis der Begutachtung wird im Übrigen untermauert durch den Umstand, dass die Antragsgegnerin im Rahmen des so genannten Job-Sharing ohnehin vollschichtig arbeitet, wenn ihre Kollegin krank oder im Urlaub ist. Dass sie sich nach eigenen Angaben dennoch nicht zur Ausübung einer Vollzeittätigkeit in der Lage sieht, führt mangels diese persönliche Befindlichkeit stützenden medizinischen Befunden nicht zur Annahme einer zeitlich eingeschränkten Erwerbsfähigkeit. Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, eine zeitliche Ausweitung ihrer derzeit ausgeübten Tätigkeit sei ihr wegen des zu ihren Aufgaben zählenden Hebens 20kg schwerer U nicht zumutbar, hat der Sachverständige zurecht darauf hingewiesen, dass das - vom Antragsteller ohnehin bestrittene - Heben 20 kg schwerer U unabhängig vom zeitlichen Umfang der Beschäftigung keine dem Gesundheitszustand der Antragsgegnerin angemessene Tätigkeit ist. Ihre grundsätzliche Fähigkeit zur vollschichtigen Ausübung der ihr im Rahmen ihrer Tätigkeit im Übrigen zugewiesenen leichten bis gelegentlich mittelschweren Tätigkeiten wird dadurch nicht berührt.

Dem Fehlen ehebedingter beruflicher Nachteile stehen im vorliegenden Fall gewichtige Umstände gegenüber, welche für eine wechselseitige nacheheliche Solidarität der Beteiligten sprechen. Dies sind neben der 19-jährigen Ehedauer und der Aufgabenverteilung während der Ehe insbesondere die aus der Betreuung und Erziehung des gemeinsamen K-behinderten Kindes resultierenden Belastungen. Von beiden Eltern, vor allem aber von der überwiegend mit der Betreuung des Kindes betrauten Antragsgegnerin, wurden während der Ehe und danach deutlich über das gewöhnlich mit der Kindererziehung verbundene Maß hinausgehende Leistungen erbracht, die mit gesundheitlichen Einschränkungen beider Eltern einher gingen. Die derzeitigen Erkrankungen der Antragsgegnerin lassen sich gemäß der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Erörterung seines Gutachtens am 24.5.2012 zwar nicht alleinursächlich auf die Belastung mit der Betreuung und Erziehung des behinderten Kindes in den 90er Jahren zurückführen. Vielmehr sprechen die nach der Entlastung bei der Kindesbetreuung aufgetretenen B-Episoden für eine unabhängig von der Belastung durch die Kindesbetreuung bestehende Anfälligkeit der Antragsgegnerin für eine krankhafte Verarbeitung belastender Umstände. Hieraus resultierende B-Schübe standen in der ersten Hälfte der 90er Jahre jedoch in eindeutigem zeitlichen Zusammenhang mit den Belastungen der damals noch ohne die Unterstützung von Einrichtungen geleisteten Betreuung und Erziehung des behinderten Kindes. Dass auch der Antragsteller gesundheitliche Einschränkungen in Zusammenhang mit der Übersiedlung des Sohnes an seinen Wohnort und der Übernahme der gesetzlichen Betreuung im Jahr 2006 beklagt, verdeutlicht das Maß der für beide Eltern mit der Betreuung und Erziehung des behinderten Kindes verbundenen Belastungen.

Die vorgenannten Umstände lassen eine zeitlich unbefristete wechselseitige nacheheliche Solidarität trotz des Fehlens ehebedingter beruflicher Nachteile nicht als unbillig erscheinen, weshalb eine zeitliche Befristung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin nach § 1578 b Abs. 2 BGB nach Auffassung des Senats ausscheidet.

Dies verhilft der Beschwerde allerdings im Ergebnis nicht zum Erfolg, weil eine schrittweise Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs der Antragsgegnerin auf den angemessenen Bedarf nach § 1578 b Abs. 1 BGB im Hinblick auf das Fehlen ehebedingter beruflicher Nachteile und den in § 1569 BGB normierten Grundsatz der Eigenverantwortung beider Ehegatten nach der Scheidung aus den zutreffenden Erwägungen des Amtsgerichts auch nach dem Dafürhalten des Senats geboten ist. Eine lebenslange Teilhabe der Antragsgegnerin an den vom Einkommen des Antragstellers geprägten ehelichen Lebensverhältnissen erscheint vor diesem Hintergrund trotz der gebotenen nachehelichen Solidarität unbillig. Da die Antragsgegnerin - wie dargestellt - derzeit in der Lage ist, ihren angemessenen Bedarf aus eigener Erwerbstätigkeit sicherzustellen, führt dies nach gegenwärtigem Sachstand zum Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs nach Ablauf der ihr zuzubilligenden Übergangsphase.

Deren Bemessung durch das Amtsgericht begegnet keinen Bedenken. Stellt man auf den 12.4.2006 als den Zeitpunkt ab, ab welchem die Antragsgegnerin in Folge der Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. frühestens mit einer späteren Begrenzung bzw. Befristung ihres Unterhaltsanspruchs rechnen musste, blieben ihr bis zur ersten schrittweisen Herabsetzung ihres Unterhaltsbedarfs mehr als fünf Jahre und bis zur endgültigen Herabsetzung auf den angemessenen Bedarf mehr als acht Jahre Zeit. Selbst wenn man auf das erstmalige Befristungsbegehren des Antragstellers im Jahr 2009 abstellen wollte, erschiene die der Antragsgegnerin vom Amtsgericht zugebilligte Übergangsphase angemessen.

Der im Scheidungsfolgenvergleich vereinbarte wechselseitige Verzicht auf Zugewinnausgleich steht der Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nicht entgegen. Es ist weder ersichtlich, dass der wechselseitige Verzicht auf Zugewinnausgleich an die Zusicherung eines lebenslangen unbegrenzten Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin geknüpft war noch dass der Antragsgegnerin überhaupt ein Anspruch auf Zugewinnausgleich zugestanden hätte.

Auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beteiligten lassen die Unbilligkeit einer unbegrenzten Unterhaltspflicht des Antragstellers nicht entfallen. Der Antragsteller verfügt weder über außerordentlich hohe Einkünfte noch über nicht eheprägendes Einkommen, welches ihm zusätzlich zu seinem eheprägenden Bedarf zur Verfügung stünde. Auch für das Vorhandensein erheblichen Vermögens fehlen jegliche Anhaltspunkte, weil unabhängig von der Verwendung des Erlöses aus dem Verkauf der von der Antragsgegnerin bewohnten Eigentumswohnung feststeht, dass der Antragsteller im Zeitpunkt des Verkaufs nicht unerhebliche Darlehensverbindlichkeiten hatte. Insoweit wird auf die mit dem Schriftsatz vom 17.1.2011 vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

§ 36 Nr. 1 EGZPO steht der vorgenommenen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin ebenfalls nicht entgegen. Die Bestimmung ist nur auf die Abänderung solcher Unterhaltstitel anwendbar, deren Grundlagen sich durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21.12.2007 geändert haben. Vor dem Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes zum 1.1.2008 geschlossene Vergleiche über die Zahlung von Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB fallen nicht hierunter, weil eine Begrenzung bzw. Befristung des Aufstockungsunterhalts nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. bereits vor dem 1.1.2008 möglich war und vom Gesetzgeber bei der Neufassung des Begrenzungs- und Befristungseinwands in § 1578 b BGB insoweit lediglich die bestehende Rechtslage übernommen wurde. Auf die diesbezügliche Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch das oben erwähnte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.4.2006 findet § 36 Nr. 1 EGZPO hingegen keine Anwendung (vgl. BGH, Urteil vom 21.9.2011, Aktenzeichen XII ZR 173/09, FamRZ 2012, 699; Urteil vom 26.5.2010, Aktenzeichen XII ZR 143/08, FamRZ 2010, 1238).

Im Übrigen würde auch eine Anwendung des § 36 Nr. 1 EGZPO im vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis rechtfertigen, weil die nach § 36 Nr. 1 EGZPO zu berücksichtigenden Umstände im Rahmen der nach § 1578 b BGB zu treffenden Billigkeitsabwägung weitestgehend berücksichtigt worden sind und weil die Antragsgegnerin keine erkennbaren Vermögensdispositionen getroffen hat, welche einen darüber hinausgehenden Schutz ihres Vertrauens in einen Fortbestand der Vergleichsregelung rechtfertigen könnten. ..." (OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.06.2012 - 4 UF 134/11).

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Ergibt sich bei Eheleuten ein nur gering zu bemessender ehebedingter Nachteil, kann dieser durch eine die Ehezeit übersteigende und insgesamt hohe Leistung von Trennungs- und nachehelichem Unterhalt kompensiert werden. Aus der Zeit vor der Ehe resultierende Umstände, die zu einer geringen Altersversorgung eines Ehegatten führen, sind dem anderen Ehegatten nicht zuzurechnen. Dies gilt insbesondere, wenn die Ehe erst spät geschieden worden ist (OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.05.2012 - 10 UF 247/11):

„... Das Amtsgericht - Familiengericht - hat mit rechtlich zutreffenden Erwägungen gemäß § 1578 b BGB den nachehelichen Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin gemäß § 1571 Nr. 1 BGB hinsichtlich der ursprünglich bereits titulierten vollen Höhe von monatlich 1.100,23 € für die Zeit bis einschließlich August 2013 fortgeschrieben, dann die Unterhaltshöhe auf monatlich 532,00 € bis 31. August 2015 herabgesetzt und sodann beginnend ab 1. September 2015 eine endgültige Befristung der Unterhaltsverpflichtung vorgenommen.

Die Antragsgegnerin hat gegenüber dem Antragsteller einen Unterhaltsanspruch wegen Alters gemäß § 1571 Nr. 1 BGB. Eine Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin konnte zum Zeitpunkt der Scheidung Anfang 2006 von ihr nicht mehr erwartet werden. Bereits ab dem Jahr 2000 bezieht die Antragsgegnerin eine Altersrente. Zum Zeitpunkt der Scheidung war sie kurz vor der Vollendung des 65. Lebensjahres. Die Antragsgegnerin ist von Beruf gelernte Industriekauffrau. Sie hat geltend gemacht, im Rahmen der letzten entsprechenden Beschäftigung ein Nettoeinkommen von monatlich 1.600,00 DM erzielt zu haben. Der Antragsteller hat dies bestritten. Einkommensbelege liegen der Antragsgegnerin dazu nicht mehr vor. Zu ihrem Erwerbsablauf hat die Antragsgegnerin einen ‚Lebenslauf' (Bl. 195 d. A.) nebst Anlagen eingereicht. Danach endete ihre Beschäftigung als kaufmännische Angestellte bei der Kombiagentur mit Ablauf des 30. Juni 1990. Danach war sie im Tiefbauunternehmen des Antragstellers bis zum 31. Oktober 1994 als kaufmännische Angestellte tätig. Eine Fortbildungsmaßnahme absolvierte sie vom 1. April bis 30. November 1996 bei der deutschen Angestelltenakademie in A. (praxisorientierter Lehrgang zur beruflichen Reintegration).

Nach alledem ist davon auszugehen, dass eine Erwerbsobliegenheit für die hier maßgebliche Zeitspanne seitens der Antragsgegnerin nicht mehr bestand. Der Unterhaltsanspruch auf nachehelichen Unterhalt orientiert sich an den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 BGB. Von der Höhe her im Ausgangspunkt nunmehr von den Beteiligten nicht mehr angegriffen ergibt sich danach ein monatlicher Unterhaltsanspruch in Höhe von 1.100,23 € aufgrund der Renteneinkünfte, des Wohnvorteils und der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf Seiten des Antragstellers, aufgrund der Renteneinkünfte auf Seiten der Antragsgegnerin.

Der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin ist gemäß § 1578 b BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen und danach zeitlich zu begrenzen, weil eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs ohne Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung unbillig wäre. Zu berücksichtigen sind dabei die ehelichen Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit, selbst für den Unterhalt zu sorgen sowie die nacheheliche Solidarität zwischen den Beteiligten. Der Senat folgt insofern der Bewertung durch das Amtsgericht - Familiengericht -, wonach eine Unterhaltsverpflichtung in bisher gültiger Höhe weiterbesteht bis einschließlich August 2013, die Unterhaltspflicht dann herabgesetzt wird, wodurch aber das Existenzminimum der Antragsgegnerin in Höhe von derzeit 770,00 € gewahrt bleibt, um dann endgültig so zu befristen, dass der Antragsteller insgesamt beginnend ab 1. September 2015 der Antragsgegnerin keinen Unterhalt mehr zu leisten hat.

Zutreffend hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Vorschrift des § 36 Nr. 1 EGZPO hingewiesen. Mit dem Scheidungsverbundurteil vom 23. Januar 2006 liegt eine Entscheidung auch über den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin vor, die vor dem 1. Januar 2008 rechtskräftig geworden ist. Umstände hinsichtlich einer möglichen Befristung oder Herabsetzung durch Einführung der Vorschrift des § 1578 b BGB sind erst durch dessen Einführung erheblich geworden und zu berücksichtigen. Eine Abänderung der Unterhaltsverpflichtung kommt danach nur insofern in Betracht, wie diese wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und sie dem anderen Teil - hier der Antragsgegnerin - unter Berücksichtigung ihres Vertrauens in die getroffene Regelung zuzumuten ist. Die Regelung des § 36 EGZPO findet Anwendung, geht aber über den Bewertungsrahmen gemäß § 1578 b BGB nicht hinaus, sondern ist im Gegensatz dazu beengter. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage, ob der Unterhaltsanspruch einer Beteiligten bereits tituliert ist, bei der Prüfung nach § 1578 b BGB zu berücksichtigen. Einem titulierten oder durch Vereinbarung festgelegten Unterhalt komme ein größerer Vertrauensschutz zu, als einem nicht vertraglich festgelegten oder durch Titulierung gesicherten Anspruch. Das dieser Gesichtspunkt im Rahmen von § 36 Nr. 1 EGZPO gesondert geregelt sei, hindere seine Heranziehung im Rahmen von § 1578 b BGB nicht. Die Beurteilung einer Begrenzung oder Befristung gemäß § 1578 b BGB müsse auf einer umfassenden Interessenabwägung beruhen; die Berücksichtigung der Titulierung sei dabei sogar geboten. Die Frage einer Zumutbarkeit nach § 36 Nr. 1 EGZPO gehe bereits in den insoweit umfassenderen Tatbestand des § 1578 b BGB auf, weil bei einem Zusammentreffen der Abwägung eines Alttitels mit der Befristung den gesetzlichen Wertungen des § 36 Nr. 1 EGZPO bereits im Rahmen der Befristung nach § 1578 b BGB in vollem Umfang Rechnung trage (vgl. BGH FamRZ 2010, 1414; FamRZ 2012, 197 ff.).

Mithin ist zwar die Übergangsregelung in § 36 Nr. 1 EGZPO anwendbar, führt aber insgesamt nicht zu einem anderen Bewertungsmaßstab als gemäß § 1578 b BGB; stellt vielmehr im Gegensatz zur letztgenannten Vorschrift einen engeren Rahmen dar. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat seine Entscheidung somit zutreffend auf eine Gesamtabwägung der Umstände im Rahmen von § 1578 b BGB gestützt.

Im vorliegenden Fall ist zunächst nicht von rechtlicher Bedeutung, dass die Beteiligten rund acht Jahre vor der Heirat in nichtehelicher Gemeinschaft zusammenlebten und die Antragsgegnerin in dieser Zeit bereits eine Rolle einnahm, wie sie sich in der Ehezeit der Beteiligten fortsetzte. Die gesetzliche Regelung stellt in § 1578 b Abs. 1 S. 2 BGB darauf ab, inwiefern ‚durch die Ehe' Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Der Bundesgerichtshof hat in wiederholter Rechtsprechung festgestellt, dass eine mehrere Jahre vor Eheschließung vollzogene berufliche Veränderung keinen ehebedingten Nachteil begründet, auch wenn diese berufliche Veränderung durch das voreheliche Zusammenleben veranlasst worden war (vgl. BGH FamRZ 2010, 1971; FamRZ 2010, 1238; FamRZ 2011, 1377 und jüngst BGH Urteil vom 7. März 2012, Az. XII ZR 25/10 zitiert bei Juris). Ein ehebedingter Nachteil kann sich allerdings aus der Fortsetzung der Kinderbetreuung nach der Eheschließung ergeben, soweit ein Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene und fortgeführte Rollenverteilung auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet. Ein Nachteil entsteht dem Ehegatten in einem solchen Fall, wenn er bei Eheschließung aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe keine (weitergehende) Erwerbstätigkeit aufnimmt und ihm dadurch eine dauerhafte Einkommenseinbuße entsteht (vgl. BGH Az. XII ZR 25/10 zitiert bei Juris, Rn. 21, 22).

Hier sind weder aus der vorehelichen, noch der ehelichen Beziehung der Beteiligten Kinder hervorgegangen. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin mit Rücksicht auf die Rollenverteilung bereits vor Eheschließung mit dem Antragsgegner auch während der Ehe nur in relativ geringem Umfang erwerbstätig war. Demgegenüber ist mangels näher dargelegter Umstände davon auszugehen, dass es einem gemeinsamen ehelichen Entschluss entsprach, dass die Antragstellerin ab 2001 ihre Altersrente bezog und bezieht.

Der Antragsteller führt aus, dass die Antragsgegnerin auch bei einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit in ihrem angestammten Beruf als Industriekauffrau kein höheres Arbeitsentgelt als monatlich brutto 1.400,00 € hätte erzielen können. Die Antragsgegnerin selbst hat sich zu Einkünften von Industriekauffrauen in den hier maßgeblichen Zeitspannen nicht substantiiert erklärt. Erheblich bestritten ist ihre Behauptung, ihr letztes Nettoeinkommen habe im Jahre 1990 in diesem Berufsbereich monatlich 1.600,00 DM betragen.

Mithin ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin bei einer vollen Erwerbstätigkeit ein Monatseinkommen von 1.400,00 € brutto in der hier maßgeblichen Zeitspanne hätte erzielen können. Es wäre ihr dann geschätzt maximal möglich gewesen, bei einer Verdoppelung ihres tatsächlich erzielten Einkommens höchstens weitere Altersvorsorgeansprüche in Höhe von monatlich 50,00 € zu erlangen.

Der maximal denkbare eheliche Nachteil der Antragsgegnerin beläuft sich also bei Hochrechnung einer Erwerbstätigkeit im Rahmen dessen, was nach den Gesamtumständen zu erwarten gewesen wäre, ohne die Eheeingehung mit dem Antragsteller in Höhe von monatlich rund 50,00 € weiterer Rentenleistungen ab 2001.

Die Besonderheit im vorliegenden Fall besteht unter anderem darin, dass zum Zeitpunkt der Heirat der Beteiligten die Antragsgegnerin 54 Jahre, der Antragsteller 59 Jahre alt waren. Die Antragsgegnerin hatte zuvor eine 25 Jahre währende Ehe mit einem freiberuflichen tätigen Architekt erlebt. Innerhalb dieser ersten Ehe hat die Antragsgegnerin den überwiegenden Teil ihrer Altersvorsorgeansprüche erworben. Ein Versorgungsausgleich ist im Rahmen des Scheidungsverfahrens nicht durchgeführt worden.

Zum Zeitpunkt der Heirat der Beteiligten dieses Verfahrens war absehbar, dass Altersvorsorgeleistungen des Antragstellers als freiberuflich tätiger Bauunternehmer jedenfalls nicht im System der gesetzlichen Altersvorsorge erworben würden. Inwiefern die Beteiligten güterrechtlich aus Anlass der Ehescheidung auseinander gegangen sind, ist nicht dargelegt worden. Jedenfalls schlägt sich im zwischen den Parteien durchgeführten Versorgungsausgleich nieder, dass die Antragsgegnerin innerhalb der gesetzlichen Ehezeit der Beteiligten weitergehende Rentenanwartschaften erworben hat, als es der Antragsteller getan hat. Das somit ab dem Jahr 2001 die Rentenleistung in der ‚überschaubaren Höhe' ausfällt, wie sie tatsächlich ist, ergibt sich also erheblich daraus, dass die Antragsgegnerin vor der Heirat mit dem Antragsteller nicht umfangreichere Versorgungsanwartschaften erworben hat. Ein Umstand, der dem Antragsteller nicht vorzuhalten ist. Zu Gunsten der Antragsgegnerin kann danach ein ehebedingter Nachteil - wie oben dargestellt - in Höhe von maximal 50,00 € monatlich im Bereich ihres Unterhaltsbedarfs angenommen werden.

Sachlich überlagert wird im vorliegenden Fall die Frage der ehebedingten Nachteile durch die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung aufgrund nachehelicher Solidarität. Aus den oben dargestellten Gründen resultiert diese allein auf Umstände aus der Zeit des ehelichen Zusammenlebens, nicht aus einer vorehelichen Gemeinschaft, selbst wenn diese mehrere Jahre gedauert hat.

Die Beteiligten haben am 13. Juli 1995 geheiratet, die Zustellung des Scheidungsantrags erfolgte im März 2004. Die maßgebliche Ehezeit der Beteiligten beläuft sich somit auf rund acht Jahre und acht Monate. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Eheschließung der Beteiligten, bezogen auf ihre jeweiligen Lebensstationen, zu einer Zeit erfolgte, als der ‚Kernbereich' der Erwerbstätigkeit bereits abgeschlossen war, mithin beide Beteiligte bereits Mitte bis Ende der 50er Jahre alt waren. In einer solchen Lebensphase sind die Weichen für die weitere Vermögenslage hinsichtlich Unterhalt und Altersvorsorge größtenteils gestellt. Die zur Rentenzahlung ab 2001 gekommenen Anwartschaften der Antragsgegnerin sind das Ergebnis ihrer beruflichen Tätigkeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres. Nur rund sechs Jahre ihrer Erwerbszeiten war sie mit dem Antragsteller verheiratet, bevor sie ihre Altersrente bezog und heute noch bezieht.

Bereits 1990, also lange bevor die Ehe der Beteiligten geschlossen wurde, hat die Antragsgegnerin ihre Tätigkeit im erlernten Beruf aufgegeben. Soweit sie wiederholt vorträgt, es sei auf Drängen des Antragstellers diese Entscheidung umgesetzt worden, ebenso wie die Beantragung der Altersrente, ist der Antragsteller substantiiert den Erklärungen der Antragsgegnerin entgegen getreten. Nähere Angaben zu den von ihr erhobenen Umständen sind nicht vorgetragen. Damit stehen keine dem Antragssteller vorzuhaltende Umstände fest, denen zufolge die berufliche Tätigkeit von der Antragsgegnerin eingeschränkt wurde. Beweise dazu sind nicht zu erheben. Ohne die Eheschließung mit dem Antragsgegner ist davon auszugehen, dass die monatliche Altersrente auch ab Vollendung des 65. Lebensjahres sich in einer Größenordnung von monatlich maximal bis 340,00 € bewegen würde. Die Antragsgegnerin wäre also in jedem Fall auf Sozialleistungen angewiesen. Die eintretende Sozialhilfebedürftigkeit ist aber für sich kein Umstand, der einer Begrenzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts zwingend entgegenstünde (vgl. BGH FamRZ 2010, 1057; FamRZ 2010, 1414; FamRZ 2011, 713 ff.). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass Umstände zur Gesundheit und zum Alter, die dem Bereich der nachehelichen Solidarität zuzuordnen sind, für sich genommen keine lebenslange Lebensstandsgarantie zu begründen vermögen. Beachtlich ist nämlich, dass in einem jeweils späteren Lebensabschnitt die Beteiligten nur rund acht Jahre und acht Monate verheiratet waren. Dem steht gegenüber, dass beginnend ab Dezember 2003 bis einschließlich Februar 2004 Trennungsunterhalt von monatlich 500,00 €, in der Zeit von März 2004 bis August 2005 Trennungsunterhalt mit monatlich 740,00 €, beginnend ab September 2005 und nach der nun zu bestätigenden Entscheidung bis einschließlich August 2013 Trennungs- und nachehelicher Unterhalt in Höhe von monatlich 1.100,23 € und in der Zeit von September 2013 bis einschließlich August 2015 in Höhe von monatlich 532,00 € vom Antragsteller an die Antragsgegnerin gezahlt worden ist bzw. werden soll. Der Ehezeit von acht Jahren und acht Monaten steht damit eine Unterhaltsleistungszeit von insgesamt elf Jahren und neun Monaten gegenüber. Es errechnen sich Unterhaltszahlungen in Höhe von insgesamt 133.210,08 €, die im Schnitt verteilt auf 141 Monate eine monatliche Unterhaltsleistung in Höhe von gerundet 945,00 € ausmachen. Der Bundesgerichtshof hat deutlich gemacht, dass auch die Dauer und die Höhe der Trennungsunterhaltszahlungen hinsichtlich der Gesamtabwägung nach § 1578 b BGB einbezogen werden können. Die Gesamtbelastung des Unterhaltsverpflichteten durch den Unterhalt sei ein Billigkeitskriterium und dieses werde auch durch den - etwa längere Zeit gezahlten - Trennungsunterhalt mit beeinflusst (vgl. BGH FamRZ 2011, 875 ff.). Eine Kompensation des geringfügig denkbaren ehebedingten Nachteils ist bei so umfangreichen Unterhaltsleistungen anzunehmen (vgl. auch BGH XII ZR 145/09, Urteil vom 7. März 2012, Rd-Nr. 29 ff, zitiert bei juris).

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass mit der Zeit nach der Ehescheidung die nacheheliche Solidarität mit zunehmender zeitlicher Distanz zur Ehe schwächer wird (vgl. BGH FamRZ 2011, 1721 ff.).

Soweit die Antragsgegnerin sich auf eine weitergehende als die erkennbare Vermögenslage des Antragstellers bezieht, trifft sie jedenfalls die sog. Sekundärdarlegungslast. Es handelt sich grundsätzlich um anspruchsbegründende Umstände hinsichtlich des Unterhaltsbedarfs im Rahmen des § 1578 BGB und darüber hinaus der weitergehenden Begrenzung im Rahmen des § 1578 b BGB. Der Antragsteller hat unter Vorlage von Steuererklärungen und eines Steuerbescheids sowie Rentenbescheides seine Vermögensverhältnisse auch hinsichtlich der hinter den belegten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stehenden Immobilien dargelegt. Dem gegenüber trägt die Antragsgegnerin keine Anknüpfungstatsachen vor, aus denen sich ergeben könnte, dass weitere Kapitalerträge oder sonstige Einkünfte auf Seiten des Antragstellers gegeben sind. Die Antragsgegnerin stellt insbesondere nicht substantiiert dar, dass während der Zeit des ehelichen Zusammenlebens solche Vermögenswerte oder Einkünfte vorhanden waren. Sie möchte somit Bewertungskriterien entgegen der substantiierten Vermögensdarstellung des Antragstellers ins Feld führen, um jedenfalls im Rahmen des § 1578 b BGB zu begründen, weshalb es aufgrund des Gesamtvermögensstatus des Antragstellers der Billigkeit entspreche, ihr, der Antragsgegnerin, eine lebenslange Sicherung des vollen oder zumindest des am Existenzminimum orientierten herabgesetzten Unterhalts zu gewähren. Nach Ansicht des Senats ist der Antragsteller der ihm obliegenden Primärdarlegungslast für das Nichtvorhandensein von ehelichen Nachteilen und den anderen Umständen im Sinne des § 1578 b BGB nachgekommen. Nunmehr wäre es Sache der Antragsgegnerin, darzulegen, in welchem Punkt die Erklärungen des Antragstellers unzutreffend seien. Hierzu fehlen jedwede Erklärungen, sodass in jedem Fall nicht ersichtlich ist, dass im Hinblick auf § 1578 b BGB Umstände greifen, die eine Billigkeitsabwägung im Interesse der Antragsgegnerin dahin beeinflussen, eine zeitliche Ausweitung oder der Höhe nach Heraufsetzung des Unterhaltsanspruches zu bewerkstelligen.

Der Senat verkennt nicht, dass die Antragsgegnerin zur Zeit des Erlasses des Scheidungsverbundurteils davon ausging, dass eine Änderung der Unterhaltsverpflichtung, was eine Befristung oder Herabsetzung ohne weitere Umstände anbelangt, nicht erfolgen werde. Soweit für sie ausgeführt wird, es habe aufgrund der Höhe des Unterhalts keine besondere Disposition erfolgen können, steht dies aber gerade dafür, dass ein schützenswertes besonderes Vertrauen in den dauernden Fortbestand der titulierten Unterhaltsregelung nicht bestand. Ein solches kann nämlich nur im Einzelfall zu berücksichtigen sein (vgl. BGH FamRZ 2010, 2059). Im vorliegenden Fall musste die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass das Band der nachehelichen Solidarität mit zunehmender zeitlicher Distanz zur Ehe eine immer weniger tragfähige Grundlage für den Unterhaltsanspruch bietet. Im Zusammenhang damit steht, dass der Antragsgegner bereits mit Schriftsatz vom 13. August 2008 außergerichtlich eine Befristung und Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung bis zum Ende des Jahres 2009 geltend gemacht hat. Bereits aufgrund der Rechtslage vor dem 1. Januar 2008 durfte die Antragsgegnerin nicht davon ausgehen, dass der Antragsteller eine ungemilderte Unterhaltszahlung lebenslang hinnehmen wolle und nicht eine sich bietende Gelegenheit ergreifen werde, von seiner Unterhaltspflicht loszukommen.

Auf Seiten der Antragsgegnerin ist keine besondere Vertrauensschutzlage zu berücksichtigen, die eine Unabänderlichkeit des vormaligen Unterhaltstitels begründen könnte. Voraussetzung für die Abänderung eines vor dem 1. Januar 2008 rechtskräftig gewordenen Urteils ist unter anderem, dass die Änderung für den anderen Teil, hier also die Antragsgegnerin, unter Berücksichtigung ihres Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. Dieser Gesichtspunkt ist auch im Rahmen des § 1578 b BGB zu berücksichtigen (siehe oben). Ein Vertrauen des Unterhaltsberechtigten auf den Fortbestand eines titulierten Unterhalts ist danach insbesondere dann schutzwürdig, wenn sich die unterhaltsberechtigte Person auf den Fortbestand der Regelung eingestellt hat (vgl. BT-Drucksache 16/1830 S. 33). Zu berücksichtigen sind dabei auch die Dauer der Ehe sowie die Gestaltung der Haushaltsführung. Entscheidend geht es aber um die Frage, wie sehr sich der Unterhaltsberechtigte auf den - zur Überprüfung gestellten - Unterhaltstitel verlassen darf. Dabei ist zu beachten, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Unabänderbarkeit eines Unterhaltstitels nicht dem Regelfall entspricht (vgl. BGH FamRZ 2010, 1414; FamRZ 2010, 2059 ff.). Nach den eigenen Angaben der Antragsgegnerin, hat sie besondere Dispositionen nicht getroffen. Dies sei ihr wegen der Höhe der Unterhaltsleistungen gar nicht möglich gewesen. Mithin ist im vorliegenden Fall die normale Situation zu Grunde zu legen, dass die Antragsgegnerin als Unterhaltsberechtigte mit dem Scheidungsverbundurteil von 2006 auf der Grundlage des Alters eine unbefristete Unterhaltsleistung zugesprochen erhielt, weitere Umstände zur Begründung eines Vertrauens dahin, dass ohne jede Abänderung zeitlich oder der Höhe nach diese Unterhaltsverpflichtung lebenslang bestehe, aber nicht gegeben sind.

Unter Berücksichtigung aller vorgenannten Kriterien entspricht es der Billigkeit und der Zumutbarkeit auf Seiten der Antragsgegnerin, hier den vollen Unterhaltsbetrag in Höhe von monatlich 1.100,23 € bis einschließlich August 2013 zuzusprechen, danach eine Herabsetzung für 24 Monate auf den Betrag zur Sicherung des Existenzminimums. Danach ist die nacheheliche Solidarität im Verhältnis der Antragsgegnerin zum Antragsteller und umgekehrt aber in jedem Fall insofern ‚verbraucht', dass eine weitergehende Unterhaltszahlung nicht von der Antragsgegnerin begehrt und nicht von dem Antragsteller verlangt werden kann (vgl. BGH FamRZ 2011, 875 ff.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 243 Nr. 1 FamFG, § 516 Abs. 3 ZPO. Das mit der Beschwerde des Antragsgegners geltend gemachte Begehren, bereits ab Januar 2010 vollständig von einer Unterhaltsverpflichtung frei zu werden, bewertet der Senat in gleicher Höhe wie das Interesse der Antragsgegnerin, im Rahmen ihrer Beschwerde eine Befristung oder Herabsetzung gänzlich abzuwehren. Insofern entspricht es der Billigkeit, die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegeneinander aufzuheben, wobei die Kostenlast des Antragstellers auf der Beschwerderücknahme, die der Antragsgegnerin auf ihrem Unterliegen beruht . ..."

***

„... 2. Der Anspruch der Antragsgegnerin folgt aus § 1573 Abs. 2 BGB (Aufstockungsunterhalt). Dagegen ist nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. O, welchem der Senat folgt, kein Anspruch auf Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB gegeben, da die Antragsgegnerin trotz bestehender gesundheitlicher Beeinträchtigungen in der Lage ist, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 22.12.2011, auf das Bezug genommen wird, festgestellt, dass bei der Antragsgegnerin verschiedene Leiden vorliegen, aufgrund derer eine Einschränkung des allgemeinen Leistungsvermögens besteht. Aus diesem Grund kommen körperlich schwere und auch mittelschwere Tätigkeiten nicht mehr in Betracht. Hingegen seien körperlich leichte Tätigkeiten noch ausführbar, wobei Tätigkeiten mit häufigerem Bücken, Stehen oder Sitzen nicht mehr in Betracht kommen. Ebenso würden Tätigkeiten mit Zwangshaltungen und einseitigen Körperhaltungen entfallen sowie, wegen der Kniebeschwerden, insbesondere Tätigkeiten mit häufigerem Treppensteigen. Daneben kämen Tätigkeiten, die ein kräftiges Zupacken der rechten Hand erfordern, nicht mehr in Betracht. Mit diesen Einschränkungen könne eine körperlich leichte Tätigkeit noch vollschichtig ausgeübt werden. Als mögliche Tätigkeiten kämen beispielsweise Bürohilfstätigkeiten und dergleichen in Betracht. Gegenüber der letzten Begutachtung vom 12.09.2007 (AG Dorsten, AZ. 13 F 485/06) lasse sich eine durchgreifende Leistungsverschlechterung nicht dokumentieren. Insbesondere aufgrund der Kniegelenksbeschwerden müsse aber auf Sicht mit einer weiteren Einschränkung der Leistungsfähigkeit gerechnet werden, es sei denn, es erfolgte zwischenzeitlich eine Kniegelenksprothese.

In seiner Anhörung vor dem Senat hat der Sachverständige seine Angaben aus dem Sachverständigengutachten wiederholt und erläutert. Hauptbefund sei die eingeschränkte Belastbarkeit des rechten Kniegelenks bei Zustand nach Kreuzbandersatzplastik und weiterhin bestehenden Knorpelschädigungen. Bereits im Jahr 2007 bei der Erstbegutachtung habe es aus diesem Grund deutliche Beeinträchtigungen gegeben. Es entspreche dem Krankheitsbild, dass zwischenzeitlich eine gewisse Zunahme der Beschwerden eingetreten sei. Häufig ende ein derartiges Krankheitsbild in einer prothetischen Versorgung. Die anderen beschriebenen Erkrankungen betreffend etwa die Schulter und die Wirbelsäule seien nicht so schwerwiegend. Dies gelte auch für die Anpassungsstörung, die eher leichtgradig sei und die sich gebessert habe.

Aus der eingeschränkten Belastbarkeit des rechten Kniegelenks folge, dass nur eine leichte Tätigkeit ausgeübt werden könne und dass Tätigkeiten, die ein häufigeres Gebrauchen des Knies erfordern, wie z.B. die häufige Benutzung einer Leiter oder das häufige Zurücklegen langer Wege, ausscheiden. Eine zeitliche Einschränkung sei jetzt noch nicht gegeben, könne aber zukünftig in Betracht kommen; dies könne sich allerdings anders darstellen, wenn eine prothetische Versorgung erfolgt. Eine Tätigkeit als Verkäuferin im Einzelhandel sei nicht günstig und würde auf Kosten der Gesundheit gehen. Eine derartige Tätigkeit sei auch schon im Jahre 2007 nicht mehr in Betracht gekommen.

Der Senat folgt diesen überzeugenden und auch im Senatstermin von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogenen Ausführungen des Sachverständigen. Danach ist die Antragstellerin in der Lage, vollschichtig eine - leichte - Tätigkeit auszuüben, so dass ein Anspruch auf Krankheitsunterhalt ausscheidet und sich die Anspruchsberechtigung aus § 1573 Abs. 2 BGB ergibt. Der Antragsgegner schuldet Aufstockungsunterhalt nach Maßgabe der folgenden Erwägungen.

3. Das Maß des Unterhalts bestimmt sich gemäß § 1587 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen, hier also dem bereinigten Einkommen des Antragstellers in prägender Höhe sowie dem (fiktiven) Einkommen der Antragsgegnerin sowie dem Wohnvorteil aufgrund des kostenfreien Wohnens in dem in ihrem hälftigen Miteigentum stehenden vormaligen Familienheim.

a) Das für die Unterhaltsberechnung maßgebliche Einkommen des Antragstellers stellt sich wie folgt dar:

Gesamtbrutto 79.968,80 Euro
Lohnsteuer ./. 22.123,87 Euro
Solidaritätszuschlag ./. 1.216,74 Euro
Rentenversicherung ./. 6.431,70 Euro
Arbeitslosenversicherung ./. 904,96 Euro
Krankenversicherung ./. 3.555,00 Euro
Pflegeversicherung ./. 438,72 Euro
verbleiben 45.297,81 Euro
= monatlich 3.774,82 Euro
Korrektur Auslösung ./. 76,66 Euro
Auslösung steuerfrei 31,65 Euro
Übernachtung steuerfrei 0,00 Euro
Fahrgeld 0,00 Euro
Nettoquote vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers ./. 15,06 Euro
Fahrtkosten ./. 308,00 Euro
Gewerkschaft ./. 24,00 Euro
Steuererstattung 150,00 Euro
private Altersvorsorge ./. 266,56 Euro
Belastung Familienheim ./. 801,05 Euro
verbleiben 2.465,13 Euro
davon 6/7 2.112,97 Euro

aa) Der Senat hat für den hier maßgeblichen Zeitraum ab 19.11.2011 das vom Antragsteller im Jahr 2010 erzielte Einkommen zugrunde gelegt und dieses Einkommen fortgeschrieben. Eine Unterhaltsberechnung auf der Basis des im Jahr 2011 erzielten Einkommens kommt nicht in Betracht, da dieses Einkommen nicht als eheprägend angesehen werden kann.

Das vom Antragsteller im Jahr 2011 erzielte Bruttoeinkommen belief sich ausweislich der sich aus der Abrechnung Dezember 2011 ergebenden Jahresbeträge auf 106.432,83 Euro und lag somit um über 26.000,00 Euro höher als das im Jahr 2010 erzielte Bruttoeinkommen. Bereits dieses im Jahr 2010 erzielte Jahresbruttoeinkommen resultierte bei einem Grundgehalt von monatlich gut 4.200,00 Euro brutto zu einem nicht unerheblichen Teil aus Vergütungen für Mehrarbeit. Diese beruhen nach der - ihrem Inhalt nach unstreitigen - Bescheinigung des Arbeitgebers des Antragstellers vom 06.02.2012 (Bl. 302 d.A.) darauf, dass der Antragsteller seit Mai 2010 auf einer Baustelle in M für die Abwicklung eines Großauftrages als Oberbauleiter tätig war. Sind auf diese Weise bereits im Jahr 2010 Überstunden in nicht unerheblichem Umfang angefallen, so stieg deren Umfang im Jahr 2011 ausweislich der vorgelegten Gehaltsabrechnungen noch einmal sehr deutlich an. In der bereits zitierten Arbeitgeberbescheinigung vom 06.02.2012 wird dies damit begründet, dass die Ausführungen des Auftrags in M einem vertraglich festgelegten Terminrahmen unterlag. Die Aufgabenbereiche des Antragstellers hätten die Koordination und Überwachung der auszuführenden Arbeiten umfasst. In der Spitze seien auf der Baustelle ca. 130 Personen für die Fa. A (Arbeitgeber) tätig gewesen, die im Mehrschichtbetrieb und teilweise an den Wochenenden gearbeitet hätten. In seiner Funktion als Oberbauleiter habe dies in der Vergangenheit eine über die Regelarbeitszeit hinausgehende Tätigkeit und Präsenz vor Ort erfordert, die im Rahmen von Überstunden abgeleistet worden seien. Die Arbeiten befänden sich derzeit in der Endphase, der Fortschritt des Projekts betrage ca. 95 % und die Personalstärke sei auf 30 Personen reduziert, so dass die Ableistung von Überstunden aus Sicht der Projektleitung nicht mehr erforderlich sei.

Der Senat betrachtet daher die aufgrund der in außergewöhnlichem Umfang erfolgten Mehrarbeit im Jahr 2011 erzielten Bruttoeinkünfte in für den Antragsteller außergewöhnlicher Höhe nicht als eheprägend und legt sie der Unterhaltsberechnung nicht zugrunde. Auch die Antragsgegnerin behauptet nicht, dass derart hohe Überstundenvergütungen bereits zu Zeiten intakter Ehe erfolgt wären.

Ebensowenig kann allerdings das im Monat Januar 2012 erzielte, deutlich reduzierte Einkommen des Antragstellers zugrunde gelegt werden (vgl. Gehaltsabrechnung Bl. 303 f. d.A.), da die sich nur über einen Monat verhaltende Gehaltsabrechnung nicht als repräsentativ angesehen werden kann, auch wenn nach der Bescheinigung des Arbeitgebers auf der Baustelle in M keine nennenswerte Mehrarbeit mehr anfallen wird. Durchaus wahrscheinlich erscheint es aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit aber, dass der Antragsteller demnächst auf anderen Baustellen tätig werden wird, bei denen er in seiner Tätigkeit als Bauleiter ebenfalls Überstunden machen wird.

Der Senat hat daher das Einkommen des Jahres 2010 seinen Berechnungen zugrunde gelegt, da es nach derzeitigem Stand eine hinreichend verlässliche Grundlage darstellt, um auch die zukünftigen Verdienste des Antragstellers zu schätzen. Der Umstand, dass auch das Einkommen des Jahres 2010 zu einem nicht unwesentlichen Teil aus Vergütungen für Überstunden beruht, steht einer vollumfänglichen Berücksichtigung dieses Einkommens und einer Fortschreibung für die Zukunft nicht entgegen.

Nach Ziffer 1.3 der Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht (im folgenden Text: HLL) sind Überstundenvergütungen Einkommen, wenn die Überstunden entweder in geringem Umfang anfallen oder berufstypisch sind. Vergütungen für Überstunden, die deutlich über dieses übliche Maß hinausgehen, sind nach Billigkeitsgesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles sowie des in § 1577 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens anzurechnen. Beim Ehegattenunterhalt sind Überstundenvergütungen nach vorstehender Maßgabe bedarfsbestimmend zu berücksichtigen, wenn sie bereits die intakten Lebensverhältnisse mitgeprägt haben.

Diese Grundsätze führen hier zur vollen Anrechnung der Überstundenvergütungen, die im Jahr 2010 erzielt worden sind. Denn zum einen sind sie bei der Tätigkeit des Antragstellers, der als Bauleiter im Rohrleitungsbau arbeitet, berufstypisch. Auch sind sie offenbar bereits in der Vergangenheit angefallen und haben bereits die Lebensverhältnisse zu Zeiten intakter Ehe mitgeprägt, anders als die außergewöhnlich hohen Überstundenvergütungen im Jahr 2011.

Der Senat hält es nach alledem für gerechtfertigt, für den gesamten verfahrensgegenständlichen Unterhaltszeitraum ab dem 19.11.2011 das vom Antragsteller im Jahr 2010 erzielte Einkommen zugrundezulegen.

bb) Die Höhe des Gesamtbruttoeinkommens im Jahre 2010 sowie die Abzüge für Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung und Pflegeversicherung ergeben sich aus den Jahreswerten der Entgeltabrechnung Dezember 2010 vom 22.12.2010 (Bl. 275 d.A.), auf die Bezug genommen wird.

Aus den obengenannten Gründen hat der Senat die aus Mehrarbeit im Jahr 2010 erzielten Einkünfte in die Unterhaltsberechnung mit einbezogen.

cc) Von dem sich somit ergebenden monatsdurchschnittlichen Nettoeinkommen von 3.774,82 Euro sind hinsichtlich der erhaltenen Auslösungen die aus der obigen Aufstellung ersichtlichen Korrekturen vorzunehmen.

Gemäß Nr. 1.4 der HLL ist über die Anrechenbarkeit von Auslösungen und Spesen nach Maßgabe des Einzelfalles zu entscheiden. Im Zweifel kann davon ausgegangen werden, dass eine Ersparnis eintritt, die mit 1/3 der Nettobeträge zu bewerten und insoweit dem anrechenbaren Einkommen hinzuzurechnen ist.

Der Senat rechnet daher - wie bereits unbeanstandet das Amtsgericht - die erhaltenen Auslösungen nur zu 1/3 einkommenserhöhend an, wie im Senatstermin unwidersprochen erörtert.

Hinsichtlich der im Jahr 2010 erhaltenen steuerpflichtigen Auslösungen führt dies dazu, dass von dem oben ermittelten monatlichen Nettodurchschnittsverdienst ein Betrag in Höhe von 76,66 Euro in Abzug zu bringen ist. Die steuerpflichtigen Auslösungen sind in dem Gesamtbruttobetrag von 79.968,80 Euro, welcher Ausgang der Unterhaltsberechnung ist, bereits enthalten. Sie sind daher in Höhe von 2/3 wieder in Abzug zu bringen. Der Antragsteller hat im Jahr 2010 insgesamt steuerpflichtige Auslösungen in Höhe von (266,20 + 53,60 + 163,04 + 249,20 + 75,00 + 67,00 + 242,00 + 242,00 + 242,00 + 264,00 + 275,00 + 297,00 =) 2.436,04 Euro erhalten, monatsdurchschnittlich also 203,00 Euro brutto. Bei einer Nettoquote von (45.297,81 : 79.968,80 =) 57 % führt dies zu einem Nettobetrag von 114,99 Euro. 2/3 hiervon sind 76,66 Euro, die in Abzug gebracht worden sind.

Die im Jahr 2010 erhaltenen steuerfreien Auslösungen sind hingegen im Gesamtbruttobetrag von 79.968,80 Euro nicht enthalten, so dass sie in Höhe von 1/3 des monatsdurchschnittlichen Betrages hinzuzurechnen sind. Bezogen hat der Antragsteller im Jahr 2010 steuerfreie Auslösungen in Höhe von (146,56 + 24,00 + 152,32 + 342,72 + 18,00 + 1,00 + 304,64 + 12,00 + 90,00 + 48,00 =) 1.139,24 Euro. Monatsdurchschnittlich ergibt dies einen Betrag von 94,94 Euro. 1/3 hiervon sind 31,65 Euro, die in die Berechnung eingestellt worden sind.

dd) Die im Jahr 2010 angefallenen steuerfreien Fahrgelder und Übernachtungskosten, die ebenfalls im Gesamtbruttobetrag nicht enthalten sind, hat das Amtsgericht nicht berücksichtigt, was von den Beteiligten nicht angegriffen worden ist, so dass der Senat diese, im Übrigen auch nicht zu beanstandende, Handhabung fortgeschrieben hat.

ee) Der Abzug der Nettoquote der vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers, der Fahrtkosten sowie des Gewerkschaftsbeitrages sind zwischen den Beteiligten unstreitig.

ff) Der vom Senat in die Berechnung eingestellte, der Höhe nach gem. § 287 ZPO geschätzte, monatsdurchschnittliche Steuererstattungsbetrag von 150,00 Euro ergibt sich aus den folgenden Überlegungen.

Das Amtsgericht ist in seiner Berechnung unter Zugrundelegung der vom Antragsteller vorgelegten Steuerberechnung für das Jahr 2009 (Bl. 46 SH UE) von einem voraussichtlichen Erstattungsbetrag von 626,55 Euro ausgegangen, der zu einer monatlichen Erstattung von 52,21 Euro führt. Steuerbescheide der letzten Jahre liegen nach den Angaben des Antragstellers, die er im Senatstermin wiederholt hat, nicht vor, so dass eine Schätzung vorzunehmen ist.

Der Senat ist insoweit von dem vom Amtsgericht angenommenen Betrag ausgegangen und hat diesen um rund 100,00 Euro erhöht. Diese Erhöhung resultiert daraus, dass sich in der genannten Steuerberechnung des Antragstellers keine Angaben zum monatlichen Ehegattenunterhalt, der in Höhe von 200,00 Euro als Trennungsunterhalt vereinbart und gezahlt worden ist, finden. Berücksichtigt man diese Zahlungen, so verringert sich das zu versteuernde Einkommen um 2.400,00 Euro. Dies führt bei Zugrundelegung der Steuer-Grundtabelle für 2009 dazu, dass sich bei einem Jahreseinkommen von (77.390,00 - 2.400,00 =) 74.990,00 Euro lediglich eine Einkommensteuer in Höhe von 23.431,00 Euro gegenüber ansonsten 24.593,00 Euro ergibt, wobei der geringere Solidaritätszuschlag noch nicht berücksichtigt ist. Die Differenz von rund 1.200,00 Euro rechtfertigt die vorgenommene Erhöhung um monatsdurchschnittlich knapp 100,00 Euro auf dann gerundet 150,00 Euro.

gg) Aufwendungen für private Altersvorsorge sind in Höhe von 266,56 Euro zu berücksichtigen.

Gemäß Nr. 10.1 der HLL ist beim Ehegattenunterhalt für die sekundäre Altersvorsorge in der Regel ein Betrag von bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres als angemessen in Abzug zu bringen. Unstreitig ist, dass der Antragsteller Vorsorgeaufwendungen in einer diesen Betrag übersteigenden Höhe hat (vgl. seine Aufstellung Bl. 49 SH UE, wonach er zwei Lebensversicherungen in Höhe von monatlich 162,17 Euro und 300,00 Euro bedient). Der vom Senat eingestellte Betrag entspricht dem monatsdurchschnittlichen Betrag von 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Jahres 2010, da verfahrensgegenständlich der Zeitraum ab dem 19.11.2011 ist.

hh) Daneben kann der Antragsteller die monatlichen Belastungen für Verbindlichkeiten betreffend das Familienheim als eheprägend absetzen.

Der Senat schreibt insoweit den vom Amtsgericht abgesetzten Betrag von monatlich 801,05 Euro fort, welcher der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

Ein Abzug ist zusätzlich zu den unter oben gg) genannten Abzügen für private Altersvorsorge zulässig, da das Familienheim im hälftigen Miteigentum beider Beteiligter steht, so dass die Bedienung der Verbindlichkeiten durch den Antragsteller in gleichem Maße der Antragsgegnerin zugute kommt.

ii) Von dem sich ergebenden bereinigten monatlichen Nettoeinkommen von 2.465,13 Euro ist der Erwerbstätigenbonus in Höhe von 1/7 in Abzug zu bringen, so dass ein monatlicher Betrag von 2.112,97 Euro verbleibt.

b) Auf Seiten der Antragsgegnerin ist das folgende Einkommen in die Unterhaltsberechnung einzustellen.

Erwerbseinkommen (fiktiv) brutto 1.211,00 Euro
Erwerbseinkommen (fiktiv) netto 913,00 Euro
abzüglich 5 % Werbungskosten 867,35 Euro
davon 6/7 743,44 Euro
Wohnvorteil 510,00 Euro
gesamt 1.253,44 Euro.

aa) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Antragsgegnerin die unterhaltsrechtliche Obliegenheit trifft, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Weiterhin ist unstreitig, dass sie in den vergangenen Jahren keinerlei Erwerbsbemühungen entfaltet hat, so dass zu ihren Lasten mit fiktiven Erwerbseinkünften zu rechnen ist.

Der Senat geht davon aus, dass die Antragsgegnerin bei entsprechenden Bemühungen in der Lage wäre, eine vollschichtige Erwerbstätigkeit mit einem Stundenlohn von 7,00 Euro zu finden, die zu einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.211,00 Euro führen würde.

Der Senat hat hierbei die oben wiedergegebene Einschätzung des Sachverständigen Dr. Nensa berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin nur noch in der Lage ist, körperlich leichten Tätigkeiten nachzugehen. In Betracht kommen etwa Bürohilfsarbeiten.

Nach den Erfahrungen des Senats ist für derartige Arbeiten ein Stundenlohn von 7,00 Euro erzielbar.

Soweit der Sachverständige in seiner Anhörung vor dem Senat die Ansicht vertreten habe, die Antragsgegnerin sei auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelbar, folgt der Senat dieser Einschätzung des Sachverständigen, die im Übrigen nicht von seinem Gutachtenauftrag erfasst ist, nicht. Vielmehr ist es nach den Erfahrungen des Senats sehr wohl möglich, dass die am 07.07.1955 geborene Antragsgegnerin eine Arbeitstätigkeit mit dem beschriebenen Tätigkeitsfeld finden kann. Sie ist als Anspruchstellerin darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass ihr dies trotz entsprechender Bemühungen nicht möglich wäre. Entsprechende Bemühungen hat sie indes bislang gar nicht entfaltet. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Antragsgegnerin bereits seit mehreren Jahren gehalten war, sich um einen Arbeitsplatz zu bemühen. Die Trennung erfolgte im August 2003, so dass jedenfalls anfangs des Jahres 2005 von ihr erwartet werden konnte, sich um eine Arbeitstätigkeit zu bemühen. Das Alter der am xxx geborenen Kinder stand dem nicht entgegen. Im Übrigen war auch in dem seinerzeit erstellten Sachverständigengutachten des Dr. O vom 12.09.2007 in dem Trennungsunterhaltsverfahren AG Dorsten, 13 F 485/06, festgestellt worden, dass die Antragsgegnerin in der Lage ist, vollschichtig eine leichte Tätigkeit auszuüben. Zu ihren Aussichten auf dem Arbeitsmarkt ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass sie immerhin in der Zeit von 1998 bis 2004 zumindest teilweise eigenverantwortlich eine Boutique geführt hat, was ihre Chancen bei einer Arbeitsplatzsuche verbessert oder jedenfalls bei zeitnahen Bemühungen verbessert hätte, da ein potentieller Arbeitgeber davon ausgehen kann, dass sie den Anforderungen für leichte Bürotätigkeiten ohne Weiteres gewachsen ist.

bb) Das Bruttoeinkommen von monatlich 1.211,00 Euro führt nach einem Steuerberechnungsprogramm zu einem monatlichen Nettoeinkommen von 913,00 Euro.

Hiervon abzuziehen sind Werbungskosten in Höhe von pauschal 5 % entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senats bei fiktiver Einkommensberechnung.

Abzüglich des Erwerbstätigenbonus von 1/7 verbleibt ein Erwerbseinkommen in Höhe von 743,44 Euro.

cc) Weiterhin in die Unterhaltsberechnung einzustellen ist der Wohnvorteil der Antragsgegnerin, die kostenfrei das in ihrem hälftigen Miteigentum stehende vormalige Familienheim bewohnt.

Der Senat hat den Wohnvorteil mit monatlich 510,00 Euro bemessen.

Der Senat folgt insoweit der Einschätzung des Amtsgerichts. Dieses hat ausführlich und überzeugend begründet, warum von einem Wohnwert in Höhe von 510,00 Euro auszugehen sei. Der Senat nimmt auf diese Ausführungen (S. 10 f. des angefochtenen Beschlusses) Bezug und schließt sich ihnen an.

Mit den genannten Gründen des amtsgerichtlichen Beschlusses setzt sich die Beschwerdeerwiderung nicht substantiiert auseinander, so dass der Senat nicht gehalten ist, auf die ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung hin, der Wohnvorteil betrage 850,00 Euro, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Die insoweit bereits im Verhandlungstermin geäußerte Ansicht des Senats blieb bei der Erörterung unwidersprochen.

dd) Insgesamt ergibt sich somit auf Seiten der Antragsgegnerin ein in die Unterhaltsberechnung einzustellendes Einkommen von bereinigt 1.253,44 Euro.

c) Die unter Zugrundelegung der vorstehenden Erwägungen vorzunehmende Unterhaltsberechnung führt zu monatlichen Unterhaltsansprüchen der Antragsgegnerin auf Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 95,00 Euro und auf Elementarunterhalt in Höhe von 389,00 Euro, mithin auf monatlich insgesamt 484,00 Euro. Die Anspruchshöhe ergibt sich aus der folgenden Berechnung:

Einkommen Antragsteller 2.112,97 Euro
Einkommen Antragsgegnerin ./. 1.253,44 Euro
Differenz 859,52 Euro
davon ½ = vorläufiger Elementarunterhalt 429,76 Euro - gerundet 430,00 Euro
Zuschlag nach Bremer Tabelle 485,90 Euro
daraus folgender Altersvorsorgeunterhalt 95,24 Euro
Altersvorsorgeunterhalt gerundet 95,00 Euro
neues Einkommen Antragsteller nach Abzug des Altersvorsorgeunterhalts (2.465,13 Euro ./. 95,00 Euro) 2.370,13 Euro
davon 6/7 2.031,57 Euro
Einkommen der Antragsgegnerin ./. 1.253,44 Euro
Differenz 778,10 Euro
davon ½ = Elementarunterhalt 389,05 Euro
Elementarunterhalt gerundet 389,00 Euro
gesamt 484,00 Euro

Der Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt folgt aus § 1578 Abs. 3 BGB.

4. Die Unterhaltszahlung hat für den Zeitraum bis einschließlich März 2012 in Höhe von monatlich 333,58 € an das Jobcenter Kreis S zu erfolgen, da die Antragsgegnerin in dieser Höhe Leistungen nach dem SGB II erhalten hat, so dass insoweit ein gesetzlicher Forderungsübergang auf das Jobcenter erfolgt ist.

5. Der auf die vorstehende Weise ermittelte Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen ist mit Ablauf des Jahres 2013 gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, die Zahlungsverpflichtung auf 200,00 Euro zu reduzieren. Mit Ablauf des Jahres 2015 ist der Unterhaltsanspruch gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB zeitlich zu begrenzen.

Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den Eigenunterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Ehe ergeben.

a) Danach ist vorrangig zu berücksichtigen, ob ehebedingte Nachteile eingetreten sind. Den Unterhaltsberechtigten trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast. Diese hat im Rahmen von § 1578 b BGB zum Inhalt, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden. Die an die sekundäre Darlegungslast zu stellenden Anforderungen sind nicht zu überspannen und müssen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung tragen. Erforderlich ist allerdings die Darlegung konkreter beruflicher Entwicklungsmöglichkeiten, die so konkret sein müssen, dass sie auf ihre Plausibilität überprüft werden können und der Widerlegung durch den Unterhaltspflichtigen zugänglich sind (BGH, Urteil vom 26.10.2011, XII ZR 162/09, NJW 2012, 74 = FamRZ 2012, 93).

Hier können ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB auf Seiten der Antragsgegnerin nicht festgestellt werden.

Dem Amtsgericht ist in der Ansicht zu folgen, dass es an einem substantiierten Vortrag der Antragsgegnerin, welche beruflichen Nachteile ihr aufgrund der Ehe entstanden sein sollen, fehlt. Die Antragsgegnerin war zum Zeitpunkt der Heirat am xxx bereits 30 Jahre alt und noch immer ohne Berufsausbildung. Soweit dies auf die erste Ehe der Antragsgegnerin und die Betreuung der beiden aus der ersten Ehe hervorgegangenen Kinder zurückzuführen sein mag, ist dies für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. Jedenfalls gibt es keine konkreten Hinweise darauf, dass die Antragsgegnerin, hätte sie den Antragsteller nicht geheiratet und die beiden Kinder aus der Ehe betreut, noch eine Berufsausbildung absolviert hätte. Sie hat zu keinem Zeitpunkt, sei es vor ihrer zweiten Ehe oder sei es nach der im Jahr 2003 erfolgten Trennung, irgendwelche dahingehende Bemühungen entfaltet. Ebensowenig kann festgestellt werden, dass die Antragsgegnerin jetzt ein höheres Einkommen erzielen könnte, wenn sie bereits in früheren Jahren - ohne Berufsausbildung - einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre. Denn es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass es der Antragsgegnerin gelungen wäre, durchgehend beim selben Arbeitgeber tätig zu werden und auf diese Weise mit der Zeit ein höheres Lohnniveau zu erreichen. Vielmehr ist es gerade bei ungelernten Kräften nicht unüblich, dass diese nach einer Zeit der Arbeitstätigkeit ihren Arbeitsplatz verlieren und sich dann erneut auf den Arbeitsmarkt begeben müssen, um auf niedrigem Lohnniveau eine neue Anstellung zu finden.

b) § 1578 b BGb beschränkt sich indes nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Auch im Rahmen der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung sind nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB neben weiteren relevanten Umständen im Einzelfall die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie die Dauer der Ehe zu berücksichtigen. Die Ehedauer gewinnt durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt (BGH, Urteil vom 06.10.2010, AZ. XII ZR 202/08, FamRZ 2010, 1971).

Hier ist bei der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen, dass die Ehe der Beteiligten vom 29.08.1985 bis zur Zustellung des Scheidungsantrages am 26.10.2006 rund 21 Jahre dauerte. Die Antragsgegnerin hat während der Ehezeit den Haushalt geführt und die beiden gemeinsamen Kinder betreut. Daneben hat sie von 1998 bis zum Jahr 2004 in der auf den Namen des Antragstellers laufenden Boutique gearbeitet.

Weiterhin ist zugunsten des Antragstellers die außergewöhnlich lange Trennungszeit verbunden mit dem Umstand, dass er bereits seit der Trennung im August 2003 Trennungsunterhalt an die Antragsgegnerin zahlt, zu berücksichtigen.

Ungeklärt ist derzeit noch die Situation hinsichtlich des im hälftigen Miteigentum stehenden Familienheims, das möglicherweise veräußert werden soll. Der Senat hat insoweit die derzeit bestehenden tatsächlichen Verhältnisse zugrunde gelegt.

c) Unter Abwägung sämtlicher vorgenannter Gesichtspunkte hält es der Senat für geboten, von der Möglichkeit des § 1578 b Abs. 3 BGB Gebrauch zu machen und die Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs miteinander zu verbinden.

Insgesamt erscheint es trotz der nicht unerheblichen Dauer der Ehe unter Berücksichtigung der bereits seit August 2003 erfolgten Trennungsunterhaltszahlungen geboten, den Unterhaltsanspruch zum Ende des Jahres 2015 zeitlich zu begrenzen.

Darüber hinaus erscheint es angemessen, bereits zuvor die Anspruchshöhe auf monatlich 200,00 Euro herabzusetzen, wobei dieser Unterhalt als Elementarunterhalt geschuldet ist. Die Antragsgegnerin ist in der Lage, einer auskömmlichen Berufstätigkeit nachzugehen und kann somit über Beträge deutlich oberhalb des Selbstbehalts verfügen.

6. a) Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 FamFG. Der Senat hat trotz des teilweisen Obsiegens der Antragsgegnerin in der Beschwerdeinstanz die erstinstanzliche Kostenentscheidung nur geringfügig korrigiert, da diese zu einem wesentlichen Teil darauf beruht hat, dass die Antragsgegnerin mit ihrem Antrag auf Zahlung eines Zugewinnausgleichsbetrags in Höhe von 27.496,26 Euro vollumfänglich unterlegen ist. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 29.03.2012 - 2 UF 215/11)

***

„... Die zulässige Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Die mit dem Versorgungsausgleich einher gehende Kürzung der laufenden Versorgung des Ehemanns ist bis zum Beginn des Versorgungsbezugs der Ehefrau bis zur Höhe des von den geschiedenen Ehegatten vergleichsweise vereinbarten Unterhalts auszusetzen.

Nach dem zum 1.9.2009 in Kraft getretenen § 33 Abs. 1 VersAusglG wird die Kürzung der laufenden Versorgung der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt, solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte.

Im vorliegenden Fall beläuft sich der im Falle einer Aussetzung der Kürzung der Versorgung des Ehemanns bestehende gesetzliche Unterhaltsanspruch der Ehefrau mindestens auf den von den geschiedenen Ehegatten vereinbarten Betrag von 1.270,- EUR monatlich, weshalb es sich insoweit nicht um einen vertraglichen Unterhaltsanspruch, sondern um die zulässige vertragliche Ausgestaltung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs der Ehefrau aus § 1573 Abs. 2 BGB handelt (vgl. insoweit BGH, NJW 1998, 64).

Auf Grund der von den geschiedenen Ehegatten im Zuge der Scheidung im Jahr 2005 getroffenen außergerichtlichen Vereinbarung über den vom Ehemann zu zahlenden nachehelichen Ehegattenunterhalt muss von einem nach § 1578 Abs. 1 BGB maßgeblichen eheprägenden Unterhaltsbedarf der Ehefrau in Höhe der relativen Sättigungsgrenze der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zuzüglich Wohn-, Altersvorsorge- und Krankenvorsorgebedarf ausgegangen werden. Den Unterhaltszahlungen an die damals einkommenslose Ehefrau legten die Ehegatten ausweislich des Schreibens des damaligen Bevollmächtigten der Ehefrau und nunmehrigen Bevollmächtigten des Ehemannes vom 12.7.2005 einen entsprechenden Bedarf zugrunde. Der Altersvorsorgebedarf wurde ausgehend von einem Elementarunterhalt von 2.000,-- EUR nach der Bremer Tabelle mit 507,-- EUR in Ansatz gebracht.

Auch wenn die relative Sättigungsgrenze, bis zu welcher ein Elementarunterhaltsbedarf nicht konkret dargelegt werden muss, den Wohnbedarf grundsätzlich abdeckt (vgl. Ziffer 15.3 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, abrufbar unter www.hefam.de), begegnet die von den Ehegatten im Jahr 2005 vorgenommene Konkretisierung des Bedarfs der Ehefrau im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Ehemanns keinen Bedenken. Der Ehemann verfügte damals nach Abzug des Kindesunterhalts über ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von über 8000,- EUR zuzüglich Wohnvorteil. Wenn er seiner geschiedenen Ehefrau hiervon 3.107,- EUR als Unterhalt zukommen ließ, bewegte sich dies nicht nur innerhalb der Grenzen der Halbteilung. Vielmehr kann vor diesem Hintergrund auch ohne weitere Darlegung davon ausgegangen werden, dass der Ehefrau auch während der Ehe ein entsprechender Betrag zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfs zur Verfügung stand.

Die dem Barbedarf der Ehefrau zu Grunde gelegte relative Sättigungsgrenze beläuft sich mittlerweile auf 2.500,-- EUR (Ziffer 15.3 der Unterhaltsgrundsätze). Der Bedarf der Ehefrau ist inzwischen in Höhe von 380,- EUR durch ihre um eine fünfprozentige Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen (Ziffer 10.2.1 der Unterhaltsgrundsätze) bereinigten Erwerbseinkünfte aus ihrer steuer- und sozialversicherungsfreien geringfügigen Beschäftigung gedeckt, in Höhe weiterer 1.377,67 EUR brutto durch ihre Kapitalerträge. Von dem sich hieraus ergebenden Einkommen von 1.757,- EUR sind die monatlich gezahlten Steuern von umgerechnet 210,31 EUR in Abzug zu bringen, außerdem die inzwischen von der Ehefrau selbst gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von 472,57 EUR. Danach verbleibt ein zur Bedarfsdeckung heranzuziehendes Einkommen von 1.074,79 EUR.

Die steuerlich geltend gemachten Verluste aus Vermietung und Verpachtung mindern das der Ehefrau zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehende Einkommen nach ihren eigenen Angaben nicht.

Fiktives Einkommen aus einer etwaigen Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit ist der Ehefrau nicht anzurechnen. Im Hinblick auf das Alter der Ehefrau, die Dauer der Ehe und die Aufgabenverteilung während der Ehe sowie den durch § 36 Nr.1 EGZPO gewährleisteten Vertrauensschutz begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Ehegatten im Rahmen der Konkretisierung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs der Ehefrau davon ausgehen, dass die Ehefrau einer etwaigen Erwerbsobliegenheit durch ihre geringfügige Beschäftigung genügt.

Ausgehend von einem Elementarbedarf von 2.500,- EUR verbleibt damit eine Bedarfslücke von gerundet 1.425,- EUR. Da aus dem Einkommen aus der geringfügigen Beschäftigung keine Aufwendungen für die Altersvorsorge getätigt werden und dieses Einkommen anders als die Kapitalerträge nach Eintritt in den Ruhestand nicht mehr zur Verfügung stehen wird, erscheint es angemessen, der Berechnung des Altersvorsorgebedarfs einen zusätzlichen Betrag von 400,- EUR, insgesamt also 1.825,- EUR, zu Grunde zu legen. Hieraus folgt nach der aktuellen Bremer Tabelle ein Altersvorsorgebedarf von gerundet 490,- EUR. Ausgehend von den Einkommensverhältnissen vor der Pensionierung des Ehemanns beläuft sich der ungedeckte monatliche Unterhaltsbedarf der Ehefrau damit auf 1.915,- EUR und damit sogar auf deutlich mehr als den nun vereinbarten Unterhalt.

Ein Absinken des monatlichen Bedarfs unter den vereinbarten Betrag von 1.270,- EUR folgt auch nicht aus dem zwischenzeitlichen Absinken des Einkommens des Ehemanns in Folge seiner Versetzung in den Ruhestand. Zwar handelt es sich insoweit um eine schon in den ehelichen Lebensverhältnissen angelegte und damit bedarfsprägende Reduzierung des Einkommens des Ehemanns (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 7.12.2011, XII ZR 151/09, zitiert nach juris). Sie führt im vorliegenden Fall jedoch nicht zu einem Absinken des Bedarfs der Ehefrau unter den vereinbarten Unterhalt.

Für den Zeitraum bis zum 27. Geburtstag der Tochter gilt dies sogar unter Berücksichtigung der Kürzung der Bezüge des Ehemanns durch den Versorgungsausgleich.

Der Ehemann verfügte im Jahr 2010 über Versorgungsbezüge von insgesamt 50.295,38 EUR brutto (39.117,38 + 11.178). Hinzu kamen zu versteuernde Mieteinkünfte von 10.918,- EUR. Zieht man von dem sich hieraus ergebenden Einkommen den Versorgungsfreibetrag von 2.520,- EUR (§ 19 Abs. 2 EStG), die Vorsorgepauschale von 1.900,- EUR (§ 39 b Abs. 2 Nr. 3 EStG), den Sonderausgaben-Pauschbetrag von 36,- EUR (§ 10c EStG), den Werbungskosten- Pauschbetrag von 102,- EUR (§ 9 a Abs. 1 Nr. 1 b) EStG), den Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag von 756,- EUR (§ 19 Abs. 2 EStG) und die im Wege des sogenannten begrenzten Realsplittings abzugsfähigen Unterhaltsleistungen von 13.805,- EUR (ausgehend vom nunmehr vereinbarten Unterhalt) für die geschiedene Ehefrau (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG) ab, verbleibt ein zu versteuerndes Einkommen von 42.094,- EUR. Für dieses Einkommen ergeben sich aus der Einkommenssteuertabelle bei alleiniger Veranlagung des Ehemanns eine Einkommenssteuer von 9.773,- Euro und daran anknüpfend ein Solidaritätszuschlag von 537,51 EUR sowie Kirchensteuer von 879,57 EUR. Ein etwaiger Splittingvorteil aus der Zusammenveranlagung mit der neuen Ehefrau bleibt bei der Bedarfsberechnung außen vor, weil es sich insoweit nicht um Einkommen handelt, welches die ehelichen Lebensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten prägte (vgl. BGH, Urteil vom 7.12.2011, XII ZR 151/09, zitiert nach juris).

Zieht man die Steuern von insgesamt 11.190,08 EUR vom oben genannten Bruttoeinkommen von 61.213,38 EUR ab, verbleibt ein Nettoeinkommen von 50.023,30 EUR. Diesem sind noch die Kapitalerträge nach Abzug der hierauf geleisteten Steuern hinzuzurechnen. Ausgehend von Kapitalerträgen von 14.009,- EUR beläuft sich die Abgeltungssteuer nach Abzug des Sparer- Pauschbetrags von 801,- EUR (§ 20 Abs. 9 EStG) an sich auf 3.302,- EUR (§ 32 d Abs. 1 EStG). Sie ermäßigt sich jedoch um 25 Prozent der auf die Kapitalerträge zu entrichtenden Kirchensteuer (§ 32 d Abs. 1 Satz 3 EStG). Im vorliegenden Fall beläuft sich die Kirchensteuer auf 9 Prozent von 3.302,- EUR, also auf 297,18 Euro. Die Einkommenssteuer auf die Kapitalerträge ermäßigt sich also auf 3.227,71 EUR. Hieraus ergibt sich ein Solidaritätszuschlag von 161,39 EUR. Nach Abzug der genannten Steuern verbleiben Kapitaleinkünfte von 10.322,72 EUR netto. Rechnet man diese dem oben genannten Nettoeinkommen hinzu, beläuft sich dieses auf 60.346,02 EUR. Dies entspricht einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von 5.028,84 EUR.

Dieses ist noch zu bereinigen um die monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von 279,25 EUR. Hinzuzurechnen ist hingegen der von den Beteiligten übereinstimmend mit 1.350,- EUR angegebene Wohnvorteil aus dem mietfreien Wohnen im eigenen Haus (vgl. Ziffer 5 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, abrufbar unter www.hefam.de).

Unterhaltsleistungen für die volljährige Tochter der geschiedenen Ehegatten sind für das Jahr 2010 nicht zu berücksichtigen, weil die erwarteten Unterhaltsleistungen des Ehemanns bis zum 27. Geburtstag der Tochter am ...2011 von den Ehegatten bereits im Rahmen des im Zuge der Scheidung durchgeführten Zugewinnausgleichs zu Lasten der Ehefrau berücksichtigt worden sind. Würden sie bei der Unterhaltsregelung nun nochmals berücksichtigt, wäre das ein Verstoß gegen das sich aus Treu und Glauben ergebende Doppelverwertungsverbot (vgl. insoweit BGH, FamRZ 2003, 432; FamRZ 1994, 1100).

Aus alledem folgt für das Jahr 2010 ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen des Ehemanns von 6.099,59 EUR.

Diesem steht auf Seiten der Ehefrau ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von 1.849,50 EUR gegenüber, welches sich aus den oben dargestellten Einkünften von 1.074,79 EUR abzüglich eines Erwerbsanreizes von 54,29 EUR (380 : 7, vgl. Ziffer 15.2 der Unterhaltsgrundsätze) und zuzüglich eines Wohnvorteils von 829,- EUR zusammensetzt. Der von den Beteiligten übereinstimmend mit 900,- EUR angegebene Mietwert der von der Ehefrau mietfrei bewohnten Wohnung ist ausschließlich um die monatliche Instandhaltungsrücklage von 71,- EUR zu bereinigen. Bei den übrigen vorgetragenen Posten handelt es sich sämtlich um solche, welche auf einen Mieter umgelegt werden könnten und den Wohnvorteil nicht schmälern (vgl. Ziffer 5 der Unterhaltsgrundsätze).

Die Gegenüberstellung der bereinigten Nettoeinkommen zeigt, dass die Leistungsfähigkeit des Ehemanns in Höhe des vereinbarten Bedarfs der Ehefrau im Jahr 2010 trotz der Kürzung seiner Versorgungsbezüge durch den Versorgungsausgleich ohne Weiteres gegeben war. Dem Ehemann verblieb auch nach Abzug des für die geschiedene Ehefrau aufzubringenden Unterhalts ein deutlich höheres Einkommen, als es der Ehefrau zur Verfügung stand. Hieran ändert auch die Wiederverheiratung des Ehemanns nichts. Eine etwaige Unterhaltspflicht des Ehemanns gegenüber seiner neuen Ehefrau wirkt sich auf seine Leistungsfähigkeit gegenüber der geschiedenen Ehefrau wegen der langen Dauer der geschiedenen Ehe und des daraus gemäß § 1609 Nr. 2 und 3 BGB resultierenden unterhaltsrechtlichen Nachrangs der neuen Ehefrau nicht aus (vgl. BVerfG, FamRZ 2011, 437; BGH, Urteil vom 7.12.2011, XII ZR 151/09, zitiert nach juris).

Entsprechendes gilt für den Zeitraum von Januar bis August 2011, in welchem sich das auf Seiten des Ehemanns zu berücksichtigende Einkommen durch das Hinzutreten der berufsständischen Versorgung im Juli 2011 sogar erhöht hat. Auch in diesem Zeitraum wirkte sich die Kürzung der Versorgungsbezüge damit nicht auf die Fähigkeit des Ehemanns zur Leistung des vereinbarten Unterhalts aus.

Dies ist erst ab September 2011 der Fall, weil ab diesem Monat die Unterhaltsleistungen für die Tochter bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen sind, die nur in Höhe des bis zum 27. Geburtstag der Tochter aufzubringenden Unterhalts in die Berechnung des Zugewinnausgleichs eingeflossen sind.

Der Unterhalt für volljährige Kinder geschiedener Ehegatten prägt - unabhängig vom Unterhaltsrang, dem nur im Mangelfall, also bei fehlender Leistungsfähigkeit zur Befriedigung aller Unterhaltspflichten, Bedeutung zukommt - die für den Unterhaltsbedarf maßgeblichen ehelichen Lebensverhältnisse, weil davon ausgegangen werden muss, dass das hierfür aufzuwendende Einkommen den Ehegatten auch im Falle einer Fortführung ihrer Ehe nicht zur Bedarfsdeckung zur Verfügung gestanden hätte (vgl. BGH, Urteil vom 7.12.2011, XII ZR 151/09, zitiert nach juris). Der vom Ehemann in Absprache mit der geschiedenen Ehefrau gezahlte Kindesunterhalt ist daher ab September 2011 bedarfsmindernd zu berücksichtigen.

Für den Zeitraum ab September 2011 muss auf Seiten des Ehemanns unter Einbeziehung der berufsständischen Versorgung von jährlichen Versorgungsbezügen von 55.850,54 EUR brutto (39.117,38 + 11.178 + 5.555,16) ohne eine Aussetzung der Kürzung seiner Bezüge in Folge des Versorgungsausgleichs ausgegangen werden. Legt man den von ihm erzielten Mieteinkünften für die anzustellende Prognose den Durchschnittswert der Jahre 2008 bis 2010 zu Grunde, belaufen sich diese auf 8.402,67 EUR. Zieht man von dem sich hieraus ergebenden Bruttoeinkommen von 64.253,21 EUR dieselben Frei- und Pauschbeträge ab wie für das Jahr 2010, verbleibt ein zu versteuerndes Einkommen von 45.133,67 EUR. Hierauf sind nach der Einkommenssteuertabelle zu entrichten 10.921,- EUR Einkommenssteuer, 600,65 EUR Solidaritätszuschlag und 982,89 EUR Kirchensteuer. Rechnet man dem sich hieraus ergebenden Nettoeinkommen von 51.748,67 EUR noch die Kapitalerträge von unverändert 10.322,72 EUR netto hinzu, beläuft sich das Nettoeinkommen des Ehemanns auf 62.071,39 EUR. Dies entspricht einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von 5.172,62 EUR.

Eine einkommensmindernde Berücksichtigung der im Jahr 2011 für die Jahre 2003 bis 2009 geleisteten Steuernachzahlungen nach dem sogenannten In- Prinzip erscheint dem Senat nicht gerechtfertigt, weil sich der Bedarf der Ehefrau in den genannten Veranlagungsjahren nicht nach dem Halbteilungsgrundsatz, sondern konkret nach dem von den Ehegatten während des Zusammenlebens für die Bedarfsdeckung herangezogenen Teil des Einkommens richtete. Es muss davon ausgegangen werden, dass der Ehemann den nicht zum Verbrauch bestimmten überschießenden Teil seines Einkommens zur Vermögensbildung verwendete und aus dem so gebildeten Vermögen auch die Steuernachforderungen beglich. Vor diesem Hintergrund erscheint im vorliegenden Fall auch für das Jahr 2011 eine Anwendung des sogenannten Für- Prinzips, also eine Bedarfsberechnung unter Berücksichtigung der für das betreffende Jahr zu zahlenden Steuern, geboten, weshalb konsequenterweise auch die vom Ehemann im Jahr 2011 vereinnahmte Steuererstattung für das Jahr 2010 außer acht bleiben muss (vgl. zur Zulässigkeit der Anwendung des Für-Prinzips im Einzelfall: BGH, FamRZ 2011, 1851, MDR 2011, 1359). Hiervon sind die geschiedenen Ehegatten auch im Rahmen ihrer Vereinbarung ausgegangen.

Bringt man von dem Nettoeinkommen von 5.172,62 EUR nun die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von 279,25 EUR und den für die Tochter gezahlten Ausbildungsunterhalt von insgesamt 2.612,50 EUR (1.000 + 1.112,50 + 500) in Abzug und rechnet den Wohnvorteil von 1.350,- EUR hinzu, verbleibt ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von 3.630,87 EUR.

Stellt man diesem das bereinigte monatliche Nettoeinkommen der Ehefrau von 1.849,50 EUR gegenüber, beläuft sich ihr Elementarbedarf nach dem Halbteilungsgrundsatz auf gerundet 891,- EUR. Unter Einbeziehung eines Altersvorsorgebedarfs beliefe sich der Unterhaltsanspruch nach der Bremer Tabelle auf einen Elementarunterhalt von 788,- EUR und einen Altersvorsorgeunterhalt von 204,- EUR, d.h. der Ehemann wäre ohne eine Aussetzung der durch den Versorgungsausgleich bewirkten Kürzung seiner Bezüge nicht mehr in Höhe des vereinbarten Unterhalts leistungsfähig, ohne dass der Halbteilungsgrundsatz verletzt würde (vgl. zur Berechnung des Altersvorsorgebedarfs Ziffer 15.4 der Unterhaltsgrundsätze und die Bremer Tabelle).

Würde die Kürzung hingegen ausgesetzt, würde sich das zu versteuernde Einkommen des Ehemanns um 15.237,36 EUR (12 x 1.269,78) jährlich erhöhen. Damit ginge eine Erhöhung der Steuerlast um 7.169,99 EUR einher und demzufolge eine Erhöhung des Nettoeinkommens um 8.067,37 EUR jährlich bzw. 672,78 EUR monatlich. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Ehefrau keinen Altersvorsorgeunterhalt mehr geltend macht, beliefe sich der sich daraus nach dem Halbteilungsgrundsatz ergebende monatliche Elementarunterhaltsanspruch auf gerundet 1.227,- EUR ((3.630,87 + 672,78 + 1.849,50) : 2) und damit annähernd auf den von den Ehegatten vergleichsweise vereinbarten Betrag. Unter Berücksichtigung eines Altersvorsorgebedarfs stünden der Ehefrau 1.077,- EUR als Elementarunterhalt und 300,- EUR als Altersvorsorgeunterhalt zu. Vor diesem Hintergrund begegnet die Einordnung der von den Ehegatten getroffenen Vereinbarung als zulässige Konkretisierung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs der Ehefrau keinen rechtlichen Bedenken.

Der Annahme eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs von 1270,- EUR monatlich steht auch nicht die Bestimmung des § 1578 b BGB entgegen, wonach der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Bedarf herabgesetzt werden oder zeitlich begrenzt werden kann, wenn ein unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre.

Dem Senat erscheint bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs im Rahmen der nach §§ 33 Abs. 1, 26 VersAusglG von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs äußerste Zurückhaltung geboten, wenn die beteiligten Ehegatten sich - wie hier - über eine unbegrenzte und unbefristete Unterhaltspflicht einig sind und einen entsprechenden vollstreckbaren Titel geschaffen haben. Die Bejahung einer dem Willen der beteiligten Ehegatten widersprechenden Begrenzung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs dürfte nur dann in Betracht kommen, wenn der Vereinbarung der Ehegatten eine Schädigungsabsicht zu Lasten des beteiligten Versorgungsträgers zu Grunde liegt.

Auf die abschließende Klärung dieser Frage kommt es im vorliegenden Fall aber nicht an, weil die Voraussetzungen für eine Begrenzung oder zeitliche Befristung des Unterhalts nach § 1578 b BGB nach Auffassung des Senats ohnehin nicht vorliegen. Im Hinblick auf die Ehedauer von fast 26 Jahren, die Ausgestaltung der Ehe als Hausfrauenehe, die sehr guten wirtschaftlichen Verhältnisse des geschiedenen Ehemanns, das Alter der Ehefrau von mittlerweile 61 Jahren, ihre berufliche Stellung und den durch § 36 Nr. 1 EGZPO gewährleisteten Vertrauensschutz erachtet der Senat einen lebenslangen unbegrenzten Unterhaltsanspruch der Ehefrau nicht als unbillig.

Für den Zeitraum ab September 2011 sind die in § 33 Abs. 1 VersAusglG normierten Voraussetzungen für eine Aussetzung der Kürzung der Versorgungsbezüge des Ehemanns durch den Versorgungsausgleich damit unzweifelhaft gegeben, weil die Ehefrau ohne die Kürzung einen höheren gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte als nach erfolgter Kürzung. Die Kürzung ist daher in Höhe des Unterhaltsanspruchs auszusetzen, hier also derzeit in voller Höhe, für die Zukunft allerdings beschränkt auf den vereinbarten monatlichen Unterhalt von 1.270,- EUR (§ 33 Abs. 3 VersAusglG, vgl. zur Möglichkeit der Aussetzung der Kürzung um den vollen Kürzungsbetrag ohne die Titulierung eines konkreten Aussetzungsbetrags OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.5.2011, 8 UF 21/11, zitiert nach juris).

Obwohl sich die Kürzung bis einschließlich August 2011 - wie dargestellt - noch nicht auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau auswirkte, ist sie nach der vom Senat vertretenen Auffassung auch bis dahin, und zwar gemäß § 34 Abs. 3 VersAusglG beginnend mit dem auf die Antragstellung im vorliegenden Verfahren folgenden Monat, also dem Monat Juni 2010, auszusetzen.

Zur Frage der Erforderlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen der Kürzung der Versorgung und der Höhe des Unterhaltsanspruchs werden in Literatur und Rechtsprechung unterschiedliche Ansichten vertreten.

Nach der wohl überwiegenden Meinung ist eine Aussetzung der Kürzung wegen Unterhalts nicht zulässig, wenn sich die Kürzung der Versorgung in Folge des Versorgungsausgleichs auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs überhaupt nicht auswirkt, der Unterhaltsanspruch also auch im Falle einer Kürzung der Versorgung in unveränderter Höhe fortbestünde. Eine Aussetzung der Kürzung soll nach dieser Auffassung nur dann in Betracht kommen, wenn sich dies auf die Höhe des geschuldeten Unterhalts auswirken würde. Dieses Kausalitätserfordernis wird dem Wortlaut des § 33 Abs. 1 VersAusglG entnommen, wonach Voraussetzung der Aussetzung der Kürzung u.a. ist, dass der Ausgleichsberechtigte gegenüber dem Ausgleichspflichtigen ‚ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte'. (OLG Hamm, NJW 2011, 1682 m.w.N.; Ruland, Versorgungsausgleich, 2. Aufl., 2009, Rdnr. 882; Borth, Versorgungsausgleich,5. Aufl., 2010, Rdnr. 876; Johannsen/Hennrich/Hahne, FamR, 5. Aufl., 2010, § 33 VersAusglG, Rdnr. 5; Weinreich/Klein, Familienrecht, Fachanwaltkommentar, 4. Aufl., 2011, § 33 VersAusglG, Rdnr. 8; Gräter, in Münchner Kommentar, BGB, 5. Auflage, 2010, § 33 VersAusglG, Rdnr. 13; Palandt, BGB, Kommentar, 71. Aufl., 2012, § 33 VersAusglG, Rdnr. 6)

Andere Stimmen wenden sich gegen ein solches Kausalitätserfordernis und vertreten unter Verweis auf die vom Bundesverfassungsgericht gestellten Anforderungen an den Ausgleich von Härten bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs die Auffassung, die Kürzung der Versorgung sei auch dann in Höhe des ohne die Kürzung bestehenden Unterhaltsanspruchs auszusetzen, wenn sich die Kürzung auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs überhaupt nicht auswirke (OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 24.2.2011, 2 UF 317/10, BeckRS 2011, 06466, FamRZ 2011, 1595; Gutdeutsch, FamRB 2010, 149; Glockner/Hoenes/Weil, Der neue Versorgungsausgleich, S. 165; Schwamb, NJW 2011, 1648; den von Schwamb ebenfalls zitierten Fundstellen Bergner, NJW 2010, 3545 und Breuers in JurisPK-BGB, 5. Auflage, 2010, § 33 VersAusglG, Rdnr. 29, lässt sich diese Auffassung hingegen nicht entnehmen).

Die Mindermeinung verdient nach Ansicht des Senats den Vorzug. Ausweislich der Gesetzesbegründung wollte der Gesetzgeber mit der Neuregelung eine vollständige Aussetzung der Kürzung bei nur geringen Unterhaltsansprüchen, wie sie § 5 Abs. 1 VAHRG bisher vorsah, verhindern und so der Gefahr eines Missbrauchs der Regelung durch ein kollusives Zusammenwirken der geschiedenen Eheleute begegnen. Dies sollte durch die Beschränkung der Aussetzung auf die Höhe des ohne die Kürzung bestehenden gesetzlichen Unterhaltsanspruchs erfolgen (BT-Drs.16/10144, S. 72). Die Absicht einer weiteren Einschränkung der bisher geltenden Regelung dahingehend, dass sich die Kürzung der Versorgung anders als bisher (vgl. insoweit Borth, Versorgungsausgleich, 4. Aufl., 2008, Rdnr. 582) auf die Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs auswirken muss, lässt sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen. Vielmehr orientiert sich diese ausdrücklich an den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 28.2.1980 (FamRZ 1980, 326). Dort heißt es:

‚Zu einem verfassungswidrigen Zustand kann es ebenfalls kommen, wenn beim Ausgleichspflichtigen vor dem Ausgleichsberechtigten ein Versicherungsfall eintritt. Hier liegt das Schwergewicht bei den Fällen, in denen der ausgleichsberechtigte Teil, dem die übertragenen Werteinheiten mangels Vorliegens eines Versicherungsfalles noch nicht zugute kommen, auf Unterhaltsleistungen des Ausgleichsverpflichteten angewiesen ist. Zur Rechtfertigung kann nicht eingewandt werden, dass sich das Unterhaltsdefizit zu Lasten des Ausgleichsberechtigten auswirkt und jedenfalls der ausgleichspflichtige Partner, dessen rentenversicherungsrechtliche Position durch Artikel 14 Abs. 1 GG garantiert wird, geschont bleibt. Zunächst ist auch in diesen Fällen nicht auszuschließen, dass der ausgleichsverpflichtete Ehegatte trotz seiner gekürzten Rente zu Unterhaltsleistungen noch verpflichtet und in der Lage ist, sodass er in der Freiheit seiner Lebensführung weiter eingeschränkt wird. Unabhängig davon lässt sich der Versorgungsausgleich bei Entstehen derartiger Versorgungslücken in seinen Auswirkungen nicht mehr mit Artikel 6 Abs. 1 und Artikel 3 Abs. 2 GG als zulässige Inhaltsbestimmung und Schrankenbestimmung des Eigentums rechtfertigen.'

Eine Aussetzung der Kürzung in Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs erscheint demnach auch dann verfassungsrechtlich geboten, wenn sich die Kürzung nicht auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs auswirkt. Eine solche verfassungskonforme Auslegung des § 33 Abs. 1 VersAusglG lässt sich auch mit dessen Wortlaut vereinbaren. Der Ausgleichsberechtigte hat gegen den Ausgleichspflichtigen auch dann ‚ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch', wenn sich die Kürzung auf die Höhe seines Unterhaltsanspruchs nicht auswirkt. Dass der Unterhaltsanspruch durch die Kürzung gemindert wird oder wegfällt, fordert § 33 Abs. 1 VersAusglG als Voraussetzung der Anpassung jedenfalls nicht ausdrücklich. Auch in der Gesetzesbegründung heißt es hierzu bloß, anders als nach bislang geltendem Recht werde die Kürzung der Versorgung nicht mehr in voller Höhe ausgesetzt, sondern nur noch in Höhe des Unterhaltsanspruchs, der bei ungekürzter Versorgung gegeben wäre. Davon, dass sich die Kürzung auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs auswirken muss, ist dort keine Rede.

Da der Unterhaltsanspruch der Ehefrau die Höhe der Kürzung der Versorgung durch den Versorgungsausgleich im Zeitraum von Juni 2010 bis einschließlich August 2011 überstieg, ist die Kürzung für diesen Zeitraum in voller Höhe auszusetzen.

Die Kostenentscheidung für beide Rechtszüge beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG. Im Hinblick auf den Erfolg des Antrags des Ehemanns und den Umstand, dass die beantragte Aussetzung zwingend vom Familiengericht auszusprechen ist, entspricht es billigem Ermessen, die Gerichtskosten den Beteiligten zu gleichen Teilen aufzuerlegen. Umstände, welche eine Auferlegung außergerichtlicher Kosten der anderen Beteiligten auf einen der Beteiligten rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich.

Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil sowohl die Frage der Ermittlung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs bei Vorliegen eines diesbezüglichen Vergleichs der geschiedenen Ehegatten als auch die Frage eines Kausalitätserfordernisses zwischen Kürzung der Versorgung und Unterhaltsanspruch von grundsätzlicher Bedeutung sind und weil die voneinander abweichenden obergerichtlichen Entscheidungen eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich erscheinen lassen (§ 70 Abs. 2 FamFG).

Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf §§ 55 Abs. 2 und 3, 42 Abs. 1 FamGKG. § 50 Abs. 1 FamGKG als Wertvorschrift für Versorgungsausgleichssachen erfasst vom Wortlaut her nicht die Anpassungsverfahren nach §§ 33 bis 38 VersAusglG, weshalb die Wertfestsetzung nach § 42 Abs. 1 FamGKG erfolgt, allerdings unter Berücksichtigung der Wertungen des § 50 Abs. 1 FamGKG (vgl. Thiel in Schneider/Wolf/Volpert, Familiengerichtskostengesetz, 1. Aufl. 2009, § 50, Rdnr. 25). Ausgehend von einem von beiden Ehegatten in dem nach § 34 FamGKG maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung erzielten monatlichen Nettoeinkommen von rund 5.000,- EUR unter Außerachtlassung des Wohnvorteils beliefe sich der Wert nach § 50 Abs. 1 FamGKG auf nur 1.500,- Euro. Dieser Wert wird der wirtschaftlichen Bedeutung der beantragten Aussetzung der Kürzung der Versorgungsbezüge des Ehemanns um knapp 1.270,- EUR monatlich nicht annähernd gerecht, weshalb der Senat eine Anhebung auf den aus dem Tenor ersichtlichen Betrag für geboten erachtet. Dieser bewegt sich immer noch deutlich unter dem Jahresbetrag der beantragten Aussetzung. ..." (OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.02.2012 - 4 UF 261/10 - zu §§ 1573 II BGB, 1578, 1578b BGB, §§ 33, 34 VersAusglG)

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Besteht eine Unterhaltspflicht sowohl gegenüber einem geschiedenen als auch einem neuen aktuellen Ehegatten, so ist der Bedarf des geschiedenen Ehegatten auf der Grundlage der Einkünfte des geschiedenen Ehegatten und des Unterhaltsschuldners im Wege der Halbteilung zu ermitteln. Bei der Feststellung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegen-über einem geschiedenen Ehegatten begründet der Unterhaltsanspruch eines nachrangigen aktuellen Ehegatten des Unterhaltspflichtigen keine sonstige Verpflichtung i.S. des § 1581 Satz 1 BGB. Der Umstand, dass ein Teil des Renteneinkommens des Unterhalts-pflichtigen im Hinblick auf § 33 Abs. 1, Abs. 3 VersAusglG vom Bestehen und der Höhe des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt abhängig ist, ist ein im Rahmen der Billigkeitserwägungen nach § 1578b Abs. 1 und § 1581 Satz 1 BGB zu berücksichtigender Aspekt. Ist für die Beurteilung eines Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt gegen einen im Ausland lebenden Unterhaltspflichtigen deutsches Recht anwendbar, so gilt dies auch für die Beurteilung der in diesem Zusammenhang zu klärenden Frage, ob aus der vom Unterhaltspflichtigen im Ausland geführten neuen Ehe eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem neuen Ehegatten besteht. Übernimmt der unterhaltsberechtigte Ehegatte unter Reduzierung einer Er-werbstätigkeit die Pflege seiner gemäß § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XI Pflegegeld beziehenden Mutter, so ist dieses Pflegegeld in voller Höhe als Einkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten anzusehen, wenn es vollständig an diesen weitergegeben wird ( OLG Nürnberg, Beschluss vom 11.01.2012 - 7 UF 747/11 zu §§ 1578, 1578b I, 1581 1 BGB, 33 I, III u.a.).

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Auch nach der Entscheidung BGHZ 186, 1 (Urteil vom 26. Mai 2010, XII ZR 143/08, FamRZ 2010, 1238 = NJW 2010, 2349), die auch auf das neue, für seit dem 1. September 2009 eingeleitete Verfahren geltende Verfahrensrecht anzuwenden ist, reicht allein die im Vorverfahren nicht thematisierte Geltendmachung des Befristungseinwands nach § 1578b Abs. 2 BGB nicht aus, um die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Verfahrens auf Abänderung eines Vergleichs nach § 239 FamFG zu erfüllen. Dieses ist vielmehr nur eröffnet, wenn der Antragsteller tatsächliche oder rechtliche Änderungen geltend macht, die im Falle ihres Zutreffens eine Abänderung des Titels rechtfertigen, also nach den materiellrechtlichen Regeln über die Störung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) begründen (OLG Celle, Beschluss vom 05.01.2012 - 10 UF 235/11).

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„... Der Beklagten steht aber ein Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB wie aus dem Tenor ersichtlich zu. Nach den Feststellungen des Senats ist die Beklagte derzeit noch nicht in der Lage, ihren Bedarf nach den ehelichen Verhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB) beziehungsweise ihren eigenen angemessenen Bedarf (§ 1578 b Abs. 1 S. 1 BGB) durch ihre Berufstätigkeit als Rechtsanwältin vollständig zu decken.

Dabei ist davon auszugehen, dass die Beklagte Anschluss an ihre vor der Berufspause ausgeübte Tätigkeit finden konnte und der durch die Erwerbsabstinenz von 10 Jahren während der Kinderbetreuung verursachte Nachteil, der sich daraus ergibt, dass die Beklagte mit ihrer Selbstständigkeit nochmals neu beginnen musste, bis zum Dezember 2013 kompensierbar ist.

Soweit die Beklagte demgegenüber einen dauernden - nicht kompensierbaren - Nachteil reklamiert, ist sie ihrer sekundären Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen.

Die Höhe des eheangemessenen Bedarfes ist durch den Vergleich aus dem Jahre 2005 festgelegt.

Aus der Berechnung in dem Vergleich ergibt sich ein Elementarbedarf in Höhe von 2.000 € und ein Wohnbedarf in Höhe von 850 €, mithin in der Summe 2.850 €.

Hinzu kommen ein Altersvorsorgebedarf von 321 € und Krankenvorsorgebedarf von damals 484,54 €.

Nach den vorgelegten Einkommensunterlagen verfügt die Beklagte, wie auch das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, bisher tatsächlich nicht über ein Nettoeinkommen, das diesen im Vergleich festgelegten Bedarf deckt. Die aktuellen Unterlagen zum Einkommen dokumentieren, dass die Gewinnsituationen in 2008 mit knapp 22.000,00 € und im Jahre 2009 mit 17.400,00 € unter Berücksichtigung der Kosten nicht geeignet sind, eine nachhaltige Sicherung des Bedarfs der Beklagten anzunehmen.

Allerdings sind der Beklagten fiktive Einkünfte zuzurechnen, da die von ihr unternommenen Anstrengungen zur Steigerung ihrer Einkünfte nach der Überzeugung des Senats als teils unzureichend und teils ungeeignet bezeichnet werden müssen.

Zwar bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Wiederaufnahme einer selbstständigen Tätigkeit. Nach dem Schreiben der C vom 30.04.2008 war die Beklagte bereits zu Beginn des streitigen Zeitraums wegen fehlender Berufserfahrung, ihres Alters und ihrer fehlenden zeitlichen und örtlichen Mobilität schwer für ein abhängiges Arbeitsverhältnis vermittelbar.

Auf die vorgelegten Stellenangebote hat die Beklagte keine Zusage erhalten. Selbst wenn die Bewerbungsbemühungen als unzureichend angesehen werden müssten, kann davon ausgegangen werden, dass die bei Einsetzen der Erwerbsobliegenheit im Jahre 2002 bereits … Jahre alte Beklagte nur schwerlich eine Teilzeittätigkeit nach 10 Jahren Berufspause bekommen hätte. Die erneute Entscheidung zur Selbstständigkeit erscheint danach vernünftig und aussichtsreich.

Dennoch sind der Beklagten fiktive Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit zuzurechnen. Sie hat nicht ausreichend dargetan, dass sie sich in dem ihr zumutbaren Umfang um Einkünfte aus Rechtsanwaltstätigkeit bemüht hat.

Hinsichtlich der Berechnung fiktiver Einkünfte ist darauf abzustellen, welche durchschnittlichen Gewinne die Beklagte bei gehöriger Anstrengung zu erzielen in der Lage gewesen wäre.

Sie trägt vor, sie habe 2001 bereits wieder mit der Akquisition von Mandanten begonnen. Der Kläger habe ihre Bemühungen aber mit der Teilungsversteigerung des gemeinsamen Hauses 2002-2004 zunichte gemacht. Bis … 2006 sei es ihr unmöglich gewesen, den Aufbau ihres Anwaltsbüros fortzusetzen. Hierfür legt sie eine Bescheinigung des SV1 und des … vor. Der SV1 bescheinigt der Beklagten für die Zeit von 2000-2006 einen … Erschöpfungszustand.

Dieser Vortrag der Beklagten kann aber im vorliegenden Verfahren keine Berücksichtigung finden, da sie den Vergleich mit den fiktiven 900 € Einkommen und der Verpflichtung zur vollschichtigen Erwerbsobliegenheit ab 2008 am 04.05.2005 in Kenntnis dieser Umstände abgeschlossen hat.

Wenn sie bereits 5 Jahre wegen eines … Erschöpfungszustandes nicht arbeitsfähig gewesen wäre, hätte sie sich nicht fiktive Einkünfte mit der Aussicht auf eine vollschichtige Erwerbsobliegenheit zurechnen lassen dürfen. Außerdem sind die sich daraus für eine Berufsausübung ergebenden Einschränkungen sowie deren Ehebedingtheit nicht vorgetragen.

Mit der ihre berufliche Existenz angeblich schädigenden Teilungsversteigerung des ehemaligen Familienheims verhält es sich genauso. Diese war bereits bei Abschluss des Vergleichs vor dem Oberlandesgericht umgesetzt. Zudem ist nicht verständlich, wieso der Kläger nach der Trennung verpflichtet gewesen sein soll, sie auf Dauer weiter in dem ehelichen Haus wohnen zu lassen. Sie hätte sich schon ca. ein Jahr nach der Trennung darauf einstellen müssen, dass sie möglicherweise nicht in der ehelichen Wohnung verbleiben kann.

Für zu berücksichtigende Änderungen nach Vergleichsabschluss, d.h. in der Zeit von 2005 bis 2008, fehlt es an entsprechendem Vortrag der Beklagten.

Die Beklagte ist so zu behandeln, wie sie beruflich stehen würde, wenn sie sich seit 2002 im Rahmen einer Teilzeittätigkeit und ab ... 2008 im Umfang einer Vollzeittätigkeit engagiert um den Aufbau ihrer Kanzlei gekümmert hätte.

Sie hat nicht vorgetragen, dass sie sich seit 2002 ausreichend bemüht hat, die Defizite aus der Berufspause auszugleichen und höhere Umsätze zu erzielen. Letztlich ergibt sich aus ihren oben ausgeführten Angaben, dass sie in der Zeit von 2002 - 2006 keine zielführenden Maßnahmen zum Aufbau einer eigenen Kanzlei durchgeführt hat.

Auch ihre seitenweisen Auflistungen über ihre Aktivitäten sind größtenteils untauglich. ...

Der Senat ist der Auffassung, dass der Beklagten auf Dauer fiktiv das durchschnittliche Einkommen selbstständiger Rechtsanwälte zuzurechnen ist. Nach ihren Darlegungen über ihre ersten Berufsjahre seit 1985 soll es damals unproblematisch für sie möglich gewesen sein, ein solches Durchschnittseinkommen oder auf Dauer sogar überdurchschnittliche Einnahmen zu erzielen. Dies hätte auch seinerzeit ein andauerndes erhebliches Engagement und einen entsprechenden zeitlichen Einsatz erfordert. Warum solche Erfolge wegen der Unterbrechung für die Kindererziehung ausgeschlossen sein sollen und die Beklagte - bei entsprechenden Bemühungen - nach einer angemessenen Aufbauphase nicht an frühere Leistungen anschließen können soll, ist nicht genügend nachvollziehbar.

Der Beruf des selbstständigen Rechtsanwalts/Rechtsanwältin ist altersunabhängig zu betreiben. Bei ihrem Wiedereinstieg haben die Beklagte noch … Jahre Berufstätigkeit erwartet. Gerade Rechtsanwälte mittleren Alters können ihren Mandanten den Eindruck größerer Erfahrung und Seriosität als Berufsanfänger vermitteln.

Nach einem Aufsatz des Instituts für freie Berufe Nürnberg (Kerstin Eggert, Die Berufssituation von angestellten und frei mitarbeitenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten 1998 und 2006 im Vergleich, BRAK-Mittt 1/2010) wird zwischen Zulassungen von bis zu 3 Jahren, von 4-10 Jahren und von 11 Jahren und länger unterschieden. Danach geht der Senat im Wege einer Schätzung (§ 287 ZPO) davon aus, dass jedenfalls bei 11 Jahren fortgesetzter Tätigkeit der Aufbau einer Kanzlei abgeschlossen und der wirtschaftliche Höhepunkt spätestens erreicht werden kann.

Von 2002 bis 2008 ist die Beklagte so zu behandeln, als wäre sie im Rahmen einer Teilzeittätigkeit mit dem Aufbau der eigenen Kanzlei beschäftigt gewesen. Dabei hatte die Beklagte den Vorteil, dass sie bereits zuvor als Rechtsanwältin tätig war und ihr bestimmte Abläufe, insbesondere in organisatorischen Dingen, die für den Anfänger neu sind, vertraut waren. Als nachteilig erscheint, dass der Examensabschluss und damit der Erwerb der Rechtskenntnisse bereits längere Zeit zurücklagen und damit aufgefrischt werden mussten. Es erscheint dem Senat daher angemessen die Beklagte zu Beginn der hier streitigen Zeit so zu behandeln, als lägen nicht bereits 6, sondern lediglich 4 Berufsjahre hinter ihr.

Das führt dazu, dass die Beklagte ab Januar 2014 so zu behandeln ist, als hätte sie 11 Jahre selbstständig als Rechtsanwältin gearbeitet und als ob der wirtschaftliche Höhepunkt im Bereich der Durchschnittsverdienste zu diesem Zeitpunkt erreicht wäre. Etwaige Nachteile aus der Berufspause sind spätestens ab diesem Zeitraum als vollständig kompensiert anzusehen.

Nach dem Bericht des E zu dem statistischen Berichtssystems für Rechtsanwälte (STAR) ist für das Jahr 2008 von einem durchschnittlichen Honorarumsatz in Einzelkanzleien im Bezirk der Rechtsanwaltskammer Stadt3 von 141.000 € und einem persönlichen Überschuss von 62.000 € im Jahr auszugehen. In anderen Westkammern beträgt der durchschnittliche Überschuss dagegen nur 57.000 €.

Bei einem Überschuss von 62.000 € ergeben sich monatlich 5.167 €. Hiervon in Abzug zu bringen sind das Versorgungswerk mit 524 €, der Beitrag zur privaten Krankenkasse mit 602 € (entspricht den aktuellen Beiträgen der Beklagten) sowie sonstige weiter zu berücksichtigende Kosten. Nach Abzug von Einkommenssteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag ergeben sich netto geschätzt 2.975 €.

Es ist weiter unter Berücksichtigung dieser Zahlen und den im seinerzeitigen Vergleich festgehaltenen 900 € für eine Teilzeittätigkeit zu unterstellen, dass die Beklagte bei zumutbaren Anstrengungen kontinuierlich in der Lage gewesen wäre, ihre Einkünfte zu steigern. Dies insbesondere auch, da ihr aufgrund der Regelung in dem Vergleich bereits 2005 bewusst war, dass ab 2008 eine zeitlich ausgedehnte Tätigkeit von ihr zu erwarten sein dürfte.

Für das Jahr 2008 wird ein Gewinn vor Steuern und Vorsorgebeträgen von 30.000 € und für die Folgejahre eine Steigerung um 5.000 € per annum als realistisch angesehen.

Es ergeben sich damit für die Jahre 2008 bis 2010 im Durchschnitt 35.000 € (2008 = 30.000 €, 2009= 35.000 € und 2010 = 40.000 €), für die Jahre 2011 bis 2013 im Durchschnitt 50.000 € und für die Jahre 2014 bis 2016 durchschnittlich 62.000 €.

Bei einem Gewinn von 35.000 € im Jahr ergeben sich monatlich 2.917 € gerundet. Nach Abzug der Altersvorsorge von 321 € und geschätzten Krankenkassenbeiträgen von damals 500 €, sonstiger Kosten, Steuern und Abgaben verbleiben geschätzt rund 1.770 €.

Bei einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 50.000 € ergeben sich monatlich 4.167 €. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte bei einem solchen Einkommen erhöhte Einzahlungen in das Versorgungswerk geleistet hätte und die Krankenkassenbeiträge gestiegen sind, so dass ab diesem Zeitpunkt 524 € für das Versorgungswerk und 602 € für die Krankenversicherung in Abzug zu bringen sind. Es verbleiben dann 3.041 €. Nach Abzug sonstiger Kosten, Steuern und Abgaben ergibt sich ein geschätztes Nettoeinkommen von gerundet 2.390 €.

Bei der weiteren Berechnung ist für die Zeit bis Ende 2010 von dem jeweiligen fiktiven Einkommen der Beklagten der Erwerbstätigenbonus mit 1/7 in Abzug zu bringen. Dies entspricht auch der Vorgehensweise im Vergleich, wonach von dem fiktiven Einkommen von 900 € lediglich 772 € berücksichtigt worden sind.

Ab 01.01.2011 kann kein Abzug des Erwerbstätigenbonus mehr erfolgen, da sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, geändert hat.

Danach war es bis Dezember 2010 nicht zu beanstanden, wenn grundsätzlich 1/7 Bonus auf das Erwerbseinkommen angerechnet wurde.

Mit der Entscheidung vom 10.11.2010 (FamRZ 2011, 192) hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung geändert. Danach ist bei einer Bedarfsermittlung nach den konkreten Verhältnissen eigenes Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten zur Ermittlung der Bedürftigkeit nicht gekürzt um einen Erwerbsbonus, sondern in vollem Umfang auf den Bedarf anzurechnen.

Dass ein Erwerbsanreiz in allen Fällen der Bedarfsdeckung durch eigenes Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten geboten ist, trifft jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht zu (BGH a.a.O.). In Anbetracht der unterhaltsrechtlichen Eigenverantwortung (§ 1569 BGB) bedarf es vielmehr grundsätzlich keiner besonderen Vergünstigung, um den Unterhaltsberechtigten zur Deckung seines Lebensbedarfs durch eigene Erwerbstätigkeit zu motivieren (BGH FamRZ 2010, 357).

Diese geänderte Rechtsprechung ist im Rahmen der Abänderung ab ihrer Verkündung bzw. Veröffentlichung zu berücksichtigen.

Auf eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung kann sich auch der Abänderungsbeklagte erst ab Verkündung des entsprechenden höchstrichterlichen Urteils stützen (BGH, FamRZ 2007, 793).

Die geänderte Rechtslage kann zwar auch zurückliegende Zeiträume erfassen, vermag aber eine Abänderung von Prozessvergleichen erst ab Verkündung des maßgebenden Senatsurteils des Bundesgerichtshofs zu rechtfertigen (BGH, FamRZ 2003, 848-854).

Der Senat geht davon aus, dass die Entscheidung des Bundesgerichthofs zu dem Erwerbsbonus bei konkretem Bedarf jedenfalls ab 01.01.2011 bekannt zu sein hatte, so dass spätestens ab diesem Zeitpunkt eine abweichende Berechnung geboten ist.

Gegen diese Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spricht auch nicht, dass die Parteien zuvor eine anderslautende Berechnungsweise vereinbart haben.

Zwar sind bei einer Abänderungsentscheidung die Grundlagen des Unterhaltstitels zu wahren. Eine Anpassung hat aber sowohl an veränderte Verhältnisse als auch an eine geänderte Rechtslage zu erfolgen. Die Gesamtwürdigung des Vergleichs spricht vorliegend nicht dagegen, auf den konkreten Bedarf der Beklagten ihr gesamtes Einkommen ohne Reduzierung um den Bonus von 1/7 anzurechnen.

Für die Unterhaltsberechnung ist von einem Bedarf in Höhe von 2.975 € auszugehen. Dies entspricht nach den obigen Ausführungen dem fiktiven Einkommen, das die Beklagte bei ihr zumutbaren Bemühungen nach dem Ende der Aufbauphase hätte erwirtschaften können. Dabei handelt es sich zugleich um den eigenen angemessenen Bedarf nach § 1578 b Abs. 1 S. 1 BGB.

Höhere Beträge können ihr bei Betrachtung des hypothetischen Lebenslaufs ohne Ehe und Kind nicht zugerechnet werden.

Weder der Verlauf des Studiums, ihre Examensergebnisse, die konkrete Berufsausübung nach dem 2. Staatsexamen noch ihr Verhalten seit Trennung der Parteien ergeben Anhaltspunkte dafür, dass ihre Einkünfte eine überdurchschnittliche Entwicklung genommen hätten.

Weiter entspricht dieser Betrag von 2.975 € auch ihrem Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen, wie es die Parteien nach dem Inhalt des Vergleichs angenommen haben. Einer näheren Aufklärung, wie sie den seinerzeitigen Bedarf von 2.850 € ermittelt haben, bedurfte es nicht, da jedenfalls eine maßvolle Erhöhung auf 2.975 € unter Berücksichtigung der seit dem Jahre 2005 gestiegenen Lebenshaltungskosten angemessen erscheint.

Soweit die Beklagte der Auffassung ist, dass der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen - schon allein wegen der gestiegenen Wohnkosten - höher sei, ist dies unerheblich, da ihr gemäß § 1578 b BGB kein Anspruch mehr zusteht, der den eigenen angemessenen Bedarf übersteigt.

Zwar liegt, solange die Beklagte ihren Bedarf als Folge der Berufspause nicht decken kann, ein kompensierbarer ehebedingter Nachteil vor.

Ehebedingte Nachteile sind vor allem Erwerbsnachteile, die durch die von den Ehegatten praktizierte Rollenverteilung während der Ehe entstanden sind. Dazu genügt es, wenn ein Ehegatte sich entschließt, seinen Arbeitsplatz aufzugeben, um die Haushaltsführung und Kinderbetreuung zu übernehmen. Ab welchem Zeitpunkt die Rollenverteilung praktiziert wird, ist nicht von Bedeutung. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob die Ehegatten die Rollenverteilung zu Beginn der Ehe, bei Geburt eines Kindes oder erst später planten oder praktizierten (BGH FamRZ 2011, 628-630).

Ohne die Ehe und Kinderbetreuung wäre die Beklagte seit 1985 als selbstständige Rechtsanwältin tätig gewesen, bezogen auf den Abänderungszeitpunkt im Jahre 2008 also 23 Jahre. Es ist davon auszugehen, dass sie bei durchgängiger Tätigkeit die Aufbauphase längst abgeschlossen hätte und über diejenigen Einkünfte verfügen würde, die dem durchschnittlichen Einkommen einer selbstständigen Rechtsanwältin entsprechen. Dabei ist weiter zu Grunde zu legen, dass die Beklagte an allen Entwicklungen -positiv wie negativ- im Rahmen ihres unternehmerischen Risikos teilgenommen hätte, die sich für diese Branche im Laufe der Zeit ergeben haben. Anhaltspunkte dafür, dass sie von den durchschnittlichen Entwicklungen abweichende Ergebnisse erzielt hätte, ergeben sich aus ihrem Vortrag nicht. Auch aus dem zur Verfügung stehenden statistischen Material sowie den allgemeinen Kenntnissen des Senats über diese Branche lässt sich nicht ableiten, dass grundsätzlich etablierte Anwälte von Umsatzeinbrüchen und allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungen verschont bleiben. Allein der Verweis darauf, dass vereinzelte Rechtsanwälte aus ihrem Umfeld von Umsatzeinbußen, die im allgemeinen Trend lagen, verschont geblieben sind, sagt nichts darüber aus, wie es sich bei der Beklagten konkret verhalten hätte.

Die Differenz zwischen dem ihr jetzt anrechenbaren Einkommen einerseits und dem Einkommen nach dem hypothetischen Verlauf andererseits stellt ihren ehebedingten Nachteil dar.

Andererseits kann der Beklagten über diese Kompensation des ehebedingten Nachteils hinaus kein dauerhafter Aufstockungsunterhaltsanspruch zuerkannt werden.

Es entspricht nicht der Billigkeit, den Kläger zu verpflichten, der Beklagten auf Dauer Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu zahlen.

Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der relativ kurzen Ehezeit und der langen Dauer der Unterhaltsverpflichtung des Klägers.

Die Ehe der Parteien dauerte bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags nur ca. 8 Jahre, die Dauer der Unterhaltsverpflichtung erstreckt sich auf insgesamt 15 Jahre, d. h. sie übersteigt die Ehedauer noch um 6 Jahre. Das Kind der Parteien wies bei Scheidung der Ehe bereits ein Alter auf, welches der Beklagten eine Teilzeittätigkeit ermöglichte und es liegen keine sonstigen besonderen Umstände vor, die eine gesteigerte Unterhaltsverpflichtung rechtfertigen. Insbesondere gilt es kein besonderes Vertrauen der Beklagten in die bisherigen Unterhaltstitel zu schützen. Da es sich bei dem hier abzuändernden Vergleich unzweifelhaft um einen titulierten Anspruch auf Betreuungsunterhalt gehandelt hat, war dessen Auslaufen durch das fortschreitende Alter des Kindes vorhersehbar. Der vorliegende Fall ist nicht mit den Fällen vergleichbar, in denen Ehefrauen nach langer Ehe auf bereits seit vielen Jahren bestehende Titel über Aufstockungsunterhalt vertraut haben und nicht mehr damit gerechnet haben, dass sich vor dem Eintritt der Rente noch eine Änderung ergeben könnte. Die Beklagte hat eine qualifizierte akademische Ausbildung und übt nach der Berufspause keine andere - demgemäß eben auch keine schlechtere - Tätigkeit aus, als vor ihrer Heirat mit dem Kläger. Die durch die Berufspause eingetretenen Defizite können durch Fortbildungsmaßnahmen und im Laufe der Zeit durch wieder zu gewinnende Routine ausgeglichen werden.

Eine darüber hinausgehende Herabsetzung oder Befristung des Unterhalts nach § 1578 b BGB kommt daneben nicht in Betracht. Die Verpflichtung des Klägers kann nicht enden, bevor der Nachteil der Beklagten in ihrem beruflichen Fortkommen kompensiert ist.

Im Einzelnen ergibt sich danach folgende Unterhaltsberechnung:

Für die Zeit von ... 2008 bis Dezember 2010 errechnet sich ein monatlicher Aufstockungsunterhalt von 1.458 €. Dieser ergibt sich aus dem konkreten Bedarf von 2.975 € abzüglich des um 1/7 reduzierten fiktiven Eigeneinkommens, mithin 1.517 € (1.770 € - 1/7).

Für die Zeit von Januar 2011 bis Dezember 2013 ergibt sich ein monatlicher Anspruch von 585 €, indem von dem Bedarf von 2.975 € das Eigeneinkommen mit 2.390 € in Abzug gebracht wird.

Ab Januar 2014 errechnet sich kein Anspruch mehr, da die Beklagte ihren Bedarf durch ihr ab dann erzielbares Einkommen von 2.975 € selbst decken kann. ..." (OLG Frankfurt, Frankfurt, Urteil vom 29.11.2011 - 3 UF 285/09 zu §§ 287 ZPO, 1569,1570, 1573 II, § 1578 I BGB)

***

Befristung des Krankheitsunterhalts nach 37-jähriger Ehe. Zum Vermögenseinsatz von Auslandsimmobilien (OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.11.2011 - 17 UF 177/11 zu §§ 1572 BGB, 1573 I, 1577, 1578 b BGB):

„... II. 1. Die Beschwerde ist nach §§ 58 ff. FamFG statthaft und zulässig; sie hat in der Sache lediglich teilweise Erfolg. Dem Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht zu entsprechen, weil die Voraussetzungen des § 156 Abs. 2 ZPO (i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG) nicht vorliegen und der neu gehaltene Vortrag im Sinne von § 115 FamFG verspätet ist.

2. Der laufende Bezug von Leistungen nach dem SGB II führt zum Übergang der Unterhaltsansprüche auf den zuständigen Träger (§ 33 SGB II Abs. 1). Rückübertragung ist weder vorgetragen noch nachgewiesen. Für die Vergangenheit fehlt der Antragsgegnerin deshalb die Aktivlegitimation. Erst für die Zukunft, das heißt dem dem Schluss der mündlichen Verhandlung folgenden Monatsersten (vgl. Gerhardt, in ders./von Heintschel-Heinegg, Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 8. Aufl., § 6 Rn. 28 m.w.N.), kann sie den Unterhalt in eigener Person geltend machen. Außerdem war der Unterhalt nach Maßgabe des § 1578 b Abs. 2 BGB zu befristen (s. dazu unten, 7.).

3. Der Antragsteller ist der Antragsgegnerin dem Grunde nach gemäß §§ 1572, 1573 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Unterhalt nach der Scheidung verpflichtet. Soweit sie derzeit keine Erwerbstätigkeit ausübt, ist das nach der Überzeugung des Senats auf krankheitsbedingte Einschränkungen, im Übrigen auf ihre Vita sowie die langjährige Erwerbspause zurückzuführen (s. dazu unten, 4. b). Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen.

4. a) aa) Auf Seiten des Ehemannes sind dessen früher erzielte Erwerbseinkünfte fiktiv fortzuschreiben. Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Familiengerichts sind das monatsdurchschnittlich netto rund 1.900,- €, bezogen auf das von der ... seinerzeit gezahlte Gehalt. Anlässlich seiner Befragung durch den Senat erklärte der Antragsteller, von 1978 bis 2003 bei der Fa. ... beschäftigt und in den Jahren 2004 bis 2008 durch das Unternehmen nach A. entsandt gewesen zu sein. Danach sei er nach Deutschland zurückgekehrt. Die S. Niederlassung habe das Unternehmen sodann geschlossen. Deshalb sei er nach P. gegangen, um nunmehr dort im Unternehmen weiter zu arbeiten. Vielleicht ein halbes Jahr später sei auch dieser Standort geschlossen worden. 150 Mitarbeiter seien nach M. gegangen, 150 weitere entlassen worden. Darunter auch er. M. habe allerdings allen Mitarbeitern angeboten, von P. nach M. zu gehen. Zum Teil habe man Leute entlassen; das habe sich jedoch insbesondere auf jüngere Mitarbeiter beschränkt. Andere, die - wie er - über 30 Jahre im Unternehmen tätig gewesen seien, hätten alle ein Angebot bekommen. Allerdings habe er schon immer den Wunsch gehegt, einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Außerdem sei er von der anwaltlichen Vertretung der Ehefrau mit Unterhaltsforderungen konfrontiert worden. Dabei sei er aber der Auffassung gewesen, bereits genug bezahlt zu haben.

Für den Senat lässt das nur den Schluss zu, dass der Antragsteller bei seinem vormaligen Arbeitgeber zu unveränderten Konditionen weiterbeschäftigt worden wäre, diese Möglichkeit jedoch eigenverantwortlich ausschlug, um in der Folge selbstständig erwerbstätig zu sein. Soweit er sich auf seine Schwerbehinderteneigenschaft beruft, gilt nichts anderes. Das ergibt sich zum einen aus den für Schwerbehinderte geltenden, besonderen Kündigungsvorschriften (§ 85 SGB IX), zum anderen aus dem Bekunden des Antragstellers selbst, wonach gerade jüngeren Arbeitnehmer(inne)n gekündigt worden sei. Das bedeutet, dass er sein Beschäftigungsverhältnis bei der Fa. ... fortsetzen hätte können und bereits die Aufnahme in die Transfergesellschaft ... mit allen sich anschließenden Folgen weder erforderlich noch unterhaltsrechtlich gestattet war.

Der (dreiseitige) Vertrag datiert vom 17. November 2008, wurde mithin geschlossen, als die Eheleute jedenfalls bereits getrennt lebten. Für die Ehefrau hätte deshalb kein Anlass bestanden, eine berufliche Umorientierung des Ehemannes mitzutragen. Konsequenz dessen ist die fiktive Zurechnung seiner vormals bei der Fa. ... erzielten Einkünfte (vgl. BGH, FamRZ 2011, 791, 794 m.w.N.). Dass lediglich die Einkünfte aus dem mit der ... bestehenden Beschäftigungsverhältnis zugerechnet wurden, ist allerdings unangegriffen und beschwert den Antragsteller nicht.

bb) Nach alledem kann dahinstehen, in welcher Höhe der Antragsteller Einkünfte aus der nunmehr selbstständig ausgeübten Erwerbstätigkeit erzielt. Dahinstehen kann ebenfalls, wie und inwieweit er die für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlte Abfindung verwendet hat (vgl. hierzu: BGH, FamRZ 2010, 1311 m. Anm. Maier). Dass ihn aus der Ehezeit laufende Zahlungsverpflichtungen getroffen hätten oder träfen, hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Verbindlichkeiten sind deshalb nicht zu berücksichtigen.

b) aa) Die Ehefrau ihrerseits kann nach der durch den Senat gewonnenen Überzeugung Einkünfte erzielen, die monatlich in einer Größenordnung von netto 200,- € liegen, darüber hinausgehend jedoch nicht. Sie ist jetzt 57 Jahre alt. Die deutsche Sprache beherrscht sie nur schlecht, was entgegen antragstellerseitigem Vorbringen vor allem in der Ehegestaltung und Lebensführung während des ehelichen Zusammenlebens begründet ist und nicht in der demgegenüber relativ kurzen Zeit der Trennung. Ebenso liegt in der Ehe und der gemeinsamen Entscheidung der Eheleute begründet, dass die Ehefrau bereits im Jahre 1998 ihre damals ausgeübte Beschäftigung aufgegeben hat und seither einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachging (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2011, 629, 630). Die lange „Erwerbsabstinenz" und ihre schlechten Deutschkenntnisse führen dazu, dass die Antragsgegnerin nach der Einschätzung des Senats realistischer Weise jetzt allenfalls noch eine Arbeitsstelle auf Geringverdienerbasis erlangen könnte. Gesundheitliche Einschränkungen treten hinzu, auch wenn sie durch den Antragsteller bestritten sind. Denn die Antragsgegnerin hat unter anderem eine Entlassungsmitteilung der W.-Kliniken ... vom 11. November 2010 vorgelegt, von wo sie nach einer Heilbehandlung als arbeitsunfähig entlassen worden war.

In dieser Mitteilung ist weiter dargestellt, bei gutem Heilungsverlauf seien leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Vollzeit möglich, ohne ständiges Heben, Tragen, Überkopfarbeiten, abhängig im Übrigen von der Psyche und entsprechender Zusatzbegutachtung. Zur psychologischen Behandlung hat sie dem Senat auf Befragen von dreiwöchentlichen Behandlungen für das letzte Jahr berichtet, welche im laufenden Jahr wieder erfolgten. Bereits im Hinblick auf die Entlassungsmitteilung und ungeachtet weiter vorgelegter Arztberichte ist festzustellen, dass die Antragsgegnerin gesundheitlich angeschlagen ist. Auch wenn in der genannten Mitteilung von einer „leichten Vollzeittätigkeit" die Rede ist, sind die entsprechenden Möglichkeiten an den realistischen Gegebenheiten zu messen (vgl. nur BGH, FamRZ 2009, 314; BGH, FamRZ 2008, 2104, 2105 m. Anm. Schürmann). Nach den persönlichen Voraussetzungen der Antragsgegnerin ist der Senat daher der Überzeugung, dass sie durch eine Aushilfstätigkeit monatliche Einkünfte in der Größenordnung von netto 200,- € verdienen kann. Dass sie keine Erwerbsminderungsrente beanspruchen kann, beruht auf dem Fehlen der hierfür erforderlichen Pflichtbeitragszeiten (§ 43 Abs. 1 und 2 SGB VI).

bb) Der Antragsteller beruft sich auf Vermögenseinsatz. Wie § 1577 BGB bestimmt, kann der geschiedene Ehegatte den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann (§ 1577 Abs. 1 BGB). Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre (§ 1577 Abs. 3 BGB). Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass der Antragsteller erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung und damit verspätet (§ 115 FamFG) vorgetragen, hat, er habe der damaligen Ehefrau Grundstücke in der Türkei zugewandt, auch damit ihr Lebensbedarf gedeckt sei. Diesem Vortrag kann allerdings auch aus anderen Gründen nicht gefolgt werden: Die Ferienwohnung in S. wurde der Antragsgegnerin offenbar durch den vormaligen Schwiegervater zugewandt, nicht durch den Antragsteller. Der Laden, ebenfalls in S., stand oder steht im Miteigentum der Antragsgegnerin mit ihrer Schwester.

Zum baulichen Zustand dieses Gebäudes hat die Antragsgegnerin - insoweit unwidersprochen durch den Antragsteller - in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen, es seien lediglich Wände vorhanden, ein Dach gebe es nicht. Wiederum unwidersprochen durch den Antragsteller hat sie ferner ausgeführt, die angeblichen Baugrundstücke befänden sich tatsächlich an einem Berg; um Bauland handle es sich nicht. Nicht nur die Divergenz zu den Beschaffenheitsangaben der Grundstücke, sondern auch die völlig konträren Wertansätze machen es für den Senat unmöglich, eine Vermögensverwertung der ausländischen Liegenschaften in Betracht zu ziehen. Jedenfalls kann die durch § 1577 Abs. 3 BGB vorgeschriebene Billigkeitsabwägung nicht erfolgen. Der Senat ist deshalb nicht imstande, den Vermögenseinsatz als billig oder als unbillig zu werten. Der in der mündlichen Verhandlung gehaltene Vortrag spricht vielmehr gegen eine Verwertung des Vermögensstamms. Allerdings erwies sich in der mündlichen Verhandlung zugleich, dass auf Seiten der Antragsgegnerin keine Verpflichtung bestand, die Grundstücke an den Schwiegersohn A. O. K. zu übertragen. Auch wenn eine Obliegenheit zur Verwertung des Vermögensstamms nicht in Betracht zu ziehen ist, rechnet ihr der Senat deshalb die Erträge zu, die aus der jeweiligen Grundstücksnutzung zu ziehen sind. Diese Zurechnung von Erträgen steht für sich genommen der Verwertung des Vermögensstamms entgegen, aus welchem die Erträge gezogen werden. Nach eigenem (bestrittenem) Vortrag des Antragstellers belaufen sich diese Erträge auf (180,- € + 150,- € =) 330,- € im Monat (Schriftsatz vom 26. August 2009, dort. Seite 2, Bl. 16 d.A.; Vortrag der Ehefrau: umgerechnet 120,- €). Mit seinen anderslautenden, nämlich höheren, Wertangaben setzt er sich zu seinem eigenen anfänglichen Vortrag in Widerspruch. Außerdem sind jene erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt, verspätet und auch aus diesem Grunde nicht zu berücksichtigen.

Aus der Übertragung der vormaligen Ehewohnung an den Sohn E. folgen allerdings weder ein anzusinnender Vermögenseinsatz noch zuzurechnende Erträge. Denn an dieser Übertragung hat der Antragsteller selbst, wenn auch lediglich über eine auf den Sohn lautende Vollmacht, mitgewirkt. Die Veräußerung von Grundstücken, die die Ehegatten gemeinsam übertragen (haben) und sie deshalb einen jeweiligen Erlösanteil zur freien Verfügung haben, führt nicht zum Vermögenseinsatz nach § 1577 BGB (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 1 Rn. 612). Diese Sachlage ist hier jedenfalls vergleichbar.

Sollte die Antragsgegnerin dem Sohn für den Erwerb einer weiteren Eigentumswohnung Mittel überlassen haben, so ist das unterhaltsrechtlich nicht zu beachten. Anderenfalls müssten auch diejenigen Vermögensübertragungen in Betracht gezogen werden, welche der Antragsteller selbst vorgenommen hat. Dessen ungeachtet ist kein Zuwendungsdatum vorgetragen, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, vielmehr sogar nahe liegt, dass die genannte Unterstützung mit Billigung des Ehemanns, des Antragstellers, erfolgt ist.

Dass die Antragsgegnerin mietfrei im (nunmehrigen) Eigentum des Sohnes lebt, ist, wie sie zutreffend darlegt, als freiwillige Zuwendung eines Dritten zu erachten, welche den Unterhaltsschuldner regelmäßig nicht entlasten soll (vgl. SüdL, Stand Januar 2011, Nr. 8).

5. Aus alledem errechnet sich zugunsten der Antragsgegnerin ein Unterhaltsanspruch in der Größenordnung, wie ihn auch das Familiengericht ermittelt hat. Dies selbst auf Grundlage der durch den Antragsteller vorgetragenen Miete. Ob die Mieteinkünfte tatsächlich geringer sind oder wären, kann deshalb dahinstehen. Auf die ledigliche Größenordnung darf abgestellt werden, weil das Familiengericht für den Antragsteller - wie bereits dargestellt - Einkünfte wiederum nur in einer Größenordnung von 1.900,- € zugrunde gelegt hat. Für die Antragsgegnerin ermittelt sich folgender Unterhalt:

Einkommen Mann, netto monatlich (fiktiv) 1.900,00 €
Berufspauschale -95,00 €
Erwerbstätigenbonus -180,50 €
Summe: 1.624,50 €
Einkommen Frau, netto monatlich (fiktiv) 200,00 €
Berufspauschale -10,00 €
Erwerbstätigenbonus -19,00 €
Summe Einkünfte 1.795,50 €
auf Seiten der Frau: Miete Türkei fiktiv 330,00 €
Bedarfsbasis 2.125,50 €
Bedarf = 1/2 1.062,75 €
Elementarunterhalt (aufgerundet, SüdL Nr. 25) 562,00 €

6. Der Unterhalt ist nicht gemäß § 1579 BGB verwirkt. Der Umstand des (Mit-) Eigentums an Grundstücken in der Türkei war dem Antragsteller von Anfang an bekannt. Entsprechend hat er sich ab Anbeginn hierauf berufen. Ob die Grundstücke noch vorhanden sind oder nicht, ist eine Frage der unterhaltsrechtlichen Bedürftigkeit. Gleiches gilt für den Vortrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin verstoße gegen ihre Erwerbsobliegenheiten. Diese Fragestellung ist an anderer Stelle beantwortet (s. oben, 4. b) aa).

Soweit sich der Antragsteller weiter darauf beruft, die Antragsgegnerin habe seine Unterschrift gefälscht und hierdurch versucht, 3.200,- € von seinem Konto abzuheben, ist dieser Vortrag wiederum erst verspätet konkretisiert worden. Mit Schriftsatz vom 16. September 2011 hatte der Antragsteller unter Vorlage eines fotokopierten Überweisungsträgers vom 2. August 2008 hierzu lediglich ausführen lassen: „Zur damaligen Zeit fiel eine Überweisung auf, die angebliche Unterhaltsansprüche der Beschwerdegegnerin für die Monate Januar bis April 2007 begleichen sollte. Diese Überweisung wurde nicht vom Beschwerdeführer unterschrieben, was glücklicher Weise von der ... Bank bemerkt wurde. Weiterer Vortrag hierzu bleibt vorsorglich vorbehalten." Aus diesem Vortrag, der offenbar nach eigenem Dafürhalten ergänzungsbedürftig war, lässt sich nicht einmal entnehmen, wer den Überweisungsträger anstelle des Antragstellers unterschrieben haben soll. Ein Vorwurf gegenüber der Antragsgegnerin erfolgt allenfalls indirekt. Zwar sind Verwirkungsgründe durch das Gericht von Amts wegen zu beachten; die hierzu erforderlichen Tatsachen sind jedoch beizubringen. Daran fehlt es bis zum Schriftsatz vom 31. Oktober 2011, welcher erst vorgelegt wurde, nachdem die mündliche Verhandlung geschlossen war. Noch in der mündlichen Verhandlung hatte der Antragsteller den Senat fragen lassen, ob nicht von einer Unterhaltsverwirkung auszugehen sei. Der Senat hat daraufhin geantwortet, der hierzu gehaltene Vortrag beziehe sich auf Fragen der Bedürftigkeit. Soweit der Antragsteller weiteren Vortrag in das Verfahren einführen wollte, hätte für ihn spätestens im genannten Zeitpunkt Anlass bestanden, ein Schriftsatzrecht zu beantragen. Das unterblieb.

Dass die Umstände im Zusammenhang mit der fehlgeschlagenen Überweisung nicht zu einer Unterhaltsverwirkung führen, ergibt sich aber auch daraus, dass die Ehegatten zur fraglichen Zeit, am 2. August 2008, wohl nicht mehr zusammenlebten, sich jedoch nach eigenem Vorbringen des Antragstellers erst später „offiziell" trennten, nämlich im darauffolgenden Oktober. In Betracht kommt deshalb, dass die Antragsgegnerin bis dahin zu Verfügungen über das besagte Konto berechtigt war, Vollmacht erteilt oder zwischen den Eheleuten Abreden getroffen waren. So hatte die Antragsgegnerin nach eigenem Vortrag des Antragstellers auch Geld von einem (gemeinsamen) Konto abgehoben. Wie er im Schriftsatz vom 16. September 2011 (dort: Seite 3, Bl. 280 d.A.) darlegt, „flossen die Einkünfte des Beschwerdeführers auf ein gemeinsames Konto, auf welches die Beschwerdegegnerin zugriff." Welche Abhebungen bis zu welchem Zeitpunkt von einer dahingehenden Berechtigung umfasst gewesen sein mögen und welche nicht, ist weder vorgetragen noch erkennbar. Die Voraussetzungen einer Unterhaltsverwirkung sind deshalb nicht gegeben.

7. Der der Antragsgegnerin nach alledem zustehende Unterhalt war gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB zu befristen. Seit der Eheschließung im Jahre 1972 bis zur Zustellung des Scheidungsantrags im Juni 2009 sind 37 Jahre vergangen. Im Laufe der (jahrzehnte-) langen Ehe tritt unter den Eheleuten eine wirtschaftliche Verflechtung ein, die zu einem besonderen Maß an nachehelicher Solidarität führt (vgl. nur BGH, FamRZ 2010, 1971; s. auch Dose, FamRZ 2011, 1341, 1347). Diese nacheheliche Solidarität führt während einer Übergangszeit zu einem weiterhin nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bestimmenden Unterhalt.

In die zur Bemessung dieser Übergangszeit durchzuführende Gesamtabwägung bezieht der Senat die Ehedauer ein, die Erziehung und Betreuung der vier Kinder durch die Ehefrau, daneben das jeweilige Lebensalter der Ehegatten (der Antragteller ist 56, die Antragsgegnerin 57 Jahre alt), die Vermögenssituation unter Einschluss der der Antragsgegnerin noch in der Türkei zugerechneten Vermögensbestandteile und ihres mietfreien Wohnens, ihre gesundheitlichen Einschränkungen und die Schwerbehinderteneigenschaft des Antragstellers, welcher außer über fiktiv zugerechnete Erwerbseinkünfte über keine realen positiven Einkünfte verfügt.

Soweit der Antragsteller geltend macht, die Antragsgegnerin habe keine ehebedingten Nachteile erfahren, kann dem im Ansatz gefolgt werden. Einen Beruf hat sie nicht erlernt; krankheitsbedingte Erwerbseinschränkungen stellen für sich genommen keine ehebedingten Nachteile dar. Allerdings hatte die Antragstellerin bis ins Jahr 1998 eine Beschäftigung als Küchenhilfe ausgeübt, aus welcher sie seinerzeit nach dem Versicherungsverlauf im Sonderheft Versorgungsausgleich ein Jahresbruttoentgelt von (im letzten vollen Beschäftigungsjahr 1997) 35.835,- DM erwirtschaftet hat. Diese Tätigkeit hat die Antragstellerin in der Ehezeit aufgegeben. Ob die gesundheitlichen Einschränkungen, welche für sich genommen nicht zur Annahme eines ehebedingten Nachteils führen, eine weiterhin unveränderte Ausübung dieser Tätigkeit zugelassen hätten, kann dahinstehen. Jedenfalls müsste die Antragsgegnerin, was bei der Bemessung ihrer Erwerbsobliegenheiten berücksichtigt ist, jetzt „von null" beginnen (vgl. BGH, FamRZ 2010, 1311, 1315 m. Anm. Maier).

In Würdigung all dieser Gesamtumstände steht der Antragsgegnerin ein nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bemessender Unterhalt bis zum Erreichen der allgemeinen Altersgrenze im Juli 2019 zu. Ab Rechtskraft der Ehescheidung am 16. August 2011 sind das noch knapp acht, gerechnet ab Verkündung der vorliegenden Entscheidung etwa siebeneinhalb Jahre. Auf den genannten Zeitpunkt war der Unterhalt nach § 1578 b Abs. 2 BGB zu befristen. Denn Einbußen in der eigenen Altersversorgung werden, bezogen auf die Ehezeit, durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen (vgl. nur BGH, FamRZ 2010, 1633, 1635 m. Anm. Borth). Zugunsten der Antragsgegnerin wurden durch den Versorgungsausgleich 25,1138 EP, daneben ein Anrecht auf Betriebsrente ausgeglichen. Zusammen mit ihren eigenen verbleibenden Rentenanwartschaften von (insgesamt 23,0561 EP ./. 11,4793 EP =) 11,5768 EP wird sie nach derzeitigem Stand über eine gesetzliche Monatsrente von 1.007,89 € verfügen [27,47 € * (25,1138 EP + 11,5768 EP)], die außerdem ausgeglichene Betriebsrente tritt hinzu. Dadurch ist der angemessene Lebensbedarf im Sinne des § 1578 b Abs. 1 BGB gedeckt, ein weitergehender Ausgleich jedenfalls angesichts der bereits aufgeführten Gesamtumstände nicht geboten.

Das gilt im Ergebnis auch wegen etwa (dann noch vorhandener) ehebedingter Nachteile, welche auf die in der Ehe gewählte Rollenverteilung zurückzuführen sind. Dazu rechnet der Umstand, dass die Antragsgegnerin wegen der Arbeitsplatzaufgabe nunmehr keine Erwerbsminderungsrente beanspruchen kann (s. bereits oben; zum genannten Aspekt vgl. BGH, FamRZ 2011, 713, 716 m. Anm. Holzwarth, FamRZ 2011, 795; BGH, FamRZ 2011, 188, 190). Dass ein Ausgleich insoweit unterbleibt, rechtfertigt sich zugleich aus der auf Seiten des Antragstellers ab Renteneintritt verschlechterten wirtschaftlichen Situation.

Auch wenn zwischen den beteiligten Ehegatten noch eine güterrechtliche oder Vermögensauseinandersetzung ausstehen mag, war der Senat aus derzeitiger Sicht in der Lage, die maßgeblichen Prognosen zu treffen (vgl. BGH, FamRZ 2011, 192, 195 m. Anm. Schürmann). ..."

***

Zur Befristung eines früheren Vergleichs auf Aufstockungsunterhalt und Vorhersehbarkeit von Gründen i.S. von § 1578b BGB bei Unterhaltstiteln, die vor dem 1. Januar 2008 errichtet worden sind (OLG Brandenburg, Beschluss vom 21.10.2011 - 9 UF 139/11):

„... 1. Die durch das Amtsgericht im Wege der Abänderung vorgenommene Befristung der Vereinbarung der Beteiligten vom 8. Mai 2006 entspricht den Voraussetzungen des § 1578 b BGB. Danach ist der Unterhalt herabzusetzen oder zu befristen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 BGB).

Dass keine fortwirkenden ehebedingten Nachteile vorliegen, stellt auch der Antragsgegner im Rahmen der Beschwerde nicht in Frage. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass fortwirkende eheliche Nachteile schon zur Zeit des Vergleichsabschlusses nicht erkennbar sind und auch nicht durch die Beteiligten dargelegt wurden. Im Übrigen ist weder erkennbar noch durch den Antragsgegner dargetan, dass sein zur Zeit des Vergleichsabschlusses geringeres Einkommen darauf beruhte, dass er aufgrund der Gestaltung der Ehe in beruflicher Hinsicht im Nachteil gewesen ist.

Angesichts einer Ehedauer von rd. 26,5 Jahren (die Ehe wurde im November 1979 geschlossen, die Scheidung am 8. Mai 2006 rechtskräftig), der Tatsache, dass die Trennung in 2001 erfolgte und seither sowohl Trennungs- als auch nachfolgend nachehelicher Unterhalt an den Antragsgegner geleistet wurde und dass die Ehescheidung bereits in 2001 anhängig wurde, erscheint es auch angemessen, dass die Befristung auf fünf Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung (damit 8. Mai 2011) angesetzt wird.

Daran ändert auch nichts, dass der Antragsgegner mittlerweile Altersrentner ist. Zwar beschränkt sich die bei der Befristung und Herabsetzung des Unterhalts anzustellende Billigkeitsabwägung nicht auf den Ausgleich ehebedingter Nachteile, sondern hat darüber hinaus die vom Gesetz geforderte nacheheliche Solidarität zu berücksichtigen (BGH NJW 2011, 2512). Der Antragsgegner erhält jedoch aus seiner Altersrente rd. 950,00 € monatlich und hat daher ausreichend Geld zur Deckung seines Bedarfs zur Verfügung. Soweit noch zu berücksichtigen ist, dass der Antragsgegner zum weiterem Aufbau von Altersvorsorgebezügen bzw. hinsichtlich weiterer Einkünfte unter Beachtung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Situation nicht in der Lage ist, steht dem aber das gleichrangige Interesse der Antragstellerin, nicht fortlaufend mit Unterhaltszahlungen über Gebühr belastet zu werden, entgegen. Zudem ist es nicht zulässig, von einer Unterhaltsbefristung nur deswegen abzusehen, um altersversorgungsbedingte Nachteile auszugleichen - dafür dient vielmehr der Versorgungsausgleich - oder gar den Einsatzzeitpunkt für den Altersunterhalt zu wahren (BGH NJW 2011, 2512; BGH FamRZ 2008, 1508). Insoweit erscheint es unter Abwägung der beiderseitigen Interessen angemessen, die Befristung auf fünf Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung anzusetzen.

Dem steht auch ferner nicht entgegen, dass nach den Angaben des Antragsgegners sein damaliger Unterhaltsanspruch tatsächlich monatlich 200 € (Schriftsatz vom 11.11.2010, dort S. 4, Bl. 26) bzw. monatlich 250,00 € (laut Beschwerdebegründung) anstelle der vereinbarten 100 € (Bl. 7R) betragen hätte und insoweit bereits ein Nachgeben seinerseits zu verzeichnen sei.

Ob die von ihm behauptete Höhe des nachehelichen Unterhaltsanspruchs tatsächlich zutrifft, kann hier mangels ausreichenden Sachvortrages schon nicht nachvollzogen werden. Insbesondere ist allein das Nettoeinkommen der Antragstellerin von rd. 1.640,00 € bekannt für die Zeit des Vergleichsabschlusses. Ob es insoweit aus unterhaltrechtlicher Sicht zu einer weitergehenden Bereinigung auf ihrer Seite gekommen ist, ist durch den Antragsgegner insoweit nicht näher dargetan worden. Die Grundlagen der Vereinbarung selbst sind im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8. Mai 2006 vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg nicht festgehalten worden.

Darüber hinaus wäre zu berücksichtigen, dass andererseits dem Antragsgegner ein Vorteil im Rahmen der Vereinbarung zum Unterhalt insoweit zuerkannt worden ist, als er - ohne Anrechnung auf seinen Unterhaltsanspruch - monatlich bis zu 200,00 € hinzuverdienen durfte (Bl. 7 R). Selbst wenn also insoweit ein teilweiser Verzicht auf Unterhalt aufseiten des Antragsgegners vorgelegen hätte, wäre dies jedenfalls durch die Hinzuverdienstmöglichkeit mindestens teilweise kompensiert worden. Insgesamt ergeben sich aus diesen Umständen daher für die Frage einer Befristung nach § 1578 b BGB keine weitergehenden Schlussfolgerungen.

Der Abänderung des Prozessvergleichs gem. §§ 238 Abs. 1 S. 2 FamFG, 313 BGB steht ferner der Inhalt der Vereinbarung selbst nicht entgegen.

Zwar sind die Parteien einer Unterhaltsvereinbarung befugt, die Änderung der Vereinbarung abweichend von den gesetzlichen Regeln zu gestalten und insbesondere insgesamt auszuschließen. Dies trifft auch auf die Möglichkeit einer nachträglichen Herabsetzung und Befristung des Unterhaltsanspruchs zu. So kann die Herabsetzung/Befristung oder ihr Ausschluss im Einzelfall Verhandlungsgegenstand und Bestandteil der Äquivalenzvorstellungen der Beteiligten geworden sein, indem sie etwa die Höhe des Unterhalts und die Befristung gegeneinander abgewogen haben. Dies hätte zur Folge, dass die Befristung in die Unterhaltsbemessung eingeflossen wäre und eine spätere Abänderung an der Bindungswirkung des Vergleichs scheitern würde (BGH FamRZ 2010, 1238).

Davon kann im vorliegenden Fall aber nicht ausgegangen werden. Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie es Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern. Die Auslegung hat hierbei zunächst vom Wortlaut der Erklärung auszugehen. Anhaltspunkte aus der Vereinbarung selbst, dass eine zukünftige Abänderung insbesondere mit Blick auf eine Herabsetzung oder Befristung ausgeschlossen sein soll, sind nicht erkennbar; auch aus dem zugehörigen Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8. Mai 2006 (Bl. 7 f) ergibt sich nichts. Auch sonstige Umstände sind anhand des Vortrages der Beteiligten bzw. der Aktenlage nicht dafür erkennbar, dass tatsächlich eine Änderung zumindest konkludent ausgeschlossen sein sollte. Dann aber muss es bei der dargestellten Zweifelsregel, wonach regelmäßig von einer Abänderungsmöglichkeit auszugehen ist, verbleiben.

4. Auch aus dem Gedanken eines Vertrauensschutzes des Antragsgegners bzw. der Zubilligung einer Übergangsfrist für eine Befristung (vgl. auch § 36 Nr. 1 EGZPO) folgt nichts anderes.

Die Antragstellerin hat den Antragsgegner erstmals mit Schreiben aus Juli 2010 (Bl. 12) über ihr Begehren einer Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung auf Null informiert. Die hier auszusprechende Befristung auf Mai 2011, d. h. etwa zehn Monate nach der vorgenannten Aufforderung, berücksichtigt ein eventuell zuzubilligendes Vertrauen des Antragsgegners auf die zuvor jahrelang bezogenen Unterhaltsbeträge jedenfalls in ausreichendem Maße. Dabei ist auch zu bedenken, dass - wie bereits ausgeführt - der Antragsgegner auch ohne die Unterhaltszahlungen noch ein ausreichend hohes Einkommen zur Verfügung hat, um jedenfalls nicht in die Sozialhilfebedürftigkeit zu fallen.

5. Zuletzt - und dies stellt den wesentlichen Kern des Beschwerdevorbringens dar - ist auch nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen eine Änderung der Unterhaltsvereinbarung ausgeschlossen.

a. Über eine Herabsetzung zur Befristung des Anspruchs grundsätzlich bereits bei erstmaliger Festsetzung zu entscheiden (vgl. bereits BGH FamRZ 2001, 905). Die Berufung auf § 1578 b BGB ist daher ausgeschlossen, wenn die für die Befristung/Herabsetzung angeführten Umstände schon im Zeitpunkt der Urkundenerrichtung vorlagen oder ihr zukünftiger Eintritt zumindest mit Sicherheit vorhersehbar war (BGH FamRZ 2009, 198). In diesem Falle kann die Herabsetzung/Befristung nicht später nachgeholt werden, es ist Präklusion eingetreten. Die Präklusionswirkung gilt dabei nicht allein für gerichtliche Entscheidungen über den Unterhalt, § 238 Abs. 2 FamFG. Handelt es sich bei dem abzuändernden Titel um einen Unterhaltsvergleich, ist zu beachten, dass für dessen Abänderbarkeit die Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eingreifen (§ 239 FamFG, § 313 BGB). Auch dabei kann eine Berufung auf § 1578 b BGB ohne Erfolg bleiben, wenn die angeführten Umstände schon im Zeitpunkt der Urkundenerrichtung vorlagen oder ihr zukünftiger Eintritt mit Sicherheit vorhersehbar war, in der Urkunde aber keinen Niederschlag gefunden hatten (OLG Düsseldorf OLGR 1996, 221, 222 zu § 1578 Abs. 5 BGB aF; NK-BGB/Schürmann, 2. Aufl. 2010, § 1578b BGB Rn. 42).

Diese Grundsätze gelten auch für Unterhaltstitel, die vor dem 01.01.2008 errichtet worden sind. Zu dieser Zeit war zwar § 1578 b BGB noch nicht in Kraft, da die Norm erst seit dem 01.01.2008 gültig ist. Jedoch ist die Norm auch auf die vor dem 1.1.2008 liegenden Fälle und daher auf den in 2006 geschlossenen Vergleich anzuwenden. Das Gesetz enthält insoweit auch keine besonderen Übergangsregeln (NK-BGB/Schürmann, 2. Aufl. 2010, § 1578b BGB Rn. 43). Insbesondere § 36 EGZPO enthält für diese Fallgestaltung keine besonderen Anforderungen. § 36 EGZPO regelt lediglich die Abänderung solcher Unterhaltstitel und -vereinbarungen, deren Grundlagen sich durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 geändert haben. Bei der Abänderung einer vor dem 1. Januar 2008 geschlossenen Vereinbarung zum Aufstockungsunterhalt ist die Norm nicht anwendbar (BGH FamRZ 2010, 1238).

b. Bei Abschluss der Vereinbarung im Mai 2006 waren die Gründe der Herabsetzung und Befristung des Aufstockungsunterhaltes für die Beteiligten allerdings noch nicht erkennbar. Dabei ist zwar zu berücksichtigen, dass die Herabsetzung/Befristung von nachehelichen Unterhaltsansprüchen auf Aufstockungsunterhalt bereits in § 1578 Abs. 5 BGB aF vorgesehen war. Jedoch hat in der Vergangenheit die Möglichkeit einer Herabsetzung/Befristung nur eine geringe Rolle in der gerichtlichen Praxis gespielt. Erst nachdem der BGH diese sehr restriktive Rechtsprechung für den Aufstockungsunterhalt und seine Herabsetzung/Befristung mit Urteil vom 12. April 2006 (FamRZ 2006, 1006) und damit bereits vor Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform grundlegend geändert hat, fand § 1578 Abs. 5 BGB eine verstärkte Beachtung. Insofern sind die für eine Begrenzung maßgeblichen Tatsachen bereits vor der Gesetzesänderung erheblich geworden. Seinen Wechsel in der Rechtsprechung hat der BGH allerdings mit einer Gesetzesänderung gleichgesetzt, so dass eine Präklusion bei vor dem 12. April 2006 ergangenen Entscheidungen in der Regel ausscheidet (BGH, FamRZ 2007, 793, 796 f.; Dose, FamRZ 2007, 1289, 1296; ähnlich Borth, FamRZ 2008, 105, 106). Daher greifen die Präklusionsregeln erst für spätere, der vorgenannten BGH-Entscheidung nachfolgende Unterhaltstitel ein. Da der BGH den grundlegenden Wechsel seiner Rechtsprechung erst in späteren Entscheidungen verdeutlichte und sich erst allmählich eine neue Praxis in der Rechtsprechung einstellte, ist zudem eine großzügigere Beurteilung bei Altfällen angezeigt (OLG Koblenz OLGR 2009, 949; NK-BGB/Schürmann, 2. Aufl. 2010, § 1578b BGB Rn. 43; Born, FPR 2009, 134). Vergleichbare Grundsätze galten auch bereits bei der die Surrogationslehre begründenden grundlegenden Entscheidung des BGH vom 13. Juni 2001 (FamRZ 2001, 986), wonach für die daraus folgende Abänderbarkeit von Unterhaltstiteln auf den Erlass dieser Entscheidung und die Kenntniserlangung von der Entscheidung abzustellen war (vgl. dazu BGH FamRZ 2003, 518, 520 und 848, 851 f.; 2001, 1687).

Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung des BGH in zeitlicher Hinsicht dem Vergleichsabschluss vorgegangen (Vergleichsabschluss: 8. Mai 2006; BGH-Entscheidung: 12. April 2006). Es kommt damit auf die Kenntniserlangung von den die Rechtsprechung ändernden Umständen, d. h. auf die Kenntnis von der BGH-Entscheidung an, wobei - wie zuvor ausgeführt - eine großzügige Beurteilung angezeigt ist. Üblicherweise wird hier auf den Zeitpunkt der ersten gängigen Veröffentlichung der BGH-Entscheidung abgestellt. In der Fachpresse wurde die Entscheidung im Sommer 2006 (FamRZ: 15.07.2006; NJW: 14.08.2006) veröffentlicht. Daher ist für die Kenntniserlangung von der vorgenannten BGH-Entscheidung frühestens auf den 15. Juli 2006, dem Tag der Erstveröffentlichung in der FamRZ, abzustellen (OLG Zweibrücken FamRZ 2009, 1161 f. = Götsche jurisPR-FamR 6/2009 Anm. 4; OLG Dresden FamRZ 2008, 2135; Schürmann jurisPR-FamR 8/2009 Anm. 3; vgl. auch OLG Bremen NJW 2008, 3074).

Vor Mitte 2006 musste also keine Unterhaltspartei Kenntnis von der Änderung der BGH-Rechtsprechung haben. Das bereits zu einem vor dem 15. Juli 2006 liegenden Zeitpunkt die Beteiligten Kenntnis von der BGH-Entscheidung hatten, ist weder von einer Seite vorgebracht noch sonst wie erkennbar. Damit war aber zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht aus Sicht der Vertragsparteien bekannt bzw. musste diesen auch nicht bekannt sein. Die Präklusion einer Änderung scheidet damit aus. ..."

***

Ein Unterhaltsanspruch wegen Alters kommt regelmäßig erst dann in Betracht, wenn der Unterhaltsberechtigte die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht hat. Deshalb ist auch von einer nahezu 60-jährigen Unterhaltsgläubigerin zu verlangen, dass sie darlegt und nachweist, trotz ernstlicher und nachhaltiger Erwerbsbemühungen keine angemessene Erwerbstätigkeit mehr finden zu können. Bei besonders guten Einkünften trägt der Unterhaltsgläubiger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass nach den ehelichen Lebensverhältnissen ein über den vom Unterhaltsschuldner eingeräumten Betrag (hier: 6.500 € netto) hinausgehender Einkommensteil zur Finanzierung des allgemeinen Lebensbedarfes zur Verfügung stand. Zur Frage der Herabsetzung und Befristung eines Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt ( OLG Zweibrücken, Beschluss vom 19.10.2011 - 2 UF 77/11 zu §§ 1570 II, § 1571 Nr 1,1578,1578b I, II BGB):

„... Der Antragsgegner schuldet nachehelichen Unterhalt lediglich in dem im Entscheidungssatz zuerkanntem Umfang.

1. Grundsätzlich obliegt es nach der Ehescheidung jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen (§ 1569 BGB). Den während der Ehe nicht erwerbstätigen Ehegatten trifft daher die Obliegenheit zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit (§ 1574 Abs, 1 BGB). Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt hat er nur, wenn und soweit er aus den in §§ 1570 ff BGB genannten Gründen außerstande ist, seinen Bedarf aus eigenen Einkünften zu decken.

Die Antragstellerin hat lediglich Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB, weil die Einkünfte, die sie aus einer ihr zumutbaren angemessenen vollschichtigen Erwerbstätigkeit erzielen könnte, zur Deckung ihres vollen Unterhalts (§ 1578 BGB) nicht ausreichen.

Die Voraussetzungen der weitergehenden Unterhaltstatbestände (§§ 1570, 1571, 1572, 1573 Abs. 1 BGB) sind dagegen nicht gegeben.

Die Antragstellerin betreut keine gemeinsamen Kinder mehr. Sie ist nicht wegen Krankheit oder anderer Gebrechen an einer Erwerbstätigkeit gehindert. Auch ihr Lebensalter steht der Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht entgegen. Die Voraussetzungen für einen Altersunterhalt sind regelmäßig erst mit Erreichen der Regelaltergrenze gegeben, die die im … geborenen Antragstellerin Anfang des Jahres … (mit 65 Jahren und 3 Monaten - § 235 SGB VI) erreichen wird. Konkrete Umstände, die einen Unterhalt wegen Alters bereits ab einem früheren Zeitpunkt begründen könnten, hat die Antragstellerin nicht dargetan. Schließlich kommt auch ein Anspruch auf Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit nicht in Betracht. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass der zur eigenen Erwerbstätigkeit verpflichtete Unterhaltsberechtigte trotz ernstlicher und nachhaltiger Erwerbsbemühungen keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

Die Antragstellerin war nach Beendigung des ersten Trennungsjahrs, spätestens seit Sommer 2009, zur Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet.

Sie hat nicht ausreichend dargetan, dass sie sich ernsthaft und nachhaltig um die Erlangung einer Arbeitsstelle bemüht hat.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass für die Antragstellerin keine reale Beschäftigungschance für eine angemessene Tätigkeit bestanden hätte. Zwar war es für die bei Eintritt der Erwerbsobliegenheit nahezu 60 Jahre alte Antragstellerin sicher schwieriger, einen Arbeitsplatz zu finden als für eine jüngere Bewerberin. Dies allein spricht jedoch nicht gegen ihre Vermittelbarkeit. Sie ist nicht gesundheitlich beeinträchtigt; vor der Ehe stand sie viele Jahre im Berufsleben, während des Zusammenlebens mit dem Antragsgegner hat sie die Repräsentationsaufgaben einer Unternehmergattin wahr genommen. Sie dürfte daher in ihrem Auftreten so gewandt sein, dass ihr - hinreichende Bemühungen unterstellt - das Erlangen einer angemessenen Arbeitsstelle möglich gewesen wäre und ist.

2. Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen; er umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessen Versicherung für den Fall der Krankheit und des Alters (§ 1578 BGB), soweit sie diese Kosten nicht selbst decken kann.

a) Für die Bedarfsbemessung ist ein objektiver Maßstab anzulegen (BGH FamRZ 2007, 1532). Bei besonders guten wirtschaftlichen Verhältnissen ist der Teil der Einkünfte, der nach einem objektiven Maßstab nicht für die Lebensführung benötigt wird, nicht prägendes Einkommen und deshalb bei der Bedarfsbemessung unberücksichtigt zu lassen (vgl. Wendl/Staudigl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rdnrn. 213, 238 und 268a jeweils m.w .N.). Hierbei ist das tatsächliche Konsumverhalten der Ehegatten während des Zusammenlebens zu berücksichtigen (BGH a.a.O.).

Die Darlegungs- und Beweislast für die Gestaltung der eheliche Lebensverhältnisse, nach denen sich der Unterhaltsanspruch bemisst, liegt bei dem Ehegatten, der Unterhalt für sich in Anspruch nimmt, hier also bei der Antragstellerin. Sie trägt auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, in welchem Umfang das hohe Einkommen des Antragsgegners zur Finanzierung des allgemeinen Lebensbedarfs zur Verfügung stand und nicht der Vermögensbildung beziehungsweise anderen Zwecken diente.

Es hätte daher ihr oblegen, den Vortrag des Antragsgegner zu widerlegen, zur Deckung des Lebensunterhaltes der Familie hätten stets nur rund 6.500,00 € netto zur Verfügung gestanden, die darüber hinausgehenden Gewinne und Tätigkeitsvergütungen seien in den Firmen verblieben. Das bloße Bestreiten dieses Vorbringens des Antragsgegners ist nicht ausreichend.

Der Unterhaltsbedarf der Antragstellerin ist deshalb nach Quoten unter Zugrundelegung eines bedarfsprägenden Erwerbseinkommens des Antragsgegners von 6.500,00 € zu ermitteln.

b) Die Antragstellerin ist im Rahmen der Bedarfsbemessung so zu behandeln, als ob sie ihrer Erwerbsobliegenheit genügen würde. Ihr ist daher fiktiv das aus einer vollschichtigen Tätigkeit erzielbare Erwerbseinkommen zuzurechnen.

In ihren erlernten Beruf kann die Antragstellerin nach mehr als zwanzig Jahren nicht mehr zurückkehren. Sie ist daher nur in Tätigkeiten vermittelbar, für die es keiner Berufsausbildung bedarf. Aus er solchen Tätigkeit könnte sie nach Einschätzung des Senats ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.000,00 € erzielen. Dieses Einkommen ist um die Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen sowie das Anreizzehntel auf rund 855,00 € zu bereinigen .

Da die Antragstellerin bei Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit gesetzlich krankenversichert wäre, besteht kein Krankenvorsorgebedarf.

Daneben ist der Antragstellerin ein Gebrauchsvorteil für mietfreies Wohnen zuzurechnen.

Sie bewohnt eine neu errichtete Eigentumswohnung in einem aus drei Einheiten bestehenden Mehrfamilienhaus in G.. Die Wohnung hat eine Wohnfläche von rund 105 m²; sie ist gehoben ausgestattet und verfügt über einen Balkon. Zu ihr gehören ein separater Abstellraum in einem Nebengebäude, eine Garage sowie ein Fahrzeugstellplatz. Für diese Wohnung dürfte der vom Familiengericht angesetzte Wohnvorteil von 500,00 € deutlich zu niedrig sein. Andererseits erscheint der vom Antragsgegner in der Beschwerdebegründung behauptete Wert von 800,00 € übersetzt. In Grünstadt werden nach den Recherchen des Senats für Wohnungen dieser Größe Mieten zwischen 6,00 € und 7,00 € pro Quadratmeter gezahlt. Der Senat schätzt den objektiven Mietwert dieser Wohnung daher auf rund 700,00 €.

Hinzuzurechnen sind der Antragstellerin weiter die unstreitig erzielten Zinseinkünfte von monatlich 65,85 €.

Insgesamt ist damit von einem bereinigten Einkommen der Antragstellerin von (855,00 € + 700,00 € + 65,85 € =) rund 1.621,00 € auszugehen.

c) Auf Seiten des Antragsgegners ist bei der Bedarfsbemessung neben dem Erwerbseinkommen von 6.500,00 € ebenfalls ein Gebrauchsvorteil des mietfreien Wohnens zu berücksichtigen.

Das Familiengericht hat den objektiven Mietwert des Einfamilienhauses in Birkenhördt mit 1.000,00 € angesetzt. Aus Sicht des Senats ist dies nicht zu beanstanden; auch die Beteiligten haben dagegen nichts erinnert.

Die Auffassung des Antragsgegners, ein Wohnwert sei nicht zu berücksichtigen, weil aus den 6.500,00 €, die während des Zusammenlebens zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie zur Verfügung standen, auch die damals noch zu leistenden Kreditraten für das Anwesen bezahlt worden seien, ist nicht zu folgen. Finanzierungslasten für ein Familienheim reduzieren sich regelmäßig mit zunehmender Entschuldung; dadurch frei werdende Mittel stehen dann zur Deckung des anderweitigen sich ebenfalls regelmäßig verändernden Bedarfs der Familie - etwa zur Deckung des mit fortschreitendem Alter steigenden Unterhaltsbedarfs der Kinder - zur Verfügung.

Das Einkommen des Antragsgegners ist zu bereinigen um den Unterhaltsbedarf der beiden volljährigen Kinder. Da sie noch im Haushalt eines Elternteils leben, ist ihr Bedarf nach der 4. Alterstufe der Düsseldorfer Tabelle zu bemessen (Ziff. 11 SüdL); auf Grund der Einkommensverhältnisse der Eltern ist er der höchsten Einkommensgruppe zu entnehmen und beläuft sich damit für jedes Kind auf 781,00 €.

Bedarfsdeckend anzurechnen ist das Kindergeld von je 184,00 € (§ 1612 b Abs. 1 Nr. 2 BGB).


Dieser Unterhaltsbedarf der Kinder wird unstreitig allein vom Antragsgegner gedeckt, der die Antragstellerin von ihrer Mitverpflichtung freistellt.

Das Einkommen ist weiter zu bereinigen um den an die Antragstellerin zu zahlenden Altersvorsorgeunterhalt von monatlich 250,00 €.

Schließlich ist von dem Erwerbseinkommen, das nach Abzug des anteilig aus ihm zu deckenden Kindes- und Altervorsorgeunterhalts verbleibt, der Erwerbsanreiz (1/10) abzusetzen.

Es verbleibt ein bereinigtes Gesamteinkommen des Antragstellers von (6.500,00 € + 1.000,00 € = 7.500,00 € ./. 2 x 597,00 € ./. 250,00 € ./. 524,85 € =) rund 5.531,00 €.

d) Aus den beiderseitigen prägenden Einkünften der Beteiligten errechnet sich ein nicht durch eigene Einkünfte gedeckter Elementarunterhaltsbedarf der Antragstellerin von (5.531,00 € ./. 1.621,00 € =) 1.955,00 €.

Zu ihren Gunsten besteht daher ein Unterhaltsanspruch von insgesamt 2.205,00 € (1.955,00 € Elementarunterhalt und 250,00 € Altervorsorgeunterhalt).

3. Dieser nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessene Unterhaltsanspruch ist gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf der Antragstellerin herabzusetzen, weil ein dauerhafter voller Unterhaltsanspruch unbillig wäre.

Dagegen kommt eine Befristung (§ 1578 b Abs. 2 BGB) des auf den angemessenen Lebensbedarf der Antragstellerin reduzierten Unterhaltsanspruchs auf Grund der fortbestehenden ehebedingten Nachteile, die die Antragstellerin nicht mehr ausgleichen können wird, nicht in Betracht.

Der angemessene Lebensbedarf gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB bestimmt sich nach der Lebensstellung, die der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und die damit verbundenen Nachteile erlangt hätte (BGH FamRZ 2011, 197; 2010, 2059 und 1633).

Durch die Ehe sind auf Seiten der Antragstellerin Nachteile in Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Sie hat ihren Beruf aufgegeben, um sich - entsprechend der gemeinsamen Lebensplanung - der Betreuung und Erziehung der Kinder, der Haushaltsführung und den Repräsentationsaufgaben einer Unternehmergattin zu widmen.

Es kann davon ausgegangen werden, dass sie ohne die Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit heute weiterhin als Bürokauffrau oder Sekretärin tätig wäre und ein deutlich höheres Einkommen erzielen würde, als ihr das heute - bei Erfüllung ihrer Erwerbsobliegenheit - möglich wäre.

An Bürokauffrauen werden heute - abhängig von der Anzahl der Berufsjahre sowie von Branche, Art und Wichtigkeit der Tätigkeit - regelmäßige Bruttogehälter zwischen 1.500,00 € und 2.500,00 € gezahlt.

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin sich - wie vor Beendigung der Berufstätigkeit - weiterhin um ihre berufliche Qualifizierung bemüht hätte und nach langjähriger Berufszugehörigkeit heute ein Bruttoeinkommen im oberen Bereich erzielen würde. Ihr würde dann unter Berücksichtigung von Sonderzahlungen, wie sie in diesen Bereichen üblicherweise geleistet werden, zur Deckung ihres angemessenen (laufenden) Lebensbedarfs ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von rund 1.700,00 € zur Verfügung stehen, mithin monatlich 700,00 € netto mehr als die 1.000,00 € netto, die sie heute bei Erfüllung ihrer Erwerbsobliegenheit verdienen könnte.

Daneben könnte sie aus dem höheren Einkommen weitergehende Altersvorsorge betreiben; Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung wären um rund 220,00 € höher (19,9 % Beitrag aus einem Bruttoeinkommen von 2.500,00 € sind rund 497,00 €; 19,9 % Beitrag aus einem Bruttoeinkommen von rund 1.390,00 € - hochgerechnet aus den der Antragstellerin fiktiv zugerechneten 1.000,00 € netto - sind rund 277,00 €).

In dieser auf ihren angemessenen Lebensbedarf reduzierten Höhe (700,00 € Elementarunterhalt und 220,00 € Altersvorsorgeunterhalt) besteht der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin unbefristet.

Der darüber hinausgehende Anspruch ist dagegen bis September 2013 (zwei Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung) zu beschränken.

Unter Berücksichtigung der Trennungszeit wird die Antragstellerin dann über einen Zeitraum von insgesamt rund fünfeinhalb Jahren den vollen Unterhalt zur Verfügung haben (der Antragsgegner hat unstreitig Trennungsunterhalt in vergleichbarer Höhe geleistet); in dieser Zeit sollte es ihr möglich sein, sich so einzurichten, dass sie ihren Lebensbedarf (mit Ausnahme des durch mietfreies Wohnen bereits gedeckten Wohnbedarfs) mit den ihr dann noch verbleibenden Mitteln decken kann, die (unter Berücksichtigung der erzielbaren eigenen Einkünfte) deutlich über dem Mindestbedarf liegen .

Bei der Festlegung des Zeitpunkts, bis zu dem der Antragstellerin über die Rechtskraft der Ehescheidung hinaus der volle Unterhalt verbleiben soll, hat der Senat auch die Dauer der Ehe der Beteiligten (rund 22 Jahre bis zur Zustellung des Scheidungsantrags) und deren wirtschaftliche Verflechtung durch Aufgabe der Erwerbstätigkeit und Kindererziehung seitens der Antragstellerin berücksichtigt. ..."

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Der nacheheliche Ehegattenunterhalt einer vor dem 1. Juli 1977 geschiedenen Ehe richtet sich gemäß Art. 12 Nr. 3 Abs. 2 des Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976 - 1. EheRG - (BGBl. I S. 1421) weiterhin unverändert nach den Bestimmungen des EheG; daran hat sich auch durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 - UÄndG - (BGBl. I S. 3189) nichts geändert. Es finden daher weder die §§ 1569 ff. BGB - und damit etwa §§ 1578b oder 1609 BGB n. F. - noch die durch das UÄndG eingefügte und allein für diese Reform des Unterhaltsrechts geltende Übergangsvorschrift des § 36 EGZPO Anwendung (OLG Celle, Beschluss vom 13.10.2011 - 10 WF 280/11).

***

Zur Einkommensermittlung für einen nachehelichen Unterhalt ab 30. April 2011, wenn der Durchschnittsverdienst in den ersten fünf Monaten des Jahres 2011 etwas geringer ist als im Jahr 2010. Die Unterhaltsberechtigte genügt ihrer sekundären Darlegungslast zum ehebedingten Nachteil im Rahmen des § 1578b BGB nicht, wenn sie nicht nachvollziehbar vorträgt, aus welchen Gründen sie ihren erlernten Beruf schon geraume Zeit vor der Heirat aufgegeben hat. § 1578b BGB ist keinesfalls dahin zu verstehen, dass der nacheheliche Unterhalt bei Fehlen ehebedingter Nachteile etwa von Anfang an entfällt oder nur für eine ganz kurze Frist bestehen soll, die zur Dauer der Ehe in keinem vernünftigen Verhältnis mehr steht (OLG Hamm, Urteil vom 11.07.2011 - 8 UF 175/10):

„... II. Die Berufung der Antragsgegnerin und die als Anschlussberufung zu behandelnde Berufung des Antragstellers haben jeweils nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Auf das am 13.12.2008 eingeleitete Verfahren finden gem. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG die bis zum 31.08.2009 geltenden Verfahrensvorschriften der ZPO a.F. Anwendung. Danach ist die Berufung gem. §§ 511 ff. ZPO gegen das Urteil des Amtsgerichts Lüdinghausen statthaft. Die am 23.08.2010 eingelegte Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 09.07.2010 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lüdinghausen ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der am 09.09.2010 eingelegten Berufung des Antragstellers fehlt es jedoch an der erforderlichen Beschwer im Sinne des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Nach dieser Vorschrift ist die Berufung nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 EUR übersteigt. Das ist hier nicht der Fall, denn aufgrund der Befristung des Nachscheidungsunterhalts bis zum 31.12.2010 ergibt sich auch dann, wenn man auf den zur Zeit der Einlegung der Berufung möglichen Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Scheidung abstellt, keine über 600,00 € liegende Beschwer. Erst recht gilt dies, wenn es auf den tatsächlichen Zeitpunkt der Rechtskraft (30.04.2011) ankäme. Seine Berufung ist allerdings als Anschlussberufung im Sinne des § 524 Abs. 1 ZPO zu behandeln.

2. Der Antragsgegnerin steht ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt als Aufstockungsunterhalt gem. § 1573 Abs. 1 BGB in monatlicher Höhe von 185,00 EUR befristet bis zum 30.04.2014 zu.

Der Bedarf der Antragsgegnerin richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen, § 1578 BGB. Diese sind geprägt durch das Einkommen des Antragstellers aus seiner Tätigkeit als Schichtleiter bei der Fa. I GmbH & Co KG in N.

a) Der Senat legt der Unterhaltsberechnung ein bereinigtes Nettoeinkommen des Antragstellers in Höhe von 1.373,82 EUR zugrunde.

aa) Maßgeblich kann für die Unterhaltsberechnung für die Zeit nach Rechtskraft der Ehescheidung, d.h. ab dem 30.04.2011, letztlich auf den Verdienst des Antragstellers im Jahr 2010 abgestellt werden. Der Antragsteller verfügte in diesem Jahr ausweislich der von ihm vorgelegten Verdienstbescheinigung für Dezember 2010, in der auch die Jahressummen aufgeführt sind, über ein Gesamtbruttoeinkommen in Höhe von 36.062,39 EUR. Abzüglich sämtlicher Steuern und Sozialversicherungsbeiträge ergibt sich - wie im Senatstermin eingehend mit den Parteien erörtert - ein Jahresnettoeinkommen in Höhe von 22.118,63 EUR bzw. monatsanteilig 1.843,22 EUR. Das Einkommen des Antragstellers ist nicht um eine Steuerrückerstattung anteilig zu erhöhen. Die vom Antragsteller vorgelegten Steuerbescheide sind an den Insolvenztreuhänder gerichtet, so dass seinem Vorbringen gefolgt werden kann, wonach die Rückerstattungsbeträge dem Antragsteller nicht als Einkommen zur Verfügung standen, sondern vielmehr seinen Gläubigern zugeflossen sind.

Der Antragsteller hat zwar in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, sein Nettoeinkommen sei seit Januar 2011 aus verschiedenen Gründen gesunken. Insoweit hat er behauptet, er sei nicht mehr als Schichtleiter, sondern als Betriebstechniker tätig und arbeite nicht mehr im Schichtdienst, sondern nur noch im Tagesdienst, wobei auch die Stundenzahl von 43 auf 40 Wochenstunden reduziert worden sei. Dass sich daraus aber ein nennenswert geringerer Verdienst als im Jahr 2010 ergibt, ist für den Senat nicht ersichtlich.

Aus der vom Antragsgegner vorgelegten Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 14.03.2011 geht eine Änderung des tatsächlichen Einkommens nicht hervor. Dort ist lediglich bescheinigt, dass er bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden ein Jahresentgelt in Höhe von 33.237,20 EUR erhalte. Die Höhe seines tatsächlichen Verdienstes ergibt sich aus der Bescheinigung nicht. Das Gleiche gilt für die vom Antragsteller vorgelegte ‚grafische Erläuterung' des bei der Fa. I praktizierten Vergütungssystems ‚STEP'. Daraus folgt einerseits sogar eine Erhöhung der jährlichen Gesamtvergütung von 35.029,31 EUR auf 35.729,90 EUR infolge einer Entgelterhöhung um 700,59 EUR. Andererseits ist aus der Übersicht erkennbar, dass bei einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 43 auf 40 Wochenstunden die jährliche Gesamtvergütung auf 33.237,20 EUR reduziert wird. Die tatsächliche an den Antragsteller gezahlte Vergütung ergibt sich daraus indessen nicht. Aus dem Änderungsarbeitsvertrag vom 25.11.2010 ist allerdings ersichtlich, dass der Antragsteller ab dem 01.01.2011 als Schichtleiter und nicht - wie im Senatstermin vorgetragen - als Betriebstechniker tätig ist. Er ist gem. § 2 Nr. 6 des Vertrages auch verpflichtet, Schichtarbeit und Bereitschaftsdienste zu leisten, so dass die Richtigkeit seines Vorbringens, er arbeite nicht mehr im Schichtdienst, sondern nur noch im Tagesdienst, ebenfalls zweifelhaft ist. Aus dem Vertrag ergibt sich zudem, dass die wöchentliche Arbeitszeit zwar auf 40,00 Stunden reduziert wird. Andererseits ist der Antragsteller jedoch vertraglich verpflichtet, nach Weisung des Arbeitgebers Mehrarbeit zu leisten. Der Vortrag des Antragstellers, er arbeite nur noch 40 Stunden wöchentlich, erscheint deshalb auch unzutreffend. Dass sich sein Verdienst im Jahr 2011 gegenüber dem Vorjahr nennenswert verringert hat, lässt sich schließlich auch den vorgelegten Verdienstbescheinigungen nicht entnehmen. Ausweislich der vorliegenden Vergütungsmitteilung für Mai 2011 hatte der Antragsteller in den ersten fünf Monaten des Jahres 2011 einschließlich der im April gezahlten Gewinnbeteiligung und des im Mai ausbezahlten Urlaubsgeldes (laut Vertragsergänzung vom 25.11.2010 72 %) ein Gesamtbruttoeinkommen in Höhe von 15.145,96 EUR. Abzüglich Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen errechnet sich ein Nettoeinkommen in Höhe von 9.268,77 EUR. Vermindert man diesen Betrag um den Nettoanteil des Urlaubsgeldes - nämlich 893,24 € -, verbleibt für den Zeitraum von Januar bis Mai 2011 noch ein ‚reguläres' Nettoeinkommen von 8.375,53 €, monatsanteilig also 1.675,11 €. Dieses ist zum Einen um den monatsanteiligen Betrag des Urlaubsgeldes in Höhe von 74,44 € (893,24 € : 12), zum anderen um den monatsanteiligen Betrag des im November ausgezahlten Weihnachtsgeldes zu erhöhen. Dieses beläuft sich ausweislich der Vertragsergänzung vom 25.11.2010 auf 55 % des Bruttogehalts (2.504,70 €), also auf 1.377,59 €; bei einer insoweit geschätzten Nettoquote von 55 % ergibt sich ein Netto-Weihnachtsgeld von 757,67 €, monatsanteilig also 63,14 €. Insgesamt beläuft sich somit das auf diese Weise ermittelte monatsdurchschnittliche Nettoeinkommen des Antragstellers auf 1.812,69 € (1.675,11 € + 74,44 € + 63,14 €), was etwa 30,00 € monatlich weniger wäre als im Jahre 2010. Jedoch kann nicht außer acht bleiben, dass diese Prognose, die sich lediglich auf die ersten 5 Monate des Jahres 2011 stützt, mit gewissen Unsicherheiten belastet ist, zumal sich in den Verdienstabrechnungen des Antragstellers auch in unregelmäßigen Abständen gezahlte Gewinnbeteiligungen finden. Vor diesem Hintergrund erscheint es dem Senat im Rahmen seines Schätzungsermessens (§ 287 ZPO) vorzugswürdig, die Prognose auf das abgeschlossene Kalenderjahr 2010 zu stützen und das insoweit ermittelte Nettoeinkommen von monatsanteilig 1.843,22 € auch für 2011 fortzuschreiben. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller auf die Möglichkeit der Abänderungsklage zu verweisen ist, sofern sich dennoch eine deutliche Verringerung seines Einkommens im Verlauf des Jahres 2011 ergeben sollte, für die der Senat jedoch derzeit keine Anhaltspunkte hat.

bb) Das Nettoeinkommen des Antragstellers ist um einen Betrag in Höhe von insgesamt 469,40 EUR zu bereinigen, so dass sich ein für den Unterhalt zur Verfügung stehendes Nettoeinkommen in Höhe von 1.373,82 EUR errechnet.

Vom Nettoeinkommen des Antragstellers sind zunächst die vom Insolvenztreuhänder gepfändeten Beträge als ehebedingte Verbindlichkeiten abzuziehen. Ausweislich der vorgelegten Verdienstbescheinigungen handelte es sich im hier für die Unterhaltsberechnung maßgeblichen Jahr 2010 um einen monatsdurchschnittlichen Betrag von 58,68 EUR. Ferner ist der Nettobetrag des Arbeitgeberzuschusses zu den vermögenswirksamen Leistungen zu berücksichtigen, Ziff. 10.6 HLL. Der Arbeitgeberzuschuss beträgt ausweislich der vom Antragsteller vorgelegten Arbeitgeberbescheinigung vom 14.03.2011 26,59 EUR brutto. Bei einer Nettoquote von insoweit 61 % errechnet sich ein abzusetzender Betrag von 16,22 EUR. Der eigene Anteil des Antragstellers an den vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 13,41 EUR (40,00 - 26,59) kann indessen entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht als sekundäre Altersvorsorge in Abzug gebracht werden. Zwar erkennt der Senat in ständiger Rechtsprechung an, dass beim Ehegattenunterhalt für die sekundäre Altersvorsorge in der Regel ein Betrag von bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres abgezogen werden kann. Der Antragsteller hat allerdings nicht nachvollziehbar dargelegt, dass es sich bei den vermögenswirksamen Leistungen um Vorsorgeaufwendungen für eine sekundäre Altersvorsorge handelt. In der mündlichen Verhandlung hat er - angehört nach § 141 ZPO - vielmehr angegeben, dass die vermögenswirksamen Leistungen in einen Ratensparvertrag fließen, der auf eine Laufzeit von 7 Jahren angelegt ist. Da sich der jetzt 50 Jahre alte Antragsteller nach Ablauf der Spardauer noch nicht im Ruhestand befinden wird, ist nicht sichergestellt, dass die Ersparnisse seiner Altersvorsorge zugute kommen. Nicht auszuschließen ist, dass er das Sparguthaben nach Fristablauf für Konsumzwecke verbraucht. Dafür muss die Antragsgegnerin aber keine Kürzung ihres Unterhaltsanspruchs hinnehmen. Ferner ist das Nettoeinkommen des Antragstellers um seine Fahrtkosten zu bereinigen, vgl. Ziff. 10.2.2 HLL. Die Kosten des Firmentickets in Höhe von monatlich 87,50 EUR können daher in Abzug gebracht werden. Schließlich ist das Nettoeinkommen des Antragstellers - wie im Senatstermin mit den Parteien erörtert - um den Betrag der tatsächlichen Zahlungen auf den Kindesunterhalt für die Tochter W in Höhe von monatlich 307,00 EUR zu bereinigen. Daraus errechnet sich ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1.373,82 EUR (1.843,22 EUR - 58,68 EUR - 16,22 EUR - 87,50 EUR - 307,00 EUR). Ein weiterer Abzug wegen einer angeblichen Kreditrate in Höhe von 400,00 EUR kommt hingegen nicht in Betracht. Der Antragsteller hat zwar - allerdings erstmals in der Berufungsinstanz - behauptet, es bestehe eine ehebedingte Kreditrate von 400,00 EUR bei der T2-Bank, und dazu ausgeführt, der zugrunde liegende Kredit resultiere aus ehebedingten Verbindlichkeiten, nämlich für die Anschaffung von Fußbodenbelägen, die Umschuldung eines Girokontos und zur Anschaffung eines PKW. Nähere Angaben zu diesen Anschaffungen hat der Antragsteller indessen im Verlauf des Verfahrens nicht gemacht. Es erscheint zudem zweifelhaft, dass trotz des laufenden Insolvenzverfahrens die T2-Bank als einzelne Gläubigerin bevorzugt behandelt wird. Unterlagen zu diesem Kredit sind vom Antragsteller schließlich auch im Hinblick auf seinen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht vorgelegt worden.

b) Auf Seiten der Antragsgegnerin ist ein fiktives Erwerbseinkommen zu berücksichtigen. Gem. § 1569 BGB obliegt es nach der Scheidung jedem Ehegatten selbst, für seinen Unterhalt zu sorgen. Nur soweit er dazu außerstande ist, kann er von dem anderen Ehegatten Unterhalt verlangen. Die Antragsgegnerin ist zwar aufgrund der von ihr ausgeübten Tätigkeiten in der Schulmensa der Gemeinde T bzw. als Reinigungskraft und Hausmeisterin bei der kath. Kirchengemeinde T tatsächlich nicht in der Lage, einen eheangemessenen Unterhalt zu erwirtschaften. Wegen ihrer grundsätzlichen Eigenverantwortlichkeit trifft sie jedoch die Obliegenheit zur Aufgabe ihrer bisherigen Arbeitsstellen und zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, bei der sie ein nach ihren Kenntnissen und Fähigkeiten erzielbares Einkommen erwirtschaftet. Unstreitig ist sie dem bisher nicht nachgekommen. Ausreichende Bemühungen zur Erlangung einer besser bezahlten Anstellung hat die Antragsgegnerin auch nicht vorgetragen. Sie hat lediglich zwei Bewerbungen vorgelegt, die zum Nachweis ernsthafter Erwerbsbemühungen nicht ausreichen. Dass sie keine Chance auf eine solche Anstellung hat, ist nicht ersichtlich und auch nicht konkret dargelegt worden. Im Rahmen der Unterhaltsbedürftigkeit nach § 1577 Abs. 1 BGB trägt aber die Antragsgegnerin als Gläubigerin die Darlegungs- und Beweislast sowohl für hinreichende Erwerbsbemühungen als auch das Fehlen einer realen Beschäftigungschance (BGH, FamRZ 2008, 2104, 2105, FamRZ 1993, 789, 79; Wendl/Staudigl-Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl. § 1 Rn. 522). Der Senat rechnet der Antragsgegnerin daher fiktiv ein Einkommen zu, das gem. § 287 ZPO im Wege einer Schätzung mit netto 992,06 EUR zu bemessen ist.

Dabei geht der Senat davon aus, dass die 50 Jahre alte Antragsgegnerin nicht in dem von ihr erlernten Beruf der Kinderpflegerin tätig sein kann. Den Beruf der Kinderpflegerin gibt es nicht mehr, da dieser Beruf durch das qualifiziertere Berufsbild der Erzieherin abgelöst worden ist. Die Antragsgegnerin war auch nur für die Dauer von drei Jahren in diesem Beruf tätig und hat seit 1983 nicht mehr versicherungspflichtig gearbeitet. Während der Ehezeit hat sie den Haushalt geführt und die ehegemeinschaftlichen Kinder versorgt. Als ungelernte Arbeitskraft könnte die Antragsgegnerin durchaus ein Bruttoentgelt in Höhe von 1.297,50 EUR erzielen. Das entspricht bei 40 Wochenstunden einem Bruttostundenlohn von 7,50 EUR. Ein solcher Stundenlohn ist für sie bei einer Tätigkeit als Produktionshelferin - wie von Seiten des Antragstellers vorgeschlagen - oder auch in der Systemgastronomie nach den Kenntnissen des Senats aus vergleichbaren Fällen durchaus erzielbar. Unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse II und unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages von 0,5 errechnet sich nach Abzug sämtlicher Steuern und Sozialabgaben ein Nettoeinkommen in Höhe von 992,06 EUR (1.297,50 EUR - Lohnsteuer 37,83 EUR - Rentenversicherung (19,9 % / 2) 129,10 EUR - Arbeitslosenversicherung (3,0 % / 2) 19,46 EUR - Krankenversicherung Arbeitnehmer-Anteil (14,6 % / 2 + 0,9 %) 106,40 EUR - Pflegeversicherung (Arbeitnehmer-Anteil 0,975 %) 12,65 EUR). Dieses fiktive Nettoeinkommen ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats um berufsbedingte Aufwendungen zu kürzen, die pauschal mit 5 % anzusetzen sind, so dass sich ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 942,45 EUR errechnet.

c) Daraus ergibt sich ein Anspruch der Antragsgegnerin auf Aufstockungsunterhalt in Höhe von 185,00 EUR. Die Differenz des bereinigten Nettoeinkommens des Antragstellers und des teilfiktiven Nettoeinkommens der Antragsgegnerin beträgt 431,37 (1.373,82 EUR - 942,45 EUR). Unter Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus auf beiden Seiten von je 1/7 errechnet sich ein Ehegattenunterhalt in Höhe von 184,87 EUR, bzw. gerundet 185,00 EUR (431,37 x 3/7).

d) Der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin ist gem. § 1578 b BGB bis zum 30.04.2014 zeitlich zu begrenzen. Nach § 1578 b BGB kann der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden. Die Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB hängt insbesondere davon ab, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB).

aa) Im Hinblick auf diese Maßgaben des § 1578 b BGB kommt ein unbegrenzter Unterhalt der Antragsgegnerin nicht in Betracht. Sie hat hierzu vorgetragen, ein ehebedingter Nachteil liege darin, dass sie während der Ehe die Kinder und den Haushalt versorgt und daneben allenfalls geringfügig habe arbeiten können. Sie könne daher nunmehr nur noch als ungelernte Kraft tätig sein. Wenn sie aber ihre Arbeitsstelle im Jahr 1983 nicht aufgegeben hätte, hätte sie in den Folgejahren als Kinderpflegerin arbeiten können, so dass sie sich zur Erzieherin hätte weiterbilden können. Im Jahr 1990/1991 wäre ihr eine solche Weiterbildung angeboten worden. Aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrung wäre sie jetzt als Gruppenleiterin tätig. Dem ist der Antragsteller entgegengetreten und hat vorgetragen, es seien keine ehebedingten Nachteile feststellbar.

Zwar trägt der Unterhaltsschuldner, der sich mit der Befristung auf eine prozessuale Einwendung beruft, die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der für eine Befristung sprechenden Tatsachen. Dazu gehört auch der Umstand, dass der Antragsgegnerin keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB entstanden sind. Nach der Rechtsprechung des BGH trifft den Prozessgegner der für eine negative Tatsache beweisbelasteten Partei aber die sog. sekundäre Darlegungslast. Dadurch soll eine unbillige Belastung der beweispflichtigen Partei vermieden werden. Der Umfang der sekundären Darlegungslast richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Darlegungen müssen so konkret sein, dass der beweisbelasteten Partei eine Widerlegung möglich ist. Die sekundäre Darlegungslast hat im Rahmen von § 1578 b BGB zum Inhalt, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (BGH, FamRZ 2010, 875).

Diese Voraussetzungen erfüllt der Vortrag der Antragsgegnerin indessen nicht. Dass ehebedingte Nachteile eingetreten sind, hat sie schon nicht konkret dargelegt. Es ist nach ihrem eigenen Vorbringen nicht erkennbar, dass sie ohne Eheschließung heute als Erzieherin bzw. Gruppenleiterin arbeiten würde, so dass sie ein deutlich höheres Einkommen als das einer ungelernten Arbeitskraft erzielen könnte. Dass die Antragsgegnerin - die Ehe hinweggedacht - in ihrem erlernten Beruf weiter gearbeitet hätte und möglicherweise sich zur Erzieherin weiterqualifiziert hätte, erscheint nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Um dies feststellen zu können, hätte es zumindest einer vollständigen und nachvollziehbaren Darstellung ihrer Erwerbsbiografie bedurft. Entscheidend gegen die Annahme, dass die Antragsgegnerin ohne die Ehe heute als Erzieherin arbeiten würde, spricht aber bereits der Umstand, dass sie ihre Tätigkeit als Erzieherin schon vor der Eheschließung aufgegeben hatte. Ihr Vorbringen wäre möglicherweise plausibel, wenn sie bis zur Eheschließung ohne Unterbrechung in ihrem erlernten Beruf gearbeitet hätte und ehebedingt die eigene Berufstätigkeit aufgegeben hätte. Die Antragsgegnerin war aber in ihrem erlernten Beruf als Kinderpflegerin nach Abschluss ihrer Ausbildung lediglich von 1980 bis März 1983 tätig. Noch vor der Heirat am 10.08.1984 hat sie infolge des Umzugs der Parteien nach T ihre Anstellung als Kinderpflegerin aufgegeben, und seitdem nicht mehr versicherungspflichtig gearbeitet. Aus welchem Grund dies geschehen ist, ist nicht nachvollziehbar dargelegt worden, zumal die ehegemeinschaftlichen Kinder erst deutliche Zeit nach Eheschließung geboren worden sind.

bb) Nach Auffassung des Senats erscheint es allerdings auch bei Fehlen konkreter ehebedingter Nachteile gerechtfertigt, der Unterhaltsberechtigten den nachehelichen Unterhalt für eine angemessene Übergangsfrist zukommen zu lassen. § 1578 b BGB ist keinesfalls dahin zu verstehen, dass der nacheheliche Unterhalt bei Fehlen ehebedingter Nachteile etwa von Anfang an entfällt oder - wie hier entsprechend der angefochtenen Entscheidung - nur für eine ganz kurze Frist bestehen soll, die zur Dauer der Ehe in keinem vernünftigen Verhältnis mehr steht. Zudem beschränkt sich § 1578 b BGB nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BGH, FamRZ 2010, 629). Deshalb ist unabhängig vom Vorliegen ehebedingter Nachteile in jedem Fall eine Billigkeitsabwägung vorzunehmen (BGH, FamRZ 2010, 1637). Im Rahmen dieser Billigkeitsprüfung sind neben weiteren relevanten Umständen im Einzelfall die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie die Dauer der Ehe zu berücksichtigen. Nach Abwägung dieser Belange erscheint dem Senat eine Befristung des nachehelichen Unterhalts für die Dauer von noch drei Jahren nach Rechtskraft der Ehescheidung, mithin bis zum 30.04.2014 angemessen.

Dabei kommt dem Umstand, dass die Antragsgegnerin während der Ehezeit durch die Führung des Haushalts dem Antragsteller die Berufsausübung ermöglicht hat und die ehegemeinschaftlichen Kinder versorgt und betreut hat, besondere Bedeutung zu. Daneben muss die lange Dauer der Ehe berücksichtigt werden. Die Ehedauer gewinnt durch eine wirtschaftliche Verflechtung der Parteien an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt. Dieser Gesichtspunkt kann in Fällen, in denen keine ehebedingten Nachteile vorliegen, aus Billigkeitsgründen gegen eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts auf den eigenen angemessenen Lebensbedarf sprechen (BGH, FamRZ 2010, 1971). Im hier zu entscheidenden Fall hat die formale Ehedauer von der Eheschließung am 10.08.1984 bis zur Zustellung des Scheidungsantrages am 13.05.2009 immerhin fast 25 Jahre betragen. ..."

***

Zur Frage der Herabsetzung oder Befristung nachehelichen Unterhalts bei knapp 33jähriger Ehedauer und Eintritt eines ehebedingten Nachteils (OLG Hamm, Beschluss vom 16.05.2011 - 8 UF 246/10 zu §§ 1573 Abs 2, 1587b BGB):

„... 1. Auf das vorliegende Verfahren, das am 29. 4. 2010 eingeleitet wurde, ist das ab dem 1.9.2009 geltende materielle und prozessuale Recht anzuwenden, Art. 111 FGG-RG. Das Bestehen eines nachehelichen Aufstockungsunterhaltsanspruches gemäß § 1573 Abs. 2 BGB in Höhe von monatlich 441,00 € ist - nachdem der Antragsgegner seine Anschlussbeschwerde zurückgenommen hat und die Antragstellerin ihrerseits sich mit ihrer Beschwerde lediglich gegen die Befristung des ihr in dieser Höhe vom Amtsgericht zuerkannten Unterhaltsanspruches wendet - zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig.

2. Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist vorliegend nicht nach § 1578b BGB herabzusetzen oder zu befristen, da die Antragstellerin ehebedingte Nachteile erlitten hat und auch keine sonstigen Umstände ersichtlich sind, die eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung eines zeitlich unbegrenzten Unterhaltsanspruchs unbillig erscheinen ließen.

a) Entscheidendes Kriterium zu der gemäß § 1578 b BGB anzuwendenden Billigkeitsabwägung stellt ein fortbestehender ehebedingter Nachteil des Berechtigten dar. Je weniger die Bedürftigkeit des Berechtigten auf ehebedingte Nachteile zurückzuführen ist oder je geringer solche ehebedingte Nachteile waren und sind, desto eher kommt nach dem Grundsatz der Eigenverantwortung eine zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung in Betracht. Bei der Subsumtion unter diesen Ausnahmetatbestand ist nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer, sondern darauf abzustellen, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zu Gunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen kann. Erforderlich ist dabei ein Kausalzusammenhang zwischen Lebensführung und Erwerbsnachteilen, wobei es genügt, wenn solche Nachteile überwiegend auf die in der Ehe einvernehmlich praktizierte Aufgabenverteilung zurückzuführen sind. Als Abwägungskriterien sind grundsätzlich in erster Linie Kindererziehungszeiten zu berücksichtigen, weiterhin die Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie - in geringerem Maße - deren Dauer, also die Zeitspanne zwischen Eheschließung und Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens. Dabei trifft die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatsachen, die eine Unterhaltsbeschränkung rechtfertigen sollen, nach allgemeinen Grundsätzen den Unterhaltsverpflichteten, da es sich hierbei um eine unterhaltsbeschränkende Norm mit Ausnahmecharakter handelt. Hinsichtlich der Tatsache, das ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind, trifft hingegen den Unterhaltsberechtigten nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen eine so genannte sekundäre Darlegungslast. Er muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn sein Vorbringen diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (BGH, FamRZ 2010,875). Dabei ist diese Vorschrift grundsätzlich auf alle Unterhaltsansprüche anzuwenden, insbesondere aber auch auf den hier bestehenden Aufstockungsunterhaltsanspruch (BGH FamRZ 2010, 1971).

b) Zwar ist nach der Rechtsprechung des BGH allein die Dauer der Ehe kein entscheidendes, gegen eine Befristung oder Begrenzung sprechendes Kriterium, wenn beide Ehegatten während der Ehe vollschichtig berufstätig waren und die Einkommensdifferenz lediglich auf ein unterschiedliches Qualifikationsniveau zurückzuführen ist, das bereits zu Beginn der Ehe vorlag. Die Ehedauer gewinnt aber trotzdem durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit während der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt. Allein schon dieser Gesichtspunkt kann in Fällen, in denen keine ehebedingten Nachteile vorliegen, aus Billigkeitsgründen gegen eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts auf den eigenen angemessenen Lebensbedarf sprechen (BGH FamRZ 2010, 1971; FamRZ 2010, 1637). Die Ehezeit hat vorliegend knapp 33 Jahre angedauert (Heirat am 23. 1. 1976; Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens am 20.2.2009) und dürfte damit nach herrschender Rechtsprechung als lang anzusehen sein. Diese lange Ehedauer indiziert jedenfalls eine starke Verflechtung der ehelichen Lebensverhältnisse. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin bei Eheschließung und in der ersten Zeit danach zwar noch in ihrem erlernten Beruf tätig war, jedoch im Jahre 1978 vor Geburt des ersten gemeinsamen Kindes diese Berufstätigkeit eingestellt und eine Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf während der Ehezeit nie wieder aufgenommen hat. Dies hat zur Folge, dass sie jetzt bei objektiver Betrachtung keine Anstellung in diesem erlernten Beruf mehr finden dürfte. Sie hat während der Ehezeit zwei gemeinsame Kinder erzogen und betreut und hat im Anschluss hieran dann nur noch eine einfache Tätigkeit als Reinigungskraft in nicht vollschichtigem Umfang ausgeübt. Soweit sie auch zwischenzeitlich - teilweise sogar in halbschichtiger Tätigkeit - als angelernte Verkäuferin tätig war, hat sie diese Tätigkeit noch während des ehelichen Zusammenlebens in Übereinkunft mit dem Antragsgegner wieder eingestellt, da sich diese im Hinblick auf die hierdurch entstehende höhere Steuerlast nach ihrer damaligen gemeinsamen Einschätzung wirtschaftlich nicht lohnte. Aus der erteilten Auskunft des Versorgungsträgers zum Versorgungsausgleich ergibt sich eine Zeit der beruflichen Ausbildung vom 1.8.1970 bis zum 14. 6.1972 und im Anschluss hieran eine Beitragszeit vom 15. 6.1972 bis zum 1.12.1978, jedoch wechseln sich in dem dann folgenden Zeitraum bis zum 17. 9. 1979 Pflichtbeitragszeiten und Zeiten der Arbeitslosigkeit ab. Ab dem 20. 3. 1979 bis zum 19. 5.1993 folgen dann Zeiten der Schwangerschaft/Mutterschutz und Kindererziehung, wobei ab September 1992 bis März 1995 wieder Pflichtbeitragszeiten verzeichnet sind. In der Folgezeit wechseln sich dann wiederum Beitragszeiten aus geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung und Pflichtbeitragszeiten ab. Aus diesen Belegungszeiten in der Rentenversicherung ergibt sich, dass sie während der Ehezeit vor Geburt des ersten Kindes ihre Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf aufgegeben und dann in diesem nicht mehr gearbeitet hat. Da sie somit aus ehebezogenen Gründen und im Einverständnis mit dem Antragsgegner eine vorher von ihr ausgeübte und deutlich besser entlohnte Tätigkeit aufgegeben hat und dann später nur noch als Reinigungskraft bzw. angelernte Verkäuferin tätig gewesen ist, ist zusätzlich - neben der langen Ehedauer - auch ein ehebedingter Nachteil hinsichtlich ihrer jetzigen Erwerbsmöglichkeiten eingetreten. Denn als Arzthelferin würde sie einen monatlichen Nettoverdienst von etwa 1500 € erzielen können - wie das Amtsgericht bereits in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat -, zudem würde sie bei durchgehender Berufstätigkeit in diesem Beruf angesichts ihrer dann langjährigen Berufserfahrung entweder eine vollschichtige Arbeitsstelle innehaben oder aber eine solche jedenfalls finden können. Wird weiterhin das Alter der Antragstellerin von fast 56 Jahren bei Rechtskraft der Scheidung berücksichtigt, erscheint es dem Senat unter Abwägung sämtlicher Umstände gerechtfertigt, den ihr zuerkannten Aufstockungsunterhaltsanspruch nicht zu befristen. Da sie zudem ihren eigenen angemessenen Bedarf - der nach den vorstehenden Ausführungen bei etwa 1500 € liegt - durch den ihr zuerkannten Unterhaltsanspruch von monatlich 441 € neben den von ihr erzielbaren Einkünften aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit aller Voraussicht nach auch zukünftig nicht wird decken können, kommt auch keine Herabsetzung ihres Unterhaltsanspruches in Betracht.

Deshalb war die vom Amtsgericht vorgenommene Befristung des Unterhaltsanspruches aufzuheben und eine derartige nicht anzuordnen. ..."

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Der Unterhaltspflichtige muss auch das Fortbestehen einer verfestigten Lebensgemeinschaft beweisen, wenn im Erstprozess streitig ist, ob der Unterhaltsberechtigte ab einem bestimmten Zeitpunkt das Zusammenleben mit dem neuen Partner beendet hat. Zu den Voraussetzungen einer verfestigten Lebensgemeinschaft, wenn die Partner nicht räumlich zusammenleben und keinen gemeinsamen Haushalt führen. Zur Feststellung von ehebedingten Nachteilen im Rahmen von § 1578b BGB (OLG Karlsruhe, Urteil vom 21.02.2011 - 2 UF 21/10):

„... I. Mit Verbundurteil vom 14.01.2010 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Wiesloch die Ehe der Parteien geschieden, eine Entscheidung zum Versorgungsausgleich getroffen und den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin bis 31.05.2011 nachehelichen Unterhalt von monatlich 763,00 EUR zu bezahlen. Antragsteller und Antragsgegnerin streiten in der Berufung noch um die Frage, ob und in welcher Höhe die Antragsgegnerin vom Antragsteller nachehelichen Unterhalt über den 31.05.2011 hinaus verlangen kann. Daneben ist über die Beschwerde der Bundesfinanzdirektion Südwest gegen den Ausspruch zum Versorgungsausgleich zu entscheiden.

Der am ...1954 geborene Antragsteller und die am ...1954 geborene Antragsgegnerin haben am ...1979 geheiratet. Aus der Ehe der Parteien sind die Töchter J., geboren am ...1983, und S., geboren am ...1986, hervorgegangen. Seit Januar 2007 leben die Eheleute getrennt. Die Zustellung des Scheidungsantrags an die Antragsgegnerin erfolgte am 06.03.2008. Die Scheidung ist seit 27.04.2010 rechtskräftig.

Der Antragsteller bewohnt mit der noch in der Ausbildung befindlichen Tochter S. weiterhin das eheliche Haus in W.. Die Antragsgegnerin hat keine eigene Wohnung, sondern lebt in dem Haus ihrer Schwester in M., wo sie ein etwa 30 m² großes Zimmer bewohnt.

1. Versorgungsausgleich

Das Amtsgericht hat in Ziffer 2 des Urteils vom 14.01.2010 den Versorgungsausgleich dahingehend geregelt, dass von dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Rentenanwartschaft von monatlich 42,47 EUR auf das Konto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, bezogen auf den 29.02.2008 übertragen wird und diese Anwartschaft in Entgeltpunkte umzurechnen ist (Ziffer 2 a). Weiterhin hat es entschieden, dass zu Lasten der Versorgung des Antragstellers beim Bundesministerium der Finanzen, Bundesfinanzdirektion Südwest auf dem Konto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg Rentenanwartschaften von monatlich 891,09 EUR begründet werden, bezogen auf den 29.02.2008, und dass diese Anwartschaft in Entgeltpunkte umzurechnen ist (Ziffer 2 b).

Gegen das ihr am 26.01.2010 zugestellte Urteil hat die Bundesfinanzdirektion Südwest am 05.02.2010 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, die in erster Instanz erteilte Versorgungsauskunft sei nicht mehr zutreffend. Mittlerweile sei das Dienstrechtsneuordnungsgesetz in Kraft getreten, wonach für den Antragsteller eine angehobene Altersgrenze von 65 Jahren und 8 Monaten gelte und die als ruhegehaltsfähige Dienstzeit anzuerkennende Zeitdauer der Hochschulausbildung sich vermindert habe. Weiterhin sei in der erstinstanzlichen Auskunft der Beitrag zur Pflegeversicherung entgegen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 02.07.2008 - XII ZB 80/06 noch nicht berücksichtigt gewesen. Unter Einbeziehung dieser Änderungen belaufe sich die ehezeitliche Anwartschaft des Antragstellers bei dem Bundesministerium der Finanzen auf 1.708,90 EUR statt 1.782,18 EUR in der erstinstanzlich erteilten Auskunft.

Die übrigen Beteiligten sind der Beschwerde der Bundesfinanzdirektion Südwest nicht entgegen getreten.

2. Nachehelicher Unterhalt

Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller im Scheidungsverbund auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Anspruch genommen.

Der Antragsteller ist promovierter Biologe, der sein Studium Anfang 1983 beendete. Im Mai 1983 nahm er für zwei Jahre eine Promotionsstelle auf, wobei sich sein durchschnittliches Monatseinkommen 1983 auf 2.271,50 DM brutto belief. Von Juli 1986 bis Juni 1989 hatte er mehrere befristete Stellen als wissenschaftliche Hilfskraft mit schwankendem Einkommen. Im Juli 1989 erhielt er eine Festanstellung in Vollzeit mit einem Monatsgehalt von durchschnittlich 5.306,83 DM brutto. Mittlerweile ist er im Beamtenverhältnis tätig. 2008 verfügte der Antragsteller über ein Jahresbruttoeinkommen von 60.020,40 EUR.

Die Antragsgegnerin absolvierte nach ihrem Hauptschulabschluss von 1970 bis 1973 eine Ausbildung zur Damenschneiderin. Im Anschluss daran holte sie neben ihrer Berufstätigkeit als Schneiderin die mittlere Reife nach. Ab 1976 besuchte sie drei Jahre das Gymnasium. Das Abitur bestand sie mit einem Notendurchschnitt von 2,1. Ein von ihr in Erwägung gezogenes Studium der Sozialpädagogik nahm sie aus Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind, nicht auf. Statt dessen trat sie im Mai 1979 eine Stelle als Direktrice bei der Firma R. in B. Sch. an, wo sie einen Nähsaal mit 60 Frauen beaufsichtigte. Ihr Bruttomonatseinkommen betrug dort 1982 durchschnittlich etwa 2.500,00 DM. Nach der Geburt der ersten Tochter im Februar 1983 nahm die Antragsgegnerin ein Kindererziehungsjahr. In der Folgezeit von 1983 bis 1999 widmete sie sich hauptsächlich der Erziehung der beiden Töchter. Daneben erzielte sie kleinere Einnahmen mit Nähaufträgen für eine Boutique.

2000 nahm die Antragsgegnerin wieder eine Erwerbstätigkeit als Verkäuferin im Einzelhandel auf geringfügiger Basis auf. Bis Ende 2008 arbeitete sie als Verkäuferin auf geringfügiger Basis in dem W.er Stoffgeschäft St.-T. mit einem Stundenlohn von 8,65 EUR brutto bei einem monatlichen Gesamteinkommen von 399,00 EUR. Zusätzlich führte sie Näharbeiten aus, womit sie etwa weitere 400,00 EUR brutto einnahm, abzüglich Krankenversicherungsbeiträgen von 200,00 EUR. Im Januar 2009 machte sich die Antragsgegnerin selbständig. Von Januar 2009 bis Juli 2010 war sie einerseits als Verkäuferin in der W.er Filiale der St.-T. tätig, wo sie üblicherweise montags und dienstags, teilweise auch mittwochs arbeitete. Daneben nahm sie eine Tätigkeit in der Ro. Filiale der St.-T. auf, wo sie üblicherweise donnerstags und freitags, teilweise auch samstags arbeitete. Weiterhin führte die Antragsgegnerin Näh- und Änderungsarbeiten im Rahmen eines mobilen Nähservice aus. Ihre geleisteten Stunden rechnete sie gegenüber der St-T. mit 8,65 EUR brutto ab. Von Januar bis Oktober 2009 hatte die Antragsgegnerin aus ihrer selbständigen Tätigkeit einen durchschnittlichen monatlichen Gewinn von 562,21 EUR, wovon noch 323,19 EUR Kranken- und Pflegeversicherung zu bezahlen waren.

Im April/Mai 2006 lernte die Antragsgegnerin während eines Kuraufenthalts den aus Schr.-Su. stammenden D. Ra. kennen. Mindestens bis September 2008 verband beide eine Liebesbeziehung. In dieser Zeit hielt sich die Antragsgegnerin in der Regel von donnerstags bis sonntags bei Herrn Ra. in Su. auf. Von Januar 2009 bis Juli 2010 stand ihr im Haus von D. Ra. ein Gästezimmer zur Verfügung, das sie während ihrer beruflichen Aufenthalte in Ro. von donnerstags bis samstags nutzte.

In erster Instanz war zwischen den Parteien neben mehreren Einzelpositionen im Rahmen der Einkommensbereinigung insbesondere streitig, ob die Antragsgegnerin ehebedingte Nachteile in ihrer beruflichen Laufbahn erlitten hat und ob ein Unterhaltsanspruch verwirkt ist.

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, in ihrem bisherigen Beruf als Schneiderin und Direktrice werde sie aufgrund der langen familiär bedingten Pause nicht mehr Fuß fassen können. Nach dem zweiten Kind sei weder ein Studium der Sonderschulpädagogik noch der Besuch eines Meisterkurses als Schneiderin möglich gewesen. Heute würde sie als Sonderschullehrerin ein monatliches Gehalt von zwischen 4.000,00 EUR und 4.200,00 EUR erzielen und als Modedirektrice zwischen 3.500,00 EUR und 4.000,00 EUR.

Ihr Unterhaltsanspruch sei nicht verwirkt. Zu Herrn Ra. bestehe seit September 2008 keine Liebesbeziehung mehr, sondern nur noch eine unverbindliche freundschaftliche Beziehung. Sie beabsichtige mit Herrn Ra. weder eine gemeinsame Haushaltsführung noch ein gemeinsames Leben. Herr Ra. stelle ihr lediglich ein Gästezimmer unter der Woche zur Verfügung, damit sie ihrer beruflichen Tätigkeit in Ro. ohne weitere finanzielle Aufwendungen nachgehen könne. Soweit sie in der Trennungszeit Bargeld und Gegenstände des Antragstellers an sich genommen habe, hätte ihr dies teilweise zugestanden, teilweise habe sie damit einen Austausch der vom Antragsteller einbehaltenen Gegenstände erreichen wollen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, der Beklagte wird verurteilt, ab Rechtskraft der Scheidung einen monatlichen Nachehegattenunterhalt in Höhe von 1.005,00 EUR zu bezahlen. Der Antragsteller hat beantragt, die Klage anzuweisen.

Der Antragsteller hat vorgetragen, die Antragsgegnerin habe keine ehebedingten Nachteile erlitten. Alle Entscheidungen zur beruflichen Entwicklung habe sie vor der Ehe und Familiengründung unabhängig von ihm getroffen. Während der Ehezeit hätte er die Entscheidung der Antragsgegnerin zu einem Studium begrüßt. Letztlich habe sie sich aber wegen einer möglichen schlechten Bezahlung in dem avisierten Beruf dagegen entschieden. Als Sonderschullehrerin könne die Antragsgegnerin heute ein Gehalt von 2.500,00 EUR bis 3.680,00 EUR erzielen, als Modedirektrice zwischen 1.900,00 EUR und 2.800,00 EUR. Als Damenschneiderin könnte sie ohne Schwierigkeiten eine Stelle finden und ein Durchschnittsgehalt von etwa 1.404,80 EUR im Monat erzielen. Wegen Verletzung ihrer Erwerbsobliegenheit sei ihr zumindest ein fiktives Gehalt von ca. 2.000,00 EUR zuzurechnen. Hätte die Antragsgegnerin nach der Trennung sogleich ihrer Erwerbsobliegenheit genügt, wäre sie in der Lage, 1.500,00 EUR netto zu erzielen.

Der Unterhaltsanspruch sei verwirkt. Die Antragsgegnerin lebe in einer verfestigten Lebensgemeinschaft im Sinne von § 1579 Nr. 2 BGB mit Herrn Ra.. Dafür spreche auch die in keinem Fall wirtschaftliche, sondern ausschließlich emotional begründete Tätigkeit der Antragsgegnerin in Ro.. Eine Verwirkung ergebe sich auch daraus, dass die Antragsgegnerin missbräuchlich Gelder von seinem Konto abgehoben bzw. ihm Barmittel und persönliche Gegenstände entwendet habe.

Das Amtsgericht - Familiengericht - W. hat nach Vernehmung des Zeugen Ra. den Antragsteller mit Urteil vom 14.01.2010 verurteilt, an die Antragsgegnerin einen monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 763,00 EUR zu zahlen, und den Unterhaltsanspruch bis 31.05.2011 befristet. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Antragsteller verfüge über ein Nettoeinkommen von 4.064,60 EUR, aus dem sich nach Abzug von Fahrtkosten, Krankenkassenbeitrag, Kindesunterhalt für S., Erwerbstätigenbonus und negativem Wohnwert ein bereinigtes Nettoeinkommen von 2.439,71 EUR ergebe. Der Antragsgegnerin sei ein fiktives Einkommen von monatlich 1.000,00 EUR netto zuzurechnen, das sie bei angestellter Vollzeittätigkeit als Verkäuferin im Einzelhandel erzielen könne. Nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen und Erwerbstätigenbonus resultiere daraus ein bereinigtes fiktives Erwerbseinkommen der Antragsgegnerin von 855,00 EUR. Unter Zugrundelegung des Halbteilungsgrundsatzes errechne sich ein ungedeckter Bedarf der Antragsgegnerin von gerundet 763,00 EUR. Der Anspruch sei nicht wegen mutwilliger Verletzung von Vermögensinteressen des Verpflichteten gemäß § 1579 Nr. 5 BGB verwirkt. Dass die Antragsgegnerin im Vorfeld der Trennung insgesamt 3.300,00 EUR an sich genommen habe, erreiche den „schwerwiegenden" Grad im Sinne von § 1579 BGB nicht, da die Antragsgegnerin, die im Rahmen der ehelichen Gemeinschaft ohnehin zur Verwendung von Geldern für sich berechtigt gewesen sei, ansonsten bei der Trennung völlig mittellos gewesen wäre und der Betrag nur 2/3 des Nettoeinkommens des Ehemannes erreiche. Auch eine Verwirkung wegen offensichtlichem schwerwiegenden Fehlverhalten des Berechtigten nach § 1579 Nr. 7 BGB sei nicht gegeben. Indem die Antragsgegnerin eine Uhr, persönliche Dokumente und einen Kfz-Brief des Antragstellers an sich genommen habe, sei dies zwar ein Fehlverhalten. Dieses stelle sich aber nicht als offensichtlich schwerwiegend dar, da der Einbehalt vor dem Hintergrund der trennungsbedingten Auseinandersetzung zwischen den Parteien erfolgt sei, der Antragsteller dies sanktioniert habe, indem er seinerseits Schmuck, Nähmaschine und Papiere der Antragsgegnerin an sich genommen habe und alle Gegenstände wieder zurückgegeben worden seien. Die Antragsgegnerin lebe jedoch in einer verfestigten Lebensgemeinschaft. Die seit 2006 andauernde Beziehung der Antragsgegnerin zu dem Zeugen Ra. habe sich trotz getrennter Lebensbereiche in einem solchen Maß verfestigt, dass die Gemeinschaft von ihrer Intensität her einem ehelichen Zusammenleben entspreche. Indem der Zeuge Ra. der Antragsgegnerin ein Gästezimmer zur Verfügung stelle, erfahre sie eine wirtschaftliche und immaterielle Unterstützung ihrer beruflichen Tätigkeit in Ro.. Der Sinn ihrer Aufenthalte in Ro., die wegen der hohen Fahrtkosten unter wirtschaftlichen Aspekten nicht nachvollziehbar seien, erschließe sich nur unter dem Aspekt der Schaffung eines weiteren Standbeins in der räumlichen Nähe zum Wohnsitz des Zeugen Ra.. Damit sei das Erscheinungsbild ihrer Beziehung zu dem Zeugen Ra. in der Öffentlichkeit als füreinander einstehend und sich gegenseitig Hilfe und Unterstützung gewährend zu qualifizieren. Schließlich verbinde die Antragsgegnerin und den Zeugen Ra. auch eine Beziehung auf dem Freizeitsektor, wie ein 2009 gemeinsam verbrachter Kurzurlaub auf einem Campingplatz und die Verlängerung der Aufenthalte der Antragsgegnerin in Su. über ihre Arbeitszeit hinaus bis Samstag zeigten. Im Hinblick auf die verfestigte Lebensgemeinschaft sei der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin gemäß § 1579 Nr. 2 BGB bis 31.05.2011 zu begrenzen. Eine Befristung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b BGB sei nicht vorzunehmen. Die Antragsgegnerin habe ehebedingte Nachteile erlitten. Derzeit sei nicht absehbar, ob und gegebenenfalls wann sie diese wieder aufholen könne. Jedenfalls liege der Zeitpunkt einer möglichen Befristung nicht vor dem 31.05.2011, zu dem der Unterhaltsanspruch nach § 1579 BGB entfalle. Wegen der weiteren Einzelheiten des amtsgerichtlichen Urteils wird auf dieses Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin hat gegen das ihr am 25.01.2010 zugestellte Urteil am 19.02.2010 Berufung eingelegt.

Nach der erstinstanzlichen Entscheidung führte die Antragsgegnerin zunächst ihre selbständige Tätigkeit für die St.-T. in den Filialen W. (drei Arbeitstage pro Woche) und Ro. (zwei bis drei Arbeitstage pro Woche) fort. Am 10.07.2010 schloss die Ro. Filiale der St.-T.. Von 11.07.2010 bis 31.12.2010 arbeitete die Antragsgegnerin daher - abgesehen von ihrem Nähservice - nur noch in der W.er Filiale, wo sie drei bis vier volle Tage in der Woche tätig war. Der durchschnittliche Gewinn der Antragsgegnerin betrug von Januar 2010 bis Oktober 2010 732,35 EUR, wovon noch 327,68 EUR Kranken- und Pflegeversicherung zu bezahlen waren. Bemühungen der Antragsgegnerin, die W.er Filiale der St.-T. zu übernehmen, scheiterten. Am 15.01.2011 eröffnete die Antragsgegnerin zusammen mit einer Geschäftspartnerin ein eigenes Stoffgeschäft in W..

Die Antragsgegnerin greift mit ihrer Berufung allein die Befristung des Unterhaltsanspruchs bis zum 31.05.2011 an. Sie macht geltend, es bestehe keine verfestigte Lebensgemeinschaft mit Herrn Ra.. Eine Zweierbeziehung bestehe bereits seit dem gemeinsamen Kanadaurlaub im September/Oktober 2008 nicht mehr. Die gemeinsame Fahrt auf den Campingplatz im Sommer 2009 sei lediglich aus Kostengründen erfolgt. Die Antragsgegnerin sei mit anderen Freunden auf dem Campingplatz geblieben, während Herr Ra. alleine weitergereist sei. Die Berufstätigkeit in der Filiale des Stoffladens in Ro. habe die Antragsgegnerin aufgenommen, um alle sich bietenden Erwerbsmöglichkeiten zu nutzen. Trotz der Fahrtkosten sei die Tätigkeit in Ro. in geringem Umfang für die Antragsgegnerin lukrativ gewesen. Darüber hinaus sei sie durch die Tätigkeit in Ro. auch an weitere Nähaufträge gekommen. Im übrigen habe die Antragsgegnerin zum Betreiber der Stoffgeschäfte Herrn Ros. ein gutes Verhältnis schaffen wollen, da eine Übergabe des W.er Geschäfts an einen Nachfolger im Raum gestanden habe und sie an einer Übernahme interessiert gewesen sei. Seit Schließung der Filiale in Ro. habe sie nicht mehr bei Herrn Ra. übernachtet. Sie hätten nur noch sporadisch kameradschaftlichen Kontakt. Seit Juli 2010 hätten sie sich nur einmal im August 2010 und dann wieder im Januar 2011 gesehen.

Die Antragsgegnerin beantragt, unter Abänderung des am 14.01.2010 verkündeten Urteils des Amtsgerichts W., Az.: 1 F 33/08, den Antragsteller/Berufungsbeklagten zu verurteilen, an die Antragsgegnerin/Berufungsklägerin einen monatlichen, monatlich im Voraus zahlbaren nachehelichen Unterhalt in Höhe von 763,00 EUR zu zahlen, und zwar unbefristet . Der Antragsteller beantragt, die Berufung der Berufungsklägerin wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller macht unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags geltend, die Antragsgegnerin habe eine verfestigte Lebensgemeinschaft mit Herrn Ra.. Ihre Tätigkeit in Ro. sei nicht durch wirtschaftliche Erwägungen erklärbar. Bei Bilanzierung der Tätigkeit in Ro. ergebe sich, dass die Antragsgegnerin dort durchschnittlich 108,15 EUR im Monat Verlust gemacht habe. Die Antragsgegnerin habe auch in der St.-T. in W. die Möglichkeit gehabt, auf Vollzeit aufzustocken. Zudem hätte sie als Schneiderin jederzeit eine abhängige Stellung bekommen können.

Sofern eine Verwirkung wegen verfestigter Lebensgemeinschaft nicht greife, sei der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin gemäß § 1578b BGB zeitlich zu begrenzen. Dass die Antragsgegnerin ihre Tätigkeit von einem Industriebetrieb auf selbständige Änderungsarbeiten und Maßanfertigungen geändert und auf die Anstellung in der St.-T. erweitert habe, sei nicht aus ehebedingten Gründen erfolgt, sondern weil sich die Produktion von Textilien nach Asien verlagert habe. Bei den Billigkeitserwägungen sei auch zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin sich bislang nicht intensiv um eine gutbezahlte Stellung gekümmert habe.

Der Senat hat die Sache gemäß § 527 ZPO auf die vorbereitende Einzelrichterin übertragen. Die vorbereitende Einzelrichterin hat in der Sitzung vom 17.01.2011 den Zeugen D. Ra. uneidlich vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17.01.2011 Bezug genommen. Mit Zustimmung der Parteien hat der Senat mit Beschluss vom 19.01.2011 das schriftliche Verfahren angeordnet, in dem Schriftsätze eingereicht werden konnten bis 08.02.2011.

II. Auf den Rechtsstreit findet das bis 31.08.2009 geltende Verfahrensrecht Anwendung, Art. 111 Abs. 1 FGG-RG.

Auf die zulässige und begründete Beschwerde der Bundesfinanzdirektion Südwest hat der Senat die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wie aus Ziffer 1 des Tenors ersichtlich abgeändert. Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der Befristung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin in Ziffer 2 des Tenors.

1. Versorgungsausgleich

Auf das Beschwerdeverfahren über den Versorgungsausgleich findet nach Art. 111 FGG-RG, § 48 VersAusglG das bis zum 31.08.2009 geltende materielle Recht und Verfahrensrecht Anwendung.

Für das Rechtsmittel des Versorgungsträgers gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich gelten die auf FGG-Folgesachen anwendbaren Verfahrensgrundsätze. § 629a Abs. 2 S. 2 ZPO, wonach beim Zusammentreffen von Beschwerde und Berufung über das Rechtsmittel einheitlich als Berufung zu entscheiden ist, findet nur Anwendung, wenn Beschwerde und Berufung vom selben Ehegatten eingelegt sind (Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 629a Rn. 5).

Die gemäß §§ 629a Abs. 2 Satz 1, 621e Abs. 1, Abs. 3, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Bundesfinanzdirektion Südwest führt zu der aus Ziffer 1. des Tenors ersichtlichen Änderung des Versorgungsausgleichs.

Nach § 1587 Abs. 1 BGB sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Versorgungen auszugleichen. Die Ehezeit gemäß § 1587 Abs. 2 BGB begann vorliegend am 01.09.1979 und endete am 29.02.2008.

In dieser Zeit hat der Antragsteller eine ehezeitliche Rentenanwartschaft bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in Höhe von 254,49 EUR erworben. Darüber hinaus besteht eine Anwartschaft des Antragstellers auf Ruhegehalt nach beamtenrechtlichen Vorschriften. Deren Ehezeitanteil beläuft sich nach der in zweiter Instanz vorgelegten, korrigierten Auskunft der Bundesfinanzdirektion Südwest vom 28.01.2010 auf 1.708,90 EUR. Die zwischenzeitlichen Gesetzesänderungen sind beim Versorgungsausgleich zu berücksichtigen, auch wenn sie nach dem Ehezeitende liegen (vgl. BGH FamRZ 1986, 449).

Es ergibt sich damit für den Antragsteller folgende Übersicht:

Splittingfähig gem. § 1587b Abs. 1 BGB:

254,49 EUR

Quasisplittingfähig gem. § 1587 b Abs. 2 BGB

1.708,90 EUR

Insgesamt:

1.963,39 EUR

Die Antragsgegnerin verfügt über eine ehezeitliche Rentenanwartschaft bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg in Höhe von 169,56 EUR.

Nach § 1587a Abs. 1 BGB ist der Antragsteller als der Ehegatte mit den höheren Anrechten ausgleichspflichtig. Die Ausgleichspflicht des Antragstellers beträgt 896,92 EUR (1.963,39 EUR - 169,56 EUR = 1.793,83 : 2).

Nach § 1587b Abs. 1 BGB hat der Versorgungsausgleich durch Rentensplitting zu erfolgen in Höhe von 42,47 EUR (254,49 - 169,56 = 84,93 : 2). Dieser Ausgleich ist vom Amtsgericht zutreffend und unbeanstandet in Ziffer 2. a) des angefochtenen Urteils vorgenommen worden.

Nach § 1587b Abs. 2 BGB hat der Versorgungsausgleich durch Quasisplitting zu erfolgen in Höhe von 854,45 EUR (1.708,90 : 2). Insofern ergibt sich aufgrund der korrigierten Versorgungsauskunft eine Veränderung in der Höhe des durch Quasisplitting vorzunehmenden Ausgleichs wie aus Ziffer 1 des Tenors ersichtlich.

Der Höchstausgleich (West) von 1.327,83 EUR ist nicht überschritten. Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte folgt aus § 1587b Abs. 6 BGB.

2. Nachehelicher Unterhalt

Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, §§ 517, 519 ZPO. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Anspruch der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB in der vom Amtsgericht festgesetzten und mit der Berufung nicht angegriffenen Höhe von 763,00 EUR ist nicht gemäß § 1579 BGB zu beschränken oder zu versagen. Eine Verwirkung ergibt sich weder im Hinblick auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft der Antragsgegnerin (a) noch unter den Gesichtspunkten der mutwilligen Verletzung von Vermögensinteressen des Verpflichteten oder des offensichtlichen schwerwiegenden, eindeutig beim Berechtigten liegenden Fehlverhaltens (b). Auch eine Herabsetzung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB ist derzeit nicht vorzunehmen (c).

a) Keine Verwirkung des Anspruchs nach § 1579 Nr. 2 BGB

Der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin ist nicht nach § 1579 Nr. 2 BGB (Verfestigte Lebensgemeinschaft des Berechtigten) zu beschränken oder zu versagen.

Das Zusammenleben mit einem neuen Partner kann dann zur Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit führen, wenn sich diese Beziehung in einem solchen Maße verfestigt hat, dass damit gleichsam ein nichteheliches Zusammenleben an die Stelle einer Ehe getreten ist. Nach welchem Zeitablauf und unter welchen weiteren Umständen dies angenommen werden kann, lässt sich nicht allgemein verbindlich festlegen. Vor Ablauf einer gewissen Mindestdauer, die im Einzelfall kaum unter zwei bis drei Jahre liegen dürfte, wird sich in der Regel nicht verlässlich beurteilen lassen, ob die Partner nur „probeweise" zusammenleben oder ob sie auf Dauer in einer gefestigten Gemeinschaft leben. Dabei setzt die Annahme einer derartigen Lebensgemeinschaft nicht einmal zwingend voraus, dass die Partner räumlich zusammenleben und einen gemeinsamen Haushalt führen, auch wenn eine solche Form des Zusammenlebens in der Regel ein typisches Anzeichen hierfür sein wird (BGH FamRZ 2007, 1303, 1305 zu § 1579 Nr. 7 BGB i. d. F. bis 31.12.2007). Je fester allerdings die Verbindung nach außen in Erscheinung tritt, um so kürzer wird die erforderliche Zeitspanne anzunehmen sein (Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Aufl., § 1579 Rn. 12a). Bei einer Beziehung, die nicht überwiegend durch ein Zusammenwohnen und auch nicht durch ein gemeinsames Wirtschaften geprägt ist, ist eine verfestigte Beziehung etwa dann erreicht, wenn die Partner seit fünf Jahren in der Öffentlichkeit, bei gemeinsamen Urlauben und der Freizeitgestaltung als Paar auftreten und Feiertage und Familienfeste zusammen mit Familienangehörigen verbringen (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 351).

Ob die Aufnahme eines Verhältnisses zu einem anderen Partner die aus der Unterhaltspflicht erwachsende Belastung unzumutbar macht, hängt nicht davon ab, ob es zwischen den Partnern zu Intimitäten kommt oder nicht. Entscheidend für die Unzumutbarkeit einer fortdauernden (uneingeschränkten) Unterhaltsbelastung ist vielmehr der Umstand, dass der Unterhaltsberechtigte mit einem Partner in einer verfestigten Beziehung lebt, die Partner ihre Lebensverhältnisse so aufeinander abgestellt haben, dass sie wechselseitig füreinander einstehen, indem sie sich gegenseitig Hilfe und Unterstützung gewähren, und damit ihr Zusammenleben ähnlich gestalten, wie es sich aufgrund der nach außen dringenden Gegebenheiten auch in einer Ehe darstellt (BGH FamRZ 2002, 810, 812 zu § 1579 Nr. 7 BGB a. F.).

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin D. Ra. im April oder Mai 2006 kennen gelernt. Eine intime Beziehung bestand mindestens bis zum gemeinsamen Kanadaurlaub im September/Oktober 2008. In dieser Zeit behielten die Antragsgegnerin und D. Ra. jeweils ihre Lebensmittelpunkte in M. bei W. und in Schr.-Su. bei. Die Antragsgegnerin besuchte D. Ra. regelmäßig von Donnerstag bis Sonntag und beide gestalteten ihre Freizeit an diesen verlängerten Wochenenden gemeinsam. Auch gab es gemeinsame Urlaube, zuletzt für die Dauer von fünf Wochen in Kanada im September/Oktober 2008. Von Januar 2009 bis Mitte Juli 2010 arbeitete die Antragsgegnerin, unter Inkaufnahme erheblicher Fahrtkosten, an zwei bis drei Tagen in der Woche in Ro. und wohnte während dieser Zeit im Gästezimmer von D. Ra.. In der Regel hielt sie sich von donnerstags bis samstags in Schr.-Su. auf. Größere gemeinsame Urlaube erfolgten ab dieser Zeit nicht mehr. Im Sommer 2009 fand jedoch noch ein wenige Tage dauernder Urlaub auf einem Campingplatz mit Freunden statt. Weihnachten haben die Antragsgegnerin und D. Ra. nach den unstreitigen Angaben der Antragsgegnerin im Berufungsverfahren jedenfalls seit 2009 nicht mehr gemeinsam verbracht. D. Ra. wurde von der Antragsgegnerin nicht in ihre Familie „eingeführt" und es erfolgte kein gemeinsames Auftreten bei Festen ihrer Familie; lediglich ihre Tochter J. hatte ihn zu Beginn der Beziehung einmal kennen gelernt. Die beruflich bedingten Aufenthalte der Antragsgegnerin in Schr.-Su. gaben der Beziehung zu D. Ra. - wie vom Amtsgericht zu Recht angenommen - eine neue Dimension, da die Tätigkeit der Antragsgegnerin in Ro. unter Berücksichtigung der dabei entstehenden Fahrtkosten wirtschaftlich nicht sinnvoll und nur im Hinblick auf die Schaffung eines zweiten beruflichen Standbeins in der räumlichen Nähe zum Zeugen Ra. zu erklären war. Indem D. Ra. der Antragsgegnerin für ihre Verkaufstätigkeit in Ro. die Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt hat, erschien die Beziehung in der Öffentlichkeit als wechselseitig füreinander einstehend.

Die Entwicklung der Beziehung der Antragsgegnerin zu D. Ra. seit Mitte Juli 2010 ist zwischen den Parteien streitig. Der Antragsteller hat den Fortbestand der Beziehung und Lebensgemeinschaft geltend gemacht. Die Antragsgegnerin hat hingegen dargelegt, es bestehe - wie schon seit Herbst 2008 - keine Zweierbeziehung mehr; Übernachtungen bei D. Ra. seien seit Juli 2010 nicht mehr erfolgt. Die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des Ausschlussgrundes trägt der Unterhaltspflichtige. Das gilt auch für das Fortbestehen der Voraussetzungen des § 1579 BGB, wenn im Erstprozess streitig ist, ob der Unterhaltsberechtigte ab einem bestimmten Zeitpunkt das Zusammenleben mit einem neuen Partner beendet hat (BGH FamRZ 1991, 670).

Für die Zeit ab Juli 2010 konnte der Antragsteller den Beweis für Umstände, die den Fortbestand einer verfestigten Lebensgemeinschaft begründen würden, nicht führen. Vielmehr steht nach der Beweisaufnahme fest, dass sich die Beziehung zwischen den Antragsgegnerin und D. Ra. seit Mitte Juli 2010 grundlegend geändert hat. Nach Schließung der Ro. Filiale des Stoffgeschäfts am 10.07.2010 hat die Antragsgegnerin nicht mehr bei D. Ra. übernachtet. Beide haben nach dieser Zeit keine Urlaube oder Familienfeste gemeinsam verbracht und sich nur bei drei Gelegenheiten persönlich gesehen.

Dies ergibt sich aus den uneidlichen Angaben des Zeugen D. Ra.. Der Zeuge hat bei seiner Einvernahme durch die vorbereitende Einzelrichterin bekundet, die Antragsgegnerin habe seit Juli 2010 nicht mehr bei ihm übernachtet und habe keine Sachen mehr bei ihm. Sie hätten sich seit Mitte Juli 2010 nur dreimal gesehen. Ende Juli 2010 seien sie mit einer größeren Gruppe ein Wochenende beim Wandern in Österreich gewesen, im August 2010 habe die Antragsgegnerin unter Vermittlung seines Sohnes ein neues Auto gekauft und im Januar 2011 sei er anlässlich der Eröffnung des Stoffgeschäfts der Antragsgegnerin nach W. gekommen. Gemeinsame Planungen für die Zukunft, etwa für gemeinsame Urlaube, gebe es nicht. Seine Beziehung zur Antragsgegnerin sei als reine Freundschaft zu bezeichnen.

Diese Angaben des Zeugen Ra. sind glaubhaft. Zwar ist zu berücksichtigen, dass der Zeuge auf Seiten der Antragsgegnerin steht und daher eher geneigt sein wird, eine ihr günstige Aussage zu tätigen. Allerdings ist seine Darstellung insofern plausibel, als er weitere Kontakte mit der Antragsgegnerin nicht völlig von sich gewiesen hat, sondern drei persönliche Treffen - eines davon über ein Wochenende - eingeräumt hat. Hinzu kommt, dass seine Bekundungen durch objektive Gesichtspunkte bestätigt werden. Insofern ist zum einen die unstreitige berufliche Rückorientierung der Antragsgegnerin nach W. zu nennen, die weitere Übernachtungsaufenthalte in Schr.-Su. aus beruflichen Gründen nicht mehr erforderlich macht. Spätestens durch die Eröffnung des eigenen Ladengeschäfts durch die Antragsgegnerin in W. besteht auch kein Zweifel mehr, dass die Ausrichtung ihrer Berufstätigkeit allein auf W. von Dauer geprägt sein wird. Ein weiteres Indiz für die Richtigkeit der Angaben des Zeugen, dass seine Kontakte mit der Antragsgegnerin nur noch sporadisch sind, hat sich im Rahmen des Berufungsverfahrens ergeben. Der Zeuge Ra. ist zum ersten Verhandlungstermin am 15.11.2010 - zunächst unentschuldigt - nicht erschienen, ohne dass die Antragsgegnerin Angaben über seinen Verbleib machen konnte. Erst die telefonische Nachfrage der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin beim Arbeitgeber des Zeugen ergab, dass sich dieser bereits seit zwei oder drei Wochen in Kur befand. Hätte die Antragsgegnerin noch regelmäßigen Kontakt zu D. Ra., so wäre ihr sein Kuraufenthalt mit hoher Wahrscheinlichkeit bekannt gewesen. Schließlich erscheint eine auf nur noch gelegentliche Kontakte reduzierte freundschaftliche Beziehung der Antragsgegnerin zu dem Zeugen nach Aufgabe ihrer Tätigkeit in Ro. auch im Hinblick darauf nicht unplausibel, dass beide übereinstimmend das Ende der Zweierbeziehung auf den gemeinsamen Kanadaurlaub 2008 datiert haben.

Die festgestellte Art und Dauer der Gestaltung der Beziehung genügt im Hinblick auf die mittlerweile nur noch sporadischen Kontakte zwischen der Antragsgegnerin und D. Ra. für die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft nicht mehr. Im Juli 2010 währte die Verbindung zwischen der Antragsgegnerin und D. Ra. etwa vier Jahre und drei Monate. Davon hatte sich die Antragsgegnerin die letzten 19 Monate ein zweites berufliches Standbein im Bereich Schr./Su. geschaffen, was der Beziehung - worauf das Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat - eine neue Dimension gab. Aufgrund der im Juli 2010 eingetretenen Veränderung kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Zeitspanne von fünf Jahren eines gemeinsamen Auftretens in der Öffentlichkeit noch erreicht werden wird. Auch besteht kein Anlass, für die Beziehung der Partner, die zu keinem Zeitpunkt einen gemeinsamen Haushalt führten, eine geringere Zeitdauer als fünf Jahre für die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft genügen zu lassen. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass zu keinem Zeitpunkt ein gemeinsames Auftreten in der Familie der Antragsgegnerin erfolgt ist, Weihnachten jedenfalls seit 2009 nicht mehr gemeinsam verbracht wurde und - von der Zurverfügungstellung des Gästezimmers abgesehen - keine Fürsorge- oder Versorgungsleistungen der Partner füreinander erbracht wurden. Im Übrigen erfolgte der Bruch in der Beziehung der Antragsgegnerin zu D. Ra. noch während des Erstverfahrens. In einem solchen Fall geht es bei der Beurteilung der sich daraus ergebenden Folgen nicht um die Frage des Wiederauflebens eines früher bereits ausgeschlossenen oder herabgesetzten Anspruchs, wie sie nach Fortfall oder Änderung der den Ausschluss begründenden Umstände im Rahmen einer Abänderungsklage zu entscheiden ist. Vielmehr steht der Unterhaltsanspruch insgesamt erstmals zur Entscheidung (BGH FamRZ 1991, 670, 672). Da der Zeitpunkt, bis zu dem das Amtsgericht den Unterhaltsanspruch befristet hat, noch nicht erreicht ist, führt der Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 2 BGB weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft zu einer Beschränkung oder Versagung des Unterhaltsanspruchs.

b) Keine Beschränkung oder Versagung des Anspruchs nach § 1579 Nr. 5 und Nr. 7 BGB

Das Amtsgericht hat zu Recht die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs gemäß § 1579 Nr. 5 (mutwillige Verletzung von Vermögensinteressen des Verpflichteten) und § 1579 Nr. 7 BGB (offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig beim Berechtigen liegendes Fehlverhalten) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls mit sorgfältiger Begründung verneint. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Neue Umstände macht der Antragsteller insofern in der Berufungsinstanz nicht geltend.

Ergänzend wird ausgeführt, dass auch die im April/Mai 2006 aufgenommene außereheliche Beziehung der Antragsgegnerin zu D. Ra. nicht zu einem anderen Ergebnis führt. Zwar kann der Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB erfüllt sein, wenn der Berechtigte gegen den Willen des anderen Ehegatten ein nachhaltiges, auf längere Dauer angelegtes intimes Verhältnis zu einem anderen Partner aufnimmt, weil darin eine so schwerwiegende Abkehr von den ehelichen Bindungen zu sehen sein kann, dass nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit, der dem ehelichen Unterhaltsrecht zugrunde liegt, die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint (BGH FamRZ 2008, 1414 Rn. 26). Dies setzt aber voraus, dass das Verhalten des Berechtigten für das Scheitern der Ehe ursächlich war, was etwa dann nicht der Fall ist, wenn die Aufnahme der Beziehung erst zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der Verpflichtete sich seinerseits bereits von seinem Ehegatten abgewandt hatte. Vorliegend hat die Antragsgegnerin die Ursächlichkeit ihrer Beziehung für das Scheitern der Ehe bestritten und dargetan, die Ehe der Parteien sei bereits seit Jahren zerrüttet gewesen. Demgegenüber hat der für die rechtsvernichtende Einwendung des § 1579 Nr. 7 BGB darlegungs- und beweisbelastete Antragsteller eine Ursächlichkeit der neuen Beziehung der Antragsgegnerin für das Scheitern der Ehe nicht konkret dargetan. Gegen die Ursächlichkeit der neuen Beziehung der Antragsgegnerin für das Scheitern der Ehe spricht im Übrigen, dass sich auch der Antragsteller im Jahr 2006 einer neuen Partnerin zugewendet hat.

c) Keine Herabsetzung oder Befristung des Anspruchs nach § 1578 b BGB

Der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin ist auch nicht nach § 1578 b BGB herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, da sie ehebedingte Nachteile erlitten hat, die in der Höhe den vom Amtsgericht festgesetzten Unterhaltsbetrag mindestens erreichen.

(1) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 S. 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 S. 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB. Danach ist bei der Billigkeitsabwägung vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Ehe ergeben (BGH FamRZ 2010, 2059 Rn. 21).

Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b Abs. 1 BGB die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemessenen Unterhaltsbedarf erreichen, oder könnte er solche Einkünfte erzielen, kann dies im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalt in Form einer Befristung führen. Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hingegen lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit aber bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt. Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 S. 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz aus den beiden Positionen ergibt den ehebedingten Nachteil (BGH a. a. O. Rn. 22, 23).

Dabei trägt der Unterhaltsschuldner nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die zur Anwendung des § 1578 b BGB als Ausnahmetatbestand führen können. Den Unterhaltsgläubiger trifft eine sekundäre Darlegungslast. Er muss also Behauptungen des Unterhaltsschuldners - etwa zum ehebedingten Nachteil - substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sind (BGH FamRZ 2009, 1990 Rn. 18).

(2) Die Antragsgegnerin hat ehebedingte Nachteile erlitten.

Bei Prüfung der ehebedingten Nachteile der Antragsgegnerin ist zu berücksichtigen, dass sie nach der Rollenverteilung während ihrer Ehe die zwei 1983 und 1886 geborenen Töchter betreut hat und deshalb seit 1983 mit ihrer Berufstätigkeit ausgesetzt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Antragsgegnerin als Direktrice in der Textilfirma R. beschäftigt mit einem monatlichen Durchschnittseinkommen im Jahr 1982 von etwa 2.500,00 DM. Nach der Geburt ihrer Kinder gab sie die Tätigkeit in der Textilfirma auf und führte in der Folgezeit 17 Jahre lang nur Änderungsarbeiten in kleinerem Umfang aus. Seit 2000 nahm sie zusätzlich eine Tätigkeit als Verkäuferin in einem Stoffgeschäft auf geringfügiger Basis mit einem monatlichen Einkommen von bis zu 400,00 EUR auf. So gestalteten sich die Erwerbsverhältnisse der Antragsgegnerin auch noch bei der Trennung der Parteien Anfang 2007. Seit 2009 hat die Antragsgegnerin ihre Verkaufs- und Nähtätigkeit auf selbständiger Basis ausgeweitet, wobei ihr Gewinn nach Abzug ihrer Krankenversicherung zwischen 239,00 EUR und 404,00 EUR monatlich betrug. Mittlerweile hat die Antragsgegnerin ein eigenes Stoffgeschäft eröffnet, wobei das daraus zu erzielende Einkommen noch völlig offen ist.

Bei dieser Sachlage sind ehebedingte Nachteile gegeben. Nach Aufgabe ihres Arbeitsplatzes bei der Firma R. ist es der Antragsgegnerin bei Wiedereintritt in das Berufsleben nicht möglich gewesen, wieder eine entsprechend gut dotierte Stelle aufzunehmen. Unerheblich ist dabei, dass mittlerweile - worauf beide Parteien zutreffend hinweisen - zahlreiche Arbeitsplätze in der Textilindustrie, insbesondere in der Fertigung, aufgrund von Arbeitsplatzverlagerung ins Ausland weggefallen sind. Zwar ist der Wegfall eines Arbeitsplatzes nicht ehebedingt. Allerdings liegt keinesfalls nahe, dass die Antragsgegnerin bei Verlagerung oder Schließung der Fertigung durch die Firma R. hiervon längerfristig betroffen gewesen wäre. In ihrer Stellung als Schneiderin mit Abitur, die schon mit 25 Jahren eine Leitungs- und Führungsfunktion inne hatte, hätten ihr gute Möglichkeiten eines Wechsels, ggf. auch in einen branchenfremden Bereich, offen gestanden. Der kurze berufliche Werdegang bis zu ihrem 28. Lebensjahr 1983 zeigt, dass die Antragsgegnerin ehrgeizig, fleißig und befähigt war. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass ihr - fortlaufend im Beruf stehend - mit diesen Eigenschaften auch bei Wegfall ihres konkreten Arbeitsplatzes nicht weiterhin gute Einkommensmöglichkeiten offen gestanden hätten.

(3) Das Maß der ehebedingten Nachteile der Antragsgegnerin ist mindestens so hoch wie der vom Amtsgericht zugesprochene, in der Höhe nicht angegriffene Unterhaltsbetrag von 763,00 EUR. Bei feststehenden ehebedingten Nachteilen ist eine exakte Feststellung zum hypothetisch erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten nicht notwendig; die Tatsachengerichte können sich vielmehr insoweit bei geeigneter Grundlage einer Schätzung entsprechend § 287 ZPO bedienen. Für die Billigkeitsbetrachtung genügt es dann in der Regel, wenn das ungefähre Ausmaß der Einbuße feststeht (BGH FamRZ 2010, 1633 Rn. 39). Vorliegend bewegt sich die Höhe des ehebedingten Nachteils der Antragsgegnerin mindestens im Bereich von 777,00 EUR. Dies errechnet sich bei Zugrundelegung eines angemessenen Lebensbedarfs der Antragsgegnerin von mindestens 1.777,63 EUR netto (4) und eines von ihr erzielbaren Einkommens von etwa 1.000,00 EUR netto (5).

(4) Für den angemessenen Lebensbedarf nach § 1587b BGB ist das Einkommen zu ermitteln, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Eheschließung und die mit der ehelichen Rollenverteilung verbundenen Erwerbsnachteile erreicht hätte. Dabei stellt der Senat nicht auf die Einkommensverhältnisse ab, welche die Antragsgegnerin bei Absolvierung eines von ihr nach dem Abitur zunächst angedachten Studiums der Sonderschulpädagogik gehabt hätte. Die Antragsgegnerin hat bereits vor Eheschließung die Stelle als Direktrice angetreten. Nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren handelte es sich um eine verantwortungsvolle Tätigkeit, die ihr Spaß gemacht habe. Sie habe deshalb keine Veranlassung gesehen, an der Tätigkeit etwas zu ändern. Dies zeigt, dass die Antragsgegnerin die Aufnahme des Studiums selbst nicht mehr weiter verfolgte.

Maßgeblich für den angemessenen Lebensbedarf der Antragsgegnerin ist, wie sich ihr Einkommen weiterentwickelt hätte, wenn sie weiterhin als Direktrice tätig gewesen wäre. Dies ist zwischen den Parteien streitig. Während der Antragsteller vorträgt, die Antragsgegnerin würde als Modedirektrice zwischen 1.900,00 EUR und 2.800,00 EUR verdienen, behauptet die Antragsgegnerin ein Einkommen zwischen 3.500,00 EUR und 4.000,00 EUR.

Der Senat legt zugrunde, dass die Antragsgegnerin ohne Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit aktuell ein monatliches Bruttoeinkommen von mindestens 2.800,00 EUR erzielen könnte, und hält sich damit innerhalb der vom Antragsteller behaupteten Gehaltsspanne. Dabei ist der Senat zunächst von dem Einkommen der Antragsgegnerin im Jahr 1982, dem letzten Jahr vor Geburt des ersten Kindes ausgegangen. Ausweislich des Versicherungsverlaufs zur Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 01.09.2008 (I VA 85 ff.) hat die Antragsgegnerin vom 01.01.1982 bis zum 17.12.1982 (Beginn ihres Mutterschutzes) Pflichtbeiträge aus einem Einkommen von 29.228,00 DM einbezahlt. Unter Hochrechnung auch auf die letzten 14 Tage des Jahres 1982 errechnet sich daraus ein durchschnittliches Monatsgehalt von ca. 2.500,00 DM (29.228,00 DM : 351 Tage x 365 Tage : 12 = 2.532,82 DM). Bereits bei einer Umrechnung nach dem allgemeinen Verbraucherpreis-Jahresindex ergäbe sich daraus für das Jahr 2008 ein Betrag von 2.106,00 EUR. Hinzuzudenken sind Gehaltserhöhungen, wie sie die Antragsgegnerin bereits von 1979 bis 1982 bekam. In den ersten drei Jahren steigerte sich ausweislich der Versorgungsauskunft ihr durchschnittliches Monatseinkommen von 2.174,50 DM im Jahr 1979 auf ca. 2.500,00 DM im Jahr 1982 und damit um 15%. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass auch später Gehaltserhöhungen erfolgt wären, die deutlich über dem Teuerungsausgleich gelegen hätten. Daher schätzt der Senat für den angemessenen Lebensbedarf, dass die Antragsgegnerin als Direktrice heute ein monatliches Bruttoeinkommen von mindestens 2.800,00 EUR erzielen würde. Dies wird durch die im Internet zugänglichen Werte bestätigt. Unter der vom Antragsteller angeführten Quelle www.gehaltsvergleich.com wird das Durchschnittsgehalt für eine Schnitt-/Entwurfs-/Fertigungsdirektrice in Baden-Württemberg mit 2.580,00 EUR aufgeführt, allerdings bei einer über 10-jährigen Berufserfahrung - die die Antragsgegnerin bei ununterbrochener Berufstätigkeit hätte - mit 3.150,00 EUR.

Aus dem monatlichen Bruttoeinkommen von 2.800,00 EUR würde sich für das Steuerjahr 2010 unter Zugrundelegung der Steuerklasse 1 ein Nettoeinkommen von 1.777,63 EUR errechnen (berechnet nach Gutdeutsch, Familienrechtliche Berechnungen).

(5) Das von der Antragsgegnerin erzielte bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielbare Einkommen beläuft sich auf etwa 1.000,00 EUR netto.

Soweit die Antragsgegnerin in den Jahren 2009 und 2010 mit ihrer selbständigen Tätigkeit nur ein Nettoeinkommen nach Abzug von Krankenversicherung in Höhe von zwischen 239,00 EUR und 404,00 EUR monatlich erwirtschaftet hat, kann dies für die Ermittlung der Höhe ihres ehebedingten Nachteils keine Berücksichtigung finden. Im Rahmen des nachehelichen Unterhalts besteht wegen des Prinzips der Eigenverantwortlichkeit grundsätzlich die Obliegenheit des Unterhaltsberechtigten, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, §§ 1569, 1574 Abs. 2 BGB. Mit ihrer selbständigen Tätigkeit in den Jahren 2009 und 2010 wurde die Antragsgegnerin ihrer Erwerbsobliegenheit nicht gerecht, da sie damit kein Einkommen erzielte, das dem einer angestellten Beschäftigung entsprach.

Der Antragsgegnerin ist vielmehr ein fiktives Einkommen zuzurechnen. Für dessen Höhe ist maßgeblich, dass sie ihre Arbeitskraft so gut wie möglich einsetzen und sich Einkünfte anrechnen lassen muss, die sie bei gutem Willen durch eine zumutbare und mögliche Erwerbstätigkeit erzielen könnte (Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1 Rn. 519). Das Amtsgericht hat im Rahmen der Bedürftigkeit der Antragsgegnerin zutreffend ausgeführt, dass ihr, die seit geraumer Zeit eine Tätigkeit als Verkäuferin ausübt, jede Verkaufstätigkeit in Vollzeit zumutbar ist. Für die Höhe des erzielbaren Einkommens hat das Amtsgericht daher ein monatliches Bruttogehalt einer in Vollzeit tätigen Verkäuferin im Einzelhandel zugrundegelegt und dieses in Anlehnung an die in www.lohnspiegel.de aufgeführten Werte mit rund 1.000,00 EUR netto bemessen. Der Senat schätzt das erzielbare Einkommen der Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf die vom Amtsgericht herangezogenen Grundlagen ebenfalls auf 1.000,00 EUR netto. Für die Realitätsnähe dieses Ergebnisses spricht auch, dass dies in etwa dem von der Antragsgegnerin in der St.-T. tatsächlich erzielten Stundensatz entspricht. Bei ihrer geringfügigen Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit hat die Antragsgegnerin zwar einen Stundensatz von 8,65 EUR erhalten. Dieser Betrag hätte sich jedoch bei einer versicherungspflichtigen abhängigen Tätigkeit im Hinblick auf die dann anfallenden Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung spürbar reduziert. Ausgehend von einem um nur 1,00 EUR geringeren Stundenlohn in Höhe von 7,65 EUR würde sich ein Nettoeinkommen von 990,70 EUR errechnen (Berechnung nach Gutdeutsch, Familienrechtliche Berechnungen).

Soweit der Antragsteller geltend macht, der Antragsgegnerin sei ein höheres fiktives Gehalt anzurechnen, greift dies nicht durch. Das Amtsgericht hat die Höhe des fiktiven Einkommens der Antragsgegnerin im Rahmen der Bedürftigkeit festgelegt und ist dabei zu einem in der Berufung von keiner Seite angegriffenen Unterhaltsbetrag gelangt. Damit ist auch im Rahmen der Prüfung von § 1578 b BGB davon auszugehen, dass für die Antragsgegnerin gegenwärtig kein höheres Einkommen erzielbar ist (vgl. BGH FamRZ 2009, 1300 Rn. 62).

Nur ergänzend ist daher auszuführen, dass auch die Argumentation des Antragstellers, wonach die Antragsgegnerin in ihrem erlernten Beruf als Schneiderin jedenfalls ein Durchschnittsgehalt von etwa 1.404,80 EUR im Monat erzielen könnte, nicht greift. Dabei spielt keine Rolle, ob der Antragsteller diesen Wert, was er offen gelassen hat, als Brutto- oder als Nettobetrag verstanden wissen möchte. Sollte der Antragsteller von einem Bruttobetrag ausgegangen sein, würde sich ein Nettolohn von 1.032,52 EUR ergeben, der nicht wesentlich über dem vom Amtsgericht angenommenen fiktiven Einkommen liegt. Wollte der Antragsteller hingegen ein erzielbares Nettoeinkommen in Höhe von 1.404,80 EUR behaupten, wären dabei die tatsächlichen Verdienstmöglichkeiten der Antragsgegnerin nicht ausreichend berücksichtigt. Die Einkommensvergleiche im Internet nennen ein Gehalt für Damenschneider von durchschnittlich 1.237,38 EUR brutto (www.gehaltsvergleich.com), woraus sich ein Nettogehalt von 933,70 EUR errechnen würde. Nichts anderes ergibt sich aus den vom Antragsteller in erster Instanz mit Anlage B1 vorgelegten Stellenangeboten für Schneider. Soweit sich die Stellenanzeigen überhaupt auf Vollzeitstellen beziehen, weisen fast alle kein konkretes Gehalt aus. Nur in wenigen Fällen werden Gehälter genannt, die sich zwischen stündlich 7,50 EUR (Angebot 87, Anlagenheft I, S. 137) und 10,00 EUR (Angebot 103, Anlagenheft I, S. 93), monatlich 1.000,00 bis 1.100,00 EUR netto (Angebot 116, Anlagenheft I, S. 61) und jährlich 15.000,00 EUR und 20.000,00 EUR brutto (Angebot 20, Anlagenheft I, S. 305) bewegen. Bei der Antragstellerin als 55-jähriger Frau, die nach etwa 25-jähriger weitgehender Berufspause wieder in das Berufsleben eintritt, wäre realistischer weise ein Einkommen eher im unteren Bereich der genannten Spannen erzielbar. Dieses würde sich aber von den Einkommensmöglichkeiten als Verkäuferin im Einzelhandel, wie vom Amtsgericht für die fiktive Einkommensberechnung zugrunde gelegt, nicht wesentlich unterscheiden.

(6) Derzeit ist der ehebedingte Nachteil der Antragsgegnerin mit rund 777,00 EUR etwas höher als der vom Amtsgericht festgelegte und in der Berufung nicht angegriffene Unterhaltsbetrag von 763,00 EUR. Ob und gegebenenfalls wann sich der ehebedingte Nachteil in Zukunft vermindern wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar. Insbesondere kann noch keinerlei zuverlässige Prognose dazu gestellt werden, wie sich die Einkommensverhältnisse der Antragsgegnerin aus ihrem erst seit Januar 2011 betriebenen Ladengeschäft entwickeln werden. Daher kann in diesem Erstverfahren noch keine Entscheidung dazu getroffen werden, ob der Unterhaltsanspruch zu einem späteren Zeitpunkt herabzusetzen ist. Denn über eine Herabsetzung kann erst dann entschieden werden, wenn sich verlässlich abschätzen lässt, ob und in welcher Höhe ehebedingte Nachteile dauerhaft bestehen (BGH FamRZ 2009, 1300, Rn. 62f.; Urteil v. 12.01.2011 -XII ZR 83/08-, Rn.42f). Dies ist hier nicht der Fall.

(7) Die Billigkeitsabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls führt im vorliegenden Fall auch nicht dazu, dass ausnahmsweise trotz fortbestehender ehebedingter Nachteile eine Herabsetzung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin erfolgen würde. Zwar hat sich die Antragsgegnerin nach Trennung der Parteien bei Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit zunächst wirtschaftlich sehr unvernünftig verhalten. Sie hat sich im Ergebnis überhaupt nicht um eine Vollzeitstelle in abhängiger Beschäftigung bemüht. Vielmehr hat sie den eher unsicheren Weg der Selbständigkeit eingeschlagen. Überdies hat die Ausübung eines Teils ihrer Arbeit in Ro. so hohe Kosten verursacht, dass sie mit ihrer vom zeitlichen Umfang her fast vollschichtigen Tätigkeit keinen nennenswerten Gewinn erwirtschaftet hat. Diesem Verhalten der Antragsgegnerin ist aber bereits durch Anrechnung eines fiktiven Einkommens Rechnung getragen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie bei zügiger Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung bereits jetzt oder in absehbarer Zukunft ein nennenswert höheres Einkommen als 1.000,00 EUR netto erzielen könnte, liegen im Hinblick auf die in Frage stehenden Tätigkeiten als Verkäuferin im Einzelhandel oder Schneiderin nicht vor. Angesichts der langen Ehedauer von 28 Jahren, der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Antragsgegnerin vom Antragsteller in den letzten 25 Ehejahren und dem Umstand, dass der Antragssteller über eine gesicherte Position im Beamtenverhältnis mit einem deutlich überdurchschnittlichen Einkommen verfügt, erfordert auch die Billigkeit nicht die Herabsetzung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs trotz fortbestehender ehebedingter Nachteile.

d) Ergebnis

Nach allem ist der Anspruch der Antragsgegnerin auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt in Höhe von 763,00 EUR derzeit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu beschränken, zu versagen, zu befristen oder herabzusetzen. ...."

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Die Berücksichtigung der nachehelichen Solidarität und des Vertrauensschutzes des unterhaltsberechtigten Ehegatten kann dazu führen, daß trotz des Fehlens ehebedingter Nachteile die Befristung seines Altersunterhaltsanspruchs gemäß § 1578b Abs. 2 BGB nicht der Billigkeit entspricht. Es ist dann allerdings die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b Abs. 1 BGB zu prüfen. Die Berücksichtigung der nachehelichen Solidarität kann dazu führen, daß die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b Abs. 1 BGB nicht bis zur Untergrenze des angemessenen Lebensbedarfs erfolgt. Es kann insoweit der Billigkeit entsprechen, daß dem unterhaltsberechtigten Ehegatten insgesamt ein Betrag in Höhe von monatlich 1.000 € verbleibt (OLG Schleswig, Urteil vom 24.11.2010 - 10 UF 89/10):

„... Der Kläger begehrt Abänderung eines zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs über die Zahlung nachehelichen Unterhalts.

Der am 14. Mai 1944 geborene Kläger und die am 6. Juni 1945 geborene Beklagte haben am 17. November 1967 geheiratet. Aus der Ehe der Parteien ist am 25. September 1969 der gemeinsame Sohn D. geboren worden. Seit Januar 1990 leben die Parteien voneinander getrennt.

Am 26. Februar 1991 trat die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages des Klägers ein. Mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Schwarzenbek vom 27. Juni 1996 wurde die Ehe der Parteien rechtskräftig geschieden (8 F 3/91). Anläßlich der Scheidung schlossen die Parteien einen Vergleich über nachehelichen Unterhalt. Der Kläger verpflichtete sich zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages in Höhe von 700 DM, der sich aus 563 DM Elementarunterhalt und 137 DM Altersvorsorgeunterhalt zusammensetzte. Grundlage des Vergleichs war eine halbschichtige Erwerbstätigkeit der Beklagten. Im Rahmen der Scheidungsfolgesache Ehegattenunterhalt holte das Familiengericht unter dem 11. Februar 1994 ein Gutachten zur Frage der Arbeitsfähigkeit der Beklagten ein. Aus dem Gutachten ergibt sich, daß die Beklagte krankheitsbedingt nur eine halbschichtige Erwerbstätigkeit ausüben kann.

Die Beklagte hat eine abgeschlossene Berufsausbildung zur Einzelhandelskauffrau. Vor der Ehe arbeitete sie in Vollzeit als Verkäuferin. Nach der Geburt des gemeinsamen Kindes der Parteien am 25. September 1969 arbeitete sie zunächst nicht mehr. Erst im Mai 1990 nahm die Beklagte wieder eine Erwerbstätigkeit als Verkäuferin mit einer Arbeitszeit von 20 bis 24 Stunden in der Woche auf; aus dieser Tätigkeit erzielte sie zuletzt ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.064,25 €. Ab März 2010 bezog sie Krankengeld in Höhe von 867,60 € monatlich. Seit 1. Juli 2010 bezieht sie eine monatlich Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 861,17 €. Die Beklagte hat den erhaltenen Altersvorsorgeunterhalt unter anderem in eine Riesterrente und in einen Bausparvertrag angelegt. Von den dort angesparten Beträgen will sie ca. 5.000 € für eine Zahnbehandlung verwenden. Hätte sie den Altersvorsorgeunterhalt in einem Vertrag auf Rentenbasis angelegt, erhielte sie eine zusätzliche monatliche Rente in Höhe von ca. 50 €.

Der Kläger ist seit 1. Juni 2009 Altersrentner. Im Juni 2009 bezog er eine monatliche Altersrente in Höhe von 1.298,74 €. Seit Juli 2009 bezieht er eine monatliche Altersrente in Höhe von 1.334,48 €.

Mit Schreiben vom 31. März 2009 forderte der Kläger die Beklagte zum Verzicht auf nacheheliche Unterhaltsansprüche ab 1. April 2009 auf. Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2009 reichte der Kläger eine Abänderungsklage beim Amtsgericht - Familiengericht - Schwarzenbek ein. Das Familiengericht hat den unter dem 27. Juni 1996 abgeschlossenen Vergleich dahingehend abgeändert, daß der Kläger an die Beklagte für den Zeitraum ab Juni 2009 nur noch einen nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 193,26 € und ab Renteneintritt der Beklagten keinerlei nachehelichen Unterhalt mehr zu zahlen hat.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen dieses Urteil; der Kläger hat Anschlußberufung erhoben. Die Beklagte ist der Auffassung, daß die Voraussetzungen für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht vorliegen; insbesondere seien die sehr lange Ehedauer und der Umstand zu berücksichtigen, daß sie während der Ehe ihre Berufstätigkeit aufgegeben habe. Darüber hinaus habe sie sich auf eine dauerhafte Ehe mit dem Kläger eingerichtet. Weiterhin sei zu berücksichtigen, daß sie bis heute gesundheitlich eingeschränkt sei. Es könne jetzt keine Befristung des Unterhalts mehr ausgesprochen werden, da dies bei Vergleichsabschluß 1996 schon möglich gewesen sei. Den Altersvorsorgeunterhalt wolle sie teilweise für eine Zahnsanierung aufwenden. Auch stehe ihr bis zum Renteneintritt Altersvorsorgeunterhalt zu.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 24. März 2010 verkündeten Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Schwarzenbek (22 F 327/09) den vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Schwarzenbek vom 27. Juni 1996 (8 F 3/91) geschlossenen Vergleich dahingehend abzuändern, daß der Kläger beginnend ab Juni 2009 bis Februar 2010 nur noch 237 € und ab 1. März 2010 monatlich 215,57 € nachehelichen Unterhalt sowie für den Zeitraum Juni 2009 bis Juni 2010 darüber hinaus monatlich 44 € Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen hat.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und im Wege der Anschlußberufung das am 24. März 2010 verkündete Urteil des Familiengerichts Schwarzenbek (22 F 327/09) abzuändern und den Vergleich des Familiengerichts Schwarzenbek vom 27. Juni 1996 (8 F 3/91) dahingehend abzuändern, daß der Kläger beginnend ab Juni 2009 zur Zahlung eines nachehelichen Ehegattenunterhalts nicht mehr verpflichtet ist. Er ist der Auffassung, daß die Voraussetzungen für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs vorliegen. Etwaige ehebedingte Nachteile seien durch die Durchführung des Versorgungsausgleichs ausgeglichen. Im übrigen habe die Beklagte erhebliche Zahlungen an Altersvorsorgeunterhalt erhalten; ferner sei er schon ab Juni 2009 nicht mehr zur Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt verpflichtet.

Die Beklagte beantragt, die Anschlußberufung des Klägers zurückzuweisen. ...

Auf den Rechtsstreit ist gemäß Art. 111 FGG-RG das bis zum 31. August 2009 geltende Verfahrensrecht anzuwenden, da der Klageantrag im Mai 2009, mithin vor dem 1. September 2009, bei Gericht eingegangen ist.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg; die Anschlußberufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Trotz des Verzichts der Parteien auf die Abfassung von Tatbestand und Entscheidungsgründen ist das Urteil gemäß § 313a Abs. 4 Nr. 4 ZPO a.F. vollständig abzufassen, weil es hier auch um die Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen geht.

Die Abänderungsklage des Klägers ist gemäß § 323 ZPO a.F., § 313 BGB zulässig; insbesondere ergibt sich die erforderliche Änderung der Sach- oder Rechtslage daraus, daß der Kläger kein Arbeitseinkommen mehr bezieht, sondern statt dessen erheblich geringere Renteneinkünfte. Darüber hinaus eröffnet der neu eingeführte § 1578b BGB auch die Möglichkeit einer Befristung von Altersunterhaltsansprüchen, die nach dem alten Recht nicht gegeben war.

1. Der Beklagten steht gegen den Kläger für den Zeitraum Juni 2009 bis Juni 2010 ein Anspruch auf kombinierten Alters- und Aufstockungsunterhalt gemäß §§ 1571, 1573 Abs. 2 BGB zu. Ab Juli 2010 ergibt sich die Anspruchsgrundlage für das Unterhaltsbegehren der Beklagten ausschließlich aus § 1571 BGB.

Soweit das Familiengericht die Anspruchsgrundlage für den Unterhaltsanspruch der Beklagten ausschließlich aus § 1573 Abs. 2 BGB hergeleitet hat, ist dies nicht zutreffend. Das Verhältnis der verschiedenen nachehelichen Unterhaltstatbestände hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14. April 2010 (BGH FamRZ 2010, 869 ff = FuR 2010, 394) klargestellt: Ist der Unterhaltsberechtigte vollständig an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert, ergibt sich der Unterhaltsanspruch allein aus §§ 1570 bis 1572 BGB und zwar auch für denjenigen Teil des Unterhaltsbedarfs, der nicht auf dem Erwerbshindernis, sondern auf dem den angemessenen Lebensbedarf übersteigenden Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB beruht. Ist der Unterhaltsberechtigte nur teilweise an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert, ergibt sich der Unterhaltsanspruch wegen des allein durch die Erwerbshinderung verursachten Einkommensausfalls aus §§ 1570 bis 1572 BGB und im übrigen als Aufstockungsunterhalt aus § 1573 Abs. 2 BGB (BGH aaO).

a) Für den Zeitraum Juni 2009 bis Juni 2010 war die Beklagte aufgrund ihres Alters teilweise an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert; insbesondere ist in diesem Zeitraum unter Anwendung des § 1571 Nr. 1 BGB davon auszugehen, daß von der Beklagten aufgrund ihres Alters keinerlei Erwerbstätigkeit mehr erwartet werden konnte. Zwar hatte sie zu diesem Zeitpunkt die gesetzliche Altersgrenze von 65 Jahren noch nicht erreicht; allerdings dürfte mit 64 Jahren keine realistische Beschäftigungschance mehr bestehen, so daß eine Erwerbstätigkeit aufgrund ihres Alters nicht mehr erwartet werden konnte.

Darüber hinaus ist der Unterhaltsanspruch in § 1573 Abs. 2 BGB sowie als Altersvorsorgeunterhalt in § 1578 Abs. 3 BGB begründet. Das Maß des Unterhalts richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Diese werden auf Seiten der Beklagten für den Zeitraum Juni 2009 bis einschließlich Februar 2010 durch ihre Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung in Höhe von monatlich 1.064,25 € und für den Zeitraum März 2010 bis Juni 2010 durch den Bezug von Krankengeld in Höhe von monatlich 867,60 € geprägt. Auf Seiten des Klägers ist für den Monat Juni 2009 von einer Altersrente in Höhe von 1.298,74 € und für den Zeitraum ab Juli 2009 von einer Altersrente in Höhe von monatlich 1.334,48 € auszugehen.

b) Mit Renteneintritt der Beklagten zum 1. Juli 2010 ist für die Unterhaltsberechnung von ihrer gesetzlichen Altersrente in Höhe von monatlich 861,17 € sowie von einer fiktiven Rente aus Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von monatlich 50 € auszugehen, denn grundsätzlich stellt die zweckwidrige Verwendung von Altersvorsorgeunterhalt einen Verwirkungsgrund iSd § 1579 Nr. 3 BGB dar (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2002, 35). Der Empfänger des Altersvorsorgeunterhalts ist in diesem Falle so zu behandeln, als hätte er dieses Geld zum Aufbau der Altersvorsorge verwendet, d.h., der entsprechende Betrag ist ihm als fiktives Einkommen zuzurechnen (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2002, 35).

Dem ist hier so: Die Beklagte erhielt seit 1996 Altersvorsorgeunterhalt. Sie wäre diesbezüglich verpflichtet gewesen, ihn zweckentsprechend so anzulegen, daß ihre monatliche Rente ab Renteneintritt erhöht wird. Der Einwand, daß sie dieses Geld zur Sanierung ihrer Zähne benötigt habe, greift nicht durch; insbesondere hätte die Beklagte dann gegebenenfalls weiteren Krankheitsvorsorgeunterhalt geltend machen oder vorher entsprechende Beträge ansparen müssen. Aus dem eigenen Vortrag der Beklagten ergibt sich, daß sich bei zweckentsprechender Anlage dieses Altersvorsorgeunterhalts eine monatliche Rente in Höhe von 50 € ergeben hätte. Diese ist insoweit dann auch fiktiv zugrunde zu legen.

Auf Seiten des Klägers ist von einer monatliche Rente in Höhe von 1.334,48 € auszugehen.

3. Danach ergibt sich nachfolgende Unterhaltsberechnung, wobei der Senat im Hinblick auf den Altersvorsorgeunterhalt gemäß § 308 ZPO nicht über die gestellten Anträge hinausgeht: ... (siehe Tabelle). ...

4. Die Voraussetzungen für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten gemäß § 1578b Abs. 2 BGB liegen hier nicht vor. Allerdings ist hier der Unterhaltsanspruch gemäß § 1578b Abs. 1 BGB ab 1. Juli 2010 auf monatlich 90 € zu begrenzen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Kläger mit seinem Befristungs- bzw. Begrenzungsverlangen nicht präkludiert: Zum einen kommt eine Präklusion des Befristungs- bzw. Begrenzungsverlangens ohnehin erst ab der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 12. April 2006 in Betracht (vgl. BGH FamRZ 2010, 1884 ff = FuR 2011, 39). Im übrigen ist bei der Titulierung von Unterhalt im Rahmen eines Vergleichs eine Präklusion auch regelmäßig ausgeschlossen (vgl. BGH FamRZ 2010, 1238 ff = FuR 2010, 579). Darüber hinaus war zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses im Jahre 1996 nach der damals geltenden Sach- und Rechtslage eine Befristung von Unterhaltsansprüchen bei einer 22-jährigen Ehe ohnehin nicht möglich.

Der Gedanke einer Befristung bzw. Begrenzung des Unterhaltsanspruchs beruht darauf, daß eine lebenslange Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards nur dann angemessen ist, wenn die Ehe lange gedauert hat, aus ihr gemeinsame Kinder hervorgegangen sind, die der Berechtigte betreut oder betreut hat, wenn er erhebliche berufliche Nachteile um der Ehe willen auf sich genommen hat, oder wenn sonstige Gründe wie z.B. das Alter oder der Gesundheitszustand des Berechtigten für eine dauerhafte Lebensstandsgarantie sprechen. Soweit diese Voraussetzungen nicht vorliegen und insbesondere auch dann, wenn sich der Lebensstandard durch die Ehe verbessert hat, kann es angemessen sein, dem Unterhaltsberechtigten nach einer Übergangszeit einen Lebensstandard zuzumuten, der demjenigen entspricht, den er vor der Ehe hatte.

Für die Entscheidung über eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts kommt es somit ausschlaggebend auf die Fortdauer ehebedingter Nachteile an. Ehebedingte Nachteile sind betreffend die Beklagte im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Insbesondere ist zu berücksichtigen, daß in der Regel die aus einer ehebedingten Erwerbsunterbrechung resultierenden Nachteile in der Altersversorgung eines Ehegatten durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen werden. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist vornehmlich Aufgabe des Versorgungsaus-gleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (BGH FamRZ 2008, 1325 = FuR 2008, 401 = EzFamR BGB § 1579 Nr. 50; 2008, 1508 = FuR 2008, 438). Der Nachteil in der Versorgungsbilanz ist dann im gleichen Umfange von beiden Ehegatten zu tragen und damit in der Regel vollständig ausgeglichen, was einen zusätzlichen unterhaltsrechtlichen Ausgleich ausschließt (BGH FamRZ 2010, 1633 = FuR 2010, 634 Tz. 24).

Die umstrittene Frage, ob im Rahmen der Prüfung des ehebedingten Nachteils noch eine Vergleichsberechnung dahingehend gemacht werden muß, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und ohne die Kindererziehung bei fortgesetzter Berufstätigkeit höhere Rentenanwartschaften erworben hätte als mit der Ehe, kann hier offen bleiben (bejahend OLG Schleswig NJW 2009, 2223 ff; abl. OLG Karlsruhe FamRZ 2010, 1252), denn im vorliegenden Fall hätte die Beklagte bei einer Fortsetzung ihrer Berufstätigkeit keine höheren Rentenanwartschaften erworben, als sie durch den Versorgungsausgleich übertragen bekommen hat: Die Beklagte bekam durch den Versorgungsausgleich 16,8148 Entgeltpunkte übertragen. Bei vollschichtiger Erwerbstätigkeit als Verkäuferin vor der Ehe hat die Beklagte durch eigene Erwerbstätigkeit maximal 0,7055 Entgeltpunkte erworben. Unter Berücksichtigung einer Ehedauer von 23¼ Jahren hätte die Beklagte bei normalem Verlauf lediglich eigene Entgeltpunkte in Höhe von 16,4028 erwerben können. Soweit die Beklagte eine mögliche Karriere behauptet, fehlen hierfür jegliche Anhaltspunkte (vgl. OLG Schleswig aaO) Ehebedingte Nachteile ergeben sich vorliegend daraus nicht.

Ehebedingte Nachteile können allerdings dann vorliegen, wenn die Berufsunterbrechung während der Ehe dazu führt, daß auch nach der Scheidung nur geringere oder gar keine Versorgungsanrechte mehr begründet werden können (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 123, 124; OLG Zweibrücken FuR 2009, 60; vgl. auch OLG Celle FamRZ 2009, 1161), denn in diesem Fall wirken die ehebedingten Nachteile auch noch während des Renteneintritts fort.

Allerdings sind auch unter diesem Aspekt keine ehebedingte Nachteile der Beklagten ersichtlich. Die Beklagte hat nach der Trennung in ihrem erlernten Beruf als Verkäuferin eine ungefähr halbschichtige Erwerbstätigkeit aufgenommen. Der Umstand, daß sie nicht vollschichtig arbeiten konnte, ist nicht auf die Ausgestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse, sondern auf eine krankheitsbedingte teilweise Erwerbsunfähigkeit zurückzuführen; insoweit wird auf das im Jahre 1994 im damaligen Verfahren eingeholte Gutachten Bezug genommen. Die damalige Erkrankung der Beklagten stellt keinen ehebedingten Nachteil dar. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, daß auch psychische Erkrankungen, die durch eine Ehekrise und/oder eine Trennung ausgelöst wurden, keine ehebedingten Nachteile darstellen (vgl. BGH FamRZ 2010, 1414 ff = FuR 2010, 561).

Andererseits ist gerade im Bereich des Altersunterhalts verstärkt der Gedanke der nachehelichen Solidarität zu berücksichtigen. Im Rahmen der Billigkeitsabwägung sind insbesondere die Dauer der Pflege und Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, die Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie die Dauer der Ehe im Rahmen der Bemessung des Umfangs der geschuldeten nachehelichen Solidarität von Bedeutung (vgl. BGH FamRZ 2009, 1207 ff = FuR 2009, 530). Zu beachten als besonderer Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ist die Tatsache, daß hier der Unterhalt nach der bis zum Dezember 2007 geltenden Rechtslage bereits tituliert war (vgl. BGH FamRZ 2010, 1414 = FuR 2010, 561 Tz. 32, 33).

Im Ergebnis entspricht es der Billigkeit, der Beklagten bis zum Renteneintritt, also bis einschließlich Juni 2010, den vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen zuzubilligen und den Unterhaltsanspruch ab Juli 2010 auf 90 € monatlich zu begrenzen.

Zugunsten der Beklagten ist zu berücksichtigen, daß die Ehedauer mit 23¼ Jahren erheblich ist; auch trug sie während der Ehe die Hauptlast der Betreuung des gemeinsamen Kindes und der Haushaltsführung. Weiterhin gab sie mit der Geburt des gemeinsamen Kindes ihre vorher vollschichtige Erwerbstätigkeit auf. Hinzu kommt, daß vorliegend der Grundsatz des Vertrauensschutzes eine erhebliche Rolle spielt. Im Jahre 1996 war an eine Befristung/Begrenzung des Unterhalts bei der Ehedauer der Parteien nicht zu denken. Darüber hinaus war der der Beklagten damals zumindest teilweise zustehende Krankheitsunterhalt nach altem Recht ohnehin nicht befristbar; insoweit ergibt sich ein ganz erheblicher Vertrauensschutz der Beklagten. Dieser Vertrauensschutz wurde erst durch die Einführung des neuen Unterhaltsrechts zum 1. Januar 2008 beseitigt. Zu diesem Zeitpunkt bestand für die Beklagte aufgrund ihres Alters und gegebenenfalls auch aufgrund ihres Gesundheitszustands keine realistische Möglichkeit mehr, in eigener Verantwortung für das Alter weiter Vorsorge zu treffen.

Zugunsten des Klägers ist zu berücksichtigen, daß ehebedingte Nachteile für die Beklagte eben gerade nicht ersichtlich sind. Die Beklagte dürfte aufgrund der Durchführung des Versorgungsausgleichs und der Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt sogar noch geringfügig besser stehen, als wenn sie während der Ehe durchgehend gearbeitet hätte. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, daß sie bei Fortsetzung ihrer Berufstätigkeit eine Führungsposition erlangt hätte, gibt es hierfür keine tatsächlichen Anhaltspunkte. Auch sind die finanziellen Verhältnisse des Klägers eher beschränkt, und er hat auch schon seit 1996, mithin seit 14 Jahren, in erheblichem Umfange Unterhalt an die Beklagte bezahlt.

Kommt man nun zu einer Gesamtabwägung, so entspricht - insbesondere wegen des erheblichen Vertrauensschutzes seitens der Beklagten - eine Befristung ihres Unterhaltsanspruchs nicht der Billigkeit. Auf der anderen Seite fallen die zugunsten der Beklagten zu berücksichtigenden Kriterien nicht so stark ins Gewicht, daß eine lebenslange Teilhabe an den vollen ehelichen Lebensverhältnissen gerechtfertigt wäre. Somit ist es billig, den Unterhaltsanspruch unter Anwendung des § 1578b Abs. 1 BGB der Höhe nach zu begrenzen.

Zu beachten ist, daß Untergrenze des angemessenen Lebensbedarfs im Rahmen des Altersunterhalts der Rentenbetrag ist, den der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe bei Fortsetzung seiner Berufstätigkeit erhalten hätte (BGH FamRZ 2010, 1633 = FuR 2010, 634). Wie schon ausgeführt, würde dieser fiktive Rentenbetrag hier unter dem tatsächlich bezogenen Rentenbetrag liegen.

Um allerdings dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität Rechnung zu tragen, ist der angemessene Lebensbedarf der Beklagten iSd § 1578b Abs. 1 BGB mit 1.000 € anzusetzen (vgl. BGH FamRZ 2010, 1633 ff = FuR 2010, 634 Tz. 40), so daß sich rechnerisch ein monatlicher Unterhaltsanspruch in Höhe von 90 € ergibt. Der Vortrag in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 15. November 2010 führt insoweit nicht zu einer anderen Bewertung.

Soweit der Kläger mit seiner Anschlußberufung eine sofortige Befristung bzw. Herabsetzung ab Juni 2009 begehrt, entspricht dies nicht der Billigkeit. Denn insbesondere aufgrund der langen Ehedauer und der langen Zahlung von nachehelichen Unterhalt ist der Beklagten bis zur Einschränkung ihres Unterhaltsanspruchs eine angemessene Übergangsfrist zuzubilligen, die jedenfalls bis Juni 2010 reicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. ..."


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Bei der Prüfung der Befristung bzw. Begrenzung nach § 1578 b BGB sind die unterscheidlichen Anspruchsgrundlagen, die dann zu einem Gesamtunterhalt führen, zunächst gesondert zu betrachten. Danach ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen. Im Rahmen der Prüfung des § 1578 b BGB zu berücksichtigende Versorgungsnachteile des Unterhaltsberechtigten können durch die Zahlung des Altersvorsorgeunterhalts und die Übertragung von Wohnungseigentum kompensiert werden. Zunächst vorhandene ehebedingte Nachteile können durch eine nachfolgende Erkrankung des Unterhaltsberechtigten ihre Auswirkungen verlieren. Der weggefallene ehebedingte Nachteil ist dann als ein Faktor im Rahmen der Billigkeitsabwägung zur Bestimmung des Maßes der nachehelichen Solidarität zu berücksichtigen (OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 04.10.2010 - 10 UF 78/10).

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Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Darlegungs und Beweislast ehebedingter Nachteile (BGH Urteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875) gelten auch, soweit der Unterhaltsverpflichtete geltend macht, tatsächlich fortwirkende Nachteile seien nicht mehr als ehebedingt anzusehen, da es der Unterhaltsberechtigten nach der Trennung möglich gewesen wäre und sie die Obliegenheit getroffen hätte, diese Nachteile zwischenzeitlich vollständig auszugleichen (OLG Celle, Urteil vom 06.07.2010 - 10 UF 64/10):

„... I. Die (im Berufungsrechtstreit verbliebenen) Parteien sind seit 20. August 2003 rechtskräftig geschiedene Eheleute. aus der im Oktober 1989 geschlossen Ehe sind die beiden Töchter J ( 1990) und L ( 1994), die erstinstanzliche Klägerin zu 1., hervorgegangen, die beide weiterhin im Haushalt der Mutter leben.

Nachdem der Beklagte, der bis einschließlich April 2009 neben dem ebenfalls nicht titulierten Kindesunterhalt für L Ehegattenunterhalt für die Klägerin zu 2. in Höhe von zuletzt 834 € geleistet hatte, die Herabsetzung dieses Unterhaltes für die Zeit ab Mai 2009 auf 400 € und die Einstellung der Ehegattenunterhaltszahlung ab Januar 2010 angekündigt hatte, ist der Beklagte im vorliegenden Verfahren für die Zeit ab Mai 2009 auf rückständigen und laufenden Unterhalt - für die Tochter 152 % des Mindestunterhaltes, für die geschiedene Ehefrau monatlich 1.200 € - in Anspruch genommen worden.

Das Amtsgericht hat der im Urteil vom 19. Februar 2010 - auf das ergänzend Bezug genommen wird - ausgesprochenen Verurteilung des Beklagten Ansprüche auf Kindesunterhalt in - anerkannter - Höhe von 144 % ´des Mindestunterhalts der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle´ sowie auf nachehelichen Unterhalt der Ehefrau einen monatlichen Betrag von 834 € zugrundegelegt und den Ehegattenunterhalt auf die Zeit bis 31. Mai 2010 befristet.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin zu 2. (im weiteren: die Klägerin) mit ihrer form und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung insoweit, als sie für die Zeit ab Juni 2010 einen monatlichen Unterhaltsanspruch in Höhe von 500 € erhalten sehen will. mindestens in dieser Höhe bestehe ein fortwirkender ehebedingter Nachteil, da sie nunmehr nicht realistisch in ihren ursprünglich erlernten und bis zur Geburt von J auch längerfristig vollzeitig ausgeübten Beruf als Großhandelskauffrau zurückkehren könne. aus ihrer nach der ausschließlichen Betreuung von Kindern und Haushalt ab 2000 zunächst in geringfügigem Umfang aufgenommenen und - nach verschiedenen Fort und Weiterbildungen 2001 bis 2005 - schließlich bis auf einen halbschichtigen Umfang ausgeweiteten Tätigkeit inzwischen als pädagogische Mitarbeiterin aber - selbst bei Annahme einer Nebentätigkeit - könne sie nur ein um rund 700 € geringeres Einkommen erzielen, als dies bei Fortsetzung ihrer Tätigkeit als Großhandelskauffrau der Fall wäre.

Der Beklagte tritt der Berufung entgegen. Er meint, der Einkommensnachteil der Klägerin beruhe nicht auf fortwirkenden ehebedingten Ursachen, sondern ausschließlich auf deren eigener Entscheidung, im pädagogischen Bereich statt in ihrem ursprünglichen kaufmännischen Berufsfeld tätig bleiben zu wollen.

Der Senat hat im Termin, zu dem die Parteien persönlich anwesend waren, die Beklagte ergänzend persönlich angehört und befragt.

II. Auf das vorliegende, im Juli 2009 eingeleitete Verfahren sind gemäß Art. 111 Abs. 1 FGGReformG die Vorschriften des vor dem 1. September 2009 geltenden Verfahrensrechtes anzuwenden (vgl. BGH FamRZ 2010, 192).

III. Die zulässige Berufung der Klägerin muß in der Sache vollen Erfolg haben. Einer Befristung des - bereits nach dem mit der Berufung weiter verfolgten Antrag in Ansehung eines vom Amtsgericht unwidersprochen ermittelten rechnerischen Unterhaltsanspruches von mehr als 1.000 € wesentlich begrenzten - Unterhaltsanspruches der Klägerin steht durchgreifend entgegen, daß der Beklagte einen in Höhe dieser Klagforderung fortwirkenden ehebedingten Nachteil der Klägerin nicht widerlegen kann.

Nach der vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 24. März 2010 (XII ZR 175/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen und bislang veröffentlicht bei juris) bereits in den Leitsätzen erfolgten Klarstellung zur maßgeblichen Darlegungs und Beweislast im Streit um die Befristung und Herabsetzung von nachehelichen Unterhaltsansprüchen, auf die der Senat bereits mit der Ladungsverfügung ausdrücklich hingewiesen hat, ist der Unterhaltspflichtige für die zur Stützung seines Herabsetzungs oder Befristungsbegehren erforderlichen Voraussetzungen darlegungs und beweisbelastet und trifft den Unterhaltsberechtigten hinsichtlich der ehebedingten Nachteile eine sekundäre Darlegungslast, in deren Rahmen er seinerseits darzulegen hat, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Derart vorgetragene ehebedingte Nachteile müssen dann vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden. Diese Grundsätze geltend entsprechend, soweit der Unterhaltsverpflichtete geltend macht, tatsächlich fortwirkende Nachteile seien nicht mehr als ehebedingt anzusehen, da es der Unterhaltsberechtigten nach der Trennung möglich gewesen wäre und sie die Obliegenheit getroffen hätte, diese Nachteile zwischenzeitlich vollständig auszugleichen.

Die Klägerin hat im Streitfall ihre vor und zu Beginn der Ehe ausgeübte Berufstätigkeit anläßlich der Geburt der ersten Tochter aufgegeben. sie war in der Folgezeit entsprechend der von den Parteien gewählten Form der Haushaltsführung und Kinderbetreuung zunächst über rund zehn Jahre nicht anderweitig berufstätig und hat dann eine geringfügig begonnene Tätigkeit in einem anderen Berufsfeld entsprechend der abnehmenden Betreuungsbelange der Kinder - auch nach der Trennung der Parteien ohne ersichtlich gewordene Einwände des Beklagten - schrittweise ausgebaut. Aus dieser - unbefristet gesicherten, derzeit tatsächlich aber nicht weiter ausweitbaren - Tätigkeit erzielt die Klägerin unstreitig selbst unter Berücksichtigung einer fiktiven Nebentätigkeit jedenfalls 500 € weniger als dies bei einer durchgehend fortgesetzten Tätigkeit im vorehelichen Beruf der Fall wäre.

Selbst wenn man im Lichte der 2008 erfolgten Rechtsänderung davon ausgehen wollte, daß die Beklagte tatsächlich bereits in der Folgezeit zu Bemühungen um eine Rückkehr in den damals bereits achtzehn Jahre nicht ausgeübten Beruf verpflichtet gewesen wäre, ist insbesondere vor dem Hintergrund der belegten negativen Reaktionen auf ihre aktuellen derartigen Bemühungen schon nicht ansatzweise ersichtlich, daß diese erfolgreicher gewesen wären - einen gar dahingehenden Beweis vermag der Beklagte (naturgemäß) nicht anzutreten. insofern kommt es nicht einmal entscheidend darauf an, daß selbst bei einem tatsächlichen Erfolg der Arbeitsplatzsuche im kaufmännischen Bereich typischerweise davon auszugehen wäre, daß die (mindestens) achtzehnjährige Berufspause zu einem dauerhaft wesentlich geschmälerten Verdienst führen würde - auch hinsichtlich der Begrenzung des ehebedingten Nachteiles auf einen geringeren Umfang als die Klagforderung fehlt es schon an substantiiertem Vortrag, insbesondere aber an einem Beweisantritt des Beklagten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 8, 711, 713 ZPO. ..."

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„... Die zulässige Berufung hat aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch das Berufungsvorbringen nicht entkräftet werden, keine Aussicht auf Erfolg. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Gründe des Senatsbeschlusses vom 19.07.2010 Bezug genommen.

Die Ausführungen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 16.8.2010 rechtfertigen keine andere Bewertung. Der Einwand der Beklagten, der Kläger habe ‚einen etwaigen Anspruch auf Befristung des Unterhaltsanspruches der Beklagten verwirkt', greift nicht durch. Wie die Beklagte zu Recht ausführt, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.4.2006 die Rechtsprechung zur Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts grundlegend geändert und nicht mehr entscheidend auf die lange Dauer der Ehe, sondern vorgreiflich auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abgestellt (vgl. BGH FamRZ 2006, 1006, 1007 f.). Es ist allgemein anerkannt, dass die Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Störungen vertraglicher Unterhaltsvereinbarungen führen kann, die nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Wege der Anpassung zu bereinigen sind (vgl. nur BGH FamRZ 2010,192 m. w. N.). Ein Ausschluss der Abänderbarkeit eines Unterhaltsvergleichs wegen nachträglicher Änderung der gesetzlichen Grundlagen oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung bedarf einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung, für die derjenige die Darlegungs- und Beweislast trägt, der sich darauf beruft. (vgl. BGH FamRZ 2010, 192).

Umstände für einen Ausschluss der Abänderbarkeit hat die demnach darlegungs- und beweisbelastete Beklagte weder dargetan, noch sind diese sonst ersichtlich. Vielmehr liegt es hier nahe, dass jedenfalls nachträgliche gesetzliche Änderungen oder Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die sich unmittelbar auf den geschuldeten Unterhalt auswirken, Berücksichtigung finden müssen. Bei Abschluss der Scheidungsfolgenvereinbarung am 14.12.1993 war die spätere Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Möglichkeit einer Befristung auch bei lang andauernder Ehe nicht absehbar. Die vereinbarte unbefristete Verpflichtung zur Zahlung von Aufstockungsunterhalt entsprach der damaligen Rechtspraxis, wonach bei einer - wie hier - über 25-jährigen Dauer der Ehe eine Befristung nicht aufgenommen wurde. Dass die Parteien eine spezielle Regelung zur Befristung treffen wollten, lässt sich der Scheidungsfolgenvereinbarung gerade nicht entnehmen.

Dem Kläger kann nicht zum Nachteil gereichen, dass er nicht bereits die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.4.2006 zum Anlass genommen hat, eine Abänderung des titulierten Unterhalts zu begehren, sondern erst Ende 2008 eine Abänderungsklage eingereicht hat, nachdem er im Juli 2008 in den Ruhestand versetzt wurde. Im April 2006 bezog die Beklagte bereits Rente. Ihre eigene wirtschaftliche Lebensstellung wurde durch die zeitlich verzögerte Einreichung der Abänderungsklage nicht nachteilig beeinflusst.

Wie bereits eingehend in dem Beschluss des Senats vom 19.7.2010 ausgeführt, ist es unerheblich, dass der Kläger seine Abänderungsklage nicht ausdrücklich auf die Norm des § 1578 b BGB gestützt hat. Eine ‚Verwirkung' vermag weder die über 15-jährige ordnungsgemäße Erfüllung des titulierten Unterhaltsanspruchs noch das prozessuale Verhalten des Klägers zu begründen. Der Gesetzgeber hat gemäß § 36 Nr. 1 EGZPO ausdrücklich die Abänderung von sog. Alttiteln zugelassen. Dies gilt auch in Fällen, in denen der Unterhaltsberechtigte bereits selbst Rente bezieht. Der Gesetzgeber hat durch die Unterhaltsrechtsreform einer dauerhaften, nicht abänderbaren Lebensstandardsgarantie eine Absage erteilt. Vielmehr ist eine umfassende Billigkeitsprüfung im Einzelfall vorzunehmen. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf seine Ausführungen in dem Hinweisbeschluss vom 19.7.2010.

Die wiederholte Behauptung der Beklagte, sie hätte die Abschlussprüfung noch gemacht, wenn sie nicht den Kläger kennengelernt, geheiratet, die besprochene Rollenverteilung in der Ehe übernommen und reifer geworden wäre, bleibt weiterhin nicht nachvollziehbar. Es bleibt dabei, dass die Beklagte bei Eingehung der Ehe 24 Jahre alt war und nach Beendigung der Schule zu dieser Zeit bereits seit über neun Jahren im Berufsleben stand, zunächst als Auszubildende und dann als Verkäuferin ohne Abschlussprüfung. Ein schwaches Selbstbewusstsein der Beklagten bedingt durch ein dominantes Elternhaus bei Eingehung der Ehe vermag einen ehebedingten Nachteil nicht zu begründen.

Der Senat ist in seinem Beschluss vom 19.7.2010 nicht von einem zu hohen Einkommen der Beklagten ausgegangen. Ausweislich des vorgelegten Rentenbescheides bezieht die Beklagte nach Abzug der gesetzlichen Krankenversicherungsbeiträge eine Rente von 1530 €. In seinem Beschluss vom 19.7.2010 hat der Senat festgestellt, dass die Beklagte bei einer Rente von 1530 € netto nach der Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht schlechter gestellt ist, als hätte sie durchgängig als Verkäuferin gearbeitet. Die Kosten für eine Zusatzversicherung (Kranken- und Pflegeversicherung), welche die Beklagte mit 150 € monatlich angegeben hat, fielen auch an, wenn die Beklagte durchgängig als Verkäuferin gearbeitet hätte. Die Beklagte ist somit in der Lage, ihren angemessenen Bedarf, der sich nach den zu erwartenden Renteneinkünften einer durchgängig erwerbstätigen Verkäuferin richtet, selbst zu decken.

Schließlich weist der Senat nochmals darauf hin, dass das angefochtene Urteil nicht auf einem Verfahrensfehler beruht. Selbst wenn das Amtsgericht nicht auf die Möglichkeit einer Herabsetzung oder Befristung hingewiesen haben sollte, so hatte die Beklagte in der Berufungsbegründung und in dem Schriftsatz vom 16.8.2010 Gelegenheit, zu dieser Frage umfassend Stellung zu nehmen. Ihr umfangreicher Vortrag vermag indes, wie bereits in dem Hinweisbeschluss und in den obigen Erwägungen ausgeführt, eine andere rechtliche Bewertung nicht zu rechtfertigen. Der Unterhaltsanspruch ist auf Grund der objektiv vorliegenden Kriterien gemäß § 1578 b BGB wie in dem angefochtenen Urteil zunächst stufenweise herabzusetzen und sodann bis einschließlich 2010 zu befristen, da ein unbefristeter Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Der Senat nimmt Bezug auf die Billigkeitsabwägung in dem angefochtenen Urteil und in dem Beschluss vom 19.7.2010.

Einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO stehen weder die grundsätzliche Bedeutung der Sache noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung entgegen. Im Falle einer Entscheidung des Senats durch Urteil, wäre die Revision nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen. Die Billigkeitsabwägung gemäß § 1578 b BGB beruht auf Erwägungen, die konkret auf den vorliegenden Einzelfall bezogen sind. Eine grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu. Die Erwägungen zur Befristung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs entsprechen den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.

Eine Niederschlagung der Kosten für das erstinstanzlich eingeholte Sachverständigengutachten zum Wohnwert kommt nicht in Betracht, weil keine unrichtige Sachbehandlung durch das Familiengericht gemäß § 21 GKG vorliegt. Eine Änderung der rechtlichen Beurteilung durch das Gericht während eines laufenden Prozesses bedeutet für sich genommen keine unrichtige Sachbehandlung. Vielmehr darf und muss das Gericht seine Rechtsauffassung stets selbstkritisch hinterfragen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., 2007, §, Kostengesetze, 37. Aufl., § 21, Rn. 30); zumal vorliegend ein Wechsel in der Person der zuständigen Abteilungsrichterin stattgefunden hat." (OLG Köln, Beschluss vom 23.08.2010 - 4 UF 81/10)

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§ 36 Nr. 1 EGZPO muss verfassungskonform in der Weise ausgelegt werden, dass der Schutz des Vertrauens auf das bisherige Unterhaltsrecht besonders berücksichtigt wird (OLG Saarbrücken Urteil vom 15.7.2010, 6 UF 4/10 zu BGB §§ 1571 Nr. 3, 1578 b):

„... I. Der am ... September 1943 geborene Kläger und die am ... November 1939 geborene Beklagte, beide Deutsche, hatten am ... Mai 1966 geheiratet. Aus der Ehe ist die Tochter N., geboren am ... August 1967, hervorgegangen, die nicht mehr unterhaltsbedürftig ist. Die Parteien trennten sich am 1. Juni 1985. Auf den der Beklagten am 22. April 1986 zugestellten Scheidungsantrag des Klägers wurde die Ehe mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - in Neunkirchen vom 31. März 1987 - insoweit seit demselben Tage rechtskräftig- geschieden.

Im Scheidungstermin vom selben Tage hatten die Parteien in der Folgesache Ehegattenunterhalt einen Vergleich geschlossen, der folgenden Wortlaut hat:

1. Der Antragsteller verpflichtet sich, an die Antragsgegnerin ab 1. April 1987 einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 430 DM zu zahlen.
2. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Antragsgegnerin zu ihrem jetzigen Einkommen eigene Einkünfte erzielen darf, ohne dass sich an den Unterhaltszahlungen des Antragstellers in Höhe von 430 DM monatlich etwas ändert.
Die Parteien sind sich weiter darüber einig, dass eine Änderung des Unterhaltsbetrags auch nicht eintritt dadurch, dass die Antragsgegnerin eventuell aus dem Haus nach dessen Verkauf auszieht und dann eigene Miete zahlen muss.
3. Die Parteien sind sich weiter darüber einig, dass im Falle des Hausverkaufs bei keiner Partei eigenes Vermögen oder Zinseinkommen angerechnet wird.
4. Die Parteien sind sich einig darüber, dass der der Antragsgegnerin zu zahlende Unterhaltsbetrag von 430 DM der Anpassung an den Lebenshaltungskostenindex der Bundesrepublik (4 Personen-Arbeitnehmerhaushalt) unterliegt. Der Unterhaltsbetrag ist jeweils dann anzupassen, wenn der Lebenshaltungskostenindex um 5 % gestiegen ist.
5. Die Antragsgegnerin erteilt ihre Zustimmung zu dem begrenzten Realsplitting, der Antragsteller verpflichtet sich, die der Antragsgegnerin dadurch entstehende Steuermehrbelastung dieser zu erstatten.

Infolge der Anpassungen an den Lebenshaltungskostenindex gemäß Ziffer 4. des vorgenannten Vergleichs schuldete der Kläger der Beklagten zuletzt monatlichen Unterhalt in Höhe von 315,87 EUR.

Im vorliegenden Verfahren streiten die Parteien zweitinstanzlich, in welcher Höhe und wie lange der Kläger ab Oktober 2008 verpflichtet ist, in Abänderung dieses Vergleichs an die Beklagte nachehelichen Unterhalt zu zahlen.

Der Kläger hat am 26. April 1991 Frau G. R. (im Folgenden: Ehefrau) geheiratet. Aus dieser Ehe ist die Tochter N., geboren am … Oktober 1984, hervorgegangen, die keines Unterhalts mehr bedarf. Die Ehefrau des Klägers ist teilzeitbeschäftigt. Seit dem 1. Oktober 2008 ist der Kläger verrentet.

Die Beklagte hat keinen Beruf erlernt. Sie hat bis zur Eheschließung in einer Nähfabrik und einem Lebensmittelgeschäft gearbeitet. Anlässlich der Eheschließung hat sie sich die für den Zeitraum 1. September 1957 bis 31. Juli 1966 auf ihrem Rentenversicherungskonto gutgeschriebenen Beiträge im Wege der Heiratserstattung auszahlen lassen. Ab der Geburt N. und bis Anfang 1979 hat sie sich ausschließlich deren Erziehung und der Haushaltsführung gewidmet. Danach hat sie bis zu ihrer Verrentung am 1. November 2002 halbtags im öffentlichen Dienst als Raumpflegerin gearbeitet.

Mit am 29. September 2008 eingereichter und der Beklagten am 3. November 2008 zugestellter Klage hat der Kläger beantragt, seine Unterhaltsverpflichtung aus dem am 31. März 1987 vor dem Amtsgericht - Familiengericht - in Neunkirchen im Verfahren 17 F 62/86 geschlossenen gerichtlichen Vergleich dahingehend abzuändern, dass der Kläger ab Oktober 2008 an die Beklagte keinen Unterhalt mehr zu zahlen hat . Die Beklagte hat auf Abweisung der Klage angetragen.

Durch das - mit Beschlüssen vom 29. Dezember 2009 und 11. Januar 2010 nach § 319 ZPO jeweils im Tenor berichtigte - angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Familiengericht den Kläger unter Abweisung der weitergehenden Klage in Abänderung des vorgenannten Vergleichs verurteilt, an die Beklagte monatlich nachehelichen Unterhalt für den Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2008 in Höhe von 198 EUR, für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. März 2010 solchen in Höhe von 223 EUR und ab 1. April 2010 solchen in Höhe von 200 EUR zu zahlen. Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiter. Die Beklagte bittet unter Verteidigung des angefochtenen Urteils um Zurückweisung der Berufung. Der Senat hat die Akten 17 F 62/86 des Amtsgerichts Neunkirchen zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. ...

II. Die Senatsentscheidung richtet sich gemäß Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG nach den bis zum 31. August 2009 geltenden Vorschriften (vgl. BGH FamRZ 2010, 869 m.w.N.). Die zulässige Berufung des Klägers hat im Ergebnis keinen Erfolg.

Die - von den Parteien unangegriffen - zutreffend vom Familiengericht nach § 323 ZPO als zulässig beurteilte Abänderungsklage (vgl. dazu auch BGH FamRZ 2010, 192 und 111) ist - was dem Senat nach § 528 ZPO allein zur Prüfung anfällt - nicht in einem über das angefochtene Urteil hinausgehenden Umfang begründet.

Nach den unangefochtenen Feststellungen des Familiengerichts, gegen die aus Rechtsgründen nichts zu erinnern ist, steht der Beklagten gegen den Kläger dem Grunde nach aus §§ 1569 S. 2, 1571 Nr. 3 BGB ein Anspruch auf Unterhalt wegen Alters zu.

Zutreffend hat das Familiengericht die Höhe dieses Unterhaltsanspruchs nach den - wandelbaren (vgl. BGH FamRZ 2010, 869 und 629 m.w.N.) - ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB) der Parteien bemessen und dem auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH FamRZ 2010, 869 und 111 m.w.N.), der der Senat folgt (Senatsurteil vom 4. März 2010 - 6 UF 86/09 -), die Drittelmethode zugrunde gelegt, wobei es zu Recht nach der gebotenen Kontrollberechnung den Unterhaltsbedarf der Beklagten im Zeitraum ab Januar 2009 auf den Betrag begrenzt hat, wie er ohne die neue Ehe des Klägers geschuldet wäre (BGH a.a.O. m.w.N.).

Im Ausgangspunkt zu Recht beanstandet der Kläger allerdings in diesem Zusammenhang hinsichtlich der Ermittlung der bedarfsprägend einzustellenden Einkünfte seiner Ehefrau, dass das Familiengericht nur die Zahlungen auf eine Lebensversicherung bei der <Versicherungsunternehmen> in Höhe von 35,33 EUR monatlich als zusätzliche Altersvorsorge anerkannt und die - bezüglich der Zahlung unstreitigen - Aufwendungen seiner Ehefrau in Höhe von 150 EUR monatlich auf einen Vermögensplan nicht bis zur Grenze von 4 % ihres Bruttoeinkommens berücksichtigt hat.

Denn es steht sowohl einem Unterhaltspflichtigen als auch einem Unterhaltsberechtigten nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH FamRZ 2009, 1391 und 1207; 2007, 793; 2005, 1817 jeweils m.w.N.), der beide Familiensenate des Saarländischen Oberlandesgerichts beigetreten sind (vgl. etwa Senatsurteil vom 23. April 2009 - 6 UF 21/09 -; Urteil des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 28. Januar 2009 - 9 UF 84/07 -), frei, einen Betrag von bis zu 4 % seines Bruttojahreseinkommens von seinem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen abzusetzen, wenn er damit - wie hier - tatsächlich ergänzende Altersvorsorge betreibt, wobei ihm die Art der Vermögensanlage überlassen bleibt.

Diese auch auf den neuen unterhaltsberechtigten Ehegatten, der im Rahmen der Drittelmethode in die Unterhaltsberechnung einbezogen werden muss, anzuwendenden Grundsätze führen hier aber im Ergebnis nicht zu einer weiteren Verminderung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten gegen den Kläger. Denn - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - vermag der Senat - abweichend von der Beurteilung des Familiengerichts - keinen Grund dafür zu erkennen, in die Unterhaltsberechnung auf Seiten der Ehefrau des Klägers nur deren tatsächlich erzielten Erwerbseinkünfte aus deutlich untervollschichtiger Erwerbstätigkeit einzustellen. Vielmehr ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, aufgrund der gebotenen Gleichbehandlung zu prüfen, ob der neuen Ehefrau im - hypothetischem - Falle der Scheidung der zweiten Ehe ein Geschiedenenunterhaltsanspruch gegen den Unterhaltsverpflichteten nach §§ 1570 ff. BGB zustünde. Ist dies der Fall, so sind nicht nur die erzielten, sondern gegebenenfalls darüber hinausgehend auch die im Falle der ordnungsgemäßen Erfüllung der Erwerbsobliegenheit von der neuen Ehefrau erzielbaren Einkünfte in die Unterhaltsberechnung nach der Drittelmethode - und zwar bereits auf der Ebene der Bedarfsermittlung - einzubeziehen. Dabei sind die unterhaltsberechtigten (geschiedenen) Ehegatten auch im Hinblick auf die Erwerbsobliegenheit gleich zu behandeln, so dass eine etwaige, das Innenverhältnis der neuen Ehe betreffende Rollenverteilung bei der Bemessung des für den neuen Ehegatten zu reservierenden Unterhaltsbetrages nicht entscheidend ist (BGH FamRZ 2010, 111).

In diesem durch die gebotene Dreiteilung abgesteckten Rahmen trägt der Unterhaltsverpflichtete die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die die Unterhaltsbedürftigkeit seiner neuen Ehefrau begründen, wozu auch die Erwerbsfähigkeit der neuen Ehefrau und das von ihr erzielbare Einkommen gehören (vgl. BGH FamRZ 2010, 869).

Bei der hiernach anzustellenden fiktiven Betrachtung stünde der neuen Ehefrau des Klägers bei dem sich im Berufungsrechtszug darbietenden Sach- und Streitstand gegen diesen im Falle der Scheidung von ihm dem Grunde nach aus § 1573 Abs. 2 und Abs. 3 BGB ein Aufstockungsunterhaltsanspruch zu.

Der Kläger hat in diesem Zusammenhang keine Anhaltspunkte dafür dargetan, dass seine Ehefrau nach ihrem Alter, ihrer Ausbildung, ihrem Gesundheitszustand und nach den derzeitigen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt (vgl. hierzu Senatsurteile vom 12. Mai 2010 - 6 UF 132/09 - und vom 10. Dezember 2009 - 6 UF 110/08 -, ZFE 2010, 113, jeweils m.w.N.) keine vollschichtige angemessene (§ 1574 Abs. 2 BGB) Anstellung finden könnte, die vom Berufsbild her mit ihrer derzeit nur teilschichtig ausgeübten vergleichbar wäre. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass wegen hoher Arbeitslosigkeit oder sonstiger ungünstiger Bedingungen trotz gehöriger Bemühungen keine Beschäftigungsmöglichkeit besteht, existiert nicht (Senatsurteil vom 17. Dezember 2009 - 6 UF 38/09 -, FuR 2010, 235; Urteil des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 24. Juni 2009 - 9 UF 93/08 -).Auf Seiten der Ehefrau des Klägers ist daher ein fiktives Einkommen aus vollschichtiger abhängiger Beschäftigung einzustellen; denn sie ist ihrer Eigenverantwortung, für ihren Unterhalt zu sorgen (§ 1569 S. 1 BGB), und der sich daraus ergebenden Erwerbsobliegenheit nicht nachgekommen.

Bezüglich des der Ehefrau des Klägers fiktiv zuzurechnenden Einkommens - das von ihr realistisch erzielbar sein muss (vgl. BVerfG FamRZ 2010, 793 und 183; FamRZ 2006, 469; BGH FamRZ 2008, 2104; 1996, 345) - stellt der Senat vorliegend auf das von ihr tatsächlich erzielte Bruttogehalt ab. Dieses belief sich nach den unangegriffenen Feststellungen des Familiengerichts - die mit der vom Kläger vorge-legten Lohnsteuerbescheinigung für 2008 und den von ihm beigebrachten Gehalts-bescheinigungen in Einklang stehen - auf jedenfalls 16.785,52 EUR jährlich für eine monatliche Arbeitsleistung von 99,06 Stunden. Rechnet man den sich hieraus ergebenden Stundenlohn auf eine vollschichtige Tätigkeit um, ergibt sich ein monatliches Bruttoeinkommen von jedenfalls 2.000 EUR.

Dieses fiktive Monatseinkommen ist auch nach Bereinigung um die dann anfallenden Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, fiktive pauschale berufsbedingte Kosten (vgl. hierzu BGH FamRZ 2009, 314) und fiktive Aufwendungen für ergänzende Altersvorsorge in Höhe von 4 % aus diesem Bruttobetrag weit höher als das der Ehefrau des Klägers im angefochtenen Urteil beigemessene in Höhe von 683 EUR für 2008 und von 959 EUR ab 2009, so dass der Kläger durch die im Übrigen unangefochtene und zu keinen Beanstandungen Anlass bietende Rechenweise des Familiengerichts nicht beschwert ist.

Vergebens begehrt der Kläger eine Befristung oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten, die - was dem Senat aufgrund von § 528 ZPO allein zur Prüfung anfällt - über die bereits vom Familiengericht ab April 2010 erkannte hinausgeht.

Soweit der Kläger dem Familiengericht in diesem Zusammenhang eine Verletzung seiner - auf § 139 ZPO fußenden - Hinweispflicht vorwirft, hatte er jedenfalls im Berufungsverfahren ausreichend Gelegenheit, seinen Tatsachenvortrag zu ergänzen und seine rechtlichen Ausführungen der im angefochtenen Urteil niedergelegten Rechtsmeinung des Familiengerichts anzupassen und zu vertiefen.

Es kann dahinstehen, ob das Familiengericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Heiratserstattung einen ehebedingten Nachteil darstellt, was der Kläger bekämpft.

Folgte man dem Kläger und sähe man die durch die Heiratserstattung von der Beklagten erlittenen Einbußen in ihrer Altersversorgung nicht als ehebedingten Nachteil an, so stünde - wie im Senatstermin erörtert - einer weitergehenden Abänderung des zwischen den Parteien am 31. März 1987 geschlossenen Vergleichs als der vom Familiengericht ausgeurteilten § 36 Nr. 1 EGZPO entgegen, da der Beklagten eine Befristung oder eine über das angefochtene Urteil hinausgehende Herabsetzung ihres Unterhalts nicht zumutbar ist.

Ist über einen Unterhaltsanspruch vor dem 1. Januar 2008 - wie vorliegend - ein vollstreckbarer Titel errichtet worden, so sind nach dieser Vorschrift Umstände, die vor diesem Tag entstanden sind, nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung außerdem dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist.

Der Errichtung des Titels lagen Umstände im Sinne des § 36 Nr. 1 EGZPO zugrunde, die durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz eine andere Bewertung in Bezug auf Voraussetzungen und Höhe des Unterhaltsanspruchs erfahren und zu einer anderen Unterhaltsverpflichtung oder deren Wegfall führen können (OLG Bremen, NJW 2008, 3074; Borth, FamRZ 2008, 105). Denn das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz hat erstmals die Befristung auch von Ansprüchen auf Altersunterhalt ermöglicht, die nach dem bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Recht nicht möglich war, und zwar auch nicht auf der Grundlage von § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. Soweit es um das Maß des geschuldeten Unterhalts ging, kam zwar nach dieser Vorschrift auch beim Altersunterhalt unter bestimmten Billigkeitsvoraussetzungen eine zeitlich abgestufte Unterhaltsbemessung in Betracht in der Weise, dass der zunächst nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmte Unterhalt nach gewisser Zeit auf den dem "angemessenen Lebensbedarf" entsprechenden Unterhalt ermäßigt werden konnte. Den vollen Wegfall, auch des herabgesetzten Unterhalts, erlaubte diese Regelung indessen - anders als § 1578 b BGB n.F. - nicht (BGH FamRZ 1999, 710).

Das Kriterium der Zumutbarkeit erlaubt eine flexible, an der Einzelfallgerechtigkeit orientierte Anpassung bestehender Unterhaltstitel an die ab 1. Januar 2008 neue Rechtslage (OLG Hamburg, FamRZ 2009, 781; BT-Drucks. 16/1830, S. 33). Besonderes Gewicht kommt dabei dem Vertrauen auf den Fortbestand der bestehenden Unterhaltsregelung etwa dann zu, wenn der Unterhaltsberechtigte in diesem Vertrauen Dispositionen getroffen hat, die ihn längerfristig binden (Wendl//Schmitz, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 10, Rz. 176 c). Vor allem bei langen Ehen muss - auch im Lichte der auf Grundlage der zu Art. 6 Abs. 1 und 2 GG entwickelten Grundsätze zum Schutz von Ehe und Familie sowie minderjähriger Kinder, insbesondere dem in der bestehenden Ehe erlangten Status (vgl. Borth, FamRZ 2008, 105) - das berechtigte Vertrauen eines Ehegatten auf eine an die Ehe anknüpfende Unterhaltsabsicherung geschützt werden (Wendl/Schmitz, a.a.O.). § 36 Nr. 1 EGZPO muss daher - zumal in Ansehung des Umstandes, dass die Norm eine (wenn auch unechte) Rückwirkung enthält, die eine reformbedingte Abänderung von Unterhaltstiteln ermöglicht, die auf verfassungsrechtlich geprüftem und gebilligtem Recht beruhten (so auch Jüdt, FuR 2008, 427) - verfassungskonform in der Weise ausgelegt werden, dass der Schutz des Vertrauens auf das bisher geltende Unterhaltsrecht besonders berücksichtigt wird (so zutreffend Borth, FamRZ 2008, 105; vgl. auch AG Pankow-Weißensee, FF 2010, 167).

Kriterien der hiernach anzustellenden Gesamtabwägung der Einzelfallumstände sind insbesondere die Höhe und Dauer der bisherigen Unterhaltsregelung, die Umstände, unter denen die Unterhaltsregelung zustande gekommen ist, die Möglichkeiten des Unterhaltsberechtigten, eigene Einkünfte aus Erwerbstätigkeit oder Vermögen zu erzielen, die Ehebedingtheit der Gründe für die Unterhaltsbedürftigkeit ob der Gestaltung der Haushaltsführung und Kinderbetreuung, gegebenenfalls vom Unterhaltsberechtigten getroffene längerfristig bindende finanzielle Dispositionen sowie die Auswirkungen einer Anpassung auf unterhaltsrechtliche Belange Dritter (Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 36 EGZPO, Rz. 5; Borth, FamRZ 2008, 105; Jüdt, FuR 2008, 427 und 468).

Am Maßstab der Zumutbarkeit gemessen kommt vorliegend - wie im Senatstermin erörtert - weder eine Befristung noch eine weitergehende als die im angefochtenen Urteil erkannte Herabsetzung des Unterhalts der Beklagten in Betracht.

Dies zeigt sich schon in Ansehung der Umstände, unter denen die bisherige Unterhaltsregelung getroffen worden war und hinsichtlich derer der Kläger auf der Grundlage der Grundsätze über die Veränderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage (BGH FamRZ 2010, 192; 2008, 1911; 2001, 1140; 1995, 665; Senatsurteile vom 1. März 2007 - 6 UF 72/06 - und vom 11. November 2005 - 6 UF 40/05 -) eine Abänderung begehrt mit der Folge, dass er die Darlegungs- und Beweislast für den Wegfall der Geschäftsgrundlage (BGH FamRZ 1996, 665; Urteil des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 14. Oktober 2009 - 9 UF 44/08 -; Wendl/Schmitz, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 10, Rz. 169) einschließlich der wesentlichen Umstände, die für die Ersttitulierung maßgebend waren, trägt (BGH FamRZ 2007, 200; Senatsurteil vom 16. November 2006 - 6 UF 29/06 -, OLGR Saarbrücken 2007, 127).

Dem in Rede stehenden Vergleich haben die Parteien unstreitig ein Einkommen der Beklagten aus halbschichtiger ungelernter Tätigkeit in Höhe von 800 DM zugrunde gelegt und vereinbart, dass die Beklagte ohne Anrechnung auf ihren Unterhaltsanspruch eigene Einkünfte in unbegrenzter Höhe erzielen darf.

Soweit der Kläger im vorliegenden Verfahren behauptet, die Beklagte sei gehalten und in der Lage gewesen, diese anrechnungsfreie Zuverdienstmöglichkeit zu nutzen, um ihre Altersversorgung aufzustocken, hat die Beklagte bestritten, dass Grundlage des Vergleichs eine solche weitergehende Erwerbsobliegenheit gewesen sei.

Schon der Inhalt der Akten des Vorprozesses legt nahe, dass das Familiengericht bereits damals davon ausgegangen ist, dass die Beklagte dauerhaft keine besser bezahlte Beschäftigung als die im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses von ihr ausgeübte Halbtagstätigkeit bei einem öffentlichen Arbeitgeber würde finden und ausüben können. Denn die Parteien lebten nach ihren Angaben im Scheidungsverfahren im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bereits seit einem Jahr und zehn Monaten voneinander getrennt und die gemeinsame Tochter war schon 19 Jahre alt, so dass der Beklagten dem Grunde nach die Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit oblag. Insoweit findet die - sinngemäße - Darstellung des Klägers, der Beklagten habe es aber später oblegen, eine weitergehende Erwerbstätigkeit auszuüben, weder im damals geltenden, höchstrichterlich ausgeprägten Unterhaltsrecht noch in den Akten des vorangegangenen Verfahrens eine Stütze. Der Kläger hat daher in Bezug auf jene Erwerbsobliegenheit eine Änderung der Grundlagen des Vergleichs vom 31. März 1987 bereits nicht ausreichend dargelegt, jedenfalls ist er insoweit beweisfällig.

Oblag es aber der Beklagten aufgrund des Vergleichs nicht, ihre damalige Erwerbstätigkeit - ggf. schrittweise - aufzustocken, so gründet sich hierauf ein erheblicher ehebedingter Nachteil. Das Familiengericht ist zwar im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB können nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn - wie hier - für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen, zumal - je nach Fallgestaltung - der unterhaltsberechtigte Ehegatte an dem besseren Versorgungsstand des Unterhaltsverpflichteten teilhaben kann (BGH FamRZ 2010, 629; 2009, 1207 und 406; 2008, 1508 und 1325). Allerdings wird der Versorgungsausgleich nur bezüglich der ehezeitlichen Versorgungsanwart-schaften der Ehegatten durchgeführt, so dass für den dem Ende der Ehezeit nachgelagerten Zeitraum ein ehebedingter Nachteil darin bestehen kann, dass der Ehegatte aufgrund der vormaligen ehelichen Rollenverteilung im Berufsleben keinen vollständigen Anschluss mehr bekommen kann (vgl. BGH FamRZ 2010, 629; 2009, 1990; Senatsurteile vom 12. Mai 2010 - 6 UF 132/09 -, vom 17. Dezember 2009 - 6 UF 38/09 -, FuR 2010, 235, und vom 10. Dezember 2009 - 6 UF 110/08 -, ZFE 2010, 113), mit der Folge einer bedeutsam geringeren Möglichkeit, für sein Alter vorzusorgen.

So aber liegt der Fall hier. Die Beklagte hat nach den unangegriffenen Feststellungen des Familiengerichts vor der Eheschließung - wenn auch als ungelernte Kraft - nahezu durchgängig vollschichtig gearbeitet. Diese Tätigkeit hat sie wegen der Eheschließung und Kindererziehung aufgegeben. Weil sie nach der Ehescheidung nicht mehr vollschichtig gearbeitet hat und ihr dies aufgrund des zwischen den Parteien am 31. März 1987 geschlossenen Vergleichs über ihren nachehelichen Unterhalt auch nicht mehr oblag, hat sie seit der Ehescheidung erhebliche ehebedingte Rentennachteile erlitten.

Die Parteien haben - jeweils in anwaltlichem Beistand - im Vergleich vom 31. März 1987 jedenfalls stillschweigend die damalige Rechtslage zugrunde gelegt. Eine Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs haben sie ersichtlich - jedenfalls auch - deswegen nicht vereinbart, weil dies nach damaliger Rechtslage - auch soweit der Anspruch der Beklagten auf § 1573 Abs. 2 BGB gestützt worden sein sollte - bei einer Ehedauer von hier knapp 20 Jahren weder nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. noch nach § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. möglich war. Die Gestaltung ihrer Ehe sollte ersichtlich einen zeitlich unbefristeten und vollumfänglich den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechenden Unterhaltsanspruch der Beklagten nach sich ziehen. Im Spannungsfeld zwischen nachehelicher Solidarität und dem Grundsatz der Eigenverantwortung sollte nach dem in der Lebensgestaltung während der Ehe und dem im Vergleich zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien erstere uneingeschränkt fortwirken (vgl. dazu auch OLG Koblenz, OLGR 2009, 821).

Beide Ehegatten haben sich also auf die Folgen dieser Vereinbarung einstellen müssen. Die Beklagte, die über kein Vermögen verfügt, hat im Vertrauen auf die dauerhafte Aufstockung ihrer Einkünfte durch den vom Kläger zu leistenden Unterhalt von - nach dem Vergleich überobligatorischen - weiteren Anstrengungen im Hinblick auf eine Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit abgesehen. Als der Kläger erstmals - nach eigenem Vortrag im Jahre 2003- auf die Beklagte zugetreten ist, um eine Reduzierung seiner Unterhaltsverpflichtung zu erreichen, konnte die Beklagte infolge ihrer bereits im Jahr 2002 eingetretenen Verrentung keine eigenen weiteren Rentenanwartschaften mehr erwerben.

Berücksichtigt man ferner, dass der vom Familiengericht erkannte Unterhalt beide Parteien in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen belässt, so kommt - auch in Ansehung der weiteren Unterhaltspflicht des Klägers für seine Ehefrau und des Umstandes, dass er nunmehr seit über 20 Jahren nachehelichen Unterhalt an die Beklagte zahlt - bei gebotener Abwägung aller Umstände des Einzelfalls eine Befristung oder eine über das angefochtene Urteil hinausgehende Herabsetzung ihres Unterhaltsanspruchs nicht in Betracht, zumal die Ehefrau des Klägers - anders als die Beklagte - altersmäßig in der Lage ist, in weitergehendem Umfang zu arbeiten, und der Kläger mit seiner Ehefrau mietfrei wohnt. ..."

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Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Darlegungs und Beweislast ehebedingter Nachteile (BGH Urteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875) gelten auch, soweit der Unterhaltsverpflichtete geltend macht, tatsächlich fortwirkende Nachteile seien nicht mehr als ehebedingt anzusehen, da es der Unterhaltsberechtigten nach der Trennung möglich gewesen wäre und sie die Obliegenheit getroffen hätte, diese Nachteile zwischenzeitlich vollständig auszugleichen ( OLG Celle, Urteil vom 06.07.2010 - 10 UF 64/10):

„... I. Die (im Berufungsrechtstreit verbliebenen) Parteien sind seit 20. August 2003 rechtskräftig geschiedene Eheleute. aus der im Oktober 1989 geschlossen Ehe sind die beiden Töchter J ( 1990) und L ( 1994), die erstinstanzliche Klägerin zu 1., hervorgegangen, die beide weiterhin im Haushalt der Mutter leben.

Nachdem der Beklagte, der bis einschließlich April 2009 neben dem ebenfalls nicht titulierten Kindesunterhalt für L Ehegattenunterhalt für die Klägerin zu 2. in Höhe von zuletzt 834 € geleistet hatte, die Herabsetzung dieses Unterhaltes für die Zeit ab Mai 2009 auf 400 € und die Einstellung der Ehegattenunterhaltszahlung ab Januar 2010 angekündigt hatte, ist der Beklagte im vorliegenden Verfahren für die Zeit ab Mai 2009 auf rückständigen und laufenden Unterhalt - für die Tochter 152 % des Mindestunterhaltes, für die geschiedene Ehefrau monatlich 1.200 € - in Anspruch genommen worden.

Das Amtsgericht hat der im Urteil vom 19. Februar 2010 - auf das ergänzend Bezug genommen wird - ausgesprochenen Verurteilung des Beklagten Ansprüche auf Kindesunterhalt in - anerkannter - Höhe von 144 % ´des Mindestunterhalts der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle´ sowie auf nachehelichen Unterhalt der Ehefrau einen monatlichen Betrag von 834 € zugrundegelegt und den Ehegattenunterhalt auf die Zeit bis 31. Mai 2010 befristet.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin zu 2. (im weiteren: die Klägerin) mit ihrer form und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung insoweit, als sie für die Zeit ab Juni 2010 einen monatlichen Unterhaltsanspruch in Höhe von 500 € erhalten sehen will. mindestens in dieser Höhe bestehe ein fortwirkender ehebedingter Nachteil, da sie nunmehr nicht realistisch in ihren ursprünglich erlernten und bis zur Geburt von J auch längerfristig vollzeitig ausgeübten Beruf als Großhandelskauffrau zurückkehren könne. aus ihrer nach der ausschließlichen Betreuung von Kindern und Haushalt ab 2000 zunächst in geringfügigem Umfang aufgenommenen und - nach verschiedenen Fort und Weiterbildungen 2001 bis 2005 - schließlich bis auf einen halbschichtigen Umfang ausgeweiteten Tätigkeit inzwischen als pädagogische Mitarbeiterin aber - selbst bei Annahme einer Nebentätigkeit - könne sie nur ein um rund 700 € geringeres Einkommen erzielen, als dies bei Fortsetzung ihrer Tätigkeit als Großhandelskauffrau der Fall wäre.

Der Beklagte tritt der Berufung entgegen. Er meint, der Einkommensnachteil der Klägerin beruhe nicht auf fortwirkenden ehebedingten Ursachen, sondern ausschließlich auf deren eigener Entscheidung, im pädagogischen Bereich statt in ihrem ursprünglichen kaufmännischen Berufsfeld tätig bleiben zu wollen.

Der Senat hat im Termin, zu dem die Parteien persönlich anwesend waren, die Beklagte ergänzend persönlich angehört und befragt.

II. Auf das vorliegende, im Juli 2009 eingeleitete Verfahren sind gemäß Art. 111 Abs. 1 FGGReformG die Vorschriften des vor dem 1. September 2009 geltenden Verfahrensrechtes anzuwenden (vgl. BGH FamRZ 2010, 192).

III. Die zulässige Berufung der Klägerin muß in der Sache vollen Erfolg haben. Einer Befristung des - bereits nach dem mit der Berufung weiter verfolgten Antrag in Ansehung eines vom Amtsgericht unwidersprochen ermittelten rechnerischen Unterhaltsanspruches von mehr als 1.000 € wesentlich begrenzten - Unterhaltsanspruches der Klägerin steht durchgreifend entgegen, daß der Beklagte einen in Höhe dieser Klagforderung fortwirkenden ehebedingten Nachteil der Klägerin nicht widerlegen kann.

Nach der vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 24. März 2010 (XII ZR 175/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen und bislang veröffentlicht bei juris) bereits in den Leitsätzen erfolgten Klarstellung zur maßgeblichen Darlegungs und Beweislast im Streit um die Befristung und Herabsetzung von nachehelichen Unterhaltsansprüchen, auf die der Senat bereits mit der Ladungsverfügung ausdrücklich hingewiesen hat, ist der Unterhaltspflichtige für die zur Stützung seines Herabsetzungs oder Befristungsbegehren erforderlichen Voraussetzungen darlegungs und beweisbelastet und trifft den Unterhaltsberechtigten hinsichtlich der ehebedingten Nachteile eine sekundäre Darlegungslast, in deren Rahmen er seinerseits darzulegen hat, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Derart vorgetragene ehebedingte Nachteile müssen dann vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden. Diese Grundsätze geltend entsprechend, soweit der Unterhaltsverpflichtete geltend macht, tatsächlich fortwirkende Nachteile seien nicht mehr als ehebedingt anzusehen, da es der Unterhaltsberechtigten nach der Trennung möglich gewesen wäre und sie die Obliegenheit getroffen hätte, diese Nachteile zwischenzeitlich vollständig auszugleichen.

Die Klägerin hat im Streitfall ihre vor und zu Beginn der Ehe ausgeübte Berufstätigkeit anläßlich der Geburt der ersten Tochter aufgegeben. sie war in der Folgezeit entsprechend der von den Parteien gewählten Form der Haushaltsführung und Kinderbetreuung zunächst über rund zehn Jahre nicht anderweitig berufstätig und hat dann eine geringfügig begonnene Tätigkeit in einem anderen Berufsfeld entsprechend der abnehmenden Betreuungsbelange der Kinder - auch nach der Trennung der Parteien ohne ersichtlich gewordene Einwände des Beklagten - schrittweise ausgebaut. Aus dieser - unbefristet gesicherten, derzeit tatsächlich aber nicht weiter ausweitbaren - Tätigkeit erzielt die Klägerin unstreitig selbst unter Berücksichtigung einer fiktiven Nebentätigkeit jedenfalls 500 € weniger als dies bei einer durchgehend fortgesetzten Tätigkeit im vorehelichen Beruf der Fall wäre.

Selbst wenn man im Lichte der 2008 erfolgten Rechtsänderung davon ausgehen wollte, daß die Beklagte tatsächlich bereits in der Folgezeit zu Bemühungen um eine Rückkehr in den damals bereits achtzehn Jahre nicht ausgeübten Beruf verpflichtet gewesen wäre, ist insbesondere vor dem Hintergrund der belegten negativen Reaktionen auf ihre aktuellen derartigen Bemühungen schon nicht ansatzweise ersichtlich, daß diese erfolgreicher gewesen wären - einen gar dahingehenden Beweis vermag der Beklagte (naturgemäß) nicht anzutreten. insofern kommt es nicht einmal entscheidend darauf an, daß selbst bei einem tatsächlichen Erfolg der Arbeitsplatzsuche im kaufmännischen Bereich typischerweise davon auszugehen wäre, daß die (mindestens) achtzehnjährige Berufspause zu einem dauerhaft wesentlich geschmälerten Verdienst führen würde - auch hinsichtlich der Begrenzung des ehebedingten Nachteiles auf einen geringeren Umfang als die Klagforderung fehlt es schon an substantiiertem Vortrag, insbesondere aber an einem Beweisantritt des Beklagten. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 8, 711, 713 ZPO. ..."


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Die geschiedene Ehefrau, die nach der Trennung der Eheleute zum neben der Alleinbetreuung der gemeinsamen Kinder frühestmöglichen Zeitpunkt ein zeitnah vor der Eheschließung konkret vorbereitetes (hier: Lehramts) Studium aufgenommen und innerhalb der maßgeblichen Regelstudienzeit erfolgreich (hier: mit ´sehr gut´) abgeschlossen hat, erfüllt ihre sekundäre Darlegungslast dafür, ohne Eheschließung und Familiengründung heute eine diesem tatsächlichen Studienerfolg entsprechende Tätigkeit (hier: verbeamtete Gymnasiallehrerin) auszuüben, auch wenn sie das zweite Staatsexamen später tatsächlich nicht bestanden hat. die Anforderungen an die auf dieser Grundlage dem unterhaltspflichtigen Ehemann obliegende Widerlegung solcher ehebedingter Nachteile werden durch ein bei Eheschließung und Geburt der gemeinsamen Kinder erreichtes Alter der Ehefrau von 29 Jahren nicht herabgesetzt (OLG Celle, Urteil vom 18.05.2010 - 10 UF 9/10):

„... I. Die Parteien hatten im Mai 1987 geheiratet. ihre Ehe, aus der am 27. Mai 1987 zwei - nach der Trennung allein von der Beklagten betreute - Kinder hervorgegangen sind, ist mit Urteil vom 16. November 1995 geschieden worden. Mit Senatsurteil vom 11. Juli 1996 ist der Kläger, der nach ehezeitlicher Aufgabe seiner früheren Tätigkeit als Kapitän neben dem Bezug einer befristeten Rente von der gemeinsam mit der Beklagten begonnenen Anschaffung, Nutzung und Veräußerung von Immobilien lebte, zur Zahlung monatlichen nachehelichen Unterhaltes in Höhe von - umgerechnet - 923,90 € verurteilt worden. Ein erstes, hilfsweise bereits auf Herabsetzung und Befristung der Unterhaltsverpflichtung gerichtetes Abänderungsbegehren des Klägers ist durch Senatsurteil vom 4. Dezember 2007, auf das ergänzend Bezug genommen wird, abgewiesen worden.

Die am … 1957 geborene Beklagte ist im französischsprachigen Teil B. aufgewachsen und hat dort das Abitur abgelegt. ein dort zunächst aufgenommenes Medizinstudium hat sie nach wenigen Semestern aufgegeben. Anschließend kam sie anläßlich ihrer ersten Ehe nach Deutschland und war zunächst nur in geringfügigem Umfang beschäftigt. nach dem Tode ihres ersten Ehemannes betrieb sie selbständig ein Wollgeschäft weiter und absolvierte daneben mit dem Ziel eines von ihr beabsichtigten LehramtsStudiums (Spanisch bzw. Französisch und Geschichte) an der Universität B. Sprachkurse. 1984 legte sie erfolgreich die für ein solches Studium erforderliche Mittelstufenprüfung ab. Nachdem sie alsbald den Kläger kennengelernt hatte, verlegten die Parteien noch vor ihrer Heirat und der Schwangerschaft der Beklagten ihren Wohnsitz nach B., wo die Beklagte wesentlich in die beginnende Immobilientätigkeit des Klägers einbezogen war. die Beklagte hat sich im Folgenden neben ihrer fortgesetzten geschäftlichen Mitwirkung um die Betreuung der Kinder gekümmert. Nach der Scheidung hat die Beklagte im Alter der Zwillinge von 9 Jahren ihr Studium für das Lehramt aufgenommen und unterhalb der Regelstudienzeit für Alleinerziehende mit „sehr gut" abgeschlossen. Das Referendariat hat sie dann allerdings - auch vor dem Hintergrund damals aufgetretener persönlicher Probleme - nicht erfolgreich abgeschlossen. eine Verbeamtung wäre zu diesem Zeitpunkt für sie jedoch ohnehin aus Altergründen nicht mehr möglich gewesen. Sie ist seitdem bei einem Freien Gymnasium - im schwankenden Umfang des dort jeweiligen Bedarfes - beschäftigt und erzielt Einkünfte von mittlerweile gut 1.500 €. daneben hat sie an einer Immobilie ein unentgeltliches Wohnrecht über gut 100 m².

Im vorliegenden Verfahren erstrebt der Kläger unter Berufung auf § 1578b Abs. 1 BGB die Beendigung seiner Unterhaltsverpflichtung ab Anfang Mai 2009, die das Amtsgericht mit Urteil vom 3. Dezember 2009, auf das ergänzend Bezug genommen wird, ab Rechtshängigkeit (9. Mai 2009) ausgesprochen hat. dabei ist das Amtsgericht davon ausgegangen, daß ehebedingte Nachteile von der Beklagten nicht nachgewiesen werden könnten.

Dagegen richtet sich die form und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, die ihr Ziel der Klagabweisung weiterverfolgt. sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag zu ehebedingten Nachteilen und macht geltend, daß sie aus einer Tätigkeit als verbeamteter oder zumindest im öffentlichen Schuldienst angestellter Gymnasiallehrerin, die sie bei einer nur durch die Eheschließung und Familiengründung verhinderten zeitnahen Aufnahme des vorbereiteten Studiums mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erreicht hätte, ein um mehr als den titulierten Unterhaltsbetrag höheres Einkommen erzielen würde. Im Übrigen beruft sie sich auf die Präkludierung des Klägers mit seinem Herabsetzungs und Befristungsbegehren durch das Senatsurteil von 2007.

Der Kläger, der auch im Berufungsrechtszug der BeklagtenBehauptung von einem unterhaltsrechtlich maßgeblichen Nettoeinkommen seinerseits in der Größenordnung von 10.000 - 13.000 € nicht substantiiert entgegentritt, selbst keine substantiierte Unterhaltsberechnung vornimmt und auch den Auflagen im Rahmen der Ladungsverfügung zur Vorlage von einkommensrelevanten Unterlagen nur teilweise nachgekommen ist, tritt der Berufung entgegen. er vertritt die Auffassung, daß seitens der Beklagten schon aufgrund ihres bei Eheschließung erreichten Alters von 29 Jahren nicht davon ausgegangen werden könnte, daß sie noch die Stellung einer beamteten Gymnasiallehrerin hätte erreichen können.

Der Senat hat im Termin, zu dem die Parteien persönlich anwesend waren, die Beklagte ergänzend persönlich angehört und befragt.

II. Auf das vorliegende, im April 2009 eingeleitete Verfahren sind gemäß Art. 111 Abs. 1 FGGRG die Vorschriften des vor dem 1. September 2009 geltenden Verfahrensrechtes anzuwenden (vgl. BGH FamRZ 2010, 192).

III. Die zulässige, insbesondere form und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache Erfolg und führt in Änderung des amtsgerichtlichen Urteils zur vollumfänglichen Abweisung der Klage.

1. Dabei kommt es nicht einmal wesentlich darauf an, ob und wieweit der Kläger mit seinem Befristungs und Herabsetzungsbegehren durch die - nach Veröffentlichung der maßgebenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zur Änderung seiner diesbezüglichen Rechtsprechung und nach den unzweideutigen Urteilsgründen jeweils auch ausdrücklich erfolgte - Abweisung gleichartiger Hilfsanträge im Senatsurteil vom 4. Dezember 2007 betroffen ist. Denn die Voraussetzungen für eine Befristung oder Herabsetzung des titulierten nachehelichen Unerhaltsanspruches der Beklagten gemäß § 1578b BGB sind schon in keinem Fall gegeben. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast hinreichend dargelegt, daß und warum sie fortwirkende ehebedingte Nachteile erlitten hat, ohne daß der danach beweisbelastete Kläger dies widerlegt hätte.

Insofern bedarf es auch keiner Erwägungen dazu, ob ohne einen - im Streitfall zudem ungeachtet konkreter Auflagen im Rahmen der Ladungsverfügung unterbliebenen - substantiierten Vortrag des Unterhaltspflichtigen zu seinem aktuellen unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen überhaupt eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts erfolgen kann, da es sich um eine Frage der Billigkeit handelt, die nur auf der Grundlage umfassender Abwägung getroffen werden kann.

2. Nach der vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 24. März 2010 (XII ZR 175/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen und bislang veröffentlicht bei juris) bereits in den Leitsätzen erfolgten Klarstellung zur maßgeblichen Darlegungs und Beweislast im Streit um die Befristung und Herabsetzung von nachehelichen Unterhaltsansprüchen, auf die der Senat auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, ist der Unterhaltspflichtige für die zur Stützung seines Herabsetzungs oder Befristungsbegehren erforderlichen Voraussetzungen darlegungs- und beweisbelastet und trifft den Unterhaltsberechtigten hinsichtlich der ehebedingten Nachteile eine sekundäre Darlegungslast, in deren Rahmen er seinerseits darzulegen hat, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Derart vorgetragene ehebedingte Nachteile müssen dann vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.

3. Die Beklagte hat im Streitfall substantiiert und - nicht zuletzt im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung - für den Senat plausibel und überzeugend dargetan, nach dem Tod ihres ersten Ehemannes den konkreten Plan eines Studiums für das höhere Lehramt verfolgt zu haben. dieses Vorhaben hat in ihrer - neben der erforderlichen Berufstätigkeit erfolgten - Teilnahme an entsprechenden Sprachkursen an der Universität B. und dem erfolgreichen Ablegen der für sie insofern erforderlichen Mittelschulprüfung im Jahre 1984 auch äußerlich greifbaren Ausdruck gefunden. Es liegt auf der Hand, daß sie angesichts des anschließenden Kennenlernens des Klägers, der Verlegung des Wohnsitzes in eine gemeinsam erworbene und betriebene Immobilie in B., ihrer Mitwirkung an der neuen geschäftlichen Tätigkeit des Klägers sowie ihrer Schwangerschaft und der Heirat ihre Studienpläne nicht unmittelbar weiter verfolgt. Ernsthaftigkeit wie Realisierbarkeit ihrer diesbezüglichen Vorstellung werden jedoch dadurch deutlich, daß sie schon bald nach der Trennung der Parteien und neben der alleinigen Betreuung der damals neunjährigen gemeinsamen Zwillinge tatsächlich das Studium aufnahm und - unterhalb der Regelstudienzeit für Alleinerziehende - mit der Note ´sehr gut´ abschloß. Daß sie nach dem anschließend von November 2004 bis September 2006 im Beamtenstatus absolvierten Referendariat - im Alter von nunmehr fast 49 Jahren und vor dem Hintergrund besonderer persönlicher Umstände - nicht erfolgreich die zweite Staatsprüfung abschließen konnte, läßt insbesondere angesichts der Tatsache, daß sie seitdem tatsächlich erfolgreich an einem Gymnasium in freier Trägerschaft als Lehrerin tätig ist, auch nicht den sicheren Schluß zu, daß ihr etwa ohne Ehe und Familie und damit rund 15 Jahre früher dieser Abschluß ebenfalls nicht gelungen wäre. Ebensowenig spricht die vom Kläger in den Vordergrund gestellte Tatsache, daß die Beklagte bei Eheschließung 29 Jahre alt war, durchgreifend gegen die von der Beklagten plausibel dargelegte eigene Entwicklung zu einer beamteten Gymnasiallehrerin.

4. Diesen von der Beklagten substantiiert dargelegten ehebedingten Nachteilen ist der Kläger, auf dessen einzige konkreten Einwände - das Alter der Beklagten bei Eheschließung und der bis dahin fehlende Beginn des Lehramtsstudiums - bereits zuvor eingegangen worden ist, schon nicht substantiiert entgegengetreten, jedenfalls aber hat er für die Grundlagen seiner abweichenden Beurteilung keinen Beweis angetreten.

Soweit der Kläger in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 14. Mai 2010 - erstmals - meint, der Senat hätte bereits vor dem Verhandlungstermin auf seine allerdings in völliger Übereinstimmung mit der veröffentlichten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes stehende und im Übrigen auch bereits mit der Berufungsbegründung der Beklagten geltend gemachte - Rechtsauffassung zur Darlegungs und Beweislast hinweisen müssen, kommt es darauf in keinem Fall an: der Kläger hat weder im von ihm persönlich wahrgenommenen Verhandlungstermin, noch im Rahmen des besagten Schriftsatzes irgendwelchen entsprechenden Vortrag oder Beweisantritt ´nachgeliefert´ oder auch nur solchen angekündigt, so dass weder eine Entscheidung über eine etwaige Zulassung von weiterem Vortrag als hinsichtlich seiner Verspätung entschuldigt noch gar eine ´vorsorglich´ beantragte Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung geboten ist.

5. Da der Kläger - auch - im vorliegenden Verfahren nicht substantiiert zu seinem aktuellen unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen vorgetragen hat (und den diesbezüglichen Auflagen aus der Ladungsverfügung nur unvollständig nachgekommen ist), kann der Senat - wie auch bereits in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angesprochen - ungeachtet des unstreitigen Wegfalles der befristeten Rente des Klägers und der Steigerung der Einkünfte der Beklagten nicht feststellen, daß sich zwischenzeitlich insofern eine wesentliche Veränderung ergeben hätte, die eine - als minus zum Klageantrag zu prüfende - Verringerung des titulierten Unterhaltes begründen könnte.

6. Für eine vom Kläger im Verhandlungstermin angeregte Zulassung der Revision liegen die Voraussetzungen nicht vor, da die vom Senat zugrundegelegte Verteilung der Darlegungs und Beweislast vom Bundesgerichtshof erst gerade mit Urteil vom 24. März 2010 klarstellend zusammengefaßt worden ist. Soweit der Kläger im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 14. Mai 2010 zudem offenbar eine die Revisionszulassung gebietende Divergenz zu einem Urteil des OLG Braunschweig vom 4. August 2009 - 2 UF 24/09 - befürchtet, besteht eine solche tatsächlich nicht. In dem genannten Urteil, das zudem gerade keine Befristung und lediglich eine Herabsetzung des Unterhaltes ausspricht, geht das OLG Braunschweig für den dortigen Streitfall davon aus, daß das Vorliegen ehebedingter Nachteile im Hinblick auf eine weitergehende Ausbildung durch die Ehefrau schon in Ermangelung jedweder konkreter Anhaltspunkte für eine dahingehende frühere Absicht oder die dafür hinreichende Qualifikation der Ehefrau bereits nicht plausibel dargelegt worden ist. Eine derartige Situation ist jedoch im vorliegenden Streitfall gerade nicht gegeben. ..."

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Im Rahmen der Beurteilung der Frage, ob elternbezogene Gründe eine Fortdauer des Betreuungsunterhaltsanspruchs gebieten können, ist der Aufwand für die Erledigung der hauswirtschaftlichen Aufgaben durch den betreuenden Elternteil außer Betracht zu lassen, denn die Erfüllung dieser häuslichen Pflichten ist Teil des nach § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB vom betreuenden Elternteil dem Kind geschuldeten Naturalunterhalt, der das Gegenstück zum Barunterhalt ist, den der andere Elternteil dem Kind schuldet. Kosten für eine Berufsunfähigkeitsversicherung sind vom unterhaltsrelevanten Einkommen absetzbar, weil sie der Sicherung des Erwerbseinkommens des Unterhaltsverpflichteten im Falle der Krankheit - und damit in diesem Falle auch dem Unterhaltsberechtigten - dienen, ohne daß jener auf Kosten dieses eigenes Vermögen bildet (im Anschluß an BGH FamRZ 2009, 1207 = FuR 2009, 530). Die dem Unterhaltsverpflichteten obliegende Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts führen können, umfaßt auch den Umstand, daß dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 BGB entstanden sind. Allerdings erfährt diese Darlegungs- und Beweislast Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen (im Anschluß an BGH FamRZ 2010, 875 = FuR 2010, 398; OLG Saarbrücken, Urteil vom 12.05.2010 - 6 UF 132/09 zu BGB §§ 1570, 1578b, 1606 Abs. 3).

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Ein ehebedingter Nachteil, der die Befristung des nachehelichen Unterhalts im Regelfall ausschließt (BGH v. 14.10.2009 - XII ZR 146/08), kann dem Unterhaltsberechtigten aus dem Verlust seines Unterhaltsanspruchs aus einer früheren Ehe durch die Wiederheirat erwachsen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.03.2010 - 8 UF 173/09):

„... I. Der Kläger nimmt die Beklagte, seine geschiedene, am 18.02.1939 geborene Ehefrau auf Abänderung seiner am 02.04.2003 durch Vergleich vor dem Oberlandesgericht Frankfurt im Verfahren 3 F 386/96 = 2 UF 69/02 in Höhe von 700 € (monatlich) titulierten Unterhaltsverpflichtung in Anspruch.

Die Parteien waren vom 21.04.1978 bis zum 09.12.1987 miteinander verheiratet. Sie lebten seit dem 11.11.1983 voneinander getrennt, weil sich der Kläger einer anderen Frau zugewandt hatte. Die Ehe blieb kinderlos. Zuvor war die Beklagte vom 29.04.1955 bis zum 02.06.1977 in erster Ehe verheiratet. Die Ehe, aus der eine Tochter hervorgegangen ist, wurde wegen Verschuldens des Ehemannes durch Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 02.06.1977 (Az.: 1 R 210/77) geschieden.

Unterhaltsansprüche gegen ihren ersten Ehemann machte die Beklagte (für die Zeit bis zur Wiederheirat) nicht geltend.

Die Parteien haben bisher drei Unterhaltsvergleiche geschlossen:

Im ersten Vergleich, der im Scheidungstermin, dem 10.12.1987, im Verfahren F 96/87 vor dem Amtsgericht Biedenkopf protokolliert wurde, verpflichtete sich der Kläger zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von 1.010 DM.

Im Rahmen eines Abänderungsverfahrens vor dem Amtsgericht Biedenkopf (Az. F 85/90) wurde die Höhe des zu zahlenden Unterhalts durch einen zweiten Vergleich am 16.08.1990 auf 1.250 DM festgesetzt, weil sich das Einkommen des Klägers durch die Inanspruchnahme des begrenzten Realsplittings erhöht hatte.

Im Jahr 1996 leitete die Beklagte mit einer Stufenklage ein weiteres Abänderungsverfahren (Az. 3 F 386/96) vor dem Amtsgericht Biedenkopf ein, in dem der Kläger widerklagend die Befristung des titulierten Unterhaltsanspruchs beanspruchte. Das Amtsgericht Biedenkopf sah den Unterhaltsanspruch als nicht befristbar an, setzte in dem am 13.11.2001 verkündeten Urteil den Unterhaltsanspruch der Beklagten jedoch gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. auf den angemessenen Bedarf herab. Diese Entscheidung wurde von beiden Parteien mit der Berufung angegriffen. Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt verpflichtete sich der Kläger sodann in dem am 02.04.2003 im Verfahren 2 UF 69/02 geschlossenen Vergleich zur Zahlung eines nachehelichen Unterhalts, der auf der Grundlage der beiderseitigen Renteneinkünfte der Parteien sowie des Wohnvorteils des Klägers, dessen Höhe die Parteien mit 640 DM = 327,23 € bewerteten, berechnet wurde. Ab Januar 2005 schuldete er demgemäß monatlich 700 €.

Der Kläger bezieht eine Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.147,98 € sowie eine ZVK-Rente in Höhe von 298,44 €. Die Höhe der Regelaltersrente der Beklagten beläuft sich seit Mitte 2009 auf 317,85 €.

Die Beklagte leidet seit 2002 an einer Blutkrebserkrankung und wurde nach einem im Jahr 2007 diagnostizierten Dickdarmkrebs operiert. Daneben bestehen alterstypische Leiden.

Der Kläger forderte die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 26.05.2009 zur Auskunft auf. Seine Klage ist seit dem 05.08.2009 rechtshängig.

Das Amtsgericht hat den titulierten Unterhaltsanspruch für die Zeit ab Juni 2010 auf 500 € herabgesetzt und bis zum 30.06.2011 befristet. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie die Abweisung der Abänderungsklage anstrebt.

Sie macht geltend, dass ihr Vertrauen in eine unbegrenzte Fortdauer ihres Unterhaltsanspruchs durch § 36 EGZPO insbesondere im Hinblick auf ihr Alter, ihren Gesundheitszustand und die Dauer des streitgegenständlichen Unterhaltsanspruchs geschützt sei. Zudem hält sie ihren Unterhaltsanspruch aus den vorstehenden Gründen für nicht befristbar, zumal sie ehebedingte Nachteile erlitten habe.

Die Beklagte beantragt, die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Fortdauer seiner Unterhaltsverpflichtung für unbillig, weil diese nun schon 22 Jahren andauere, obwohl er lediglich 5 Jahre mit der Beklagten in ehelicher Lebensgemeinschaft zusammen gelebt habe. Die Beklagte könne zur Sicherung ihres Bedarfs auf Leistungen ihrer Tochter oder auf staatliche Unterstützung zurückgreifen. Durch die Ehe sei die Beklagte in ihrem beruflichen Fortkommen nicht gehindert worden.

Der Senat hat die Akten des Scheidungs- und des letzten Unterhaltsverfahrens (AG Biedenkopf F 96/87 und 3 F 386/96) beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Der Kläger ist gegenüber der Beklagten gem. § 1571 BGB zur Unterhaltszahlung verpflichtet und kann eine Befristung oder Herabsetzung des streitgegenständlichen Unterhaltsanspruchs nicht verlangen.

Der durch Vergleich titulierte Unterhaltsanspruch könnte nach Maßgabe des § 313 BGB nur abändert werden, wenn bei den Umständen, die zur Grundlage des Vergleichs geworden sind, nach Abschluss des Vergleichs eine schwerwiegende Veränderung eingetreten wäre und die Parteien aufgrund der Veränderung den Vergleich in der vorliegenden Form nicht geschlossen hätten. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.

1) Auf der Grundlage der aktuellen Renteneinkünfte der Parteien errechnet sich ein Unterhaltsanspruch von

(1.147,98 € + 298,44 € + 327,23 € - 317,85 €) / 2 = 727,90 €.

Veränderungen bei den für die Unterhaltshöhe erheblichen wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien, die zu einer Anpassung des titulierten Unterhaltsanspruchs zugunsten des Klägers führen könnten, liegen somit nicht vor. Die neue Ehefrau des Klägers verfügt nach den unwidersprochenen Angaben der Beklagten über eigene Bezüge, die diejenigen des Klägers übersteigen.

2) Eine schwerwiegende Veränderung der Vertragsgrundlage ist zwar durch die Änderung des Unterhaltsrechts zum 01.01.2008 eingetreten. Der Unterhaltsanspruch der Beklagten, der im Jahr 2003 als Altersunterhalt tituliert wurde, war bis zum 31.12.2007 nicht befristbar. Diese Befristungsmöglichkeit wurde durch die Änderung des Unterhaltsrechts zum 01.01.2008 grundsätzlich eröffnet.

Die nun grundsätzlich mögliche Befristung des Unterhaltsanspruchs kommt jedoch nach umfassender Würdigung aller Umstände des zu beurteilenden Sachverhalts ebenso wie eine Herabsetzung der Unterhaltshöhe vorliegend nicht in Betracht.

a. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs scheidet nach der gemäß § 1578 b Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 BGB vorzunehmenden Billigkeitsabwägung aus, weil bei der Beklagten durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, eingetreten sind.

Da die erste Ehe der Beklagten aus Verschulden des Ehemannes geschieden wurde, hatte die Beklagte einen nicht befristbaren Unterhaltsanspruch gem. § 58 Ehegesetz (EheG), der den ersten Ehemann - vorbehaltlich seiner Leistungsfähigkeit, § 59 EheG - verpflichtete, den nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt zu gewähren, soweit das Vermögen der Beklagten sowie deren Erträgnisse aus einer Erwerbstätigkeit nicht ausreichen.

Auch nach den Reformen des Unterhaltsrechts zum 01.07.1977 und zum 01.01.2008 hätte sich der Unterhaltsanspruch (im Falle seines Fortbestehens) gem. Art 12 Nr. 3 des ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14.6.1976 (1. EheRG) und Art 36 Zif. 7 EGZPO weiter nach altem Recht gerichtet und wäre somit insbesondere weiterhin nicht befristbar. Er hätte zudem beim Tode des ersten Ehemannes zu einem Anspruch der Beklagten auf Geschiedenen-Witwenrente (§ 243 Abs. 1 SGB VI) oder einen Unterhaltsbeitrag nach § 86 Abs. 1 BeamtVG geführt und den Bedarf der Beklagten bis zu ihrem Lebensende zumindest teilweise gedeckt.

Der Umstand, dass die Beklagte den Unterhaltsanspruch nach der Scheidung ihrer ersten Ehe für die relativ kurze Zeit bis zur Eheschließung der Parteien nicht geltend machte, war für den Bestand ihres Unterhaltsanspruchs nicht erheblich.

Durch die Eheschließung der Parteien ist der vorstehende Unterhaltsanspruch der Beklagten kraft Gesetzes entfallen (§ 67 EheG i.V.m. Art 12 Nr. 3 des 1. EheRG). Der Wegfall des Unterhaltsanspruchs führt insbesondere nach dem Eintritt der Beklagten ins Rentenalter zu erheblichen Nachteilen, weil das Scheidungsrecht bis zum 1.7.1977 den Versorgungsausgleich nicht kannte und die bedürftigen Ehegatten nach einer Scheidung auch ihren Bedarf im Alter vollumfänglich durch Unterhalt (und die renten- und versorgungsrechtlichen Ersatzansprüche nach dem Tod des geschiedenen Ehepartners) decken mussten.

Die aufgrund des Wegfalls des erstehelichen Unterhaltsanspruchs entstandene Versorgungslücke der Beklagten wurde ursächlich durch die Eheschließung der Parteien herbeigeführt und ist damit ehebedingt. Dieser fortwirkende Nachteil steht einer Unterhaltsbefristung grundsätzlich entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.2009 - XII ZR 146/08). Umstände, die eine Unterhaltsbefristung trotz des ehebedingten Nachteils ausnahmsweise als geboten erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich.

b. Einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs steht bereits entgegen, dass sich für den streitgegenständlichen Unterhaltsanspruch die Herabsetzungsmöglichkeiten nach dem Abschluss des Vergleichs nicht wesentlich verbessert haben.

Die Möglichkeit, einen Unterhaltsanspruch auf den angemessenen Bedarf des Berechtigten herabzusetzen, wurde bereits durch das Unterhaltsänderungsgesetz (UÄndG) vom 20.02.1986 (BGBl. I, S. 301) zum 01.04.1986 geschaffen. Zwar wurden die Herabsetzungsmöglichkeiten durch die Unterhaltsrechtsreform zum 01.01.2008 erweitert, da nunmehr eine Herabsetzung der Unterhaltshöhe auch dann in Betracht kommt, wenn der Berechtigte ein gemeinsames Kind nicht nur vorübergehend betreut hat. Zudem hat die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Vorgriff auf die Reform des Unterhaltsrechts bereits mit dem Urteil vom 12.04.2006 (Az.: XII ZR 37/05) auch für lange Ehen die Möglichkeit einer Unterhaltsherabsetzung eröffnet, sofern der Berechtigte keine ehebedingten Nachteile erlitten hatte.

Für eine kinderlose Ehe, die weniger als 10 Jahre gedauert hat, haben sich die rechtlichen Möglichkeiten der Unterhaltsherabsetzung seit dem Abschluss des Vergleichs im April 2003 jedoch nicht wesentlich geändert; eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage kann somit im Hinblick auf die Herabsetzbarkeit des streitgegenständlichen Unterhaltsanspruchs nicht festgestellt werden.

c. Einer Abänderung des Unterhaltsanspruchs stünde zudem das durch § 36 EGZPO geschützte Vertrauen der Beklagten in die unbegrenzte Fortdauer ihres Unterhaltsanspruchs entgegen. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte aufgrund ihres Alters zusätzliche Einkünfte, die den teilweisen Wegfall des Unterhaltsanspruchs kompensieren könnten, nicht mehr generieren kann und zudem aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes in ihren Möglichkeiten, ihren Lebensstandard einem niedrigeren Einkommensniveau anzupassen, erheblich eingeschränkt ist. Diese besonderen, durch Krankheit und hohes Alter erheblich erschwerten Lebensumstände der Beklagten lassen es gerechtfertigt erscheinen, ihrem Vertrauen auf den unbefristeten Fortbestand des Unterhaltsanspruchs ein höheres Gewicht beizumessen als dem Interesse des durch die langjährige Unterhaltszahlung belasteten Klägers, aus seiner Verpflichtung entlassen zu werden. Der Kläger hat sich in drei Vergleichen zu unbegrenzten Unterhaltszahlungen verpflichtet, letztmals, als beide Parteien bereits Altersrenten bezogen und mit einer Änderung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mehr zu rechnen war. ..."

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Die 44jährige geschiedene Ehefrau eines Zahnarztes kann vier Jahre nach Rechtskraft der Scheidung auch dann auf den Arbeitsmarkt für un und angelernte Kräfte verwiesen werden, wenn sie das Abitur erworben und ein Lehramtsstudium im Zusammenhang mit der Eheschließung abgebrochen hat. das gilt jedenfalls dann, wenn sie während der Ehezeit mehrere Jahre als ungelernte Empfangskraft in der Praxis des Ehemannes mitgearbeitet hat. Hat die zweite Ehefrau des Unterhaltspflichtigen vorehelich geborene Kinder (Stiefkinder des Unterhaltspflichtigen) in die Ehe mitgebracht und wird ihr im Rahmen der Dreiteilungsmethode ein Einkommen aus hypothetischer Erwerbstätigkeit zugerechnet (BGH Urteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - FamRZ 2010, 111), so sind diese Einkünfte jedenfalls um den Betrag zu bereinigen, den sie zur Deckung des durch Unterhaltszahlungen des leiblichen Vaters nicht gedeckten Mindestbedarfes ihrer Kinder benötigen würde. Dem Umstand der Haushaltsersparnis durch das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen mit seiner zweiten Ehefrau kann im Rahmen der Dreiteilungsmethode dadurch Rechnung getragen werden, dass der Quotenbedarf der geschiedenen Ehefrau pauschal um 10 % erhöht wird. Zur Beurteilung ehebedingter Nachteile bei einer Abiturientin, die im Zusammenhang mit der Eheschließung in jungen Jahren ein Studium abgebrochen hat (OLG Celle, Urteil vom 11.03.2010 - 17 UF 154/09 zu BGB §§ 1574 II, 1578 I, 1578 b I).

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„... Der Unterhaltsanspruch ist noch nicht gem. § 1578 b BGB zu begrenzen oder zu befristen. Denn nach dem arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachten ist davon auszugehen, dass die Erkrankung der Antragsgegnerin vorübergehender Natur ist und ihre Erwerbsfähigkeit bis zum Beginn des Jahres 2011 wieder voll hergestellt werden kann. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dann noch ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt besteht, kann derzeit nicht verlässlich beurteilt werden.

Aber selbst wenn feststünde, dass die Antragsgegnerin auch über das Jahresende 2010 hinaus Ehegattenunterhalt verlangen könnte und außerdem keine ehebedingten Nachteile vorlägen, würde der Senat eine kürzere Befristung als bis zum Ende des Jahres 2010 oder auch eine höhenmäßige Begrenzung des Unterhaltsanspruchs - noch - nicht in Betracht ziehen, weil gerade beim sog. Krankenunterhalt gem. § 1572 BGB der nachehelichen Solidarität im Rahmen der Billigkeitsabwägung gem. § 1578 b BGB besonderes Gewicht zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 26.11.2008, XII ZR 131/07, FamRZ 2009, 406 und Urteil vom 27.05.2009, XII ZR 111/08, FamRZ 2009, 1207). Danach ist die Zahlung des nach den ehelichen Lebensverhältnissen geschuldeten Unterhalts jedenfalls für einen Zeitraum von gut einem Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung nicht unbillig im Sinne von § 1578 b BGB. ..." (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 01.02.2010 - 4 UF 151/09).


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„... I. Die Parteien streiten um die Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs vom 19.5.1999, in dem der Kläger sich verpflichtet hatte, an die Beklagte nachehelichen Unterhalt von monatlich 1.000 DM (= 511,29 €) zu zahlen.

Die heute 54-jährige Beklagte und der 57-jährige Kläger hatten am 28.8.1989 geheiratet. Aus ihrer Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, der am 7.12.1989 geborene Sohn T und der am 7.9.1993 geborene Sohn N. Die Ehe der Parteien ist seit dem 15.5.1999 geschieden. Seit der Scheidung versorgt und betreut die Beklagte durchgehend das gemeinsame Kind N. T blieb zunächst bei ihr, wechselte zum Jahreswechsel 2003/2004 in den Haushalt des Klägers und kehrte Ende 2007 wieder zur Beklagten zurück. T beendete im Sommer 2009 seine allgemeine Schulausbildung und leistet seit Juli 2009 Wehrdienst.

Der Kläger ist wieder verheiratet; aus der neuen Ehe ist das am 24.9.1999 geborene Kind M hervorgegangen.

Die Beklagte hat die Schule 1970 mit dem Hauptschulabschluss beendet. Von 1970 bis 1973 durchlief sie eine Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notargehilfin, schloss diese aber nicht ab, weil sie die Abschlussprüfung nicht bestand. In den folgenden 16 Jahren bis zur Heirat im August 1989 übte sie bei verschiedenen Arbeitgebern Bürotätigkeiten aus. Nach der Geburt des ersten Kindes im Dezember 1989 widmete sie sich nur noch der Versorgung des ehelichen Haushalts und der Betreuung der Kinder. Auch nach Trennung und Scheidung war sie allenfalls geringfügig erwerbstätig. Zu Beginn des Jahres 2009 stellte sie einen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente, der mit Bescheid vom 29.1.2009 abgelehnt wurde, weil sie in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung nicht mindestens für drei Jahre Pflichtbeiträge geleistet hat.

Mit der vorliegenden Abänderungsklage möchte der Kläger die stufenweise Herabsetzung des an die Beklagte zu zahlenden nachehelichen Unterhalts ab Januar 2008 und eine Befristung bis zum 31.8.2009 erreichen. Dazu hat er sich auf Veränderungen bezüglich seiner Unterhaltspflichten und des Einkommens berufen. Auch müsse die Beklagte inzwischen für ihren Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit selbst sorgen.

Die Beklagte hat sich zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags im Wesentlichen auf krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit berufen. Außerdem lägen ehebedingte Nachteile vor, so dass eine Befristung nicht in Betracht komme.

Das Amtsgericht hat zur Frage der Erwerbsfähigkeit Beweis erhoben durch Einholung eines arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Arztes für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, Dr. med. S. E, vom 11.11.2008 Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat die Abänderungsklage abgewiesen. Die Beklagte habe einen Unterhaltsanspruch wegen Krankheit in einer Höhe, die keine Abänderung rechtfertige. Nach dem arbeits- und sozialmedizinischen Sachverständigengutachten sei von ihrer Erwerbsunfähigkeit auszugehen. Sie leide unter einer Somatisierungsstörung und einer mittelgradigen depressiven Episode. Darüber hinaus seien ihr körperlich schwere bis mittelschwere Tätigkeiten wegen einer degenerativen Rückenerkrankung nicht zumutbar. Die Voraussetzungen einer Begrenzung und Befristung seien nicht gegeben. Insbesondere die Erkrankung stehe derzeit einer sicheren Prognose der Einkommensverhältnisse der Beklagten entgegen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er bestreitet die vollständige Erwerbsunfähigkeit der Beklagten; zumindest sei noch ein Restleistungsvermögen vorhanden. Ausgehend von einem fiktiven Einkommen der Beklagten aus teilschichtiger Erwerbstätigkeit stehe ihr rechnerisch nur noch ein geringerer Unterhaltsanspruch zu. Dieser sei - mangels ehebedingter Nachteile - zu begrenzen und zu befristen.

Er beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung den Vergleich der Parteien vom 19.5.1999 - 20 F 868/98/AG Siegen - zu Ziffer 2 dahingehend abzuändern, dass er nicht mehr verpflichtet ist ab dem 1.1.2008 mehr als monatlich 382 € und ab dem 1.1.2009 mehr als 200 € nachehelichen Unterhalt zu zahlen, sowie den Unterhaltsanspruch bis zum 31.8.2009 zu befristen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II. Die zulässige Berufung des Klägers ist zum Teil begründet. Sie hat zwar keinen Erfolg, soweit der Kläger sich gegen die Höhe des nachehelichen Unterhalts wendet. Der Unterhaltsanspruch der Beklagten ist aber bis zum 30.6.2011 zu befristen.

1. Die Beklagte hat gegen den Kläger einen Anspruch auf Krankenunterhalt gem. § 1572 BGB.

a) Wegen einer Krankheit kann von ihr eine Erwerbstätigkeit, auch eine teilschichtige Erwerbstätigkeit, nicht erwartet werden. Davon ist das Amtsgericht nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens des Arbeitsmediziners Dr. E vom 11.11.2008 ausgegangen.

Diese Feststellung ist zwar im Berufungsverfahren von dem Kläger angegriffen worden. Denn obwohl das Argument, dass Dr. E kein Facharzt für psychische Erkrankungen ist, bereits erstinstanzlich vorgebracht worden war, hat das Amtsgericht es versäumt, den Sachverständigen zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens sowie zur Klärung der Frage, inwieweit er über die fachliche Kompetenz zur Begutachtung psychischer Erkrankungen verfügt, zum Verhandlungstermin zu laden. Auf die Nachholung der Anhörung des Sachverständigen durch den Senat hat der Kläger im Termin vom 3.12.2009 aber ausdrücklich verzichtet.

Danach ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der tatsächlichen Feststellung des Amtsgerichts mehr (§ 529 Abs.1 Nr.1 ZPO). Der Sachverständige ist dem Senat aus anderen Verfahren bekannt. Dort hat er als Arbeits- und Sozialmediziner seine grundsätzliche Kompetenz zur Beurteilung auch psychischer Erkrankungen bereits gezeigt und erläutert, dass er bei schwierigen Fragen auf diesem Sachgebiet fachärztliche gutachterliche Hilfe zu Rate ziehen würde. Dass er das auf der Grundlage auch der diversen fachärztlichen Atteste, die er ausgewertet hat, in diesem Fall nicht getan hat, ist für den Senat nachvollziehbar.

b) Der Einsatzzeitpunkt gem. § 1572 Nr. 2 BGB ist gewahrt, denn die psychische Erkrankung der Beklagten ist bereits im Jahr 2003 aufgetreten als sie in teilstationärer Behandlung war aufgrund der auch heute gestellten Diagnosen. Zu der Zeit hat sie noch beide gemeinsamen, minderjährigen Kinder betreut. Nach dem bis zum 31.12.2007 geltenden Altersphasenmodell hatte sie deshalb - jedenfalls teilweise - Anspruch auf Betreuungsunterhalt, weil der jüngere Sohn erst 10 Jahre alt war und von ihr noch keine vollschichtige Erwerbstätigkeit verlangt wurde.

c) Wenn man zugunsten des Klägers der Berechnung des Unterhalts nach den (wandelbaren) ehelichen Lebensverhältnissen - mit Ausnahme eines Erwerbseinkommens der Beklagten - die Zahlen zugrundelegt, die er in der Berufungsbegründung selbst vorgerechnet hat, ergibt sich, dass der titulierte Unterhalt nach wie vor geschuldet ist:

Einkommen Kläger (6/7): 1.780,23 €
Einkommen 2. Ehefrau (6/7): 480,00 €
Einkommen Beklagte: 0,00 €
Summe 2.260,23 €

Dreiteilung (: 3)

= Anspruch der Beklagten 753,41 €
tituliert 511,29 €
Anspruch der Ehefrau: 753,41 €
./. eigenes Einkommen der Ehefrau ./. 480,00 €
273,41 €
Leistungsfähigkeit des Klägers: 1.780,23 €
./. Unterhalt 2. Ehefrau - 273,41 €
./. titulierter Unterhalt Beklagte - 511,29 €
995,53 €
Selbst wenn man bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit den Erwerbstätigenbonus auf Seiten des Klägers berücksichtigt, ist der ihm im Verhältnis zur Beklagten zu belassende Selbstbehalt von 1.000 € so geringfügig unterschritten, dass eine Abänderung des titulierten Unterhalts nicht ansteht.

2. Der Vergleich vom 19.5.1999 ist für die Zeit ab Juli 2011 abzuändern, weil der Unterhaltsanspruch der Beklagten gem. § 1578 b Abs.2 BGB bis einschließlich Juni 2011 zeitlich zu begrenzen ist.

Infolge der zum 1.1.2008 in Kraft getretenen Gesetzeslage ist nunmehr auch eine Befristung des Krankheitsunterhalts möglich. Da es im vorliegenden Fall aber um die Abänderung einer vor dem 1.1.2008 getroffenen Unterhaltsvereinbarung geht, ist § 36 Nr. 1 EGZPO zu beachten, der einen über das Inkrafttreten des Gesetzes hinausreichenden Vertrauensschutz enthält und eine Abänderung von der Zumutbarkeit abhängig macht.

a) Voraussetzung der Befristung bzw. sonstigen Begrenzung des Unterhalts ist immer, dass der Unterhaltsberechtigte keine ehebedingten Nachteile erlitten hat. Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 26.11.2008, XII ZR 131/07, FamRZ 2009, 406; Urteil vom 27.5.2009, XII ZR 111/08, FamRZ 2009, 1207) hat aber klargestellt, dass allein der Eintritt einer Krankheit während der Ehe als ehebedingter Nachteil nicht ausreicht. Das bedeutet, dass auch Ansprüche auf Krankenunterhalt befristet werden können, da es sich bei Krankheiten grundsätzlich um schicksalhafte Entwicklungen handelt, für die eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten nicht ohne weiteres gerechtfertigt werden kann. Allerdings liegt unter Umständen in der ehebedingt schlechteren Absicherung für einen Krankheitsfall ein Nachteil, der durch den Anspruch auf Krankenunterhalt gem. § 1572 BGB auszugleichen wäre.

aa) Es ist davon auszugehen, dass die Krankheit der Beklagten nicht ehebedingt ist, sondern schicksalhaft und auch ohne die Ehe und Kindererziehung eingetreten wäre, selbst wenn man von einem ersten Auftreten der Krankheit während der Ehe ausgehen würde, was erheblichen Bedenken unterliegt. Der Vortrag der Beklagten basiert insoweit auf einer einzigen Verdachtsdiagnose aus dem Jahr 1996. Es sind aber seitens der Beklagten in dieser Zeit keine therapeutischen Maßnahmen ergriffen worden. Vielmehr hat es im Jahr 1998 eine Mutter-Kind-Kur gegeben, wo eine ernsthafte psychische Erkrankung der Beklagten hätte auffallen müssen. Dagegen, dass die Krankheit ohne die Ehe nicht aufgetreten wäre, spricht, dass erst 2003, mehrere Jahre nach der Ehe und zu einer Zeit, als jedenfalls die juristischen Auseinandersetzungen seit Jahren ihr vorläufiges Ende gefunden hatten, die Krankheit erstmals genauer diagnostiziert wurde.

bb) Ein ehebedingter Nachteil ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte auf Grund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und ihre Erwerbsunfähigkeitsrente in Folge der Ehe und Kindererziehung geringer ist, als sie ohne die Ehe wäre.

Denn es ist zu berücksichtigen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (BGH, a.a.O., FamRZ 2009, 1207). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Absicherung der Beklagten gegen Erwerbsunfähigkeit nach Durchführung des Versorgungsausgleichs hinter der Versorgung zurücksteht, die sich ergeben hätte, wenn sie ohne Ehe und Kinderbetreuung in ihrem Beruf durchgehend versicherungspflichtig beschäftigt geblieben wäre.

Es beruht auch nicht auf der von der Beklagten nach der Ehescheidung übernommenen Betreuung und Versorgung der gemeinsamen Kinder, dass sie keinen Anspruch gegen den Rentenversicherungsträger auf Zahlung einer Erwerbsunfähigkeitsrente hat. Denn es ist nicht erkennbar, dass sie dadurch daran gehindert war, vom 1.9.2003 bis zum 12.1.2009 über 36 Monate versicherungspflichtig zu arbeiten. In diesem Zeitraum war sie nicht verheiratet und die Kinder auch nach dem früheren Altersphasenmodell alt genug, dass sie jedenfalls eine versicherungspflichtige Halbtagsstelle hätte annehmen können. In der Zeit von 2004 bis 2007 lebte nur noch das jüngere Kind N in ihrem Haushalt; der ältere Sohn T wurde im Zuge seiner Rückkehr in den mütterlichen Haushalt Ende 2007 bereits volljährig. Eine von dem Kläger im Jahr 2004 auf die Verletzung der Erwerbsobliegenheit der Beklagten gestützte Abänderungsklage (15 F 349/04 AG Siegen) ist zwar im Ergebnis erfolglos geblieben. Das Amtsgericht hat der Beklagten aber bereits in dem Urteil vom 2.9.2004 ein fiktives Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung von monatlich rund 115 € zugerechnet und darauf hingewiesen, dass sie nach dem Wechsel des Kindes N in die weiterführende Schule im Sommer 2004 unterhaltsrechtlich verpflichtet sei, ihre Erwerbstätigkeit sukzessive auszuweiten.

b) Das Fehlen ehebedingter Nachteile führt aber nicht ohne weiteres dazu, dass der Krankheitsunterhalt zu befristen wäre. Denn der Gesetzgeber hat mit der Schaffung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit oder Gebrechen in § 1572 BGB ein besonderes Maß an nachehelicher Solidarität festgeschrieben, das auch im Rahmen der Begrenzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts nicht unberücksichtigt bleiben kann. Unter Geltung des neuen Unterhaltsrechts mit der klaren Betonung der Eigenverantwortlichkeit geschiedener Ehegatten, hält der Senat aber trotz der Krankheit und dem - derzeit - damit einhergehenden Unvermögen der Beklagten, für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen, eine zeitlich unbegrenzte Unterhaltspflicht aufgrund nachehelicher Solidarität für unbillig.

Die Krankheit der Beklagten beeinflusst im Zusammenhang mit der Dauer der Ehe das Maß der fortwirkenden nachehelichen Solidarität. Die Ehe der Parteien hat nur knapp zehn Jahre gedauert. Weitere zehn Jahre sind mittlerweile seit Rechtskraft der Scheidung vergangen, in denen durchgehend der im Mai 1999 vereinbarte Unterhalt gezahlt bzw. hinterlegt worden ist. Wenn man weiterhin bedenkt, dass die Beklagte zwar an einer ernsthaften, so aber doch nicht unheilbaren Krankheit leidet, ist ihr die Befristung nach einer angemessenen Übergangsfrist auch zumutbar i.S. von § 36 Nr.1 EGZPO.

c) Der Senat hält eine Frist bis zum 30.6.2011, innerhalb derer der in dem Vergleich vom 19.5.1999 titulierte Unterhalt fortgezahlt werden soll, für angemessen.

Hätte die Erkrankung der Beklagten nicht zur Erwerbsunfähigkeit geführt, hätte sie sich spätestens mit Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts Anfang 2008 auf den Wegfall des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt einstellen müssen. Angesichts des Umstandes, dass N zu dieser Zeit bereits 14 Jahre alt war, lagen die Voraussetzungen eines Anspruchs gem. § 1570 BGB n.F. ersichtlich nicht mehr vor. Ein dann eventuell für eine Übergangszeit noch gegebener Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gem. § 1573 BGB hätte mit großer Wahrscheinlichkeit die Höhe des 1999 titulierten Unterhalts von rund 511 € nicht mehr erreicht und wäre außerdem gem. § 1578 b Abs.2 S.1 BGB zu befristen gewesen. Denn aus der Dauer der Pflege oder Erziehung der gemeinschaftlichen Kinder sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe lassen sich keine ehebedingten Nachteile der Beklagten herleiten. Sie hat vor der Ehe bereits 16 Jahre als ungelernte Bürokraft gearbeitet. Es ist nicht anzunehmen, dass sie ohne die Eheschließung zu einem späteren Zeitpunkt noch eine Berufsausbildung erfolgreich absolviert hätte. Die Ehe und Kindererziehung haben allenfalls dazu geführt, dass sie in gewisser Weise den Anschluss an die modernen Büro-Techniken verloren hat. Das hätte aber ohne weiteres durch entsprechende Schulungen und Kurse nach der Scheidung ausgeglichen werden können. Wäre die Beklagte nicht erkrankt, hätte ihrer Rückkehr in den bereits vor der Ehe ausgeübten Beruf nach Ende der Kinderbetreuung nichts entgegengestanden. Dabei wäre die Übergangsfrist, innerhalb derer sie sich von dem Unterhaltsbedarf nach den (wandelbaren) ehelichen Lebensverhältnissen auf den niedrigeren Lebensstandard, der ihren eigenen beruflichen Möglichkeiten entspricht, hätte einstellen können (vgl. BGH, Urteil vom 12.4.2006, XII ZR 240/03, FamRZ 2006, 1006), mit einem Zeitraum von einem Jahr bis höchstens zwei Jahren, also längstens bis Dezember 2009, zu bemessen gewesen.

Der Kläger erfüllt nach Auffassung des Senats das ihm obliegende Maß an nachehelicher Solidarität, wenn er infolge der Erkrankung zum einen über den 1.1.2008 hinaus den vollen Unterhalt in Höhe von monatlich rund 511 € weiterzahlt und dies rund 1 ½ Jahre länger als er ohne die Erkrankung der Beklagten zu zahlen verpflichtet gewesen wäre. Es ist nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. E nicht ausgeschlossen, dass bis dahin die Erwerbsfähigkeit der Beklagten wiederhergestellt ist und die Suche nach einer geeigneten Vollzeitstelle Erfolg haben könnte. Auch die Beklagte ist dem Kläger gegenüber zur nachehelichen Solidarität verpflichtet, die es ihr abverlangt, sich intensiv und nachhaltig um die geeignete Behandlung ihrer Krankheit zu bemühen und das Ziel, ihre Erwerbsfähigkeit wieder herzustellen, nicht aufzugeben. ..." (OLG Hamm, Urteil vom 11.01.2010 - 4 UF 107/09)

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Ein Anspruch auf Krankenvorsorgeunterhalt kann isoliert geltend gemacht werden, wenn der laufende Lebensbedarf durch das eigene Einkommen gedeckt ist. Krankenvorsorgeunterhalt kann in der Höhe nach § 1578b BGB begrenzt werden, wenn ein den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechender Versicherungsschutz in der privaten Krankenversicherung nur mit einem unverhältnismäßig hohen Beitrag zu erreichen ist (OLG Oldenburg, Urteil vom 26.11.2009 - 14 UF 114/09 zu BGB § 1572, BGB § 1578b Abs 1, BGB § 1578b Abs 2):

„... I. Der 1957 geborene Antragsteller und die 1959 geborene Antragsgegnerin waren seit 1980 miteinander verheiratet. Aus der Ehe ist eine im September 1980 geborene Tochter hervorgegangen. Die Eheleute leben bereits seit 2002 getrennt, nachdem die Antragsgegnerin von einem Besuch bei ihrem Vater nicht mehr in die eheliche Wohnung zurückgekehrt war. Im Scheidungsverfahren nimmt die Antragsgegnerin den Antragsteller auf nachehelichen Unterhalt in der Form des Krankenvorsorgeunterhalts in Anspruch. Die Antragsgegnerin ist aufgrund zweier Aneurysmen seit 1984 erwerbsunfähig und bezieht eine Rente in Höhe von rund 830 Euro, davon ca. 50 Euro als Zuschuss zur Krankenversicherung. Während der Ehezeit war die Antragsgegnerin aufgrund der Tätigkeit des Antragstellers als Berufssoldat durch einen Beihilfeanspruch von 70% und eine ergänzende private Krankenversicherung abgesichert. Sie hat vorgebracht, sie müsse nach der Ehescheidung für einen vergleichbaren Versicherungsschutz in der privaten Krankenversicherung einschließlich Risikozuschlag einen monatlichen Beitrag von 1.206,91 Euro aufbringen. Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 13. Juli 2009 die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Antragsteller antragsgemäß zur Zahlung des Vorsorgeunterhalts verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Antragsgegnerin Anspruch auf einen den bisherigen Lebensverhältnissen entsprechenden Versicherungsschutz habe und sich nicht auf den Basistarif verweisen lassen müsse. Dieser biete einen geringeren Leistungsumfang. Angesichts der langen Ehedauer sei es auch nicht unbillig, den Antragsgegner mit diesen Kosten zu belasten. Gegen dieses Urteil wendet sich der Antragsteller mit seiner fristgerecht eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und führt aus, dass er über ein Einkommen nach der Besoldungsgruppe A 11 von rund 2.780 Euro verfüge, von dem er noch 64 Euro für eine Krankenversicherung und 100 Euro auf einen Kredit zahle. Die Antragsgegnerin könne zu einem günstigeren Tarif einen ihren Lebensverhältnissen angemessenen Versicherungsschutz erhalten.

Der Antragsteller beantragt, das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Jever vom 13. Juli 2009 zu ändern und den Antrag abzuweisen. Die Antragsgegnerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung. Weitere tatsächliche Feststellungen hat der Senat nicht getroffen.

II. Die zulässige Berufung ist zum Teil begründet. Die Antragsgegnerin kann von dem Antragsteller ab Rechtskraft der Ehescheidung einen Krankenvorsorgeunterhalt in Höhe von 500 Euro beanspruchen.

Nach der Scheidung besteht ein Unterhaltsanspruch, soweit ein Ehegatte nicht in der Lage ist, seinen nach den ehelichen Lebensverhältnissen angemessenen Bedarf aus seinem eigenen Einkommen zu decken. Dieser Anspruch umfasst auch die im allgemeinen Lebensbedarf nicht enthaltenen Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit (§ 1578 Abs. 2 BGB). Diese können zusätzlich beansprucht werden, wobei ein isolierter Anspruch auf Vorsorgeunterhalt auch dann in Betracht kommt, wenn der allgemeine Lebensbedarf durch andere Einkünfte gedeckt ist (OLG Frankfurt FamRZ 1992, 823, 825).

Die Antragsgegnerin ist unstreitig aufgrund ihrer Erkrankung dauerhaft erwerbsunfähig. Es ist auch nicht zu bezweifeln, dass sie mit Rechtskraft der Ehescheidung über keinen ausreichenden Versicherungsschutz gegen Krankheit verfügt. Die Beihilfeberechtigung entfällt ersatzlos (§ 80 Abs. 1 S. 2 BBeamtG, § 4 Abs. 1 BBhV) und der bestehende Versicherungsschutz in der privaten Krankenversicherung deckt nicht mehr als 30% der Aufwendungen ab. Die Antragsgegnerin ist darauf angewiesen, zur weiteren Krankenvorsorge auf den Versicherungsschutz in der privaten Krankenversicherung zurückzugreifen. Denn sie erfüllt nicht die Voraussetzungen für den Beitritt in die gesetzliche Krankenversicherung als freiwilliges Mitglied, da sie in den letzten Jahren nicht selbst versichert war, keine Familienversicherung bestand und aus diesen Gründen auch keine Aufnahme als Schwerbehinderte in Betracht kommt (§ 9 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGBV).

Wenn auch davon auszugehen ist, dass sich die Rente der Antragsgegnerin aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleichs noch erhöht (§ 101 SGBVI), kann sie bei einem zu erwartenden Gesamtbetrag von rund 1.200 Euro die notwendigen Beiträge nicht ohne Gefährdung ihres allgemeinen Lebensbedarfs aufbringen. Allerdings ist der Anspruch der Antragsgegnerin auf einen nach ihrer Lebensstellung angemessenen Versicherungsschutz beschränkt.

Dabei entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass der Umfang dieses Versicherungsschutzes an den ehelichen Lebensverhältnissen zu orientieren ist. Nach der Scheidung können im Grundsatz die Kosten für eine private Krankenversicherung mit dem bereits während der Ehe bestehenden Leistungsumfang beansprucht werden. Dies gilt gleichermaßen für Ehegatten von Beamten, deren Beihilfeberechtigung mit der Rechtskraft der Ehescheidung entfällt (BGH FamRZ 1983, 676, 677. FamRZ 1989, 483, 485) und kann auch erhöhte Beiträge infolge eines Risikozuschlags für Vorerkrankungen einschließen (BGH FamRZ 2005, 1897, 1898). Andererseits gebietet es die Rücksichtnahme auf die finanziellen Belastungen des Unterhaltsschuldners, bei der Wahl der Krankenkasse auf eine besonders kostengünstige Vertragsgestaltung zu achten. Dieser Gesichtspunkt erlangt umso mehr an Bedeutung, als bei der Gesundheitsvorsorge bereits allgemein überproportionale Kostensteigerungen zu verzeichnen sind und sich die Kostenlast bei erst in fortgeschrittenem Alter neu abgeschlossenen Verträgen sowie infolge bestehender Vorbelastungen weiter erhöht. Dies kann ungeachtet des Anspruchs auf eine Anpassung des Vertrages nach Wegfall des Beihilfeanspruchs (§ 178e VAG) zu Beiträgen führen, die - wie vorliegend - in keinem vertretbaren Verhältnis mehr zum verfügbaren Einkommen stehen.

Es lässt sich daher bezweifeln, ob der nach den Lebensverhältnissen angemessene Bedarf stets die Beibehaltung eines Versicherungsschutzes rechtfertigt, der unter völlig anderen wirtschaftlichen Voraussetzungen begründet worden ist und sich nach der Scheidung nur noch mit einem übermäßig hohen Kostenaufwand aufrechterhalten lässt. Die Probleme, einen bezahlbaren Versicherungsschutz zu erreichen, können sich bei Ehen von Beamten als eine unverhältnismäßige Belastung erweisen (vgl. BGH FamRZ 1989, 483, 484. Theurer, FamRZ 2008, 1395). Ob angesichts der Angleichung zahlreicher Beihilfevorschriften an die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung eine weitergehende Anpassung beim Bedarf in Betracht kommt (vgl. Staudinger/Verschraegen (2000) § 1578 Rn. 105, AnwaltKommBGB/Schürmann § 1578 Rn. 120. s. auch Göppinger/Wax/Macco 9. Aufl. Rn. 276: Herabstufung von Nebenleistungen, die nicht die Heilbehandlung als solche betreffen), kann jedoch letztlich dahinstehen.

Denn der Anspruch der Antragsgegnerin auf einen Krankenvorsorgeunterhalt ist jedenfalls gemäß § 1578b Abs. 1 BGB ab Rechtskraft der Ehescheidung auf einen nach ihrer Lebensstellung angemessenen Bedarf in Höhe des Basistarifs (§ 12 Abs. 1a VAG) herabzusetzen, weil die fortdauernde Belastung des Antragstellers mit einem an den bisherigen Lebensverhältnissen orientierten Vorsorgebedarf unbillig wäre. Es bedarf daher auch keiner Vertiefung, ob die von der Antragsgegnerin nicht weiter ausgeführten Leistungen nach dem gewählten Tarif in jeder Hinsicht dem Leistungsumfang der zum 14. Februar 2009 geänderten Bundesbeihilfeverordnung entsprechen. Ab Rechtskraft der Ehescheidung kann die Antragsgegnerin keinen Vorsorgebedarf mehr beanspruchen, der zu einer den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung übersteigenden Versorgung führt.

Hierfür sind folgende Erwägungen maßgeblich: Die Antragsgegnerin war nur wenige Jahre erwerbstätig. Ausweislich des Versicherungsverlaufs hatte sie ihre Erwerbstätig anlässlich der Geburt der gemeinsamen Tochter zunächst unterbrochen, später aber noch einmal für 9 Monate aufgenommen. Ihre im Anschluss daran aufgetretene Erkrankung beruht auf bedauernswerten, schicksalhaften Lebensumständen, die in keinem Zusammenhang mit der Ehe stehen. Angesichts der bereits in den ersten Ehejahren aufgetretenen Krankheit war ihr dauerhaft die Möglichkeit verschlossen, noch einmal mit der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit einen eigenen Versicherungsschutz zu erlangen. Durch das System der Krankenversorgung des öffentlichen Dienstes gab es für die Familie bei der Wahl des Versicherungsschutzes keinen Entscheidungsspielraum für eine Beibehaltung der privaten Krankenversicherung. Die Notwendigkeit, nach der Ehescheidung eine private Vollversicherung abzuschließen, ist daher die Folge aus den Wechselwirkungen zwischen einer in keinem Zusammenhang mit der Ehe stehenden schicksalhaften Erkrankung und der nicht auf die übrigen sozialen Sicherungssysteme abgestimmten Krankenversorgung des öffentlichen Dienstes (zur Kritik vgl. BGH FamRZ 1989, 483, 484. Theurer, FamRZ 2008, 1395). Ein am früheren Lebensstandard orientierter Vorsorgebedarf erreicht mit dem dargelegten Beitrag von rund 1.200 Euro nahezu die Hälfte des für den Antragsteller frei verfügbaren Einkommens. Die Leistung eines Vorsorgeunterhalts in dieser Größenordnung hätte für ihn eine übermäßige Einschränkung seiner eigenen angemessenen Lebensstellung zur Folge. Sie entspräche daher schon nach dem Maßstab des § 1581 BGB nicht mehr der Billigkeit, zumal die Antragsgegnerin über den Versorgungsausgleich ein Renteneinkommen zu erwarten hat, das etwa dem dann verbleibenden Einkommen des Antragstellers entspricht.

Die Reduzierung auf einen dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechenden Versicherungsschutz bedeutet für die Antragsgegnerin auch keine unzumutbare Einschränkung. Die gesetzliche Krankenversicherung gewährleistet eine medizinische Vollversorgung in gleicher Weise wie die private Krankenversicherung. Einschränkungen ergeben sich nur bei Zusatzleistungen, berühren aber nicht die Grundversorgung mit allen medizinisch notwendigen Maßnahmen. Einen weitergehenden Versicherungsschutz hätte die Antragsgegnerin nach ihrem beruflichen Werdegang in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erreichen können. Dass der angestrebte Versicherungstarif über den Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehende Leistungen einschließt, auf die sie infolge ihrer Erkrankung angewiesen ist, hat die Antragsgegnerin nicht ausgeführt. Unter diesen Umständen bedeutet es keine übermäßige Belastung, wenn sie sich nach der Ehescheidung mit einer Krankenversorgung begnügen muss, die ihren eigenen wirtschaftlichen Möglichkeiten entspricht.

Diese Erwägungen stehen in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der bereits in seiner früheren Rechtsprechung auf die Möglichkeit einer Kürzung des Vorsorgeunterhalts hingewiesen hat (BGH FamRZ 1989, 483, 487. ebenso Pauling in Wendl/Staudigl Das Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Praxis, 7. Aufl. § 4 Rn. 584. zum Basistarif als angemessene Versorgung vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 18.06.2009, 2 UF 6/09, BeckRS 2009, 23740).

Der Vorsorgeunterhalt ist vorliegend ohne weitere Übergangszeit auf den eheunabhängig angemessenen Bedarf zu begrenzen. Neben der unverhältnismäßigen Beitragshöhe fällt dabei auch ins Gewicht, dass der Antragsteller nach der von der Antragsgegnerin vollzogenen Trennung den Scheidungsantrag erst mit großer zeitlicher Verzögerung gestellt hat, um ihr eine Umstellung der Krankenversicherung zu ermöglichen. Damit hatte die Antragsgegnerin ausreichend Gelegenheit, sich auf die nach der Scheidung veränderte Situation einzustellen. Angesichts der Höhe des geltend gemachten Anspruchs konnte sie nicht erwarten, dauerhaft eine dem bisherigen Leistungsumfang entsprechende Versicherung aufrechtzuerhalten. Unabhängig von den zum 1. Januar 2008 wirksam gewordenen Rechtsänderungen musste sie bereits gemäß § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB (aF) mit einer Kürzung dieses Anspruchs rechnen.

Der von den ehelichen Lebensverhältnissen unabhängige Vorsorgebedarf beträgt 580,93 Euro. Einen der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechenden Versicherungsschutz kann die Antragsgegnerin nach dem sog. Basistarif erreichen. Dieser Tarif steht seit dem 1. Januar 2009 allen nicht gesetzlich krankenversicherten Personen in der privaten Krankenversicherung offen. Die privaten Krankenversicherungen sind verpflichtet, diesen Tarif anzubieten und Versicherte ohne Gesundheitsprüfung und Risikozuschlag aufzunehmen (§ 12 Abs. 1a, 1b VAG). Dieser Tarif ist an die Stelle des früheren Standardtarifs getreten und soll für nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Personen einen vergleichbaren Versicherungsschutz gewährleisten. Der Beitrag ist auf den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung begrenzt, damit die Bezahlbarkeit dieses Tarifs gewährleistet wird. Er beträgt nach dem von der Antragsgegnerin nachgereichten Angebot derzeit 547,58 Euro zzgl. 33,35 Euro Pflegeversicherung (insgesamt 580,93 Euro). Darüber hinaus ermöglicht das Gesetz eine Kürzung auf die Hälfte dieses Beitrags, um einer Überforderung der Versicherten und einer Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II und SGB XII entgegenzuwirken (§ 12 Abs. 1c VAG, BTDrs. 16/3100 S. 92, 207).

Dieser Bedarf vermindert sich um den mit der Rente ausgezahlten Zuschuss zur Krankenversicherung. Es handelt sich um eine zweckgebundene Leistung (§ 106 Abs. 1 SGBVI), die die Antragsgegnerin auch für diesen Zweck einzusetzen hat. Die Höhe dieses Zuschusses folgt aus der Höhe der ausgezahlten Rente und dem allgemeinen Beitragssatz (§ 106 Abs. 3 SGBVI). Er steigt mit der durch den Versorgungsausgleich erhöhten Rente und wird sich in Fortschreibung der vorliegenden Berechnung auf etwa 80 Euro belaufen (§ 287 ZPO). Damit verbleibt ein ungedeckter Bedarf von gerundet 500 Euro.

Diesen Betrag kann der Antragsteller aufbringen, ohne dass er bei einem zwischen den Parteien nicht streitigen anrechenbaren Einkommen von 2.600 Euro zum jetzigen Zeitpunkt übermäßig belastet wäre. Besondere Gründe, die eine nach der Scheidung in diesem Umfang fortbestehende Unterhaltspflicht als unbillig erscheinen lassen, hat der insoweit darlegungsbelastete Antragsteller nicht vorgebracht.

Der Krankenvorsorgeunterhalt ist allerdings gemäß § 1578b Abs. 1 BGB zunächst für die Zeit ab Januar 2013 auf die Hälfte herabzusetzen, da eine über diesen Zeitpunkt hinausreichende ungekürzte Zahlungspflicht den Antragsteller in unbilliger Weise belastet. Denn der Antragsteller tritt im Herbst des Jahres 2012 in den Ruhestand (§ 45 Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 96 SG). Neben dem üblichen Einkommensrückgang ist damit die sofort wirksame Kürzung seiner Bezüge durch den Versorgungsausgleich verbunden. Da der Wechsel in den Ruhestand allgemein eine grundlegende Umgestaltung in den wirtschaftlichen Verhältnissen mit sich bringt, hält es der Senat für angemessen, von diesem Zeitpunkt an beide Parteien in gleicher Weise mit den Kosten der Krankenvorsorge zu belasten. Hierfür gelten dieselben Gründe, die bereits für die Herabsetzung des Vorsorgeunterhalts maßgebend waren. Zudem gewinnt mit dem größeren zeitlichen Abstand von der Ehe der Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Eigenverantwortung zunehmend an Bedeutung, so dass dem geschiedenen Ehegatten eine weitere Einschränkung seiner Lebensstellung auf den ohne Eheschließung erreichbaren Lebensstandard zuzumuten ist. Bei dem von der Antragsgegnerin zu tragenden Anteil verbleibt ihr in dieser Zeit weiterhin eine Rente, die noch den nach ihren eigenen wirtschaftlichen Möglichkeiten erzielbaren Betrag übersteigt. Dem Antragsteller ist wiederum bei einem Alter von 55 Jahren ein Zuverdienst ohne weiteres möglich und zumutbar (vgl. BGH FamRZ 2004, 254), so dass er die bereits reduzierte Unterhaltspflicht ohne übermäßige Einschränkung seiner eigenen Lebensstellung tragen kann.

Diese Unterhaltspflicht ist gemäß § 1578b Abs. 2 BGB auf die Zeit bis einschließlich Dezember 2017, den Ablauf des Jahres, in dem der Antragsteller sein 60. Lebensjahr vollendet, zu befristen. Eine über diesen Zeitpunkt hinausgehende Unterhaltspflicht ist vorliegend unbillig, da die Bedürftigkeit der Antragsgegnerin sich allein als Folge schicksalhafter Lebensumstände erweist, die in keinem Zusammenhang mit der Ehe der Parteien stehen. Insbesondere in diesen Fällen soll die Möglichkeit einer Befristung des Unterhalts wegen Krankheit (§ 1572 BGB) einen angemessenen Ausgleich zwischen nachehelicher Verantwortung und dem Grundsatz der Eigenverantwortung eröffnen (BTDrs. 16/1830 S. 18f. BGH NJW 2009, 989). Eine Befristung des zuletzt bereits reduzierten Unterhalts auf eine Zeitspanne von insgesamt 7 Jahren nach der Ehescheidung trägt sowohl der besonderen Lebenssituation der Antragsgegnerin Rechnung, als auch dem Umstand, dass der Antragsteller seit 2002 mit Unterhaltszahlungen belastet ist. Hierdurch hat er der Antragsgegnerin nach der von ihr vollzogenen Trennung noch über mehrere Jahre die Aufrechterhaltung eines Lebensstandards ermöglicht, den sie nach ihren eigenen wirtschaftlichen Möglichkeiten nicht hätte erreichen können. Eine weitergehende nacheheliche Verantwortung ist dem Antragsteller nicht aufzuerlegen. Die durch den Rentenbezug geprägten Einkommensverhältnisse beruhen nicht auf der wirtschaftlichen Verflechtung der beiderseitigen Lebensverhältnisse. Aufgrund der seit 1984 bestehenden Erwerbsunfähigkeit hätte die Antragsgegnerin selbst keine den jetzt bezogenen Betrag übersteigende Rente erreichen können. Der Versorgungsausgleich bildet ein angemessenes Äquivalent für die Zeit der gemeinsamen Lebensgemeinschaft, durch das sich ihre wirtschaftliche Lebenssituation weiter verbessert hat. Damit verfügt die Antragstellerin über eine auskömmliche Rente, die ihr aufgrund der ggf. möglichen Kürzung des Versicherungsbeitrags dauerhaft ein existenznotwendiges Einkommen sichert. Demgegenüber gibt es keine Gründe, die es rechtfertigen, dem Antragsteller eine noch weitergehende nacheheliche Verantwortung für Lebensumstände aufzuerlegen, die in keinem Zusammenhang mit der gemeinsamen Lebensführung stehen. ..."

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„... Als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf nachehelichen Unterhalt kommt nur § 1573 Abs. 2 BGB in Betracht. Aus dem im Beschwerdeverfahren vorgelegten ärztlichen Attest ergibt sich nicht, dass die Antragsgegnerin wegen der attestierten Hautkrankheit nicht oder nur eingeschränkt erwerbsfähig ist, so dass ein Unterhaltsanspruch wegen Krankheit (§ 1572 BGB) ausscheidet.

Ein Anspruch der Antragsgegnerin auf Zahlung von Aufstockungsunterhalt ist gemäß § 1578 b BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, den die Antragsgegnerin bei hinreichenden Erwerbsbemühungen selbst decken kann. Eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs wäre unter Abwägung aller Umstände unbillig (§ 1578 b Abs. 1 BGB).

Die Ehe der Parteien hat bis zur Rechtshängigkeit der Scheidung weniger als fünf Jahre gedauert. Der fünfjährige Sohn der Parteien wird seit über einem Jahr vom vollschichtig erwerbstätigen Antragsteller betreut und versorgt, der mangels Unterhaltszahlungen der Antragsgegnerin auch für den Barunterhalt des gemeinsamen Kindes aufkommt. Ehebedingte Nachteile der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung und war nach dem unstreitigen Vortrag des Antragstellers vor der Ehe als Aushilfskraft auf 400 €-Basis tätig. Die Antragsgegnerin ist erst 30 Jahre alt. Es ist nicht erkennbar, dass sich ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt für ungelernte Kräfte durch die 4-jährige Übernahme der Haushaltsführung und Kindererziehung während der Ehe verringert haben. Da die Parteien weniger als 4 Jahre zusammengelebt haben und die Trennung bereits im Januar 2008 erfolgte, kann im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung nicht mehr von einer engen Verflechtung der Lebensverhältnisse ausgegangen werden. Unter Abwägung aller Umstände, insbesondere des überobligationsmäßigen Einsatzes des Antragstellers für die Sicherstellung des Betreuungs- und Barunterhalts für den gemeinsamen Sohn, entspricht es der Billigkeit, den Unterhaltsanspruch ohne Übergangsfrist auf den angemessenen Lebensbedarf der Antragsgegnerin herabzusetzen.

Der Senat geht davon aus, dass die Antragsgegnerin ihren angemessenen Lebensbedarf, der sich an den für eine ungelernte Arbeitskraft erzielbaren Einkünften von rund 900 bis 1000 € orientiert, bei hinreichenden Erwerbsbemühungen selbst decken kann. Abgesehen von der Hautkrankheit an den Händen sind gesundheitliche Einschränkungen der Antragsgegnerin nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin betreut kein Kind und ist deshalb zeitlich und örtlich flexibel. Auch ohne Berufsausbildung und unter Berücksichtigung ihrer Hauterkrankung stehen der Antragsgegnerin eine Vielzahl von Tätigkeiten offen, etwa als Verkäuferin, Tankstellenmitarbeiterin, Mitarbeiterin in einem Callcenter, Aufsicht in einer Spielhalle oder in einem Parkhaus. Zur Deckung ihres Bedarfs ist ihr die Übernahme von Nacht- oder Schlichtdiensten zumutbar, was ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt für ungelernte Kräfte sowie ihre Verdienstmöglichkeiten erheblich erhöht. Indessen hat die Antragsgegnerin keinerlei Erwerbsbemühungen dargelegt, sondern sich auf die pauschale Behauptung der fehlenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt zurückgezogen, was nicht ausreicht. Es ist deshalb gerechtfertigt, der Antragsgegnerin fiktiv ein Erwerbseinkommen zuzurechnen, das zur Deckung ihres angemessenen Bedarfs ausreicht. Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt besteht nicht. ..." (OLG Köln, Beschluss vom 28.10.2009 - 27 WF 220/09)

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„... Der am 14.08.1963 geborene Beklagte und die am 16.03.1972 geborene Klägerin zu 1. (nachfolgend Klägerin) haben am 17.09.2004 geheiratet, nachdem im November 2003 ein gemeinsames Kind geboren worden war. Die Trennung der Parteien erfolgte im Oktober 2005; seit dem 24.04.2007 sind die Parteien rechtskräftig geschieden. Das Kind der Parteien (in erster Instanz Kläger zu 2.) lebt bei der Mutter; insoweit ist Kindesunterhalt von 144 % tituliert und nicht angefochten. Die Klägerin ist halbschichtig als Krankenschwester in dem Krankenhaus tätig, in dem sie auch vor Geburt des Kindes und Eheschließung tätig war. Sie hat infolge der Schwangerschaft ihre vorherige vollschichtige Tätigkeit aufgegeben; ab November 2004 hat sie sodann eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt, bevor sie ab November 2006 mit der halbschichtigen Tätigkeit begonnen hat. Die Klägerin hat im Übrigen im letzten Jahr vor der Schwangerschaft - 2002 - rund 27.500 € brutto verdient, was seinerzeit ungefähr einem Entgeltpunkt in der gesetzlichen Rentenversicherung entsprach. Der Beklagte hat bis September 2008 Nachscheidungsunterhalt von 547 € gezahlt. Mit ihrer Klage macht die Klägerin unbefristeten Betreuungsunterhalt für die Zeit ab Oktober 2008 in Höhe von 1.119,30 € - der Höhe nach unstreitig - geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die Klägerin nach Ablauf der Drei-Jahres-Frist des § 1570 Abs.1 Satz 1 BGB grundsätzlich verpflichtet sei, ihren Lebensbedarf selbst zu decken, was ihr auch tatsächlich möglich sei. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag zunächst weiterverfolgt. Im Senatstermin hat sie ihre Forderung in Anlehnung an die Entscheidung zur Prozesskostenhilfe auf einen Monatsbetrag von 600 € beschränkt. Sie rügt, dass das Amtsgericht von falschen Voraussetzungen ausgegangen sei, indem es ihr eine durchgehende vollschichtige Tätigkeit nach Schwangerschaft und Heirat zugerechnet habe, was tatsächlich nicht der Fall sei. Pflege- oder Betreuungsleistungen für einen Herrn M., aus denen sie zusätzliche Einkünfte erzielen würde, übe sie nicht aus, zumal Herr M. als Empfänger von Leistungen nach dem SGB II keine Zahlungen erbringen könne. Für das Kind der Parteien bestehe im Übrigen ein erhöhter Betreuungsbedarf, da es unter einer Immunschwäche leide und dadurch häufiger als andere Kinder erkrankt sei und der Betreuung bedürfe; zwischen August 2008 und Juli 2009 habe das Kind krankheitsbedingt an 129 von insgesamt 213 Öffnungstagen den Kindergarten nicht besuchen können. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sie zu ihrem Arbeitsplatz einen einfachen Weg von ca. ¾ Stunde zurückzulegen habe und sie als Krankenschwester im Schichtdienst tätig sei, so dass bei einer vollschichtigen Tätigkeit die Betreuungsbelange des Kindes nicht mehr gewahrt wären. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er sei bereit, für eine Tagesmutter monatlich 400 € bereitzustellen, damit die Klägerin ihre Erwerbstätigkeit ausweiten könne. Hilfsweise bittet er um eine Befristung des Anspruchs. ...

Die Berufung hat - im der Prozesskostenhilfebewilligung durch den Senat angepassten Umfang - Erfolg. Der Beklagte ist gem. §§ 1570, 1578b Abs. 1 BGB zur Zahlung eines monatlichen Nachscheidungsunterhalts von 600 € verpflichtet, da dies der Billigkeit entspricht.

Die Höhe des - rechnerisch - geschuldeten Unterhalts ist zwischen den Parteien unstreitig, so dass im folgenden Billigkeitserwägungen nach den eingangs genannten Vorschriften sowie im Hinblick auf eine mögliche Befristung gem. § 1578b Abs. 2 BGB anzustellen sind.

Bei der Bemessung der Ehedauer ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Parteien zwar erst im September 2004 geheiratet haben, das gemeinsame Kind jedoch schon im November 2003 geboren wurde und die Klägerin infolge der Schwangerschaft ihre zuvor ausgeübte vollschichtige Tätigkeit aufgegeben hatte, so dass jedenfalls wirtschaftlich der Zeitraum ab Beginn des Mutterschutzes Anfang Oktober 2003 bei der Bemessung der Ehezeit zu berücksichtigen ist. Zum Zeitpunkt der Trennung der Parteien im Oktober 2005 waren danach mehr als 2 Jahre vergangen, bei Zustellung des Scheidungsantrags am 22.09.2006 mehr als 3 Jahre, bei Scheidung mehr als 3 ½ Jahre.

Ebenso ist die irrige Auffassung des Amtsgerichts, die Klägerin habe stets vollschichtig gearbeitet, durch die vorgelegte Bestätigung der Arbeitgeberin vom 13.05.2009 und den Versicherungsverlauf zur im beigezogenen Scheidungsverfahren 57 F 997/06 AG Oberhausen eingeholten Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 31.07.2007 widerlegt; vielmehr ist eindeutig erkennbar, dass die Klägerin durch die Schwangerschaft und die nachfolgende Kinderbetreuung ihre zuvor seit Jahren ausgeübte vollschichtige Erwerbstätigkeit aufgegeben hat.

Ob die Klägerin im Übrigen weitere Einnahmen aus Betreuungsleistungen für Herrn M. erzielt, kann dahinstehen. Schon das diesbezügliche Vorbringen des Beklagten ist höchst spekulativ; es ist z.B. unzutreffend, dass die Klägerin "aus gutem Grund" die Anschrift des Zeugen M. verheimlichen sollte, denn diese ist in erster Instanz tatsächlich angegeben worden. Im Übrigen ist die Unterhaltsberechnung der Klägerin und der von ihr ermittelte Unterhaltsanspruch stets unbestritten geblieben, so dass der Beklagte nicht recht erkennbar macht, was mit seinem spekulativen Vorbringen bezweckt ist; allenfalls kann vermutet werden, dass er damit zum Ausdruck bringen will, dass der Klägerin über ihre halbschichtige Tätigkeit hinaus weitere Zeit für andere Aufgaben als die Kindesbetreuung zur Verfügung stehe. Die Klägerin hat insoweit jedoch unter Beweisantritt vorgetragen, dass sie Herrn M. wöchentlich für etwa eine Stunde besuche, was keinesfalls ein Hinweis auf weitere "Arbeitszeitkapazitäten" der Klägerin wäre. Zudem ist die Vermutung des Beklagten, der Zeuge M. sei "sehr wohlhabend und bezahle sehr gut", im Hinblick auf den nachgewiesenen Bezug von Sozialleistungen durch den Zeugen M. zumindest höchst zweifelhaft, zumal der Beklagte zuletzt ergänzend vorgetragen hat, die Klägerin habe ihm bereits 2005 berichtet, dass Herr M. sein ganzes Geld "durchgebracht" habe. Einer Vertiefung dieser Problematik in Form der Beweisaufnahme zu diesem Punkt bedarf es jedoch nicht, da der Unterhaltsanspruch der Klägerin der Höhe nach unstreitig ist.

Es verbleibt mithin im Rahmen des § 1570 BGB zu entscheiden, ob der Klägerin zur Bestreitung ihres Unterhaltsbedarfs die Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit - schon - abzuverlangen ist. Dies ist nicht der Fall. Belange des Kindes L. erfordern eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts, § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB.

Der Sohn der Parteien, der in der 34. Schwangerschaftswoche geboren wurde, leidet an einer Immunschwäche, die immer wieder zu Atemwegsinfekten geführt hat. Er steht deshalb seit Jahren in ärztlicher Behandlung. Klinisch gesichert ist ein sog. IgG2- und IfG4-Mangel. Bereits in dem Bericht der Universität Düsseldorf vom 22.09.2007 (GA Bl.155 f.) wird ein niedriger Wert aufgeführt. Im Laborbefund vom 17.10.2008 (GA Bl. 159 f.) wird diese Diagnose bestätigt. Erläuternd heißt es dazu, dass IgG2-Mangel-Patienten "besonders anfällig … gegenüber Infektionen mit bekapselten Bakterien wie S. pneumoniae und H. influenzae" seien. Der Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. H., der L. seit 2007 beobachten konnte (vgl. Bescheinigungen vom 13.09.2007 sowie 02.03. und 23.06.2009 GA Bl. 157 f., 216 f., 288 f.), spricht von rezidivierender spastischer Bronchitis und frühkindlichem Asthma sowie "hochfrequenten Infektionen mit rez. Antibiosen". Diese nachgewiesene Anfälligkeit für Erkrankungen der oberen Atemwege verursacht einen erhöhten Betreuungsbedarf. Wegen der Ansteckungsgefahr kann L. den Kindergarten nicht regelmäßig besuchen. Folglich muss er zu Hause versorgt werden. Dafür stehen andere Personen nicht zur Verfügung. Die Mutter der Klägerin ist im Alter von 61 Jahren noch berufstätig und tagsüber nicht abkömmlich. Der Beklagte geht unstreitig bei einem Monatsgehalt von rund 5.250 € einer anspruchsvollen Arbeit nach und muss werktags von Essen nach Düsseldorf fahren. Umgangskontakte haben - zumal mit Übernachtungen beim Beklagten - nur in geringem Umfang stattgefunden; die Parteien haben sich zudem im April 2009 darauf verständigt, bis etwa Mitte Oktober 2009 "normale" Umgangskontakte mit zwei Übernachtungen am Wochenende zu bewerkstelligen, und ab Januar 2010 soll es auch wochenweise Aufenthalte des Kindes beim Vater mit Komplettbetreuung geben (Bl. 240), ausdrücklich auch vor dem Hintergrund, dass die Klägerin ihre Berufstätigkeit flexibler gestalten und ihre finanziellen Ansprüche gegen den Beklagten aufgeben kann (Bl. 239). Es kann derzeit noch nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden, ob diese Verständigung wie geplant auch tatsächlich umgesetzt werden wird; die letzten wechselseitigen Schriftsätze lassen eher das Gegenteil erwarten. Zudem hat die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, dass ihre eigene Mutter nur im Notfall noch zur ergänzenden Kindesbetreuung zur Verfügung stehe, da sie selbst noch vollschichtig berufstätig sei, ihr Lebensgefährte in einer anderen Stadt lebe und sie sich angesichts ihres Alters von 61 Jahren mit der Kindesbetreuung zunehmend überfordert fühle. Bei dieser Sachlage ist die Klägerin jedenfalls bislang in der Hauptverantwortung der Kindesbetreuung und deren Organisation, so dass vor dem Hintergrund ihrer täglichen Fahrzeiten von rund 1 ½ Stunden, ihres Schichtdienstes und der zumindest eingeschränkten gesundheitlichen Stabilität des Kindes, die der Senat als hinreichend belegt erachtet, mehr als eine halbschichtige Erwerbstätigkeit nicht geleistet werden kann.

Diese Einschätzung steht im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung des BGH, der am 17.06.2009 (XII ZR 102/08) einen vergleichbaren Fall zu entscheiden hatte und dabei eine halbschichtige Tätigkeit einer ein 7-jähriges Kind betreuenden Mutter als angemessen bewertet hat. Die Ausführungen des Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 25.08.2009 rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Ein unterhaltsrechtlich anerkennenswertes und von der Klägerin zu berücksichtigendes Interesse des Beklagten an einer zeitlichen Freistellung der Klägerin durch Übernahme zusätzlicher Betreuungskosten durch den Beklagten besteht nicht, denn dadurch würde dem Beklagten kein nennenswerter wirtschaftlicher Vorteil entstehen; statt Unterhalt wären Betreuungskosten in vergleichbarer Höhe zu zahlen. Bei dieser Sachlage ist die Klägerin unterhaltsrechtlich nicht verpflichtet, einer Fremdbetreuung zu Lasten der Eigenbetreuung zuzustimmen.

Der Senat hält gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs für angemessen. Zwischen der schwangerschaftsbedingten Aufgabe der Tätigkeit der Klägerin im August 2003 und der Trennung der Parteien lagen rund 2 Jahre; andererseits hat der Beklagte bereits seit der Trennung im Oktober 2005 bis September 2008, mithin für knapp 3 Jahre, Ehegattenunterhalt gezahlt. Die Klägerin hat sich dieser Einschätzung mit der Beschränkung ihrer Berufung auf einen monatlichen Unterhalt von 600 € angeschlossen; für eine weitergehende Beschränkung besteht im Hinblick auf den unstreitig "rechnerisch" geschuldeten Unterhalt von 1.119,30 € keine Veranlassung.
Eine Befristung des Betreuungsunterhalts gem. § 1578b Abs. 2 BGB kommt im Hinblick auf das Urteil des BGH vom 18.03.2009 (XII ZR 74/08, Rdnr. 42) nicht in Betracht. Wann sich der Betreuungsbedarf des Kindes ändert, vermag der Senat im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abzuschätzen. ..." (OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.10.2009 - 8 UF 32/09)

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Ein fortwirkender ehebedingter Nachteil kann auch zu einer Unterhaltsbegrenzung nach § 1578 b I BGB führen. Hat eine unterhaltsberechtigte Ehefrau den Beruf einer Bankkauffrau erlernt und infolge einer Familienpause circa 20 Jahre lang in diesem Beruf nicht mehr gearbeitet, so können bei bestehender Erwerbsobliegenheit Einkünfte aus einer Tätigkeit als Bürohilfskraft zugerechnet werden (OLG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2009 - 17 UF 128/09):

„... Die Parteien sind geschiedene Eheleute; sie streiten um die Abänderung nachehelichen Ehegattenunterhalts. Dieser ist zugunsten der Beklagten mit monatlich 668 € tituliert, und zwar infolge eines klägerseits erklärten Anerkenntnisses durch Scheidungsverbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Tuttlingen vom 16. Dezember 2002 (1 F 625/99, dort Ziff. 4. in berichtigter Fassung). Mit seiner am 29. April 2009 zugestellten Abänderungsklage erstrebt der Kläger den Wegfall der Unterhaltsverpflichtung ab 1. April 2009. Das Amtsgericht - Familiengericht - Tuttlingen hat dem stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

Der Ehemann ist im September 1958 geboren, die Ehefrau im Februar 1964. Am 29. Juli 1988 haben die Parteien geheiratet. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen: K. (geboren im November 1989), A. (geboren im März 1992) und J. (geboren im Mai 1994). Am 1. Juli 1997 haben sich die Eheleute voneinander getrennt. Am 22. Dezember 1997 wurde das Scheidungsverfahren rechtshängig; seit 8. Februar 2003 ist der Scheidungsausspruch rechtskräftig. Die drei Kinder wuchsen nach der Trennung bei der Mutter auf. Für A. und J. bezahlt der Vater monatlich laufend Kindesunterhalt in Höhe von jeweils 333 €. Der älteste Sohn K. wechselte im Jahre 2008 zum Kläger. In dessen Wohnung bewohnt er ein Zimmer mit einer Größe von zwischen 23 m² und 24 m². K. befindet sich in Ausbildung und erhält eine Ausbildungsvergütung in Höhe von monatlich 290 €.

Das Familiengericht hat mit der angefochtenen Entscheidung antragsgemäß entschieden, daß der Ehefrau ab 1. April 2009 kein Unterhalt mehr zustehe. Lege man für sie einen fiktiven Bruttostundenlohn von 8,50 € zugrunde, erziele sie hieraus ein monatsdurchschnittliches Netto von 1.062,09 €; sie könne sich selbst unterhalten. Zum selben Ergebnis gelange man, wenn man ihren Unterhalt befriste. Das ergebe eine Gesamtabwägung und die nunmehr sechs Jahre währende Unterhaltszahlung durch den Ehemann.

Dagegen wendet sich die Beklagte. Sie macht geltend, bis 2008 nicht zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet gewesen. Die Söhne K. und J. hätten unter ADS-Symptomen gelitten. Sie habe den Beruf einer Bankkauffrau erlernt, diesen aber seit nunmehr über 20 Jahren nicht mehr ausgeübt. In der Zwischenzeit habe sie sich lediglich durch einen sog. Europäischen Wirtschaftsführerschein sowie EDV-Kurse weiter qualifiziert. Auf über 50 ausgeschriebene Stellen habe sie sich beworben, außerdem noch 16 Mal im Wege der Initiativbewerbung. Diese Bewerbungen hätten dazu geführt, daß sie nunmehr auf Basis einer geringfügigen Tätigkeit arbeite und aus dieser Beschäftigung seit dem Monat April 2009 monatlich 330 € erziele. Außerdem habe sie nun eine befristete Teilzeitstelle bei einem Kreditinstitut in Aussicht; dort werde sie voraussichtlich an 80 bis 90 Stunden im Monat zu einem Bruttostundenlohn von 10 € arbeiten können.

Dem Kläger seinerseits sei die Zahlung von Ehegattenunterhalt ohne weiteres möglich. So verfüge er über Einkünfte, auch entnommene Gewinne, als geschäftsführender Gesellschafter einer R. GmbH, außerdem über Einkünfte aus Vermietung eines Hausgrundstücks V. in L. Er lebe mietfrei in dem im Miteigentum mit seinem Bruder stehenden Wohnhaus R. 2 in Tuttlingen Die Wohnung weise ein Wohnfläche von 150 m² auf, befinde sich in bester Wohnlage in Tuttlingen und führe deshalb bei Ansatz einer m²-Miete von 6,50 € zum Ansatz eines Wohnvorteils von 975 €. Befriste man den der Beklagten zustehenden Unterhalt, so könne das frühestens auf den Ablauf des Jahres 2014 erfolgen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Tuttlingen vom 20. Mai 2009 (3 F 211/09) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sein Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit belegt er mit der Entgeltabrechnung für Dezember 2008; danach erzielte er ein Jahresbrutto von 30.000 €. Vorsorgeaufwendungen sind in dieser Abrechnung weder als Zuschlag noch Abzug berücksichtigt. Der Kläger trägt diese mit einer Jahressumme von 9.763,30 € vor, wovon auf Krankenversicherungsprämien ein Betrag von (5.361,96 € + 616,80 € =) 5.978,76 € entfällt. Gewinne im Zusammenhang mit der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an der R. GmbH würden nicht erzielt. Die Einkünfte aus Vermietung zweier Wohnungen in einem Anwesen V. 2 in L. müsse er mit seinem Bruder teilen, der im April 2010 in eine der beiden Wohnungen einziehe. Für eine Immobilie L. in E. habe der Kläger einen jährlichen Kapitaldienst von zwischen 3.000 € und 3.500 € zu leisten, nämlich monatlich allein 250 € bis 300 € für Zinslasten, was anteilig auch auf die Beklagte als Miteigentümerin entfalle.

Was seinen Wohnvorteil betreffe, so verringere sich dieser im Hinblick auf ein Wohnrecht seines Stiefvaters und belaufe sich auf maximal 650 € im Monat. Aufwendungen für die Instandhaltung, unter anderem in Höhe von 30.000 € für den zurückliegenden Einbau einer neuen Heizungsanlage, seien dabei noch nicht berücksichtigt. Indem der Bruder des Klägers Miteigentümer des Wohnhauses sei, dort aber selbst nicht lebe, sei zudem davon auszugehen, er wende diesem die Nutzungsmöglichkeit freiwillig und unentgeltlich zu. Seit 18. Dezember 2008 stehe dem Kläger ein Firmen-Pkw zur Verfügung, ein Pkw Mercedes Benz 220 D Kombi, Baujahr 2005, Kilometerstand zum Anschaffungszeitpunkt 248.000. Privatfahrten verzeichne er in einem Fahrtenbuch; in den Gehaltsnachweisen sei ein Sachbezug von 100 € ausgewiesen und besteuert. Für die Beklagte ihrerseits sei davon auszugehen, sie habe, auch aufgrund außergerichtlicher Korrespondenz zu dieser Frage, zu einem früheren Zeitpunkt als im Jahre 2008 mit Bewerbungsbemühungen beginnen müssen. Daß sie ehebedingte Nachteile erfahren habe, sei nicht erkennbar: Einerseits hätte sie bereits infolge zurückliegender Entlassungen bei ihrem früheren Arbeitgeber, der V., nicht mit einem fortwährenden Bezug ihres dort vormals erzielten Gehalts rechnen können. Andererseits lägen die durchschnittlichen Bruttogehälter von Bankkaufleuten im Großraum Tuttlingen derzeit bei monatsdurchschnittlich 2.200 € brutto; ein entsprechendes Gehalt sei auch der Beklagten zuzurechnen.

Der Senat hat die das Ehescheidungsverfahren der Parteien betreffenden Akten beigezogen. In diesen befindet sich ein Wertgutachten für das durch den Kläger bewohnte Wohnhaus. Außerdem hat der Senat nach der mündlichen Verhandlung einen aktuellen Mietspiegel der Stadt Tuttlingen eingeholt und den Parteien Gelegenheit zur Äußerung gegeben. ...

1. Die Berufung ist nach § 511 ZPO statthaft, gemäß §§ 517, 519 und § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden. In der Sache hat das Rechtsmittel überwiegenden Erfolg. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, nachdem er die erforderlichen Feststellungen nachgeholt hat.

2. Der Kläger hat die Voraussetzungen einer Unterhaltsabänderung (§ 323 Abs. 1 ZPO) schlüssig vorgetragen. Der Unterhaltsanspruch der Ehefrau ergibt sich dem Grunde nach aus § 1573 Abs. 2 BGB; das Maß des Unterhalts folgt den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB). Die abzuändernde Entscheidung stützt sich erkennbar auf eine bestehende Betreuungssituation (§ 1570 BGB). Nunmehr ist Aufstockungsunterhalt als Anschlußunterhalt geschuldet. Die sowohl für ihren Unterhaltsbedarf als auch ihre Bedürftigkeit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte braucht sich allerdings nicht an die Ausgangsentscheidung binden zu lassen; vielmehr trägt sie im Rahmen ihres Verteidigungsvorbringens zutreffend ihren gesamten Bedarf vor und macht diesen geltend, ohne hieran durch die Zeitschranke des § 323 Abs. 2 ZPO gehindert zu sein (vgl. BGH FamRZ 2000, 1499 = FuR 2000, 475 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 48).

a) Der Kläger ist geschäftsführender Gesellschafter einer R. GmbH. Wie sowohl aus seiner für den Monat Dezember 2008 vorgelegten Entgeltabrechnung als auch der für den Veranlagungszeitraum 2008 vorgelegten Lohnsteuerbescheinigung hervorgeht, erzielte er im Kalenderjahr 2008 ein Jahresbruttoeinkommen in Höhe von 30.000 €.

Aus der Gewinn- und Verlustrechnung für die R. GmbH im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2007 ergibt sich demgegenüber ein Personalaufwand in Höhe von 30.681,85 €. Ohne daß der Kläger dem entgegen getreten wäre, hat der Senat in der mündlichen Verhandlung erkennen lassen, wegen der durch den Kläger erzielten Entgelte auf die für die GmbH vorgelegten Gewinnermittlungen zurückgreifen zu wollen. In der Sache ist dies auch gerechtfertigt, weil der Kläger zwar im Monat Januar 2009 noch ein Bruttoeinkommen in bisheriger Größenordnung (2.500 €), in den Folgemonaten hingegen jeweils ein solches von 2.613 € erzielt hat. Soweit im Streitzeitraum Einkünfte schwanken, vermag dem erst in der Zukunft Rechnung getragen zu werden. Deshalb bewendet es bei den gesichert festgestellten Einkünften aus der Gewinn- und Verlustrechnung des vorvergangenen Jahres. Das sind (vor Steuern) 30.681,85 €. Gewinne aus selbständiger Erwerbstätigkeit sind nicht hinzuzurechnen. Die Gewinne sind entweder geringfügig oder beruhen auf steuerlich veranlaßten Korrekturen, welche sich unterhaltsrechtlich nicht auswirken.

Abzuziehen sind die Vorsorgeaufwendungen. Einem selbständig Erwerbstätigen, welchem der Kläger gleichsteht, ist ein Aufwand für Krankheits- und Altersvorsorge zuzugestehen, letzterer im Umfang von 24% des Gewinns vor Steuern (vgl. BGH FamRZ 2008, 1739, 1745 = FuR 2008, 485 = EzFamR BGB § 1570 Nr. 13 mit Anm. Maurer, FamRZ 2008, 1831). Der Vorsorgeaufwand beläuft sich auf insgesamt 9.763,30 €; davon entfällt allein auf die Krankheitsvorsorge ein Betrag von 5.978,76 €. Auch wenn in den Aufwendungen sowohl Zahlungen auf eine Unfall- als auch auf eine Berufsunfähigkeitsversorgung enthalten sind, begegnet die Angemessenheit des gesamten Vorsorgeaufwands keinen Bedenken; dieser ist deshalb ungeschmälert zu berücksichtigen. Die Befragung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergab keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Vorsorgeaufwendungen bereits als Unternehmensausgaben der R. GmbH erfaßt seien.

Wegen privater Nutzung des Firmen-Pkw ist ein Gebrauchsvorteil zuzurechnen. Vorliegend besteht die Besonderheit einerseits darin, daß der Kläger für seine Privatfahrten ein Fahrtenbuch führt (§ 8 Abs. 2 S. 4 EStG), und es sich andererseits nicht um einen Neuwagen handelt. Auf die sog. 1%-Regelung (hierzu OLG München FamRZ 1999, 1350) kann deshalb nicht zurückgegriffen werden. Letztlich ist deshalb danach zu fragen, welche privaten Kosten durch das Firmenfahrzeug erspart wurden bzw. worden wären (Langheim, FamRZ 2009, 665). Den pauschalen Ansatz von 100 €, so in den Gehaltsabrechnungen des Beklagten, erachtet der Senat als zu gering. Das wenn auch gebraucht erworbene Fahrzeug der Mittelklasse steht dem Beklagten für sämtliche anfallenden Privatfahrten zur Verfügung. Auch nach Abzug der anteilig anfallenden Steuerlast (hierzu wiederum OLG München aaO) ist der Senat der Überzeugung, daß dem Kläger ein Gebrauchsvorteil von monatlich 200 € verbleibt (vgl. hierzu auch BGH FamRZ 2008, 1739, 1745 = FuR 2008, 485 = EzFamR BGB § 1570 Nr. 13 mit Anm. Maurer, FamRZ 2008, 1831).

Pauschalierte Berufskosten sind dem Kläger nicht zugestehen, weil er einem selbständig Erwerbstätigen gleichsteht (s. bereits oben). Eine Einkommensberechnung nach dem hier anzuwendenden Grundtarif ergibt:

Jahresbruttoeinkommen aus nicht selbständiger Arbeit: 30.681,85 €
Steuermerkmale
- Steuerliche Alleinveranlagung
- Werbungskosten: 920,00 €
- Sonderausgaben: 36,00 €
- Vorsorgeaufwand (9.763,00 €), berücksichtigt bis zum Höchstbetrag: 6.639,00 €
- Der Kinderfreibetrag gilt durch das gezahlte staatliche Kindergeld als abgegolten
- Kirchensteuersatz: 8%.
Steuer: Einkommensteuer 3.617 €, Solidaritätszuschlag 67,49 €, Kirchensteuer 98,16 €
Jahresnettoeinkommen: 26.899,20 €, Monatsnettoeinkommen: 2.241,60 €.

Wegen des Vorteils aus mietfreiem Wohnen (hierzu BGH FamRZ 2008, 963, 964 f = FuR 2008, 283 = EzFamR BGB § 1361 Nr. 53 mit Anm. Büttner, FamRZ 2008, 967) vermag sich der Senat einerseits auf die beigezogenen Scheidungsakten und andererseits auf den Mietspiegel der Stadt Tuttlingen zu stützen. In den Scheidungsakten befindet sich ein Verkehrswertgutachten mit Lichtbildern. Danach umfaßt die durch den Kläger genutzte Hauptwohnung im Erdgeschoß eine Wohnfläche von 158 m². Davon abzuziehen ist der auf den Sohn K. entfallende Anteil von zwischen 23 m² und 24 m², so daß für den Kläger eine Wohnfläche von ca. 135 m² verbleibt. Das Einfamilienhaus, in welchem sich auch eine durch den Stiefvater des Klägers genutzte Einliegerwohnung befindet, wurde in den Jahren 1967/1968 erbaut und in den Folgejahren, insbesondere im Jahre 1993 umfassend, renoviert.

Das Grundstück, auf welchem sich das Wohnhaus befindet, weist eine Fläche von 892 m² auf und liegt in einem reinen Wohngebiet. Durch die Lichtbilder zum Verkehrswertgutachten und dem beigefügten Lageplan wird der Vortrag der Beklagten gestützt, es sei von einer bevorzugten Wohnlage auszugehen, nicht zuletzt durch die leichte Höhenlage in Tuttlingen-Ost.

Für Neubauten im Zeitraum vom 1. Januar 1961 bis zum 31. Dezember 1970, welche eine Wohnfläche von über 90 m² aufweisen, sieht der einschlägige Mietspiegel erzielbare Mieten von zwischen 4,43 m² bis 4,84 m², Mittelwert: 4,63 m², vor, soweit (wie hier) Bad/Dusche und Zentralheizung vorhanden sind. Nach dem in dem Mietspiegel vorgesehen Punktesystem ist die Einschätzung gerechtfertigt, daß sich das Wohnhaus in bester Wohnfläche befindet (über 16 Punkte), nämlich wegen der Lage im reinen Wohngebiet (s. eben), die vorhandenen Einkaufsmöglichkeiten, die kurze Entfernung zur Innenstadt, weiterhin durch die Tatsache, daß es sich um ein Einfamilienhaus auf nur teilweise überbautem Grundstück handelt, das schon wegen der Lage im reinen Wohngebiet weder einem Durchgangsverkehr noch Staub- oder Geruchsbelästigungen ausgesetzt ist. Ausweislich des Lageplans befindet sich die nächstgrößere Straße einige Parallelstraßen entfernt. Für überdurchschnittliche Ausstattung, nämlich Parkett-Beläge und das wandhoch geflieste Bad, Balkon und Garten tritt ein Zuschlag hinzu, welchen der Senat mit 10% bemißt. Außerdem handelt es sich um ein Einfamilienhaus, in welchem sich neben der Wohnung des Klägers die Wohnung des Stiefvaters befindet, eine Einliegerwohnung.

Sieht der Mietspiegel der Stadt Tuttlingen für allein bewohnte Einfamilienhäuser bis einschließlich dem Baujahr 1970 einen Zuschlag von 30% und für solche ab dem Baujahr 1991 einen Zuschlag von 10% vor, so erachtet der Senat in Ansehung der tatsächlichen Wohnverhältnisse einen weiteren Zuschlag von 15% als gerechtfertigt. Legt man also den Mittelwert von 4,63 € zugrunde, so ergibt sich eine angemessene m²-Miete von gerundet (4,63 € + 10%) + 15% = 6 €. Für die durch den Kläger genutzte Wohnfläche von 135 m² ergibt sich damit eine objektive Marktmiete (vgl. wiederum BGH aaO) von 810 €.

Zum Anfall verbrauchsunabhängiger Kosten, so diese nicht ohnehin auf einen Mieter umlagefähig wären (vgl. BGH FamRZ 2009, 1300, 1303 = FuR 2009, 567 mit Anm. Schürmann, FamRZ 2009, 1306), ist nicht vorgetragen. Letzteres gilt im Ergebnis auch wegen der in Bezug genommenen Instandhaltungen. Weder ist ein genauer Anschaffungszeitpunkt deutlich geworden, noch geht aus dem Vorbringen des Klägers hervor, welcher der beiden Miteigentümer aus welchen Mitteln die für die Maßnahme anfallenden Kosten aufgebracht hat, und inwieweit diese überhaupt erforderlich war.

Außer Ansatz bleiben auch freiwillige Zuwendungen des Bruders (vgl. SüdL Nr. 8), auf welche sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat berufen hat. Dem Senat ist nicht erkennbar geworden, wie sich die Rechtsbeziehungen zwischen den Brüdern in Ansehung ihrer bislang nicht auseinandergesetzten Erbengemeinschaft gestalten, in deren Miteigentum zudem eine weitere, derzeit fremdgenutzte Immobilie steht (dazu später).

Mangels weitergehender Anhaltspunkte ist deshalb nicht festzustellen, daß der eine Bruder dem anderen etwas ohne Gegenleistung gewährt. Insoweit ist die durch den Kläger in der mündlichen Verhandlung aufgeworfene Frage weder weiterführend, noch erheblich, welche Rechtsfolgen sich im Falle einer Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ergäben.

Für die Kinder A. und J. zahlt der Kläger unstreitig monatlich laufende Beträge von jeweils 333 € (zum Ansatz der Zahlbeträge s. BGH 2009, 1300, 1304 f = FuR 2009, 567 mit Anm. Schürmann, FamRZ 2009, 1306; FamRZ 2009, 1477 = FuR 2009, 572). Für den Sohn K. ist hingegen kein Unterhalt anzusetzen: K. ist volljährig und könnte deshalb allein Barunterhalt beanspruchen. Entnimmt man seinen Unterhaltsbedarf dem Eingangssatz der Düsseldorfer Tabelle [Stand: 01.01.2009] Altersstufe 4, so ergibt sich nach Abzug des vollen Kindergeldes (hierzu BGH FamRZ 2008, 963, 967 = FuR 2008, 283 = EzFamR BGB § 1361 Nr. 53 mit Anm. Büttner, FamRZ 2008, 967) ein Unterhaltsbedarf von (432 € ./. 164 € =) 268 €. Nach bedarfsdeckendem Abzug der um ausbildungsbedingten Mehrbedarf bereinigten Ausbildungsvergütung von (290 € ./. 90 € =) 200 € verbleibt ein ungedeckter Restbedarf in Höhe von 68 €. Indes hat der Kläger nicht vorgetragen, dem Sohn K. Barmittel in der genannten Größenordnung zur Verfügung zu stellen; tatsächlich gewährt er ihm mietfreies Wohnen. Bei der Bemessung des Wohnvorteils ist das bereits berücksichtigt. Ein darüber hinaus gehender Abzug eines Barunterhalts für den Sohn K. unterbleibt.

Zu den Einkünften treten schließlich solche aus Vermietung, nämlich des Anwesens V. in L. In der durch seinen Steuerberater erstellten Hausertragsrechnung 2007 ist ein Überschuß von 9.889,07 € ausgewiesen, welcher um die für Absetzungen für Abnutzung (AfA) mit 2.330 € angesetzte Summe auf einen Betrag von (9.889,07 € + 2.330 € =) 12.219,07 € zu korrigieren ist. Wie sich auch aus dem vorgelegten Aufteilungsbescheid ergibt, stehen diese Überschüsse nicht dem Kläger alleine zu, sondern anteilig neben ihm dem Bruder. Rechnet man dem Kläger die Hälfte des genannten Betrages (12.219,07 € : 2 =) 6.109,54 € zu und zieht anfallende Steuern mit nach Maßgabe des § 287 ZPO geschätzten 30% ab, so verringern sich die Einnahmen nach Steuern auf monatlich gerundet 1/12 x (6.109,54 € ./. 1.800 €) = 359 €. Daß sich hieran wesentliches durch den im nächsten Jahr bevorstehenden Einzug des Bruders ändere, welcher ab dann etwa die für das Hausgrundstück insgesamt anfallenden Lasten übernehmen mag, vermochte der Kläger auch auf Befragen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht zu bekunden. Es bewendet deshalb bei den genannten Beträgen.

Einnahmen oder Ausgaben im Zusammenhang mit der Wohnung L. in E. war unterhaltsrechtlich nicht Rechnung zu tragen. Die auch insofern vorgelegte Hausertragsrechnung 2007 weist jährliche Mieteinnahmen von 3.190 € bei Finanzierungskosten von 3.024,58 € aus. Der Kläger beruft sich demgegenüber auf einen Gesamtaufwand von zwischen 3.000 € und 3.500 € im Jahr. Zu Tilgungsanteilen trägt er nicht vor. Auch aus dem Feststellungsbescheid des Finanzamtes Tuttlingen für den Veranlagungszeitraum 2007 lassen sich Einzelheiten hierzu nicht entnehmen.

Nach Berücksichtigung sämtlicher Einkommenspositionen und Abzüge ist schließlich ein Erwerbstätigenbonus zuzubilligen, welchen der Senat mit 10% bemißt.

b) Die tatsächlichen Einkünfte der Beklagten belaufen sich zu Beginn des Streitzeitraums auf - ihrem Vortrag gemäß - höchstens 330 € im Monat. Hinzuzurechnen sind fiktive Erwerbseinkünfte, denn die Beklagte ist einer Erwerbsobliegenheit ausgesetzt, welcher sie auch im Hinblick auf ihre bislang entfalteten Erwerbsbemühungen nicht hinreichend genügt hat. Sie hat hierzu vorgetragen und belegt, sich 50 Mal und weitere 16 Mal um die Erlangung einer Arbeitsstelle bemüht zu haben. Dazu hat sie unter anderem eine ansprechende Musterbewerbung mit Lichtbild und Werdegang vorgelegt.

Allerdings sind die Parteien bereits seit Beginn des Jahres 2003 rechtskräftig geschieden. Am 1. Mai 2008 vollendete das jüngste Kind J. sein 14. Lebensjahr. Erst ab dem letztgenannten Zeitpunkt setzten die Erwerbsbemühungen ein. Hierzu ist zu sehen, daß die Beklagte bis zum Ablauf des Jahres 2007 nach dem bis dahin geltenden »Altersphasenmodell« noch nicht vollschichtig hätte arbeiten müssen. Der Kläger seinerseits forderte die Beklagte nach Aktenlage erst zu Beginn des Jahres 2008 auf, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. In diesem Zeitraum und darüber hinaus war der Ehegattenunterhalt durch das abzuändernde Urteil tituliert. Ob sich die vorgetragenen ADS-Probleme der Söhne K. und J. auf die Betreuungssituation auswirkten, kann im Ergebnis dahinstehen. K. wechselte im Lauf des Jahres 2008 zum Vater. Das für J. vorgelegte Arztattest stammt vom 6. Oktober 2003 und endet mit dem Vorschlag, das Kind solle nach einer gewissen Zeit wieder beim Arzt vorgestellt werden. Außerdem ist zu den durch die Mutter entfalteten Betreuungsleistungen nichts bekannt (zur Problematik vgl. auch BGH FamRZ 2009, 1124 = FuR 2009, 447 mit Anm. Borth, FamRZ 2008, 1129). Die genannten Umstände, insbesondere die Versorgung der drei Kinder und die erst im Jahre 2008 beginnende Korrespondenz zur Frage von Erwerbsobliegenheiten führen zu dem Schluß, daß sich die Beklagte nach dem Willen beider Parteien, auch des Klägers, bis zum genannten Zeitraum berechtigt der Kinderbetreuung widmen durfte und zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht verpflichtet war.

Dem Kläger ist dahin zu folgen, daß für die Beurteilung von Erwerbschancen auf denjenigen Zeitpunkt abzustellen ist, in welchem die Obliegenheit einsetzt (vgl. BGH FamRZ 2008, 2105, 2106 = FuR 2008, 597 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 68 mit Anm. Schürmann, FamRZ 2008, 2107). Dieser Zeitpunkt lag - wie gezeigt - nicht vor dem Jahre 2008. Ferner vermag sich die aus der Obliegenheitsverletzung folgende Zurechnung fiktiver Einkünfte nur daran zu orientieren, inwieweit eine reale Beschäftigungschance bestand (vgl. BGH aaO; FamRZ 2009, 1300, 1304 = FuR 2009, 567 mit Anm. Schürmann, FamRZ 2009, 1306). Dazu verhält sich die angefochtene Entscheidung nicht.

Die Beklagte ist nunmehr 45 Jahre alt. Ihren vormals als Bankkauffrau ausgeübten Beruf hat sie nach dem Erziehungsurlaub aufgegeben. Wie sich aus den beigezogenen Scheidungsakten ergibt (dort: Sonderheft Versorgungsausgleich), wurde für sie der letzte Pflichtbeitrag der gesetzlichen Rentenversicherung im September 1989 entrichtet. Es schließen sich Zeiten von Schwangerschaft, Mutterschutz und Kindererziehung sowie, das ergibt sich aus der vorgelegten Vita, eine Teilzeittätigkeit im Zeitraum Juni bis August 1991 an. Nach Ablauf des Erziehungsurlaubs hat die Beklagte ihren vormals bei der V. innegehabten Arbeitsplatz im Jahre 1991 gekündigt. Nach der Überzeugung des Senats bestand und besteht für die Beklagte nach alledem und trotz zwischenzeitlich absolvierter Weiterbildung (»Europäischer Wirtschaftsführerschein«, EDV-Kurse) keine reale Chance, erneut vollschichtig als Bankkaufrau tätig zu sein; vielmehr kommt für sie eine Bürotätigkeit in Betracht, allerdings nicht als Bürofachkraft, sondern nur als Bürohilfskraft, denn seit dem Ende ihrer Berufstätigkeit hat sie mit den Anforderungen einer qualifizierten Arbeit im Büro unter Einschluß dort regelmäßig erwarteter Fertigkeiten nicht Schritt gehalten.

Der Senat schätzt, daß die Beklagte aus einer solchen Erwerbstätigkeit ein monatsdurchschnittliches Bruttoeinkommen in der Größenordnung von zwischen 1.100 € und 1.200 € erzielen könnte. Trägt man im gegebenen Einzelfall einem bereits zurückliegenden Einsetzen von Erwerbsobliegenheiten Rechnung, und berücksichtigt man weiter die die Beklagte insofern treffende Darlegungs- und Beweislast (hierzu BGH FamRZ 1300, 1304 = FuR 2009, 567 mit Anm. Schürmann, FamRZ 2009, 1306), so ist ein fiktives Bruttoeinkommen in Höhe von monatlich 1.200 € zugrunde zulegen. Nach weiterer Schätzung des Senats ergibt sich hieraus bei Inanspruchnahme des Entlastungsbetrages nach § 24b EStG ein monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen in der Größenordnung von 930 €:

Bruttoeinkommen: 1.200 €
Bezugszeitraum: 1 Monat
= Jahresbruttoeinkommen: 14.400 €
- davon steuerpflichtig: 14.400 €
- davon sozialversicherungspflichtig: 14.400 €
Gesamtmonatseinkommen (brutto): 1.200 €
Rentenversicherung p.M. aus 1.200,00 €: 119,40 €
Arbeitslosenversicherung p.M.: 16,80 €
Krankenversicherung p.M. aus 1.200,00 € (Beitragssatz 14,9%, teilparitätischer AN-Anteil): 94,80 €
Pflegeversicherung p.M. aus 1.200,00 € (Beitragssatz 1,95%): 11,70 €
Summe der Sozialabgaben je Monat: 242,70 €

Lohnsteuerklasse II, Kinderfreibetrag 1,5, Kirchensteuersatz 8%
Lohnsteuer aus 1.200,00 € p.M.: 23,66 €
Solidaritätszuschlag p.M.: 0,00 €
Kirchensteuer p.M.: 0,00 €

Summe der Steuern je Monat: 23,66 €

Monatsnettoeinkommen: 933,64 €.

Dieses wiederum korrespondiert mit zusammengerechneten Einkünften aus derzeit ausgeübter Geringverdienertätigkeit (monatlich maximal 330 €) und solchen aus der erwarteten Halbtagstätigkeit. Wird letztere mit einem Bruttostundenlohn von 10 € ausgeübt, so sind hieraus monatliche Nettoeinkünfte in der Größenordnung von 630 € erzielbar. Die Addition mit einer hinzutretenden, auch geschuldeten, Geringverdienertätigkeit führt wiederum zur Annahme von Einkünften im bereits anderweitig errechneten Umfang.

3. a) Nach Maßgabe dessen ergibt sich für die Beklagte derzeit ein Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 618 €.

b) Der Einbezug von Realsplittingvorteilen hatte zu unterbleiben. Zwar nimmt der Kläger bereits laufend das begrenzte Realsplitting (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG) in Anspruch; allerdings ist der Beklagten ein Nachteilsersatz geschuldet, welcher jedenfalls die Prüfung veranlassen mag, ob die weitere Inanspruchnahme des begrenzten Realsplittings wirtschaftlich sinnvoll ist. Der Senat sah aus diesem Grunde davon ab, für die vorstehende Unterhaltsberechnung von steuerlichen Obliegenheiten des Klägers (SüdL Nr. 10.1.) auszugehen.

4. Der Kläger ist als zur Zahlung der ermittelten Unterhaltsbeträge leistungsfähig anzusehen. Umstände, welche zu einer sog. Barmittelkontrolle führen könnten, sind im Ergebnis nicht ersichtlich. Für seinen Barbedarf muß dem Unterhaltspflichtigen immer sein um den Wohnkostenanteil verminderter Selbstbehalt verbleiben (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 866; Wendl/Kemper, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rdn. 320a - Kontrolle nach § 242 BGB). Nur wegen der Differenz zwischen Mietvorteil und laufenden Lasten lebt der Eigentümer günstiger als ein Mieter; deshalb kann in Fällen beengter wirtschaftlicher Verhältnisse eine Korrektur des zu belassenden Selbstbehalts geboten sein, und zwar im Umfang des darin für eine Kaltmiete enthaltenen Anteils (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2008, 992 f; Riegner, FamRZ 2000, 265). Der dem Kläger zugerechnete Pkw-Vorteil könnte in diese Betrachtungen mit einbezogen werden.

Indes bezieht sich die Abänderungsklage auf ein Urteil, das auf einem Anerkenntnis beruht. An dieses durch ihn erklärte Anerkenntnis ist der Kläger gebunden (für Jugendamtsurkunden vgl. BGH FamRZ 2003, 304, 305 = FuR 2003, 285 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 53). Daß sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse in der Zwischenzeit geändert hätten, ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar; geändert hat sich allein der Umstand, daß der Sohn K. nunmehr in den Haushalt des Klägers übergewechselt ist. Das führt allerdings zugleich dazu, daß er nicht weiterhin für K. Kindesunterhalt zu Händen der Mutter, der Beklagten, zahlen muß.

5. a) Der nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessene Unterhalt kann nach Maßgabe des § 1578b BGB, auch in Ansehung von Ehedauer und Kindesbetreuung, nur insoweit begrenzt werden, als keine ehebedingten Nachteile eingetreten sind. Das ist hier nach der zu treffenden Prognose (BGH FamRZ 2009, 1300, 1306 = FuR 2009, 567 mit Anm. Schürmann, FamRZ 2009, 1306) in allenfalls eingeschränktem Umfange anzunehmen; vielmehr ist das Bestehen ehebedingter Nachteile infolge der langen Familienpause, für welche die in der Ehe gewählte Rollenverteilung ursächlich war, bereits zu vermuten (vgl. BGH aaO in Verbindung mit der vorinstanzlichen Entscheidung OLG Brandenburg FamRZ 2008, 1952). Wie bereits ausgeführt scheidet eine vollschichtige Erwerbsmöglichkeit im erlernten Beruf (hierzu BGH FamRZ 2008, 134, 136 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 32; 2008, 1325, 1328 = FuR 2008, 401 = EzFamR BGB § 1579 Nr. 50; Senat FamRZ 2008, 2208, 2209) aus. Auch wenn die Beklagte in der mündlichen Verhandlung für sich durchaus positive berufliche Entwicklungsmöglichkeiten in der Zukunft sieht, beziehen sich diese auf Hoffnungen, welche der durch den Senat zu treffenden Prognose nicht zugrunde gelegt werden können.

Nach der bereits oben dargestellten Schätzung ist die Beklagte als in der Lage anzusehen, derzeit ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 933 € zu erzielen. Das entspricht nicht einem Gehalt im erlernten Beruf als Bankkauffrau. Ohne Eheschließung und Familienpause hätte die Beklagte zudem voraussichtlich weiterhin gearbeitet, verfügte sonach über eine langjährige Berufserfahrung. Wie sich ihre Erwerbstätigkeit im übrigen hypothetisch entwickelt hätte, ob sie einen beruflichen Aufstieg verzeichnet hätte oder - wie der Kläger mutmaßt - eher betriebsbedingt entlassen worden wäre, vermag der Senat mangels weiterer Anhaltspunkte nicht zu beantworten.

Einer Zusammenstellung unter www.gehaltsvergleich.com ist zu entnehmen, daß Bankkaufleute ein monatsdurchschnittliches Bruttoeinkommen in Höhe von 2.549 € erzielen, bei einer Spanne von 600 € bis 5.414 €. Nach ihrem Versicherungsverlauf in dem bereits erwähnten Sonderheft Versorgungsausgleich erzielte die Beklagte im Jahre 1988, dem letzten Jahr, in welchem sie ununterbrochen gearbeitet hat, ein Bruttoeinkommen von insgesamt 36.567 DM. Das entspräche einem Monatsverdienst von umgerechnet 1.558,03 €, welcher noch zu indexieren wäre. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ließen die Parteien indes übereinstimmend vortragen, in der Umgebung von Tuttlingen erzielten Bankkaufleute durchschnittliche Bruttogehälter von monatlich 2.200 €. Hiervon kann deshalb auch für die Beklagte ausgegangen werden.

Nach den bereits dargestellten steuerlichen Gegebenheiten (s. oben) führt das zu einem Nettoeinkommen in der Größenordnung von monatlich 1.480 €:

Bruttoeinkommen 2.200 €, Bezugszeitraum 1 Monat = Jahresbruttoeinkommen 26.400 €; davon steuerpflichtig 26.400 €, davon sozialversicherungspflichtig 26.400 €, Gesamtmonatseinkommen (brutto) 2.200 €.

Rentenversicherung p.M. aus 2.200,00 €: 218,90 €
Arbeitslosenversicherung p.M.: 30,80 €
Krankenversicherung p.M. aus 2.200,00 € (Beitragssatz 14,9%, teilparitätischer AN-Anteil): 173,80 €
Pflegeversicherung p.M. aus 2.200,00 € (Beitragssatz 1,95%): 21,45 €
Summe der Sozialabgaben je Monat: 444,95 €
Lohnsteuerklasse: II, Kinderfreibetrag: 1,5, Kirchensteuersatz: 8%
Lohnsteuer aus 2.200,00 € p.M.: 268,58 €
Solidaritätszuschlag p.M.: 0,00 €
Kirchensteuer p.M.: 5,95 €
Summe der Steuern je Monat: 274,53 €
Monatsnettoeinkommen: 1.480,52 €.

Die Differenz zwischen derzeit zugrunde zu legendem und ohne ehebedingte Nachteile erzielbarem Einkommen ermittelt sich folglich mit einem Umfang von (1.480 € ./. 933 € =) 547 €. Hiervon ausgehend leitet der Senat unter Einbeziehung zukünftiger Änderungen in den Besteuerungsgrundlagen (Wegfall des Entlastungsbetrages nach § 24b EStG) und etwaiger, allerdings geringer Gehaltserhöhungen eine dauerhafte Einkommensdifferenz in der Größenordnung von 500 € ab.

Angesichts ihres Lebensalters und der derzeitigen Arbeitsmarktlage kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Beklagte diesen Nachteil in den folgenden Jahren durch eigene Einkommenserzielung auszugleichen in der Lage sein wird. Entsprechendes gilt für die Annahme regelmäßiger und/oder umfänglicher Gehaltssteigerungen, welche sich einer verläßlichen Prognose derzeit entziehen. Der festgestellte Nachteil ist deshalb dauerhaft, allerdings im Wege einer Unterhaltsbegrenzung nach § 1578b Abs. 1 BGB zu ersetzen. Eine Unterhaltsbefristung gemäß § 1578b Abs. 2 BGB kommt hingegen nicht in Betracht. Der Kläger ist insoweit darauf zu verweisen, nach Maßgabe des § 323 ZPO zu gegebener Zeit ihm günstige Umstände geltend zu machen (vgl. auch OLG Brandenburg aaO).

b) Bis zum Ablauf der Übergangsfrist (§ 1578b BGB) ist Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen geschuldet.Die Ehe der Parteien währte bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags 11½ Jahre. Der Kläger hatte Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt zu bezahlen. Das Scheidungsurteil ist seit Anfang 2003 rechtskräftig; das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz trat zum 1. Januar 2008 in Kraft. Das jüngste gemeinsame Kind J. wurde im Mai 2008 14 Jahre alt. Jedenfalls über den Beginn des Jahres 2008 hinaus betreute die Beklagte berechtigt die minderjährigen Kinder der Parteien; auf die bereits vorangegangenen Darlegungen hierzu nimmt der Senat Bezug. Dieses begründet einen nach § 1570 Abs. 2 BGB fortbestehenden Anspruch auf Betreuungsunterhalt. Während der Kinderbetreuungszeit ist der Ehegattenunterhalt nicht nach § 1578b BGB zu begrenzen. Dieses kommt allein dann in Betracht, so die insoweit zu treffende Prognose nur noch vom Zeitablauf abhängt (BGH FamRZ 2009, 411, 416 = FuR 2009, 159 mit Anm. Borth, FamRZ 2009, 416; 2009, 770, 774 = FuR 2009, 391).

Im Hinblick auf die genannten Gesamtumstände erachtet der Senat eine Übergangszeit von drei bis vier Jahren als angemessen. Mit Rücksicht auf den Zeitraum der bis in das Jahr 2008 reichenden Kindesbetreuung war der Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen unter nochmaliger Abwägung aller maßgeblicher Gesichtspunkte unter Einschluß der jeweiligen Einkommens- und Vermögenssituation auf den Ablauf des Jahres 2011 zu begrenzen. In der Folgezeit sind mithin nur noch die fortbestehenden Nachteile zu ersetzen.

6. Indem sich die Abänderungsklage gegen ein Urteil richtet, wirkt sie ab Rechtshängigkeit (§ 323 Abs. 3 S. 1 ZPO); Rechtshängigkeit ist hier taggenau zu verstehen (Zöller/Vollkommer, ZPO 27. Aufl. § 323 Rdn. 35). Die Klage wurde am 29. April 2009 zugestellt; erst ab diesem Zeitpunkt kann der Unterhalt geändert werden.

Die Differenz zwischen tituliertem und nunmehr errechnetem Unterhalt beläuft sich auf lediglich (668 € ./. 618 € =) 50 € im Monat. Gleichwohl ist die Abänderung auch bei Achtung der sog. Wesentlichkeitsgrenze des § 323 Abs. 1 ZPO angemessen. Eine schematische Festlegung auf einen bestimmten Prozentsatz, etwa von 10%, besteht nicht; außerdem sind die wirtschaftlichen Verhältnisse auf seiten des Klägers nicht derart, daß ihm die ungeschmälerte Fortzahlung des titulierten Unterhalts zuzumuten wäre.

Die Berufung hat nach alledem überwiegenden Erfolg und führt dazu, daß der Kläger der Beklagten mit Wirkung ab 29. April 2009 Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen in Höhe von noch monatlich 618 € sowie ab dem Monat Januar 2012 und ab da in Höhe von monatlich 500 € schuldet.



Die Kostenentscheidung beruht nach dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen auf § 92 Abs. 2 S. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) liegt nicht vor. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch wirft sie ungeklärte Rechtsfragen auf, die der höchstrichterlichen Klärung bedürften. Der Senat weicht auch nicht von der Rechtsprechung anderer Obergerichte in vergleichbaren Fällen ab, so daß die Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht berührt ist. ..."

***

„... Es kann dahingestellt bleiben, ob der vom Kläger erhobene Befristungseinwand präkludiert ist, weil die Parteien ausdrücklich eine unbefristete Unterhaltsverpflichtung in dem abzuändernden Vergleich trotz der bereits bei Vergleichsabschluss bestehenden Befristungsmöglichkeit vereinbart haben oder weil der Kläger seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil in dem früheren Abänderungsverfahren - 4 UF 157/06 OLG Köln (41 F 422/05 AG Bonn) - auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 2.11.2006 - 4 UF 157/06 - zurückgenommen hat. Denn jedenfalls kommt auch nach Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform unter Anwendung des § 1578 b BGB eine zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung unter den derzeit titulierten Betrag von 551,68 € nicht in Betracht. Die nach § 1578 b BGB gebotene umfassende Interessenabwägung führt nicht dazu, dass eine unbefristete Unterhaltsverpflichtung des Klägers unbillig erscheint.

Die Beklagte hat durch die Aufgabe ihres Arbeitsplatzes beim Arzneimittelverband dauerhafte ehebedingte Nachteile erlitten. Unstrittig hat die Beklagte in Absprache mit dem Kläger ihr seit über 10 Jahren bestehendes Arbeitsverhältnis beim Arzneimittelverband aufgrund der Eheschließung gekündigt. Der Einwand des Klägers, dass der Arbeitsplatz der Beklagten beim Arzneimittelverband nicht sicher gewesen sei, greift nicht durch. Es kann wiederum dahinstellt bleiben, ob der Einwand bereits aufgrund der Entscheidung in dem früheren Abänderungsverfahren präkludiert ist. Der Senat hat in seinem Hinweisbeschluss vom 2.11.2006 - 4 UF 157/06 - bereits auf die Unerheblichkeit dieses Einwands hingewiesen. Jedenfalls fehlt es auch in dem hiesigen Verfahren an einem hinreichenden schlüssigen Sachvortrag des Klägers, der auf eine Gefährdung des Arbeitsplatzes der Beklagten schließen ließe.

Der Vortrag des Klägers zu der Abmahnung ist weiterhin völlig unsubstantiiert. Wie bereits in dem Beschluss vom 2.11.2006 gemäß § 522 ZPO in dem Verfahren 4 UF 157/06 ausgeführt, reicht die vage Behauptung, die Beklagte habe eine Abmahnung erhalten nicht aus. Es bleibt weiterhin unklar, wann und aus welchem Grund die Abmahnung erfolgt sein soll. Im Übrigen bedeutet der Erhalt einer einmaligen Abmahnung nach einer über 10-jährigen Beschäftigungsdauer noch nicht, dass tatsächlich eine verhaltensbedingte Kündigung droht; zumal die Beklagte am 29.6.1995 noch eine außerordentliche Gehaltserhöhung von 10 % in Anerkennung ihrer in der Vergangenheit gezeigten Leistungen zusätzlich zu der tariflichen Gehaltserhöhung erhielt.

Die Behauptung des Klägers, die Beklagte wäre wegen ihres Gesundheitszustandes oder ihres Alters ohnehin gekündigt worden, ist reine Spekulation und entbehrt einer hinreichenden Tatsachengrundlage. Soweit der Kläger sich auf krankheitsbedingte Fehlzeiten der Beklagten beruft, so sind diese allenfalls für die Zeit nach der Scheidung und konkret nur während der dreimonatigen Reha-Maßnahme erkennbar. Die Beklagte arbeitete nach der Scheidung teilweise als Altenpflegerin mit einer wesentlich größeren körperlichen Belastung als in ihrer früheren Tätigkeit als kaufmännische Angestellte. Der im Jahr 2004 erlittene Bandscheibenvorfall schließt eine Tätigkeit im kaufmännischen Bereich nicht aus.

Der geringere Verdienst der Klägerin nach der Trennung wegen der Aufgabe der Stelle beim Arzneimittelverband stellt einen ehebedingten Nachteil dar, der dauerhaft nicht auszugleichen ist, weil die Beklagte keine realistischen Chancen hat, eine ähnlich hoch dotierte Stelle in ihrem Alter zu finden. Ausweislich der in dem früheren Verfahren vorgelegten Gehaltsbescheinigung verdiente die Beklagte im Oktober 1995 beim Arzneimittelverband netto 3210,83 DM (1641,67 €). Bei Abschluss des Vergleichs am 15.10.2001 verfügte die Beklagte hingegen nur noch über ein Nettoeinkommen von 1900 DM (971,45 €). Sie verdiente somit rund 670 € weniger als im Zeitpunkt der Eheschließung. Dass die Beklagte im Zeitpunkt des Abschluss des Vergleichs ihrer Erwerbsobliegenheit nicht hinreichend nachgekommen ist, lässt sich weder dem Inhalt des Vergleichs noch dem Vortrag des Klägers entnehmen. Insbesondere wurden der Beklagten keine fiktiven Einkünfte zugerechnet. Ganz im Gegenteil sollte sie nach dem Inhalt des Vergleichs ein monatliches Einkommen von bis zu 2500 DM netto verdienen dürfen, ohne dass der Unterhalt gekürzt wird.

Aufgrund ihres Alters und des zwischenzeitlichen Aussetzens aus dem Beruf besteht keine realistische Aussicht, dass die Beklagte auch bei hinreichenden Erwerbsbemühungen eine ähnlich hoch dotierte Stelle wie die ehebedingt gekündigte beim Arzneimittelverband wird finden können. Der Kläger selbst will der Beklagten ein fiktives Nettoeinkommen von 1250 € zurechnen. Dieses läge rund 400 € niedriger als das Einkommen, welches die Beklagte bereits im Jahr 1995 beim Arzneimittelverband verdiente. Unter Berücksichtigung der Gehaltsentwicklung seit 1995 ist davon auszugehen, dass ihr zumindest in Höhe des festgesetzten Unterhalts von 551,68 € ein Nachteil entstanden ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine zeitliche Befristung des Aufstockungsunterhalts in der Regel auch bei kurzer Ehedauer nicht in Betracht, wenn die Einkommensdifferenz zwischen den Eheleuten auf fortwirkenden Nachteilen zu Lasten des Unterhaltsberechtigten beruht (vgl. nur BGH FamRZ 2006, 1006; 2007, 200; 2007, 793; zuletzt Urteil vom 27.5.2009 - XII ZR 78/08 - veröffentlicht in Juris). Eine Ausnahme von dieser Regel ist vorliegend nicht geboten. Durch die ehedingte Aufgabe ihres Arbeitsplatzes ist die Beklagte heute nicht mehr in der Lage, ihren angemessenen Lebensbedarf zu sichern. Demgegenüber hat der Kläger seine berufliche Laufbahn als Studienrat uneingeschränkt fortsetzen können. Auch wenn die Ehedauer von knapp 4 Jahren bis zur Rechtshängigkeit der Scheidung als eher gering zu bewerten ist, hat die Aufgabe der Erwerbstätigkeit der Ehefrau im Alter von 41 Jahren anlässlich der Eheschließung zu einer engen wirtschaftlichen Verflechtung der Eheleute geführt. Es ist offensichtlich, dass die einvernehmliche Aufgabe jeglicher Erwerbstätigkeit zu Gunsten einer Hausfrauentätigkeit im Falle des Scheiterns der Ehe die Aussichten der über 40-jährigen Ehefrau auf dem Arbeitsmarkt erheblich verschlechtern würde. Der besonderen wirtschaftlichen Abhängigkeit einer Ehefrau, die ihre eigene gesicherte Lebensstellung aufgibt, vom Einkommen des allein verdienenden Ehemanns ist im Rahmen der gebotenen Abwägung ein höheres Gewicht beizumessen als der Dauer der Ehe. Eine Inanspruchnahme staatlicher Sozialleistungen ist der vor der Ehe finanziell unabhängigen Ehefrau weder zumutbar, noch dienen staatliche Sozialleistungen der Entlastung des unterhaltsverpflichteten Ehegatten nach der Scheidung.

Eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf gemäß § 1578 b BGB führt nicht zu einer Reduzierung der ausgeurteilten Unterhaltsverpflichtung. Denn - wie gezeigt - gleicht der ausgeurteilte Unterhalt von 551,68 € nicht einmal den Nachteil aus, den die Beklagte unter Berücksichtigung der üblichen Gehaltssteigerungen durch die Aufgabe ihres früheren Arbeitsplatzes erlitten hat.

Die Einwände des Klägers zur Höhe des Unterhalts greifen ebenfalls nicht durch. Der Vortrag des Klägers zur Höhe seines bereinigten Nettoeinkommens ist unsubstantiiert. Zum Abzug etwaiger Belastungen werden lediglich Aufstellungen des Klägers persönlich zu seinen " festen Kosten" ohne Erläuterungen und Belege vorgelegt. Von den dort aufgeführten Kosten kann allenfalls die Krankenversicherung in Höhe von 337,49 € auch ohne Vorlage eines Belegs als plausibel berücksichtigt werden. Neben der laufenden Pension in Höhe von 2099,24 € und den Mieteinkünften von 281,21 € ist noch das Weihnachtsgeld in die Berechnung einzubeziehen. Danach ergibt sich ein bereinigtes Nettoeinkommen des Klägers ab 7/2008 in Höhe von 2084,36 €:

Pension (Bezügemitteilung ab 7/08) 2099,24 €
Anteiliges Weihnachtsgeld von 496,74 € netto 41,40 €
Mieteinkünfte 281,21 €
Krankenversicherung nach kl. Aufstellung ohne Beleg - 337,49 €
Bereinigtes Nettoeinkommen 2084,36 €

Der Beklagten kann auf der Grundlage des Vergleichs vom 15.10.2001, die insoweit durch das amtsgerichtliche Urteil vom 9.6.2006 in dem früheren Verfahren nicht abgeändert wurde, allenfalls ein Einkommen von 971,45 € (1900 DM) netto fiktiv zugerechnet werden. Denn nach dem Vergleich sollte die Beklagte ein Einkommen von bis zu 2500 DM netto monatlich verdienen dürfen, ohne dass der Unterhalt gekürzt wird. Das heißt bis zu einem Nettoeinkommen von 1278,23 € (2500 DM) ist ein höheres Nettoeinkommen als das im Vergleich zugrundegelegte von 971,45 € unterhaltsrechtlich irrelevant. Dass die Beklagte in ihrem Alter auch bei hinreichenden Erwerbsbemühungen mehr als 1250 € verdienen könnte, ist unrealistisch und behauptet selbst der Kläger nicht.

Rechnet man der Beklagten ein Erwerbseinkommen von fiktiv 971,45 € zu, was bereinigt um den Erwerbstätigenbonus einem Betrag von 832,67 € entspricht, so errechnet sich nach dem Halbteilungsgrundsatz und dem Wegfall des Erwerbstätigenbonus auf Klägerseite mindestens der in dem Vergleich titulierte Unterhalt. ...

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Feststellung, dass auf Seiten der Beklagten ein dauerhafter ehebedingter Nachteil vorliegt, beruht auf Erwägungen, die auf den vorliegenden Einzelfall bezogen sind. Die Bedeutung fortwirkender ehebedingter Nachteile für die Entscheidung über eine Befristung des Unterhaltsanspruchs trägt den vom Bundesgerichtshof in den oben zitierten Entscheidungen entwickelten Grundsätzen Rechnung. Eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist deshalb nicht erforderlich. ..." (OLG Köln, Urteil vom 01.09.2009 - 4 UF 31/09)

***

Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt - Aufstockungsunterhalt - ist zu befristen, wenn der/die Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung der Ehe an seine vor/bei Eheschließung gegebenen Verdienstmöglichkeiten angeknüpft hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2009 - II-8 UF 56/09).

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„... Es kann dahingestellt bleiben, ob der vom Kläger erhobene Befristungseinwand präkludiert ist, weil die Parteien ausdrücklich eine unbefristete Unterhaltsverpflichtung in dem abzuändernden Vergleich trotz der bereits bei Vergleichsabschluss bestehenden Befristungsmöglichkeit vereinbart haben oder weil der Kläger seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil in dem früheren Abänderungsverfahren - 4 UF 157/06 OLG Köln (41 F 422/05 AG Bonn) - auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 2.11.2006 - 4 UF 157/06 - zurückgenommen hat. Denn jedenfalls kommt auch nach Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform unter Anwendung des § 1578 b BGB eine zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung unter den derzeit titulierten Betrag von 551,68 € nicht in Betracht. Die nach § 1578 b BGB gebotene umfassende Interessenabwägung führt nicht dazu, dass eine unbefristete Unterhaltsverpflichtung des Klägers unbillig erscheint.

Die Beklagte hat durch die Aufgabe ihres Arbeitsplatzes beim Arzneimittelverband dauerhafte ehebedingte Nachteile erlitten. Unstrittig hat die Beklagte in Absprache mit dem Kläger ihr seit über 10 Jahren bestehendes Arbeitsverhältnis beim Arzneimittelverband aufgrund der Eheschließung gekündigt. Der Einwand des Klägers, dass der Arbeitsplatz der Beklagten beim Arzneimittelverband nicht sicher gewesen sei, greift nicht durch. Es kann wiederum dahinstellt bleiben, ob der Einwand bereits aufgrund der Entscheidung in dem früheren Abänderungsverfahren präkludiert ist. Der Senat hat in seinem Hinweisbeschluss vom 2.11.2006 - 4 UF 157/06 - bereits auf die Unerheblichkeit dieses Einwands hingewiesen. Jedenfalls fehlt es auch in dem hiesigen Verfahren an einem hinreichenden schlüssigen Sachvortrag des Klägers, der auf eine Gefährdung des Arbeitsplatzes der Beklagten schließen ließe.

Der Vortrag des Klägers zu der Abmahnung ist weiterhin völlig unsubstantiiert. Wie bereits in dem Beschluss vom 2.11.2006 gemäß § 522 ZPO in dem Verfahren 4 UF 157/06 ausgeführt, reicht die vage Behauptung, die Beklagte habe eine Abmahnung erhalten nicht aus. Es bleibt weiterhin unklar, wann und aus welchem Grund die Abmahnung erfolgt sein soll. Im Übrigen bedeutet der Erhalt einer einmaligen Abmahnung nach einer über 10-jährigen Beschäftigungsdauer noch nicht, dass tatsächlich eine verhaltensbedingte Kündigung droht; zumal die Beklagte am 29.6.1995 noch eine außerordentliche Gehaltserhöhung von 10 % in Anerkennung ihrer in der Vergangenheit gezeigten Leistungen zusätzlich zu der tariflichen Gehaltserhöhung erhielt.

Die Behauptung des Klägers, die Beklagte wäre wegen ihres Gesundheitszustandes oder ihres Alters ohnehin gekündigt worden, ist reine Spekulation und entbehrt einer hinreichenden Tatsachengrundlage. Soweit der Kläger sich auf krankheitsbedingte Fehlzeiten der Beklagten beruft, so sind diese allenfalls für die Zeit nach der Scheidung und konkret nur während der dreimonatigen Reha-Maßnahme erkennbar. Die Beklagte arbeitete nach der Scheidung teilweise als Altenpflegerin mit einer wesentlich größeren körperlichen Belastung als in ihrer früheren Tätigkeit als kaufmännische Angestellte. Der im Jahr 2004 erlittene Bandscheibenvorfall schließt eine Tätigkeit im kaufmännischen Bereich nicht aus.

Der geringere Verdienst der Klägerin nach der Trennung wegen der Aufgabe der Stelle beim Arzneimittelverband stellt einen ehebedingten Nachteil dar, der dauerhaft nicht auszugleichen ist, weil die Beklagte keine realistischen Chancen hat, eine ähnlich hoch dotierte Stelle in ihrem Alter zu finden. Ausweislich der in dem früheren Verfahren vorgelegten Gehaltsbescheinigung verdiente die Beklagte im Oktober 1995 beim Arzneimittelverband netto 3210,83 DM (1641,67 €). Bei Abschluss des Vergleichs am 15.10.2001 verfügte die Beklagte hingegen nur noch über ein Nettoeinkommen von 1900 DM (971,45 €). Sie verdiente somit rund 670 € weniger als im Zeitpunkt der Eheschließung. Dass die Beklagte im Zeitpunkt des Abschluss des Vergleichs ihrer Erwerbsobliegenheit nicht hinreichend nachgekommen ist, lässt sich weder dem Inhalt des Vergleichs noch dem Vortrag des Klägers entnehmen. Insbesondere wurden der Beklagten keine fiktiven Einkünfte zugerechnet. Ganz im Gegenteil sollte sie nach dem Inhalt des Vergleichs ein monatliches Einkommen von bis zu 2500 DM netto verdienen dürfen, ohne dass der Unterhalt gekürzt wird.

Aufgrund ihres Alters und des zwischenzeitlichen Aussetzens aus dem Beruf besteht keine realistische Aussicht, dass die Beklagte auch bei hinreichenden Erwerbsbemühungen eine ähnlich hoch dotierte Stelle wie die ehebedingt gekündigte beim Arzneimittelverband wird finden können. Der Kläger selbst will der Beklagten ein fiktives Nettoeinkommen von 1250 € zurechnen. Dieses läge rund 400 € niedriger als das Einkommen, welches die Beklagte bereits im Jahr 1995 beim Arzneimittelverband verdiente. Unter Berücksichtigung der Gehaltsentwicklung seit 1995 ist davon auszugehen, dass ihr zumindest in Höhe des festgesetzten Unterhalts von 551,68 € ein Nachteil entstanden ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine zeitliche Befristung des Aufstockungsunterhalts in der Regel auch bei kurzer Ehedauer nicht in Betracht, wenn die Einkommensdifferenz zwischen den Eheleuten auf fortwirkenden Nachteilen zu Lasten des Unterhaltsberechtigten beruht (vgl. nur BGH FamRZ 2006, 1006; 2007, 200; 2007, 793; zuletzt Urteil vom 27.5.2009 - XII ZR 78/08 - veröffentlicht in Juris). Eine Ausnahme von dieser Regel ist vorliegend nicht geboten. Durch die ehedingte Aufgabe ihres Arbeitsplatzes ist die Beklagte heute nicht mehr in der Lage, ihren angemessenen Lebensbedarf zu sichern. Demgegenüber hat der Kläger seine berufliche Laufbahn als Studienrat uneingeschränkt fortsetzen können. Auch wenn die Ehedauer von knapp 4 Jahren bis zur Rechtshängigkeit der Scheidung als eher gering zu bewerten ist, hat die Aufgabe der Erwerbstätigkeit der Ehefrau im Alter von 41 Jahren anlässlich der Eheschließung zu einer engen wirtschaftlichen Verflechtung der Eheleute geführt. Es ist offensichtlich, dass die einvernehmliche Aufgabe jeglicher Erwerbstätigkeit zu Gunsten einer Hausfrauentätigkeit im Falle des Scheiterns der Ehe die Aussichten der über 40-jährigen Ehefrau auf dem Arbeitsmarkt erheblich verschlechtern würde. Der besonderen wirtschaftlichen Abhängigkeit einer Ehefrau, die ihre eigene gesicherte Lebensstellung aufgibt, vom Einkommen des allein verdienenden Ehemanns ist im Rahmen der gebotenen Abwägung ein höheres Gewicht beizumessen als der Dauer der Ehe. Eine Inanspruchnahme staatlicher Sozialleistungen ist der vor der Ehe finanziell unabhängigen Ehefrau weder zumutbar, noch dienen staatliche Sozialleistungen der Entlastung des unterhaltsverpflichteten Ehegatten nach der Scheidung.

Eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf gemäß § 1578 b BGB führt nicht zu einer Reduzierung der ausgeurteilten Unterhaltsverpflichtung. Denn - wie gezeigt - gleicht der ausgeurteilte Unterhalt von 551,68 € nicht einmal den Nachteil aus, den die Beklagte unter Berücksichtigung der üblichen Gehaltssteigerungen durch die Aufgabe ihres früheren Arbeitsplatzes erlitten hat.

Die Einwände des Klägers zur Höhe des Unterhalts greifen ebenfalls nicht durch. Der Vortrag des Klägers zur Höhe seines bereinigten Nettoeinkommens ist unsubstantiiert. Zum Abzug etwaiger Belastungen werden lediglich Aufstellungen des Klägers persönlich zu seinen " festen Kosten" ohne Erläuterungen und Belege vorgelegt. Von den dort aufgeführten Kosten kann allenfalls die Krankenversicherung in Höhe von 337,49 € auch ohne Vorlage eines Belegs als plausibel berücksichtigt werden. Neben der laufenden Pension in Höhe von 2099,24 € und den Mieteinkünften von 281,21 € ist noch das Weihnachtsgeld in die Berechnung einzubeziehen. Danach ergibt sich ein bereinigtes Nettoeinkommen des Klägers ab 7/2008 in Höhe von 2084,36 €:

Pension (Bezügemitteilung ab 7/08) 2099,24 €
Anteiliges Weihnachtsgeld von 496,74 € netto 41,40 €
Mieteinkünfte 281,21 €
Krankenversicherung nach kl. Aufstellung ohne Beleg - 337,49 €
Bereinigtes Nettoeinkommen 2084,36 €

Der Beklagten kann auf der Grundlage des Vergleichs vom 15.10.2001, die insoweit durch das amtsgerichtliche Urteil vom 9.6.2006 in dem früheren Verfahren nicht abgeändert wurde, allenfalls ein Einkommen von 971,45 € (1900 DM) netto fiktiv zugerechnet werden. Denn nach dem Vergleich sollte die Beklagte ein Einkommen von bis zu 2500 DM netto monatlich verdienen dürfen, ohne dass der Unterhalt gekürzt wird. Das heißt bis zu einem Nettoeinkommen von 1278,23 € (2500 DM) ist ein höheres Nettoeinkommen als das im Vergleich zugrundegelegte von 971,45 € unterhaltsrechtlich irrelevant. Dass die Beklagte in ihrem Alter auch bei hinreichenden Erwerbsbemühungen mehr als 1250 € verdienen könnte, ist unrealistisch und behauptet selbst der Kläger nicht.

Rechnet man der Beklagten ein Erwerbseinkommen von fiktiv 971,45 € zu, was bereinigt um den Erwerbstätigenbonus einem Betrag von 832,67 € entspricht, so errechnet sich nach dem Halbteilungsgrundsatz und dem Wegfall des Erwerbstätigenbonus auf Klägerseite mindestens der in dem Vergleich titulierte Unterhalt. ...

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Feststellung, dass auf Seiten der Beklagten ein dauerhafter ehebedingter Nachteil vorliegt, beruht auf Erwägungen, die auf den vorliegenden Einzelfall bezogen sind. Die Bedeutung fortwirkender ehebedingter Nachteile für die Entscheidung über eine Befristung des Unterhaltsanspruchs trägt den vom Bundesgerichtshof in den oben zitierten Entscheidungen entwickelten Grundsätzen Rechnung. Eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist deshalb nicht erforderlich. ..." (OLG Köln, Urteil vom 01.09.2009 - 4 UF 31/09)

***

„... 7. Eine Herabsetzung und/oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts gem. § 1578b BGB kommt derzeit nicht in Betracht.

a) Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578 b BGB scheidet aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 01.01.2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nur noch Betreuungsunterhalt nach Billigkeit zu (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind bereits alle kind- und elternbezogenen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauert, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578 b BGB führen (BGH 18.03.2009 - XII ZR 74/08 - Rz. 42 und 06.05.2009 - XII ZR 114/08 - Rz. 55 m.w.N.).

b) Eine Beschränkung des neben dem Betreuungsunterhalt bestehenden Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt gem. § 1578b BGB kommt derzeit ebenfalls nicht in Betracht.

(1) Eine Befristung scheidet bereits wegen einer nicht hinreichend klaren Prognose über den Umfang einer künftigen Erwerbsobliegenheit aus, die - wie dargelegt - vom Umfang der notwendigen Kinderbetreuung abhängig ist.

Weiterhin ist gegenwärtig nicht hinreichend sicher absehbar, ob infolge der Kindererziehung und Betreuung ehebedingte Nachteile eingetreten sind oder noch eintreten werden (vgl. BGH 18.03.2009 - XII ZR 74/08 - Rz. 43).

Insoweit kann zwar festgestellt werden, dass die Beklagte wieder in ihrem erlernten Beruf als Flugbegleiterin tätig ist und nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers keine Nachteile in der tariflichen Einstufung erfahren hat.

Soweit die Beklagte geltend macht, dass die Tätigkeit als Flugbegleiterin bis zum 55. Lebensjahr begrenzt sei, ist dies kein ehebedingter Nachteil, weil es sich um eine berufsbezogene Begrenzung handelt, die schon bei Aufnahme des Berufs vereinbart worden sein dürfte und keinen Bezug zur Ehe hat. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass sich durch den ehebedingten Erziehungsurlaub ihre Chancen auf eine Anschlussbeschäftigung verschlechtert haben.

Auch hat die Beklagte bisher nicht überzeugend dargelegt, dass ohne Heirat und Kinder ein beruflicher Aufstieg zum "Purser" erfolgt wäre. Der Kläger hat hierzu konkret behauptet, dass die Voraussetzungen für den Aufstieg auch schon vor der Heirat vorgelegen hätten und auch jetzt noch möglich wären. Dem ist die Beklagte bisher nicht konkret entgegengetreten. Von Bedeutung ist insoweit nur die nachvollziehbare Behauptung der Beklagten, dass ein Aufstieg zum Purser nur aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit möglich sei.

Besteht aber grundsätzlich auch heute noch für die Beklagte die Möglichkeit des beruflichen Aufstiegs, bleibt die weitere berufliche Entwicklung in Abhängigkeit von den Erfordernissen der Kinderbetreuung abzuwarten. Erst nach Wegfall der Kinderbetreuung und der dann gegebenen oder möglichen beruflichen Perspektiven kann eine verlässliche Prognose gestellt werden.

Weiterhin ist eine problemlose Ausweitung der Teilzeit auf eine vollschichtige Tätigkeit nach Ende der Kinderbetreuung nicht gesichert. Dies wird - wie auch aktuell - von der wirtschaftlichen Gesamtlage und insbesondere von der "Einstellungspolitik" des Arbeitgebers abhängig sein. Wechselmöglichkeiten der Beklagten zu einer anderen Fluggesellschaft erscheinen angesichts ihres Alters und der davon abhängigen (hohen) Vergütung eher theoretischer Natur.

(2) Eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs scheidet im Ergebnis ebenfalls aus.

Zwar ist eine solche Begrenzung grundsätzlich auch dann möglich, wenn wegen der noch fortdauernden Kinderbetreuung eine Befristung des Betreuungsunterhalts entfällt. Insbesondere in Fällen, in denen der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 BGB erheblich über den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten hinausgeht, kommt eine Kürzung auf den eigenen angemessenen Unterhalt in Betracht. Das setzt allerdings einerseits voraus, dass die notwendige Erziehung und Betreuung gemeinsamer Kinder trotz des abgesenkten Unterhaltsbedarfs sichergestellt und das Kindeswohl auch sonst nicht beeinträchtigt ist sowie andererseits, dass eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den abgeleiteten Lebensverhältnissen während der Ehe unbillig erscheint (BGH 18.03.2009 - XII ZR 74/08 - Rz. 44 und 06.05.2009 - XII ZR 114/08 - Rz. 57 m.w.N.).

Nach den Feststellungen im Vortitel bezog sich der Aufstockungsunterhalt auf einen monatlichen Betrag i.H.v. rd. 308,00 € (Differenz zwischen dem vollschichtigen Einkommen und dem eheangemessenen Bedarf). Diese Differenz hat sich aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Lohnerhöhung bei der X weiter verringert.

Ob die Kindesbelange in erheblicher Weise tangiert werden, wenn der Unterhalt der Beklagten um diese Differenz abgesenkt würde, erscheint angesichts des nach der höchsten Einkommensgruppe gezahlten Kindesunterhalts und des der Beklagten verbleibenden Unterhalts fraglich. Die Kinder scheinen allerdings kostspieligen Hobbys (z.B. Reiten und Tennis) nachzugehen und leiten ihre Lebensstellung aus den Einkommensverhältnissen der Eltern ab, die hier durch die unbegrenzte Leistungsfähigkeit des Klägers bestimmt sind.

Letztlich müsste aber eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den aus der Ehe abgeleiteten Lebensverhältnissen unbillig erscheinen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zum Einen wirkt die in der Ehe begründete Verpflichtung zur Betreuung und Versorgung der gemeinsamen (ehelichen) Kinder auch nach Trennung und Scheidung fort. Sie verbleibt den Eltern als Folge ihrer Ehe, so dass es der Billigkeit entspricht während der Zeit, in der die Kinder ihrer Eltern noch unterhaltsrechtlich bedürfen, auch die ehelichen Verhältnisse als Maßstab für den Unterhalt der Kindeseltern fortzuschreiben. Zum anderen ist hier die unbegrenzte Leistungsfähigkeit des Klägers zu beachten, so dass nicht erkennbar ist, inwieweit eine monatliche Mehrbelastung von bis zu 300,00 € den Kläger in seiner eigenen Lebensführung (materiell) beeinträchtigt und für ihn unbillig wäre. ..." (OLG Hamm, Urteil vom 26.08.2009 - 5 UF 25/09)

***

Neben der Betreuung von zwei - elf Jahre und 14 Jahre - alten Schulkindern ist der Betreuungselternteil aus elternbezogenen Gründen auch dann noch nicht zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet, wenn die Kinder nach der Schule ganztägig in einer geeigneten Tagespflegestelle betreut werden könnten. Zur unterhaltsrechtlichen Behandlung eines Geldvermögens, welches dem berechtigten Ehegatten nach Scheidung der Ehe im Wege der Erbschaft zugeflossen ist. Wird der Unterhalt auf einen angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt, indem er auf einen Nachteilsausgleich nach der eigenen Lebensstellung des Berechtigten beschränkt worden ist, umfasst der Unterhaltsbedarf auch den Altersvorsorgebedarf (im Anschluss an OLG Bremen, FamRZ 2008, 1957 = BeckRS 2008, 9226; OLG Celle, Urteil vom 06.08.2009 - 17 UF 210/08 zu BGB §§ 1570, 1577 III, 1578 III, 1578b I).

***

Nachehelicher Unterhalt wegen Krankheit des Berechtigten, die schon in der Ehe begonnen hatte; Begrenzung und Befristung: 14 Jahre Ehedauer, gemeinsame Tochter volljährig; keine ehebedingten Nachteile; Berechtigte bezieht 684 € EURente; der Verpflichtete kann rund 1.400 € für Unterhalt einsetzen - Eheende: 2000 - Unterhalt: 2009 - 2010: 234 € - 2011 - 2018: 100 € - §§ 1572, 1578b BGB; § 323 V ZPO (OLG Dresden, Urteil vom 18.09.2009 - 24 UF 63/09):

„... I. Der Kläger begehrt die Abänderung eines Unterhaltstitels wegen nachehelichen Unterhalts. Die Parteien waren von 1986 bis 2000 verheiratet und haben eine 1986 geborene Tochter. Im Scheidungsverfahren einigten sie sich vergleichsweise darauf, dass der Kläger bis September 2003 580,00 DM monatlich Unterhalt an die Beklagte zu zahlen hatte. Danach sollte neu verhandelt werden. Bei den Neuverhandlungen kam eine Einigung nicht zustande; der Kläger wurde im sodann geführten Unterhaltsrechtsstreit zur Zahlung monatlichen Unterhalts in Höhe von 274,00 EUR verurteilt (Amtsgericht Chemnitz, Urteil vom 15.06.2006, Az.: 4 F 1301/05). Auf den Inhalt dieser Entscheidung wird Bezug genommen. Die Beklagte leidet unter einer bipolaren Störung in Form einer manisch-depressiven Erkrankung. Sie ist aus diesem Grund erwerbsunfähig und bezieht Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 684,00 EUR monatlich. Der Kläger erzielt ein monatliches Einkommen in Höhe von bereinigt 1.242,51 EUR. Wegen der genauen Berechnung des Einkommens wird auf die Darstellung in der familiengerichtlichen Entscheidung Bezug genommen.

Der Kläger lebt in einer neuen Lebensgemeinschaft und ist Vater einer weiteren, am …...2005 geborenen Tochter. Der Kläger hat gemeint, er sei in der titulierten Höhe nicht mehr zur Zahlung verpflichtet, da er nicht nur seine jüngere Tochter zu unterhalten habe, sondern auch seine Lebensgefährtin. Hinzu kämen Betreuungskosten für den Kindergarten in Höhe von 108,00 EUR. Mit der Heraufsetzung des Selbstbehalts ergebe sich für ihn daher eine maximale Zahlungsverpflichtung in Höhe von 130,00 EUR. Diese sei wegen der zum 01.01.2008 geänderten Gesetzeslage außerdem auf ein Jahr zu befristen.

Die Beklagte hat gemeint, eine Abänderung des Unterhalts sei nicht gerechtfertigt, weil sich das Einkommen des Klägers nicht wesentlich geändert habe. Eine Befristung komme nicht in Betracht, weil sie auch nach der Gesetzesänderung auf den Fortbestand der Unterhaltszahlungen vertrauen dürfe. Das Familiengericht hat den Unterhaltsanspruch der Beklagten bis zum 30.09.2012 befristet. Eine Änderung der Höhe nach hat es abgelehnt, da die Wsentlichkeitsgrenze nicht überschritten sei.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beklagte mit der Berufung und der Kläger mit der Anschlussberufung. Die Beklagte meint weiterhin, eine Befristung des Unterhalts komme nicht in Betracht. Sie beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Chemnitz vom 01.12.2008 teilweise abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Im Wege der Anschlussberufung beantragt er außerdem, unter teilweiser Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Chemnitz vom 01.12.2008 das Urteil des Amtsgerichts Chemnitz vom 15.07.2006, Az.: 4 F 1301/05, dahin abzuändern, dass der Kläger befristet für ein Jahr ab Klagezustellung einen Unterhalt in Höhe von 130,00 EUR an die Beklagte zu entrichten hat. Der Kläger meint weiterhin, eine Unterhaltszahlung, die über die 9 Jahre hinausgehe, die er bereits gezahlt habe, sei unbillig nd ihm nicht zuzumuten, zumal die Krankheit der Beklagten in der Ehezeit nicht aufgetreten sei. Die Beklagte beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

II. Berufung und Anschlussberufung sind zulässig. Beide haben jedoch nur teilweise Erfolg. Die Beklagte hat gegen den Kläger einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt wegen Krankheit aus § 1572 BGB (1.). Der Kläger ist in der tenorierten Höhe leistungsfähig (2.). Der Unterhaltsanspruch ist zeitlich zu befristen, wobei eine längerfristige allmähliche Verringerung des Unterhaltsbetrages angemessen erscheint (3.).

1. Der Unterhaltsanspruch der Beklagten ergibt sich aus § 1572 BGB. Dass die Beklagte derzeit wegen Krankheit erwerbsunfähig ist, ist unstreitig. Sie leidet seit Jahren an einer schweren depressiven Störung und bezieht aus diesem Grund Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Dies bestreitet auch der Kläger nicht. Wie das Familiengericht geht auch der Senat davon aus, dass die Krankheit bereits während der Ehe auftrat. Dies hat das Familiengericht bereits in der Entscheidung vom 15.07.2006, deren Abänderung hier begehrt wird, festgestellt. Änderungen haben sich insoweit nicht ergeben. Eine andere Beurteilung kommt daher im vorliegenden Verfahren nicht in Betracht. In Abänderungsverfahren hat das Gericht bei der Prüfung, inwieweit das frühere Urteil aufrechtzuerhalten oder abzuändern ist, diejenigen Verhältnisse, die im Ersturteil festgestellt wurden und unverändert geblieben sind, samt ihrer rechtlichen Bewertung als maßgeblich zugrunde zu legen (Vollkommer in: Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 323 ZPO, Rdn. 41). Das heißt, der Senat hat ebenso wie das Familiengericht davon auszugehen, dass die Krankheit bereits in der Ehezeit auftrat und dementsprechend der Unterhaltsanspruch der Beklagten ein solcher wegen Krankheit gemäß § 1572 BGB ist. Im Übrigen verweist der Kläger auch im vorliegenden Verfahren zum Beweis für die Behauptung, dass die Krankheit zu Ehezeiten noch nicht bestand, nicht auf neue Erkenntnisse, sondern auf die im damaligen Verfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen. Aus diesen ergibt sich aber klar, dass die Beklagte bereits zu Ehezeiten an der Krankheit litt, die zur dauerhaften Erwerbsunfähigkeit führte. Aus den in der beigezogenen Akte des Amtsgerichts Chemnitz vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen (dort B 3, K 5 und K 11) ergibt sich, dass erste Symptome bereits Jahre vor der Scheidung auftraten und sich die Beklagte jedenfalls seit 1998 in kontinuierlicher psychiatrischer Behandlung befand. Die Scheidung der Parteien erfolgte im Jahr 2000. Damit ist der von § 1572 BGB vorausgesetzte zeitliche Zusammenhang der krankheitsbedingten Bedürftigkeit mit der Ehe gegeben. Auf ein Verschulden kommt es hierbei nicht an.

2. Der Kläger ist bis einschließlich September 2009 in Höhe von 234,00 EUR monatlich leistungsfähig. Insoweit liegt eine Änderung der Verhältnisse vor, die die Wesentlichkeitsgrenze von ca. 10 % überschreitet und die begehrte Abänderung des Unterhaltstitels in diesem Umfang rechtfertigt. Das Familiengericht hat in der angegriffenen Entscheidung ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen des Klägers in Höhe von 1.242,51 EUR festgestellt. Diese Berechnung begegnet keinen Bedenken und wurde im Berufungsverfahren letztlich auch von keiner der Parteien angegriffen. Sie wird daher auch im folgenden der Unterhaltsberechnung zugrunde gelegt. Streit herrscht zwischen den Parteien über die Frage, ob die Kindergartenbeiträge, die der Kläger für seine jüngere Tochter in Höhe von 108,00 EUR monatlich an den Montessori-Verein Chemnitz zahlt, von seinem Einkommen in Abzug zu bringen sind. Dies ist der Fall. Denn nach neuerer Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 26.11.2008, Az.: XII ZR 65/07) sind Kindergartenbeiträge in den Tabellenunterhaltsbeträgen nicht enthalten. Sie stellen vielmehr einen Mehrbedarf des Kindes dar, für den beide Eltern anteilig nach ihren (den Selbstbehalt übersteigenden) Einkommen aufzukommen haben. Die Lebensgefährtin des Klägers ist ausweislich der vom Kläger als Anlage zur Klageschrift beigefügten Lohnabrechnungen in einer Praxis für Ergotherapie tätig und verdient dort monatlich brutto 765,00 EUR (netto ca. 607,00 EUR). Dieses Einkommen unterschreitet den eigenen Selbstbehalt; die Zahlung von Kindergartenbeiträgen ist daraus nicht mehr möglich. Der Kläger muss daher die Kindergartenbeiträge aus seinem Einkommen allein zahlen und kann sie deshalb von seinem für Unterhalt zur Verfügung stehenden Einkommen abziehen. Der Betrag in Höhe von 108,00 EUR ist auch im vollen Umfang abzuziehen; dieser Betrag entspricht dem, was ein Kindergartenplatz regelmäßig kostet; es ist auszuschließen, dass hierin Essensgeld bereits enthalten ist. Es verbleibt dem Kläger damit ein Einkommen von 1.134,51 EUR. Sein Selbstbehalt gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau beträgt 1.000,00 EUR (Ziffer 21.4 der Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Dresden vom 01.01.2008); dieser Selbstbehaltsbetrag ist um 10 % zu kürzen, weil der Kläger in einer neuen Beziehung lebt und durch das Zusammenleben Ersparnisse in den Lebenshaltungskosten eintreten.

Bei einem Selbstbehalt von 900,00 EUR kann der Kläger 234,00 EUR Unterhalt zahlen. Dies gilt allerdings nur bis einschließlich September 2009: In diesem Monat zahlt der Kläger, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, die letzte Rate seines Pkw-Kredits von 270,00 EUR monatlich, so dass ihm ein entsprechend höherer Betrag zur Verfügung steht. Allerdings kommt es hierauf letztlich nicht an (s. 3.).

3. Der Unterhaltsanspruch der Beklagten ist zu befristen. Er endet jedoch nicht abrupt im Jahr 2012. Vielmehr ist allmählich auslaufender Unterhalt zu zahlen bis zum Jahr 2018.

Der Unterhaltsanspruch wegen krankheitsbedingter Erwerbsunfähigkeit war bis zur Änderung des Unterhaltsrechts zum 01.01.2008 zeitlich nicht befristbar. Mit der Gesetzesänderung entstand die Möglichkeit, auch krankheitsbedingten Unterhalt nur noch befristet zu zahlen; dies rechtfertigt das Abänderungsbegehren des Klägers. Die Neuregelung erfasst auch Fälle wie den vorliegenden, also solche Unterhaltsansprüche, für die eine rechtskräftige Entscheidung bereits vor der Gesetzesänderung ergangen ist. Eine Übergangsregelung schafft hierzu § 36 EGZPO: Ziffer 1 bestimmt, dass eine Neuregelung wegen des Inkrafttretens des Unterhaltsänderungsgesetzes nur in Betracht kommt, wenn eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist.

Maßgeblich ist daher, inwieweit die Beklagte auf den dauerhaften Fortbestand ihres Unterhaltsanspruchs vertrauen könnte. Diese Entscheidung erfordert eine umfassende Abwägung sämtlicher Gesamtumstände, zu denen neben der Dauer der Ehe und der Erziehung gemeinsamer Kinder die Möglichkeit der Beklagten gehören, für ihren Unterhalt selbst aufzukommen sowie auf Seiten des Klägers die Einschränkungen, die ihm und seiner Familie durch die Unterhaltszahlungen auferlegt werden.

Der Umstand, dass die Beklagte dauerhaft erkrankt und erwerbsunfähig ist, ist eine schicksalhafte Entwicklung. Der Kläger muss für diese Entwicklung im Rahmen der nachehelichen Solidarität mit einstehen. Allerdings rechtfertigt eine derartige Entwicklung eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegattens für das nicht von ihm zu verantwortende, sondern allein im zeitlichen Zusammenhang mit der Ehe stehende Krankheitsrisiko nicht ohne weiteres. Ehebedingte Nachteile der Beklagten vermag der Senat nicht festzustellen. Die Beklagte war zu Beginn der Ehe berufstätig und versorgte auch die gemeinsame Tochter der Parteien. Der Umstand, dass sie heute nicht mehr erwerbsfähig ist, beruht nicht auf Entscheidungen, die beide Parteien während der Ehezeit getroffen haben, sondern auf ihrer Krankheit. Die Tochter der Parteien ist volljährig; ein Betreuungsbedarf besteht hier nicht mehr.

Die Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts beruht daher vorliegend nicht darauf, dass ehebedingte Nachteile zu kompensieren sind, sondern allein auf der nachehelichen Solidarität. Die Parteien waren 14 Jahre lang verheiratet. Der Kläger hat regelmäßig und dauerhaft Unterhalt gezahlt, zunächst für die Tochter und die Beklagte, später für die Beklagte allein. Dieser Umstand ist allerdings nicht geeignet, das von der Beklagten geltend gemachte Vertrauen auf lebenslange Unterhaltszahlungen zu begründen. Nach dem Gesetzeswortlaut, nach den Verhältnissen der Parteien und insbesondere vor dem Hintergrund der Ehedauer ist eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten möglich und zumutbar. Bei der Bemessung des künftig zu zahlenden Unterhalts hat der Senat angenommen, dass für die Vergangenheit und für den Zeitraum bis zum 31.12.2010 die Situation der Beklagten weitere Unterhaltsansprüche im - geringfügig reduzierten Umfang gebietet. Der Kläger ist derzeit leistungsfähig im Umfang von 234,00 EUR; hierbei verbleibt es zunächst, auch nach September 2009. Vom 01.01.2011 an endet der Unterhaltsanspruch nicht, sondern verringert sich auf 100,00 EUR, die bis zum 31.12.2018 zu zahlen sind. Hintergrund dieser Regelung ist die finanzielle Situation der Beklagten; bei ihrem regelmäßigen geringen Einkommen aus Erwerbsunfähigkeitsrente erscheint ein längerfristiger reduzierter Unterhaltsanspruch sinnvoller als ein auf einen kürzeren Zeitraum befristeter voller Unterhaltsanspruch. Auch für den Kläger erleichtert die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs das Leben seiner neuen Familie. ..."

***

„... Der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin ist auf vier Jahre bis zum 30. Juni 2013 zu befristen.

Nach der Rechtsprechung der Bundesgerichtshofes ist bei der Subsumtion unter § 1578b BGB nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer, sondern darauf abzustellen, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründen könnte, als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen könnte. Schon nach dieser früheren Rechtslage bot der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB deswegen keine - von ehebedingten Nachteilen unabhängige - Lebensstandardgarantie im Sinne einer fortwirkenden Mitverantwortung. War die nacheheliche Einkommensdifferenz nicht auf ehebedingte Nachteile, sondern etwa darauf zurückzuführen, daß beide Ehegatten schon vorehelich infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten, konnte es im Einzelfall dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nach einer Übergangszeit zumutbar sein, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich statt dessen mit dem Lebensstandard zu begnügen, den er auch ohne die Ehe erreicht hätte (BGH FamRZ 2008, 1508 = FuR 2008, 438 mwN).

Diese Rechtsprechung ist in die Neuregelung des § 1578b BGB zum 1. Januar 2008 eingeflossen. Nach § 1578b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Maßgebend ist deswegen darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt der Entscheidung des Tatrichters ehebedingte Nachteile absehbar sind (BGH aaO).

Wie das frühere Recht setzt auch die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts aus Billigkeitsgründen nach § 1578b BGB nicht zwingend voraus, daß der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist. Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung bereits eingetreten oder zuverlässig voraussehbar sind, ist eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung nach § 323 Abs. 2 ZPO vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren auszusprechen (BGH FamRZ 2007, 793, 799 = FuR 2007, 276 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 27). Ob die für die Begrenzung ausschlaggebenden Umstände allerdings bereits im Ausgangsverfahren zuverlässig vorhersehbar sind, läßt sich nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beantworten (BGH FamRZ 2008, 134, 135 f = EzFamR BGB § 1573 Nr. 32).

Weil § 1578b BGB - wie die früheren Vorschriften der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 S. 2 BGB - als Ausnahmetatbestand von einer unbefristeten Unterhaltspflicht konzipiert ist, trägt der Unterhaltsverpflichtete die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Beschränkung des nachehelichen Unterhalts führen können (BT-Dr. 16/1830 S. 20). Hat der Unterhaltspflichtige allerdings Tatsachen vorgetragen, die - wie die Aufnahme oder Fortführung einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem vom Unterhaltsberechtigten erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf - einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahe legen, obliegt es dem Unterhaltsberechtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere »Schonfrist« für die Umstellung auf den Lebensstandard nach den eigenen Einkünften sprechen (BGH FamRZ 2008, 134, 136 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 32).

Nach diesen rechtlichen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für eine Befristung des nachehelichen Unterhalts vor. Der Antragsgegnerin sind durch die Ehe keine beruflichen Nachteile erwachsen. Die Antragsgegnerin war seit 1987, also annähernd während der gesamten Ehezeit, vollschichtig in ihrem Beruf als Gärtnerin erwerbstätig, und ist dies auch weiterhin. Die Antragsgegnerin war auch nicht im öffentlichen Dienst, sondern in einem volkseigenen Betrieb beschäftigt. Die Einkommensdifferenz beruht deswegen nicht auf ehebedingten Nachteilen der Antragsgegnerin iSv § 1578b Abs. 1 und 2 BGB, sondern darauf, daß die Parteien schon vorehelich infolge ihrer unterschiedlichen Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten. In solchen Fällen ist es dem unterhaltsberechtigten Ehegatten aber grundsätzlich zumutbar, nach einer Übergangszeit auf den vom höheren Einkommen des unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten beeinflußten Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard nach den eigenen Einkünften zu begnügen.

Soweit ehebedingte Nachteile der Antragsgegnerin durch die Kindererziehung eingetreten sind, werden diese im Versorgungsausgleich ausgeglichen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (FamRZ 2008, 1508 = FuR 2008, 438) muß sich die Übergangszeit vom Wegfall ehebedingter Nachteile bis zum Fortfall des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB nicht schematisch an der Ehedauer orientieren; vielmehr findet die Übergangszeit ihren Grund darin, daß der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung Zeit benötigt, um sich auf die Kürzung des eheangemessenen Unterhalts einzustellen. Zwar können auch dabei die Dauer der Ehe und das Alter des Unterhaltsberechtigten nicht unberücksichtigt bleiben. Auch bei sehr langer Ehedauer wird es dem Unterhaltsberechtigten aber in Fällen, in denen er (wie hier) seit vielen Jahren vollschichtig erwerbstätig ist, regelmäßig möglich sein, seine persönlichen und finanziellen Verhältnisse innerhalb einer mehrjährigen Übergangszeit auf die Einkünfte einzurichten, die er ohne die Unterhaltsleistungen des geschiedenen Ehegatten zur Verfügung hat.

Der Bundesgerichtshof hat im oben genannten Fall eine Überlegungsfrist von vier Jahren ab der rechtskräftigen Scheidung für ausreichend und angemessen erachtet, die der Senat auch im vorliegenden Fall für erforderlich hält. Nach vorangegangener Trennungszeit bleibt der Antragsgegnerin ein nachehelicher Unterhaltsanspruch für die Dauer von weiteren vier Jahren. Dieser Zeitraum ist ausreichend, um es zu ermöglichen, sich von den etwas günstigeren ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensstandard nach den eigenen Einkünften einzurichten und die Lebensführung den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln anzupassen, z.B. durch Anmietung einer günstigeren Wohnung. Dem steht auch die Höhe der Einkommensdifferenz beider Parteien nicht entgegen.

Das Amtsgericht hat eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den eheangemessenen Bedarf vorgenommen, aber eine Befristung abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine zeitlich begrenzte Herabsetzung sind inhaltsgleich mit den Voraussetzungen des § 1578b Abs. 2 BGB für eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs (Wendl/Pauling, aaO § 4 Rdn. 580). Im Regelfall gibt es keine sofortige Herabsetzung mit Beginn des Unterhalts ab Rechtskraft der Scheidung, weil die Gewährung einer Übergangsfrist selten unbillig sein dürfte (Wendl/Pauling, aaO Rdn. 582). Derartige Gründe sind auch im vorliegenden Fall nicht ansatzweise ersichtlich, da die Parteien lange verheiratet waren, drei Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind, und die Antragsgegnerin kein vorwerfbares Verhalten trifft.

Auch in der von dem Antragsteller zitierten Entscheidung (OLG Frankfurt FamRZ 2009, 526) wurde der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nicht ab Rechtskraft der Ehescheidung herabgesetzt. Es geht dort um die Begrenzung und Befristung von Krankheitsunterhalt nach dem neuen Unterhaltsrecht. Das Oberlandesgericht Frankfurt ist für den Fall, daß der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach 23-jähriger Ehe dauerhaft erwerbungsunfähig erkrankt ist, und die Ehegatten vor der Scheidung bereits seit vier Jahren getrennt lebten, davon ausgegangen, daß eine Begrenzung des vollen Unterhalts auf einen Zeitraum von sechs Jahren ab Rechtskraft der Scheidung angemessen ist. Anschließend sei der Unterhalt auf den angemessenen Lebensbedarf zu beschränken, welcher bei Parteien in durchschnittlichen Einkommensverhältnissen mit dem angemessenen Selbstbehalt gegenüber volljährigen Kindern von derzeit 1.100 € in Ansatz zu bringen ist. Eine Befristung des begrenzten Unterhalts kommt bei dauerhafter Erwerbsunfähigkeit, hohem Alter des Unterhaltsberechtigten und langer Ehedauer komme nicht in Betracht. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat im Ergebnis erst nach sechs Jahren eine Herabsetzung vorgenommen. Die zitierte Entscheidung stellt auch wegen der Dauererkrankung einen Ausnahmefall dar. ..." (OLG Thüringen, Urteil vom 27.08.2009 - 1 UF 123/09 zu BGB §§ 1573 Abs. 2, 1577 Abs. 1, 1578b).

***

Hat ein fast 54 Jahre alter unterhaltsberechtigter Ehegatte, der während der fast 31 Jahre langen Ehezeit zwei aus der Ehe hervorgegangene Kinder betreut hat, ehebedingte Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit erlitten, für den eigenen Unterhalt zu sorgen (hier: keine Möglichkeit mehr, in den vor der Eheschließung in Polen erlernten Beruf der Bankkauffrau zurückzukehren), kann es an den Voraussetzungen für eine Befristung oder Herabsetzung seines Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt fehlen (OLG Bremen, Beschluss vom 06.08.2009 - 4 UF 19/09):

„... I. Die Berufung des Antragstellers erscheint nicht begründet.

1. Ein geringerer Anspruch der Antragsgegnerin auf Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) als der erstinstanzlich ermittelte (monatlich € 456,00) ergibt sich auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens nicht.

Das Nettoeinkommen des Antragstellers beträgt unstreitig monatlich € 2.620,36. Ihm ist die für das Jahr 2008 angefallene Steuererstattung mit monatlich anteilig € 38,11 hinzuzurechnen. Dass künftig nicht wenigstens mit einer jährlichen Steuererstattung von knapp € 460,00 zu rechnen ist, hat der Antragsteller nicht plausibel dargelegt. Denn zum einen erscheint der Steuererstattungsbetrag für das Jahr 2008 nicht außergewöhnlich hoch und zum anderen ist unklar, ob und in welchem Umfang dem Antragsteller künftig Fahrtkosten als Werbungskosten entstehen werden, auf denen nach seinem Vortrag die deutlich höhere Steuererstattung für das Jahr 2007 (€ 2.797,83) beruhte, die das Amtsgericht zur Grundlage seiner Unterhaltsberechnung gemacht hat. Als unstreitiger Abzugsposten ist der Lebensversicherungsbeitrag von monatlich € 68,73 als zusätzliche Altersvorsorge abzuziehen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Girokonto des Antragstellers durch die von ihm zunächst allein beglichenen Restverbindlichkeiten der Parteien nach der Veräußerung des gemeinsamen Hausgrundstücks mit € 5.324,30 ins Soll geraten ist. Dies gilt jedenfalls solange, bis die Parteien sich über den - unstreitig vorzunehmenden - internen Ausgleich der Restverbindlichkeiten geeinigt haben. Es obliegt dem Antragsteller allerdings, die damit verbundenen Zinslasten in einem angemessenen Rahmen zu halten. Es ist gerichtsbekannt, das derzeit für Verbraucherdarlehen in der Größenordnung um € 5.000,00 vielfach nicht mehr als 7% (und nicht selten weniger) Zinsen zu zahlen sind. Lediglich in dieser Höhe, also in Höhe von monatlich € 31,06 (€ 5.324,30 : 100 x 7 : 12) sind derzeit Zinslasten abzugsfähig, da der Antragsteller das Minus auf seinem Girokonto durch Aufnahme eines entsprechenden Darlehens ausgleichen könnte. Um weitere Positionen ist, nachdem die Hauslasten weggefallen sind, das Einkommen des Antragstellers nicht zu bereinigen. Weitere Darlehensraten und Beiträge zu Lebensversicherungen hat der Antragsteller, wie bereits das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat, weder hinreichend dargelegt noch belegt. Unterhaltszahlungen an den volljährigen Sohn der Parteien sind schon deshalb nicht berücksichtigungsfähig, weil der Antragsteller weder die Bedürftigkeit des Sohnes dargelegt noch die Höhe der Unterhaltszahlungen und deren Regelmäßigkeit substantiiert vorgetragen und belegt hat. Etwaige Zahlungen auf die Rückforderung für den Sohn der Parteien erbrachter BAföG-Vorauszahlungen in Höhe von € 3.643,04 durch die Senatorin für Bildung und Wissenschaft sind ebenfalls nicht zu berücksichtigen, weil unklar ist, ob und in welcher Höhe der Antragsteller sie erbringt. Unabhängig davon dürfte es dem Antragsteller obliegen, insofern eine möglichst niedrige Ratenzahlung zu vereinbaren, weshalb fraglich erscheint, ob die von ihm im Schriftsatz vom 20.04.2009 (Bl. 90) avisierte Ratenhöhe von € 300,00 unterhaltsrechtlich angemessen ist. Danach ergibt sich ein bereinigtes Einkommen von € 2.558,68.

Auf Seiten der Antragsgegnerin hat das Amtsgericht zu Recht ein fiktives Einkommen angesetzt. Die Antragsgegnerin trifft die Obliegenheit, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Soweit sie geltend macht, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in dem zuletzt ausgeübten Beruf als Altenpflegehelferin arbeiten zu können, ist ihr Vortrag nicht hinreichend substantiiert. Unabhängig davon hat sie auch keine konkreten Bemühungen um einen Arbeitsplatz in einem anderen Bereich vorgetragen. Setzt man, wie es das Amtsgericht getan hat, bei der Antragsgegnerin ein fiktives Nettoeinkommen von € 860,00 an, gegen dessen Höhe aus Sicht des Senats keine Bedenken bestehen, zumal der Antragsteller die Höhe für angemessen hält, ergibt sich ein Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin in Höhe von monatlich € 728,01 (vgl. anliegende Berechnung 1).

Aber auch dann, wenn man zugunsten des Antragstellers davon absähe, seine Steuererstattung einkommenserhöhend zu berücksichtigen und zudem der Antragsgegnerin fiktive Mieteinnahmen in Höhe von monatlich € 228,00 - nur in dieser Höhe hat der Antragsteller die Möglichkeit der Erzielung von Mieteinnahmen mit seinem Schriftsatz vom 26.01.2009 nebst Anlagen (Bl. 56 ff. SA5) substantiiert dargetan - zurechnete, ergäbe sich noch ein Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich € 597,67 (vgl. anliegende Berechnung 2, in der, ebenso wie in der Berechnung 3, die fiktiven Mieteinnahmen in voller Höhe und nicht - wie das jeweilige Erwerbseinkommen der Parteien - mit einem Abschlag von 1/7 eingestellt wurde). Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob der Antragsgegnerin fiktiv Mieteinnahmen aus der von ihrer Mutter bewohnten Wohnung in Polen zuzurechnen sind. Es bedarf daher an dieser Stelle auch keines Eingehens auf die sich in diesem Zusammenhang ergebende Frage, ob es gerechtfertigt wäre und von der Antragsgegnerin gefordert werden könnte, nunmehr Mietzahlungen ihrer Mutter zu verlangen, nachdem dies über 20 Jahre lang nicht geschehen ist.

Schließlich ergäbe sich selbst dann, wenn man auf Seiten des Antragstellers eine BAföG-Rückzahlung in Höhe eines Betrages von monatlich € 300,00 berücksichtigte, noch ein Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin in Höhe von € 469,10 (vgl. anliegende Berechnung 3).

Berücksichtigt man darüber hinaus von dem Antragsteller aufgrund des begrenzten Realsplittings erzielbare Steuervorteile, ergibt sich ein entsprechend erhöhter Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin, die ausdrücklich ihre Zustimmung zum Realsplitting erklärt hat.

2. Der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin ist weder zeitlich zu begrenzen (§ 1587b Abs. 2 S. 1 BGB) noch auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen (§ 1587b Abs. 1 S. 1 BGB).

Die Voraussetzungen für eine solche Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs liegen nicht vor. Zutreffend hat das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung insoweit auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast hingewiesen. Diese trägt für Tatsachen, die zu einer Unterhaltsbeschränkung führen können, der Unterhaltspflichtige. Erst dann, wenn er entsprechende Tatsachen dargetan hat, obliegt es dem Unterhaltsberechtigten, Umstände vorzutragen und zu beweisen, die gegen eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs sprechen (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 68. Aufl., § 1578b Rn. 19 m. w. Nachw.). Vorliegend fehlt es bereits an einer substantiierten Darlegung des Fehlens ehebedingter Nachteile der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Möglichkeit, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, durch den Antragsteller. Konkrete Tatsachen, die dafür sprechen könnten, dass und aus welchen Gründen die Nichtausübung des erlernten Berufes der Bankkauffrau zugunsten der Kinderbetreuung und der Übersiedelung in die BRD ohne nachhaltige negative Auswirkungen auf die Erwerbsmöglichkeiten der Antragsgegnerin nach der Scheidung der Ehe geblieben sein soll, trägt der Antragsteller nicht vor. Im Gegenteil ist nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers, der im Zusammenhang mit der Frage, welches Einkommen der Antragsgegnerin zuzurechnen ist, ausdrücklich auf deren Ausbildung zur Bankkauffrau hinweist, vom Vorliegen ehebedingter Nachteile der Antragsgegnerin auszugehen. Denn entgegen der Auffassung des Antragstellers erscheint eine Rückkehr der fast 54-jährigen Antragsgegnerin in den vorehelich erlernten Beruf der Bankkauffrau aufgrund ihres Alters und der fehlenden Berufspraxis nach jahrzehntelanger, ehebedingter Nichtausübung des erlernten Berufes ausgeschlossen. Wegen des Vorliegens ehebedingter Nachteile und unter Berücksichtigung der Umstände, dass die Ehe der Parteien fast 31 Jahre lang, also von langer Dauer war (Eheschließung am [...] 1977, Zustellung des Scheidungsantrags am [...] 2008) und aus ihr zwei Kinder hervorgegangen sind, die überwiegend von der Antragsgegnerin betreut wurden, kann ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin nicht als unbillig i. S. des § 1578b Abs. 2 BGB angesehen werden. Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller angesichts der Höhe seines Einkommens durch die an die Antragsgegnerin zu erbringenden Unterhaltsleistungen nicht gravierend in seiner Lebensführung eingeschränkt wird.

Aus den vorstehend genannten Gründen scheidet auch eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578b Abs. 1 S. 1 BGB aus. Sie kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil davon auszugehen ist, dass die Antragsgegnerin bei Fortführung ihres erlernten Berufs als Bankkauffrau ohne die Eheschließung heute ein Einkommen erzielen würde, dessen Höhe jedenfalls nicht unter der Summe der ihr zurechenbaren fiktiven Einkünfte und des erstinstanzlich ausgeurteilten Unterhalts von € 456,00 läge. Unabhängig davon fehlt es diesbezüglich an substantiiertem Vortrag des insoweit darlegungspflichtigen Antragstellers.

3. Soweit der Antragsteller sich nunmehr auf eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin wegen von ihm behaupteter falscher Angaben zu den Eigentumsverhältnissen an der von ihrer Mutter bewohnten Wohnung in Polen beruft (§ 1579 Nr. 3 BGB), ist dies nicht geeignet, der Berufung zum Erfolg zu verhelfen. Denn unabhängig davon, ob die Antragsgegnerin Eigentümerin der Wohnung ist oder „nur" ein Genossenschaftsrecht an der Wohnung besitzt, wären ihr möglicherweise fiktive Mieteinnahmen zuzurechnen, die, wie bereits dargelegt, nicht zu einem niedrigeren Unterhaltsanspruch führen würden als dem erstinstanzlich ausgeurteilten.

II. Wie sich aus den Ausführungen zu Ziffer I dieses Beschlusses ergibt, hat die Anschlussberufung der Antragsgegnerin - zumindest teilweise, möglicherweise sogar in vollem Umfang - Aussicht auf Erfolg.

III. Eine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag der Antragsgegnerin ist noch nicht möglich, da ihre Bedürftigkeit i. S. des § 114 S. 1 ZPO derzeit nicht feststellbar ist. Nach den von den Parteien bisher zur Akte gereichten Unterlagen betreffend die von der Mutter der Antragsgegnerin bewohnte Wohnung in Polen ist nicht hinreichend erkennbar, wie das Genossenschaftsrecht der Antragsgegnerin konkret ausgestaltet ist und welchen Wert es hat, so dass unklar ist, ob es als nach § 115 Abs. 3 ZPO einzusetzendes Vermögen anzusehen ist oder nicht. Der Antragsgegnerin wird daher aufgegeben, spätestens zum Termin ergänzende Angaben dazu zu machen und durch geeignete Belege glaubhaft zu machen, welche konkreten Rechte sie an der von ihrer Mutter bewohnten Wohnung in Polen hat und ob (bzw. gegebenenfalls warum nicht) diese veräußerbar oder beleihbar sind und welchen Verkehrswert sie haben.

IV. Mit Rücksicht auf den Inhalt dieses Beschlusses geht der Senat davon aus, dass es einer persönlichen Teilnahme der Parteien am Termin vom 14.08.2009 nicht bedarf. Die Parteien werden daher hiermit von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden. ..."

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Der nachträglichen Herabsetzung und/oder zeitlichen Begrenzung einer in einem Prozeßvergleich ohne Befristung vereinbarten Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts nach § 323 ZPO in Verbindung mit §§ 313, 1578b BGB steht nicht entgegen, daß der Vergleich (erst) im Jahre 2004 (also unter Geltung der Befristungsmöglichkeiten nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 S. 2 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Änderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften vom 20. Februar 1986) geschlossen wurde. Hat der Unterhaltsberechtigte nennenswerte fortdauernde ehebedingte Nachteile nicht nachgewiesen, obwohl die Umstände einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahe legen, steht auch eine Ehedauer von 25 Jahren (gerechnet bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages) einer zeitlichen Begrenzung und Herabsetzung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt nach § 1578b BGB nicht entgegen (hier: Herabsetzung und zeitliche Begrenzung auf acht Jahre nach alsbald nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages rechtskräftig gewordenem Scheidungsurteil; OLG Stuttgart, Urteil vom 15.07.2009 - 18 UF 10/09 zu BGB §§ 313, 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1, 1578b; ZPO § 323):

„... Der Kläger verlangt von der Beklagten, seiner geschiedenen Ehefrau, einen Prozeßvergleich aus dem Jahre 2004 dahin abzuändern, daß er ab März 2010 keinen Unterhalt mehr an sie zu zahlen habe. Die im ersten Rechtszug erhobene Widerklage auf Erhöhung des Unterhalts hat das Amtsgericht - Familiengericht - Stuttgart-Bad Cannstatt abgewiesen, ohne daß die Beklagte hiergegen Berufung eingelegt hat.

Am 18. Mai 1977 schlossen die Beklagte (geboren am 6. Juni 19569) und der Kläger (geboren am 19. Januar 1953) die Ehe, aus der der Sohn D. (geboren am 22. März 1979) und die Zwillinge K. und J. (geboren am 17. Mai 1985) hervorgegangen sind. Mit am selben Tage rechtskräftig gewordenem Urteil vom 19. Februar 2004 sprach das Familiengericht die Scheidung aus, nachdem sich die Parteien im Juni 2001 getrennt hatten, und der Scheidungsantrag am 10. April 2002 zugestellt worden war.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. Februar 2004 trafen die Parteien eine Scheidungsfolgenvereinbarung zum Unterhalt, in der sich der Kläger in § 1 verpflichtete, an die Klägerin einen monatlich im voraus fälligen nachehelichen Unterhalt von 880 € zu zahlen. § 2 der Vereinbarung lautet:

» Die Parteien sind sich darüber einig, daß der Antragsteller insgesamt monatlich nicht mehr [als] 1.580 € an Unterhalt (Ehegatten- und Kindesunterhalt) für die Dauer von zwei Jahren zahlen soll. Danach können die Parteien eine Abänderung dieser Vereinbarung vornehmen. Eine vorherige Abänderung ist nur in Fällen der Not zulässig. «

In § 3 wurden die Kosten der Vereinbarung gegeneinander aufgehoben; in § 4 einigten sich die Parteien dahin, daß für den Fall des Nichtbestehens eines Unterhaltsanspruchs eines oder beider Kinder J. und K. der Unterhaltsanspruch der Beklagten sich um 45% des wegfallenden Kindesunterhalts erhöhe. Im übrigen nahmen die Parteien keine Grundlagen des Vergleichs in die Vereinbarung auf. Bei der Ermittlung der Höhe des Unterhaltsanspruchs der Beklagten, die seinerzeit aus ihrer Halbtagstätigkeit als Erzieherin ein Nettoeinkommen von monatlich 1.215 € erzielte, gingen sie allerdings auf seiten des Klägers von einem bereinigten Nettoeinkommen von 3.314 € bei einem Einkommen von 4.014 € monatlich und einem Kindesunterhalt von 700 € aus.

Die Beklagte war bei Eheschließung im Jahre 1977 als Erzieherin im Anerkennungsjahr im E. Heim in Würzburg beschäftigt. Auch nach der Geburt des Sohnes D. im März 1979 übte sie eine Halbtagstätigkeit als Erzieherin aus, während der Kläger sein von ihr und ihren Eltern mitfinanziertes Lehramtsstudium fortsetzte. Mit der Geburt der Zwillinge J. und K. im Februar 1985 beendete die Beklagte ihre Erwerbstätigkeit und widmete sich der Kinderbetreuung, während der Kläger nach Abschluß seines Referendariats ab Oktober 1985 als Pharmareferent in die Dienste der Firma G./P. D. trat. Die Beklagte konnte im Herbst 1988 ihre Halbtagstätigkeit als Erzieherin auf ihrer alten Stelle in Würzburg wieder aufnehmen.

1990 zogen die Parteien von Würzburg nach Freiburg, wo der Kläger zum Verkaufstrainer ernannt worden war. Im Juni 1991 erhielt die Beklagte ihre heutige Stelle als Erzieherin im Kindergarten der Gemeinde U. Die Halbtagsstelle wurde im Jahre 2001 auf eine Teilzeitstelle im Umfang von 24 Stunden pro Woche aufgestockt. Im Jahre 2007 erzielte die Beklagte hieraus ein monatliches Nettoeinkommen von 1.210 €. Befristet bis zum 31. August 2009 leistet sie seit November 2008 wöchentlich zusätzlich sechs Stunden Arbeit; im Jahre 2008 betrug ihr monatliches Nettoeinkommen 1.298 €. Außerdem erzielt sie Einkünfte aus Kapitalvermögen von monatlich 100 €; das Kapital hat sie aus der Vermögensauseinandersetzung in der Ehe erlangt, bei der sie aus dem Hausverkauf Anfang des Jahres 2004 45.634 €, als Zugewinnausgleich 38.000 € sowie weitere vom Kläger gezahlte 15.150,66 € für eine Lebensversicherung erhielt.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 29. Januar 2008 schlug der Kläger der Beklagten vor, auf die Zahlung von Ehegattenunterhalt zu verzichten. Der Kläger hat behauptet, bei der Unterhaltsberechnung für den Vergleich habe man immer eine Vollzeitbeschäftigung bei der Beklagten zugrunde gelegt. Er ist der Auffassung gewesen, bei Vergleichsschluß sei nach der damaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung wegen der langen Dauer der Ehe eine Befristung des Unterhaltsanspruchs ausgeschlossen gewesen. Er hat beantragt, den vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Freiburg (Breisgau) am 19. Februar 2004 geschlossenen Prozeßvergleich mit Wirkung ab 1. März 2010 dahingehend abzuändern, daß er an die Beklagte keinen Ehegattenunterhalt mehr zu bezahlen hat.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, bei der Unterhaltsberechnung für den Vergleich hätten die Parteien ihr zu ihrem tatsächlichen Einkommen aus Halbtagstätigkeit ein fiktives Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung von 400 € zugerechnet, um einerseits dem Einwand des Beklagten zu entsprechen, sie sei gehalten, eine Vollzeitstelle anzunehmen, und um andererseits ihrem Anliegen Rechnung zu tragen, ihre sichere, aber nicht die Möglichkeit einer Aufstockung bietende Stelle nicht aufgeben zu müssen. Weiter hat sie vorgetragen, ohne die Ehe hätte sie deutlich höhere Rentenanwartschaften erlangt. Schließlich hat sie sich auf den Rechtsstandpunkt gestellt, eine Befristung des Unterhalts sei »präkludiert«, weil schon bei Vergleichsschluß die damalige höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 1573 Abs. 5 BGB a.F. eine Befristung des Unterhalts ermöglicht hätte.

Das Amtsgericht hat in seinem Urteil vom 22. Dezember 2008, der Beklagten zugestellt am 23. Dezember 2008, den am 19. Februar 2004 vor dem Familiengericht Freiburg geschlossenen Vergleich dahin abgeändert, daß der Kläger ab 1. März 2010 keinen Ehegattenunterhalt mehr an die Beklagte zu zahlen hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Begrenzung des Unterhalts sei nach der im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 1573 Abs. 5 BGB wegen der Dauer der Ehe nicht möglich gewesen, weshalb eine Bindung an die Vergleichsgrundlage der Befristung des Unterhalts nicht entgegen stehe; vielmehr sei, gestützt auf § 1573 Abs. 5 BGB a.F., eine solche Befristung auf Ende Februar 2010 vorzunehmen. Dies sei auch in Anbetracht des Alters der Beklagten und der Ehedauer gerechtfertigt, weil die Beklagte Unterhaltsleistungen seit Februar 2004 bezogen und ehebedingte Nachteile, ausgehend von einem fiktiven Netto-Einkommen aus Vollzeittätigkeit von 1.917 €, nicht erlitten habe.

Hiergegen richtet sich die am 21. Januar 2009 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. März 2009 am 20. März 2009 begründete Berufung der Beklagten. Ihrer Ansicht nach hat das Amtsgericht zu Unrecht die Auffassung vertreten, die höchstrichterliche Rechtsprechung habe zur Zeit des Vergleichsschlusses eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht erlaubt. Sie behauptet, ohne die Ehe wäre sie heute Leiterin eines Kindergartens in München mit mehr als 180 Plätzen bei einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.260 € zuzüglich Weihnachts- und Urlaubsgeld. Dieses Einkommen könne sie heute tatsächlich nicht erzielen, zumal es sehr unwahrscheinlich sei, daß sie in einem anderen Kindergarten eine Vollzeitstelle finde. Im übrigen hält sie es für unzumutbar, ihr die Aufgabe ihres unkündbaren Teilzeit-Arbeitsverhältnisses anzusinnen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Freiburg vom 22. Dezember 2008 (42 F 59/08) in Tenor Ziffer 1. zu ändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt die Berufung zurückzuweisen. Er behauptet, die Beklagte könne aus einer Vollzeit-Tätigkeit als Erzieherin heute ein Nettoeinkommen von monatlich 1.677 € erzielen. ...

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet, hat aber in der Sache nur teilweise Erfolg. Gemäß § 1578b Abs. 1 BGB war der Aufstockungsunterhalt der Beklagten (§ 1573 Abs. 2 BGB) von März 2010 bis einschließlich Februar 2012 auf 440 € herabzusetzen; ab März 2012 entfällt der Unterhaltsanspruch (§ 1578b Abs. 2 und 3 BGB).

1. Die durch den Kläger erhobene Abänderungsklage ist gemäß § 323 Abs. 1 und 4 iVm § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig. Die den Schutz der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen bezweckenden Bestimmungen des § 323 Abs. 2 und 3 ZPO sind entgegen dem Wortlaut des § 323 Abs. 4 ZPO auf die Abänderung von der Privatautonomie der Parteien unterliegenden Prozeßvergleichen nicht anzuwenden; vielmehr folgt deren Abänderung ausschließlich den Bestimmungen des materiellen Rechts (BGH GSZ NJW 1983, 228, 230 = BGHF 3, 490; 1995, 534, 536 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 43 = BGHF 9, 728; OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 816; Wendl/Schmitz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 10 Rdn. 169; Zöller/Vollkommer, ZPO 27. Aufl. § 323 Rdn. 44 - 46). Weil der Kläger schlüssig behauptet hat, daß sich eine wesentliche Änderung seiner Unterhaltsverpflichtung durch Umstände ergeben habe, die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts zum 1. Januar 2008 entstanden und durch dieses Gesetz - nämlich durch § 1578b BGB - erheblich geworden seien, steht der Zulässigkeit der Klage auch nicht § 36 Nr. 1 EGZPO entgegen (zum prozessualen Gehalt dieser Bestimmung s. Borth, Unterhaltsrechtsänderungsgesetz (UÄndG) 1. Aufl. 2007 Rdn. 387, sowie OLG Saarbrücken OLGR 2009, 199).

2. Der Kläger kann von der Beklagten die Herabsetzung des ihr geschuldeten Unterhalts ab März 2010 auf 440 € und ab März 2012 auf Null verlangen (§§ 313 Abs. 1, 1578b BGB).

a) Die Abänderbarkeit des Vergleichs richtet sich nach den in § 313 Abs. 1 BGB geregelten Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage, denn die Parteien haben vor dem Familiengericht am 19. Februar 2004 über die grundsätzliche Möglichkeit der Abänderung der Vereinbarung nach Ablauf zweier Jahre in § 2 hinaus rechtsgeschäftlich keine Kriterien hierfür festgelegt. Unvereinbar mit dieser ausdrücklichen Einräumung einer Abänderungsmöglichkeit ist allerdings das durch den Kläger bestrittene Vorbringen der Beklagten im zweiten Rechtszug, die Parteien seien bei Vergleichsschluß davon ausgegangen, der Kläger müsse dauerhaft, jedenfalls aber bis zur Verrentung, Unterhalt leisten.

aa) In Bezug auf die Möglichkeit einer Befristung des Unterhalts bildete das bei Abschluß der Vereinbarung geltende materielle Unterhaltsrecht, namentlich also § 1573 Abs. 5 BGB, die Grundlage des Vergleichs iSv § 313 Abs. 1 BGB, weil die Parteien mit ihm den Aufstockungsunterhaltsanspruch der Beklagten nach § 1573 Abs. 2 BGB festlegten. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien wollten sie hierbei auch, was die Dauer der Zahlungsverpflichtung anbelangte, nicht von den gesetzlichen Unterhaltsbestimmungen abweichen, sondern eine diesen entsprechende Regelung treffen. Im übrigen ist Vereinbarungen zum Unterhalt generell immanent, daß sie auf der Grundlage der geltenden Rechtslage (BGH FamRZ 1994, 562, 564 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 40 = BGHF 9, 88; Graba, Die Abänderung von Unterhaltstiteln 3. Aufl. [2004] Rdn. 291) nebst herrschender Meinung und Rechtsprechung hierzu (Wendl/Schmitz, aaO Rdn. 171) getroffen worden sind.

bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten ermöglichte aber § 1573 Abs. 5 BGB in der durch den Bundesgerichtshof zu der Vorschrift entwickelten Rechtsprechung bei Abschluß der Scheidungsfolgenvereinbarung keine Befristung des Unterhalts, denn die Dauer der Ehe - gerechnet von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrages (BGH FamRZ 1986, 886, 887 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 17 = BGHF 5, 478) 25 Jahre - stand einer solchen Begrenzung des Anspruchs entgegen.

Bereits das Familiengericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß der Bundesgerichtshof noch in einer kurz nach Abschluß des Vergleichs - am 9. Juni 2004 - ergangenen Entscheidung (FamRZ 2004, 1357, 1360 = FuR 2004, 548 = EzFamR BGB § 1581 Nr. 8) ausführte, daß es zwar dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 1573 Abs. 5 BGB widerspräche, den Billigkeitsgesichtspunkt der Dauer der Ehe im Sinne einer festen Zeitgrenze zu bestimmen, von der ab der Unterhaltsanspruch grundsätzlich keiner zeitlichen Befristung mehr zugänglich sein sollte. Andererseits sei aber nicht zu verkennen, daß sich eine Ehedauer von mehr als zehn Jahren dem Grenzbereich nähern dürfte, in dem - vorbehaltlich stets zu berücksichtigender besonderer Umstände des Einzelfalles - der Dauer der Ehe als Billigkeitskriterium im Rahmen von § 1573 Abs. 5 BGB ein durchschlagendes Gewicht für eine dauerhafte Unterhalts-»Garantie« und gegen die Möglichkeit einer zeitlichen Begrenzung des Unterhalts zukommen werde. Eine weiter zunehmende Ehedauer gewinne nach und nach ein Gewicht, das nur bei außergewöhnlichen Umständen eine zeitliche Begrenzung zulasse. Hierbei berief sich der Bundesgerichtshof ausdrücklich auf zwei Urteile aus den Jahren 1990 (FamRZ 1990, 857, 859 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 17 = BGHF 7, 176, wo er ausdrücklich offen gelassen hatte, ob der Grenzbereich einer dauerhaften Unterhaltsgarantie bei einer Ehedauer von 15 Jahren erreicht sei, und FamRZ 1991, 307, 310 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 19 = BGHF 7, 482, wo eine Ehedauer von 28 Jahren als in einem Bereich liegend bezeichnet wurde, in dem grundsätzlich eine solche dauerhafte »Garantie« als geboten erscheine).

Erst in der Entscheidung vom 12. April 2006 (FamRZ 2006, 1006 = FuR 2006, 374 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 25) ist der Bundesgerichtshof von dieser Heraushebung der Ehedauer als Abwägungskriterium für die Unterhaltsbefristung abgerückt und hat betont, das Gesetz stelle die Ehedauer als Billigkeitsgesichtspunkt gleichrangig neben die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit; eine lebenslange Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards sei nur dann angemessen, wenn etwa die Ehe lange gedauert habe, aus ihr gemeinsame Kinder hervorgegangen seien, die der Berechtigte betreut oder betreut habe, wenn er erhebliche berufliche Nachteile um der Ehe willen auf sich genommen habe oder wenn sonstige Gründe wie Alter oder Krankheit des Berechtigten für eine dauerhafte Lebensstandardgarantie sprächen. Lägen diese Voraussetzungen nicht vor, werde es oft angemessen sein, ihm nach einer Übergangszeit einen Lebensstandard zuzumuten, wie er ihn vor der Ehe gehabt habe, ihm mit anderen Worten also nur Unterhalt in Höhe des ehebedingten Nachteils zu gewähren (aaO S. 1007).

Daß der Bundesgerichtshof mit diesem Urteil in der Auslegung des § 1573 Abs. 5 BGB eine grundlegend andere Richtung eingeschlagen hat, ergibt sich besonders deutlich aus seiner Entscheidung vom 26.9.2007 (FamRZ 2007, 2049 = FuR 2008, 37 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 30), in deren Gründen er ausführt, eine Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB scheide »nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des Senats« nicht schon allein wegen einer langen Ehedauer aus, auch wenn diese mehr als 20 Jahre betrage, und als Rechtsprechungsnachweise hierzu neben BGH FamRZ 2006, 1006 (= FuR 2006, 374 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 25) ausschließlich die später ergangenen Entscheidungen FamRZ 2007, 200 = FuR 2007, 25 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 26, FamRZ 2007, 793 = FuR 2007, 276 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 27 und FamRZ 2007, 1232 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 29 benennt.

Die obergerichtliche Rechtsprechung und das Schrifttum haben sich dem Bundesgerichtshof in seiner ursprünglichen Hervorhebung der Ehedauer als Abwägungskriterium angeschlossen (s. z.B. OLG Düsseldorf FamRZ 1992, 1439; OLG Bamberg FamRZ 1998, 25; OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1179; Gerhardt in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 5. Aufl. [2004] 6. Kap. Rdn. 386a, wonach eine zeitliche Begrenzung ab einer Ehedauer von 15, in Ausnahmefällen sogar bei 20 Jahren nur noch bei außergewöhnlichen Umständen in Erwägung zu ziehen sei; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. [2004] IV Rdn. 302, lehnte - BGH FamRZ 1991, 307 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 19 = BGHF 7, 482 folgend - eine Anwendung des § 1573 Abs. 5 BGB bei einer Ehedauer von 28 Jahren ab: Sie gewinne mit Überschreiten der Zehn-Jahres-Grenze unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles immer mehr an Gewicht; nach Palandt/Brudermüller, BGB 61. Aufl. [2002] sollte eine Begrenzung des Unterhalts ab einer Ehedauer von 20 Jahren grundsätzlich ausgeschlossen sein).

Nach der bis zum Jahre 2006 herrschenden Auslegung des § 1573 Abs. 5 BGB schied damit eine Befristung des Aufstockungsunterhaltsanspruchs aus, denn die Dauer der Ehe der Parteien bewegte sich mit 25 Jahren im Bereich einer dauerhaften Unterhaltsgarantie. Dies gilt um so mehr, als die Beklagte in dieser Zeit die gemeinschaftlichen Kinder D., K. und J. nicht nur vorübergehend und zumindest überwiegend betreut hatte, war doch gemäß § 1573 Abs. 5 S. 1 Hs. 2 BGB a.F. damit der lebenslange Unterhaltsanspruch im Regelfall als nicht unbillig anzusehen. Auch lagen derart außergewöhnliche Umstände, daß sich ausnahmsweise doch die Unbilligkeit eines unbefristeten Anspruchs ergeben hätte, bei Abschluß des Vergleichs nicht vor.

b) Durch die Einfügung des § 1578b in das Bürgerliche Gesetzbuch durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz hat sich die der Vereinbarung der Parteien über den nachehelichen Unterhalt zugrunde liegende Gesetzeslage schwerwiegend verändert mit der Folge, daß der Unterhaltsanspruch der Beklagten der geltenden Rechtslage entsprechend nunmehr herabzusetzen und zu befristen ist (§ 313 Abs. 1 BGB). Weil die Parteien die Dauer der Zahlungsverpflichtung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen vereinbaren wollten, ist dem Kläger ein Festhalten an dem auf der überholten Rechtslage beruhenden Vergleich nicht zumutbar.

aa) Auf die Herabsetzung und Befristung ist gemäß Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 und § 36 Nr. 7 EGZPO das ab 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden, denn beide werden erst unter Geltung der neuen Gesetzeslage wirksam.

bb) Eine Herabsetzung und Befristung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt nach § 1578b Abs. 1 und 2 BGB setzt voraus, daß ein nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessener bzw. zeitlich unbegrenzt gewährter Unterhalt unbillig wäre. Bei der Billigkeitsabwägung ist gemäß § 1578b Abs. 2 und Abs. 1 S. 2 BGB insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578b Abs. 1 S. 3 BGB).

Ehebedingte Nachteile in diesem Sinne sind etwa anzunehmen, wenn wegen der Ehe eine berufliche Ausbildung nicht aufgenommen oder beendet worden oder ein Wiedereinstieg in den während der Ehe ausgeübten Beruf erschwert ist, aber auch dann, wenn sich als Folge von Belastungen in der Ehe Gesundheitsbeeinträchtigungen eingestellt haben, oder durch die Dauer der Ehe ein Lebensalter erreicht worden ist, in dem keine Möglichkeit mehr besteht, eine den Unterhaltsbedarf deckende Beschäftigung zu finden (s. dazu BGH FamRZ 2008, 1325 = FuR 2008, 401 = EzFamR BGB § 1579 Nr. 50; OLG Karlsruhe FamRZ 2008, 2206; 2009, 341). Das Vorliegen ehebedingter Nachteile ist dabei anhand eines Vergleichs des tatsächlich erzielten mit dem fiktiv bei nicht unterbrochener Erwerbstätigkeit möglichen Einkommens zu beurteilen (Schürmann in Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozeß 5. Aufl. [2009] Kap. 1 Rdn. 1028; vgl. auch BGH FamRZ 2007, 200 = FuR 2007, 25 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 26). Lassen sich ehebedingte Nachteile feststellen, so schränkt dies die Möglichkeit einer Befristung und Begrenzung des Unterhalts regelmäßig ein (BGH FamRZ 2009, 1207 = FuR 2009, 530 Tz. 35), ohne sie aber generell auszuschließen; vielmehr gilt, daß nach dem Grundsatz der Eigenverantwortung desto eher eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung in Betracht kommt, je geringer die ehebedingten Nachteile sind (Wendl/Pauling, aaO § 4 Rdn. 587; BT-Dr. 16/1830 S. 18).

a) Der ehebedingte Nachteil ist mit höchstens 60 € zu bemessen, nämlich der Differenz zwischen dem fiktiven heutigen Einkommen der Beklagten ohne die Ehe von monatlich 1.770 € und dem Einkommen von 1.710 €, wie sie es tatsächlich, ihrer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit entsprechend, mindestens zu erzielen hätte.

(1) Daß sie heute ohne Ehe ein Einkommen von mehr als 1.770 € erzielen würde, hat die Beklagte nicht bewiesen. Die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Beschränkung des Unterhalts führen können, trägt zwar der Unterhaltsverpflichtete, weil es sich um Ausnahmetatbestände handelt. Hat der Unterhaltspflichtige allerdings Tatsachen vorgetragen, die - wie etwa die Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem von dem Unterhaltsberechtigten erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf - einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahelegen, so obliegt es dem Berechtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere »Schonfrist« sprechen (BGH FamRZ 2008, 134, 136 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 32; OLG Koblenz FamRZ 2009, 524, 526; Schürmann, aaO Rdn. 1034).

Hier ist nach diesen Grundsätzen die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet, weil bei ihr die Ausübung einer Vollzeitbeschäftigung in ihrem erlernten Beruf als Erzieherin zugrunde zu legen ist. Zwar übt sie tatsächlich nur eine Tätigkeit im Umfange von 24 Stunden pro Woche - derzeit vorübergehend von 30 Stunden pro Woche - aus. Allerdings gingen die Parteien nach ihrem insoweit übereinstimmenden Vortrag schon bei Vergleichsschluß von einer Vollzeittätigkeit aus; bestritten ist lediglich der Vortrag der Beklagten, die Obliegenheit zur Ausübung einer Vollzeittätigkeit habe man bei der Unterhaltsberechnung durch die fiktive Hinzurechnung von 400 € zum tatsächlichen Einkommen berücksichtigt, um ihr die Beibehaltung ihrer sicheren Teilzeitstelle zu ermöglichen. An die dem Vergleich zugrunde liegende Annahme einer Vollzeitbeschäftigung ist die Beklagte gebunden.

Bei der Beklagten ist damit ein Nettoeinkommen aus einer Tätigkeit als Leiterin einer Gruppe in einem Kindergarten von 1.770 € (gemäß ihrem Vortrag nach TvöD und unter Berücksichtigung von Besitzständen nach dem früheren BAT) anzunehmen. Der hypothetische Verlauf eines Erwerbslebens bei hinweggedachter Eheschließung läßt sich zwar kaum darlegen und beweisen. Jedenfalls aber ist vom Anspruchsteller zu verlangen, daß er substantiiert vorträgt, welche beruflichen Möglichkeiten ihm die Ehe genommen hat (so Bißmaier, FamRZ 2009, 389, 390). Im übrigen erscheint es als sachgerecht, ausgehend von der vorehelichen beruflichen Situation und orientiert an der tatsächlichen seitherigen Entwicklung, den normalen Verlauf einer Laufbahn im erlernten Beruf zugrunde zu legen (ähnlich OLG Stuttgart FamRZ 2009, 785).

Danach kann nicht dem Vortrag der Beklagten gefolgt werden, sie würde heute einen Kindergarten mit mindestens 180 Plätzen in München leiten und als solche ein Nettoeinkommen von monatlich 2.260 € zuzüglich Besitzstände nach BAT, Urlaubs- und Weihnachtsgeld erzielen. Hinreichend konkrete Indiztatsachen, die die Annahme einer solchen als Karrieresprung zu wertenden beruflichen Laufbahn begründen könnten, hat sie nicht benannt. Soweit die Beklagte behauptet, sie sei in ihrem Beruf stets sehr engagiert gewesen, ist dieser Vortrag unsubstantiiert, zumal sich berufliches Engagement in unterschiedlichsten Formen ausprägen kann, ohne daß dies den Schluß auf eine besondere Befähigung gerade für Leitungsfunktionen zuließe. Weshalb die Beklagte - wie sie behauptet - »selbstverständlich« die erforderliche Zusatzausbildung im Organisationsbereich absolviert hätte, ist nicht näher ausgeführt. Die berufliche Stellung des Vaters als Arzt und der Umstand, daß ihre Geschwister studiert haben, rechtfertigt die Annahme einer besonders erfolgreichen Laufbahn der Beklagten als Erzieherin ebenso wenig wie die Tatsache, daß sie neben Haushaltsführung und Betreuung dreier Kinder stets eine Teilzeittätigkeit ausübte.

Demgegenüber nimmt der Senat an, daß die Beklagte ohne die Ehe heute die Position einer Gruppenleiterin im Kindergarten erreicht hätte. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß die langjährige Ausübung einer Teilzeittätigkeit dem beruflichen Fortkommen hinderlich ist. Zudem sind Stellen als Gruppenleiterin - anders als die Position einer Leiterin eines Kindergartens, zumal mit mindestens 180 Plätzen - in zahlreichen Kindergärten nicht nur in Großstädten vorhanden. Aus diesen Gründen entspricht der Aufstieg in eine derartige Stellung bei einer langjährigen ununterbrochenen Vollzeittätigkeit als Erzieherin dem üblicherweise zu Erwartenden.

(2) Ihr tatsächliches Einkommen ist mit monatlich jedenfalls 1.710 € anzusetzen. Zu den Einkünften von 100 € aus Kapitalvermögen, das aus der Vermögensauseinandersetzung in der Ehe stammt, kommt ein fiktives Einkommen aus Vollzeittätigkeit von 1.610 € hinzu. Dieses ergibt sich aus dem realen Einkommen aus Teilzeittätigkeit als Erzieherin von 1.210 € (ausgehend von den Verhältnissen im Jahre 2007, weil die Beklagte ab November 2008 ihre Wochenarbeitszeit vorübergehend aufgestockt hat), zuzüglich 400 € aus Nebentätigkeit. Ausgehend vom klägerischen Vortrag, nach dem man sich bei dem Vergleich nicht auf ein auf diese Weise berechnetes Einkommen der Beklagten geeinigt habe, läge bei dem von ihm in erster Instanz behaupteten Einkommen aus einer Vollzeitstelle als Erzieherin von 1.677 € überhaupt kein ehebedingter Nachteil mehr vor.

(3) Ein an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierter und zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch wäre unbillig. Zwar spricht das Fortbestehen ehebedingter Nachteile regelmäßig gegen einen gänzlichen Fortfall des Unterhaltsanspruchs; dies gilt aber dann nicht, wenn sich (wie hier) der Nachteil auf einen geringfügigen Betrag - vorliegend von höchstens 60 € - beschränkt, und der Unterhaltsberechtigte auch ohne den Unterhaltsanspruch ein Einkommen erzielt (bzw. erzielen könnte), das erheblich über den angemessenen Selbstbehalt hinausgeht. Streitet somit der bei der Billigkeitsabwägung nach § 1578b BGB vorrangig zu berücksichtigende Gesichtspunkt des ehebedingten Nachteils nicht für eine unbefristete Gewährung des Unterhalts, so ist unter Berücksichtigung der auch ohne Bezug von Unterhaltsleistungen jedenfalls auskömmlichen Einkünfte der Beklagten eine Befristung des Unterhalts geboten.

Überdies hat die Beklagte aus der Ehe - abgesehen von der Teilhabe an der Altersversorgung des Klägers im Rahmen des Versorgungsausgleichs - auch durch die Vermögensauseinandersetzung in nicht unerheblichem Maße Vorteile gezogen; insgesamt hat sie hierdurch rund 100.000 € erlangt. Aus diesem Grunde kommt auch dem Umstand, daß die Beklagte und deren Eltern sich an der Finanzierung des Lehramtsstudiums des Klägers beteiligt haben, kein durchschlagendes Gewicht zu. Daß die Beklagte während der Ehe drei Kinder betreut hat, spricht für sich genommen deshalb nicht gegen eine Befristung, weil es sich insoweit wie auch bei der Dauer der Ehe (hier: 25 Jahre) nicht um einen eigenständigen Abwägungsbelang handelt; vielmehr sind die Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes und die Ehedauer nach dem Wortlaut des § 1578b Abs. 1 S. 3 BGB bei der Beurteilung des Vorliegens ehebedingter Nachteile im Sinne von Satz 2 dieser Vorschrift erheblich.

Die - wie die Höhe des bisher gezahlten Unterhalts belegt - im Vergleich zur Beklagten merklich besseren Einkommensverhältnisse des Klägers ändern an der Unbilligkeit einer unbefristeten Unterhaltsleistung nichts. Auch hier ist wieder das Fehlen ehebedingter Nachteile von Bedeutung; dann kann es aber dem Berechtigten zumutbar sein, nach einer Übergangszeit auf den bisherigen ehelichen Lebensstandard zu verzichten und sich auf einen Lebensstandard einzurichten, wie er ihn ohne die Ehe erreicht hätte (BGH NJW 2008, 2644). Dies ist bei der Beklagten anzunehmen, zumal sie wegen der verstärkten Entwicklung hin zu einer Fremdbetreuung noch nicht schulpflichtiger Kinder auch in ihrem Alter von jetzt 53 Jahren noch die Chance auf eine berufliche Weiterentwicklung, wenn auch möglicherweise nicht bei ihrem derzeitigen, so doch bei einem anderen Arbeitgeber hat.

Allerdings erscheint es als angemessen, den Unterhaltsanspruch nicht mit dem Amtsgericht ab März 2010 bereits vollständig entfallen zu lassen, sondern ihn zunächst um die Hälfte zu ermäßigen und erst nach Ablauf zweier weiterer Jahre auf Null abzusenken. Die dem Berechtigten für die Einstellung auf den Wegfall des Unterhalts zu gewährende Übergangs- und Schonfrist bemißt sich nach Billigkeit; bei ihrer Bestimmung sind erneut die in § 1578b Abs. 1 S. 2, 3 BGB aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen. In Anbetracht der Ehedauer von 25 Jahren, der während dieser Zeit erfolgten Betreuung dreier Kinder und der Höhe des wegfallenden Unterhalts erscheinen eine insgesamt 8-jährige Unterhaltsleistung als angemessen mit der Folge, daß der Beklagten ab Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts und dem Erhalt des Schriftsatzes des Klägers vom 29. Januar 2008, mit dem ihr ein Unterhaltsverzicht angesonnen worden war, insgesamt vier Jahre verbleiben, um sich auf die Verringerung ihrer Einkünfte einzustellen.

b) Der Wegfall des Unterhaltsanspruchs ist der Beklagten unter Berücksichtigung ihres Vertrauens in den Unterhaltsvergleich auch zumutbar (§ 36 Nr. 1 EGZPO). Ihre Vermögensdispositionen, die sie ihrem Vortrag zufolge mit Blick auf den Unterhalt getroffen hat - die Anmietung der Drei-Zimmer-Wohnung, die regelmäßige Unterstützung der Kinder und die Besuche alle 14 Tage bei ihrem schwerkranken Vater in Würzburg - kann sie der Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nicht entgegen halten. Sie waren wegen der von vielen schwer vorhersehbaren Faktoren abhängenden Bemessung des Unterhalts schon vor Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform mit einem unterhaltsrechtlichen Risiko behaftet. Im übrigen kann die Beklagte die genannten Belastungen, soweit sie sie aus eigenem Einkommen tatsächlich nicht tragen kann, in der ihr eingeräumten Übergangsfrist rückgängig machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nrn. 10 und 11, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, und zwar im Hinblick auf die Frage, ob der Umstand, daß bereits nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. eine Unterhaltsbegrenzung möglich war, einer Abänderung des Vergleichs nach § 313 BGB entgegen steht. ..."

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„... Eine Herabsetzung oder Befristung hat zu erfolgen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruches auch unter Berücksichtigung der Belange der einem Unterhaltsberechtigten zur Erziehung und Pflege anvertrauten gemeinsamen Kinder unbillig wäre, wobei zu berücksichtigen ist, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit des Unterhaltsberechtigten eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Derzeit ist nicht abschätzbar, wie sich die gemeinsamen Kinder der Parteien, ihr schulischer Werdegang, ihr Betreuungsbedarf, die Betreuungskosten entwickeln. Auch mit welchem Ergebnis die Gütergemeinschaft der Parteien auseinandergesetzt werden wird, ob die Antragsgegnerin mit den Kindern unter Übernahme des Eigenheimes unter welchen finanziellen Belastungen in diesem verbleiben kann, ist nicht prognostizierbar. Angesichts der insoweit bestehenden Unsicherheitsfaktoren kann eine der künftigen Entwicklung gerecht werdende Billigkeitsabwägung nicht vorgenommen werden. Eine Anpassung des Titels an eintretende Veränderungen muss deshalb der Abänderungsklage vorbehalten bleiben. ..." (OLG Oldenburg, Urteil vom 13.07.2009 - 13 UF 52/09)


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Die Neuregelung des Unterhaltsrechts stellt einen Änderungsgrund i.S. des § 323 I ZPO dar. Denn der Gesetzgeber hat nach Maßgabe des § 36 Nrn. 1-3 EGZPO eine weitgehende Anpassung alter Unterhaltstitel an das neue Recht angestrebt (OLG Köln, Urteil vom 07.07.2009 - 4 UF 168/08, NJW 2009, 3169 ff).

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„... Nach § 1578 b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Vorliegend hat die Klägerin ehebedingte Nachteile erlitten, die sie nicht mehr wird ausgleichen können. Die Klägerin hat einen ganz gravierenden ehebedingten Nachteil dadurch erlitten, dass sie ihre Berufsausbildung mit der Geburt des ersten Kindes gut ein halbes Jahr nach Eheschließung aufgegeben hat. Die Klägerin hatte dann die Betreuung des gemeinsamen Kindes übernommen und ihre eigene berufliche Karriere aufgegeben. Sie hatte auch während der Ehe keinerlei Möglichkeit mehr, die Berufsausbildung fortzuführen oder eine andere Ausbildung zu beginnen oder in einem weitaus größeren Umfang berufstätig zu sein als sie es tatsächlich war. Knapp vier Jahre nach der Geburt des ältesten Kindes wurde der Sohn D. geboren. Die Klägerin begann zwei Jahre nach der Geburt des Sohnes D. eine Tätigkeit als Tagesmutter und musste diese 1989 aufgegeben, weil das älteste Kind an Krebs erkrankte. Auch wenn der Beklagte teilweise Sonderurlaub genommen hat, um dem Kind beizustehen, so lag die Hauptlast der Betreuung und Versorgung des erkrankten Kindes bei der Klägerin als nicht berufstätigen Elternteil. In dieser für die ganze Familie belastenden Situation war eine Berufstätigkeit der Klägerin, die auch ein weiteres nicht einmal schulpflichtiges Kind zu betreuen hatte, nicht möglich. Im Januar 1991 wurde dann das jüngste Kind geboren, so dass auch nunmehr nach Genesung des ältesten Sohnes aufgrund der weiteren erforderlichen Kinderbetreuung von jetzt zwei Kindern im Alter von 10 und 6 Jahren und einem Neugeborenen kein beruflicher Wiedereinstieg möglich gewesen ist. Die Klägerin hat dann erstmals Ende 1996 stundenweise als ungelernte Kraft der Fa. P. zu arbeiten begonnen; das jüngste Kind war zu diesem Zeitpunkt knapp 6 Jahre alt gewesen ist. Sie konnte ihre Tätigkeit in den Folgejahren auch nicht ausdehnen, denn sie hatte in den Jahren 1997 und 1998 nur die Möglichkeit freitagnachmittags und samstags zu arbeiten, weil das jüngste Kind einer besonderen Betreuung bedurfte und somit für die Klägerin die Möglichkeit einer Berufstätigkeit nur bestand, wenn der Beklagte anwesend war. Damit bestand dann erstmals 1999 für die Klägerin die (theoretische) Möglichkeit einer Berufsausbildung nachzugehen. Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt 40 Jahre alt. Letztlich hat sie sich für die Fortsetzung einer gut bezahlten stundenweisen Tätigkeit als ungelernte Kraft entschieden, da sie weiterhin den Haushalt und die nunmehr noch minderjährigen jüngsten Kinder mit 15 und 8 Jahren zu betreuen hatte. Die Klägerin hat mithin durch die Eheschließung und die in der Ehe vorgenommene Rollenverteilung keinerlei Möglichkeit gehabt, eine eigene gesicherte wirtschaftliche Basis zu erlangen. Demgegenüber hatte der Beklagte die Möglichkeit, da er von Kinderbetreuung und Hausarbeit weitestgehend freigestellt war, während der Ehe den Grundstock für seinen beruflichen Aufstieg zu schaffen, denn er konnte von 1982 bis 1985 ein Fortsetzungsstudium an der Verwaltungsakademie belegen. Ansonsten hätte er die sich ihm durch die Wiedervereinigung bietende Möglichkeit des Aufstiegs in den höheren Dienst ohne Hochschulausbildung in einem der neuen Bundesländern nicht nutzen können.

Der Beklagte kann der Klägerin auch nicht entgegenhalten, dass sie ohne Eheschließung und der gelebten Rollenverteilung heute allenfalls einen Verdienst von 2800,- EUR brutto hätte, was einem bereinigten Nettolohn von ca. 1.630,- EUR entspricht. Die diesbezüglichen Behauptungen des Beklagten, der für den Umstand des fehlenden ehebedingten Nachteils darlegungs- und beweispflichtig ist, sind ohne jegliche Substanz. Es kommt dabei auch nicht darauf an, ob die Klägerin - wie der Beklagte behauptet - für die von ihr begonnene Ausbildung nicht geeignet gewesen wäre. Die Klägerin, die wie der Beklagte das Abitur abgelegt hatte, hätte ohne Eheschließung und gemeinsame Kinder in jedem Fall entweder die begonnene Ausbildung zu Ende gebracht oder eine andere Ausbildung gewählt. Es sind überhaupt keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die heute aufgrund ihrer Familienarbeit auf dem Arbeitsmarkt als ungelernte Kraft geltende Klägerin auch ohne Eheschließung und gemeinsame Kinder heute ungelernt gewesen wäre. Der persönliche Eindruck der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat vielmehr das Gegenteil vermittelt. Was die Klägerin heute bei einer Berufsausbildung und dauerhaften Berufstätigkeit verdienen könnte, bedarf - wie noch auszuführen sein wird - auch keiner Entscheidung, so dass es auch dahingestellt bleiben kann, ob die Klägerin heute nicht auch die Möglichkeit gehabt hätte, ein Einkommen von monatlich ca. 6100,- EUR brutto und damit letztlich einen Nettoverdienst entsprechend dem Beklagten zu erzielen, was offensichtlich einer damaligen Mitauszubildenden der Klägerin gelungen ist. Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass die Klägerin ähnlich wie der Beklagte Weiterbildungsmöglichkeiten nach einer Berufsausbildung genutzt hätte und dann möglicherweise auch bedingt durch die Situation in Berlin/Brandenburg nach der Wiedervereinigung eine ähnliche Karriere gemacht hätte, wenn nicht die übernommene Familienarbeit sie daran gehindert hätte. Zudem betrug die Ehezeit bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages 23 Jahre und 7 Monate, so dass wie ausgeführt eine nachhaltige wirtschaftliche Verflechtung der Parteien vorlag. Unter Abwägung all dieser Umstände ist eine zeitliche unbegrenzte Unterhaltsverpflichtung auch unter Berücksichtigung der Belange des Beklagten nicht unbillig i. S. v. § 1578b Abs. 2 BGB.

Der Unterhaltsanspruch ist auch zumindest gegenwärtig nicht gem. § 1578b Abs. 1 BGB herabzusetzen.

Ob letztendlich trotz fortdauernder ehebedingter Nachteile auf Seiten der Klägerin diese einen dauerhaften Unterhaltsanspruch gemessenen an den ehelichen Lebensverhältnissen hat oder dieser auf einen angemessenen Lebensbedarf gem. § 1578b Abs. 1 BGB herabzusetzen ist, kann gegenwärtig noch nicht entschieden werden. Zwar kommt vorliegend grundsätzlich eine Herabsetzung auf einen angemessenen Bedarf gem. § 1578b Nr. 1 BGB in Betracht, wenn anzunehmen wäre, dass die Klägerin bei einer angemessenen Berufsausbildung und fortdauernden Berufstätigkeit ohne Eheschließung und Übernahme der Betreuung der gemeinsamen Kinder heute ein Einkommen erzielen würde, welches ihr einen Lebensstandard unterhalb den ehelichen Lebensverhältnissen sichern würde. Bereits nach dem Vortrag des Beklagten hätte die Klägerin aber mindestens ein Nettoeinkommen von ca. 1.630,- EUR und somit in jedem Fall einen Unterhaltsanspruch. Gegenwärtig kommt allerdings eine Entscheidung über eine Herabsetzung des Anspruchs noch nicht in Betracht. Zum einen ist zu bedenken, dass der Beklagte erst seit Mitte 2005 aufgrund der rechtskräftigen Scheidung zu einem nachehelichen Unterhalt verpflichtet ist. Die Übergangszeit, in der die unterhaltsberechtigte Klägerin die volle Unterhaltsleistung zur Verfügung hat, ist zwar nicht schematisch nach der Ehezeit zu bemessen. Vielmehr findet die Übergangszeit ihren Grund darin, dass der Unterhaltsberechtigte nach der Ehescheidung Zeit benötigt, um sich auf die Kürzung des eheangemessenen Unterhalts einzustellen (vgl. BGH FamRZ 2008, 134, 138). Bei einer Ehedauer von über 23 Jahren und den festgestellten ehebedingten Nachteilen kann die Übergangsfrist hier auch unter Berücksichtigung der Trennungszeit nicht weniger als mindestens 10 Jahre berechnet ab Rechtskraft der Scheidung betragen. Der Senat kann aber die wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse der Parteien für diesen zukünftigen Zeitpunkt nicht mit der notwendigen Bestimmtheit festzustellen. Bereits auf Seiten des Beklagten ist die künftige Einkommensentwicklung fraglich. Der Beklagte musste sich 2009 einer Herzoperation unterziehen und hat in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass er gegenwärtig prüft, ob er sich möglicherweise aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in den Ruhestand versetzen lassen kann. Ebenso wenig ist die weitere Einkommensentwicklung auf Seiten der Klägerin sicher genug vorhersehbar. Damit ist die Entscheidung über eine Unterhaltsherabsetzung einem etwaigen späteren Abänderungsverfahren vorzubehalten, so dass es im Rahmen dieser Entscheidung auch offen bleiben kann, welche genaue Höhe eine ehebedingte Einkommenseinbuße hat und ob diese Einkommenseinbuße tatsächlich zu einer Herabsetzung gem. § 1578b Abs. 1 BGB berechtigt. ..." (KG Berlin, Senat für Familiensachen, Urteil vom 07.07.2009, Az. 13 UF 65/08)

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„... 9. Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB auf die Zeit bis einschließlich Dezember 2013 zu befristen. Die Vorschrift des § 1578 b BGB ist insoweit anwendbar, weil die Sonderregelung des § 1570 BGB mangels entsprechenden Vortrags der Klägerin, wie gezeigt, nicht einschlägig ist (vgl. zum Vorrang von § 1570 BGB BGH, Urteil v. 18.3.2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770 sowie Urteil v. 6.5.2009 - XII ZR 114/08 - Leitsatz in FamRZ 2009, Heft 12, S. II).

a) Gemäß § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Unter denselben Voraussetzungen ist gemäß § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen. Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden, § 1578 b Abs. 3 BGB. Bei der Frage, ob eine dieser beiden Rechtsfolgen oder beide miteinander verbunden in Betracht kommen, ist gemäß § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben, § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB.

b) Ehebedingte Nachteile lassen sich auf Seiten der Klägerin nicht feststellen. Ausweislich des schriftsätzlichen Vortrags unter dem 28.4.2009 und der ergänzenden Angaben im Senatstermin vom 19.5.2009 ist die Klägerin zwar nach der Geburt der beiden gemeinsamen Kinder der Parteien jeweils etwa ein Jahr lang nicht erwerbstätig gewesen. Im Anschluss daran aber hat sie die Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen. Nach der Geburt der Tochter A… handelte es sich um eine Arbeit bei ihrer Lehrfirma, sodass die kurze Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit nicht von Nachteil war. Soweit sie dargelegt hat, von September 1993 bis Juni 1995 eine Umschulung zur Garten- und Landschaftsgestalterin und nach Verlust der Stelle bei der P…er Eisenbahn aufgrund betriebsbedingter Kündigung in der Zeit von 2002 bis 2004 eine Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen absolviert zu haben, hat die Klägerin selbst nicht geltend gemacht, dies sei durch Nachteile, die sie infolge der in der Ehe verabredeten Arbeitsteilung erlitten hätte, veranlasst gewesen. Demnach muss davon ausgegangen werden, dass sich die Erwerbsbiografie der Klägerin, von den genannten Unterbrechungen nach der Geburt der Kinder abgesehen, nicht anders darstellen würde, wenn sie die Ehe mit dem Beklagten nicht geschlossen hätte.

c) Wenn demnach die Voraussetzungen für eine Befristung des Unterhalts nach § 1578 b BGB gegeben sind, so entspricht es der Billigkeit, den Unterhalt auf die Zeit bis einschließlich Dezember 2013 zu befristen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ehe bis zur Trennung etwa fünf Jahre gedauert hat, die Parteien aber auch schon vor der Eheschließung lange Zeit miteinander verbunden waren, wie die Geburt der ersten Tochter bereits knapp neun Jahre vor der Eheschließung zeigt. Ferner ist zu beachten, dass die Klägerin ausweislich des im Berufungsrechtszug vorgelegten Protokolls der öffentlichen Sitzung vor dem Amtsgericht vom 24.4.2006 aufgrund eines an jenem Tag geschlossenen gerichtlichen Vergleichs (16 a F 251/05) bereits Trennungsunterhalt bezogen hat. Im Jahr 2013 vollendet die Tochter B… das 12. Lebensjahr. Es ist daher zu erwarten, dass die Inanspruchnahme der Klägerin durch die Betreuung dieser Tochter sich nachhaltig verringern wird. Die Tochter A… ist seit Juni 2008 ohnehin schon volljährig, sodass sich ein Betreuungsaufwand für die Klägerin insoweit nicht mehr ergibt. Angesichts einer Rechtskraft der Scheidung am 14.12.2006 erscheint es daher unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen, den nachehelichen Unterhalt auf die Zeit bis einschließlich Dezember 2013 zu befristen. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 30.06.2009 - 10 UF 175/08)

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Hat bereits im Ausgangsverfahren vor Inkrafttreten des UÄndG die Möglichkeit bestanden, dem Aufstockungsunterhaltsanspruch den Einwand der Befristung entgegenzuhalten, ist der Unterhaltsschuldner mit diesem Einwand im Abänderungsverfahren gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 1 EGZPO ausgeschlossen (OLG Saarbrücken Beschluss vom 23.06.2009, 9 WF 37/09).

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„... Ab Januar 2010 reduziert sich die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gemäß § 1578 b I BGB aus Gründen der Billigkeit auf monatlich 450,00 €. Dabei hat allerdings entgegen der Auffassung des Amtsgerichts und des Beklagten - zumindest im Rahmen der gegenwärtigen Prognose - nach Abwägung aller aktuell relevanten Umstände des Einzelfalls eine zeitliche Befristung des Anspruchs der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt nach § 1578 b II BGB nicht zu erfolgen.

1. Zwar ist der Beklagte mit dem Einwand der Begrenzung bzw. Befristung nicht präkludiert. Denn die Vorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO ist im Fall der Abänderung eines Prozessvergleiches nicht anwendbar (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 323, Rdnr. 45). Zudem ist die Fortentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Bezug auf die Möglichkeit einer zeitlichen Befristung von Ansprüchen auf nachehelichen Unterhalt erst im Laufe des Jahres 2006 erfolgt. Das Urteil des BGH vom 12.04.2006 (Az.: XII ZR 240/03, NJW 2006, 2401, FamRZ 2006, 1006), welches sich überdies in erster Linie auf Aufstockungsunterhalt bezieht, ist erst im Juli/August 2006, d.h. nach Abschluss des Vergleiches vom 11.05.2006, veröffentlicht worden. Die Gesetzesänderung im Unterhaltsrecht erfolgte zum 01.01.2008.

Indes liegen die materiellen Voraussetzungen für eine Befristung nach § 1578 b II BGB zumindest nach gegenwärtiger Würdigung der Sach- und Rechtslage im Fall der Klägerin nicht vor:

a) Es wird nicht verkannt, dass es sich bei ihren chronifizierten Erkrankungen nicht um ehebedingte Nachteile sondern um schicksalhafte Entwicklungen handelt.

In Ansätzen bestanden die gesundheitlichen Schwierigkeiten, welche vor allem die Funktionsfähigkeit der Wirbelsäule betreffen, bereits lange Zeit vor der Eheschließung. Erste Beschwerden sind im Alter von etwa 12 Jahren aufgetreten. Als die Klägerin später den Beklagten kennenlernte, war sie durch das Erfordernis eines Stahlkorsetts bereits nicht unerheblich beeinträchtigt.

Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass sich der gesundheitliche Zustand der Klägerin während intakter Ehe in einem schleichenden Prozess bis hin zur vollständig verminderten Erwerbsfähigkeit verschlechtert hat. Dass diese Entwicklung allerdings durch spezifisch ehebedingte Umstände ausgelöst worden sei, ist auch von der Klägerin nicht behauptet worden.

Insbesondere ein Bezug zwischen den drei Schwangerschaften und etwaigen degenerativen Prozessen im Bereich ihrer Wirbelsäule ist von ihrer Seite nicht hergestellt worden.

Zwar hat sie pauschaliert von Schwierigkeiten während der Schwangerschaften gesprochen. Eine der Töchter habe nach ihren Angaben im Termin am 02.04.2009 "auf einem Nerv gelegen". Dauerhafte konkrete Beeinträchtigungen speziell durch das Zusammenleben mit dem Beklagten oder durch die Erziehung und Versorgung der drei Töchter sind von ihr allerdings nicht dargelegt worden.

Unter diesen Umständen erreichen die gesundheitlichen Probleme der Klägerin die Qualität eines ehebedingten Nachteils nicht (vgl. BGH, Urteil vom 26.11.2008, Az: XII ZR 131/07, FamRZ 2009, 406, Juris, Rdnr. 33).

b) Allerdings ist die Klägerin durch die Rollenverteilung während bestehender Ehe daran gehindert gewesen, ausreichend für den Fall krankheitsbedingter Erwerbsminderung vorzusorgen (vgl. BGH, a.a.O., Rdnr. 34). Hierdurch wirkt ein ehebedingter Nachteil - nach gegenwärtiger Einschätzung - dauerhaft fort.

In diesem Zusammenhang ist nach den zutreffenden Erwägungen des Amtsgerichts nicht davon auszugehen, dass die Klägerin ohne Eheschließung über eine höhere Erwerbsminderungsrente verfügen würde, als sie ihr aktuell zur Verfügung steht.

Als technische Assistentin ohne staatliche Anerkennung am Institut für Geophysik an der Universität N wurde sie zuletzt nach der Tarifgruppe BAT VI b entlohnt. Ihr Jahresbruttoeinkommen im Jahr 1980 betrug ausweislich ihres Rentenversicherungsverlaufes im Versorgungsausgleichsheft im Ehescheidungsverfahren vor dem Amtsgericht Brakel (Az: 9 F 44/03) nach alter Währung 26.974,00 DM.

Es wird nicht verkannt, dass die Abschlusszeugnisse ihrer damaligen Vorgesetzten ausgesprochen positiv formuliert worden sind und vielseitige Fähigkeiten attestieren. Die Behauptungen der Klägerin, sie sei als ausgebildete Fotografin dafür vorgesehen gewesen, ihr Abitur nachzuholen, ein Chemiestudium anzuschließen und danach eine akademische Laufbahn zu beginnen, lassen sich hierdurch jedoch nicht substantiieren.

Aber selbst dann, wenn die Klägerin zu einer akademischen Laufbahn ermutigt worden wäre, könnte im Rahmen einer Fiktion nicht davon ausgegangen werden, dass sie die erforderlichen Ausbildungsabschnitte tatsächlich mit dem erwünschten Erfolg abgeschlossen und für längere Zeit als Chemikerin tätig gewesen wäre.

Ausweislich der Schilderungen des Beklagten verfügt die Klägerin über einen Hauptschulabschluss nebst Berufsfachschulabschluss ohne Anerkennung der Mittleren Reife. Um überhaupt zu einem Studium zugelassen zu werden, hätte sie eine Begabtenprüfung ablegen müssen. Danach hätte sich eine längere Phase intensiver akademischer Ausbildung angeschlossen. Deren Verlauf wäre mit derart mannigfachen Unwägbarkeiten verbundnen gewesen wäre, dass im Rahmen einer unterhaltsrechtlichen Vergleichsbetrachtung für den Fall einer unterbliebenen Eheschließung auf Seiten der Klägerin ein Hochschulabschluss nicht vorausgesetzt werden kann.

Erheblich realitätsnäher erscheinen dagegen die Behauptungen des Beklagten, wonach der Klägerin damals angeboten worden sei, eine Zusatzausbildung zur Chemielaborantin in N2 zu absolvieren, um die erforderliche Qualifikation für eine Fortsetzung ihrer Tätigkeit bei den Instituten an der Universität N zu ermöglichen.

c) Es mag zu Gunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass sie als Chemielaborantin durchgehend bis zu ihrer ersten Operation im Jahr 2000 gearbeitet hätte.

Ausweislich des "Gehälter-ABC" der T4 Zeitung (Zugang über Internet) erzielen Chemielaborantinnen nach 3-jähriger Ausbildung gegenwärtig ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von bis zu 2.212,00 €. Hieraus resultiert bei Steuerklasse 1 ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.405,92 €.

Angesichts dieser Umstände muss ausgeschlossen werden, dass eine Rente wegen Erwerbsminderung, welche die Klägerin bei identischem Krankheitsverlauf auf der Basis einer derartigen Berufstätigkeit gegenwärtig erzielen würde, ihr tatsächliches Rentenniveau in Höhe von aktuell 1.472,14 € erreichen würde.

d) Allerdings wäre die Klägerin im Fall einer eigenen sozialversicherungspflichtigen Erwerbsbiographie auch über den Zeitpunkt der vollständigen Erwerbsminderung hinaus gesetzlich krankenversichert geblieben und hätte nicht vor der Notwendigkeit gestanden, sich im Zuge der Trennung vom Beklagten vollständig privat krankenzuversichern.

Die Notwendigkeit einer privaten Krankenversicherung mit dem zuzubilligenden gewohnten Leistungsumfang reduziert das Renteneinkommen der Klägerin auf weit unter 1.000,00 € und stellt sie daher wirtschaftlich schlechter, als sie aller Voraussicht nach bei Eintritt einer vollen Erwerbsminderung nach vollschichtiger sozialversicherungspflichtiger Berufstätigkeit als Chemielaborantin stehen würde.

e) In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu würdigen, dass die Klägerin inzwischen fast 58 Jahre alt ist und aufgrund der Chronifizierung ihrer Erkrankungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr in der Lage sein wird, ihre wirtschaftliche Situation durch eine eigene Berufstätigkeit zu verbessern.

Nach ihren Angaben im Senatstermin am 02.04.2009 habe sie sich im Rahmen der Trennung um einen Wiedereinstieg ins Arbeitsleben bemüht. Ihre Bemühungen seien jedoch aufgrund ihrer Vorerkrankungen bereits auf der Ebene der Arbeitsvermittlung nicht unterstützt worden. In gesundheitlicher Hinsicht sei in der Zukunft mit der Versteifung weiterer Wirbelpartien zu rechnen, sodass sich ihre körperliche Leistungsfähigkeit immer stärker einschränken werde.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Ehe zwischen den Parteien vom Zeitpunkt der Eheschließung am 16.06.1978 bis zum Zeitpunkt der Zustellung des Ehescheidungsantrages am 14.03.2003 nahezu 25 Jahre bestanden hat. Die wirtschaftliche Verflechtung zwischen den Eheleuten war derart eng, dass sie die eheliche Liegenschaft veräußern mussten, um im Rahmen des Zugewinnausgleichs ihre Vermögensmassen voneinander trennen zu können.

In der Ehe sind drei Töchter geboren worden, die zumindest in erheblichem Umfang auch von der Klägerin betreut und versorgt worden sind.

Der Beklagte hat davon gesprochen, sich stets im Rahmen der Familienarbeit engagiert zu haben. Ihm sei dafür sogar eine stundenmäßige Entlastung im Rahmen seiner Lehrtätigkeit gewährt worden. Gleichwohl war er während intakter Ehe durchgehend vollzeitig erwerbstätig.

Neben seiner Tätigkeit im Schuldienst nimmt er seit langer Zeit vielfältige andere Aufgaben wahr. U.a. ist er Vorsitzender des Sportausschusses im Kreis I2.

Erfahrungsgemäß nehmen auch diese Nebentätigkeiten ein nicht unerhebliches Maß an Zeit in Anspruch. Dass er daneben in der Lage gewesen wäre, die gesamte Betreuung und Erziehung der Töchter allein zu gewährleisten, kann nicht angenommen werden.

Ferner hat der Beklagte seit dem Abschluss der Ausbildung aller drei Töchter eine erhebliche finanzielle Entlastung erfahren. Sein unterhaltsrechtlich relevantes Nettoeinkommen übersteigt seit Januar 2008 durchgehend einen Betrag in Höhe von 3.000,00 € im Monat.

Entgegen seiner Auffassung hat sich auch die Klägerin während der vergangenen Jahre wirtschaftlich an den Ausbildungskosten für die Töchter beteiligt, indem sie diese im Einvernehmen mit dem Beklagten jeweils ihren eigenen Ansprüchen auf Trennungs- bzw. nachehelichen Unterhalt hat vorgehen lassen.

Schließlich würde die Klägerin durch den ehebedingten Nachteil in Form der privaten Krankenversicherung ohne einen Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt dauerhaft ihren billigen Selbstbehalt von 1.000,00 € unterschreiten.

Auch angesichts dieses Umstandes ist eine zeitliche Begrenzung ihres Unterhaltsanspruches aus Gründen der Billigkeit - zumindest nach gegenwärtiger Prognose - nicht geboten.

Sollten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien zu einem späteren Zeitpunkt, insbesondere im Zusammenhang mit ihrem Eintritt in den Ruhestand, erneut verändern, mögen bezüglich einer Befristung des Unterhaltsanspruches der Klägerin nach § 1578 b II BGB andere Gesichtspunkte in den Vordergrund treten.

2. Allerdings ist der Unterhaltsanspruch gem. § 1578 b I S. 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die gesamte Ehezeit der Parteien in erheblicher Weise auch durch den Unterhaltsbedarf der drei Töchter geprägt worden ist. Während intakter Ehe stand das zusätzliche Renteneinkommen in Höhe von fast 1.500,00 €, welches die Klägerin nunmehr aufgrund ihrer Erwerbsminderung bezieht, neben den Bezügen des Beklagten gerade nicht zur Verfügung.

Seit der Trennung der Parteien zum 01.03.2002 sind bereits 7 Jahre vergangen. Der Beklagte hat durchgehend zunächst Trennungsunterhalt und dann - ab dem Zeitpunkt der Ehescheidung durch Urteil des Amtsgerichts Brakel vom 13.04.2005 - nachehelichen Unterhalt geleistet. Der Trennungsunterhalt erreichte monatliche Beträge von bis zu 1.200,00 €. Um während dieser Zeit seinen Verpflichtungen sowohl der Klägerin als auch den drei Töchtern gegenüber nachkommen zu können, hat er zum Teil auf die 90.000,00 € zurückgegriffen, die er selbst anlässlich der Veräußerung der ehelichen Liegenschaft erhalten hat.

Seit der Ehescheidung im April 2005 ist ein Übergangszeitraum von annähernd vier Jahren vergangen.

Nach Abschluss des Vorvergleiches vom 11.05.2006 ist der Beklagte zunächst im Wege außergerichtlicher Vereinbarungen auf die Erhöhungsbegehren der Klägerin eingegangen. Im Rahmen der erneuten streitigen Auseinandersetzung hat er seine Zahlungen auf nachehelichen Ehegattenunterhalt zum September 2007 von den titulierten 340,00 € auf monatlich 615,50 € gesteigert. Während des gerichtlichen Verfahrens hat er Unterhalt mindestens in Höhe der erstinstanzlich anerkannten Beträge, d.h. in Höhe von gegenwärtig 661,00 €, geleistet.

Für die Klägerin hingegen bestand wegen der dauerhaften Unterstützung seitens des Beklagten bislang keine wirtschaftliche Notwendigkeit, ihr Vermögen anzugreifen.

Auch sie hat aus der Veräußerung der ehelichen Liegenschaft einen Betrag in Höhe von 90.000,00 € erhalten. Aus ihrem Steuerbescheid vom 25.03.2008 für das Jahr 2007 ergeben sich Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 2.648,00 €.

Für das Jahr 2011 erwartet sie eine Auszahlung einer Lebensversicherung seitens der W AG mit einem Volumen in Höhe von 22.636,00 €. Diese basiert im Wesentlichen auf der Eigenheimzulage der Parteien, welche während intakter Ehe in die Lebensversicherung eingezahlt worden ist.

Die Rechtsauffassung der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 28.04.2009, wonach diese Versicherung bei Ablauf des Vertrages keine Auszahlung erbringen werde, lässt sich nicht nachvollziehen. Denn das übersandte Schreiben der W AG vom 20.04.2009 bezieht sich auf 2 verschiedene Lebensversicherungen:

Die Versicherung unter der Nr.: L 2003080 mit einem Volumen von 65.012,00 DM ist nach zutreffender Darstellung der Klägerin bei Ablauf am 01.06.2000 nicht ausgezahlt worden. Daneben besteht allerdings die im Termin am 02.04.2009 erörterte Versicherung unter der Nr.: L 2621832 über 22.636 €, welche - ohne eine derartige Modifizierung - zum 01.11.2011 ablaufen und aller Voraussicht nach zur Verfügung stehen wird.

a) Vor diesem Hintergrund erscheint es angemessen, die Klägerin zwischen Februar 2008 und Dezember 2009 noch in dem Umfang an den ehelichen Lebensverhältnissen teilhaben zu lassen, wie er im angegriffenen Urteil des Amtsgerichts tituliert worden ist. Ihre Ansprüche belaufen sich danach für diesen Zeitraum auf monatlich 949,00 €.

Ab Januar 2010 entspricht es der Billigkeit, den Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt in der Weise zu reduzieren, dass lediglich der ehebedingte Nachteil in Form der privaten Krankenversicherung ausgeglichen wird.

b) Würde die Klägerin eine Erwerbsminderungsrente aufgrund eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses in Höhe von etwa 1.450,00 € beziehen, hätte sie hiervon Sozialversicherungsabgaben in Höhe von etwa 200,00 € zu leisten. Als Nettoeinkommen würde ein Betrag in Höhe von etwa 1.250,00 € resultieren.

Die tatsächlichen Einkünfte der Klägerin aus ihrer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit würden sich - ohne Unterhaltsleistungen seitens des Beklagten - nach Abzug ihrer aktuellen Kosten für ihre private Krankenversicherung in der Zukunft auf etwa 800,00 € belaufen. Zum Ausgleich der Differenz zu den fiktiv zur Verfügung stehenden 1.250,00 € sind ab Januar 2010 monatliche Unterhaltsleistungen des Beklagten in Höhe von 450,00 € für beide Parteien angemessen und zumutbar. ..." (OLG Hamm, Urteil vom 18.06.2009 - 2 UF 6/09)

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„... I. Die Antragsgegnerin macht im Scheidungsverbund nachehelichen Unterhalt geltend. Der 1937 geborene Antragsteller und die 1935 geborene Antragsgegnerin haben am 12.8.1980 geheiratet. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Trennung im Dezember 2000 oder erst zum 1.2.2003 erfolgt ist. Aus der Ehe sind keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen. Durch das angefochtene Urteil vom 22.2.2008 hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden, im Rahmen des Versorgungsausgleichs eine Rentenanwartschaft von 109,95 € vom Versicherungskonto des Antragstellers auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin übertragen und den Antragsteller zur Zahlung monatlichen nachehelichen Unterhalts von 270 € für die Dauer von vier Jahren verurteilt. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Gegen die Entscheidung über den nachehelichen Unterhalt wenden sich beide Parteien mit der Berufung. Der Antragsteller trägt vor:

Auf der Grundlage der vom Amtsgericht zu Grunde gelegten Zahlen, also unter Heranziehung seiner Unfallrente nur zur Hälfte, ergebe sich ein Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin von nur 160 €, wenn man berücksichtige, dass sich ihr Einkommen infolge des durchgeführten Versorgungsausgleichs um 109,95 € erhöhe. Vor diesem Hintergrund sei die Berufung gerechtfertigt. Darüber hinaus habe er bereits erstinstanzlich darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin ihr Vermögen aus dem Hausverkauf von 28.706,95 € für ihren Lebensunterhalt einsetzen müsse. Die vom Amtsgericht vorgenommene Befristung des nachehelichen Unterhalts auf vier Jahre sei schon deshalb angezeigt, weil man tatsächlich nur in der Zeit vom 18.11.1998 bis zum 24.12.2000 einen gemeinsamen Haushalt in der A… 1 in R… geführt habe. In der Zeit davor, also seit Eheschließung im Jahre 1980 bis 1998, habe die Antragsgegnerin eine eigene Wohnung in B… im … Weg 22 gehabt. Im Dezember 2000 schließlich sei die Trennung erfolgt. Während des ehelichen Zusammenlebens habe es hinsichtlich der Versorgung der zahlreichen Kleintiere eine strikte Trennung gegeben. Er habe die Gänse, Schafe und Hühner versorgt, deren Haltung er als Hobby betrieben habe. Die Antragsgegnerin habe Schweine gezüchtet und den Erlös aus dem Verkauf dieser Tiere selbst vereinnahmt. Der Antragsteller beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils ihn zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von 160 € für die Dauer von vier Jahren zu verurteilen und die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antragsteller unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, nachehelichen Unterhalt auch vom 49. auf die Rechtskraft des Scheidungsurteils folgenden Monat an in Höhe von 266,78 € monatlich zu zahlen und die Berufung des Antragstellers zurückzuweisen. Die Antragsgegnerin trägt vor: Die Unfallrente des Antragstellers sei bei der Bedarfsbemessung in vollem Umfang zu berücksichtigen. Ihre eigene Berufung sei gerechtfertigt, da angesichts der Dauer der Ehe, ihres Alters und des Bezuges einer geringen Altersrente eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht in Betracht komme. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sie im Zeitpunkt der Heirat bereits 45 Jahre alt gewesen sei, nur ab und zu gearbeitet habe und sich fortan um die Tierhaltung gekümmert und den Antragsteller selbst, der infolge seines Unfalls in der Arbeitsleistung eingeschränkt gewesen sei, versorgt habe. Auch als sie noch wegen ihrer Arbeitstätigkeit zwei Wohnsitze gehabt habe, sei sie täglich nach R… gefahren und habe die dort anfallenden Arbeiten erledigt. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Parteien angehört. Der Antragsteller hat erklärt: ‚Als wir 1980 geheiratet haben, hat die Antragsgegnerin nicht gearbeitet. In ihrer früheren Ehe mit meinem Bruder hat sie den Haushalt geführt. Ich habe damals voll gearbeitet, und zwar ungeachtet des Unfalls, den ich im Jahr 1978 erlitten habe und aufgrund dessen mir seit dem Jahr 1980 eine Unfallrente gezahlt wird. Die A… in R… ist seit 1978 mein Hauptwohnsitz. Im Jahr 1980 ist mir vom Betrieb dann die Wohnung im … Weg in B… zugeteilt worden. In diese Wohnung sind wir dann beide als Ehepaar eingezogen. Etwa im Jahr 1982 bin ich wieder dort ausgezogen und habe auf der A… in R… gewohnt. Erst 1998 habe ich die Wohnung in B… gekündigt. Die Antragsgegnerin ist in den Mietvertrag eingetreten. Die Wohnung in B… hat die Antragsgegnerin eingerichtet. Ich hatte dort nur wenige Einrichtungsgegenstände. Mein Lebensmittelpunkt war in R…. Von dort bis nach B… sind es ca. 15 km. Die Antragsgegnerin war oft auf der A…, ich häufiger in B…. Wir sind miteinander verreist und hatten eine schöne Zeit. Was die Viehhaltung in R… betrifft, so gab es 20 - 30 Schafe, 20 - 30 Hühner, 20 - 120 Gänse und eine Katze. Die Antragsgegnerin hatte für jeweils ein Jahr zwei Kälber und zwei Schweine. Die Viehhaltung bedeutete einen guten Nebenverdienst. Die Antragsgegnerin hat sich ausschließlich um die Kälber und Schweine gekümmert. Dazu war sie nach der Arbeit täglich in R…. Sie hatte ihren Haushalt in B…, war aber wegen der Arbeiten auch häufig in R…. Während der Ehe war ich ca. 6- bis 7-mal im Krankenhaus, manchmal für 14 Tage, manchmal sogar für vier Wochen. Ich habe dann Unterstützung durch mein Kind und meinen Bruder erhalten. Bis zum Jahr 2000 haben wir eine vernünftige Ehe geführt. Wir haben wie ein Ehepaar gelebt, allerdings mit zwei Wohnsitzen. Die Antragsgegnerin hat teilweise auch die Tiere versorgt. Das Alleineigentum an dem Grundstück in R… habe ich der Antragsgegnerin mit Rücksicht auf Erbansprüche meiner vorehelichen Tochter übertragen. Im Jahr 1984 hat die Antragsgegnerin ihre Arbeit in der Vorbereitungsküche (ZVK) aufgegeben. Damals wurde der Betrieb verlegt. Sie hätte einen weiteren Weg zur Arbeit gehabt. Ich habe damals geäußert, dass wir uns finanziell doch viel besser stehen würden, wenn wir den Viehbestand aufstocken würden. Wir haben getrennte Konten gehabt.'

Die Antragsgegnerin hat erklärt: ‚Meine erste Ehe hat bis 1977 bestanden. Ich bin danach nach B… gezogen und habe mir dort ein Haus gekauft. In der Zeit von 1977 bis 1984 habe ich in der Vorbereitungsküche (ZVK) gearbeitet. Der Antragsteller hat mich gedrängt, ich solle diese Tätigkeit beenden, damit ich mich mehr der Tierhaltung widmen kann. Im Jahr 1982 hat er Schweine gekauft. Als er dann ins Krankenhaus nach S… musste, musste ich mich um die fünf Schweine kümmern. Die Schweine hielten wir in der Zeit von Juni bis Oktober 1982. Zwischendurch hatten wir auch zweimal jeweils zwei Färsen über einen Zeitraum von zwei Jahren. Was den übrigen Viehbestand angeht, so hatten wir 120 bis 150 Gänse, zum Schluss, im Jahr 1991, allerdings nur noch 20, ferner im Durchschnitt 80 Hühner und 60 Schafe. Die Tiere habe ich versorgt. Der Antragsteller war häufig im Krankenhaus. Er musste sich insgesamt 12 Operationen unterziehen. Um die Viehhaltung habe ich mich bis 1991 gekümmert. Dann habe ich in einem Autohaus gearbeitet, nämlich dort sauber gemacht.'

II. Die zulässigen Rechtsmittel beider Parteien sind zum Teil begründet und führen zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Entscheidung. Auf die Berufung des Antragstellers ist der zu zahlende nacheheliche Unterhalt, den das Amtsgericht mit 270 € monatlich angenommen hat, nur auf 190 € monatlich festzusetzen. Auf die Berufung der Antragsgegnerin ist der Unterhaltsanspruch ist nicht auf vier, sondern auf sechs Jahre zu befristen.

1. Der Antragsteller muss der Antragsgegnerin nachehelichen Unterhalt vom ersten auf die Rechtskraft der Scheidung folgenden Monat an zahlen. Diesen Zeitpunkt hat das Amtsgericht im angefochtenen Urteil genannt, was mit der Berufung der Antragsgegnerin nicht angegriffen wird. Darauf, dass nachehelicher Unterhalt grundsätzlich schon vom Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung an verlangt werden kann (vgl. Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4, Rz. 53), kommt es demnach nicht an.

2. Zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen, § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB, ist zunächst das Einkommen der Antragsgegnerin heranzuziehen.

a) Die Antragsgegnerin erhält von der Deutschen Rentenversicherung … eine Altersrente. Ausweislich der vorgelegten Mitteilung über die Anpassung der Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung beläuft sich die Nettorente für die Zeit ab 1.7.2008 und damit auch für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung auf rd. 443 €. Setzt man mit den Parteien im Hinblick auf den durchzuführenden Versorgungsausgleich einen Betrag von rd. 110 € hinzu, ergeben sich rd. 553 €. Dieser Betrag ist insgesamt, also auch hinsichtlich des im Versorgungsausgleich erworbenen Anteils an der Rente, als eheprägend im Wege der Differenzmethode heranzuziehen (vgl. BGH, FamRZ 2002, 88; Kalthoener/Büttner/ Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rz. 514).

b) Weitere Einkünfte, nämlich (fiktive) Zinsen, muss sich die Antragsgegnerin im Hinblick auf den nach Verkauf des Grundstücks in R… erzielten Erlös von rd. 28.707 € zurechnen lassen.

Zu Gunsten des Antragstellers kann angenommen werden, dass der Betrag von 28.707 € der Antragsgegnerin noch in vollem Umfang zur Verfügung steht bzw. sie sich nach § 1579 Nr. 4 BGB so behandeln lassen muss, als stände ihr der Betrag noch zur Verfügung. Denn die Antragsgegnerin hat nur pauschal behauptet, den gesamten Betrag verbraucht zu haben. Dies reicht nicht aus, zumal der Antragsteller durch Urteil des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 27.6.2005 (7 F 318/03) rechtskräftig zur Zahlung von Trennungsunterhalt verurteilt worden ist, sodass der Antragsgegnerin über die Altersrente hinaus weitere Mittel zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten zur Verfügung gestanden haben.

Nimmt man danach an, der Antragsgegnerin stände der Betrag von 28.707 € noch in vollem Umfang zur Verfügung bzw. er sei ihr in vollem Umfang zuzurechnen, so ist sie entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht zur Verwertung des Vermögensstamms, sondern nur zur Ertrag bringenden Anlage des Vermögens verpflichtet. Gemäß § 1577 Abs. 3 BGB braucht der Berechtigte den Stamm des Vermögens nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, ob, wenn der Vermögenswert aus dem Verkauf eines gemeinsamen Hauses stammt, der Verpflichtete einen entsprechenden Erlösanteil zur freien Verfügung erhalten hat und in welcher Höhe der Berechtigte sonstiges Vermögen oder Altersvorsorge besitzt (Wendl/Dose, a.a.O., § 1, Rz. 412). Vor diesem Hintergrund wäre eine Verwertung des Vermögensstamms für die Antragsgegnerin unbillig. Sie bezieht nur eine relativ geringe Altersrente, Anhaltspunkte für sonstiges Vermögen sind nicht gegeben. Insbesondere aber hat der Antragsteller selbst nach seinem im Berufungsrechtszug in Bezug genommenen erstinstanzlichen Vorbringen aufgrund des Hausverkaufs einen Betrag von zumindest 14.000 € erhalten. Dieser stand ihm offenbar zur freien Verfügung. Mit Rücksicht darauf kann der Antragsgegnerin nicht angesonnen werden, den Anteil, den sie erhalten hat, unmittelbar für Unterhaltszwecke einzusetzen.

In Betracht kommt daher allein eine ertragreiche Anlage. Geht man bei einer längerfristigen Anlage in Zeiten niedriger Zinsen von einem Jahreszins von 3 % aus, ergibt sich ein zusätzliches monatliches Einkommen der Antragsgegnerin von rund 72 € (= 28.707 € x 3 % : 12 Monate). Diese (fiktiven) Zinseinkünfte sind ebenfalls als eheprägend zu berücksichtigen (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 514). Darauf, dass angesichts eines Sparer-Pauschbetrages von 801 €, § 20 Abs. 9 EStG, diese Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern wären, kommt es nicht an. Denn die Unterhaltspflicht des Antragstellers ist, wie noch ausgeführt wird, durch seine Leistungsfähigkeit begrenzt.

c) Das der Antragsgegnerin zuzurechnende Gesamteinkommen beläuft sich somit auf 625 € (= 553 € Altersrente + 72 € Zinseinkünfte).

3. Weiterhin wird der Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin nach den ehelichen Lebensverhältnissen durch das Einkommen des Antragstellers bestimmt.

a) Der Antragsteller bezieht eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung B…. Nach der vorgelegten Mitteilung über die Anpassung der Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung ergibt sich für die Zeit ab 1.7.2008 ein Bruttorentenbetrag von 848,08 €. Setzt man die in dieser Mitteilung ausgewiesenen Beiträge für die Krankenversicherung, die zusätzliche Krankenversicherung und die Pflegeversicherung ab, verbleiben rund 765 €, wovon auch der Antragsteller in seiner Berufungsbegründung ausgegangen ist. Zieht man mit den Parteien im Hinblick auf den durchgeführten Versorgungsausgleich einen Betrag von rd. 110 € ab, verbleiben 655 €.

b) Darüber hinaus erhält der Antragsteller eine Unfallrente von der Berufsgenossenschaft H… (B…). Nach der vorgelegten Mitteilung über eine Rentenanpassung vom 12.6.2008 beläuft sich die Rente ab 1.7.2008 auf rund 439 €.

Die Unfallrente ist entgegen der Auffassung des Amtsgerichts und des Antragstellers in vollem Umfang in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Wie der Senat bereits in dem das Trennungsunterhaltsverfahren betreffenden Beschluss vom 22.12.2005 (10 UF 169/05) festgestellt hat, hat eine Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung Einkommensersatzfunktion mit der Folge, dass die Deckungsvermutung bei schadensbedingten Mehraufwendungen nach der Vorschrift des § 1610 a BGB, die nach § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB beim Trennungsunterhalt und nach § 1578 a BGB beim nachehelichen Unterhalt gilt, keine Anwendung findet (vgl. auch Palandt/Diederichsen, BGB, 68. Aufl., § 1610 a, Rz. 4). Daher muss behinderungsbedingter Mehraufwand im Einzelnen dargelegt und gegebenenfalls bewiesen werden. An einer entsprechenden substantiierten Darlegung des Antragstellers aber fehlt es.

c) Auch der Antragsgegner muss sich (fiktive) Zinseinkünfte zurechnen lassen. Nach seinem eigenen Vortrag hat er von dem Erlös aus dem Hausverkauf einen Anteil von 14.000 € erhalten. Nimmt man auch insoweit bei einer längerfristigen Anlage einen Jahreszins von 3 % an, das sind 420 € und damit weniger als der Sparer-Pauschbetrag, ergibt sich ein zusätzliches monatliches Einkommen von rund 35 € (= 14.000 € x 3 % : 12 Monate).

d) Nach all dem beläuft sich das Gesamteinkommen des Antragstellers auf 1.129 € (= 655 € Altersrente + 439 € Unfallrente + 35 € Zinseinkünfte).

4. Der Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin beläuft sich auf die Hälfte des zusammengerechneten Einkommens der beiden nicht mehr erwerbstätigen Ehegatten (Nr. 15.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008). Danach ergibt sich ein Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin von rd. 252 € [= (1.129 € - 625 €) : 2].

5. Der Antragsteller ist aber nicht in vollem Umfang leistungsfähig. Gegenüber dem unterhaltsberechtigten Ehegatten beträgt sein (billiger) Selbstbehalt grundsätzlich 1.000 € (vgl. Nr. 1.4 der genannten Leitlinien). Mit Rücksicht darauf, dass der Antragsteller aber nicht mehr erwerbstätig ist, hat eine Herabsetzung des Selbstbehalts auf 935 € zu erfolgen (vgl. BGH, FamRZ 2009, 307 ff., Rz. 24, 27). Bei einem Einkommen von 1.129 € stehen daher 194 € (= 1.129 € - 935 €) für Unterhaltszwecke zur Verfügung. Damit besteht eine Unterhaltspflicht des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin in Höhe von monatlich 194 €.

6. Der Anspruch der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt ist auf sechs Jahre zu befristen.

Gem. § 1578 b Abs. 2 S. 1 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, § 1578 b Abs. 2 S. 2, Abs. 1 S. 2 BGB. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben, § 1578 b Abs. 2 S. 2, Abs. 1 S. 3 BGB. Unter denselben Voraussetzungen ist der Unterhaltsanspruch auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, § 1578 b Abs. 1 S. 1 BGB, wobei Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs miteinander verbunden werden können, § 1578 b Abs. 3 BGB. Im Hinblick auf diese gesetzlichen Vorschriften ist der Unterhaltsanspruch vorliegend auf sechs Jahre zu befristen.

a) Die Antragsgegnerin hat ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b Abs. 1 S. 2, 3 BGB nicht erlitten.

Die Antragsgegnerin hat, wie sich aus dem vorgelegten Lebenslauf ergibt, über eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht verfügt, sondern war stets im ungelernten Bereich erwerbstätig. Ihre Erwerbstätigkeit hat sie, wie die Anhörung der Parteien ergeben hat, auf Wunsch des Antragstellers im Jahr 1984 zunächst aufgegeben. Hierdurch ist ihr ein ehebedingter Nachteil aber nicht entstanden. Denn ohne Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wäre die Antragsgegnerin durchgängig im ungelernten Bereich tätig gewesen. Dafür, dass sich ihre Erwerbschancen bei Wiedereingliederung in das Erwerbsleben im Jahr 1991 verschlechtert hätten, ist nichts ersichtlich.

Ehebedingte Nachteile ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin während der Ehe nicht gearbeitet und insoweit keine Versorgungsanwartschaften erworben hat und nun Altersrentnerin ist.

Ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB können nicht allein mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Der Nachteil in der Versorgungsbilanz ist dann nämlich in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und damit vollständig ausgeglichen (vgl. BGH, FamRZ 2008, 1325 ff., Rz. 43). Auch der mit einer Befristung des Unterhalts verbundene Wegfall des Altersunterhalts steht der Befristung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn entweder auch die Bedürftigkeit im Alter nicht auf einen ehebedingten Nachteil zurückzuführen ist oder ein entstandener Nachteil durch Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehezeit ohnehin von beiden Ehegatten getragen werden muss, wie dies regelmäßig durch den Versorgungsausgleich erreicht wird (BGH, FamRZ 2008, 1508 ff., Rz. 25).

Ehebedingte Nachteile können daher nicht angenommen werden. Die Bedürftigkeit der Antragsgegnerin im Alter wäre bei durchgehender ungelernter Tätigkeit auch entstanden und die Differenz zur höheren Rente des Antragstellers wird durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen.

b) Wenn bei der Antragsgegnerin demnach ehebedingte Nachteile nicht eingetreten sind, liegen die Voraussetzungen für eine Begrenzung des Unterhalts vor. Eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 b Abs. 1 S. 1 BGB scheidet hier aus. Da auf Seiten der Antragsgegnerin lediglich von einem Einkommen in Höhe von 625 € auszugehen ist, stehen ihr unter Einbeziehung des vom Antragsteller zu zahlenden nachehelichen Unterhalts von 194 € insgesamt nur 819 € zur Verfügung. Der angemessene Lebensbedarf (vgl. hierzu Wendl/ Pauling, a.a.O., § 4, Rz. 583) wird damit nicht erreicht. Möglich ist aber eine zeitliche Begrenzung nach § 1578 b Abs. 2 S. 1 BGB, die hier zu einer Befristung des Unterhaltsanspruchs auf sechs Jahre führt.

Für die Bemessung der Zeitspanne, in der der Berechtigte Unterhalt erhält, ist von Bedeutung, welche Zeit er braucht, um sich auf die neue Lebenssituation einzustellen. In diesem Zusammenhang ist auch die Dauer der Ehe von Bedeutung (Wendl/Pauling, a.a.O., § 4, Rz. 586). Die Übergangszeit bis zum Fortfall des Unterhaltsanspruchs muss sich aber nicht schematisch an der Ehedauer orientieren. Vielmehr findet die Übergangszeit ihren Grund darin, dass der Unterhaltsberechtigte nach der Ehescheidung Zeit benötigt, um sich auf die Kürzung des ihr angemessenen Unterhalts einzustellen. Zwar kann auch dabei die Dauer der Ehe nicht völlig unberücksichtigt bleiben; auch bei sehr langer Ehedauer wird es dem Unterhaltsberechtigten aber häufig möglich sein, seine persönlichen und finanziellen Verhältnisse innerhalb einer mehrjährigen Übergangszeit auf die Einkünfte einzurichten, die er ohne die Unterhaltsleistung des geschiedenen Ehegatten zur Verfügung hat (BGH, FamRZ 2008, 134 ff., Rz. 28; FamRZ 2008, 1508 ff., Rz. 27).

Vorliegend ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Ehe der Parteien bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags am 5.11.2003 bereits 23 Jahre angedauert hat. Andererseits ist zu beachten, dass zwischen der Trennung der Parteien und der Rechtskraft der Scheidung ein erheblicher Zeitraum liegt, was bei der Abwägung hinsichtlich der Rechtsfolge nach § 1578 b Abs. 2 S. 1 BGB ebenfalls von Bedeutung ist (vgl. BGH, FamRZ 2008, 134 ff., Rz. 29). Selbst wenn man den Angaben der Antragsgegnerin folgt, wonach sich die Parteien erst zum 1.2.2003 getrennt haben, liegen zwischen dem Zeitpunkt der Trennung und der Rechtskraft der Scheidung gut fünf Jahre. Diese Zeitabläufe gebieten eine Befristung des nachehelichen Unterhalts auf die Dauer von sechs Jahren. Ein früherer Wegfall der Unterhaltspflicht kommt angesichts der Dauer der Ehe nicht in Betracht. Daran ändert der vom Antragsteller hervorgehobene Umstand, dass die Antragsgegnerin über eine lange Zeit der Ehe hinweg eine eigene Wohnung in B… hatte, nichts.

Die Anhörung der Parteien hat ergeben, dass man ungeachtet des Umstandes, über zwei Wohnsitze verfügt zu haben, eine normale Ehe geführt hat und füreinander eingestanden ist. Dabei kommt es auf die Frage, in welchem Umfang sich jeder Ehegatte an der Viehhaltung beteiligt hat, nicht entscheidend an. Der Antragsteller hat eingeräumt, dass die Antragsgegnerin oft auf der A… in R… gewesen ist und er sie auch häufig in B… besucht hat. Er hat selbst betont, man habe zusammen eine schöne Zeit gehabt. Der Antragsteller hat offenbar eine Beteiligung der Antragsgegnerin am Lebensunterhalt für selbstverständlich gehalten und ist nicht etwa im Hinblick auf die beiden Wohnsitze davon ausgegangen, dass jeder für sich allein wirtschaften soll, auch wenn es getrennte Konten gegeben haben mag. Unstreitig war es der Antragsteller, der die Antragsgegnerin zur Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit im Jahr 1984 bewegt hat. Dabei stand die Überlegung im Vordergrund, dass sich durch die Aufstockung des Viehbestandes höhere Einkünfte erzielen ließen. Insoweit hat der Antragsteller also erwartet, dass die Antragsgegnerin die durch Aufgabe der Erwerbstätigkeit frei werdende Arbeitszeit der Versorgung der Tiere widmet. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 16.06.2009 - 10 UF 124/08 zu § 1577 Abs 3 BGB, § 1578 Abs 1 S 1 BGB, § 1578b BGB, § 1579 Nr 4 BGB)

***

Derjenige, der sich im Unterhaltsprozess darauf beruft, krankheitsbedingt keiner Erwerbstätigkeit nachgehen zu können, muss Art und Umfang der gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden darlegen. Beiträge zur Pensionskasse, einer zusätzlichen Rentenversicherung, sind in Höhe von 4 % des Bruttoeinkommens des Vorjahres abzugsfähig. Stellt bei einer Risikolebens-/Berufsunfähigkeitsversicherung die Lebensversicherung keine Absicherung des Unterhaltsverpflichteten dar, ist für eine Abzugsfähigkeit der Berufsunfähigkeitsversicherung anzugeben, welcher Teil der Prämie auf diese entfällt. Fiktive Einkünfte sind anzusetzen, wenn Einkommensminderungen des Unterhaltsverpflichteten auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit beruhen oder durch freiwillige berufliche oder wirtschaftliche Dispositionen des Pflichtigen veranlasst sind und durch zumutbare Vorsorge aufgefangen werden können.(OLG Brandenburg, Urteil vom 24.03.2009 - 10 UF 92/08 zu BGB §§ 1573 II, 1578b II):

„... Die Parteien haben am 5.10.1974 geheiratet, aus der Ehe sind zwei Kinder, geboren 1975 und 1981, hervorgegangen. Nach der Trennung im Februar 2002 wurde die Ehe durch Urteil des Amtsgerichts Neuruppin, Zweigstelle Wittstock, vom 12.8.2003 (Zw 17 F 67/03) geschieden.

Im Scheidungsverfahren schlossen die Parteien am 12.8.2003 einen Vergleich, durch den sich der Beklagte verpflichtete, an die Klägerin für die Zeit von August 2003 bis zum 31.7.2005 nachehelichen Unterhalt von monatlich 400 € zu zahlen. Der Vergleich sollte bis zum 31.7.2005 nicht abänderbar, ab August 2005 jedoch „von jeder der Parteien aufhebbar" sein. Die Verhältnisse bei Vergleichsabschluss sollten bei einer Neufestsetzung des Unterhalts nicht präjudizierend sein. Das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs der Klägerin für die Zeit ab August 2005 sollte nach der aktuell geltenden Sach- und Rechtslage entschieden werden.

Die Klägerin hat das vorliegende Verfahren im Juni 2005 eingeleitet und zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts zunächst Auskunft über das Einkommen des Beklagten verlangt sowie den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 29.7.2005 angeordnet, dass der Beklagte ab August 2005 vorläufig monatlichen Unterhalt von 276,01 € zu zahlen habe, die Zwangsvollstreckung aus diesem Beschuss jedoch am 14.11.2007 einstweilen eingestellt.

Der Beklagte, geboren am ….9.1955, ist von Beruf Tischlermeister. Er arbeitet seit 2001als Ausbilder bei der B.gesellschaft mbH in P.. Die wöchentliche Arbeitszeit von zunächst 40 Stunden wurde durch den Vertrag vom 1.10.2004 für die Zeit ab September 2005 auf 39 Stunden und durch weiteren, auf ein Jahr befristeten Vertrag vom 29.8.2007 auf 31 Stunden verkürzt. Der Anschlussvertrag vom 30.8.2008 ist bis zum 31.8.2009 befristet und verändert das Arbeitsverhältnis im Übrigen nicht.

Die Klägerin, geboren am ….4.1955, erlernte Anfang der 70er Jahre den Beruf einer Textilfacharbeiterin und arbeitete danach im O.werk in W.. Seit Beginn der 90er Jahre war sie überwiegend arbeitslos, nahm an verschiedenen Ausbildungs- bzw. Umschulungsmaßnahmen teil und war für zwei nicht zusammenhängende Jahre im Rahmen von Arbeitsförderungsmaßnahmen tätig. Eine letzte Trainingsmaßnahme absolvierte sie vom 19.5. bis zum 21.7.2000. Die Klägerin ist Diabetikerin und herzkrank, weshalb sie in den Jahren 2003, 2006 und 2007 im Krankenhaus behandelt wurde.

Seit Juli 2007 arbeitet die Klägerin im Rahmen einer Arbeitsförderungsmaßnahme beim Verein …. Der Arbeitsvertrag war zunächst bis zum 30.6.2008 befristet, die wöchentliche Arbeitszeit betrug 32 Stunden. In dem bis zum 31.12.2008 befristeten Folgevertrag wurde die Stundenzahl auf 26 verringert. Seit Januar 2009 arbeitet die Klägerin nur noch im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung.

Die Klägerin hat vom Beklagten aufgrund der einstweiligen Anordnung bis einschließlich August 2007 monatlichen Unterhalt von 276,01 € erhalten und ergänzende Sozialleistungen bezogen. Sie hat die Hauptsache wegen Unterhalts bis Juni 2007 sowie in Höhe der Sozialleistungen von monatlich 75,12 € von Juli 2007 bis April 2008 für erledigt erklärt und, nach Abzug von Sozialleistungen bis April 2008 monatlichen Unterhalt von 176 € für Juli bis Dezember 2007, von 172 € für Januar bis April 2008 und von 247 € ab Mai 2008 verlangt. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen und Klageabweisung beantragt.

Durch das am 8.5.2008 verkündete Urteil hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Rechtsstreit, soweit er das Klagebegehren für die Zeit von August 2005 bis August 2007 betrifft, erledigt sei, und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie trägt vor:

Der Beklagte müsse sich Einkünfte in dem bis einschließlich August 2007 tatsächlich erzielten Umfang zurechnen lassen. Die eingeschränkte Stundenzahl entspreche seinem Wunsch. Der Beklagte könne mit seiner neuen Partnerin zur Arbeit fahren, sodass sich die Fahrtkosten um die Hälfte ermäßigten. Die Beiträge zur Altersvorsorge seien zu hoch, die Lebensversicherung bei der S. sei nicht zu berücksichtigen. Der Selbstbehalt des Beklagten sei im Hinblick auf die Ersparnis durch gemeinsame Haushaltsführung mit seiner neuen Partnerin zu kürzen.

Sie könne aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen höheres als ihr tatsächliches Einkommen nicht erzielen. Davon seien 5 % für berufsbedingte Aufwendungen abzuziehen. Ihr ständen 3/7 der Einkommensdifferenz, das seien 248 € bzw. 247 €, monatlich zu. Nach Abzug der ergänzenden Sozialleistungen von 75,12 € monatlich ergäben sich bis Juni 2008 die von ihr ermittelten Beträge. Im Juli 2008 sei der gesamte Anspruch auf das Arbeitsamt übergegangen, sodass sie keinen Unterhalt verlange. Im August beliefen sich 3/7 der Einkommensdifferenz auf 215,58 €, in den Monaten September bis Dezember auf 175,30 €.

Seit Januar 2009 erziele sie nur noch Einkünfte im sog. Geringverdienerbereich. Während ihr Arbeitgeber noch kurz vor Weihnachten mitgeteilt habe, sie könne ihre Arbeit im Jahr 2009 fortsetzen und die Arbeitszeiten sogar erweitern, habe er am 29.12.2008 plötzlich mitgeteilt, dass sie nur noch mit einem Verdinest von 165 € weiterhin tätig sein könne. 3/7 der Einkommensdifferenz machten 462,26 € aus. Im Hinblick auf den Selbstbehalt müsse der Beklagte 360 € zahlen. Im Januar und Februar sei dieser Bedarf durch Sozialleistungen vollständig gedeckt, sodass Unterhalt in diesem Umfang erst ab März 2009 zu zahlen sei.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Perleberg vom 8.5.2008 den Beklagten zu verurteilen, an sie nachehelichen Unterhalt wie folgt zu zahlen: von September bis Dezember 2007 monatlich 176 € zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf jeweils 176 € ab 2.9., 2.10., 2.11. und 2.12.2007, von Januar bis Juni 2008 monatlich 172 € zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf jeweils 172 € ab 2.1., 2.2., 2.3., 2.4., 2.5., 2.6.2008 für August 2008 einen Betrag von 215,58 € nebst 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 2.8.2008, von September bis Dezember 2008 monatlich 175,30 € zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszins auf jeweils 175,30 € seit dem 2.9., 2.10., 2.11. und 2.12.2008 sowie ab März 2009 monatlich 360 €, jeweils monatlich im Voraus.

Der Beklagte beantragt Berufungszurückweisung. Er trägt vor:

Er schulde keinen Unterhalt mehr. Die Klägerin müsse sich Einkünfte aus einer angemessenen Tätigkeit zurechnen lassen. Sie sei während der Ehe bis Anfang der 90er Jahre berufstätig gewesen, die 1975 und 1981 geborenen Kinder habe man gemeinsam versorgt. Er sei nicht leistungsfähig. Gegen die Verkürzung seiner Arbeitszeit habe er sich nicht wehren können, weshalb von seinen tatsächlichen Einkünften auszugehen sei.

Die vermögenswirksame Anlage sei schon während der Ehe erfolgt, die Beiträge hätten nicht zur Verfügung gestanden, was die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt habe. Dasselbe gelte für die Prämie der Risikolebens- /Berufsunfähigkeitsversicherung. Sein Arbeitgeber habe die Zahlung an die Pensionskasse in Höhe des sozialversicherungs- und lohnsteuerfreien Anteils auf das Gehalt aufgerechnet. Deshalb sei nur das reine Nettogehalt maßgeblich. Dieses sei seit September 2007 fortlaufend gesunken.

Vom Einkommen abzuziehen seien Fahrtkosten in voller Höhe. Er könne wegen unterschiedlicher Arbeitszeiten mit seiner Partnerin keine Fahrgemeinschaft bilden. Diese erhalte ein Nettoeinkommen von 1.200 € und müsse Verbindlichkeiten aus ihrer Ehe mit 250 € monatlich abtragen. Angesichts dieser Einkünfte sei eine Haushaltsersparnis nicht zu berücksichtigen.

Ziehe man somit von seinem Einkommen die Versicherungsprämien und die Fahrtkosten ab, verbleibe ein Einkommen, das den ihm zustehenden Selbstbehalt nicht erreiche.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung ist teilweise begründet. Die Klägerin kann nachehelichen Unterhalt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang verlangen. Der Unterhaltsanspruch ist allerdings auf die Zeit bis einschließlich August 2012 zu befristen.

Da sich nur die Klägerin gegen das Urteil vom 8.5.2008 wendet, durch welches das Amtgericht entsprechend der Erklärung der Klägerin die Erledigung der Hauptsache wegen Unterhalts von August 2005 bis August 2007 festgestellt und die Unterhaltsforderung für die Zeit ab September 2007 abgewiesen hat, und mit der Berufung Unterhalt erst ab September 2007 verlangt, ist allein über das Unterhaltsverlangen der Klägerin für die Zeit ab September 2007 zu entscheiden.

Dem Anspruch steht der Vergleich der Parteien vom 12.8.2003 nicht entgegen. Denn durch diesen Vergleich wurde der Unterhaltsanspruch nicht zeitlich befristet. In dem Vergleich wird vielmehr nur geregelt, dass nach Ablauf der darin genannten Frist, innerhalb der eine Abänderung nicht möglich sein sollte, ohne Bindung an den Inhalt des Vergleichs im Übrigen eine Neufestsetzung des Unterhalts nach der aktuell geltenden Sach- und Rechtslage erfolgen solle.

Der Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt beruht auf §§ 1569, 1573 Abs. 2 BGB. Unterhalt wegen Krankheit gemäß § 1572 BGB kann die Klägerin nicht verlangen.

Wer sich im Unterhaltsprozess darauf beruft, krankheitsbedingt einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen zu können, muss Art und Umfang der gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden darlegen. Der bloße Hinweis auf eine Erkrankung lässt weder erkennen, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bestehen, noch inwieweit sich diese auf die Erwerbsfähigkeit auswirken. Aus dem Vortrag muss sich auch ergeben, auf welchen Zeitpunkt sich die Behauptung, nicht mehr erwerbsfähig zu sein, bezieht (vgl. BGH, FamRZ 2001, 1291). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin nicht. Sie hat zwar die Art ihrer Erkrankung dargestellt, nicht aber, wie sich diese auf ihre Erwerbsfähigkeit auswirkt. Insoweit reicht die allgemeine Behauptung, aus gesundheitlichen Gründen nur eingeschränkt belastbar zu sein, nicht aus. Hinzu kommt, dass die Klägerin seit Juli 2007 fortlaufend arbeitet, gesundheitliche Schwierigkeiten sind auch nach ihrem Vortrag nicht (mehr) aufgetreten.

Zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin nach den ehelichen Lebensverhältnissen, § 1578 Abs. 1 BGB, sind die Einkommensverhältnisse der Parteien heranzuziehen.

Der Beklagte hat ausweislich der vorgelegten Verdienstabrechnungen im Jahr 2007ein monatliches Nettoeinkommen von 1.344,32 € erzielt. Abzuziehen ist nur der Nettobetrag des Zuschusses des Arbeitgebers zu den vermögenswirksamen Anlagen von rd. 4,90 €. Der gesamte vom Beklagten insoweit aufgewendete Betrag ist entgegen seiner Ansicht nicht abzugsfähig. Denn es handelt sich um einseitige Vermögensbildung, an der die Klägerin, seine ehemalige Ehefrau, nicht mehr partizipiert. Ein weiterer Abzug wäre allenfalls bei sehr guten Einkommensverhältnissen möglich (vgl. Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 7.Aufl., § 4, Rz. 202; § 1, Rz. 630 und 659 a), die hier nicht vorliegen.

Die Beiträge zur Pensionskasse, der zusätzlichen Rentenversicherung, kann der Beklagte nur in Höhe von 4% des Bruttoeinkommens des Vorjahrs absetzen (vgl. BGH, FamRZ 2008, 963; FamRZ 2007, 879 ff, 881 f und 793 f). In 2006 hat er monatlich 1.896,96 € brutto erhalten. Setzt man dem das Urlaubsgeld von 255,65 € und Weihnachtsgeld von 1.130,88 € hinzu, ergibt sich ein auf den Monat umgelegtes Bruttoeinkommen von 2.012,50 € { = [(1.896,96 € x 12) + 255,65 € + 1.130,88 €] : 12}, 4 % davon machen 80,50 € aus. Diesen Betrag kann der Beklagte von seinem Einkommen absetzen.

Die monatlichen Aufwendungen für die Risikolebens- /Berufsunfähigkeitsversicherung von 55,60 € sind nicht abzuziehen. Denn jedenfalls die Lebensversicherung stellt keine Absicherung des Beklagten selbst dar (s.a. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rz. 1030 a.E.). Die Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung sind zwar grundsätzlich abzugsfähig, weil der Unterhaltsberechtigte davon profitieren könnte (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 1023). Der Beklagte hat aber nicht angegeben, welcher Teil der Prämie auf sie entfällt, sodass auch der Abzug eines Teilbetrags nicht in Betracht kommt.

Fahrtkosten können nicht abgezogen werden. Denn der Beklagte könnte ungeachtet der Frage, ob er nur die Kosten für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder diejenigen für die Benutzung eines Pkw in Ansatz bringen kann und ob die Pkw-Kosten im Hinblick auf die Bildung einer Fahrgemeinschaft mit seiner Partnerin zu halbieren wären, jedenfalls eine Steuererstattung erhalten. Da er aber eine Steuererklärung nicht abgibt, weil er, wie er bei seiner Anhörung erklärt hat, dazu keine Lust habe, muss er sich so behandeln lassen, als erhalte er eine Erstattung, die dann auch die Fahrtkosten ausgleicht.

Auf dieser Grundlage ergibt sich ein anrechenbares Einkommen des Beklagten im Jahr 2007 von rd. 1.258,92 € (= 1.344,32 € - 4,90 € - 80,50 €).

Im Jahr 2008beläuft sich das Einkommen des Beklagten, wie sich der Abrechnung für Dezember 2008 entnehmen lässt, auf insgesamt 14.811,85 € netto, was einem Monatsbetrag von 1.234,32 € entspricht. Wegen des in 2007 gesunkenen Bruttoeinkommens verringert sich der Betrag, den der Beklagte für die zusätzliche Altersvorsorge absetzen kann, auf 75,58 € (Gesamtbruttoeinkommen von 22.673,37 € : 12 = 1.889,45 €; 4 % davon machen 75,58 € aus). Es ergibt sich, wiederum unter Berücksichtigung des Nettobetrags der vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers, ein anrechenbares Einkommen von 1.153,84 € (= 1.234,32 € - 4,90 € - 75,58 €).

Dieses Einkommen verändert sich in 2009 lediglich im Hinblick darauf, dass der für die zusätzliche Altersvorsorge zu berücksichtigende Betrag sinkt. Im Vorjahr, nämlich in 2008, belief sich das Gesamtbruttoeinkommen auf 19.716,41 €, 4 % des Monatsbetrags von 1.643,03 € (= 19.716,41 € : 12) machen 65,72 € aus. Das anrechenbare Einkommen steigt geringfügig auf 1.163,70 €.

Dieses Einkommen kann allerdings nicht allein Grundlage der Unterhaltsermittlung sein. Denn der Beklagte arbeitet nur im zeitlichen Umfang von 31 Stunden. Er muss sich daher Einkünfte aus einer etwa achtstündigen Nebentätigkeit zurechnen lassen.

Grundsätzlich will das Unterhaltsrecht den bedürftigen Ehegatten nach der Scheidung wirtschaftlich so stellen, wie er ohne die Scheidung stände (vgl. BGH, FamRZ 2008, 968 ff., 972). Deshalb sind spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens regelmäßig zu berücksichtigen und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Der bedürftige Ehegatte ist nicht besser zu stellen, als er während der Ehe stand oder aufgrund einer absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde (BGH, NJW 2009, 588). Er kann nicht auf einen unveränderten Unterhalt vertrauen, wenn das relevante Einkommen des Pflichtigen zurückgeht. Die Berücksichtigung einer nachehelichen Verringerung des verfügbaren Einkommens findet allerdings ihre Grenzen bei einer Verletzung der nachehelichen Solidarität (BGH, a.a.O.). Der Unterhaltspflichtige darf den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nicht unterhaltsrechtlich leichtfertig gefährden. Beruhen Einkommensminderungen auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit oder sind sie durch freiwillige berufliche oder wirtschaftliche Dispositionen des Pflichtigen veranlasst und hätten sie von diesem durch zumutbare Vorsorge aufgefangen werden können, bleiben sie unberücksichtigt, sodass stattdessen fiktive Einkünfte anzusetzen sind (BGH, FamRZ 2008, 968 ff., 972, Rn. 45)

Da die Verringerung des Einkommens des Beklagten auf einer Verringerung seiner Arbeitszeit beruht, die er zwar, wie er geltend macht, nicht verhindern konnte, er aber grundsätzlich gleichwohl gehalten ist, ebenso wie während der Ehe vollschichtig zu arbeiten, muss der Beklagte in der durch die Verkürzung seiner Arbeitszeit frei gewordenen Zeit, also im Umfang von rund 8 Stunden pro Woche, einer Nebentätigkeit nachgehen. So könnte er etwa Nachhilfe- bzw. Förderunterricht erteilen oder sonstige Arbeiten im sozialen Bereich ausüben. Mit einer solchen Nebentätigkeit könnte der Beklagte jedenfalls anrechenbare 200 € im Monat erwirtschaften.

Da die Arbeitszeit des Beklagten erst ab September 2007 auf 31 Stunden pro Woche verkürzt worden ist, sind in diesem Jahr nur Nebeneinkünfte für vier Monate zu berücksichtigen und ergeben, auf das Jahr umgerechnet, einen Betrag von 66,67 € (= 800 € : 12). Damit sind der Unterhaltsberechnung folgende Einkünfte des Beklagten zugrunde zu legen:

rund 1.326 € (= 1.258,92 € + 66,67 €) im Jahr 2007,
rund 1.354 € (=1.153,84 € + 200 €) im Jahr 2008 und
rund 1.364 € (=1.163,70 € + 200 €) vom Jahr 2009 an.

Allerdings kann auch auf Seiten der Klägerin nicht das tatsächlich erzielte Einkommen zugrunde gelegt werden.

Die Klägerin ist, wovon sie selbst auch ausgeht, grundsätzlich gehalten, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Um eine Stelle zu finden, musste sie sich gehörig bemühen (vgl. dazu Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 711 ff.). Insoweit wird eine intensive und konkrete Eigenbemühung in Form der regelmäßigen, wöchentlichen Lektüre der örtlichen Zeitungen und sonstigen Werbeträger sowie die Bewerbung auf alle Annoncen, die für Stellensuchende in Betracht kommen und einen für den Bewerber günstigen Tätigkeitsbereich haben, erwartet. Blindbewerbungen, also solche, die abgegeben werden, ohne Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Arbeitskraft sucht, sind allein zum Nachweis ordnungsgemäßer Arbeitsplatzsuche nicht ausreichend. Die Anzahl der notwendigen Bewerbungen hängt von den Gegebenheiten des Arbeitsmarktes, insbesondere der Anzahl der angebotenen Stellen ab, 20 bis 30 Bewerbungen pro Monat können als zumutbar angesehen werden (vgl. Kalthoener/Büttner/ Niepmann, a.a.O., Rz. 713 f).

Diesen Anforderungen entsprechende Bemühungen hat die Klägerin nicht unternommen. Sie hat lediglich, wie die vorgelegten Bewerbungsschreiben zeigen, überwiegend am Ende eines Monats vier bis fünf Bewerbungen geschrieben. Der Text zeigt, dass es sich jedenfalls überwiegend um Blindbewerbungen handelt. Da die Klägerin zwar im Juli 2007 eine Stelle angetreten hat, aber nur im sog. Geringverdienerbereich bzw. im zeitlichen Umfang von 26 bis 32 Stunden arbeitet, muss sie sich fiktive Einkünfte aus einer vollschichtigen Tätigkeit zurechnen lassen.

Dem steht der Hinweis der Beklagten auf ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht entgehen. Denn sie hat nicht vorgetragen, inwieweit sich ihre Erkrankungen auf ihre Arbeitsfähigkeit auswirken, und nur pauschal behauptet, sie sei eingeschränkt belastbar. Zudem lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen, wie sich ihre gesundheitliche Situation aktuell darstellt. Dies reicht nicht aus.

Bei der Bemessung des fiktiven Einkommens ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin bis einschließlich Juli 2005 mit Unterhalt des Beklagten rechnen durfte. Sie ist im April 1955 geboren, war also bei Ende des vom Vergleich geregelten Unterhaltszeitraums 50 Jahre alt. In den 15 Jahren davor war sie überwiegend arbeitslos und hat seit 1990 nur etwa zwei nicht zusammenhängende Jahre lang im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gearbeitet. Seit August 2000 war sie durchgehend arbeitslos, also auch im Zeitpunkt der Trennung im Februar 2002. Im Hinblick darauf kann ein anrechenbares Einkommen nur in Höhe von rund 900 € angenommen werden.

Im Hinblick darauf, dass die Klägerin bis Juli 2008 Sozialleistungen erhalten hat, die sie vom Unterhaltsanspruch abzieht, ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung:

In der Zeit von September bis Dezember 2007 kann die Klägerin 182,57 € [= (1.326 € - 900 €) x 3/7] verlangen, nach Abzug der Sozialleistungen von 75,12 € verbleibt ein Unterhaltsanspruch von rund 107 €;
von Januar bis Juni 2008 ergibt sich ein Anspruch von 194,57 € [= (1.354 € - 900 €) x 3/7], nach Abzug der Sozialleistungen von 75,12 € verbleibt ein Anspruch von rund 119 €;
im August 2008 sind keine Sozialleistungen mehr geflossen, er verbleibt bei dem Anspruch von rund 195 €,
in den Monaten September bis Dezember 2008 kann die Klägerin die geltend gemachten 175,30 € verlangen.

Ab März 2009 stellt sich der Unterhaltsanspruch auf rund 199 € [= (1.364 € - 900 €) x 3/7].

Unterhalt in diesem Umfang kann der Beklagte aufgrund der oben ermittelten, anzurechnenden Einkünfte ohne weiteres zahlen. Auf die Frage, ob der Selbstbehalt im Hinblick darauf, dass er mit seiner neuen Partnerin einen gemeinsamen Haushalt führt, zu kürzen ist, kommt es nicht an.

Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist auf die Zeit bis einschließlich August 2012 zu befristen.

Gemäß § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Unter denselben Voraussetzungen ist gemäß § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB n.F. der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen. Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden, § 1578 b Abs. 3 BGB n.F. Bei der Frage, ob eine dieser beiden Rechtsfolgen oder beide miteinander verbunden in Betracht kommen, ist gemäß § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben, § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB n.F.

Ehebedingte Nachteile lassen sich auf Seiten der Klägerin nicht feststellen. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien hat die Klägerin auch nach der Geburt der 1975 und 1981 geborenen Kinder bis zum Beginn der 90er Jahre durchgehend gearbeitet, der Beklagte hat, von der Klägerin unwidersprochen, ausgeführt, man habe sich gleichermaßen um die Versorgung der Kinder gekümmert. Dass die Klägerin seit Beginn der 90er Jahre bis zum Sommer 2007 nicht bzw. nur teilweise gearbeitet hat, beruhte darauf, dass sie keine Arbeit hatte. So hat sie sich verschiedenen Ausbildungs- bzw. Umschulungsmaßnahmen unterzogen und ist nur im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen tätig gewesen.

Da einerseits die Ehe bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags gut 28 Jahre gedauert hat und die Klägerin während der letzten zehn Ehejahre überwiegend arbeitslos war, andererseits die lange Dauer der Ehe und die ungesicherte berufliche Zukunft der Klägerin einer Befristung nicht generell entgegenstehen (vgl. dazu Palandt/Brudermüller, BGB, 68. Aufl., § 1578 b, Rz. 10 f), erscheint es angemessen, den Unterhaltsanspruch bis August 2012 zu befristen. Die Klägerin muss dann noch rund sieben Jahre bis zum Eintritt ins Rentenalter überbrücken, was ihr im Hinblick darauf, dass sie dann rund neun Jahre nach der Scheidung noch Unterhalt erhalten hat, zuzumuten ist.

Eine zusätzliche Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf ist im Hinblick darauf, dass die Klägerin mit den (fiktiven) Einkünften und den Unterhaltszahlungen nur geringfügig mehr als diesen erhält, nicht angezeigt. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 24.03.2009 - 10 UF 92/08 zu BGB §§ 1573 II, 1578b II)

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Ein vor Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes und vor Verkündung der Entscheidung des BGH vom 12. 4. 2006 (NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006) geschlossener Prozessvergleich zum nachehelichen Ehegattenunterhalt ist nicht allein wegen der geänderten Rechtslage abzuändern, wenn die Vereinbarung auch nach heutigem Recht einen gerechten Interessenausgleich darstellt (OLG Dresden, Urteil vom 11.03.2009 - 23 UF 626/08 zu ZPO § 323; BGB § 1578b; EGZPO § 36 Nr. 1):

„... Die Parteien streiten um die Abänderbarkeit eines Vergleichs. Sie haben am 27. 8. 1988 die Ehe geschlossen, die mit Urteil vom 1. 2. 2005 geschieden worden ist. Die Folgesache nachehelicher Ehegattenunterhalt ist durch das AG mit Urteil vom 16. 9. 2005 entschieden worden, der Kl. (Arzt) ist zu unbefristetem Unterhalt an die Bekl. (Lehrerin) von zuletzt 657 Euro verurteilt worden. Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Im Rahmen des Berufungsverfahrens haben die Parteien am 1. 2. 2006 einen Vergleich mit folgendem Inhalt geschlossen: Monatlich 570 Euro für die Zeit vom 1. 2. 2005 bis 31. 12. 2008 (Vollendung des 14. Lebensjahres des Sohnes C) sowie monatlich 280 Euro für die Zeit vom 1. 1. 2009 bis zum 31. 12. 2014; danach Unterhaltsverzicht. Der Kl. stellte die Bekl. von Kindesunterhalt, den diese für den gemeinsamen Sohn G (geb. 18. 5. 1989) ab dessen Volljährigkeit (mit-)schuldete, bis zur wirtschaftlichen Selbstständigkeit von G frei. Die Parteien gingen für die Zeit ab 1. 1. 2009 davon aus, dass die Bekl. verpflichtet ist, eine Vollzeittätigkeit aufzunehmen, und dass es ihr auch gelingen wird. Fiktiv wurden ihr in Anlehnung zu dem aus ihrer 60-prozentigen Tätigkeit erzielten bereinigten Nettoeinkommen von 450 Euro für den Vollzeitjob 750 Euro zugerechnet. Eine Zeitdauer von weiteren sechs Jahren, gerechnet ab 1. 1. 2009, hielten die Parteien für angemessen, um einerseits der langen Ehedauer und der während der Ehezeit seit 1992 ausgeübten Teilzeitbeschäftigung durch die Bekl., andererseits den Umständen, dass die drei gemeinsamen Kinder bereits jetzt weitgehend selbstständig sind, der größte Sohn beim Vater lebt und von ihm betreut wird sowie den Berufschancen der Bekl. angesichts ihrer Ausbildung und ihres beruflichen Werdegangs, gerecht zu werden.

Nach dem Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes hat der Kl. mit Schriftsatz vom 13. 5. 2008 Abänderungsklage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, er sei auf Grund der neuen Rechtslage spätestens ab 1. 7. 2008 nicht weiter verpflichtet, nachehelichen Unterhalt an seine geschiedene Frau zu bezahlen. Bei dem vereinbarten Unterhalt handele es sich bis zum 31. 12. 2008 um einen gemischten Betreuungs- und Aufstockungsunterhalt, für die Zeit ab 1. 1. 2009 um einen reinen Aufstockungsunterhalt. Wegen der nunmehr stärkeren Eigenverantwortung komme eine Zubilligung von Betreuungsunterhalt bis zum 14. Geburtstag des jüngsten Sohnes ebenso wie ein Aufstockungsunterhalt für die Bekl., die als Lehrerin über eine hochqualifizierte Berufsausbildung verfüge und keine ehebedingten Nachteile in ihrer Erwerbsbiografie erlitten habe, nicht mehr in Betracht. Das AG - FamG - hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Kl. hatte keinen Erfolg. ...

II. Das AG hat die Abänderungsklage zu Recht abgewiesen.

1. Die Abänderungsklage ist zulässig, §§ 323 I, IV, 794 I Nr. 1 ZPO. Der Kl. hat eine wesentliche Veränderung der für den Vergleichsschluss maßgebenden Verhältnisse behauptet. Eine solche stellt auch eine Änderung der Rechtslage dar (BGH, NJW-RR 1991, 514; NJW 2001, 3618), die hier durch das Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes zum 1. 1. 2008 eingetreten ist.

2. Die Abänderungsklage ist nicht begründet.

2.1. Beim Prozessvergleich erfolgt die Anpassung an die geänderten Verhältnisse nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage, §§ 242, 313 BGB. Außerdem ist im hier zu entscheidenden Fall zu berücksichtigen, dass das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. 12. 2007 (BGBl I, 3189), mit § 36 Nr. 1 EGZPO eine Überleitungsvorschrift enthält, die die freie Abänderungsmöglichkeit von vor dem 1. 1. 2008 ergangenen Entscheidungen oder Vereinbarungen zum Unterhalt einschränkt. Danach soll eine Abänderung zunächst nur möglich sein, wenn dies zu einer erheblichen Veränderung der Unterhaltsverpflichtung führen würde. Dies wird im Allgemeinen dann bejaht, wenn die Veränderung mindestens 10% ausmacht (BGH, NJW 1986, 2054); diese Grenze ist vorliegend überschritten.

Zum zweiten soll sich eine Partei aber nur dann auf Umstände, die vor dem Inkrafttreten des Reformgesetzes entstanden und durch das Reformgesetz selbst erheblich geworden sind, berufen können, wenn die Änderung dem anderen Teil unter besonderer Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. Hierdurch soll eine flexible, an der Einzelfallgerechtigkeit orientierte Überleitung bestehender Unterhaltsregelungen auf die neue Rechtslage erreicht werden (BT-Dr 16/1830, S. 33). Die danach vorzunehmende Vertrauensschutzprüfung ist auf der Grundlage der zu Art. 6 I, II GG entwickelten Grundsätze zum Schutz von Ehe und Familie sowie minderjähriger Kinder vorzunehmen (Borth, FamRZ 2008, 105 [108]).

2.2. Gemessen daran ist es dem Kl. verwehrt, sich von der am 1. 2. 2006 geschlossenen Vereinbarung zu lösen. Zwar ist mit dem Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes eine neue Rechtslage eingetreten. Diese hat aber im hier zu beurteilenden Fall wegen des zwischen den Parteien seinerzeit abgeschlossenen progressiven Vergleichs nicht so schwerwiegende Auswirkungen, dass der Kl. unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine Anpassung des Vertrags verlangen könnte; vielmehr ist das Vertrauen des Bekl. in die getroffene Unterhaltsvereinbarung schutzwürdig.

2.2.1. Mit dem Kl. ist davon auszugehen, dass durch das neue Unterhaltsrechtsänderungsgesetz der Grundsatz der Eigenverantwortung (§ 1569 BGB n.F.) nunmehr stärker akzentuiert ist und es Wille des Gesetzgebers ist, dass sich das Prinzip der Eigenverantwortung nun auch in der Praxis gegenüber dem Grundsatz der nachehelichen Solidarität durchsetzen soll. Ebenso hat der Gesetzgeber durch die Verschärfung des § 1570 BGB deutlich gemacht, dass das bisher geltende Altersphasenmodell als überholt angesehen wird. Schließlich ist es durch die Einführung des § 1578b BGB Ziel des Gesetzgebers gewesen, stärker als bislang auf eine zeitliche Begrenzung und Herabsetzung der Unterhaltsansprüche hinzuwirken.

2.2.2. Zum Betreuungsunterhalt:

Die Parteien haben in dem angefochtenen Vergleich aber eine Regelung gefunden, die sich auch bei Zugrundelegung der neuen Rechtslage als gerechte und billige Lösung darstellt. So ist es keineswegs gesetzlich untersagt, dass ein Elternteil den anderen von einer Verpflichtung zur Aufnahme einer vollschichtigen Arbeit bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes freistellt. § 1570 I 2 BGB enthält für die Zeit nach Ablauf des Basisunterhalts von drei Jahren keine klare Zeitvorgabe für einen sich an den Basisunterhalt anschließenden Betreuungsunterhalt, dort heißt es nur, dass die Dauer des Unterhaltsanspruchs sich verlängert, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Inzwischen ist erkennbar geworden, dass die Rechtsprechung eine Überbetonung des Grundsatzes der Eigenverantwortung im Bereich des Betreuungsunterhalts, der sich zu Lasten der Kinder auswirken würde, nicht vornehmen wird und damit das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz nicht in der beabsichtigten Schärfe umgesetzt werden wird (vgl. z.B. BGHZ 177, 272 = NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 = FamRZ 2008, 1739; OLG München, FamRZ 2008, 1945 = BeckRS 2008, 12076; OLG Jena, NJW 2008, 3224 = FamRZ 2008, 2203). Darüber hinaus ist mit § 1570 II BGB eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts erstmals aus Gründen der nachehelichen Solidarität Gesetz geworden. Es bleibt daher Eltern auch nach der aktuellen Gesetzeslage unbenommen, unter Berücksichtigung ihrer konkreten Verhältnisse und der Bedürfnisse der Kinder zu der gleichen wie einer unter Geltung des alten Rechts vereinbarten Regelung zum Betreuungsunterhalt zu kommen. Grundsätzlich darf in diesem Zusammenhang davon ausgegangen werden, dass das Betreuungsinteresse von Kindern über drei Jahren stets und regelmäßig auch die Bereitschaft der Eltern, auch ältere Kinder zumindest teilweise zu betreuen, vorhanden ist und dass sie nur wirtschaftliche Erforderlichkeiten zu einer möglichst frühzeitigen Arbeitsaufnahme drängen. Das ist im hier zu beurteilenden Fall anders. Der Kl. verfügt über ein ausnehmend gutes Einkommen, so dass eine frühere Arbeitsaufnahme der betreuenden Mutter aus wirtschaftlichen Gründen weder nach alter Rechtslage geboten war noch nach neuer Rechtslage erforderlich ist. In diesem Zusammenhang spielt über § 1570 II BGB auch eine Rolle, dass die Ehe der Parteien von nicht unerheblicher Dauer (17 Jahre) war und sich die Parteien in dieser Ehe darauf verständigt hatten, dass die Bekl. unter Zurückstellung ihrer Arbeits- und Karriereinteressen die Kinderbetreuung übernehmen soll. Auch nach neuem Recht wäre daher eine Vereinbarung, die den Kl. verpflichtet, den von ihm anerkannten Unterhalt in Höhe von 570 Euro bis zum 31. 12. 2008 zu zahlen, gerecht und billig gewesen. Einer Abänderung des Unterhaltstitels vor Ablauf eines Jahres, wie vom Kl. beantragt, steht darüber hinaus § 36 Nr. 1 EGZPO entgegen, der ersichtlich einen schonenden Übergang zur neuen Rechtslage fordert, was regelmäßig eine Übergangszeit erfordert (vgl. OLG Celle, NJW-RR 2009, 302 = OLG-Report 2008, 967; OLG Karlsruhe, NJW 2009, 525 = FamRZ 2009, 341; OLG Dresden, Beschl. v. 5. 6. 2008 - 20 UF 149/08).

2.2.3. Zum Aufstockungsunterhalt:

Auch die von den Parteien im Vergleich vom 1. 2. 2006 vereinbarten weiteren sechs Jahre Aufstockungsunterhalt in Höhe von monatlich 280 Euro sind nach den konkreten Umständen des Einzelfalls auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage und des vorangegangenen Betreuungsunterhalts angemessen. Bei der Vereinbarung vom 1. 2. 2006 haben die Parteien Umstände, die nach neuem Recht nun verstärkt Berücksichtigung finden sollen, wie eine stärkere Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten, bereits berücksichtigt, indem der Bekl. fiktiv ein aus einer unterstellten Vollerwerbstätigkeit erzielbares Nettoeinkommen zugerechnet worden ist. Die Zeitdauer von sechs Jahren ist unter Berücksichtigung der hier zu beurteilenden wesentlichen Umstände (namentlich der Ehedauer, der seit 1992 ausgeübten Teilzeitbeschäftigung durch die Bekl., der bereits weitgehenden Selbstständigkeit der gemeinsamen Kinder, der Betreuung des größten Sohnes durch den Vater) gefunden worden, die auch nach derzeitiger Rechtslage bei einer Abwägung im Rahmen des § 1578b BGB eine wichtige Rolle spielen würden.

Die Prüfung des seit der Entscheidung des BGH vom 12. 4. 2006 (NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006) in der Rechtsprechung und seit dem 1. 1. 2008 auch gesetzlich verankerten zusätzlichen und maßgeblichen Kriteriums für eine Abwägung bei einer Begrenzung des Unterhaltsanspruchs, des Vorliegen eines ehebedingten Nachteils, führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Der Auffassung des Kl., die Bekl. habe keinen ehebedingten Nachteil erlitten, kann der Senat nicht beitreten. Der ehebedingte Nachteil ist im Gegenteil offenbar geworden. Aus der von der Bekl. zur Akte gereichten Übersicht über ihre berufliche Entwicklung in der Ehezeit wird im Zusammenhang mit den hierzu gegebenen Erläuterungen deutlich, dass die Bekl. ohne die durch die Geburt und Betreuung der Kinder verursachte jahrelange Reduzierung ihrer Arbeitszeit wegen ausgebliebener Beförderungen heute über ein geringeres Gehalt verfügt, als wenn sie während der Ehezeit stets Vollzeit gearbeitet hätte. Der Senat geht davon aus, dass die gut qualifizierte Bekl., die bereits im April 1992 als Referentin für Förderschulen im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Kultus tätig gewesen ist, ohne das dreijährige Aussetzen zu Gunsten der Kinder und die sich daran anschließende Reduzierung ihrer Arbeitszeit wenigstens zur Referatsleiterin befördert worden wäre, was mit einer entsprechenden finanziellen Höhergruppierung einhergegangen wäre.

2.2.4. Schließlich ist im Rahmen des § 36 Nr. 1 EGZPO auch das Vertrauen der Bekl. zu berücksichtigen. Der Vertrauensschutz in eine bestehende Unterhaltsregelung leitet sich in erster Linie aus Umständen ab, die zu der bestehenden Unterhaltsabhängigkeit geführt haben. Eine solche kann sich - wie hier - ergeben aus der Betreuung gemeinsamer Kinder, der Gestaltung der Haushaltsführung in der Ehe, dem Eintritt ehebedingter Nachteile in der Ehe in Bezug auf das eigene berufliche Fortkommen - die insbesondere im Hinblick auf das Alter im Zeitpunkt der Scheidung - nicht mehr ausgeglichen werden können (§ 1578b I 2, 3 BGB). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Kl. und die Bekl. mit dem Vergleichsschluss am 1. 2. 2006 eine einvernehmliche Regelung gefunden haben, die der Kl. seitdem auch stets pünktlich erfüllt hat. Die Bekl., die um die guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Kl. weiß, hat sich für den vereinbarten Unterhaltszeitraum auf stetige Unterhaltszahlungen durch den Kl. eingestellt, sie durfte sich auch auf die vereinbarten Zahlungen einstellen.

Denn wenn eine vor dem 1. 1. 2008 getroffene Unterhaltsvereinbarung - wie der hier zu beurteilende Vergleich durch den gleichzeitigen Vertrag zum Kindesunterhalt - Teil einer umfassenderen Regelung ist, ist das Vertrauen eines Unterhaltsberechtigten regelmäßig besonders schutzwürdig (BT-Dr 16/ 1830, S. 33f.).

Insgesamt stellt sich der von den Parteien gefundene Vergleich hinsichtlich Unterhaltshöhe und Länge des Bezugs nicht als untragbare und mit neuem Recht unvereinbare Regelung dar. Im persönlichen Umfeld der Parteien sind keine derartig gravierenden Umstände zu erkennen, die die damals gemeinsam gefundene Absprache, die die Parteien ausweislich des Protokolls vom 1. 2. 2006 für angemessen erachtet haben, heutzutage nicht mehr tragbar erscheinen ließe. Die Parteien haben sich mit der bereits damals möglichen Befristung eines Unterhaltsanspruchs nach § 1573 V BGB a.F. auseinandergesetzt und eine sachgerechte Regelung gefunden, sie haben die maßgeblichen Umstände miteinander verhandelt. Der Senat kommt nach allem nicht zu dem Schluss, dass dem Kl. ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann. ..."

***

Der Anspruch auf nachehelichen Krankheitsunterhalt kann herabgesetzt und/oder befristet werden, wenn dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile in Bezug auf die Möglichkeit, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, entstanden sind. Dies gilt dann nicht, wenn sonstige Billigkeitsgesichtspunkte, insbesondere die nacheheliche Solidarität, einer Begrenzung entgegenstehen (OLG Bremen, Beschluss vom 05.03.2009 - 4 UF 116/08, NJW 2009, 1976 ff zu BGB §§ 1572 Nr. 2, 1578b; EGZPO § 36 Nrn. 1, 2):

„... Die 1955 geborene Bekl. hatte im Juni 1988 den Kl. geheiratet. Sie gab ihre Berufstätigkeit als Zahnarzthelferin auf. Im November 1988 kam der gemeinsame Sohn zur Welt. Die Ehe wurde 1995 geschieden. Der vom Kl. zu zahlende nacheheliche Unterhalt wurde zuletzt durch Vergleich vom 23. 8. 2002 auf 800 Euro monatlich festgesetzt. Die Bekl. ist alkoholkrank und bezieht eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Der Kl. begehrt im Hinblick auf das neue Unterhaltsrecht einen Wegfall seiner Zahlungspflicht ab dem 1. 1. 2008. Das AG - FamG - hat die Abänderungsklage abgewiesen. Der Kl. hat Berufung eingelegt und einen Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 23. 8. 2002 ab dem 1. 1. 2008 gestellt. Der Senat hat dem Einstellungsantrag nicht stattgegeben. ...

Der Antrag des Kl. auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist zurückzuweisen. Die Berufung des Kl. hat nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand insoweit keine Aussicht auf Erfolg, als er unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Abänderung des am 23. 8. 2002 geschlossenen Vergleichs dahingehend begehrt, dass er bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Unterhalt mehr zu zahlen hat.

I. Soweit der Bekl. den Einwand der Verwirkung nach § 1579 Nr. 4 BGB erhebt, kann er damit keinen Erfolg haben. Dem Kl. war bereits bei Abschluss des Vergleichs im Jahr 2002 bekannt, dass die Bekl. in der Vergangenheit wiederholt Entwöhnungsbehandlungen abgebrochen hat; dies ergab sich aus dem im Vorverfahren eingeholten Sachverständigengutachten vom 22. 11. 2001. Er ist daher mit dem von ihm erhobenen Verwirkungseinwand präkludiert. Im Übrigen dürfte der Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 4 BGB auch nicht erfüllt sein, weil nach den Ausführungen des Sachverständigen die Bekl. auf Grund der in Folge exzessiven Alkoholmissbrauchs eingetretenen Persönlichkeitsveränderung und der daraus resultierenden Einschränkung der freien Willensbildung für das Scheitern der jeweiligen Entwöhnungsbehandlungen nicht verantwortlich gemacht werden kann. Der Bekl. kann demzufolge nicht vorgeworfen werden, sie habe ihre Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt.

II. Entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung kommt jedoch eine zeitliche Begrenzung sowie Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Bekl. nach § 1572 Nr. 2 BGB dahingehend in Betracht, dass sie den titulierten Unterhalt in Höhe von 800 Euro bis einschließlich Dezember 2009 verlangen kann; ab dem 1. 1. 2010 ist der Unterhalt auf 400 Euro herabzusetzen und bis zum 31. 12. 2012 zu befristen.

1. Während nach dem bis zum 31. 12. 2007 geltenden Unterhaltsrecht eine Befristung des Krankheitsunterhalts nicht möglich war, kann nach dem am 1. 1. 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetz auch der Anspruch wegen Krankheit (§ 1572 BGB) zeitlich begrenzt werden, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den nach § 1578b II 2 BGB entsprechend anzuwendenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578b I 2, 3 BGB. Danach ist zunächst darauf abzustellen, inwieweit dem Bedürftigen durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Ehebedingte Nachteile liegen vor, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (BGH, NJW 2008, 1080 = FamRZ 2008, 582 [586]). Die Bekl. hat zwar nach der Eheschließung ihre berufliche Tätigkeit als Zahnarzthelferin aufgegeben, um den gemeinsamen Haushalt zu führen und das im November 1988 geborene gemeinsame Kind zu betreuen mit der Folge, dass sie während der Ehe relativ geringe Versorgungsanrechte erworben hat. Dieser Nachteil ist jedoch im Rahmen des Versorgungsausgleichs ausgeglichen worden (s. dazu BGH, NJW 2008, 2581 = FPR 2008, 379 = FamRZ 2008, 1325 [1329]; NJW 2008, 2644 = FPR 2008, 449 = FamRZ 2008, 1508 [1510]). Denn der Bekl. sind Anwartschaften in Höhe von insgesamt 153,63 DM übertragen worden, die zu einer Erhöhung der von ihr bezogenen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit geführt haben. Die Bekl. war nach der Scheidung im Jahr 1995 wegen der Betreuung des Sohnes zwar zunächst gehindert, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ab Vollendung seines 8. Lebensjahres hätte die Bekl., die damals 41 Jahre alt war, in ihrem erlernten Beruf aber eine Teilzeittätigkeit aufnehmen und ab November 2003 (Vollendung des 15. Lebensjahres des Kindes) einer Vollzeittätigkeit nachgehen können, wenn ihre schwere Alkoholerkrankung dem nicht entgegengestanden hätte. Denn die Bekl. hat von 1995 an wiederholt stundenweise in ihrem Beruf als Zahnarzthelferin gearbeitet, diese Stellen aber in erster Linie wegen ihres Alkoholmissbrauchs wieder verloren. Soweit die Bekl. nach der Scheidung wegen der Betreuung des Sohnes keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und dementsprechend auch keine Versorgungsanrechte erwerben konnte, dürften der Bekl. dadurch ebenfalls keine Nachteile bzgl. ihrer Absicherung im Krankheitsfall entstanden sein; denn der Kl. hat nach Rechtskraft der Scheidung im Jahr 1995 über mehrere Jahre neben Elementar- und Krankenvorsorgeunterhalt an die Bekl. Altersvorsorgeunterhalt in nicht unbeträchtlicher Höhe von zunächst 635,88 DM gezahlt.

2. Die Erkrankung der Bekl. ist auch nicht als ehebedingter Nachteil zu werten, da sie nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Ehe steht (s. dazu BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 [130] = FamRZ 2009, 406). Der Senat hat zwar keinen Zweifel daran, dass der Arbeitsunfall des Kl. im April 1992 und die Ungewissheit über die Folgen die Bekl. außerordentlich belastet haben. Dass die Bekl. in dieser Situation Zuflucht beim Alkohol gesucht hat, dürfte jedoch in der Persönlichkeit der Bekl. begründet sein. Die Bekl. hat in dem vorangegangenen Verfahren dem Sachverständigen Dr. H gegenüber angegeben, dass sie im Alter von 16 Jahren erstmalig exzessiv Alkohol konsumiert und dadurch einen ausgeprägten Rauschzustand erlebt habe. Von da an habe sie immer mal wieder Alkohol in wechselnden Mengen getrunken, um sich dadurch zu entspannen, sich zu beruhigen und Selbstsicherheit zu gewinnen. 1996 sei ihr süchtiges Verhalten extrem eskaliert, als eine neue Partnerschaft gescheitert sei. Von einer ehebedingten Erkrankung kann daher nicht ausgegangen werden.

3. Wenn es sich - wie hier - bei der Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit um eine schicksalhafte Entwicklung handelt und etwaige ehebedingte Nachteile (durch den Versorgungsausgleich und/oder durch die Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt oder Zugewinnausgleich) ausgeglichen worden sind, ist eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten nicht ohne weiteres gerechtfertigt (s. BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 [131] = FamRZ 2009, 406). Vielmehr ist im Rahmen einer Billigkeitsabwägung zu prüfen, ob die nacheheliche Solidarität eine fortdauernde Verantwortung des geschiedenen Ehegatten gebietet. Insoweit kommt der Ehedauer besondere Bedeutung zu (BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 [130] = FamRZ 2009, 406). Die Ehedauer bemisst sich nach § 1578b I 3 BGB von der Eheschließung (hier: Juni 1988) bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (hier: September 1994); die Zeit der Kindesbetreuung ist der Ehedauer nicht mehr gleichgestellt. Danach hat die Ehe der Parteien lediglich sechs Jahre und vier Monate gedauert, so dass die Ehedauer einer zeitlichen Befristung des Unterhalts nicht entgegensteht. Auch der Umstand, dass sich das Renteneinkommen der Bekl. lediglich auf 727 Euro beläuft (das fiktive Einkommen von 325 Euro ist dabei noch nicht berücksichtigt), während der Kl. über ein hohes Renteneinkommen verfügt, das sich nach Wegfall der Unterhaltsverpflichtung dem Sohn gegenüber auf 2927 Euro belaufen dürfte, rechtfertigt einen zeitlich unbefristeten Unterhaltsanspruch der Bekl. nicht. Denn der Gesetzgeber hat mit der Ausdehnung der Befristungsmöglichkeit auf den Alters- und Krankheitsunterhalt bewusst in Kauf genommen, dass die daraus etwaig resultierende Bedürftigkeit eines Ehegatten im Zweifel durch sozialstaatliche Leistungen von der Allgemeinheit getragen wird (OLG Celle, NJW 2008, 3575 [3577]). Außerdem ist davon auszugehen, dass die Bekl. finanziell besser gestellt wäre, wenn sie den an sie gezahlten Altersvorsorgeunterhalt auch bestimmungsgemäß verwandt hätte - etwa durch Einzahlung in eine Lebensversicherung oder in die gesetzliche Rentenversicherung -, was ersichtlich nicht geschehen ist. Im Übrigen dürfte die Bekl. nicht auf Sozialleistungen angewiesen sein, da die Bekl. mietfrei in der in ihrem Alleineigentum stehenden lastenfreien Wohnung lebt.

4. Mit Rücksicht darauf, dass die Ehe der Parteien lediglich sechs Jahre und vier Monate gedauert hat und der Kl. mittlerweile über einen Zeitraum von 15 Jahren und 8 Monate Unterhalt gezahlt hat, ist der Unterhaltsanspruch der Bekl. zeitlich zu befristen.

III. Der Abänderung des vor dem 1. 1. 2008 geschlossenen Vergleichs steht entgegen der Annahme des AG nicht der in § 36 Nr. 1 EGZPO normierte Vertrauensschutz entgegen. Nach § 36 Nr. 1 EGZPO ist eine Abänderung möglich, wenn Umstände, die vor dem 1. 1. 2008 entstanden sind, durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts erheblich geworden sind und zu einer wesentlichen Änderung der Unterhaltsverpflichtung führen. Dies ist vorliegend der Fall, wie die Ausführungen unter II zeigen. Darüber hinaus muss die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar sein. Das Vertrauen des Unterhaltsberechtigten auf den Fortbestand eines titulierten Unterhalts ist insbesondere dann schutzwürdig, wenn sich die unterhaltsberechtigte Person auf den Fortbestand der Regelung eingestellt hat oder die Unterhaltsregelung Bestandteil einer umfassenden Auseinandersetzung der Eheleute war (OLG Celle, NJW 2008, 3575 [3578]).

Die im Jahr 2002 getroffene Unterhaltsregelung ist nicht Bestandteil einer Auseinandersetzungsregelung. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Bekl. im Vertrauen auf den zugesprochenen Unterhalt Vermögensdispositionen getroffen hat, die nicht mehr reversibel sind. Auch die zeitliche Dauer der bestehenden Unterhaltsregelung, die im Rahmen des § 36 Nr. 1 EGZPO zu berücksichtigen ist (s. Borth, UÄndG, 2008, Rdnr. 401; OLG Celle, NJW 2008, 3575 [3578]), steht einer Abänderung nicht entgegen. Die Bekl. bezieht zwar bereits seit Juni 1993 Unterhalt. Bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres des Sohnes (November 2003) konnte die Bekl. ihren Unterhaltsanspruch noch auf dessen Betreuung stützen. Aus überwiegend krankheitsbedingten Gründen steht der Bekl. der Unterhalt erst ab November 2003 zu. Der Anspruch auf Krankheitsunterhalt besteht somit noch nicht derart lange, dass es der Bekl. nicht mehr zuzumuten wäre, sich auf die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse in Folge der Befristung einzustellen.

Der Bekl. ist jedoch (auch) unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit eine Übergangszeit zuzubilligen ist, die es ihr erlaubt, sich innerlich auf die Veränderung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse einzustellen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Bekl. nach Wegfall des Unterhaltsanspruchs weniger als die Hälfte ihrer bisherigen tatsächlich vorhandenen finanziellen Mittel (d.h. ohne Berücksichtigung des mietfreien Wohnens der Bekl. und des ihr zuzurechnenden fiktiven Einkommens) zur Verfügung stehen werden und es ihr auf Grund ihrer Erkrankung nicht möglich sein wird, durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit einen Ausgleich zu schaffen. Der Senat hält es daher für angemessen, der Bekl. den titulierten Unterhalt in Höhe von 800 Euro zunächst noch bis zum 31. 12. 2009 zu belassen, ihn ab dem 1. 1. 2010 dann auf 400 Euro zu reduzieren und den reduzierten Unterhalt bis zum 31. 12. 2012 zu befristen. Die Übergangszeit sowie die abgestufte Unterhaltsreduzierung wird es der Bekl. erleichtern, sich auf den endgültigen Wegfall der Unterhaltszahlungen Ende 2012 einzustellen. Auf Seiten des Kl. hat der Senat berücksichtigt, dass er über ein überdurchschnittliches Einkommen verfügt, lediglich der Bekl. zum Unterhalt verpflichtet ist und dass die während der Übergangszeit geschuldeten Unterhaltsbeträge den Kl. nicht übermäßig belasten. ..."

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Ein Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit, eine Vollzeittätigkeit auszuüben, liegt bei einer Erwerbspflichtigen, die durch ihre bisherige Teilzeitarbeit schon eine relativ gesicherte Position erworben hat (hier: Grundschullehrerin), nicht vor, wenn sie sich im Hinblick auf eine Vollzeittätigkeit räumlich nur eingeschränkt bewirbt. Die Voraussetzung für eine Begrenzung bzw. Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b BGB sind nicht gegeben, wenn die Berechtigte weiterhin ehebedingte Nachteile hat und es ungewiss ist, wann sie in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis übernommen wird (OLG Schleswig, Urteil vom 04.03. 2009 - 15 UF 86/08 zu BGB §§ 1573 II, 1578b).

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Auch wenn auf seiten der geschiedenen Ehefrau keine ehebedingten Nachteile vorliegen, muß ihr bei einer langen Ehedauer (fast 17 Jahre bis zur Zustellung des Scheidungsantrages) ein maßgeblicher Zeitraum zugebilligt werden, für den sie sich als Nachwirkung der ehelichen Solidarität auf die Unterstützung des geschiedenen Ehemannes verlassen darf. Dies rechtfertigt eine Befristung des Unterhaltsanspruchs gemäß § 1578b Abs. 2 BGB auf vier Jahre ab Rechtskraft der Ehescheidung (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.02.2009 - 2 UF 200/08, NJW-RR 2009 1011 ff):

„... Der Kläger/Antragsteller begehrt Prozeßkostenhilfe für ein beabsichtigtes Berufungsverfahren gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Baden-Baden vom 18. November 2008, das einer Abänderungsklage des Klägers nur teilweise stattgegeben hat. Das Amtsgericht hat einen im November 2006 zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich dahingehend abgeändert, daß der Kläger an die Beklagte ab Juni 2010 keinen nachehelichen Unterhalt mehr zu zahlen hat. Der Kläger erstrebt mit der beabsichtigten Berufung die Aufhebung der Zahlungsverpflichtung schon ab Juni 2008. Die Parteien haben im Jahre 1987 die Ehe geschlossen. Die Antragsgegnerin ist im Jahre 1959 geboren. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Die Parteien leben seit Juli 2003 getrennt. Der Ehescheidungsantrag des Antragstellers wurde der Antragsgegnerin am 19. Juli 2004 zugestellt. Die Ehe der Parteien ist mit Urteil des Amtsgerichts Baden-Baden vom 13. Dezember 2005 (15 F 129/04), rechtskräftig seit 9. Mai 2006, geschieden worden.

Die Ehefrau hatte im Verbund die Verurteilung des Ehemannes zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt beantragt. Im Beschluß des Senats vom 6. Oktober 2006 war der Ehefrau Prozeßkostenhilfe für die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 13. Dezember 2005 bewilligt worden, in dem der nacheheliche Unterhalt unbefristet auf 145,50 € festgesetzt worden war. Es wurde eine hinreichende Erfolgsaussicht für eine Verurteilung des Ehemannes zur Zahlung von 270 € monatlich bejaht. Der Prozeßkostenhilfeantrag des Antragstellers für die von ihm beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts ist durch Beschluß des Senats vom 6. Oktober 2006 zurückgewiesen worden. Ungeklärt blieb allein die Frage zwischen den Parteien, ob Darlehenszahlungen des Ehemannes als Mietzahlungen anzusehen seien. Ohne die Berücksichtigung dieser Darlehenszahlungen in Höhe von 192 € blieb dem Ehemann nach Abzug sonstiger Verpflichtungen ein Einkommen in Höhe von 1.441 €. Der Ehefrau wurde ein fiktives Einkommen für eine Vollzeittätigkeit in Höhe von 953,63 € zugerechnet, das sich nach Abzug von berufsbedingten Aufwendungen und Aufwendungen für eine Rentenversicherung und eine Lebensversicherung auf 840 € belief. Tatsächlich hat die Ehefrau für Tätigkeiten bei der A. und in zwei Haushalten monatlich 390 € erhalten. Die Parteien einigten sich dann im Vergleich vom 14. November 2006 (2 UF 30/06) auf eine Unterhaltszahlung des Ehemannes in Höhe von zuletzt 230 €. In Ziffer 3. des Vergleichs wurde festgehalten, daß sich der Ehemann den Einwand der Befristung vorbehielt. Im Vergleich wurde ebenfalls festgehalten, daß die Ehefrau davon ausging, daß eine Befristung ihres Anspruchs aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht komme. Bereits im Schriftsatz vom 12. Mai 2006 hatte der Ehemann die Befristung der Unterhaltsverpflichtung geltend gemacht.

Mit Abänderungsklage vom 29. Mai 2008 hat der Ehemann die Abänderung des Vergleichs dahingehend beantragt, daß er der Antragsgegnerin ab Juni 2008 keinen Unterhalt mehr schulde.

Die Antragsgegnerin verfügt über einen hauswirtschaftlichen Berufsfachschulabschluß, aber keine weitere Berufsausbildung. Bereits seit 1982 hat sie nicht mehr sozialversicherungspflichtig gearbeitet, sondern vor und während der Ehe stundenweise als ungelernte Haushaltshilfe und Betreuerin, später dann als Altenpflegehelferin gearbeitet. Ihre Einkünfte bei der A. liegen nach ihren Angaben bei ca. 400 € monatlich; darüber hinaus erhält sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Beklagte ist jetzt 55 Jahre alt; daß sie eine vollschichtige sozialversicherungspflichtige Tätigkeit erhalten kann, ist wenig wahrscheinlich.

Der Ehemann hat hierzu vorgetragen, daß die Ehefrau durch die kinderlose Ehe keine ehebedingten Nachteile erlitten habe, so daß es angemessen und billig sei, den Unterhaltsanspruch gemäß § 1578b BGB bis einschließlich Mai 2008 und damit auf eine Unterhaltszahlung von zwei Jahren nach Rechtskraft der Ehe zu befristen. Er verweist insoweit auf die Entscheidung des Senats vom 15. Mai 2008 (2 UF 149/05 - n.v.). Auch bei einer längeren Ehe habe der Bundesgerichtshof bereits nach altem Recht im April 2006 erstmals eine Befristung des nachehelichen Unterhalts angenommen (BGH FamRZ 2006, 1006 = FuR 2006, 374 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 25); deshalb habe er auch den Befristungseinwand im Schriftsatz vom 12. Mai 2006 erhoben und sich diesen im Vergleich vom 14. November 2006 vorbehalten.

Die Ehefrau hat hiergegen eingewandt, daß der Ehemann mit diesem Einwand präkludiert sei, da bereits bei Vergleichsabschluß im November 2006 der Aufstockungsunterhaltsanspruch der Ehefrau nach damals geltendem Recht hätte befristet werden können. An den Voraussetzungen habe sich seither nichts geändert; auch habe der Antragsteller keine eigene Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 13. Dezember 2005 eingelegt, so daß die Begrenzung des Unterhalts nicht hätte ausgesprochen werden können.

Das Amtsgericht hat in seiner Entscheidung vom 18. November 2008 die Abänderungsklage auch mit dem Einwand der Befristung für zulässig gehalten. Es hat in Anwendung von § 1578b BGB iVm § 36 EGZPO den Unterhalt bis einschließlich Mai 2010 befristet. Angesichts der Dauer der Ehe, der Tatsache, daß der Antragsgegnerin keine ehebedingten Nachteile entstanden seien, und der beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei eine Befristung des Unterhalts auf vier Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung angemessen und billig.

In seinem Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für eine Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 18. November 2008 legt der Antragsteller nochmals dar, daß wegen des Fehlens ehebedingter Nachteile eine Befristung des nachehelichen Unterhalts auf zwei Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung, mithin bis einschließlich Mai 2008, billig gemäß § 1578b BGB sei. Die Antragsgegnerin verweist darauf, daß der Befristungseinwand des Antragstellers präkludiert sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Akten des Amtsgerichts Baden-Baden (15 F 129/04) und des Oberlandesgerichts Karlsruhe (2 UF 30/06) wurden beigezogen.

Entscheidungsgründe: Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 18. November 2008 ist mangels hinreichender Erfolgsaussicht gemäß § 114 ZPO zurückzuweisen.

1. Zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, daß der Antragsteller eine zulässige Abänderungsklage erhoben hat und insbesondere mit dem Vortrag zur Befristung des Unterhaltsanspruchs gemäß § 323 ZPO nicht ausgeschlossen ist.

Zwar ist der Abänderungskläger bei einem ein Urteil betreffenden Abänderungsbegehren gemäß § 323 Abs. 2 ZPO mit der Geltendmachung von Gründen, die bereits zum Schluß der mündlichen Verhandlung dieses Urteils vorlagen, ausgeschlossen. Entsprechend ist davon auszugehen, daß ein Abänderungskläger mit seinem Vorbringen der Befristung eines Unterhaltsanspruchs gegen Urteile ausgeschlossen ist, die nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 12. April 2006 (FamRZ 2006, 1006 = FuR 2006, 374 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 25) ergangen sind, und in denen keine Befristung eines Unterhaltsanspruchs festgestellt worden ist, obwohl eine Befristung nach dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofes möglich gewesen wäre (vgl. hierzu insbesondere OLG Dresden FamRZ 2008, 2135; OLG Saarbrücken OLGR 2009, 199, und OLG Stuttgart, Urteil vom 8. Januar 2009 - 16 UF 204/08 - juris).

Vorliegend begehrt der Antragsteller aber die Abänderung eines Vergleichs. Für die Abänderung dieses Titels gilt die Schranke des § 323 Abs. 2 ZPO gerade nicht: Vergleiche sind grundsätzlich dann abänderbar, wenn sich die Vergleichsgrundlagen geändert haben (vgl. Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozeß 5. Aufl. Kap. 5 Rdn. 383); entscheidend ist insoweit, ob die Parteien den Vergleich abänderbar oder unabänderbar schließen wollten (Zöller/Vollkommer, ZPO 27. Aufl. § 323 Rdn. 44). Maßgeblich ist insoweit der Parteiwille, der in dem Vergleich zum Ausdruck kommt oder sich als Geschäftsgrundlage feststellen läßt (vgl. Wendl/Schmitz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 10 Rdn. 169). Die Voraussetzungen eines Abänderungsbegehrens unterliegen damit - anders als bei einem Urteil (vgl. Eschenbruch/Klinkhammer, aaO Kap.5 Rdn. 378 mwN) - der Parteidisposition. Entsprechend geht auch das Oberlandesgericht Zweibrücken von der Maßgeblichkeit der Rechtslage aus, die die Parteien ihrem Vergleich zugrunde gelegt haben (OLG Zweibrücken OLGR 2009, 174).

Vorliegend haben die Parteien ausdrücklich vereinbart, daß sich der Antragsteller den Einwand der Befristung vorbehält. Angesichts der sich zu § 1573 Abs. 5 BGB a.F. erst entwickelnden neuen Rechtsprechung und der im November 2006 absehbaren Reform der Vorschriften zur Befristung sollte hierüber noch nicht abschließend entschieden werden. Da dies damit Grundlage des Vergleichs geworden ist, und inzwischen eine Verfestigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und die Gesetzesänderung vorliegen, ist der Antragsteller mit diesem Vorbringen nicht ausgeschlossen.

Hieran ändert auch die Tatsache nichts, daß der Antragsteller gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 13. Dezember 2005 nicht selbst Berufung bzw. keine Anschlußberufung eingelegt hat, denn auch mit der Berufung der Antragsgegnerin gegen das damalige Urteil über den Ehegattenunterhalt wäre der Senat an sich gehalten gewesen, die Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. zu prüfen. Zwar hätte der Unterhalt nicht völlig ausgeschlossen, sondern nur auf den vom Amtsgericht festgesetzten Betrag von 145,50 € reduziert werden können; gleichwohl wäre eine Entscheidung über diesen Einwand und damit eine Präklusion aufgrund des dann ergangenen Urteils möglich gewesen. Dies gerade haben die Parteien aber durch ihre Regelung in Ziffer 3. des Vergleichs vom 14. November 2006 ausgeschlossen. Hierüber ist nunmehr zu entscheiden.

2. Die Höhe des Unterhaltsanspruchs ist zwischen den Parteien nicht streitig; insoweit begehrt der Antragsteller keine Abänderung. Sein Begehren, den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin bis einschließlich Mai 2008 - mithin auf zwei Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung - zu befristen, bietet allerdings keine hinreichende Erfolgsaussicht; das Amtsgericht hat vielmehr in seinem Urteil vom 18. November 2008 den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin zutreffend bis einschließlich Mai 2010 befristet.

Gemäß § 1578b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch zu befristen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit für den Unterhaltsberechtigten durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich insbesondere aus der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, aus der Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578b Abs. 2 S. 2, Abs. 1 S. 2 und 3 BGB). Hinsichtlich der Ehedauer ist dabei der Zeitraum von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrages zugrunde zu legen (OLG Köln FamRZ 2009, 122, 123; OLG Celle FamRZ 2009, 56, 57; Palandt/Brudermüller, BGB 68. Aufl. § 1578b Rdn. 10). Eine Befristung scheidet nicht mehr allein wegen langer Ehedauer aus, sondern die Ehedauer wird vom Gesetz als ein gleichrangiger Gesichtspunkt neben der »Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit« berücksichtigt (bereits BGH FamRZ 2007, 793 ff = FuR 2007, 276 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 27 für das alte Recht). Daneben werden aber auch die konkreten Erwerbsverhältnisse der Ehepartner, ihre Vermögenssituation, ihr Alter und insbesondere der Ausgleich ehebedingter Nachteile in die Billigkeitsabwägung mit einzubeziehen sein, denn maßgebend ist, ob die Lebensverhältnisse völlig entflochten sind, der Bedürftige einer angemessen vergüteten Tätigkeit nachgeht und gegebenenfalls auch durch sein Vermögen abgesichert ist (vgl. BGH aaO, und Senatsurteil 15. Mai 2008 aaO).

Vorliegend hat die Antragsgegnerin keinen ehebedingten Nachteil erlitten; sie hat vielmehr vor, während und auch nach der Ehe die gleiche Tätigkeit, nämlich die einer Altenpflegehelferin und Haushaltshilfe, ausgeübt. Bereits seit 1982 war sie nicht mehr versicherungspflichtig tätig und hat auch keine Anstrengungen unternommen, hieran etwas zu ändern. Auch wenn sie wirtschaftlich heute in derselben Lage ist wie vor der Eheschließung, so ergibt sich jedoch aus der Ehedauer, daß der Antragsgegnerin ein maßgeblicher Zeitraum zugebilligt werden muß, für den sie sich als Nachwirkung der ehelichen Solidarität auf die Unterstützung des Antragstellers verlassen darf: Die Antragsgegnerin hat sich nämlich über fast 17 Jahre - der Zeitraum von Eheschließung bis Zustellung des Scheidungsantrages - wirtschaftlich auf den Antragsteller verlassen. Durch ihre eigene berufliche Tätigkeit hat sie nie auch nur das Existenzminimum selbst verdient, sondern sich insoweit in die Abhängigkeit vom Antragsteller begeben. Durch diese Gestaltung der Ehe mit entsprechender Verteilung der Haushaltstätigkeit lag über lange Zeit eine enge Verflechtung der Lebensverhältnisse vor. Erst mit der Zustellung des Scheidungsantrages war sie mit dem Gedanken der Eigenverantwortlichkeit konfrontiert, hat es dann aber aus ihrer persönlichen Disposition heraus nicht mehr geschafft, eine eigene Existenz aufzubauen. Angesichts ihres Alters wird sie wahrscheinlich hierzu auch in Zukunft nicht mehr in der Lage sein. Daß ihr eine uneingeschränkte Erwerbstätigkeit zumutbar ist, zeigt bereits die Tatsache, daß ihr bei Vergleichsabschluß am 14. November 2006 ein fiktives Einkommen von 840 € zugerechnet worden ist. Aber auch mit dieser geschuldeten Erwerbstätigkeit ist sie nicht in der Lage, den unter Ehegatten geltenden Selbstbehalt von derzeit 1.000 € zu verdienen. Insoweit ist zu beachten, daß eine Absenkung des Unterhalts unter den gegenüber Ehegatten geltenden Selbstbehalt in der Regel nicht in Betracht kommt (vgl. Senat FamRZ 2009, 341 = NJW 2009, 525, 527). Wenn man dies mit der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers vergleicht, der über ein gesichertes Arbeitseinkommen verfügt und nur sehr geringe Aufwendungen (Darlehen bzw. Miete) für seine Wohnung tätigen muß, erscheint es mit dem Amtsgericht angemessen und billig, den Unterhalt vorliegend auf vier Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung bzw. bis Mai 2010 zu befristen.

Diese Befristung des Unterhaltsanspruchs ist der Antragsgegnerin auch zumutbar (§ 36 Nr. 1 EGZPO), da ihr spätestens seit der Vergleichsverhandlung vom 14. November 2006 und dem Befristungsvorbehalt in dem Vergleich vom 14. November 2006 bewußt sein mußte, daß sie sich auf Dauer eine eigene wirtschaftliche Existenz aufbauen muß, und daß sie sich nicht auf Unterhaltszahlungen des Antragstellers verlassen kann.

Der Prozeßkostenhilfeantrag für eine kürzere Befristung des Unterhaltsanspruchs bietet deshalb keine hinreichende Erfolgsaussicht gemäß § 114 ZPO; er ist daher zurückzuweisen. ..."

***

Ohne ehebedingte Nachteile kann ein Unterhaltsanspruch aus § 1572 BGB nach einer 1979 geschlossenen Ehe, die 1992 geschieden wurde und in der die Ehefrau zwei 1981 und 1983 geborene Kinder betreute, bis Februar 2011 befristet werden (OLG Koblenz, Urteil vom 25.02.2009 - 13 UF 594/08, NJW 2009, 2315 ff zu BGB §§ 1572, 1578b II):

„... Die Parteien heirateten 1979. Aus der Ehe gingen die Kinder C (geb. 1981) und D (geb. 1983) hervor. Im Sommer 1991 trennten sich die Parteien. Die Ehe wurde durch Urteil vom 8. 12. 1992 rechtskräftig geschieden. Die elterliche Sorge für die beiden Kinder wurde dabei der Bekl. übertragen. Der 1951 geborene Kl. ist selbstständiger Architekt; die 1953 geborene Bekl. bezieht seit 2002 Erwerbsunfähigkeitsrente wegen völliger Erwerbsunfähigkeit auf Grund eines Wirbelsäulenleidens. Sie hatte bereits gegen Ende der Ehe eine Teilzeittätigkeit ausgeübt, erlitt dann 1996 einen Bandscheibenvorfall, was zu einer zunächst vorübergehenden Erwerbsunfähigkeit führte. Ab 1998 war sie wieder in Teilzeit erwerbstätig bis zu ihrer Verrentung. Durch Vergleich vor dem OLG Frankfurt a. M. vom 12. 1. 2005 regelten die Parteien zuletzt die Ehegattenunterhaltsansprüche dahin, dass der Kl. sich verpflichtete, an die Bekl. ab Februar 2002 einen monatlichen Unterhalt von 700 Euro zu zahlen. Ausdrücklich wurde dabei ein auch um Kindesunterhalt und Berufsbonus bereinigtes Einkommen des Kl. von 2200 Euro zu Grunde gelegt und ein Renteneinkommen der Bekl. von 800 Euro. Der Kl. begehrt mit seiner Abänderungsklage die abgestufte Herabsetzung des Unterhalts bis zu seinem völligen Wegfall ab März 2011. Es entspreche der Billigkeit, den Unterhalt zunächst der Höhe nach zu beschränken und schließlich zu befristen. Im Übrigen habe die Bekl. ihren Unterhaltsanspruch verwirkt, weil sie ihm einerseits eine Erbschaft nach ihrer Mutter, andererseits die Zuwendung eines auf knapp 50000 Euro angesparten Lebensversicherungsvertrags verschwiegen habe.

Das AG gab der Klage teilweise statt und befristete den Unterhaltsanspruch bis einschließlich Februar 2011. Eine stufenweise Reduzierung des Anspruchs für die vorhergehende Zeit lehnte es ab. Die Ehedauer von elf Jahren rechtfertige keine unbefristete Zahlung des Unterhalts. Hätte die Bekl. 1998 entsprechend ihrer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit eine Vollzeittätigkeit aufgenommen, hätte sie heute keine Nachteile mehr. Angesichts der beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei die vorgenommene Befristung angemessen. Mit ihrer Berufung erstrebt die Bekl. die Abweisung der Klage im Wesentlichen mit der Argumentation, eine Befristung des Krankheitsunterhalts komme jedenfalls in ihrer Situation - völlige Erwerbsunfähigkeit, erhebliche ehebedingte Nachteile - nicht in Betracht. Der Kl. hält mit seiner Anschlussberufung das Urteil des AG für zutreffend, soweit der Unterhalt befristet worden sei. Der Unterhalt sei allerdings bereits ab März 2008 stufenweise - jeweils in Schritten von 100 Euro je ½ Jahr - zu begrenzen. Zudem sei die eingetretene Verwirkung zu berücksichtigen. Beide Rechtsmittel blieben erfolglos.

II. 1. Die Klage ist als Abänderungsklage zulässig. Durch das am 1. 1. 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. 12. 2007 (BGBl I, 3189) sind die Vorschriften der §§ 1573 V, 1578 I 2 und 3 BGB a.F. entfallen. An ihre Stelle ist § 1578b BGB getreten, der eine Herabsetzung und/oder zeitliche Begrenzung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt aus sämtlichen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen regelt. Eine Befristung des Krankheitsunterhalts war nach der bisherigen Rechtslage nicht möglich, lediglich eine Beschränkung nach § 1578 BGB a.F. (vgl. OLG Celle, NJW 2008, 3575 [3576]; BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128). Diese Änderung der Gesetzeslage stellt einen möglichen Abänderungsgrund dar und macht die Abänderungsklage zulässig. Der Kl. behauptet weiterhin einen möglichen Verwirkungsgrund nach § 1579 BGB. Dies kann eine Herabsetzung des Unterhalts rechtfertigen.

2. Die Klage ist auch teilweise begründet. Der Anspruch der Bekl. ist zu befristen; eine vorherige sukzessive Beschränkung der Höhe nach bis zum Auslaufen des Anspruchs kommt jedoch nicht in Betracht.

a) Der Bekl. steht grundsätzlich ein Anspruch auf Krankheitsunterhalt zu; ein solcher wurde auch im Vergleich geregelt, denn man legte ohne Weiteres auf ihrer Seite nur die Erwerbsunfähigkeitsrente zu Grunde, die auf einer vollständigen Erwerbsunfähigkeit beruht. In einem solchen Fall leitet sich der Unterhaltsanspruch insgesamt aus § 1572 BGB her, nicht auch aus § 1573 BGB (vgl. zur Abgrenzung BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128).

b) Der Anspruch ist allerdings kein originärer Unterhaltsanspruch wegen Krankheit nach § 1572 Nr. 1 BGB, weil die Krankheit nicht in nahem Zusammenhang mit der im Jahre 1992 erfolgten Scheidung aufgetreten ist, sondern erst später. Der Bandscheibenvorfall, der nach dem Vortrag der Parteien Auslöser der späteren Erwerbsunfähigkeit war, ereignete sich im Jahre 1996. Danach war die Bekl. nach längerer Arbeitsunfähigkeit nochmals erwerbstätig. Seit 2002 erhält sie Erwerbsunfähigkeitsrente. Im Hinblick hierauf ist das Bestreiten der tatsächlichen völligen Erwerbsunfähigkeit zum jetzigen Zeitpunkt durch den Kl., etwa der Hinweis auf ein Tanzturnier im Jahre 2003, unsubstanziiert. Im Übrigen ging man - wie oben ausgeführt - auch bei Abschluss des Vergleichs, um dessen Abänderung es geht, von einer vollständigen Erwerbsunfähigkeit der Bekl. aus. Damit ist diese zwar nicht rechtskräftig festgestellt, wie die Berufung meint, es besteht aber eine Bindung an die dem Vergleich zu Grunde gelegten Tatsachen. Der Kl. behauptet nicht etwa (im Sinne eines Abänderungsgrundes), der Gesundheitszustand der Bekl. habe sich gebessert, sondern es bestehe nach wie vor keine völlige Erwerbsunfähigkeit.

c) Nach § 1572 Nr. 2 BGB ist Krankheitsunterhalt auch geschuldet, „solange und soweit" von dem geschiedenen Ehegatten vom Zeitpunkt der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes an eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Der Kl. beruft sich deshalb - unabhängig von der Bindung an den Vergleich - nach wie vor zu Unrecht darauf, die Unterhaltskette sei unterbrochen. Im Jahre 1996, als die Erkrankung auftrat, war D, das jüngere Kind, 13 Jahre alt, also noch betreuungsbedürftig. Die Einsatzzeitpunkte des § 1572 BGB wollen einerseits den zeitlichen Zusammenhang des nachehelichen Unterhalts mit der Ehe sicherstellen, andererseits die nacheheliche Solidarität begrenzen. Unterhalt kann nur verlangt werden, wenn die gesundheitliche Beeinträchtigung zu einem der genannten Einsatzzeitpunkte gegeben ist. Beim Unterhaltsanspruch nach § 1572 Nr. 1 BGB handelt es sich um einen originären Unterhaltsanspruch, der auf eine vollständige Deckung des Bedarfs gerichtet ist, bei den übrigen Unterhaltstatbeständen um so genannten Anschlussunterhalt (vgl. Pauling, in: Wendl/Staudigl, Das UnterhaltsR in der familierichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rdnr. 100), der Einschränkungen unterliegt. Bestand bei Beginn des Anschlussunterhalts auf Grund eines weggefallenen früheren Anspruchsgrundes nur ein Anspruch auf einen Teil des vollen Bedarfs, so entsteht auch der Anspruch auf Anschlussunterhalt nur als solcher auf Teilunterhalt (BGH, NJW 2001, 3260 = FamRZ 2001, 1291). Dieser Gesichtspunkt ist hier an sich einschlägig, denn im Jahre 1996 war die Bekl. nicht mehr durch die Kinderbetreuung vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert. C war hier 16 Jahre alt, D 13 Jahre. Insofern hätte die Bekl. auch nach der damals maßgebenden großzügigeren Rechtsprechung die Obliegenheit zu einer Halbtagstätigkeit gehabt. Tatsächlich arbeitete sie ja auch in einer Teilzeittätigkeit. Nur unter Berücksichtigung eines Einkommens aus einer Halbtagstätigkeit stand ihr deshalb vor dem Beginn der Erkrankung ein Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB zu. Dementsprechend war auch der Anschlussunterhalt nach § 1572 Nr. 2 BGB an sich begrenzt.

d) Allerdings kommt dies hier zunächst nicht zum Tragen, denn im Vergleich haben die Parteien die Zahlung des vollen Unterhalts vereinbart (bereinigtes Nettoeinkommen des Kl. nach Abzug von 1/7 abzüglich Renteneinkommen der Bekl., hiervon die Hälfte). Deshalb kann sich der Kl. jetzt nicht abweichend hiervon darauf berufen, an sich sei nur ein Teilunterhalt geschuldet. Dieser Gesichtspunkt spielt jedoch im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1578b BGB eine Rolle (vgl. unten).

e) Der Unterhaltsanspruch der Bekl. ist nach § 1578b II BGB bis Februar 2011 zu befristen.

(1) Es geht um die Befristung des im Januar 2005 abgeschlossenen Vergleichs über nachehelichen Unterhalt. Für vor dem 1. 1. 2008 bereits ergangene rechtskräftige Entscheidungen, errichtete Titel oder Unterhaltsvereinbarungen enthält § 36 Nr. 1 EGZPO einen über das Inkrafttreten des Gesetzes hinausreichenden Vertrauensschutz und lässt eine Abänderung nur zu, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist.

(2) Eine wesentliche „Änderung des Unterhaltsanspruchs" liegt darin begründet, dass der Krankheitsunterhalt nach § 1578b BGB nunmehr befristet werden kann, was bisher nicht möglich war; er konnte lediglich nach § 1578 I 2 BGB a.F. (der Höhe nach) begrenzt werden.

(3) Der Unterhaltsanspruch ist nach § 1578b II 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578b II 2 BGB, der entsprechend anzuwenden ist. Hiernach kommt es zunächst darauf an, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Ehebedingte Nachteile liegen vor, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (vgl. BGH, NJW 2008, 1080 = FamRZ 2008, 582 [586]). Dies ist zu verneinen. Ihre Erwerbstätigkeit musste die Bekl. aus gesundheitlichen Gründen einstellen, die erst lange nach Ende der Ehe auftraten und nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Ehe stehen. Eine Erkrankung ist nicht schon deshalb als ehebedingter Nachteil zu betrachten, weil sie während der Ehe eingetreten ist (BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128), erst recht also nicht, wenn sie während der der Ehe nachfolgenden Kinderbetreuung i.S. von § 1572 Nr. 2 BGB erstmals auftritt.

(4) Ehebedingte Nachteile können daneben auch dann eingetreten sein, wenn der Unterhaltsberechtigte auf Grund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hätte (BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128). Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128 und NJW 2008, 2581 = FPR 2008, 379 = FamRZ 2008, 1325 [1328f.]; NJW 2008, 2644 = FPR 2008, 449 = FamRZ 2008, 1508 [1511]). Vorliegend hat ein Versorgungsausgleich stattgefunden und - was in diesem Zusammenhang erheblicher ist - auch ein Zugewinnausgleich und eine weitgehende Vermögensauseinandersetzung, mit dem die als Altersversorgung vorgesehene Lebensversicherung ausgeglichen wurde ebenso wie sonstiges zur Versorgung in Betracht kommendes (Grund-)Vermögen (notarieller Vertrag v. 27. 11. 1992). Eventuelle Versorgungsnachteile können deshalb hier nicht nochmals berücksichtigt werden (vgl. BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128; NJW 2008, 2581 = FPR 2008, 379 = FamRZ 2008, 1325 [1328f.]; NJW 2008, 2644 = FPR 2008, 449 = FamRZ 2008, 1508 [1511]).

(5) Dass der Bekl. sonstige ehebedingte Nachteile entstanden sind durch die Aufgabe der Tätigkeit bei der C-Bank trägt sie zwar vor; dieser Vortrag geht aber über ein bloßes unsubstanziiertes Behaupten nicht hinaus. Sie hatte keinerlei bankspezifische Ausbildung und war lediglich als Sachbearbeiterin tätig. Es mag sein, dass die Tätigkeit „gut bezahlt" war - was immer das bedeutet. Dass eine Tätigkeit bei einer anderen Bank schlechter dotiert gewesen wäre, wird nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Wieso die Bekl., wenn sie nach der Scheidung zunächst in Teilzeit und später ab 1998 - hier war sie ja auch nach ihrem eigenen Vortrag arbeitsfähig - ganztägig gearbeitet hätte, ein schlechteres Einkommen hätte erzielen sollen, als wenn sie durchgehend bei der C-Bank gearbeitet hätte, ist nicht nachvollziehbar. Auch im Bankgewerbe wird üblicherweise nach Tarifverträgen gezahlt. Es mag allenfalls sein, dass bei längerer Betriebszugehörigkeit bestimmte Zusatzprämien anfallen; hierzu ist aber nichts vorgetragen. Die Bekl. hatte bei der C-Bank keine herausgehobene Stellung, die eine Sonderdotierung gerechtfertigt oder, wenn nicht gerechtfertigt, so doch „banküblich" gemacht hätte. Zudem: Wenn die Bekl. unbedingt wieder hätte ins Bankfach wechseln wollen, etwa weil sie hier besonders erfolgreich war, wofür allerdings nichts vorgetragen wird, hätte sie dies ab 1992 tun können. Es kann auch dahinstehen, ob sie wieder bei der C-Bank ein Stelle gefunden hätte oder bei einer anderen Bank. Sie trägt nicht einmal vor, dass sie dies vergeblich versucht hätte. Von daher kann nicht davon ausgegangen werden, die relativ geringe Höhe ihrer jetzigen Erwerbsunfähigkeitsrente stelle sich zum Teil - auf die Zeit nach der Scheidung bezogen - als ehebedingter Nachteil dar. Soweit sie während bestehender Ehe nicht erwerbstätig war und dies Einfluss auf die Höhe der Rente hat, ist dies durch Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich kompensiert (vgl. hierzu unter II 4).

(6) Wenn auch die zur Erwerbsunfähigkeit führende Krankheit in den seltensten Fällen - so auch hier nicht - ehebedingt ist, heißt das noch nicht, dass bei Krankheitsunterhalt generell eine Befristung vorzunehmen ist. Allerdings ist unter diesem Gesichtspunkt eine Befristung im Regelfall durchaus naheliegend, wie die aktuelle Rechtsprechung des BGH hierzu zeigt: „Es hat allerdings Einfluss auf die grundsätzliche Gewichtung des Unterhalts nach § 1572 BGB im Rahmen der Billigkeitsabwägung und im Hinblick auf das von den Ehegatten zu fordernde Maß an fortwirkender Unterhaltsverantwortung nach der Scheidung. Da es sich bei der Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit in der Regel um eine schicksalhafte Entwicklung handelt, ist eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten für das allein in zeitlichem Zusammenhang mit der Ehe stehende Krankheitsrisiko nicht ohne Weiteres zu rechtfertigen" (BGH, NJW 2009, 989 = FPR 2009, 128; vgl. auch OLG Celle, NJW 2008, 3575 [3576]). Das heißt, gerade beim Krankheitsunterhalt dürfen die Anforderungen an „die fortwirkende eheliche Solidarität" nicht überspannt werden.

(7) Unter diesem Gesichtspunkt ist die vom AG (wie vom Kl. beantragt) vorgenommene Befristung zum Februar 2011 nicht zu beanstanden. Der Kl. wird dann auf Grund des Vergleichs über neun Jahre Unterhalt gezahlt haben bei einer Ehedauer von knapp 13 Jahren (Zustellung des Scheidungsantrags im April 1992). Das ist zwar keine kurze, aber auch keine außergewöhnlich lange Ehedauer. Ohnehin kommt nach der neueren Rechtsprechung des BGH (beginnend mit der Entscheidung vom 12. 4. 2006 (NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006) der Ehedauer für die Frage der Billigkeitsabwägung zwar noch eine herausgehobene Bedeutung zu, dies aber in erster Linie, weil sie Indiz für die Verflechtung der beiderseitigen Verhältnisse ist (vgl. auch BGH, NJW 2008, 2581 = FPR 2008, 379 = FamRZ 2008, 1325). Zudem wurde nach dem Vergleich - obwohl nur ein Teilunterhalt geschuldet war (vgl. oben II 2b) - der volle Unterhalt gezahlt. Auf Grund der notariellen Urkunde vom 27. 11. 1992 hatte der Kl. Unterhalt in Höhe von 1300 DM für mindestens zwei Jahre bezahlt, wobei hier die Einkünfte der Bekl. unberücksichtigt blieben. Später wurde Unterhalt von 700 DM gezahlt, ab wann und wie lange, ist nicht im Einzelnen vorgetragen. Die Bekl. verfügt zudem, worauf das AG zutreffend hingewiesen hat, neben der Rente von ca. 800 Euro über Vermögen aus einer Erbschaft und aus einer Lebensversicherung von rund 50000 Euro. Sie erhält zudem aus dem notariellen Vertrag mit dem Bekl. vom 12. 1. 2001 monatlich bis Januar 2012 rund 273 Euro.

(8) Der Kl. verfügt nach dem Vergleich über ein bereinigtes Einkommen von - ohne Berücksichtigung des Kindesunterhalts - rund 2500 Euro. Die Bekl. behauptet zwar, sein tatsächliches Einkommen sei weit höher. Soweit sie dies aber zur Verteidigung gegen das Abänderungsbegehren des Kl. ins Feld führt, ist sie in vollem Umfange darlegungs- und beweispflichtig. Ihr Vortrag ist insoweit teils unkonkret und spekulativ, überwiegend ist sie damit ausgeschlossen, zudem ist er unerheblich. ...

(9) Die Befristung ist für die Bekl. unter den oben genannten Gesichtspunkten zumutbar i.S. von § 36 I EGZPO. Es mag sein, dass sie sich auf die dauernde Unterhaltsgewährung durch den Kl. eingestellt hat. Dass sie aber hier spezifische Dispositionen getroffen hätte, ist nicht vorgetragen. Rente und sonstige mögliche Einnahmen aus der Vermögensauseinandersetzung der Lebensversicherung und der zugeflossenen Erbschaft ermöglichen ihr auf Dauer ein Einkommen, das deutlich über dem notwendigen Eigenbedarf und jedenfalls in der Größenordnung des angemessenen Bedarfs i.S. von § 1578b BGB liegt. Gegenwärtig und für die nächsten Jahre ist dieser Betrag deutlich überschritten.

f) Der Unterhalt ist nicht bis zum endgültigen Wegfall der Höhe nach zu begrenzen. Ob auch eine Beschränkung nach § 1578b BGB grundsätzlich in Betracht kommt oder ob insoweit der Vergleich eine Beschränkung ausschließt, weil eine solche nach § 1578 BGB a.F. damals schon möglich war, kann dahinstehen. Neben und zusätzlich zu der bereits vorgenommenen Befristung entspräche eine Beschränkung nach § 1578b BGB nicht der Billigkeit.

g) Zwar kommt grundsätzlich auch eine Herabsetzung nach § 1579 Nr. 5 BGB in Betracht; der Kl. beruft sich ausdrücklich hierauf. Nach dieser Vorschrift ist ein Unterhaltsanspruch zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat. Nicht erforderlich ist, dass dem Unterhaltspflichtigen tatsächlich ein Vermögensschaden entsteht. Es genügt eine schwerwiegende Gefährdung seiner Vermögensinteressen, die etwa dadurch entstehen kann, dass der Unterhaltsschuldner bereits geleisteten Unterhalt trotz angestiegenen Einkommens des Unterhaltsberechtigten später nicht erfolgreich zurückfordern kann, weil der Berechtigte sich regelmäßig auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann (vgl. BGH, NJW 2008, 2581 = FPR 2008, 379 = FamRZ 2008, 1325).

Die Bekl. hat zum einen die Auszahlung eines Erbschaftsanteils in Höhe von 18000 Euro nach ihrer Mutter verschwiegen. Zum anderen hat sie erst mit Schriftsatz vom 3. 9. 2008 mitgeteilt, dass sie Anfang des Jahres 2008 knapp 50000 Euro von ihrem Vater erhalten hatte. Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1997, 1439 = FamRZ 1997, 483) sind jedenfalls die Parteien eines Vergleichs verpflichtet, sich ungefragt zu informieren, falls sich ein für die Berechnung maßgebender Parameter wesentlich ändert.

Beides hätte die Bekl. an sich (früher) offenbaren müssen. Ob die Zinserlöse tatsächlich bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt worden wären oder ob sie sich nicht im Ergebnis als nicht zu berücksichtigende freiwillige Leistung Dritter dargestellt hätten, ist dabei - für die Frage der Tatbestandserfüllung des § 1579 BGB - unerheblich. Es ändert nichts an der Offenbarungspflicht. Dass die neuere Rechtsprechung des OLG Koblenz dies anders sähe, wie die Bekl. behauptet, ist für den Senat nicht erkennbar. Jedenfalls folgte der Senat bisher der Rechtsprechung des BGH (NJW 1999, 2804 = FamRZ 2000, 153), wonach auch in diesen Fällen eine Offenbarungspflicht besteht, und tut dies auch weiterhin.

Der Senat ist aber der Auffassung, es liege im Verhalten der Bekl. noch keine schwerwiegende Verletzung der Vermögensinteressen des Kl. Die Erbschaft ist relativ geringfügig. Dass die Bekl. hiervon zunächst offenstehende Prozesskosten bedienen durfte, steht außer Frage. Eine Anlage des verbleibenden Betrags hätte nur zu geringen Zinserlösen geführt, die die Unterhaltspflicht des Kl. kaum beeinflusst hätten. Anderes gilt zwar für die ihr zugeflossene Lebensversicherungssumme. Eine Anlage des Betrags von 50000 Euro hätte den Unterhaltsanspruch nicht unerheblich reduziert (bei einer Anlage zu 4% und einem geschätzten Zinserlös von rund 140 Euro pro Monat nach Steuern immerhin um 70 Euro). Allerdings hatte die Bekl. den Betrag erst Anfang des Jahres 2008 erhalten und dies im Schriftsatz vom 3. 9. 2008 von sich aus und ohne Nachfrage des Kl. mitgeteilt. Das mag nun nicht unbedingt zeitnah sein, liegt aber noch in einem Zeitrahmen, der für die Annahme der schwerwiegenden Folge der Verwirkung zu kurz ist, jedenfalls bei der relativ geringen Größenordnung, um die es hier nur geht.

Ob es zudem an der für den Tatbestand des § 1579 Nr. 5 BGB erforderlichen Mutwilligkeit fehlt, kann dahinstehen, weil bereits der objektive Tatbestand nicht erfüllt ist. ..."

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„Der 48 Jahre alte Antragsteller und die 47 Jahre alte Antragsgegnerin, die vom 19. Dezember 1980 bis Ende November 2008 miteinander verheiratet waren, streiten im Berufungsrechtszug noch über den von der Antragsgegnerin ab Rechtskraft des Scheidungsausspruchs geltend gemachten nachehelichen Aufstockungsunterhalt. Aus der Ehe der Parteien sind drei Kinder (geboren am 9. Juni 1981, am 21. November 1982 und am 18. Juni 1985) hervorgegangen, die unterhaltsmäßig selbständig sind. Die Antragsgegnerin hat im Jahre 1976 die Hauptschule abgeschlossen und einen Beruf nicht erlernt. Neben der Kindererziehung und der Haushaltsführung ging sie seit dem Jahre 1985 auch einer geringfügigen Beschäftigung nach. Seit ca. 17 Jahren ist sie bei der Firma H. tätig, gegenwärtig mit einer dreiviertel Stelle. Sie erwirtschaftet ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von gerundet 672 €; hinzu kommen Einkünfte aus einer Nebentätigkeit (Putzstelle) mit gerundet 100 €. Der Antragsteller hat einen Beruf ebenfalls nicht erlernt und war zunächst im Tiefbau tätig. Er war im Jahre 2007 erwerbsunfähig erkrankt und bezog vom 25. August 2007 bis zum 12. Januar 2009 Krankengeld in Höhe von monatlich 1.234 €. Mit seiner Arbeitgeberin, der Firma C. O. GmbH & Co. KG, ist er übereingekommen, ab 13. Januar 2009 zunächst seinen Resturlaub von 30 Tagen und danach aufgelaufene 208,46 Überstunden zu nehmen. Ab wann der Antragsteller seine Erwerbstätigkeit genau wieder aufnehmen kann, steht derzeit nicht fest. Im Jahre 2008 erhielt der Antragsteller auf der Grundlage des Steuerbescheids des Finanzamtes C. vom 21. Februar 2008 eine Steuerrückerstattung in Höhe von 1.604,68 €. Die Antragsgegnerin hat im Rahmen des Verbundverfahrens einen nachehelichen monatlichen Aufstockungsunterhalt in Höhe von 362 € begehrt und hierzu vorgetragen, daß sie aufgrund der Erziehung der gemeinsamen Kinder sowie der Haushaltsführung auf ihren Berufswunsch, den der Erzieherin, verzichtet habe. Hätte sie diesen Beruf erlernt oder wäre sie anderweitig als angelernte Kraft durchgängig erwerbstätig gewesen, könne sie heute ein durchschnittliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.300 bis 1.500 € monatlich erzielen. Ihr jetziger geringerer Verdienst sei ehebedingt. Aufgrund der Nachteile komme nach ihrer Auffassung eine Begrenzung oder gar Befristung ihres Anspruchs nicht in Betracht. Der Antragsteller hat Zurückweisung des Unterhaltsbegehrens beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, daß die Antragsgegnerin keine ehebedingten Nachteile erlitten habe. Das Amtsgericht - Familiengericht - Cloppenburg hat durch Verbundurteil vom 28. August 2008 die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt und den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin einen monatlichen nachehelichen Aufstockungsunterhalt für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung bis zum 31. Dezember 2009 in Höhe von 225 € und für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2012 in Höhe von monatlich 130 € zu leisten. Das weitergehende Unterhaltsbegehren hat es abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung, mit welcher sie unter Änderung des angefochtenen Urteils die Verurteilung des Antragstellers zur Zahlung eines unbefristeten nachehelichen Aufstockungsunterhalts in Höhe von 325 € monatlich ab Rechtskraft der Scheidung weiter verfolgt. Zur Begründung ihres Rechtsmittels verweist sie darauf, daß der Antragsteller Krankenhaustagegeld beziehe, und aus diesem Grunde eine Herabsetzung des Selbstbehalts auf 1.000 € schon nicht gerechtfertigt sei. Eine Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs sei auch nicht gerechtfertigt. Es bestünden sehr wohl ehebedingte Nachteile. An der Versorgung und Betreuung der Kinder habe sich der Antragsteller nicht beteiligt Auch dieser sei ohne Ausbildung, habe sich jedoch aufgrund seiner langjährigen Berufspraxis sichere Einkünfte in einem Umfang aneignen können, die wesentlich über ihren Einkünften lägen. Die Antragsgegnerin beantragt, das Urteil des Familiengerichts Cloppenburg vom 28. August 2008 zu ändern und den Antragsteller zu verurteilen, ab Rechtskraft der Scheidung einen nachehelichen Aufstockungsunterhalt in Höhe von 325 € monatlich im voraus, zahlbar bis zum dritten Werktag eines Monats, zu zahlen. Der Antragsteller bittet um Zurückweisung der Berufung. Er hält es nicht für gerechtfertigt, daß Krankenhaustagegeldzahlungen berücksichtigt würden. Unter Berücksichtigung erheblicher Fahrtkosten und der übrigen krankheitsbedingten Mehrkosten sei auch die durch das Amtsgericht vorgenommene Erhöhung des Selbstbehalts auf 1.100 € sehr wohl angemessen. Aufgrund seiner Gesundheitsschädigung im Bereich des Knies sei nicht zu erwarten, daß er bei seiner Arbeitgeberin weiterhin erwerbstätig sei. Er werde dann letztlich auf Arbeitslosengeld angewiesen sein, welches deutlich niedriger ausfalle als das in der Vergangenheit bezogene Krankengeld. Er habe auch einen Rentenantrag bei der Deutschen Rentenversicherung O. gestellt, jedoch ohne Erfolg. Die Antragsgegnerin sei im übrigen gehalten, einer vollschichtigen Tätigkeit mit vierzig Arbeitsstunden wöchentlich nachzugehen. Die vom Amtsgericht vorgenommene Herabsetzung und Befristung des Unterhaltsanspruchs sei sehr wohl gerechtfertigt. Auch er habe einen Beruf nicht erlernt. Er sei seit 27 Jahren bei der Firma C. O. GmbH & Co. KG im Tiefbau tätig. Diese Tätigkeit sei aber mit einem ganz erheblichen körperlichen Einsatz verbunden. Lediglich aufgrund dieses Einsatzes sei die von ihm ausgeübte Tätigkeit mit einem entsprechend hohen Verdienst verbunden gewesen - bis zu seiner Erkrankung. Die Einkommensunterschiede der Parteien hätten damit ihre Ursache nicht in ehebedingten Nachteilen, sondern seien außerordentlich geschlechtsspezifisch begründet. ...

Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig und in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange gerechtfertigt. Die Antragsgegnerin hat gemäß § 1573 Abs.2 BGB gegen den Antragsteller einen monatlichen nachehelichen Aufstockungsunterhaltsanspruch ab Rechtskraft des Scheidungsausspruchs, jedoch befristet bis Ende November 2018.

Die um die Berufspauschale bereinigten Nettoeinkünfte der Antragsgegnerin hat das Amtsgericht zutreffend mit 720 € festgestellt. Der Senat schließt sich auch der Auffassung des Amtsgerichts an, daß die Antragsgegnerin als ungelernte Arbeitskraft darüber hinaus aus einer vollschichtigen Tätigkeit höhere Einnahmen nicht erwirtschaften kann. Gegenteiliges ist von dem Antragsteller nachvollziehbar nicht dargetan worden. 6/7 von 720 € sind gerundet 617 €. Der Antragsteller verfügte bis Ende des Jahres 2008 unter Berücksichtigung des ihm zugeflossenen Krankengeldes und der anteiligen Steuerrückerstattung (monatlich 134 €) über ein unterhaltsrelevantes Einkommen in Höhe von 1.368 €. Ein sog. Erwerbstätigenbonus ist aus dem vorgenannten Betrag nicht herauszurechnen, da der Antragsteller im Jahre 2008 nicht gearbeitet hat.

Addiert man die unterhaltsrelevanten Einkünfte der Parteien, errechnet sich ein Gesamtbetrag von 1.985 € Der hälftige Betrag, nämlich gerundet 993 €, entspricht dem unterhaltsrechtlichen Bedarf der Antragsgegnerin, auf welchen sie sich ihre 6/7 Erwerbseinkünfte mit 617 € anrechnen lassen muß mit der Folge, daß ihr der geltend gemachte monatliche nacheheliche Aufstockungsunterhaltsanspruch in Höhe von 325 € zusteht. Der Senat verkennt nicht, daß dem Antragsteller nach Zahlung dieses Betrages bis Ende des Jahres 2008 nur ein Selbstbehalt in Höhe von gerundet 1.043 € verbleibt. Vorliegend ist eine Anhebung des Selbstbehalts von 1.000 € auf 1.100 € sachlich schon deshalb nicht gerechtfertigt ist, weil der Antragsteller in nicht unerheblichem Umfange Krankenhaustagegeld bezogen hat, welches nicht ausschließlich für die dargelegten zusätzlichen Aufwendungen aufgebraucht worden ist.

Aber auch für die Zeit ab Januar 2009 ist der von der Antragsgegnerin geltend gemachte monatliche nacheheliche Aufstockungsunterhaltsanspruch sachlich gerechtfertigt. Der Senat verkennt nicht, daß der Antragsteller Krankengeld nur bis zum 12. Januar 2009 erhalten hat. Er bezieht jedoch wieder seit dem 13. Januar 2009 von der Firma C. O. GmbH & Co. KG Einkünfte, wenngleich nicht im Rahmen einer Erwerbstätigkeit. Den früheren dem Antragsteller zur Auszahlung gelangten Stundenlohn hat seine Prozeßbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung mit 15,31 € brutto angegeben.

Bei dieser Sachlage kann angenommen werden, daß der Antragsteller über ein so hohes monatliches Nettoeinkommen verfügt, daß er auch unter Berücksichtigung des Umstands, daß ihm im Jahre 2009 Steuererstattungen nicht zufließen werden, in der Lage ist, den geltend gemachten nachehelichen Unterhalt in Höhe von 325 € zu zahlen. Der Antragsteller hat zwar darauf verwiesen, daß seine weitere Erwerbstätigkeit in Frage gestellt sei; allerdings steht eine endgültige Erwerbsunfähigkeit bislang nicht fest. Sofern sich in der Zukunft ergeben sollte, daß der Antragsteller, wie er derzeit annimmt, einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen kann, besteht für ihn die Möglichkeit der Abänderungsklage.

Eine Herabsetzung des oben errechneten nachehelichen Aufstockungsunterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin erachtet der Senat entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht als gerechtfertigt. Zwar ist gemäß § 1578b Abs.1 BGB der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Vorliegend ist eine Herabsetzung aber schon deshalb sachlich ungerechtfertigt, weil die Antragsgegnerin zusammen mit dem ihr zuerkannten monatlichen nachehelichen Aufstockungsunterhaltsanspruch an über rund 1.000 € verfügt, womit ihr eher eine lediglich bescheidene Lebensführung möglich ist.

Im übrigen ist eine Herabsetzung des zuerkannten Unterhalts sowie eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs vor Ablauf von zehn Jahren vorliegend deshalb sachlich nicht gerechtfertigt, da die Antragsgegnerin hinreichend dargelegt hat, daß sie durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit erhalten hat, für den eigenen Unterhalt nachhaltig zu sorgen. Insoweit kann insbesondere nicht außer Acht gelassen werden, daß die Antragsgegnerin allein für die Erziehung und die Betreuung der drei gemeinsamen Kinder zuständig war und die Ehe der Parteien immerhin 27 Jahre Bestand hatte. Die Unterschiede in dem Einkommensgefüge allein geschlechtsspezifisch zu begründen, ist vor diesem Hintergrund nicht haltbar.

Andererseits befindet sich die Antragsgegnerin in einem Alter, in der es ihr auch noch möglich ist, eine eigene Altersversorgung teilweise aufzubauen, weshalb auch mit Rücksicht auf die Einkünfte des Antragstellers eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs auf und zehn Jahre nach Rechtskraft des Scheidungsausspruchs gerechtfertigt ist. ..." (OLG Oldenburg, Urteil vom 18.02.2009 - 4 UF 118/08)

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„... 9. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs scheidet entgegen der Auffassung des Bekl. aus. Die Vorschrift des § 1578b BGB gilt nach ihrer systematischen Stellung allein für den nachehelichen Unterhalt. Auf den Trennungsunterhalt ist die Bestimmung auch nicht entsprechend anwendbar (OLG Düsseldorf, FamRZ 2008, 1539 L = BeckRS 2008, 10942; Schürmann, in: Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess, 5. Aufl., Kap. 1 Rdnr. 1023).

Es kann dahinstehen, ob der Unterhaltsanspruch zu einem Zeitpunkt, als das gemeinsame Kind der Parteien das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, auf die Zeit bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres zu befristen gewesen wäre. Soweit es um den so genannten Basisunterhalt nach § 1570 I 1 BGB geht, wird allerdings die Auffassung vertreten, dass eine entsprechende Befristung auszusprechen sei (vgl. zum Meinungsstand Maurer, FamRZ 2008, 975 [Anm. zu BGH, NJW 2008, 1663 = FPR 2008, 303 m.w. Nachw.]). Problematisch ist in diesem Zusammenhang, ob eine etwa gebotene Befristung auch im Rahmen des Trennungsunterhalts möglich ist. Dies alles kann aber auf sich beruhen. Denn vorliegend liegt der Schluss der mündlichen Verhandlung erst nach Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes. Ein Unterhaltsanspruch der Kl. ist gerade auch mit Rücksicht auf die weiterhin notwendige Betreuung dieses Kindes, wie ausgeführt, gegeben. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs kommt somit nicht in Betracht. ..."(OLG Brandenburg, Urteil vom 10.02.2009 - 10 UF 65/08)

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Ehebedingte Nachteile können auf Grund eines durchgeführten Versorgungsausgleichs weggefallen sein. Eine Herabsetzung und Befristung des Altersunterhalts nach den §§ 1571, 1578b BGB kommt auch im Fall einer Scheidung nach langer Ehedauer in Betracht. Der geschiedene Ehegatte kann gegen den unterhaltspflichtigen Ehegatten gem. § 1585b III BGB einen Schadensersatzanspruch wegen Verschweigens einer Rente geltend machen (OLG Schleswig, Urteil vom 26.01.2009 - 15 UF 76/08, NJW 2009, 2223 ff zu BGB §§ 1571, 1578b, 1585b III).

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Ist bereits nach dem vor dem 1.1.2008 geltenden Recht eine Befristung des Ehegattenunterhalts möglich gewesen, insbesondere nach der Änderung der Rechtsprechung des BGH ab dem Frühjahr 2006, so sind Umstände, die in einem im Jahr 2007 entschiedenen Unterhaltsrechtsstreit bereits hätten berücksichtigt werden können, in einem nach dem 1.1.2008 eingeleiteten Abänderungsverfahren präkludiert. § 36 Nr. 2 EGZPO steht dem nicht entgegen (OLG Stuttgart Beschluss vom 08.01.2009, 16 UF 204/08 zu §§ 1573 V, 1578 b BGB):

„... I. Zum Prozesskostenhilfegesuch des Klägers: Dem Kläger kann für seine Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Bad Saulgau - Familiengericht - vom 19.8.2008 (1 F 27/08) keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden, weil sie nicht die gem. § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht bietet. Die Berufung ist zwar zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das angefochtene Urteil ist nämlich - jedenfalls im Ergebnis - richtig.

1. Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug allein um die Frage, ob die Unterhaltsverpflichtung des Klägers zeitlich zu befristen ist oder nicht; dieser Streitpunkt lässt sich in 3 Unterpunkte gliedern, nämlich den, ob die Befristungsvoraussetzungen derzeit vorliegen (s. u. 2.), den weiteren, ob die Befristungsvoraussetzungen bereits bei Erlass des Urteils vom 27.4.2007 im Verfahren 1 F 100/05 UE (im Folgenden: „Ausgangsverfahren") vorlagen und dort hätten geltend gemacht werden können und müssen (s. u. 3.) und schließlich den, ob bei Bejahung der dem 2. Unterpunkt zu Grunde liegenden Fragestellung die Befristung jetzt noch möglich oder vielmehr gem. § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert ist (s. u. 4.).

Außer Streit sind mittlerweile hingegen sämtliche zur Beurteilung der dargestellten Gesichtspunkte maßgeblichen Tatsachengrundlagen, dass nämlich die kinderlose Ehe bis zur Trennung der Ehegatten knapp 13 Jahre währte, die Beklagte vor der Ehe als ungelernte Arbeiterin erwerbstätig war, der Kläger weiterhin das im Urteil des Amtsgerichts Bad Saulgau vom 27.4.2007 zu Grunde gelegte Einkommen erzielt, also keine Einkommensverbesserungen erfahren hat, und die Beklagte seit Januar 2008 zwar eine Teilzeitbeschäftigung in der Gastronomie ausübt, hierbei jedoch ein Nettoeinkommen erzielt, das hinter dem zurückbleibt, das der Beklagten im Urteil vom 27.4.2007 fiktiv aufgrund der Annahme einer vollschichtigen Tätigkeit zugeschrieben wurde.

2. Die Frage, ob die Befristungsvoraussetzungen im Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen, bemisst sich im Grundsatz nach dem seit dem 1.1.2008 geltenden Recht, allerdings nach Maßgabe des Übergangsrechts gem. § 36 Nr. 1 und 2 EGZPO.

a. Voraussetzung einer Befristung gem. § 1578 b Abs. 2 BGB n. F. ist in jedem Falle, dass die Tatsachengrundlage für die in diesem Zusammenhang anzustellende Billigkeitsprüfung hinreichend gesichert ist. Da anerkannt ist, dass hierfür den Einkommensmöglichkeiten, die sich dem Unterhaltsberechtigten aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit eröffnen, zentrale Bedeutung zukommt, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob dem Unterhaltsberechtigten nach Wiedereintritt ins Berufsleben nach beendeter Ehe Nachteile verbleiben, die ihren Grund in der Ehe selbst haben und die innere Rechtfertigung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs darstellen, kommt eine Befristung nur dann in Betracht, wenn das Einkommen, das der Unterhaltsberechtigte nach voller Wiedereingliederung ins Erwerbsleben gesichert erzielen kann, bereits beziffert werden kann. Der Bundesgerichtshof hält dies in seiner Entscheidung FamRZ 2007, 793 bereits dann für möglich, wenn alle hierfür maßgeblichen Umstände bei Schluss der mündlichen Verhandlung zuverlässig voraussehbar sind (vgl. Rdnr. 60 der genannten Entscheidung).

b. Folgt man der Auffassung von Gerhardt in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht , 6. A., 6. Kapitel Rdnr. 420 a, der aus der Entscheidung BGH FamRZ 2007, 793 ableitet, das aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit gesichert erzielbare Einkommen sei erst nach (realer) Aufnahme einer Ganztagsarbeit zuverlässig feststellbar, so wäre eine für jede Befristung unerlässliche sichere und zuverlässige Prognose, dass dem Unterhaltsberechtigten durch Unterhaltsleistungen auszugleichende ehebedingte Nachteile nicht verbleiben, erst ab dem Zeitpunkt möglich, ab dem der Unterhaltsberechtigte tatsächlich vollschichtig erwerbstätig ist. Im vorliegenden Fall würde diese Auffassung dazu führen, dass weder im Ausgangsverfahren noch im vorliegenden Berufungsverfahren die Voraussetzungen einer Befristung gem. § 1578 b Abs. 2 BGB n. F. gegeben wären, weil die Beklagte - entgegen der Fiktion im Urteil des Amtsgerichts Bad Saulgau vom 27.4.2007 - bis zum heutigen Tage nicht vollschichtig arbeitet. Auf der Grundlage dieser Auffassung könnte die vorliegende Klage somit schon deshalb keinen Erfolg haben, weil selbst dann, wenn es sich vorliegend nicht um ein Abänderungsverfahren, sondern um ein Erstverfahren handeln würde, eine Befristung der Unterhaltsverpflichtung nicht möglich wäre.

c. Hält man entgegen Gerhardt für möglich, das gesichert erzielbare Einkommen aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit auch dann zuverlässig vorherzusehen, wenn der Unterhaltsberechtigte eine solche Tätigkeit noch nicht aufgenommen hat, so wäre eine Befristungsentscheidung bereits ab dem Zeitpunkt möglich, ab dem alle für die im Rahmen des § 1578 b Abs. 2 BGB n. F. anzustellende Billigkeitsabwägung maßgeblichen Gesichtspunkte hinreichend sicher prognostizierbar sind. Damit könnte auch das Einkommen aus fingierter vollschichtiger Erwerbstätigkeit hinreichende Grundlage einer Billigkeitsabwägung gem. § 1578 b Abs. 2 BGB sein, wenn nur die Grundlagen der Fiktion hinreichend gesichert sind.

Auf der Grundlage einer solchen Auffassung kommt im vorliegenden Fall anhand der derzeit festzustellenden Gegebenheiten eine Befristung gem. § 1578 b Abs. 2 BGB n. F. in Betracht, weil die Beklagte zu jeder vollschichtigen Tätigkeit als ungelernte Arbeiterin in der Lage ist, die mit nur geringen körperlichen Belastungen einhergeht. Sie kann damit an eine Erwerbstätigkeit anknüpfen, die sie vor ihrer Ehe bereits ausgeübt hat. Soweit sie keine Tätigkeiten ausüben kann, die über nur gelegentlich mittelschwere körperliche Belastungen hinausgehen, beruht diese Einschränkung ihres beruflichen Fortkommens auf ihren gesundheitlichen Beeinträchtigungen; dass diese wiederum ihren Grund in der Ehe mit dem Kläger haben, ist bislang weder dargetan noch sonst ausreichend ersichtlich. Da die Ehe kinderlos war, kommt dem Gesichtspunkt der kindererziehungsbedingten Nachteile im beruflichen Fortkommen der Beklagten keine Bedeutung zu. Die Ehe war bis zum Zeitpunkt der Trennung auch nicht von derart langer Dauer, dass allein dieser Umstand für sich genommen einen beruflichen Nachteil nahelegt, zumal unbekannt ist, ob die Beklagte während der Ehe - abgesehen von der Zeit ihrer vorübergehenden Erwerbsunfähigkeit mit anschließender Arbeitslosigkeit - ehebedingt von einer Erwerbstätigkeit abgesehen hat.

3. Tritt man der oben zu Ziffer 2. c. umschriebenen Auffassung bei, so hätte die Befristung der Unterhaltsverpflichtung bereits im Ausgangsverfahren erfolgen können.

a. Wie sich aus dem Urteil des Amtsgerichts Bad Saulgau vom 27.4.2007 ergibt, handelte es sich bei dem zugesprochenen nachehelichen Unterhalt ausschließlich um Aufstockungsunterhalt gem. § 1573 Abs. 2 BGB a. F., der auch nach der vor dem 1.1.2008 geltenden Gesetzeslage grundsätzlich befristbar war (vgl. § 1573 Abs. 5 BGB a. F.)

b. Die Möglichkeiten zur Befristung des Aufstockungsunterhalts nach dieser Vorschrift waren und sind seit der Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 12.4.2006 (FamRZ 2006, 1006) identisch mit denjenigen im neu formulierten § 1578 b BGB, soweit diese den Aufstockungsunterhalt betreffen. Dem Amtsgericht ist darin beizupflichten, dass der Bundesgerichtshof mit der erwähnten Rechtsprechungsänderung die Regelungen des § 1578 b BGB n. F. für den Bereich des Aufstockungsunterhalts vorweggenommen hat (vgl. Palandt - Brudermüller, BGB, 68. A., Einf. II vor § 1569 Rdnr. 15; Dose; FamRZ 2007, 1289, 1296; Gerhardt, aaO, Rdnr. 420). Die gesetzgeberische Neuerung durch das UÄndG gegenüber der seit 12.4.2006 geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht deshalb nur darin, dass § 1578 b BGB n. F. die Möglichkeiten zur Befristung der Unterhaltsverpflichtung auf andere Unterhaltstatbestände ausdehnt, die vorliegend jedoch nicht in Betracht zu ziehen sind.

c. Da die Tatsachengrundlagen im vorliegenden Berufungsverfahren keine anderen sind als die, die das Amtsgericht im Urteil des Ausgangsverfahrens vom 27.4.2007 festgestellt hat, hätte eine Befristung aus den oben dargelegten Gründen und vor dem Hintergrund der seit dem 12.4.2006 geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits im Ausgangsverfahren erfolgen können, wie dies das Amtsgericht im angefochtenen Urteil auch angenommen hat.

4. In Folge einer bereits im Ausgangsverfahren bestehenden Möglichkeit zur Befristung der Unterhaltsverpflichtung stellt sich dann die Frage der Präklusion gem. § 323 Abs. 2 ZPO. Von dieser Prämisse ausgehend hat das Amtsgericht die Anwendbarkeit der Präklusionsvorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO zutreffend bejaht.

a. § 36 Abs. 1 Nr. 2 EGZPO steht dem nicht entgegen, weil nicht bereits vor dem 1.1.2008 bestehende Umstände i. S. v. § 36 Abs. 1 Nr. 1 EGZPO in Rede stehen, die (erst) durch das „Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts" vom 21.12.2007 erheblich geworden sind.

aa. Ziffer 1 der genannten Vorschrift ermöglicht es, unter Durchbrechung des Vertrauensschutzes auf den Fortbestand eines bereits vor dem 1.1.2008 geschaffenen Unterhaltstitels Änderungen der Unterhaltsverpflichtung nach Maßgabe des seit 1.1.2008 geltenden Unterhaltsrechts herbeizuführen, auch wenn diese nicht auf Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse beruhen. Die Grenzen für die Durchbrechung des Vertrauensschutzes in den Fortbestand des bisherigen Unterhaltstitels sind dort gezogen, wo das neue Unterhaltsrecht zu keiner wesentlichen Änderung der Unterhaltsverpflichtung führt oder eine Änderung des bisherigen Unterhaltstitels nach Maßgabe des neuen Rechts dem Unterhaltsberechtigten nicht zuzumuten ist.

bb. § 36 Abs. 1 Nr. 2 EGZPO stellt demgegenüber nur klar, dass eine nach Ziffer 1 der genannten Vorschrift mögliche Durchbrechung des Vertrauensschutzes in den Fortbestand des Unterhaltstitels nicht an den Sperren der §§ 323 Abs. 2, 767 Abs. 2 ZPO scheitert.

b. Entscheidend ist demzufolge, ob eine Durchbrechung des Vertrauensschutzes gem. § 36 Abs. 1 Nr. 1 EGZPO möglich ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Dass der Aufstockungsunterhaltsanspruch der Beklagten hätte befristet werden müssen, ist kein Ausfluss der Rechtsänderung durch das „Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts" vom 21.12.2007, sondern der bereits ab dem 12.4.2006 geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Anwendungsbereich des § 1573 Abs. 5 BGB a. F. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren am 3.4.2007 war die Änderung der BGH-Rechtsprechung in der Fachwelt hinreichend bekannt und hätte vom Amtsgerichts bei seiner Entscheidung im Frühjahr 2007 beachtet werden müssen. Da - wie oben bereits ausgeführt - schon auf der Grundlage des damals festgestellten Sachverhalts sicher absehbar war, dass der Beklagten durch Aufnahme einer zumutbaren, körperlich nur wenig belastenden vollschichtigen Erwerbstätigkeit als ungelernte Arbeiterin keine ehebedingten Nachteile verbleiben würden, die eines Ausgleichs durch Gewährung von unbefristetem Geschiedenenunterhalt bedurft hätten, wäre schon damals die Befristung des Geschiedenenunterhalts nicht nur möglich, sondern auch geboten gewesen. Eines besonderen Hinweises oder gar eines entsprechenden Antrags, den Unterhaltsanspruch zu befristen, bedurfte es nicht, weil es sich bei der Befristung gem. § 1573 Abs. 5 BGB a. F. - wie bei der Befristungsmöglichkeit gem. § 1578 b BGB seit dem 1.1.2008 - um eine von Amts wegen zu beachtende Einwendung handelte.

c. Dass das Amtsgericht in seinem Urteil vom 27.4.2007 eine solche Befristung nicht vorgenommen hat, beruhte ausweislich der Entscheidungsgründe jenes Urteils nicht darauf, dass es die Prognosebasis für nicht ausreichend erachtete, sondern ersichtlich allein auf einer anderweitigen rechtlichen Würdigung des festgestellten Lebenssachverhalts. Es handelte sich damit um einen Rechtsanwendungsfehler, den der Kläger im Rechtsmittelwege hätte rügen und angreifen müssen. Dass er dieses unterlassen hat, führt gem. § 323 Abs. 2 ZPO zum Ausschluss der entsprechenden Rüge im nachfolgenden Abänderungsverfahren.

5. Die obigen Erwägungen zeigen, dass die eingangs dargestellten unterschiedlichen Auffassungen, die zur Frage der hinreichend sicheren Tatsachengrundlage zur Beurteilung der Befristungsmöglichkeit vertreten werden, vorliegend nicht ergebnisrelevant sind. Somit kommt auch nicht in Betracht, die Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug deshalb zu bewilligen, weil zu dem in Rede stehenden Problem unterschiedliche Rechtsauffassung vertretbar erscheinen; denn alle vertretenen Meinungen führen zum selben Ergebnis, nämlich mangelnder Erfolgsaussicht der Berufung. ..."

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Für die Billigkeitsentscheidung über eine Befristung des Unterhaltsanspruchs stellt § 1578b BGB ausdrücklich auf fortdauernde ehebedingte Nachteile ab. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (hier: die Antragsgegnerin hatte während der Ehe 15 Jahre nicht in dem erlernten Beruf gearbeitet). Zu berücksichtigen ist auch die Erkrankung eines Ehegatten, selbst wenn sie unabhängig von der Ehe eingetreten ist. Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 1578b BGB trägt der Unterhaltsverpflichtete, da es sich um eine unterhaltsbegrenzende Norm mit Ausnahmecharakter handelt. Dabei müssen die Umstände, die zu einer Befristung des Unterhaltsanspruchs führen, feststehen, so dass eine sichere Prognose möglich ist (OLG Schleswig, Urteil vom 22.12.2008 - 13 UF 100/08, NJW 2009, 1216 ff):

„... Eine Begrenzung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs der Ag.gem. § 1578b BGB kommt derzeit noch nicht in Betracht. Nach der zum 1. 1. 2008 in Kraft getretenen Neuregelung des § 1578b BGB ist der nacheheliche Unterhalt herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, wenn ein unbegrenzter Unterhalt auch unter Wahrung der Belange eines dem Unterhaltsberechtigten zur Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung stellt § 1578b BGB jetzt ausdrücklich auf fortdauernde ehebedingte Nachteile ab. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Ag. auf Grund der Gestaltung der Haushaltsführung/Erwerbstätigkeit der Parteien während der Ehe 15 Jahre nicht in dem erlernten Beruf gearbeitet hat und dementsprechend nicht unmittelbar an ihre vorhergehende elfjährige Berufserfahrung anknüpfen kann.

Gleichzeitig ist im Rahmen der Billigkeitsabwägung auch die Bandscheibenerkrankung der Ag. zu berücksichtigen. § 1578b BGB erfasst nicht nur die Fälle, in denen es um die Kompensation ehebedingter Nachteile geht, sondern auch Konstellationen, in denen es allein um das Ausmaß der darüber hinausgehenden nachehelichen Solidarität geht. Darunter fällt zum Beispiel eine Erkrankung eines Ehegatten, die ganz unabhängig von der Ehe eingetreten ist (BT-Dr 16/1830, S. 19f.). Vorliegend kommt aber noch hinzu, dass die Rückenproblematik der Ag. bereits in der Ehezeit in 2004 eingesetzt hatte.

Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 1578b BGB trägt der Unterhaltsverpflichtete, da es sich um eine unterhaltsbegrenzende Norm mit Ausnahmecharakter handelt. Dabei müssen die Umstände, die zu einer Befristung des Unterhaltsanspruchs führen, feststehen, so dass eine sichere Prognose möglich ist (BGH, NJW 2007, 2628 = FamRZ 2007, 1232). Sowohl die andauernden ehebedingten beruflichen Nachteile als auch die Erkrankung der Ag., deren Verlauf auch der Sachverständige nicht zuverlässig vorhersagen kann, stehen derzeit einer sicheren Prognose der Einkommensverhältnisse der Ag. entgegen, so dass eine Begrenzung/Befristung des Unterhaltsanspruchs momentan nicht in Betracht kommt.

Der Senat hat davon abgesehen, die Revision gem. § 543 II ZPO zuzulassen. Eine Zulassung hat zu erfolgen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des RevGer. erfordert.

In Bezug auf die unterlassene Befristung des Unterhaltsanspruchs gem. § 1578b BGB fehlt es schon deshalb an diesen Voraussetzungen, weil es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt.

Soweit der Senat über die Anrechenbarkeit der Umgangskosten befunden hat, ist dies bereits höchstrichterlich einheitlich entschieden (BGH, NJW 2005, 1493 = FamRZ 2005, 706, zuletzt BGH, NJW 2008, 1373 = FPR 2008, 172 = FamRZ 2008, 594).

Auch die Voraussetzungen für eine etwaige Erhöhung des Selbstbehalts wegen erhöhter Wohnkosten sind bereits obergerichtlich geklärt (OLG Hamburg, FamRZ 2003, 1205 L; s. auch Viefhues, in: jurisPK-BGB, 4. Aufl. [2008], § 1603 Rdnr. 60).

Zu der Anrechenbarkeit der Beiträge zum Sportverein der Kinder gibt es keine veröffentlichte Rechtsprechung Eine Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erscheint insoweit aber angesichts der eindeutigen Kommentierung im Schrifttum (vgl. Palandt/Diederichsen, § 1610 Rdnr. 9; Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess, 4. Aufl. [2006], Rdnr. 3042) nicht erforderlich. Im Übrigen hat die vorliegende Fallkonstellation freiwilliger zusätzlicher Zahlungen des Unterhaltsverpflichteten keine grundsätzliche Bedeutung. Sie berührt nicht das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts.

Auch die Frage der Erwerbsobliegenheit bei Betreuung von zwölf- und 16-jährigen Kindern führt nicht zur Zulassung der Revision, weil der Senat nicht auf diesen Gesichtspunkt abgestellt hat. ..."

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„... I. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts bietet die Rechtsverteidigung der Beklagten hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.

1. Nach dem bisherigen Akteninhalt ist davon auszugehen, dass der Kläger mit seinem Hauptantrag, gerichtet auf Wegfall der durch notarielle Vereinbarung vom 14.4.2004 titulierten Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts für die Zeit ab 10.2.2008, nicht durchdringen kann. Daher bietet der Antrag der Beklagten, die Klage abzuweisen, hinreichende Aussicht auf Erfolg.

a) Schon auf der Grundlage eines vom Amtsgericht festgestellten Einkommens des Klägers von 1.915 € monatlich bei gleichzeitiger Zurechnung eines fiktiven Einkommens auf Seiten der Beklagten ergibt sich ein vollständiger Wegfall der Unterhaltspflicht des Klägers nicht. Soweit das Amtsgericht ausführt, unter Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus von 1/7 stände der Beklagten ein maximaler Unterhaltsbedarf in Höhe von 820,71 € zu, den sie durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit selbst decken könne, verkennt das Amtsgericht den Halbteilungsgrundsatz (vgl. Nr. 15.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008). Unabhängig von der Frage, ob die Beklagte während der Ehe erwerbstätig war, ist ein (fiktives) Einkommen aus Erwerbstätigkeit jedenfalls unter dem Gesichtspunkt eines Surrogats der bisherigen Familienarbeit als eheprägend anzusehen (Wendl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4, Rz. 184 a). Nähme man daher auf Seiten der Beklagten ein fiktives Einkommen von 820,71 € an, wie durch den angefochtenen Beschluss geschehen, errechnete sich immer noch ein ungedeckter Unterhaltsbedarf der Beklagten von rund 469 € [= (1.915 € - 820,71 €) x 3/7].

b) Die Rechtsverteidigung der Beklagten bietet aber deshalb in vollem Umfang hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil der Kläger, den insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft (vgl. Wendl/Dose, a.a.O., § 6, Rz. 726), sein Abänderungsbegehren nicht schlüssig dargelegt hat.

Allerdings gelten für die Abänderung einer notariellen Vereinbarung, wie vorliegend, die Vorschriften des § 323 Abs. 1 bis 3 ZPO nicht. Vielmehr kommt es nach materiellem Recht darauf an, ob Veränderungen in den tatsächlichen wie auch rechtlichen Verhältnissen eingetreten sind, die eine Anpassung unter dem Gesichtspunkt der geänderten Geschäftsgrundlage, § 313 BGB, gebieten (vgl. Wendl/Schmitz, a.a.O., § 10, Rz. 158 e). Dessen ungeachtet muss aber auch im Falle einer solchen Abänderungsklage der Kläger im Einzelnen darlegen, dass sich die Verhältnisse wesentlich geändert haben. Nicht ausreichend ist insoweit, wenn geltend gemacht wird, ein einzelner Umstand, der für die Unterhaltsbemessung von Bedeutung ist, habe sich geändert. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob die für die Unterhaltsverpflichtung als solche und für die Bemessung der Unterhaltsleistung maßgebenden Verhältnisse insgesamt eine wesentliche Änderung erfahren haben (Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Schael, § 1, Rz. 401). Es bedarf einer Gesamtbeurteilung aller geänderten und unveränderten Umstände, zumal gegenläufige Veränderung einander aufheben können. Demgemäß hat der Abänderungskläger grundsätzlich alle für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Umstände dazulegen. Geschieht dies nicht, kann er mit der Abänderungsklage nicht durchdringen (vgl. zu der Frage, ob die Abänderungsklage dann schon unzulässig oder aber erst unbegründet ist, Hoppenz, Anm. zu BGH, FamRZ 2007, 1459, 1461).

Vorliegend hat sich der Kläger darauf beschränkt, auf eine Erwerbsobliegenheit der Beklagten sowie auf eine erneute Eheschließung und die Unterhaltspflicht gegenüber einem aus dieser neuen Ehe stammenden minderjährigen Kind hinzuweisen. Dies aber reicht nicht aus. Vielmehr muss der Kläger im Einzelnen, also auch unter Berücksichtigung eines der Beklagten zuzurechnenden Einkommens, rechnerisch darstellen, dass sich ein Unterhaltsanspruch der Beklagten nicht mehr ergibt.

Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte könne, auch wenn in der notariellen Vereinbarung vom 10.4.2004 ihre Schwerbehinderung Berücksichtigung gefunden habe, nunmehr einer Erwerbstätigkeit nachgehen, kann dies zwar dazu führen, dass ein Unterhaltsanspruch der Beklagten nach § 1572 BGB nicht mehr bzw. nicht mehr in vollem Umfang besteht. Soweit die Verpflichtung des Klägers zur Unterhaltszahlung auf Grund der notariellen Vereinbarung auch darauf beruht haben sollte, dass der damals 14-jährige Sohn der Parteien überwiegend von der Beklagten betreut worden ist, sodass diese möglicherweise noch einen (Teil-)An-spruch auf Unterhalt nach § 1570 BGB a. F. gehabt haben sollte, könnte dieser Anspruch im Hinblick darauf, dass der gemeinsame Sohn der Parteien nun volljährig ist, ebenfalls entfallen sein. Doch selbst wenn die beiden genannten Unterhaltstatbestände nicht mehr vorlägen, könnte sich immer noch ein Anspruch der Beklagten auf nachehelichen Unterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB ergeben. Dass der erforderliche Einsatzzeitpunkt für einen solchen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gegeben ist, kann angenommen werden (vgl. hierzu Wendl/Pauling, a.a.O., § 4, Rz. 124, 126).

Die Beweislast dafür, dass ein bei Errichtung des bestehenden Titels einschlägiger Unterhaltstatbestand nicht mehr gegeben ist, trägt der Abänderungskläger (vgl. Wendl/Dose, a.a.O., § 6, Rz. 726). Demnach ist es Sache des Klägers, seine Behauptung, die Beklagte sei an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht krankheitsbedingt gehindert, zu beweisen.

2. Die Rechtsverteidigung der Beklagten gegen den Hilfsantrag, mit dem der Kläger nach erfolgter Auskunfterteilung Abänderung des Unterhaltstitels im Wege der Stufenabänderungsklage (vgl. hierzu FamVerf/Schael, § 1, Rz. 383) begehrt, bietet Aussicht auf Erfolg, wobei es darauf angesichts der erfolgversprechenden Rechtsverteidigung gegen den Hauptantrag nicht abschließend ankommt.

a) Der vom Kläger im Wege der hilfsweise erhobenen Abänderungsstufenklage angekündigte Antrag begegnet schon unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit Bedenken. Zum einen wird dadurch, dass „Auskunft durch Vorlage" von bestimmen Unterlagen begehrt wird, dem Umstand nicht hinreichend Rechnung getragen, dass zwischen einem Auskunftsanspruch nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB und einen Anspruch auf Vorlage von Belegen nach § 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB zu unterscheiden ist (vgl. FamVerf/Schael, § 1, Rz. 374; Wendl/Dose, a.a.O., § 1, Rz. 677). Ferner ist der Zeitraum, für den Auskunft bzw. Belege verlangt werden, mit „in den letzten 12 Monaten erzielten Einkünften" nicht hinreichend beschrieben, zumal seit der Einreichung der Klage, die diesen Antrag enthält, bereits mehrere Monate verstrichen sind.

b) Darüber hinaus ist fraglich, ob die Beklagte nicht bereits hinreichend Auskunft erteilt hat durch ihre „eidesstattliche Erklärung" vom 26.6.2008, die dem Schriftsatz vom 16.7.2008 als Anlage B1 beigefügt war. Hierin erklärt die Beklagte, dass sie außer den Unterhaltszahlungen des Klägers über keine weiteren Einkünfte verfüge, allerdings im März 2008 eine Eigenheimzulage in Höhe von 3.050,88 € erhalten habe. Soweit es dem Kläger um Vorlage von Belegen, nämlich von Gehaltsbescheinigungen, Bankbestätigungen hinsichtlich etwaiger Einkünfte aus Kapitalerträgen und Einnahmen/Überschussrechnungen hinsichtlich Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geht, können diese angesichts der von der Beklagten erteilten Auskunft naturgemäß nicht beigebracht werden, da entsprechende Einkünfte danach nicht erzielt worden sind.

3. Für das weitere Verfahren wird, sofern die Abänderungsklage durch nachträglichen Vortrag schlüssig werden sollte, vorsorglich auf Folgendes hingewiesen:

a) Der Unterhaltsbedarf der Beklagten bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen, § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB. Hierzu sind die Einkünfte der Parteien im Einzelnen zu ermitteln, ebenso etwaige Verbindlichkeiten und Unterhaltslasten.

aa) Soweit ist das Einkommen des Klägers betrifft, wird sich dieser im Hinblick auf den Einwand der Beklagten dazu zu erklären haben, ob er Steuererstattungen erhalten hat. Soweit etwaige Steuererstattungen auch aus dem Splittingvorteil infolge der neuen Eheschließung herrühren sollten, sind diese jedenfalls dann, wenn die frühere Ehegattin, also die Beklagte und die jetzige Ehegattin, gleichrangig im Sinne von § 1609 BGB sind, auch zu Gunsten der Beklagten in vollem Umfang heranzuziehen (vgl. BGH, FamRZ 2008, 1911 ff., Rz. 46 ff.; BGH, FamRZ 2008, 1739 ff., Rz. 72).

bb) Auch zu einem etwaigen Wohnvorteil (vgl. hierzu Nr. 5 der genannten Unterhaltsleitlinien) wird sich der Kläger im Hinblick auf den Vortrag der Beklagten zu erklären haben. Der Hinweis allein darauf, dass der Beklagten ein solcher Wohnvorteil ebenfalls zugute komme, reicht insoweit nicht aus, zumal, da beide Parteien nicht in derselben Wohnung leben, kaum anzunehmen ist, dass die Wohnvorteile auf beiden Seiten in derselben Höhe vorhanden sind. Bei der Bemessung des Wohnvorteils sind auch etwa gezahlte Eigenheimzulagen zu berücksichtigen (Nr. 5 der genannten Leitlinien).

cc) Die ehelichen Lebensverhältnisse sind auch durch das gemeinsame Kind der Parteien geprägt. Ob der insoweit zu berücksichtigende Kindesunterhalt noch in derselben Höhe angesetzt werden kann, in der er durch die notarielle Vereinbarung vom 14.4.2004 tituliert worden ist, erscheint zweifelhaft. Das gemeinsame Kind der Parteien ist inzwischen volljährig, sodass beide Elternteile anteilig barunterhaltspflichtig sind, § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB. Hinzukommt, dass das Kind offenbar über Eigeneinkünfte in Form einer Ausbildungsvergütung verfügt. Auch ist das Kindergeld nun gemäß § 1612 b BGB bedarfsdeckend heranzuziehen (vgl. auch BGH, FamRZ 2006, 99). Soweit allerdings der Kindesunterhalt in der titulierten Höhe weitergezahlt worden ist, ist trotz des Grundsatzes, dass Unterhaltsansprüche so zu errechnen sind, als ob über alle Ansprüche zugleich entschieden würde, zu erwägen, es zumindest für die Vergangenheit bei dem entsprechenden Betrag zu belassen (vgl. auch Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2, Rz. 228; Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 4, Rz. 200).

dd) Unter dem Gesichtspunkt der wandelbaren ehelichen Lebensverhältnisse hat auch die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber dem Kind aus seiner jetzigen Ehe, auch wenn das Kind erst nach Rechtskraft der Scheidung der Ehe mit der Beklagten geboren worden ist, Einfluss auf die Höhe des Unterhaltsbedarfs (vgl. BGH, FamRZ 2008, 968 ff., Rz. 47 m. Anm. Maurer, S. 975, 976 f.). Insoweit sind aber auch Feststellungen zu der Frage zu treffen, ob der Kläger diesem Kind allein barunterhaltspflichtig ist, weil die Mutter, die jetzige Ehefrau des Klägers ihrer Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt, § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB.

ee) Bei der Bedarfsbemessung ebenfalls zu berücksichtigen ist eine etwaige Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seiner jetzigen Ehefrau, wobei er hierzu, insbesondere zu den Einkommensverhältnissen der Ehefrau, nichts vorgetragen hat. Soweit ein Unterhaltsanspruch gegenüber der Ehefrau besteht, kommt grundsätzlich, nach Abzug des vorrangigen Unterhalts für das minderjährige Kind, eine Bedarfsbemessung nach dem Dreiteilungsgrundsatz in Betracht (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2008, 1911 ff., Rz. 37 ff.).

ff) Soweit es das in die Unterhaltsberechnung einzustellende Einkommen der Beklagten betrifft, ist zunächst zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Gelangt das Amtsgericht zu dem Ergebnis, dass eine Erwerbstätigkeit nicht völlig ausscheidet, wird es, soweit die Beklagte keine ausreichenden Bemühungen um eine neue Arbeitsstelle darlegen sollte, ein fiktives Einkommen in Ansatz bringen. Dabei sind Alter, Gesundheitszustand, Vorbildung und beruflicher Werdegang der Beklagten zu berücksichtigen (vgl. Senat, FamRZ 2003, 48, 50; FamRZ 2006, 1701).

gg) Auch auf Seiten der Beklagten ist der Frage nachzugehen, ob sie sich einen Wohnvorteil zurechnen lassen muss. Dabei kommt es, ebenso wie beim Kläger, auf Größe, Lage, Ausstattung des Hauses und auf den für ein vergleichbares Objekt auf dem örtlichen Wohnungsmarkt erzielbaren Mietzins an. Anhaltspunkte für Letzteres können Mietspiegel der betreffenden Region geben.

hh) Soweit auf Seiten der Beklagten eine anteilige Barunterhaltspflicht für den gemeinsamen volljährigen Sohn der Parteien anzunehmen ist, hat dies bei der Bedarfsmessung ebenfalls Berücksichtigung zu finden.

b) Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Klägers ist die veränderte Rangfolge nach § 1609 BGB n. F. zu berücksichtigen. Im ersten Rang befindet sich allein das minderjährige Kind des Klägers aus der neuen Ehe. Das volljährige Kind der Parteien ist auch gegenüber der Beklagten und der jetzigen Ehefrau des Klägers nachrangig. Bei der Frage, ob die Beklagte und die neue Ehefrau des Klägers den gleichen Rang einnehmen, kommt es, einen Betreuungsunterhaltsanspruch der jetzigen Ehefrau gegenüber dem Kläger unterstellt, darauf an, ob die Ehe der Beklagten mit dem Kläger von aller Dauer war. Dabei ist entscheidend darauf abzustellen, ob und inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen (BGH, FamRZ 2008, 1911 ff., Rz. 63 ff.).

c) Soweit der Kläger mit einem weiteren Hilfsantrag eine Befristung des nachehelichen Unterhalts geltend macht, kommt es nach § 1578 Abs. 1, 2 BGB, eine auch ohne (Hilfs-)Antrag von Amts wegen zu beachtende Vorschrift, ebenfalls entscheidend darauf an, inwieweit ehebedingte Nachteile eingetreten sind. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Tatsachen, die für eine Befristung sprechen könnten, trägt grundsätzlich der Unterhaltsschuldner (vgl. BGH, FamRZ 2008, 134 ff., Rz. 22; Palandt/Brudermüller, BGB, Nachtrag zur 67. Aufl., § 1578 b, Rz. 19). Soweit ehebedingte Nachteile auf Seiten der Beklagten nicht oder nur in einem eingeschränkten Umfang eingetreten sein sollten, sind bei der Abwägung, welche Rechtsfolge dies nach sich zieht, alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Hierzu zählt auch die Dauer der Ehe. Insoweit wird sich der Kläger nicht auf eine Ehedauer von nur fünf Jahren zurückziehen können, sollte das Vorbringen der Beklagten mit der Beschwerdeschrift zutreffen, dass die Parteien vor Begründung der zuletzt geschiedenen Ehe schon einmal miteinander verheiratet waren.

II. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuweisen. Denn das Amtsgericht hat noch Feststellungen zu der Frage zu treffen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Beklagte nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen, § 114 ZPO. Mit Schriftsatz vom 16.7.2008 hat die Beklagte Prozesskostenhilfe beantragt und angekündigt, eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachzureichen. Eine solche Erklärung befindet sich bis heute nicht bei den Akten. Das Amtsgericht wird die Beklagte auffordern, eine entsprechende aktuelle Erklärung nebst Belegen vorzulegen und alsdann unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über den Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entscheiden. ..." (OLG Brandenburg Beschluss vom 02.12.2008 - 10 WF 227/08)

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§ 1578b BGB ist nicht auf den Trennungsunterhalt anzuwenden. Ob in Einzelfällen (z.B. bei kurzem Zusammenleben, langer Trennungsdauer, fehlender Betreuung gemeinsamer Kinder, mangelnder Verflechtung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse usw.) eine analoge Anwendung von § 1578b BGB auf den Trennungsunterhalt in Betracht kommen kann, bleibt offen (OLG Bremen, Beschluss vom 01.12.2008 - 4 WF 142/08 zu BGB §§ 1361, 1578b):

„... I. Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Nach der Trennung der Parteien im Jahre 2000 verpflichtete sich der im Jahre 1922 geborene Kläger durch einen am 6. Januar 2001 geschlossenen Vergleich an die im Jahre 1947 geborene Beklagte einen monatlichen Trennungsunterhalt von 2.600 DM (= 1.329,16 €) zu zahlen. Entsprechend der im Vergleich von den Parteien ferner getroffenen Vereinbarung übertrug die Beklagte in der Folgezeit das vom Kläger auch jetzt noch bewohnte und ihm früher gehörende, während der Ehe aber auf die Beklagte übertragene Hausgrundstück auf den Kläger gegen eine Ausgleichszahlung von 50.000 DM zurück.

Der Kläger begehrt für eine Klage auf Abänderung des titulierten Unterhalts auf Null Prozeßkostenhilfe. Sein Abänderungsbegehren stützt er in erster Linie auf das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz; außerdem beruft er sich darauf, daß sich seine Einkommensverhältnisse wegen krankheitsbedingter Kosten verschlechtert hätten. Ferner ist er der Auffassung, daß die Beklagte eine Erwerbsobliegenheit trifft. Das Amtsgericht - Familiengericht - Bremen hat den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen (58 F 1732/08). Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner sofortigen Beschwerde.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Die Abänderungsklage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

1. Das Amtsgericht hat zu Recht seine ablehnende Entscheidung damit begründet, daß weder eine Herabsetzung auf den angemessenen Unterhalt noch eine Befristung des im Jahre 2001 titulierten Trennungsunterhalts gemäß § 1578b BGB in Betracht komme (vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 2008, 1539; Büttner/Niepmann, NJW 2008, 2391, 2399). Die Herabsetzungs- und Befristungsmöglichkeit nach § 1578b BGB betrifft den nachehelichen Unterhalt, wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ergibt. Die für den Trennungsunterhalt maßgebliche Norm des § 1361 BGB erklärt in Absatz 3 auch lediglich die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB über die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit für entsprechend anwendbar; auf § 1578b BGB verweist sie hingegen nicht. Da auch die Begründung zum Regierungsentwurf ausdrücklich von der Anwendung des § 1578b BGB im Rahmen des Trennungsunterhalts abgesehen hat (BT-Dr. 16/1830 S. 16), ist § 1578b BGB nicht auf den Trennungsunterhalt anzuwenden. Eine Auseinandersetzung mit der im Schrifttum geführten Diskussion, ob in Einzelfällen (z.B. bei kurzem Zusammenleben, langer Trennungsdauer, fehlender Betreuung gemeinsamer Kinder, mangelnder Verflechtung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse usw.) gleichwohl eine analoge Anwendung von § 1578b BGB in Betracht kommen kann (so Palandt/Brudermüller, BGB Nachtrag zur 67. Aufl. § 1578b Rdn. 3; Graba, FamRZ 2008, 1217, 1220; s. dazu auch Triebs, FPR 2008, 31, 35), erübrigt sich im vorliegenden Fall, denn der Kläger hat auch nicht ansatzweise zu den für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578b BGB maßgeblichen Gesichtspunkten (Fehlen oder Wegfall etwaiger ehebedingter beruflicher Nachteile der Beklagten, Dauer der Ehe, Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beklagten usw.) vorgetragen. Die vom Kläger behauptete schwere Erkrankung sowie der Umstand, daß er der Beklagten für die Rückübertragung des Hausgrundstücks eine »Ausgleichszahlung« von 50.000 DM geleistet hat, würden entgegen der Annahme des Klägers für sich genommen nicht schon zu einer Befristung oder Beschränkung des Unterhalts gemäß § 1578b BGB führen.

2. Eine Herabsetzung des Unterhalts kommt auch nicht wegen der vom Kläger angeblich zu tragenden Arzneimittelkosten in Betracht. Sein hierauf gestütztes Abänderungsbegehren scheitert bereits daran, daß der Kläger die Geschäftsgrundlage der im Jahre 2001 getroffenen Vereinbarung nicht dargetan hat. Erforderlich ist insoweit ein Vortrag zu den Einkünften des Klägers zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses im Verhältnis zu seinen derzeitigen Einkünften (OLG Zweibrücken FamRZ 2007, 1998). Nicht ausreichend ist somit sein Vortrag, wonach er von seiner derzeitigen Rente in Höhe von (3.008,04 € abzüglich Kranken- und Pflegeversicherung 287,25 € =) = 2.720,99 € erhebliche Mittel für Medikamente von ca. 285 € monatlich bestreiten müsse. Wie hoch die von ihm bezogene Rente und der von ihm zu leistende Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag bei Vergleichsabschluß war, ist offen; es fehlt auch an jeglichem Vortrag dazu, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Wohnwert auf seiten des Klägers für das von den Parteien während der Ehe gemeinsam genutzte, vom Kläger jetzt allein bewohnte Haus berücksichtigt worden ist.

3. Im Hinblick darauf, daß es schon an einem schlüssigen Vortrag des Klägers zu den für den Vergleichsabschluß maßgeblichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Parteien fehlt, kann er sein Abänderungsbegehren auch nicht mit einer etwaigen Erwerbsobliegenheitsverletzung der Beklagten und somit einem ihr fiktiv zuzurechnenden Einkommen begründen. Hinzu kommt, daß sich aus dem Vortrag des Klägers auch nicht ergibt, ob die Parteien zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses davon ausgegangen sind, daß und gegebenenfalls in welchem Umfange die seinerzeit 54 Jahre alte Beklagte eine Erwerbstätigkeit aufnehmen sollte. Außerdem hat der Kläger auch keinerlei Angaben dazu gemacht, wann die Beklagte zuletzt in ihrem erlernten Beruf als medizinisch-technische Assistentin tätig war, so daß sich selbst bei Annahme einer etwaigen Erwerbsobliegenheit der Beklagten das ihr fiktiv zuzurechnende Einkommen nicht feststellen ließe.

4. Nach alledem erweist sich die Abänderungsklage unter keinem Gesichtspunkt als erfolgversprechend; der Prozeßkostenhilfeantrag des Klägers war daher zurückzuweisen. Auf die Frage, ob bzw. in welchem Umfange der Kläger die Prozeßkosten aus seinem Vermögen und Einkommen selbst bestreiten kann, kommt es somit nicht mehr an. ..." (OLG Bremen, Beschluss vom 01.12.2008 - 4 WF 142/08 zu BGB §§ 1361, 1578b)

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„... Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs kommt derzeit nicht in Betracht. So hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 25.06.2008 - XII ZR 109/07 - in Fortführung seiner neueren Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 2008, 2644, 2645) zur Befristung nachehelichen Unterhaltes - zum Aufstockungsunterhalt - ausgeführt, dass seine bisherige Rechtsprechung in die Neuregelung des § 1578 b BGB zum 01.01.2008 eingeflossen ist. Nach § 1578 b Abs. 2 BGB sei der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten seien, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile könnten sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Maßgebend sei deswegen darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt der Entscheidung des Tatrichters ehebedingte Nachteile absehbar seien (so BGH a.a.O. mit Zitat BGH NJW 2008, 2581). Wie das frühere Recht setze auch die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts aus Billigkeitsgründen nach § 1578 b BGB nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfalle, bereits erreicht sei. Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung bereits eingetreten oder zuverlässig voraussehbar seien, sei eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung nach § 323 Abs. 2 ZPO vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren auszusprechen (BGH a.a.O. mit Zitat BGH NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793, 799). Ob die für die Begrenzung ausschlaggebenden Umstände allerdings bereits im Ausgangsverfahren zuverlässig voraussehbar seien, lasse sich nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beantworten (BGH a.a.O. mit Zitat BGHZ 174, 195 = NJW 2008, 151 = FamRZ 2008, 134, 135). Weil § 1578 b BGB - wie die früheren Vorschriften der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB - als Ausnahmetatbestand von einer unbefristeten Unterhaltspflicht konzipiert sei, trage der Unterhaltspflichtige die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Beschränkung nachehelichen Unterhalts führen können (BT-Dr 16/1830, Seite 20). Habe der Unterhaltspflichtige - so der BGH a.a.O. - allerdings Tatsachen vorgetragen, die - wie die Aufnahme oder Fortführung einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem vom Unterhaltsberechtigten erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf - einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahe legen, obläge es dem Unterhaltsberechtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere Schonfrist für die Umstellung auf den Lebensstandard nach den eigenen Einkünften sprächen (BGH a.a.O. unter Zitat von BGHZ 174, 195 = NJW 2008, 151 = FamZR 2008, 134, 136).

Unter Beachtung dieser Grundsätze kommt nach Auffassung des Senats weder eine Beschränkung noch eine Befristung des Unterhaltsanspruches der Antragsgegnerin in Betracht. Aufgrund der Krankheit der Antragsgegnerin kann derzeit nicht festgestellt werden, ob die Antragsgegnerin überhaupt noch in der Lage sein wird, wieder vollschichtig arbeiten zu können. Eine halbwegs sichere Prognose ist - wie oben näher ausgeführt - insoweit nicht möglich. Es liegen auch ehebedingte Nachteile vor. Denn dass die Antragsgegnerin bis zum Erkennen ihrer Erkrankung nur zu 60 % erwerbstätig war, ist durch die Rollenverteilung während der Ehe der Parteien bestimmt. Hätte die Antragsgegnerin nicht geheiratet und das gemeinsame Kind zu betreuen gehabt, wäre sie aller Voraussicht nach auch während der Ehe vollschichtig tätig gewesen und würde nunmehr - so der Vortrag der Antragsgegnerin - etwa so viel verdienen können wie der Antragsteller. Dies ist ihr alles derzeit nicht möglich. Zwar ist die Krankheit nicht ehebedingt, jedoch sind die Nachteile - vermindertes Krankengeld sowie fehlende Möglichkeit der Aufstockung der Teilzeittätigkeit auf eine Vollzeittätigkeit - ehebedingt. Denn infolge der Kinderbetreuung, die nach der Lebensplanung der Parteien im Schwerpunkt bei der bei Bestand der Ehe nicht vollschichtig tätigen Antragsgegnerin lag, konnte diese nicht in Vollzeit arbeiten und sieht sich nunmehr an einer Aufstockung der aus der Ehe herrührenden Einschränkung ihrer Erwerbstätigkeit krankheitsbedingt gehindert. ..." (OLG Köln, Urteil vom 08.11.2008 - 4 UF 60/08)

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Der Hauptrechtsmittelführer kann sein - auf eine Scheidungsfolgesache beschränktes - Rechtsmittel gegen eine im Scheidungsverbund getroffene Entscheidung des Familiengerichts nach Ablauf der für ihn geltenden Rechtsmittelfrist nicht mehr auf den Scheidungsausspruch erweitern. Das gilt auch für den Fall einer Anschließung an eine eigenständige - ebenfalls auf die Folgesache beschränkte - Berufung des Rechtsmittelgegners. Eine fiktive Zurechnung von nicht ausgeschütteten Gewinnen aus dem Betrieb eines Unternehmens zulasten des unterhaltspflichtigen geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafters setzt voraus, dass dieser seine unterhaltsrechtliche Obliegenheit, zumutbare Gewinne aus dem Unternehmen zu realisieren, in vorwerfbarer Weise verletzt hat. Vorwerfbar ist das Unterlassen eine Gewinnausschüttung an die Gesellschafter nur dann, wenn der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter die Grenzen seiner unternehmerischen Freiheit in einer Art und Weise überschreitet, die dem Unterhaltsgläubiger, unter Berücksichtigung der Belange der übrigen Mitgesellschafter und der Interessen der Unterhaltsberechtigten auf dauerhafte Sicherstellung ihres Unterhalts, nicht zumutbar ist. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Der private Nutzungsvorteil eines Firmenfahrzeugs ist in der Regel mit dem nach Steuerrecht zu veranschlagenden Wert (Einprozentregelung) zu bemessen. Er ist zu bereinigen um den steuerlichen Nachteil, der dem Nutzungsberechtigten dadurch entsteht, dass er das Firmenfahrzeug als Sachbezug zu versteuern hat. Eine zeitliche Befristung des Ehegattenunterhalts gem. § 1578b Abs. 2 BGB scheidet in der Regel aus, solange ein Anspruch des Berechtigten auf Zahlung von Unterhalt wegen der Betreuung minderjähriger Kinder nach § 1570 Abs. 1, S. 2 BGB besteht und (noch) keine sichere Prognose getroffen werden kann, ab wann der Anspruch auf Betreuungsunterhalt entfällt (OLG Hamm, Urteil vom 30.10.2008 - 2 UF 43/08 zu §§ 629a Abs. 3 ZPO, 1570 Abs. 1, 1578 Abs. 2, 1578 b, 1581 S. 1 BGB - http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2008/2_UF_43_08urteil20081030.html).

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Das Vertrauen eines geschiedenen Ehegatten auf die Gewährung des vereinbarten nachehelichen Unterhalts steht einem Wegfall des Unterhaltsanspruchs alsbald nach Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform jedenfalls dann entgegen, wenn die Ehe von langer Dauer war, der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach der Scheidung noch 11 Jahre gemeinsame minderjährige Kinder betreut und aufgrund seines Alters und seiner fehlenden Berufsausbildung und erfahrung wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat (OLG Celle, Beschluss vom 27.10.2008 - 10 WF 350/08).

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„... Weder eine Herabsetzung noch eine Befristung des Unterhaltsanspruchs gem. § 1578b BGB kommen zurzeit in Betracht. Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht ersichtlich, wie lange und in welchem Umfang die gemeinsame Tochter der Parteien eine Betreuung durch die Mutter benötigt. Gerade im Hinblick auf die Entwicklung minderjähriger Kinder ist eine vorausschaubare Beurteilung der Verhältnisse für einen fernliegenden Zeitpunkt nicht möglich. Auch wenn davon auszugehen sein wird, dass mit der Vollendung des 14. Lebensjahres grundsätzlich die noch erforderlichen Betreuungsleistungen die Ausübung einer Vollzeittätigkeit zulassen können, genügt dies vorliegend nicht für eine ausreichend sichere Prognose dahingehend, dass die Entwicklung der gemeinsamen Tochter der Parteien eine stufenweise Anhebung der Arbeitstätigkeit bis hin zur Vollzeittätigkeit zulässt. Daher kann auch nicht bereits jetzt eine Reduzierung des Unterhaltsanspruchs für die Zukunft erfolgen. ..." (OLG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 16.10.2008 - 7 UF 119/08, NJW 2009, 600 ff)

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„... 6. Der Unterhaltsanspruch der Bekl. dürfte nach dem bisherigen Vortrag der Parteien außerdem zeitlich zu begrenzen sein. Während eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit (§ 1572 BGB) nach altem Recht nicht möglich war (s. Palandt/Brudermüller, BGB, 65. Aufl., § 1572 Rdnr. 15), kommt nach der seit dem 1. 1. 2008 geltenden Fassung des § 1578b BGB, der für sämtliche Unterhaltstatbestände gilt, eine zeitliche Begrenzung in Betracht. Danach ist ein Unterhaltsanspruch zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Anspruch unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit dem bedürftigen Ehegatte durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Ehebedingte berufliche Nachteile sind der Bekl. offensichtlich nicht entstanden. Denn nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Kl. ist die Bekl. wegen ihrer gesundheitlichen Einschränkungen bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen.

Da der Unterhaltsanspruch aber auf Grund der in § 1578b BGB getroffenen Regelung nicht auf einen reinen Nachteilsausgleich beschränkt ist, ist über den Ausgleich ehebedingter Nachteile hinaus im Rahmen der Billigkeitsabwägung auch die aus der nachehelichen Solidarität erwachsende fortwirkende Verantwortung für den Ehegatten zu berücksichtigen (vgl. BT-Dr 16/1830, S. 18f.). Insoweit wird der Ehedauer als Abwägungskriterium für das Ausmaß der ehelichen Solidarität ein besonderes Gewicht beigemessen, wenn - wie hier - der Unterhaltsberechtigte wegen Krankheit keine wirtschaftliche Selbstständigkeit mehr erreichen kann (Palandt/Brudermüller, BGB, Nachtrag zur 67. Aufl., § 1578b Rdnr. 9; Grandel, in: Münchener Anwaltshdb. FamilienR, 2. Aufl., § 9 Rdnr. 275). Die Dauer der Ehe bemisst sich nach § 1578b I 3 BGB von der Eheschließung bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags. Da die Parteien im Juni 1996 geheiratet hatten und der Scheidungsantrag im März 2005 zugestellt worden war, dauerte ihre Ehe knapp acht Jahre und neun Monate. Im Hinblick darauf, dass die Ehe zwar nicht kurz, aber auch nicht von langer Dauer war, erscheint es auch unter Berücksichtigung von § 36 Nr. 1 EGZPO gerechtfertigt, den Unterhaltsanspruch zeitlich zu befristen, zumal die Bekl. bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung gesundheitlich beeinträchtigt war. Obgleich der Kl. seit (spätestens) Juli 2003 der Bekl. Unterhalt zahlt, ist er - seine Leistungsfähigkeit vorausgesetzt - jedenfalls noch bis zum 31. 10. 2009 zu Unterhaltsleistungen verpflichtet. Denn der Bekl. ist eine Übergangszeit zuzubilligen, die es ihr ermöglicht, sich auf die sich verändernde wirtschaftliche Situation einzustellen. Ob die Umstände eine längere Übergangsfrist rechtfertigen, bleibt der Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten. ..." (OLG Bremen, Beschluss vom 08.10.2008 - 4 WF 74/08 zu BGB §§ 1572 Nr. 2, 1578b, 1609 Nrn. 2, 3, NJW 2009, 449 ff)

***

Liegen keine ehebedingten Nachteile vor, kann bei einer Ehedauer von mehr als fünf Jahren der nacheheliche Unterhalt bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres des gemeinsamen Kindes befristet werden (OLG Brandenburg, Urteil vom 07.10.2008 - 10 UF 3/08, NJW 2008, 3722 f zu BGB §§ 1573 II, 1578b I 1):

„... Die Kl. kann ab Mai 2006 nachehelichen Unterhalt beanspruchen. Der Unterhaltsanspruch ist allerdings auf die Zeit bis einschließlich August 2010 zu befristen. ...

6. Für die Zeit bis einschließlich Dezember 2007 ist der Bekl. unter Berücksichtigung seines bereinigten Einkommens vor Abzug des Kindesunterhalts und des Erwerbstätigenbonus angesichts eines billigen Selbstbehalts von 915 Euro (Nr. 21.4 der Unterhaltsleitlinien des OLG Brandenburg, Stand: 1. 7. 2005 und 1. 7. 2007) durchgängig in der Lage, sowohl den Unterhaltsbedarf der Kl. zu befriedigen als auch Kindesunterhalt in der geleisteten Höhe zu zahlen. Gleiches gilt im Ergebnis bis 9. 3. 2008. Für die Zeit ab 10. 3. 2008 hingegen ist der Bekl. bei einem billigen Selbstbehalt von 1000 Euro (Nr. 21.4 der Unterhaltsleitlinien des OLG Brandenburg, Stand: 1. 1. 2008) mit Rücksicht auf den nun gem. § 1609 Nr. 1 BGB n.F. vorrangigen Kindesunterhalt nur eingeschränkt leistungsfähig. Für den Ehegattenunterhalt verbleiben lediglich folgende Beträge:

- 478 Euro (= 1709 Euro bereinigtes Einkommen - 231 Euro Kindesunterhalt - 1000 Euro Selbstbehalt) in der Zeit vom 10. 3. 2008 bis Dezember 2008,
- 401 Euro (= 1632 Euro bereinigtes Einkommen - 231 Euro Kindesunterhalt - 1000 Euro Selbstbehalt) in den Monaten Januar bis März 2009,
- 75 Euro (= 1306 Euro bereinigtes Einkommen - 231 Euro Kindesunterhalt - 1000 Euro Selbstbehalt) ab April 2009.

Für März 2008 errechnet sich so ein Unterhaltsanspruch von insgesamt 426 Euro (= 300 Euro × 9 Tage : 31 Tage + 478 Euro × 22 Tage : 31 Tage).

7. Der Unterhalt ist gem. § 1578b BGB n.F. auf die Zeit bis einschließlich August 2010 zu befristen.

Gemäß § 1578b I 1 BGB n.F. ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Unter denselben Voraussetzungen ist gem. § 1578b II 1 BGB n.F. der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen. Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden, § 1578b III BGB n.F. Bei der Frage, ob eine dieser beiden Rechtsfolgen oder beide miteinander verbunden in Betracht kommen, ist gem. § 1578b I 2 BGB n.F. insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben, § 1578b I 3 BGB n.F.

Ehebedingte Nachteile lassen sich auf Seiten der Kl. nicht feststellen. Nach der im Berufungsverfahren vorgelegten Aufstellung über ihren beruflichen Werdegang war sie von 1992 bis zur Schwangerschaft im Jahr 2000 durchgängig als Verkäuferin tätig. Nach einer Pause von zwei Jahren hat sie diese Tätigkeit bis zu einer Erkrankung ab 19. 8. 2003 wieder aufgenommen. Danach bezog sie Krankengeld und war ab März 2004 arbeitslos. Dass die Kl. nicht, wie schon vor der Eheschließung, erneut eine Tätigkeit als Verkäuferin aufgenommen hat, ist allein auf ihre Erkrankung, nicht aber auf ein zeitweiliges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben während der Ehe zurückzuführen.

Da die Ehe bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags immerhin mehr als fünf Jahre angedauert hat, erscheint es angemessen, den Unterhaltsanspruch der Kl. bis August 2010 zu befristen. In diesem Monat vollendet die gemeinsame Tochter der Parteien das 10. Lebensjahr, so dass der Betreuungsaufwand insoweit nicht mehr so groß ist. Auch hat die Kl., die nach eigenen Angaben im November 2008 ihre Abschlussprüfung nachholen will, ausreichend Zeit, sich nach Beendigung der Umschulung beruflich neu zu orientieren.

Eine zusätzliche Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf ist nicht angezeigt. Sie käme, da die Kl. seit Februar 2008, vom Wohnvorteil abgesehen, über eigene Einkünfte im unterhaltsrechtlichen Sinn nicht verfügt, ohnehin nur für die Zeit davor in Betracht. Zu jener Zeit war die Scheidung der Parteien noch nicht einmal drei Jahre rechtskräftig, so dass es nicht angemessen wäre, schon von dem Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen nach unten abzuweichen.

8. Soweit danach bis einschließlich August 2010 ein Unterhaltsanspruch besteht, ist dieser nicht, wie vom Bekl. geltend gemacht, nach § 1579 Nr. 2 BGB n.F. verwirkt.

Voraussetzung für eine verfestigte Lebensgemeinschaft i.S. von § 1579 Nr. 2 BGB n.F. ist ein auf Dauer angelegtes Verhältnis, wobei die Mindestdauer zwei bis drei Jahre betragen muss (BGH, NJW 2004, 1326 = FamRZ 2004, 614; Wendl/Gerhardt, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rdnr. 662). Nach den Angaben der Kl. bei ihrer Anhörung im Senatstermin vom 29. 7. 2008, denen der Bekl. nicht entgegengetreten ist, ist der Zeuge M Anfang des Jahres 2005 bei ihr eingezogen. Schon im Jahr 2006 ist die Verlobung zwischen ihnen wieder gelöst worden und der Zeuge M hat wegen des weiteren Mitwohnens in ihrem Eigenheim Miete gezahlt. Im Januar 2007 ist er dann endgültig ausgezogen. Angesichts dessen lässt sich schon eine Mindestdauer von zwei bis drei Jahren nicht feststellen. Von einer verfestigten Lebensgemeinschaft kann daher nicht ausgegangen werden. Deshalb kann dahinstehen, ob, wenn man von einer verfestigen Lebensgemeinschaft ausginge, nun, nach Beendigung der Beziehung, der Unterhaltsanspruch nicht wieder auflebt (vgl. hierzu BGH, NJW 2008, 3125 = FamRZ 2008, 1739 [1743] Rdnr. 46f.; Wendl/Gerhardt, § 4 Rdnrn. 764f.). ..."

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Bei der Beurteilung, ob Aufstockungsunterhalt nach Maßgabe der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB a. F. zu befristen und/oder zu beschränken ist, ist nach der neueren Rechtsprechung des BGH nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer und die Zeit der Kindererziehung abzustellen, sondern darauf, ob sich die nacheheliche Einkommensdifferenz, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründen könnte, als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen kann. Je weiter die persönliche und wirtschaftliche Verflechtung zwischen den Ehegatten aufgehoben und je mehr eine Abhängigkeit vom Unterhaltspflichtigen entfallen ist, desto weniger lässt sich eine fortwirkende Verpflichtung zur nachehelichen unterhaltsbezogenen Solidarität begründen (vgl. BGH FamRZ 2006, 1006; 2007, 200, 203; 2008, 134, 135; 1325, 1328; 1508, 1509). Soweit die nacheheliche Einkommensdifferenz nicht auf ehebedingten Nachteilen beruht, sondern darauf zurückzuführen ist, dass beide Ehegatten schon vorehelich infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten, kann es dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nach einer Übergangszeit zuzumuten sein, auf seinen Lebensbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich stattdessen mit einem Lebensstandard zu begnügen, den er auch ohne die Ehe erreicht hätte. Bei der gebotenen Billigkeitsprüfung sind alle in Betracht kommenden Gesichtspunkte zu würdigen. Hierzu gehören nicht nur die Verhältnisse des Unterhalt begehrenden Ehegatten, sondern es sind auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des in Anspruch Genommenen zu würdigen, insbesondere in welchem Verhältnis der begehrte Unterhalt zu seinen verbleibenden Mitteln unter Berücksichtigung seiner weiteren Unterhaltspflichten steht (OLG Frankfurt - Urteil vom 01.10.2008 - 5 UF 270/06).

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„... 4. Das Amtsgericht hat den Unterhaltsanspruch bereits unter Zugrundelegung von § 1573 Abs. 5 BGB a. F. auf die Dauer von vier Jahren ab Rechtskraft der Scheidung befristet. Hierbei hat es zu bleiben, da der diesbezügliche Ausspruch des Amtsgerichts von der Antragstellerin nicht etwa mit der (Anschluss-)Berufung angegriffen worden ist. Die Voraussetzungen dafür, darüber hinaus, wie vom Antragsgegner mit der Berufung geltend gemacht, auf der Grundlage der am 1.1.2008 und damit nach Erlass der angefochtenen Entscheidung in Kraft getretenen Vorschrift des § 1578 b Abs. 1 BGB den Unterhaltsanspruch für den schon begrenzten Zeitraum von vier Jahren auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, sind nicht gegeben.

Allerdings können Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 3 BGB miteinander verbunden werden. Auch muss mit Rücksicht darauf, dass die Ehe der Parteien kinderlos geblieben ist und die Antragstellerin über eine Berufsausbildung vor Eheschließung nicht verfügt hat, angenommen werden, dass sie ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB nicht erlitten hat. Soweit es um eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Bedarf geht, ist dem Berechtigten aber regelmäßig eine Übergangsfrist einzuräumen, die es ihm ermöglichen soll, sich wirtschaftlich und persönlich auf die vom Gericht festzusetzende zeitlich Grenze einzustellen (Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4, Rz. 586). Dies gilt gerade auch in Bezug auf die Antragstellerin. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigten, dass die Ehe der Parteien im Zeitpunkt der Trennung schon 14 Jahre angedauert hat und seit der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrags ca. 18 Jahre und bis zur Rechtskraft der Scheidung fast 20 Jahre vergangen sind. Hinzukommt, dass die Antragstellerin schon seit langem arbeitslos ist. Insbesondere auch die beiden letzten Jahre vor der Trennung der Parteien war sie arbeitsuchend. Angesichts dessen ist ihr eine Übergangszeit von vier Jahren zuzubilligen, in der sie unter Wahrung der ehelichen Lebensverhältnisse die Möglichkeit hat, sich auf die geänderten Umstände einzustellen. Nach Ablauf der vier Jahre fällt der Unterhaltsanspruch ohnehin vollständig weg. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 23.09.2008 - 10 UF 15/08)

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Die durch die Kinderbetreuung bedingte Einschränkung der Erwerbstätigkeit und die damit verbundene Einschränkung im Aufbau einer eigenen Altersversorgung stellt einen ehebedingten Nachteil i.S.v. § 1587b BGB dar, soweit die Kinderbetreuung über das Ende der Ehezeit i.S.v. § 1587 Abs. 2 BGB fortdauerte und somit der Versorgungsnachteil nicht bereits durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen ist. Bei der Frage der Befristung nach § 1578b BGB ist auch auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien abzustellen. Ist der Unterhaltsanspruch ohnehin schon beschränkt und beläuft er sich nur in einer Höhe, die den Unterhaltspflichtigen bei seinem Einkommen in seiner Lebensführung kaum einschränkt (hier: monatliches Einkommen von 9.000 €, monatliche Unterhaltslast von 305 €), hat eine Befristung jedenfalls dann nicht zu erfolgen, wenn die Unterhaltsbedürftige sich in einer völlig ungesicherten finanziellen Situation befindet (OLG Frankfurt, Urteil vom 11.09.2008 - 1 UF 196/05).

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„... Die nach §§ 621 a, 511, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung des Klägers hat, soweit er eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten aufgrund der ab 01.01.2008 geltenden Rechtslage erstreiten will, ab 01.04.2018 Erfolg. Für die Vergangenheit in der Zeit vom 01.03.2003 bis 31.12.2007 ist der Prozessvergleich vom 16.07.1996 lediglich an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten und deren Auswirkungen auf den ausgehandelten Unterhaltsbedarf anzupassen mit der Folge, dass sich die Zahlungspflichten des Klägers zwar im tenorierten Umfang verringern, es aber andererseits bei den verabredeten Bemessungsgrundlagen bleibt. Für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.03.2018 ist der vereinbarte Unterhalt nach der Neuregelung in § 1578 b BGB unter Beachtung des Vertrauensschutzes der Beklagten nach § 36 Nr. 1 EGZPO zur Vermeidung grober Unbilligkeiten auf ein angemessenes Maß abzusenken, so dass der Kläger vom 01.01.2008 bis 31.03.2010 laufend noch 1.000,00 EUR schuldet (davon 200,00 EUR Altersvorsorgeunterhalt) und danach lediglich 500,00 EUR. Ab 01.04.2018 gerät der Anspruch vollständig in Wegfall.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil ihr im Hinblick auf die versäumte Frist zur Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 2 ZPO, die am 11.02.2008 endete, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (§ 233 ZPO) zu gewähren ist. Denn sie hat glaubhaft gemacht, dass sie kein eigenes oder ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten trifft. Nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs darf sich der Rechtsanwalt im Rahmen der gebotenen Fristenkontrolle grundsätzlich auf die Prüfung des Erledigungsvermerks in der Handakte beschränken, was hier geschehen ist (Beschluss des BGH vom 22.01.2008, AZ VI ZB 46/07; BGH, NJW 2007, 2332). Auch war die allgemein erteilte Weisung an die Kanzleiangestellten ausreichend, nach der sämtliche Haupt- und Vorfristen im Fristenkalender sofort zu notieren und diese Eintragungen entsprechend in der Akte zu vermerken und bei Rechtsmittelsachen neben der Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfrist auch jeweils eine Vorfrist von einer Woche einzutragen waren (vgl. dazu Beschluss des BGH vom 22.01.2008, AZ VI ZB 46/07; BGH, NJW 2007, 2332). Ein Organisationsverschulden scheidet somit gleichfalls aus.

Das Rechtsmittel der Beklagten ist für den Zeitraum vom 01.04.2004 bis 31.12.2007 teilweise begründet. Im Übrigen hat die Berufung in der Sache keinen Erfolg.

I. Die Abänderungsklage des Klägers ist nach § 323 Abs. 1 ZPO zulässig. Bei einem gerichtlichen Vergleich erfolgt die in § 323 Abs. 4 i.V. mit § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorgesehene Anpassung an veränderte Umstände wie bei sonstigen privatrechtlichen Rechtsgeschäften allein nach den Regeln des materiellen Rechts. Maßgeblich sind die früher aus § 242 BGB abgeleiteten Grundsätze über die Veränderung oder den Fortfall der Geschäftsgrundlage, die nunmehr in § 313 BGB ausdrücklich normiert worden sind. Haben sich danach die Umstände, die zur Grundlage einer Absprache erhoben worden sind, nach Abschluss des Vergleichs schwerwiegend geändert, so kann eine Anpassung unter Wahrung des Parteiwillens verlangt werden ( BGH , FamRZ 2001, 1140; BGH , FamRZ 1992, 539), soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB).

Diese Voraussetzungen hat der Kläger vorliegend dargetan, weil er sich zum Einen auf eine Verminderung seiner Einkünfte beruft mit der Folge einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit und andererseits einen (teilweisen) Wegfall der Bedürftigkeit der Beklagten aufgrund gestiegener Einkünfte geltend macht. Beide Gesichtspunkte sind geeignet, eine Herabsetzung der Unterhaltslast zu rechtfertigen, die im Prozessvergleich vom 16.07.1996 (OLG Stuttgart, 18 UF 52/96) einvernehmlich festgelegt worden ist. Weiter besteht nach der Gesetzesänderung zum 01.01.2008 nunmehr die Möglichkeit, den Unterhaltsanspruch der Beklagten nach § 1578 b BGB zu befristen. Auch diese Einwendung hat der Kläger erhoben.

II. Bei der gebotenen Anpassung des Unterhaltsvergleichs vom 16.07.1996 ist zunächst nur die Entwicklung der Einkommens- und Vermögenssituation der Beklagten im maßgebenden Zeitraum (ab 01.03.2003) zu betrachten, weil die Parteien den sich aus den ehelichen Lebensverhältnissen ergebenden Elementarunterhaltsbedarf (§ 1578 Abs. 1 BGB) bei Abschluss des ersten Vergleichs am 11.07.1986 vor dem Familiengericht Balingen (4 F 24/86) abweichend von der üblichen Praxis nicht nach dem Halbteilungsgrundsatz, sondern durch eine Schätzung dessen gewonnen haben, was die Beklagte nach der Scheidung zur Aufrechterhaltung des in der Ehe erreichten, gehobenen Lebensstandards benötigte. Diese Methode wurde auch im nachfolgenden, per Vergleich am 16.07.1996 beendeten Verfahren beibehalten und ist auch jetzt noch zu beachten (BGH, FamRZ 1990, 280). Da sich der Unterhaltsbedarf der Beklagten aber seither nicht verringert, sondern aufgrund von allgemeinen Preissteigerungen sogar noch erhöht hat, wirkt sich die Einkommensverbesserung auf Seiten der Beklagten nur bedingt auf ihren Unterhaltsanspruch aus.

Sodann ist in einem weiteren Prüfungsschritt die Frage zu stellen, ob mit dem Wegfall der bisherigen Erwerbseinkünfte des Klägers und deren Ersetzung durch Versorgungsbezüge und sonstige Einkünfte die Grundlage für die bisherige Bedarfsbemessung entfallen ist. Denn ein Unterhaltsanspruch wird allein durch seine Bestimmung anhand eines im Zeitpunkt der Scheidung konkret dargelegten Bedarfs nicht dauerhaft festgeschrieben, sondern kann für den Fall eines Einkommensrückgangs abgesenkt werden. Eine Bindung an die vorangegangene Bedarfsermittlung besteht insoweit nicht (BGH, FamRZ 2003, 848).

Indessen ergeben sich aus den letzteren Überlegungen keine Einschränkungen, weil der Kläger den Unterhaltsbedarf der Beklagten, der bei einer Anpassung der ausgehandelten Bemessungsgrundlagen im streitigen Zeitraum verbleibt, erfüllen kann, ohne dass der Halbteilungsgrundsatz und die Grenze des Angemessenen verlassen würden.

1. Nach den Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof für die Unterhaltsbemessung im Abänderungsverfahren entwickelt hat (BGH, FamRZ 1983, 569), ermöglicht diese keine freie, von der bisher festgesetzten Höhe unabhängige Neubemessung des Unterhalts und keine abweichende Beurteilung der zugrundeliegenden Verhältnisse. Vielmehr kann die Abänderungsentscheidung nur in einer unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Angleichung bestehen, wobei allein auf den Parteiwillen als dem Geltungsgrund der Vereinbarung abzustellen ist (BGH, FamRZ 1985, 362). Denn nur daran lässt sich ablesen, welche Verhältnisse zur Grundlage des Vergleichs erhoben und wie diese von den Parteien bewertet worden sind. Ist nach alledem eine Änderung eingetreten, so muss die gebotene Anpassung nach Möglichkeit unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm entsprechenden Grundlagen erfolgen (BGH, FamRZ 2001, 1140).

a. Vorliegend ergibt sich aus den Schriftsätzen im Verfahren 4 F 24/86 (AG Balingen), dass die Parteien die Höhe des Unterhalts ursprünglich nicht nach dem Halbteilungsgrundsatz bemessen haben, sondern anhand eines konkreten Bedarfs der Beklagten, der allerdings nicht aufgrund einzelner aufgelisteter Positionen errechnet, sondern grob geschätzt worden ist. Danach sollte die Beibehaltung des in der Ehe erreichten Lebensstandards der Beklagten monatlich 5.000,00 DM zuzüglich 900,00 DM als Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit erfordern. Diese Beträge sollten den an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierten Lebensbedarf der Beklagten im Zeitpunkt der Scheidung darstellen und das Maß des nachehelichen Unterhalts gemäß § 1578 Abs. 1 BGB bestimmen. Sie bleiben deshalb als rechnerische, auf einen vergangenen Zeitpunkt bezogene Bemessungsgrundlage von nachträglichen Änderungen der Verhältnisse zunächst unberührt (BGH, FamRZ 1985, 582).

So hatte der Kläger im Jahr 1985 als Apotheker einen Reingewinn (vor Steuern) in Höhe von rund 400.000,00 DM erzielt, wobei in den Jahren 1982 bis 1984, die aufgrund der gebotenen Durchschnittsbetrachtung des wirtschaftlichen Erfolgs eines Selbständigen maßgebend sind (vgl. BGH, FamRZ 2004, 1177), ähnliche Größenordnungen zu verzeichnen waren. Hinzu kamen die Wohnwerte von drei Immobilien, nämlich der Wohnwert einer vom Kläger selbst genutzten Villa in Meßstetten-Tieringen, einer an die Beklagte per Vergleich vom 11.07.1986 für 900,00 DM monatlich vermieteten Villa in Balingen und einer Ferienwohnung in Uhldingen-Mühlhofen am Bodensee, was eine Zurechnung weiterer Jahreseinkünfte von mindestens 25.000,00 DM gerechtfertigt haben dürfte. Weiter hatte der Kläger negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (und Schiffsbeteiligungen) in Höhe von 57.000,00 DM, die in erster Linie auf Abschreibungen beruhten (im Jahr 1984 entfielen allein auf das vom Kläger bewohnte Gebäude in Meßstetten-Tieringen Abschreibungen nach § 7 b EStG in Höhe von 120.643,00 DM, Bl. 59 der Beiakte 4 F 24/86). Die Versicherungsbeiträge beliefen sich im Jahr 1985 auf 78.000,00 DM, die Steuerlast auf 167.000,00 DM, so dass noch ein Jahresnettoeinkommen von 155.000,00 DM verblieb. Zuzüglich der Wohnwerte (25.000,00 DM) hätten - grob geschätzt - rund 180.000,00 DM in die Unterhaltsberechnung eingestellt werden müssen.

Indessen hatten sich die Parteien im gerichtlichen Vergleich vom 11.07.1986 darauf geeinigt, „dass aufgrund der beiderseitigen Einkommen in den Jahren 1982 bis 1984 für den angemessenen Unterhalt der Parteien ein Betrag von 120.000,00 DM zur Verfügung gestanden hat" und dass der gegenwärtige Elementarunterhaltsbedarf der Beklagten „auf 5.000,00 DM" bemessen wird. Da sich die Parteien auf einen laufenden Unterhalt von 3.900,00 DM verständigt haben und hiervon rechnerisch 900,00 DM für den Altersvorsorgeunterhalt aufzubringen waren, müssen die Mieteinnahmen der Beklagten auf 2.000,00 DM monatlich geschätzt und bedarfsdeckend in Abzug gebracht worden sein. Aus dieser Handhabung kann wiederum geschlossen werden, dass von den Einkünften, die hinsichtlich eines Teilbetrages von 120.000,00 DM als eheprägend vereinbart worden sind, 24.000,00 DM auf die Beklagte entfielen und 96.000,00 DM auf den Kläger. Demnach haben die Parteien bei ihrer Betrachtung nahezu die Hälfte der tatsächlichen Einkünfte des Klägers (180.000,00 DM) ausgeklammert.

b. Diese Absprache ist für das vorliegende Verfahren nach wie vor bindend, weil sie auch im Vergleich vom 16.07.1996 (OLG Stuttgart, 18 UF 52/96) keine grundlegende Veränderung erfahren hat. Die Parteien haben in Ziffer 3 des Vergleichs nämlich nur geregelt, dass es weiterhin bei dem am 11.07.1986 „vereinbarten Geschiedenenunterhalt von 3.900,00 DM bleibt" . Jedenfalls hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger keinen Vortrag gehalten, der die Annahme rechtfertigen würde, die Parteien seien im Jahr 1996 von ihrer ursprünglichen Bedarfsbemessung abgewichen und hätten den eheangemessenen Unterhalt nunmehr nach der Halbteilung bestimmt. Auch die Begleitumstände lassen einen entsprechenden Rückschluss nicht zu.

Zunächst kann aus der Gesamtschau des Vergleichsinhalts insoweit eine sichere Erkenntnis gewonnen werden, als sich der Unterhaltsanspruch der Beklagten im Hinblick auf ihre - in Ziffer 1 übernommenen - Verpflichtung, die Internatskosten für den gemeinsamen Sohn A. nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB hälftig mitzutragen, nicht in gleicher Weise erhöhen sollte. Denn die anteiligen Aufwendungen summierten sich nach den Angaben des Klägers nahezu auf 2.000,00 DM und konnten von der Beklagten nicht vollständig durch zusätzliche Einkünfte aufgefangen werden. Das Nettoeinkommen der Beklagten belief sich auf 1.100,00 DM, die Mieteinnahmen waren im Wesentlichen unverändert. Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass die Parteien dem Grundsatz Rechnung tragen wollten, dass der Ehegattenunterhalt nur den eigenen Bedarf, nicht aber denjenigen eines Kindes umfasst, auch wenn es volljährig ist und eine anteilige Haftung in Rede steht (BGH, FamRZ 2005, 1817). Dieselben Überlegungen haben in gleicher Weise für die Unterhaltslasten der Beklagten gegenüber ihrer Mutter zu gelten.

Zusätzlich widerspräche es dem erkennbaren Willen und dem Interesse der Parteien, Ziffer 3 des Prozessvergleichs vom 16.07.1996 lediglich eine deklaratorische Bedeutung beizumessen der Gestalt, dass sich deren Wirkung in einer bloßen Bestätigung der Vereinbarung vom 11.07.1986 erschöpft habe. Denn es bestand bereits deshalb ein praktisches Regelungsbedürfnis, weil sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten seither insoweit verändert hatten, als sie nunmehr über ein Nettoeinkommen in Höhe von rund 1.100,00 DM verfügte, während ihre Bruttomieteinnahmen annähernd gleich geblieben waren (ca. 3.000,00 DM). Somit lag es nahe, die Unterhaltslast des Klägers an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

Indessen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien ihre konkrete Bedarfsbemessung im Vergleich vom 11.07.1986 aufgegeben und den Unterhalt nunmehr nach den eheprägenden Einkünften bemessen hätten (§§ 133, 157 BGB). Im Gegenteil spricht bereits der Wortlaut des Vergleichs gegen eine solche Handhabung, weil keine Berechnungsgrundlagen genannt sind.

Auch aus der Tatsache, dass im Urteil des Familiengerichts Balingen vom 19.12.1995 (3 F 331/94), das dem Vergleich vor dem Oberlandesgericht am 16.07.1996 vorausgegangen ist und bereits rechtskräftig geworden war, die Einkünfte der Parteien festgestellt und die Einwendungen des Klägers gegen den Vergleich vom 11.07.1986 zurückgewiesen worden sind, ergibt sich nichts anderes. Denn der Kläger hatte lediglich eine Klage nach § 767 ZPO mit der Behauptung eines teilweisen Unterhaltsverzichts, hilfsweise einer Aufrechnungsvereinbarung erhoben und damit allenfalls die Vollstreckbarkeit des Vergleichs zu Fall bringen wollen, nicht aber dessen Bestand (vgl. BGH, FamRZ 2005, 1479). Dies hat zur Folge, dass die formelle Rechtskraft des familiengerichtlichen Urteils, die dadurch eingetreten ist, dass der Kläger mit Schriftsatz vom 25.04.1996 seine Berufung auf seine bisherigen Hilfsanträge beschränkt und lediglich eine hälftige Freistellung von seinen Unterhaltspflichten gegenüber A. weiterverfolgt hat, die Ausgestaltung des ursprünglichen Unterhaltsrechtsverhältnisses von vorneherein unberührt gelassen hat.

c. Wird Ziffer 3 des Vergleichs vom 16.07.1996 aufgrund der vorstehenden Erwägungen dahingehend verstanden, dass die Parteien ihre konkrete Bedarfsbemessung grundsätzlich beibehalten wollten, muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich der ursprünglich ausgehandelte Elementarbedarf der Beklagten - wegen der gleichbleibenden Unterhaltsverpflichtung des Klägers - seit Abschluss des Vergleichs am 11.07.1986 von 5.000,00 DM um die zwischenzeitlich erzielten Erwerbseinkünfte der Beklagten in Höhe von 1.100,00 DM auf 6.1000,00 DM erhöht hatte, was umgerechnet einem Betrag von 3.118,88 EUR entsprach. Nur eine solchermaßen berechnete Anpassung erweist sich letztendlich als sachgerecht, weil auf der anderen Seite auch die gestiegenen Lebenshaltungskosten zu beachten waren. Wird der ursprüngliche Unterhaltsbedarf von 5.000,00 DM ab 1986 mit Hilfe des allgemeinen Verbraucherindexes hochgerechnet, hätte sich dieser im Jahr 1996 auf 3.239,00 EUR summiert (2.556,46 EUR * 95,3/75,2 = 3.239,00 EUR). Dabei zeigt eine Gegenüberstellung mit dem im Wege der Auslegung ermittelten Bedarf von 3.118,88 EUR, dass sich die Größenordnungen bis auf 120,12 EUR gleichen, wobei die verbleibende Differenz einem gegenseitigen Nachgeben geschuldet sein dürfte, das einem Vergleichsabschluss regelmäßig vorausgeht.

2. Ferner ist der Kläger in der Lage, den auf der Grundlage eines konkreten Bedarfs von 3.118,88 EUR errechneten Unterhalt zu erfüllen, ohne seinen - bei einer hälftiger Teilhabe - verbleibenden eheangemessenen Selbstbehalt zu gefährden (§§ 1578 Abs. 1 S. 1, 1581 BGB).

a. Der Kläger war bis 28.02.2003 selbständiger Apotheker. Zu Recht hat ihm das Familiengericht zugestanden, die Apotheke mit Erreichen des 63. Lebensjahres zu veräußern, nachdem der Kläger zu diesem Zeitpunkt ausreichend für das Alter vorgesorgt hatte. Er verfügt neben einem umfangreichen Immobilienvermögen auch über erhebliche Barmittel und Renteneinkünfte, die es ihm ermöglichen, seinen bisherigen Lebensstandard auch unter Berücksichtigung seiner Unterhaltslasten gegenüber der Beklagten und seiner zweiten Ehefrau beizubehalten.

b. Durch den Verkauf der Apotheke waren die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien nicht mehr von den früheren Gewinnen des Klägers, sondern von den Renten geprägt, die als Surrogat an die Stelle des früheren Erwerbseinkommens getreten sind (BGH, FamRZ 2005, 1479). Gleiches gilt für den Veräußerungsgewinn und die beiden Lebensversicherungen des Klägers mit einem Nominalwert von zusammen 413.000,00 EUR, die ebenfalls der Kompensation verminderter Einkünfte im Rentenalter zu dienen bestimmt sind. Jedenfalls kann dies unterstellt werden, weil der Kläger die Behauptung der Beklagten nicht widerlegt hat, der Kläger habe bereits in den 70 er Jahren, also während intakter Ehe begonnen, sich umfassend - durch private Verträge und Anwartschaften in der berufsständischen Versorgung - für sein Alter abzusichern. Hinzu kommt, dass die Parteien Gütertrennung vereinbart haben und es deshalb nicht unbillig erscheint, die privaten Lebensversicherungen in die Einkommensberechnung einzustellen.

Im Einzelnen kann dahinstehen, ob der Kläger gehalten ist, nicht nur den Zinsertrag (von rund 14.000,00 EUR jährlich bei 3,4 % allein aus den Lebensversicherungen), sondern auch die vorhandenen Barmittel für Unterhaltszwecke einzusetzen (so OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 621), wobei anzumerken ist, dass es an der Vergleichbarkeit mit sonstigen privaten Rentenzahlungen (etwa Leibrenten, Altenteile) fehlen dürfte, die in der Rechtssprechung auch dann als Einkommen betrachtet werden, wenn sie auf einer vorausgegangenen Vermögensübertragung beruhen (BGH, FamRZ 1994, 228 zur Leibrente). Denn vorliegend sind der Veräußerungsgewinn und das Kapital aus den Lebensversicherungen nach wie vor vorhanden und können uneingeschränkt genutzt werden. Während der Schutzgedanke des § 1581 S. 2 BGB bei einer Veräußerung von Vermögen gegen Zahlung einer Leibrente, Gewährung eines Altenteils oder einer sonstigen privaten Rente u.a. deshalb nicht zum Tragen kommt, weil einem solchen Rechtsgeschäft typischerweise die Absicht zu Grunde liegt, Vermögen, das bisher in Form von Immobilien, Beteiligungen oder ähnlichem gebunden war, einem vollständigen Verbrauch zum Zwecke der Deckung des Lebensbedarfs zuzuführen, ist dies bei Geldmitteln, die - wie hier - laufend Erträge in Form von Zinsen abwerfen, gerade nicht der Fall.

Soweit dem Kläger auf der einen Seite zugestanden wird, sich frühzeitig aus dem Erwerbsleben zurückzuziehen, ist auf der anderen Seite eine Rücksichtnahme auf die Unterhaltsbelange der Beklagten zu fordern. Deshalb war der Kläger gehalten, nicht nur das Auszahlungsguthaben seiner Lebensversicherungen so gewinnbringend wie möglich anzulegen (was mit Zinsen von 3,4 % tatsächlich gelungen ist), sondern auch den Veräußerungsgewinn für die Apotheke. Aufgrund dieser Überlegung kann im Rahmen von § 1581 BGB nicht auf die tatsächliche Rendite in Höhe von 1,75 % jährlich abgestellt werden, die bei kurzfristigen Geldanlagen üblich ist, sondern es bedarf einer wertenden Korrektur. Da der Kläger in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt und auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die eine ständige Verfügbarkeit des Kapitals erfordern würden, sind ihm solche Zinseinnahmen fiktiv zuzurechnen, die ohne besonderes Verhandlungsgeschick bei mündelsicheren Geldanlagen mit längerer Vertragsbindung (etwa für 5 Jahre) regelmäßig erzielt werden, mindestens also 3 % jährlich, was einem zusätzlichen Jahreseinkommen von 19.830,00 EUR entspricht. Soweit der Kläger auf sein Alter verweist, hat er - da gesundheitliche Beeinträchtigungen ersichtlich nicht bestehen - mit seinen 68 Jahren nach statistischen Maßstäben noch ein langes Leben vor sich, kann also vorausschauend planen. Schließlich gebietet auch die Spekulation des Klägers auf künftige Zinserhöhungen keine abweichende Handhabung, da die hiermit verbundenen Chancen und Risiken in seiner eigenen Sphäre liegen und nur eine fiktive Durchschnittsbetrachtung zu einem ausgewogenen Verteilungsergebnis führt; denn dadurch ist gewährleistet, dass die Beklagte weder an den schlechten Ergebnissen noch an den erhofften künftigen Gewinnsteigerungen partizipiert.

Von den Zinseinnahmen, die sich auf insgesamt 33.830,00 EUR (19.830,00 EUR + 14.000,00 EUR) summieren sind unter Zugrundelegung der Steuerklasse 1 vom Monatsbetrag von 2.819,16 EUR bei Beachtung des Grenzsatzes von 25 % und der Ertragsanteile der Renten von 15.370 EUR (Bl. 304) 1.114,65 EUR in Abzug zu bringen, nämlich 982,08 EUR für die Einkommenssteuer, 54,01 EUR für den Solidaritätszuschlag und 78,56 EUR für die Kirchensteuer, so dass ein verfügbares Einkommen von 1.704,51 EUR verbleibt.

c. Hinzu kommen Rentenzahlungen der Apothekenversicherung in Höhe von 1.962,79 EUR (Bl. 70), eine BfA- Rente in Höhe von 491,64 EUR bzw. 487,77 EUR (Bl. 71 und 88) und eine private Rente der V. Versicherung von 405,60 EUR (Bl. 87), ferner der Wert für das mietfreie Wohnen XY. in Meßstetten, der vom Familiengericht zutreffend auf der Grundlage der Schätzung des Sachverständigen ... vom 26.02.2007 (Bl. 187 ff.) in Höhe von 818,00 EUR in die Berechnung eingestellt worden ist. Dieser Gebrauchsvorteil hat die Lebensverhältnisse der Parteien in vollem Umfang geprägt, weil der Kläger das Anwesen während bestehender Ehe im Jahr 1974 erworben hat. Soweit der Kläger ins Feld führt, der hohe Wohnwert sei einem Umbau zu verdanken, den er erst nach der Scheidung in Angriff genommen habe, fehlt es an einer chronologischen Darstellung der durchgeführten Maßnahmen, was zu Lasten des Klägers geht. Auch blieb der Vortrag der Beklagten unwidersprochen, der Kläger habe noch im Jahr 1985, also vor der Ehescheidung, ein Baudarlehen in Höhe von 811.241,54 DM aufgenommen. Dafür, dass die maßgeblichen baulichen Veränderungen noch in der Ehezeit vorgenommen worden sind, spricht im Übrigen, dass der Sachverständige dem Anwesen einen Standard bescheinigt hat, der den Jahren 1970 bis 1973 entspricht (Seite 24 des Gutachtens, Bl. 187 ff d.A.).

Abweichend vom angefochtenen Urteil sind zusätzlich die Gebrauchsvorteile der Wohnung in Uhldingen zu berücksichtigen, die die ehelichen Lebensverhältnisse ebenfalls mitbestimmt haben. Deren Wert ist zwar nicht in Anlehnung an eine ortsübliche Miete zu ermitteln, da die Parteien die Räumlichkeiten nur in den Ferien genutzt haben. Anzusetzen ist aber ein ersparter Aufwand für die Urlaubsaufenthalte des Klägers, der mit 2.400,00 EUR jährlich noch wohlwollend geschätzt ist (§ 287 ZPO).

Hinzu kommen die Einnahmen aus dem Mietvertrag über das Wohnhaus in der ...-Straße in Balingen, die das Familiengericht beanstandungsfrei mit Hilfe einer Streckung der im Jahr 2002 angefallenen Instandhaltungskosten (21.000,00 EUR) über einen Zeitraum von zehn Jahren auf 333,00 EUR beziffert hat.

d. In Abzug zu bringen sind noch die Krankenversicherungsbeiträge des Klägers in Höhe von 561,61 EUR und bis August 2004 die Leibrentenzahlungen an die Mutter der Beklagten.

Bei der wertenden Betrachtung, die im Rahmen von § 1581 BGB geboten ist, müssen die Beitragsleistungen des Klägers an die G. (früher T.) und die Lebensversicherung bei der ... ausgeklammert werden, da sie ausschließlich der Vermögensbildung des Klägers dienen. Sie können dem Kläger auch nicht als Altersvorsorge zugestanden werden, die der Bundesgerichtshof in Anlehnung an den Höchstfördersatz der sog. "Riester-Rente" in Höhe von bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres als angemessen ansieht ( BGH , FamRZ 2008, 963; BGH , FamRZ 2005, 1817). Denn der Kläger, der sich bereits vollständig aus dem Erwerbsleben zurückgezogen hat, ist durch Renteneinkünfte, Zins- und Mieteinnahmen sowie durch Immobilien- und Kapitalvermögen ausreichend abgesichert. Im Übrigen hat der Kläger die zu Grunde liegenden Verträge im Herbst 2004 beitragsfrei gestellt.

e. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen lässt sich das eheprägende Einkommen des Klägers wie folgt errechnen:

2003 bis August
2004 ab September

2004

Kapitaleinkünfte aus Lebensversicherungen und Kapitalanlagen (3 % aus dem Verkaufs-erlös für die Apotheke in Höhe von 661.000,00 EUR; 3,4 % aus dem Kapital der Lebensversicherungen in Höhe von 413.000,00 EUR): 33.830,00 EUR 33.830,00 EUR 33.830,00 EUR monatlich: 2.819,17 EUR 2.819,17 EUR 2.819,17 EUR abzgl. Steuern (unter Berücksichtigung der Ertragsanteile der Renten = 15.370 EUR, Bl. 304): -1.114,65 EUR -1.114,65 EUR -1.114,65 EUR

zzgl. Rente der Apothekerversicherung (Bl. 70): 1.962,79 EUR 1.962,79 EUR 1.962,79 EUR

zzgl. BfA-Rente (Bl. 71 u. 88): 491,64 EUR 487,77 EUR 487,77 EUR

zzgl. Rente V. Versicherung: 405,60 EUR 405,60 EUR 405,60 EUR

zzgl. Mieteinnahmen ...-Str. in Balingen (das Gebäude ist an die Beklagte vermietet): 333,00 EUR 333,00 EUR 333,00 EUR

zzgl. Wohnwert Y in Meßstetten-Tieringen laut GA X, Bl. 187 ff: 818,00 EUR 818,00 EUR 818,00 EUR

zzgl. Wohnwert Uhldingen: 200,00 EUR 200,00 EUR 200,00 EUR

Summe der Einkünfte: 5.915,55 EUR 5.911,68 EUR 5.911,68 EUR

abzgl. Kindesunterhalt für A. -500,00 EUR -500,00 EUR -500,00 EUR

abzgl. Krankenversicherung: -561,61 EUR -561,61 EUR -561,61 EUR

abzgl. Leibrente für die Mutter der Beklagten: -255,65 EUR -255,65 EUR 0,00 EUR

verbleibendes Einkommen des Klägers: 4.598,29 EUR 4.594,42 EUR 4.850,07 EUR

3. Die Beklagte verfügt aufgrund der zutreffenden Feststellungen des Familiengerichts (auch im Hinblick auf die Zurechnung einer fiktiven Rente) über Einkünfte in Höhe von 2.502,25 EUR, die sich aus den nachstehenden Positionen errechnet:

Erwerbsunfähigkeitsrente: 617,95 EUR
zzgl. Mieteinnahmen: 1.800,00 EUR
abzgl. Hauslasten: -50,00 EUR
abzgl. Steuern: -230,00 EUR
davon eheprägend: 2.137,95 EUR
zzgl. fiktive Rente: 364,30 EUR
Summe: 2.502,25 EUR

Von diesem Betrag hat die Beklagte bis Ende 2007 Unterhalt in Höhe von 500,00 EUR für den gemeinsamen Sohn A. geleistet, der vom Einkommen des Klägers bereits abgezogen ist.

Indessen können der Beklagten Gebrauchsvorteile, die sie aus Sicht des Klägers dadurch erlangt habe, dass sie das Wohnhaus des Klägers in der ...-Straße unterhalb ortsüblicher Preise angemietet habe, nicht fiktiv zugerechnet werden. Zwar ist es zutreffend, dass auch solche Erträge, die der Unterhaltsbedürftige nicht erwirtschaftet, obwohl er sie erzielen könnte, nach § 1577 Abs. 1 BGB gleichfalls seine Bedürftigkeit mindern (vgl. BGH, FamRZ 1985, 354). Dies setzt jedoch eine Zumutbarkeit der angesonnenen Maßnahme voraus (BGH, FamRZ 2005, 1159), die hier fehlt. Denn ein Untermietvertrag nach §§ 540, 553 BGB begründet nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten, deren Verletzung unter anderem Ansprüche auf Minderung (§ 536 BGB) sowie auf Schadens- und Aufwendungsersatz (§§ 535, 280, 286, 536 a BGB) auslösen kann. Weiter ist eine Vermietung mit erheblichen Risiken (Mietausfall, Beschädigungen) verbunden, die sich für den Mieter bei einer Gebrauchsüberlassung an Dritte dadurch noch erhöhen, dass er nicht nur gegenüber seinem Untermieter, sondern auch gegenüber dem Vermieter für die Erhaltung (§§ 535, 280, 538) und die Herausgabe der Mietsache verantwortlich ist (§§ 546, 546 a BGB). Hinzu kommt, dass der Mieter für ein Verschulden des Untermieters einzustehen hat (§ 540 Abs.2 BGB).

Schließlich kann der Kläger mit den Anforderungen, die er im Rahmen von § 1577 Abs. 3 BGB an die Beklagte stellen möchte, schon deshalb nicht gehört werden, weil sie mit seinem früheren Verhalten nicht in Einklang zu bringen sind (§ 242 BGB). Denn der Kläger hat einen - während des Verfahrens ausdrücklich geäußerten - Wunsch der Beklagten, aus dem Mietverhältnis entlassen zu werden, zurückgewiesen.

4. Bei der gebotenen Anpassung des Vergleichs vom 16.07.1996 ist weiter zu berücksichtigen, dass die Lebenshaltungskosten zwischenzeitlich gestiegen sind. Dem kann bei einer konkreten Bedarfsbemessung durch eine Multiplikation mit dem allgemeinen Verbraucherindex Rechnung getragen werden (BGH, FamRZ 2003, 848). Dadurch lässt sich der grundsätzliche Unterhaltsanspruch der Beklagten im Zeitraum ab 01.03.2003 wie folgt ermitteln:

Bedarf im Jahr 2003 (3.118,88 EUR* 104,5 / 95,3): 3.419,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 916,75 EUR

Bedarf im Jahr 2004 (3.118,88 EUR * 106,2 / 95,3): 3.475,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 972,75 EUR

Bedarf im Jahr 2005 (3.118,88 EUR * 108,3 / 95,3): 3.543,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 1.040,75 EUR

Bedarf im Jahr 2006 (3.118,88 EUR * 110,1 / 95,3): 3.602,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 1.099,75 EUR

Bedarf im Jahr 2007 (3.118,88 EUR * 112,5 / 95,3): 3.681,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 1.178,75 EUR

Die Deckungslücke, die auf Seiten der Beklagten von ursprünglich 916,75 EUR im Jahr 2003 auf 1.099,75 EUR im Jahr 2006 ansteigt, kann der Kläger auffüllen, ohne dass der Halbteilungsgrundsatz verletzt wäre. Dies verdeutlicht die nachstehende Berechnung:

2003 bis August

2004 ab September

2004 2005 2006 2007

verfügbares Einkommen des Klägers: 4.598,29 EUR 4.594,42 EUR 4.850,07 EUR 4.850,07 EUR 4.850,07 EUR 4.850,07 EUR

indexierter Bedarf der

Beklagten: 3.419,00 EUR 3.475,00 EUR 3.475,00 EUR 3.543,00 EUR 3.602,00 EUR 3.681,00 EUR

abzgl. eigenes Einkommen: -2.502,24 EUR -2.502,24 EUR -2.502,24 EUR -2.502,24 EUR -2.502,24 EUR -2.502,24 EUR

Unterhaltsanspruch der Beklagten: 916,76 EUR 972,76 EUR 972,76 EUR 1.040,76 EUR 1.099,76 EUR 1.178,76 EUR

verbleibendes Einkommen des Klägers nach Abzug der Unterhaltslast: 3.681,53 EUR 3.621,66 EUR 3.877,31 EUR 3.809,31 EUR 3.750,31 EUR 3.671,31 EUR

Soweit ab 01.01.2007 bei Fortschreibung der Indexierung die Grenze des Angemessenen überschritten wäre, weil der Kläger nur noch 3.671,31 EUR zur Verfügung hätte, während die Beklagte 3.681,00 EUR für sich beanspruchen könnte, ist der konkrete Bedarf der Beklagten auf das Niveau von 2006 abzusenken, so dass es vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2007 bei einem Elementarunterhalt von gerundet 1.100,00 EUR sein Bewenden hat.

II. Zusätzlich schuldet der Kläger Altersvorsorgeunterhalt, da die entsprechende Vereinbarung durch den Vergleich vom 16.07.1996 nicht obsolet geworden ist. Denn nach dem ausdrücklich formulierten Willen der Parteien sollte es bei dem verabredeten Unterhalt von 3.900,00 DM bleiben. Darin waren aber 900,00 DM für die Altersvorsorge enthalten.

Nachdem sich der Elementarunterhaltsanspruch der Beklagten aufgrund eigener Renteneinkünfte verringert, ist der Altersvorsorgeunterhalt neu zu berechnen wie folgt:

Bedarf im Jahr 2003 : 3.419,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 916,75 EUR

zzgl. Altersvorsorgeunterhalt:
Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle: 1.155,11 EUR
Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung (bis 2007 je 19,5 %, ab 2007 19,9 %): 225,25 EUR

Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten: 1.142,00 EUR

Bedarf im Jahr 2004 : 3.475,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 972,75 EUR

zzgl. Altersvorsorgeunterhalt:
Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle: 1.215,94 EUR
Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung: 237,11 EUR

Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten (gerundet): 1.210,00 EUR

Bedarf im Jahr 2005 : 3.543,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 1.040,75 EUR

zzgl. Altersvorsorgeunterhalt:

Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle: 1.332,16 EUR
Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung: 259,77 EUR

Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten (gerundet): 1.300,00 EUR

Bedarf im Jahr 2006 : 3.602,00 EUR
abzgl. eigenes Einkommen -2.502,25 EUR
Restbedarf: 1.099,75 EUR

zzgl. Altersvorsorgeunterhalt:

Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle: 1.429,68 EUR
Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung: 278,79 EUR

Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten (gerundet): 1.379,00 EUR

Soweit der Kläger den errechneten Altersvorsorgeunterhalt aus seinen laufenden Einkünften nicht bestreiten kann, ohne seinen eheangemessenen Unterhalt zu gefährden, ist er nach § 1581 BGB gehalten, den Stamm seines Vermögens einzusetzen, etwa ein im Zuge des Verfahrens ausgezahltes Guthaben bei der ... - Versicherung in Höhe von ca. 20.000,00 EUR. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die Beklagte neben ihrer gesetzlichen Altersrente nur über eine im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von ihren Eltern zugewandte Immobilie verfügt und dass sie während der Ehe - trotz des hohen Einkommens des Klägers - kein weiteres Vermögen erworben hat, nachdem die Parteien Gütertrennung vereinbart hatten. Demgegenüber ist der Kläger Eigentümer von fünf Immobilien und konnte nach der Veräußerung seiner Apotheke auf ein Barvermögen von mehr als einer Million Euro zurückgreifen. Hinzu kommt, dass der Altersvorsorgeunterhalt ohnehin nur noch bis März 2010 geschuldet wird. Die ab März 2003 verbleibende Gesamtsumme von rund 20.000,00 EUR belastet den Kläger nicht übermäßig.

III. Der auf diese Weise ermittelte Unterhaltsanspruch erweist sich schließlich auch dann noch als angemessen, wenn die Unterhaltslasten des Klägers gegenüber seiner jetzigen Ehefrau in die Betrachtung einbezogen werden. Denn die Ehefrau verfügt über eigene Erwerbseinkünfte, die vor Abzug von Steuern und Sozialabgaben im Jahr 2004 13.822,00 EUR betragen haben, 27.347,00 EUR im Jahr 2005 und 24.044,00 EUR im Jahr 2006, weiter über Zinseinnahmen von rund 3.700,00 EUR jährlich (vgl. Einkommenssteuerbescheid für 2004, Bl. 180 ff.; für 2005 Bl. 281 ff. und für 2006 Bl. 304 ff.). Hinzu kommen Mieteinkünfte des Klägers für die Wohnung Y in Höhe von 2.259,00 EUR und für das Objekt X in Höhe von 11.594,00 EUR jährlich, jeweils nach Abzug von Werbungskosten und ohne Abschreibung. Damit stehen der Ehefrau nicht nur eigene Nettoeinkünfte zwischen 1.100,00 EUR (bis 2004) und 1.500,00 EUR (ab 2005) zur Verfügung, sondern weitere 1.154,41 EUR monatlich, die der Kläger vollständig für den Familienunterhalt einsetzen kann. Gleiches gilt für die Einkommensdifferenz, die der Kläger nach Leistung des Geschiedenenunterhalts im Verhältnis zur Beklagten noch verteidigen kann. Diese betrug im Jahr 2003 monatlich 262,53 (3.681,53 EUR - 3.419,00 EUR), im Jahr 2004 noch 146,66 EUR (3.621,66 EUR - 3.475,00 EUR) und erhöht sich ab 01.01.2008 auf immerhin 747,83 EUR [(4.850,07 EUR - 800,00 EUR = 4.050,07 EUR) - (2.502,24 EUR + 800,00 EUR = 3.302,24 EUR)]. Hinzu kommen Steuerersparnisse aufgrund von Abschreibungen und im Hinblick auf das Ehegattensplitting von mindestens weiteren 800,00 EUR monatlich. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung ist schließlich noch der Gesichtspunkt von Bedeutung, dass die Beklagte von dem errechneten Unterhaltsbedarf bis Ende 2007 die Unterhaltslasten für den gemeinsamen Sohn A. mindestens hälftig mitgetragen hat (500,00 EUR).

Selbst wenn nach alledem das Einkommen der Ehefrau zusammen mit ihrem Familienunterhalt noch geringfügig hinter den Einkünften der Beklagten und des Klägers zurückbleiben sollte, ist es dem Kläger zuzumuten, für den Fall einer gewünschte Aufstockung des ehelichen Lebensstandards der Ehefrau auf seine Bankguthaben zurückzugreifen oder sein Vermögen umzuschichten (etwa durch eine Vermietung der Ferienwohnung am Bodensee). Dies erscheint nicht unbillig, weil die Lebensverhältnisse der Ehefrau von vorneherein durch die Unterhaltslasten des Klägers gegenüber der Beklagten geprägt waren und dadurch eine Einschränkung erfahren haben, ohne dass es auf das Rangverhältnis beider Unterhaltsansprüche ankäme. Dies gilt umso mehr, als ohnehin nur eine kurze Übergangszeit zu überbrücken ist, nachdem der Sohn A. sein Studium bereits beendet hat und keinen Ausbildungsunterhalt mehr benötigt. Dadurch werden von den Einkünften des Klägers zusätzliche 500,00 EUR monatlich frei werden, die er mit seiner Ehefrau dauerhaft teilen kann.

IV. Hingegen ist der Unterhaltsanspruch ab 01.01.2008 herabzusetzen und nach § 1578 b Abs. 2 BGB bis 31.03.2018 zu befristen. Dabei hält der Senat unter Anwendung von § 36 Nr. 1 EGZPO für die Zeit bis 31.03.2010 eine laufende Rente von noch 1.000,00 EUR für angemessen, wobei 800,00 EUR auf den Elementarbedarf entfallen und 200,00 EUR auf die Altersvorsorge. Danach ist der Unterhalt bis zu seinem endgültigen Wegfall am 31.03.2018 nach Abwägung der Gesamtumstände auf insgesamt 500,00 EUR monatlich zu reduzieren.

1. Der Kläger ist mit seinem Befristungsbegehren nicht gemäß § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert. Denn diese Regelung ist bei einem Prozessvergleich nicht anwendbar, da sie lediglich die Rechtskraftwirkung unanfechtbar gewordener Entscheidungen sichern soll, also einen Zweck verfolgt, der bei gerichtlichen Vergleichen nicht erreicht werden kann ( BGH , FamRZ 2000, 1499). Maßgebend ist vielmehr, ob ein ins Feld geführter Umstand bereits bei Vergleichsabschluss absehbar gewesen und deshalb von der Absprache erfasst worden ist, also unverändert geblieben und bereits aus diesem Grund einer Anpassung entzogen ist. Dies ist hier aber nicht der Fall.

2. Zwar stand der Beklagten im Jahr 1996 nach dem Wegfall der Betreuungsbedürftigkeit von A. und der sich daraus ergebenden Erwerbsobliegenheit der Beklagten nur noch ein Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zu, der schon damals nach § 1573 Abs. 5 ZPO a.F. grundsätzlich einer Befristung zugänglich gewesen wäre. Indessen hätte der Kläger zu diesem Zeitpunkt sein Befristungsverlangen nicht durchsetzen können, weil damals nicht verlässlich beurteilt werden konnte, ob die Beklagte jemals in der Lage sein würde, ihren Unterhalt durch eigene Erwerbseinkünfte nachhaltig zu sichern. Denn die Beklagte hatte sich während der Ehe ausschließlich um den Haushalt und die Versorgung von A. gekümmert und erst in den Jahren 1989/1990 eine Ausbildung zur Altenpflegerin absolviert. Da die Beklagte bei Abschluss des Vergleichs nur in Teilzeit berufstätig war und ihre weitere berufliche Entwicklung noch im Dunkeln lag, war eine Prognose darüber, ob die Beklagte jemals eine Vollzeitstelle erhalten und auf diese Weise ihre ehebedingten Nachteile vollständig und auf Dauer würde ausgleichen können, nicht möglich. Deshalb kam eine Befristung ihres Unterhaltsanspruchs aus damaliger Sicht nicht in Betracht.

3. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst für den Fall, dass die Beklagte schon bei Bestätigung des ursprünglichen Vergleichs am 16.07.1996 in Vollzeit berufstätig gewesen wäre, aufgrund der damaligen Gesetzeslage eine Befristung des Unterhaltsanspruchs vor Gericht kaum hätte durchsetzen können. Denn nach der bis 31.12.2007 geltenden Regelung in § 1573 Abs. 5 BGB a.F. konnte u.a. der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nur dann zeitlich begrenzt werden, „soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig" gewesen wäre. Dies hatte nach dem Wortlaut von § 1573 Abs. 5 S. 1 BGB aber in der Regel nicht gelten sollen, „wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut" , was hier der Fall war. Nach § 1573 Abs. 5 S. 2 BGB stand die Zeit der Kindeserziehung „der Ehedauer gleich" .

Entsprechend dem Wortlaut der genannten Regelung war der Bundesgerichtshof einer Befristung von Unterhaltsansprüchen nach § 1573 Abs. 5 BGB lange Zeit zurückhaltend gegenübergestanden und hatte einer Ehedauer von mehr als 15 Jahren erhebliches Gewicht für eine lebenslange „Unterhaltsgarantie" beigemessen ( BGH , FamRZ 1983, 886; BGH , FamRZ 1990, 857; BGH , FamRZ 1991, 307). Diese Rechtssprechung hätte vorliegend im Jahr 1996, als die Parteien den gerichtlichen Vergleich geschlossen haben, mit Sicherheit noch Beachtung gefunden, weil die Ehe - mit 17 Jahren - relativ lang gedauert hatte (vgl. etwa BGH , FamRZ 2004, 1357). Erst in jüngster Zeit hat der Bundesgerichtshof - vor dem Hintergrund seiner Abkehr von der sogenannten Anrechnungsmethode zur Differenzmethode - nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer abgestellt, selbst wenn diese mehr als 20 Jahre betragen hat, sondern darauf, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründen kann, als ein „ehebedingter Nachteil" erweise ( BGH , FamRZ 2008, 134; BGH , FamRZ 2007, 1232; BGH , FamRZ 2007, 793; BGH , FamRZ 2007, 200; BGH , FamRZ 2006, 1006; zur Entwicklung der Rechtsprechung vgl. Dose , FamRZ 2007, 1289, 1294 f.). Vor diesem Hintergrund wurde in der Gesetzesbegründung zu § 1578 b BGB angemerkt, dass eine Tendenz zu einer vermehrten Beschränkung „erst in der neueren Rechtssprechung" festzustellen sei (Drucksache 16/1830 S. 18).

Dies bedeutet vorliegend, dass die Frage einer Befristung bereits deshalb erneut zu prüfen ist, weil der geschilderte Wandel in der Gerichtspraxis durch die Regelung in § 1578 b BGB, die mit Wirkung ab 01.01.2008 in Kraft getreten ist, nicht nur eine Konkretisierung erfahren hat, sondern darüber hinaus weiterentwickelt worden ist mit dem Ziel, die Beschränkung von Unterhaltsansprüchen anhand objektiver Billigkeitskriterien, insbesondere des Maßstabes der „ehebedingten Nachteile" zu erleichtern (Drucksache 16/1830 S. 18). Eine Änderung der Gesetzeslage stellt aber regelmäßig eine wesentliche Abweichung von der Geschäftsgrundlage eines Vergleichs dar, die dessen Anpassung rechtfertigt ( BGH , FamRZ 2001, 1687).

4. Vorliegend kann die Beklagte ihren Unterhaltsanspruch nunmehr auf § 1572 BGB und § 1573 Abs. 2 BGB stützen. Eine Abgrenzung erübrigt sich, weil beide Ansprüche nach § 1578 b Abs. 2 BGB einer Befristung zugänglich sind.

Nach dem Wortlaut des § 1578 b Abs. 2 BGB kann der Unterhaltsanspruch befristet werden, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten Kindes unbillig wäre. Aufgrund des Verweises auf § 1578 b Abs. 1 S. 2 und 3 BGB ist dabei insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, wobei sich solche Nachteile vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben können.

Zwar hat § 1578 b BGB als unterhaltsbegrenzende Norm Ausnahmecharakter. Andererseits verfolgte der Gesetzgeber durch die Neuregelung des bis 31.12.2007 geltenden § 1573 Abs. 5 BGB a.F. das Ziel, eine Beschränkung von Unterhaltsansprüchen anhand objektiver Billigkeitsmaßstäbe zu erleichtern. Zur Begründung hat er angeführt, dass der Anspruch der Ehegatten auf „gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten" nicht von vorneherein eine „Lebensstandardsgarantie" bedeute im Sinne einer zeitlich unbegrenzten und in der Höhe nach nicht abänderbaren Teilhabe nach der Scheidung. Grund für die nachehelichen Unterhaltsansprüche sei vielmehr die sich aus Art. 6 GG ergebende fortwirkende nacheheliche Solidarität, die vor allem einen Ausgleich der Nachteile erfordere, die dadurch entstünden, dass der Unterhaltsberechtigte wegen der Aufgabenverteilung in der Ehe, insbesondere der Kinderbetreuung, nach der Scheidung nicht oder nicht ausreichend für seinen Unterhalt selbst sorgen könne. Je geringer diese Nachteile seien, desto eher sei im Licht des Grundsatzes der Eigenverantwortung (§ 1569 BGB) unter Billigkeitsgesichtspunkten eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs geboten (Drucksache 16/1830 S. 18).

Bei einer diese Zweckrichtung berücksichtigenden Gesetzesanwendung ist vorrangig zu prüfen, ob sich die Einkommensdivergenz der Parteien, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründet, als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten der Beklagten rechtfertigt. Dies ist vorliegend spätestens mit Erreichen des Rentenalters im März 2010 nicht mehr der Fall, nachdem die Beklagte mit dem bislang bereit gestellten Vorsorgeunterhalt in der Lage gewesen wäre, sich eine angemessene Rente zu sichern. Laut Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 31.10.2007 (Bl. 334 ff.) würde die Beklagte über eine laufende Rente von 1.185,00 EUR verfügen (1.297,26 EUR abzgl. 22,05 EUR und 90,16 EUR für die Kranken- und Pflegeversicherung), wenn sie seit 01.01.1986 regelmäßig 900,00 DM eingezahlt hätte (der mitgeteilte Betrag mag zwar im Hinblick auf den - seit 2003 - verminderten Altersvorsorgeunterhalt etwas geringer ausfallen; dies wird sich jedoch bis 2010 teilweise wieder ausgleichen). Da die Beklagte vor der Ehe keinen Beruf erlernt hatte und nur in geringfügigem Umfang berufstätig gewesen ist, hat der Kläger mögliche Nachteile, die die Beklagte auf Grund der Rollenverteilung in der Ehe erlitten hat, bereits vollständig ausgeglichen. Denn als ungelernte Kraft hätte die Beklagte selbst bei einer ununterbrochenen Berufstätigkeit wohl kaum höhere Rentenanwartschaften erworben als die errechneten 1.185,00 EUR. Hinzu kommt, dass die Beklagte über ihr Immobilienvermögen zusätzlich abgesichert ist.

Weiter gilt zu beachten, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Trennung erst 38 Jahre alt gewesen ist und gesundheitliche Einschränkungen nicht ersichtlich waren. Vor diesem Hintergrund ließe sich allein mit der Ehedauer von 17 Jahren eine unbegrenzte Teilhabe der Beklagten an den verfügbaren Mitteln des Klägers nicht rechtfertigen.

Da auf der anderen Seite nach § 36 Nr. 1 EGZPO das Vertrauen der Beklagten in die getroffene Regelung nicht übergangen werden darf, ist für eine angemessene Übergangszeit Sorge zu tragen, um der Beklagten die Möglichkeit zu geben, sich auf den Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs und ein damit verbundenes Absinken ihres Lebensstandards einzustellen. Dies rechtfertigt eine annähernde Beibehaltung des ursprünglichen Titels bis 31.03.2010. In der Zeit danach reduziert sich der Unterhalt auf 500,00 EUR monatlich, da die Beklagte mit Eintritt in das Rentenalter nach dem normalen Verlauf der Dinge damit rechnen musste, dass ihr Unterhaltsniveau nicht auf Dauer gesichert sein würde, zumal der Kläger bereits am 16.02.2005 das 65. Lebensjahr vollendet und bereits zwei Jahre zuvor seine Apotheke veräußert hatte. Andererseits durfte die Beklagte bis zum Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes mit Wirkung zum 01.01.2008 darauf vertrauen, dass sie - angesichts der soliden Vermögensverhältnisse wohl auch über ein mögliches Vorversterben des Klägers hinaus - unterhaltsberechtigt sein würde, wenn auch in verringertem Umfang. Dazu war sie zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits 63 Jahre alt und somit nicht mehr in der Lage, einen Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs durch eigene Erwerbseinkünfte oder eine zusätzliche Altersvorsorge aufzufangen. Dies ist im Rahmen der Übergangsregelung in § 36 Nr. 1 EGZPO zu berücksichtigen, so dass weitere reduzierte Unterhaltszahlungen bis 2018 nicht unbillig erscheinen.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Billigkeitsentscheidung, ob ein Unterhaltsanspruch nach § 1578 b BGB zu begrenzen oder zu befristen ist, muss nach Abwägung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte getroffen werden, ist also allein Aufgabe des Tatrichters. Da es sich stets um eine Einzelfallbetrachtung handelt, fehlt es regelmäßig an einer grundsätzlichen Bedeutung, so auch hier. Ferner erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Der Streitwert wurde nach §§ 42, 45 GKG wie folgt berechnet:

Berufung des Klägers:

Abänderung vor Klageerhebung (vom 01.03.2003 bis 31.10.2004) = (10 X 966,57 EUR = 9.665,70 EUR) + (8 X 834,86 EUR = 6.678,88 EUR) + 1.167,20 EUR + 1.441,12 EUR 18.952,90 EUR
zzgl. Jahreszeitraum für Abänderung danach, also vom 01.11.2004 bis 31.10.2005 = (2 X 1.441,12 EUR= 2.882,20 EUR) + (10 X 1.617,93 EUR = 16.179,30 EUR) = 19.061,50 EUR

Streitwert der Berufung des Klägers: 38.014,40 EUR

Berufung der Beklagten:

Abänderung vor Klageerhebung (vom 01.03.2003 bis 31.10.2004) = [(10 X (1.994,00 EUR - 966,57 EUR = 1.027,40 EUR) = 10.274,00 EUR] + [8 X (1.994,00 EUR - 834,86 EUR = 1.159,10 EUR) = 9.272,80 EUR]+(1.994,00 EUR - 1.167,20 EUR = 826,80 EUR) + (1.994,00 EUR - 1.441,12 EUR = 552,88 EUR)= 20.926,48 EUR
zzgl. Jahreszeitraum für Abänderung danach, also vom 01.11.2004 bis 31.10.2005 = [2 X (1.994,00 EUR - 1.441,12 EUR= 552,90 EUR) = 1.105,80 EUR] + [10 X (1.994,00 EUR - 1.617,93 EUR = 376,10 EUR) = 3.761,00 EUR] = 4.866,80 EUR

Streitwert der Berufung der Beklagten: 25.793,28 EUR

Gesamtstreitwert: 63.807,68 EUR ..." (OLG Stuttgart Urteil vom 20.8.2008, 18 UF 256/07)

***

„... I. Der Antragsgegner ist vom Familiengericht durch das angefochtene Urteil vom 14.9.2006, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, nach erfolgter Abtrennung der Folgesache aus dem Scheidungsverbund zur Zahlung nachehelichen Ehegattenunterhalts von monatlich 1.698,- Euro nebst Zinsen verurteilt worden. Gegen das Urteil haben beide Parteien form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit welchen sie ihre ursprünglichen Anträge weiter verfolgen.

Die am 6.5.1948 geborene Antragstellerin bezog von Oktober bis Dezember 2004 kalendertägliches Arbeitslosengeld von 19,14 Euro. Im Jahr 2005 erhöhte sich das Arbeitslosengeld auf 987,90 Euro monatlich. Nachdem sich die Antragstellerin im Jahr 2005 erneut insgesamt vier stationären Eingriffen unterziehen musste, bezieht sie seit 1.1.2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, deren Höhe sich zuletzt auf 590,10 Euro monatlich nach Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge belief. Daneben bezieht die Antragstellerin seit September 2006 darlehensweise ergänzende laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Da sie sich weiterhin nur mit Gehhilfen bewegen kann und auf fremde Hilfe bei der Verrichtung ihrer täglichen Angelegenheiten angewiesen ist, erhält sie ferner seit 1.2.2007 darlehensweise Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII in Höhe von 151,67 Euro monatlich. Dem Betrag liegt ein Pflegebedarf von fünf Wochenstunden zu Grunde, den die Antragstellerin bereits vor der Bewilligung der Hilfe zur Pflege aus eigenen Mitteln deckte.

Die Honorareinnahmen der Antragstellerin aus der Wiederholung von Fernsehsendungen, für die sie das Drehbuch geschrieben hatte, beliefen sich nach Abzug der zu entrichtenden Umsatzsteuer auf 684,92 Euro im Jahr 2004, auf 5.279,59 Euro im Jahr 2005 und auf 1.533,87 Euro im Jahr 2006. Für das Jahr 2007 haben die Parteien keine vollständigen Zahlen vorgetragen.

Im Jahr 2004 flossen der Antragstellerin für die Jahre 2001 und 2002 Steuererstattungen in Höhe von insgesamt 9.464,21 Euro zu; im August 2005 für das Jahr 2003 weitere 3.799,83 Euro. Seit 2004 entrichtet die Antragstellerin keine Steuern mehr auf ihr Einkommen.

Die Antragstellerin wohnt seit Rechtskraft der Scheidung nicht mehr in der vormaligen Ehewohnung der Parteien. Aus dem Verkauf der im gemeinsamen Eigentum der Parteien stehenden Wohnung ist beiden Parteien im Januar 2005 ein Erlös von 52.500,- Euro zugeflossen. Wegen der Verwendung des Verkauferlöses durch die Antragstellerin wird auf ihren Schriftsatz vom 6.6.2005, Bl. 153ff der Gerichtsakte, verwiesen.

Die Steuererstattung für das Jahr 2003 und die Honorareinnahmen des Jahres 2005 hat die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren erstmals mit der Berufungsbegründung vorgetragen. Die Steuererstattung war allerdings bereits in dem Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen xUFxxx betreffend die Zahlung von Trennungsunterhalt mit Schriftsatz vom 1.8.2006 mitgeteilt worden. Ihre Honorareinnahmen der Jahre 2004 bis 2006 hat die Antragstellerin erst auf Aufforderung des Senats offengelegt.

Der am 25.5.1954 geborene Antragsgegner ist weiterhin als Geschäftsführer der Firma des y-Handels GmbH beschäftigt. Diese zahlte als Folge der Einschränkung ihrer Geschäftstätigkeit letztmals im Jahr 2005 eine Sondervergütung, welche allerdings bereits deutlich niedriger ausfiel als die zuvor gezahlten Sondervergütungen. Wegen des ab 2005 erzielten Bruttoverdienstes und der vorzunehmenden Abzüge wird auf die vorgelegten Verdienstbescheinigungen für Dezember 2005, Bl. 291 der Gerichtsakte, Dezember 2006, Blatt 397 der Gerichtsakte und für Dezember 2007, Bl. 463 der Gerichtsakte, Bezug genommen.

Neben seiner Beschäftigung als Geschäftsführer der Firma des y-Handels GmbH, einer Einrichtung der hessischen xxx, ist der Antragsgegner seit dem April 2004 geschäftsführender Vorstand der Akademie für H.- AG. Auf Bitten seines Arbeitgebers bekleidet er darüber hinaus Posten in weiteren gemeinnützigen Gesellschaften. Es ist nach seinen Angaben üblich, dass Funktionsträger von Einrichtungen der hessischen xxx im Haupt- oder Ehrenamt eine Vielzahl entsprechender Aufgaben übernehmen, sofern dies im übergeordneten Interesse der Verbände liegt. Ob er hieraus Einkünfte erzielt, ist zwischen den Parteien streitig.

Der Antragsgegner bewohnt ein ihm gehörendes Hausgrundstück in X-Dorf, zu dessen Lage und Größe die Parteien ebenso wenig Angaben gemacht haben wie zu etwaigen Mieteinnahmen und Belastungen. Auch zur Höhe etwaiger Steuererstattungen an den Antragsgegner haben die Parteien keine Angaben gemacht. Hierzu hat der Antragsgegner der Antragstellerin bisher auch keine Auskunft erteilt.

Auf ein im Januar 2004 bei der Postbank aufgenommenes Darlehen der Postbank über 12.000,- Euro erbringt der Antragsgegner seit Februar 2004 monatliche Zins- und Tilgungsraten von 235,- Euro. Die Laufzeit des Kredits beträgt 72 Monate. Mit dem Darlehensbetrag beglich der Antragsgegner eine Steuernachforderung des Finanzamts xxx über 5.443,97 Euro, welche aus der von der Antragstellerin nachträglich beantragten getrennten steuerlichen Veranlagung der Parteien für die Jahre 1998 und 1999 resultierte. Darüber hinaus beglich er mit dem Darlehensbetrag von März bis einschließlich Juni 2004 die monatlich an die Bethmann-Bank zu erbringenden Zins- und Tilgungsleistungen von 1620,- Euro auf das Darlehen zur Finanzierung der Ehewohnung.

Der Antragsgegner zahlt an die volljährige Tochter der Parteien weiterhin monatlichen Unterhalt von 511,- Euro. Ein im März 1984 geborener schwerbehinderter Sohn wurde von beiden Ehegatten - unterstützt von einem Pflegedienst - bis zu seinem Tod im September 1993 rund um die Uhr betreut und gepflegt. Während dieser Zeit ging die Antragstellerin keiner Erwerbstätigkeit nach. Der Antragsgegner nahm im Jahr 1986 nach vorangegangener Erwerbstätigkeit ein Studium auf und ist seit 1990 bei seinem jetzigen Arbeitgeber beschäftigt. Die Antragstellerin erhielt im Jahr 1990 ein Stipendium für eine Ausbildung in der Drehbuchwerkstatt der Deutschen Film- und Fernsehhochschule in xxx. Sie absolvierte die Ausbildung, obwohl bei ihr im Jahr 1991 Brustkrebs diagnostiziert und eine Brust operativ entfernt worden war. Nach dem Tod des Sohnes und der Internatsunterbringung der Tochter war die Antragstellerin dann als freie Drehbuchautorin tätig und wurde für eines ihrer Drehbücher für den xxx-Preis nominiert. Vor der Trennung der Parteien im Sommer 2000 erzielte die Antragstellerin nur noch vergleichsweise geringe Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Drehbuchautorin. Ab dem Zeitpunkt der Trennung begann sie, wieder in ihrem ursprünglich erlernten Beruf als Lehrerin zu arbeiten. Im August 2001 wurde sie als angestellte Vertretungslehrerin in den Schuldienst des Landes xxx übernommen. Sie erhielt zunächst einen auf die Dauer eines Schuljahres befristeten Arbeitsvertrag. Zu einer Festanstellung kam es in Folge der Erkrankungen der Antragstellerin nicht mehr. Die Antragstellerin unterzog sich zwei Bypass-Operationen in den Jahren 2001 und 2002. Im Frühjahr 2003 wurden bei ihr als Spätfolge der Brustkrebserkrankung Knochenmetastasen im linken Hüftgelenk diagnostiziert. Nach erfolgtem Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks begann eine Bestrahlungstherapie. Im Juni 2004 brach der Schaft der Hüftprothese bei einem Sturz und musste ausgetauscht werden. Entgegen der Prognose im Entlassungsbericht der Klinik für konservative Orthopädie in Bad Homburg v. d. H. vom 26.8.2004 kam es nicht zu einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Antragstellerin. Vielmehr wurde sie - wie dargestellt - zum 1.1.2006 verrentet.

Mit ihrer Berufung begehrt die Antragstellerin weiterhin eine umfassende Auskunft des Antragsgegners über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse, insbesondere über seine Einkünfte aus der im Jahr 2004 aufgenommenen Tätigkeit. Erstmals begehrt sie außerdem im Rahmen eines Stufenantrags die eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der zu erteilenden Auskunft. Im Wege der Teilklage begehrt sie außerdem Unterhalt in der bereits im ersten Rechtszug begehrten Höhe.

Die Antragstellerin behauptet, sie habe über die ihr im Rahmen der Hilfe zur Pflege bewilligten Pflegeleistungen hinaus einen krankheitsbedingten Mehrbedarf von etwa 200,- Euro monatlich. Wegen ihrer diesbezüglichen Angaben wird auf den Schriftsatz vom 11.3.2008, Bl. 426ff der Gerichtsakte, Bezug genommen.

Die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen,

der Antragstellerin Auskunft zu erteilen durch Vorlage einer systematischen Aufstellung über
- seine sämtlichen Brutto- und Nettoeinkünfte einschließlich aller Nebeneinkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit, insbesondere bei der Firma des y-Handels GmbH und der Akademie für H.- AG sowie aus anderer Herkunft, in der Zeit vom 1.12.2004 bis zum 30.11.2005 und die erteilte Auskunft zu belegen durch Vorlage der Lohnsteuerkarte nebst Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2005 in Fotokopie, der Originalabrechnungen des Arbeitgebers für die Monate Dezember 2004 bis November 2005, des Anstellungs- und Geschäftsführervertrags bei der Firma des y-Handels GmbH, des Anstellungs- und Vorstandsvertrags bei der Akademie für H.- AG sowie der Originalbescheide über im vorgenannten Zeitraum etwa bezogenes Krankengeld und etwa bezogene Arbeitslosenunterstützung,
- seine sämtlichen Einnahmen und Aufwendungen aus selbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung, insbesondere im Hinblick auf die in seinem Eigentum stehende Liegenschaft Xstrasse , X-Dorf, sowie aus anderer Herkunft unter Angabe der Privatentnahmen in der Zeit vom 1.12.2004 bis 30.11.2005 und die erteilten Auskünfte zu belegen durch Vorlage der Einkommenssteuererklärungen sowie der etwaigen Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. der etwaigen Einnahmeüberschussrechnungen für die Jahre 2003 bis 2005 sowie der dazugehörigen Einkommenssteuerbescheide,
- sein Vermögen am 31.12.2005,
- erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der unter den Ziffern 1. a) bis c) erteilten Auskünfte eidesstattlich zu versichern,
- an die Antragstellerin rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 1.10. - 31.12.2004 in Höhe von 5.641,08 Euro sowie für die Zeit vom 1.1. - 31.3.2005 in Höhe von 6.282,99 Euro jeweils nebst fünf Prozent Zinsen p. a. über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- an die Antragstellerin beginnend ab dem 1.4.2005 über den zuerkannten Betrag in Höhe von monatlich 1.698,- Euro hinaus eine weitere jeweils bis zum dritten Werktag eines jeden Monats fällige Unterhaltsrente in Höhe von 396,33 Euro nebst fünf Prozent Zinsen p. a. über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Beide Parteien beantragen, die Berufung der Gegenseite zurückzuweisen.

Der Antragsgegner behauptet, die Antragstellerin sei trotz ihrer Erkrankungen in der Lage, als Drehbuchautorin ein monatliches Nettoeinkommen von mindestens 1.000,- Euro zu erwirtschaften. Im Übrigen habe sie ihren derzeitigen gesundheitlichen Zustand durch ihren übermäßigen Nikotinkonsum während der Ehezeit selbst verschuldet. Es wäre unbillig, ihn nun für die Folgen dieses Verhaltens einstehen zu lassen.

Der Antragsgegner vertritt außerdem die Auffassung, der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin sei wegen des Verschweigens von Einkünften im ersten Rechtszug verwirkt. Erstmals mit Schriftsatz vom 14.7.2008, hier eingegangen am Tag des ursprünglich bestimmten Schriftsatzschlusses, dem 15.7.2008, hat der Antragsgegner diverse Verfehlungen der Antragstellerin im Zuge der Trennung vorgetragen, welche seiner Ansicht nach zu einer Verwirkung ihres Unterhaltsanspruchs führen. Auf den Schriftsatz vom 14.7.2008 wird Bezug genommen.

Der Rechtsstreit ist durch Senatsbeschluss vom 26.3.2007 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Vorbereitung der Entscheidung übertragen worden. Vor dem Berichterstatter ist am 22.10.2007 und am 9.6.2008 mündlich zur Sache verhandelt worden. In der Sitzung am 9.6.2008 haben sich die Parteien mit einer Entscheidung des Senats im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Den Parteien ist daraufhin zunächst eine Frist zur Einreichung von Schriftsätzen bis zum 15.7.2008 gesetzt worden. Diese ist im Hinblick auf die kurz vor Schriftsatzschluss eingegangenen Schriftsätze beider Parteien bis zum 31.7.2008 verlängert worden.

Die Akte xUFxxx ist beigezogen worden.

II. Die Berufung der Antragstellerin ist unzulässig, soweit sie erstmals einen Stufenantrag auf eidesstattliche Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der von ihr bereits im ersten Rechtszug begehrten Auskünfte stellt. Hierbei handelt es sich um die Einführung eines neuen Streitgegenstands in das Verfahren und damit um eine Klageänderung. Diese ist im Rahmen der Berufung gemäß § 533 ZPO nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich hält (Nr. 1) und sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Gericht in seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat (Nr. 2). Keine dieser Voraussetzungen ist erfüllt. Weder hat der Antragsgegner in die Klageänderung eingewilligt noch hält sie der Senat für sachdienlich. Die fehlende Sachdienlichkeit ergibt sich dabei bereits aus dem Fehlen der Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO. Eine Entscheidung über den Stufenantrag könnte nämlich gerade nicht auf Tatsachen gestützt werden, die im Rahmen der Entscheidung über die Berufung ohnehin zu berücksichtigen wären. Die Entscheidung über den Stufenantrag wäre abhängig vom Inhalt der begehrten Auskunft, weshalb über die Berufung im Falle einer Bejahung des Auskunftsanspruchs zunächst nur durch Teilurteil entschieden werden könnte.

Die im Übrigen zulässigen Berufungen der Parteien sind teilweise begründet und führen zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung des angefochtenen Urteils.

Die Antragstellerin hat gemäß §§ 1580, 1605, 259 Abs. 1, 260 Abs. 1 BGB Anspruch auf die begehrte Auskunfts- und Belegerteilung, soweit dieser nicht bereits durch die erfolgte Auskunftserteilung erfüllt ist.

Der Antragsgegner hat bisher auf Grund des Teilversäumnisurteils vom 18.11.2003 unstreitig nur Auskunft erteilt über seine Einkünfte aus seiner Beschäftigung bei der Firma des y-Handels GmbH. Die von der Antragstellerin nun begehrten Auskünfte betreffen einen Zeitraum innerhalb der Zweijahresfrist des § 1605 BGB, weshalb kein Anspruch auf erneute Auskunftserteilung besteht.

Auskunft über etwaige sonstige Einkünfte oder sein Vermögen hat der Antragsgegner nicht erteilt. Auch hierauf hat die Antragstellerin jedoch einen Anspruch, weil sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragsgegners auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin auswirken können. Dies gilt insbesondere für etwaige Steuererstattungen und etwaige Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bzw. einen etwaigen Wohnvorteil, nachdem an die Stelle des Wohnens in der beiden Parteien gehörenden Ehewohnung nun das Wohnen im eigenen Haus getreten ist.

Die Auskunftsverpflichtung erstreckt sich auch auf die vom Antragsgegner seit April 2004 aufgenommene Tätigkeit bei der Akademie für H.- AG und auf andere von ihm im Rahmen seiner Funktion bei der Firma des y-Handels GmbH übernommene Tätigkeiten. Entsprechende Tätigkeiten hat der Antragsgegner zwar erst lange nach der Trennung der Parteien aufgenommen. Dennoch müssen diese als eheprägend angesehen werden, weil sie in engem Zusammenhang mit der bereits während des Zusammenlebens der Parteien ausgeübten Tätigkeit stehen. Der Antragsgegner hat hierzu vorgetragen, sein Arbeitgeber erwarte von ihm, dass er entsprechende Tätigkeiten übernimmt. Die Übernahme entsprechender Tätigkeiten sei für die Führungskräfte der Einrichtungen der hessischen xxx üblich. Dem Antragsgegner hieraus zufließende Einkünfte waren damit bereits in der schon während des Zusammenlebens der Parteien ausgeübten Beschäftigung angelegt und beruhen nicht auf einer vom Normalverlauf abweichenden Entwicklung oder auf der Trennung der Parteien (vgl. hierzu Palandt, BGB, Kommentar, 67. Auflage, 2008, § 1578, Randnummer 14 m. w. N.). Ob die vom Antragsgegner neben seiner Vollzeitbeschäftigung bei der Firma des y-Handels GmbH übernommenen Tätigkeiten ganz oder teilweise als überobligatorisch und deshalb nicht als bedarfsprägend zu bewerten sein werden, kann erst beurteilt werden, wenn der Antragsgegner die begehrte Auskunft erteilt und zum zeitlichen Umfang seiner Nebentätigkeiten und seiner Haupttätigkeit vorgetragen hat.

Ihren Auskunftsanspruch hat die Antragstellerin auch nicht verwirkt gemäß § 1579 Nr. 3 oder 5 BGB.

Zwar kann ein versuchter Prozessbetrug den Tatbestand eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder eines mutwilligen Hinwegsetzens über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten erfüllen, wenn sich das Verhalten des Unterhaltsberechtigten als besonders unredlich darstellt, indem es darauf abzielt, durch Täuschung eine nicht oder nicht in diesem Umfang zustehende Leistung vom Unterhaltspflichtigen zu erlangen. An der für die erforderliche Schwere des Verstoßes notwendigen besonderen Unredlichkeit fehlt es jedoch dann, wenn das verschwiegene Einkommen nur geringfügig ist oder auf Nachfrage des Unterhaltspflichtigen oder des Gerichts unverzüglich offengelegt wird (vgl. Palandt, § 1579 BGB, Randnummer 12, 14 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin ihre zunächst verschwiegenen Einkünfte im Jahr 2005 dem Senat im Rahmen ihrer Berufungsbegründung von sich aus mitgeteilt. Bereits vor der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht hatte sie diese Einkünfte im Rahmen des Trennungsunterhaltsrechtsstreits mitgeteilt, so dass sie dem Antragsgegner bekannt waren. Sie hatte lediglich eine zusätzliche Mitteilung in dem Rechtsstreit betreffend den nachehelichen Ehegattenunterhalt versäumt, welche sie dann mit der Berufungsbegründung nachgeholt hat. Soweit sie dort Einkünfte aus Wiederholungshonoraren in den Jahren 2004 und 2006 verneint hat, kann es dahingestellt bleiben, ob dieses Verhalten den Straftatbestand des versuchten Prozessbetrugs erfüllt. Es kann nämlich nicht von einer besonderen Unredlichkeit ausgegangen werden, welche den Unterhaltsanspruch und den damit verbundenen Auskunftsanspruch im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen des § 1579 BGB im Übrigen ganz oder vollständig entfallen ließe. Zum Einen hat die Antragstellerin nur vergleichsweise geringfügige Einkünfte von insgesamt 2.218,79 Euro, verteilt über einen Zeitraum von zwei Jahren, verschwiegen. Zum Anderen hat sie die Einkünfte auf Nachfrage des Senats unverzüglich offengelegt und belegt.

Die Antragstellerin hat ihren Auskunftsanspruch auch nicht durch mutwillige Herbeiführung ihrer Bedürftigkeit nach § 1579 Nr. 4 BGB verwirkt. Insofern fehlt es an der hierfür erforderlichen unterhaltsbezogenen Leichtfertigkeit. Ein Unterhaltsberechtigter führt seine Bedürftigkeit nur dann mutwillig herbei, wenn er die Möglichkeit des Eintritts der Bedürftigkeit als Folge seines Verhaltens erkennt und sich verantwortungs- und rücksichtslos gegenüber dem Unterhaltsverpflichteten über diese Erkenntnis hinwegsetzt (Palandt, § 1579 BGB, Randnummer 17 m. w. N.). Da die Antragstellerin auch nach dem Vortrag des Antragsgegners bereits vor der Trennung der Parteien mit dem Rauchen aufgehört hat und sich wegen ihrer Erkrankungen seitdem in ständiger ärztlicher Behandlung befindet, kann ihr eine solche unterhaltsbezogene Leichtfertigkeit nicht vorgeworfen werden. Dies gilt umso mehr, als ein Ursachenzusammenhang zwischen der Tumorerkrankung und den daraus resultierenden Beschwerden auf der einen Seite und dem Tabakkonsum der Antragstellerin auf der anderen Seite offensichtlich nicht besteht.

Schließlich ist der Auskunftsanspruch auch nicht verwirkt nach § 1579 Nr. 7 BGB wegen eines offensichtlich schwerwiegenden, eindeutig bei der Antragstellerin liegenden Fehlverhaltens gegen den Antragsgegner. Der Senat hat bereits in dem im Trennungsunterhaltsrechtsstreit ergangenen Urteil vom 17.8.2006, xUFxxx, entschieden, dass die Verfehlungen der Antragstellerin im Rahmen der Trennungsauseinandersetzungen im Hinblick auf die Ehedauer und die Tatsache, dass aus der Ehe zwei Kinder hervorgegangen sind, nicht zu einer groben Unbilligkeit der Inanspruchnahme des Antragsgegners führen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der diesbezügliche Vortrag des Antragsgegners im Schriftsatz vom 14.7.2008 verspätet ist im Sinne des § 615 Abs. 1 ZPO.

Unabhängig vom Ergebnis der vom Antragsgegner zu erteilenden Auskunft hat die Antragstellerin unter Zugrundelegung der ihr bekannten Einkünfte des Antragsgegners aus seiner Beschäftigung als Geschäftsführer der Firma des y-Handels GmbH nach §§ 1572 Nr. 1, 1578 Abs. 1 BGB einen im Wege der Teilklage verfolgten Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt als Unterhalt wegen Krankheit.

Die Antragstellerin war - wie sich bereits aus dem vorgelegten ärztlichen Entlassungsbericht vom 26.8.2004 ergibt - im maßgeblichen Einsatzzeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Scheidung arbeitsunfähig erkrankt. Entgegen der Prognose des Entlassungsberichts ist es auch langfristig bisher nicht zu einer vollständigen oder teilweisen Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin gekommen. Vielmehr erhält sie seit 1.1.2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Für die Besorgung der Angelegenheiten des täglichen Lebens ist sie, insbesondere wegen ihrer Gangunsicherheit, auf die Unterstützung durch Pflegekräfte angewiesen. Wegen ihrer Erkrankungen ist sie bei fünf verschiedenen Ärzten in ständiger ärztlicher Behandlung.

Vor diesem Hintergrund kann sie nach Auffassung des Senats auch nicht darauf verwiesen werden, ihren Bedarf ganz oder teilweise durch das Schreiben von Drehbüchern zu decken. Auch das Schreiben von Drehbüchern beschränkt sich nicht auf die am häuslichen Schreibtisch zu erledigende Schreibarbeit. Nach dem Verständnis des Senats bedarf es für das Verfassen eines erfolgreichen Drehbuchs auch der Recherche, für welche der Drehbuchautor sein häusliches Umfeld durchaus auch mal verlassen muss. Dies muss er im Übrigen auch, um die für die Vermarktung seiner Werke nötigen Kontakte zu knüpfen und Auftraggeber zu finden, mit denen das geplante Sendeformat dann auch besprochen werden muss.

Es mag sein, dass die Antragstellerin nach Berlin gezogen ist, weil sie sich dort einen besseren Zugang zu Rundfunksendern und Produktionsfirmen erhoffte. Das ändert aber nichts daran, dass sie derzeit krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, entsprechende Kontakte zu knüpfen, zumal der Bescheid über die Feststellung ihrer hundertprozentigen Schwerbehinderung vom 25.12.2003 auch Depressionen als eine der bei der Antragstellerin vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen ausweist.

Es erscheint auch wenig Erfolg versprechend, dass die Antragstellerin ohne konkrete Aufträge irgendwelche Drehbücher schreibt und sie Fernsehsendern und Produktionsfirmen zur Verwertung anbietet. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Rundfunksender und Produktionsfirmen die Gestaltung ihrer Sendeformate den Drehbuchautoren vorgeben und nicht umgekehrt. Insoweit dürften der Antragstellerin auch ihre nun schon über zehn Jahre zurückliegenden Erfolge als Drehbuchautorin nicht zugute kommen.

Der Antragstellerin sind daher nur ihr Arbeitslosengeld, ihre Renteneinkünfte und ihre Einnahmen aus Wiederholungshonoraren, aus Steuererstattungen und aus Kapitaleinkünften als Einkommen zuzurechnen.

Die Wiederholungshonorare sind dabei wegen ihrer starken Schwankungen auch für die Vergangenheit mit dem Durchschnittswert der Kalenderjahre 2004 bis 2006 in Ansatz zu bringen. Die Wiederholungshonorare sind ausschließlich um die darin enthaltene Umsatzsteuer zu bereinigen. Andere mit der Erzielung dieser Einkünfte verbundene Ausgaben sind weder ersichtlich noch dargelegt. Nach Abzug der Umsatzsteuer erzielte die Antragstellerin damit in den Jahren 2004 bis 2006 durchschnittliche monatliche Honorareinnahmen von 208,29 Euro (7.498,38 : 36).

Im Jahr 2004 sind darüber hinaus nach dem sogenannten Zuflussprinzip die Steuererstattungen von umgerechnet 788,68 Euro monatlich (9.464,21 : 12) als Einkommen zu berücksichtigen, im Jahr 2005 die Steuererstattung in Höhe von umgerechnet 316,65 Euro monatlich (3.799,83 : 12).

Des Weiteren sind der Antragstellerin ab 2005 fiktive monatliche Zinseinkünfte von 145,80 Euro als Einkommen anzurechnen. Der im Januar 2005 erzielte Erlös aus dem Verkauf der Ehewohnung ist an die Stelle des während der Ehe bestehenden Wohnvorteils getreten. Er ist damit eheprägend, was dazu führt, dass die Antragstellerin eine unterhaltsrechtliche Obliegenheit trifft, den erzielten Erlös nach den Grundsätzen vernünftiger Wirtschaftsführung anzulegen und zur Bedarfsdeckung einzusetzen.

Wenn die Antragstellerin den Erlös stattdessen zur Tilgung nach der Trennung der Parteien eingegangener, nicht eheprägender Verbindlichkeiten verwendet, kann sie dies dem Antragsgegner nicht einkommensmindernd entgegen halten. Lediglich die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Verkauf der Eigentumswohnung stehenden Kosten von rund 2.500,- Euro können daher von dem erlösten Betrag in Abzug gebracht werden. Es verbleiben 50.000,- Euro. Geht man davon aus, dass mit einer Anlage als Tagesgeld seit 2005 durchschnittlich 3,5 Prozent p. a. Zinsen zu erzielen waren, belaufen sich die der Antragstellerin zuzurechnenden Zinseinkünfte auf den oben genannten Betrag.

Ihre Einkünfte aus Arbeitslosengeld bzw. Erwerbsminderungsrente beliefen sich auf 583,77 Euro monatlich von Oktober bis Dezember 2004 (162 Tage x 19,14 Euro : 4), auf 987,90 Euro im Jahr 2005 und auf gerundet 590,- Euro seit 2006.

Die von ihr bezogenen Leistungen nach dem SGB XII sind wegen des Nachrangs der Leistungen der Sozialhilfe gegenüber dem Ehegattenunterhalt nicht als Einkommen zu berücksichtigen (Ziffer 2.10 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main). Wegen der nur darlehensweisen Hilfegewährung führen die Leistungen im Übrigen auch nicht zum Wegfall der Aktivlegitimation der Antragstellerin in Höhe der bezogenen Leistungen.

Das Einkommen der Antragstellerin ist zu bereinigen um krankheitsbedingten Mehrbedarf von 151,67 Euro. Im genannten Umfang ist der Antragstellerin Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII bewilligt worden, deren Umfang den von der Antragstellerin bereits zuvor in Anspruch genommenen Pflegeleistungen entspricht. Einen darüber hinaus gehenden krankheitsbedingten Mehrbedarf hat die Antragstellerin nicht hinreichend konkret dargelegt. Die von der Antragstellerin zu entrichtenden Praxisgebühren und die dargelegten Medikamentenzuzahlungen von durchschnittlich nicht einmal 5,- Euro monatlich in den Jahren 2005 und 2006 stellen keinen über das übliche Maß hinausgehenden Bedarf dar. Entsprechendes gilt für Taxikosten in Höhe von insgesamt 38,20 Euro im Zeitraum von Februar 2006 bis März 2007 und für den geltend gemachten Vereinsbeitrag von 8,- Euro. Die Zuzahlungen zu den stationären Klinikaufenthalten begründen ebenfalls keinen Mehrbedarf, weil ihnen eine entsprechende häusliche Ersparnis gegenüber steht.

Das Einkommen ist außerdem zu bereinigen um einen Erwerbstätigenbonus von einem Siebtel des Erwerbseinkommens. Als Erwerbseinkommen ist dabei neben den Honorareinkünften die im Jahr 2005 bezogene Steuererstattung zu berücksichtigen, weil die erstatteten Steuern ausschließlich auf Erwerbseinkünfte entrichtet wurden. Daraus folgt ein Erwerbstätigenbonus von 142,45 Euro monatlich im Jahr 2004 (997,15 : 7), von 74,99 Euro monatlich im Jahr 2005 (524,94 : 7) und von 29,76 Euro ab 2006.

Hieraus ergeben sich für die Antragstellerin ab Rechtskraft der Ehescheidung folgende eheprägende Einkünfte: (Wird ausgeführt) ...

Dem stehen auf Seiten des Antragsgegners seine Einkünfte aus der Tätigkeit als Geschäftsführer der Firma des y-Handels GmbH gegenüber. Diese sind in Höhe der tatsächlich bezogenen und in den vorgelegten Verdienstbescheinigungen ausgewiesenen Einkünfte zu berücksichtigen. Negative Einkommensentwicklungen nach der Scheidung sind als prägend zu berücksichtigen, wenn sie nicht auf einer leichtfertigen Verletzung von Erwerbspflichten beruhen (BGH, Urteil vom 6.2.2008, XII ZR 14/06; Palandt, § 1578 BGB, Randnummer 13ff m. w. N.). Da der Antragsgegner weiterhin der schon während des Zusammenlebens der Parteien ausgeübten Beschäftigung nachgeht, ist der von ihm unterhaltsrechtlich nicht zu verantwortende Wegfall der Sondervergütungen ab dem Jahr 2006 bedarfsmindernd zu berücksichtigen.

Danach stellt sich die Einkommenssituation des Antragsgegners wie folgt dar: ... (Wird ausgeführt) ...

..Nach dem Halbteilungsgrundsatz beläuft sich der Unterhaltsbedarf der Antragstellerin an sich auf die Hälfte der Differenz zwischen den bereinigten Nettoeinkommen beider Parteien. Der Bedarf wird im vorliegenden Fall allerdings nach oben hin begrenzt durch die sogenannte relative Sättigungsgrenze nach Ziffer 15.3 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, bis zu welcher Ehegattenunterhalt als Quote aus der Differenz der bereinigten Nettoeinkommen der Ehegatten geltend gemacht werden kann. Die relative Sättigungsgrenze belief sich bis einschließlich Juni 2005 auf 2.000,- Euro und beläuft sich seitdem auf 2.200,- Euro. Darüber hinaus gehender Unterhaltsbedarf ist vom Unterhaltsberechtigten konkret darzulegen. Eine entsprechende Darlegung ist hier seitens der Antragstellerin nicht erfolgt, weshalb der vom Antragsgegner geschuldete Unterhalt für die Jahre 2004 und 2005 auf den Bedarf bis zur relativen Sättigungsgrenze zu beschränken ist.

Danach schuldet der Antragsgegner der Antragstellerin folgenden monatlichen nachehelichen Ehegattenunterhalt: ... . (Wird ausgeführt) ... ... .

Die relative Sättigungsgrenze wird ab 2006 nicht mehr überschritten. In Höhe der genannten Beträge ist der Antragsgegner auch ohne die Gefährdung seines eigenen eheangemessenen Selbstbehalts von 1.000,- Euro leistungsfähig.

Der volle Unterhalt ist der Antragstellerin jedoch nur für eine Übergangszeit zuzugestehen und anschließend auf den angemessenen Unterhalt herabzusetzen.

Nach § 1578b BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Unterhalt herabzusetzen und/oder zeitlich zu befristen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs oder ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wären. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

In Fällen nicht ehebedingter Bedürftigkeit ist eine Begrenzung der Regelfall (vgl. BT-Drucksache 16/1830, S. 18f.). Eine sachlich nicht mehr gerechtfertigte fortgesetzte Teilhabe des Berechtigten am ehelichen Lebensstandard soll dann nach einer Übergangszeit entfallen, wobei sicherzustellen ist, dass der Berechtigte nicht schlechter gestellt wird, als er ohne die Ehe stehen würde. Maßgeblich für die Bemessung der Übergangszeit ist die Frist, innerhalb derer es dem Berechtigten zumutbar ist, sich wirtschaftlich oder persönlich auf die Kürzung bzw. den Wegfall des Unterhaltsanspruchs einzustellen. Hierfür ist von Bedeutung, inwieweit und wie lange die Ehegatten ihren Lebenszuschnitt aufeinander und auf ein gemeinsames Lebensziel ausgerichtet hatten (vgl. Palandt, § 1578b BGB-E, Randnummer 14 m. w. N.).

Die Höhe des nach der Übergangsfrist sicherzustellenden angemessenen Bedarfs orientiert sich an dem Einkommen, das der Berechtigte ohne die Ehe hätte. Eine Absenkung unter das lebensnotwenige Existenzminimum kommt aber auch insoweit nicht in Betracht. Vielmehr betrachtet der Senat den angemessenen Selbstbehalt im Sinne des § 1603 Abs. 1 BGB als Untergrenze des abzudeckenden Bedarfs. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der angemessene Lebensbedarf im Sinne des § 1578 Abs. 1 BGB und der angemessene Unterhalt im Sinne des § 1603 Abs. 1 BGB unterschiedlich zu bewerten sein sollten.

Im vorliegenden Fall waren die Parteien gut 23 Jahre miteinander verheiratet. Die Trennung erfolgte nach 19 Jahren Ehe. Bis zur Trennung der Parteien - und im Hinblick auf die vom Antragsgegner übernommenen Kosten der von ihr bewohnten Ehewohnung auch bis zur Rechtskraft der Ehescheidung - hatte die Antragstellerin am Einkommen des Antragsgegners teil.

Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, von denen eines inzwischen volljährig ist und studiert. Das andere Kind war schwer behindert und ist im Alter von neun Jahren gestorben. Es wurde von den Parteien zu Hause gepflegt. Die Antragstellerin nahm erst kurz vor dem Tod des Kindes eine Zusatzausbildung auf und war bis dahin wegen der Pflege des behinderten Kindes und der Betreuung des anderen Kindes nicht berufstätig.

Dennoch sind ehebedingte Nachteile hier nur schwer zu erkennen. Die Antragstellerin wäre nämlich auch ohne die Ehe wegen ihrer schicksalhaften Erkrankung nicht mehr in der Lage, ihren Unterhaltsbedarf durch eigene Erwerbstätigkeit sicherzustellen. Soweit sich die ehebedingte vorübergehende Unterbrechung der Erwerbstätigkeit auf die Höhe der von ihr bezogenen Erwerbsminderungsrente ausgewirkt hat, gilt dieser Nachteil nach Durchführung des Versorgungsausgleichs als vollständig ausgeglichen und kann dem Antragsgegner bei der Frage der Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nicht erneut entgegen gehalten werden (vgl. BGH, Urteil vom 16.4.2008, XII ZR107/06; Urteil vom 25.6.2008, XII ZR 109/07).

Selbst wenn man darauf abstellen wollte, ob die Antragstellerin ohne ihre Erkrankung ehebedingte berufliche Nachteile hätte, wären diese nur schwer greifbar. Die Antragstellerin war nach dem Tod des behinderten Kindes und der Unterbringung der Tochter im Internat durchaus erfolgreich als Drehbuchautorin tätig. Erst nach der Trennung nahm sie ihre ursprünglich erlernte Tätigkeit als Lehrerin auf. Man würde den ehelichen Lebensverhältnissen daher nicht gerecht, wenn man bei der Bemessung etwaiger ehebedingter Nachteile den nach der Trennung tatsächlich erzielten Verdienst dem bei einer durchgängigen Beschäftigung als Lehrerin hypothetisch erzielten Verdienst gegenüber stellen würde. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin sich nach Abschluss ihres Referendariats im Jahr 1982 nach eigenen Angaben erfolglos um eine Anstellung im Schuldienst beworben hatte.

Vor diesem Hintergrund erscheint dem Senat in Anbetracht der Ehedauer und der Erkrankung der Antragstellerin eine Übergangszeit von sechs Jahren ab Rechtskraft der Ehescheidung angemessen, während derer sich die Antragstellerin auf eine Kürzung des Unterhalts auf den angemessenen Bedarf einstellen kann. Dabei ist berücksichtigt, dass die Parteien dann bereits seit über zehn Jahren getrennt leben und dass die Antragstellerin während der Trennungszeit jedenfalls zum Teil in der Lage war, ihren Unterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit sicherzustellen.

Nach Ablauf der Übergangsfrist ist der Unterhalt auf den angemessenen Lebensbedarf von derzeit 1.100,- Euro zu begrenzen. Ausgehend von unveränderten Einkünften der Antragstellerin ergibt sich daraus ein Unterhaltsanspruch von gerundet 337,- Euro ab Oktober 2010 (1.100 - 762,66).

Eine zeitliche Befristung des auf den angemessenen Unterhaltsbedarf begrenzten Unterhaltsanspruchs ist nicht geboten. Im Rahmen der insoweit vorzunehmenden Abwägung ist auch die Stellung des Krankheitsunterhalts im Gefüge der gesetzlichen Scheidungsfolgen zu berücksichtigen. Ihm kommt eine wesentlich gewichtigere Bedeutung zu als dem bloßen Aufstockungsunterhalt nach § 1573 BGB. In Anbetracht des Alters der Antragstellerin und der langen Ehedauer gebietet die nacheheliche Solidarität daher eine unbefristete Sicherstellung des angemessenen Lebensbedarfs durch den Antragsgegner. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin wegen ihrer Erkrankungen auch künftig nicht mehr in der Lage sein wird, ihren angemessenen Lebensbedarf aus eigenen Einkünften zu decken, wohingegen der Antragsgegner weiterhin Einkünfte aus einer beruflichen Karriere erzielen wird, welche ihm erst durch die Übernahme der Kinderbetreuung durch die Antragstellerin ermöglicht worden ist. Vor diesem Hintergrund erscheint dem Antragsgegner eine unbefristete Sicherstellung des gekürzten Unterhalts der Antragsgegnerin zumutbar. ..." (OLG Frankfurt, Urteil vom 19.08.2008 - 3 UF 347/06)

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Bei der Beurteilung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils im Rahmen des § 1570 I, II BGB n.F. ist zu berücksichtigen, wenn der Elternteil zwei noch im Schulalter befindliche Kinder betreut. Eine Vollzeitbeschäftigung ist auch bei einer bestehenden Möglichkeit einer Volltagsbetreuung durch staatliche Stellen nicht ohne Weiteres zumutbar, insbesondere wenn sich ein Kind noch in den ersten Grundschuljahren befindet. Zur Kürzung des Betreuungsunterhalts gem. § 1578b II BGB (KG, Beschluss vom 18.08.2008 - 13 WF 111/08, NJW 2008, 3793 ff zu BGB §§ 1570 I, II, 1578b II):

„... Die Parteien waren seit dem 12. 12. 1996 verheiratet. Die Ehe ist seit dem 25. 1. 2005 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe sind die Kinder A (geb. 1996) und B (geb. 2000) hervorgegangen. Die Ast. ist nach der im Jahr 2002 erfolgten Trennung nach Z. gezogen. Der ältere Sohn besuchte im vergangenen Schuljahr das Gymnasium in der ersten Klasse, die Tochter die Grundschule in der zweiten Klasse. Die Ast. ist von Beruf Krankengymnastin. Sie übte seit einigen Jahren eine geringfügige Beschäftigung als Pflegehelferin im Krankenhaus bei einer Festvergütung von 142,26 Euro zuzüglich Zuschlägen für Sonnabend-, Sonntags- und Nachtarbeit aus. Seit Mai 2008 hat die Ast. eine Anstellung in einer physiotherapeutischen Praxis inne, in der sie bei einer Arbeitszeit von zwölf Stunden wöchentlich einen monatlichen Nettoverdienst in Höhe von 565,25 Euro erzielt. Daneben übt sie weiterhin die Beschäftigung im Krankenhaus aus. Sie hat eine im Jahr 1998 abgeschlossene Lebensversicherung inne, für die sie seit 1. 7. 2007 im Quartal einen Beitrag in Höhe von 233,42 Euro zu entrichten hat. Der Ag. ist Berufssoldat. Im Jahr 2007 erzielte er ein durchschnittliches Nettoeinkommen in Höhe von 2738,79 Euro. Er macht verschiedene Aufwendungen, unter anderem für Kindesunterhalt, von jeweils 294 Euro monatlich geltend. Der Ag. zahlte an die Ast. Trennungsunterhalt in Höhe von 693,32 Euro auch über die Scheidung hinaus. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 4. 1. 2008 ließ der Ag. mitteilen, dass er auf Grund einer nunmehr bestehenden Erwerbsobliegenheit der Ast. nicht mehr bereit sei, den bisherigen Unterhalt weiterzuzahlen, und kündigte Zahlungen von vorerst 350 Euro monatlich an, die nach einer Übergangszeit zu entfallen hätten. Der Ag. zahlte von Januar bis April 2008 monatlich 350 Euro.

Die Ast. ist der Ansicht, der Ag. schulde weiterhin nachehelichen Betreuungsunterhalt. Mehr als die Ausübung einer Halbtagsbeschäftigung sei ihr auch unter Berücksichtigung der Belange der Kinder nicht zumutbar. Sie müsse am Nachmittag den Sohn A bei den Hausaufgaben unterstützen. Dieser könne auf Grund einer Konzentrationsschwäche in der Gruppe nicht arbeiten, so dass er an der von der Schule angebotenen Hausaufgabenbetreuung nicht teilnehmen könne. Dies sei auch aus zeitlichen Gründen auf Grund der Schulzeiten nicht möglich. Sie behauptet unter Bezugnahme auf diverse Bewerbungsschreiben und Absagen, sich zunächst vergeblich um eine Anstellung in Krankenhäusern und Privatpraxen bemüht zu haben. Sie habe die Beschäftigung unter dem Druck der Verhältnisse, weil der Ag. seine Zahlungen reduziert habe, annehmen müssen. Mit der beabsichtigten Klage will die Ast. nachehelichen Unterhalt von 413,90 Euro geltend machen.

Das AG - FamG - hat den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen, weil die Ast. ihre Bedürftigkeit nicht nachgewiesen habe. Sie könne ihren angemessenen Bedarf bei einer Erwerbstätigkeit in einem Umfang von 30 bis 35 Stunden und einem damit erzielbaren Einkommen von 1200 Euro selbst decken. Auf die Beschwerde der Ast. hat der Senat Prozesskostenhilfe für 303 Euro monatlichen Betreuungsunterhalt ab Mai 2008 bewilligt. ...

II. Zu Unrecht geht das AG davon aus, die Ast. könne ihren angemessenen Bedarf selbst decken. Die Ast. macht Betreuungsunterhalt gem. § 1570 I, II BGB geltend. Nach dem bisherigen Recht richtete sich der Betreuungsunterhalt bei einer Teilerwerbstätigkeit auf die Differenz zu dem mit einer Vollzeittätigkeit erzielbaren Einkommen, während die darüber hinausgehende Differenz zum auch durch das Einkommen des Ehegatten geprägten ehelichen Lebensbedarf durch den Aufstockungsunterhalt gem. § 1573 II BGB auszugleichen war (vgl. BGH, NJW 1999, 1547; Palandt/Brudermüller, BGB, 65. Aufl., § 1570 Rdnr. 19, § 1573 Rdnr. 39). Dies beruhte darauf, dass allein der Aufstockungsunterhalt der Begrenzungsmöglichkeit gem. § 1573 V BGB unterlag. Ob dies, nachdem auch der Betreuungsunterhalt der Kürzungsmöglichkeit gem. § 1578b BGB unterliegt, weiterzugelten hat, mag dahinstehen (vgl. insoweit Wendl/Pauling, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rdnr. 76). Jedenfalls ergibt sich aus dem neuen Recht nicht automatisch, dass der betreuende Ehegatte nach Erreichen des 3. Lebensjahres des zu betreuenden Kindes nur noch einen Anspruch auf den angemessenen Unterhalt haben würde. Vielmehr kommt eine Herabsetzung auf den angemessenen Unterhalt nur unter den besonders zu prüfenden Voraussetzungen des § 1578b I BGB in Betracht.

Feststellungen dazu hat das AG nicht getroffen. Bei der erforderlichen Abwägung dürfte zu berücksichtigen sein, dass die Ast. ihren Beruf während der Kinderbetreuung im Wesentlichen nicht ausgeübt hat, sondern nur vorübergehend und nur stundenweise tätig war. Wie schon aus den vom Bekl. eingereichten Stellenanzeigen hervorgeht, wird im Bereich der Physiotherapie der Nachweis laufender Fortbildungen gefordert. Wie die Ast. vorgetragen hat, verfügt sie über einige Zusatzqualifikationen, wie zum Beispiel die Lymphdrainage und die Techniken der Bobath-Therapie, nicht. Insoweit kann - insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt - nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Ast. keine durch die Kindererziehung bedingten Nachteile hätte. Dagegen spricht auch, dass das AG selbst von der Obliegenheit zu einer Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 30 bis 35 Stunden ausgeht. Solange nicht sicher voraussehbar ist, dass, wie lange und in welchem Umfang die Ast. an der Erzielung eines angemessenen Einkommens in einem Umfang, wie sie es mit der Ausübung ihrer früheren Tätigkeit erzielen konnte, gehindert ist, ist die Herabsetzung des Unterhalts gem. § 1578b I BGB zweifelhaft, bedürfte jedenfalls einer besonderen Begründung. Erst recht gilt dies im Hinblick auf eine Befristung (vgl. Borth, FamRZ 2008, 2 [11]).

Die Erfolgsaussicht kann der beabsichtigten Klage darüber hinaus nicht versagt werden, soweit die Ast. die Differenz zwischen dem derzeit erzielten Einkommen und dem Einkommen des Ag. geltend machen will.

Mit den derzeit ausgeübten Beschäftigungen in der Krankengymnastikpraxis und der beibehaltenen Aushilfstätigkeit im Krankenhaus hat die Ast. kein wesentlich geringeres Einkommen, als sie mit einer Halbtagsbeschäftigung erzielen könnte. Bei einem Stundensatz von 12 Euro in der Stunde und einer 20-Stunden-Woche würde die Ast. unter Berücksichtigung von Steuern und Sozialabgaben rund 810 Euro, bereinigt 760 Euro verdienen. Tatsächlich hat sie Einkünfte in Höhe von 565,25 Euro aus der Teilzeittätigkeit und - bei richtiger Berechnung - durchschnittlich 192,43 Euro aus der Pflegehilfetätigkeit, somit 757,68 Euro, bereinigt rund 707 Euro. Jedenfalls für das Prozesskostenhilfeverfahren ist ihr ein höheres erzielbares Einkommen nicht anzurechnen.

Insbesondere muss sich die Ast. nicht ein aus einer Vollzeittätigkeit erzielbares Einkommen zurechnen lassen. Zwar ist der Betreuungsunterhaltsanspruch nach dem neuen Recht zunächst auf drei Jahre begrenzt. Im Anschluss daran kann ein Betreuungsunterhaltsanspruch nur geltend gemacht werden, wenn dies der Billigkeit entspricht, wobei in erster Linie die Belange des Kindes und die Betreuungsmöglichkeiten (kindbezogene Gründe), aber auch die Belange des betreuenden Elternteils (elternbezogene Gründe) zu beachten sind. Nach dem Vortrag der Ast. kommt eine mehr als halbschichtige Beschäftigung nicht in Betracht, weil der Sohn A ihre Hilfe bei den Hausaufgaben benötigt. Die Inanspruchnahme der von der Schule angebotenen Hausarbeitsbetreuung komme deshalb nicht in Betracht, weil sich A in der Gruppe schwer konzentrieren könne und auch die Schulzeiten die Inanspruchnahme dieser Hilfe nicht erlauben würden. Dem ist das AG bisher nicht nachgegangen.

Darüber hinaus ist auch bei einer bestehenden Betreuung stets auch zu beachten, dass die Betreuung nach Ausübung einer Beschäftigung nicht zu einer überobligatorischen Belastung des betreuenden Elternteils führen darf (vgl. BGH, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 Rdnr. 103). Selbst wenn ein Kind ganztags in einer öffentlichen Einrichtung betreut und erzogen wird, kann sich bei der Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein kann, vor allem aber vom Alter des Kindes abhängen kann. Gerade kleinere Kinder benötigen nach einer Ganztagsbetreuung noch in stärkerem Umfang des persönlichen Zuspruchs der Eltern, was einen nicht unerheblichen zusätzlichen Betreuungsaufwand erfordern kann (vgl. BGH, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 jew. Rdnr. 103; Meier, FamRZ 2008, 101 [103]). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der allein betreuende Elternteil diese Aufgabe allein wahrnehmen muss und diese Aufgabe nicht wie in einer intakten Ehe teilweise dem Partner überlassen kann (vgl. Meier, FamRZ 2008, 101 [103]). Der betreuende Elternteil muss, selbst wenn eine Volltagsbetreuung seitens der Schule oder durch einen Hort angeboten wird, auch nach der Rückkehr des Kindes genügend Kapazitäten haben, um sich mit dem Kind oder, wie hier, mehreren Kindern angemessen zu beschäftigen. Nötige Hausarbeiten und Erledigungen müssen außerhalb dieser Zeit erledigt werden. Hinzu kommt gegebenenfalls die Begleitung zu außerschulischen Aktivitäten, die das minderjährige Kind bis zu einem gewissen Alter nicht allein ausüben kann. Darüber hinaus besteht, je umfangreicher die Erwerbstätigkeit ist, umso weniger die Möglichkeit, etwa im Falle der Erkrankung eines Kindes, Arbeitszeiten umzuschichten. Schließlich muss dem betreuenden Elternteil auch eine gewisse Zeit für die eigene Regeneration verbleiben. Zu beachten ist schließlich, dass sich die Belastung bei dem Vorhandensein mehrerer Kinder, wie hier, erhöht.

Hierbei handelt es sich um Umstände, die erfahrungsgemäß stets bei der Betreuung minderjähriger Kinder bis zu einem gewissen Alter typisierbar sind. Der BGH hat daher insoweit eine durchaus im Rahmen der Billigkeitsabwägung auf Erfahrungswerten beruhende pauschalierende Betrachtungsweise für zulässig gehalten (BGH, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 Rdnrn. 103, 104; im Anschluss daran OLG Jena, NJW 2008, 3224 Rdnrn. 48, 49). Befindet sich das Kind oder das jüngste von mehreren Kindern noch im Grundschulalter oder jedenfalls in den ersten Grundschuljahren, so wird mehr als eine Teilzeitbeschäftigung nicht für zumutbar gehalten (vgl. BGH, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 Rdnrn. 103, 104; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2008, 1532; OLG München, Beschl. v. 4. 6. 2008 - 12 UF 1125/07, BeckRS 2008, 12076; OLG Jena, NJW 2008, 3224; Borth, FamRZ 2008, 2 [10]). Teilweise wird insoweit von einer Zumutbarkeit nur im Rahmen einer Halbtagsbeschäftigung ausgegangen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2008, 1532; OLG München, Beschl. v. 4. 6. 2008 - 12 UF 1125/07, BeckRS 2008, 12076; OLG Jena, NJW 2008, 3224; Borth, FamRZ 2008, 2 [10]), die gegebenenfalls stufenweise auszuweiten ist (vgl. OLG Jena, NJW 2008, 3224). Darüber hinaus besteht im Wesentlichen Einigkeit darüber, dass dem betreuenden Elternteil nicht von heute auf morgen zumutbar ist, eine Vollzeitbeschäftigung auszuüben, und dass ihm eine angemessene Übergangsfrist einzuräumen ist (vgl. OLG München, Beschl. v. 4. 6. 2008 - 12 UF 1125/07, BeckRS 2008, 12076; OLG Jena, NJW 2008, 3224). Auch aus dem Gesetz ergibt sich die verbindliche Vorgabe, dass sogleich eine Vollzeitbeschäftigung auszuüben wäre, nicht. Vielmehr ist aus dem Wortlaut des § 1570 I und II BGB, wonach sich die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert, „solange und soweit" dies der Billigkeit entspricht, zu entnehmen, dass auch der Gesetzgeber von der Möglichkeit einer stufenweisen Ausweitung einer Erwerbsobliegenheit ausgegangen ist (vgl. Borth, FamRZ 2008, 2 [4f.] unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien; vgl. Nr. 17.1 Leitlinien KG).

Schon im Hinblick auf diese Erwägungen kann der geltend gemachte Anspruch nicht schon im Prozesskostenhilfeverfahren versagt werden. Zu entscheiden sind Rechts- und Bewertungsfragen, die sich erst im Rahmen des im Januar 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes stellen und die noch nicht durch eine verfestigte Rechtsprechung geklärt sind. Insoweit gilt, dass der auf Prozesskostenhilfe angewiesenen Partei die Möglichkeit der Klärung zweifelhafter Rechtsfragen im Hauptsacheverfahren nicht abgeschnitten werden darf (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, § 114 Rdnr. 21 m.w. Nachw.).

Die vorstehenden Erwägungen treffen auf die Ast. zu. Die von der Ast. zu betreuenden Kinder sind sieben und elf Jahre alt. Auf Grund der früher geltenden Rechtslage konnte sie sich darauf einstellen, dass sie Unterhalt erhalten würde, bis das jüngste Kind acht Jahre alt ist. Sie wurde erstmals mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Ag. vom 4. 1. 2008 darauf hingewiesen, dass er nunmehr eine Erwerbstätigkeit von ihr verlangt. Ihr war insoweit zuzubilligen, dass sie sich Rechtsrat holt, was sie noch im Januar 2008 getan hat. Auch ohne diese Schreiben hätte sich die Ast. frühestens nach Inkrafttreten des Gesetzes, das zuvor schon einmal verschoben worden war, und dessen öffentliche Bekanntmachung auf die geänderte Lage einstellen müssen. Die Ast. hat sodann eine Anstellung angenommen, die zwar nicht dem Umfang einer Halbtagsbeschäftigung entspricht, aber zusammen mit der Zusatzbeschäftigung annähernd ein entsprechendes Einkommen gewährleistet, und die mit der Option einer Erweiterung versehen ist. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass das jüngere Kind nach dem Vortrag der Ast. bisher nicht volltags fremdbetreut wurde, so dass der Ast. auch mit Rücksicht auf das Kind eine Übergangsphase zur Gewöhnung an die geänderten Verhältnisse zuzubilligen ist. Ob die Ast. bei hinreichenden Bemühungen bereits früher eine vergleichbare Anstellung hätte finden können, kann im Übrigen dahinstehen, da der Bekl. bis April Unterhalt in den Anspruch übersteigender Höhe geleistet hat.

Der Höhe nach hat die beabsichtigte Klage nur im Umfang eines monatlichen Unterhaltsanspruchs in Höhe von 303 Euro monatlich Erfolg, weil der Ag. zur Zahlung eines höheren Unterhalts nicht leistungsfähig ist. Der Senat geht hierbei von folgenden Einkommensverhältnissen aus:

Einkommen des Ag.: 1303,34 Euro monatlich bereinigt abzgl. 1000 Euro Selbstbehalt = 303,34 Euro Leistungsfähigkeit. …

Das Einkommen der Ast. ist wie folgt zu berücksichtigen: 629,88 Euro abzgl. 1/7 = 539,90 Euro.

Ob und ab wann der Ast. eine Ausweitung ihrer Stelle auf 30 bis 35 Stunden zugemutet werden kann, wird das AG im Hauptsacheverfahren nach Abwägung aller Umstände zu prüfen haben. Dabei dürfte zu erwägen sein, ob nicht die der Ast. bei Inanspruchnahme der Hausarbeitsbetreuung erwachsenden Kosten von 200 Euro im Schulhalbjahr als berufsbedingte Aufwendungen zu berücksichtigen sind (vgl. Meier, FamRZ 2008, 104; Wendl/Pauling, § 4 Rdnr. 69). Insofern würde sich nach den Berechnungen des Senats bei Zugrundelegung einer Beschäftigung zu 30 Stunden in der Woche bei einem Stundensatz von 12 Euro pro Stunde ein geringerer als der nach den vorstehenden Berechnungen durch den Selbstbehalt gekürzte Unterhalt nicht ergeben. Auf die gegen eine Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Bedarf bestehenden Bedenken, solange die Kinder noch einer umfassenden Betreuung durch die Ast. bedürfen, hat der Senat bereits hingewiesen.

Dem Hauptsacheverfahren muss die Frage vorbehalten bleiben, ob - unter Berücksichtigung der Kindesbelange - eine Verwirkung angenommen werden kann, weil die Ast. dem Ag. ihr im Jahr 2007 erzieltes Einkommen nicht mitgeteilt hat. ..."

***

Zur Befristung des Unterhalts nach § 1573 BGB auf eine Übergangszeit von drei Jahren. Ehebedingte Nachteile liegen nicht vor, wenn die Zeit der Kindererziehung vor der Eheschließung gelegen hat und die Unterhalt begehrende Ehefrau während der späteren Ehezeit von knapp acht Jahren keine beruflichen Nachteile erlitten hat. Der Abzug eines im Hausabtrag enthaltenen Tilgungsanteils kann aus dem Gesichtspunkt der zusätzlichen Altersversorgung (von bis zu 4%) weiterhin in Betracht kommen (vgl. BGH, NJW 2008, 1946 = FamRZ 2008, 963 [966]; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.08.2008 - 5 UF 185/07 zu §§ 1572, 1573, 1578 b II BGB, NJW 2008, 3440 f):

„... Die Ag. begehrt vom Ast. nachehelichen Unterhalt. Der Scheidungsausspruch ist seit dem 3. 12. 2007 rechtskräftig. Seit Dezember 2007 ist die zweckgebundene Förderung der Ag. für die aufgenommene selbstständige Tätigkeit entfallen, zum Ende April 2008 hat sie diese Tätigkeit auf Verlangen der Arbeitsagentur einstellen müssen. Das AG - FamG - hat der Ag. im Verbund mit der Scheidung monatlich 896 Euro nachehelichen Unterhalt unbefristet zugesprochen. Allein dagegen richtet sich die Berufung des Ast., die weiterhin auf Abweisung der Unterhaltsklage zielt, hilfsweise auf eine Befristung von längstens einem Jahr. Das OLG hat den nachehelichen Unterhalt befristet bis 21. 12. 2010. ...

Zwar teilt der Senat die Auffassung des AG, dass der Ast. grundsätzlich jedenfalls gem. §§ 1569, 1573 I, II BGB auch nach der Scheidung noch zum Unterhalt der Ag. verpflichtet ist, weil nicht zu erwarten ist, dass die inzwischen über 50 Jahre alte Ag. unter Berücksichtigung ihrer bisherigen beruflichen Entwicklung in Verbindung mit ihren gesundheitlichen Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt zeitnah eine auskömmliche Vollerwerbstätigkeit zu finden vermag, selbst wenn sich ihre in dem Gutachten aus dem Mai 2006 bestätigten psychischen und körperlichen Einschränkungen entsprechend den Erwartungen im Gutachten verbessern.

Der Senat geht allerdings auch davon aus, dass sie bei entsprechenden Anstrengungen auf dem derzeitigen Arbeitsmarkt einer Halbtagsbeschäftigung mit einem Bruttoeinkommen von etwa 9 Euro je Stunde nachgehen könnte, was dann in etwa zu dem vom AG zu Grunde gelegten Nettoeinkommen aus der Zeit der zuletzt tatsächlich ausgeübten selbstständigen Tätigkeit führen würde; d.h. bei monatlich circa 80 Stunden kann sie monatlich etwa 720 Euro brutto, entsprechend 581,70 Euro netto verdienen, die dann unterhaltsrechtlich nach Abzug von 5% berufsbedingten Aufwendungen und 1/7 Erwerbstätigenbonus mit 473,70 Euro zu berücksichtigen sind. Zuzüglich fiktiver 44 Euro aus Kapitalvermögen sind hiernach monatlich 517,70 Euro auf Seiten der Ag. in Ansatz zu bringen.

Das maßgebliche Einkommen des Ast. stellt sich nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung wie folgt dar:

Dem jährlichen Bruttoeinkommen von zunächst 60045,76 Euro (55 395,23 Euro bis Nov. 2007 + 4650,53 Euro im Dez. 2007) sind für die Pkw-Nutzung noch 3308,64 Euro (3032,92 Euro bis Nov. + 275,72 Euro im Dez. 2007) zuzuschlagen. Nach Abzug der Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, Kontoführungsbeträge und vermögenswirksamen Leistungen (des Arbeitgebers) von insgesamt 32 148,80 Euro und Abzug weiterer 153,31 Euro Steuernachberechnung für Dez. 2007 verbleiben 31052,29 Euro, entsprechend monatlich 2587,69 Euro aus seiner Erwerbstätigkeit. Dieses Nettoeinkommen kann der Ast. um weitere 106,09 Euro für zusätzliche Altersversorgung, 124,08 Euro (5% berufsbedingte Aufwendungen) und 336,79 Euro (1/7 Erwerbstätigenbonus) auf 2020,73 Euro bereinigen.

Für die selbst genutzte Wohnung nebst Garagenstellplatz ist gemäß dem in der Folgesache Zugewinnausgleich eingeholten Gutachten ein weiteres monatliches Einkommen von 497,50 Euro anzusetzen, das allerdings um den Darlehensabtrag von 370,69 Euro auf dann verbleibende 126,81 Euro bereinigt werden kann. Dem Ast. ist in diesem Zusammenhang zuzugeben, dass er bei dem zu Grunde gelegten Bruttoeinkommen auch nach der geänderten Rechtsprechung des BGH vom 5. 3. 2008 weiterhin den in dem oben genannten Hausabtrag enthaltenen Tilgungsanteil von 55,35 Euro neben den bereits berücksichtigten 106,09 Euro aus dem Gesichtspunkt der zusätzlichen Altersversorgung in Abzug bringen kann (vgl. BGH, NJW 2008, 1946 = FamRZ 2008, 963 [966] Rdnrn. 23, 24).

Damit sind auf Seiten des Ast. monatlich 2020,73 Euro aus Erwerbseinkommen + 126,81 Euro aus Vermögen = insgesamt monatlich 2147,54 Euro den oben ermittelten fiktiven Gesamteinkünften der Ag. von monatlich 517,70 Euro gegenüber zu stellen. Da auf beiden Seiten auch bereits der jeweilige Erwerbstätigenbonus abgezogen ist, beläuft sich der monatliche Unterhaltsanspruch der Ag. auf die Hälfte der Differenz beider Beträge, mithin 1629,84 Euro : 2 = aufgerundet 815 Euro. Dieser Anspruch ist allerdings vorliegend gem. § 1578b II BGB in der seit 1. 1. 2008 geltenden Fassung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls auf eine Dauer von drei Jahren zu begrenzen. Der BGH hat bereits zum alten Recht (vgl. BGH, NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793) und nunmehr wiederholt seit 1. 1. 2008 zur Anwendung des neuen § 1578b BGB entschieden, dass eine Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs zu erfolgen hat, wenn dem Verpflichteten gegenüber eine zeitlich unbegrenzte Unterhaltsverpflichtung unbillig wäre und der oder die Berechtigte keine wesentlichen ehebedingten Nachteile erlitten hat, insbesondere auch unter Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung während der Ehe und der Dauer der Ehe (BGH, NJW 2008, 2581 = FamRZ 2008, 1325; NJW 2008, 2644). Neu ist allerdings, dass die Befristung nach § 1578b BGB nicht nur Ansprüche nach § 1573 BGB, sondern auch etwaige wegen Alters und Krankheit nach §§ 1571, 1572 BGB erfasst.

Vorliegend ist ein wesentlicher Teil der Erziehung des gemeinsamen Kindes bereits vor Eheschließung im Jahre 1993 erfolgt. Nach der Eheschließung haben die Parteien nur noch etwa sieben Jahre zusammengelebt; nach acht Jahren Ehezeit ist das Scheidungsverfahren rechtshängig geworden. Nach ihrem eigenen Vortrag in der Antragsschrift der Folgesache Unterhalt vom 12. 8. 2002 hat die Ag. in der Ehe regelmäßig ein eigenes Einkommen von 2500 DM erzielt. Sie ist nach knapp zweijähriger Trennung der Parteien durch die Insolvenz ihrer früheren Arbeitgeberin im August 2002 arbeitslos geworden; besondere berufliche Nachteile wegen der Eheschließung sind deswegen jedenfalls nicht ersichtlich. Andererseits sind ihre psychischen Probleme und auch die körperlichen Einschränkungen während der Ehezeit aufgekommen. Auch wenn laut amtsärztlichem Ergänzungsgutachten des Gesundheitsamtes vom 18. 5. 2006 die gesundheitliche Prognose „trotzdem als günstig einzuschätzen" ist, wird es aber, wie der in den letzten Monaten erfolglos unternommene Versuch einer Verselbstständigung gezeigt hat, noch erheblicher Anstrengungen der Ag. über einen weiteren Übergangszeitraum bedürfen, bis sie wieder ein eigenständiges Leben ohne Unterstützung des Ast. führen kann. Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände und Abwägung der beiderseitigen Belange hält es der Senat hiernach für angemessen, dass der Ast. im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit der Ag. die finanzielle Unterstützung für eine Gesamtdauer von drei Jahren nach der Scheidung und damit bis zum Ende des Jahres 2010 im oben errechneten Umfang zukommen lässt. Das ist auch für ihn unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse ein überschaubarer und noch zumutbarer Zeitraum.

Die weitergehende, auf eine vollständige Abweisung der Klage gerichtete Berufung war deswegen als unbegründet zurückzuweisen. ..."

***

§ 524 Abs. 2 S. 3 ZPO gilt nur dann, wenn sich die für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Verhältnisse nach Ablauf der Berufungserwiderungsfrist geändert haben. Zur Zumutbarkeit von Beitragszahlungen beim Ausgleich einer Betriebsrente. Zur Darlegung der Erwerbsbemühungen des arbeitslosen Unterhaltsberechtigten. Zur Begrenzung bzw. Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs (OLG Nürnberg, Urteil vom 06.08.2008 - 7 UF 244/08 zu §§ 1577, 1578 b BGB).

„... Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der zwischen den Parteien durchzuführende Versorgungsausgleich sowie der nacheheliche Ehegattenunterhalt.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben am 28. Oktober 1977 vor dem Standesbeamten des Standesamtes S. die Ehe geschlossen. Aufgrund des der Antragsgegnerin am 23. April 2004 zugestellten Scheidungsantrages wurde die Ehe der Parteien in diesem Verfahren mit Endurteil vom 22. Januar 2008, das insoweit seit 3. Juni 2008 rechtskräftig ist, geschieden. Aus der Ehe sind zwei inzwischen volljährige Kinder hervorgegangen. Die Tochter T. lebt in Z. und ist auf keinerlei Unterstützung durch die Eltern mehr angewiesen; der Sohn S. studiert im 14. Fachsemester Mechatronik in C. Seit Januar 2008 zahlt der Antragsteller im Hinblick auf die Studiendauer für ihn keinen Unterhalt mehr.

Der Antragsteller ist bei der F.-GmbH & Co. KG beschäftigt und erzielt ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 3.687,36 €. Zum 1. Januar 2008 erhöhte sich der vom Antragsteller zu zahlende Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung um rund 50 €. Der Antragsteller, der nach wie vor zur Hälfte Miteigentümer des vormals ehelichen Anwesens in H. ist, leistet auf ein Darlehen hierfür Zahlungen in Höhe von 420,07 € monatlich; außerdem ist er Eigentümer eines 11-Parteien-Mietshauses und einer weiteren Eigentumswohnung, wobei der Nießbrauch hieran jeweils seiner Mutter zusteht. Eine 2-Zimmer-Wohnung in dem Mietshaus bewohnt er selbst; er bezahlt hierfür keine Miete an seine Mutter, erbringt aber als Gegenleistung Hausverwalter- und Hausmeistertätigkeiten. Neben dem Grundvermögen bestehen zugunsten des Antragstellers noch zwei Lebensversicherungen im Werte von 23.923 € (Stichtag: 31. Dezember 2004) und von 2.138 € (Stichtag: 30. November 2005). Die Versicherungen können vom Antragsteller nicht vorzeitig aufgelöst werden, da diese der betrieblichen Altersvorsorge dienen, und Versicherungsnehmer die F.-GmbH & Co. KG ist.

Die Antragsgegnerin hat die mittlere Reife und ist gelernte Arzthelferin. In diesem Beruf hat sie zunächst in Vollzeit und von 1978 bis zur Geburt des Sohnes im Jahre 1980 in Teilzeit gearbeitet. Nach der Geburt des Sohnes widmete sie sich hauptsächlich der Erziehung der Kinder und der Haushaltsführung. Nachdem im Jahre 1979 ihre Mutter verstorben war, übernahm sie deren Bürotätigkeit für die von ihrer Familie betriebene Gestüt G.-GmbH; sie erhielt hierfür ca. 600 DM im Monat. Nach dem Tode ihres Bruders im Jahre 1996 wurde sie auf Bitten der Familie formell Geschäftsführerin, führte aber weiterhin nur die kaufmännischen Tätigkeiten aus, während ihr Vater die Geschäfte führte. Für diese Tätigkeit erhielt sie zunächst ca. 1.300 DM im Monat, und später ca. 800 DM. Außerdem half sie bei der Verwaltung der ihren Schwiegereltern gehörenden Mietwohnungen, wobei der Umfang dieser Tätigkeit zwischen den Parteien umstritten ist. Nach der Auflösung der Gestüt G.-GmbH im April 2003 erhielt sie von Mai 2003 bis zum 19. Februar 2005 Arbeitslosengeld. Ab 10. November 2004 belegte sie einen 20-monatigen Fernlehrgang und ließ sich zur geprüften Immobilienfachwirtin ausbilden. Im März 2005 gründete sie eine Ich-AG auf dem Immobiliensektor; hierfür erhielt sie von März 2005 bis Februar 2008 einen Existenzgründerzuschuß in Höhe von zunächst 600 €, dann 360 € und schließlich 240 €. Weitere Einnahmen aus dieser Tätigkeit erzielte sie jedoch zu keinem Zeitpunkt. Seit 2006 bewirbt sie sich verstärkt auf Stellen aus dem medizinischen und kaufmännischen Bereich. Sie legt insoweit drei Aktenordner mit Absagen sowie Stellenausschreibungen und mit Schriftsatz vom 15. Juli 2008 einige Bewerbungsschreiben vor. Ihre Arbeitssuche blieb bisher erfolglos.

Die Antragsgegnerin wohnt nach wie vor zusammen mit dem gemeinsamen Sohn mietfrei im vormals ehelichen Anwesen in H. Ihren hälftigen Miteigentumsanteil hieran hat sie zwischenzeitlich an ihre beiden Kinder unter Einräumung des Nießbrauchs übertragen. Sie erbringt derzeit im Monat folgende Zahlungen: Verbrauchsunabhängige Kosten für das Haus 40 €, BfA-Beitrag 79,60 €, private Kranken- und Pflegeversicherung 191,34 €, Zusatzkrankenversicherung 28,68 €, Auslandskrankenversicherung 0,41 € und Lebensversicherung 16,69 €.

Der Antragsteller erwarb wahrend der Ehezeit unter anderem Anrechte aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der F.-GmbH & Co. KG. Die vom Antragsteller nach dem derzeitigen Stand insgesamt erworbene Jahresrente, bezogen auf den 31. Mai 2019, beläuft sich auf 13.590,36 €; hieraus errechnet sich ein an die Antragsgegnerin zu übertragender Betrag von 108,07 €. Die Satzung der betrieblichen Altersversorgung sieht - wie eine Nachfrage durch den Senat ergeben hat - in § 9 eine Hinterbliebenenversorgung vor.

Die Antragsgegnerin machte in erster Instanz einen nachehelichen Erwerbslosenunterhalt in Höhe von 995 € monatlich geltend. Das Amtsgericht - Familiengericht - Hersbruck hat mit Endurteil vom 22. Januar 2008 unter Nummer 3. dem Unterhaltsbegehren der Antragsgegnerin im vollen Umfange stattgegeben; eine zeitliche Befristung des Unterhaltsanspruchs hat es nicht vorgenommen. Unter Nummer 2. des Endurteils erfolgte der Ausgleich der betrieblichen Altersversorgung des Antragstellers in der Weise, daß gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG 48,30 € vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Rentenversicherung Bund übertragen wurden. Zum Ausgleich des darüber hinausgehenden Betrages von 59,77 € wurde der Antragsteller gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG verpflichtet, durch Entrichtung einer Beitragszahlung in Höhe von 13.126,15 € auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin Rentenanwartschaften von monatlich 59,77 €, bezogen auf den 31. März 2004, zu begründen.

Das Amtsgericht geht bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs davon aus, daß dem Antragsteller ein Wohnwert von 300 € zuzurechnen sei, und der Antragsgegnerin nach Abzug der verbrauchsunabhängigen Kosten von 40 € und unter Berücksichtigung dessen, daß der Sohn der Parteien mit in dem Anwesen wohne, ein solcher von 850 €. Die vom Antragsteller wegen seiner Erkrankung (antrogensensibles PSA-Rezidiv nach radikaler Prostatektomie) geltend gemachten Mehrkosten in Höhe von 400 € erkennt das Amtsgericht nicht an und rechnet der Antragsgegnerin auch kein fiktives Einkommen zu. Zur Begründung führt es aus, daß sich die Antragsgegnerin hinreichend um eine neue Erwerbsmöglichkeit bemüht habe. Außerdem führt das Erstgericht aus, eine Befristung des Unterhaltsanspruchs sei wegen der Dauer der Ehe und im Hinblick darauf, daß es der Antragsgegnerin aufgrund ihres Alters nahezu unmöglich sei, eine Erwerbstätigkeit zu finden, und ihres weitgehenden Verzichts auf ihre berufliche Entfaltung während der Ehezeit, nicht vorzunehmen.

Die Anordnung der Beitragszahlung im Rahmen des Versorgungsausgleichs begründet das Amtsgericht damit, daß diese zumutbar sei, da erhebliches Vermögen vorhanden sei.

Gegen die Verurteilung zum nachehelichen Ehegattenunterhalt und die Verpflichtung zur Begründung von Rentenanwartschaften in Höhe von 59,77 € durch Entrichtung einer Beitragszahlung in Höhe von 13.126,15 € im Endurteil vom 22. Januar 2008, das dem Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers am 24. Januar 2008 zugestellt worden ist, hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 25. Februar 2008, der am folgenden Tage beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen ist, Berufung einlegen und diese mit Schriftsatz vom 16. April 2008, der nach entsprechender Fristverlängerung vorab per Telefax am 25. April 2008 eingegangen ist, begründen lassen.

Er macht geltend, das Erstgericht gehe zu Unrecht davon aus, daß dem Antragsteller die im Rahmen des Versorgungsausgleichs angeordnete Ausgleichszahlung zumutbar sei. Wie seine Auskunft im abgetrennten Zugewinnausgleichsverfahren zeige, habe er kein flüssiges Kapital in der erforderlichen Höhe. Er habe Unterhaltszahlungen an die Antragsgegnerin zu erbringen; außerdem stehe eine nicht unerhebliche Zugewinnausgleichsforderung seitens der Antragsgegnerin im Raum. Eine Verwertung seiner Immobilien komme nicht in Betracht, weil diese entweder mit dem Nießbrauch für seine Mutter belastet seien oder der Antragsgegnerin und dem gemeinsamen Sohn als Wohnung dienen würden. Die Lebensversicherungen könne er nicht auflösen.

Bezüglich der Verurteilung zum nachehelichen Unterhalt macht der Antragsteller geltend, daß ihm kein Wohnvorteil zuzurechnen sei: Insoweit handele es sich um eine unterhaltsrechtlich unbeachtliche Zuwendung von seiner Mutter; außerdem sei dieser Vorteil nicht eheprägend. Darüber hinaus habe das Erstgericht nicht berücksichtigt, daß sich der Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeitrag des Antragstellers - wie in erster Instanz vorgetragen - zum 1. Januar 2008 um rund 50 € im Monat erhöht habe. Da es sich bei dem gemeinsam erworbenen Anwesen um ein luxuriöses Einfamilienhaus handele, müsse der Antragsgegnerin nach Abzug der verbrauchsunabhängigen Kosten von 40 € ein Wohnvorteil in Höhe von 1.160 € zugerechnet werden. Nicht nachvollziehbar sei, daß sich der Wohnwert verringere, weil das Anwesen auch von dem gemeinsamen Sohn bewohnt werde. Weiter sei auf seiten der Antragsgegnerin ein fiktives Nettoeinkommen von monatlich mindestens 1.000 € anzusetzen, da davon auszugehen sei, daß sie, wenn sie sich nach Ablauf des Orientierungsjahres ausdauernd und gewissenhaft um eine Anstellung in ihrem angestammten Beruf bemüht hätte, eine entsprechende Anstellung gefunden hätte. Schließlich müsse gerügt werden, daß das Erstgericht zu Unrecht die von ihm wegen seiner Erkrankung geltend gemachten notwendigen Aufwendungen in Höhe von 485 € im Monat nicht einkommensmindernd berücksichtigt habe.

Vorsorglich macht der Antragsteller geltend, daß ein etwaiger Unterhaltsanspruch auf jeden Fall zeitlich zu begrenzen sei.

Der Antragsteller beantragt, das Urteil des Familiengerichts Hersbruck vom 22. Januar 2008 (3 F 358/04) in Ziffer 2. dahingehend abzuändern, daß seine Verpflichtung zur Beitragszahlung von 13.126,15 € aufgehoben wird, und das Urteil weiter dahingehend abzuändern, daß er keinen nachehelichen Unterhalt an die Antragsgegnerin zu zahlen hat.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Berufung des Antragstellers zurückzuweisen. Sie bestreitet, daß es dem Antragsteller nicht zumutbar sei, die Ausgleichszahlung vorzunehmen, sowie, daß der Antragsteller im Jahre 2008 wegen seiner Erkrankung Aufwendungen in der geltend gemachten Höhe gehabt habe, verteidigt das erstinstanzliche Endurteil unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen in erster Instanz, und führt im übrigen aus, der Mietwert der vom Antragsteller genutzten Wohnung liege, wie die Mieten für die anderen im Hause befindlichen Wohnungen zeigen würden, bei 360 €. Dagegen könne bei ihr kein höherer Wohnvorteil angesetzt werden: Entgegen dem Sachvortrag des Antragstellers handele es sich nicht um eine Luxusimmobilie, sondern um ein 1950 errichtetes und 1968 bzw. 1996 aus- und umgebautes Haus in einer kleinen Ortschaft. Zu Recht gehe das Erstgericht davon aus, daß der Antragsgegnerin kein fiktives Einkommen zugerechnet werden könne, denn im Hinblick auf die zahlreichen Bewerbungen könne ihr keine Obliegenheitsverletzung zum Vorwurf gemacht werden. Als Arzthelferin könne sie bei einer Vollzeitstelle allenfalls 1.356 € brutto im Monat verdienen.

Mit Verfügung vom 29. April 2008, die dem Bevollmächtigten der Antragsgegnerin am 30. April 2008 zugestellt worden ist, ist der Antragsgegnerin zur schriftlichen Erwiderung auf die Berufung des Antragstellers eine Frist bis zum 28. Mai 2008 gesetzt worden. Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2008, der am gleichen Tage als Telefax beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen ist, ist die Antragsgegnerin dieser Aufforderung nachgekommen und hat darin unter anderem ausgeführt, daß im Hinblick darauf, daß der Antragsteller seit Januar 2008 keinen Kindesunterhalt mehr bezahle, nicht nur die Berufung des Antragstellers keinen Erfolg haben könne, sondern sich darüber hinaus eine Erhöhung der Unterhaltslast anbiete. Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2008 - eingegangen beim Oberlandesgericht per Telefax am gleichen Tage - hat die Antragsgegnerin schließlich mit dieser Begründung Anschlußberufung einlegen lassen. Sie führt aus, dadurch, daß der Antragsteller die Unterhaltszahlungen für S. eingestellt habe, erhöhe sich der ihr zustehende nacheheliche Unterhaltsanspruch auf mindestens 1.200 € im Monat.

Die Antragsgegnerin beantragt daher im Wege der Anschlußberufung, den Antragsteller und Berufungskläger zu verurteilen, an sie ab Rechtskraft des Scheidungsurteils einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 1.200 € zu zahlen, und zwar monatlich im voraus, jeweils zum 3. Werktag eines jeden Monats.

Der Antragsteller beantragt, die Anschlußberufung zurückzuweisen, da diese unzulässig sei.

Ergänzend wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Eine Beweisaufnahme hat weder in der ersten noch in der zweiten Instanz stattgefunden.

Entscheidungsgründe: Während die Berufung des Antragstellers zulässig ist und zumindest teilweise Erfolg hat, ist die Anschlußberufung der Antragsgegnerin zu verwerfen, da diese - worauf Senat in der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2008 hingewiesen hat - unzulässig ist.

1. Anschlußberufung

Die Anschlußberufung der Antragsgegnerin ist unzulässig, weil sie verspätet eingelegt worden ist. Nach § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO ist die Anschließung nur bis zum Ablauf der dem Berufungsgegner gesetzten Frist zur Berufungserwiderung zulässig. Mit Verfügung vom 29. April 2008 war der Antragsgegnerin zur schriftlichen Erwiderung auf die Berufung des Antragstellers eine Frist bis zum 28. Mai 2008 gesetzt worden. Die Anschlußberufung ging jedoch erst am 15. Juli 2008 und damit erhebliche Zeit nach Ablauf dieser Frist beim Oberlandesgericht Nürnberg ein.

Die Ausnahmeregelung des § 524 Abs. 2 S. 3 ZPO, wonach die vorgenannte Frist nicht gilt, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323 ZPO) zum Gegenstand hat, ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Diese Regelung wurde aus prozeßökonomischen Gründen eingeführt (BT-Dr. 145/3482 S. 18). Bei künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen sollten wesentliche Änderungen der für die Höhe der Leistung maßgebenden Umstände nicht erst im Abänderungsverfahren berücksichtigt werden, sondern der Rechtsstreit bereits im Berufungsverfahren umfassend entschieden werden. Dieser Gesichtspunkt greift jedoch nur dann, wenn diese Umstände vor Ablauf der in § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO bestimmten Frist nicht geltend gemacht werden konnten, d.h. erst nach Ablauf dieser Frist eingetreten sind (OLG Celle FamRZ 2007, 1821; OLG Koblenz FamRZ 2007, 1999).

Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Der Antragsteller hat seine Unterhaltszahlung an den gemeinsamen Sohn im Januar 2008 eingestellt, also erhebliche Zeit vor Ablauf der der Antragsgegnerin gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Die Antragsgegnerin war sich dieser Sachlage auch bewußt, denn bereits in der Berufungserwiderung vom 28. Mai 2008 wird ausgeführt, daß durch die Einstellung der Kindesunterhaltszahlungen eine Erhöhung des Ehegattenunterhaltsanspruchs im Raum steht. Eine Anschließung wurde in diesem Schriftsatz jedoch nicht erklärt.

Hinreichende Anhaltspunkte die es rechtfertigen könnten, Wiedereinsetzung von Amts wegen gemäß § 236 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 ZPO zu gewähren, sind somit nicht ersichtlich.

Die Anschlußberufung der Antragsgegnerin ist damit unzulässig. Sie hätte jedoch, wie sich aus den Ausführungen zur Berufung des Antragstellers ergibt, auch in der Sache keinen Erfolg gehabt.

2. Berufung des Antragstellers

a) Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie rechtzeitig eingelegt (§ 517 ZPO).

Das Endurteil des Amtsgerichts vom 22. Januar 2008 wurde den Bevollmächtigten des Antragstellers am 24. Januar 2008 zugestellt, so daß die einmonatige Berufungseinlegungsfrist, da der 24. Februar 2008 ein Sonntag war, am 25. Februar 2008 abgelaufen ist. Das Original des Berufungseinlegungsschriftsatzes ist zwar erst am 26. Februar 2008 beim Oberlandesgericht eingegangen, also einen Tag nach Ablauf der Berufungseinlegungsfrist; der Senat ist jedoch davon überzeugt, daß dieser Schriftsatz vorab als Telefax am 25. März 2008 und damit innerhalb der laufenden Frist eingegangen ist. Dies folgert der Senat zum einen aus dem von den Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 16. Juni 2008 vorgelegten Sendebericht, und zum anderen aus dem vom Oberlandesgericht Nürnberg geführten Telefax-Empfangsjournal. Aus dem Sendebericht ergibt sich, daß der Berufungsschriftsatz am 25. Februar 2008, bestehend aus vier Seiten, um 11.20 Uhr an die Telefaxnummer des Oberlandesgerichts gesendet worden ist. Die Richtigkeit dieses Sendeberichts wird durch das Journal bestätigt: Darin ist der Eingang eines vom Telefaxanschluß der Bevollmächtigten des Antragstellers abgesendeten Telefaxes, bestehend aus vier Seiten, um 11.24 Uhr vermerkt. Dabei handelt es sich nicht um die vom Antragsteller im Parallelverfahren 7 UF 233/08 eingelegte Berufung, denn diese ist - wie dem Journal zu entnehmen ist - drei Minuten vorher um 11.21 Uhr beim Oberlandesgericht eingegangen.

b) Versorgungsausgleich durch Beitragszahlung

Bezüglich des Ausgleichs des Restbetrages von 59,77 €, den das Amtsgericht durch Anordnung einer Beitragszahlung von 13.126,15 € vorgenommen hat, verbleibt es beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.

Gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG kann, wenn nach der Anwendung des § 1587b BGB und des § 1 Abs. 2 und 3 VAHRG noch ein Rest vorhanden ist, der schuldrechtlich auszugleichen ist, durch das Familiengericht die Begründung von Anwartschaften durch eine Beitragszahlung angeordnet werden, wenn dies dem Verpflichteten nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zumutbar ist. Dabei ist die wirtschaftliche Zumutbarkeit positiv unter Zugrundelegung der konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse festzustellen (KG NJW-RR 2002, 76), und sind im Rahmen der Ermessensentscheidung die Interessen des Berechtigten am Erwerb eigener Rentenanwartschaften durch eigene Beitragszahlung gegenüber dem Interesse des Verpflichteten an weitgehender Schonung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zu hoch zu bewerten (BGH FamRZ 1997, 166 = EzFamR BGB § 1587a Nr. 96 = BGHF 10, 433). Der Verpflichtete muß seinen Vermögensstamm nur dann einzusetzen, wenn gute Vermögensverhältnisse bestehen, und Vermögen vorhanden ist, das in wirtschaftlicher Form angemessen zu verwerten ist und nicht der eigenen Alterssicherung oder dem Erwerb einer Immobilie zu Wohnzwecken dient (BGH aaO). Bei der Abwägung spielt eine entscheidende Rolle, ob der Berechtigte durch den verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich abgesichert ist. Zu berücksichtigen sind ferner das Alter des Verpflichteten, ob er noch in der Lage ist, den Vermögensverlust auszugleichen, und ob er im Rahmen des Zugewinnausgleichs in Anspruch genommen wird (BGH aaO).

Wendet man diese Kriterien auf den vorliegenden Fall an, so kommt man zu dem Ergebnis, daß eine Beitragszahlung nicht angeordnet werden kann.

Der Antragsteller hat kein Vermögen, das er leicht und wirtschaftlich angemessen verwerten kann. Er hat weder Sparvermögen noch Wertpapiere oder Beteiligungen in der erforderlichen Höhe. Eine Verwertung der ihm gehörenden Immobilien ist in wirtschaftlicher Hinsicht nicht zumutbar. Er ist zwar Eigentümer einer Eigentumswohnung und eines 11-Parteien Mietshauses; diese sind jedoch mit einem Nießbrauch zugunsten seiner Mutter belastet, so daß eine Veräußerung nur schwer und höchstwahrscheinlich nur mit einem Wertverlust möglich ist. Ob und zu welchem Preise eine Veräußerung des vormals ehelichen Anwesens, das nun im Miteigentum des Antragstellers und der beiden gemeinsamen Kinder steht und von der Antragsgegnerin und dem gemeinsamen Sohn bewohnt wird, möglich ist, ist völlig offen und ungeklärt.

Auch eine Verwertung der beiden Lebensversicherungen kommt nicht in Betracht, denn Versicherungsnehmer ist nicht der Antragsteller, sondern seine Arbeitgeberin, die F.-GmbH & Co. KG. Diese zusätzliche betriebliche Altersversorgung steht daher nicht zur freien Verfügung des Antragstellers. Ungeklärt ist im vorliegenden Fall darüber hinaus, ob bzw. in welchem Umfange der Antragsteller im Rahmen des Zugewinnausgleichs noch in Anspruch genommen wird. Das Verfahren über den Zugewinnausgleich wurde abgetrennt. Eine Bezifferung wurde bisher noch nicht vorgenommen.

Gegen die Annahme der Zumutbarkeit spricht ferner, daß der Antragsteller ernsthaft erkrankt ist, und damit derzeit offen ist, ob er in der Lage sein wird, einen etwaigen Vermögensverlust wieder auszugleichen.

Entscheidende Bedeutung für die Verneinung der Zumutbarkeit kommt hier jedoch dem Umstand zu, daß die betriebliche Altersversorgung des Antragstellers, die hier auszugleichen ist, eine Hinterbliebenenversorgung vorsieht (§ 9 der Satzung), und damit die Antragsgegnerin durch den verlängerten schuldrechtlicher Versorgungsausgleich gemäß § 3a Abs. 1 VAHRG abgesichert ist.

Jedoch auch dann, wenn man die Zumutbarkeit bejahen müßte, würde der Senat im vorliegenden Fall im Rahmen der Ermessensentscheidung von der Anordnung der Beitragszahlung absehen, denn durch eine solche Anordnung würde zu Lasten der Antragsgegnerin ein beachtlicher Wertverlust eintreten. Die durch die Beitragszahlung erlangte Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung würde, bezogen auf den 31. März 2004, 59,77 € betragen, während sich durch Rückrechnung ein auf den 31. Mai 2019 bezogener Anspruch aus der betrieblichen Altersversorgung von (= 59,77 : 26,13 : 0,0001742628 : 5,7 : 12 =) 191,90 € ergibt.

c) Unterhaltsanspruch

Der Antragsgegnerin steht gegen den Antragsteller ein Aufstockungsunterhaltsanspruch ab Rechtskraft der Scheidung (3. Juni 2008) in Höhe von 794 € im Monat zu (§ 1573 Abs. 2 BGB). Dabei geht der Senat von folgenden Überlegungen aus:

Einkommen des Antragstellers

Das bereinigte Einkommen des Antragstellers aus seiner Tätigkeit bei der F.-GmbH & Co. KG betragt unstreitig 3.687,36 € inklusive zu berücksichtigender Spesengelder.

Diesem Einkommen hat das Amtsgericht zu Recht als Wohnvorteil weitere 300 € hinzugerechnet. Der Wohnvorteil stellt zwar keinen Wohnwert im eigentlichen Sinne dar; er ist jedoch als kostenloser geldwerter Sachbezug einkommenserhöhend zu berücksichtigen. Wie der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2005 erklärt, erbringt er für seine Mutter Hausverwalter- und Hausmeistertätigkeiten für das 11-Parteien-Mietshaus und darf dafür eine Wohnung in diesem Hause selbst nutzen. Der Wohnvorteil ist also nicht als unentgeltliche Zuwendung eines Dritten zu qualifizieren, sondern als Gegenleistung für vom Antragsteller erbrachte Arbeitsleistungen und damit Einkommen im unterhaltsrechtlichen Sinne. Auch § 1578 Abs. 1 BGB steht einer Berücksichtigung des geldwerten Vorteils nicht entgegen. Bei der Bestimmung der ehelichen Verhältnisse werden Änderungen nach der Trennung und sogar nach der Scheidung grundsätzlich berücksichtigt (BGH FamRZ 2006, 683 = FuR 2006, 266 = EzFamR BGB § 1581 Nr. 9; 2008, 968 = FuR 2008, 297), so daß die geldwerten Vorteile, die der Antragsteller durch Ausführung der Hausverwalter- und Hausmeistertätigkeit seit der Trennung erzielt, in die Bedarfsberechnung einfließen.

Der Senat sieht keine Veranlassung dazu, den sich aus dieser Tätigkeit ergebenden geldwerten Vorteil, wie von der Antragsgegnerin in der Berufungserwiderung angeregt, von 300 € auf 360 € zu erhöhen. Die Antragsgegnerin trägt insoweit zwar vor, daß die Mieten für die anderen Wohnungen in dem 11-Parteien-Mietshaus 360 € betragen; es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die vom Antragsteller genutzte Wohnung mit den übrigen Wohnungen in Ausstattung und Größe vergleichbar ist.

Da der Antragsteller - wie er einräumt - aufgrund dessen, daß seinem Sohn seiner Meinung nach kein Unterhaltsanspruch mehr zusteht, seit Januar 2008 diesem keine Zahlungen mehr leistet, kann der Kindesunterhalt nicht mehr als Abzugsposten bei der Bedarfsermittlung berücksichtigt werden.

Beim Abzug des Krankenversicherungsbeitrags für den gemeinsamen Sohn hat es jedoch sein Bewenden. Zwar wird im Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 15. Juli 2008 ausgeführt, daß das Einkommen des Antragstellers im Hinblick darauf, daß der Antragsteller für den Sohn keinen Unterhalt mehr bezahle, nicht mehr um 588 € zuzüglich 100 € zu bereinigen sei; sie behauptet jedoch nicht konkret, daß der Antragsteller den Krankenversicherungsbeitrag für den gemeinsamen Sohn in Höhe von rund 100 € tatsächlich nicht mehr erbringt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen des Antragstellers: Im Schriftsatz vom 9. Juni 2008 hat er lediglich bestätigt, daß er keine Zahlungen mehr an den Sohn leistet, aber nicht, daß er den Krankenkassenbeitrag für den Sohn nicht mehr erbringt.

Von dem Einkommen des Antragstellers abzuziehen sind - was zwischen den Parteien nicht umstritten ist - die Aufwendungen in Höhe von 420,07 €, die der Antragsteller nach wie vor für das Darlehen, das das vormals eheliche Anwesen betrifft, erbringt.

Zusätzlich abzuziehen ist der Betrag, um den sich der Krankenversicherungsbeitrag, den der Antragsteller für sich und seinen Sohn zu zahlen hat, seit Januar 2008 erhöht hat. Wie sich aus dem Schreiben der DKV vom 13. November 2007 ergibt, beträgt die Erhöhung ab Januar 2008 49,37 €.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die vom Antragsteller wegen seiner Erkrankung geltend gemachten Medikamentekosten zusätzlich vom Einkommen abzuziehen wären, denn es ist auf jeden Fall nicht nachgewiesen, daß solche Kosten auch im Jahre 2008 angefallen sind bzw. anfallen werden. Der Antragsteller hat insoweit lediglich drei Rechnungen vorgelegt; diese datieren jedoch vom 27. März 2006, vom 29. Januar und vom 15. Februar 2007. Legt man die vom Antragsteller angegebene Medikation zugrunde, so waren die Medikamente, auf die sich die drei Rechnungen beziehen, nach wenigen Monaten aufgebraucht. Folgerechnungen, aus denen entnommen werden könnte, daß der Antragsteller die Medikamente auch weiterhin, insbesondere auch im Jahre 2008, bezieht und einnimmt, werden jedoch nicht vorgelegt.

Einkommen der Antragsgegnerin

Der Senat sieht - worauf bereits in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2008 hingewiesen worden ist - keine Veranlassung dazu, den vom Amtsgericht auf seiten der Antragsgegnerin angesetzten Wohnvorteil von 850 € auf 1.160 € hinaufzusetzen. Bei der Bewertung des Wohnvorteils der Antragsgegnerin hat außen vor zu bleiben, daß diese ihren Miteigentumsanteil an dem Anwesen zwischenzeitlich an ihre beiden Kinder übertragen hat, denn zum einen kann zu Lasten des Unterhaltspflichtigen nicht berücksichtigt werden, daß der Unterhaltsberechtigte sein Einkommen ohne nachvollziehbaren Grund vermindert, und zum anderen hat sich die Antragsgegnerin den Nießbrauch vorbehalten, so daß die Nutzungsvorteile nach wie vor ihr und nicht den Kindern zufließen.

Beim nachehelichen Unterhalt ist zur Bestimmung des Wohnwertes grundsätzlich auf den Gesamtnutzungswert abzustellen, d.h. auf die objektive Marktmiete. Dies kann jedoch nur dann gelten, wenn im Falle der Verwertung des Eigenheims, sei es durch Vermietung oder Veräußerung, dem alleinnutzenden Ehegatten auch die gesamten Mieteinnahmen bzw. der gesamte Veräußerungserlös zufließen würden (vgl. BGH FamRZ 2000, 950 = FuR 2000, 469 = EzFamR BGB § 1581 Nr. 4 = BGHF 12, 159). Dies trifft im vorliegenden Fall jedoch nicht zu, denn dem Antragsteller stehen, da er nach wie vor zur Hälfte Miteigentümer des Anwesens ist, die Hälfte der Mieteinnahmen bzw. des Veräußerungserlöses zu. Demzufolge ist hier der Antragsgegnerin entweder der angemessene Wohnvorteil oder die Hälfte der objektiven Mieten zuzurechnen. Da weder der angemessene Wohnvorteil noch die Hälfte der objektiven Miete 850 € übersteigen, kommt eine Erhöhung des Wohnvorteils auf seiten der Antragsgegnerin nicht in Betracht.

Der Antragsgegnerin ist ein fiktives Einkommen in Höhe von 800 € netto im Monat zuzurechnen, da sie ihre Erwerbsbemühungen nicht hinreichend dargelegt hat.

Um im Falle der Arbeitslosigkeit der Darlegungslast für seinen Bedarf bzw. die fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit zu genügen, muß ein Unterhaltspflichtiger in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte er im einzelnen zu dem Zwecke unternommen hat, einen zumutbaren Arbeitsplatz zu finden und sich bietende Erwerbsmöglichkeiten zu nutzen (BGH FamRZ 1996, 345 = EzFamR BGB § 1581 Nr. 3 = BGHF 9, 1386; OLG Hamm FamRZ 2005, 279). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Antragsgegnerin, worauf sie bereits in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2008 durch den Senat hingewiesen worden ist, nicht. Die Antragsgegnerin legt zwar zahllose Absagen, ein Konvolut von Stellenausschreibungen und einige Bewerbungsschreiben vor; sie stellt jedoch nicht systematisch dar, auf welche Stellenausschreibung sie sich mit welchen Bewerbungsschreiben beworben hat, so daß sich die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Bewerbungen nicht überprüfen läßt, insbesondere nicht, ob sie überhaupt dem jeweiligen Anforderungsprofil entsprochen hat, und ob die Bewerbung jeweils hierauf zugeschnitten war. Darüber hinaus fehlt es am überregionalen Engagement. Die vorgelegten Absagen beziehen sich beinahe ausschließlich auf die hiesige Region. Da die Antragsgegnerin ungebunden ist, ist ihr aber auch zur Erlangung einer angemessen Erwerbstätigkeit ein Ortswechsel zuzumuten; auch kann von der Antragsgegnerin erwartet werden, daß sie selbst Anzeigen schaltet und von sich aus bei potentiellen Arbeitgebern nachfragt.

Ob ein arbeitsloser Unterhaltsberechtigter einen neuen Arbeitsplatz gefunden hätte, wenn er sich in der gebotenen Weise darum bemüht hätte, hängt von den Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt und auch von den persönlichen Eigenschaften des Bewerbers ab (BGH aaO). Die Antragsgegnerin ist gelernte Arzthelferin und war auch während der Ehezeit ununterbrochen bis Mai 2003 im kaufmännischen Bereich tätig, wenn auch nicht im vollen Umfange, d.h. die Antragsgegnerin - die keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen hat - hat eine abgeschlossene Berufsausbildung und Berufserfahrungen in einem beachtlichen Umfange, so daß sie trotz ihres Alters auf dem wieder belebten Arbeitsmarkt, der gerade auch für ältere Arbeitnehmer vermehrt Stellenangebote bereithält, Vermittlungschancen hat.

Der Senat verkennt jedoch auch die Schwierigkeiten der Antragsgegnerin, die bereits bei der Trennung das kritische Alter überschritten hatte und bisher ausschließlich im Familienbetrieb bzw. bei ihrem Schwiegervater tätig war, nicht, eine vollschichtige Arbeitsstelle zu finden, und geht daher davon aus, daß sie lediglich eine Anstellung als Teilzeitkraft mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von rund 1.100 € und damit einen Nettoeinkommen von rund 800 € hätte finden können.

Sonstige Rügen des Antragstellers

Soweit der Antragsteller rügt, daß dem Erstgericht bei der Berechnung des Unterhalts für 2004 und 2005 Fehler unterlaufen sind, spielt dies im vorliegenden Verfahren, das lediglich den nachehelichen Ehegattenunterhalt seit 3. Juni 2008 zum Gegenstand hat, keine Rolle und bedarf daher keiner Erörterung. Es ergibt sich somit folgende Bedarfsrechnung: Für den Zeitraum vom 3. Juni 2008 bis einschließlich August 2008 errechnet sich ein fälliger Unterhaltsanspruch von ([794 € : 30 Tage × 28 Tage] + [2 × 794 €] =) 2.329,07 €.

d) Zeitliche Begrenzung

Zu Recht geht das Amtsgericht davon aus, daß eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin nicht in Betracht kommt.

Nach § 1578b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ergeben.

Nach diesen rechtlichen Maßstäben ist im vorliegenden Fall eine Befristung des nachehelichen Unterhalts abzulehnen.

Gegen eine Befristung des Unterhaltsanspruchs spricht hier, daß die Ehe zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin fast 27 Jahre gedauert (Eheschließung 28. Oktober 1977, Zustellung des Scheidungsantrages 23. April 2004), und daß die Antragsgegnerin sich nach der Geburt der beiden Kinder hauptsächlich der Erziehung der Kinder und der Haushaltsführung gewidmet hat und nur noch eingeschränkt erwerbstätig war, so daß sich in der Erwerbsbiographie der Antragsgegnerin ehebedingt Nachteile manifestiert haben (vgl. zuletzt BGH FamRZ 2008, 1325 = FuR 2008, 401). Wie bereits oben dargelegt, kann die Antragsgegnerin, die während der Ehezeit nur eingeschränkt berufstätig war und bereits über 50 Jahre alt ist, lediglich eine Teilzeitstelle mit einem Nettoeinkommen in Höhe von 800 € finden. Hätte die Antragsgegnerin dagegen ihre Berufstätigkeit nicht zugunsten der Erziehung der Kinder und der Haushaltsführung eingeschränkt, sondern wäre sie durchgehend als Vollzeitkraft beschäftigt gewesen, so wäre davon auszugehen, daß sie jetzt eine gesicherte Vollzeitstelle im medizinischen oder kaufmännischen Bereich inne hätte und ein Nettoeinkommen erzielen würde, das zumindest den oben errechneten Bedarf von 2.282,18 € erreichen würde. Es kommen daher weder eine Befristung noch eine Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578b Abs. 1 BGB in Betracht. ..."

***

„... Das AG hat den Anspruch der Ast. auf Betreuungsunterhalt gem. § 1578b BGB zeitlich bis zum 30. 6. 2011 befristet. Gegen eine Befristung spricht, dass ein nach Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes festzusetzender Betreuungsunterhalt nach § 1570 I 2 BGB auf Grund der Unsicherheiten, die in der Entwicklung des Kindes und dessen Reife liegen, zeitlich nicht begrenzt werden kann, weil in der Regel eine sichere Prognose i.S. von § 258 i.V. mit § 323 I ZPO, ab welchem Zeitpunkt eine vollständige Drittbetreuung möglich ist und wann die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes endet, nicht getroffen werden kann (vgl. Borth, FamRZ 2008, 2 [11]; OLG München, Urt. v. 4. 6. 2008 - 12 UF 1125/07, BeckRS 2008, 12076). Da lediglich der Ag. um Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz ersucht hat und die Begrenzung in seinem Interesse liegt, erübrigen sich weitere Ausführungen.

Zwar kann eine fortgesetzte massive und schuldhafte Vereitelung des Umgangsrechts zu einem Ausschluss oder einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs des betreuenden Elternteils gem. § 1579 Nr. 7 BGB führen. Allerdings muss das Fehlverhalten schwerwiegend sein, um die Annahme der Verwirkung zu rechtfertigen (BGH, FamRZ 1987, 356 [358]). Der Ag. hat bereits nicht hinreichend vorgetragen, dass der Ast. ein schwerwiegendes Fehlverhalten anzulasten ist.

Dazu wäre es im einzelnen erforderlich gewesen, dass der Ag. vorträgt, wie sich sein Umgang mit W und das Verhältnis zu ihr nach der Trennung der Ehegatten im Einzelnen gestaltet hat. Ebenso wenig ist seinem Vorbringen zu entnehmen, welche Bemühungen er selbst in der Vergangenheit unternommen hat, um eine Änderung der ablehnenden Haltung des Kindes herbeizuführen, etwa indem er diesem durch Briefe oder gelegentliches Übersenden von kleinen Geschenken seine fortbestehende Zuneigung vermittelt hat. Bloße Schwierigkeiten bei der Ausübung des Umgangsrechts rechtfertigen keine Verwirkung (BGH, NJW 2007, 511 = FamRZ 2007, 193 [195]; NJW 2007, 1969 = FamRZ 2007, 882).

Der Scheidungsausspruch ist jedenfalls am 23. 7. 2007 rechtskräftig geworden, als die Ast. ihre Berufung gegen die Entscheidung zur Scheidung zurücknahm. Denn mit der Rücknahme des Hauptrechtsmittels kam eine (weitere) Anschließung nicht mehr in Betracht; eine etwa erfolgte Anschließung hätte ihre Wirkung verloren (BGH, NJW 1998, 2679 = FamRZ 1998, 1024; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 629a Rdnr. 36).

Soweit die Berufung für den Zeitraum 23. 7. 2007 bis 31. 12. 2007 in Höhe von monatlich 42 Euro Aussicht auf Erfolg hat, scheidet eine Pkh-Bewilligung aus, da der Berufungsstreitwert nicht erreicht wird. ..." (OLG Jena, Beschluss vom 24.07.2008 - 1 UF 167/08, NJW 2008, 3224 ff)

***

Ein unterhaltsrechtliches Abänderungsbegehren, mit dem eine nachträgliche Befristung von zunächst unbefristet tituliertem nachehelichen Ehegattenunterhalt verlangt wird, ist trotz § 36 I Nrn. 1 und 2 EGZPO grundsätzlich unzulässig, wenn der ursprüngliche Titel nach der maßgeblichen Änderung der Rechtsprechung des BGH (NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006) errichtet worden ist, so dass die seither ersichtlichen erweiterten Möglichkeiten einer Unterhaltsbefristung bereits hätten berücksichtigt werden können (OLG Dresden, Beschluss vom 04.07.2008 - 20 WF 574/08 zu BGB § 1578b; ZPO § 323; EGZPO § 36 I Nrn. 1 u. 2):

„... Durch Prozessvergleich vom 18. 7. 2006 hatte der Kl. sich nach rund 26-jähriger Ehe verpflichtet, der Bekl. unbefristet nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 455 Euro zu zahlen. Mit dem hier zu beurteilenden Abänderungsbegehren macht er eine Reduzierung des monatlichen Zahlbetrags und eine Befristung seiner Unterhaltsverpflichtung auf den 31. 12. 2008 geltend. Der angefochtene Beschluss des FamG ist dem Herabsetzungsverlangen teilweise gefolgt, indem er Prozesskostenhilfe für eine Abänderung des geschuldeten Unterhaltsbetrags auf monatlich 382 Euro ab 1. 1. 2008 gewährt hat; das greift die Beschwerde nicht an. Sie wendet sich jedoch gegen die Ablehnung des weitergehenden Prozesskostenhilfeantrags (wegen der Befristung) und verfolgt dieses Begehren im Beschwerdeverfahren weiter. Das Rechtsmittel hatte Erfolg. ...


II. 1. Zwar spricht viel dafür, dass das FamG im Ergebnis mit seiner Auffassung Recht behalten wird, dass die Abänderungsklage in der Frage der Befristung letztlich ohne Erfolg bleiben werde. Das hängt aber von der Entscheidung einer Rechtsfrage ab, zu der obergerichtliche Rechtsprechung derzeit noch nicht vorliegt. Der Senat erachtet es daher nicht für angemessen, diese Frage bereits auf der Ebene des Prozesskostenhilferechts abschließend zu behandeln, weil auch hilfsbedürftigen Beteiligten in einer solchen Konstellation der Zugang zum Hauptsacheverfahren und zur Herbeiführung einer rechtsmittel- und rechtskraftfähigen Sachentscheidung offenstehen muss.

2. Das FamG hat gemeint, die nachträgliche Befristung eines Nachscheidungsunterhalts sei unzulässig, wenn die Gründe, die jetzt zu ihrer Rechtfertigung angeführt werden, bereits im ursprünglichen Unterhaltsstreit eingetreten oder zuverlässig vorauszusehen waren und demgemäß schon bei der früheren Titulierung zu berücksichtigen gewesen wären. Das ist grundsätzlich richtig (vgl. etwa BGH, NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793 [799]). Allerdings ist das Unterhaltsrecht zum 1. 1. 2008 geändert worden, und das hierzu erlassene Übergangsrecht (§ 36 EGZPO) bestimmt, dass Umstände, die vor diesem Tag entstanden und (erst) durch die Rechtsänderung erheblich geworden sind, die Abänderung eines früheren Unterhaltstitels rechtfertigen können, „soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist" (§ 36 I Nr. 1 EGZPO). Für ein solches Abänderungsverlangen würden dann auch nicht die sonst maßgeblichen Schranken des § 323 II ZPO gelten (§ 36 I Nr. 2 EGZPO).

3. Dennoch ist zweifelhaft, ob diese auch von der Beschwerdebegründung verfochtene Argumentation dem Kl. letztlich zu einer nachträglichen Befristung der unbefristet eingegangenen Unterhaltsverpflichtung wird verhelfen können. Denn es ist durchaus fraglich, ob die Umstände, auf die der Kl. sich in diesem Zusammenhang beruft, tatsächlich erst infolge des zum 1. 1. 2008 in Kraft getretenen neuen Unterhaltsrechts erheblich geworden sind. Im Kern war es nämlich - darauf hat auch das FamG zu Recht hingewiesen - bereits die Entscheidung des BGH vom 12. 4. 2006 (NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006), die in Abkehr von älterer Rechtsprechung zu einer beträchtlichen Erweiterung der Möglichkeiten geführt hatte, nachehelichen Unterhalt zu beschränken und zeitlich zu begrenzen; die Zusammenfassung dieser Möglichkeiten im seit 1. 1. 2008 geltenden neuen Recht (§ 1578b BGB) geht darüber zumindest für den Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und den Aufstockungsunterhalt nicht wesentlich hinaus (Dose, FamRZ 2007, 1289 [1295f.]; ebenso Palandt/Brudermüller, BGB, Nachtrag zur 67. Aufl. [2008], § 36 EGZPO Rdnr. 15).

Ergibt sich indes - was der Senat grundsätzlich für richtig hält - der für das Klagebegehren entscheidende Präklusionsstichtag bereits aus der Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Frühjahr 2006, so wird die spätere Befristung einer danach vergleichsweise eingegangenen Unterhaltsverpflichtung nicht ohne Weiteres möglich sein. Da eine obergerichtliche Klärung dieser Rechtsfrage bisher jedoch aussteht, hält der Senat es dennoch für geboten, dem Kl. nach Maßgabe des Beschwerdeantrags Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Dass er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, zu den Verfahrenskosten beizutragen, hat das FamG nicht in Zweifel gezogen.

4. Sollte vor diesem Hintergrund das Hauptsacheverfahren durchgeführt werden und darin eine Abwägung zu etwa fortdauernden ehebedingten Nachteilen der Bekl. stattfinden, läge nach derzeitigem Sachstand aus Sicht des Senats eine Befristung des Unterhalts auf Ende 2008 gleichwohl fern. Es ist nicht ersichtlich, dass dies angesichts der Ehedauer und der Tatsache, dass die Bekl. seit 1991 - offenbar mit Billigung des Kl. - keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen ist, sich um zwei damals minderjährige Kinder gekümmert hat und sich mit dem Vergleichsabschluss vom Sommer 2006 dann auf eine unbefristete Unterhaltszahlung eingestellt hat, den schutzwürdigen Belangen der Bekl. gerecht werden könnte. Der Rechtsprechung des Senats würde es hier eher entsprechen, sich für den Fall einer Prüfung, ob der Streit der Parteien gütlich beigelegt werden kann, auf eine Befristungsregelung zu verständigen, die den Kl. zu Unterhaltszahlungen bis zum Beginn der Altersrente der jetzt 58 Jahre alten Bekl. verpflichtet. Der weitergehenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht dieser Gesichtspunkt nicht entgegen, weil eine über den 31. 12. 2008 hinausgeschobene Befristung sich kostenmäßig nicht auswirkt. ..."

***

Eine bestehende Unterhaltsregelung kann an das neue Unterhaltsrecht im Wege der Abänderungsklage nicht angepasst werden, wenn die Regelung zeitlich nach der Entscheidung des BGH vom 12. 4. 2006 (NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006) getroffen worden ist und das Abänderungsbegehren auf mangelnde ehebedingte Nachteile des Unterhaltsberechtigten im Hinblick auf seine Berufsausübung gestützt wird (OLG Bremen, Beschluss vom 24.06.2008 - 4 WF 68/08 zu ZPO § 323; EGZPO § 36 Nrn. 1, 2; BGB § 1578b):

„... Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Ihre 1983 geschlossene Ehe wurde im Februar 2002 geschieden. Sie haben eine im Jahr 1987 geborene gemeinsame Tochter, an die der Kl. 50 Euro monatlich an Ausbildungsunterhalt zu zahlen hat. Die Bekl. ist gelernte Friseurin. Seit April 2001 ist sie als Bürokraft tätig. Die unterhaltsrechtlichen Ansprüche der Bekl. dem Kl. gegenüber sind in der Vergangenheit durch mehrere Vergleiche geregelt worden, zuletzt mit dem am 21. 9. 2006 geschlossenen Vergleich, in dem sich der Kl. verpflichtet hat, an die Bekl. rückständigen und laufenden Unterhalt zu zahlen. Den laufenden Unterhalt haben die Parteien bis zum 31. 12. 2011 befristet.

Der Kl., der im Wege der Abänderungsklage eine Reduzierung des Unterhalts auf Null seit dem 1. 11. 2006 und dafür Prozesskostenhilfe begehrt, meint, dass der Bekl. auf Grund der Unterhaltsrechtsreform (spätestens) seit dem 1. 1. 2008 der titulierte Unterhalt nicht mehr zustehe. Der Bekl. seien durch die Ehe keine beruflichen Nachteile entstanden. Denn sie verfüge als Bürokraft über ein höheres als das von ihr in der Vergangenheit als Friseurin erzielte Einkommen. Auch für die Zeit vom 1. 11. 2006 bis zum 31. 12. 2007 bestehe unter Anwendung der Rechtsprechung des BGH kein Unterhaltsanspruch mehr. Denn im Gegensatz zur bisherigen Rechtsauffassung führe eine „Langzeitehe" nicht mehr zu einer langfristigen Unterhaltsverpflichtung. Im Übrigen sei die Abänderungsklage auch deshalb gerechtfertigt, weil er nunmehr an die gemeinsame Tochter Unterhalt zahle. Das AG - FamG - hat den Prozesskostenhilfeantrag abgelehnt. Die sofortige Beschwerde des Ast. hatte keinen Erfolg. ...

Das AG hat im Ergebnis zutreffend den Prozesskostenhilfeantrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO) der Abänderungsklage zurückgewiesen.

1. Eine (kürzere) zeitliche Befristung des laufenden Unterhalts (nachfolgend: Unterhalt) - wie vom Kl. begehrt - kommt nicht in Betracht. Soweit der Kl. sich auf die geänderte Rechtsprechung des BGH beruft, kann er sein Abänderungsbegehren hierauf nicht stützen. Denn der BGH hatte bereits zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses der Parteien seine Rechtsprechung zur Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit nach den §§ 1573 V, 1578 I 2 BGB a.F. geändert.

Während der BGH in der Vergangenheit eine Herabsetzung und zeitliche Begrenzung im Wesentlichen nur bei einer Ehedauer von bis zu zehn Jahren in Erwägung gezogen hat (vgl. BGH, NJW 1986, 2832 = FamRZ 1986, 886; NJW 1990, 2810 = FamRZ 1990, 857; NJW 2004, 3106 = FamRZ 2004, 1357), hat er erstmals mit Urteil vom 12. 4. 2006 (NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006) seine frühere Rechtsprechung, in der er der Dauer der Ehe als Billigkeitskriterium ein durchschlagendes Gewicht für eine dauerhafte „Unterhaltsgarantie" und gegen die Möglichkeit einer zeitlichen Begrenzung des Unterhalts hat zukommen lassen (s. BGH, NJW 2004, 3106 = FamRZ 2004, 1357 [1360]), grundlegend geändert (zu den Folgeentscheidungen s. BGH, NJW 2007, 839 = FamRZ 2007, 200; NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793 [799]; NJW-RR 2008, 1 = FamRZ 2007, 2049 [2052]). In seiner Entscheidung vom 12. 4. 2006 hat er ausgeführt, die Möglichkeit, den Aufstockungsunterhalt zu befristen, beruhe auf dem Gedanken, dass eine lebenslange Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards nur dann angemessen sei, wenn etwa die Ehe lang gedauert habe, wenn aus ihr gemeinsame Kinder hervorgegangen seien, die der Berechtigte betreue oder betreut habe, wenn er erhebliche berufliche Nachteile um der Ehe willen auf sich genommen habe oder wenn sonstige Gründe (z.B. Alter oder Gesundheitszustand des Berechtigten) für eine dauerhafte Lebensstandardgarantie sprächen. Lägen diese Voraussetzungen nicht vor, habe sich aber der Lebensstandard durch die Ehe verbessert, werde es oft angemessen sein, dem Berechtigten nach einer Übergangszeit einen Lebensstandard zuzumuten, der demjenigen entspreche, den er vor der Ehe gehabt habe. Mit dem Moment der Ehedauer wolle das Gesetz auf die Unangemessenheit hinweisen, einen Ehegatten, der in seinem beruflichen Fortkommen durch die Ehe nicht benachteiligt wurde, selbst dann zu begünstigen, wenn die Ehe nicht lange gedauert habe. Beruhe die Einkommensdifferenz zwischen Ehegatten auf fortwirkenden ehebedingten Nachteilen zu Lasten des Unterhaltsberechtigten, komme eine zeitliche Befristung des Aufstockungsunterhalts in der Regel auch bei kurzer Ehedauer nicht in Betracht.

Damit hat der BGH klargestellt, dass bei der Frage der Befristung des Unterhalts nicht (mehr) der Aspekt der Ehedauer im Vordergrund steht, sondern vornehmlich auf das Vorliegen und den Umfang ehebedingter (Erwerbs-)Nachteile abzustellen ist. Obgleich die grundlegende Entscheidung des BGH vom 12. 4. 2006 grundsätzlich zu einer Abänderung eines Unterhaltstitels berechtigt (Dose, FamRZ 2007, 1289 [1296]; Grandel, in: Münchener Anwaltshdb. FamilienR, 2. Aufl., § 9 Rdnr. 307; Gerhardt, in: Hdb. d. Fachanwalts FamilienR, 6. Aufl., Rdnr. 420a), kann der Kl. die geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung nicht als Abänderungsgrund geltend machen, da bereits vor Vergleichsabschluss die Entscheidung des BGH ergangen und in den einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlicht war.

Eine (kürzere) zeitliche Befristung kommt auch nicht im Hinblick auf das zum 1. 1. 2008 in Kraft getretene UÄndG in Betracht.

Unter welchen Voraussetzungen bereits bestehende Unterhaltsregelungen dem neuen Recht angepasst werden können, ergibt sich aus der Überleitungsvorschrift des § 36 EGZPO. Nach § 36 Nr. 1 EGZPO sind Umstände, die vor der rechtskräftigen Entscheidung über einen Unterhaltsanspruch oder vor der Errichtung eines vollstreckbaren Titels entstanden sind, nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. Danach kann ein Unterhaltstitel nur abgeändert werden, wenn Umstände, die der Errichtung des Unterhaltstitels zu Grunde lagen, durch das UÄndG eine andere Bewertung in Bezug auf Voraussetzungen und Höhe des Unterhaltsanspruchs erfahren und zu einer anderen Unterhaltsverpflichtung oder deren Wegfall führen können (Palandt/Brudermüller/Diederichsen, Nachtrag zur 67. Aufl., § 36 EGZPO Rdnr. 5; Borth, FamRZ 2008, 105 [106]; Rasch, FPR 2008, 15 [17]; s. auch Büte, FuR 2008, 177 [179]). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der hier in Rede stehende Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 II BGB konnte bereits nach altem Recht (§ 1573 V BGB a.F.) zeitlich begrenzt werden. Allerdings stellte § 1573 V BGB a.F. - wie bereits erwähnt - bei der Billigkeitsabwägung die Ehedauer in den Vordergrund. Die Befristungsregelung des § 1578b BGB n.F., die sämtliche Unterhaltstatbestände erfasst, stellt dagegen in erster Linie auf den Umfang ehebedingter Nachteile ab. Die Ehedauer ist dabei nur noch ein Abwägungskriterium unter mehreren gleichrangigen, nämlich der Dauer der Kinderbetreuung, der Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit. Mit Rücksicht darauf, dass sich die vom BGH (NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006 [1007]) im Vorgriff auf das UÄndG aufgestellten Grundsätze zu den Begrenzungsbestimmungen (§§ 1573 V, 1578 I BGB a.F.) in § 1578b BGB n.F. lediglich widerspiegeln, bleibt für eine Abänderung des von den Parteien geschlossenen Vergleichs nach § 36 Nr. 1 EGZPO kein Raum. Denn sowohl die Dauer der Ehe als auch etwaige ehebedingte Nachteile, die bereits im Ausgangsverfahren von Bedeutung waren, haben durch das UÄndG - gemessen an der geänderten Rechtsprechung des BGH - keine andere Bewertung erfahren.

Der von den Parteien geschlossene Vergleich kann somit hinsichtlich der vereinbarten zeitlichen Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht abgeändert werden.

2. Der vereinbarte Unterhalt ist auch der Höhe nach nicht abzuändern. Das Abänderungsbegehren des Kl. scheitert schon daran, dass sich die unter Nr. 2 aufgenommenen Vergleichsgrundlagen nicht mit der vereinbarten Unterhaltshöhe in Einklang bringen lassen. Der Kl. wäre daher gehalten gewesen, zu den Grundlagen des Vergleichs im Einzelnen vorzutragen. Unabhängig davon hat der Kl. nicht dargetan, dass sich sein zur Verfügung stehendes Einkommen durch die (geringfügige) Zahlungsverpflichtung der Tochter gegenüber insgesamt verringert hat. ..."

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Die Kosten für die berufsbedingte Nutzung eines Kraftfahrzeugs sind auch bei einer Entfernung von mehr als 30 Kilometern zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht pauschal zu begrenzen. Vielmehr kommt es auf den Einzelfall an. Über eine Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578b BGB kann erst entschieden werden, wenn das Einkommen des Unterhaltsberechtigten nachhaltig gesichert ist. Vorher ist der Sachverhalt nicht ausreichend geklärt (OLG Koblenz, Urteil vom 11.06.2008 - 9 UF 31/08, NJW 2008, 3720 ff zu BGB §§ 1573 II, 1578b I, II):

„... Der Unterhalt ist nicht herabzusetzen oder zeitlich zu befristen. Die Voraussetzungen hierfür können derzeit noch nicht abgeschätzt werden.

Nach § 1578b I BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Nach Absatz 2 der genannten Vorschrift ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre, wobei die Sätze 2 und 3 des Absatzes 1 hier entsprechend gelten.

Die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Beschränkung des Unterhalts führen können, trägt der Unterhaltsverpflichtete, weil es sich um Ausnahmetatbestände handelt (BGH, NJW 2008, 151 = FPR 2008, 48 = FamRZ 2008, 134). Hat der Unterhaltspflichtige allerdings Tatsachen vorgetragen, die - wie etwa die Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem von dem Unterhaltsberechtigten erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf - einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahelegen, obliegt es dem Unterhaltsberechtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere „Schonfrist" sprechen (BT-Dr 16/1830, S. 20).

Hier hat der Ast. geltend gemacht, dass die Ag. durch die Ehe und Kindererziehung keine berufliche Nachteile gehabt habe. Sie habe während der Ehe bis auf einen Zeitraum von drei Jahren gearbeitet. Heute habe die Ag. sich beruflich weiterentwickelt und übe eine qualifizierte Tätigkeit aus. Da feststeht, dass die Ag. bei der Firma K derzeit ein Einkommen von 2200 Euro bis 2400 Euro netto erzielt und sie durch ihre Tätigkeit als Krankenschwester nach ihren eigenen Angaben früher nicht mehr verdient hat, hat der Ast. die entsprechenden Voraussetzungen für eine Herabsetzung oder Befristung dargelegt.

Die Ag. ist einer Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts entgegengetreten. Ihr beruflicher Werdegang seit der Eheschließung am 25. 5. 1979 steht fest auf Grund ihrer Darlegung, die der Ast. nicht bestritten hat.

Danach arbeitete sie zur Zeit der Eheschließung vollschichtig als Krankenschwester am Klinikum K. 1980 wurde das erste Kind der Parteien geboren. Nach einem viermonatigen Erziehungsurlaub arbeitete die Ag. wieder teilschichtig zu 75%, und zwar im Nachtdienst auf der neurologischen Intensivstation. Da diese Tätigkeit mit der Versorgung des Kindes nicht in Einklang zu bringen war, reduzierte sie ab dem 1. 4. 1981 auf 50%. Von April 1984 bis zum 31. 3. 1986 arbeitete sie vollschichtig und absolvierte eine Fachausbildung für Anästhesie- und Intensivmedizin. Vom 1. 4. 1986 bis zum 30. 11. 1987 arbeitete sie als Fachschwester für Anästhesie und Intensivmedizin. In der Zeit zwischen dem 1. 3. 1988 und dem 31. 3. 1997 leitete sie eine Station des M.-Krankenhauses in B. (Vollzeit), wo sie zuletzt ein monatliches Bruttoeinkommen von 3500 DM/Monat erzielte. Am 28. 6. 1991 wurde die Tochter der Parteien geboren. Die Ag. nahm einen 18-monatigen Erziehungsurlaub in Anspruch. Erst zum 1. 4. 1997 nahm sie ihre berufliche Tätigkeit wieder auf und arbeitete bis zum 31. 12. 1998 in Vollzeit als Gebietsleiterin bei der Firma T im Außendienst, der Firma, bei der sie auch heute wieder beschäftigt ist. Dort erzielte sie ein monatliches Nettoeinkommen von rund 3800 DM. Wegen der Einschulung der Tochter arbeitete die Ag. in der Zeit vom 1. 1. 1999 bis 31. 12. 2000 nur noch auf geringfügiger Basis bei der genannten Firma. In der Zeit vom 1. 4. 2001 bis zum 31. 12. 2001 absolvierte sie eine Weiterbildung zur EDV-Sachbearbeiterin, ohne hierbei Einkommen zu erzielen. In der Zeit vom 20. 2. 2002 bis zum 31. 5. 2005 arbeitete die Ag. halbschichtig als Versicherungsberaterin beim B-Landesverband. Das Arbeitsverhältnis endete auf Grund einer vereinbarten Befristung.

Im Oktober 2005 erlitt die Ag. einen Bandscheibenvorfall. In der Folgezeit musste sie sich einer Vielzahl von stationären Behandlungen unterziehen, die sich einschließlich Rehabilitationsmaßnahme bis Ende November 2006 hinzogen. Den Beruf als Krankenschwester kann die Ag. infolge der Erkrankung nur noch im administrativen Bereich wahrnehmen. Seit dem 1. 8. 2007 arbeitet sie vollschichtig bei der Firma K-GmbH.

Die Ag. weist darauf hin, dass sie in den Anfangsjahren der Ehe allein für den Familienunterhalt zuständig war. Der Ast. studierte vom 1. 10. 1978 bis zum 31. 12. 1985 ohne Abschluss. In der Folgezeit absolvierte er dann vom 1. 1. 1986 bis zum 30. 4. 1987 eine Ausbildung zum Organisationsprogrammierer. Die Ag. hat durch ihre Erwerbstätigkeit den Lebensunterhalt der Familie sichergestellt und die Ausbildung des Ast. finanziell ermöglicht.

Bei der Abwägung der Umstände ist hier weiter zu berücksichtigen, dass die Ag. neben ihrer vollschichtigen Tätigkeit derzeit noch die gemeinsame Tochter betreut. Diese wird erst im Sommer des nächsten Jahres volljährig.

Eine Befristung des Unterhalts kommt nach Auffassung des Senats derzeit bereits deshalb nicht in Betracht, weil das Einkommen der Ag. noch nicht nachhaltig gesichert ist. Ihre Erwerbsbiografie zeigt, dass die Ag. ihre berufliche Karriere immer zielstrebig betrieben, aber wegen der Kindererziehung Einschränkungen auf sich genommen hat, insbesondere lukrative Tätigkeiten aufgegeben hat, um für die Kinder zur Verfügung zu stehen. Deshalb hatte die Ag. im Zeitpunkt ihrer Erkrankung im Oktober 2005 keine bereits langjährig ausgeübte Tätigkeit inne, die ihr einen Kündigungsschutz gesichert hätte. Bei der Firma K ist sie erst seit August 2007, also noch nicht zehn Monate, tätig. Daher ist derzeit völlig offen, ob es der Ag. gelingen wird, sich hierdurch eine nachhaltige Sicherung des Erwerbs zu verschaffen.

Auch eine Herabsetzung des zukünftigen Unterhalts auf einen angemessenen Bedarf ist derzeit wegen der noch ungesicherten Stellung der Ag. noch nicht möglich. Eine Herabsetzung im augenblicklichen Zeitraum wäre von vornherein unangemessen, nachdem die Ag. früher jahrelang allein für die finanzielle Versorgung der Familie eingestanden ist. Die Ag. sieht es zu Recht als gerecht und billig an, wenn sie deshalb auch in der Zukunft an dem von beiden Parteien gemeinsam erworbenen Lebensstandard partizipiert.

Gleichwohl wäre - unterstellt, sie würde weiterhin ein Einkommen in Höhe ihres angemessenen Bedarfs oder sogar darüber erzielen - zukünftig, nach etwa weiteren fünf Jahren, eine Beschränkung bzw. Befristung des Unterhalts angemessen. Denn auch unter Berücksichtigung der genannten Gesichtspunkte ist eine lebenslange Unterhaltsleistung seitens des Ast. mit Rücksicht auf den Grundsatz der Eigenverantwortung und der allmählichen Entflechtung der beiderseitigen Vermögens- und Lebensverhältnisse infolge der Trennung und Scheidung nicht gerechtfertigt. Weil aber das Einkommen der Ag. derzeit noch nicht nachhaltig gesichert ist, kann derzeit der Unterhalt nicht herabgesetzt werden. Es ist offen, ob sie den Unterhalt benötigt, wenn sie ihre derzeitige Beschäftigung wieder verlieren sollte.

Da die Voraussetzungen für eine Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts derzeit nicht abschließend feststehen, muss der Ast. durch Abänderungsklage (§ 323 ZPO) geltend machen, dass das Einkommen der Ag. nunmehr als nachhaltig gesichert betrachtet werden kann (KG, KG-Report 2002, 150). Der Auffassung des OLG Naumburg (OLG-Report 2002, 250), die Unterhaltsberechtigte müsse Abänderungsklage erheben, wenn die Prognose sich als ungerechtfertigt herausstelle, vermag der Senat nicht zu teilen (Büttner, FF 2002, 68; BGH, NJW-RR 2001, 937 = FamRZ 2001, 1364). ..."

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Die 49-jährige Ehefrau, die früher als Justizangestellte tätig war und ehebedingt 25 Jahre ausgesetzt hat, wird voraussichtlich in ihrem erlernten Beruf keine Arbeitsstelle mehr finden können. Durch anderweitige vollschichtige Berufstätigkeit wird sie nicht mehr als 1400 Euro monatlich brutto verdienen können. Das neue Unterhaltsrecht hat hinsichtlich der Befristung bzw. Beschränkung des nachehelichen Unterhalts zu keiner grundlegenden rechtlichen Änderung geführt. Durch § 1578b BGB wurde lediglich die einschlägige Rechtsprechung des BGH kodifiziert (OLG Köln, Urteil vom 10.06.2008 - 4 UF 252/07, NJW 2008 2448 f):

Die Ehe der Parteien wurde durch Verbundurteil vom 20. 11. 2007 geschieden. Rechtskraft ist insoweit am 14. 3. 2008 eingetreten. Mit seiner Berufung wendet sich der Ast. dagegen, dass er ohne Befristung zur Zahlung von nachehelichem Aufstockungsunterhalt in Höhe von 203 Euro verurteilt worden war. Sein Rechtsmittel hatte keinen Erfolg. ...

Das für den Ast. ermittelte Monatsnettoeinkommen von 2162,03 Euro reduziert sich damit noch wie folgt: Der Ast. ist seiner 1990 geborenen Tochter U vorrangig unterhaltspflichtig. Der Zahlbetrag der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. 1. 2008) beträgt in der 4. Altersstufe nach der 3. Einkommensgruppe 295 Euro monatlich. Für den Trennungsunterhalt stehen daher 1867 Euro zur Verfügung.

Zutreffend ist das FamG davon ausgegangen, dass die Ag. einer vollschichtigen Tätigkeit nachgehen muss. Auch nach Auffassung des Senats kann das vom FamG angenommene, von der Ag. realistischerweise erzielbare Bruttoeinkommen mit rund 1400 Euro bemessen werden. Soweit der Ast. die Berufsbiografie der Ag. kritisiert, kann dem nicht gefolgt werden. Schließlich hat die Ag. lange mit dem Ast. in einer Ehe zusammengelebt, in der die vornehmliche Hausfrauentätigkeit und Kinderbetreuung der Ag. die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben. Nunmehr wird der Ag. kaum noch eine Tätigkeit in einem gehobenen Beruf möglich sein, die ein höheres Einkommen als 1400 Euro brutto ergeben könnte. Die jetzt fast 49-jährige Ag. hat mit 20 Jahren geheiratet und zwei Kinder groß gezogen. Sie war seit der Eheschließung über 25 Jahre weder in ihrem erlernten Beruf als Rechtsanwaltsgehilfin noch in dem nach der Berufsausbildung ausgeübten Beruf der Justizangestellte tätig. Es kann nicht erwartet werden, dass die Ag. in diesen Berufen nochmals Anschluss finden wird und auch nur annähernd die dort erzielbaren Verdienste wird erzielen können, die erzielbar wären, wenn sie ohne die Ehe und der in ihr übernommenen Haushaltsführung und Kindererziehung in diesen Berufen tätig gewesen wäre und sich durch Fortbildung entsprechend hätte weiterentwickeln können. Es dürfte für die Ag. schon schwer sein, ein Einkommen zu erzielen, mit dem sie den angemessenen Eigenbedarf von 1000 Euro verdienen kann.

Der Unterhaltsanspruch der Ag. beläuft sich somit auf jedenfalls zuerkannte 203 Euro. Dies ergibt sich aus folgender Unterhaltsberechnung: ...

Der Unterhaltsanspruch der Ag. ist auch nicht zu befristen oder der Höhe nach zu beschränken. Auch nach Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes hat sich keine grundlegende rechtliche Änderung der Sach- und Rechtslage zur Frage der Befristung bzw. Beschränkung von Unterhaltsansprüchen ergeben, die eine umfassende Neubewertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu erfordert. Vielmehr kodifiziert die Vorschrift des § 1578b BGB die einschlägige Rechtsprechung des BGH zur Befristung bzw. Beschränkung von Unterhaltsansprüchen. Weiterhin gilt aber auch, dass eine Billigkeitsentscheidung auf Grund der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu treffen ist. Danach erscheint eine Befristung im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt.

Nach § 1578b II BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578b I 2 und 3 BGB). Allerdings scheidet bereits nach bisheriger Rechtsprechung des BGH zu § 1573 V BGB a.F. eine Befristung des Aufstockungsunterhalts nicht schon allein wegen einer langen Ehedauer aus, auch wenn diese mehr als 20 Jahre beträgt. So führt der BGH in seiner Entscheidung vom 28. 2. 2007 (BGHZ 171, 206 = NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793 [800]) aus, das Gesetz lege in § 1573 V BGB a.F. ebenso wie in § 1578 I 2 BGB a.F. keine bestimmte Ehedauer fest, von der ab eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nicht mehr in Betracht komme. Wie er mehrfach ausgeführt habe, widerspräche es auch dem Sinn und Zweck des § 1573 V BGB a.F., den Billigkeitsgesichtspunkt „Dauer der Ehe" im Sinne einer festen Zeitgrenze zu bestimmen, von der ab der Unterhaltsanspruch grundsätzlich keiner zeitlichen Begrenzung mehr zugänglich sein kann. Vielmehr stelle das Gesetz die Ehedauer als Billigkeitsgesichtspunkt gleichrangig neben die „Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit". Bei der Billigkeitsabwägung seien zudem die Arbeitsteilung der Ehegatten und die Ehedauer lediglich zu „berücksichtigen". Jeder einzelne Umstand lasse sich also nicht zwingend für oder gegen eine Befristung ins Feld führen. Zudem würden beide Aspekte, wie das Wort „insbesondere" verdeutliche, für die Billigkeitsprüfung keine Ausschließlichkeit beanspruchen. Die Abwägung aller danach in Betracht kommenden Gesichtspunkte sei Aufgabe des Tatrichters, der im Rahmen der Billigkeitsprüfung die maßgebenden Rechtsbegriffe und alle für die Einordnung unter diese Begriffe wesentlichen Umstände zu berücksichtigen habe (BGH, NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793 [800] m.w. Nachw.).

Diese zu §§ 1573 V, 1578 I 2 BGB in der seinerzeit gültigen Fassung ergangene Rechtsprechung bleibt in ihren Grundzügen - erweitert auf alle Unterhaltstatbestände - anwendbar, auch wenn durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz mit der Bestimmung des § 1578b BGB eine Neuregelung getroffen wurde (vgl. auch Palandt/Brudermüller, BGB, Nachtrag zur 67. Aufl. [2008], § 1578b Rdnrn. 1ff. und die dort zitierte bisherige Rspr. des BGH).

Wie oben bereits ausgeführt wurde, hat die nunmehr fast 49-jährige Ag. mit 20 Jahren geheiratet und zwei Kinder groß gezogen. Die Ehe dauerte von der Eheschließung am 8. 1. 1980 bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens am 6. 6. 2005 (vgl. zu diesem Zeitpunkt bei der Bestimmung der Dauer der Ehe Palandt/Brudermüller, § 1578b Rdnr. 10 m.w. Nachw.) über 25 Jahre. Es liegt auf der Hand, dass in dieser Zeit, in der die Ag. nur hin und wieder sporadisch geringfügig erwerbstätig war, eine starke wirtschaftliche Verflechtung zwischen den Eheleuten mit der Folge einer ehezeitbedingt wachsenden wirtschaftlichen Abhängigkeit der Ag. vom Ast. entstanden ist, die auch in absehbarer Zeit auf Grund der ehebedingten Umstände in beruflicher Hinsicht nicht wird behoben werden können. Je mehr aber die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten auf ehebedingten Umständen beruht, desto weniger kommt eine Befristung nach § 1578b II BGB in Betracht (vgl. Palandt/Brudermüller, § 1578b Rdnr. 6 m.w. Nachw.). Entsprechendes gilt auch für die Beschränkung des Anspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf (Palandt/Brudermüller, § 1578b Rdnr. 15).

Nach alledem war die Berufung des Ast. einschließlich seines Antrags auf Befristung oder Beschränkung des Unterhaltsanspruchs der Ag. zurückzuweisen. ..."

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Zur Begrenzung des Aufstockungsunterhalts nach neuem Unterhaltsrecht. Ist die nacheheliche Einkommensdifferenz nicht auf ehebedingte Nachteile, sondern darauf zurückzuführen, dass beide Ehegatten schon vorehelich infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten, ist es dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nach einer Übergangszeit in der Regel zuzumuten, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den er auch ohne die Ehe erreicht hätte (OLG Celle, Beschluss vom 02.06.2008 - 17 WF 66/08, NJW 2008, 2449 ff):

Die Ast. verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie war in der 1983 geschlossenen Ehe nicht berufstätig, versorgte u.a. die beiden vor der Ehe geborenen Kinder. Ihr Einkommen beträgt bereinigt 1120 Euro monatlich. Die Ast. begehrt nachehelichen Aufstockungsunterhalt. Das AG - FamG - hat ihren Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen. Ihre Beschwerde führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. ...

I. Das AG konnte der Ast. die nachgesuchte Prozesskostenhilfe nicht mit der Begründung verweigern, dass die Ast. in der Lage sei, ihren angemessenen Lebensbedarf durch eigene Erwerbseinkünfte zu bestreiten und deshalb zwei Jahre nach der Trennung eine nachwirkende Mitverantwortung des wirtschaftlich stärkeren Ag. für ihren Unterhalt nicht mehr bestehe. Nach § 1569 BGB obliegt es zwar jedem Ehegatten, nach der Scheidung selbst für seinen Unterhalt zu sorgen; nur wenn oder soweit er dazu außerstande ist, hat er einen Anspruch auf Nachscheidungsunterhalt gem. §§ 1570ff. BGB. Das Maß des Unterhalts bestimmt sich aber grundsätzlich weiter nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 I BGB), und das Unterhaltsrechtsreformgesetz hat den Unterhaltstatbestand des Aufstockungsunterhalts (§ 1573 II BGB) keineswegs abgeschafft. Wenn ein Ehegatte - wie es hier unzweifelhaft der Fall ist - durch eine der eigenen beruflichen Qualifikation entsprechende angemessene Erwerbstätigkeit seinen nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen Unterhalt nicht zu decken vermag, kann ihm ein nachehelicher Aufstockungsunterhalt nicht bereits unter Hinweis auf das Prinzip der Eigenverantwortung versagt werden.

Bereits aus diesem Grunde konnte die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Da sich das AG - aus seiner Sicht folgerichtig - bislang nicht mit der Bedürftigkeit der Ast. befasst hat, war die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG zurückzuverweisen.

II. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf das Folgende hin:

1. Nach § 1578b BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten herabzusetzen oder zu befristen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs und/oder dessen zeitlich unbegrenzte Zubilligung auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe für den Berechtigten Erwerbsnachteile eingetreten sind; solche Nachteile können sich vor allem - aber nicht ausschließlich - aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Der BGH hat bereits in seiner Rechtsprechung zu § 1573 V BGB (a.F.) im Hinblick auf die Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer, sondern darauf abgestellt, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründen könnte, als Folge eines ehebedingten Nachteils darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zu Gunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen kann (vgl. BGH, NJW 2008, 148 = FamRZ 2007, 2052 [2053]; BGHZ 174, 195 = NJW 2008, 151 = FamRZ 2008, 134 [135]). Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 II BGB bot deshalb schon nach altem Recht keine von ehebedingten Nachteilen unabhängige Lebensstandardgarantie mehr. Ist die nacheheliche Einkommensdifferenz nicht auf ehebedingte Nachteile, sondern darauf zurückzuführen, dass beide Ehegatten schon vorehelich infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten, ist es dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nach einer Übergangszeit in der Regel zuzumuten, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den er auch ohne die Ehe erreicht hätte.

2. Der bisherige Sach- und Streitstand bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass der Ast. gerade durch die Ehe und die dort gewählte Rollenverteilung Erwerbsnachteile entstanden sind.

Die Ast. verfügte nach ihrem eigenen Vorbringen nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung; sie war nach den zum Versorgungsausgleich erteilten Auskünften vor der Ehe zwischen 1972 und 1979 zeitweise als Fleischereiangestellte und Produktionsarbeiterin tätig gewesen. Bei ihrer Eheschließung mit dem Ag. im Jahre 1983 war die Ast. 28 Jahre alt und alleinerziehende Mutter zweier acht und drei Jahre alter Kinder, die nicht von dem Ag. abstammten. Es ist zwar im Ausgangspunkt richtig, dass die Übernahme der Betreuung der nicht gemeinschaftlichen Kinder durch die Ast. und die damit verbundene Aufgabe der Erwerbstätigkeit der von den Parteien praktizierten ehelichen Rollenverteilung entsprach und die etwaigen nachteiligen Folgen dieser Berufspause für die Erwerbsbiografie der Ast. im Rahmen der nach § 1578b BGB geforderten Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen wären. Allerdings sind solche Nachteile nach der bisherigen Aktenlage nicht ersichtlich.

Zum einen ist die Ast. bereits seit Juli 1979 keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen, und es wäre zu erwarten gewesen, dass die Ast. auch ohne die Eheschließung mit dem Ag. wegen der Betreuung und Erziehung ihrer beiden vorehelich geborenen Kinder noch über längere Zeit (weitere) Brüche in ihrer Erwerbsbiografie hätte hinnehmen müssen. Zum anderen wird sich gerade bei Ehegatten ohne Berufsausbildung oder einer geringen beruflichen Qualifikation in den meisten Fällen ohnehin nur schwer die Feststellung treffen lassen, dass ihnen nach dem Scheitern der Ehe Erwerbsmöglichkeiten und damit Einkommensquellen verschlossen bleiben, die sich ihnen ohne die in der Ehezeit eingelegte Berufspause tatsächlich eröffnet hätten (vgl. auch OLG Bremen, Beschl. v. 10. 4. 2008 - 4 UF 6/08, BeckRS 2008, 09226; Schürmann, FuR 2008, 183 [186]).

Unter den obwaltenden Umständen rechtfertigt sich in Ermangelung sonstiger ehebedingter Nachteile der Anspruch auf einen nachehelichen Aufstockungsunterhalt für die Ast. nur noch durch die mit zunehmender Ehezeit steigende wirtschaftliche Verflechtung der Eheleute und dem darauf gegründeten Vertrauen, dauerhaft nach den ehelichen Lebensverhältnissen versorgt zu sein. Da dies allein aber einen unbefristeten nachehelichen Unterhaltsanspruch in der Regel nicht mehr zu rechtfertigen vermag, wird das AG in einer umfassenden Billigkeitsprüfung die Länge der Übergangsfrist zu bestimmen haben, an deren Ende sich die Ast. auf einen Lebensstandard ohne Unterhaltszahlungen nach den ehelichen Lebensverhältnissen einrichten muss. Die Dauer der Übergangsfrist wird sich in den meisten Fällen nach einem Bruchteil der Ehezeit bemessen lassen. Als weitere Abwägungskriterien für die konkrete Bestimmung der Übergangsfrist kommen insbesondere das Alter des Unterhaltsberechtigten, die Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen, die Länge des Zeitraums, in dem bereits Trennungsunterhalt gezahlt wird, sowie die beiderseitigen Vermögensverhältnisse in Betracht.

3. Ob und gegebenenfalls wie lange im Anschluss an die Übergangsfrist noch ein weiterer - gegebenenfalls herabgesetzter - Aufstockungsunterhalt zu zahlen ist, weil der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit seinen eigenen Erwerbsmöglichkeiten nicht einmal den eigenen angemessenen Unterhalt decken kann, bedarf hier derzeit keiner Erörterung. Eine über den Ablauf der Übergangsfrist hinausgehende Fortzahlung eines nachehelichen Unterhalts käme allenfalls dann in Betracht, wenn der Unterhaltsberechtigte mit den seinem vorehelichen Lebensstandard entsprechenden Erwerbseinkünften voraussichtlich nicht einmal den eigenen eheangemessenen Selbstbehalt von derzeit 1000 Euro nachhaltig decken könnte und es deshalb angesichts der Ehedauer und der sonstigen Umstände des Einzelfalls - insbesondere des Alters des Unterhaltsberechtigten - als der Billigkeit entsprechend erscheint, das Einkommen des Unterhaltsberechtigten dauerhaft zumindest auf den eheangemessenen Selbstbehalt aufzustocken (vgl. dazu OLG Bremen, Beschl. v. 10. 4. 2008 - 4 UF 6/08, BeckRS 2008, 09226 m.w. Nachw.). Eine solche Sachverhaltskonstellation ist hier aber nicht zu besorgen, weil die Ast. nach ihrem eigenem Vorbringen bereits jetzt über ein um berufsbedingte Aufwendungen bereinigtes monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1120 Euro verfügt. ..."

***

Sind bei der Ehefrau keine ehebedingten Nachteile vorhanden, ist der nacheheliche Aufstockungsunterhalt für die teilschichtige berufstätige Ehefrau zu befristen (hier: 1998 geschlossene, kinderlos gebliebene Ehe; Trennung Ende 2005; drei Jahre Befristung ab Zustellung des Scheidungsantrags; OLG München, Beschluss vom 02.06.2008 - 16 UF 624/08 zu BGB §§ 1573, 1578b II, NJW 2008, 2447 f):

„... II. 1. Nach derzeitiger Aktenlage hat die Berufung der Kl. nur im vorgenannten Umfang Aussicht auf Erfolg. Die Kl. kann vom Bekl. gem. § 1573 BGB nach der Scheidung Ehegattenunterhalt verlangen, weil sie bisher eine angemessene Erwerbstätigkeit nicht gefunden hat.

Die jetzt 53 Jahre alte Kl. ist gelernte Verkäuferin. Sie ist seit November 2006 in Teilzelt als Vorarbeiterin bei einer Fa. C-GmbH beschäftigt, wofür sie bei einem Stundenlohn von derzeit 9,41 Euro zwischen 625 Euro und ca. 720 Euro netto im Monat verdient. Der Senat ist der Auffassung, dass die Kl. im Hinblick auf den Grundsatz der Eigenverantwortung gehalten ist, ihre derzeitige Tätigkeit auszuweiten und einer vollschichtigen Beschäftigung nachzugehen.

Die Kl. ist nach Aktenlage uneingeschränkt arbeitsfähig. Nach dem ärztlichen Attest vom 18. 10. 2007 haben sich die arthrotischen Beschwerden, deretwegen die Kl. in der Zeit vom 16. 7. 2007 bis 10. 8. 2007 vorübergehend arbeitsunfähig gewesen war, deutlich gebessert, so dass gesundheitliche Beeinträchtigungen der Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nunmehr nicht entgegenstehen. Mit den von ihr dargelegten Anstrengungen kommt die Kl. ihrer Obliegenheit, sich nach Kräften um eine geeignete Tätigkeit zu bemühen, nicht nach. Sie hat sich nach den von ihr vorgelegten Unterlagen in der Zeit von Juni 2007 bis September 2007 lediglich bei drei Arbeitsstellen um eine Stelle als Verkäuferin oder Kassiererin beworben und sich beim Arbeitsamt als arbeitsuchend gemeldet.

Der Senat geht davon aus, dass die Kl. bei gehöriger Anstrengung in der Lage wäre, bei vollschichtiger Beschäftigung in ihrem erlernten Beruf oder durch eine vergleichbare Tätigkeit ausgehend von einem Stundenlohn von 9,40 Euro ein Bruttoeinkommen von mindestens 1521 Euro pro Monat zu erzielen. Dies entspricht bei Steuerklasse I einem Nettolohn von ca. 1071 Euro. Die Kl. nutzt seit der Trennung der Parteien im Dezember 2005 die im gemeinsamen Eigentum stehende Wohnung allein, wofür ihr ein der Höhe nach unstreitiger Wohnwert von monatlich 600 Euro zuzurechnen ist. An den Verbindlichkeiten und den laufenden Unkosten für die Wohnung beteiligt sich die Kl. nicht. ...

Dem Bekl. verbleibt ein bedarfsprägendes Erwerbseinkommen von 2204 Euro. Dem steht nach Abzug von 5% pauschalen berufsbedingten Aufwendungen (53,56 Euro), Hinzurechnung eines Wohnwerts von 600 Euro und unter Berücksichtigung von 1/10 Erwerbstätigenbonus (102 Euro) ein fiktives und bedarfsprägendes Einkommen der Kl. von insgesamt 1516 Euro gegenüber. Hiermit kann die Kl. ihren mit 1860 Euro errechnenden Bedarf teilweise abdecken, so dass ein Unterhaltsanspruch von noch 344 Euro verbleibt. Der Bekl. ist in dieser Höhe leistungsfähig.

Nach Auffassung des Senats wäre ein zeitlich unbegrenzter Unterhalt im Hinblick auf die hier vorliegenden Umstände unbillig i.S. von § 1578b II BGB. Eine Befristung für die Dauer von drei Jahren ab Zustellung des Scheidungsantrags, d.h. bis einschließlich Dezember 2009, erscheint angemessen. Der Senat berücksichtigt dabei, dass die Parteien bis zur Trennung im Dezember 2005 nur ca. 7 ½ Jahre zusammengelebt hatten und ihre kinderlos gebliebene Ehe nach ca. neunjähriger Dauer geschieden wurde. Fortwirkende ehebedingte Nachteile sind auf Seiten der Kl. nicht ersichtlich. Im Übrigen weiß die Kl. spätestens seit der Trennung im Dezember 2005, dass sie künftig für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen muss. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts auf drei Jahre ab Zustellung des Scheidungsantrags, somit bis einschließlich Dezember 2009, gerechtfertigt. Der Senat geht davon aus, dass die Kl. jedenfalls ab diesem Zeitpunkt eine geeignete vollschichtige Tätigkeit gefunden haben wird. ..."

***

Ein unterhaltsrechtliches Abänderungsbegehren, mit dem eine nachträgliche Befristung von zunächst unbefristet tituliertem nachehelichen Ehegattenunterhalt verlangt wird, ist trotz § 36 I Nrn. 1 und 2 EGZPO grundsätzlich unzulässig, wenn der ursprüngliche Titel nach der maßgeblichen Änderung der Rechtsprechung des BGH (NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006) errichtet worden ist, so dass die seither ersichtlichen erweiterten Möglichkeiten einer Unterhaltsbefristung bereits hätten berücksichtigt werden können (OLG Dresden, Beschluss vom 04.07.2008 - 20 WF 574/08 zu BGB § 1578b; ZPO § 323; EGZPO § 36 I Nrn. 1 u. 2):

„... Durch Prozessvergleich vom 18. 7. 2006 hatte der Kl. sich nach rund 26-jähriger Ehe verpflichtet, der Bekl. unbefristet nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 455 Euro zu zahlen. Mit dem hier zu beurteilenden Abänderungsbegehren macht er eine Reduzierung des monatlichen Zahlbetrags und eine Befristung seiner Unterhaltsverpflichtung auf den 31. 12. 2008 geltend. Der angefochtene Beschluss des FamG ist dem Herabsetzungsverlangen teilweise gefolgt, indem er Prozesskostenhilfe für eine Abänderung des geschuldeten Unterhaltsbetrags auf monatlich 382 Euro ab 1. 1. 2008 gewährt hat; das greift die Beschwerde nicht an. Sie wendet sich jedoch gegen die Ablehnung des weitergehenden Prozesskostenhilfeantrags (wegen der Befristung) und verfolgt dieses Begehren im Beschwerdeverfahren weiter. Das Rechtsmittel hatte Erfolg. ...

II. 1. Zwar spricht viel dafür, dass das FamG im Ergebnis mit seiner Auffassung Recht behalten wird, dass die Abänderungsklage in der Frage der Befristung letztlich ohne Erfolg bleiben werde. Das hängt aber von der Entscheidung einer Rechtsfrage ab, zu der obergerichtliche Rechtsprechung derzeit noch nicht vorliegt. Der Senat erachtet es daher nicht für angemessen, diese Frage bereits auf der Ebene des Prozesskostenhilferechts abschließend zu behandeln, weil auch hilfsbedürftigen Beteiligten in einer solchen Konstellation der Zugang zum Hauptsacheverfahren und zur Herbeiführung einer rechtsmittel- und rechtskraftfähigen Sachentscheidung offenstehen muss.

2. Das FamG hat gemeint, die nachträgliche Befristung eines Nachscheidungsunterhalts sei unzulässig, wenn die Gründe, die jetzt zu ihrer Rechtfertigung angeführt werden, bereits im ursprünglichen Unterhaltsstreit eingetreten oder zuverlässig vorauszusehen waren und demgemäß schon bei der früheren Titulierung zu berücksichtigen gewesen wären. Das ist grundsätzlich richtig (vgl. etwa BGH, NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793 [799]). Allerdings ist das Unterhaltsrecht zum 1. 1. 2008 geändert worden, und das hierzu erlassene Übergangsrecht (§ 36 EGZPO) bestimmt, dass Umstände, die vor diesem Tag entstanden und (erst) durch die Rechtsänderung erheblich geworden sind, die Abänderung eines früheren Unterhaltstitels rechtfertigen können, „soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist" (§ 36 I Nr. 1 EGZPO). Für ein solches Abänderungsverlangen würden dann auch nicht die sonst maßgeblichen Schranken des § 323 II ZPO gelten (§ 36 I Nr. 2 EGZPO).

3. Dennoch ist zweifelhaft, ob diese auch von der Beschwerdebegründung verfochtene Argumentation dem Kl. letztlich zu einer nachträglichen Befristung der unbefristet eingegangenen Unterhaltsverpflichtung wird verhelfen können. Denn es ist durchaus fraglich, ob die Umstände, auf die der Kl. sich in diesem Zusammenhang beruft, tatsächlich erst infolge des zum 1. 1. 2008 in Kraft getretenen neuen Unterhaltsrechts erheblich geworden sind. Im Kern war es nämlich - darauf hat auch das FamG zu Recht hingewiesen - bereits die Entscheidung des BGH vom 12. 4. 2006 (NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006), die in Abkehr von älterer Rechtsprechung zu einer beträchtlichen Erweiterung der Möglichkeiten geführt hatte, nachehelichen Unterhalt zu beschränken und zeitlich zu begrenzen; die Zusammenfassung dieser Möglichkeiten im seit 1. 1. 2008 geltenden neuen Recht (§ 1578b BGB) geht darüber zumindest für den Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und den Aufstockungsunterhalt nicht wesentlich hinaus (Dose, FamRZ 2007, 1289 [1295f.]; ebenso Palandt/Brudermüller, BGB, Nachtrag zur 67. Aufl. [2008], § 36 EGZPO Rdnr. 15).

Ergibt sich indes - was der Senat grundsätzlich für richtig hält - der für das Klagebegehren entscheidende Präklusionsstichtag bereits aus der Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Frühjahr 2006, so wird die spätere Befristung einer danach vergleichsweise eingegangenen Unterhaltsverpflichtung nicht ohne Weiteres möglich sein. Da eine obergerichtliche Klärung dieser Rechtsfrage bisher jedoch aussteht, hält der Senat es dennoch für geboten, dem Kl. nach Maßgabe des Beschwerdeantrags Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Dass er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, zu den Verfahrenskosten beizutragen, hat das FamG nicht in Zweifel gezogen.

4. Sollte vor diesem Hintergrund das Hauptsacheverfahren durchgeführt werden und darin eine Abwägung zu etwa fortdauernden ehebedingten Nachteilen der Bekl. stattfinden, läge nach derzeitigem Sachstand aus Sicht des Senats eine Befristung des Unterhalts auf Ende 2008 gleichwohl fern. Es ist nicht ersichtlich, dass dies angesichts der Ehedauer und der Tatsache, dass die Bekl. seit 1991 - offenbar mit Billigung des Kl. - keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen ist, sich um zwei damals minderjährige Kinder gekümmert hat und sich mit dem Vergleichsabschluss vom Sommer 2006 dann auf eine unbefristete Unterhaltszahlung eingestellt hat, den schutzwürdigen Belangen der Bekl. gerecht werden könnte. Der Rechtsprechung des Senats würde es hier eher entsprechen, sich für den Fall einer Prüfung, ob der Streit der Parteien gütlich beigelegt werden kann, auf eine Befristungsregelung zu verständigen, die den Kl. zu Unterhaltszahlungen bis zum Beginn der Altersrente der jetzt 58 Jahre alten Bekl. verpflichtet. Der weitergehenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht dieser Gesichtspunkt nicht entgegen, weil eine über den 31. 12. 2008 hinausgeschobene Befristung sich kostenmäßig nicht auswirkt. ..."

***

Nach dem neuen Unterhaltsrecht ist es dem unterhaltsberechtigten Ehegatten trotz Betreuung von zwei acht- und elfjährigen Kindern grundsätzlich zuzumuten, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Eine bereits begonnene Berufsfortbildung darf über den 1. 1. 2008 hinaus zu Ende geführt werden. Reicht das Einkommen des Unterhaltspflichtigen zur Deckung des Bedarfs nachrangiger Unterhaltsberechtigter (hier: geschiedene Ehefrau und Mutter des nichtehelichen Kindes) nicht aus, ist der Kindesunterhalt auf den Mindestunterhalt herabzustufen (OLG Köln, Urteil vom 27.05.2008 - 4 UF 159/07 zu BGB §§ 1570, 1578 b, NJW 2008, 2659 f).

***

„... Die Parteien, die im Jahre 2004 nach 36jähriger Ehe, aber nach rd. 18jähriger Trennung von einander geschieden worden sind, streiten um nachehelichen Unterhalt. Im Scheidungstermin am 03.06.2004 hatten sie sich auf eine monatlich vom Kläger zu zahlende Unterhaltsrente für die Beklagte in Höhe von 325,00 € geeinigt. Diesem Vergleich lag die Erwägung zugrunde, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von rd. 1.400,00 € verfügte. Seit dem 01. August 2006 bezieht er eine Altersrente in Höhe von nur noch 1.024,42 € monatlich netto, was er zum Anlass für eine Abänderungsklage genommen hat, mit der er ein völliges Entfallen seiner Unterhaltsverpflichtung erstrebt hat.

Auf seine Abänderungsklage hat das Amtsgericht durch das am 07.08.2007 verkündete Urteil, wegen dessen vollständigen Sachverhalts und der Entscheidungsgründe auf Bl. 113 ff. d. A. verwiesen wird, seinem Begehren teilweise stattgegeben und den am 03.06.2004 geschlossenen Vergleich mit Wirkung ab 01.08.2007 dahin abgeändert, dass der Kläger nur noch zur Zahlung eines nachehelichen Ehegattenunterhalts in Höhe von 217,00 € monatlich, zahlbar bis zum jeden 3. eines Monats, verpflichtet blieb und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger verfüge über ein monatliches Renteneinkommen in Höhe von 1.024,00 € netto. Er habe zusätzlich mit Eintritt in den Ruhestand von seinem Arbeitgeber eine Abfindung von 7.935,18 € erhalten als Ausgleich für die Mindereinkünfte infolge der zuvor vereinbarten Altersteilzeit. Diese Abfindung sei billigerweise auf 36 Monate umzulegen und ergebe monatlich anteilige 220,42 €. Nach Abzug der Kreditbelastung von 138,00 €, die noch bestünden und die Vergleichsgrundlage gewesen seien, verblieben ihm monatlich rd. 1.107,00 €. Bei einem ihm zuzubilligenden Selbstbehalt von 890,00 € sei er deshalb in Höhe von 217,00 € monatlich leistungsfähig.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Ziel weiter verfolgt sowie, erstmals in der Berufungsinstanz und unter Bezugnahme auf die jüngere höchstrichterliche Rechtsprechung sowie auf das seit dem 01.01.2008 geltende Recht nach der Unterhaltsreform, hilfsweise eine Befristung des zu zahlenden nachehelichen Unterhalts begehrt. Seine Einkünfte seien seit dem Vergleich stark gesunken. Er verfüge nur noch über Renteneinkünfte. Die Darlehensbelastung belaufe sich auch nicht auf 138,00 €, wie es im Vergleich aus dem Jahr 2004 heiße, sondern tatsächlich auf 160,00 € monatlich (so sein schriftsätzlicher Vortrag) bzw. auf 185,00 € monatlich (so sein Prozessbevollmächtigter im Senatstermin). Auch im Jahre 2004 seien das nicht monatlich 138,00 € monatlich gewesen, die er gezahlt habe, sondern habe sich auf das Doppelte belaufen. Schon beim Vergleichsschluss hätten ‚die vorhandenen Mieteinnahmen den Wohnwert nicht überstiegen'. Im Senatstermin, dem der Kläger trotz der Anordnung des persönlichen Erscheinens fern geblieben ist, erläuterte sein Prozessbevollmächtigter dies dahin, dass auf seiner Seite praktisch kein Wohnwert vorgelegen habe. Die Belastungen hätten den Wohnvorteil und die Mieteinnahmen immer überstiegen. Die Mieteinnahmen seien unregelmäßig gewesen. Zwar treffe zu, dass die letzten Einkommensbescheide vor der Veräußerung des Hauses Gewinne ausgewiesen hätten. Diese Gewinne berücksichtigen indessen nicht die Tilgungsleistungen, die er ebenfalls zu erbringen gehabt habe. Es sei abzusehen gewesen, dass er mit seiner Rente trotz der Mieteinkünfte die Zins- und Tilgungsleistungen nicht würde aufbringen können. Deshalb habe er sich zum Verkauf des Hauses entschlossen. Er habe 177.000,00 € erlöst. Davon seien rd. 137.000,00 € an die Bank geflossen, was im wesentlichen der Höhe des Darlehens entsprochen habe, das er ursprünglich aufgenommen habe. Mit dem Überschuss von knapp 40.000,00 € habe er seine Steuerschulden, Anwaltskosten aus dem Scheidungsverfahren und Schulden bei Freunden beglichen.

Wegen der Einzelheiten dieser Erläuterungen zum Wohnwert wird auf den Berichterstattervermerk über den Senatstermin vom 17.04.2008 zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen verwiesen.

Der Kläger behauptet, auf Seiten der Beklagten sei immer ein echter Wohnwert vorhanden gewesen. Dieser belaufe sich auf monatlich mindestens 800,00 €. Dazu erklärte sein Prozessbevollmächtigter im Senatstermin, im Jahre 2004 habe unter den Parteien nicht geklärt werden können, welche der Parteien im Innenverhältnis die Verbindlichkeiten, deretwegen die Immobilie als Sicherheit diene, träfen. Deshalb seien die Parteien auf den Vorschlag des Richters eingegangen, Wohn- oder sonstige Vorteile aus den beiderseits vorhandenen Immobilien bei der Unterhaltsberechnung gänzlich unberücksichtigt zu lassen und daraus resultierende Ungerechtigkeiten gegebenenfalls einem separat durchzuführenden Gesamtschuldnerausgleich zuzuführen.

Der Kläger rügt, die Zubilligung eines Selbstbehalts von nur 890,00 € sei unangemessen. Er beansprucht einen billigen Selbstbehalt von 1.000,00 € monatlich. Er wendet sich gegen eine Berücksichtigung der Abfindung. Jedenfalls sei es unangemessen, diese nur auf 36 Monate umzulegen. Als Ausgleichszahlung für die wegen der Inanspruchnahme von Altersteilzeit geringere Altersrente sei jedenfalls ein längerer Zeitraum zugrundezulegen, nämlich zumindest derjenige bis zum Erreichen der statistischen Lebenserwartung von 80 Jahren, die er erreichen würde. Seinen Hilfsantrag auf Befristung des nachehelichen Unterhalts begründet er damit, dass die Beklagte nach der Trennung ihrer Erwerbsobliegenheit nicht ausreichend nachgekommen sei. Deshalb habe sie selbst zu vertreten, wenn sie jetzt keine ihren Unterhaltsbedarf deckende Rente erhalten könne. Bei alledem sei sie finanziell wesentlich besser gestellt als er, da sie neben ihrer Rente Mieteinkünfte aus ihrer Immobilie erziele und sich einen Wohnvorteil zurechnen lassen müsse, während er gemeinsame Verbindlichkeiten bediene.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Auf Seiten des Klägers sei mit fiktiv höheren Einkünften zu rechnen. Das Absinken der Einkünfte infolge des verfrühten Eintritts in die Altersrente nach Altersteilzeit sei vorwerfbar. Jedenfalls seien die damaligen Vergleichsgrundlagen weiterhin bindend, soweit auf seiner Seite lediglich 138,00 € monatlich für das Bedienen von Krediten abzusetzen seien.

Auf Seiten des Klägers seien darüber hinaus zumindest fiktiv Einkünfte aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen, weil ihm zuzumuten gewesen wäre, den Erlös aus dem Verkauf seiner Immobilie zinswirksam anzulegen. Es treffe auch nicht zu, dass der Kläger nur Verluste aus Vermietung und Verpachtung zu verzeichnen gehabt habe. Die letzten, die Zeit vor der Veräußerung der Immobilie betreffenden Einkommenssteuerbescheide wiesen in den Jahren 2001 und 2002 nicht Verluste, sondern Gewinne aus Vermietung und Verpachtung aus. Seine Einkünfte für die Jahre 2003 und 2004 habe er nicht dargelegt. Die Immobilie hätte sich aus den Mieterlösen getragen und auch die Kredite hätten weiter bedient und getilgt werden können. Tatsächlich sei der Grund für die Veräußerung der Immobilie gewesen, dass er mit seiner Lebensgefährtin zusammengezogen sei, die Immobilie für eigene Wohnzwecke nicht mehr benötigt habe und seither mietfrei wohne. Auch dies sei - als neue Tatsache - bei einer Neuberechnung zu berücksichtigen. Sie bestreitet, dass sie selbst einen Wohnvorteil in der behaupteten Höhe aus ihrer Immobilie erziele. Ihr Wohnvorteil belaufe sich allenfalls auf 500,00 € monatlich. Die Beklagte wendet sich auch gegen eine Befristung der Unterhaltsverpflichtung des Klägers. Sie seien lange Jahre verheiratet gewesen. Auf die Trennungszeit komme es dabei nicht an. Der Kläger habe es in der Hand gehabt, diese Trennungszeit durch einen Scheidungsantrag zu verkürzen. Sie habe sich auch durchaus um eine Erwerbstätigkeit bemüht, soweit ihr dies möglich gewesen sei. Zunächst habe sie sich allerdings überwiegend um die Erziehung des gemeinsamen Sohnes gekümmert. Danach habe sie ihr Gesundheitszustand an einer frühen Wiederaufnahme ihrer früheren Erwerbstätigkeit oder deren Ausweitung gehindert.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze sowie auf den Berichterstattervermerk über den Senatstermin vom 17.04.2008 verwiesen.

II. Das Rechtsmittel des Klägers hat teilweise Erfolg.

Es führt zu einer geringfügigen Herabsetzung des Anspruchs der Beklagten auf Aufstockungsunterhalt und auf den Hilfsantrag hin zu einer Beschränkung des Unterhaltsanspruchs nach Maßgabe der ehelichen Verhältnisse bis zum Ende des Jahres 2010. Für die Folgezeit hat der Senat ihren Unterhaltsanspruch auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt. Ein völliges Entfallen des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt erreicht der Kläger allerdings nicht. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:

1. Die Parteien haben anlässlich des Termins im Scheidungsverfahren im Jahre 2004 eine Vereinbarung über den nachehelichen Unterhalt getroffen, die sie auch weiterhin bindet. Beide Parteien haben allerdings nach Maßgabe des § 313 BGB einen Anspruch darauf, dass diese Unterhaltsvereinbarung, soweit sich die zugrundeliegenden Tatsachen maßgeblich geändert haben, an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Unstreitig ist insoweit, dass der Kläger, anders noch als im Jahr 2004, nun über geringere Einkünfte verfügt, weil er kein Arbeitseinkommen mehr bezieht, sondern nur noch Renteneinkünfte. Diese belaufen sich, ebenso unstreitig, auf 1.024,42 € netto monatlich.

Der Senat hat keine Veranlassung, den Kläger insoweit an seinen früheren Einkünften zu messen aus dem Gesichtspunkt, dass er letztlich auf sein eigenes Betreiben, verfrüht und deshalb vorwerfbar in den vorzeitigen Ruhestand gewechselt sei. Denn im Bereich der tariflich Beschäftigten ist der Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand nach vorangegangener Altersteilzeit ein nicht mehr umkehrbarer Vorgang. Die Tatsachen, die in ihrer Konsequenz zum vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand bei geminderten Rentenbezügen geführt haben, lagen bereits im Jahre 2004 vor, waren den Parteien bekannt und binden beide auch heute noch. Bereits im Jahre 2004 war die wesentliche Tatsche gesetzt, die dazu geführt hat, dass der Kläger ab dem 60. Lebensjahr nur noch gegenüber der regulären Altersrente verringerte Rentenbezüge erhalten würde. An dieser Tatsache muss sich die Beklagte auch heute noch festhalten lassen.

Eine gewisse Kompensation erfährt das Einkommen des Klägers dadurch, dass er von seinem Arbeitgeber nach dem Ende der Altersteilzeit und damit mit dem Eintritt in den Ruhestand wegen des Bezugs einer verkürzten Rente eine Abfindung erhalten hat. Diese ist, wovon auch das Amtsgericht zu Recht ausgegangen ist, zu berücksichtigen und angemessen umzulegen. Allerdings teilt der Senat die Ansicht des Amtsgerichts nicht, wonach ein Zeitraum von 3 Jahren dem Zahlungszweck angemessen wäre. Denn diese Abfindungszahlung findet ihre Zweckbestimmung darin, dem Kläger einen Teil des Verlustes auszugleichen, den er wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente an Rentenkürzung hinnehmen muss. Soll die Abfindungszahlung danach für den Rest des zu erwartenden Rentenbezuges die Verluste auffüllen, überzeugt auch die Ansicht des Klägers, dass eine Verteilung dieser Abfindung, allerdings zuzüglich anfallender Zinsen, auf die zu erwartende Dauer des künftigen Rentenbezuges angemessen sei. Das beinhaltet allerdings eine Reihe von Unwägbarkeiten, wobei nur die Ungewissheit hinsichtlich der Dauer des künftigen Rentenbezuges und die Entwicklung des Kapitalmarktes genannt sei, und erlaubt daher lediglich eine Schätzung anhand von Erfahrungswerten.

Ausgehend von einer Lebenserwartung von noch 20 Jahren ab dem Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand und von einer durchschnittlichen Verzinsung von 5 %, die auf die Sicht von 20 Jahren nicht unrealistisch erscheint, könnte der Kläger monatlich 50,00 € dem Depot entnehmen, bis das Kapital dann mit Erreichen des 80. Lebensjahres verbraucht wäre.

Im Ergebnis bedeutungslos ist - jedenfalls für den Unterhaltsbedarf der Beklagten -, dass der Kläger unentgeltlich in der Wohnung seiner Lebensgefährtin lebt. Hierbei handelt es sich um eine freiwillige Leistung Dritter, die nicht den Zweck hat, die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit bedarfsbestimmend zu erhöhen.

Im Übrigen ergibt sich zur Überzeugung des Senats gegenüber der Situation, wie sie sich für die Parteien bei Abschluss des Vergleichs im Jahr 2004 darstellte, keine wesentliche Änderung.

Das gilt zunächst für die beiderseitigen Wohnwerte bzw. deren Surrogat. Denn die Parteien haben sich im Jahre 2004 darauf verständigt, dass der Wohnwert bzw. die Nutzungen, die beide aus ihren Immobilien zogen oder hätten ziehen können, bei der Unterhaltsbedarfsbestimmung außer Betracht bleiben sollte. Wie die Erörterung im Senatstermin ergeben hat, war es nämlich nicht so, dass die Parteien der Auffassung waren, dass die beiderseitig gezogenen oder zu ziehenden Nutzungen einander ebenbürtig waren und deshalb für die Unterhaltsbedarfsbestimmung neutral, sondern sie haben sich angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Streitigkeiten und einem Vorschlag des amtierenden Richters folgend dazu entschlossen, diesen Streit nicht im Unterhaltsverfahren, sondern gegebenenfalls an anderer Stelle klären zu lassen. Das bindet beide Parteien auch heute noch.

Entsprechendes gilt für die Belastungen, die sie mit 138,00 € monatlich bei der Unterhaltsbedarfsrechnung berücksichtigen wollten. Wie der Kläger selbst dargelegt hat, hat sich in tatsächlicher Hinsicht, jedenfalls zu seinen Gunsten, insoweit nichts geändert. Er behauptete, schon im Jahre 2004 habe die von ihm getragene Rate eigentlich doppelt so hoch gelegen. Weil der Zweck zwischen den Parteien damals streitig gewesen sei, hätten sie sich darauf verständigt, sie lediglich in Höhe von 138,00 € bei der Unterhaltsbedarfsberechnung zu berücksichtigen. Weggefallen ist diese Belastung bis heute nicht. Sie ist auch nicht unter den Betrag von 138,00 € gesunken. Der Kläger ist daher weiterhin an die Vereinbarung aus dem Jahre 2004 gebunden, wonach diese Belastung, auch wenn sie tatsächlich höher liegt, nur mit 138,00 € monatlich in die Berechnung einzustellen ist. Denn die Parteien haben damals bewusst den Streit um die Zahlungspflicht im Innenverhältnis dem Unterhaltsstreitverfahren entzogen und sich durch gegenseitiges Entgegenkommen auf diesen Betrag von 138,00 € monatlich geeinigt.

Der Kläger dringt auch mit seiner Behauptung nicht durch, dass die im Jahre 2006 erhaltene Abfindung seine wirtschaftlichen Verhältnisse heute nicht mehr mitbestimme, weil er damit Schulden getilgt habe. Denn zum Einen hat er sich darauf berufen, mit der Abfindung Steuerschulden getilgt zu haben. Bewiesen hat er dies indessen nicht. Außerdem hatte er bereits im Zusammenhang mit dem Gewinn aus der Veräußerung seiner Immobilie in Anspruch genommen, damit neben Anwaltsschulden und solchen bei Freunden und Bekannten Steuerschulden getilgt zu haben. Dabei bezog er sich auf die Steuerbescheide, die durchgehend aus dem Jahr 2005 stammen und Folge einer Nachveranlagung für zurückliegende Jahre waren. Diese waren indessen sofort fällig, so dass die Annahme ohnehin näher liegt, dass er, wenn schon, den Veräußerungserlös im Jahre 2005 aus der Veräußerung der Immobilie zumindest teilweise auf die Steuerschulden verwendet hat. Nach alledem ergibt sich, unter Wahrung der Vergleichsgrundlagen aus dem Jahr 2004, folgende Unterhaltsbedarfsberechnung:

Renteneinkünfte des Klägers 1.024,42 €
zuzüglich Abfindung anteilig monatlich 50,00 €
abzüglich Annuität 138,00 €
anrechenbares Einkommen 936,42 €
Renteneinkünfte der Beklagten 530,12 €
Differenz 406,30 €

Die Hälfte davon, aufgerundet 204,00 € monatlich, ergibt den Unterhaltsbedarf der Beklagten nach Maßgabe der ehelichen Verhältnisse.

2. Die Aufrechterhaltung eines monatlichen Unterhaltsanspruchs in Höhe von 204,00 € monatlich scheitert auch nicht an Leistungsfähigkeit des Klägers. Insbesondere ist insoweit der vorstehend dargestellte Barbetrag von 936,42 €, auf den der Kläger zurückgreifen kann, nicht maßgeblich. Im Rahmen der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten, für die der Vergleich keine Festlegungen enthält, sind durchaus die Dinge von Bedeutung, die die Parteien für die Unterhaltsbedarfsberechnung ausgeschlossen haben, namentlich Wohnvorteil, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder deren Surrogate. Auch die Tatsache, dass der Kläger unentgeltlich bei seiner Lebensgefährtin wohnt, ist bei der Bemessung des eheangemessenen Selbstbehalts zu berücksichtigen.

a) Der Senat erachtet es zunächst als angemessen, dem Beklagten fiktive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bzw. einen fiktiven Wohnvorteil in Höhe von 300,00 € monatlich aus seiner im Jahre 2005 veräußerten Immobilie zuzurechnen. Auszugehen ist insoweit von der Darlegungs- und Beweislast des Beklagten für seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit. Dieser Beweis ist ihm nicht gelungen. Er hat im Senatstermin, nach dem er seiner uneingeschränkten Freizeitgestaltung gegenüber seiner Verpflichtung, zum Termin zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen, den Vorzug gegeben hat und damit die Gelegenheit, sein Anliegen näher zu erläutern, nicht wahrgenommen hat, durch seinen Prozessbevollmächtigen, wie schon zuvor schriftsätzlich, erklären lassen, er habe aus seiner Immobilie keinerlei Gewinne erwirtschaften können, diese auf Dauer nicht halten können und wäre deshalb über kurz oder lang ohnehin zu deren Veräußerung gezwungen gewesen.

Die Beklagte hatte diesen Vortrag bereits schriftsätzlich bestritten und dieses Bestreiten im Senatstermin im Hinblick auf die vom Kläger selbst vorgelegten Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2001 und 2002 wiederholt. Diese sind im Senatstermin eingehend erörtert worden, gerade auch im Hinblick auf die Erläuterungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Senatstermin. Aus den Einkommenssteuerbescheiden ergab sich, dass der Kläger im Jahre 2001 Gewinne aus Vermietung und Verpachtung nach Abzug von Abschreibungen in Höhe von rd. 8.000,00 DM hatte und im darauffolgenden Jahr 2002 ebensolche in Höhe von rd. 6.000,00 €. Ausgehend davon, dass es sich dabei um Gewinne handelt, berücksichtigen diese Beträge bereits die vom Kläger geleisteten Kreditzinsen, wenn auch nicht die Tilgungsleistungen. Solche könnten im Ergebnis zwar dazu führen, dass per Saldo - neben dem eigenen Wohnvorteil - und abgesehen von der Vermögenssteigerung durch Verringerung der Verbindlichkeiten, kein monatlich abschätzbarer Betrag für den Lebensunterhalt verblieb. Allerdings kann der Senat aufgrund des eigenen Sachvortrags des Klägers, den sich die Beklagte im Senatstermin hilfsweise zu eigen gemacht hat, ausschließen, dass der Kläger überhaupt Tilgungsleistungen erbracht hat. Denn er hat durch seinen Prozessbevollmächtigten selbst vortragen lassen, dass zum Zeitpunkt der Ablösung des Kredits nach der Veräußerung des Hauses im Jahre 2005 noch nahezu der selbe Betrag valutierte, wie er der Kreditsumme bei dessen Inanspruchnahme entsprach. Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger keineswegs aus wirtschaftlichen Gründen, auch nicht in Erwartung einer knappen Rente, gezwungen war, seine Immobilie zu veräußern, weil sich diese nämlich nicht nur selbst trug, sondern sogar Gewinne erwirtschaftete und den Kläger in die Lage versetzt hätte, sogar Tilgungsleistungen zu erbringen. Die Veräußerung der Immobilie kann daher nur von dem Willen getragen gewesen sein, sich dieser aus Gründen der Bequemlichkeit oder zur Erlangung flüssiger Mittel für andere Zwecke zu entledigen. Im Hinblick auf die Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit bedeutet dies, dass er sich so behandeln lassen muss, als sei er nach wie vor Eigentümer dieser Immobilie.

Ausgehend von den Gewinnen für die Jahre 2001 und 2002 - jüngere Zahlen liegen nicht vor und sind auch nicht dargelegt - schätzt der Senat die monatlichen Einkünfte aus der Immobilie unter Berücksichtigung zu entrichtender Steuern, einer etwaigen Instandhaltungsrücklage, etwaigen Mietausfällen wegen säumiger Mietzahler und eine angemessene Tilgung auf zumindest noch monatlich 300,00 €, die der Senat ihm fiktiv bei der Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit zurechnet.

Danach verfügt der Kläger über tatsächliche und fiktive Einkünfte in Höhe von rd. 1.374,00 € monatlich (Renteneinkünfte 1.024,00 € netto, fiktive Entnahme aus der Abfindung von 50,00 € monatlich, fiktive Gewinne aus Vermietung und Verpachtung von 300,00 € monatlich). Damit wäre, selbst ohne Berücksichtigung des zur Absenkung des Selbstbehalts führenden freien Wohnens bei der Lebensgefährtin, der eheangemessene Selbstbehalt von 1.000,00 € monatlich selbst dann gewahrt, wenn der Kläger nicht nur monatlich 204,00 € an Unterhalt zu zahlen hätte, sondern auch unter Berücksichtigung der schriftsätzlich vorgetragenen und von ihm tatsächlich zu leistenden Rate auf die Verbindlichkeiten in Höhe von 160,00 statt 138,00 €.

b) Einen gewissen Erfolg, allerdings aufgrund des Vorbringens erst in der Berufungsinstanz, hat der Kläger insoweit, als er unter Berufung auf die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 1573 Abs. 5 a. F. BGB und auf den seit dem 01.01.2008 geltenden neuen § 1578 b BGB eine Befristung bzw. eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs begehrt. Diese Bestimmungen, die sich trotz etwas anders lautendem Wortlaut aufgrund der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs inhaltlich einander entsprechen, erlauben beim Aufstockungsunterhalt unter gewissen engen Voraussetzungen aus Billigkeitsgründen entweder eine Befristung der Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts überhaupt oder eine Beschränkung dergestalt, dass der Unterhaltsberechtigte nur noch für einen bestimmten Zeitraum Unterhalt nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse verlangen und sein Unterhalt danach auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen ist. Bei der Abwägung sind insbesondere ehebedingte Nachteile zu berücksichtigen, die beim Unterhaltsberechtigten infolge einer Einschränkung seiner Möglichkeit eingetreten sind, für seinen eigenen Unterhalt zu sorgen. Derartige Nachteile können sich vor allem aus der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aber auch aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Im konkreten Fall waren die Parteien 36 Jahre lang miteinander verheiratet. Eine derartig lange Ehedauer hindert aber noch nicht von sich aus die Annahme, dass der Unterhalt aus Billigkeitsgründen begrenzt oder beschränkt werden kann. Auch der Bundesgerichtshof hat sich immer und sogar vergleichsweise früh nach der Einführung der Beschränkungsmöglichkeiten durch das Unterhaltsänderungsgesetz vom 20.09.1986 gegen die Annahme fester Zeitgrenzen gewandt, andererseits aber auch dargelegt, dass ab einer Ehedauer von etwa 10 Jahren der ‚Grenzbereich' für eine Befristung erreicht sei (BGH FamRZ 1990, 857 (858)). Denn angesichts der vielfältigen persönlichen und wirtschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten einer Ehe sei eine feste Zeitschranke zu eng und könne die durch die gesetzliche Regelung bezweckte Billigkeitsentscheidung unzulässig behindern. Zwar sei nicht zu verkennen, dass der über eine Ehedauer von 10 Jahren hinausgehende Bereich sich einer Ehe von langer Dauer nähere. Auch spreche die Lebenserfahrung dafür, dass die Ehegatten mit fortschreitender Ehe ihre Lebensführung wechselseitig aufeinander eingestellt und sich insoweit wechselseitig Abhängigkeiten entwickelt hätten. Gleichwohl könne für die gebotene Billigkeitsabwägung nur die jeweilige Lebenssituation der Ehegatten, und nicht eine von vornherein festgelegte Ehedauer, maßgeblich sein. Seine anfangs restriktive Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof namentlich in den zurückliegenden 2 Jahren zusehends gelockert, erstmals wahrnehmbar in der Entscheidung vom 12.04.2006 (FamRZ 2006, 1006). Danach beruht die Möglichkeit, den Aufstockungsunterhalt zu befristen, auf dem Gedanken, dass eine lebenslange Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards nur dann angemessen sei, wenn etwa die Ehe lange gedauert habe, wenn aus ihr gemeinsame Kinder hervorgegangen seien, die der Berechtigte betreue oder betreut habe, wenn er erhebliche berufliche Nachteile um der Ehe willen auf sich genommen habe oder wenn sonstige Gründe (z. B. Alter oder Gesundheitszustand des Berechtigten) für eine dauerhafte Lebensstandardgarantie sprächen. Lägen diese Voraussetzungen dagegen nicht vor, habe sich der Lebensstandard des Berechtigten durch die Ehe sogar verbessert, sei ihm nach einer Übergangszeit ein Lebensstandard zuzumuten, der demjenigen entspreche, den er vor der Ehe gehabt habe. Ein Aufstockungsunterhalt komme dann nicht mehr bis zum vollen eheangemessenen Unterhalt in Betracht, sondern allenfalls in dem Umfang, den der Berechtigte aufgrund seiner eigenen beruflichen Qualifikation ohne den Eintritt ehebedingter Nachteile hätte erreichen können (BGH, a.a.O., 1007). Diese Rechtsprechung, die auf das Vorliegen sog. ehebedingter Nachteile abstellt, hat der BGH seither fortgesetzt. In einer weiteren Entscheidung (Urteil vom 25.10.2006, FamRZ 2007, 200) hat er diese Grundsätze bestätigt und darauf hingewiesen, dass erhebliche fortwirkende ehebedingte Nachteile in der beruflichen Entwicklung nur in ihrem jeweiligen Umfang und bei entsprechender Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des unterhaltsbedürftigen Ehegatten rechtfertigten, auch wenn im Übrigen die Voraussetzungen einer zeitlichen Begrenzung bzw. einer Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Lebensbedarf vorlägen.

Diese, ihm teilweise bekannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Gesetzgeber mit der Neufassung der Beschränkungs-/Befristungsmöglichkeiten in einer einzigen statt zuvor in zwei Bestimmungen im neuen § 1578 b BGB unter Ausweitung des Anwendungsbereichs nicht nur auf den Aufstockungs-, sondern auf sämtliche Unterhaltstatbestände aufgenommen. Dazu heißt es in der amtlichen Begründung (Bundestagsdrucksache, 1830, S. 18):

‚Mit § 1578 b des Entwurfs wird eine grundsätzlich für alle Unterhaltstatbestände geltende Billigkeitsregelung eingeführt, die nach Maßgabe der in der Regelung aufgeführten Billigkeitskriterien eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung von Unterhaltsansprüchen ermöglicht. Damit wird der vom Gesetzgeber in dem Unterhaltsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 eingeschlagene Weg fortgesetzt. Das erste Ehereformgesetz vom 14.06.1976 ......... ließ in der bis zum 01. April 1986 geltenden Fassung kaum Raum für Billigkeitsabwägungen. Die Möglichkeit einer zeitlichen Begrenzung bestand nicht. Von Beginn ist dies unter Hinweis darauf kritisiert worden, dass einschneidende wirtschaftliche Folgen einer Trennung und Scheidung, wie sie insbesondere durch die Auferlegung einer grundsätzlich lebenslangen Unterhaltspflicht entstehen, nicht völlig losgelöst von Billigkeitsgesichtspunkten geregelt werden kann. Diese Kritik hat der Gesetzgeber mit dem Unterhaltsänderungsgesetz aufgegriffen und durch die Einführung von § 1573 Abs. 5 BGB erstmals die Möglichkeit geschaffen, den Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und den Aufstockungsunterhalt aufgrund von Billigkeitserwägungen zeitlich zu begrenzen. Gleichzeitig wurde durch § 1578 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB ermöglicht, bei allen Unterhaltstatbeständen das Maß des Unterhalts auf den eheangemessenen Lebensbedarf herabzusetzen. Das Gesetz verfolgt hiermit ausdrücklich das Ziel, die Eigenverantwortung zu fördern und der Einzelfallgerechtigkeit mehr Raum zu geben. Von diesen Möglichkeiten hat die Rechtsprechung in den folgenden Jahren jedoch kaum Gebrauch gemacht. In jüngerer Zeit hat die Kritik vor allem vor dem Hintergrund der Abkehr des Bundesgerichtshofs von der sog. Anrechnungsmethode unter Hinwendung zu sog. Differenzmethode mit der Entscheidung vom 13. Juni 2001 deutlich zugenommen. In der neueren Rechtsprechung ist eine Tendenz zu einer vermehrten Beschränkung von Unterhaltsansprüchen festzustellen. Daran knüpft der Entwurf mit dem neu eingeführten § 1578 b an. Die Neuregelung verfolgt das Ziel, die Beschränkung von Unterhaltsansprüchen anhand objektiver Billigkeitsmaßstäbe und hier insbesondere anhand des Maßstabs der ehebedingten Nachteile zu erleichtern.'

Hinsichtlich des Begriffs dieser ehebedingten Nachteile knüpft der Gesetzgeber an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Gleichwertigkeit in der Ehe arbeitsteilig erbrachter Leistungen der Ehepartner an. Diese begründet aber nicht von vornherein eine Lebensstandardgarantie im Sinne einer zeitlich unbegrenzten und der Höhe nach nicht abänderbaren Teilhabe nach der Scheidung. Die nacheheliche Solidarität gebiete vielmehr nur, dem bedürftigen Partner die Nachteile auszugleichen, die ihm deshalb entstehen, weil er wegen der Aufgabenverteilung in der Ehe nicht oder nicht ausreichend in der Lage sei, nach der Scheidung für seinen Unterhalt zu sorgen. Beispielhaft und ohne Anspruch auf Vollständigkeit nennt der Gesetzgeber dabei die Kindesbetreuung, an die vornehmlich bei Betreuungs-, Ausbildungs- und Aufstockungsunterhalt zu denken sei. Soweit andere Unterhaltsansprüche betroffen sind (Alters-, Krankheits- oder Arbeitslosigkeitsunterhalt), träfen die diesen Unterhaltstatbeständen zugrundeliegenden Tatsachen teilweise unabhängig von der Ehe ein und seien nicht ‚ehebedingt'. Deshalb könne gerade in diesen Fällen, was aber in jedem Einzelfall sorgfältig unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe zu prüfen sei, eine uneingeschränkte Fortwirkung ehelicher Solidarität, die sich in einem Unterhaltsanspruch niederschlage, unangemessen sein. Namentlich im Hinblick auf Krankheitsfälle heißt es in dem Entwurf (a.a.O.):

‚§ 1578 b des Entwurfs erfasst auch die Fälle, in denen es nicht um die Kompensation ‚ehebedingter Nachteile', sondern allein um das Ausmaß der darüber hinausgehenden nachehelichen Solidarität geht. Zu denken ist etwa an den Fall der Erkrankung eines Ehegatten, die ganz unabhängig von der Ehe eingetreten ist. Billigkeitsmaßstab für die Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts ist hier allein die fortwirkende Solidarität im Lichte des Grundsatzes der Eigenverantwortung, wobei die in § 1578 b Abs. 1 S. 3 des Entwurfs genannten Umstände auch Bedeutung für das Ausmaß einer fortwirkenden Verantwortung haben. Dies gilt insbesondere für die Dauer der Ehe. Die gleichen Grundsätze gelten auch für den Fall, in dem etwa eine Erwerbstätigkeit allein an der bestehenden Arbeitsmarktlage scheitert und damit nicht auf einen ‚ehebedingten Nachteil' zurückzuführen ist. Ob und in welchem Ausmaß der Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit gem. § 1573 BGB in Höhe und/oder Dauer beschränkt werden kann, wird auch hier ganz wesentlich von der Dauer der Ehe abhängen.... Ob und in welchem Umfang Unterhaltsansprüche beschränkt werden können, hängt danach wesentlich davon ab, ob und in welchem Ausmaß durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Hinsichtlich der Verknüpfung ‚durch die Ehe' genügt es, dass der Nachteil, nicht für den eigenen Unterhalt sorgen zu können, ganz überwiegend bzw. im wesentlichen auf die vereinbarte Aufgabenteilung während der Ehe zurückzuführen ist. Die wichtigsten Umstände, aus denen sich solche Nachteile ergeben können, benennt Abs. 1 S. 3. Steht die Unbilligkeit fest, besteht kein Ermessensspielraum; der Unterhaltsanspruch muss hinsichtlich der Höhe und/oder Dauer begrenzt werden.'

Gemäß diesen Ausführungen hat der Senat im konkreten Fall insbesondere der objektiven Dauer der Ehe Bedeutung zugemessen, die hier 36 Jahre bis zur Rechtskraft der Scheidung gedauert hat, allerdings auch dem Umstand, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien seit über 18 Jahren, der Dauer der Trennung, wirtschaftlich entflochten waren. Beide lebten ihr eigenes Leben, und zwar im wesentlichen aufgrund der eigenen Einkünfte und des eigenen Vermögens. Auch die Betreuung des gemeinschaftlichen Sohnes, der zum Zeitpunkt der Trennung volljährig war, ist ein weiteres Indiz für die wirtschaftliche Selbständigkeit der Parteien seit heute über 20 Jahren. Dabei misst der Senat dem Umstand, dass die Parteien sich gleichwohl noch als ‚verheiratet' fühlten und die Beklagte es nach eigenem Bekunden deshalb auch zuließ, dass der Kläger ein nur ihm und seinem Interesse gewährtes Darlehen über ihre Immobilie absichern ließ, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Ähnliches gilt für die Tatsache, dass die Parteien sich über Jahre hinweg noch gemeinschaftlich steuerlich veranlagen ließen, obwohl sie längst getrennt lebten. Kein Zusammenhang mit der Ehe und daher als für die Beklagte eher ‚schicksalhaft' sieht der Senat auch die beiden durchaus erheblichen Erkrankungen an, die die Beklagte im Laufe der Ehe erlitten hat, nämlich die Erkrankung an Morbus Crohn im Jahre 1986 und die später diagnostizierte Erkrankung an Morbus Bechterev. Soweit die Beklagte hierdurch an einer Ausübung einer eigenen Erwerbstätigkeit gehindert war, sind dies nicht ehebedingte Nachteile, sondern schicksalhaft erlittene Nachteile, die auch vor dem Hintergrund der langen Ehedauer den Kläger nicht zu einer lebenslangen nachehelichen Solidarität nötigen. Von entscheidender Bedeutung ist es zur Überzeugung des Senats aber, dass die Beklagte aufgrund eines gemeinschaftlich getroffenen Entschlusses anlässlich der Geburt des gemeinsamen Sohnes aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist und, da die Eheleute noch bis Mitte der 80iger Jahre zusammenlebten, aufgrund ihrer Arbeitsleistung infolge des ehelichen Zusammenlebens und der Betreuung des Sohnes bis zur Trennung der Eheleute im Jahre 1986 auch an einer Wiederaufnahme der Berufstätigkeit gehindert war. Wie sie dazu nachvollziehbar dargelegt hat, hat sie danach in ihrem erlernten Beruf nach knapp 20iger Abwesenheit nicht wieder Fuß fassen können und sich um eine Umschulung bemüht. Anschließend im Jahre 1989 - 3 Jahre nach der Trennung - und nach einer Umschulung hat sie beruflich, wenn auch geringer qualifiziert, wieder Fuß fassen können. Ehebedingte Nachteile nach der Vorstellung des Gesetzgebers und nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die heute noch fortwirken, sind daher ohne weiteres feststellbar. Zumal die Beklagte jetzt ebenfalls eine Rente bezieht, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass diese Rente, die Ehe und das dadurch bedingte endgültige Ausscheiden aus dem erlernten Beruf als Bankangestellte hinweggedacht, heute höher ausgefallen wäre. Diese ehebedingten Nachteile wirken auch über den Zeitpunkt der Scheidung bis ans Lebensende der Beklagten fort.

Darüber hinaus besteht indessen, insbesondere auch aufgrund der langen Trennungszeit, aus Billigkeitsgründen keine Veranlassung, den Kläger an der Verpflichtung zur Zahlung des eheangemessenen Unterhalts nach Maßgabe der ehelichen Verhältnisse festzuhalten. Daraus ergibt sich, dass eine Befristung des Unterhaltsanspruchs wegen der fortwirkend ehebedingten Nachteile ausscheidet, andererseits aber, zumal die Unbilligkeit feststeht, der Zeitraum, während dessen die Beklagte Aufstockungsunterhalt nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse beanspruchen kann, zu beschränken und der Unterhaltsanspruch danach auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen.

Der Unterhaltsbedarf nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse beträgt, wie im vorstehenden dargelegt, aufgerundet 204,00 € monatlich. Der Senat hat die Frage zu beantworten, für welche Zeitdauer der Kläger aus Billigkeitsgründen noch an diesem Unterhaltsanspruch festzuhalten ist. Dabei hat der Senat insbesondere berücksichtigt, dass die Beklagte konkret eigentlich erst seit der Lockerung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab April 2006 angesichts der objektiven Dauer der Ehe mit einem solchen Einwand rechnen musste. Der Kläger hat auch noch nicht sogleich mit der Klageerhebung, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre, eine Beschränkung bzw. Befristung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen geltend gemacht, sondern erstmals mit der Berufungsbegründung vom 19.07.2007 und damit nahezu zeitgleich mit dem Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts. Davon ausgehend erscheint dem Senat, auch aus Billigkeitsgründen, eine Übergangsfrist von zumindest 3 Jahren, beginnend mit dem erstmaligen Beschränkungs- Befristungsbegehren des Klägers, erforderlich, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, ihre Lebensumstände diesen neuen rechtlichen Gegebenheiten anzupassen. Demgemäß hält der Senat das Ende des Jahres 2010 für den angemessenen Zeitpunkt, ab dem eine Herabsetzung des Aufstockungsunterhalts nach Maßgabe der ehelichen Verhältnisse auf den angemessenen Bedarf eintreten soll.

Der Senat sieht den Kläger nicht mit dem Einwand der Beschränkung/Befristung als präkludiert an, auch nicht vor dem Hintergrund, dass er theoretisch schon im Lichte der Rechtsprechungsänderung des Jahres 2001 bei Vergleichsschluss im Jahre 2004 die nunmehr geltend gemachte Befristung/Beschränkung hätte geltend machen können. Denn dass bei einer Ehe von 36 Jahren Dauer eine solche Befristung oder Beschränkung ernsthaft in Erwägung zu ziehen wäre, eröffnete sich den Rechtsunterworfenen frühestens ab dem Jahre 2006 mit der Verkündung der entsprechenden höchstrichterlichen Entscheidung und der Betonung der sog. ehebedingten Nachteile.

c) Bei der Bemessung des angemessenen Unterhaltsbedarfs gem. § 1578 b Abs. 1 BGB hat der Senat, wie dargelegt, im wesentlichen auf die Auswirkungen der Ehe im Hinblick auf die berufliche Karriere der Beklagten und konkret auf die Höhe ihrer heute bezogenen Rente abgestellt. Insoweit ergibt sich aus dem Versicherungsverlauf für die Beklagte, der sich in der beigezogenen Scheidungsakte befindet, dass sie bis zu ihrem Ausscheiden aus dem erlernten Beruf Mitte des Jahres 1969 in jedem Jahr etwa 0,93 Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hat. Unterstellt, sie wäre weiterhin dort beschäftigt gewesen, wäre nicht die Ehe mit dem Kläger eingegangen und hätte kein Kind geboren, betreut und erzogen, kann deshalb unterstellt werden, dass sie auch in den Jahren bis zur Trennung - nur bis dahin wurde auch der Versorgungsausgleich durchgeführt - im Jahre 1986 weitere Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hätte, und zwar hochgerechnet etwa 16,4 Entgeltpunkte. Welchen Einfluss die Erkrankung der Beklagten darauf gehabt hätte, wäre vom Kläger darzulegen gewesen und kann daher nicht berücksichtigt werden. Stattdessen hat sie aber in der gesetzlichen Rentenversicherung nur Pflichtbeiträge für Kindererziehung erworben sowie aufgrund von freiwillig entrichteten Beiträgen bis zur Trennung knappe 3 Entgeltpunkte, also insgesamt rd. 13,4 Entgeltpunkte weniger, als ohne Ehe zu erwarten gewesen wäre. Diese Entgeltpunkte entsprechen bei dem aktuellen allgemeinen Rentenwert einer monatlichen Rente in Höhe von rd. 352,00 €. Allerdings würde sie, die Ehe hinweggedacht, heute nicht 352,00 € monatlich mehr an Rente beziehen, weil die aktuelle Rente durch die Durchführung des (einverständlich nur bis zum Zeitpunkt der Trennung) durchgeführten Versorgungsausgleichs in Höhe von rd. 290,00 € beeinflusst ist. Daraus ergibt sich eine monatliche Differenz von 62,00 € zwischen der fiktiven Rente unter Außerachtlassung der Ehe und der tatsächlich bezogenen Rente. In Höhe dieser 62,00 € monatlich wirken somit ehebedingte Nachteile bei den Rentenansprüchen der Beklagten auch heute noch fort. Deshalb hat der Senat den monatlichen Unterhaltsanspruch als den angemessenen Unterhalt gem. § 1578 b Abs. 1 BGB für die Zeit ab dem 01.01.2011 auf monatlich 62,00 € festgesetzt. ..." (OLG Hamm, Urteil vom 20.05.2008 - 1 UF 208/07)

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Befristung des Unterhaltsanspruchs nach ca. 13 Ehejahren auf 2,5 Jahre (OLG Celle, Urteil vom. 28.03.2008, 18 UF 120/07):

„... d) Der Antragsgegnerin kann der Unterhalt, der sich angesichts der Zurechnung fiktiver Erwerbseinkünfte aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit allein aus § 1573 Abs. 2 BGB ergibt, jedoch gemäß § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB nur befristet bis einschließlich Juni 2010 zugesprochen werden. Nach der genannten Vorschrift ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB). Die Voraussetzungen, unter denen eine Befristung der Unterhaltsansprüche vorzunehmen ist, sind vorliegend gegeben.

Es ist davon auszugehen, dass sich die Einkommensdifferenz der Parteien, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründet, nicht als ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten der Antragsgegnerin rechtfertigen würde. Die Ehe der Parteien hat etwa 9 ½ Jahre, das eheliche Zusammenleben bis zur Trennung im Sommer 1999 etwa 5 ½ Jahre gedauert. Die Antragsgegnerin hat seinerzeit ihre Erwerbstätigkeit im erlernten Beruf als Schneiderin aufgegeben und war während des ehelichen Zusammenlebens zunächst nicht erwerbstätig, sondern führte den Haushalt und übernahm - in zwischen den Parteien streitigem Umfang - Betreuungsleistungen für die Tochter des Antragstellers. Später absolvierte sie erfolgreich eine Ausbildung zur Kosmetikerin, ging mit dieser Qualifikation zeitweise (bis Anfang 2002) einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit als Rezeptionistin nach und ist seit April 2003 als Kosmetikerin selbständig tätig. In ihren erlernten Beruf als Schneiderin ist sie nicht zurückgekehrt. Nach ihrem eigenen Vortrag gibt es im Schneiderhandwerk wegen der technischen Entwicklungen praktisch keine lukrativen Arbeitsstellen mehr. Dass die mehrjährige Erwerbslosigkeit der Antragsgegnerin von entscheidendem Einfluss auf ihre heutigen Chancen auf eine Anstellung mit auskömmlicher Vergütung hat, kann danach nicht unterstellt werden. Die geringen Möglichkeiten, als Schneiderin einen auskömmlichen Verdienst zu erlangen, sind nach eigener Einschät-zung der Antragsgegnerin, auf eine allgemeine Entwicklung zurückzuführen. Dementsprechend hat sie sich auch bereits vor der Ehescheidung umorientiert und sich durch die Ausbildung zur Kosmetikerin anderweitig qualifiziert. Dazu, dass und inwieweit ihre berufliche Entwicklung ohne die Ehe für sie günstiger verlaufen wäre, ist nichts vorgetragen. Nach alledem ist ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig. Unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigt sich eine Befristung bis einschließlich Juni 2010. Diese trägt auch dem Umstand Rechnung, dass sich die Antragsgegnerin auf den durch die Ehe erlangten höheren Lebensstandard eingerichtet hat und ihr insoweit eine Übergangsfrist zuzubilligen ist, die mit etwa 2 ½ Jahren bemessen ist. Ferner ist eingeflossen, dass ihre Verdienstmöglichkeiten ihren angemessenen Lebensbedarf nicht wesentlich übersteigen, auch wenn man berücksichtigt, dass sie über Vermögenswerte in Form des Miteigentums an der von ihr bewohnten unbelasteten Immobilie verfügt. ..."

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Schuldet der Unterhaltspflichtige sowohl einem geschiedenen als auch einem neuen Ehegatten Unterhalt, so ist der nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB) zu bemessende Unterhaltsbedarf jedes Berechtigten im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und beider Unterhaltsberechtigter zu ermitteln. Ausnahmen von dieser Dreiteilung ergeben sich bei unterschiedlicher Rangfolge der Ansprüche (§ 1609 Nr. 2, 3 BGB) nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit, wenn ein Mangelfall vorliegt (§ 1581 BGB). Ist der Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten durch den hinzu gekommenen Unterhaltsbedarf eines neuen Ehegatten herabgesetzt, ist im Rahmen der dann gebotenen Dreiteilung das Gesamteinkommen einschließlich des Splittingvorteils aus der neuen Ehe zugrunde zu legen (Aufgabe der Senatsrechtsprechung BGHZ 163, 84, 90 f. = FamRZ 2005, 1817, 1819). Das gilt ebenso für einen Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 BBesG (Aufgabe der Senatsrechtsprechung BGHZ 171, 206, 223 f. = FamRZ 2007, 793, 797 f.). Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach geschiedener Ehe ist nur dann mit dem Anspruch eines neuen Ehegatten auf Betreuungsunterhalt gleichrangig, wenn nach langer Ehedauer auch ehebedingte Nachteile i.S. des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB vorliegen (§ 1609 Nr. 2 BGB). Auch insoweit ist darauf abzustellen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen (BGH, Urteil vom 30.07.2008 - XII ZR 177/06 zu BGB §§ 1578 Abs. 1, 1609 Nr. 2 und 3).

Eine Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts kann regelmäßig nicht allein mit der Erwägung abgelehnt werden, damit entfalle der Einsatzzeitpunkt für einen späteren Anspruch auf Altersunterhalt nach § 1571 Nr. 3 BGB. Die Auswirkungen einer vorübergehenden Unterbrechung der Erwerbstätigkeit auf die künftige Altersversorgung belasten nach Durchführung des Versorgungsausgleichs regelmäßig beide Ehegatten in gleichem Umfang. Ein dadurch entstandener Nachteil ist dann vollständig ausgeglichen (im Anschluss an das Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Urteil vom 25.06.2008 - XII ZR 109/07 zu BGB § 1578 b; BGB a.F. §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2).

Bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) sind spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind, ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt oder ob die Veränderung aufseiten des Unterhaltspflichtigen oder des Unterhaltsberechtigten eingetreten ist. Das Unterhaltsrecht will den geschiedenen Ehegatten nicht besser stellen, als er während der Ehe stand oder aufgrund einer absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde. Daher sind nur solche Steigerungen des verfügbaren Einkommens zu berücksichtigen, die schon in der Ehe angelegt waren, nicht aber z.B. ein Einkommenszuwachs infolge eines Karrieresprungs. Die Berücksichtigung einer nachehelichen Verringerung des verfügbaren Einkommens findet ihre Grenze erst in der nachehelichen Solidarität. Nur bei unterhaltsrechtlich leichtfertigem Verhalten ist deswegen von einem fiktiven Einkommen auszugehen. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn ein Unterhaltsschuldner Kinder aus einer neuen Beziehung bekommt. Daher ist in solchen Fällen von den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen und auch die neue Unterhaltspflicht bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts zu berücksichtigen (BGH, Versäumnisurteil vom 06.02.2008 - XII ZR 14/06 ui BGB § 1578 Abs. 1 Satz 1).

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Ist der nacheheliche Unterhalt tituliert, entfällt dieser bei langer Ehe und ehebedingten Nachteilen nach dem neuen § 1578b BGB nicht abrupt ab dem 1. 1. 2008, sondern erst nach einer Übergangszeit (hier: frühestens ab dem 1. 1. 2010; OLG Hamm, Beschluss vom 05.02.2008 - 1 WF 22/08, NJW 2008 2445 f):

„... Der Ast. erstrebt einen Wegfall seiner Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts für die Zeit ab Dezember 2007, hilfsweise ab dem 1. 1. 2008. Das AG hat dies im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, es sei keine Änderung der dem abzuändernden Urteil vom 3. 2. 2006 zu Grunde liegenden Tatsachen eingetreten. Zudem liege eine Ehe von langer Dauer mit ehebedingten Nachteilen der Ag. vor, bei der nicht aus Billigkeitsgründen eine nachträgliche Befristung des Unterhaltsanspruchs erfolgen könne, auch nicht in Ansehung der jüngeren Rechtsprechung des BGH und der Unterhaltsreform. ...

I. Für die Zeit bis Ende Dezember 2007 bleibt die Beschwerde erfolglos. Zwar erfasst die Unterhaltsreform auch „Altfälle" (dazu BT-Dr 16/1830, S. 32); insoweit ist allerdings eine Stichtagsregelung getroffen worden: Gemäß § 36 Nr. 7 EGZPO ist für die bis zum 31. 12. 2007 fällig gewordenen Unterhaltsansprüche weiterhin das bisherige Recht maßgebend. Insoweit kommt nach der jüngeren Rechtsprechung des BGH eine nachträgliche Befristung eines Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt gem. § 1573 V BGB a.F. zwar prinzipiell auch bei Ehen in Betracht, die länger als 20 Jahre gedauert haben, wobei es darauf ankomme, ob ehebedingte Nachteile vorliegen. Dies stellt der Ast. aber in Abrede.

Mit der entsprechenden Einwendung dürfte er indessen gem. § 323 II ZPO ausgeschlossen sein, weil ihm - jedenfalls nach der Rechtsprechung des BGH - entsprechender Sachvortrag und entsprechende Einwendungen schon im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung hinsichtlich des angegriffenen Urteils vom 3. 2. 2006 möglich waren. Denn nach der jüngeren Rechtsprechung des BGH war spätestens seit seiner Rechtsprechungsänderung hinsichtlich der Anwendung lediglich der Differenz- an Stelle der Anrechnungsmethode im Jahre 2001 ersichtlich, dass infolge der jetzt wertvoller empfundenen Haushaltstätigkeit auch die Frage einer Befristung neu zu überdenken sei (BGH, NJW 2007, 1961 Rdnrn. 55ff.).

II. Für die Zeit ab Januar 2008 ist das neue Recht in der Fassung der Unterhaltsreform anzuwenden. Diese betont zum einen den auch bisher schon geltenden Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit der früheren Partner nach dem Eheende noch stärker. Insbesondere wollte der Gesetzgeber damit aber bewusst korrigierend eingreifen, als er den lebenslangen nachehelichen Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehepartners als besondere Ausnahme für die Fälle einer besonderen Unbilligkeit eines früheren Wegfalls ausgestalten wollte und von der Wahrung des bisherigen Standes nach Maßgabe der ehelichen Verhältnisse abgerückt ist. Deshalb hat er neben einer engeren Fassung des § 1574 BGB, soweit zumutbar auszuübende Erwerbstätigkeiten angesprochen sind, die früheren Beschränkungsmöglichkeiten des § 1578 I 2, 3 BGB und die früheren Befristungsmöglichkeiten beim Aufstockungsunterhalt nach § 1573 V BGB zusammengefasst und für auf alle nachehelichen Unterhaltstatbestände anwendbar erklärt und im Übrigen durch Aufnahme der vom BGH entwickelten Rechtsprechung zu den ehebedingten Nachteilen diese Rechtsprechung auch normativ sanktioniert.

Wie sich die Rechtsprechung entwickeln wird, ist derzeit noch nicht zuverlässig abzusehen. Allerdings wird auf die jüngere Rechtsprechung des BGH seit April 2006 zurückgegriffen werden können. Dabei ist festzuhalten, dass der BGH sich nie auf eine konkrete Zeitdauer einer Ehe festgelegt hat, von der an die Ehe als „lang" anzusehen sei. Er hat allerdings schon recht früh (BGH, FamRZ 1990, 857 [858]) nach Einführung der Befristungsmöglichkeiten im Jahre 1986 ausgeführt, dass der „Grenzbereich" einer Ehe von langer Dauer etwa bei zehn Jahren beginne. Die jüngere Rechtsprechung deutet allerdings auf einen sehr breiten Grenzbereich hin, der auch bei einer Ehedauer von 20 Jahren noch längst nicht, jedenfalls nicht allein deswegen, überschritten ist. Auch der Wortlaut des neuen § 1578b BGB und die amtliche Begründung sprechen dafür, dass die Ehedauer nur ein Kriterium im Rahmen der geforderten Gesamtabwägung ist. Dazu heißt es in der Begründung zu seinem Entwurf (BT-Dr 16/1830, S. 18):

Mit § 1578b des Entwurfs wird eine grundsätzlich für alle Unterhaltstatbestände geltende Billigkeitsregelung eingefügt, die nach Maßgabe der in der Regelung aufgeführten Billigkeitskriterien eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung von Unterhaltsansprüchen ermöglicht.

Damit wird der vom Gesetzgeber mit dem Unterhaltsänderungsgesetz vom 20. 2. 1986 (BGBl I, 301) eingeschlagene Weg fortgesetzt. Das 1. EheRG (v. 14. 6. 1976, BGBl I, 1421) ließ in der bis zum 1. 4. 1986 geltenden Fassung kaum Raum für Billigkeitsabwägungen. Die Möglichkeit einer zeitlichen Begrenzung bestand nicht. Von Beginn an ist dies unter Hinweis darauf kritisiert worden, dass einschneidende wirtschaftliche Folgen einer Trennung und Scheidung, wie sie insbesondere durch die Auferlegung einer grundsätzlich lebenslangen Unterhaltspflicht entstehen, nicht völlig losgelöst von Billigkeitsgesichtspunkten geregelt werden können (vgl. Willutzki, Brühler Schriften zum FamilienR, Bd. 3, 1984, 15 [16ff.] m.w. Nachw.). Diese Kritik hat der Gesetzgeber mit dem Unterhaltsänderungsgesetz aufgegriffen und durch die Einfügung von § 1573 V BGB erstmals die Möglichkeit geschaffen, den Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und den Aufstockungsunterhalt auf Grund von Billigkeitserwägungen zeitlich zu begrenzen. Gleichzeitig wurde durch § 1578 I 2 und 3 BGB ermöglicht, bei allen Unterhaltstatbeständen das Maß des Unterhalts auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen. Das Gesetz verfolgte hiermit ausdrücklich das Ziel, die Eigenverantwortung zu fördern und der Einzelfallgerechtigkeit mehr Raum zu geben (vgl. BT-Dr 10/2888, S. 11f.; s. auch Brudermüller, FamRZ 1998, 649 [650]).

Von diesen Möglichkeiten hat die Rechtsprechung in den folgenden Jahren jedoch kaum Gebrauch gemacht. In jüngster Zeit hat die Kritik vor allem vor dem Hintergrund der Abkehr des BGH von der so genannten Anrechnungsmethode und Hinwendung zur so genannten Differenzmethode mit der Entscheidung vom 13. 6. 2001 (BGHZ 148, 105 = NJW 2001, 2254) deutlich zugenommen (vgl. Scholz, FamRZ 2003, 265 [271]; Brudermüller, FF 2004, 101; Grandel, FF 2004, 237; Schwarz, NJW-Spezial 2004, 295; ders., NJW-Spezial 2005, 7; Fränken, in: AnwKomm- BGB, 2005, § 1573 Rdnr. 32). In der neueren Rechtsprechung (vgl. etwa OLG Hamm, NJW-RR 2003, 1084; OLG München, FuR 2003, 326) ist eine Tendenz zu einer vermehrten Beschränkung von Unterhaltsansprüchen festzustellen.

Daran knüpft der Entwurf mit dem neu eingefügten § 1578b BGB an. Die Neuregelung verfolgt das Ziel, die Beschränkung von Unterhaltsansprüchen anhand objektiver Billigkeitsmaßstäbe und hier insbesondere anhand des Maßstabs der „ehebedingten Nachteile" zu erleichtern.

Hinsichtlich des Begriffs dieser ehebedingten Nachteile knüpft der Gesetzgeber an die Rechtsprechung des BGH zur Gleichwertigkeit in der Ehe arbeitsteilig erbrachter Leistungen der Ehepartner an. Diese begründe aber nicht von vornherein eine „Lebensstandardgarantie" im Sinne einer zeitlich unbegrenzten und der Höhe nach nicht abänderbaren Teilhabe nach der Scheidung. Die nacheheliche Solidarität gebiete vielmehr nur, dem bedürftigen Partner die Nachteile auszugleichen, die ihm deshalb entstehen, weil er wegen der Aufgabenverteilung in der Ehe nicht oder nicht ausreichend in der Lage ist, nach der Scheidung für seinen Unterhalt zu sorgen. Beispielhaft und ohne Anspruch auf Vollständigkeit nennt der Gesetzgeber dabei die Kindesbetreuung, an die vornehmlich bei Betreuungs-, Ausbildungs- und Aufstockungsunterhalt zu denken sei.

Soweit andere Unterhaltsansprüche betroffen sind (Alters-, Krankheits- oder Arbeitslosigkeitsunterhalt), träfen die diesen Unterhaltstatbeständen zu Grunde liegenden Tatsachen teilweise unabhängig von der Ehe ein und seien nicht „ehebedingt". Deshalb könne gerade in diesen Fällen, was aber in jedem Einzelfall sorgfältig unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe zu prüfen sei, eine uneingeschränkte Fortwirkung ehelicher Solidarität, die sich in einem Unterhaltsanspruch niederschlage, unangemessen sein. In der amtlichen Begründung (BT-Dr 16/1830, S. 18) heißt es dazu:

§ 1578b des Entwurfs erfasst auch die Fälle, in denen es nicht um die Kompensation „ehebedingter Nachteile", sondern allein um das Ausmaß der darüber hinausgehenden nachehelichen Solidarität geht. Zu denken ist etwa an den Fall der Erkrankung eines Ehegatten, die ganz unabhängig von der Ehe eingetreten ist. Billigkeitsmaßstab für die Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhalts ist hier allein die fortwirkende Solidarität im Licht des Grundsatzes der Eigenverantwortung, wobei die in § 1578b I 3 des Entwurfs genannten Umstände auch Bedeutung für das Ausmaß einer fortwirkenden Verantwortung haben. Dies gilt insbesondere für die Dauer der Ehe. Die gleichen Grundsätze gelten auch für den Fall, in dem etwa eine Erwerbstätigkeit allein an der bestehenden Arbeitsmarktlage scheitert und damit nicht auf einen „ehebedingten Nachteil" zurückzuführen ist. Ob und in welchem Ausmaß der Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit gem. § 1573 BGB in Höhe und/oder Dauer beschränkt werden kann, wird auch hier ganz wesentlich von der Dauer der Ehe abhängen.

Im konkreten Fall bedeutet das, dass neben der objektiv wohl langen Ehedauer die Erwerbstätigkeitsvita der Ag. - Kinderbetreuungszeiten haben hier nicht vorgelegen - ebenso in die Gesamtwürdigung mit einzubeziehen ist wie die Gründe und die Auswirkung der Erwerbsunfähigkeit der Ag.

Das sprengt indessen, auch vor dem Hintergrund der weitgehend noch ungeklärten Rechtslage und der nicht abzusehenden Entwicklung der Rechtsprechung, den Rahmen des summarischen Pkh-Verfahrens. Der - schon im Erstfestsetzungsverfahren, erst recht daher in einem von ihm betriebenen Abänderungsverfahren - für die Voraussetzungen des § 1578b BGB (sog. „Gegenausnahme") darlegungs- und beweispflichtige (so schon BGH, NJW 1990, 2810 = FamRZ 1990, 857) Ast. hat dazu behauptet, dass der Ag., die keine Kinder betreut, sondern durch eigene Erwerbstätigkeit auch schon vor der Trennung im Jahre 1983 an der Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse mitgewirkt habe, keine ehebedingten Nachteile entstanden seien. Dieser Vortrag, der für die Entscheidung im Pkh-Verfahren ohnehin als zutreffend zu unterstellen ist, kann deshalb auch im Lichte der zum bisherigen § 1573 V BGB zuletzt ergangenen Rechtsprechung dazu führen, dass die Zubilligung eines unbefristeten oder unbeschränkten Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt unbillig erscheint.

III. Mit diesen Einwendungen ist der Ag. für die Zeit ab dem 1. 1. 2008 auch nicht ausgeschlossen. Dabei bedarf es keiner Erörterung der Frage, ob die jetzige Anpassung des Gesetzes an die jüngere BGH-Rechtsprechung eine Rechtsänderung im Sinne einer nachträglichen Änderung gem. § 323 ZPO darstellt, die den Einstieg in die Abänderungsklage ermöglicht. Denn der Gesetzgeber hat die Klärung dieser Problematik durch die Übergangsvorschriften, namentlich durch § 36 Nr. 2 EGZPO, deshalb überflüssig gemacht, als er die Tatsachen, die den Regelungsgehalt der geänderten Bestimmungen ausfüllen, von vornherein der Präklusion gem. § 323 II ZPO entzogen hat.

IV. Es erscheint dem Senat allerdings auch ausgehend vom Sachvortrag des Ag. absolut fernliegend, dass eine solche zeitliche Begrenzung, wie der Ast. sie erstrebt, schon zeitgleich mit dem Inkrafttreten des geänderten Unterhaltsrechts am 1. 1. 2008 eingreifen wird.

Denn der Gesetzgeber legt Wert auf die Feststellung, dass ein behutsamer Übergang vom alten auf das neue Recht bezweckt ist. Das kommt in § 36 Nrn. 1, 2 EGZPO zum Ausdruck. Die Bestimmung lautet:

1. Ist über den Unterhaltsanspruch vor dem 1. 1. 2008 rechtskräftig entschieden, ein vollstreckbarer Titel errichtet oder eine Unterhaltsvereinbarung getroffen worden, sind Umstände, die vor diesem Tag entstanden und durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts erheblich geworden sind, nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist.

Die Bestimmung ist insoweit von besonderer Bedeutung, als sie nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Dr 16/1830, S. 33) nicht nur prozessuale Wirkungen entfalten soll und etwa im Hinblick auf das fehlende Erreichen der Wesentlichkeitsgrenze der erstrebten Abänderung eine Abänderungsklage als unzulässig erscheinen lassen kann, sondern daneben auch einen materiell-rechtlichen Wirkungsgehalt haben soll. Die materiell-rechtliche Einschränkung ist dabei nämlich das Erfordernis der Prüfung, ob dem Unterhaltsberechtigten eine Abänderung unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist.

Dazu heißt es in der Begründung (S. 33), dieses Kriterium ermögliche eine flexible, an der Einzelfallgerechtigkeit orientierte Überleitung bestehender Unterhaltsregelungen auf die neue Rechtslage. Das Vertrauen sowohl eines Unterhaltsberechtigten als auch eines Unterhaltsverpflichteten, der sich in Anbetracht eines titulierten Unterhaltsanspruchs bzw. einer nicht titulierten - ausdrücklichen oder stillschweigenden - Unterhaltsvereinbarung auf den Fortbestand der Regelung eingestellt hat und nun mit einem Abänderungsverlangen konfrontiert wird, sei grundsätzlich schutzwürdig; es sei bei der Entscheidung über die Änderung der Unterhaltsregelung zu berücksichtigen.

Die genannte Bestimmung wird hier zu berücksichtigen sein, weil es um die Abänderung des Urteils vom 3. 2. 2006 geht. Deshalb wird das Ergebnis der Billigkeitsprüfung gem. § 1578b BGB, sofern es zu einer Beschränkung des Unterhaltsanspruchs führt, einer weiteren Zumutbarkeitsprüfung zu unterziehen sein, ob und ab wann der Bekl. der gänzliche Wegfall des nachehelichen Unterhaltsanspruchs unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zuzumuten ist. Das schließt der Senat angesichts der vorgetragenen Umstände, des Alters der Bet., des Gesundheitszustands der Ag. und der getroffenen, längerfristig bindenden finanziellen Dispositionen wie etwa Mietverpflichtungen und zur Verhinderung eines abrupten Endes des derzeitigen wirtschaftlichen Standes nach Maßgabe der früheren ehelichen Verhältnisse für die Zeitdauer von mindestens weiteren zwei Jahren aus. Für die Zeit danach wird indessen das Ergebnis des Hauptverfahrens abzuwarten sein; diese Abwägung würde den Rahmen des großzügigen und summarischen Pkh-Verfahren ebenfalls sprengen. ..."

***

Bei einem Unterhalt wegen Krankheit kommt der ehelichen Solidarität gesteigerte Bedeutung zu. Bei einer langen Ehedauer und drohender Verschlechterung des Gesundheitszustands in der Zukunft kann daher von einer Befristung abgesehen werden (OLG Nürnberg, Urteil vom 28.01.2008 - 10 UF 1205/07, NJW 2008, 2444 f zu §§ 1572, 1578 b BGB):

„... II. Auf die Berufung der Ag. war die Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs durch das AG aufzuheben und ein unbefristeter Unterhaltsanspruch in Höhe von derzeit 156 Euro zuzusprechen.

Die Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Ag. richtet sich gem. § 36 Nr. 7 EGZPO nach dem ab 1. 1. 2008 geltenden Recht. Gemäß § 1578b BGB können nun sämtliche Unterhaltsansprüche geschiedener Ehegatten herabgesetzt oder/und zeitlich begrenzt werden. Gemäß § 1578b II BGB ist ein Unterhaltsanspruch zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Anspruch unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Der Gesetzgeber hat damit Kriterien in das Gesetz übernommen, die der BGH insbesondere in den Jahren 2006 und 2007 zu § 1573b V BGB a.F. entwickelt hat, beginnend mit Urteil vom 25. 10. 2006 (NJW 2007, 839 = FamRZ 2007, 200), alsdann vom 28. 2. 2007 (NJW 2007, 1961 = FamRZ 2007, 793), 23. 5. 2007 (NJW 2007, 2628 = FamRZ 2007, 1232), 26. 9. 2007 (NJW-RR 2008, 1 = FamRZ 2007, 2049) und 14. 11. 2007 (NJW 2008, 151 = FamRZ 2008, 134).

Wendet man diese Kriterien auf den vorliegenden Fall an, so wäre die vom AG ausgesprochene Begrenzung auf fünf Jahre bei einem Unterhaltsanspruch nach § 1573 BGB auch nach Ansicht des Senats zutreffend bemessen. Der Unterhaltsanspruch der Ag. in Höhe von 156 Euro rechtfertigt sich jedoch aus § 1572 BGB, da die Ag. krankheitsbedingt nur 25 Stunden arbeitet und bei einer vollen Erwerbstätigkeit unschwer den titulierten Unterhalt verdienen könnte. Damit tritt der Aufstockungsunterhalt aus § 1573 BGB zurück (vgl. BGH, NJW 1999, 1547). Der Unterhalt wegen Krankheit wird jedenfalls derzeit und auf absehbare Zeit unabhängig von einer Verbesserung des Gesundheitszustands bei längerer Diät geschuldet. Ob in einigen Jahren eine Abänderung allein deswegen gerechtfertigt ist, weil keine ausreichenden diätischen Maßnahmen ergriffen wurden, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Auf die darauf gerichteten Beweisangebote kommt es daher nicht an.

Nach der Neuregelung des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes kann allerdings grundsätzlich auch der Unterhalt wegen Krankheit herabgesetzt oder zeitlich befristet werden. In der Begründung des Regierungsentwurfs des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes wird ausgeführt (S. 32), dass die neue Vorschrift auch die Fälle erfasst, in denen es nicht um die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern allein um das Ausmaß der darüber hinausgehenden ehelichen Solidarität geht, für die der Dauer der Ehe wesentliche Bedeutung zukomme.

Greifbare ehebedingte Nachteile vermag der Senat für die Ag. im vorliegenden Fall nicht festzustellen. Sie war zu Beginn der Ehe Arzthelferin und arbeitet nun in diesem Beruf bei gutem Gehalt, allerdings zeitlich beschränkt auf Grund ihrer Adipositas und sonstiger gesundheitlicher Einschränkungen. Damit kommt der Dauer der Ehe von über 20 Jahren (bis zum Erlass des Scheidungsurteils) und der Erkrankung der Ag. besondere Bedeutung zu. Hinzu kommt die nahe Gefahr einer Verschlechterung des Gesundheitszustands mit weiteren beruflichen Einschränkungen. Diese Verschlechterung könnte gerade dann eintreten, wenn ein zeitlich begrenzter Unterhalt ausläuft. Es erscheint dem Senat angemessen, die nacheheliche Solidarität gerade im Fall einer Verschlechterung zum Tragen kommen zu lassen, denn der aktuelle Gesundheitszustand der Ag. hat sich nicht erst jüngst, sondern während der lange dauernden Ehe entwickelt. Ein Unterhaltsanspruch kann aber wegen des Erfordernisses der lückenlosen Anknüpfung an Scheidung und einen Unterhaltstatbestand nur gesichert werden, wenn keine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs ausgesprochen wird.

Für diese Abwägung war die vom Gutachter für möglich gehaltene deutliche Gewichtsreduktion innerhalb von zwei Jahren mit einer Steigerung der beruflichen Leistungsfähigkeit nicht von entscheidender Bedeutung. Die Frage einer Obliegenheitsverletzung wird vielmehr im Rahmen eines Unterhaltsabänderungsverfahrens zu gegebener Zeit unter Berücksichtigung der sonstigen Entwicklung zu berücksichtigen sein.

Die geschilderten Gegebenheiten (Erkrankung, Dauer der Ehe, gesteigerte Relevanz der Erkrankung möglicherweise in einigen Jahren) sprechen auch gegen eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs im Maß. Der derzeitige Unterhaltsanspruch garantiert der Ag. einen mäßig über dem Mindestunterhalt liegenden Bedarf. Ein Anspruch in dieser Höhe ist im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse der Parteien auch in Zukunft angemessen. ..."


***

„... Für eine Beschränkung des sich rechnerisch ergebenden Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin in Höhe von monatlich insgesamt 1.234 € ist gegenwärtig kein Raum. Bei seiner Entscheidung über die vom Antragsteller ausdrücklich beantragte Herabsetzung und/oder Befristung dieses Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt gemäß 1578 b BGB hat sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten lassen:

1. Nach der zum 01.01.2008 in Kraft getretenen Neuregelung des § 1578 b BGB ist der nacheheliche Unterhalt herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, wenn ein unbegrenzter Unterhalt auch unter Wahrung der Belange eines dem Unterhaltsberechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Damit nimmt die Neuregelung dem Gericht nach ihrem Wortlaut das Ermessen und verpflichtet es zur Begrenzung, wenn ein unbegrenzter Unterhalt unbillig wäre. Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung stellt § 1578 b BGB jetzt ausdrücklich auf fortdauernde ehebedingte Nachteile ab. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Die Vorschrift des § 1578 b BGB stellt eine Kernbestimmung des neuen Rechts dar. Mit ihr soll - beruhend auf dem Grundsatz der Eigenverantwortung gemäß § 1569 BGB - eine Begrenzung des Unterhalts in größerem Umfang als bisher möglich sein (vgl. hierzu Bosch, FF 2007, 293/297).

Unter dem Stichwort „ehebedingte Nachteile„ hat der BGH bereits in seiner neueren Rechtsprechung die Befristungsvoraussetzungen geprüft. Er hat den Begriff der ehebedingten Nachteile in § 1573 Abs. 5 BGB a. F. „hineininterpretiert„. Die Maßstäbe für die Billigkeitsabwägung in § 1573 Abs. 5 BGB a. F. sind in der Sache keine anderen als die in § 1578 b BGB n. F. (vgl. hierzu Anmerkung Büttner, FamRZ 2007, 800/801). Es kann somit auch für die Auslegung der Neuregelung des § 1578 b BGB auf die Rechtsprechung des BGH aus dem Jahr 2007 zur Herabsetzung und/oder zeitlichen Befristung aus Billigkeitsgründen (vgl. etwa FamRZ 2008, 134 ff.; FamRZ 2007, 2049 ff.; FamRZ 2007, 1232 ff.; FamRZ 2007, 793 ff.) zurückgegriffen werden. Danach kommt es für die Entscheidung über eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ausschlaggebend auf die Fortdauer ehebedingter Nachteile und nicht (mehr) vorrangig auf die Ehedauer an. Die weiter genannten Umstände, unter anderem die Dauer der Kindererziehung und die Ehedauer, sind im Rahmen der gebotenen umfassenden Billigkeitsabwägung und Gesamtwürdigung lediglich Indizien für fortdauernde ehebedingte Nachteile. So gesehen wird der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zu einer Art Schadensersatzanspruch: Schaden ist die als Folge der Ehe verschlechterte Einkommensmöglichkeit (vgl. hierzu Bosch, a.a.O., 297).

2. Von diesen Grundsätzen ausgehend liegen die Voraussetzungen für eine Befristung des festgestellten Anspruchs der Antragsgegnerin auf Aufstockungsunterhalt nicht vor. Es sind durch die Ehe berufliche Nachteile eingetreten. Diese ehebedingten Nachteile dauerten im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an. Es lässt sich für den Senat gegenwärtig nicht sicher absehen, ob die Nachteile, die der Antragsgegnerin ehebedingt in ihrer Erwerbsbiographie entstanden sind, überhaupt noch auszugleichen sind bzw. ab wann diese Nachteile entfallen sein könnten.

a) Die langjährige Kindererziehung und Haushaltsführung haben für die Antragsgegnerin zu nachhaltigen beruflichen Nachteilen in Form von Einkommenseinbußen geführt.

aa) Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 18.03.2008 die Frage, ob der Antragsgegnerin ehebedingt berufliche Nachteile entstanden sind, mit den Parteien erörtert. Die Antragsgegnerin hat angegeben, sie gehe davon aus, ohne die Erziehung der gemeinsamen Kinder und die Führung des ehelichen Haushalts hätte sie ihre bei Eheschließung und bis zum Beginn ihrer Berufspause bestehende Anstellung als Leiterin für Ernährungsberatung in der Uni- Kinderklinik T… nicht aufgegeben. Sie würde diese interessante und gehobene Leitungstätigkeit ohne die im Jahr 1988 übernommene Kindererziehung und Haushaltsführung noch heute ausüben. Dass eine solche realistische Aussicht bestanden hätte, zeige sich an ihrer früheren Arbeitskollegin. Nach ihrem eigenen Ausscheiden Anfang 1988 sei diese Kollegin in ihre leitende Stellung nachgerückt. Die Arbeitskollegin, die im Berufsleben verblieben sei, besetze die Stelle bis heute. Im Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus dem Berufsleben sei ihre Tätigkeit als Leiterin für Ernährungsberatung in der Uni-Kinderklinik T… auf der Grundlage von BAT V vergütet worden.

Dieser Erklärung der Antragsgegnerin ist der Antragsteller nicht entgegengetreten. Andererseits hat die Antragsgegnerin im Termin sowie schriftsätzlich selbst nicht vorgetragen, dass sie in ihrer beruflichen Weiterentwicklung und in ihrem beruflichen Fortkommen durch die Ehe behindert worden sei. Insbesondere hat sie nicht behauptet, ihr seien durch die Übernahme von Haushaltsführung und Kindererziehung konkrete weitergehende Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten oder allgemein eine Verbesserung ihres ursprünglichen Status im Erwerbsleben entgangen.

bb) Entgegen der Auffassung des Antragstellers erwächst der Antragsgegnerin aus ihrer langjährigen Berufspause eine nachhaltige Beeinträchtigung für die ihr obliegende nacheheliche Berufstätigkeit in einem Anstellungsverhältnis. Der Senat sieht den ehebedingten Nachteil darin, dass für die Antragsgegnerin mit Blick auf ihr Alter bei Ehescheidung von 48 Jahren und im Hinblick auf die Arbeitsmarktlage eine Wiederaufnahme einer gehobenen und leitenden Vollzeittätigkeit zu den bis Anfang 1988 gewohnten Bedingungen und unter Berücksichtigung der seither eingetretenen Einkommensentwicklung nicht möglich ist. Diese beruflichen Nachteile werden voraussichtlich dauerhafte Auswirkung haben.

Die in 12/1959 geborene Antragsgegnerin hat ihre Ausbildung als Diätassistentin in 8/1981 erfolgreich abgeschlossen. Von 9/1981 bis 12/1987 hat sie in diesem Beruf gearbeitet, zuletzt in der Uni-Kinderklinik T… mit dem Tätigkeitsschwerpunkt: Leiterin für Ernährungsberatung. In 10/1987 haben die Parteien geheiratet. In 4/1988 kam die erste Tochter zur Welt. Mitte 3/1988 begann für die Antragsgegnerin der Mutterschutz. Gleichzeitig gab sie ihre Berufstätigkeit auf. Die Parteien haben in der ganz überwiegenden Zeit zwischen der Eheschließung und ihrer Trennung im Jahr 2005 eine so genannte Alleinverdienerehe mit einer „klassischen Rollenverteilung„ geführt. Der Antragsteller hat als angestellter Apotheker gearbeitet und den Lebensunterhalt der Familie sichergestellt. Die Antragsgegnerin war wegen der alleinigen Betreuung und Versorgung der beiden Töchter und ihrer Haushaltstätigkeit bis ins Jahr 2002 nicht erwerbstätig. Von 2002 bis 2004 (dem Beginn ihrer bisher ausgeübten selbständigen Tätigkeit) hat sie eingeschränkt - im Geringverdienerbereich - gearbeitet. Nach Ansicht des Senats kann kein Zweifel daran bestehen, dass die lange Kinderbetreuung und Haushaltsführung und damit ehebedingte Umstände zu dauerhaften beruflichen Nachteilen für die Antragsgegnerin geführt haben. Insbesondere die 14-jährige vollständige Berufspause von 1988 bis 2002 wirkt sich für die Antragsgegnerin nachteilig aus. Im Zeitpunkt der Berufsaufgabe und bei Geburt der ersten Tochter war die Antragsgegnerin 27 Jahre alt. Bei Einsetzen ihrer Obliegenheit zur Aufgabe ihrer Selbständigkeit und zur Suche nach einer abhängigen Tätigkeit hatte sie ein Alter von fast 48 Jahren erreicht. Nach allgemeiner Lebenserfahrung wirkt sich eine Berufspause in den für das berufliche Fortkommen entscheidenden Jahren - typischerweise zwischen dem 30. und dem 40. Lebensjahr - im Nachhinein regelmäßig negativ aus. Der Arbeitgeber bevorzugt im Allgemeinen die im Berufsleben Verbliebenen, insbesondere bei der Besetzung von Stellen, die höher qualifizierte bzw. Leitungstätigkeiten einschließen. Gerade die in Vollzeit tätig gebliebenen Frauen haben vermehrt Berufserfahrungen sammeln können. Gegebenenfalls haben sie auch schon bei einem anderen Arbeitgeber eine höhere Stelle besetzt. Allenfalls bei ganz einfachen oder ungelernten Tätigkeiten wird eine Wiederaufnahme der Berufstätigkeit zu den gewohnten (ursprünglichen) Bedingungen in Betracht kommen (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, FamRZ 1981, 17/18). Aber auch hier wird die/der Tüchtige angesichts der schlechten Arbeitsmarktlage die Berufspause zu spüren bekommen (vgl. zum Ganzen Büttner, FamRZ 2007, 773/775).

Es ist daher schon und gerade wegen der höher qualifizierten Berufsausbildung der Antragsgegnerin als Diätassistentin und der von ihr bis 3/1988 besetzten Stelle mit Leitungsfunktion davon auszugehen, dass (nicht die Dauer der Ehe für sich genommen aber) die konkrete Gestaltung der Ehe der Parteien und die Hausfrauenrolle der Antragsgegnerin zu einem Nachteil für sie geführt hat. Mindestens 14, wenn nicht sogar 16 Jahre konnte sich die Antragsgegnerin nicht bzw. nicht in Vollzeit um ihre berufliche Entwicklung kümmern. Sie war aus der Arbeitswelt herausgelöst. Ihre vorhandenen Kenntnisse als Diätassistentin stagnierten. Auch im Beruf der Diätassistentin sind - wie in allen anderen Berufen auch - Veränderungen und Weiterentwicklungen eingetreten, nicht zuletzt durch den Einsatz von Computern. Während des langen Zeitraums ihrer Berufspause konnte die Antragsgegnerin ihre Kenntnisse und Fähigkeiten dagegen nicht den fortschreitenden Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt anpassen. Vor allem aber verfügt sie aufgrund ihrer langjährigen Berufspause über entsprechend geringere Berufserfahrungen. Das wiegt umso schwerer, als die Antragsgegnerin nach Abschluss ihrer Berufsausbildung bis zur ehebedingten Übernahme der Kinderbetreuung und Haushaltsführung ohnehin nur von 9/1981 bis 3/1988, also rund 6 ½ Jahre, Berufserfahrungen sammeln konnte.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers werden die negativen Auswirkungen der langen Berufspause auch nicht durch die 3 von der Antragsgegnerin während der Ehe belegten Kurse (Tri-Fit-Trainer/ Farb- und Stilberatung/Pflegehilfsdienst) kompensiert. Schon im Hinblick auf die jeweils nur kurze Dauer dieser Kurse ist damit keine echte Weiterbildung verbunden, die der Antragsgegnerin zu neuen, über ihren erlernten Beruf der Diätassistentin hinausgehenden Entwicklungsmöglichkeiten verhelfen könnte.

Der Senat folgt auch nicht der Auffassung des Antragstellers, der Antragsgegnerin obliege mit Blick auf das zum 01.01.2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz eine erhöhte Darlegungslast hinsichtlich des Billigkeitsgesichtspunkts der ehebedingten Nachteile. Im Gegenteil, unter den hier gegebenen Umständen einer gehobenen beruflichen Qualifikation und einer bis 3/1988 ausgeübten Leitungsposition streitet für die Antragsgegnerin nach der Lebenserfahrung bereits eine Vermutung dafür, dass sie durch die ehebedingte langjährige Unterbrechung ihrer Berufstätigkeit einen nachhaltigen Nachteil erlitten hat (vgl. hierzu Strohal/ Viefhus, Das neue Unterhaltsrecht, § 1578 b BGB, Rdnr. 30; OLG Hamm NJW-RR 2003, 1084/1086). Für diese Annahme spricht auch die Begründung zum Unterhaltsrechtsänderungsgesetz. Wie darin zum Ausdruck kommt, ist der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 1578 b BGB davon ausgegangen, dass sich für den Ehegatten, der sich ganz der Kindererziehung und/oder der Hausarbeit widmet, berufliche Nachteile entstehen und dass sich diese mit zunehmender Dauer der Ehe erhöhen (vgl. hierzu BT-Drs. 16/1830, S. 19). Vor diesem Hintergrund obliegt es dem Antragsteller Umstände aufzuzeigen, die für seine Darstellung sprechen, die Antragsgegnerin habe trotz ihrer langjährigen Berufspause keine (nachhaltigen) beruflichen Beeinträchtigungen erlitten (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2008, 134/136). Diese Behauptung hat der Antragsteller jedoch nicht mit Tatsachen unterlegt.

Die Antragsgegnerin vertritt demgegenüber die Auffassung, ihr ehebedingter Nachteil sei darin zu sehen, dass für sie im Hinblick auf die Arbeitsmarktlage und ihr Alter im Zeitpunkt der Scheidung keine reale Chance mehr bestanden habe, eine angemessene Beschäftigung in abhängiger Stellung zu finden. Dem ist ebenfalls nicht zu folgen. Eine solche Feststellung würde hinreichende konkrete Bemühungen der Antragsgegnerin um eine angemessene vollschichtige Arbeitsstelle erfordern. Wie bereits ausgeführt, fehlt es daran. Folglich liegen die Voraussetzungen für eine Einkommensfiktion vor. Diese setzt wiederum das vom Senat bejahte Bestehen einer realen Beschäftigungschance voraus.

Im Ergebnis geht der Senat davon aus, dass die Antragsgegnerin durch ihre Berufspause von 1988 bis 2002/2004 berufliche Nachteile erlitten hat, die sich nachhaltig auswirken. Es kann unter den gegebenen Umständen und ungeachtet der fiktiven Einkommenszurechnung wegen unzureichender Arbeitsbemühungen schon nicht angenommen werden, dass die Antragsgegnerin überhaupt in der Lage ist, wieder eine leitende Stelle in ihrem erlernten Beruf oder eine andere vergleichbar gehobene Tätigkeit zu finden. Erst recht erscheint es nicht realistisch, dass sie eine so hohe Vergütung beziehen kann, wie sie sie bei einer nicht unterbrochenen Berufstätigkeit nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge im Zeitpunkt der Scheidungsrechtskraft erzielt hätte.

cc) Für die Antragsgegnerin sind durch die Kindererziehung und Haushaltsführung und ihre damit einhergehende lange Berufspause von 1988 bis 2002/2004 berufliche Nachteile eingetreten, die sich über die Scheidung hinaus nachhaltig auswirken. Diese ehebedingten Nachteile schlagen sich in der Höhe des Einkommens nieder, das für die Antragsgegnerin nach der von ihr ab Anfang 2008 zu verlangenden Wiedereingliederung in das nicht selbständige Berufsleben zu erzielen ist. Solche sich nachhaltig auswirkenden ehebedingten Einkommenseinbußen sprechen gegen eine zeitliche Befristung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin (vgl. hierzu Borth, Unterhaltsrechtsänderungsgesetz, Rdnr. 151). In diesem Zusammenhang ist an das fiktive Einkommen anzuknüpfen, das der Antragsgegnerin wegen Verletzung ihrer Erwerbsobliegenheit für die Zeit nach der Ehescheidung zuzurechnen ist. Dieses hat der Senat vorstehend auf ein bereinigtes Nettogehalt von monatlich 1.000 € geschätzt. Das entspricht unter Zugrundelegung von Lohnsteuerklasse II/1,0 Kinderfreibetrag sowie einer berufsbedingten Aufwendungspauschale einem monatsdurchschnittlichen Bruttoverdienst von rund 1.400 € und einem Jahresbruttogehalt von etwa 16.800 €. Nach den unwidersprochenen Angaben der Antragsgegnerin im Senatstermin ist ihre Tätigkeit in der Uni-Kinderklinik T… im Zeitpunkt der Aufgabe ihrer Berufstätigkeit Anfang 1988 auf der Grundlage von BAT V vergütet worden. Aus der vom Amtsgericht zum Versorgungsausgleich eingeholten Auskunft der DRV Bund ist zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin im Kalenderjahr 1987 ein Jahresbruttogehalt von 39.924 DM erzielte. Das entspricht umgerechnet rund 20.413 €. Danach hat die Antragsgegnerin vor 20 Jahren bereits deutlich mehr verdient, als sie heute auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei einem Neueinstieg in das nicht selbständige Berufsleben zumindest als Anfangsgehalt realistisch erzielen kann. Dies macht deutlich, dass der Antragsgegnerin aus ihrer langjährigen Kinderbetreuung und Haushaltsführung ehebedingte Nachteile erwachsen sind. Sie führen für die Zeit nach der Scheidung zu erheblichen Einkommenseinbußen gemessen an den Einkünften, die die Antragsgegnerin bei einer nicht unterbrochenen Berufstätigkeit voraussichtlich erzielen könnte.

b) Nach der inzwischen ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. zuletzt BGH, FamRZ 2008, 134/135) scheidet eine Befristung des Aufstockungsunterhalts nicht schon wegen einer langen Ehedauer aus, selbst wenn die Ehe - wie hier - fast 19 Jahre gedauert hat.

c) Sonstige Billigkeitsgesichtspunkte, die in die hier vorzunehmende individuelle Billigkeitsabwägung einzubeziehen wären, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Unterhaltsverpflichtete auch nach dem neuen Unterhaltsrecht die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatsachen trägt, die für eine Anwendung von § 1578 b BGB sprechen, da es sich um eine unterhaltsbegrenzende Norm mit Ausnahmecharakter handelt (vgl. hierzu BT-Drs. 16/1830, S. 20; Borth, a.a.O., Rdnr. 170). Es obliegt danach dem Antragsteller, Umstände substantiiert darzutun, die trotz der aufgezeigten gewichtigen Tatsachen gegen die Fortdauer von ehebedingten Nachteilen sprechen bzw. gegen ihre Wesentlichkeit. Dementsprechend ist es aufgrund seiner Darlegungs- und Beweislast auch Sache des Antragstellers, sonstige Billigkeitsgesichtspunkte vorzutragen, die für eine Unterhaltsbegrenzung sprechen (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2008, 134/136).

Trotz der ausdrücklichen Hinweise des Senats in seiner Ladungsverfügung ist das weder schriftsätzlich noch im Verhandlungstermin geschehen. Insbesondere hat der Antragsteller keine Umstände zu seinen Gunsten aufgezeigt, die eine dauerhafte Entschädigung der Antragsgegnerin für ihre ehebedingten Nachteile als unbillig erscheinen lassen und deshalb eine zeitliche Begrenzung ihres Unterhaltsanspruchs nahe legen.

d) Es ist allerdings grundsätzlich nicht auszuschließen, dass ehebedingte Nachteile wieder entfallen bzw. nach einer gewissen Zeit keinen nennenswerten Umfang mehr haben. Dies kann dadurch geschehen, dass der Ehegatte im Rahmen seiner Obliegenheit, sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit im Sinne von § 1574 BGB zu bemühen, eine Arbeit findet, mit der er (im Wesentlichen) ein Einkommen erzielt, wie er es ohne die Ehe und die Kinderbetreuung erzielen würde (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2007, 793/800). Ob dies im Streitfall überhaupt und gegebenenfalls wann gelingen könnte, lässt sich gegenwärtig nicht vorhersagen. Das gilt umso mehr, als eine Erwerbsobliegenheitsverletzung der Antragsgegnerin und eine darauf beruhende fiktive Einkommenszurechnung erst seit Anfang 2008 anzunehmen sind. Auch der Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs liegt im Zeitpunkt dieser Entscheidung erst etwas mehr als 1 Monat zurück.

Die zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs setzt zwar nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist. Wenn sämtliche relevanten Umstände eingetreten oder zuverlässig voraussehbar sind, ist die Befristung vielmehr schon im Ausgangsverfahren auszusprechen und nicht einem späteren Abänderungsverfahren zu überlassen. Zuverlässig voraussehbar sind solche relevanten Umstände insbesondere dann, wenn sie - wie etwa das Alter der Kinder der Parteien - vom bloßen Zeitablauf abhängen (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2007, 793/799). Der Senat vermag gegenwärtig noch nicht zu beurteilen, ob auf mittlere oder auch längere Sicht gesehen das Einkommen der Antragsgegnerin aus einer neu aufgenommenen Vollzeittätigkeit die festgestellten ehebedingten Nachteile vollständig oder im Wesentlichen ausgleichen könnte. Die Umstände sprechen eher dagegen. Offen ist ferner der genaue Zeitpunkt eines etwaigen Wegfalls ehebedingter Nachteile. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin kann auch nicht bis zum Eintritt der Antragsgegnerin in das Rentenalter vorgenommen werden. Es lässt sich gegenwärtig noch nicht sicher vorhersehen, ob gegebenenfalls ab Bezug der Altersrente die ehebedingten Nachteile der Antragsgegnerin durch den mit Beschluss des Amtsgerichts aus 9/2007 ausgesetzten und noch durchzuführenden Versorgungsausgleich zumindest größtenteils ausgeglichen werden können.

Die Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB sind nach all dem jedenfalls zum heutigen Zeitpunkt nicht erfüllt.

3. Entsprechendes gilt für die vom Antragsteller beantragte Herabsetzung des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB. Es lässt sich gegenwärtig (noch) nicht die insoweit erforderliche Prognose treffen, dass und gegebenenfalls wann die zukünftige Entwicklung dazu führt, dass der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin der Höhe nach zu begrenzen ist.

a) Nach der Rechtsprechung des BGH richtet sich der nach § 1578 BGB zu bemessende Unterhaltsbedarf eines Ehegatten, der seine Arbeitsfähigkeit während der Ehe ganz oder zum Teil in den Dienst der Familie gestellt, den Haushalt geführt und nach Trennung oder Scheidung eine Erwerbstätigkeit aufgenommen oder ausgeweitet hat, auch im Rahmen des Aufstockungsunterhalts nicht nur nach dem in der Ehe zur Verfügung stehenden Bareinkommen des Unterhaltspflichtigen sowie seinem eigenen bereits erzielten bzw. ihm zuzurechnenden Einkommen. Vielmehr soll dieser Ehegatte auch nach der Scheidung an dem durch seine Familienarbeit verbesserten ehelichen Lebensstandard teilhaben, weil seine in der Ehe durch Haushaltsführung und Kindesbetreuung erbrachten Leistungen der Erwerbstätigkeit des anderen Ehegatten grundsätzlich gleichwertig sind und die ehelichen Lebensverhältnisse mit geprägt haben (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2007, 983/985). Gleichwohl besteht die Möglichkeit einer zeitlichen Begrenzung und Herabsetzung des Aufstockungsunterhalts. Sie beruht auf dem Gedanken, dass eine lebenslange Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards nur dann angemessen ist, wenn etwa die Ehe lange gedauert hat, wenn aus ihr gemeinsame Kinder hervorgegangen sind, die der Berechtigte betreut oder betreut hat, wenn er erhebliche berufliche Nachteile um der Ehe willen auf sich genommen hat oder wenn sonstige Gründe - zum Beispiel Alter oder Gesundheitszustand des Berechtigten - für eine dauerhafte Lebensstandardgarantie sprechen. Liegen diese Voraussetzungen dagegen nicht vor, hat sich aber der Lebensstandard des Unterhaltsberechtigten durch die Ehe verbessert, wird es sich oft als unbillig darstellen, wenn ihm nicht nach einer Übergangszeit ein Lebensstandard abverlangt wird, der demjenigen entspricht, den er vor der Ehe gehabt hat. Ein Aufstockungsunterhalt kommt dann nicht mehr bis zum vollen eheangemessenen Unterhalt in Betracht (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2007, 200/ 203).

Auch im Streitfall kommt im Rahmen des einheitlichen Aufstockungsunterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin sowohl der Gesichtspunkt des Nachteilsausgleichs als auch derjenige der Lebensstandardgarantie zum Tragen. Dem festgestellten unterhaltsrechtlichen Einkommen des Antragstellers aus Arbeit in Höhe von bereinigt 4.140 € steht ein solches der Antragsgegnerin von (fiktiv) 1.000 € gegenüber. Die Differenz der beiderseitigen Einkünfte beruht jedoch nur zu einem Teil auf den beruflichen Nachteilen, die sich für die Antragsgegnerin aus der Aufgabenverteilung in der Ehe ergeben. Der Gedanke des Nachteilsausgleichs im Sinne des § 1578 b Abs. 1 BGB greift nur im Umfang der Differenz zwischen dem der Antragsgegnerin fiktiv zugerechneten Betrag (von 1.000 €) und dem bei Fortführung der von ihr bis 3/1988 tatsächlich ausgeübten beruflichen Tätigkeit als Leiterin für Ernährungsberatung in der Uni-Kinderklinik T… ein. Aus den vorstehend im Zusammenhang mit der Erörterung einer Befristung nach § 1578 b BGB dargelegten Billigkeitsgesichtspunkten kann es auch im Rahmen der Frage der Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs nicht als unbillig angesehen werden, wenn die Antragsgegnerin auf Dauer vom Antragsteller für ihre ehebedingten Nachteile entschädigt wird. In diesem (eingeschränkten) Umfang ist unter dem Gesichtspunkt des Nachteilsausgleichs kein Raum für eine Herabsetzung des Anspruchs der Antragsgegnerin auf Aufstockungsunterhalt (vgl. in diesem Zusammenhang auch Borth, a.a.O., Rdnr. 163 f.).

Soweit der Aufstockungsunterhalt der Antragsgegnerin dagegen auf der Lebensstandardgarantie beruht, greift der Grundsatz der Eigenverantwortung nach § 1569 BGB ein. Die Vorschrift betont den Ausnahmecharakter des nachehelichen Unterhalts und verlangt positiv, dass sich jeder Ehegatte grundsätzlich selbst zu unterhalten hat. Durch die Neufassung des § 1569 BGB soll klargestellt werden, dass Unterhalt in der Regel die wirtschaftliche Situation des berechtigten Ehegatten nicht verbessern, sondern (jedenfalls auf Dauer) nur dazu dienen soll, die Nachteile auszugleichen, die im Zusammenhang mit der Ehe - insbesondere wegen der vereinbarten Aufgabenverteilung - eingetreten sind. Die Vorschrift des § 1569 Satz 1 BGB ist danach als Programmsatz für die gesamte Neuregelung zu verstehen, die bei der Auslegung jedes Unterhaltstatbestands und bei der Frage einer etwaigen Unterhaltsbegrenzung zu berücksichtigen ist (vgl. hierzu Bosch, a.a.O., 293).

b) Der Senat geht mit dem Antragsteller im Grundsatz davon aus, dass es der Antragsgegnerin nach einer Übergangszeit zumutbar sein wird, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu verzichten. Sie muss sich dann mit dem Standard begnügen, den sie ohne die Ehe erreicht hätte. Der fortdauernde und - wie vorstehend ausgeführt - nicht zu befristende Anspruch der Antragsgegnerin auf Aufstockungsunterhalt hat sich nach der Übergangszeit darauf zu beschränken, die Nachteile auszugleichen, die als ehebedingt anzusehen sind. Allerdings lässt sich auch in diesem Zusammenhang zum heutigen Zeitpunkt noch keine hinreichend zuverlässige Prognose für die Festlegung der zuzubilligenden Übergangszeit treffen. Die Entscheidung über eine Herabsetzung des errechneten Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin ist deshalb einer späteren Abänderung nach § 323 Abs. 2 ZPO vorzubehalten. Hierbei hat sich der Senat von folgenden Überlegungen leiten lassen:

aa) Wie sich aus den vom Amtsgericht für den Versorgungsausgleich eingeholten Auskünften ergibt, ist die nacheheliche Einkommensdifferenz nicht nur auf ehebedingte Nachteile zurückzuführen. Sie beruht auch darauf, dass beide Parteien schon vor der Ehe infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten. Im Jahr vor der Eheschließung, also 1986, verfügte der Antragsteller als angestellter Apotheker über ein Jahresentgelt von rund 61.284 DM brutto. Demgegenüber erzielte die Antragsgegnerin seinerzeit mit ihrer Anstellung als Diätassistentin Jahresbruttoeinkünfte von 37.812 DM. Es bestand also im Zeitpunkt der Heirat ein ausbildungsbedingtes Einkommensgefälle. Abweichendes wird auch von der Antragsgegnerin nicht vorgetragen. Vor dem Hintergrund, dass die Gesamtbruttoeinkünfte des Antragstellers im Kalenderjahr 2007 einen Betrag von rund 90.918 € erreicht haben, kann angenommen werden, dass sich das ursprüngliche Einkommensgefälle ohne die Berufspause der Antragsgegnerin fortgesetzt bzw. weiter vergrößert hätte. Das gilt umso mehr angesichts des beruflichen Fortkommens des Antragstellers während der Ehe und seiner in dieser Zeit erreichten leitenden Position.

bb) Auf der anderen Seite ist in die Billigkeitsabwägung der Gesichtspunkt einzubeziehen, dass die Antragsgegnerin aufgrund ihrer in der Ehe durch Haushaltsführung und Kinderbetreuung erbrachten Leistungen die berufliche Weiterentwicklung des Antragstellers seit der Eheschließung mit möglich gemacht hat. Der Antragsteller arbeitet seit mehreren Jahren als Leiter der Krankenhausapotheke in den D… Kliniken B…. Eine solche Stellung hatte er im Zeitpunkt der Eheschließung nicht inne. Einerseits war der Antragsteller während der Ehe unstreitig beruflich immer stark eingebunden. Andererseits wünschte er sich ein Familienleben mit Kindern. Entsprechend den gemeinsamen Vorstellungen der Eltern waren die beiden 1988 und 1990 geborenen Töchter Mitglieder im Ballettverein, im Schwimmverein, im Kinderchor, im Sportverein und im Reitverein. An Wochenenden nahmen sie an Wettkämpfen und Auftritten teil. Nach der unwidersprochenen Darstellung der Antragsgegnerin konnte der Antragsteller aufgrund seiner beruflichen Belastung die damit verbundenen Leistungen nicht erbringen. Daher übernahm verabredungsgemäß die Antragsgegnerin alle Aufgaben betreffend die gemeinsamen Kinder. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit des Antragstellers nach seinen eigenen Angaben an 7 Terminen pro Monat Nachtdienste bzw. Rufbereitschaftsdienste im Krankenhaus mit sich bringt. Mit Blick darauf wurde auch schon während der Ehe die Eigentumswohnung des Antragstellers in B… als Zweitwohnung zur Übernachtung für die Zeiten seiner Rufbereitschaft und Nachtdienste unterhalten. Der Antragsteller konnte daher in B… bleiben. Bei einer stärkeren Einbindung in den Aufgabenkreis im Zusammenhang mit minderjährigen Kindern lassen sich solche regelmäßigen und den Antragsteller entlastenden Übernachtungen außer Haus nur schwer verwirklichen. Der berufliche Aufstieg des Antragstellers während der Ehe vom angestellten Apotheker zum Leiter der Krankenhausapotheke ist daher nicht zuletzt dem Umstand mit zu verdanken, dass die Antragsgegnerin ihm „den Rücken freigehalten„ hat. In die Billigkeitsabwägung einzubeziehen ist deshalb auch der Gesichtspunkt, dass sich der Antragsteller über viele Jahre hinweg ohne Einschränkung durch Aufgaben im Zusammenhang mit den gemeinsamen Kindern und dem gemeinsamen Haushalt um sein Vorwärtskommen im Beruf kümmern konnte. Demgegenüber war die Antragsgegnerin 14 Jahre lang aus der Arbeitswelt vollständig herausgelöst. Ihre eigene berufliche Entwicklung stagnierte. Diese Umstände rechtfertigen im Rahmen der Billigkeitsabwägung eine längere Teilhabe der Antragsgegnerin an dem vollen Einkommen des Antragstellers.

cc) Weiterhin zu berücksichtigen ist, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien über den Zeitpunkt der Scheidung hinaus weiter verflochten sind. Nach den Angaben der Parteien im Senatstermin ist offen, ob das gemeinsame Haus in N… an Dritte verkauft wird, oder ob der Antragsteller den Miteigentumsanteil der Antragsgegnerin übernimmt. Dementsprechend ist offen, ob und wie lange der auf dem Haus lastende Kredit in Zukunft noch abgetragen werden muss, oder ob bei einem Hausverkauf gegebenenfalls ein Überschuss erzielt werden kann. Letzteres könnte dazu führen, dass die Antragsgegnerin neben ihren Eigeneinkünften und Unterhaltszahlungen über zusätzliche Rücklagen verfügt. Dies wäre ebenfalls ein für die Billigkeitsentscheidung berücksichtigungsfähiger Gesichtspunkt (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2008, 134/136).

dd) Nicht sicher zu beurteilen ist schließlich, wie sich die vom Antragsteller im Senatstermin angesprochene Leukämieerkrankung entwickelt und ob sich daraus gegebenenfalls in die Billigkeitsabwägung einzustellende gesundheitliche Einschränkungen ergeben.

ee) In der Gesamtschau erscheint es unter Berücksichtigung der im Einzelnen aufgezeigten Umstände nicht unbillig, der Antragsgegnerin eine längere Übergangszeit einzuräumen, in der sie die volle Unterhaltsleistung des Antragstellers zur Verfügung hat. Die Übergangszeit muss sich nicht schematisch an der Ehedauer orientieren. Vielmehr findet die Übergangszeit ihren Grund darin, dass der Unterhaltsberechtigte nach der Ehescheidung Zeit benötigt, um sich auf die Kürzung des eheangemessenen Unterhalts einzustellen Hierbei kann auch die Dauer der Ehe nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2008, 134/136). Angesichts der gehobenen finanziellen Verhältnisse, in denen die Parteien gelebt haben, und der im Laufe der Ehe größer gewordenen Differenz zwischen dem Einkommen des Antragstellers und den ohne die Ehe für die Antragsgegnerin erzielbaren Einkünften sowie der langen Ehedauer von mehr als 18 Jahren wird der Antragsgegnerin eine längere mehrjährige Übergangszeit zuzubilligen sein. Aus heutiger Sicht - und ohne Präjudiz für ein zukünftiges Abänderungsverfahren - hält der Senat eine Herabsetzung etwa 8 Jahre nach rechtskräftiger Ehescheidung nicht für unbillig. Unter Einschluss der Zeit, für die Trennungsunterhalt begehrt wird (seit 4/2006), könnte die Antragsgegnerin aus heutiger Sicht also für eine Übergangszeit von rund 10 Jahren den vollen Aufstockungsunterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB beanspruchen, bevor ihr Unterhaltsanspruch herabgesetzt wird. Gegenwärtig sind jedoch noch nicht sämtliche für eine Unterhaltsherabsetzung relevanten Umstände eingetreten. Es ist auch nicht zuverlässig vorhersehbar, wie sich diese in der langen Übergangszeit bis voraussichtlich zum Jahr 2016 auf Seiten beider Parteien entwickeln werden. Der Senat sieht deshalb davon ab, schon heute den genauen Zeitpunkt und den Umfang einer Herabsetzung festzulegen. Hierfür spricht gerade auch, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sicher voraussehbar ist, wie sich die künftige Erwerbsbiographie der Antragsgegnerin gestaltet. Unvorhersehbar ist vor allem, welches Einkommen die Antragsgegnerin als Leiterin für Ernährungsberatung der Uni-Kinderklinik T… im Jahr 2016 voraussichtlich erzielen könnte. Das aber gewinnt für die Höhe des gebotenen Nachteilsausgleichs Bedeutung. Die für den Umfang der Herabsetzung maßgebenden Umstände können zu gegebener Zeit besser und zuverlässiger beurteilt werden. Das gilt umso mehr, als im Rahmen einer späteren Abänderungsentscheidung zu berücksichtigen sein wird, dass der Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt auf den Zeitpunkt zu begrenzen ist, zu dem die Antragsgegnerin das allgemeine Renteneintrittsalter erreicht (vgl. hierzu BGH, NJW 2000, 284/287). Das wiederum würde eine neue Berechnung des dann (nur noch) geschuldeten und der Höhe nach (nur noch) auf einen Nachteilsausgleich gerichteten fortdauernden Elementarunterhalts erforderlich machen. Beiden Parteien erwächst aus der Verweisung auf ein späteres Abänderungsverfahren kein Nachteil.

Das gilt gerade auch deshalb, weil die Antragsgegnerin mit Blick auf diese Entscheidung nicht von einer unbegrenzten Lebensstandardgarantie ausgehen darf. Sie muss sich bereits jetzt darum bemühen, ihre persönlichen und finanziellen Verhältnisse im Laufe einer Übergangszeit auf die Einkünfte einzustellen, die ihrer vor der Ehe ausgeübten Position als Leiterin für Ernährungsberatung der Uni-Kinderklinik T… entsprechen würde. Da die Entscheidung über eine Unterhaltsherabsetzung einem etwaigen späteren Abänderungsverfahren zu überlassen ist, bedarf es im Rahmen dieser Entscheidung keiner Feststellungen zu der genauen Höhe der ehebedingten Einkommenseinbußen, die sich für die Antragsgegnerin aus der langjährigen Kindererziehung und Haushaltsführung ergeben. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 22.04.2008 - 10 UF 226/07)

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„... 4. Eine nach § 1578 b Abs. 2 BGB - welcher durch das Unterhaltsrechtsreformgesetz zum 01.01.2008 in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt wurde und nach § 35 EGZPO Anwendung findet - mögliche Befristung des Unterhaltsanspruchs ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht vorzunehmen. Nach dieser Bestimmung ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB).

a) Die Dauer der Ehe berechnet sich vom Zeitpunkt der Eheschließung bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (Palandt / Brudermüller, a. a. O., § 1578 b - E, Rn. 10). Das sind vorliegend neunzehn Jahre (....1986 bis ...2005).

Bereits nach bisheriger Rechtsprechung des BGH zu § 1573 Abs. 5 BGB a. F. scheidet eine Befristung des Aufstockungsunterhalts nicht schon alleine wegen einer langen Ehedauer aus, auch wenn diese mehr als zwanzig Jahre beträgt. Zwar hatte § 1573 Abs. 5 BGB a. F. als unterhaltsbegrenzende Norm Ausnahmecharakter und fand deswegen vor allem bei kurzen und kinderlosen Ehen Anwendung. Die Vorschrift war allerdings nicht auf diese Fälle beschränkt. Denn das Gesetz legte in § 1573 Abs. 5 BGB a. F. ebenso wie in § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. keine bestimmte Ehedauer fest, von der ab eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nicht mehr in Betracht kommt. Es widersprach auch dem Sinn und Zweck des §§ 1573 Abs. 5 BGB, den Billigkeitsgesichtspunkt „Dauer der Ehe" im Sinne einer festen Zeitgrenze zu bestimmen, von der ab der Unterhaltsanspruch grundsätzlich keiner zeitlichen Begrenzung mehr zugänglich sein kann. Vielmehr stellte das Gesetz die Ehedauer als Billigkeitsgesichtspunkt gleichrangig neben die „Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit". Bei der Billigkeitsabwägung waren zudem die Arbeitsteilung der Ehegatten und die Ehedauer lediglich „zu berücksichtigen"; jeder einzelne Umstand ließ sich also nicht zwingend für oder gegen eine Befristung ins Feld führen. Zudem beanspruchten beide Aspekte, wie das Wort „insbesondere" verdeutlicht, für die Billigkeitsprüfung keine Ausschließlichkeit. Die zeitliche Begrenzung des Aufstockungsunterhalts von § 1573 Abs. 5 BGB a. F. setzte somit - wie die Begrenzung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. - stets eine individuelle Billigkeitsabwägung voraus, die alle Umstände des Einzelfalls einbezieht. Das Ergebnis dieser Billigkeitsabwägung konnte deswegen auch bei länger als zwanzig Jahre andauernden Ehen zu einer Begrenzung des nachehelichen Unterhalts führen, während sie bei erheblich kürzeren Ehen aus anderen Gründen ausgeschlossen sein konnte (BGH FamRZ 2007, 2052 und FamRZ 2007, Seite 2049).

Auch wenn § 1573 Abs. 5 BGB a. F. durch das Unterhaltsrechtsreformgesetz aufgehoben und eine Neuregelung in § 1578 b BGB getroffen wurde, wird die bislang zu §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. ergangene Rechtsprechung in ihren Grundzügen - erweitert auf alle Unterhaltstatbestände - anwendbar bleiben (Palandt / Brudermüller, a. a. O., § 1573 Rn. 31 a).

Bei der Unterhaltsrechtsreform wurden Vorgaben einer in diesem Sinne festen Zeitschranke für die Dauer der Ehezeit bewusst vermieden (Palandt / Brudermüller, a. a. O., § 1578 b - E, Rn. 10).

Hieraus folgt, dass die vorliegend erreichte Ehedauer von annähernd zwanzig Jahren angemessen zu berücksichtigen ist, aber nicht zwingend dazu führt, dass eine Befristung ausgeschlossen ist.

b) Entscheidend sind jedoch die ehebedingten Nachteile, welche die Ehefrau vorliegend durch ihre Hausfrauentätigkeit und die Betreuung und Versorgung des ehegemeinschaftlichen Kindes übernommen hat (§ 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3, Abs. 2 Satz 2 BGB). Die Ehefrau schied im ...l 1989 aus dem Erwerbsleben aus, widmete sich sodann ausschließlich ihren Aufgaben als Hausfrau und der Betreuung und Versorgung des am ...1990 geborenen gemeinsamen Kindes. Bis dahin hatte sie erfolgreich für 2 1/2 Jahre bei der ... gearbeitet im Bereich Public Relation und Marketing. Diese Tätigkeit entsprach zwar nicht ihrem ursprünglichen Lehramtsstudium. Aber sie hatte von ... 1985 bis ... 1986 ein Fernstudium als Marketing Assistentin an der ... Akademie ... betrieben und abgeschlossen. Unstreitig verdiente sie zu diesem Zeitpunkt in der gleichen Größenordnung wie der Ehemann, nämlich DM 53.000,00 brutto jährlich (1988). Der Ehemann selbst hat in der mündlichen Verhandlung vom ...2007 diese damalige Tätigkeit der Ehefrau als „sehr hochwertig" bezeichnet (...). Nicht entscheidend ist, aus welchen Gründen genau sie diese Tätigkeit im ... 1989 kündigte, ob dies alleine daran lag, dass sie Probleme mit Kollegen hatte (so der Ehemann) oder ob weiteres Motiv der Kinder- und Familienwunsch beider Eheleute war und der Ehemann sich damals mehrfach darüber beklagte, dass sie erst sehr spät abends nach Hause kam und keine Zeit mehr für die gemeinsame Beziehung hatte (so die Ehefrau). Denn unstreitig wurde ein Jahr später die gemeinsame Tochter geboren und es entsprach sodann der über Jahre hinweg gelebten Aufgabenverteilung in dieser Ehe, dass der Ehemann weiterhin vollschichtig erwerbstätig war und seine beruflichte Karriere vorantreiben konnte, während die Ehefrau den Haushalt versorgte und das Kind betreute. Die Ehe, so wie sie von den Parteien ab 1989 in der Ehezeit gelebt wurde, war eine typische „Alleinverdienerehe". Hinzu kam von 1995 bis 1999 eine ehrenamtliche Beschäftigung der Ehefrau; erst von 1999 an ging sie nebenher geringfügigen Beschäftigungen nach.

Die Ehefrau hat hierdurch ersichtlich ehebedingte Nachteile erlitten. Während der Ehemann seine berufliche Karriere uneingeschränkt fortsetzen konnte, war ihr dies nicht möglich. Hätte sie ihre frühere Tätigkeit im Marketing-Bereich fortgesetzt, bei einer anderen Firma, hätte sie heute ein deutlich höheres Gehalt als die ca. EUR 1.500,00 netto monatlich, die nunmehr als Bürokraft in ihrem Alter erzielbar erscheinen. Bei der ... verdiente sie in der gleichen Größenordnung wie der Ehemann, auch sie hätte sich in ihrem Beruf fortentwickeln und Karriere machen können, hätte an den üblichen Gehaltssteigerungen teilgenommen. Angesichts ihres Alters und ihrer Erwerbsbiographie wird es ihr nicht möglich sein, diesen Einkommensnachteil aufzuholen.

Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs scheidet daher aus.

5. Auch eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs - gegebenenfalls nach einer Übergangsfrist (vgl. Palandt/Brudermüller, a. a. O., § 1578 b - E, Rn. 14) - gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB scheidet vorliegend aus, zumal vom Ehemann - jedenfalls bis 01.01.2010 - EUR 500,00 monatlich anerkannt sind. Nach dieser Vorschrift ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Angesichts der Ehedauer von annähernd zwanzig Jahren erscheint es gerechtfertigt, die Ehefrau auch weiterhin an den ehelichen Lebensverhältnissen partizipieren zu lassen. Denn sie hat die ehebedingten Nachteile erlitten, indem sie auf ihre berufliche Karriere verzichtete und die Haushaltsführung und Kindesbetreuung übernahm. Wie dargelegt, hat sie hierdurch dauerhafte wirtschaftliche Einbussen erlitten, da es ihr nicht mehr möglich sein wird, einen Verdienst in der Größenordnung zu erzielen, wie sie ihn auch ohne eine wegen der Ehe und der Kindesbetreuung unterbrochene Erwerbstätigkeit erreicht hätte. Ihre fortgesetzte Teilhabe am ehelichen Lebensstandard erscheint daher unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht unbillig, auch unter Würdigung des mit der Unterhaltsrechtsreform verfolgten Gesetzeszwecks, die nacheheliche Eigenverantwortung in den Vordergrund zu stellen (§ 1569 BGB). ..." (OLG Karlsruhe Urteil vom 24.01.2008, 16 UF 223/06).

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Hat die geschiedene, 1954 geborene Ehefrau trotz langer Ehedauer keine beruflichen Nachteile erlitten, kann, auch wenn ihre berufliche Zukunft nicht gesichert ist, ihr titulierter Aufstockungsunterhalt zeitlich begrenzt werden. Der ungesicherten beruflichen Zukunft der Ehefrau ist durch eine großzügige Übergangsfrist Rechung zu tragen (hier: 21 Jahre Ehedauer; zehnjährige Festschreibung des Aufstockungsunterhalts; weitere Zahlungspflicht für sechs Jahre; OLG Zweibrücken, Urteil vom 17.01.2008 - 6 UF 132/06, NJW 2008, 1893 f):

Die Parteien streiten um die Abänderung eines am 11. 3. 1994 geschlossenen Vergleichs über die Zahlung von Ehegattenunterhalt für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung. Ihre 1973 geschlossene Ehe wurde durch Urteil im gleichen Termin geschieden. Aus der Ehe ist ein Sohn hervorgegangen, der zum Zeitpunkt des Ehescheidungsantrags bereits volljährig war. Mit dem Vergleich verpflichtete sich der Kl. des vorliegenden Verfahrens, an die Bekl. als Aufstockungsunterhalt monatlich 1300 DM (= 664,68 Euro) zu zahlen, festgeschrieben bis Ende 2004. Danach sollte im Abänderungsfall keine Bindung an die Grundlagen des Vergleichs bestehen. Der Kl. ist seit 1994 wieder verheiratet. Er hat aus dieser Ehe zwei Kinder, die Mitte 2006 sechs bzw. elf Jahre alt waren. Er ist Geschäftsführer der T-Werke. Die heute 54-jährige Bekl. ist gelernte Verkäuferin. In diesem Beruf war sie bis zur Insolvenz ihres Arbeitgebers Mitte 2006 über einen Zeitraum von 19 Jahren hinweg vollschichtig beschäftigt. Ab 1. 6. 2006 bezog sie vorübergehend Arbeitslosengeld. Seit August/September 2007 steht sie wieder in einem Beschäftigungsverhältnis, wobei der Vertrag einen Einsatz bis höchstens 100 Stunden monatlich vorsieht und bis Ende 2008 befristet ist. Der Kl. will ab 1. 1. 2005 keinen Unterhalt zahlen. Er macht geltend, die Bekl. habe durch die Ehe in ihrer beruflichen Entwicklung keinerlei Nachteile erlitten. Sie sei vielmehr durchweg berufstätig gewesen. Der Aufstockungsunterhalt sei daher auf zehn Jahre zu begrenzen, weil die Bekl., die nach wie vor als gelernte Einzelhandelskauffrau im Verkaufsbereich arbeite, ohne die Ehe keine andere berufliche Laufbahn eingeschlagen und auch kein höheres Einkommen erzielt hätte. Zumindest sei der Unterhalt der Höhe nach zu begrenzen, wobei auch eine Reduzierung auf Null in Betracht komme. Dem ist die Bekl. insbesondere unter Hinweis auf die lange Ehedauer entgegengetreten. Hieraus hätten sich die gehobenen Vermögensverhältnisse des Bekl. entwickelt, an denen sie nach wie vor teilhaben könne, zumal sie nach vielen Jahren der Berufstätigkeit nunmehr infolge der Insolvenz ihren Arbeitsplatz verloren habe und seit Juli 2006 lediglich Arbeitslosengeld beziehe. Das AG - FamG - hat die Abänderungsklage abgewiesen. Die Berufung des Kl. hatte für den Zeitraum ab 1. 1. 2011 Erfolg. ...

II. Die Darlegungen des Kl. zu seinen jetzigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen rechtfertigen es zwar nicht, den Unterhaltsanspruch der Bekl. zu reduzieren. Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände gelangt der Senat aber zur Auffassung, dass der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 V BGB a.F. bzw. (für die Zeit ab 1. 1. 2008) § 1578b II BGB zu begrenzen ist, und zwar bis zum 1. 1. 2011. …

2. c) Insgesamt ist das Vorbringen des Kl. zu seinen Vermögens- und Einkommensverhältnissen nicht geeignet, für den Zeitraum ab 1. 1. 2005 eine Verringerung des titulierten Unterhaltsanspruchs darzulegen.

3. Die Berufung führt jedoch zum Teilerfolg, weil der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nach den hier zu beurteilenden Umständen bis Ende Dezember 2010 zu begrenzen ist.

a) Dazu, dass allein die Dauer der Ehe - hier ca. 20 Jahre - einer Anwendung des § 1573 V BGB a.F. nicht entgegensteht, nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 8. 5. 2007. In diesem Zusammenhang hat der BGH in jüngster Zeit mehrfach entschieden, dass es einer geschiedenen Ehefrau zugemutet werden kann, sich nach einer Übergangszeit mit dem Einkommen zu begnügen, das sie ohne die Ehe durch eigene Erwerbstätigkeit hätte und jetzt auch erzielt. Das gilt nur dann nicht, wenn die Differenz zwischen dem eigenen Einkommen und dem Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Verhältnissen einen ehebedingten Nachteil darstellt, den es auch weiterhin auszugleichen gilt. Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 II BGB bietet deswegen keine - von ehebedingten Nachteilen unabhängige - Lebensstandardgarantie im Sinne einer fortwirkenden Mitverantwortung. Beruht die nacheheliche Einkommensdifferenz darauf, dass die Ehegatten schon vor der Ehe infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten, kann es danach dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nach einer Übergangszeit zumutbar sein, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen gem. § 1578 I 1 BGB zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den er auch ohne die Ehe erreicht hätte. Dabei setzt die Begrenzung nicht voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist (vgl. zuletzt BGH, NJW-RR 2008, 1 = FamRZ 2007, 2049 [2051ff.], bspr. von Born, FPR 2008, 59).

Für die nach dem 1. 1. 2008 fällig werdenden Unterhaltsleistungen gilt auf Grund des zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes § 1578b II BGB. Die Änderung führt jedoch nicht zu einer inhaltlichen Änderung der Voraussetzungen, vielmehr bestätigt sie die vorgenannte Rechtsprechung des BGH (vgl. Born, NJW 2008, 1 [6]).

b) Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen hält der Senat hier den Anspruch einer Begrenzung für geboten. Ausschlaggebend dafür ist in erster Linie die Tatsache, dass für die Bekl. trotz der langen Ehedauer keine ehebedingten Nachteil zu verzeichnen sind. Sie hat den Beruf einer Einzelhandelsverkäuferin erlernt. In diesem Beruf war sie zuletzt über einen Zeitraum von fast 20 Jahren hinweg vollschichtig beschäftigt. Irgendwelche konkreten Nachteile, die der Bekl. aus der Betreuung des Sohnes oder der Haushaltsführung entstanden sein könnten, sind nicht erkennbar.

Insoweit weist die Bekl. erst mit dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz allgemein darauf hin, sie sei auch während der Ehe teilzeitbeschäftigt gewesen, sie habe sich aber im Wesentlichen der Kindeserziehung und Haushaltsführung gewidmet. Dieses Vorbringen ist jedoch verspätet und gem. §§ 296a, 156 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Insoweit handelt es sich auch nicht um eine Erwiderung der Bekl. im Rahmen der ihr zum Schriftsatz des Kl. vom 8. 10. 2007 bewilligten Frist. Denn der Kl. hatte bereits zuvor durchgängig behauptet, dass der Bekl. keine ehebedingten Nachteile entstanden seien.

Ebenso wenig kann sich die Bekl. darauf berufen, dass ihr ein berufliches Fortkommen nicht so wichtig gewesen sei, auch was einen beruflichen Aufstieg betreffe. Dass diese Entscheidung ehebedingt war, kann angesichts des nach der Volljährigkeit des Kindes über einen langen Zeitraum hinweg bestehenden - vollschichtigen - Arbeitsverhältnisses nicht angenommen werden. Andererseits hat der Senat berücksichtigt, dass die Bekl. mittlerweile ihren gesicherten Arbeitsplatz verloren hat und nach vorübergehender Arbeitslosigkeit nunmehr in einem befristeten Arbeitsverhältnis mit geringerem Lohn steht. Auch unter Berücksichtigung des Alters der Bekl. ist daher die weitere Entwicklung ihrer beruflichen Laufbahn nunmehr offen.

Gleichwohl erscheint die weitere Gewährung eines unbegrenzten Unterhaltsanspruchs unbillig. Das Risiko des Arbeitsplatzverlustes, das sich hier in der Person der Bekl. verwirklicht hat, beruht nicht auf der Ehe der Parteien. Es kann - sofern nach der Scheidung das Einkommen über Jahre hinweg nachhaltig gesichert war - nicht zu Lasten des Unterhaltsverpflichteten gehen. Vielmehr hält es der Senat für geboten, den künftigen Unwägbarkeiten durch die Bemessung einer großzügigen Frist Rechnung zu tragen. Nach Zahlung über einen Zeitraum von annähernd zehn Jahren hinweg hält der Senat daher eine Übergangsfrist von weiteren sechs Jahren bis zum Fortfall des Unterhaltsanspruchs aus § 1573 II BGB für angemessen und ausreichend. Damit kann sich die Bekl. weitere drei Jahre auf die Kürzung des eheangemessenen Unterhalts einstellen. Ihr bleibt also hinreichend Zeit, gemäß dem in § 1569 n.F. BGB betonten Grundsatz der Eigenverantwortung nachhaltig Sorge dafür zu tragen, wieder ein Einkommen entsprechend ihrem eheunabhängigen Lebensstandard zu erreichen. ..."

***

„... Zuletzt ist zu beachten, dass vorliegend eine Herabsetzung bzw. Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruches gemäß § 1578b BGB neue Fassung nahe liegt, die das Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil jedoch nicht ausgesprochen hat.

1. Zwar handelt es sich bei § 1578 b BGB um eine unterhaltsbegrenzende Norm mit Ausnahmecharakter (amtliche Begründung zu Nr. 9 - Einfügung von § 1578b BGB; BGH, Urteil vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07; Dose FamRZ 2007, 1289, 1296). Insoweit trägt der zum nachehelichen Unterhalt Verpflichtete die vollständige Darlegungs- und Beweislast. Sind aber die relevanten Tatsachen unstreitig oder von dem Unterhaltsverpflichteten ausreichend substantiiert dargetan, ist es an dem Unterhaltsberechtigten, diese auszuräumen oder Gründe für eine längere Schonfrist darzutun (amtliche Begründung a.a.O.; Dose a.a.O.).

2. Hier ist jedenfalls die Erwerbsbiographie der Klägerin unstreitig. Insoweit ist maßgeblich darauf abzustellen, inwieweit überhaupt noch ehebedingte Nachteile vorhanden sind. Angesichts dessen, dass die Klägerin dem Arbeitsmarkt nahezu durchgängig zur Verfügung stand, sind solche jedenfalls derzeit nicht erkennbar. Allein die lange Dauer der Ehe und das fortgeschrittene Alter der Klägerin deuten indiziell darauf hin, dass ehebedingte Nachteile fortdauern (vgl. zu dieser Indizwirkung auch die amtliche Begründung a.a.O.). Insoweit besteht aber auch bei langer Ehezeit keine feste zeitliche Grenze. So kann auch bei einer länger als 20 Jahre andauernden Ehe der Anspruch zu kürzen oder zu befristen sein (BGH, FamRZ 2006, 1006, 1007; Dosse FamRZ 2007, 1289, 1295; vgl. auch OLG Brandenburg, ZFE 2007, 234, 235).

All dies spricht nach derzeitigem Stand dafür, der Klägerin zumindest den nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bestimmenden Bedarf nicht unbegrenzt zuzusprechen. Insoweit dürfte nach einer angemessenen Übergangsfrist der Unterhalt auf den angemessenen Lebensbedarf von aktuell 1.000,00 € (Ziff. 21.4 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen OLG, Stand 01.01.2008) herabgesenkt werden, mag möglicherweise auch eine vollständige Befristung angesichts des fortgeschrittenen Lebensalters der Klägerin ausscheiden. Soweit eine solche Herabsenkung vorzunehmen wäre, wäre dann aber der Bedarf der Klägerin aufgrund ihrer eigenen Einkünfte jedenfalls nach derzeitigem Stand gedeckt. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.01.2008 - 9 UF 207/07)

*** (AG)

Wohnwert spielt allein bei der Bedarfsdeckung eine Rolle, wenn der Unterhalt nach § 1578 b BGB begrenzt ist und der unterhaltsberechtigte Ehegatte die Ehewohnung alleine nutzt (AG München, Beschluss vom 28.07.2014 - 521 F 5676/12).

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§ 1579 Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil

1. die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann,
2. der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,
3. der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
4. der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,
5. der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
6. der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
7. dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder
8. ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.

Leitsätze/Entscheidungen:

Detektivkosten, die einer Partei zur Beschaffung von Beweismitteln (hier: zur Feststellung des Bestehens einer verfestigten Lebensgemeinschaft des Unterhaltsberechtigten) entstehen, können zu den erstattungsfähigen Kosten im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO gehören. Das ist allerdings nur der Fall, wenn das Beweismittel im Rechtsstreit verwertet werden darf. Daran fehlt es, soweit die Kosten auf Erstellung eines umfassenden personenbezogenen Bewegungsprofils mittels eines Global Positioning System [GPS] - Geräts beruhen, eine punktuelle persönliche Beobachtung aber ausgereicht hätte (BGH, Beschluss vom 15.05.2013 - XII ZB 107/08).

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Verschweigt eine Ehefrau ihrem Ehemann, dass ein während der Ehe geborenes Kind möglicherweise von einem anderen Mann abstammt, verwirklicht dies grundsätzlich den Härtegrund eines Fehlverhaltens im Sinne von § 1579 Nr. 7 BGB. Die Anfechtung der Vaterschaft ist hierfür nicht Voraussetzung. Ein Härtegrund kann nicht nur angenommen werden, wenn die anderweitige leibliche Vaterschaft unstreitig ist, sondern auch dann, wenn der Ausschluss der leiblichen Vaterschaft des Ehemannes in zulässiger Weise festgestellt worden ist (BGH, Urteil vom 15.02.2012 - XII ZR 137/09 zu §§ 1579 Nr 7, 1599 I BGB):

„... Die Parteien streiten über die Abänderung einer notariellen Urkunde über nachehelichen Unterhalt.

Die Parteien heirateten im Januar 1967. Aus der Ehe ist eine 1967 geborene Tochter hervorgegangen. Ein 1984 geborener Sohn der Beklagten gilt ebenfalls als Kind des Klägers. Für den geistig behinderten Sohn ist eine rechtliche Betreuung eingerichtet. Die Ehe der Parteien wurde im Februar 1997 rechtskräftig geschieden.

Im Juni 1996 hatten die Parteien eine notarielle Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung abgeschlossen, in der sich der Kläger unter anderem zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von 3/7 seines Arbeitseinkommens und 1/2 seiner Betriebsrente, höchstens aber monatlich 5.000 DM verpflichtet hatte. Zuletzt wurde der Unterhalt im Jahr 2005 einvernehmlich auf monatlich 1.500 € herabgesetzt.

Die 1944 geborene Beklagte ist gelernte Friseurin und war während der Ehe und auch nach der Scheidung nicht erwerbstätig. Sie bezieht seit Mai 2009 eine Altersrente und bewohnt das ihr im Zuge der Vermögensauseinandersetzung der Parteien übertragene Einfamilienhausgrundstück. Der 1942 geborene Kläger ist Diplom-Ingenieur und bezieht ebenfalls Altersrente. Darüber hinaus ist er selbstständig freiberuflich tätig. Er ist wieder verheiratet.

Der Kläger macht den Wegfall des Unterhalts ab November 2006 geltend. Er beruft sich darauf, dass die Beklagte ihm den Sohn wissentlich "untergeschoben" und dadurch ihren Unterhaltsanspruch verwirkt habe. Die Beklagte habe durch ihr Verhalten sowohl in seine persönliche als auch seine finanzielle Lebensplanung eingegriffen und ihn insoweit nachhaltig geschädigt.

Das Amtsgericht hat über die Abstammung des Sohnes Beweis erhoben. Das Sachverständigen-Gutachten hat ergeben, dass die Vaterschaft des Klägers ausgeschlossen ist. Das Amtsgericht hat der Klage sodann stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht den Unterhalt lediglich herabgesetzt und in Höhe von monatlich 400 € ab November 2006 bestehen lassen. Dagegen wenden sich beide Parteien mit ihrer jeweiligen Revision, mit welcher der Kläger eine vollständige Versagung des Unterhalts und die Beklagte die Abweisung der Klage weiterverfolgt. ...

I. Nach der Auffassung des Berufungsgerichts greift der Verwirkungseinwand nach § 1579 Nr. 7 BGB durch. In dem Verhalten der Beklagten, dem Kläger gegenüber mehr als 20 Jahre zu verschweigen, dass als Vater des Sohnes H. auch ein anderer Mann in Frage komme, liege jedenfalls deshalb ein subjektiv vorwerfbares schuldhaftes Verhalten, weil der Sohn tatsächlich nicht vom Kläger abstamme. Das stehe nach dem erstinstanzlich eingeholten Abstammungsgutachten fest. Die Bedenken der Beklagten gegen eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft seien nicht begründet. Der Grundsatz der Statuswahrheit verlange zwar, alles zu vermeiden, was die Übereinstimmung von statusmäßiger und tatsächlicher biologischer Abstammung beeinträchtigen könne. Dieser Grundsatz sei jedoch durch das Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren maßgeblich geändert worden.

Die Beklagte habe es zumindest für möglich gehalten, dass der Kläger nicht der leibliche Vater ihres Sohnes sei. Das Vorbringen der Beklagten, (nur) Anfang März 1984 anlässlich einer Feier im alkoholisierten Zustand sexuellen Kontakt mit einem anderen Mann gehabt zu haben, ohne dass es zum Geschlechtsverkehr gekommen sei, sei nicht schlüssig, denn es stehe fest, dass der Kläger nicht der Vater sei. Sie habe es deshalb für möglich gehalten, dass der Kläger nicht der leibliche Vater sei, möge sie diesen Umstand auch verdrängt haben. Sie habe dem Kläger damit zumindest bedingt vorsätzlich ein nicht von ihm stammendes Kind "untergeschoben".

Insbesondere durch die beim Abschluss der Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung unterlassene Aufklärung des Klägers über "den Fehltritt" und die sich daraus ergebenden Zweifel an der biologischen Vaterschaft habe sie ihre eheliche Solidarität in einem Ausmaß verletzt, das die Annahme einer offensichtlichen Schwere ihres Fehlverhaltens rechtfertige. Ein ausdrückliches Leugnen der außerehelichen Zeugung des Kindes sei hierfür nicht erforderlich.

Aufgrund des schwerwiegenden Fehlverhaltens der Beklagten sei der Fortbestand der Unterhaltsverpflichtung in der vereinbarten Höhe grob unbillig. Die Beklagte habe den Kläger über einen Zeitraum von 1984 bis 2005 nicht über mögliche Zweifel an der Vaterschaft aufgeklärt und seit der Trennung nicht unerhebliche Unterhaltszahlungen entgegengenommen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Lebensplanung ab 1993 wegen der besonderen Betreuungsbedürfnisse des Sohnes geändert habe und diese hierfür zumindest mitursächlich gewesen seien. Auch die lange Ehedauer und der Umstand, dass die Beklagte im Vertrauen auf die Unterhaltsvereinbarung nicht erwerbstätig gewesen sei, gäben keinen Anlass, die Unterhaltszahlungen in voller Höhe weiterhin für zumutbar zu halten.

Unter Berücksichtigung der Schwere des Fehlverhaltens einerseits und der langen Ehedauer, der ehebedingten wirtschaftlichen Nachteile der Beklagten, der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse und der beabsichtigten Absicherung der Beklagten andererseits scheide eine vollständige Versagung des Unterhalts aber aus, zumal die Parteien in der Vereinbarung selbst ein langjähriges Zusammenleben der Beklagten mit einem neuen Partner nur in der Weise berücksichtigt hätten, dass auch in diesem Fall immer noch 50 % des Unterhalts geschuldet würden.

Bei der Herabsetzung seien die derzeitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Verwertung des Hausgrundstücks sei von der Beklagten nicht zu verlangen. Dass die Parteien die Abänderung der Unterhaltsvereinbarung auf veränderte tatsächliche und wirtschaftliche Verhältnisse beschränkt hätten, habe jedenfalls nicht zur Folge, dass ein Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht geltend gemacht werden könne.

Eine weitergehende Herabsetzung oder Befristung nach § 1578 b BGB sei nicht vorzunehmen. Zwar sei im Fall des Altersunterhalts der Versorgungsausgleich zu berücksichtigen, wobei der schuldrechtliche Versorgungsausgleich noch ausstehe. Die von der Beklagten bezogene Rente erreiche aber der Höhe nach nicht die Rente, die sie im Fall ununterbrochener Berufstätigkeit beziehen würde. Des Weiteren sei nicht ersichtlich, wie die Beklagte sich zukünftig auf den Wegfall des Unterhalts einstellen solle.

II. Die Revision des Klägers ist unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann sich die Eingrenzung der Rechtsmittelzulassung nicht nur aus dem Entscheidungstenor, sondern auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. Senatsurteile vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612 Rn. 7 und BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 10 f. jeweils mwN).

Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, ob die Rechtsausübungssperre weitergehende Ausnahmen zulässt, als sie bislang von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt worden sind. Hierbei handelt es sich zwar um eine Rechtsfrage, auf die für sich genommen die Revisionszulassung nicht beschränkt werden kann. Etwas anderes gilt aber, wenn sich die Rechtsfrage auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstands bezieht, auf den auch die Revision beschränkt werden könnte (vgl. Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 11 mwN und BGHZ 153, 358, 360 ff. = FamRZ 2003, 590 f.). So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die vom Berufungsgericht zugelassene Ausnahme von der Rechtsausübungssperre des § 1599 Abs. 1 BGB beschwert nur die Beklagte und betrifft einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstands. Von der Klärung der Rechtsfrage ist nur die Herabsetzung des Unterhalts von monatlich 1.500 € auf 400 € abhängig. Die vom Kläger darüber hinausgehend erstrebte vollständige Versagung des Unterhalts ist dagegen vom Berufungsgericht ohne Rücksicht auf die fragliche Ausnahme von der Rechtsausübungssperre abgelehnt worden.

III. 1. Das Berufungsgericht hat zutreffend die Abänderungsklage nach § 323 ZPO aF und nicht die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO als die richtige Klageart angesehen. Das ergibt sich schon daraus, dass im vorliegenden Verfahren nicht lediglich die Versagung und Herabsetzung nach § 1579 BGB zu überprüfen ist, sondern auch eine Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nach § 1578 b BGB, und überdies die Entscheidung im vorliegenden Verfahren die notarielle Urkunde als Unterhaltstitel ersetzt.

2. Das Berufungsgericht ist aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte dem Kläger über lange Zeit bestehende Zweifel an dessen leiblicher Vaterschaft hinsichtlich des Sohnes vorenthalten hat, vom Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB (bzw. § 1579 Nr. 6 BGB aF) ausgegangen. Das hält den Revisionsangriffen der Beklagten stand.

a) Eine Beschränkung oder Versagung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Nr. 7 BGB ist begründet, wenn dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt.

aa) Ein Ehebruch führt allerdings als solcher noch nicht ohne weiteres zum Ausschluss oder zur Herabsetzung des Unterhalts nach § 1579 BGB. Zwar handelt es sich bei einem Verstoß gegen die Pflicht zur ehelichen Treue grundsätzlich um ein Fehlverhalten im Sinne von § 1579 Nr. 7 BGB (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 1983 - IVb ZR 348/81 - FamRZ 1983, 670; BVerfG FamRZ 2003, 1173, 1174). Das Gesetz fordert indessen darüber hinaus, dass das Fehlverhalten eindeutig beim Berechtigten liegt. Selbst bei einem feststehenden einseitigen Fehlverhalten führt der Ehebruch allein aber noch nicht zur Versagung oder Herabsetzung des Unterhalts, sondern diese erfordern nach der Rechtsprechung des Senats eine so schwerwiegende Abkehr von ehelichen Bindungen, dass nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit, der dem ehelichen Unterhaltsrecht zugrunde liegt, die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten grob unbillig erschiene (Senatsurteile BGHZ 176, 150 = FamRZ 2008, 1414 Rn. 22 mwN und vom 12. Januar 1983 - IVb ZR 348/81 - FamRZ 1983, 670). Dementsprechend hat der Senat einen Härtegrund (erst) bei Aufnahme eines nachhaltigen, auf längere Dauer angelegten intimen Verhältnisses angenommen, wenn darin die Ursache für das Scheitern der Ehe lag (vgl. Senatsurteil BGHZ 176, 150 = FamRZ 2008, 1414 Rn. 22 mwN). Derartige Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

bb) Ein Härtegrund kann sich indessen auch aus anderen Umständen ergeben, welche einen über den Ehebruch hinausgehenden Vorwurf begründen.

(1) Ein über den Ehebruch als solchen hinausgehender Vorwurf trifft eine unterhaltsberechtigte Ehefrau auch dann, wenn ein während der Ehe geborenes Kind möglicherweise bei dem Ehebruch gezeugt wurde und sie ihren Ehemann in dem Glauben gelassen hat, dass allein er als Vater des Kindes in Frage kommt. Dadurch hat sie in einer elementaren persönlichen Frage in die Lebensgestaltung des Ehemannes eingegriffen und diese insbesondere bei anschließender Fortsetzung der Ehe seiner autonomen Entscheidung entzogen. Ein solches Verhalten stellt einen gravierenden Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung des Ehemannes dar, dessen Verhältnis und Einstellung zu dem Kind und regelmäßig auch zu der Ehe wesentlich von dem Bestehen seiner - leiblichen - Vaterschaft abhängen. Das Verschweigen der möglichen Vaterschaft eines anderen Mannes stellt demnach ein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten dar (vgl. Senatsurteil vom 5. Dezember 1984 - IVb ZR 55/83 - FamRZ 1985, 267, 268 mwN; OLG Brandenburg NJW-RR 2000, 1098; zu § 1587 c BGB: OLG Hamm NJW-RR 2008, 1031; OLG Köln FamRZ 1998, 749). Da zudem mindestens ein bedingter Vorsatz bestehen muss, liegt das Fehlverhalten regelmäßig allein bei der Ehefrau, weil sie im Gegensatz zum Ehemann über die notwendige Kenntnis verfügt.

(2) Das Berufungsgericht ist von einem bedingten Vorsatz der Beklagten ausgegangen. Dass sie zwar auf einer von beiden Parteien besuchten Feier stattgefundene sexuelle Kontakte eingeräumt habe, nicht aber einen Geschlechtsverkehr, sei nicht schlüssig, weil feststehe, dass der Kläger nicht der leibliche Vater ihres Sohnes sei. Dass es zu einem Geschlechtsverkehr mit dem sie bedrängenden Mann nicht gekommen sei, sei ihr "nicht abzunehmen". Dass sie es nicht ausgeschlossen habe, geschwängert worden zu sein, ergebe sich zudem aus der glaubhaften Behauptung des Klägers, dass die Beklagte nach Abbruch sexueller Kontakte im Jahr 1983 überraschend im März 1984 nach der Feier den Geschlechtsverkehr mit ihm noch einmalig zugelassen habe. Sie habe daher befürchtet, von einem anderen Mann schwanger zu sein und habe es deshalb für möglich gehalten, dass der Kläger nicht der Vater sei, möge sie diesen Umstand auch verdrängt haben.

Die hiergegen von der Beklagten erhobenen Revisionsrügen sind nicht begründet. Dass die Begründung des Berufungsgerichts denkgesetzwidrig sei, ist nicht zu erkennen. Vielmehr geht aus seiner Würdigung hervor, dass es der Behauptung der Beklagten, dass sie keinen Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann gehabt habe, keinen Glauben geschenkt hat, schon weil die Tatsache, dass das Kind von einem anderen Mann abstammt, dagegen spricht. Die weitere Überlegung des Berufungsgerichts, dass sie vor dem Geschlechtsverkehr mit ihrem Ehemann ihre Schwangerschaft von einem anderen Mann befürchtet habe, baut dagegen auf der Feststellung des außerehelichen Geschlechtsverkehrs auf und soll diese nicht begründen. Auch dass nach Auffassung der Beklagten die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Vorsatz unzureichend seien, trifft nicht zu. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Beklagte Kenntnis von dem Geschlechtsverkehr hatte, was damit übereinstimmt, dass sie das Geschehen detailliert vorgetragen und ihre damalige Alkoholisierung ihr Erinnerungsvermögen somit nicht entscheidend beeinträchtigt hat. Unter diesen Umständen brauchte das Berufungsgericht entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung auch nicht näher zu begründen, warum die Beklagte nicht etwa einen alkoholbedingten "Blackout" gehabt habe. Dass das Berufungsgericht seinen Feststellungen angefügt hat, die Beklagte könne die Möglichkeit, dass der Kläger nicht der Vater ihres Sohnes sei, "verdrängt" haben, steht dem von ihm festgestellten - zumindest - bedingten Vorsatz nicht entgegen. Denn diese Bemerkung ist ersichtlich nicht in dem Sinne zu verstehen, dass die einmal begründete Kenntnis etwa durch außergewöhnliche Umstände später aufgehoben worden sein könnte. Dass das Berufungsgericht eine solche Möglichkeit nicht in Betracht gezogen hat, zeigt sich daran, dass es in seiner Begründung sogleich im Anschluss an die genannte Bemerkung von einem bedingten Vorsatz der Beklagten auch zum Zeitpunkt des Abschlusses der Trennungs- und Scheidungsfolgenregelung ausgegangen ist.

(3) Mit ihrer Revision beanstandet die Beklagte, dass den Vorinstanzen verwehrt gewesen sei, die Abstammung des Sohnes gutachterlich klären zu lassen. Das greift als Verfahrensrüge nicht durch. Die von der Beklagten angeführte Sperrwirkung nach § 1599 Abs. 1 BGB ergibt sich aus dem materiellen Recht und betrifft das Beweisverfahren als solches nicht. Die ordnungsgemäße Beweisaufnahme steht außer Frage, zumal der Kläger und auch der Sohn H.- durch seine Betreuerin - ihrer Einbeziehung in die Abstammungsbegutachtung zugestimmt haben. Die Einbeziehung der Beklagten war wegen des bereits erwiesenen Vaterschaftsausschlusses nicht notwendig. Ob das Beweisergebnis für die Entscheidung auch erheblich ist, ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung. Selbst eine Beweiserhebung über eine letztlich rechtsunerhebliche Frage würde die Beweisaufnahme grundsätzlich zwar überflüssig, aber noch nicht verfahrenswidrig machen.

cc) Dass der Kläger auch heute noch rechtlicher Vater des Kindes ist, steht der Annahme eines Härtegrundes nach § 1579 Nr. 7 BGB nicht entgegen.

(1) Der Senat hat bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung die Geltendmachung der fehlenden leiblichen Abstammung für einen Härtegrund nach § 1579 BGB nicht als ausgeschlossen betrachtet, wenn die Abstammung des Kindes von einem anderen Mann unstreitig ist (Senatsurteil vom 26. Oktober 1984 - IVb ZR 36/83 - FamRZ 1985, 51, 52 f.; vgl. zu § 1587 c BGB Senatsbeschluss vom 25. Juni 2008 - XII ZB 163/06 - FamRZ 2008, 1836 mwN in Abgrenzung zum Senatsbeschluss vom 15. Dezember 1982 - IVb ZB 544/80 -FamRZ 1983, 267). In einer weiteren Fallkonstellation hat der Bundesgerichtshof die Berufung auf die unstreitig fehlende leibliche Abstammung zugelassen, wenn diese für die Haftung des Rechtsanwalts, der die Nichteinhaltung der Anfechtungsfrist zu verantworten hat, erheblich ist (Urteile vom 23. September 2004 - IX ZR 137/03 - FamRZ 2005, 261; BGHZ 72, 299, 301 = FamRZ 1979, 112). In diesen Fällen ist trotz bestandskräftiger Vaterschaft eine Berücksichtigung der abweichenden biologischen Abstammung zulässig. Anders lag insoweit der Fall des Senatsurteils vom 16. April 2008 (XII ZR 144/06 - FamRZ 2008, 1424; ebenso Senatsurteil vom 22. Oktober 2008 - XII ZR 46/07 - FamRZ 2009, 32; vgl. auch Senatsurteil vom 9. November 2011 - XII ZR 136/09 -FamRZ 2012, 200), in dem das Kind - nach Anfechtung der Vaterschaft - rechtlich vaterlos war und von daher eine Gefährdung des Familienfriedens allein durch das Hinterfragen der leiblichen Abstammung von vornherein nicht zu besorgen war.

Wenn die Vaterschaft eines anderen Mannes zwar nicht unstreitig ist, aber die mangelnde leibliche Vaterschaft des Ehemannes in zulässiger Weise festgestellt ist, muss das gleiche gelten. Abweichend von der früheren Sichtweise stellt die feststehende rechtliche Vaterschaft nicht mehr einen generellen Hinderungsgrund für die Aufklärung der biologischen Abstammung dar. Vielmehr hat der (rechtliche) Vater nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein von Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistetes Recht auf Kenntnis der Abstammung seines Kindes von ihm (BVerfG FamRZ 2007, 441). Aufgrund dessen hat der Gesetzgeber das sog. Abstammungsklärungsverfahren nach § 1598 a BGB eingeführt, das vom rechtlichen Status gänzlich unabhängig ist (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Juni 2008 - XII ZB 163/06 - FamRZ 2008, 1836 mwN). Daran zeigt sich, dass das Gesetz dem Familienfrieden und einer bewusst nicht aufgeklärten biologischen Abstammung jedenfalls dann nicht mehr den Vorrang einräumt, wenn der rechtliche Vater als einer der Klärungsberechtigten eine Aufklärung der leiblichen Abstammung anstrebt und er gegen Mutter und Kind einen Anspruch auf Mitwirkung an der Untersuchung hat oder letztere - soweit zur Klärung des Vaterschaftsausschlusses erforderlich - zur Mitwirkung bereit sind.

(2) In seiner bisher zu § 1579 BGB ergangenen Entscheidung (Senatsurteil vom 26. Oktober 1984 - IVb ZR 36/83 - FamRZ 1985, 51, 52 f.) hatte der Senat allerdings das Fehlverhalten der unterhaltsberechtigten Ehefrau noch damit begründet, dass sie den Ehemann von der Anfechtung der Vaterschaft abgehalten hatte. Das verhält sich im vorliegenden Fall anders, denn der Kläger hat sich, nachdem er über die mögliche Vaterschaft eines anderen Mannes informiert und seine Nichtvaterschaft im vorliegenden Verfahren zudem erwiesen ist, in Kenntnis aller Umstände dafür entschieden, seine Vaterschaft aufrechtzuerhalten.

Eine Anfechtung der Vaterschaft ist indessen nicht Voraussetzung für die Erhebung des Einwands nach § 1579 Nr. 7 BGB, weil dessen Voraussetzungen nicht an die rechtliche Abstammung des Kindes, sondern an die Verfehlung des Unterhaltsberechtigten gegenüber dem Unterhaltspflichtigen anknüpfen.

Die fortbestehende Vaterschaft ist im Zusammenhang mit dem Ehegattenunterhalt nur dort zwingend zu berücksichtigen, wo der Unterhalt des - geschiedenen - Ehegatten an die gemeinsame Elternschaft anknüpft oder diese ansonsten für die Bemessung des Unterhalts bedeutsam ist. Demnach kann der Ehemann sich auf seine fehlende biologische Vaterschaft nicht berufen, wenn der Unterhaltsberechtigte das Kind betreut, weil es sich um ein gemeinschaftliches Kind im Sinne von § 1570 Abs. 1 BGB handelt. Ebenso können Belange des Kindes einer Versagung oder Herabsetzung des Unterhalts nach § 1579 BGB entgegenstehen. In diesen Fällen hängt der Unterhalt oder seine Bemessung mit dem bestehenden Eltern-Kind-Verhältnis und somit auch der fortbestehenden Verantwortung des Ehemannes als - rechtlicher - Vater des Kindes zusammen.

Soweit die Täuschung über die (mögliche) anderweitige Abstammung hingegen von der Vaterschaft und der gemeinsamen Elternschaft unabhängige Gesichtspunkte betrifft, die eine aktuelle oder frühere Betreuung des gemeinschaftlichen Kindes durch die Unterhaltsberechtigte nicht in Frage stellen, ist der Unterhaltspflichtige nicht gehindert, diese als Härtegrund nach § 1579 Nr. 7 BGB anzuführen, weil insoweit allein der Umfang der fortwirkenden nachehelichen Solidarität in Frage steht.

dd) Weil die Beklagte den Kläger nicht über die mögliche Vaterschaft eines anderen Mannes zu dem Sohn H. aufklärte und den Kläger mehr als 20 Jahre in dem Glauben ließ, dass allein er der Vater des Sohnes sein könne, ist das Oberlandesgericht nach den vorgenannten Grundsätzen zu Recht zu einer Herabsetzung des Unterhalts wegen eines schwerwiegenden Fehlverhaltens im Sinne von § 1579 Nr. 7 BGB gelangt.

Durch die Geltendmachung des Härtegrundes setzt der Kläger sich zu der fortbestehenden Vaterschaft zu dem Sohn H. nicht in Widerspruch. Denn zum einen stehen die rechtlichen Wirkungen der Vaterschaft für den Ehegattenunterhalt im oben angesprochenen Sinne hier nicht in Rede. Weder handelt es sich um Betreuungsunterhalt, noch stehen die Belange des Sohnes aktuell der Beschränkung des Unterhalts nach § 1579 BGB entgegen. Zum anderen wäre es bei der gegebenen Sachlage im Gegenteil sogar widersprüchlich, wenn man von dem Kläger verlangen würde, die Vaterschaft zu dem Sohn anzufechten, um einen Härtegrund geltend machen zu können. Dann müsste der Kläger seine über Jahrzehnte gefestigte Elternschaft und rechtliche Verantwortung für den Sohn ohne Notwendigkeit beenden. Das wird im vorliegenden Fall besonders deutlich. Der Kläger gab nicht nur seine gut bezahlte Berufstätigkeit vorzeitig auf, um sich der Betreuung des geistig behinderten Sohnes widmen zu können. Ihm wurde nach der Scheidung auch die elterliche Sorge über den Sohn übertragen.

ee) Das vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Verantwortung gefundene Maß der Unterhaltsherabsetzung ist nach revisionsrechtlichen Maßstäben nicht zu beanstanden.

Das Berufungsgericht ist unter Würdigung der Einzelfallumstände zu einer Herabsetzung des Unterhalts auf monatlich 400 € gelangt, die der Beklagten neben der von ihr bezogenen Rente sowie dem Wohnen im eigenen Haus eine - wenn auch auf geringerem Lebensstandard - auskömmliche Unterhaltssicherung ermöglichen. Es hat dabei neben der Schwere des Fehlverhaltens insbesondere die Dauer der Ehe und die Rollenverteilung, die übertragenen Vermögenswerte sowie die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse berücksichtigt. Dass das Berufungsgericht auch über den gesetzlichen Unterhaltsanspruch hinausgehende Vergünstigungen aufgrund der notariellen Vereinbarung mit einbezogen hat und auf den (fraglichen) rechtlichen Bestand der Vereinbarung nicht eingegangen ist, beschwert die Beklagte als Revisionsklägerin nicht. Das Berufungsgericht ist schließlich zu Recht davon ausgegangen, dass die von den Parteien getroffene Vereinbarung die Abänderung der Urkunde aufgrund des Einwands nach § 1579 Nr. 7 BGB (bzw. § 1579 Nr. 6 BGB aF) nicht ausschließt. Das greift die Beklagte mit ihrer Revision auch nicht an.

3. Das Berufungsgericht hat neben der Herabsetzung nach § 1579 Nr. 7 BGB keine (weitere) Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nach § 1578 b BGB vorgenommen. Auch das bedarf im Revisionsverfahren keiner Überprüfung, weil es für die Beklagte als Revisionsklägerin günstig ist. ..."

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Mit der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Neuregelung des § 1579 Nr. 2 BGB ist die verfestigte Lebensgemeinschaft als eigenständiger Härtegrund in das Gesetz übernommen worden. Eine Änderung der Rechtslage ist damit allerdings nicht verbunden. Zweck der gesetzlichen Neuregelung in § 1579 Nr. 2 BGB ist es, rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen. Entscheidend ist deswegen darauf abzustellen, dass der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt. Kriterien wie die Leistungsfähigkeit des neuen Partners spielen hingegen keine Rolle. Wurde in einem vorangegangenen Abänderungsverfahren eine verfestigte Lebensgemeinschaft des Unterhaltsberechtigten rechtskräftig verneint, steht dies einer späteren Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit nach § 1579 Nr. 2 BGB nicht entgegen, die auf neue Umstände gestützt ist. Als solche kommen insbesondere Indiztatsachen für das Erscheinungsbild der Lebensgemeinschaft in der Öffentlichkeit und ein längerer Zeitablauf in Betracht (BGH, Urteil vom 05.10.2011 - XII ZR 117/09).

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Zweck der gesetzlichen Neuregelung in § 1579 Nr. 2 BGB ist es, rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen. Entscheidend ist deswegen darauf abzustellen, dass der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt. Kriterien wie die Leistungsfähigkeit des neuen Partners spielen hingegen keine Rolle. Ein nach § 1579 Nr. 2 BGB beschränkter oder versagter nachehelicher Unterhaltsanspruch kann grundsätzlich wiederaufleben, wobei es einer umfassenden Zumutbarkeitsprüfung unter Berücksichtigung aller Umstände bedarf. Bei Beendigung der verfestigten Lebensgemeinschaft lebt ein versagter Unterhaltsanspruch regelmäßig im Interesse gemeinsamer Kinder als Betreuungsunterhalt wieder auf. Für andere Unterhaltstatbestände gilt dies nur dann, wenn trotz der für eine gewisse Zeit verfestigten neuen Lebensgemeinschaft noch ein Maß an nachehelicher Solidarität geschuldet ist, das im Ausnahmefall eine weitergehende nacheheliche Unterhaltspflicht rechtfertigen kann (BGH, Urteil vom 13.07.2011 - XII ZR 84/09):

„ ... Die Parteien streiten um Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs zum nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im Oktober 1997 die Ehe geschlossen. Im Mai 1999 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Nach der Trennung der Parteien im Februar 2004 wurde die Ehe im September 2005 rechtskräftig geschieden. Im Juni 2006 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, worin sich der Kläger u.a. verpflichtete, an die Beklagte einen monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 700 € zu zahlen.

Der Kläger, der den Wegfall seiner Unterhaltspflicht begehrt, bezieht inzwischen höhere Einkünfte, weil er zum Leiter des Qualitätsmanagements aufgestiegen ist und seine Erwerbstätigkeit vorübergehend von wöchentlich 35 Stunden auf 40 Stunden aufgestockt hatte. Er ist neben der Beklagten und dem gemeinsamen Sohn zwei weiteren im März 1993 und November 1997 geborenen Kindern unterhaltspflichtig.

Die Beklagte ist ausgebildete Bauzeichnerin. Sie war seit der Geburt des gemeinsamen Sohnes nur in geringfügigem Umfang erwerbstätig und widmete sich der Betreuung des Sohnes und ihrer Tochter aus einer früheren Beziehung. Nach der Trennung gab sie ihren Beruf auf. Von August 2006 bis August 2007 ließ sie sich zur Feng-Shui-Beraterin ausbilden. Als solche ist sie seit Januar 2008 selbständig. Jedenfalls seit dem Frühjahr 2004 bis November 2008 unterhielt sie eine auf Dauer angelegte Partnerschaft mit dem Zeugen K.

Das Amtsgericht hat der Abänderungsklage stattgegeben und der Beklagten für die Zeit ab Januar 2008 wegen ihrer verfestigten Lebensgemeinschaft weiteren Unterhalt versagt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Entscheidung abgeändert und den Wegfall des Unterhaltsanspruches auf die Zeit von April bis November 2008 begrenzt. Für die Zeit ab Dezember 2008 hat es den Unterhalt herabgesetzt und zwar auf 359 € für Dezember 2008 und auf monatlich 484 € für die Zeit ab Januar 2009. Zur Frage des ‚Wiederauflebens des Unterhaltsanspruches nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft' hat das Oberlandesgericht die Revision zugelassen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit der er einen Wegfall seiner Unterhaltspflicht auch für die Zeit ab Dezember 2008 begehrt. ...

Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 179/10 - FamRZ 2011, 100). Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. ...

II. ... 1. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Revisionserwiderung ist die Zulassung der Revision nicht auf die Problematik des § 1579 Nr. 2 BGB beschränkt, sondern umfasst auch die Frage der Befristung nach § 1578 b BGB. Zwar kann das Berufungsgericht die Zulassung der Revision wirksam auf Teile des Rechtsstreits begrenzen. Das setzt allerdings voraus, dass es sich um einen hinreichend klar umrissenen abgrenzbaren Teil der Entscheidung handelt (Senatsurteile vom 4. Mai 2011 - XII ZR 70/09 - FamRZ 2011, 1041 Rn. 10 und vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Eine solche wirksame Begrenzung liegt hier in der Zulassung der Revision auf Unterhaltsansprüche ab dem 1. Dezember 2008. Eine Beschränkung auf einzelne Rechtsfragen innerhalb dieses Streitgegenstandes, etwa die Anwendbarkeit des § 1579 Nr. 2 BGB, ist hingegen nicht zulässig (BGH Beschluss vom 10. Februar 2011 - VII ZR 71/10 - NJW 2011, 1228 Rn. 11 mwN).

2. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Klage allerdings als Abänderungsklage behandelt, obwohl das Amtsgericht entsprechend dem Antrag des Klägers lediglich festgestellt hat, dass er in Abänderung des gemeinsamen Vergleichs ab Januar 2008 keinen nachehelichen Unterhalt an die Beklagte mehr schuldet. Eine bloße Feststellung des Wegfalls der Unterhaltspflicht wäre wegen des vorliegenden gerichtlichen Vergleichs schon deswegen unzulässig, weil dann der abweichende vollstreckbare Titel fortbestehen würde. Das Begehren des Klägers richtet sich vielmehr darauf, den gerichtlichen Vergleich als Vollstreckungstitel aufzuheben. Weil der Titel nur im Rahmen einer Abänderungsklage geändert werden kann, hat das Oberlandesgericht den Antrag des Klägers zutreffend als Abänderungsantrag im Sinne des § 323 ZPO aF gewertet.

3. Im Ergebnis zutreffend hat das Oberlandesgericht die Änderung der Einkommensverhältnisse der Parteien seit Abschluss des Vergleichs bei der Abänderung des Unterhaltsvergleichs berücksichtigt.

a) Der gerichtliche Unterhaltsvergleich entfaltet als Vollstreckungstitel im Sinne des § 323 Abs. 4 ZPO aF (vgl. jetzt § 323 a ZPO und § 239 FamFG) keine materielle Rechtskraft. Er unterliegt deswegen auch nicht den Beschränkungen des § 323 Abs. 2 und 3 ZPO (vgl. jetzt § 238 Abs. 2 und 3 FamFG), die auf der Rechtskraft eines abzuändernden Unterhaltstitels beruhen. Der Umfang der Abänderung einer Vereinbarung oder einer Urkunde im Sinne des § 323 Abs. 4 ZPO aF richtet sich vielmehr allein nach materiellem Recht (vgl. jetzt § 323 a Abs. 2 ZPO und § 239 Abs. 2 FamFG). Auch danach sind Unterhaltsvereinbarungen allerdings nicht frei abänderbar; im Rahmen der Abänderung ist vielmehr stets der Inhalt der Vereinbarung der Parteien zu wahren. Eine Abänderung kommt nur dann nach § 313 BGB in Betracht, wenn sie wegen nachträglicher Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse, des anwendbaren Rechts oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung nach den Grundsätzen über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage geboten ist (Senatsurteil vom 4. Mai 2011 - XII ZR 70/09 - FamRZ 2011, 1041 Rn. 23 mwN).

b) Zutreffend hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass das Einkommen des Klägers seit Abschluss des gerichtlichen Vergleichs jedenfalls nicht gesunken ist. Der Kläger erzielt seit seiner Beförderung zum Leiter des Qualitätsmanagements sogar höhere Einkünfte als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Für die Zulässigkeit seiner Abänderungsklage kommt es deswegen nicht darauf an, ob die Beförderung auf eine außerordentliche nacheheliche Entwicklung zurückzuführen ist und deswegen bei der Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht zu berücksichtigen wäre. Im Rahmen der aus anderen Gründen zulässigen Abänderungsklage hat das Oberlandesgericht auf der Grundlage des Vortrags der Parteien einen Karrieresprung nicht feststellen können. Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Auch die Revision greift dies nicht an. Der Umfang der Erwerbstätigkeit des Klägers übersteigt auch bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden nicht das im Berufsleben übliche Maß und ist deswegen entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht überobligatorisch.

Allerdings hat das Oberlandesgericht nicht hinreichend beachtet, dass der Kläger vorgetragen hat, aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen monatlich nur noch 35 Stunden zu arbeiten. Änderungen der Einkommensverhältnisse der Parteien sind grundsätzlich schon in einem Ausgangsverfahren zu berücksichtigen und - im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - nicht einem Abänderungsverfahren vorzubehalten (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 24 ff.). Auch eine erst im Verlauf des Berufungsverfahrens eingetretene Reduzierung der Arbeitszeit wäre deswegen noch zu beachten (§§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO) und vom Oberlandesgericht nach weiterer Aufklärung etwa im Wege des prozessualen Auskunftsrechts gemäß § 643 ZPO (vgl. jetzt §§ 235 f. FamFG) in die Unterhaltsbemessung einzubeziehen.

Soweit das Oberlandesgericht vom Einkommen des Klägers neben den Zahlbeträgen auf den Kindesunterhalt zusätzlich das hälftige Kindergeld abgesetzt hat, entspricht dies ebenfalls nicht der nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Rechtsprechung des Senats. Danach kann bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts vom unterhaltsrelevanten Einkommen sowohl im Rahmen der Bedarfsbemessung (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 45 ff.) als auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit (Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - XII ZR 161/08 - FamRZ 2009, 1477 Rn. 21 ff.) nur der Zahlbetrag auf den Kindesunterhalt abgesetzt werden. Auch dies wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben.

c) Keine rechtlichen Bedenken bestehen hingegen gegen die Zurechnung eines fiktiven Einkommens auf Seiten der Beklagten. Für die hier noch relevante Zeit ab Dezember 2008 ist das Oberlandesgericht zutreffend von der Neuregelung des Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB ausgegangen. Danach schuldet der Unterhaltspflichtige dem betreuenden Elternteil nachehelich einen Basisunterhalt bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des gemeinsamen Kindes, der nur aus individuellen kind- oder elternbezogenen Gründen verlängert werden kann. Der gemeinsame Sohn war zu diesem Zeitpunkt bereits über neuneinhalb Jahre alt. Entgegen der Rechtsauffassung der Revisionserwiderung stand nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für ihn in erreichbarer Nähe die Möglichkeit einer Ganztagsbetreuung in einer Kindertagessstätte zur Verfügung. Wenn das Oberlandesgericht im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der sportlichen und musikalischen Aktivitäten des gemeinsamen Sohnes eine vollschichtige Erwerbstätigkeit der Beklagten für zumutbar erachtet hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Denn weitere individuelle Umstände, die einer solchen Erwerbstätigkeit entgegenstehen könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Auch gegen die Bemessung des von der Beklagten erzielbaren Einkommens bestehen keine rechtlichen Bedenken. Die Revision greift dies ebenfalls nicht an.

4. Soweit das Berufungsgericht der Beklagten für die hier noch relevante Zeit ab Dezember 2008 den vollen rechnerisch ermittelten Aufstockungsunterhalt zugesprochen und eine weitere Begrenzung nach § 1579 Nr. 2 BGB abgelehnt hat, hält dies den Angriffen der Revision nicht stand.

a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Unterhaltsanspruch der Beklagten wegen ihrer verfestigten Lebensgemeinschaft in der Zeit von Januar bis November 2008 überwiegend entfallen war. Dies hält auch den Gegenrügen der Beklagten stand.

Schon nach ständiger Rechtsprechung des Senats zum früheren Recht konnte ein länger dauerndes Verhältnis des Unterhaltsberechtigten zu einem anderen Partner zur Annahme eines Härtegrundes im Rahmen des § 1579 Nr. 7 BGB aF - mit der Folge der Unzumutbarkeit einer weiteren uneingeschränkten Unterhaltsbelastung für den Unterhaltspflichtigen - führen, wenn sich die Beziehung in einem solchen Maße verfestigt hatte, dass sie als eheähnliches Zusammenleben anzusehen und gleichsam an die Stelle einer Ehe getreten war. Dabei setzte die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft nicht zwingend voraus, dass die Partner räumlich zusammenlebten und einen gemeinsamen Haushalt führten, auch wenn eine solche Form des Zusammenlebens in der Regel als ein typisches Anzeichen hierfür angesehen wurde. Unter welchen Umständen - nach einer gewissen Dauer, die im Allgemeinen zwischen zwei und drei Jahren lag - auf ein eheähnliches Zusammenleben geschlossen werden konnte, ließ sich nicht allgemein verbindlich festlegen. Letztlich oblag es der verantwortlichen Beurteilung des Tatrichters, ob er den Tatbestand des eheähnlichen Zusammenlebens aus tatsächlichen Gründen für gegeben erachtete oder nicht (Senatsurteile BGHZ 176, 150 = FamRZ 2008, 1414 Rn. 26; BGHZ 157, 395 = FamRZ 2004, 614, 616 und BGHZ 150, 209 = FamRZ 2002, 810, 811).

Mit der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Neuregelung des § 1579 Nr. 2 BGB ist die verfestigte Lebensgemeinschaft als eigenständiger Härtegrund in das Gesetz übernommen worden. Auch damit wird kein vorwerfbares Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten sanktioniert. Zweck der Vorschrift ist es vielmehr, rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen. Auch die gesetzliche Neuregelung hat nicht festgelegt, ab wann von einer verfestigten Lebensgemeinschaft auszugehen ist, sondern ausdrücklich auf die hierzu ergangene Rechtsprechung Bezug genommen. Eine verfestigte Lebensgemeinschaft kann danach insbesondere angenommen werden, wenn objektive, nach außen tretende Umstände wie etwa ein über einen längeren Zeitraum hinweg geführter gemeinsamer Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, größere gemeinsame Investitionen wie der Erwerb eines gemeinsamen Familienheims oder die Dauer der Verbindung den Schluss auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft nahelegen. Entscheidend ist darauf abzustellen, dass der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt (BT-Drucks. 16/1830 S. 21; vgl. auch Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 3/09 - FamRZ 2011, 791 Rn. 39). Kriterien wie die Leistungsfähigkeit des neuen Partners spielen hingegen keine Rolle. Die verfestigte Lebensgemeinschaft ist damit als Anwendungsfall der Unbilligkeit nach § 1579 BGB zu begreifen und nicht als Fall der bloßen Bedarfsdeckung im Sinne von § 1577 Abs. 1 BGB. Die Belange eines gemeinsamen Kindes sind allerdings im Rahmen der Kinderschutzklausel im Einleitungssatz des § 1579 BGB zu beachten.

Auf dieser rechtlichen Grundlage ist die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft durch das Oberlandesgericht aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Zu Recht hat es dabei auch auf das Erscheinungsbild der neuen Lebensgemeinschaft der Beklagten in der Öffentlichkeit abgestellt. Dem Umstand, dass die Beklagte keinen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Lebensgefährten unterhielt, hat es dadurch Rechnung getragen, dass es eine verfestigte Lebensgemeinschaft erst ab Januar 2008, also nach 3 ¾ Jahren seit Aufnahme der neuen Partnerschaft, angenommen hat. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung liegt darin jedenfalls keine rechtswidrige Belastung der Beklagten.

b) Das Wiedererstarken des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt für die Zeit ab Dezember 2008 hat das Oberlandesgericht hingegen nicht rechtsfehlerfrei begründet.

aa) Zutreffend ist allerdings der Ansatz des Oberlandesgerichts, wonach ein nach § 1579 BGB beschränkter oder versagter Unterhaltsanspruch bei Wegfall des Härtegrundes grundsätzlich wieder aufleben kann. Insoweit unterscheidet sich die Vorschrift von der früheren Regelung in § 66 EheG, die eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs vorsah. Ändern sich später die Gegebenheiten, die die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des früheren Ehegatten auf Unterhalt begründet haben, bleiben diese Änderungen weder unberücksichtigt noch führen sie ohne Weiteres zur Wiederherstellung der unterhaltsrechtlichen Lage, die vor dem Eintritt der die Unzumutbarkeit begründenden Umstände bestanden hat. Erforderlich ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats vielmehr eine neue umfassende Prüfung, ob die aus einer wiederauflebenden Unterhaltspflicht erwachsenden Belastungen für den Unterhaltspflichtigen weiterhin die Zumutbarkeitsgrenze überschreiten (Senatsurteile vom 6. Mai 1987 - IV b ZR 61/86 - FamRZ 1987, 689, 690 und vom 25. September 1985 - IV b ZR 49/84 - FamRZ 1986, 443, 444). In diese Prüfung sind grundsätzlich alle Umstände einzubeziehen, die die gebotene Billigkeitsabwägung beeinflussen können. Erhebliche Bedeutung kommt dabei zunächst dem Maß der nachehelichen Solidarität zu. Insbesondere in Fällen, in denen der unterhaltsberechtigte Ehegatte während der Ehezeit seine Erwerbstätigkeit aufgegeben hatte, um den gemeinsamen Haushalt zu führen oder die gemeinsamen Kinder zu betreuen, gewinnt auch die Ehedauer an Bedeutung (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 21 und vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 48). Auf der anderen Seite ist auch zu berücksichtigen, wie lange die Verhältnisse gedauert haben, die eine Unterhaltsgewährung als objektiv unzumutbar erscheinen ließen (OLG Celle FamRZ 2008, 1627 Rn. 42). Entsprechend wird in der Literatur einhellig die Auffassung vertreten, dass ein nach § 1579 Nr. 2 BGB beschränkter oder versagter nachehelicher Unterhaltsanspruch grundsätzlich wiedererstarken kann, wobei es einer umfassenden Zumutbarkeitsprüfung unter Berücksichtigung aller Umstände bedarf (Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. Rn. 1384; Scholz/Kleffmann/Motzer Praxishandbuch Familienrecht Stand: März 2011 Teil H Rn. 280; Johannsen/Henrich/Büttner Familienrecht 5. Aufl. § 1579 BGB Rn. 68 ff.; Hoppenz/Hülsmann Familiensachen 9. Aufl. § 1579 BGB Rn. 54 ff.; Borth Praxis des Unterhaltsrechts 2. Aufl. Rn. 414 und 476; Luthin/Koch Handbuch des Unterhaltsrechts 11. Aufl. Rn. 2244; Büttner/Niepmann/Schwamb Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 11. Aufl. Rn. 1190; Ehinger/Griesche/Rasch Handbuch Unterhaltsrecht 6. Aufl. Rn. 535 d; Büte/Poppen/Menne Unterhaltsrecht 2. Aufl. § 1579 Rn. 50 und Weinreich/Klein Fachanwaltskommentar Familienrecht 4. Aufl. § 1579 Rn. 166 f.).

bb) Im Rahmen dieser notwendigen umfassenden Zumutbarkeitsprüfung sind auch solche Umstände zu berücksichtigen, die erst nach der Scheidung hinzugetreten sind. Zum einen ist deswegen die Kinderschutzklausel zu beachten, die im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 57, 361 = FamRZ 1981, 745, 749 f.) durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 (BGBl. I S. 301) Eingang in den Einleitungssatz des § 1579 BGB gefunden hat. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass sich der Unterhaltsberechtigte durch die Aufnahme einer verfestigten neuen Lebensgemeinschaft aus der nachehelichen Solidarität der Ehegatten herausgelöst und zu erkennen gegeben hatte, dass er diese nicht mehr benötigt (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 21). Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage nur unwesentlich von der Regelung des § 1586 a Abs. 1 BGB, wonach bei Auflösung einer Zweitehe gegenüber dem geschiedenen ersten Ehegatten lediglich der Betreuungsunterhalt wieder auflebt. Denn eine neue Ehe des Unterhaltsberechtigten führt stets zur endgültigen Auflösung der nachehelichen Solidarität, so dass es für ein Wiederaufleben anderer Tatbestände an einer Legitimation fehlt, während ein Wiederaufleben des Betreuungsunterhalts auf das schutzwürdige Interesse der gemeinsamen Kinder zurückzuführen ist (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 22).

Das Oberlandesgericht weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Eingehung einer verfestigten Lebensgemeinschaft nicht notwendig eine gleiche endgültige Wirkung beinhaltet wie die Eingehung einer neuen Ehe. Auch der Vorschrift des § 1579 Nr. 2 BGB liegt allerdings die Überlegung zugrunde, dass ein widersprüchliches Verhalten des Unterhaltsberechtigten vorliegt, wenn er sich in eine neue verfestigte Lebensgemeinschaft begibt, aber gleichzeitig die nacheheliche Solidarität aus der geschiedenen Ehe einfordert.

Nach diesen rechtlichen Maßstäben lebt auch ein nach § 1579 Nr. 2 BGB versagter Unterhaltsanspruch regelmäßig nur im Interesse gemeinsamer Kinder als Betreuungsunterhalt wieder auf. Für andere Unterhaltstatbestände gilt dies nur ausnahmsweise, wenn trotz der für eine gewisse Zeit verfestigten neuen Lebensgemeinschaft noch ein Maß an nachehelicher Solidarität gefordert werden kann, das eine fortdauernde nacheheliche Unterhaltspflicht rechtfertigen kann (so im Ergebnis auch Wendl/Gerhardt aaO Rn. 1384; Scholz/Kleffmann/Motzer/Kühner aaO Rn. 280; Luthin/Koch aaO Rn. 2244).

cc) Diesen Grundsätzen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.

Der Entscheidung des Oberlandesgerichts fehlt schon insoweit eine hinreichende Begründung, als es der Beklagten trotz der relativ kurzen Ehedauer und der zwischenzeitig verfestigten Lebensgemeinschaft der Beklagten für die Zeit ab Dezember 2008 den rechnerisch ermittelten ungekürzten Aufstockungsunterhalt zugesprochen hat. Hinzu kommt, dass es nicht alle relevanten Umstände rechtsfehlerfrei gewürdigt hat.

Zu Unrecht hat das Oberlandesgericht für die Bemessung der Ehedauer auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung und nicht, entsprechend der Rechtsprechung des Senats, auf die Zustellung des Scheidungsantrags abgestellt (vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 36; vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 30 und BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 35). Denn ab Zustellung des Scheidungsantrags konnte kein weiteres Vertrauen auf den Fortbestand der Ehe und insoweit auch keine weitere nacheheliche Solidarität mehr entstehen. Der Ehedauer hat das Oberlandesgericht überdies lediglich eine Zeit der verfestigten Lebensgemeinschaft von Januar bis November 2008 gegenübergestellt. Dabei hat es unberücksichtigt gelassen, dass die Lebensgemeinschaft der Beklagten seit dem Frühjahr 2004 bestand und sich bereits im Laufe der ersten Jahre verfestigt hatte. Wenn das Oberlandesgericht die Zeit bis zur endgültigen Verfestigung der Lebensgemeinschaft unberücksichtigt lässt, muss es im Gegenzug aber auch berücksichtigen, dass mit der Verfestigung der Lebensgemeinschaft ab Januar 2008 eine endgültige Aufgabe der nachehelichen Solidarität eingetreten war (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 21).

Im Rahmen der Zumutbarkeitsabwägung hat das Oberlandesgericht auch nicht hinreichend berücksichtigt, dass sich die tatsächlichen Lebensverhältnisse der Parteien nicht wesentlich unterscheiden. Zwar hat das Oberlandesgericht für den Kläger ein unterhaltsrelevantes Einkommen errechnet, das sich nach Abzug des Kindesunterhalts auf monatlich 2.080 € beläuft, während es der Beklagten lediglich Einkünfte in Höhe von 1.113 € zugerechnet hat. Dabei hat es allerdings erhebliche weitere Kreditverbindlichkeiten des Klägers unberücksichtigt gelassen, weil diese zur Finanzierung seines Wohneigentums aufgebracht werden und den Umfang der vom Senat akzeptierten zusätzlichen Altersvorsorge übersteigen. Andererseits hat das Oberlandesgericht das der Beklagten von ihrer Mutter zugewendete Vermögen in Höhe von 120.000 € und insbesondere auch die daraus resultierenden Zinsen unberücksichtigt gelassen, weil die Parteien solche Einkünfte auch bei Abschluss ihres Vergleichs nicht berücksichtigt hatten. Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1579 BGB können diese Umstände allerdings nicht unberücksichtigt bleiben.

5. Die angefochtene Entscheidung kann deswegen keinen Bestand haben. Das Oberlandesgericht wird im Rahmen des § 1579 Nr. 2 BGB eine erneute Zumutbarkeitsabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles durchzuführen und dabei insbesondere das Maß der nach Beendigung einer verfestigten Lebensgemeinschaft regelmäßig nur noch sehr begrenzt zu erwartenden nachehelichen Solidarität zu berücksichtigen haben.

6. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zur zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten nach § 1578 b BGB nicht frei von Rechtsfehlern sind.

Soweit das Oberlandesgericht im Rahmen der Prüfung einer zeitlichen Begrenzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB von einem fortbestehenden ehebedingten Nachteil der Beklagten ausgegangen ist, widerspricht dies der Rechtsprechung des Senats. Die Beklagte ist ausgebildete Bauzeichnerin und hatte in diesem Beruf zunächst vollschichtig und ab der Geburt des gemeinsamen Sohnes im geringfügigen Umfang gearbeitet. Erst seit der Trennung der Parteien im Februar 2004 bis zur Aufnahme ihrer Ausbildung zur Feng-Shui-Beraterin im August 2006, also für zweieinhalb Jahre, war sie nicht erwerbstätig. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wäre es ihr gleichwohl möglich, eine Vollzeittätigkeit als Bauzeichnerin zu finden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sprechen die zeitweilige Reduzierung des Umfangs der Erwerbstätigkeit und die zweieinhalbjährige Erwerbslosigkeit nicht zwingend für noch vorhandene Einkommenseinbußen. Der Wechsel der Erwerbstätigkeit mit Ausbildung zur Feng-Shui-Beraterin ist ohnehin nicht ehebedingt. Soweit die Beklagte sich trotz der Obliegenheit zur Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit im erlernten Beruf auf einen fortdauernden ehebedingten Nachteil beruft, hätte sie dazu im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast substantiiert vortragen müssen (Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 32 ff. und BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 20 ff.). Erst ein solcher substantiierter Vortrag versetzt den unterhaltspflichtigen Kläger in die Lage, einen fortdauernden ehebedingten Nachteil zu akzeptieren oder ebenso substantiiert zu bestreiten.

Hinzu kommt, dass das Oberlandesgericht trotz der sehr begrenzten nachehelichen Solidarität keine Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB geprüft hat, obwohl die dafür relevanten Umstände von den Parteien vorgetragen sind. Auch dies wird das Oberlandesgericht nachzuholen haben, falls es im Rahmen des § 1579 Nr. 2 BGB zu einer Fortdauer des nachehelichen Unterhalts gelangt. ..."

*** (OLG)

Grob unbillige Inanspruchnahme des Ehegatten auf Trennungsunterhalt bei 20-jähriger Trennung (OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.10.2019 - 7 UF 45/19):

„ ... Zu Recht und mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung hat das Familiengericht den auf Gewährung von Trennungsunterhalt gerichteten Stufenantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Der mit dem Stufenantrag verfolgte Anspruch auf Trennungsunterhalt (§ 1361 Abs. 1 BGB) ist zu versagen, weil eine - sei es auch der Höhe nach oder zeitlich begrenzte - Inanspruchnahme des Antragsgegners grob unbillig wäre (§§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 8 BGB).

Zutreffend ist das Familiengericht davon ausgegangen, dass der die Gewährung von Trennungsunterhalt tragende Gedanke ehelicher Solidarität mit fortschreitender Trennungszeit angesichts schwindender Versöhnungschancen zunehmend an Bedeutung verliert (vgl. auch MünchKomm-BGB/Weber-Monecke, 7. Aufl., § 1361 Rdn. 1). Deshalb kann die Inanspruchnahme eines Ehegatten auf Trennungsunterhalt grob unbillig sein, wenn sich die Lebensverhältnisse der Eheleute nach sehr langer Trennungszeit derart verselbständigt haben, dass die implizite Berufung des den Anspruch geltend machenden Ehegatten auf eine fortwirkende eheliche Solidarität in offenkundigem Widerspruch zur tatsächlich geübten eigenverantwortlichen Lebensführung der Eheleute steht (OLG Frankfurt am Main, FamRZ 2004, 1574, juris Rdn. 8, 11; OLG Bamberg, FamRZ 2014, 1707, juris Rdn. 15; Hollinger in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 1579 Rdn. 190; Staudinger/Voppel, BGB, 2018, § 1361 Rdn. 275; BeckOGK-BGB/Haidl, § 1579 Rdn. 199; Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 14. Aufl., Rdn. 1174).

Das ist hier der Fall. Die beteiligten Eheleute leben seit beinahe zwanzig Jahren voneinander getrennt. Sie sind weder in wirtschaftlicher noch in persönlicher Hinsicht miteinander verbunden. Während der Ehezeit waren beide Ehegatten stets berufstätig. Die Antragstellerin ist alleinige Eigentümerin eines Wohnhauses, das sie zur Erzielung von Einnahmen jedenfalls teilweise vermieten könnte. An den Finanzierungslasten beteiligt sich der Antragsgegner seit Anfang 2004 nicht mehr. Seine ursprünglich im Kellergeschoss des Hauses betriebene Psychotherapiepraxis hat er mittlerweile verlegt. Der gemeinschaftliche Sohn der Beteiligten ist volljährig und hat sein eigenes Auskommen. Die Antragstellerin hat während der Trennungszeit eine langjährige eheähnliche Beziehung zu einem anderen Mann unterhalten, die jedenfalls von 2003 bis 2015 währte. Dadurch, dass die Antragstellerin nach der im Jahr 1999 erfolgten Trennung bis zum Jahr 2018 keinen Trennungsunterhaltsanspruch geltend gemacht hat, hat sie ihren Willen und ihre Fähigkeit zu eigenverantwortlicher Lebensgestaltung nachdrücklich dokumentiert. Vor diesem Hintergrund musste der Antragsgegner unabhängig von seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen mit einer Inanspruchnahme auf Trennungsunterhalt schlechterdings nicht mehr rechnen.

Steht somit unabhängig vom Inhalt einer möglichen Auskunft des Antragsgegners über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse fest, dass der Antragstellerin ein Anspruch auf Trennungsunterhalt zu versagen ist, dann kann sie auch die auf der ersten Stufe des Stufenantrags begehrte Auskunftserteilung nicht verlangen.

Der Senat hat nach entsprechendem Hinweis (§ 117 Abs. 3 FamFG) von einer - von den Beteiligten auch nicht angeregten - mündlichen Erörterung der Sache in der Beschwerdeinstanz gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG abgesehen, da hiervon den Umständen nach unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung keine zusätzlichen entscheidungserheblichen Erkenntnisse zu erwarten waren. ..."

***

„... Voraussetzung des Härtegrunds des § 1579 Nr. 6 BGB ist, dass der Unterhaltsberechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat. Es handelt sich um eine Konkretisierung der allgemeinen Härteklausel, die § 1587 c Nr. 3 BGB a.F. nachgebildet ist (Wendl/Dose/Siebert, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage, § 4 Rn. 1329). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 1587 c Nr. 3 BGB a.F. ist anerkannt, dass ein Ehegatte, der nach der Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht in anderer Weise als durch Erwerbstätigkeit zum Familienunterhalt beizutragen hat, zur Sicherung des Familienunterhalts durch Erwerbstätigkeit verpflichtet und in diesem Rahmen notfalls gehalten ist, den Beruf zu wechseln oder eine selbständige Tätigkeit aufzugeben, wenn er die für den Unterhaltsbedarf der Berechtigten erforderlichen Mittel nicht beschaffen kann (BGH, FamRZ 1987, 49, juris Rn. 11). Entscheidend ist, ob der Unterhaltsberechtigte den Pflichten nachgekommen ist, die er im Rahmen der ehelichen Aufgabenverteilung übernommen hat (vgl. (Wendl/Dose/Siebert, a.a.O. Rn. 1331). Wenn die Ehefrau trotz eigener Erwerbstätigkeit den Haushalt allein geführt und allein gemeinsame Kinder großgezogen hat, kann davon auszugehen sein, dass der Ehemann nicht durch andere Aufgaben in der Ehe davon befreit war, durch Erwerbstätigkeit zum Familienunterhalt beizutragen (vgl. BGH, a.a.O.). Gröblich ist eine Unterhaltspflichtverletzung, wenn über die Nichterfüllung hinaus weitere objektive Merkmale vorliegen, die dem pflichtwidrigen Verhalten ein besonderes Gewicht verleihen, z.B. wenn ein Unterhaltsberechtigter dadurch in ernsthafte Schwierigkeiten bei der Deckung seines Lebensbedarfs geraten ist (BGH, a.a.O. Rn. 12). Dem hierauf gestützten Verdikt der gröblichen Pflichtverletzung steht nicht entgegen, dass der andere Ehegatte die Familie durch seinen Einsatz vor einer Notlage bewahrt hat (vgl. Wendl/Dose/Siebert, a.a.O. Rn. 1332; BGH, a.a.O.). Das erforderliche Verschulden liegt vor, wenn der Unterhaltsverpflichtete den Berechtigten zur Aufnahme einer (anderen) Erwerbstätigkeit aufgefordert hat (vgl. BGH, a.a.O. Rn. 13). ..." (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.02.2019 - 1 UF 12/19)

***

Begeht der unterhaltsbegehrende Ehegatte einen versuchten oder vollendeten Verfahrensbetrug zum Nachteil des Unterhaltsverpflichteten, kann dies nach § 1579 Nr. 2 BGB die Sanktion der Aberkennung jeglicher Unterhaltsansprüche auslösen (OLG Oldenburg, Beschluss vom 22.08.2017 - 3 UF 92/17).

***

Die Begrenzung des Unterhalts verlangt neben dem Härtegrund - hier: § 1579 Nr. 2 BGB - tatbestandlich stets auch eine grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme für den Unterhaltspflichtigen unter Wahrung der Belange des Unterhaltsberechtigten (hier verneint; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11.05.2017 - 6 UF 32/17):

„... Die Beteiligten streiten zweitinstanzlich noch für die Zeit ab Dezember 2016 um die Abänderung der nachehelichen Unterhaltspflicht des im April 1960 geborenen Antragstellers (fortan: Ehemann) gegenüber der im Juli 1963 geborenen Antragsgegnerin (Ehefrau).

Die Beteiligten, beide Deutsche, heirateten einander am 4. März 1983. Aus der Ehe gingen die Töchter N., geboren am …, und Na., geboren am …, hervor, die im streitgegenständlichen Unterhaltszeitraum nicht mehr unterhaltsbedürftig sind. Die Beteiligten trennten sich im August 2012 durch Auszug der Ehefrau aus der Ehewohnung voneinander, in welcher der Ehemann bis heute mit seiner neuen Lebensgefährtin mietfrei lebt, welche vollschichtig arbeitet. Die Ehewohnung befindet sich in einem Anwesen, das zu je ¼ im Miteigentum der Beteiligten und zu ½ im Miteigentum des Bruders des Ehemannes steht. Der Ehemann zahlte ab Februar 2013 monatlichen Trennungsunterhalt von 530 EUR. Die Ehefrau unterhält spätestens seit Dezember 2013 eine Beziehung zu Herrn R. St. (fortan: Lebensgefährte), der in D. wohnt; die Ehefrau hat allerdings ihre eigene Wohnung beibehalten.

Im vor dem Amtsgericht - Familiengericht - in Saarbrücken geführten Ausgangsverbundverfahren 54 F 310/13 S wurde der Ehefrau der Scheidungsantrag des Ehemannes am 5. Dezember 2013 zugestellt. Durch Beschluss vom 23. Dezember 2014 schied das Familiengericht die Ehe der Beteiligten, regelte den Versorgungsausgleich (Ziffern I. und II. des Beschlusses) und verpflichtete den Ehemann in Ziffer III. dazu, an die Ehefrau ab Rechtskraft der Scheidung und bis einschließlich Februar 2023 nachehelichen Unterhalt in Höhe von 386 EUR monatlich zu zahlen. Dem Beschluss, der seit dem 10. Februar 2015 rechtskräftig ist, lag hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts ein Aufstockungsunterhaltsanspruch aus § 1573 Abs. 2 BGB zugrunde. Das Familiengericht ging für die im vorliegenden Verfahren allein noch der Erörterung bedürfende Zeit ab Dezember 2016 von einem fiktiven Einkommen der Ehefrau aus vollschichtiger abhängiger Beschäftigung zu einem Stundenlohn von 8,50 EUR brutto - netto 1.089,63 EUR monatlich - aus, das es um 5% fiktive berufsbedingte Aufwendungen und ein Anreizsiebtel bereinigte. Auf Seiten des Ehemannes stellte das Familiengericht ein Monatsnettoeinkommen von 1.771,55 EUR und eine Unfallrente von 476,27 EUR monatlich fest; es bereinigte diese Einkünfte um das Darlehen für das - voll finanzierte - Haus mit einer Monatsrate von 562 EUR, eine Lebensversicherung mit einem Monatsbeitrag von 60 EUR, eine Unfallversicherung mit einem Monatsbeitrag von 15,60 EUR, eine Zusatzkrankenversicherung mit einem Monatsbeitrag von 6,98 EUR, Fahrtkosten von monatlich 18,33 EUR, monatliche Zahlungen auf eine Lebensversicherung der Ehefrau von 28,83 EUR und ein Anreizsiebtel. Anschließend erhöhte es das verbleibende Einkommen des Ehemannes um einen Wohnwert von 500 EUR. Den hiernach auf 507,28 EUR errechneten Unterhaltsanspruch der Ehefrau setzte das Familiengericht nach § 1578 b BGB zunächst auf 386 EUR herab und begrenzte ihn zeitlich bis einschließlich Februar 2013.

Im vorliegenden Verfahren hat der Ehemann nach vorgerichtlicher Verzichtsaufforderung vom 19. Mai 2016 mit am 2. Juni 2016 eingegangenem und der Ehefrau am 1. Juli 2016 zugestelltem Antrag die Abänderung der Ziffer III. des Ausgangsbeschlusses dahin begehrt, dass er der Ehefrau ab 1. Juni 2016 keinen Unterhalt mehr schuldet, und erstrebt, dass die Ehefrau verpflichtet wird, die zum Zwecke der Abwendung der Zwangsvollstreckung für die Zeit ab dem 1. Juni 2016 gezahlten Unterhaltsbeträge nach Maßgabe der Abänderungsentscheidung an den Ehemann zurückzuzahlen. Er hat geltend gemacht, dass der Unterhaltsanspruch der Ehefrau verwirkt sei, da sie spätestens seit September 2013 in einer neuen gefestigten Lebensgemeinschaft lebe.

Die Ehefrau hat auf Antragsabweisung angetragen.

Durch den angefochtenen Beschluss vom 10. Januar 2017, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht - unter Abweisung der weitergehenden Anträge - den Ausgangsbeschluss in Ziffer III. dahin abgeändert, dass der Ehemann der Ehefrau ab 1. Dezember 2016 keinen Unterhalt mehr schuldet, und die Ehefrau verpflichtet, an den Ehemann 386 EUR zurückzuzahlen.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Ehefrau ihren erstinstanzlichen Abweisungsantrag weiter, soweit das Familiengericht dem Antrag des Ehemannes stattgegeben hat.

Der Ehemann bittet um Zurückweisung der Beschwerde.

Der Senat hat die Akten 54 F 310/13 S des Amtsgerichts Saarbrücken zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

II. Die gemäß §§ 117, 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde hat Erfolg und führt unter Abänderung des angegriffenen Beschlusses zur Abweisung der Anträge des Ehemannes.

Unangefochten und rechtsbedenkenfrei ist das Familiengericht von der Zulässigkeit des Abänderungsbegehrens des Ehemannes ausgegangen (§ 238 Abs. 1 S. 2 FamFG). Der Abänderungsantrag ist allerdings unbegründet.

Nach § 238 Abs. 4 FamFG setzt die Abänderung einer rechtskräftigen Entscheidung über den Unterhalt voraus, dass sich die für die Bestimmung der Höhe und Dauer der Leistungen maßgebenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Dabei ist zu beachten, dass die Grundlagen der Ausgangsentscheidung im Abänderungsverfahren zu wahren sind und eine Fehlerkorrektur wegen der Rechtskraft des Ausgangsurteils nicht zulässig ist. Das Abänderungsverfahren ermöglicht daher weder eine freie, von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung derjenigen Verhältnisse, die bereits im Ersturteil eine Bewertung erfahren haben. Vielmehr besteht die Abänderungsentscheidung in einer unter Wahrung der bindenden Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Anpassung desselben an veränderte Verhältnisse. Für das Ausmaß der Abänderung kommt es darauf an, welche Umstände für die Bemessung der Unterhaltsrente seinerzeit maßgebend waren und welches Gewicht ihnen dabei zugekommen ist. Auf dieser Grundlage ist im Abänderungsverfahren unter Berücksichtigung der neuen Verhältnisse festzustellen, welche Veränderungen in diesen Umständen eingetreten sind und welche Auswirkungen sich daraus für die Höhe des Unterhalts ergeben. Die rechtliche Bindung des Gerichts des Abänderungsantrags an die Grundlagen des früheren Urteils erfasst diejenigen unverändert gebliebenen tatsächlichen Verhältnisse, die der Richter des ersten Verfahrens - nach dem Vortrag der Beteiligten und einer etwa durchgeführten Beweisaufnahme - festgestellt und denen er Bedeutung für die Unterhaltsbemessung beigelegt hat. Die Darlegungs- und Beweislast für die Abänderungsvoraussetzungen trägt der Abänderungsantragsteller, der auch die wesentlichen Umstände, die für die Ersttitulierung maßgebend waren, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat (vgl. BGH FamRZ 2010, 1150 und 1884; 2007, 1459; Senatsbeschlüsse vom 17. Februar 2011 - 6 UF 114/10 -, FamFR 2011, 153, und vom 19. Mai 2011 - 6 UF 159/10 -; Beschlüsse des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandes-gerichts vom 3. Dezember 2014 - 9 UF 50/14 -, vom 29. Oktober 2014 - 9 UF 34/14 - und vom 27. Juni 2012 - 9 UF 6/12 -). Liegen vom Abänderungsantragsteller vorgetragene Umstände im Wahrnehmungsbereich des Abänderungsantragsgegners, so kann dieser sich allerdings nicht auf ein Bestreiten mit Nichtwissen zurückziehen, sondern trifft ihn eine verschärfte Darlegungslast (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 138 Abs. 4 ZPO; siehe dazu Senatsbeschluss vom 16. Juli 2015 - 6 UF 36/15 -; Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., § 6, Rz. 746 i.V.m. Rz. 741 ff. m.w.N.).

Hieran gemessen liegen die Voraussetzungen für eine Abänderung des Ausgangsbeschlusses nicht vor.

Dass der Ehefrau weiterhin dem Grunde nach aus § 1573 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zusteht, steht zwischen den Beteiligten außer Streit. Auch die Feststellungen, auf die das Familiengericht die Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau für die Zeit (auch) ab Dezember 2016 gegründet hat, sind zwischen den Beteiligten nicht umstritten, so dass im Ausgangspunkt von einem - gemäß § 1578 b BGB herabgesetzten - Unterhaltsanspruch der Ehefrau von 386 EUR monatlich auszugehen ist.

Dieser Unterhaltsanspruch ist jedoch - abweichend von der Sicht des Familiengerichts - nicht gemäß § 1579 BGB weiter herabzusetzen oder zeitlich kürzer als im Ausgangserkenntnis zu begrenzen.

Nach höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung - auch des Senats - ist durch die zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Neuregelung des § 1579 Nr. 2 BGB die verfestigte Lebensgemeinschaft als eigenständiger Härtegrund in das Gesetz übernommen worden. Auch damit wird kein vorwerfbares Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten sanktioniert. Zweck der Vorschrift ist es vielmehr, rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen. Auch die gesetzliche Neuregelung hat nicht festgelegt, ab wann von einer verfestigten Lebensgemeinschaft auszugehen ist, sondern ausdrücklich auf die hierzu ergangene Rechtsprechung Bezug genommen. Bei der Beantwortung der Frage, ob eine verfestigte Lebensgemeinschaft vorliegt, ist entscheidend darauf abzustellen, dass der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt (BGH FamRZ 2011, 791, 1498 und 1854, jeweils m.w.N.).

Eine verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne des § 1579 Nr. 2 BGB setzt eine gewisse Dauer der neuen Verbindung - die im Allgemeinen zwischen zwei und drei Jahren liegt - voraus, die allerdings von anderen, für eine besondere Nähe der Partner sprechenden objektiven Umständen beeinflusst wird. Die Dauer bis zur Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft wird durch objektive, nach außen tretende Umstände, wie etwa einen über einen längeren Zeitraum hinweg geführten gemeinsamen Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit oder größere gemeinsame Investitionen wie den Erwerb eines gemeinsamen Familienheims beeinflusst. Ein allein intimes Verhältnis reicht dafür nicht aus (BGH FamRZ 2011, 1498 und 1854, jeweils m.w.N.). Dennoch ist nicht erforderlich, dass die neuen Lebenspartner einen gemeinsamen Haushalt führen, wenngleich in einem solchen Fall besondere Anforderungen an die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft - auch in zeitlicher Hinsicht (siehe zu diesem Aspekt BGH FamRZ 2011, 1498, juris Rz. 28; vgl. auch BGH FamRZ 2002, 23, juris Rz. 21) - zu stellen sind. Andererseits kann der Annahme einer ausreichend verfestigten Beziehung trotz eines länger dauernden Verhältnisses zu einem neuen Partner entgegenstehen, dass die Lebensbereiche getrennt gehalten werden und die Beziehung damit bewusst auf Distanz angelegt ist (BGH FamRZ 2011, 791; 2002, 23). Dabei kann allerdings eine allein subjektiv in Anspruch genommene Distanz zu dem neuen Partner, die in der tatsächlichen Lebensgestaltung nicht zum Ausdruck kommt, keine Berücksichtigung finden (BGH FamRZ 2002, 23, juris Rz. 22 a.E.; vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 225, juris Rz. 8; OLG Zweibrücken FamRZ 2008, 1630, juris Rz. 27). Bei der Frage der hinreichenden Verfestigung der Beziehung können außerdem auch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Lebensgefährten an den früheren Ehegatten von Belang sein (siehe dazu BGH FamRZ 2011, 791, juris Rz. 39).

Die Begrenzung des Unterhalts verlangt neben dem Härtegrund tatbestandlich stets auch eine grobe Unbilligkeit für den Unterhaltspflichtigen unter Wahrung der Belange des Unterhaltsberechtigten. Je schwerer ein Härtegrund wiegt, umso mehr ist es dem Unterhaltsberechtigten zuzumuten, die unterhaltsrechtlichen Folgen seines Verhaltens weitgehend selbst zu tragen und entsprechende Einschränkungen auf sich zu nehmen, soweit nicht das Kindeswohl eine andere Beurteilung erfordert (BGH FamRZ 2011, 791; 2008, 1325; 2001, 541).

Im Rahmen von § 1579 BGB trifft den Unterhaltspflichtigen die Darlegungs- und Beweislast (BGH FamRZ 1991, 670).

Das Familiengericht hat festgestellt, dass die verfestigte Partnerschaft der Ehefrau zu ihrem neuen Lebensgefährten unstreitig jedenfalls seit Dezember 2013 bestehe. Zu diesem Zeitpunkt habe die Ehefrau erstmals mit ihm an einer Nikolausfeier im Haushalt ihrer Tochter teilgenommen. Seitdem verbringe die Ehefrau nach ihrem eigenen Vorbringen jedes Wochenende im Haushalt ihres Lebensgefährten. Beide nähmen regelmäßig an diversen Familienfesten teil, wie jedenfalls im Januar 2014 und 2015 an N.s Geburtstag, im September 2014 am Geburtstag des Enkelkindes der Ehefrau und im Januar 2015 am Geburtstag des Sohnes des Lebensgefährten. Darüber hinaus seien Familienbesuche wie im November 2014 beim Bruder des Ehemannes sowie im Dezember 2014 und März 2015 bei der Familie des Lebensgefährten gemacht worden. Ferner seien gemeinsame Urlaube verbracht worden, für die der Lebensgefährte finanziell aufgekommen sei, so im Sommer 2014 in I., im Februar 2015 in Bad K., an Ostern 2015 im S., im August 2015 in S., im Oktober 2015 auf T. und im Februar 2016 in F.. Auch in der Öffentlichkeit seien beide als Paar aufgetreten. So hätten sie gemeinsam im Juli 2015 ein Konzert und im Oktober 2015 das Bockbierfest in G. besucht. Dass die Ehefrau und ihr Lebensgefährte keinen gemeinsamen Haushalt führten, beide mithin ihre Lebensbereiche getrennt hielten, stehe der Annahme einer Verwirkung nicht entgegen, weil sich die Beziehung beider gerade als eine sehr verfestigte, in allen Bereichen aufeinander abgestimmte Beziehung darstelle, welche die Bedürfnisse beider Partner (Berufstätigkeiten und Kinderbetreuung) wohl abwäge und danach ausgestaltet sei.

Diese Feststellungen greift die Ehefrau mit ihrem Rechtsmittel im Tatsächlichen nur insoweit an, als sie den Urlaub in I. im Sommer 2014 lediglich als zweitägigen Krankenbesuch darstellt und die gemeinsame Zeit an Wochenenden auf den Zeitraum der späten Samstagnachmittage - insoweit, weil der Lebensgefährte samstagmittags mit seinem Sohn, dem Haushalt oder Einkäufen beschäftigt sei - bis sonntagabends beschränkt sowie betont, dass sie die Beziehung bewusst räumlich auf Distanz halten wolle, um nicht mehr in eine Abhängigkeit wie in ihrer Ehe mit dem Ehemann zu geraten.

Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob dieser Beschwerdevortrag zutrifft und ob im Ergebnis die Voraussetzungen für die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft der Ehefrau mit ihrem Lebensgefährten vorliegen. Insbesondere bedarf keiner Vertiefung, ob bei den hier obwaltenden besonderen Umständen - vor allem mit Blick auf das objektiv und unstreitig fehlende Zusammenleben beider - das für den Verwirkungstatbestand von § 1579 Nr. 2 BGB bedeutsame Zeitmoment bereits als erfüllt angesehen werden kann.

Denn jedenfalls wäre - abweichend von der Würdigung des Familiengerichts im beanstandeten Erkenntnis - der unveränderte Fortbestand der Unterhaltspflicht des Ehemannes für die Ehefrau in dem im Ausgangsbeschluss titulierten Ausmaß hier nicht grob unbillig.

Das Familiengericht hat hierzu ausgeführt, die Unterhaltspflicht des Ehemannes sei im Ausgangstitel nicht auf ehebedingte Nachteile, sondern lediglich auf nacheheliche Solidarität gegründet worden, aus der sich die Ehefrau nun durch die verfestigte Lebensgemeinschaft mit ihrem Lebensgefährten verabschiedet habe. Ferner seien die wirtschaftlichen Verhältnisse des Ehemannes nicht großzügig bemessen und wesentlich auch von einer Unfallrente geprägt, während die Ehefrau vollschichtig erwerbstätig sein könne.

Diese Billigkeitsabwägung lässt - wie im Senatstermin im Einzelnen dargestellt - wesentliche, entscheidend zugunsten der Ehefrau streitende Einzelfallgegebenheiten unberücksichtigt.

Die Dauer der Ehe der Beteiligten - ein im Rahmen von § 1579 BGB gewichtiger Umstand (BGH FamRZ 1986, 443, juris Rz. 15) - hat fast 31 Jahre betragen und ist daher sehr lang gewesen. Unstreitig - und durch ihren Versicherungsverlauf im beigezogenen Versorgungsausgleichsverfahren belegt - hat sich die Ehefrau während der Ehe zudem weitgehend der Haushaltsführung und der Pflege und Erziehung der beiden gemeinsamen Kinder der Beteiligten gewidmet.

Die Ehefrau lebt auch unter Einbeziehung der ihr im Ausgangstitel fiktiv zugerechneten Erwerbseinkünfte in sehr beengten wirtschaftlichen Verhältnissen, die es ihr nicht einmal gestatten, ihren angemessenen Selbstbehalt, der derzeit mit 1.300 EUR zu bemessen ist, zu decken. Trotz der sehr langen Ehedauer war der Ehefrau im Ausgangsbeschluss lediglich für die Dauer von rund acht Monaten der eheangemessene Unterhalt zuerkannt und ihr Unterhaltsanspruch sodann nach § 1578 b BGB von 507,28 EUR auf 386 EUR herabgesetzt sowie zudem bis Februar 2023 befristet worden. Zu diesem Zeitpunkt wird die im Juli 1963 geborene Ehefrau aber noch mehr als sechs Jahre vom Altersrentenbezug entfernt sein; die Zwischenzeit muss sie dann ausschließlich aus eigenen Einkünften überbrücken. Mit ihrem Lebensgefährten besteht - abgesehen von den von diesem finanzierten gemeinsamen Urlauben - unstreitig keinerlei wirtschaftliche Verflechtung, mangels Zusammenlebens mit diesem hat sie auch keinen geldwerten Vorteil in Form einer Haushaltsersparnis. Auch hat die Ehefrau keine ehebedingten Vermögensvorteile erlangt. Zwar ist sie zu ¼ Miteigentümerin des Hausanwesens, in dem sich die vormalige Ehewohnung befunden hat. Indessen ist das Anwesen von den Beteiligten gemeinsam mit dem Bruder des Ehemannes unstreitig erst 2008 erworben und damals voll darlehensfinanziert worden; außerdem finanziert die Ehefrau ihren Miteigentumsanteil über die Kürzung ihres Unterhaltsanspruchs mit, da das diesbezügliche Immobiliendarlehen im Ausgangstitel in voller Höhe von 562 EUR - Zins- und Tilgung - auf Seiten des Ehemannes einkommensmindernd berücksichtigt worden war.

Der Ehemann lebt hingegen in vergleichsweise deutlich günstigeren finanziellen Verhältnissen und steht in einem sicheren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst, wobei die dort zwischenzeitlich erfolgten Einkommenserhöhungen noch nicht einmal berücksichtigt sind. Durch die Nutzung der vormaligen Ehewohnung ist er u.a. in den Genuss der darin befindlichen, vormals ehelichen Einbauküche gekommen, ohne hierfür - jedenfalls für die Vergangenheit - Nutzungsentschädigung zahlen zu müssen. Ihm entsteht außerdem durch die gemeinsame Haushaltsführung mit seiner - vollschichtig erwerbstätigen - Lebensgefährtin ein Synergieeffekt. Soweit das Familiengericht die Unfallrente zugunsten des Ehemannes gewogen hat, ist dies nicht belastbar, da diese bereits die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat, zudem konkreter Vortrag zu dessen gesundheitlichen Beeinträchtigungen fehlt, zumal der Ehemann trotz des Unfalls ersichtlich bis heute vollschichtig als Gärtner bei der Landeshauptstadt Saarbrücken arbeitet. Der Vortrag des Ehemannes, es könnte sich für ihn in Zukunft als erforderlich erweisen, in den vorgezogenen Ruhestand zu treten, stellt sich insoweit mangels jedweder Substantiierung als völlig spekulativ dar.

Wird schließlich noch berücksichtigt, dass der Verwirkungsgrund in seiner vorliegenden konkreten Ausgestaltung - im Vergleich mit anderen Fällen nach § 1579 Nr. 2 BGB, aber auch mit den Tatbeständen der Ziffern 3. bis 7. dieser Vorschrift - nicht besonders schwer wiegt, hält der Senat es nicht für grob unbillig, den Unterhaltsanspruch der Ehefrau unverändert in der Gestalt fortbestehen zu lassen, welche dieser im Ausgangsbeschluss erfahren hat. ..."


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„... I. Zu Unrecht hat das Familiengericht angenommen, die vom Antragsteller in der genannten notariellen Urkunde übernommene Unterhaltsverpflichtung sei durch eine von der Antragsgegnerin mit einem anderen Mann eingegangene verfestigte Lebensgemeinschaft erloschen. Die vom Amtsgericht vorgenommene Auslegung der insofern zwischen den Beteiligten geschlossenen vertraglichen Vereinbarung ist nicht zutreffend, so dass die Endscheidung keinen Bestand haben kann.

1.) Der Kern der Problematik liegt in der Frage, ob nach der Vorstellung der Vertragsschließenden die in der Vereinbarung genannte Formulierung ‚Lebt die Ehefrau über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren mit einem Partner in einem Haushalt zusammen, so kann der Ehemann verlangen, dass der Unterhaltsanspruch entsprechend angepasst wird bzw. entfällt' eine abschließende Regelung darstellt oder ob es sich nur um einen Beispielsfall handelt, dem Antragsteller aber darüber hinaus die sonstigen Möglichkeiten des Beweises einer verfestigten Lebensgemeinschaft im Sinne von § 1579 Ziffer 2 BGB offen stehen. Das Familiengericht hat die Vereinbarung für nicht eindeutig, aber auslegungsfähig gehalten. Nach Ansicht des Familiengerichts bestehen keine Anhaltspunkte dafür, es habe ausschließlich das Zusammenleben mit einem Partner in einem Haushalt als Grund für ein Entfallen des Unterhaltsanspruchs vereinbart werden sollen. Obwohl die Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt mit ihrem neuen Partner in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat, hält das Familiengericht das Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft aus den vom Antragsteller vorgetragen Umständen für gegeben und hat die Unterhaltsverpflichtung ab Oktober 2015 auf Null gesetzt.

2.) Die vom Familiengericht vertretene Auslegung der Vereinbarung verkennt indes Wortlaut und Struktur der Vereinbarung, die im Gesamtgefüge der damals erzielten Vereinbarung zu betrachten sind.

Bei der Auslegung von Willenserklärungen ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB). Maßgeblich für die erforderliche Auslegung von Verträgen sind gemäß § 157 BGB Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte. Beide Vorschriften sind bei der Auslegung nebeneinander heranzuziehen, eine Trennung ist nicht möglich und der Anwendungsbereich deckt sich. Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen ist maßgeblich auf den sogenannten objektivierten Empfängerhorizont abzustellen. Es dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die dem Empfänger bekannt oder für ihn erkennbar waren. Auf seine Verständnismöglichkeiten ist die Auslegung abzustellen, und zwar auch dann, wenn der Erklärende die Erklärung anders verstanden hat und sogar verstehen durfte. Entscheidend ist somit im Ergebnis nicht der empirische Willen des Erklärenden, sondern der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektivierte Erklärungswert seines Verhaltens.

Da es bei der hier in Rede stehenden Klausel um einen Tatbestand der Unterhaltsverkürzung zugunsten des Ehemannes ging, kommt es danach nicht auf die Absicht des Ehemannes an, sondern darauf, wie die Klausel aus der Sicht der davon einschränkend betroffenen Ehefrau zu verstehen war.

Die Ehefrau hatte sich mit einer pauschalen wertgesicherten Unterhaltszahlung einverstanden erklärt, die in § 2 Abs.1 bis 7 geregelt ist. Sie hatte somit auf die nach den Umständen naheliegende konkrete Bedarfsberechnung verzichtet. Im Gegenzug war die Dauer der Unterhaltsverpflichtung bis zum Rentenalter festgelegt. Nach § 2 Absatz 8 der Vereinbarung ist die Abänderungsklage ‚nur in den nachstehend geregelten Fällen möglich'.

Hierdurch wird zum Ausdruck gebracht, dass eine abschließende, für beide Beteiligten klare Regelung angestrebt wird. Die Wiederheirat der Ehefrau ist hierbei als deutlichste und selbstverständliche Zäsur als erster Fall genannt. Im Hinblick auf § 1579 BGB enthält die Vereinbarung sodann zunächst eine Verweisung auf die Vorschrift insgesamt. Da diese Vorschrift 8 Alternativen enthält, kann nicht zweifelhaft sein, dass die Beteiligten in den folgenden Sätzen die Ziffer 2 der Vorschrift - ‚weil der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt' - in spezieller Weise regeln wollten. Den anwaltlich beratenen Beteiligten musste bewusst sein, dass die Rechtsprechung dazu, wann eine sogenannte verfestigte Lebensgemeinschaft vorliegt, nicht vorhersehbaren Entwicklungen unterliegt, die insbesondere von sich wandelnden gesellschaftlichen Einstellungen beeinflusst werden können. Gerade für Menschen im mittleren und höheren Alter ist das Lebensmodell ‚living apart together' eine ernstzunehmende Alternative geworden. Neben der Frage, wie lang die sogenannte Orientierungsphase zu bemessen ist, bedeuten Abänderungsklagen wegen verfestigter Lebensgemeinschaft immer auch langwierige Prozesse mit gegenseitiger Bespitzelung (wer hält sich wann wo wie lange auf), Sammlung von Beweismitteln (Stichwort ‚Weihnachtskarten', ‚Traueranzeigen' etc.), die dem Gericht nach oft unguter Beweisaufnahme eine Gesamtabwägung ermöglichen sollen. Hätte man sich den Unwägbarkeiten der Rechtsprechung im Allgemeinen und des konkreten Prozessverlaufs im Konkreten aussetzen wollen, hätte es keinen Sinn gemacht, einen denkbaren Lebenssachverhalt herauszugreifen und explizit zu regeln (Zusammenleben in einem Haushalt für mindestens 2 Jahre), alle anderen Fälle aber ungeregelt zu lassen und einem Abänderungsverfahren zu überlassen.

Die Regelung macht aus damaliger Sicht nur Sinn, wenn sie mit dem Ziel von Eindeutigkeit und Streitvermeidung als abschließende Definition der verfestigten Lebensgemeinschaft hinsichtlich Beginn und Ende verstanden wird. Dies zeigt eine Kontrollüberlegung:

Wenn dem Ehemann der Nachweis einer verfestigten Lebensgemeinschaft über die üblichen Indizien (s.o., hier insbesondere nach dem Schriftsatz vom 13.11.15: öffentliches Auftreten als Paar, gemeinsame Feiern und Reisen, abwechselnder gemeinsamer Aufenthalt in einem der beiden Haushalte, Anteilnahme am Leben der Kinder aus geschiedener Ehe) möglich wäre, müsste im Hinblick auf das im folgenden Satz geregelte Wiederaufleben der Unterhaltsansprüche in gleicher Weise Beweis geführt werden, ob ‚die vorbezeichnete Lebensgemeinschaft endgültig beendet ist'. Dies gilt insbesondere für den Zeitpunkt ‚sobald'.

Es würde sich dann (im Hinblick auf die Rechtsprechung, dass die sexuelle Beziehung nicht das entscheidende Merkmal ist) etwa die Frage stellen, ob man nach Beendigung einer sexuellen Beziehung noch eine verfestigte Lebensgemeinschaft unterhält, wenn man noch einige Male im Jahr gemeinsam (oder nur gleichzeitig ?) eine Veranstaltung oder Feier besucht oder etwa auch in einer Traueranzeige für gemeinsame Freunde zusammen (oder nur nacheinander ?) aufgeführt wird. Endgültig zweifelhaft wäre der Nachweis, wenn der neue Partner auch nach einer behaupteten Beendigung der Beziehung zur Frau weiterhin eine Beziehung zu den Kindern der Frau beibehielte (vgl. Schriftsatz vom 17.5.16: Als Indizien für den Bestand der verfestigten Lebensgemeinschaft werden Zuwendungen an die Söhne der Antragsgegnerin angeführt, nämlich zur Verfügungstellen einer Eigentumswohnung und Verschaffung von Referententätigkeit).

Welche Vorstellung der Antragsteller aus heutiger Sicht gehabt haben mag, ist nicht entscheidend. Ein geheimer Vorbehalt bleibt unbeachtlich. Geschäftsgrundlage ist allein die für beide Seiten erkennbare, übereinstimmende Vorstellung bei Vertragsschluss. Aus berechtigter Sicht der Ehefrau sollte die ausdrücklich formulierte Definition der verfestigten Lebensgemeinschaft eine spezielle und abschließende Regelung sein, gerade damit sie ihre Lebensweise entsprechend darauf einstellen konnte und ein Prozess darüber vermieden werden konnte. Die angebliche Äußerung, sie wolle nur bekommen, was ihr zustehe, bildet dazu keinen Widerspruch.

Hierbei kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass gemäß § 1 des Vertrages die Unwirksamkeit einer früher vereinbarten Gütertrennung in Rede stand und die Ehefrau in der Vereinbarung erneut auf Zugewinn ‚vorsorglich und vergleichsweise' verzichtete sowie einen pauschalen Abgeltungsbetrag akzeptierte. Darüber hinaus verzichtete die Ehefrau auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs. Das vergleichsweise erreichte Gleichgewicht wäre gestört, wenn der Ehemann über den speziell geregelten Fall hinaus die Unterhaltszahlung faktisch auf einige Jahre begrenzen könnte.

3. ) Allerdings ist zu berücksichtigen dass für die Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen selbstverständlich ein übereinstimmender Wille der Parteien vorrangig maßgeblich ist, auch wenn er in der Erklärung/Vereinbarung keinen oder nur unvollkommenen Ausdruck gefunden hat. Insofern entscheidend ist dann aber allein ein zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tatsächlich übereinstimmend bestehender Wille der Vertragsparteien und die volle Beweislast dafür, dass eine solche Übereinstimmung abweichend vom Wortlaut erreicht wurde bzw. dafür, dass die Ehefrau die vom Ehemann erstrebte Regelung jedenfalls erkennen konnte, trägt der Antragsteller als derjenige, der sich darauf beruft.

Somit hätte es dem Antragsteller oblegen, den Beweis zu führen, dass die Parteien sich im Rahmen der Vertragsverhandlungen darauf geeinigt hätten, dass § 2 Ziffer 8 S.2 der Scheidungsfolgenvereinbarung nur als ein Beispielsfall für das Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft zu verstehen sei, im Übrigen aber § 1579 BGB insgesamt gelten sollte (so zuletzt Behauptung im Schriftsatz vom 5.10.16, S.4). Im Ergebnis ist ausdrücklich auf eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der damals beratenden Rechtsanwälte sowie die Vernehmung des beurkundenden Notars verzichtet worden (Schriftsatz vom 3.11.16).

4. ) Demgegenüber haben sich die obigen, bereits im Einstweiligen Anordnungsverfahren mit dem Az. 2 UFH 4/16 mit Beschluss vom 24.8.2016 angestellten Erwägungen im Verlauf des Hauptsacheverfahrens bestätigt.

Der Hergang der Vertragsverhandlungen erschließt sich nunmehr aus den zusätzlich eingereichten während der Korrespondenz gewechselten Erklärungen.

Gemäß Anlage AG 1 war es der Antragsteller, der zunächst eine Bezugnahme auf § 1579 BGB insgesamt, also ohne jegliche Einschränkung, wünschte (§ 2 Ziffer 7: ‚Der Ehemann kann eine Abänderung des geschuldeten Unterhalts verlangen, sofern die Voraussetzungen des § 1579 BGB vorliegen'). Mit dieser Fassung erklärte sich die Antragsgegnerin nicht einverstanden, zeigte also, dass ihr die Gesamtanwendung von § 1579 BGB zu weit war. Vor diesem Hintergrund machte Rechtsanwalt (..) mit Schreiben vom 2.3.2010 (Anlage AG 2) einen neuen Vorschlag. Einleitend heißt es ‚Im Einzelnen möchte ich mich zu Ihren Änderungswünschen wie folgt äußern'. Im Hinblick auf den Punkt ‚verfestigte Lebensgemeinschaft' heißt es auf S.2: ‚Eine Abänderung sollte möglich sein, wenn Sie über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren mit einem anderen Partner in einem Haushalt Zusammenleben'. Damit signalisierte der Antragsteller nach der Vorgeschichte ein Entgegenkommen gegenüber der bereits abgelehnten vollständigen Geltung von § 1579 BGB. Es ist auch nicht etwa klargestellt, dass der Ablehnung der Antragsgegnerin lediglich mit der Formulierung eines Beispielsfalls im Rahmen des § 1579 BGB zwecks Beweiserleichterung entgegnet werden sollte. Im Anschluss hat die Rechtsanwältin der Antragsgegnerin ausweislich ihres Schreibens vom 26.3.2010 die Vereinbarung redaktionell überarbeitet und betont, es gehe um ein Gesamtkonzept (Anlage AG 3). Zum Punkt verfestigte Lebensgemeinschaft heißt es auf S.4 des Schreibens : ‚Meine Mandantin ist damit einverstanden, dass wie von Ihnen vorgeschlagen eine Abänderung der Unterhaltsansprüche vorgenommen werden kann, wenn sie über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren mit einem Partner in einem Haushalt zusammenlebt. Wir sollten der Vollständigkeit halber und der Klarstellung halber allerdings auch aufnehmen, dass der Unterhaltsanspruch nach Beendigung der Lebensgemeinschaft wieder auflebt.' Hiermit hat die Rechtsanwältin nach dem objektivierten Empfängerhorizont zum Ausdruck gebracht, dass die Antragsgegnerin einen Wegfall des Unterhaltsanspruch nur bei Vorliegen der konkret formulierten Voraussetzungen akzeptieren würde. Nach dem Gang der dokumentierten Verhandlungen hätte die Antragsgegnerin in der Sache nichts erreicht, wenn sie sich mit der Formulierung eines bloßen Beispielsfalls einverstanden erklärt hätte und § 1579 BGB im Übrigen allgemein gelten würde, obwohl sie dies bereits abgelehnt hatte. Im Gegenteil musste sie aufgrund ihrer ausdrücklichen Erklärungen davon ausgehen dürfen, dass ein übereinstimmendes Verständnis der Klausel in ihrem Sinne erreicht wurde.

Vor diesem konkreten Hintergrund ist es dem Antragsteller verwehrt, sich auf einen aus seiner Sicht abweichenden Sinn und Zweck der Vereinbarung - im Sinne jedweder anderweitigen Form einer verfestigten Lebensgemeinschaft als Aufhebungsgrund - zu berufen. Ein geheimer Vorbehalt ist unerheblich (§ 116 BGB).

Dass sich bei dieser Sachlage die Heranziehung von § 1579 Ziffer 8 BGB als Auffangtatbestand verbietet, versteht sich von selbst und bedarf keiner weiteren Erörterung. Auf eine subjektiv aus Sicht des Antragsstellers oder eine objektiv bestehende Unzumutbarkeit der weiteren Unterhaltszahlungen kommt es angesichts einer ausdrücklich ausverhandelten Vereinbarung zur Beurteilung einer neuen Partnerschaft nicht mehr an. ..." (OLG Hamburg, Beschluss vom 10.01.2017 - 2 UF 96/16)

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Aus der Gesamtschau der objektiven Umstände in der Entwicklung der Beziehung zwischen einer getrennt lebenden Ehefrau und ihrem neuen Lebensgefährten, die auch durch das Auftreten als Paar bereits eine Eheähnlichkeit entwickelt hatte, kann eine verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne von §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 BGB auch schon vor Ablauf von zwei Jahren mit dem Einzug in die Wohnung des Lebensgefährten anzunehmen sein (OLG Oldenburg, Beschluss vom 16.11.2016 - 4 UF 78/16):

„... Das Amtsgericht hat der Antragstellerin Trennungsunterhalt für den Zeitraum März 2014 bis einschließlich April 2015 in Höhe von insgesamt 4.271,16 Euro zugesprochen und ist ab Mai 2015 von einer Verwirkung nach §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 BGB ausgegangen. Ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin ist nach dieser Vorschrift jedoch bereits ab März 2014 zu versagen, dem Monat, in dem sie mit … , dem gemeinsamen Sohn der Beteiligten, zu Herrn … in dessen Haus in … gezogen ist.

Mit §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 BGB stellt die verfestigte Lebensgemeinschaft einen eigenständigen Härtegrund dar. Hierdurch wird kein vorwerfbares Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten sanktioniert. Vielmehr ist es Zweck der Vorschrift, rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen. 1579 Nr. 2 BGB legt nicht fest, ab wann von einer verfestigten Lebensgemeinschaft auszugehen ist, sondern der Gesetzgeber hat ausdrücklich auf die hierzu ergangene Rechtsprechung zu § 1579 Nr. 7 BGB a.F. Bezug genommen (vgl. BGH FamRZ 2011, 1498-1503). Eine verfestigte Lebensgemeinschaft kann danach insbesondere angenommen werden, wenn objektive, nach außen tretende Umstände wie etwa ein über einen längeren Zeitraum hinweg geführter gemeinsamer Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, größere gemeinsame Investitionen wie der Erwerb eines gemeinsamen Familienheims oder die Dauer der Verbindung den Schluss auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft nahelegen. Entscheidend ist darauf abzustellen, dass der unterhaltsberechtigte (frühere) Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt (vgl. BGH a.a.O.). Allerdings kann eine unterhaltsverwirkende "Abkehr" aus der Ehe allenfalls und erst dann angenommen werden kann, wenn die neue Beziehung einen gewissen Grad der Verfestigung erreicht hat (vgl. OLG Oldenburg NJW 2012, 2450-2452).

Mit Herrn … unterhält die Antragstellerin unstreitig spätestens seit April/Mai 2013 eine Liebesbeziehung; bereits das Osterfest 2013 feierten die beiden zusammen. Im August 2013 verbrachten die Antragstellerin und Herr … einen gemeinsamen Urlaub in … . Auch nahm Herr … im Laufe des Jahres 2013 mit Zustimmung der Antragstellerin die Rolle eines Ersatzvaters für … ein und nahm beispielsweise an Gesprächen mit Mitarbeitern des Jugendamtes teil. Ferner bezeichnete … Herrn … bereits in diesem Jahr als "Papa". Im Übrigen nehmen die Antragstellerin und Herr … bereits seit Frühjahr 2013 gemeinsam an Familienfeiern teil. In Vorbereitung des Einzuges der Antragstellerin und … wurden im Hause des Herrn … Renovierungsarbeiten durchgeführt, insbesondere ein Zimmer für … vorbereitet.

Aus vorgenannten objektiven Gegebenheiten ergab sich spätestens mit dem Einzug der Antragstellerin und ihres Sohnes in das Haus von Herrn … im März 2014 eine endgültige Lösung der Antragstellerin aus der ehelichen Solidarität, mit der sie zu erkennen gab, dass sie dieser nicht mehr bedurfte. Der für den Tatbestand des §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 BGB erforderliche Verfestigungsgrad der Beziehung zwischen der Antragstellerin und Herrn … ist spätestens zu diesem Zeitpunkt erreicht worden.

Zwar ist grundsätzlich nicht vor Ablauf von zwei Jahren davon auszugehen, dass sich eine Lebensgemeinschaft i.S.v. § 1579 Nr. 2 BGB "verfestigt" hat (vgl. nur Palandt-Brudermüller, BGB, 75. Aufl. 2016, § 1579 Rdnr. 12 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Aus der Gesamtschau der objektiven Umstände in der Entwicklung der Beziehung zwischen der Antragstellerin und Herrn … , die bereits vor dem Zusammenzug auch durch das Auftreten als Paar eine Eheähnlichkeit entwickelt hatte, ist hier die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft auch schon vor Ablauf von 2 Jahren gerechtfertigt (vgl. OLG Oldenburg a.a.O.).

Spätestens ab März 2014 lassen daher die vorgenannten Gesamtumstände eine fortwirkende Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin auch in Hinblick auf seine finanziellen Verhältnisse unzumutbar erscheinen. Die Belange des Kindes … stehen der Versagung des Unterhaltsanspruchs seiner Mutter nicht entgegen, da dessen wirtschaftliches Auskommen unter anderem durch Unterhaltszahlungen des Antragsgegners sowie bis zum Wechsel in ein Internat durch das kostenfreie Wohnen im Hause … gesichert war. ..."

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Freiwillige Leistungen Dritter mindern zwar nicht den Ehegattenunterhaltsbedarf, im Rahmen der zur Wahrung der Belange der gemeinsamen Kinder erforderlichen Billigkeitsabwägung nach § 1579 BGB sind die gleichwohl zu berücksichtigen. Die Vorschrift des § 1579 Nr. 1 BGB ist beim Trennungsunterhalt nicht analog anzuwenden. Die Ehedauer spielt im Rahmen des Trennungsunterhalts daher lediglich eine Rolle für die Frage nach der während der Trennungszeit zuzumutenden Erwerbstätigkeit, § 1361 Abs. 2 BGB (OLG Koblenz, Beschluss vom 13.04.2016 - 13 UF 16/16).

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„... 1. Nach Zurückverweisung der Sache durch den Bundesgerichtshof im Beschluss vom 30.09.2015 (XII ZB 1/15) hat der Senat den konkreten Bedarf der Antragstellerin zu ermitteln, um ausgehend davon prüfen zu können, ob in der Unterhaltsvereinbarung im notariellen Ehevertrag vom 04.01.2005, in der der Trennungsunterhalt auf indexierte 3370 € beschränkt wurde, ein gem. § 1614 Abs. 1 BGB unwirksamer Verzicht auf Zahlung von Trennungsunterhalt zu sehen ist. Wie sich aus der nachfolgenden Übersicht des konkreten Bedarfs der Antragstellerin ergibt, weicht dieser erheblich von der vom Bundesgerichtshof grundsätzlich noch als angemessen angesehenen Unterschreitung von bis zu 20 % ab. Da auch die Grenze von einem Drittel, ab der eine Unterschreitung in der Regel nicht mehr zulässig ist, deutlich überschritten ist, ist die Vereinbarung zum Trennungsunterhalt insgesamt unzulässig, so dass die Antragstellerin vom Antragsgegner ihren vollen gesetzlichen Trennungsunterhaltsanspruch gem. § 1361 BGB verlangen kann.

2. Bei der Bemessung des ehelichen und nachehelichen Unterhalts ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist derjenige Lebensstandard, der nach den ehelichen Lebensverhältnissen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters als angemessen erscheint. Eine nach den Verhältnissen zu dürftige Lebensführung bleibt ebenso außer Betracht wie ein übertriebener Aufwand.

Die für das Maß des Unterhalts ausschlaggebenden ehelichen Lebensverhältnisse bestimmen sich grundsätzlich nach den für den allgemeinen Lebensbedarf genutzten Einkünften. Um sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch einen übermäßigen Aufwand als Maßstab für die Ansprüche auf Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt auszuschließen, ist dabei ein objektiver Maßstab anzulegen. Der für eine Korrektur unangemessener Vermögensbildung heranzuziehende Maßstab darf allerdings nicht dazu führen, dass der Boden der ehelichen Lebensverhältnisse verlassen wird und Vermögenseinkünfte als eheprägend zugrunde gelegt werden, die auch nach einem objektiven Maßstab nicht für die allgemeine Lebensführung verwendet worden wären (vgl. BGH FamRZ 2007, 1532; OLG Düsseldorf FamRZ 2015, 1392).

3. Nach diesen Grundsätzen ist von folgender Berechnung des Bedarfs auszugehen: ...

Die Tabelle bedarf folgender Erläuterungen:

a) Wohnkosten

Die von der Antragstellerin geltend gemachten Wohnkosten von monatlich 300 € bis 7/12 sind nicht zu beanstanden. Ob sie in dieser Höhe tatsächlich Hotelkosten hatte, kann dahinstehen. Soweit sie in dieser Zeit möglicherweise bei Bekannten oder gar schon bei ihrem Lebensgefährten gelebt hat, ist unerheblich. Es würde sich um eine freiwillige Leistung Dritter handeln, die den Unterhaltsschuldner nicht entlasten soll.

b) Krankenversicherung, Medikamente

Aus dem Komplex Versicherung/Medikamente sind lediglich der Selbstbehalt in der Krankenversicherung sowie der Eigenanteil an Medikamenten streitig. Die Antragstellerin hat in der Krankenversicherung einen Tarif mit einem jährlichen Selbstbehalt von 2.600 € (monatlich 216 €) und behauptet, in entsprechender Höhe Arztrechnungen selbst gezahlt zu haben. Sie hat hierzu in der Antragsschrift Belege für Behandlungen in den Monaten 1-5/12 in Höhe von insgesamt 648,82 € vorgelegt. Auf ausdrücklichen Vortrag des Antragsgegners, dass sie sämtliche Kosten zu belegen habe, hat sie um Hinweis des Senats gebeten, falls dies erforderlich sei. Da Arztrechnungen üblicherweise schon deshalb gesammelt werden, um sie später ggf. bei der Krankenkasse einzureichen, kann grundsätzlich von einem Unterhaltsgläubiger verlangt werden, die Kosten zu belegen. Allerdings hat die Antragstellerin nachvollziehbar ausgeführt, dass sich aus den Arztrechnungen auch Rückschlüsse auf Erkrankungen ziehen lassen, die den Antragsgegner nichts angehen. Sie hätte aber wenigstens die Kosten auflisten können, um prüfen zu können, ob sie tatsächlich Kosten in Höhe von 2.600 € jährlich hatte. Die Rechnungen hätte sie dann dem Senat im Termin zur Einsicht geben können oder Diagnosen schwärzen. Da Zweifel daran bestehen, ob sie die behaupteten Arztkosten überhaupt hatte, können diese nicht akzeptiert werden. Die belegten Kosten von 648,82,71 € sind daher auf 17 Monate (1/12-5/13) zu verteilen, so dass sie einen monatlichen Bedarf von lediglich 38,17 € hat.

Allerdings bestand keine Verpflichtung, Rechnungen über sämtliche rezeptfreien Medikamente zu sammeln, weil diese offenbar nicht von der Krankenversicherung erstattet werden. Insoweit ist ihr Bedarf also der Schätzung zugänglich. Es bestehen keine Bedenken, die geltend gemachten 50 € monatlich zu akzeptieren.

c) Telefonkosten

Telefonkosten von rd. 200 € sind abweichend von der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend belegt, weil die eingereichten Rechnungen (Anlage 14 d. Anlagenordners) ausdrücklich einen Geschäftskundentarif betreffen, also die Firma der Antragstellerin. Sie hat lediglich einen Unterhaltsanspruch auf einen Privatkundentarif, der mit ca. 100 € zu schätzen ist.

d) Alltäglicher Aufwand, Kosmetik und Freizeit

Diese Ausgabenpositionen (TV, Textilreinigung, Frisör, Kosmetik, Lebensmittel, Blumen, Geschenke, Medien, Hausrat, Putzmittel, Restaurantbesuche) sind entgegen der Ansicht des Antragsgegners nicht im einzelnen zu belegen, sondern der Schätzung zugänglich. Bei Anlegung eines objektiven Maßstabs und des luxuriösen Lebensstandards der Beteiligten während der Ehe sind die geltend gemachten Kosten nicht zu beanstanden. Allerdings hat die Antragstellerin lediglich einen Bedarf für Textilreinigung von 70 € geltend gemacht, so dass die Zubilligung eines Betrages von 200 € in der angefochtenen Entscheidung unzutreffend ist.

e) Kleidung

Keine Bedenken bestehen gegen die von der Antragstellerin verlangten Kosten für Kleidung von monatlich 2.000 €, die angesichts der glaubhaft vorgetragenen Ausgaben in den Jahren 2009 bis 2011 von 84.660 € sogar noch moderat sind. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners war die Antragstellerin nicht verpflichtet, ihre während der Ehe angeschafften hochwertigen Kleidungsstücke während der Trennungszeit "aufzutragen". Vielmehr dient der Trennungsunterhalt dazu, den ehelichen Lebensstandard auch in der Trennungszeit fortführen zu können. Die Ehe der Beteiligten war davon geprägt, dass die Antragstellerin regelmäßig hochwertige und der aktuellen Mode entsprechende Kleidungsstücke getragen hat, so dass sie bei Anlegung eines objektiven Standpunktes dieses Konsumverhalten fortsetzen durfte. Dass sie dies rückblickend betrachtet möglicherweise nicht in dem gewohnten Umfang gemacht hat, lag auch daran, dass die tatsächlichen Unterhaltszahlungen des Antragsgegners es nicht erlaubt haben, diese hohen Ausgaben zu tätigen.

f) Fahrzeugkosten

Dass das Amtsgericht die Leasingkosten für den Audi Q5 bis 10/12 akzeptiert hat, ist nicht zu beanstanden.

Zunächst ist unerheblich, dass die Antragstellerin nach der Trennung in 2/12 einen neuen Vertrag abgeschlossen hat, weil sie bereits während der Ehe einen gleichwertigen Wagen geleast hat, dessen Vertrag ausgelaufen ist. Es hat daher die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, dass sie mit einem Audi Q5 fährt.

Zwar handelt es sich dabei um ein Fahrzeug, dessen Kosten in der Gewinn- und Verlustrechnung des Betriebes der Antragstellerin berücksichtigt wurden, jedoch ist unstreitig, dass sie dieses auch zu privaten Zwecken genutzt hat. Die Berücksichtigung in der Gewinn- und Verlustrechnung lässt den Unterhaltsanspruch nicht entfallen, weil die Antragstellerin im Jahr 2012 auch ohne die PKW-Kosten keinen Gewinn erwirtschaftet hätte. Das Fahrzeug musste daher aus privaten Mitteln finanziert werden, über die allein der Antragsgegner verfügt hat.

Der Fahrzeugbedarf der Antragstellerin wurde auch nicht durch die Zurverfügungstellung des Porsche Speedster gedeckt, weil es sich dabei um einen Oldtimer handelt, der nicht für Alltagsfahrten geeignet ist. Für solche Zwecke wurde er auch während der Ehe nicht genutzt, weil die Antragstellerin zusätzlich immer noch über ein weiteres Fahrzeug verfügte.

Abweichend von der angefochtenen Entscheidung waren die Kosten aber nicht bis 10/12 zuzusprechen, sondern nur bis 9/12, da die Antragstellerin vorgetragen hat, sie haben den Leasingvertrag für den Audi Q5 zum 21.09.2012 beenden können. Auf diesen Monat hat eigentlich auch das Amtsgericht abgestellt (III. 5.).

g) Reisen

Zu dem Reisebedarf von monatlich 1.000 €, den die Antragstellerin plausibel dargestellt hat, hat der Antragsgegner lediglich bestritten, dass derartige Ausgaben privat veranlasst waren. Er will damit offenbar sagen, dass die Antragstellerin ihn auf geschäftlichen Reisen begleitet hat, er diese also steuerlich geltend gemacht hat. Die steuerliche Berücksichtigung betrifft aber nur seine eigenen Kosten, nicht aber die einer Begleitperson, so dass es sich für die Antragstellerin um private Urlaubsfahrten gehandelt hat.

h) Restaurantbesuche

Die gleiche Argumentation gilt auch für den monatlich geltend gemachten Bedarf von 500 € für Restaurantbesuche, soweit der Antragsgegner die private Veranlassung bestreitet. Im übrigen ist die Höhe der Aufwendungen nicht zu beanstanden.

i) Sport, Fitnesstraining

Die Antragstellerin hat durch Vorlage von Rechnungen belegt, für Fitnesstraining monatlich 390 € ausgegeben zu haben, und angesichts der luxuriösen Lebensverhältnisse der Beteiligten war es auch nicht zu beanstanden, dass sie sich einen Privattrainer geleistet hat.

j) Hund

Auch die Kosten für den Hund in Höhe von monatlich 287 € sind angemessen. Der Antragsgegner rügt insoweit lediglich, dass diese nicht belegt wurden, was jedoch nicht verlangt werden kann, weil es sich um alltägliche Kosten handelt. Er hat jedenfalls nicht bestritten, dass der Hund aufgrund einer Allergie spezielles Hundefutter benötigt, weswegen die geltend gemachten Kosten durchaus plausibel sind.

k) Rechtsberatungskosten

Rechtsberatungskosten macht die Antragstellerin ausdrücklich für die vorgerichtliche Beratung ihrer Auseinandersetzungen mit dem Antragsgegner geltend, nicht für die Kosten der gerichtlichen Auseinandersetzungen. Ob wegen solcher Kosten ein Erstattungsanspruch überhaupt besteht (vgl. hierzu Kleinwegener FamRZ 1992, 755) und dieser im Wege des Unterhalts geltend gemacht werde kann, kann dahinstehen. Vor dem Hintergrund, dass die (vorgerichtliche) Geschäftsgebühr gem. Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 S. 1 VV-RVG zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr angerechnet wird, wäre Vortrag zu sämtlichen Kosten sowohl vor als auch in den jeweiligen Verfahren erforderlich gewesen, um zu sehen, welche der ohnehin nur pauschal vorgetragenen Rechtsberatungskosten tatsächlich von der Antragstellerin zu zahlen waren. Auch ohne den ausdrücklich beantragten Hinweis des Senats wäre die Antragstellerin aufgrund des Bestreitens des Antragsgegners hierzu verpflichtet gewesen.

4. Da sich die Antragstellerin aufgrund der Unwirksamkeit des notariellen Ehevertrages auf den gesetzlichen Unterhaltsanspruch nach § 1361 BGB beruft, sind abweichend von der vertraglichen Vereinbarung bedarfsdeckende Einkünfte in Abzug zu bringen.

Im Jahr 2012 hatte die Antragstellerin ausweislich der für dieses Jahr vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung einen betrieblichen Verlust von 19.536,30 € erlitten. Auch wenn dieser nach obigen Ausführungen um die PKW-Kosten i.H.v. 13.775,68 € zu korrigieren ist, verbleibt ein Verlust, so dass ihr in diesem Jahr keine bedarfsdeckenden Einkünfte zuzurechnen sind.

Im Jahr 2013 hatte sie einen steuerlichen Verlust in Höhe von 4178,73 €, der jedoch unterhaltsrechtlich nicht zu akzeptieren ist, weil das Trennungsjahr abgelaufen ist und sie daher verpflichtet war, ihre Arbeitstätigkeit so weit auszuweiten, dass sie einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entspricht. Dass ihr bisheriger Zeitaufwand für ihr Kochstudio keiner vollen Arbeitszeit entsprach, wurde mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 12.01.2016 besprochen und ist bereits aufgrund der zeitintensiven Reisen, die die Beteiligten während des Zusammenlebens gemeinsam gemacht haben, naheliegend. Entgegen den Ausführungen im Schriftsatz der Antragstellerin vom 23.02.2016 folgert der Senat daraus nicht zwingend, dass sie ihren Betrieb hätte aufgeben und sich um eine abhängige Beschäftigung hätte bemühen müssen. Dies wäre ihr angesichts der am 07.06.2013 eingetretenen Rechtskraft der Scheidung für die wenigen Monate im Jahr 2013 nicht zuzumuten gewesen. Denn ab der Scheidung stand ihr aufgrund des Ehevertrages ein Unterhaltsanspruch zu, der nicht um eigene Einkünfte zu reduzieren war. Es ist stattdessen zu schätzen, wie hoch ihr Gewinn gewesen wäre, wenn sie sich mit voller Arbeitskraft ihrem Kochstudio gewidmet hätte. Der Senat schätzt das bereinigte Nettoeinkommen auf monatlich 2.000 €, um die sich ihr Bedarf reduziert.

5. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners hat die Antragstellerin ihren Unterhaltsanspruch nicht verwirkt. Aufgrund ihrer Schilderung in der eidesstattlichen Versicherung vom 08.12.2012, die sich der Antragsgegner sogar teilweise zu eigen gemacht hat, ist spätestens seit dem Sommer 2011 von einer Krise der Ehe auszugehen, so dass die im Dezember 2011 vollzogene Trennung nicht als Ausbruch aus einer intakten Ehe gewertet werden kann. Als Indiz für die sich anbahnende Krise ist beispielsweise zu werten, dass nach den unwidersprochenen Angaben der Antragstellerin die Beteiligten zuletzt im Juni 2011 geschlechtlich miteinander verkehrt haben und sie im Zeitraum davor regelmäßig Geschlechtsverkehr hatten.

6. Abweichend von der angefochtenen Entscheidung entfällt der weitergehende Unterhaltsanspruch nicht ab 3/13. Sie ist nicht verpflichtet, ihren Lebensstandard aufgrund des Zusammenlebens mit ihrem Lebensgefährten an ihre neue Lebenssituation anzupassen. Vielmehr kann ein solcher Umstand nur bei Verfestigung einer Lebensgemeinschaft gem. § 1579 Nr. 2 BGB zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs führen, wobei in der Regel von einem Verfestigungszeitraum von 2-3 Jahren auszugehen ist, der noch nicht abgelaufen war. Bis dahin steht einem Ehegatten für die Zeit der Trennung der volle Unterhalt zu.

Da die Rechtskraft der Scheidung abweichend von der Erwartung des Amtsgerichts erst am 07.06.2013 eingetreten ist, kann der Trennungsunterhalt entsprechend der Anschlussbeschwerde jedenfalls bis einschließlich 5/13 verlangt werden.

7. Nach der Berechnung gem. obiger Tabelle hat die Antragstellerin einen Bedarf von insgesamt 138.700 € (7 x 8900 €, 2 x 8600 €, 8 x 7400 €). Hiervon abzuziehen sind bedarfsdeckenden Einkünfte in Höhe von 10.000 € (5 x 2000 €).

Zu Zahlungen auf den Unterhaltsanspruch hat der Antragsgegner mit Schriftsätzen vom 25.01.2016 und 27.01.2016 in Ergänzung zu seinem bisherigen Vorbringen zusammenfassend vorgetragen. Er kommt auf einen Betrag von 16.798,90 € zuzüglich 955 € an Kfz-Steuer für den Porsche Speedster. Diese Beträge werden von der Antragstellerin weitestgehend akzeptiert bis auf die Zahlung in Höhe von 1.791,95 € an die Zürich Versicherung, den Aufwendungen für den Speedster in Höhe von 210,00 € und den Anteil der Kfz-Steuer für das Jahr 2011 in Höhe von 191,00 €. Diese Einwände sind berechtigt, so dass mangels weiteren Vortrags des Antragstellers hierzu die Zahlungen um diese Beträge zu reduzieren sind und somit nur noch insgesamt 15.560,95 € an Zahlungen zu berücksichtigen sind. Bei der Zahlung an die Zürich Versicherung soll es sich um eine Nachzahlung für die Zeit vom 05.07.2010 bis 01.01.2012 handeln, die noch vor der Trennung lag. Die Aufwendungen für den Speedster in Höhe von 210 € seien nicht näher dargelegt und in den Versicherungskosten enthalten, was zu einer Doppelberücksichtigung führen würde. Die Zahlung der Kfz-Steuer würde in Höhe eines Jahresbetrages von 191 € noch in die Ehezeit fallen.

Darüber hinaus ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die vom Antragsgegner auf die einstweilige Anordnung in den Monaten 6/12-4/13 gezahlten monatlichen 3370 €, also insgesamt 37.070 €, auf den Unterhalt angerechnet werden (vgl. S. 3 des Sitzungsprotokolls vom 12.03.2014 und S. 2 des Schriftsatzes des Antragsgegners vom 07.10.2014). Darüber hinaus besteht Anlass, diese monatlichen Zahlung auch im Monat 5/13 in voller Höhe von 3370 € in Abzug zu bringen, obwohl der Antragsgegner aufgrund einer unzutreffenden Berechnung der Rechtskraft der Scheidung (07.05.2013 statt 07.06.2013) selbst nur einen anteiligen Abzug in Höhe von 760,97 € vorgenommen hat. Der volle Abzug ist schon deshalb gerechtfertigt, weil auch die Antragstellerin mit ihrer Anschlussbeschwerde für den Monat 5/13 einen Anspruch geltend gemacht hat, der eine Zahlung aufgrund der einstweiligen Anordnung in Höhe von 3370 € berücksichtigt hat (S. 2 des Schriftsatzes vom 29.09.2014).

Der noch zu zahlende Unterhalt berechnet sich daher wie folgt: ...

8. Was den titulierten Zinsanspruch anbelangt, war zu berücksichtigen, dass Zinsen nur mit der Anschlussbeschwerde betreffend den Zeitraum 3/13-5/13 geltend gemacht wurden, nicht aber mit dem erstinstanzlichen Zahlungsantrag. Die jeweiligen Zinsen waren aus einem Betrag von verbleibenden Betrag von 2030 € (7400 € Bedarf - 2000 € bedarfsdeckende fiktive Einkünfte - 3370 € Zahlung auf eA) zu zahlen.

9. Die Kostenentscheidung folgt aus § 243 FamFG. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin bestehen keine Bedenken, eine einheitliche Kostenentscheidung für alle Instanzen zu treffen. Die Verfahrenswerte des erstinstanzlichen Verfahrens und des (ersten) Beschwerdeverfahrens sind nahezu identisch, so dass das endgültige Obsiegen und Unterliegen beide Instanzen betrifft. Das Rechtsbeschwerdeverfahren kann nicht nur auf die Frage reduziert werden, ob sich die Antragstellerin mit ihrer Rechtsansicht durchgesetzt hat. Sie hat beim Bundesgerichtshof ausdrücklich ihr Begehren bezüglich des Trennungsunterhalts weiterverfolgt, so dass sich auch die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach der schlussendlichen Obsiegensquote richten. Nichts anderes gilt für die Kosten des (zweiten) Beschwerdeverfahrens vor dem Senat. Zwar hat sich der Verfahrenswert um den zwischenzeitlich erledigten Rückzahlungsanspruch reduziert, jedoch hing auch dieser ebenso wie der Unterhaltsanspruch von der Höhe des zu zahlenden Unterhaltsanspruchs ab. ..." (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.03.2016 - 3 UF 141/14)

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Ein fortwirkender ehebedingter Nachteil kann auch darin bestehen, dass der Unterhaltsberechtigte bei Bezug von Lohnersatzleistungen (hier: befristete Erwerbsunfähigkeitsrente, die wesentlich auch auf den Verhältnissen des Arbeitsmarktes beruht) nicht wie bei einem entsprechend hohen Erwerbseinkommen zugleich auch Altersversorgungsansprüche aufbauen kann. Die Bemessung eines solchen ehebedingten Nachteils kann an einem entsprechenden Altersvorsorgeunterhalt orientiert werden (OLG Celle, Beschluss vom 12.04.2016 - 10 UF 313/15).

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Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang Detektivkosten im Kostenfestsetzungsverfahren zu einem Unterhaltsprozess erstattungsfähig sein können (OLG Hamm, Beschluss vom 09.01.2015 - 6 WF 83/14):

„... I. In der diesem Kostenverfahren zugrunde liegenden Familiensache hat der Antragsteller die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 08.12.2011 auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch genommen. Die Antragsgegnerin hat Zurückweisung des Antrags begehrt. Mit Beschluss vom 17.05.2013 hat das Amtsgericht- Familiengericht- den Antrag des Antragstellers mit der Begründung zurückgewiesen, ein etwa bestehender Unterhaltsanspruch sei gemäß § 1579 Nr. 7 BGB wegen Verstoßes gegen die ehelichen Treuepflichten seitens des Antragstellers verwirkt. Die Kosten des Verfahrens hat das Amtsgericht -Familiengericht- dem Antragsteller auferlegt. Die seitens des Antragstellers gegen den amtsgerichtlichen Beschluss vom 17.05.2013 eingelegte Beschwerde hat dieser im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem zuständigen 1. Familiensenat des Oberlandesgerichts Hamm zurückgenommen, nachdem der Senat mitgeteilt hatte, dass er ebenfalls von einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs ausgehe. Mit Beschluss vom 14.11.2013 hat der Senat die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Antragsteller auferlegt.

Die Antragsgegnerin hat sodann mit Schriftsatz vom 19.12.2013 beantragt, die ihr in erster und zweiter Instanz entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 22.610,90 EUR gemäß § 104 ZPO gegenüber dem Antragsteller festzusetzen. Bei den Kosten erster Instanz hat sie dabei neben der Verfahrens- und Terminsgebühr sowie der Auslagenpauschale nebst Mehrwertsteuer einen Betrag in Höhe von 17.687,39 EUR für von ihr verauslagte Detektivkosten erstattet verlangt. Das Amtsgericht -Familiengericht- hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.02.2014 dem Antragsteller auferlegt, lediglich einen Betrag in Höhe von 4.923,51 EUR nebst Zinsen an die Antragsgegnerin zu erstatten. Zur Begründung hat es ausgeführt, die beantragten Detektivkosten in Höhe von 17.687,39 EUR seien nicht erstattungsfähig, da sie nicht zur Entscheidungsfindung beigetragen hätten und somit nicht im Sinne des § 91 ZPO notwendig gewesen seien. Im Übrigen seien diese Kosten nicht verhältnismäßig.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 11.03.2014, der das Amtsgericht -Familiengericht- mit Beschluss vom 13.03.2014 nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II. Die gemäß §§ 113 Abs. 2 Satz 2 FamFG, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.

Zu den Verfahrenskosten rechnen nicht nur die durch Einleitung und Führung eines Rechtsstreits ausgelösten Kosten, sondern auch solche, die durch rechtmäßige Maßnahmen zur Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Verfahrens ausgelöst werden. Diese werden aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit den Prozesskosten zugerechnet und können im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden (vgl. BGH MDR 2006, 776). Demgemäß wird die Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten in der Rechtsprechung überwiegend dann bejaht, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren (§ 91 Abs. 1 ZPO), eine vernünftige Prozesspartei also berechtigte Gründe hatte, eine Detektei zu beauftragen. Hinzukommen müsse, dass die Detektivkosten sich - gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien und der Bedeutung des Streitgegenstandes - in vernünftigen Grenzen halten und prozessbezogen waren, die erstrebten Feststellungen wirklich notwendig waren sowie die Ermittlungen aus ex-ante-Sicht nicht einfacher und/oder billiger erfolgen konnten.

Im Streitfall hat die Antragsgegnerin die betreffende Detektei beauftragt, um dem Antragsteller einen Verstoß gegen die ehelichen Treuepflichten und damit einen zum Unterhaltsausschluss führenden Verwirkungstatbestand nachzuweisen. Sie hatte damit berechtigte Gründe, die Detektei zu beauftragen. Der Umstand, dass die Ermittlungsergebnisse letztendlich nicht Grundlage der Entscheidung des Gerichts geworden sind, ist dabei unerheblich. Denn die Beeinflussung des Prozessausgangs soll zwar regelmäßig ein Indiz für die Notwendigkeit, nicht jedoch Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit sein (BGH FamRZ 2013, 1387; OLG Koblenz VersR 2011, 1156; OLG Hamburg MDR 2011, 1014; OLG Düsseldorf OLGR 2009, 410; OLG Zweibrücken OLGR 2002, 131). Nach dieser Auffassung, die der Senat teilt, kann es einem Beteiligten in einem Unterhaltsverfahren unzumutbar sein, sich für die bestrittene Behauptung des Bestehens einer verfestigten Lebensgemeinschaft allein auf die Bekundungen des Unterhaltsberechtigten und seines angeblichen Lebenspartners zu verlassen, anstatt Indiztatsachen zu ermitteln, die notfalls durch neutrale Zeugen bewiesen werden können (BGH a.a.O.).

Eine Erstattung der Kosten durch den Antragsteller kommt jedoch nur insoweit in Betracht, als sie sich in vernünftigen Grenzen halten und die Ermittlungen nicht hätten einfacher oder billiger erfolgen können. Vor diesem Hintergrund ist von den geltend gemachten Detektivkosten in Höhe von insgesamt 17.687,39 EUR ein Betrag von 7.653,47 EUR erstattungsfähig.

Die Erstattung der Reisekosten, Spesen und Hotelübernachtungen des beauftragten Detektivs scheidet aus. Die Antragsgegnerin war zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gehalten, eine Detektei zu beauftragen, die im Umkreis des Antragstellers ansässig ist. Ihr Vortrag, sie habe nicht im ‚anonymen' Internet nach einer Detektei suchen wollen, verfängt nicht. Auch die tatsächlich beauftragte Detektei war ihr zuvor unbekannt.

Die Erstattung eines Grundhonorars und von zusätzlichen Ermittlungspauschalen neben der Erstattung eines Honorars auf Stundenbasis scheidet wegen Unverhältnismäßigkeit ebenfalls aus.

Auch die angefallenen Kosten aus der Rechnung vom 28.02.2012 muss der Antragsteller nicht erstatten. Nach der erfolgten Observierung am 12.02.2012, 13.02.2012 und 14.02.2012 waren weitere Observierungen am 23.02.102, 24.02.2012, 25.02.2012, 26.02.2012 und 27.02.2012 nicht erforderlich. Anhand der überreichten umfassenden Ermittlungsberichten der Detektei ist ersichtlich, dass bereits am 14.02.2012 genügend Erkenntnisse vorlagen, um dem Antragsteller einen Verstoß gegen die ehelichen Treuepflichten und damit einen zum Unterhaltsausschluss führenden Verwirkungstatbestand nachweisen zu können.

Auch eine Erstattung der Kosten für die Erstellung der Fotos und der Videos scheidet aus. Dabei kann es offen bleiben, ob diese in dem Verfahren verwertbar gewesen wären. Das ist nur dann zu bejahen, wenn der durch die Anfertigung der Fotos und Videos erfolgte Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers und seiner Partnerin unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls hinter dem Recht der Antragsgegnerin nach dem Streben einer materiell richtigen Entscheidung hätte zurücktreten müssen (vgl. BGH NJW 2013, 2668; OLG Köln NJW 2005, 2997). In dem Streitfall war jedoch die Erstellung der Fotos und Videos schon nicht erforderlich. Die Antragsgegnerin war in der Lage, dem Antragsteller einen Verstoß gegen die ehelichen Treuepflichten und damit einen zum Unterhaltsausschluss führenden Verwirkungstatbestand auch ohne Verwertung der Fotos und Videos im Verfahren, namentlich durch Vernehmung des Detektivs als Zeugen, zu beweisen.

Soweit der Antragsteller einwendet, eine allumfassende Beobachtung von seiner Person sowie seiner Lebensgefährtin sei nicht erforderlich gewesen, ist ihm entgegen zu halten, dass die Antragsgegnerin die gesamten Lebensumstände des Antragstellers aufklären musste, um ihren Verdacht betätigt zu bekommen. Dazu ist eine Observation an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen und zu unterschiedlichen Zeiträumen erforderlich. Auch eine andauernde mehrstündige Observation -bis zu 10 Stunden täglich- kann gerade noch als in diesem Zusammenhang erforderlich angesehen werden. Die letzte Observierung in dem Zeitraum vom 05.04.2012 bis zum 07.04.2012 war letztendlich erforderlich, um die bereits gewonnen Ermittlungsergebnisse auf deren Bestand und Dauerhaftigkeit zu überprüfen. Ein Ermittlungszeitraum von drei Tagen ist dabei nicht zu beanstanden.

Die Antragsgegnerin hat auch durch die Vorlage entsprechender Zahlungsbelege die Begleichung der Detektivkosten belegt. ..."

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„... 7. Ihre Unterhaltsansprüche gegenüber dem Antragsgegner sind nicht verwirkt (§ 1579 BGB).

Das Vorbringen des Antragsgegners aus dem einstweiligen Anordnungsverfahren, demzufolge die Antragstellerin im März 2011 vom Gemeinschaftskonto der Sozietät Obligationen in Höhe von 30.000,00 € gekauft habe und die späteren Verkaufserlöse bei Fälligkeit am 01.06.2012 nicht dem angesprochenen Gemeinschaftskonto zugeführt, sondern für sich vereinnahmt habe (vgl. 53 BA), ist in sich widersprüchlich und insgesamt nicht nachzuvollziehen. Mit Schriftsatz vom 13.02.2013 im einstweiligen Anordnungsverfahren, auf den sich die Beschwerdebegründung bezieht, hat der Antragsgegner vorgetragen, die Antragstellerin habe bei der …bank ein Konto mit der Nummer … unterhalten und von diesem Konto am 23.03.2011 Obligationen in Höhe von 29.935,68 € gekauft. Bei dieser Sachlage wurde der Kauf der Obligationen nicht mit Praxisgeldern, sondern aus dem Privatguthaben der Antragstellerin bewerkstelligt. Es bestand von daher keine Veranlassung, die damit erzielten Erträge auf ein anderes Konto zu leiten.

Soweit der Antragsgegner der Antragstellerin im Termin am 11.09.2013 vorgehalten hat, sie habe einen Betrag von ca. 30.000,00 € für den Kauf eines Grundstücks verwendet (vgl. 66 BA), ergeben sich hieraus keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte für einen Verwirkungstatbestand i. S. d. § 1579 BGB.

Das Vorbringen des Antragsgegners aus seinem Schriftsatz vom 13.02.2013, wonach sie als einzig Verantwortliche Bareinnahmen aus der Zeit von Oktober 2009 bis März 2012 in Höhe von 97.371,28 € entgegengenommen und nur im Umfang von 58.956,56 € auf das Konto bei der R…bank eingezahlt habe, ist entgegen der Ansicht des Antragsgegners bestritten (vgl. Schriftsatz der Antragstellerin vom 14.02.2013 im einstweiligen Anordnungsverfahren, 92 BA) ebenso wie die Behauptung, die Antragsgegnerin habe sich zwischen dem 06.10.2008 und dem 22.04.2009 insgesamt 24.000,00 € vom Praxiskonto auf ihr vorgenanntes Privatkonto überwiesen. Der Antragsgegner ist hierfür beweisfällig geblieben. Die von ihm vorgelegten Rechnungsabschlüsse zum 30.03. und 30.12.2009 betreffen zum einen das Unterkonto 0203357937 und lassen überdies die behaupteten Überweisungen nicht erkennen (188, 189 BA).

Soweit der Antragsgegner geltend macht, die Antragstellerin habe unter Verwendung der Praxistankkarte zwischen dem 01.10.2009 und dem 31.03.2012 Benzinrechnungen für insgesamt 2.473,81 € beglichen, rechtfertigt auch dieses Vorbringen nicht die Annahme einer Verwirkung, etwa nach § 1579 Nr. 5 BGB. Die in dieser Bestimmung angesprochenen Vermögensinteressen werden nur gegen solche Verletzungen geschützt, die ein erhebliches Gewicht haben. Sie sind dann schwerwiegend, wenn die wirtschaftliche Lage des Unterhaltspflichtigen nachhaltig beeinträchtigt und dadurch seine Leistungsfähigkeit erheblich vermindert wird (vgl. Hollinger in: juris PK-BGB, 7. Aufl., 2014, § 1579 BGB, Rn. 127 m.w.N.). Die unterlassene Rücksichtnahme auf die Vermögensinteressen des Verpflichteten muss schwerwiegend sein und mindestens zu einer Gefährdung mit einem besonderen Gewicht geführt haben. Das ist nur dann der Fall, wenn, anders als hier, die wirtschaftliche Grundlage des Verpflichteten nicht nur messbar, sondern nicht unerheblich nachhaltig beeinträchtigt wird, und sie seine Leistungsunfähigkeit erheblich erschweren oder unmöglich machen kann (vgl. Maurer in: MüKo, BGB, 6. Aufl., § 179, Rn. 35 m.w.N.). Dass die Bezahlung der Benzinkosten durch die Antragstellerin die wirtschaftliche Lage des Antragsgegners nachteilig beeinträchtigt und dadurch seine Leistungsfähigkeit erheblich hätte mindern können, hat der Antragsgegner nicht geltend gemacht und liegt angesichts seiner Einkommensverhältnisse fern.

Mangels erheblicher Auswirkungen auf den Antragsgegner, dem überdies allgemeinrechtliche Korrekturmöglichkeiten offenstehen, wertet der Senat die Verwendung der Tankkarte durch die Antragstellerin auch nicht als schweres Vergehen i. S. d. § 1579 Nr. 3 BGB (vgl. hierzu etwa Maurer in: MüKo, BGB, 6. Aufl., § 1579, Rn. 21 m.w.N.).

Soweit der Antragsgegner seinen Verwirkungseinwand zuletzt auf fragmentarisch wiedergegebenes Vorbringen der Antragstellerin in einem Schriftsatz vom 28.02.2014 im Zugewinnausgleichsverfahren zu stützen versucht, vermag auch dies den Verwirkungseinwand nicht zu begründen. Zum einen würde die damit behauptete Straftat die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Ansprüche unberührt lassen, da Verwirkungsgründe, von Ausnahmefällen abgesehen, nur für die Zukunft wirken (vgl. Meier in Erman, BGB-Kommentar, 14. Aufl., § 1579, Rn. 17 m.w.N.), sodass bis Dezember 2013 zugesprochene Unterhaltsansprüche schon deshalb durch das Geschehen vom 28.02.2014 nicht rückwirkend in Wegfall geraten.

Davon abgesehen stellt das Vorbringen der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 28.02.2014 im Zugewinnausgleichsverfahren keine Täuschung dar. Die wiedergegebene Passage beschränkt sich auf die Herleitung des Rückkaufswertes der dort verfahrensgegenständlichen Lebensversicherung und auf die nicht näher begründete Rechtsansicht, dieser sei bewertungsrechtlich zugrunde zu legen. Eine explizite oder prozessual belastbare Aussage darüber, ob der Versicherungsvertrag tatsächlich vorzeitig zurückgekauft oder aber fortgeführt wurde, ist damit nicht verbunden. Mangels Tatsachenvortrages hierzu waren die Ausführungen der Antragstellerin auf der Grundlage der herrschenden Meinung zu § 1376 Abs. 2 BGB vielmehr unschlüssig. Insoweit war nicht einmal der Verstoß der Antragstellerin gegen ihre Vollständigkeitspflicht (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 138 Abs. 1 ZPO) schwerwiegend i. S. v. § 1579 Nr. 5 BGB. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.11.2014 - 13 UF 237/13)

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Leben die Ehegatten mehr als zehn Jahre getrennt, ist der Trennungsunterhalt gemäß § 1579 Nr. 8 BGB zu versagen, weil angesichts der langen Dauer der Trennung der Gesichtspunkt der ehelichen Solidarität nicht mehr eingreift (OLG Bamberg, Beschluss vom 13.05.2014 - 7 UF 361/13).

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Ansprüche aus Nutzungsentschädigung nach rechtskräftiger Scheidung, die der Antragsteller mit seinem Antrag geltend macht, folgen mangels einer Anspruchsgrundlage in § 1568a BGB aus § 745 Abs. 2 BGB und haben den Charakter einer Familienstreitsache in Gestalt der sonstigen Familiensachen i.S.d. §§ 112 Nr. 3, 266 FamFG, für welche die Familiengerichte sachlich zuständig sind, die sich aber nach den besonderen Verfahrens- und Rechtsmittelvorschriften gem. den §§ 113 ff., 117 FamFG i.V.m. den anwendbaren Vorschriften der ZPO richten (vergleiche OLG Frankfurt, Beschluss vom 1. November 2010, 5 UF 300/10). Für die Beteiligung an den Hauskosten gem. § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB gilt Entsprechendes. Langjährig wiederholt erhobene Missbrauchsvorwürfe, die ein jeder für sich objektiv geeignet sind, den Unterhaltspflichtigen in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und sein Leben gravierend zu beeinträchtigen bis hin zur Zerstörung seiner familiären, sozialen und wirtschaftlichen Existenz, können die vollständige Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Nr. 3 BGB nach sich ziehen (OLG Hamm, Beschluss vom 03.12.2013 - 2 UF 105/13).

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Unberechtigte Strafanzeigen des Unterhaltsberechtigten gegen den Unterhaltsverpflichteten können unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls zu einer Verwirkung von Trennungsunterhaltsansprüchen führen. Bei der Billigkeitsabwägung sind Art und Umfang der erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe, die Begleitumstände und die Motivation des Anzeigenerstatters zu berücksichtigen. Vorwürfe des Unterhaltsberechtigten gegenüber dem Unterhaltsverpflichteten, er habe die gemeinsamen Kinder sexuell missbraucht, wiegen dabei besonders schwer (Anschluss an OLG Celle FamRZ 2008, 1627; OLG Frankfurt FuR 2005, 460). Der Unterhaltsberechtigte kann sich bei Strafanzeigen gegen den Unterhaltsverpflichteten wegen sexuellen Missbrauchs der gemeinsamen Kinder nicht auf Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen, wenn diese Anzeigen leichtfertig und ohne gravierende Anhaltspunkte erfolgen (Anschluss an OLG Frankfurt FuR 2005, 460). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die schon älteren gemeinsamen Kinder selbst einen solchen Missbrauch durchgehend in Abrede stellen und auch ansonsten keine durchgreifenden Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten des Unterhaltsverpflichteten bestehen. Gegen die Wahrnehmung von berechtigten Interessen des Unterhaltsberechtigten spricht es weiter, wenn die Vorwürfe anlässlich eines zwischen den Kindeseltern laufenden Sorgerechtsverfahrens erhoben werden und auch die übrigen objektiven Umstände es vermuten lassen, dass es dem Unterhaltsberechtigten zum Teil um die Verbesserung der eigenen Rechtsposition im laufenden Sorgerechtsverfahren ging (Anschluss an OLG Celle FamRZ 2008, 1627). Vor einer Selbstanzeige eines Ehegatten beim Finanzamt hat dieser im Regelfall den anderen Ehegatten vorab zu informieren, um ihm die Möglichkeit zu eröffnen, sich der Selbstanzeige anzuschließen (OLG Schleswig, Urteil vom 21.12.2012 - 10 UF 81/12).

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„... Dieser Anspruch der Klägerin ist nicht gemäß den §§ 1579, 1361 Abs. 3 BGB verwirkt.

Anknüpfungspunkt kann hier zunächst gemäß § 1579 Nr. 2 BGB eine verfestigte Lebensgemeinschaft sein. Insofern ist der Klägerin darin Recht zu geben, dass dies in der Regel nach einem Zusammenleben von acht Monaten noch nicht der Fall ist, auch nicht etwa ein Jahr später. Andererseits kann dieses Zeitelement dann unterschritten werden, wenn ein weiterer Umstand hinzutritt, der für die Verfestigung auch einer noch recht jungen Lebensgemeinschaft spricht. Dies ist hier vor allem die Zeugung und Geburt eines gemeinsamen Kindes.

Auch der Senat vertritt daher die Auffassung, dass das Verhalten der Klägerin es zulässt, auch schon zu Beginn des Jahres 2009 an eine verfestigte Lebensgemeinschaft zu denken.

Als weiterer Anknüpfungspunkt käme § 1579 Nr. 8 BGB in Betracht. Hierzu behauptet der Beklagte, die Klägerin sei aus einer intakten Ehe ausgebrochen, während die Klägerin darlegt, sie habe eigentlich schon vor dem Afghanistan-Einsatz des Beklagten in der Ehe keine Chance mehr gesehen.

Insofern tragen die Parteien streitig vor, den Beklagten trifft für den Ausnahmetatbestand der Verwirkung die Beweislast. Er legt zwar drei E-mails der Klägerin vom 3. Dezember 2007, 13. Januar 2008 und 17. Januar 2008 vor, aus denen der unbefangene Leser entnehmen muss, dass die Klägerin nach wie vor an der Fortsetzung der Beziehung mit dem Beklagten interessiert ist. Unabhängig von der Frage, ob die Vorlage dieser E-mails, die privatesten Inhalts sind und nur für den Beklagten bestimmt waren, ohne Verletzung des auch für E-mails geltenden Briefgeheimnisses dem Senat hätten vorgelegt werden dürfen und ob nicht aus diesem Grund die Verwendung als Beweismittel unzulässig wäre, geben sie jedenfalls von ihrem Inhalt wenig dafür her, dass die Ehe noch intakt gewesen wäre. Denn die Klägerin wusste, dass der Beklagte nicht vor Ende Februar aus Afghanistan zurückkehren würde, und sie hat plausibel geschildert, warum sie erst nach Rückkehr des Beklagten ihre Scheidungsabsicht eröffnet hat. Auch ist der Vortrag der Klägerin nicht widerlegt, wonach sie die Beziehung zu Herrn A, den sie schon von früher kannte, erst aufgenommen hat, als sie dem Beklagten die Scheidungsabsicht bekannt gegeben hat. Außerdem spricht alles dafür, dass es in diesem Endstadium der Ehe noch ein letztes Zeichen der ehelichen Solidarität war, den Beklagten, der in Afghanistan in gefährlichen Situationen stand, nicht unnötig zu belasten und dadurch unter Umständen noch in zusätzliche Gefahr zu bringen.

Selbst wenn anzunehmen wäre, dass die Klägerin schon Anfang 2009 eine feste Lebensgemeinschaft mit A begründet hätte, wäre die Anspruchnahme des Beklagten jedenfalls für das Jahr 2009 und in Höhe von nicht mehr als 385 € monatlich nicht grob unbillig, weil der Klägerin jedenfalls in diesem Zeitraum unter Berücksichtigung der Interessen der Kinder für ihre eigenen Bedürfnisse noch ein wenn auch geringer Betrag zur Verfügung stehen musste. Von dem Kindesunterhalt von 501 € zuzüglich 328 € Kindergeld hätte die Restfamilie nicht leben können, auch nicht unter ausnahmsweise Zurechnung des Elterngeldes.

Der Senat setzt sich hiermit nicht in Widerspruch zur Begründung im Revisionsurteil (Rn.32.2), denn der Senat hielt es von Anfang an für richtig, schon vor Ablauf von zwei Jahren an eine verfestigte Lebensgemeinschaft zu denken, wie sich bereits aus dem Urteil vom 5. Mai 2010 ergibt. Allerdings wäre es unbillig, der Klägerin auch noch den geringen auszuurteilenden Betrag von 385 € monatlich zu nehmen, weil sie immerhin die beiden Kinder des Beklagten zu betreuen hatte, von denen das jüngere im Januar 2009 gerade vier Jahre alt war und kurz vor Scheidung fünf geworden war. Auf die Betreuung Kind3 kommt es nicht an. ..." (OLG Frankfurt, Urteil vom 07.12.2012 - 2 UF 223/09)

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Allein das "einseitige Ausbrechen aus intakter Ehe" rechtfertigt nicht die Annahme einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Nr. 7 BGB. Eine "verfestigte Lebensgemeinschaft" im Sinne von § 1579 Nr. 2 BGB kann bei Vorliegen besonderer Umstände auch schon nach Ablauf des ersten Trennungsjahres angenommen werden (OLG Oldenburg, Beschluss vom 19.03.2012 - 13 UF 155/11):

„... I. Die Beteiligten sind seit Ende September 2010 getrennt lebende Ehegatten. Die Antragstellerin ist seinerzeit zu ihrem neuen Lebensgefährten Herrn B… gezogen, bei dem sie seitdem lebt und dem sie den Haushalt führt. Die Antragstellerin macht Trennungsunterhalt ab Dezember 2010 geltend. Die Beteiligten haben am 15.6.2000 geheiratet. Für beide ist es die zweite Ehe. Gemeinsame Kinder sind aus ihr nicht hervorgegangen. Die Beteiligten streiten insbesondere darum, ob der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin durch Ausbruch aus einer intakten Ehe verwirkt ist.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt, ihr für den Monat Dezember 2010 1.130,54 € und - nach Steuerklassenänderung - ab Januar 2011 monatlichen Unterhalt von 940 € zuzuerkennen. Der Antragsgegner hat Abweisung des Antrags beantragt.

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, für die Zeit von Dezember 2010 bis September 2011 (bis zum Ende des ersten Trennungsjahrs) 4.100 €, d.h. monatlich 410 € zu zahlen. Dabei hat es den Unterhalt wegen Verwirkung auf diesen Betrag herabgesetzt. Für die Zeit danach sei der Unterhalt gänzlich verwirkt. Das Amtsgericht hat die Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Bei dem Antragsgegner sei ein Einkommen von 2.972,16 € zugrunde zu legen, die Antragstellerin müsse sich ein fiktives Betreuungsentgelt von 425 € anrechnen lassen. Der Quotenunterhaltsanspruch betrage daher rund 1.090 € (3/7 x [2.972 € - 425 €]). Dieser Anspruch sei gemäß §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 7 BGB teilweise verwirkt: Dass die Ehefrau eine intime Lebensgemeinschaft mit Herrn B…begründet habe, stelle ein schwerwiegendes Fehlverhalten dar. Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin könne die Ehe bis zur Trennung nicht als gescheitert angesehen werden, auch wenn man die streitigen Umstände als gegeben unterstellte, nämlich ihre Vorwürfe, der Ehemann habe sie unter Alkoholeinfluss öfter als „Miststück" bezeichnet, er habe in Streitgesprächen geäußert, sie solle ausziehen, wenn sie es bei einem anderen besser habe, er habe eine Freundin der Antragstellerin bei Festen als seine Ehefrau vorgestellt, er habe sich Gesprächen mit der Erklärung entzogen, wichtige Fernsehsendungen sehen zu müssen, er habe sie nach der Rückkehr aus der Reha (August 2010) gefragt, wie viele Männer sie gehabt und wie viel Geld sie ausgegeben habe. Ein Ausbruch aus einer intakten Ehe erfordere nicht, dass diese vollintakt und spannungsfrei sei; allein aus dem Umstand, dass es Spannungen und Streit gab, könne nicht geschlossen werden, dass die Ehe schon gescheitert gewesen sei. Gegen eine bereits gescheiterte Ehe sprächen die von der Antragstellerin geschilderten Umstände, dass sich der Antragsgegner bei ihr entschuldigte und sie zum Essen einlud, wenn er sie beleidigt hatte, dass die Eheleute noch im Sommer mehrfach Geschlechtsverkehr hatten und gemeinsam an der Maifeier, einem Schützenfest und zwei Geburtstagen von Kindern teilnahmen. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners sei der Unterhalt aber nicht von Anfang an vollständig zu versagen. Der Antragsgegner habe ein sehr gutes Einkommen und wohne in einer eigenen Immobilie. Die Antragstellerin habe kein eigenes Einkommen und ihr müsse nach zehn Jahren Ehe die Möglichkeit gegeben werden, sich auf die neue Situation einzustellen. Sie könne daher im ersten Trennungsjahr einen Mindestbedarf von 770 € entsprechend dem Selbstbehalt für Nichterwerbstätige geltend machen, wovon der Anteil für den Wohnbedarf von 360 € jedoch abzuziehen sei, da dieser vom neuen Lebensgefährten gedeckt werde.

Mit der Beschwerde übernimmt die Antragstellerin - zum Teil antragserhöhend - die Unterhaltsberechnung des Amtsgerichts, indem sie nun laufenden Unterhalt von 1.090 € statt bisher 940 € verlangt und wendet sich im Übrigen gegen die Bewertung des Amtsgerichts, dass die Ehe noch nicht gescheitert gewesen sei, als sie zu Herrn B… zog. Das Amtsgericht habe den Umständen, dass noch ehelicher Geschlechtsverkehr stattgefunden habe und man Feste gemeinsam gefeiert habe, entnommen, dass noch enge Bindungen vorhanden gewesen seien. Das sei nicht richtig gewesen, man sei nur noch „gesellschaftlichen Verpflichtungen" nachgegangen, der Geschlechtsverkehr sei von ihrer Seite aus ohne Gefühle vollzogen worden. Weiter trägt die Antragstellerin - insoweit neu - vor: Anlässlich der Heirat ihres Sohnes im Jahr 2006 sei es zu einem Eklat gekommen, weil der Antragsgegner behauptet habe, der Vater der Antragstellerin bringe sie durch sein Verhalten noch ins Grab. Ihr Vater und ihre Kinder aus erster Ehe hätten daraufhin jeden Kontakt zu ihr abgebrochen. Der Antragsgegner habe sich 2007 und 2008 einer anderen Frau gewidmet, die er auf einer Kegeltour kennengelernt habe. Er habe diese Frau zum Altweiberball in Gronau anreisen lassen.

Mit seiner Anschlussbeschwerde verfolgt der Antragsgegner das Ziel, überhaupt keinen Unterhalt zahlen zu müssen. Das Amtsgericht habe richtig entschieden, dass der Anspruch verwirkt sei; das habe jedoch von Anfang an zu gelten.

Die Beteiligten sind vom Senat persönlich angehört worden. Der Antragsgegner hat angegeben, von der Trennungsabsicht der Antragstellerin überrascht worden zu sein. Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass der Antragsgegner bei der Trennung geäußert habe, er gebe ihr eine Woche, um sich darüber klar zu werden, ob sie sich endgültig trennen wolle. Sie habe Herrn B… zunächst nur bei den einmal jährlich stattfindenden Treffen ihres Kegelclubs mit dem Kegelclub ihres Lebensgefährten getroffen. Ab Dezember 2009 habe man öfter miteinander telefoniert. Nach ihrem Krankenhausaufenthalt und im Rahmen der Reha-Kur habe man intensiveren, wenn auch nicht intimen Kontakt gehabt.

II. Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff., 117 FamFG zulässig. Soweit die Antragstellerin im ersten Trennungsjahr Ehegattenunterhalt in der aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Höhe geltend macht, ist sie begründet. Für den Zeitraum danach ist der Trennungsunterhalt unter dem Gesichtspunkt verwirkt, dass die Antragstellerin mit ihrem neuen Lebensgefährten in einer gefestigten Lebensgemeinschaft lebt.

1.) Eine Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt gemäß § 1361 Abs. 3 i.V.m. § 1579 Nr. 7 BGB ist im ersten Trennungsjahr noch nicht eingetreten.

Ein Verwirkungstatbestand liegt nach § 1579 Nr. 7 BGB vor, wenn dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegenüber dem Verpflichteten zur Last fällt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der das Amtsgericht gefolgt ist, kann ein solches Fehlverhalten vorliegen, wenn sich ein Ehegatte einseitig von der Ehe löst und sich einem anderen Partner zugewendet (vgl. BGH NJW 1980, 1686; NJW 1984, 2358). Zwar soll die Trennung als solche keine unterhaltsrechtlichen Sanktionen zur Folge haben, da andernfalls ein mittelbarerer Zwang zur Aufrechterhaltung der Ehe ausgeübt würde. Der Grund für die Versagung von Unterhalt ist nach der Rechtsprechung des BGH in der Widersprüchlichkeit des Verhaltens eines Unterhaltsberechtigten zu sehen, der sich zum einen aus den ehelichen Bindungen löst, zum anderen die ehelichen Solidarität durch ein Unterhaltsbegehren einfordert (BGH NJW 2008, 2779 ff., Tz. 26). Das Prinzip der Gegenseitigkeit werde verletzt, wenn der Berechtigte sich einem anderen Partner zuwendet und diesem die dem Ehegatten geschuldete Fürsorge zuteil werden lässt. Eine in dieser Weise erfolgte Abkehr von der Ehe führe dazu, dass die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten grob unbillig erscheine. Wesentlich sei dabei, ob das Verhalten des Berechtigten für das Scheitern der Ehe ursächlich sei (BGH, a.a.O. Tz. 26). Für die Frage, ob das Verhalten ursächlich ist, kommt es nach dieser Ansicht darauf an, ob die Ehe noch „intakt" war oder ob die Ehe bereits aus anderen Gründen gescheitert war. Nach der Rechtsprechung des BGH reicht es für die Replik des Ehepartners, die Abkehr aus der Ehe sei nur die Reaktion auf entsprechendes Verhalten des anderen Ehegatten gewesen, nicht aus, dass lediglich allgemein eine Mitverursachung aufgezeigt wird. Erforderlich sei vielmehr ein konkretes Fehlverhalten von einigem Gewicht, das dem anderen Ehegatten vorzuhalten ist und das dem Unterhalt begehrenden Ehegatten ein Festhalten an der Ehe erheblich erschwert hat und sein eigenes Fehlverhalten in einem milderen Licht erscheinen lässt (vgl. BGH NJW 1982, 1461 unter 5b; NJW 1986, 722 unter 3b; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 11. Aufl., Rn. 1145). Die Antragstellerin hat in der Beschwerdeinstanz weiteres Verhalten des Antragsgegners behauptet, bei deren Vorliegen sich ihr eigenes Verhalten anders darstellen würde. Träfe insbesondere ihre - streitige - Behauptung zu, der Antragsgegner habe seinerseits Beziehungen zu einer Frau unterhalten, die er bei einer Kegeltour kennengelernt und zum Altweiberball „anreisen" ließ, könnte von einem einseitigen, für das Scheitern der Ehe ursächlichen Fehlverhalten der Antragstellerin wohl nicht mehr ausgegangen werden.

Der Senat hat von einer Beweisaufnahme über die vorgebrachten Gegenvorwürfe gegen den Antragsgegner gleichwohl abgesehen, da es nicht darauf ankommt, ob und inwieweit er sich bereits von der Ehe abgewendet hatte, als sich die Antragstellerin ihrem neuen Partner zuwandte. Nach Auffassung des Senats führt allein der Umstand der Zuwendung zu einem anderen Partner noch nicht zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass sich ein Ehepartner nicht „einfach so" aus der einstmals mit allen Erwartungen auf Dauer eingegangenen ehelichen Beziehung loslöst und sich einem anderen Partner zuwendet, sondern dass dem eine „Erosion der ehelichen Beziehungen" vorausgegangen ist (vgl. dazu OLG Frankfurt, NJW-RR 1994, 456). Nach dem Vorbringen beider Beteiligter kannte die Antragstellerin ihren jetzigen Lebensgefährten schon einige Jahre vor der Trennung und hatte Kontakt zu diesem - nach Angaben des Antragsgegners sogar intimen Kontakt. Die Beziehung der Antragstellerin zu ihrem späteren Lebensgefährten hat sich in der letzten Zeit vor der Trennung allmählich entwickelt. Gleichwohl hielt die Antragstellerin bis zum Oktober 2010 an der Ehe mit dem Antragsgegner fest. Die Ehe befand sich daher aus objektiver Sicht schon über einen längeren Zeitraum in einer Krise, wobei unentschieden war, ob die Krise überwunden und die Antragstellerin auch weiterhin bei dem Antragsgegner bleiben würde oder ob die Krise zu einer Trennung und Zuwendung der Antragstellerin zu dem neuen Partner führen würde. Begreift man die Trennung als dynamischen Prozess, der bereits vor der räumlichen Trennung begonnen hat und der mit der räumlichen Trennung nicht abgeschlossen ist, ist es nicht gerechtfertigt, den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin bereits mit dem Tag ihres Auszugs als verwirkt anzusehen. Die Frage, ob die Antragstellerin die Trennung von ihrem Ehemann durchhalten oder ob sie den Auszug aus der Ehewohnung nach Kurzem als Fehler erkennen und zu ihrem Ehemann zurückkehren würde, kann im Zeitpunkt des Auszugs der Antragstellerin noch nicht als beantwortet angesehen werden. Der Senat vertritt daher die Auffassung, dass eine unterhaltsverwirkende „Abkehr" aus der Ehe allenfalls und erst dann angenommen werden kann, wenn die neue Beziehung einen gewissen Grad der Verfestigung erreicht hat. Diese enge Auslegung erscheint auch unter dem Gesichtspunkt des Ausnahmecharakters des § 1579 BGB als geboten. Allein die Zuwendung zu einem neuen Partner rechtfertigt deshalb nach Auffassung des Senats noch nicht die Annahme eines „offensichtlich schwerwiegenden", eindeutig beim Unterhaltsberechtigten liegendes Fehlverhalten gegenüber dem Unterhaltspflichtigen i.S.d. § 1579 Nr. 7 BGB.

b) Mit Ablauf des Monats September 2011 ist der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin jedoch nach § 1361 Abs. 3 i.V.m. § 1579 Nr. 2 BGB verwirkt, da sich die Beziehung der Antragstellerin zu Herrn B… mit Ablauf des ersten Trennungsjahres bereits verfestigt hat. Nach herrschender Rechtsprechung - auch des Senats - kann in zeitlicher Hinsicht regelmäßig zwar nicht vor Ablauf von zwei Jahren davon ausgegangen werden, dass sich eine Lebensgemeinschaft in diesem Sinn „verfestigt" hat. Im vorliegenden Fall kommen aber weitere Umstände hinzu, die die Annahme einer „verfestigten Lebensgemeinschaft" auch schon vor Ablauf von 2 Jahren als gerechtfertigt erscheinen lassen. Die Antragstellerin hatte ihren Lebensgefährten nach eigenen Angaben bereits seit Jahren regelmäßig bei gemeinsamen Kegelurlauben getroffen. Ab Ende 2009 und besonders nach ihrer Operation und Reha-Kur im Jahr 2010 hat sich die Beziehung durch telefonische Kontakte kontinuierlich vertieft. Auch wenn es zu diesem Zeitpunkt - wie die Antragstellerin behauptet - noch keine intimen Kontakte gegeben haben sollte, waren sich beide doch bereits derart vertraut geworden, dass die Antragstellerin direkt nach der Trennung im September 2011 zu ihrem Lebensfährten gezogen ist, wo sie bis heute mit diesem gemeinsam lebt und ihm den Haushalt führt. Damit unterscheidet sich der Verlauf dieser Beziehung zum Beispiel ganz wesentlich von einer Beziehung, die sich erst nach der Trennung allmählich entwickelt, später zur Gründung eines gemeinsamen Haushalts und schließlich nach Ablauf von 2-3 Jahren zur Annahme einer „verfestigten Lebensgemeinschaft" führt. Vor dem Hintergrund der oben beschrieben Umstände hat sich die Beziehung der Antragstellerin zu ihrem Lebensgefährten nach Auffassung des Senats bereits nach Ablauf eines Jahres so „verfestigt", dass weitere Unterhaltsleistungen für den Antragsgegner nicht mehr zumutbar erscheinen.

c) Der Höhe nach steht der Antragstellerin ein Quotenunterhaltsanspruch für den Monat Dezember 2010 in Höhe des begehrten Betrags von 1.090 € und von Januar bis einschließlich September 2011 in Höhe von monatlich 1.025 € zu.

Dabei hat der Senat bei der Berechnung des unterhaltspflichtigen Einkommens des Antragsgegners die aus der Verdienstbescheinigung für den Monat Dezember 2010 ersichtlichen Jahreswerte für 2010 und 2011 zugrunde gelegt. Bei einem Jahresbruttoeinkommen von 65.995 € hatte der Antragsteller 58.356 € zu versteuern. Unter Berücksichtigung des Steuerklassenwechsels von Klasse III auf I hatte der Antragsgegner die in der nachstehenden Übersicht aufgeführten gesetzlichen Steuern und Abgaben zu entrichten. Darüber hinaus sind die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen von 296 € bzw. 36,57 €, deren Höhe sich ebenfalls aus der genannten Verdienstbescheinigung ergibt, zu berücksichtigen. Abziehbar ist des Weiteren die Werbungskostenpauschale bis zu dem Höchstbetrag von 150 €. Darüber hinaus ist während des ersten Trennungsjahres ein angemessener Wohnvorteil anzurechnen, wobei der Senat der Einschätzung des Amtsgerichts folgt und diesen in Höhe von monatlich 400 € bemisst. Abzuziehen sind die Zinsen für die Finanzierung des vom Antragsgegner bewohnten Hauses. Da dieser Alleineigentümer ist und ein Zugewinn ausgeschlossen ist, hat das Amtsgericht zutreffend nur die Zinsen berücksichtigt. Nach den mit Schriftsatz vom 09.08.2011 vorgelegten Bescheinigungen der A….-AG zahlt der Antragsgegner für das Darlehn mit der Nummer… vierteljährlich 907 € Zinsen und für das Darlehn Nummer … vierteljährlich 368 € Zinsen. Bei dem dritten Darlehn mit der Nummer … sind wechselnde Zinsen zu zahlen. Entsprechend dem mitgeteilten Zeitraum kann ein Schnitt von rund 350 € je Quartal zugrunde gelegt werden. Insgesamt betrug der monatliche Zinsabtrag rund 542 € (so auch die Berechnung der Antragstellerin im Schriftsatz vom 16.08.2001). Entsprechend dem amtsgerichtlichen Beschluss sind des Weiteren Kosten für Malerarbeiten anteilig auf 12 Monate verteilt abgezogen worden.

Insgesamt lässt sich damit das Einkommen des Unterhaltspflichtigen wie folgt darstellen: ...

Die Antragstellerin muss sich ein fiktives Betreuungsentgelt in Höhe von 425 € anrechnen lassen. Weitere Einkünfte hat sie nicht bezogen. Während des ersten Trennungsjahres bestand für sie noch keine Erwerbsobliegenheit. Auf die - streitige - Frage ihrer Erwerbsfähigkeit kommt es daher nicht an.

Demgemäß ist der geltend gemachte Quotenunterhaltsanspruch für Dezember 2010 in Höhe von 1.090 € begründet. Ab Januar 2011 beträgt der Anspruch 1.025 € ([2.476,74 € Einkommen Antragsgegner - 425 € Einkommen Antragstellerin] ./. 2). ..."

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„... Die Voraussetzungen eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs könnten sich allenfalls aus § 1572 BGB ergeben. Unabhängig von der Frage, ob die Antragsgegnerin tatsächlich krankheitsbedingt arbeitsunfähig und deshalb bedürftig ist, steht einem nachehelichen Unterhalt das Verhalten der Antragsgegnerin entgegen, das nach der im Verfahrenskostenhilfeverfahren vorgesehenen summarischen Prüfung unter § 1579 Nr. 4 oder Nr. 8 BGB fällt und deshalb einen möglichen Unterhaltsanspruch entfallen lässt.

Wie aus der von der Antragsgegnerin vorgelegten Bestätigung der behandelnden Dipl. Psychologin v. 18.11.2011 hervorgeht und worauf das Familiengericht ebenfalls schon hingewiesen hat, beruht der attestierte Zustand der Antragsgegnerin aus einer ca. dreimonatigen Partnerschaft mit einem "offensichtlich sadistisch veranlagten Partner", der ihr gegenüber auch in verschiedener Form gewalttätig geworden sein soll.

Aufgrund der Dauer der Beziehung ist davon auszugehen, dass diese Beziehung seitens der Antragsgegnerin bewusst und gewollt eingegangen wurde. Warum sie, nachdem diese Beziehung sie offensichtlich erheblich belastet und auch traumatisiert hat, sich nicht von diesem Partner umgehend getrennt und damit weitergehende psychische Belastungen vermieden hat, ist nicht erkennbar. Tatsächlich befand sich die Antragsgegnerin offensichtlich von ca. Mai 2011 bis zumindest Juli 2011 in dieser - nach ihrer Schilderung - von Gewalt geprägten Beziehung und hat erst Ende Oktober 2011 fachkundige Hilfe in Anspruch genommen. Gründe, warum es nicht sofort nach den ersten Auffälligkeiten zu einer Trennung von diesem Partner gekommen ist, hat die Antragsgegnerin, auch nachdem das Amtsgericht auf diesen Punkt hingewiesen hat, nicht vorgetragen. Auch im Übrigen ist der Ablauf dieser Beziehung im einzelnen ungeklärt geblieben.

Aufgrund des Vortrags der Antragsgegnerin sowie der von ihr vorgelegten Unterlagen ist deshalb davon auszugehen, dass sie ihre aktuelle - behauptete - Erkrankung durch eigenes Verhalten mitverursacht hat. Dieses Verhalten ist in Bezug auf ihre Erwerbsfähigkeit zumindest als leichtfertig anzusehen, was zur Feststellung der Mutwilligkeit iSd. des § 1579 BGB ausreicht (Palandt/Brudermüller, 71. Aufl., § 1579 Rz. 21). Die Antragsgegnerin, die sich bereits in den Vorverfahren 407 F 380/10 und 381/10 auf psychische Probleme, unter denen sie seit langem leide, berufen und sich deshalb als erwerbsunfähig bezeichnet hat (vgl. Protokoll des Termins 16.11.2010), hätte sich entweder entsprechend den Hinweisen des Familienrichters im damaligen Termin bereits im Jahr 2010 in fachkundige Hilfe begeben müssen, oder hätte zumindest eine solche belastende und mit Gewalt verbundene Beziehung von vornherein vermeiden oder sofort abbrechen müssen. Wenn sie gleichwohl diese Partnerschaft im Wissen um ihre eingeschränkte psychische Belastbarkeit eingeht und mehrere Monate fortführt, handelt sie in Hinblick auf ihre psychische Gesundheit und einer davon abhängigen Erwerbsfähigkeit unvernünftig und leichtfertig.

Schließlich wäre ein Unterhaltsanspruch, wenn man die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 4 BGB nicht annehmen würde, wegen § 1579 Nr. 8 BGB zu versagen. Denn das Verhalten der Antragsgegnerin beinhaltet jedenfalls einen ‚anderen Grund', den nachehelichen Unterhalt abzulehnen. Hierzu wird auf die Überlegungen des Amtsgerichts hingewiesen, wonach es nach der hier gebotenen summarischen Prüfung mit Blick auf die gesamten Umstände einschließlich der Ehezeit und der Zeiten der Zahlung des Trennungsunterhalts für den Antragsteller objektiv unzumutbar wäre, nachehelichen Unterhalt zu zahlen.

Die Ausführungen der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren vermögen dieses Ergebnis nicht zu ändern. Sie befassen sich im wesentlichen mit den Verhältnissen während der Ehe. Diese sind hier für die Frage der Unzumutbarkeit eines nachehelichen Unterhalts aus den dargelegten Gründen nicht relevant. ..." (OLG Köln, Beschluss vom 06.02.2012 - 4 WF 214/11)

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Die Berechtigung zur Forderung rückständigen Unterhalts auf Grund eines Auskunftsverlangens nach § 1613 Abs. 1 BGB (sog. Verzugswirkung) tritt unabhängig davon ein, ob im Zeitpunkt des Auskunftsverlangens ein Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB bestand oder nicht. Der Einwand der Verwirkung nach § 1579 BGB führt grundsätzlich nicht zur Versagung der Verfahrenskostenhilfe für den Unterhaltsberechtigten, weil die Feststellung der Rechtsfolgen der Verwirkung eine umfassende Billigkeitsabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der Interessen eventuell vorhandener minderjähriger Kinder voraussetzt, die in der Regel schon im summarischen Verfahren vorgenommen werden kann (OLG Hamm, Beschluss vom 17.11.2011 - 2 WF 129/11 zu §§ 1361, § 1579 Nr 7, 1605, 1613 I BGB).

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„... 1. Dem Antragsteller steht weder aus übergegangenem Recht gemäß §§ 1361 Abs.1 S.1 BGB, 33 Abs.2 SGB II noch aus eigenem Recht gemäß §§ 823 Abs.2 BGB, 170 StGB die angemeldete Forderung gegen den Antragsgegner zu.

Es kommt insoweit nicht darauf an, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Antragsgegner für die drei Monate von Dezember 2008 bis Februar 2009 wegen des erhaltenen Verletzten- bzw. Krankengeldes leistungsfähig war; auch bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Antragsgegner in dem fraglichen Zeitraum seiner damaligen Ehefrau Naturalunterhalt gewährt hat.

Die vom Antragsteller begehrte Forderungsfeststellung scheitert daran, dass der getrennt lebenden Ehefrau gegen den Antragsgegner wegen Verwirkung gemäß §§ 1361 Abs.3, 1579 Nr.7 BGB kein Anspruch auf Trennungsunterhalt zustand.

Der damaligen Ehefrau N des Antragsgegners fiel diesem gegenüber durch die im Frühjahr oder Sommer 2008 erfolgte Aufnahme der intimen und von vornherein auf Dauer angelegten Beziehung zu Herrn L ein einseitig bei ihr liegendes, subjektiv vorwerfbares Fehlverhalten zur Last, das von derartigem Gewicht war, dass es jeglichen Anspruch auf Trennungsunterhalt ausschloss (vgl. allgemein zu den Voraussetzungen des Verwirkungstatbestandes des § 1579 Nr.7 BGB im Fall einer ehewidrigen Beziehung Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Auflage, § 1579 Rn.31). Der Senat berücksichtigt dabei, dass keineswegs jede ehewidrige Beziehung geeignet ist, einen Trennungsunterhaltsanspruch auszuschließen. Eine wertende Gesamt-betrachtung der besonderen Gegebenheiten des vorliegenden Falles lässt aber das Verhalten der Ehefrau bei Aufnahme und Fortsetzung der Beziehung - die während des fraglichen Zeitraums Dezember 2008 bis Februar 2009 fortbestand und im Übrigen sogar durchgehend bis heute fortbesteht - in einem Maße ehewidrig und vorwerfbar erscheinen, dass eine Inanspruchnahme des Antragsgegners auf Zahlung von Trennungsunterhalt unerträglich wäre.

Die Ehefrau hat durch ihre Zuwendung zu dem neuen Partner, der unstreitig ein langjähriger gemeinsamer Freund der Ehegatten war und dem diese einige Zeit zuvor in einer finanziellen Notlage Unterkunft bei sich gewährt hatten, in einem besonders schwerwiegenden Maße das eheliche Vertrauen und die Grundsätze der ehelichen Lebensgemeinschaft verletzt. Sie hat die langen berufsbedingten Abwesenheitszeiten des Antragsgegners zur Aufnahme der intimen Beziehung zu dem langjährigen gemeinsamen Freund ausgenutzt und die neue Beziehung - ihren eigenen Angaben in der Zeugenaussage zufolge - zunächst so lange wie möglich verheimlicht. Die heimliche Aufnahme einer Beziehung zu einem gemeinsamen Freund, dem zuvor wegen der freundschaftlichen Verbundenheit eine Unterkunft im ehelichen Anwesen gewährt worden war, und die heimliche Fortsetzung dieser Beziehung stellen objektiv eine besonders gravierende Verletzung des wechselseitigen Vertrauens der Eheleute dar. Die offene Fortsetzung dieser Beziehung unter dem gemeinsamen Dach nach deren Aufdecken durch den Antragsgegner verschärft und unterstreicht weiter, dass die Ehefrau in keiner Weise auf die langjährige eheliche Verbundenheit zum Antragsgegner Rücksicht genommen hat. Das Ausleben und Führen der Beziehung zum neuen Partner vor den Augen des langjährigen Ehepartners, mit dem man seit Oktober 1980 verheiratet war, und in einem auch von diesem weiterhin bewohnten Anwesen steht in einem derart offensichtlichen Widerspruch zum Wesen der ehelichen Gemeinschaft, dass die Ehefrau nicht mehr verlangen konnte, als Ausfluss der Ehe vom Antragsgegner, den sie durch die Umstände der neuen Beziehung geradezu lächerlich gemacht hat, finanziell unterstützt zu werden. Ein Ehegatte kann sich nicht einerseits in eklatant rücksichtsloser, den anderen Ehegatten bloßstellender und verletzender Weise von der bisher gelebten Ehe distanzieren und dann andererseits aufgrund der Ehe Trennungsunterhalt verlangen. Das gilt jedenfalls in einer Konstellation wie der vorliegenden, in der nicht auf Belange aus der Ehe hervorgegangener minderjähriger Kinder Rücksicht genommen werden muss. ..." (OLG Hamm, Beschluss 19.07.2011 - 13 UF 3/11)

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Der Unterhaltspflichtige muss auch das Fortbestehen einer verfestigten Lebensgemeinschaft beweisen, wenn im Erstprozess streitig ist, ob der Unterhaltsberechtigte ab einem bestimmten Zeitpunkt das Zusammenleben mit dem neuen Partner beendet hat. Zu den Voraussetzungen einer verfestigten Lebensgemeinschaft, wenn die Partner nicht räumlich zusammenleben und keinen gemeinsamen Haushalt führen. Zur Feststellung von ehebedingten Nachteilen im Rahmen von § 1578b BGB (OLG Karlsruhe, Urteil vom 21.02.2011 - 2 UF 21/10):

„... I. Mit Verbundurteil vom 14.01.2010 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Wiesloch die Ehe der Parteien geschieden, eine Entscheidung zum Versorgungsausgleich getroffen und den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin bis 31.05.2011 nachehelichen Unterhalt von monatlich 763,00 EUR zu bezahlen. Antragsteller und Antragsgegnerin streiten in der Berufung noch um die Frage, ob und in welcher Höhe die Antragsgegnerin vom Antragsteller nachehelichen Unterhalt über den 31.05.2011 hinaus verlangen kann. Daneben ist über die Beschwerde der Bundesfinanzdirektion Südwest gegen den Ausspruch zum Versorgungsausgleich zu entscheiden.

Der am ...1954 geborene Antragsteller und die am ...1954 geborene Antragsgegnerin haben am ...1979 geheiratet. Aus der Ehe der Parteien sind die Töchter J., geboren am ...1983, und S., geboren am ...1986, hervorgegangen. Seit Januar 2007 leben die Eheleute getrennt. Die Zustellung des Scheidungsantrags an die Antragsgegnerin erfolgte am 06.03.2008. Die Scheidung ist seit 27.04.2010 rechtskräftig.

Der Antragsteller bewohnt mit der noch in der Ausbildung befindlichen Tochter S. weiterhin das eheliche Haus in W.. Die Antragsgegnerin hat keine eigene Wohnung, sondern lebt in dem Haus ihrer Schwester in M., wo sie ein etwa 30 m² großes Zimmer bewohnt.

1. Versorgungsausgleich

Das Amtsgericht hat in Ziffer 2 des Urteils vom 14.01.2010 den Versorgungsausgleich dahingehend geregelt, dass von dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Rentenanwartschaft von monatlich 42,47 EUR auf das Konto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, bezogen auf den 29.02.2008 übertragen wird und diese Anwartschaft in Entgeltpunkte umzurechnen ist (Ziffer 2 a). Weiterhin hat es entschieden, dass zu Lasten der Versorgung des Antragstellers beim Bundesministerium der Finanzen, Bundesfinanzdirektion Südwest auf dem Konto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg Rentenanwartschaften von monatlich 891,09 EUR begründet werden, bezogen auf den 29.02.2008, und dass diese Anwartschaft in Entgeltpunkte umzurechnen ist (Ziffer 2 b).

Gegen das ihr am 26.01.2010 zugestellte Urteil hat die Bundesfinanzdirektion Südwest am 05.02.2010 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, die in erster Instanz erteilte Versorgungsauskunft sei nicht mehr zutreffend. Mittlerweile sei das Dienstrechtsneuordnungsgesetz in Kraft getreten, wonach für den Antragsteller eine angehobene Altersgrenze von 65 Jahren und 8 Monaten gelte und die als ruhegehaltsfähige Dienstzeit anzuerkennende Zeitdauer der Hochschulausbildung sich vermindert habe. Weiterhin sei in der erstinstanzlichen Auskunft der Beitrag zur Pflegeversicherung entgegen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 02.07.2008 - XII ZB 80/06 noch nicht berücksichtigt gewesen. Unter Einbeziehung dieser Änderungen belaufe sich die ehezeitliche Anwartschaft des Antragstellers bei dem Bundesministerium der Finanzen auf 1.708,90 EUR statt 1.782,18 EUR in der erstinstanzlich erteilten Auskunft.

Die übrigen Beteiligten sind der Beschwerde der Bundesfinanzdirektion Südwest nicht entgegen getreten.

2. Nachehelicher Unterhalt

Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller im Scheidungsverbund auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Anspruch genommen.

Der Antragsteller ist promovierter Biologe, der sein Studium Anfang 1983 beendete. Im Mai 1983 nahm er für zwei Jahre eine Promotionsstelle auf, wobei sich sein durchschnittliches Monatseinkommen 1983 auf 2.271,50 DM brutto belief. Von Juli 1986 bis Juni 1989 hatte er mehrere befristete Stellen als wissenschaftliche Hilfskraft mit schwankendem Einkommen. Im Juli 1989 erhielt er eine Festanstellung in Vollzeit mit einem Monatsgehalt von durchschnittlich 5.306,83 DM brutto. Mittlerweile ist er im Beamtenverhältnis tätig. 2008 verfügte der Antragsteller über ein Jahresbruttoeinkommen von 60.020,40 EUR.

Die Antragsgegnerin absolvierte nach ihrem Hauptschulabschluss von 1970 bis 1973 eine Ausbildung zur Damenschneiderin. Im Anschluss daran holte sie neben ihrer Berufstätigkeit als Schneiderin die mittlere Reife nach. Ab 1976 besuchte sie drei Jahre das Gymnasium. Das Abitur bestand sie mit einem Notendurchschnitt von 2,1. Ein von ihr in Erwägung gezogenes Studium der Sozialpädagogik nahm sie aus Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind, nicht auf. Statt dessen trat sie im Mai 1979 eine Stelle als Direktrice bei der Firma R. in B. Sch. an, wo sie einen Nähsaal mit 60 Frauen beaufsichtigte. Ihr Bruttomonatseinkommen betrug dort 1982 durchschnittlich etwa 2.500,00 DM. Nach der Geburt der ersten Tochter im Februar 1983 nahm die Antragsgegnerin ein Kindererziehungsjahr. In der Folgezeit von 1983 bis 1999 widmete sie sich hauptsächlich der Erziehung der beiden Töchter. Daneben erzielte sie kleinere Einnahmen mit Nähaufträgen für eine Boutique.

2000 nahm die Antragsgegnerin wieder eine Erwerbstätigkeit als Verkäuferin im Einzelhandel auf geringfügiger Basis auf. Bis Ende 2008 arbeitete sie als Verkäuferin auf geringfügiger Basis in dem W.er Stoffgeschäft St.-T. mit einem Stundenlohn von 8,65 EUR brutto bei einem monatlichen Gesamteinkommen von 399,00 EUR. Zusätzlich führte sie Näharbeiten aus, womit sie etwa weitere 400,00 EUR brutto einnahm, abzüglich Krankenversicherungsbeiträgen von 200,00 EUR. Im Januar 2009 machte sich die Antragsgegnerin selbständig. Von Januar 2009 bis Juli 2010 war sie einerseits als Verkäuferin in der W.er Filiale der St.-T. tätig, wo sie üblicherweise montags und dienstags, teilweise auch mittwochs arbeitete. Daneben nahm sie eine Tätigkeit in der Ro. Filiale der St.-T. auf, wo sie üblicherweise donnerstags und freitags, teilweise auch samstags arbeitete. Weiterhin führte die Antragsgegnerin Näh- und Änderungsarbeiten im Rahmen eines mobilen Nähservice aus. Ihre geleisteten Stunden rechnete sie gegenüber der St-T. mit 8,65 EUR brutto ab. Von Januar bis Oktober 2009 hatte die Antragsgegnerin aus ihrer selbständigen Tätigkeit einen durchschnittlichen monatlichen Gewinn von 562,21 EUR, wovon noch 323,19 EUR Kranken- und Pflegeversicherung zu bezahlen waren.

Im April/Mai 2006 lernte die Antragsgegnerin während eines Kuraufenthalts den aus Schr.-Su. stammenden D. Ra. kennen. Mindestens bis September 2008 verband beide eine Liebesbeziehung. In dieser Zeit hielt sich die Antragsgegnerin in der Regel von donnerstags bis sonntags bei Herrn Ra. in Su. auf. Von Januar 2009 bis Juli 2010 stand ihr im Haus von D. Ra. ein Gästezimmer zur Verfügung, das sie während ihrer beruflichen Aufenthalte in Ro. von donnerstags bis samstags nutzte.

In erster Instanz war zwischen den Parteien neben mehreren Einzelpositionen im Rahmen der Einkommensbereinigung insbesondere streitig, ob die Antragsgegnerin ehebedingte Nachteile in ihrer beruflichen Laufbahn erlitten hat und ob ein Unterhaltsanspruch verwirkt ist.

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, in ihrem bisherigen Beruf als Schneiderin und Direktrice werde sie aufgrund der langen familiär bedingten Pause nicht mehr Fuß fassen können. Nach dem zweiten Kind sei weder ein Studium der Sonderschulpädagogik noch der Besuch eines Meisterkurses als Schneiderin möglich gewesen. Heute würde sie als Sonderschullehrerin ein monatliches Gehalt von zwischen 4.000,00 EUR und 4.200,00 EUR erzielen und als Modedirektrice zwischen 3.500,00 EUR und 4.000,00 EUR.

Ihr Unterhaltsanspruch sei nicht verwirkt. Zu Herrn Ra. bestehe seit September 2008 keine Liebesbeziehung mehr, sondern nur noch eine unverbindliche freundschaftliche Beziehung. Sie beabsichtige mit Herrn Ra. weder eine gemeinsame Haushaltsführung noch ein gemeinsames Leben. Herr Ra. stelle ihr lediglich ein Gästezimmer unter der Woche zur Verfügung, damit sie ihrer beruflichen Tätigkeit in Ro. ohne weitere finanzielle Aufwendungen nachgehen könne. Soweit sie in der Trennungszeit Bargeld und Gegenstände des Antragstellers an sich genommen habe, hätte ihr dies teilweise zugestanden, teilweise habe sie damit einen Austausch der vom Antragsteller einbehaltenen Gegenstände erreichen wollen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, der Beklagte wird verurteilt, ab Rechtskraft der Scheidung einen monatlichen Nachehegattenunterhalt in Höhe von 1.005,00 EUR zu bezahlen. Der Antragsteller hat beantragt, die Klage anzuweisen.

Der Antragsteller hat vorgetragen, die Antragsgegnerin habe keine ehebedingten Nachteile erlitten. Alle Entscheidungen zur beruflichen Entwicklung habe sie vor der Ehe und Familiengründung unabhängig von ihm getroffen. Während der Ehezeit hätte er die Entscheidung der Antragsgegnerin zu einem Studium begrüßt. Letztlich habe sie sich aber wegen einer möglichen schlechten Bezahlung in dem avisierten Beruf dagegen entschieden. Als Sonderschullehrerin könne die Antragsgegnerin heute ein Gehalt von 2.500,00 EUR bis 3.680,00 EUR erzielen, als Modedirektrice zwischen 1.900,00 EUR und 2.800,00 EUR. Als Damenschneiderin könnte sie ohne Schwierigkeiten eine Stelle finden und ein Durchschnittsgehalt von etwa 1.404,80 EUR im Monat erzielen. Wegen Verletzung ihrer Erwerbsobliegenheit sei ihr zumindest ein fiktives Gehalt von ca. 2.000,00 EUR zuzurechnen. Hätte die Antragsgegnerin nach der Trennung sogleich ihrer Erwerbsobliegenheit genügt, wäre sie in der Lage, 1.500,00 EUR netto zu erzielen.

Der Unterhaltsanspruch sei verwirkt. Die Antragsgegnerin lebe in einer verfestigten Lebensgemeinschaft im Sinne von § 1579 Nr. 2 BGB mit Herrn Ra.. Dafür spreche auch die in keinem Fall wirtschaftliche, sondern ausschließlich emotional begründete Tätigkeit der Antragsgegnerin in Ro.. Eine Verwirkung ergebe sich auch daraus, dass die Antragsgegnerin missbräuchlich Gelder von seinem Konto abgehoben bzw. ihm Barmittel und persönliche Gegenstände entwendet habe.

Das Amtsgericht - Familiengericht - W. hat nach Vernehmung des Zeugen Ra. den Antragsteller mit Urteil vom 14.01.2010 verurteilt, an die Antragsgegnerin einen monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 763,00 EUR zu zahlen, und den Unterhaltsanspruch bis 31.05.2011 befristet. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Antragsteller verfüge über ein Nettoeinkommen von 4.064,60 EUR, aus dem sich nach Abzug von Fahrtkosten, Krankenkassenbeitrag, Kindesunterhalt für S., Erwerbstätigenbonus und negativem Wohnwert ein bereinigtes Nettoeinkommen von 2.439,71 EUR ergebe. Der Antragsgegnerin sei ein fiktives Einkommen von monatlich 1.000,00 EUR netto zuzurechnen, das sie bei angestellter Vollzeittätigkeit als Verkäuferin im Einzelhandel erzielen könne. Nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen und Erwerbstätigenbonus resultiere daraus ein bereinigtes fiktives Erwerbseinkommen der Antragsgegnerin von 855,00 EUR. Unter Zugrundelegung des Halbteilungsgrundsatzes errechne sich ein ungedeckter Bedarf der Antragsgegnerin von gerundet 763,00 EUR. Der Anspruch sei nicht wegen mutwilliger Verletzung von Vermögensinteressen des Verpflichteten gemäß § 1579 Nr. 5 BGB verwirkt. Dass die Antragsgegnerin im Vorfeld der Trennung insgesamt 3.300,00 EUR an sich genommen habe, erreiche den „schwerwiegenden" Grad im Sinne von § 1579 BGB nicht, da die Antragsgegnerin, die im Rahmen der ehelichen Gemeinschaft ohnehin zur Verwendung von Geldern für sich berechtigt gewesen sei, ansonsten bei der Trennung völlig mittellos gewesen wäre und der Betrag nur 2/3 des Nettoeinkommens des Ehemannes erreiche. Auch eine Verwirkung wegen offensichtlichem schwerwiegenden Fehlverhalten des Berechtigten nach § 1579 Nr. 7 BGB sei nicht gegeben. Indem die Antragsgegnerin eine Uhr, persönliche Dokumente und einen Kfz-Brief des Antragstellers an sich genommen habe, sei dies zwar ein Fehlverhalten. Dieses stelle sich aber nicht als offensichtlich schwerwiegend dar, da der Einbehalt vor dem Hintergrund der trennungsbedingten Auseinandersetzung zwischen den Parteien erfolgt sei, der Antragsteller dies sanktioniert habe, indem er seinerseits Schmuck, Nähmaschine und Papiere der Antragsgegnerin an sich genommen habe und alle Gegenstände wieder zurückgegeben worden seien. Die Antragsgegnerin lebe jedoch in einer verfestigten Lebensgemeinschaft. Die seit 2006 andauernde Beziehung der Antragsgegnerin zu dem Zeugen Ra. habe sich trotz getrennter Lebensbereiche in einem solchen Maß verfestigt, dass die Gemeinschaft von ihrer Intensität her einem ehelichen Zusammenleben entspreche. Indem der Zeuge Ra. der Antragsgegnerin ein Gästezimmer zur Verfügung stelle, erfahre sie eine wirtschaftliche und immaterielle Unterstützung ihrer beruflichen Tätigkeit in Ro.. Der Sinn ihrer Aufenthalte in Ro., die wegen der hohen Fahrtkosten unter wirtschaftlichen Aspekten nicht nachvollziehbar seien, erschließe sich nur unter dem Aspekt der Schaffung eines weiteren Standbeins in der räumlichen Nähe zum Wohnsitz des Zeugen Ra.. Damit sei das Erscheinungsbild ihrer Beziehung zu dem Zeugen Ra. in der Öffentlichkeit als füreinander einstehend und sich gegenseitig Hilfe und Unterstützung gewährend zu qualifizieren. Schließlich verbinde die Antragsgegnerin und den Zeugen Ra. auch eine Beziehung auf dem Freizeitsektor, wie ein 2009 gemeinsam verbrachter Kurzurlaub auf einem Campingplatz und die Verlängerung der Aufenthalte der Antragsgegnerin in Su. über ihre Arbeitszeit hinaus bis Samstag zeigten. Im Hinblick auf die verfestigte Lebensgemeinschaft sei der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin gemäß § 1579 Nr. 2 BGB bis 31.05.2011 zu begrenzen. Eine Befristung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b BGB sei nicht vorzunehmen. Die Antragsgegnerin habe ehebedingte Nachteile erlitten. Derzeit sei nicht absehbar, ob und gegebenenfalls wann sie diese wieder aufholen könne. Jedenfalls liege der Zeitpunkt einer möglichen Befristung nicht vor dem 31.05.2011, zu dem der Unterhaltsanspruch nach § 1579 BGB entfalle. Wegen der weiteren Einzelheiten des amtsgerichtlichen Urteils wird auf dieses Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin hat gegen das ihr am 25.01.2010 zugestellte Urteil am 19.02.2010 Berufung eingelegt.

Nach der erstinstanzlichen Entscheidung führte die Antragsgegnerin zunächst ihre selbständige Tätigkeit für die St.-T. in den Filialen W. (drei Arbeitstage pro Woche) und Ro. (zwei bis drei Arbeitstage pro Woche) fort. Am 10.07.2010 schloss die Ro. Filiale der St.-T.. Von 11.07.2010 bis 31.12.2010 arbeitete die Antragsgegnerin daher - abgesehen von ihrem Nähservice - nur noch in der W.er Filiale, wo sie drei bis vier volle Tage in der Woche tätig war. Der durchschnittliche Gewinn der Antragsgegnerin betrug von Januar 2010 bis Oktober 2010 732,35 EUR, wovon noch 327,68 EUR Kranken- und Pflegeversicherung zu bezahlen waren. Bemühungen der Antragsgegnerin, die W.er Filiale der St.-T. zu übernehmen, scheiterten. Am 15.01.2011 eröffnete die Antragsgegnerin zusammen mit einer Geschäftspartnerin ein eigenes Stoffgeschäft in W..

Die Antragsgegnerin greift mit ihrer Berufung allein die Befristung des Unterhaltsanspruchs bis zum 31.05.2011 an. Sie macht geltend, es bestehe keine verfestigte Lebensgemeinschaft mit Herrn Ra.. Eine Zweierbeziehung bestehe bereits seit dem gemeinsamen Kanadaurlaub im September/Oktober 2008 nicht mehr. Die gemeinsame Fahrt auf den Campingplatz im Sommer 2009 sei lediglich aus Kostengründen erfolgt. Die Antragsgegnerin sei mit anderen Freunden auf dem Campingplatz geblieben, während Herr Ra. alleine weitergereist sei. Die Berufstätigkeit in der Filiale des Stoffladens in Ro. habe die Antragsgegnerin aufgenommen, um alle sich bietenden Erwerbsmöglichkeiten zu nutzen. Trotz der Fahrtkosten sei die Tätigkeit in Ro. in geringem Umfang für die Antragsgegnerin lukrativ gewesen. Darüber hinaus sei sie durch die Tätigkeit in Ro. auch an weitere Nähaufträge gekommen. Im übrigen habe die Antragsgegnerin zum Betreiber der Stoffgeschäfte Herrn Ros. ein gutes Verhältnis schaffen wollen, da eine Übergabe des W.er Geschäfts an einen Nachfolger im Raum gestanden habe und sie an einer Übernahme interessiert gewesen sei. Seit Schließung der Filiale in Ro. habe sie nicht mehr bei Herrn Ra. übernachtet. Sie hätten nur noch sporadisch kameradschaftlichen Kontakt. Seit Juli 2010 hätten sie sich nur einmal im August 2010 und dann wieder im Januar 2011 gesehen.

Die Antragsgegnerin beantragt, unter Abänderung des am 14.01.2010 verkündeten Urteils des Amtsgerichts W., Az.: 1 F 33/08, den Antragsteller/Berufungsbeklagten zu verurteilen, an die Antragsgegnerin/Berufungsklägerin einen monatlichen, monatlich im Voraus zahlbaren nachehelichen Unterhalt in Höhe von 763,00 EUR zu zahlen, und zwar unbefristet . Der Antragsteller beantragt, die Berufung der Berufungsklägerin wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller macht unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags geltend, die Antragsgegnerin habe eine verfestigte Lebensgemeinschaft mit Herrn Ra.. Ihre Tätigkeit in Ro. sei nicht durch wirtschaftliche Erwägungen erklärbar. Bei Bilanzierung der Tätigkeit in Ro. ergebe sich, dass die Antragsgegnerin dort durchschnittlich 108,15 EUR im Monat Verlust gemacht habe. Die Antragsgegnerin habe auch in der St.-T. in W. die Möglichkeit gehabt, auf Vollzeit aufzustocken. Zudem hätte sie als Schneiderin jederzeit eine abhängige Stellung bekommen können.

Sofern eine Verwirkung wegen verfestigter Lebensgemeinschaft nicht greife, sei der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin gemäß § 1578b BGB zeitlich zu begrenzen. Dass die Antragsgegnerin ihre Tätigkeit von einem Industriebetrieb auf selbständige Änderungsarbeiten und Maßanfertigungen geändert und auf die Anstellung in der St.-T. erweitert habe, sei nicht aus ehebedingten Gründen erfolgt, sondern weil sich die Produktion von Textilien nach Asien verlagert habe. Bei den Billigkeitserwägungen sei auch zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin sich bislang nicht intensiv um eine gutbezahlte Stellung gekümmert habe.

Der Senat hat die Sache gemäß § 527 ZPO auf die vorbereitende Einzelrichterin übertragen. Die vorbereitende Einzelrichterin hat in der Sitzung vom 17.01.2011 den Zeugen D. Ra. uneidlich vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17.01.2011 Bezug genommen. Mit Zustimmung der Parteien hat der Senat mit Beschluss vom 19.01.2011 das schriftliche Verfahren angeordnet, in dem Schriftsätze eingereicht werden konnten bis 08.02.2011.

II. Auf den Rechtsstreit findet das bis 31.08.2009 geltende Verfahrensrecht Anwendung, Art. 111 Abs. 1 FGG-RG.

Auf die zulässige und begründete Beschwerde der Bundesfinanzdirektion Südwest hat der Senat die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wie aus Ziffer 1 des Tenors ersichtlich abgeändert. Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der Befristung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin in Ziffer 2 des Tenors.

1. Versorgungsausgleich

Auf das Beschwerdeverfahren über den Versorgungsausgleich findet nach Art. 111 FGG-RG, § 48 VersAusglG das bis zum 31.08.2009 geltende materielle Recht und Verfahrensrecht Anwendung.

Für das Rechtsmittel des Versorgungsträgers gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich gelten die auf FGG-Folgesachen anwendbaren Verfahrensgrundsätze. § 629a Abs. 2 S. 2 ZPO, wonach beim Zusammentreffen von Beschwerde und Berufung über das Rechtsmittel einheitlich als Berufung zu entscheiden ist, findet nur Anwendung, wenn Beschwerde und Berufung vom selben Ehegatten eingelegt sind (Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 629a Rn. 5).

Die gemäß §§ 629a Abs. 2 Satz 1, 621e Abs. 1, Abs. 3, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Bundesfinanzdirektion Südwest führt zu der aus Ziffer 1. des Tenors ersichtlichen Änderung des Versorgungsausgleichs.

Nach § 1587 Abs. 1 BGB sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Versorgungen auszugleichen. Die Ehezeit gemäß § 1587 Abs. 2 BGB begann vorliegend am 01.09.1979 und endete am 29.02.2008.

In dieser Zeit hat der Antragsteller eine ehezeitliche Rentenanwartschaft bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in Höhe von 254,49 EUR erworben. Darüber hinaus besteht eine Anwartschaft des Antragstellers auf Ruhegehalt nach beamtenrechtlichen Vorschriften. Deren Ehezeitanteil beläuft sich nach der in zweiter Instanz vorgelegten, korrigierten Auskunft der Bundesfinanzdirektion Südwest vom 28.01.2010 auf 1.708,90 EUR. Die zwischenzeitlichen Gesetzesänderungen sind beim Versorgungsausgleich zu berücksichtigen, auch wenn sie nach dem Ehezeitende liegen (vgl. BGH FamRZ 1986, 449).

Es ergibt sich damit für den Antragsteller folgende Übersicht:

Splittingfähig gem. § 1587b Abs. 1 BGB:

254,49 EUR

Quasisplittingfähig gem. § 1587 b Abs. 2 BGB

1.708,90 EUR

Insgesamt:

1.963,39 EUR

Die Antragsgegnerin verfügt über eine ehezeitliche Rentenanwartschaft bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg in Höhe von 169,56 EUR.

Nach § 1587a Abs. 1 BGB ist der Antragsteller als der Ehegatte mit den höheren Anrechten ausgleichspflichtig. Die Ausgleichspflicht des Antragstellers beträgt 896,92 EUR (1.963,39 EUR - 169,56 EUR = 1.793,83 : 2).

Nach § 1587b Abs. 1 BGB hat der Versorgungsausgleich durch Rentensplitting zu erfolgen in Höhe von 42,47 EUR (254,49 - 169,56 = 84,93 : 2). Dieser Ausgleich ist vom Amtsgericht zutreffend und unbeanstandet in Ziffer 2. a) des angefochtenen Urteils vorgenommen worden.

Nach § 1587b Abs. 2 BGB hat der Versorgungsausgleich durch Quasisplitting zu erfolgen in Höhe von 854,45 EUR (1.708,90 : 2). Insofern ergibt sich aufgrund der korrigierten Versorgungsauskunft eine Veränderung in der Höhe des durch Quasisplitting vorzunehmenden Ausgleichs wie aus Ziffer 1 des Tenors ersichtlich.

Der Höchstausgleich (West) von 1.327,83 EUR ist nicht überschritten. Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte folgt aus § 1587b Abs. 6 BGB.

2. Nachehelicher Unterhalt

Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, §§ 517, 519 ZPO. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Anspruch der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB in der vom Amtsgericht festgesetzten und mit der Berufung nicht angegriffenen Höhe von 763,00 EUR ist nicht gemäß § 1579 BGB zu beschränken oder zu versagen. Eine Verwirkung ergibt sich weder im Hinblick auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft der Antragsgegnerin (a) noch unter den Gesichtspunkten der mutwilligen Verletzung von Vermögensinteressen des Verpflichteten oder des offensichtlichen schwerwiegenden, eindeutig beim Berechtigten liegenden Fehlverhaltens (b). Auch eine Herabsetzung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB ist derzeit nicht vorzunehmen (c).

a) Keine Verwirkung des Anspruchs nach § 1579 Nr. 2 BGB

Der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin ist nicht nach § 1579 Nr. 2 BGB (Verfestigte Lebensgemeinschaft des Berechtigten) zu beschränken oder zu versagen.

Das Zusammenleben mit einem neuen Partner kann dann zur Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit führen, wenn sich diese Beziehung in einem solchen Maße verfestigt hat, dass damit gleichsam ein nichteheliches Zusammenleben an die Stelle einer Ehe getreten ist. Nach welchem Zeitablauf und unter welchen weiteren Umständen dies angenommen werden kann, lässt sich nicht allgemein verbindlich festlegen. Vor Ablauf einer gewissen Mindestdauer, die im Einzelfall kaum unter zwei bis drei Jahre liegen dürfte, wird sich in der Regel nicht verlässlich beurteilen lassen, ob die Partner nur „probeweise" zusammenleben oder ob sie auf Dauer in einer gefestigten Gemeinschaft leben. Dabei setzt die Annahme einer derartigen Lebensgemeinschaft nicht einmal zwingend voraus, dass die Partner räumlich zusammenleben und einen gemeinsamen Haushalt führen, auch wenn eine solche Form des Zusammenlebens in der Regel ein typisches Anzeichen hierfür sein wird (BGH FamRZ 2007, 1303, 1305 zu § 1579 Nr. 7 BGB i. d. F. bis 31.12.2007). Je fester allerdings die Verbindung nach außen in Erscheinung tritt, um so kürzer wird die erforderliche Zeitspanne anzunehmen sein (Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Aufl., § 1579 Rn. 12a). Bei einer Beziehung, die nicht überwiegend durch ein Zusammenwohnen und auch nicht durch ein gemeinsames Wirtschaften geprägt ist, ist eine verfestigte Beziehung etwa dann erreicht, wenn die Partner seit fünf Jahren in der Öffentlichkeit, bei gemeinsamen Urlauben und der Freizeitgestaltung als Paar auftreten und Feiertage und Familienfeste zusammen mit Familienangehörigen verbringen (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 351).

Ob die Aufnahme eines Verhältnisses zu einem anderen Partner die aus der Unterhaltspflicht erwachsende Belastung unzumutbar macht, hängt nicht davon ab, ob es zwischen den Partnern zu Intimitäten kommt oder nicht. Entscheidend für die Unzumutbarkeit einer fortdauernden (uneingeschränkten) Unterhaltsbelastung ist vielmehr der Umstand, dass der Unterhaltsberechtigte mit einem Partner in einer verfestigten Beziehung lebt, die Partner ihre Lebensverhältnisse so aufeinander abgestellt haben, dass sie wechselseitig füreinander einstehen, indem sie sich gegenseitig Hilfe und Unterstützung gewähren, und damit ihr Zusammenleben ähnlich gestalten, wie es sich aufgrund der nach außen dringenden Gegebenheiten auch in einer Ehe darstellt (BGH FamRZ 2002, 810, 812 zu § 1579 Nr. 7 BGB a. F.).

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin D. Ra. im April oder Mai 2006 kennen gelernt. Eine intime Beziehung bestand mindestens bis zum gemeinsamen Kanadaurlaub im September/Oktober 2008. In dieser Zeit behielten die Antragsgegnerin und D. Ra. jeweils ihre Lebensmittelpunkte in M. bei W. und in Schr.-Su. bei. Die Antragsgegnerin besuchte D. Ra. regelmäßig von Donnerstag bis Sonntag und beide gestalteten ihre Freizeit an diesen verlängerten Wochenenden gemeinsam. Auch gab es gemeinsame Urlaube, zuletzt für die Dauer von fünf Wochen in Kanada im September/Oktober 2008. Von Januar 2009 bis Mitte Juli 2010 arbeitete die Antragsgegnerin, unter Inkaufnahme erheblicher Fahrtkosten, an zwei bis drei Tagen in der Woche in Ro. und wohnte während dieser Zeit im Gästezimmer von D. Ra.. In der Regel hielt sie sich von donnerstags bis samstags in Schr.-Su. auf. Größere gemeinsame Urlaube erfolgten ab dieser Zeit nicht mehr. Im Sommer 2009 fand jedoch noch ein wenige Tage dauernder Urlaub auf einem Campingplatz mit Freunden statt. Weihnachten haben die Antragsgegnerin und D. Ra. nach den unstreitigen Angaben der Antragsgegnerin im Berufungsverfahren jedenfalls seit 2009 nicht mehr gemeinsam verbracht. D. Ra. wurde von der Antragsgegnerin nicht in ihre Familie „eingeführt" und es erfolgte kein gemeinsames Auftreten bei Festen ihrer Familie; lediglich ihre Tochter J. hatte ihn zu Beginn der Beziehung einmal kennen gelernt. Die beruflich bedingten Aufenthalte der Antragsgegnerin in Schr.-Su. gaben der Beziehung zu D. Ra. - wie vom Amtsgericht zu Recht angenommen - eine neue Dimension, da die Tätigkeit der Antragsgegnerin in Ro. unter Berücksichtigung der dabei entstehenden Fahrtkosten wirtschaftlich nicht sinnvoll und nur im Hinblick auf die Schaffung eines zweiten beruflichen Standbeins in der räumlichen Nähe zum Zeugen Ra. zu erklären war. Indem D. Ra. der Antragsgegnerin für ihre Verkaufstätigkeit in Ro. die Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt hat, erschien die Beziehung in der Öffentlichkeit als wechselseitig füreinander einstehend.

Die Entwicklung der Beziehung der Antragsgegnerin zu D. Ra. seit Mitte Juli 2010 ist zwischen den Parteien streitig. Der Antragsteller hat den Fortbestand der Beziehung und Lebensgemeinschaft geltend gemacht. Die Antragsgegnerin hat hingegen dargelegt, es bestehe - wie schon seit Herbst 2008 - keine Zweierbeziehung mehr; Übernachtungen bei D. Ra. seien seit Juli 2010 nicht mehr erfolgt. Die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des Ausschlussgrundes trägt der Unterhaltspflichtige. Das gilt auch für das Fortbestehen der Voraussetzungen des § 1579 BGB, wenn im Erstprozess streitig ist, ob der Unterhaltsberechtigte ab einem bestimmten Zeitpunkt das Zusammenleben mit einem neuen Partner beendet hat (BGH FamRZ 1991, 670).

Für die Zeit ab Juli 2010 konnte der Antragsteller den Beweis für Umstände, die den Fortbestand einer verfestigten Lebensgemeinschaft begründen würden, nicht führen. Vielmehr steht nach der Beweisaufnahme fest, dass sich die Beziehung zwischen den Antragsgegnerin und D. Ra. seit Mitte Juli 2010 grundlegend geändert hat. Nach Schließung der Ro. Filiale des Stoffgeschäfts am 10.07.2010 hat die Antragsgegnerin nicht mehr bei D. Ra. übernachtet. Beide haben nach dieser Zeit keine Urlaube oder Familienfeste gemeinsam verbracht und sich nur bei drei Gelegenheiten persönlich gesehen.

Dies ergibt sich aus den uneidlichen Angaben des Zeugen D. Ra.. Der Zeuge hat bei seiner Einvernahme durch die vorbereitende Einzelrichterin bekundet, die Antragsgegnerin habe seit Juli 2010 nicht mehr bei ihm übernachtet und habe keine Sachen mehr bei ihm. Sie hätten sich seit Mitte Juli 2010 nur dreimal gesehen. Ende Juli 2010 seien sie mit einer größeren Gruppe ein Wochenende beim Wandern in Österreich gewesen, im August 2010 habe die Antragsgegnerin unter Vermittlung seines Sohnes ein neues Auto gekauft und im Januar 2011 sei er anlässlich der Eröffnung des Stoffgeschäfts der Antragsgegnerin nach W. gekommen. Gemeinsame Planungen für die Zukunft, etwa für gemeinsame Urlaube, gebe es nicht. Seine Beziehung zur Antragsgegnerin sei als reine Freundschaft zu bezeichnen.

Diese Angaben des Zeugen Ra. sind glaubhaft. Zwar ist zu berücksichtigen, dass der Zeuge auf Seiten der Antragsgegnerin steht und daher eher geneigt sein wird, eine ihr günstige Aussage zu tätigen. Allerdings ist seine Darstellung insofern plausibel, als er weitere Kontakte mit der Antragsgegnerin nicht völlig von sich gewiesen hat, sondern drei persönliche Treffen - eines davon über ein Wochenende - eingeräumt hat. Hinzu kommt, dass seine Bekundungen durch objektive Gesichtspunkte bestätigt werden. Insofern ist zum einen die unstreitige berufliche Rückorientierung der Antragsgegnerin nach W. zu nennen, die weitere Übernachtungsaufenthalte in Schr.-Su. aus beruflichen Gründen nicht mehr erforderlich macht. Spätestens durch die Eröffnung des eigenen Ladengeschäfts durch die Antragsgegnerin in W. besteht auch kein Zweifel mehr, dass die Ausrichtung ihrer Berufstätigkeit allein auf W. von Dauer geprägt sein wird. Ein weiteres Indiz für die Richtigkeit der Angaben des Zeugen, dass seine Kontakte mit der Antragsgegnerin nur noch sporadisch sind, hat sich im Rahmen des Berufungsverfahrens ergeben. Der Zeuge Ra. ist zum ersten Verhandlungstermin am 15.11.2010 - zunächst unentschuldigt - nicht erschienen, ohne dass die Antragsgegnerin Angaben über seinen Verbleib machen konnte. Erst die telefonische Nachfrage der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin beim Arbeitgeber des Zeugen ergab, dass sich dieser bereits seit zwei oder drei Wochen in Kur befand. Hätte die Antragsgegnerin noch regelmäßigen Kontakt zu D. Ra., so wäre ihr sein Kuraufenthalt mit hoher Wahrscheinlichkeit bekannt gewesen. Schließlich erscheint eine auf nur noch gelegentliche Kontakte reduzierte freundschaftliche Beziehung der Antragsgegnerin zu dem Zeugen nach Aufgabe ihrer Tätigkeit in Ro. auch im Hinblick darauf nicht unplausibel, dass beide übereinstimmend das Ende der Zweierbeziehung auf den gemeinsamen Kanadaurlaub 2008 datiert haben.

Die festgestellte Art und Dauer der Gestaltung der Beziehung genügt im Hinblick auf die mittlerweile nur noch sporadischen Kontakte zwischen der Antragsgegnerin und D. Ra. für die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft nicht mehr. Im Juli 2010 währte die Verbindung zwischen der Antragsgegnerin und D. Ra. etwa vier Jahre und drei Monate. Davon hatte sich die Antragsgegnerin die letzten 19 Monate ein zweites berufliches Standbein im Bereich Schr./Su. geschaffen, was der Beziehung - worauf das Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat - eine neue Dimension gab. Aufgrund der im Juli 2010 eingetretenen Veränderung kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Zeitspanne von fünf Jahren eines gemeinsamen Auftretens in der Öffentlichkeit noch erreicht werden wird. Auch besteht kein Anlass, für die Beziehung der Partner, die zu keinem Zeitpunkt einen gemeinsamen Haushalt führten, eine geringere Zeitdauer als fünf Jahre für die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft genügen zu lassen. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass zu keinem Zeitpunkt ein gemeinsames Auftreten in der Familie der Antragsgegnerin erfolgt ist, Weihnachten jedenfalls seit 2009 nicht mehr gemeinsam verbracht wurde und - von der Zurverfügungstellung des Gästezimmers abgesehen - keine Fürsorge- oder Versorgungsleistungen der Partner füreinander erbracht wurden. Im Übrigen erfolgte der Bruch in der Beziehung der Antragsgegnerin zu D. Ra. noch während des Erstverfahrens. In einem solchen Fall geht es bei der Beurteilung der sich daraus ergebenden Folgen nicht um die Frage des Wiederauflebens eines früher bereits ausgeschlossenen oder herabgesetzten Anspruchs, wie sie nach Fortfall oder Änderung der den Ausschluss begründenden Umstände im Rahmen einer Abänderungsklage zu entscheiden ist. Vielmehr steht der Unterhaltsanspruch insgesamt erstmals zur Entscheidung (BGH FamRZ 1991, 670, 672). Da der Zeitpunkt, bis zu dem das Amtsgericht den Unterhaltsanspruch befristet hat, noch nicht erreicht ist, führt der Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 2 BGB weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft zu einer Beschränkung oder Versagung des Unterhaltsanspruchs.

b) Keine Beschränkung oder Versagung des Anspruchs nach § 1579 Nr. 5 und Nr. 7 BGB

Das Amtsgericht hat zu Recht die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs gemäß § 1579 Nr. 5 (mutwillige Verletzung von Vermögensinteressen des Verpflichteten) und § 1579 Nr. 7 BGB (offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig beim Berechtigen liegendes Fehlverhalten) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls mit sorgfältiger Begründung verneint. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Neue Umstände macht der Antragsteller insofern in der Berufungsinstanz nicht geltend.

Ergänzend wird ausgeführt, dass auch die im April/Mai 2006 aufgenommene außereheliche Beziehung der Antragsgegnerin zu D. Ra. nicht zu einem anderen Ergebnis führt. Zwar kann der Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB erfüllt sein, wenn der Berechtigte gegen den Willen des anderen Ehegatten ein nachhaltiges, auf längere Dauer angelegtes intimes Verhältnis zu einem anderen Partner aufnimmt, weil darin eine so schwerwiegende Abkehr von den ehelichen Bindungen zu sehen sein kann, dass nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit, der dem ehelichen Unterhaltsrecht zugrunde liegt, die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint (BGH FamRZ 2008, 1414 Rn. 26). Dies setzt aber voraus, dass das Verhalten des Berechtigten für das Scheitern der Ehe ursächlich war, was etwa dann nicht der Fall ist, wenn die Aufnahme der Beziehung erst zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der Verpflichtete sich seinerseits bereits von seinem Ehegatten abgewandt hatte. Vorliegend hat die Antragsgegnerin die Ursächlichkeit ihrer Beziehung für das Scheitern der Ehe bestritten und dargetan, die Ehe der Parteien sei bereits seit Jahren zerrüttet gewesen. Demgegenüber hat der für die rechtsvernichtende Einwendung des § 1579 Nr. 7 BGB darlegungs- und beweisbelastete Antragsteller eine Ursächlichkeit der neuen Beziehung der Antragsgegnerin für das Scheitern der Ehe nicht konkret dargetan. Gegen die Ursächlichkeit der neuen Beziehung der Antragsgegnerin für das Scheitern der Ehe spricht im Übrigen, dass sich auch der Antragsteller im Jahr 2006 einer neuen Partnerin zugewendet hat.

c) Keine Herabsetzung oder Befristung des Anspruchs nach § 1578 b BGB

Der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin ist auch nicht nach § 1578 b BGB herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, da sie ehebedingte Nachteile erlitten hat, die in der Höhe den vom Amtsgericht festgesetzten Unterhaltsbetrag mindestens erreichen.

(1) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 S. 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 S. 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB. Danach ist bei der Billigkeitsabwägung vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Ehe ergeben (BGH FamRZ 2010, 2059 Rn. 21).

Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b Abs. 1 BGB die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemessenen Unterhaltsbedarf erreichen, oder könnte er solche Einkünfte erzielen, kann dies im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalt in Form einer Befristung führen. Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hingegen lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit aber bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt. Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 S. 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz aus den beiden Positionen ergibt den ehebedingten Nachteil (BGH a. a. O. Rn. 22, 23).

Dabei trägt der Unterhaltsschuldner nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die zur Anwendung des § 1578 b BGB als Ausnahmetatbestand führen können. Den Unterhaltsgläubiger trifft eine sekundäre Darlegungslast. Er muss also Behauptungen des Unterhaltsschuldners - etwa zum ehebedingten Nachteil - substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sind (BGH FamRZ 2009, 1990 Rn. 18).

(2) Die Antragsgegnerin hat ehebedingte Nachteile erlitten.

Bei Prüfung der ehebedingten Nachteile der Antragsgegnerin ist zu berücksichtigen, dass sie nach der Rollenverteilung während ihrer Ehe die zwei 1983 und 1886 geborenen Töchter betreut hat und deshalb seit 1983 mit ihrer Berufstätigkeit ausgesetzt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Antragsgegnerin als Direktrice in der Textilfirma R. beschäftigt mit einem monatlichen Durchschnittseinkommen im Jahr 1982 von etwa 2.500,00 DM. Nach der Geburt ihrer Kinder gab sie die Tätigkeit in der Textilfirma auf und führte in der Folgezeit 17 Jahre lang nur Änderungsarbeiten in kleinerem Umfang aus. Seit 2000 nahm sie zusätzlich eine Tätigkeit als Verkäuferin in einem Stoffgeschäft auf geringfügiger Basis mit einem monatlichen Einkommen von bis zu 400,00 EUR auf. So gestalteten sich die Erwerbsverhältnisse der Antragsgegnerin auch noch bei der Trennung der Parteien Anfang 2007. Seit 2009 hat die Antragsgegnerin ihre Verkaufs- und Nähtätigkeit auf selbständiger Basis ausgeweitet, wobei ihr Gewinn nach Abzug ihrer Krankenversicherung zwischen 239,00 EUR und 404,00 EUR monatlich betrug. Mittlerweile hat die Antragsgegnerin ein eigenes Stoffgeschäft eröffnet, wobei das daraus zu erzielende Einkommen noch völlig offen ist.

Bei dieser Sachlage sind ehebedingte Nachteile gegeben. Nach Aufgabe ihres Arbeitsplatzes bei der Firma R. ist es der Antragsgegnerin bei Wiedereintritt in das Berufsleben nicht möglich gewesen, wieder eine entsprechend gut dotierte Stelle aufzunehmen. Unerheblich ist dabei, dass mittlerweile - worauf beide Parteien zutreffend hinweisen - zahlreiche Arbeitsplätze in der Textilindustrie, insbesondere in der Fertigung, aufgrund von Arbeitsplatzverlagerung ins Ausland weggefallen sind. Zwar ist der Wegfall eines Arbeitsplatzes nicht ehebedingt. Allerdings liegt keinesfalls nahe, dass die Antragsgegnerin bei Verlagerung oder Schließung der Fertigung durch die Firma R. hiervon längerfristig betroffen gewesen wäre. In ihrer Stellung als Schneiderin mit Abitur, die schon mit 25 Jahren eine Leitungs- und Führungsfunktion inne hatte, hätten ihr gute Möglichkeiten eines Wechsels, ggf. auch in einen branchenfremden Bereich, offen gestanden. Der kurze berufliche Werdegang bis zu ihrem 28. Lebensjahr 1983 zeigt, dass die Antragsgegnerin ehrgeizig, fleißig und befähigt war. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass ihr - fortlaufend im Beruf stehend - mit diesen Eigenschaften auch bei Wegfall ihres konkreten Arbeitsplatzes nicht weiterhin gute Einkommensmöglichkeiten offen gestanden hätten.

(3) Das Maß der ehebedingten Nachteile der Antragsgegnerin ist mindestens so hoch wie der vom Amtsgericht zugesprochene, in der Höhe nicht angegriffene Unterhaltsbetrag von 763,00 EUR. Bei feststehenden ehebedingten Nachteilen ist eine exakte Feststellung zum hypothetisch erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten nicht notwendig; die Tatsachengerichte können sich vielmehr insoweit bei geeigneter Grundlage einer Schätzung entsprechend § 287 ZPO bedienen. Für die Billigkeitsbetrachtung genügt es dann in der Regel, wenn das ungefähre Ausmaß der Einbuße feststeht (BGH FamRZ 2010, 1633 Rn. 39). Vorliegend bewegt sich die Höhe des ehebedingten Nachteils der Antragsgegnerin mindestens im Bereich von 777,00 EUR. Dies errechnet sich bei Zugrundelegung eines angemessenen Lebensbedarfs der Antragsgegnerin von mindestens 1.777,63 EUR netto (4) und eines von ihr erzielbaren Einkommens von etwa 1.000,00 EUR netto (5).

(4) Für den angemessenen Lebensbedarf nach § 1587b BGB ist das Einkommen zu ermitteln, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Eheschließung und die mit der ehelichen Rollenverteilung verbundenen Erwerbsnachteile erreicht hätte. Dabei stellt der Senat nicht auf die Einkommensverhältnisse ab, welche die Antragsgegnerin bei Absolvierung eines von ihr nach dem Abitur zunächst angedachten Studiums der Sonderschulpädagogik gehabt hätte. Die Antragsgegnerin hat bereits vor Eheschließung die Stelle als Direktrice angetreten. Nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren handelte es sich um eine verantwortungsvolle Tätigkeit, die ihr Spaß gemacht habe. Sie habe deshalb keine Veranlassung gesehen, an der Tätigkeit etwas zu ändern. Dies zeigt, dass die Antragsgegnerin die Aufnahme des Studiums selbst nicht mehr weiter verfolgte.

Maßgeblich für den angemessenen Lebensbedarf der Antragsgegnerin ist, wie sich ihr Einkommen weiterentwickelt hätte, wenn sie weiterhin als Direktrice tätig gewesen wäre. Dies ist zwischen den Parteien streitig. Während der Antragsteller vorträgt, die Antragsgegnerin würde als Modedirektrice zwischen 1.900,00 EUR und 2.800,00 EUR verdienen, behauptet die Antragsgegnerin ein Einkommen zwischen 3.500,00 EUR und 4.000,00 EUR.

Der Senat legt zugrunde, dass die Antragsgegnerin ohne Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit aktuell ein monatliches Bruttoeinkommen von mindestens 2.800,00 EUR erzielen könnte, und hält sich damit innerhalb der vom Antragsteller behaupteten Gehaltsspanne. Dabei ist der Senat zunächst von dem Einkommen der Antragsgegnerin im Jahr 1982, dem letzten Jahr vor Geburt des ersten Kindes ausgegangen. Ausweislich des Versicherungsverlaufs zur Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 01.09.2008 (I VA 85 ff.) hat die Antragsgegnerin vom 01.01.1982 bis zum 17.12.1982 (Beginn ihres Mutterschutzes) Pflichtbeiträge aus einem Einkommen von 29.228,00 DM einbezahlt. Unter Hochrechnung auch auf die letzten 14 Tage des Jahres 1982 errechnet sich daraus ein durchschnittliches Monatsgehalt von ca. 2.500,00 DM (29.228,00 DM : 351 Tage x 365 Tage : 12 = 2.532,82 DM). Bereits bei einer Umrechnung nach dem allgemeinen Verbraucherpreis-Jahresindex ergäbe sich daraus für das Jahr 2008 ein Betrag von 2.106,00 EUR. Hinzuzudenken sind Gehaltserhöhungen, wie sie die Antragsgegnerin bereits von 1979 bis 1982 bekam. In den ersten drei Jahren steigerte sich ausweislich der Versorgungsauskunft ihr durchschnittliches Monatseinkommen von 2.174,50 DM im Jahr 1979 auf ca. 2.500,00 DM im Jahr 1982 und damit um 15%. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass auch später Gehaltserhöhungen erfolgt wären, die deutlich über dem Teuerungsausgleich gelegen hätten. Daher schätzt der Senat für den angemessenen Lebensbedarf, dass die Antragsgegnerin als Direktrice heute ein monatliches Bruttoeinkommen von mindestens 2.800,00 EUR erzielen würde. Dies wird durch die im Internet zugänglichen Werte bestätigt. Unter der vom Antragsteller angeführten Quelle www.gehaltsvergleich.com wird das Durchschnittsgehalt für eine Schnitt-/Entwurfs-/Fertigungsdirektrice in Baden-Württemberg mit 2.580,00 EUR aufgeführt, allerdings bei einer über 10-jährigen Berufserfahrung - die die Antragsgegnerin bei ununterbrochener Berufstätigkeit hätte - mit 3.150,00 EUR.

Aus dem monatlichen Bruttoeinkommen von 2.800,00 EUR würde sich für das Steuerjahr 2010 unter Zugrundelegung der Steuerklasse 1 ein Nettoeinkommen von 1.777,63 EUR errechnen (berechnet nach Gutdeutsch, Familienrechtliche Berechnungen).

(5) Das von der Antragsgegnerin erzielte bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielbare Einkommen beläuft sich auf etwa 1.000,00 EUR netto.

Soweit die Antragsgegnerin in den Jahren 2009 und 2010 mit ihrer selbständigen Tätigkeit nur ein Nettoeinkommen nach Abzug von Krankenversicherung in Höhe von zwischen 239,00 EUR und 404,00 EUR monatlich erwirtschaftet hat, kann dies für die Ermittlung der Höhe ihres ehebedingten Nachteils keine Berücksichtigung finden. Im Rahmen des nachehelichen Unterhalts besteht wegen des Prinzips der Eigenverantwortlichkeit grundsätzlich die Obliegenheit des Unterhaltsberechtigten, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, §§ 1569, 1574 Abs. 2 BGB. Mit ihrer selbständigen Tätigkeit in den Jahren 2009 und 2010 wurde die Antragsgegnerin ihrer Erwerbsobliegenheit nicht gerecht, da sie damit kein Einkommen erzielte, das dem einer angestellten Beschäftigung entsprach.

Der Antragsgegnerin ist vielmehr ein fiktives Einkommen zuzurechnen. Für dessen Höhe ist maßgeblich, dass sie ihre Arbeitskraft so gut wie möglich einsetzen und sich Einkünfte anrechnen lassen muss, die sie bei gutem Willen durch eine zumutbare und mögliche Erwerbstätigkeit erzielen könnte (Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1 Rn. 519). Das Amtsgericht hat im Rahmen der Bedürftigkeit der Antragsgegnerin zutreffend ausgeführt, dass ihr, die seit geraumer Zeit eine Tätigkeit als Verkäuferin ausübt, jede Verkaufstätigkeit in Vollzeit zumutbar ist. Für die Höhe des erzielbaren Einkommens hat das Amtsgericht daher ein monatliches Bruttogehalt einer in Vollzeit tätigen Verkäuferin im Einzelhandel zugrundegelegt und dieses in Anlehnung an die in www.lohnspiegel.de aufgeführten Werte mit rund 1.000,00 EUR netto bemessen. Der Senat schätzt das erzielbare Einkommen der Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf die vom Amtsgericht herangezogenen Grundlagen ebenfalls auf 1.000,00 EUR netto. Für die Realitätsnähe dieses Ergebnisses spricht auch, dass dies in etwa dem von der Antragsgegnerin in der St.-T. tatsächlich erzielten Stundensatz entspricht. Bei ihrer geringfügigen Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit hat die Antragsgegnerin zwar einen Stundensatz von 8,65 EUR erhalten. Dieser Betrag hätte sich jedoch bei einer versicherungspflichtigen abhängigen Tätigkeit im Hinblick auf die dann anfallenden Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung spürbar reduziert. Ausgehend von einem um nur 1,00 EUR geringeren Stundenlohn in Höhe von 7,65 EUR würde sich ein Nettoeinkommen von 990,70 EUR errechnen (Berechnung nach Gutdeutsch, Familienrechtliche Berechnungen).

Soweit der Antragsteller geltend macht, der Antragsgegnerin sei ein höheres fiktives Gehalt anzurechnen, greift dies nicht durch. Das Amtsgericht hat die Höhe des fiktiven Einkommens der Antragsgegnerin im Rahmen der Bedürftigkeit festgelegt und ist dabei zu einem in der Berufung von keiner Seite angegriffenen Unterhaltsbetrag gelangt. Damit ist auch im Rahmen der Prüfung von § 1578 b BGB davon auszugehen, dass für die Antragsgegnerin gegenwärtig kein höheres Einkommen erzielbar ist (vgl. BGH FamRZ 2009, 1300 Rn. 62).

Nur ergänzend ist daher auszuführen, dass auch die Argumentation des Antragstellers, wonach die Antragsgegnerin in ihrem erlernten Beruf als Schneiderin jedenfalls ein Durchschnittsgehalt von etwa 1.404,80 EUR im Monat erzielen könnte, nicht greift. Dabei spielt keine Rolle, ob der Antragsteller diesen Wert, was er offen gelassen hat, als Brutto- oder als Nettobetrag verstanden wissen möchte. Sollte der Antragsteller von einem Bruttobetrag ausgegangen sein, würde sich ein Nettolohn von 1.032,52 EUR ergeben, der nicht wesentlich über dem vom Amtsgericht angenommenen fiktiven Einkommen liegt. Wollte der Antragsteller hingegen ein erzielbares Nettoeinkommen in Höhe von 1.404,80 EUR behaupten, wären dabei die tatsächlichen Verdienstmöglichkeiten der Antragsgegnerin nicht ausreichend berücksichtigt. Die Einkommensvergleiche im Internet nennen ein Gehalt für Damenschneider von durchschnittlich 1.237,38 EUR brutto (www.gehaltsvergleich.com), woraus sich ein Nettogehalt von 933,70 EUR errechnen würde. Nichts anderes ergibt sich aus den vom Antragsteller in erster Instanz mit Anlage B1 vorgelegten Stellenangeboten für Schneider. Soweit sich die Stellenanzeigen überhaupt auf Vollzeitstellen beziehen, weisen fast alle kein konkretes Gehalt aus. Nur in wenigen Fällen werden Gehälter genannt, die sich zwischen stündlich 7,50 EUR (Angebot 87, Anlagenheft I, S. 137) und 10,00 EUR (Angebot 103, Anlagenheft I, S. 93), monatlich 1.000,00 bis 1.100,00 EUR netto (Angebot 116, Anlagenheft I, S. 61) und jährlich 15.000,00 EUR und 20.000,00 EUR brutto (Angebot 20, Anlagenheft I, S. 305) bewegen. Bei der Antragstellerin als 55-jähriger Frau, die nach etwa 25-jähriger weitgehender Berufspause wieder in das Berufsleben eintritt, wäre realistischer weise ein Einkommen eher im unteren Bereich der genannten Spannen erzielbar. Dieses würde sich aber von den Einkommensmöglichkeiten als Verkäuferin im Einzelhandel, wie vom Amtsgericht für die fiktive Einkommensberechnung zugrunde gelegt, nicht wesentlich unterscheiden.

(6) Derzeit ist der ehebedingte Nachteil der Antragsgegnerin mit rund 777,00 EUR etwas höher als der vom Amtsgericht festgelegte und in der Berufung nicht angegriffene Unterhaltsbetrag von 763,00 EUR. Ob und gegebenenfalls wann sich der ehebedingte Nachteil in Zukunft vermindern wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar. Insbesondere kann noch keinerlei zuverlässige Prognose dazu gestellt werden, wie sich die Einkommensverhältnisse der Antragsgegnerin aus ihrem erst seit Januar 2011 betriebenen Ladengeschäft entwickeln werden. Daher kann in diesem Erstverfahren noch keine Entscheidung dazu getroffen werden, ob der Unterhaltsanspruch zu einem späteren Zeitpunkt herabzusetzen ist. Denn über eine Herabsetzung kann erst dann entschieden werden, wenn sich verlässlich abschätzen lässt, ob und in welcher Höhe ehebedingte Nachteile dauerhaft bestehen (BGH FamRZ 2009, 1300, Rn. 62f.; Urteil v. 12.01.2011 -XII ZR 83/08-, Rn.42f). Dies ist hier nicht der Fall.

(7) Die Billigkeitsabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls führt im vorliegenden Fall auch nicht dazu, dass ausnahmsweise trotz fortbestehender ehebedingter Nachteile eine Herabsetzung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin erfolgen würde. Zwar hat sich die Antragsgegnerin nach Trennung der Parteien bei Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit zunächst wirtschaftlich sehr unvernünftig verhalten. Sie hat sich im Ergebnis überhaupt nicht um eine Vollzeitstelle in abhängiger Beschäftigung bemüht. Vielmehr hat sie den eher unsicheren Weg der Selbständigkeit eingeschlagen. Überdies hat die Ausübung eines Teils ihrer Arbeit in Ro. so hohe Kosten verursacht, dass sie mit ihrer vom zeitlichen Umfang her fast vollschichtigen Tätigkeit keinen nennenswerten Gewinn erwirtschaftet hat. Diesem Verhalten der Antragsgegnerin ist aber bereits durch Anrechnung eines fiktiven Einkommens Rechnung getragen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie bei zügiger Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung bereits jetzt oder in absehbarer Zukunft ein nennenswert höheres Einkommen als 1.000,00 EUR netto erzielen könnte, liegen im Hinblick auf die in Frage stehenden Tätigkeiten als Verkäuferin im Einzelhandel oder Schneiderin nicht vor. Angesichts der langen Ehedauer von 28 Jahren, der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Antragsgegnerin vom Antragsteller in den letzten 25 Ehejahren und dem Umstand, dass der Antragssteller über eine gesicherte Position im Beamtenverhältnis mit einem deutlich überdurchschnittlichen Einkommen verfügt, erfordert auch die Billigkeit nicht die Herabsetzung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs trotz fortbestehender ehebedingter Nachteile.

d) Ergebnis

Nach allem ist der Anspruch der Antragsgegnerin auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt in Höhe von 763,00 EUR derzeit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu beschränken, zu versagen, zu befristen oder herabzusetzen. ...."

***

„... I. Die Parteien haben am … geheiratet und wurden mit Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 5. Dezember 2001 geschieden; Rechtskraft der Ehescheidung ist im April 2002 eingetreten. Aus der Ehe sind die Söhne D…, geboren am …, und der noch ältere S… hervorgegangen, die mittlerweile wirtschaftlich selbständig sind. Die Trennung der Parteien erfolgte am 1. August 1995. Bereits im Oktober 1995 bezog die Beklagte mit ihrem Lebensgefährten R… Z… eine gemeinsame Wohnung in A…. Bezüglich des Trennungsunterhalts schlossen die Parteien am 13. März 1997 vor dem Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken im Verfahren 6 UF 89/96 einen gerichtlich protokollierten Vergleich, in dem sich der Kläger zur Zahlung von Trennungsunterhalt an die Beklagte in Höhe von monatlich 1.451,00 DM verpflichtete. Auf die vom Kläger bezüglich des titulierten Trennungsunterhalts erhobene Vollstreckungsabwehrklage erging im Verfahren 5 a F 251/08 das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 27. November 1998, mit dem die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlich protokollierten Vergleich vom 13. März 1997 für unzulässig erklärt wurde. Zur Begründung führte das Familiengericht aus, die Beklagte habe ihren Trennungsunterhalt verwirkt, weil sie mit dem Zeugen R… Z… in einer verfestigten eheähnlichen Beziehung lebe. Bei der angeblichen Wohnung des Zeugen Z… in M…, die ihm ein Freund voll möbliert und kostenlos zur Verfügung gestellt habe, handele es sich - wie die Ortsbesichtigung ergeben habe - um eine bloße Scheinadresse. Nach Erlass dieses Urteils, gegen das die Beklagte kein Rechtsmittel eingelegt hatte, bezog diese eine eigene Mietwohnung in N…. Gegen die im Scheidungsverbundurteil vom 5. Dezember 2001 ausgesprochene Verurteilung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts legte der Kläger Berufung zum Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken ein. Im Berufungsverfahren schlossen die Parteien den gerichtlich protokollierten Vergleich vom 14. Juni 2002 (Az. 2 UF 10/02). Darin kamen die Parteien überein, dass der Kläger - dort Antragsteller - an die Beklagte - dort Antragsgegnerin - Aufstockungsunterhalt in Höhe von monatlich 753,00 € zahlen sollte, wovon 606,00 € auf den Elementarunterhalt und 147,00 € auf den Altersvorsorgeunterhalt entfielen. Die Vergleichsgrundlagen sahen auf Seiten der Antragsgegnerin Einkünfte aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit in Höhe von bereinigt monatlich 988,00 € vor; außerdem wurden Vorteile durch den Zeugen Z… in Höhe von monatlich 256,00 € im Wege der Anrechnung berücksichtigt. Mit zunächst beim Amtsgericht - Familiengericht - Neustadt an der Weinstraße erhobener Vollstreckungsabwehrklage hat der Kläger beantragt, die Vollstreckung aus dem gerichtlich protokollierten Vergleich vom 14. Juni 2002 für unzulässig zu erklären. Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, mittlerweile sei infolge des Zeitablaufs von einer verfestigen Lebensgemeinschaft des Zeugen Z… mit der Beklagten auszugehen. Beide bewohnten zwar getrennte Wohnungen in A… und N…; gleichwohl lebe man aber wie in einer Wochenendehe zusammen. Das Amtsgericht - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein hat nach Verweisung der Sache zu dieser streitigen Frage Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen R… Z…. Bezüglich des Inhalts seiner Bekundung wird auf das Protokoll des Familiengerichts vom 21. August 2009 Bezug genommen (Bl. 51-52 d.A.). Mit Urteil vom 21. September 2009 hat das Familiengericht die Vollstreckungsabwehrklage des Klägers abgewiesen. Zur Begründung hat das Familiengericht im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der Bekundung des Zeugen Z… könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte mit diesem Zeugen in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebe. Die Beziehung beschränke sich auf das gemeinsame Verbringen von Freizeit und Urlauben, ansonsten aber bewahre man sich bewusst eigene Lebensbereiche mit getrennten Wohnsitzen. Dem Vorbringen des Klägers stehe außerdem die Präklusionsbestimmung des § 767 Abs. 2 ZPO entgegen, weil die intime Beziehung der Beklagten zu dem Zeugen Z… bei Abschluss des gerichtlich protokollierten Vergleichs vom 14. Juni 2002 bis heute qualitativ unverändert aufrechterhalten worden sei. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 29. Januar 2010 hat der Kläger seinen Klageantrag zeitlich dahin präzisiert, dass die Zwangsvollstreckung ab Rechtskraft des (Senats)-Urteils für unzulässig erklärt werden soll. Der Kläger ist der Auffassung, die Präklusionsbestimmung des § 767 Abs. 2 ZPO sei bei gerichtlich protokollierten Vergleichen nicht anwendbar. Der Kläger ist außerdem der Ansicht, auf Grund der Bekundung des Zeugen Z… könne ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Beklagte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft im Sinne von § 1579 Nr. 2 BGB mit diesem Zeugen lebe. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und ist der Ansicht, der Vollstreckungsabwehrklage fehle es schon an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse, weil sie die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlich protokollierten Vergleich vom 14. Juni 2002 gar nicht betreibe.

II. Das - zulässige - Rechtsmittel hat in der Sache vollen Erfolg. Der vom Kläger erhobene Einwand der Verwirkung im Sinne von § 1579 Nr. 2 BGB - prozessual korrekt geltend gemacht mit der Vollstreckungsabwehrklage im Sinne von § 767 ZPO (siehe hierzu Herget in Zöller, ZPO, 28. Aufl. Rn. 12 Stichwort: ‚Verwirkung' m.w.N.) - ist in der Sache begründet und führt zum völligen Ausschluss des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Beklagten.

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Rechtsschutzinteresse für die Vollstreckungsgegenklage im Sinne von § 767 ZPO zu bejahen.

Dies gilt schon deswegen, weil die Beklagte auf das außergerichtliche Schreiben des Klägers vom 13. Mai 2009 nicht reagiert und der Aufforderung des Klägers, auf die Rechte aus dem Titel zu verzichten und diesen an ihn herauszugeben, keine Folge geleistet hat.

Darüber hinaus hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 29. Januar 2010 auf entsprechende Frage eingeräumt, sie habe die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlich protokollierten Vergleich vom 14. Juni 2002 gar nicht betreiben müssen, weil der Kläger bis dato stets freiwillig den titulierten Ehegattenunterhalt gezahlt habe.

2. Auch die Präklusionsbestimmung des § 767 Abs. 2 ZPO steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen.

Die Präklusionswirkung dieser Bestimmung greift nämlich nicht ein bei solchen Titeln, denen keine Rechtskraftwirkung zukommt; hierzu zählt auch der Prozessvergleich (vgl. Herget in Zöller ZPO 28. Aufl. Rdnr. 20 zu § 767 ZPO m.w.N.).

3. Der Senat ist schon aufgrund der Bekundung des Zeugen Z…, die vor dem Hintergrund der von ihm geschilderten objektiven Umstände zu bewerten ist, zu der Überzeugung gelangt, dass die Beklagte mit diesem Zeugen in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, der Verwirkungsgrund des § 1579 Nr. 2 BGB daher vorliegt.

Einer erneuten Vernehmung des Zeugen Z… durch den Senat bedarf es nicht, weil der Senat vom selben objektiven Erklärungswert der Bekundung dieses Zeugen ausgeht, aus der Zeugenaussage allerdings andere rechtliche Schlussfolgerungen zieht (vgl. Heßler in Zöller aaO Rdnr. 8 zu § 529 ZPO m.w.N.).

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann das Zusammenleben des Unterhaltsberechtigten mit einem neuen Partner dann zur Annahme eines Härtegrundes im Sinne von § 1579 Nr. 2 BGB - mit der Folge der Unzumutbarkeit einer weiteren (uneingeschränkten) Unterhaltsbelastung für den Verpflichteten - führen, wenn sich diese Beziehung in einem solchen Maß verfestigt, dass damit gleichsam ein nichteheliches Zusammenleben an die Stelle einer Ehe getreten ist. Nach welchem Zeitablauf - und unter welchen weiteren Umständen - dies angenommen werden kann, lässt sich nicht allgemein verbindlich festlegen. Vor Ablauf einer gewissen Mindestdauer, die im Einzelfall kaum unter 2 bis 3 Jahren liegen dürfte, wird sich in der Regel nicht verlässlich beurteilen lassen, ob die Partner nur ‚probeweise' zusammenleben oder ob sie auf Dauer in einer verfestigten Gemeinschaft leben und nach dem Erscheinungsbild der Beziehung in der Öffentlichkeit diese Lebensform bewusst auch für ihre weitere Zukunft gewählt haben. Ist diese Voraussetzung erfüllt, dann kann von dem Zeitpunkt an, in dem sich das nichteheliche Zusammenleben der neuen Partner als solchermaßen verfestigte Verbindung darstellt, die Bedeutung der geschiedenen Ehe als Grund für eine fortdauernde unterhaltsrechtlich Verantwortung des Verpflichteten gegenüber seinem geschiedenen Ehegatten zurücktreten und es kann für den Verpflichteten objektiv unzumutbar werden, den früheren Ehegatten unter derart veränderten Lebensumständen gleichwohl weiterhin (uneingeschränkt) unterhalten zu müssen (siehe BGH FamRZ 1997, 671; vgl. auch Senat FamRZ 2008, 1630).

Die Beklagte lebt zwar seit dem Jahr 2000 in N… und nicht mehr in A… in der Wohnung des Zeugen Z…. Diese räumliche Trennung beruhte aber nicht darauf, dass man die intime Beziehung nunmehr als sogenannte Fernbeziehung distanziert aufrechterhalten wollte. Stattdessen ist die Trennung darauf zurückzuführen - dies stellt die Beklagte auch nicht in Abrede -, dass das Familiengericht in seinem Urteil zum Trennungsunterhalt vom 27. November 1998 deutliche Worte gefunden und die Adresse des Zeugen Z… in M… nach durchgeführter Augenscheineinnahme als ‚Scheinadresse' bezeichnet hatte.

Aus der Bekundung des Zeugen Z… ergibt sich mit genügender Deutlichkeit, dass man fast alle Wochenenden mit gemeinsamem Kochen und Essen, die Feiertage und auch die Urlaube zusammen verbringt. Auch Familienfeste werden gemeinsam besucht. An den Wochenenden versorgt die Beklagte gelegentlich auch die Wäsche des Zeugen. An den Wochenenden übernachten beide meistens in der Wohnung des Zeugen in A….

Der Senat geht daher - entgegen der Auffassung des Familiengerichts - vom Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft im Sinne von § 1579 Nr. 2 BGB aus.

Das Vorliegen dieses Verwirkungsgrunds führt vorliegend zu einer vollständigen Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten. Kindesbelange sind nicht zu besorgen; die Beklagte ist außerdem ohnehin gehalten, durch eine vollschichtige Erwerbstätigkeit ihren eigenen angemessenen Lebensbedarf sicherzustellen. ..." (OLG Zweibrücken, Urteil vom 05.02.2010 - 2 UF 140/09)

***

„Zahlt ein Ehegatte trotz Kenntnis eines Verwirkungsgrundes über einen längeren Zeitraum nachehelichen Unterhalt, ohne sich auf die Verwirkung zu berufen, kann er mit dem nachträglich erhobenen Verwirkungseinwand ausgeschlossen sein, weil seine (weitere) Inanspruchnahme auf Unterhalt nicht grob unbillig ist (OLG Bremen, Beschluss vom 01.02.2010 - 4 UF 106/09):

„... I. Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie haben drei gemeinsame Kinder im Alter von 17 ½, 14 ¼ und 11 ½ Jahren, die bei der Beklagten leben. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens schlossen die Parteien am 14.12.2006 vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Bremen (Gesch.-Nr. 65 F 1090/04) einen Vergleich, in dem sich der Kläger u.a. verpflichtete, an die Beklagte ab 01.06.2008 bis einschl. März 2012 nachehelichen Unterhalt i.H. von 470 € monatlich zu zahlen. Der Unterhaltsberechnung wurde ein Gesamteinkommen des Klägers von 3.054,17 € (2.326,65 € netto Erwerbseinkommen zzgl. 727 € Rente) abzgl. Unterhaltszahlungen für die Kinder von insgesamt 1.258 € monatlich zugrunde gelegt sowie ein fiktives monatliches Nettoeinkommen der Beklagten i.H. von 700 €.

Am 14.07.2007 veröffentlichte die Bild-Zeitung einen Artikel mit einem großformatigen Foto, das die Beklagte mit den gemeinsamen Kindern zeigt, und mit der Überschrift ‚Papa, bitte melde Dich'. Neben der Überschrift wurde ein Portraitfoto vom Kläger mit der Unterschrift ‚Herzlos-Vater' und dem Vor- und Nachnamen des Klägers veröffentlicht. Auf einem weiteren Foto ist zu sehen, wie der Kläger einen Bollerwagen mit darin sitzenden Kindern zieht. In diesem Artikel wurde berichtet, dass der Kläger den Kontakt zu seinen Kindern abgebrochen habe und dass diese darunter litten. Der Beklagte hat mit dem am 07. Mai 2009 beim Familiengericht eingegangenen Schriftsatz Abänderungsklage erhoben mit dem Ziel, dass er ab 01. März 2009 an die Beklagte keinen Unterhalt mehr zu zahlen hat. Er hat u.a geltend gemacht, dass die Beklagte ihren Unterhaltsanspruch wegen Mitwirkung an der Presseveröffentlichung verwirkt habe. Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 20.10.2009 der Abänderungsklage insoweit stattgegeben, als es den titulierten Unterhalt nach § 1579 Nr. 7 BGB um die Hälfte, mithin auf 235 € reduziert hat. Die Beklagte beabsichtigt, hiergegen Berufung einzulegen, und begehrt hierfür Prozesskostenhilfe.

II. 1. Der Beklagten ist Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung zu bewilligen, weil diese hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 114 ZPO).

a) Der Senat folgt der Auffassung des Amtsgerichts nicht, wonach eine Herabsetzung des in dem Vergleich titulierten Unterhalts nach § 1579 Nr. 7 BGB geboten sei, obgleich dem Amtsgericht darin zuzustimmen ist, dass der Beklagten ein Fehlverhalten i.S. des § 1579 Nr. 7 BGB vorzuwerfen ist. Die Beklagte hat die auch nach der Scheidung geltenden Gebote der wechselseitigen Rücksichtnahme und des fairen Umgangs miteinander verletzt und somit die Pflicht zur nachehelichen Solidarität missachtet, indem sie sich an die Bild-Zeitung gewandt und den Reportern Fotos vom Kläger überlassen hat, obgleich ihr die Art und Weise der Berichterstattung des Blattes bekannt war, wie sie selbst einräumt. Die Beklagte hat somit (zumindest) in Kauf genommen, dass der Kläger aufgrund ihrer Schilderungen in der Öffentlichkeit als herzloser Vater, der grundlos von heute auf morgen den Kontakt zu seinen Kindern abgebrochen hat, bloß gestellt wird, ohne sich dagegen zur Wehr setzen zu können. Die Beklagte kann nicht geltend machen, dass sie im Umgang mit der Presse unerfahren sei, denn der Beklagten war nach ihren eigenen Angaben bewusst, dass der Artikel über die familiäre Situation des Klägers in ‚reißerische Weise' gestaltet werden würde, als sie sich an die Bild-Zeitung wandte und den Reportern Fotos vom Kläger überließ. Auch ihr Vortrag, sie habe lediglich im Interesse der Kinder einen öffentlichen Appell an den Kläger richten wollen, ist wenig überzeugend; denn dafür hätte es der Veröffentlichung von Fotos nicht bedurft. Im Übrigen muss sich die Beklagte fragen lassen, warum sie sich nicht an das Jugendamt gewandt hat mit der Bitte, sie in ihrem Bemühen zu unterstützen, den Kläger zu Besuchskontakten zu bewegen. Das Amtsgericht hat daher zu Recht die Tatbestandsvoraussetzungen des §1579 Nr. 7 BGB für gegeben erachtet. Dennoch greift der Verwirkungseinwand nicht, weil die (uneingeschränkte) Inanspruchnahme des Klägers aus dem Vergleich nicht grob unbillig ist.

b) Im Rahmen der nach § 1579 BGB vorzunehmenden Billigkeitsabwägung misst der Senat dem Umstand, dass der Kläger in Kenntnis des Fehlverhaltens der Beklagten noch über einen Zeitraum von nahezu 1 3/4 Jahren den vereinbarten nachehelichen Unterhalt vorbehaltlos gezahlt hat, besondere Bedeutung zu. Der Kläger hat nach der Veröffentlichung des Zeitungsartikels gegen die Beklagte zwar ein Strafverfahren eingeleitet, das unter Verweis auf den Privatklageweg eingestellt worden ist; unterhaltsrechtliche Konsequenzen hat er aber nicht gezogen. Auch in der mit der Beklagten in der Folgezeit geführten Korrespondenz (s. Bl. 44 ff. d.A.) ging es ausschließlich um die Zustimmung der Beklagten zur Anlage U. Erst mit Schriftsatz vom 03.03.2009 (Bl. 14 d.A.) hat er die Beklagte unter anderem wegen des auf ihre Initiative hin erfolgten Zeitungsartikels aufgefordert, auf die Rechte aus dem Vergleich zu verzichten. Mit dem im Anschluss an die erfahrene Kränkung gezeigten Verhalten hat der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass er aus dem von ihm jetzt vorgebrachten Verwirkungsgrund für den Unterhalt keine Folgerungen ziehen will. (s. dazu BGH, FamRZ 2004, 614 und FamRZ 2003, 521; OLG Düsseldorf, FamRZ 1997, 1159; OLG Hamm, FamRZ 1994, 704, 705; Wendl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterliche Praxis, 7. Aufl., § 4 Rdnr. 622). Bei der Billigkeitsabwägung hat der Senat ferner die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien berücksichtigt. Aufseiten des Klägers ist von dem bei Abschluss des Vergleichs in Ansatz gebrachten Gesamteinkommen von 3.054,17 € auszugehen und nicht nur - wie vom Amtsgericht versehentlich angenommen - von dem seinerzeit erzielten Erwerbseinkommen von 2.326,65 €. Nach Abzug der Unterhaltszahlungen für die gemeinsamen Kinder i.H. von (zuletzt) 1.027 € insgesamt stehen dem Beklagten monatlich 2.027,17 € netto zur Verfügung, während die Beklagte nur ein (fiktives) monatliches Einkommen von 700 € hat. Hinzu kommt, dass die Beklagte nach dem Vergleich nur noch bis einschließlich Mai 2012 von dem Kläger Unterhalt beanspruchen kann. Schließlich kann auch nicht außer Acht bleiben, dass dem Kläger in dem von ihm gegen den Zeitungsverlag geführten zivilrechtlichen Verfahren wegen der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Artikels ein seinem Antrag entsprechendes Schmerzensgeld von 3.000 € zugesprochen worden ist und er somit einen finanziellen Ausgleich für die erfahrene Kränkung erhalten hat. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist der Unterhaltsanspruch der Beklagten weder zu versagen noch herabzusetzen noch zeitlich zu begrenzen. Der Beklagten ist somit für die beabsichtigte Berufung Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

2. Für ihren beabsichtigten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist der Beklagten jedoch Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht zu versagen.

a) Der auf Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Abt. für Zwangsvollstreckungssachen - Bremen vom 02.06.2009 (Gesch.-Nr. 246 M 460900/09) gerichtete EA-Antrag ist mangels Zuständigkeit des Oberlandesgerichts unzulässig. Der Beschluss des Amtsgerichts ist im Rahmen des vom Beklagten eingeleiteten Verfahrens nach § 850 f ZPO ergangen. Für dieses Verfahren ist nach §§ 764, 802 ZPO ausschließlich das Vollstreckungsgericht und damit der Rechtspfleger zuständig (s. Musielak/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 850f Rdnr. 15).

b) Auch der Hilfsantrag, mit dem die Beklagte im Wege einstweiliger Anordnung monatliche Unterhaltszahlungen von 300 € begehrt, ist unzulässig, weil insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Denn die Beklagte kann aus dem angefochtenen Urteil monatlich 235 € vollstrecken mit Rücksicht darauf, dass das Urteil (Ziff. III. des Tenors) nach § 708 ZPO ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt worden ist, dem Kläger aber keine Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO eingeräumt worden ist. Wegen der Differenz (65 €) zu dem begehrten Unterhalt ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht gerechtfertigt. ..."

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Die Klägerin hat ihren Unterhaltsanspruch nicht gemäß § 1579 Nr. 3 BGB verwirkt. Die Klägerin hat in diesem Verfahren immer offengelegt, dass sie im Jahre 2006 eine Treueprämie erhalten hat. Dass sie dies möglicherweise 2006 dem Beklagten nicht offengelegt hat, führt vorliegend nicht zu einer Verwirkung, denn es fehlt an jeglicher Schädigungsabsicht, so dass ein Unterhaltsanspruch nicht als grob unbillig angesehen werden kann. Da 2006 bereits die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber dem Sohn D. sowie die Haushaltsersparnis der Klägerin entfallen waren, hatte die Klägerin bereits 2006 wie die Unterhaltsberechnungen für die Folgejahre zeigen dem Grunde nach einen deutlich höherer Unterhaltsanspruch als 2005 tituliert worden ist. Die Klägerin hat aber einen höheren Unterhalt erst ab März 2007 begehrt. Auch soweit die Klägerin ihr Einkommen im Verfahren zunächst zu niedrig angegeben hat, kann keine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs abgeleitet werden. Denn die Klägerin hat jederzeit ihre Gehaltsnachweise vorgelegt, so dass eine Kontrolle und Berechnung des Einkommens seitens des Beklagten hat stattfinden können. Ferner ist bei Unterhaltsberechnungen auch nie ein Rechen- oder Übertragungsfehler auszuschließen. Auch hier kann dem Verhalten der Klägerin keine Schädigungsabsicht entnommen werden, die einen Unterhaltsanspruch als grob unbillig erscheinen lässt. Aus diesem Grunde ist auch der Tatbestand des § 1579 Nr. 5 BGB nicht erfüllt...." (KG Berlin, Senat für Familiensachen, Urteil vom 07.07.2009, Az. 13 UF 65/08)

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Von einer verfestigen Lebensgemeinschaft ist auszugehen, wenn die neuen Partner gemeinsam Immobilieneigentum, insbesondere ein zu Wohnzwecken dienendes Hausgrundstück, erworben haben und neben den finanziellen Verflechtungen auch die tatsächliche Ausgestaltung der Nutzung des Hausanwesens - hier: Mitbenutzung von Küche und anderen Räumlichkeiten - keinen Zweifel daran aufkommen lässt, dass die Beziehung für die Zukunft und auf Dauer angelegt ist (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 18.02.2009 - 9 WF 19/09 PKH zu § 1579 Nr. 2):

„... I. Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Die Trennung erfolgte 1996. Bis einschließlich Februar 2008 erbrachte der Antragsgegner an die Antragstellerin regelmäßig freiwillige Unterhaltsleistungen. Zuletzt erfolgte im Monat März 2008 eine Zahlung in Höhe von 250 EUR.

Die Antragstellerin ist neben einem Herrn G. L. - dieser zu ¾, die Antragstellerin zu ¼ - Miteigentümerin eines Hausanwesens, das von beiden erworben wurde und bewohnt wird. Die Antragstellerin bewohnt in dem Hausanwesen die im Obergeschoss gelegenen Wohnräume, die nicht über eine Küche verfügen, sie nutzt jedenfalls u.a. die Küche der im Erdgeschoss der Anwesens gelegenen Wohnung des Miteigentümers L. mit (Anlage Wohnungsmietvertrag PKH- Beiheft).

Die Antragstellerin hat vorliegend um Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren und ein Verfahren auf einstweilige Anordnung, gerichtet auf die Zahlung monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von 350,00 EUR, nachgesucht. Sie hat dies damit begründet, nur über den Anteil an dem fremdfinanzierten Hausanwesen zu verfügen und damit völlig mittellos zu sein. Sie lebe nicht in einer verfestigten nichtehelichen Lebensgemeinschaft und verfüge in dem Hausanwesen über eine eigenständige Wohnung.

Der Antragsgegner hat darauf verwiesen, dass mit Blick auf die Trennungszeit, aber auch auf die 2004 von der Antragstellerin mit Herrn L. eingegangene und mittlerweile verfestigte Lebensgemeinschaft, die nicht nur durch den gemeinsamen Erwerb der Immobilie, sondern auch durch das Erbringen von Versorgungsleistungen der Antragstellerin für Herrn L., gemeinsame Urlaubsfahrten sowie deren gemeinsames Auftreten als Paar in der Öffentlichkeit belegt werde, der Antragstellerin keine Unterhaltsansprüche zustünden.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird (Bl. 18, 19 d.A.) hat das Familiengericht den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin für das Haupt - und das EA- Verfahren zurückgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Antragstellerin bereits nicht dargelegt habe, aus welchen Gründen sie die Zahlung von Trennungsunterhalt anstrebe. Auch sei mit Blick auf die Trennung seit 1996 von einer weitgehenden Verselbständigung der Lebensverhältnisse auszugehen mit der Folge, dass die Antragstellerin grundsätzlich selbst für ihren Unterhalt sorgen müsse. Die in der Vergangenheit von dem Antragsgegner freiwillig erbrachten geringen Leistungen änderten hieran nichts. Zudem sei der Einwand der Verwirkung im Hinblick auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft nicht ausgeräumt, wobei angesichts des gemeinsamen Erwerbs der Immobilie und hiermit im Zusammenhang stehend der unklaren Finanzierung des Anteils der Antragstellerin wegen ihrer behaupteten Einkommenslosigkeit an das Zeitmoment keine hohen Anforderungen zu stellen seien.

Gegen den ihr am 14. August 2008 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit am 5. September 2008 eingegangenen Faxschreiben Beschwerde eingelegt. Sie hat darauf verwiesen, wegen ihres Alters - geboren 1948 -, fehlender beruflicher Qualifikation (ungelernt) und multipler gesundheitlicher Beschwerden und Beeinträchtigungen (Herzprobleme, Magen-Darm- Beschwerden, Osteoporose) keiner Erwerbstätigkeit nachgehen zu können. Das Bestehen einer verfestigten Lebensgemeinschaft beruhe auf reinen Mutmaßungen. Zwecks Erwerbs ihres Miteigentumsanteils habe sie vollständig eine Erbschaft in Höhe von 37.000 EUR eingebracht, daneben lasteten auf der Immobilie Verbindlichkeiten. Auch erhalte sie nunmehr von der ARGE D. Hilfe zum Lebensunterhalt (Bl. 23 ff31 ff d.A.).

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Es hat dies damit begründet, dass die Antragstellerin angesichts der mittlerweile eingeräumten Mitbenutzung der Küche nicht über eine „eigene Wohnung" in dem Hausanwesen verfüge und die angesichts der Eigentumsverhältnisse gewählte Konstruktion eines Untermietverhältnisses ausweislich des Schriftsatzes vom 12. August 2008 erst 2007 gewählt worden sei. Auch habe die Antragstellerin ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend dargetan, weil die Pflicht, eine Beschäftigung aufzunehmen, nicht erst im Laufe des Verfahrens, sondern nach Ablauf des Trennungsjahres 1997 entstanden sei. Hinzu komme, dass ein Unterhaltsanspruch zumindest für die Vergangenheit teilweise auf die ARGE übergegangen sei (Bl. 34 d.A.).

II. Das als gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen als zulässige sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel der Antragstellerin, dem das Familiengericht nicht abgeholfen hat, bleibt ohne Erfolg.

Das Familiengericht hat zu Recht die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung - Klage auf Zahlung von Trennungsunterhalt und einstweiliges Anordnungsverfahren - verspricht nämlich jedenfalls derzeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

a. Zunächst spricht viel dafür, dass, wovon das Familiengericht unter eingehender Würdigung des Parteivorbringens ausgeht, die Voraussetzungen für die vom Antragsgegner gewünschte Anwendung der Härteklausel § 1579 Nr. 2 BGB vorliegen.

Nach dieser Bestimmung kann der Unterhaltsanspruch versagt werden, wenn der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt. Die Beurteilung des Vorliegens einer verfestigten Lebensgemeinschaft ist nicht schematisch, sondern nach den Umständen des Einzelfalles vorzunehmen. Zwar wird, orientiert an der Rechtsprechung des BGH (so BGH, NJW 1997, 1851; BGH, FamRZ 2002, 810), von einer dauerhaften, an die Stelle der Ehe getretenen Gemeinschaft in der Regel erst dann ausgegangen werden können, wenn die Gemeinschaft zwei bis drei Jahre besteht (Mindestdauer). Das Zeitmoment ist jedoch nicht das alleinige Kriterium, an dem die Verfestigung einer Lebensgemeinschaft zu messen ist. Vielmehr kann, je fester die Verbindung nach außen in Erscheinung tritt, eine kürzere Zeitspanne ausreichen. Dabei kommt beispielsweise dem Umstand, dass die neuen Partner gemeinsam Immobilieneigentum, insbesondere ein Wohnzwecken dienendes Hausgrundstück, erworben haben, wegen der wirtschaftlichen Bedeutung dieses Vorgangs zentrale Bedeutung für die Annahme zu, dass die Partner sich für eine langjährige gemeinsame Zukunft entschieden haben, so dass bereits das Zusammenleben in der gemeinsam erworbenen Immobilie während der Dauer eines Jahres genügen kann, eine verfestigte eheähnliche Lebensgemeinschaft anzunehmen (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 2006, 706; OLG Schleswig, FamRZ 2006, 954; OLG Köln, FamRZ 2000, 290; vgl. auch BGH, FamRZ 2002, 810).

Auch vorliegend liegen hinreichende Umstände für das Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft der Antragstellerin mit Herrn G. L. vor. So ist die Antragstellerin neben Herrn L. - dieser zu ¾, die Antragstellerin zu ¼ - Miteigentümerin eines gemeinsam genutzten Hausanwesens, das mit Mitteln beider Parteien erworben wurde. Ohne den finanziellen Beitrag des Herrn L. wäre die Antragstellerin auch nicht in der Lage gewesen, ein Hausanwesen zu erwerben. Die Antragstellerin bewohnt Räumlichkeiten im Obergeschoss des Hausanwesens, Herr L. im Erdgeschoss gelegene Wohnräume, wobei die Küche incl. Waschmaschine, der Garten und ein Kellerraum von der Antragstellerin, deren Wohnräume nicht über eine Küche verfügen, mitbenutzt werden dürfen, und diese räumliche Aufteilung offensichtlich erst im Januar 2007 gewählt worden ist (Anlage Wohnungsmietvertrag PKH- Beiheft). Die finanziellen Verflechtungen, aber auch die tatsächliche Ausgestaltung der Nutzung des Hausanwesens, bei der die Antragstellerin für ihre Versorgung zumindest teilweise auf eine Mitbenutzung der Wohnung des Herrn L., insbesondere der Küche, angewiesen ist, lassen bei vernünftiger Betrachtung keine Zweifel daran aufkommen, dass die Beziehung der neuen Partner für die Zukunft und auf Dauer angelegt ist. Bei der gegebenen Sachlage spricht nach der allgemeinen Lebenserfahrung alles dafür, dass die Antragstellerin in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt.

b. Ferner hat die Antragstellerin nicht hinreichend dargetan, zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit außer Stande (gewesen zu) sein, also bedürftig zu sein.

Anerkanntermaßen besteht eine Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten in der Regel nach Ablauf des Trennungsjahres. Der zeitliche Beginn einer Erwerbsobliegenheit ist dabei immer nach den Umständen des Einzelfalles festzulegen. Entscheidend hierbei ist, ob der nicht erwerbstätige Ehegatte nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten darauf verwiesen werden kann, seinen Unterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (§1361 Abs. 2 BGB).

Die Antragstellerin hat zu der Frage der Erwerbsobliegenheit und hiermit in Zusammenhang stehend zu von ihr unternommenen Erwerbsbemühungen nach Ablauf des Trennungsjahres 1997 nichts Rechtserhebliches vorgetragen. Soweit sie sich im Schriftsatz vom 5. September 2008 (Bl. 23 ff d.A.) auf das Vorliegen multipler gesundheitlicher Beschwerden und Erkrankungen stützt, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, zu belegen, dass sie 1997 nicht in der Lage war, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Auch ihr Hinweis darauf, keinen Beruf erlernt zu haben, verfängt nicht, weil es ungeachtet der nicht von vorneherein auszuschließenden Möglichkeit einer Qualifizierung, und zwar auch im Alter der Antragstellerin von damals 49 Jahren, der Antragstellerin grundsätzlich angesonnen werden kann, auch solche Tätigkeiten auszuüben, die einer besonderen beruflichen Qualifizierung nicht bedürfen. Es gibt auch keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass der Arbeitsmarkt ungelernten Arbeitsuchenden von vorneherein verschlossen ist. Letztlich kann auf der Grundlage der von ihr vorgetragenen Erkrankungen und Beschwerden auch nicht festgestellt werden, dass es ihr auch nunmehr unmöglich ist, einer - unter Umständen auch nur stundenweise auszuübenden - Tätigkeit nachzugehen.

Dem steht auch nicht entgegen, dass der Antragsgegner jahrelang freiwillig Unterhaltszahlungen erbracht hat. Dies entband die Antragstellerin nicht von ihrer Pflicht, eine Erwerbstätigkeit nach Ablauf des Trennungsjahres aufzunehmen. Denn es liegen auf der Grundlage des Parteivorbringens keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die Antragstellerin erkennbar auf die monatlichen Unterhaltsleistungen verließ und gerade deswegen keine Notwendigkeit sah, sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bemühen. Bei der gegebenen Sachlage ist die Annahme eines Vertrauenstatbestandes nicht gerechtfertigt. Ebenso spricht nichts dafür, dass der Antragsgegner die Antragstellerin durch Fortzahlung des Unterhalts bewusst von Erwerbsbemühungen abgehalten, sie also in Sicherheit gewiegt hätte (vgl. hierzu auch BGH, FamRZ 1990, 496, sowie FamRZ 2006, 769; OLG Köln, FamRZ 1999, 853). Hinzu kommt, dass, was unstreitig ist, der Antragsgegner Zahlungen lediglich in einem den Unterhaltsbedarf der Antragstellerin nicht deckenden Umfang erbracht hat. Auch von daher bestand für die Antragstellerin, die ihren Lebensunterhalt nicht allein mit den Zahlungen des Antragsgegners bestreiten konnte, keine Veranlassung anzunehmen, sie sei nicht gehalten, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (vgl. BGH, aaO).

c. Soweit die Antragstellerin, wie sie mit Schriftsatz vom 5. September 2008 vorgetragen hat, nunmehr Hilfe zum Lebensunterhalt von der ARGE D. erhält, liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragstellerin ab dem Zeitpunkt der Unterstützungsleistungen berechtigt ist, Unterhaltsansprüche gerichtlich geltend zu machen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein Forderungsübergang stattgefunden hat (§ 33 SGB II, vgl. Scholz in: Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 8, Rz. 228 ff/232ff, m.w.N.). ..."

***

„... Die Parteien haben am … geheiratet und leben seit 27. Juni 2007 getrennt voneinander. Das Ehescheidungsverfahren ist seit Juni 2008 rechtshängig. Aus der Ehe ist der Sohn S…, geboren am …, hervorgegangen. S... lebte nach dem Auszug der Klägerin zunächst weiterhin bei seinem Vater in dessen Anwesen S… in H…. Am 15. Dezember 2007 wechselte S… zu seiner Mutter, die mit ihrem Lebengefährten J… M… in dessen Eigentumswohnung in der F… in M… zusammenlebt. Zuvor lebte das Paar bereits gemeinsam in einer Wohnung in R…. Die Klägerin hatte bereits im Mai 2007 eine intime Beziehung zu ihrem jetzigen Lebensgefährten J… M… aufgenommen. Die Klägerin, geboren am …, hatte schon im Alter von … Jahren geheiratet und übte während der Ehe lediglich Aushilfstätigkeiten aus. Seit 23. September 2008 geht sie einer Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 25 Stunden pro Woche nach; ihr Bruttolohn beläuft sich monatlich auf 1 200,00 €. Der Beklagte, geboren am …, war beamteter Diplom-Ingenieur bei der D…. Der Beklagte musste sich am 13. April 2005 wegen eines Enddarmkarzinoms einer Operation unterziehen; seine Erkrankung wurde in der Folgezeit mit Bestrahlungen und Chemotherapie behandelt. Nachdem der Beklagte seit 28. Juni 2007 dienstunfähig erkrankt war, wurde er mit Wirkung zum 1. August 2008 in den Ruhestand versetzt. Das Ruhegehalt des Beklagten beläuft sich monatlich auf 1 936,48 €; die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung belaufen sich monatlich auf 263,57 €. Beide Parteien gehörten der Glaubensgemeinschaft der Z... an; die Klägerin wurde zwischenzeitlich wegen Ehebruchs aus dieser Glaubensgemeinschaft ausgeschlossen.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 769,00 € ab Juli 2007 begehrt. Der Beklagte hat den Einwand der Verwirkung wegen Ausbrechens aus intakter Ehe erhoben und hierzu u.a. behauptet, die intime Beziehung der Klägerin zu J… M… bestehe bereits seit 12 Jahren. Das Familiengericht hat über diese Behauptung Beweis erhoben durch Vernehmung der vom Beklagten hierzu benannten Zeugin C… M…, Ehefrau von J… M….

Das Familiengericht hat den Beklagten in dem angefochtenen Urteil verurteilt, Trennungsunterhalt ab Juli 2007 in unterschiedlicher Höhe zu zahlen.

Zur Begründung hat das Familiengericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe ihren Trennungsunterhaltsanspruch nicht verwirkt. Soweit der Beklagte behauptet habe, die intime Beziehung der Klägerin zu J… M… bestehe bereits seit 12 Jahren, habe die Zeugin C… M… dies nicht bestätigt. Darüber hinaus könne von einem Ausbruch aus intakter Ehe schon deswegen nicht die Rede sein, weil die Parteien - wie unstreitig - bereits seit 9 Jahren keinen Geschlechtsverkehr mehr miteinander gehabt hätten. ...

Er beruft sich nach wie vor auf den Einwand der Verwirkung wegen Ausbrechens aus intakter Ehe, behauptet aber nicht mehr, dass die Klägerin schon seit 12 Jahren eine intime Beziehung zu ihrem jetzigen Lebensgefährten J… M… unterhalten habe.

Der Beklagte ist der Auffassung, nach neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung sei es nicht mehr notwendig, dass eine neue Beziehung gefestigt sei und bereits mehrere Jahre bestehe; allein in der Aufnahme der eheähnlichen Beziehung gegen den Willen des Ehegatten liege ein Verwirkungsgrund. Darüber hinaus habe das Familiengericht zu Unrecht angenommen, von einem Ausbruch aus intakter Ehe könne schon deswegen nicht ausgegangen werden, weil die Parteien bereits seit mehreren Jahren keinen Geschlechtsverkehr mehr miteinander gehabt hätten. Diese Auffassung finde im Gesetz keine Stütze; sie entspreche auch nicht der Lebenswirklichkeit. Zudem sei er seit mehreren Jahren krank, im Dezember 2004 sei ein Karzinom in Enddarm festgestellt worden. Dass angesichts dieser Belastungen kein Geschlechtsverkehr stattgefunden habe, lasse keinen Schluss darauf zu, dass die Ehe nicht mehr intakt gewesen sei. Nach der Operation im kleinen Becken sei Geschlechtsverkehr aus physischen Gründen nicht möglich gewesen. Sein Zustand habe sich im Frühjahr 2007 verbessert, weshalb er versucht habe, das geschlechtliche Zusammenleben wieder aufzunehmen; die Klägerin habe dies jedoch verweigert. Sie habe ihm aber bis kurz vor der Trennung kleine Liebesbriefe geschrieben, die sie ihm auf den Tisch gelegt oder eingepackt habe. Darin habe sie ihm ihre Liebe erklärt; sie habe auch ein rotes Herz mit der Aufschrift "Ich liebe dich" über dem Ehebett befestigt.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Familiengerichts als zutreffend.

Sie macht geltend, zum Geschlechtsverkehr sei es nicht mehr gekommen, weil die Beziehung bereits zerrüttet gewesen sei. Man habe massive Eheprobleme gehabt. Der Beklagte habe mit ihr weiterhin geschlechtlich verkehren wollen, wozu es jedoch nicht gekommen sei. Die Beziehung sei derart zerrüttet gewesen, dass sie eine Psychologin, die Zeugin T… aufgesucht habe. Sie habe sich bereits 2004 in deren Behandlung gegeben, welche eine Paartherapie vorgeschlagen habe. Der Beklagte habe dies jedoch abgelehnt.

Sie habe dem Beklagten während der Zeit seiner akuten Erkrankung und danach trotz der ehelichen Probleme zur Seite gestanden und versucht, ihm auch psychisch auf die Beine zu helfen. Sie habe ihm deshalb kleine Zettel geschrieben, um ihn aufzumuntern.

Im Übrigen ergebe sich aus dem Schreiben des Beklagten vom 25. Juni 2008 an die Gemeinschaft der Z..., dass die Ehe längst nicht mehr intakt gewesen sei.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf das angefochtene Urteil sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Das - zulässige - Rechtsmittel hat in der Sache vollen Erfolg.

Der Senat ist entgegen der Auffassung des Familiengerichts der Ansicht, dass die Klägerin ihren Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt im Sinne von § 1361 Abs. 1 BGB gemäß den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 6 BGB a.F. (entspricht § 1579 Nr. 7 BGB n.F.) verwirkt hat. Der Vorwurf eines offensichtlich schwerwiegenden, eindeutig bei der Klägerin liegenden Fehlverhaltens gegen den Beklagten liegt darin begründet, dass die Klägerin schon vor der Trennung der Parteien im Mai 2007 eine intime Beziehung zu ihrem jetzigen Lebensgefährten J… M… aufgenommen und mit diesem in unmittelbarem zeitlichen Anschluss an die Trennung eine eheähnliche Gemeinschaft begründet hat.

Dieses Fehlverhalten ist auch eindeutig der Klägerin zuzurechnen, weil ihr Verhalten für das Scheitern der Ehe der Parteien ursächlich war.

Nach neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der entscheidende Gesichtspunkt für die Annahme eines Härtegrundes im Sinne der genannten Bestimmung in der Widersprüchlichkeit des Verhaltens des Unterhaltsberechtigten zu sehen, der sich zum einen aus der ehelichen Bindung löse, zum anderen aber die eheliche Solidarität durch ein Unterhaltsbegehren einfordere, ohne seinerseits das Prinzip der Gegenseitigkeit zu wahren. Dieses Prinzip werde verletzt, wenn der Berechtigte sich gegen den Willen seines Ehegatten einem anderen Partner zuwende und jenem die dem Ehegatten geschuldete Hilfe und Fürsorge zuteil werden lasse. Eine in dieser Weise erfolgte Abkehr von der Ehe, die vor allem in der Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft oder der Aufnahme eines nachhaltigen, auf längere Dauer angelegten intimen Verhältnisses liegen könne, führe dazu, dass die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheine. Wesentlich sei, ob das Verhalten des Berechtigten für das Scheitern der Ehe ursächlich geworden sei. Das sei etwa dann nicht der Fall, wenn die Aufnahme der Beziehung erst zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, als der Verpflichtete sich seinerseits bereits von seinem Ehegatten abgewandt habe. Die Annahme eines Härtegrundes nach § 1579 Nr. 7 BGB n.F. sei erst dann gerechtfertigt, wenn der Berechtigte sich unter Abkehr von der Ehe einem anderen Partner zuwende. Die Grenze der Zumutbarkeit eines schuldunabhängigen Unterhaltsanspruchs sei dann überschritten, wenn ein getrennt lebender oder geschiedener Ehegatte Unterhaltsansprüche seines Partners zu erfüllen habe, obwohl dieser sich durch Verhaltensweisen, wie sie in den Tatbeständen des § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB normiert seien, ganz bewusst von jeglichen ehelichen Bindungen gelöst habe (vgl. BGH FamRZ 2008, 1414 f.).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Klägerin hat im Mai 2007 eine intime Beziehung zu ihrem Bekannten J… M… aufgenommen, die sie vor ihrem Ehemann so lange geheim halten wollte, bis die Eigentumswohnung ihres Partners bezugsfertig renoviert worden war. Sie hat dem Beklagten kleine Liebesgrüße zukommen lassen und ihm damit das Gefühl vermittelt, man lebe in einer harmonischen Partnerschaft. Noch am 16. Juni 2007 feierte man mit befreundeten Ehepaaren das Fest der Silberhochzeit. Zur Trennung kam es, als der misstrauisch gewordene Beklagte die Klägerin am 27. Juni 2007 auf ihr Verhältnis zu J… M… ansprach. Die Klägerin kam sodann für wenige Tage bei ihren Eltern unter, bis sie mit ihrem Partner eine gemeinsame Wohnung in R… gefunden hatte.

Dieses Verhalten kann nur als bewusstes Loslösen von jeglichen ehelichen Bindungen gewertet werden.

Die so erfolgte Abkehr der Klägerin von der Ehe mit dem Beklagten war für das Scheitern derselben auch ursächlich; die rasche Aufeinanderfolge der Ereignisse von Zuwendung zum neuen Lebensgefährten und Abwendung von ihrem Ehemann erlaubt die Schlussfolgerung, dass sich die Klägerin ohne die Beziehung zu J… M… nicht von der Ehe mit dem Beklagten losgesagt hätte.

Dagegen geht der Senat nicht davon aus, dass die Ehe der Parteien im Zeitpunkt der Trennung bereits aus anderen Gründen als gescheitert anzusehen war.

Soweit das Familiengericht in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass die Parteien schon seit 9 Jahren keinen Geschlechtsverkehr mehr miteinander hatten, sieht dies der Senat nicht als entscheidendes Indiz für das Scheitern der Ehe an. Es gibt mannigfaltige Gründe, weshalb Ehepaare nach längerer Zeit des Zusammenlebens - mehr oder minder einvernehmlich - davon absehen, geschlechtlich miteinander zu verkehren; eine harmonische Lebensgemeinschaft mit gegenseitiger Verantwortung füreinander bedarf nicht unbedingt eines aktiven Sexuallebens. Hinzu kommt, dass bei dem Beklagten im Dezember 2004 ein Enddarm-Karzinom diagnostiziert worden war, weswegen er sich im Frühjahr 2005 einer Operation im kleinen Becken mit dauerhafter Anlage eines Anus praeter und nachfolgender Radiochemotherapie unterziehen musste. Aufgrund des Eingriffs war dem Beklagten schon aus physischen Gründen über mehrere Jahre die Ausübung des Geschlechtsverkehrs nicht möglich; die Behandlung hatte außerdem eine schwere psychische Belastung zur Folge.

Der Verzicht auf den Geschlechtsverkehr lässt daher keine hinreichend wahrscheinliche Schlussfolgerung auf die Zerrüttung der Ehe zu.

Die Behauptung der Klägerin, die sie behandelnde Psychologin T… habe wegen des Vorhandenseins von Eheproblemen im Jahr 2004 eine Paartherapie vorgeschlagen, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 31. Oktober 2008 revidiert, indem sie klargestellt hat, dass sie sich bereits im Jahr 1997 wegen anderer Gründe in psychologische Behandlung begeben hatte.

Zudem genügt die Klägerin mit ihrer allgemein gehaltenen Behauptung, „man habe massive Eheprobleme gehabt", ihrer Darlegungslast nicht.

In der Hinwendung der Klägerin zu einem anderen Mann und der Aufnahme einer intimen Beziehung zu ihm während der bestehenden Ehe ist an sich eine schwere Eheverfehlung zu sehen. Es handelt sich auch um ein einseitiges Fehlverhalten im Sinne der Bestimmung des § 1579 Nr. 6 BGB a.F., solange die Klägerin nicht substantiiert darlegt, dass dem Beklagten ein ähnlich schweres Fehlverhalten zur Last zu legen sei. Die Annahme eines einseitigen Ausbrechens aus der Ehe kann nicht durch den allgemein gehaltenen Vortrag, die Parteien hätten sich auseinandergelebt und es habe keine intakte eheliche Lebensgemeinschaft mehr bestanden, ausgeschlossen werden. Probleme und Spannungen geben einem Ehegatten, selbst wenn er subjektiv die Ehe bereits für gescheitert hält, nicht das Recht, einerseits die eheliche Treuepflicht aufzukündigen und andererseits von dem anderen Ehegatten uneingeschränkt die Erfüllung seiner aus der Ehe herrührenden Unterhaltspflicht zu verlangen. Entscheidend ist vielmehr, ob der andere Ehegatte durch sein Verhalten gezeigt hat, dass er ebenfalls nicht an der Fortsetzung der Ehe interessiert ist oder dass ihn selbst ein ähnlich schweres Fehlverhalten trifft (vgl. OLG Hamm FamRZ 2001, 1611).

Dieser Darlegungslast ist die Klägerin nicht nachgekommen; so fehlt es insbesondere an konkreten Darstellungen der Klägerin zum Zustand der Ehe im Frühjahr des Jahres 2007, als sich die Beziehung zu J… M… anbahnte.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf den Inhalt des Schreibens des Beklagten vom 25. Juni 2008 an die Glaubensgemeinschaft der Z... verweist, unterstützt dies ihren entsprechenden Sachvortrag nicht. Aus diesem Schreiben ergibt sich im Gegenteil, dass der Beklagte mit Besserung seines Gesundheitszustandes Anfang des Jahres 2007 eine positive Entwicklung des ehelichen Zusammenlebens erwartet hatte.

Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist nach Auffassung des Senats auf „Null" zu reduzieren; Kindesbelange des nunmehr … Jahre alten Sohnes S… sind angesichts dessen Alters nicht zu besorgen. ... Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache weist weder grundsätzliche Bedeutung auf noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO. ..." (OLG Zweibrücken, Urteil vom 07.11.2008 - 2 UF 102/08)

***

„... Die Antragstellerin hat den danach ohnehin nur für die Dauer von vier Jahren bestehenden Unterhaltsanspruch nicht wegen grober Unbilligkeit gemäß § 1579 BGB verwirkt.

a) Ein Fall der mutwillig herbeigeführten Bedürftigkeit im Sinne von § 1579 Nr. 4 BGB n. F. liegt nicht vor. Dies gilt auch, soweit der Antragsgegner darauf verweist, die Antragstellerin hätte den von ihr gewonnenen PKW für Unterhaltszwecke verwerten müssen.

Zunächst ist festzustellen, dass die Antragstellerin das Fahrzeug nicht, wie vom Antragsgegner geltend gemacht, erst im Jahr 2006 gewonnen hat. Die Antragstellerin hat im Berufungsverfahren eine Gewinnmitteilung vom 22.10.2002 vorgelegt, so dass angenommen werden muss, dass der Gewinn noch im Trennungsjahr, also im Jahr 2002, spätestens aber zu Beginn des Jahres 2003 angefallen ist. Selbst wenn die Antragstellerin den Wagen sogleich verkauft und einen Erlös in der vom Antragsgegner angenommenen Höhe erzielt hätte, wäre im Hinblick darauf, dass die Antragstellerin wegen ihrer geringen tatsächlichen Einkünfte den Erlös teilweise auch für ihren eigene Lebensunterhalt hätte verwenden müssen, bei Rechtskraft der Scheidung im April 2008 nichts mehr vorhanden gewesen.

Im Übrigen ist ein unterhaltsbezogen leichtfertiges Verhalten, wie es für die Annahme eines Härtegrunds nach § 1579 Nr. 4 BGB n. F. erforderlich ist (vgl. Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 4, Rz. 676 ff.), nicht ersichtlich. Dass die Antragstellerin, die selbst über einen Führerschein nicht verfügt, das Fahrzeug ihrer Tochter überlassen hat, die sie dafür auch öfter mitgenommen hat, kann unterhaltsrechtlich keinen Vorwurf begründen. Gleiches gilt für den Verkauf des Fahrzeugs nach etwa einem Jahr mit Rücksicht auf hohe Unterhaltungskosten. Ob die Antragstellerin seinerzeit in der Lage gewesen wäre, einen höheren Kaufpreis zu erzielen, als er dann tatsächlich von ihr erlöst worden ist, kann dahinstehen. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin sich bewusst unterhaltsbezogen mit einem etwa deutlich zu niedrigen Kaufpreis einverstanden erklärt hätte.

b) Der Härtegrund des § 1579 Nr. 2 BGB n. F., nämlich dass der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, liegt ebenfalls nicht vor. Voraussetzung dafür ist, dass der Berechtigte mit einem neuen Partner ein auf Dauer angelegtes Verhältnis aufnimmt, wobei eine verfestigte Lebensgemeinschaft erst ab einer Mindestdauer von zwei bis drei Jahren angenommen werden kann (vgl. Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 4 Rz. 662). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Antragsgegner (vgl. Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 4, Rz. 609 ff.) nicht bewiesen.

Die Antragstellerin hat schriftsätzlich vorgetragen, sie habe keinen neuen Lebensgefährten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 8.7.2008 hat sie dies noch einmal bekräftigt. Insbesondere hat sie behauptet, dass eine Verbindung zu einem Herrn U. S. nicht bestehe. Angesichts dessen war es Sache des Antragsgegners, seinen Vortrag, wonach die Antragstellerin in einer verfestigten eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebe, zu beweisen. Vor diesem Hintergrund ist die Beweisanordnung im Beschluss des Senats vom 17.7.2008 zu verstehen.

Der Zeuge U. S., nach dem Vortrag des Antragsgegners der Lebensgefährte der Antragstellerin, konnte unter der vom Antragsgegner angegebenen Anschrift nicht geladen werden. Hierauf ist der Antragsgegner rechtzeitig vor dem Termin vom 2.9.2008 hingewiesen worden. Mit Schriftsatz vom 30.7.2008 hat der Antragsgegner dann erklärt, die ladungsfähige Anschrift des Zeugen mitteilen zu wollen, sobald sie bekannt sei. Eine Mitteilung ist bis zum Senatstermin vom 2.9.2008 nicht erfolgt. In diesem Termin hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners dann ausdrücklich erklärt, dass die Anschrift des Zeugen S. nicht angegeben werden könne, da dieser nicht habe ausfindig gemacht werden können. Mit Rücksicht auf diese Erklärung kann das Beweisangebot ohne weitere Fristsetzung unbeachtet bleiben (vgl. auch Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 373, Rz. 8).

Da eine Vernehmung des Zeugen S. nicht möglich war, ist auch die Zeugin N., die Lebensgefährtin des Antragsgegners, nicht zu vernehmen. Die Anordnung der Vernehmung dieser Zeugin durch den Beweis- und Hinweisbeschluss des Senats vom 17.7.2008 war lediglich als Ergänzung im Hinblick auf die vorrangig herbeizuführende Aussage des Zeugen S. zu verstehen. Eine isolierte Vernehmung der Zeugin N. kam nicht in Betracht, da die Tatsachen, die der Antragsgegner in ihr Wissen gestellt hat, lediglich Hilfstatsachen im Hinblick auf den geltend gemachten Verwirkungsgrund darstellen und für sich allein betrachtet die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft auf Seiten der Antragstellerin nicht rechtfertigen können.

Mit Schriftsatz vom 16.6.2008 hat der Antragsgegner behauptet, die Antragstellerin werde mit dem Zeugen S. regelmäßig beim Einkaufen gesehen, ferner auf zwei Stadtfesten, auch als Beifahrerin im Auto des Zeugen. Dieser PKW stehe auch häufig vor ihrer Hauseingangstür. In jenem Schriftsatz hat sich der Antragsgegner zum Beweis für die vorstehenden Ausführungen pauschal auf das Zeugnis der Frau N. bezogen. Bei der Anhörung des Antragsgegners im Senatstermin vom 8.7.2008 ist deutlich geworden, dass er sich hinsichtlich seiner Angaben auf die Beobachtung verschiedener Personen stützt. Hierbei hat er angegeben, Freunde gefragt zu haben, ob sie als Zeugen aussagen könnten; diese hätten über den Vorgang aber nicht mehr sprechen wollen. Der einzige konkrete Vorgang, den der Antragsgegner als seine Beobachtung und eine solche seiner Lebensgefährtin wiedergegeben hat, ist ein Zusammentreffen mit der Antragstellerin, Hand in Hand mit einem fremden Mann, im Realmarkt im Jahr 2003 oder 2004. Mit Schriftsatz vom 27.8.2008 hat der Antragsgegner dann noch vorgetragen, die Zeugin N. könne auch bestätigen, dass es sich bei dem Mann, den die Antragstellerin nach dem Senatstermin vom 8.7.2008 vor dem Oberlandesgericht abgeholt habe, um denselben Mann gehandelt habe, den sie im Realmarkt Hand in Hand mit der Antragstellerin angetroffen habe. Diese beiden in das Wissen der Zeugin N. gestellten Tatsachen lassen aber, ihre Richtigkeit unterstellt, nicht den zwingenden Schluss auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft der Antragstellerin zu. Es handelt sich einerseits um eine Begebenheit aus dem Jahr 2003 bzw. 2004, andererseits um eine solche aus dem Jahr 2008. Dass in der Zwischenzeit, insbesondere für die Dauer von mindestens zwei bis drei Jahren, eine verfestigte Beziehung der Antragstellerin zu dem von der Zeugin zweimal beobachteten Mann bestanden hat, wäre durch entsprechende Aussagen der Zeugin noch nicht bewiesen.

Nach alledem ist der Antragsgegner in Bezug auf den Verwirkungsgrund des § 1579 Nr. 2 BGB n. F. beweisfällig geblieben. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 23.09.2008 - 10 UF 15/08)

***

Für die Frage, ob die Aufnahme einer neuen Beziehung durch den Unterhaltsberechtigten einen Härtegrund im Sinne von § 1579 Nr. 7 i.V.m. § 1361 Abs. 3 BGB darstellt, kommt es nicht darauf an, ob es sich um eine gleichgeschlechtliche oder eine heterosexuelle Beziehung handelt (BGH, Urteil vom 16. April 2008 - XII ZR 7/05 - OLG Brandenburg):

„... Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt für die Zeit vom 1. Mai 2001 bis zu der (am 11. März 2003 rechtskräftig gewordenen) Scheidung ihrer Ehe.

Die am 14. August 1953 geborene Klägerin und der am 8. Dezember 1953 geborene Beklagte haben am 5. April 1975 die Ehe geschlossen. Sie haben fünf gemeinsame Kinder, die in den Jahren 1973, 1975, 1981, 1984 und 1990 geboren wurden. Am 7. Februar 2000 verließ die Klägerin die eheliche Wohnung und zog zu einer Freundin nach L. in Nordrhein-Westfalen. Zu diesem Zeitpunkt lebten die drei jüngeren Kinder noch im elterlichen Haushalt. Sie verblieben bei dem Auszug der Klägerin bei dem Beklagten.

Die Klägerin, die eine Ausbildung als Finanzökonomin absolviert hatte, war während des Zusammenlebens der Parteien viele Jahre berufstätig. In der Zeit ab Januar 2001 ging sie keiner Erwerbstätigkeit nach, sondern bezog zunächst Krankengeld und im Anschluss daran Sozialhilfe. Die auf den Träger der Sozialhilfe übergegangenen Unterhaltsansprüche sind (durch Vereinbarung vom 17. Juli 2007) auf die Klägerin rückübertragen worden.

Der Beklagte, der Diplomingenieur ist, absolvierte während des Zusammenlebens der Parteien ein Studium zum Diplombetriebswirt, das er Anfang 2000 erfolgreich abschloss. Er ist in leitender Position tätig.

Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch genommen. Sie hat beantragt, ihn zur Zahlung von monatlich 1.071,54 € für Juli 2002, von monatlich 1.147,79 € ab August 2002 und von (insgesamt) 11.825,11 € für die Zeit von Mai 2001 bis Juni 2002 zu verurteilen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei aus gesundheitlichen Gründen nicht erwerbsfähig. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, die Klägerin habe einen Unterhaltsanspruch verwirkt, weil sie aus intakter Ehe ausgebrochen sei und ein intimes Verhältnis zu einer Frau aufgenommen habe.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe ein Unterhaltsanspruch nicht zu, weil ihr ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihr liegendes Fehlverhalten gegen den Beklagten zur Last falle. Auf die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Unterhaltsbegehren - für die Zeit von Mai 2001 bis Juli 2002 in eingeschränktem Umfang - weiterverfolgt hat, hat das Oberlandesgericht der Klage teilweise stattgegeben. Es hat der Klägerin zeitlich gestaffelt Trennungsunterhalt in unterschiedlicher Höhe zuerkannt, für den letzten Zeitraum vom 1. Januar bis 10. März 2003 in Höhe von monatlich 971 €. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der zugelassenen Revision, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt. Die Klägerin hat sich der Revision angeschlossen. Sie greift die Klageabweisung wegen eines Betrages von monatlich 59,16 € für Mai und Juni 2001, monatlich 66 € von Januar bis März 2002 und von monatlich 132 € für die Zeit vom 1. April bis 10. Juli 2002 und vom 1. August 2002 bis 10. März 2003 an.

Entscheidungsgründe: Revision und Anschlussrevision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. 1. Das Berufungsgericht hat die Klägerin nach Maßgabe des § 1361 Abs. 1 BGB für unterhaltsberechtigt gehalten, weil sie nach dem eingeholten Sachverständigengutachten jedenfalls in der Zeit von Januar 2001 bis Ende 2002 aufgrund gesundheitlicher bzw. psychischer Störungen nicht erwerbfähig gewesen sei. Ob dieser Zustand noch länger angedauert habe, könne dahinstehen. Denn der Klägerin müsse von dem Zeitpunkt ihrer Genesung an in jedem Fall eine im Januar 2003 beginnende Übergangszeit von drei Monaten zugebilligt werden, um eine neue Arbeitsstelle zu finden. Deshalb sei der Ermittlung des Trennungsunterhaltsbedarfs für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum allein das tatsächliche Einkommen der Klägerin zugrunde zu legen. Eine Verletzung der Erwerbsobliegenheit sei unter Berücksichtigung aller Umstände auch zuvor, von der Trennung bis zum Beginn der Inanspruchnahme des Beklagten, nicht feststellbar.

In die Unterhaltsbemessung müsse auch das tatsächliche Einkommen des Beklagten eingestellt werden, da nicht davon auszugehen sei, dass sein Anfang 2002 erfolgter beruflicher Aufstieg auf einer unerwarteten, vom Normalverlauf abweichenden Entwicklung beruhe. Vielmehr sei die Beförderung des Beklagten nach dem auch im Interesse des Arbeitgebers bereits 1995 begonnenen und Anfang 2000 abgeschlossenen Studium zu erwarten gewesen. Zu berücksichtigen seien danach um berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 5% bereinigte durchschnittliche monatliche Nettoeinkünfte von (jeweils gerundet) 3.117 € für 2001, 4.064 € für 2002 und 4.683 € für 2003. Hiervon seien zunächst monatliche Ratenzahlungen in einer Gesamthöhe von 948,73 € auf bestehende Verbindlichkeiten in Abzug zu bringen. Weitere Abzüge, insbesondere wegen der Höhe der zu zahlenden Miete, seien nicht gerechtfertigt.

Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien seien allerdings auch durch die Unterhaltsverpflichtung gegenüber den gemeinsamen Kindern geprägt gewesen. Insofern sei es grundsätzlich geboten, bei der Unterhaltsbemessung auch den für die volljährigen Kinder geleisteten Barunterhalt vorweg abzuziehen, zu dem der Beklagte allein beigetragen habe. Für den ältesten Sohn O. sei Unterhalt allerdings nicht geleistet worden. Die Zahlungen an den 1975 geborenen Sohn A. seien geringer gewesen als das für ihn bezogene Kindergeld, so dass für diese beiden Söhne ein Vorwegabzug ausscheide. Der Bedarf der 1981 geborenen Tochter K., die im Juni 2001 die Schulausbildung mit dem Abitur beendet, zum Wintersemester 2001/02 ein Studium in Berlin aufgenommen habe und seit dem 1. Oktober 2002 eine Ausbildung als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte absolviere, richte sich allein nach dem Einkommen des Beklagten. Unter Berücksichtigung der jeweils geltenden Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts bzw. seit Oktober 2001 des Kammergerichts sei von einem nicht durch BAföG-Leistungen bzw. Ausbildungsvergütung gedeckten monatlichen Bedarf auszugehen, der höchstens 418,75 € und wenigstens 273,62 € betrage. Der 1984 geborene Sohn M. habe bis 15. November 2002 das Gymnasium besucht und von Februar bis August 2003 zur Vorbereitung auf die beabsichtigte Krankenpflegeausbildung ein unbezahltes Praktikum abgeleistet. Sein - ebenfalls am Einkommen des Beklagten ausgerichteter - Bedarf sei für die Zeit der Volljährigkeit (ab 1. April 2002) mit monatlich 498 € und ab Januar 2003 mit monatlich 560 € anzusetzen. Für die 1990 geborene und daher durchgehend minderjährige Tochter J. sei der Tabellenunterhalt abzüglich der für sie gewährten Unterhaltsvorschussleistungen zu berücksichtigen. Darüber hinaus sei für sie ein Betreuungsbonus von monatlich 150 € in Abzug zu bringen. Der Vorwegabzug des Unterhalts für K. komme allerdings mangels Leistungsfähigkeit des Beklagten nicht durchgehend zum Tragen.

2. a) Diese Ausführungen, gegen die die Revision keine Einwendungen erhebt und die Anschlussrevision nur hinsichtlich der Behandlung des für die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder bezogenen Kindergeldes angreift, begegnen - von dem beanstandeten Punkt abgesehen - auch keinen rechtlichen Bedenken.

b) Die Anschlussrevision macht zu Recht geltend, das Berufungsgericht habe bei der Berechnung des Trennungsunterhalts nicht beachtet, dass das für volljährige Kinder bezogene Kindergeld bedarfsdeckend zu berücksichtigen sei. Unstreitig habe der Beklagte das Kindergeld für alle Kinder erhalten. Es habe für K. im Jahr 2001 monatlich 138,04 € betragen und sei ab Januar 2002 mit monatlich jeweils 154 € für K. und M. zur Auszahlung gelangt.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist das staatliche Kindergeld in voller Höhe auf den Unterhaltsbedarf eines volljährigen Kindes anzurechnen. Mit dem Kindergeld soll die Unterhaltslast im Ganzen, also für alle Unterhaltspflichtigen, erleichtert werden. Deshalb muss es, wenn mehrere Personen zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sind, allen Unterhaltspflichtigen zugute kommen, und zwar ohne Rücksicht darauf, wer öffentlichrechtlich als Empfangsberechtigter bestimmt ist und an wen das Kindergeld ausgezahlt wird. Wenn ein minderjähriges unverheiratetes Kind von seinen Eltern in der Weise unterhalten wird, dass der eine Elternteil die Pflege und Erziehung übernimmt, während der andere für den Barunterhalt aufkommt, so ist darin regelmäßig eine Unterhaltsleistung zu gleichen Teilen zu sehen (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) mit der Folge, dass den Eltern das Kindergeld je zur Hälfte zusteht. Ist gegenüber einem volljährigen Kind dagegen nur ein Elternteil (bar-)unterhaltspflichtig, so widerspräche es dem Zweck des Kindergeldes, wenn es ihm - jedenfalls bis zur Höhe seiner Unterhaltsleistungen - nicht allein zugerechnet würde, nachdem der Anspruch auf Betreuungsunterhalt entfallen ist. Eine Aufteilung des Kindergeldes kommt dann nur noch insoweit in Betracht, als die Eltern den geschuldeten Barunterhalt anteilig erbringen. Eine solche Aufteilung lässt sich am einfachsten dadurch erreichen, dass das Kindergeld auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes bedarfsdeckend angerechnet wird und damit beide Elternteile entsprechend der jeweils geschuldeten Quote vom Barunterhalt entlastet. Für den Fall der Leistungsunfähigkeit eines Elternteils führt dies nach § 1612 b Abs. 3 BGB in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung zur alleinigen Entlastung des barunterhaltspflichtigen Elternteils (Senatsurteil BGHZ 164, 375, 382 ff. = FamRZ 2006, 99 ff.). Dabei macht es keinen Unterschied, ob ein volljähriges unverheiratetes Kind bis zum 21. Lebensjahr noch eine Schulausbildung absolviert und deswegen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegiert ist, oder ob es sich in einer Berufsausbildung befindet und eine eigene Wohnung unterhält. In beiden Fällen soll das Kindergeld nur den (bar-)unterhaltspflichtigen Elternteil entlasten (Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - XII ZR 166/04 - FamRZ 2007, 542, 544). Eine dieser Rechtsprechung entsprechende Behandlung des Kindergeldes sieht nunmehr auch § 1612 b Abs. 1 Nr. 2 BGB in der Fassung des zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I 3189 ff.) vor.

c) Da das Berufungsgericht bei der Ermittlung des der Tochter K. und dem Sohn M. - insoweit nach Eintritt der Volljährigkeit - geschuldeten Unterhalts das Kindergeld nicht auf den festgestellten Bedarf angerechnet und damit zu hohen Kindesunterhalt im Rahmen des Vorwegabzugs berücksichtigt hat, ist der Klägerin - vorbehaltlich der Prüfung, ob der Inanspruchnahme des Beklagten ein Härtegrund nach § 1361 Abs. 3 i.V. m. § 1579 BGB entgegensteht - zu geringer Unterhalt zuerkannt worden. Ihr ungekürzter Unterhaltsanspruch würde sich nach den vorstehenden Ausführungen in den mit der Anschlussrevision allein angegriffenen Zeiträumen wie folgt errechnen:

Für Mai und Juni 2001:

2.168,56 € (bereinigtes Einkommen des Beklagten) abzüglich 268,95 € (Unterhalt für K., nämlich: 406,99 € [Bedarf] abzüglich 138,04 € [Kindergeld]) abzüglich 352,28 € (Unterhalt für den noch minderjährigen M.) abzüglich 166,17 € (Unterhalt für J.) abzüglich 150 € (Betreuungsbonus) = 1.231,16 € abzüglich 175,88 € (1/7 Erwerbstätigenbonus) = 1.055,28 € abzüglich 525,90 € (Einkommen der Klägerin) = 529,38 € : 2 = 264,69 €, gerundet 265 € (= Mehrforderung von 59 €).

Januar bis März 2002:

3.116,17 € (bereinigtes Einkommen des Beklagten) abzüglich 144,96 € (Unterhalt für K., nämlich: 298,96 € [Bedarf] abzüglich 154 € [Kindergeld]) abzüglich 431 € (Unterhalt für den noch minderjährigen M.) abzüglich 231 € (Unterhalt für J.) abzüglich 150 € (Betreuungsbonus) = 2.159,21 € abzüglich 308,46 € (1/7 Erwerbstätigenbonus) = 1.850,75 € abzüglich 533,70 € (Einkommen der Klägerin) = 1.317,05 € : 2 = 658,53 €, gerundet 659 € (Mehrforderung von 66 €).

1. April bis 31. Mai 2002:

3.116,17 € (bereinigtes Einkommen des Beklagten) abzüglich 144,96 € (Unterhalt für K.) abzüglich 344 € (Unterhalt für M., nämlich: 498 € [Bedarf] abzüglich 154 € [Kindergeld]) abzüglich 231 € (Unterhalt für J.) abzüglich 150 € (Betreuungsbonus) = 2.246,21 € abzüglich 320,89 € (1/7 Erwerbstätigenbonus) = 1.925,32 € abzüglich 533,70 € (Einkommen der Klägerin) = 1.391,62 € : 2 = 695,81 €, gerundet 696 € (= Mehrforderung von 132 €).

Die Berechnung für die weiteren die Anschlussrevision betreffenden Zeiträume (1. Juni bis 10. Juli 2002 und 1. August 2002 bis 10. März 2003) führt trotz teilweiser anderer Einzelbeträge ebenfalls zu einer Mehrforderung der Klägerin von monatlich jeweils 132 €, da sich der unterbliebene Kindergeldabzug rechnerisch gleichbleibend auswirkt. Damit erweist sich die Anschlussrevision in vollem Umfang als gerechtfertigt, falls der Klägerin ein Anspruch auf ungekürzten Trennungsunterhalt zusteht.

II. 1. Das Berufungsgericht hat das - im Gegensatz zum Amtsgericht - bejaht und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Härteklausel des § 1579 Nr. 6 BGB (a.F.) i.V. m. § 1361 Abs. 3 BGB sei anzuwenden, wenn dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last falle. Vorliegend könne offen bleiben, ob das Verhalten der Klägerin den Tatbestand des § 1579 Nr. 6 BGB bereits deshalb nicht erfülle, weil die Ehe der Parteien zum Zeitpunkt der Trennung schon nicht mehr intakt gewesen sei. Jedenfalls sei die Abkehr der Klägerin von der Ehe nicht ohne objektiven Grund, sondern aus verständlichen Motiven erfolgt, so dass es an dem Tatbestandsmerkmal ‚Ausbruch aus der Ehe' fehle. Zumindest sei der Aufkündigung der Ehe durch die Klägerin nicht das besondere Gewicht (grobe Verantwortungslosigkeit) beizumessen, das für die Annahme des § 1579 Nr. 6 BGB erforderlich sei. Schließlich stelle sich das Verhalten der Klägerin nicht als schuldhaft dar. Zwischen den Parteien stehe nämlich außer Streit, dass sie vor allem aufgrund ihrer sexuellen Umorientierung und gleichgeschlechtlichen Neigungen im Februar 2000 die Trennung vollzogen habe. Die Klägerin sei damals zu der Zeugin M. gezogen, mit der sie seit Juni 2000 auch eine intime Beziehung unterhalte. Sie habe sich also zuerst von der Ehe losgesagt, bevor es zu dem intimen Verhältnis gekommen sei. Zwar werde ein schwerwiegendes Verhalten regelmäßig auch dann bejaht, wenn die intime Beziehung zu einem anderen Partner erst nach der Trennung aufgenommen werde, soweit sich der andere Ehegatte vorher nicht seinerseits von der Ehe losgesagt habe. Ein solcher ‚normaler' Regelfall liege hier aber nicht vor. Bereits die Abkehr von dem Beklagten könne nicht als Fehlverhalten bewertet werden. Erst recht stelle sich die Aufkündigung der Ehe durch die Klägerin nicht als Sachverhalt mit Verschuldenselementen dar. Eine solche Betrachtungsweise werde der aufgetretenen sexuellen Problematik nicht gerecht. Die Klägerin habe sich nicht von jeglichen ehelichen Bindungen gelöst, um ein intimes Verhältnis aufzunehmen, sondern aufgrund ihrer ernsthaften und nachhaltigen sexuellen Umorientierung. In dieser Situation habe es für sie kaum eine andere adäquate Reaktion als die Lösung aus der ehelichen Gemeinschaft gegeben. Die zu beachtende Verzahnung mit den Grundrechten verbiete es im Ergebnis auch, die sexuelle Umorientierung auf Seiten der Klägerin zu sanktionieren. Denn hierbei handele es sich um eine schicksalsbedingte, natürliche Gegebenheit, die nicht steuerbar sei und die ehelichen Verhältnisse durcheinander bringe. Infolge einer solchen Entwicklung sei die eheliche Treuepflicht des sexuell umorientierten Partners zumindest als entscheidend gelockert, wenn nicht gar als beendet anzusehen. Wenn man der Klägerin verwehren würde, sich aus den ehelichen Bindungen zu lösen, müsste man ihr konsequenterweise auch abverlangen, ihren ehelichen Pflichten nachzukommen und sexuelle Kontakte des Beklagten zuzulassen. Dies könne aber weder in dessen Interesse sein, noch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten von der Klägerin erwartet werden. Aufgrund der sehr langen Ehezeit, der fünf gemeinsamen Kinder und der gehobenen wirtschaftlichen Verhältnisse werde die Grenze des Zumutbaren deshalb nicht überschritten, wenn dem Beklagten unter dem Gesichtspunkt der nachwirkenden ehelichen Solidarität abverlangt werde, die Unterhaltsansprüche seiner getrennt lebenden Ehefrau zu erfüllen, obwohl sie sich bewusst von jeglichen ehelichen Bindungen gelöst habe.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nur im Ausgangspunkt stand.

2. Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB in der Fassung des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes (§ 1579 Nr. 6 BGB a.F.), der ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei dem Berechtigten liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten voraussetzt, erfüllt sein kann, wenn der Berechtigte gegen den Willen des anderen Ehegatten eine eheähnliche Gemeinschaft begründet oder ein nachhaltiges, auf längere Dauer angelegtes intimes Verhältnis zu einem anderen Partner aufnimmt. Darin ist eine so schwerwiegende Abkehr von den ehelichen Bindungen zu sehen, dass nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit, der dem ehelichen Unterhaltsrecht zugrunde liegt, die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint (Senatsurteile vom 27. September 1989 - IVb ZR 78/88 - FamRZ 1989, 1279, 1280; vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 344/81 - FamRZ 1983, 569, 571; vom 3. Februar 1982 - IVb ZR 654/80 - FamRZ 1982, 463, 464 und vom 25. Februar 1981 - IVb ZR 544/80 - FamRZ 1981, 439, 440 f.).

Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob ein Fehlverhalten vorliegt, das eindeutig der Klägerin zuzurechnen ist, oder ob die Ehe zur Zeit der Trennung bereits gescheitert war. Für das Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten des Beklagten zu unterstellen, dass die Ehe der Parteien im Februar 2000 noch intakt war.

3. Für die Annahme, ein Härtegrund i.S. des § 1579 Nr. 7 BGB liege unabhängig von der Frage der Einseitigkeit eines Fehlverhaltens nicht vor, hat das Berufungsgericht maßgebend darauf abgestellt, dass es der Klägerin wegen ihrer sexuellen Umorientierung und Entwicklung gleichgeschlechtlicher Neigungen nicht habe verwehrt werden können, sich aus der ehelichen Gemeinschaft zu lösen. Dabei hat es verkannt, dass allein dieser Schritt der Klägerin ohnehin nicht vorgeworfen werden kann.

Nach der Neufassung des § 1361 BGB durch das 1. EheRG richtet sich der Anspruch auf Trennungsunterhalt allein nach den Lebens-, Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten, ohne dass es auf die Gründe der Trennung ankommt. Das Verhalten des Unterhalt begehrenden Ehegatten, der die Trennung herbeigeführt hat, kann nur nach Maßgabe der Härteregelung des § 1579 BGB berücksichtigt werden. Dem liegt die gesetzgeberische Wertung zugrunde, dass die Trennung als solche keine unterhaltsrechtlichen Sanktionen zur Folge haben soll. Wenn ein Ehegatte seinen Entschluss zur Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft verwirklicht, begibt er sich notwendigerweise der Möglichkeit, seinen weiteren Unterhalt in Form des Familienunterhalts (§ 1360 a BGB) zu erhalten. Würde ihm schon diese mit der Trennung verbundene Folge nach der Härteregelung entgegengehalten werden können, würde ein mittelbarer Zwang zur Aufrechterhaltung der ehelichen Gemeinschaft ausgeübt. Infolgedessen müsste - wie nach dem Rechtszustand vor Inkrafttreten des 1. EheRG - im Einzelfall ermittelt werden, ob der Ehegatte zur Trennung ‚berechtigt' war. Nach geltendem Recht soll der bedürftige getrennt lebende Ehegatte aber grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Gründe der Trennung angemessenen Unterhalt in Form einer Geldrente (§ 1361 Abs. 4 Satz 1 BGB) beanspruchen können (Senatsurteil vom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 82/84 - FamRZ 1986, 434, 435 f.; BGH, Urteil vom 7. März 1979 - IV ZR 36/78 - FamRZ 1979, 569, 570). Es kommt deshalb in diesem Zusammenhang nicht darauf an, aufgrund welcher Umstände die eheliche Lebensgemeinschaft aufgehoben worden ist und ob diese aus der Sicht des die Trennung herbeiführenden Ehegatten mehr oder weniger nahe liegend oder gar zwingend waren.

4. Der entscheidende Gesichtspunkt für die Annahme eines Härtegrundes gemäß §1579 Nr. 7 BGB ist danach nicht in der Trennung als solcher zu sehen, sondern in der Widersprüchlichkeit des Verhaltens des Unterhaltsberechtigten, der sich zum einen aus der ehelichen Bindung löst, zum anderen aber die eheliche Solidarität durch ein Unterhaltsbegehren einfordert, ohne seinerseits das Prinzip der Gegenseitigkeit zu wahren. Dieses Prinzip wird verletzt, wenn der Berechtigte sich gegen den Willen seines Ehegatten einem anderen Partner zuwendet und jenem die dem Ehegatten geschuldete Hilfe und Fürsorge zuteil werden lässt. Eine in dieser Weise erfolgte Abkehr von der Ehe, die vor allem in der Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft oder der Aufnahme eines nachhaltigen, auf längere Dauer angelegten intimen Verhältnisses liegen kann, führt dazu, dass die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint (Senatsurteile vom 23. April 1980 - IVb ZR 527/80 - FamRZ 1980, 665, 666 f.; vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 344/81 - FamRZ 1983, 569, 572 und vom 27. September 1989 - IVb ZR 78/88 - FamRZ 1989, 1279, 1280). Dabei ist es, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, regelmäßig nicht von Bedeutung, ob der Berechtigte sich im unmittelbaren Anschluss an die Trennung einem anderen Partner in der vorgenannten Art zuwendet oder ob dies erst zu einem späteren Zeitpunkt des Getrenntlebens geschieht (vgl. Senatsurteil vom 27. September 1989 - IVb ZR 78/88 - FamRZ 1989, 1279, 1280). Wesentlich ist vielmehr, ob das Verhalten des Berechtigten für das Scheitern der Ehe ursächlich war. Das wäre etwa dann nicht der Fall, wenn die Aufnahme der Beziehung erst zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der Verpflichtete sich seinerseits bereits von seinem Ehegatten abgewandt hatte (so etwa auch Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. IV Rdn. 487).

5. Diese Beurteilung gilt für den hier in Rede stehenden Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB unabhängig davon, ob der Berechtigte eine heterosexuelle oder eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft begründet oder zu einem Mann oder einer Frau ein nachhaltiges auf Dauer angelegtes intimes Verhältnis aufnimmt. Soweit das Berufungsgericht ausführt, aus verfassungsrechtlicher Sicht verbiete es sich, die sexuelle Umorientierung auf Seiten der Klägerin zu sanktionieren, ist dem entgegenzusetzen, dass allein die sexuelle Umorientierung keinen Anlass zu unterhaltsrechtlichen Sanktionen gibt. Die Entwicklung gleichgeschlechtlicher Neigungen und die deshalb vorgenommene Trennung bleiben dem Berechtigten unbenommen. Die Annahme eines Härtegrundes nach § 1579 Nr. 7 BGB ist erst dann gerechtfertigt, wenn der Berechtigte sich unter Abkehr von der Ehe einem anderen Partner zuwendet. Insofern gewährleistet § 1579 BGB gerade die Verfassungsmäßigkeit des verschuldensunabhängigen Unterhaltsrechts. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass der mit der Auferlegung von Unterhaltsleistungen verbundene Eingriff in die Handlungsfreiheit des Verpflichteten nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Die Grenze der Zumutbarkeit eines schuldunabhängigen Unterhaltsanspruchs würde aber dort überschritten, wo ein getrennt lebender oder geschiedener Ehegatte Unterhaltsansprüche seines Partners zu erfüllen hätte, obwohl dieser sich durch Verhaltensweisen, wie sie in den Tatbeständen des § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB normiert sind, ganz bewusst von jeglichen ehelichen Bindungen gelöst hat. In einem solchen Fall wäre die mit der Inanspruchnahme verbundene Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Verpflichteten im finanziellen Bereich nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und könnte vor dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG nicht bestehen (Senatsurteil vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 344/81 - FamRZ 1983, 569, 571 f.; BVerfG FamRZ 1981, 745, 748 ff.). Für den Verpflichteten macht es insofern auch keinen maßgebenden Unterschied, ob sein Ehegatte eine Beziehung zu einem Mann oder zu einer Frau aufgenommen hat. Andererseits stellt sich das Fehlverhalten des Berechtigten nicht deshalb in einem milderen Licht dar, weil er einen gleichgeschlechtlichen neuen Partner gewählt hat.

6. Danach kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Klägerin ein schwerwiegendes, eindeutig bei ihr liegendes Fehlverhalten gegen den Beklagten zur Last fällt. Für die Annahme, das Eingehen des nachhaltigen intimen Verhältnisses zu der Zeugin M. sei der Klägerin nicht vorwerfbar, sind nach den bisherigen Feststellungen jedenfalls keine Anhaltspunkte ersichtlich.

7. Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Dem Senat ist es nicht möglich, in der Sache abschließend zu befinden.

Das Berufungsgericht hat von seinem Standpunkt aus folgerichtig keine Feststellungen dazu getroffen, ob sich die Trennung der Klägerin als Ausbruch aus einer intakten Ehe darstellt oder ob die Ehe im Februar 2000 bereits aus anderen Gründen gescheitert war. Sollte letzteres der Fall gewesen sein, läge ein schwerwiegendes, eindeutig der Klägerin anzulastendes Fehlverhalten nicht vor. Die erforderlichen Feststellungen werden nachzuholen sein. Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

8. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

Falls die Ehe der Parteien bei der Trennung noch nicht gescheitert gewesen sein sollte, wird das Berufungsgericht weiterhin zu prüfen haben, ob der Beklagte sich von der Klägerin bereits abgewandt hatte, als diese das intime Verhältnis zu der Zeugin M. im Juni 2000 aufnahm. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB erfüllt ist, wird es in einem weiteren Schritt zu beurteilen haben, inwieweit der Unterhaltsanspruch der Klägerin unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles, insbesondere der Ehedauer und der fünf gemeinsamen Kinder, zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen ist (vgl. hierzu etwa Senatsurteil vom 12. Januar 1983 - IVb ZR 348/81 - FamRZ 1983, 670, 672). ..." (BGH, Urteil vom 16. April 2008 - XII ZR 7/05)

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Der objektive Tatbestand des für eine Verwirkung nach § 1579 Nr. 5 BGB sprechenden Härtegrundes kann auch dadurch erfüllt sein, dass der Unterhaltsberechtigte den Verpflichteten nicht ungefragt über einen erheblichen Anstieg des eigenen Einkommens informiert (Fortführung des Senatsurteils vom 29. Januar 1997 - XII ZR 257/95 - FamRZ 1997, 483). Hat der Unterhaltsberechtigte eine vollzeitige Erwerbstätigkeit in dem von ihm erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf aufgenommen, können ehebedingte Nachteile i.S. von § 1578 b BGB nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Der Nachteil in der Versorgungsbilanz ist dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und damit vollständig ausgeglichen (Fortführung des Senatsurteils vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134; BGH, Urteil vom 16.04.2008 - XII ZR 107/06 zu BGB §§ 1578 b, 1579 Nr. 5; BGB a.F. §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2).

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Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht ganz oder teilweise verwirkt. Eine Verwirkung nach § 1579 Nr. 2 BGB a. F., bzw. § 1579 Nr. 3 BGB n. F. setzt voraus, dass sich der Unterhaltsberechtigte eines Verbrechens oder schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Unterhaltsverpflichteten oder einen nahen Angehörigen schuldig gemacht hat. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.

Eine Feststellung des Inhalts, dass die Klägerin eine Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) oder einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) zum Nachteil des Beklagten oder seiner Ehefrau begangen hat, kann nicht getroffen werden. Hierzu fehlt es bereits an einem ausreichenden Sachvortrag des insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten. Selbst wenn die Klägerin - wie der Beklagte behauptet - ihn am 31.7.2006 bei der Zufahrt auf eine "rot" anzeigende Ampel durch einen abrupten "Schlenker" nach links mit ihrem Fahrzeug dazu gedrängt haben sollte, auszuweichen, um einen Zusammenstoß zu verhindern, fehlt es an ausreichenden Angaben zur Schaffung einer, für die Erfüllung der Straftatbestände notwendigen, konkreten Gefahr für Leib oder Leben des Beklagten oder seiner Ehefrau oder für fremde Sachen von bedeutendem Wert. Insbesondere fehlen Angaben zur gefahrenen Geschwindigkeit und zum Abstand der beiden Fahrzeuge zueinander. Darauf ist der Beklagte bereits durch den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 28.12.2006 wegen fehlenden hinreichenden Tatverdachts (§ 170 Abs. 2 StPO) im Ermittlungsverfahren 22 Js 1003/06 - welches der Senat zu Informationszwecken beigezogen hat - hingewiesen worden. Außerdem hat der Senat dem Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.1.2008 den Hinweis erteilt, dass er auf der Grundlage des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes - in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft Bielefeld - die Straftatbestände der §§ 315b und 315c StGB nicht als verwirklicht ansieht.

Ob die Klägerin auf der Grundlage des Vorbringens des Beklagten eine Nötigung (§ 240 StGB) im Straßenverkehr begangen hat, kann dahingestellt bleiben, denn diese wiegt jedenfalls nicht so schwer, dass deswegen die Inanspruchnahme des Beklagten auf Ehegattenunterhalt grob unbillig wäre. Im Rahmen der allgemeinen Billigkeitsabwägung gem. § 1579 BGB ist dabei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin das gemeinsame minderjährige Kind K2 betreut und die gem. § 1579 BGB vorrangig zu wahrenden Belange des Kindes dem Ausschluss, der Herabsetzung oder zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin schon deswegen entgegenstehen, weil der Bedarf der Klägerin jedenfalls ab März 2007 unter dem Existenzminimum für Nichterwerbstätige von derzeit 770 € liegt mit der Folge, dass sie im Falle der Kürzung ihres Unterhaltsanspruchs zur Deckung ihres eigenen Lebensunterhalts auf den Verbrauch des Kindesunterhalts angewiesen wäre. ..." (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 06.03.2008 - 2 UF 117/07)

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Der Elternteil, der ab dem 1. 1. 2008 wegen Betreuung eines über drei Jahre alten Kindes Unterhalt gem. § 1570 BGB begehrt, muss im Einzelnen darlegen und unter Beweis stellen, dass ihm wegen fehlender oder unzureichender Betreuungsmöglichkeiten eine Aufnahme oder Ausweitung der Berufstätigkeit nicht möglich ist. Ab dem 1. 1. 2008 ist bei Errechnung des Ehegattenunterhalts nicht mehr der Tabellenwert des Kindesunterhalts, sondern lediglich der Zahlbetrag in Abzug zu bringen. Der Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 2 BGB (verfestigte Lebensgemeinschaft) ist jedenfalls bei einem Zusammenleben von zwei Jahren gegeben. (OLG Celle, Urteil vom 07.02.2008 - 17 UF 203/07 zu BGB §§ 1570 I, 1579 Nr. 2, NJW 2008, 1456 ff).

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„... Der Antragsgegnerin steht auch kein Anspruch auf Unterhalt wegen Alters gemäß §§ 1569, 1571 BGB zu. Allerdings ist die Antragsgegnerin Altersrentnerin, sodass ihr nicht zugemutet werden kann, sich durch Erwerbstätigkeit selbst zu unterhalten. Auch ist ihre Rente eher gering.

Ein etwaiger Anspruch ist jedoch gemäß § 1579 Nr. 7 BGB a. F. bzw. § 1579 Nr. 2 BGB n. F. wegen grober Unbilligkeit zu versagen. Die Antragsgegnerin lebt in einer verfestigten neuen Lebensgemeinschaft. Der Antragsteller hat hierzu vorgetragen, die Antragsgegnerin habe bereits seit Dezember 2003 einen Lebensgefährten, mit dem sie lebe und wirtschafte. Er hat hierzu im Einzelnen vorgetragen, in welcher Weise sich die Lebenspartner ihre Wohnungen teilen, miteinander in Urlaub fahren und auch nach außen als Paar auftreten. Nach seinem Vortrag dauerte diese Gemeinschaft bei Rechtskraft der Scheidung bereits seit 3 ¾ Jahren an.

Von einer Verfestigung ist demnach auszugehen. Die Antragsgegnerin hat dem substantiierten Vortrag des Antragstellers lediglich ein schlichtes Bestreiten entgegengesetzt und behauptet, sie habe ‚einen Bekannten'. Dieses Bestreiten reicht jedoch nicht aus. Der Antragsteller hat substantiiert und im Einzelnen vorgetragen, wie die Lebensgemeinschaft ausgestaltet ist. Dem hätte die Antragsgegnerin im Einzelnen gegenübertreten müssen. Auf ein schlichtes Bestreiten durfte sie sich nicht zurückziehen. Was unter einem ‚Bekannten' zu verstehen ist, ist eine Definitionsfrage, sodass mit diesem Schlagwort kein Sachvortrag ersetzt wird. Das Bestreiten der Antragsgegnerin ist daher mangels Substantiierung unbeachtlich. Auf eine Beweisaufnahme kam es somit nicht an. Auch angesichts der weiteren Umstände ist eine Versagung des Unterhaltsanspruchs angemessen. Die Parteien haben erst im vorgerückten Alter geheiratet. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Sie hat bis zur Trennung 13 Jahre angedauert. Beide Parteien waren über einen längeren Zeitraum ihrer Ehe bereits Altersrentner und der Antragsteller ist nunmehr schwer erkrankt. Ehebedingte Nachteile, etwa in Bezug auf berufliches Fortkommen, hat die Antragsgegnerin nicht vorgetragen. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 27.03.2008 - 9 UF 111/07)

*** (AG)

Eine verfestigte Lebensgemeinschaft i.S. von § 1579 Nr. 2 BGB n.F. ist jedenfalls seit Inkrafttreten der Unterhaltsreform entsprechend den geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen in der Regel schon nach einem Jahr anzunehmen (AG Essen, Urteil vom 11.03.2009 - 106 F 296/08, NJW 2009, 2460 ff):

„... Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil vom 23. 11. 2007 rechtskräftig geschieden. Unter dem gleichen Datum wurde ein Vergleich über den nachehelichen Unterhalt geschlossen, wonach sich der Kl. verpflichtete, monatlich 585 Euro (1585 Euro bereinigtes Einkommen abzgl. 1000 Euro Selbstbehalt) an die Bekl. zu zahlen. Der Kl. ist zum 1. 7. 2008 in den Ruhestand getreten und verfügt über geringere monatliche Einkünfte. Er behauptet, er sei nur noch i.H. von 178 Euro monatlich leistungsfähig. Der Kl. meint, es müsse berücksichtigt werden, dass er seit dem Jahre 2008 kirchensteuerpflichtig sei, die Kirchensteuer könne aus technischen Gründen jedoch erst im Laufe des Jahres 2009 nacherhoben werden. Auf Grund der Beziehung der Bekl. mit Herrn N sei ab dem 1. 12. 2008 ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt verwirkt. Insoweit behauptet der Kl., die Bekl. sei seit Anfang 2006 mit N liiert. Die Bekl. behauptet, sie habe N im Sommer 2007 in einer Selbsthilfegruppe kennengelernt und dieser sei erst ab dem 31. 1. 2008 bei ihr eingezogen. Der Kl. habe einschließlich des Verheiratetenzuschlags auf Grund seiner neuen Ehe ein Nettoeinkommen i.H. von 1945,38 Euro, so dass sich nach den unstreitigen Abzügen von 537,42 Euro ein bereinigtes Nettoeinkommen i.H. von 1407,96 Euro ergebe. Hierzu sei noch ein anteiliger Wohnwert hinzuzuaddieren, weil seiner zweiten Frau eine Eigentumswohnung gehöre, die die Eheleute gemeinsam bewohnten. Hierfür sei ein anteiliger Betrag von 300 Euro anzusetzen. Der Kl. behauptet insoweit, für Zinsen und Tilgung müsse seine Frau monatlich 514 Euro, für Hausgeld 170 Euro und für die Wohnung insgesamt 779,19 Euro monatlich aufwenden, wovon er ihr die Hälfte ersetze. Daher verbleibe kein positiver Wert.

Das AG - FamG - hat den nachehelichen Unterhalt für die Zeit vom 1.8. bis 31. 12. 2008 auf 386 Euro und für Januar 2009 auf 167,50 Euro herabgesetzt und für die Zeit ab Februar 2009 eine Zahlungspflicht des Kl. verneint. ...

Der Vergleich der Parteien vom 23. 11. 2007 ist wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage abzuändern. Insoweit liegt eine wesentliche Änderung vor, weil der Kl. auf Grund seiner Pensionierung erheblich geringere Nettoeinkünfte zur Verfügung hat als zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses.

Für das Jahr 2008 kann die Kirchensteuerbelastung des Kl. noch nicht berücksichtigt werden, weil auch insoweit das Zuflussprinzip der Hammer Leitlinien anzuwenden ist. Insoweit gilt nichts anderes als bei einer Steuererstattung bzw. Nachzahlung. Auch ist im Jahre 2008 entgegen der Ansicht des Kl. der Familienzuschlag in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen, weil nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566 = FamRZ 2008, 1911 [1914]) insoweit eine Neubewertung gerechtfertigt ist. Dieser Zuschlag dient der Milderung der Unterhaltslast, so dass sich durch die erneute Heirat des Kl. keine wesentliche Veränderung ergeben hat.

I. 2008:
Entsprechend den eingereichten Gehaltsabrechnungen des Kl. ergibt sich bei Steuerklasse IV und Eintragung eines Freibetrags sowie Einbeziehung des Familienzuschlags ein

Nettoeinkommen i.H. von 1891,21 Euro
anteilige Sonderzuwendungen + 32,21 Euro
unstreitige Abzüge - 537,42 Euro
bereinigtes Nettoeinkommen 1386 Euro.

Ein Wohnwert ist auf Seiten des Kl. nicht anzusetzen. Dazu wäre nach Nr. 5.1 der Hammer Leitlinien Voraussetzung, dass der Kl. in einer eigenen Eigentumswohnung wohnen würde, woran es fehlt. Die Wohnungsüberlassung durch seine zweite Ehefrau ist eine freiwillige Zuwendung Dritter, die nicht den Zweck hat, den Unterhaltsberechtigten besser zu stellen, also unterhaltsrechtlich nicht als Einkommen zu werten ist.

Nach Abzug des Selbstbehalts von 1000 Euro ergibt sich eine Leistungsfähigkeit von 386 Euro.

Dieser Selbstbehalt ist nicht auf Grund der Wohnsituation zu reduzieren. Die Hammer Leitlinien sehen in dem Selbstbehalt von 1000 Euro 360 Euro für die Warmmiete einer Wohnung vor. Die Aufwendungen des Kl. erreichen diesen Betrag.

II. 2009:
Aus den Gehaltsabrechnungen für das Jahr 2009 ergibt sich ein

laufendes monatliches Nettoeinkommen von 1673,96 Euro
anteilige Sonderaufwendungen + 30,68 Euro
Abzüge - 537,42 Euro
bereinigtes Nettoeinkommen 1167,22 Euro
Selbstbehalt - 1000,00 Euro
Leistungsfähigkeit rund 167,50 Euro.

III. Der Unterhaltsanspruch der Bekl. ist bis zum 31. 1. 2009 zu begrenzen.

Gemäß § 1579 Nr. 2 BGB n.F. ist ein Unterhaltsanspruch zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt. Das ist hier der Fall.

1. Eine solche Gemeinschaft ist gegeben, wenn der Berechtigte zu einem neuen Partner ein auf Dauer angelegtes Verhältnis aufnimmt und das nichteheliche Zusammenleben gleichsam an die Stelle einer Ehe getreten ist. Maßgebend ist hierbei das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Die Bekl. und der Zeuge N sind nach ihren übereinstimmenden Bekundungen seit September 2007 beide regelmäßige Besucher der Selbsthilfegruppe, haben nach Angaben der Bekl. kurz danach beieinander übernachtet und den Geburtstag der Bekl. im November 2007, Weihnachten und Silvester 2007 gemeinsam gefeiert. Weil der Zeuge ein früheres Zusammenziehen wegen der noch ausstehenden Scheidung und seiner Erfahrung, dass sich manche Eheleute nach der Scheidung wieder annähern, ablehnte, sind die Bekl. und der Zeuge N nach ihren übereinstimmenden Bekundungen erst ab dem 1. 2. 2008 zusammengezogen. Seitdem ist die Beziehung beider in ihrem Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit an die Stelle einer Ehe getreten. Der Einzug des Zeugen N wurde nach beiden Aussagen dem Vermieter nicht nur mitgeteilt, sondern der Mietvertrag auf den Namen des Zeugen N als alleinigen Mieter umgeschrieben. Beide traten auch als Paar in der Öffentlichkeit auf, zum Beispiel - wie in den Monaten zuvor - beim Ausgehen, bei einem gemeinsamen Urlaub sowie dadurch, dass in der Todesanzeige anlässlich des Todes der Mutter der Bekl. ausdrücklich der Zeuge N und die Bekl. gemeinsam genannt wurden. Auch auf der Kranzschleife wurde der Name des Zeugen N gemeinsam mit dem der Bekl. und ihrer Tochter genannt. Der Zeuge N hat bei seiner Aussage schließlich die Beziehung auch selbst dahin bewertet, ab dem 1. 2. 2008 handele es sich um ein eheähnliches Verhältnis.

2. Als weitere Voraussetzung wird vielfach eine Mindestdauer der eheähnlichen Lebensgemeinschaft von zwei bis drei Jahren genannt (so etwa Wendl/Staudigl, Das UnterhaltsR in der familiengerichtlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rdnr. 662). Diese Anforderung geht zurück auf die Entscheidung des BGH vom 21. 12. 1988, FamRZ 1988, 487 [491]. Dieser begründet dies damit, vor Ablauf einer solchen Mindestgrenze werde sich im allgemeinen nicht verlässlich beurteilen lassen, ob die Partner nur ‚probeweise' zusammen leben, etwa um eine spätere Eheschließung vorzubereiten - ein Verhalten, das keinen Härtegrund i.S. von § 1579 Nr. 7 BB erfülle - oder ob sie auf Dauer in einer verfestigten Gemeinschaft leben und nach dem Erscheinungsbild der Beziehung in der Öffentlichkeit diese Lebensform bewusst auch für die weitere Zukunft gewählt hätten.

Diese zeitlichen Voraussetzungen sind jedenfalls nach Inkrafttreten der Unterhaltsreform nicht mehr angemessen.

a) Die Entscheidung des BGH erfolgte in einer historischen Entwicklung, in der zunächst Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten nur dann untergingen, wenn dieser erneut heiratete. Weil aus diesem Grund in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen von einer neuen Heirat abgesehen wurde, hat die Rechtsprechung sodann diesen Umstand als weiteren Härtegrund i.S. von § 1579 Nr. 7 BGB a.F. anerkannt (u. a. BGH, NJW 1983, 1548 = FamRZ 1983, 569). Der Regelfall des Zusammenlebens war damals die Ehe, die Scheidungsrate war niedrig und die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften gering. Auf Grund dieses Ausgangspunktes stand die Frage nach einer künftigen Heirat oder verständigen Gründen für eine Nichtheirat im Vordergrund. Angesichts der geringen Verbreitung und geringen gesellschaftlichen Akzeptanz eines nichtehelichen Zusammenlebens erschien es sehr zweifelhaft, ob diese Lebensform für die weitere Zukunft auf Dauer gewählt sein würde. Daher wurde eine mehrjährige Dauer als nötig erachtet, um eine Ähnlichkeit mit der unter den damaligen gesellschaftlichen Verhältnissen regelmäßig lebenslang dauernden Ehe annehmen zu können.

Die Rechtsprechung hat in den letzten Jahren wiederholt den geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen Rechnung getragen, so etwa durch den Wechsel von der Anrechnungs- zur Differenzmethode hinsichtlich der Erwerbsarbeit nach Haushaltsführung oder Kinderbetreuung (BGH, NJW 2001, 2254 = FamRZ 2001, 986) oder Berücksichtigung nachehelicher Veränderungen mittels des Begriffs der ‚wandelbaren ehelichen Lebensverhältnisse'. In den vergangenen mehr als 20 Jahren sind die Zahl der Eheschließungen und die durchschnittliche Ehedauer erheblich zurückgegangen und die Scheidungsquote erheblich gestiegen. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft hat eine breite gesellschaftliche Anerkennung erfahren und ist heute in einer Vielzahl der Fälle kein bloßes Durchgangsstadium zu einer neuen Ehe, sondern eine auf Dauer gewählte Lebensform. Anders als vor über 20 Jahren bestehen inzwischen kaum Hemmungen, eine fehlgeschlagene eheliche oder nichteheliche Lebenspartnerschaft nach kurzer Zeit zu beenden. Insoweit ist die Überlegung überholt, erst nach zwei bis drei Jahren könne beurteilt werden, ob die Partner nur ‚probeweise' zusammenleben.

b) Bei Auslegung des o.g. Tatbestands ist ferner zu berücksichtigen, dass es nach § 1569 BGB jedem Ehegatten nach der Scheidung obliegt, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs ist demgegenüber die Ausnahme, so dass nach der Gesetzessystematik die Ausnahmetatbestände eng bzw. die insoweit bestehenden einschränkenden Tatbestände weit auszulegen sind. Daher ist - wie im Rahmen von § 1578b BGB n.F. - zu berücksichtigen, dass seit Beginn der neuen Partnerschaft eine zunehmende Entflechtung der mit dem früheren Ehegatten bestehenden gemeinsamen Lebensverhältnisse stattfindet.

c) Schließlich verlangt auch der Zweck des § 1579 BGB, die bisherigen Anforderungen abzusenken. Die Vorschrift berücksichtigt, inwieweit es dem einen Ehegatten zuzumuten ist, aus nachehelicher Solidarität weiterhin Unterhalt zahlen zu müssen, während sich der andere durch ein dort genanntes Verhalten von den aus der früheren Ehe herrührenden Bindungen abgewendet hat. Auch insoweit haben sich die gesellschaftlichen Verhältnisse geändert. Es kann nicht mehr festgestellt werden, dass eine lebenslange Solidarität trotz beendeter Ehe als angemessen erachtet wird, vielmehr wird es - wie die o.g. Neuregelungen zeigen - als angemessen gewertet, dass sich die Eheleute nach einer kurzen Übergangsfrist auf die geänderten tatsächlichen Umstände einstellen. Bei deren Bemessung erscheint es gerechtfertigt, entsprechend § 7 III a SGB II nach einem Jahr eine verfestigte Lebensgemeinschaft anzunehmen (ebenso Klein, Das neue UnterhaltsR, 2008, III 9c aa). Dafür spricht zudem, dass auch schon zum früheren Recht in einer Reihe von neueren OLG-Entscheidungen bereits bei Hinzutreten weiterer Umstände bereits nach 1 bis 1 ½ Jahren eine derartige Verfestigung angenommen wurde (Nachw. Wendl/Staudigl, Fußn. 400) und der Unterhaltsanspruch bei Beendigung der Beziehung wieder aufleben kann. Auch wird so berücksichtigt, dass die Fortdauer der Unterhaltsbelastung einen nicht unerheblichen Eingriff in die Handlungsfreiheit und Lebensgestaltung des Unterhaltspflichtigen darstellt (BGH, NJW 1984, 2692 = FamRZ 1984, 986 [987]).

Hier sind die Bekl. und der Zeuge N nach ihren übereinstimmenden Aussagen seit dem 1. 2. 2008 zusammengezogen, nachdem sich die Partner über die Dauerhaftigkeit ihrer Beziehung Gewissheit verschafft hatten, so dass dem Kl. eine weitere Unterhaltspflicht aus den o.g. Gründen ab dem 1. 2. 2009 unzumutbar ist. Insoweit ist ferner zu berücksichtigen, dass er, wie oben dargestellt, seit dem 1. 1. 2009 selbst in eingeschränkten finanziellen Verhältnissen lebt und nur in einem geringen Umfang leistungsfähig ist. ..."


§ 1580 Auskunftspflicht

Die geschiedenen Ehegatten sind einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen. § 1605 ist entsprechend anzuwenden.

§ 1581 Leistungsfähigkeit

Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Den Stamm des Vermögens braucht er nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

Leitsätze/Entscheidungen:

Wird ein Ehegatte stationär pflegebedürftig, so entsteht ihm ein besonderer persönlicher Bedarf, der vor allem durch die anfallenden Heim- und Pflegekosten bestimmt wird. In diesem Fall richtet sich der Familienunterhaltsanspruch ausnahmsweise auf Zahlung einer Geldrente. Ein solcher Unterhaltsanspruch setzt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners voraus. Der dem Unterhaltsschuldner mindestens zu belassende Eigenbedarf kann in zulässiger Weise nach dem in der Düsseldorfer Tabelle und den Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen sogenannten eheangemessenen Selbstbehalt bemessen werden (BGH, Beschluss vom 27.04.2016 - XII ZB 485/14):

„... aa) Der Anspruch auf Familienunterhalt nach den §§ 1360, 1360 a BGB lässt sich zwar nicht ohne weiteres nach den zum Ehegattenunterhalt nach Trennung oder Scheidung entwickelten Grundsätzen bemessen. Seinem Umfang nach umfasst der Anspruch auf Familienunterhalt gemäß § 1360 a BGB alles, was für die Haushaltsführung und die Deckung der persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und eventueller Kinder erforderlich ist. Sein Maß bestimmt sich aber nach den ehelichen Lebensverhältnissen, so dass der Senat in Fällen der Konkurrenz mit anderen Unterhaltsansprüchen § 1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen hat (Senatsurteil BGHZ 196, 21 = FamRZ 2013, 363 Rn. 33 mwN; BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 30).

Der insofern anzuwendende Halbteilungsgrundsatz ist indessen nur auf den Regelfall zugeschnitten und dient dazu, das für Konsumzwecke zur Verfügung stehende Familieneinkommen bei gleichartiger Bedarfslage gerecht unter den Ehegatten aufzuteilen. Wird ein Ehegatte hingegen pflegebedürftig, so entsteht ihm aufgrund seiner Pflegebedürftigkeit ein besonderer, in der Regel existenznotwendiger Bedarf. Dieser wird, wie der vorliegende Fall zeigt, das Einkommen der Ehegatten nicht selten erreichen oder sogar übersteigen. Als unabweisbarer konkreter Bedarf kann er dann - insoweit ähnlich dem allgemeinen Mindestbedarf (vgl. Senatsurteile BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn. 25 ff. und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 32) - nicht auf einen hälftigen Anteil am Familieneinkommen beschränkt bleiben, sondern bemisst sich nach den für den Lebensbedarf des pflegebedürftigen Ehegatten konkret erforderlichen Kosten (vgl. OLG Düsseldorf NJW 2002, 1353; OLG Köln FamRZ 2010, 2076; OLG Celle FamRB 2016, 133). Der Bedarf kann in diesem Fall wie der Bedarf pflegebedürftiger Eltern im Rahmen des Elternunterhalts bemessen werden. Er bestimmt sich somit bei stationärer Pflege nach den Heim- und Pflegekosten zuzüglich eines Barbetrags für die Bedürfnisse des täglichen Lebens (vgl. Senatsurteile vom 21. November 2012 - XII ZR 150/10 - FamRZ 2013, 203 Rn. 15 ff. mwN und vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860).

bb) Aufgrund der Besonderheiten des Familienunterhalts ist der Senat bislang davon ausgegangen, dass abweichend von der regelmäßigen Rechtsnatur des Unterhalts die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen keine Voraussetzung des Unterhaltsanspruchs sei. Der Verpflichtete könne im Verhältnis zu seinem Partner seinen Beitrag zum Familienunterhalt nicht unter Hinweis darauf verweigern, er sei ohne Gefährdung seines Eigenbedarfs zur Unterhaltsleistung nicht in der Lage. Ein solches Verhalten wäre dem ehegemeinschaftlichen Prinzip fremd und widerspräche der familienrechtlichen Unterhaltsregelung (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - FamRZ 2006, 1010 Rn. 36 mwN; ebenso BVerfG FamRZ 1984, 346, 350 mwN; vgl. Wendl/Bömelburg Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 3 Rn. 43; NK-BGB/Kaiser 3. Aufl. § 1360 Rn. 14).

Diese Erwägungen beziehen sich indessen, wie das Oberlandesgericht richtig gesehen hat, auf den Regelfall des häuslichen Zusammenlebens der Familie. Beim häuslichen Zusammenleben kommen die vom Unterhaltspflichtigen an die Familie geleisteten Beiträge diesem selbst wieder zugute, indem sie auch für seine Lebensbedürfnisse Verwendung finden. Daher besteht in der Regel keine Veranlassung dazu, dem Ehegatten als Selbstbehalt einen Betrag zu belassen, der vergleichbar mit dem Trennungsunterhalt und dem nachehelichen Unterhalt zur Bestreitung seines eigenen Unterhalts bestimmt ist. Zugleich hat der Unterhaltspflichtige regelmäßig seinerseits einen Unterhaltsanspruch. Dieser richtet sich grundsätzlich auf einen gleichwertigen Beitrag des anderen Ehegatten zum Familienunterhalt und kann bei einem nicht erwerbstätigen Ehegatten etwa in der Haushaltsführung bestehen. Es dürfte auch tatsächlicher Handhabung von in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebenden Ehegatten entsprechen, dass sie - abgesehen von einer möglichen Vermögensbildung - die verfügbaren Geldmittel zum gemeinsamen Verbrauch verwenden. Reichen diese zur Bestreitung des Familienunterhalts nicht aus, werden - abgesehen von der Aufnahme von Konsumentenkrediten - folgerichtig Sozialleistungen beantragt werden müssen, wobei das Sozialrecht ebenfalls den Bedarf sämtlicher Familienmitglieder einbezieht und im Rahmen der Bedarfs- bzw. Einsatzgemeinschaft das Einkommen beider Ehegatten berücksichtigt (§§ 7 Abs. 3, 9 Abs. 2 SGB II; § 27 Abs. 2 SGB XII).

Vom Regelfall familiären Zusammenlebens in einer häuslichen Gemeinschaft, in dem bei den einzelnen Familienmitgliedern nur der Elementarbedarf als Regelbedarf anfällt, unterscheidet sich der Fall einer bei einem Ehegatten aufgetretenen Pflegebedürftigkeit wesentlich. Wegen des besonderen Mehrbedarfs des pflegebedürftigen Ehegatten, der seinerseits zu eigenen Familienunterhaltsleistungen nicht in der Lage ist, stellt sich die Frage der gleichmäßigen Verteilung aller verfügbaren Mittel (vgl. § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) nicht länger. Vielmehr übersteigen die Pflegekosten - wie im vorliegenden Fall - oftmals das gesamte Familieneinkommen und würden bei unbeschränkter Unterhaltspflicht des anderen Ehegatten der übrigen Familie die Mittel entziehen, die diese für den eigenen Lebensbedarf benötigt. Das würde dann folgerichtig etwa auch für minderjährige haushaltsangehörige Kinder gelten und dürfte schon mit deren nach § 1609 Nr. 1 BGB gegenüber dem Familienunterhalt des bedürftigen Ehegatten zu beachtenden unterhaltsrechtlichem Vorrang nicht zu vereinbaren sein.

Diese Erwägungen führen dazu, dass bei einem trotz fortbestehender ehelicher Lebensgemeinschaft wegen individueller besonderer Bedürfnisse eines Ehegatten zu dessen gesonderter Verwendung zu leistenden Unterhalt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen auch beim Familienunterhalt als Anspruchsvoraussetzung zu beachten ist. Dem Unterhaltspflichtigen muss daher in diesem Fall im Unterschied zum Fall des häuslichen Zusammenlebens auch beim Familienunterhalt der angemessene eigene Unterhalt als Selbstbehalt belassen werden. Das Oberlandesgericht hat diesen mit dem sogenannten Ehegattenselbstbehalt (vgl. Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683, 685 f.) bemessen und hat sich hierfür auf eine insoweit dem Trennungsunterhalt vergleichbare Situation berufen (ebenso OLG Düsseldorf NJW 2002, 1353; OLG Köln FamRZ 2010, 2076; OLG Celle FamRB 2016, 133).

Dem ist zuzustimmen. Das Oberlandesgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die vorliegende Konstellation der Trennungssituation weitgehend angenähert ist. Zwar ist zusammenlebenden Ehegatten grundsätzlich ein höheres Maß an ehelicher Solidarität abzuverlangen als nach der Trennung. Tritt hingegen die stationäre Pflegebedürftigkeit ein, so ist auch beim Familienunterhalt eine übermäßige Belastung des Unterhaltspflichtigen mit den Pflegekosten zu vermeiden. Der Unterhaltspflichtige wird zudem bei Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht selten weiterhin Fürsorge für den pflegebedürftigen Ehegatten wahrnehmen und diese etwa in Form von Besuchen, Organisation der Pflege oder sonstiger immaterieller Unterstützung leisten. Würde sich in dieser Situation ein Unterschied zwischen Familienunterhalt und Trennungsunterhalt ergeben, stünde der Ehegatte besser, der sich zur Trennung vom pflegebedürftigen Ehegatten entschließt, was nicht zuletzt diesen weiter beeinträchtigen dürfte.

Ob darüber hinaus dem Unterhaltspflichtigen auch gegenüber dem konkreten Bedarf des Unterhaltsberechtigten generell die Hälfte seines Einkommens als Selbstbehalt zu belassen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 33 ff.), erscheint naheliegend, bedarf in der vorliegenden Fallkonstellation eines den Ehegattenselbstbehalt nur geringfügig übersteigenden Einkommens aber keiner Entscheidung.

Dass sich durch einen gegenüber der (bisherigen) sozialhilferechtlichen Bedarfs- und Leistungsermittlung erhöhten Betrag des dem unterhaltspflichtigen Ehegatten unterhaltsrechtlich zuzubilligenden Eigenbedarfs (Selbstbehalt) eine Deckungslücke hinsichtlich der Heimkosten ergibt, stellt schließlich keinen entscheidenden Hinderungsgrund dar. Da es der Ehefrau insoweit an einem dem sozialhilferechtlich der Einsatzgemeinschaft zugerechneten Einkommen korrespondierenden Unterhaltsanspruch mangelt, ist es vielmehr Aufgabe der Sozialhilfe, im Rahmen der gebotenen Existenzsicherung auch für den noch offenen Betrag durch ergänzende Leistungen aufzukommen. Dies entspricht etwa der Lage, wie sie sich bei einem Ausschluss des Anspruchsübergangs auch in anderen Fällen ergibt (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 206, 177 = FamRZ 2015, 1467 Rn. 31 ff.).

cc) Das Oberlandesgericht hat dementsprechend zu Recht den nach seinen Leitlinien für die streitbefangene Zeit maßgebenden Selbstbehaltssatz angewendet. Dass dieser nach einem Zwischenbetrag aus dem sogenannten angemessenen und dem notwendigen Selbstbehalt bemessen ist, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zwar erspart der Antragsgegner - wie vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin im Senatstermin zutreffend geltend gemacht worden ist - durch die Heimpflege der Antragstellerin Kosten, die im Fall einer fortbestehenden häuslichen Gemeinschaft der Ehegatten anfallen würden. Daraus kann sich aber schon deshalb keine andere Beurteilung ergeben, weil der Selbstbehalt bereits auf den Bedarf eines alleinstehenden Unterhaltspflichtigen zugeschnitten ist. ..."

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Ist der neue Ehegatte des Unterhaltspflichtigen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nach § 1609 Nr. 3 BGB nachrangig, ist dessen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit grundsätzlich nicht als sonstige Verpflichtung zu berücksichtigen; der unterhaltsrechtliche Vorrang des geschiedenen Ehegatten wirkt sich bei der Billigkeitsabwägung nach § 1581 BGB vielmehr in Höhe des vollen Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, da die Rangvorschriften des § 1609 BGB selbst Ausdruck einer gesetzlichen Billigkeitswertung sind. Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden (im Anschluss an Senatsurteil vom 7. Dezember 2011, XII ZR 151/09, BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281). Steht der neue Ehegatte des Unterhaltspflichtigen im Bezug von Elterngeld, bleibt der nach § 11 Satz 1 BEEG geschonte Sockelbetrag des Elterngeldes bei der Ermittlung des für die Dreiteilung verfügbaren Gesamteinkommens unberücksichtigt (Fortführung von Senatsurteil vom 21. Juni 2006, XII ZR 147/04, FamRZ 2006, 1182). Übt der neue Ehegatte des Unterhaltspflichtigen wegen der Betreuung der im Haushalt lebenden gemeinsamen minderjährigen Kinder keine Erwerbstätigkeit aus, können ihm bei der Ermittlung des Gesamteinkommens fiktive Erwerbseinkünfte zugerechnet werden, wenn und soweit er im hypothetischen Fall einer Scheidung trotz der Kindesbetreuung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit verpflichtet wäre; während der ersten drei Lebensjahre des Kindes kommt dies aber auch dann nicht in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige als Rentner selbst keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgeht (BGH, Beschluss vom 07.05.2014 - XII ZB 258/13).

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Zur Anpassung einer Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt und Kindesunterhalt bei späterem Hinzutreten weiterer Unterhaltspflichten (Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt; BGH, Beschluss vom 19.03.2014 - XII ZB 19/13):

„... 3. Das Oberlandesgericht hat die Vereinbarungen dahin angepasst, dass es aufgrund des seinerzeit zugrunde gelegten Einkommens des Beklagten den Unterhalt sämtlicher Berechtigter - den Ehegattenunterhalt letztlich im Rahmen einer Billigkeitsbetrachtung nach § 1581 BGB - neu ermittelt hat. Im Anschluss daran hat es getrennt für die Zeit von März 2011 bis Februar 2012 und ab März 2012 bestimmt, in welcher Höhe der geschuldete Unterhalt zu zahlen ist und in welchem Umfang die Stundung eingreift.

Die Art und Weise der vom Oberlandesgericht durchgeführten Anpassung begegnet indessen Bedenken.

a) Noch zu Recht ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass die geschlossenen Vereinbarungen unter Berücksichtigung der hinzugetretenen Unterhaltspflichten insoweit einerseits unter Wahrung der vertraglichen Vereinbarungen, andererseits nach dem gesetzlichen Unterhalt anzupassen sind. In dieser Hinsicht ist es von einem aufgrund Herabstufung um zwei Gruppen der Düsseldorfer Tabelle reduzierten Kindesunterhalt des Antragstellers von 488 € (Einkommensgruppe 7 der Düsseldorfer Tabelle 2011) sowie dem vertraglich festgelegten Bedarf der Antragstellerin von 1.370 € ausgegangen. Es hat unter Einbeziehung der beiden Kinder aus der heutigen Ehe des Antragsgegners (ebenfalls aus Einkommensgruppe 7 der Düsseldorfer Tabelle 2011) und nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus ein verbleibendes Einkommen in Höhe von 2.969,70 € ermittelt sowie ein nach Abzug des Unterhaltsbedarfs der Antragstellerin für den Antragsgegner und seine Ehefrau verbleibendes Einkommen von 1.599,70 €. Aufgrund dessen hat es den Unterhalt der Antragstellerin gemäß § 1581 BGB auf 1.065 € gekürzt, um auch den "Mindestunterhalt" der Ehefrau von 840 € sicherzustellen. Einer weiteren Anpassung bedürfe es nicht, weil die Antragstellerin der Ehefrau des Antragsgegners vorrangig sei. Dies ergebe sich abweichend von der gesetzlichen Regelung in § 1609 Nr. 2 BGB aus der vertraglichen Regelung, nach welcher keine Berücksichtigung anderer Unterhaltsberechtigter erfolgen solle.

b) Die Rechtsbeschwerde rügt die fehlerhafte Einordnung der heutigen Ehefrau des Antragsgegners als gegenüber der Antragstellerin nachrangig. Die Rüge ist berechtigt.

Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Auslegung ist insoweit widersprüchlich. Dass die Vertragsparteien dem Unterhalt der Antragstellerin auch bei Wiederverheiratung des Antragsgegners Vorrang einräumen wollten, steht im Widerspruch zum eigenen Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts zum Grund der Vertragsanpassung. Dieser besteht (allein) darin, dass sich die Situation bei Vertragsschluss durch das Hinzutreten von drei weiteren Unterhaltsberechtigten unerwartet verändert hat. Damit ist die Auslegung der Vereinbarung in dem Sinne, dass der Unterhalt der Antragstellerin nach dem Willen der Vertragsparteien vorrangig gestellt werden sollte, aber ebenso wenig vereinbar wie die völlige Nichtberücksichtigung hinzugetretener Unterhaltspflichten. Die Auslegung des Oberlandesgerichts widerspricht überdies der von ihm durchgeführten Unterhaltsermittlung bezüglich des neu hinzugetretenen Kindesunterhalts. Insoweit hat das Oberlandesgericht den Kindesunterhalt des Antragstellers wegen der weiteren Unterhaltspflichten um zwei Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle herabgestuft und ist auch im Verhältnis des neu hinzugetretenen Unterhalts zum Unterhalt der Antragstellerin nach der gesetzlichen Rangfolge verfahren, was sich mit seiner Ansicht zum Vorrang der Antragstellerin nicht vereinbaren lässt.

Die Auslegung ist mithin auch nach dem im Rechtsbeschwerdeverfahren eingeschränkten Überprüfungsmaßstab nicht haltbar.

c) Demnach muss auch bei der Ermittlung der Unterhaltshöhe im Rahmen der Anpassung der Vereinbarungen die gesetzliche Regelung berücksichtigt werden. Eine Kürzung des Unterhalts wegen hinzutretender Unterhaltspflichten bestimmt sich nach der auch vom Oberlandesgericht herangezogenen Vorschrift des § 1581 BGB. Diese setzt nach der Rechtsprechung des Senats voraus, dass die hinzugetretene Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten vor- oder gleichrangig ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 38, 40, 48 f.).

Da die hinzugetretene Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau des Antragsgegners (neben dem hinzugetretenen Kindesunterhalt) die Anpassung der Vereinbarungen erst begründet, ist sie auch bei der Anpassung entsprechend den gesetzlichen Wertungen des § 1581 BGB zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Senats hat in dem durch Hinzutreten weiterer Unterhaltspflichten ausgelösten relativen Mangelfall eine Kürzung des Unterhalts des geschiedenen Ehegatten stattzufinden. Diese kann grundsätzlich im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens erfolgen (Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 42 mwN), wobei die nach § 1581 BGB gebotene Billigkeitsabwägung im Einzelfall auch davon abweichende Ergebnisse, die neben dem Rang auf weitere individuelle Umstände gestützt werden können, erlaubt (Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 50 mwN).

Soweit im Rahmen der Leistungsfähigkeitsprüfung gegenüber einem geschiedenen und einem gleichrangigen neuen Ehegatten bei der Billigkeitsabwägung eine Dreiteilung des vorhandenen Einkommens erfolgt, ist das gesamte Einkommen aller Beteiligten zu berücksichtigen (Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 44 mwN). Synergieeffekte durch das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen in einer neuen Ehe sind zu berücksichtigen. Der Vorteil des Zusammenwohnens ist nach der Senatsrechtsprechung für die Ehegatten der neuen Ehe mit 10 % ihres Gesamtbedarfs in Ansatz zu bringen (Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 46 mwN). Nach der neueren Senatsrechtsprechung ist zudem im Rahmen der Leistungsfähigkeitsprüfung ein Erwerbstätigenbonus nicht zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 26. Juni 2013 - XII ZR 133/11 - FamRZ 2013, 1366 Rn. 87).

Nach diesen Grundsätzen stellt sich ausgehend von der Einkommensberechnung des Oberlandesgerichts das für den Unterhalt der Ehefrau und den eigenen Unterhalt des Antragsgegners verfügbare Einkommen wie folgt dar: ...

Die Berechnung zeigt, dass für den Unterhalt des Antragsgegners und seiner Ehefrau jeweils mehr zur Verfügung steht als der zu leistende nacheheliche Unterhalt. Da - neben dem eigenen Einkommen der Ehefrau des Antragsgegners - wegen des Zusammenlebens in der neuen Ehe zudem noch Synergieeffekte zu berücksichtigen sind, bedarf es auch im Fall eines etwaigen Vorrangs der Ehefrau des Antragsgegners keiner weiteren Kürzung des vereinbarten Unterhalts der Antragstellerin.

Der fehlerhafte Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts beeinflusst somit die Anpassung der Unterhaltspflicht aus den geschlossenen Vereinbarungen im Ergebnis nicht zu Lasten des Antragsgegners.

d) Die Entscheidung kann indessen keinen Bestand haben, soweit das Oberlandesgericht die - nicht der Stundung unterfallenden - Zahlbeträge für den Unterhalt der Antragstellerin ermittelt hat. Das Oberlandesgericht ist für das ab März 2012 erzielte Einkommen des Antragsgegners (netto bereinigt 2.912,74 €/Monat) zu dem Ergebnis gelangt, dass dieses die Zahlung des angepassten Unterhalts überwiegend erlaubt und nur hinsichtlich des Spitzenbetrags bis zum angepassten Unterhalt der Antragstellerin - weiterhin - gestundet ist.

Die Berechnung ist insoweit zu beanstanden, weil das Oberlandesgericht die Ehefrau des Antragsgegners ohne Rücksicht darauf, dass ihr Unterhalt dem der Antragstellerin nach § 1609 Nr. 2 BGB zumindest gleichrangig ist, unberücksichtigt gelassen hat. Wie bereits ausgeführt, ist schon die vom Oberlandesgericht vorgenommene Auslegung zum Rangverhältnis nicht tragfähig. Demnach wäre ein etwaiger Vorrang der Ehefrau des Antragsgegners in der Weise zu berücksichtigen, dass der Zahlbetrag für die Antragstellerin entsprechend gekürzt wird. Im Fall des Gleichrangs wäre eine Mangelfallberechnung anzustellen.

Gegen die Einstufung des Kindesunterhalts hat die Rechtsbeschwerde schließlich keine Beanstandungen erhoben.

4. Da sich ein verbleibender Mindestbetrag des zu zahlenden Unterhalts nicht bestimmen lässt, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben, soweit der Antragsgegner zur Zahlung von Unterhalt an die Antragstellerin ab März 2012 verurteilt worden ist. Hinsichtlich des Kindesunterhalts ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. Die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bezieht sich schließlich auch auf die vom Antragsgegner angegriffene Zurückweisung der Unterhaltsanträge als derzeit unbegründet. Die von der Rechtsbeschwerde gegen die Stundung erhobenen Einwände vermögen die tatrichterliche Würdigung des Oberlandesgerichts nicht in Frage zu stellen. Diese orientiert sich insoweit in zulässiger Weise an der von den geschiedenen Ehegatten getroffenen Vereinbarung und weist keine Rechtsfehler auf.

Das Oberlandesgericht wird nach der entsprechend eingeschränkten Zurückverweisung anhand der oben dargestellten Grundsätze zu klären haben, in welcher Höhe der Antragsgegner ab März 2012 an die Antragstellerin Unterhalt zu zahlen hat. ..."

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„... 1) Gemäß § 1581 BGB darf der eigene angemessene Unterhalt des Unterhaltspflichtigen nicht geringer sein als der an den Unterhaltsberechtigten zu leistende Betrag (vgl. Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 33 mwN). Allerdings ist bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit - anders als beim Bedarf - kein Erwerbstätigkeitsbonus in Abzug zu bringen (vgl. auch Kleffmann in Scholz/Kleffmann/Motzer Praxishandbuch Familienrecht [Stand Januar 2013] H 132 f.; aA Eschenbruch/Schürmann Der Unterhaltsprozess 5. Aufl. Kap. 1 Rn. 1104 ff., 1106 unter Hinweis auf OLG Düsseldorf FamRZ 1990, 1364, 1365). Bei der Billigkeitsabwägung nach § 1581 BGB ist das gesamte unterhaltsrelevante Einkommen namentlich des Unterhaltspflichtigen einzubeziehen. Das schließt auch Einkünfte aus einem nachehelichen Karrieresprung ein (vgl. Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 47 mwN).

Ob eine Tätigkeit des Unterhaltspflichtigen hingegen als überobligatorisch zu qualifizieren ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. hierzu Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 828, 831 mwN). Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das Einkommen aus überobligatorischer Tätigkeit für den Unterhalt heranzuziehen ist, ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (Senatsurteile vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 30/10 - FamRZ 2013, 191 und BGHZ 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn. 23 ff. mwN).

(2) Diesen Grundsätzen zur Leistungsfähigkeit wird das Berufungsurteil nicht in jeder Hinsicht gerecht.

(a) Zutreffend hat das Berufungsgericht zwar erkannt, dass der eigene angemessene Unterhalt des Unterhaltspflichtigen nicht geringer sein darf als der an den Unterhaltsberechtigten zu leistende Betrag.

(b) Allerdings vermag das Berufungsurteil die Nichtberücksichtigung der Einkünfte des Antragstellers aus seiner Aufsichtsratstätigkeit bei der S. I. Gruppe nicht zu rechtfertigen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kommt es dabei nicht auf den Umstand an, dass er diese Tätigkeit erst nach der Trennung aufgenommen hat. Denn bei der Leistungsfähigkeit geht es nicht um die Frage, ob es sich um eheprägende Einkünfte handelt. Vielmehr sind hier grundsätzlich alle Einkünfte zu berücksichtigen. Deshalb ist es auch unerheblich, dass die Tätigkeit nach den getroffenen Feststellungen auf dem persönlichen Engagement des Antragstellers beruht. Eine (teilweise) Nichtberücksichtigung dieser Einkünfte ließe sich allenfalls aus dem Gesichtspunkt einer überobligatorischen Tätigkeit herleiten. Hierzu fehlt es indes an den erforderlichen Feststellungen.

(c) Soweit das Berufungsgericht in Einklang mit dem Amtsgericht von den Einkünften des Antragstellers aus seinem Amt als Präsident der Handwerkskammer und seiner Tätigkeit im Aufsichtsrat der Landesmesse unter dem Gesichtspunkt einer überobligatorischen Tätigkeit jeweils nur die Hälfte zugrunde gelegt hat, unterliegt diese Entscheidung dem tatrichterlichen Ermessen. Sie ist vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen vertretbar. Danach erfordere die Nebentätigkeit insbesondere im Herbst und Frühjahr einen nicht zu vernachlässigenden Arbeitsaufwand von zwei Tagen pro Woche neben der Vollzeittätigkeit in seiner Funktion als Geschäftsführer. Diese Erwägungen sind - wie der Antragsteller in seiner Revisionserwiderung zu Recht ausführt - aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

(d) Allerdings hat das Berufungsgericht zu Lasten der Antragsgegnerin einen auf Seiten des Antragstellers bestehenden Wohnvorteil unberücksichtigt gelassen.

Nach den von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts bewohnt der Antragsteller seit Januar 2009 ein in seinem hälftigen Miteigentumsanteil stehendes Haus. Der Vorteil des mietfreien Wohnens im eigenen Haus ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich als Gebrauchsvorteil unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 18. Januar 2012 - XII ZR 177/09 - FamRZ 2012, 514 Rn. 29 und vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963 Rn. 11 ff. jew. mwN). Auf die Frage, ob der Wohnvorteil eheprägend war, kommt es nach dem oben Gesagten nicht an.

(3) Soweit die Antragsgegnerin mit ihrer Revision die Tenorierung der Unterhaltsverpflichtung in Schweizer Franken begehrt, hat sie indes keinen Erfolg.

(a) Grundsätzlich kann der Unterhaltspflichtige allerdings aus Gründen der gegenseitigen Rücksichtspflicht verlangen, dass er die Geldrente in der betreffenden Fremdwährung entrichten darf (Senatsbeschluss vom 9. Mai 1990 - XII ZB 133/88 - FamRZ 1990, 992, 993; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 94).

(b) Zutreffend weist die Revisionserwiderung des Antragstellers allerdings darauf hin, dass einer Verurteilung in Schweizer Franken bereits § 308 Abs. 1 ZPO entgegensteht.

Unstreitig hat die Antragsgegnerin beantragt, ihr den Unterhalt in Euro auszuzahlen. Dass es sich hierbei um einen - von Amts wegen zu berichtigenden - Schreibfehler handeln könnte, erscheint nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Antragsgegnerin bereits beim Amtsgericht beantragt hatte, den Unterhalt in Euro zu tenorieren, fernliegend.

Nach der Rechtsprechung des Senats sind die in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld (Valutaschuld) und eine auf die inländische Währung lautende Geldschuld nicht gleichartig. Dementsprechend darf, wenn der Klageantrag auf Zahlung in ausländischer Währung gerichtet ist, das Gericht nicht zur Zahlung in inländischer Währung verurteilen (vgl. BGH Urteil vom 7. April 1992 - X ZR 119/90 - IPRax 1994, 366). Entsprechendes gilt für den umgekehrten Fall, wenn - wie hier - der Klageantrag auf inländische Währung (Euro) gerichtet ist, im Ergebnis aber eine Verurteilung in ausländischer Währung gewünscht wird (s. auch Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 94). ..." (BGH, Urteil vom 26.06.2013 - XII ZR 133/11)

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Haben die Parteien in einem Ehevertrag eine lebenslange Unterhaltsverpflichtung vereinbart, und hat sich die Rechtslage danach geändert (Möglichkeit der Befristung), bleibt es dem Unterhaltspflichtigen im Zweifel unbenommen, sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen. Der Unterhaltsanspruch der nachfolgenden Ehefrau hat keine Auswirkung auf den Unterhaltsbedarf der früheren Ehefrau nach § 1578 BGB; dieser Anspruch ist allein im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsurteil vom 7. Dezember 2011, XII ZR 151/09, zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Urteil vom 25.01.2012 - XII ZR 139/09).

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Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB werden grundsätzlich durch die Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind. Nacheheliche Entwicklungen wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (im Anschluss an BVerfG, 25. Januar 2011, 1 BvR 918/10, FamRZ 2011, 437). Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB ist der Halbteilungsgrundsatz zu beachten, was zu einem relativen Mangelfall führen kann, wenn dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt weniger verbleibt, als der Unterhaltsberechtigte mit dem Unterhalt zur Verfügung hat. Sonstige Verpflichtungen gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten, die nicht bereits den Bedarf des Unterhaltsberechtigten beeinflusst haben, sind entsprechend ihrem Rang zu berücksichtigen (im Anschluss an das Senatsurteil 18. Oktober 1989, IIb ZR 89/88, BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260). Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leis-tungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das schließt eine Berücksichtigung weiterer individueller Billigkeitserwägungen nicht aus.(BGH, Urteil vom 07.12.2011 - XII ZR 151/09 zu §§ 1578 Abs 1 S 1, § 1581 S 1, § 1609, § 1615l BGB)

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Zur (hier verneinten) Präklusion von Tatsachen, nachdem eine Abänderungsklage gegen ein Urteil über laufenden nachehelichen Unterhalt abgewiesen wurde. Zur Berücksichtigung der nach Wiederverheiratung des Unterhaltspflichtigen entstandenen Unterhaltspflicht gegenüber dem neuen Ehegatten als sonstige Verpflichtung im Rahmen der Leistungsfähigkeit (im Anschluss an Senatsurteil vom 7. Dezember 2011, XII ZR 151/09, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; ( BGH, Urteil vom 07.12.2011 - XII ZR 159/09 zu § 1581 BGB, § 323 ZPO, § 238 FamFG):

„... 1. Die Zulässigkeit der Abänderungsklage richtet sich nach § 323 ZPO aF. Sie ist im vorliegenden Fall gegeben. Der Kläger hat sich zur Begründung der Abänderungsklage auf gesunkene Einkünfte berufen, ferner auf eine nach Wiederverheiratung hinzugekommene weitere Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau. Bei beiden Umständen handelt es sich um neue Tatsachen, die nach dem vorausgegangenen Abänderungsverfahren eingetreten sind (vgl. Senatsurteile vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 11 f. und vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 16).

2. Das Berufungsgericht hat den Einwand der vollschichtigen Erwerbsobliegenheit für präkludiert gehalten. Dem kann nicht gefolgt werden. Solches stünde auch im Widerspruch zu seiner Ansicht, dass der Anspruch sich insgesamt aus § 1573 Abs. 2 BGB ergeben soll.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats setzt der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt voraus, dass der Unterhalt begehrende geschiedene Ehegatte eine vollschichtige angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder aber ausüben kann (Senatsurteile vom 10. November 2010 - XII ZR 197/08 - FamRZ 2011, 192 Rn. 16; vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 - zur Veröffentlichung bestimmt - und vom 16. Dezember 1987 - IVb ZR 102/86 - FamRZ 1988, 265, 266). Demnach könnte sich der Unterhaltsanspruch aber nicht vollständig aus § 1573 Abs. 2 BGB ergeben, sondern zum Teil nur aus anderen Anspruchsgrundlagen.

b) Eine Präklusion des Einwands der vollschichtigen Erwerbsobliegenheit ist jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht eingetreten. Nach § 323 Abs. 2 ZPO (entsprechend § 238 Abs. 2 FamFG) kann die Klage nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind. Übereinstimmend mit der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es hier auf den Schluss der mündlichen Verhandlung an, auf die das - letzte - Sachurteil ergangen ist (Senatsurteil vom 17. Mai 2000 - XII ZR 88/98 - FamRZ 2000, 1499). Die Verhandlung in der Berufungsinstanz ist nur dann maßgeblich, wenn das Berufungsgericht in der Sache entscheidet, nicht hingegen, wenn die Berufung - vor oder nach mündlicher Verhandlung - zurückgenommen wird. Durch die Berufungsrücknahme wird der Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz wieder zum maßgebenden Zeitpunkt im Sinne von § 323 Abs. 2 ZPO (Senatsurteil BGHZ 96, 205, 211 = FamRZ 1986, 43, 44; aA OLG Zweibrücken FamRZ 1989, 304 unter unzutreffender Berufung auf das Senatsurteil vom 27. Januar 1988 - IVb ZR 14/87 - FamRZ 1988, 493).

Das Urteil kann nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auch das eine vorausgegangene Abänderungsklage abweisende Urteil sein. Nach der Rechtsprechung des Senats kann § 323 ZPO auch bei klageabweisenden Urteilen zur Anwendung kommen, wenn diese - im Rahmen der Überprüfung der ursprünglichen Prognose - die künftige Entwicklung der Verhältnisse vorausschauend berücksichtigen. Eine spätere Abänderungsklage stellt dann abermals die Geltendmachung einer von der (letzten) Prognose abweichenden Entwicklung der Verhältnisse dar, für die das Gesetz die Abänderungsklage vorsieht, um die (erneute) Anpassung an die veränderten Urteilsgrundlagen zu ermöglichen (vgl. Senatsurteile vom 20. Februar 2008 - XII ZR 101/05 - FamRZ 2008, 872, 873 und vom 28. März 2007 - XII ZR 163/04 - FamRZ 2007, 983, 984).

Die Präklusion geht dann aber nicht weiter als die Rechtskraftwirkung des Urteils, zu deren Ermittlung auch die Entscheidungsgründe heranzuziehen sind (vgl. Senatsurteile vom 20. Februar 2008 - XII ZR 101/05 - FamRZ 2008, 872, 873 und vom 3. November 2004 - XII ZR 120/02 - FamRZ 2005, 101, 102 f.). Im vorliegenden Fall hatte das Amtsgericht in dem die Abänderungsklage abweisenden früheren Urteil aber jedenfalls nach dem seinerzeit schon erfolgten Aufenthaltswechsel der Tochter einen Betreuungsunterhalt als nicht mehr geschuldet bezeichnet und eine Vollzeiterwerbsobliegenheit der Beklagten nicht in Frage gestellt. Es hat die Klage vielmehr abgewiesen, weil der Kläger das Vorbringen zu seinem Einkommen nicht an dem Ausgangsurteil des Oberlandesgerichts ausgerichtet habe und die Klage daher unschlüssig sei. Es enthält somit keine aktualisierte, der Vollzeiterwerbstätigkeit entgegen stehende Prognoseentscheidung. Dementsprechend lässt sich dem Urteil auch nicht entnehmen, dass die Beklagte fortan etwa teilweise wegen Erwerbslosigkeit unterhaltsberechtigt sei, sodass sich keine Präklusion für den Kläger ergibt.

c) Aufgrund der unzutreffenden Annahme einer Präklusion hat sich für das Berufungsgericht die Frage eines teilweisen Unterhalts wegen Erwerbslosigkeit nach § 1573 Abs. 1 BGB nicht gestellt. Zwar sprechen seine Ausführungen zur Befristung des Unterhalts gegen einen solchen Anspruch und dürfte auch der Prozessvortrag der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten (vgl. Senatsurteil vom 31. Januar 1990 - XII ZR 36/89 - FamRZ 1990, 496, 497 mwN) nicht ausreichend sein. Da das Berufungsgericht indessen mit der fortgeschriebenen Unterhaltsberechnung von einer Obliegenheit zu einer nur teilschichtigen Erwerbstätigkeit ausgegangen ist, bestand für die Beklagte, auch wenn sie Bewerbungsunterlagen vorgelegt hat, insoweit keine Veranlassung zu einem eingehenden Sachvortrag, wozu ihr noch Gelegenheit gegeben werden muss.

Demnach mangelt es dem Berufungsurteil an für die Bestimmung des Unterhaltstatbestands notwendigen Feststellungen.

3. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Bedarf nach § 1578 Abs. 1 BGB bleiben ebenfalls nicht frei von Bedenken, was zum Teil mit den bereits aufgezeigten Beanstandungen zusammenhängt.

a) Das Berufungsgericht hat übereinstimmend mit dem Amtsgericht den Vortrag des Klägers zu einem gegenüber dem Vorprozess gesunkenen Einkommen für nicht substantiiert und den Antrag auf Vernehmung des Steuerberaters als Ausforschungsbeweis für unzulässig gehalten.

Es entspricht im Ausgangspunkt der Rechtsprechung des Senats, dass Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit jedenfalls in dem Fall, dass den Unterhaltspflichtigen die Darlegungs- und Beweislast trifft, so detailliert darzulegen sind, dass eine Trennung von unterhaltsrechtlich beachtlichen und - etwa im Unterschied zum Einkommensteuerrecht - unbeachtlichen Positionen möglich ist (Senatsurteil vom 23. April 1980 - IVb ZR 510/80 - FamRZ 1980, 770 zur Leistungsfähigkeit nach § 59 EheG; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 44). Das gilt ebenfalls, wenn es sich um eine Abänderungsklage des Unterhaltspflichtigen handelt, und erst recht, wenn bereits der Ausgangstitel auf einer derart detaillierten Einkommensermittlung basiert, wie es hier der Fall ist. Auch dann ist der Kläger für eine Reduzierung seines Einkommens darlegungs- und beweisbelastet und kann die notwendige Darlegung nicht durch das Beweisangebot der Vernehmung eines Steuerberaters als Zeugen ersetzt werden (Wendl/Dose aaO § 1 Rn. 44 mwN).

Allerdings rügt die Anschlussrevision zu Recht, dass das Vorbringen des Klägers den vom Berufungsgericht gestellten Anforderungen jedenfalls teilweise genügt hat, ohne dass dies vom Berufungsgericht berücksichtigt worden ist. Die vom Berufungsgericht vermissten Geschäftsergebnisse des Handwerksbetriebs hat der Kläger ebenso wie die vereinbarte Gewinnbeteiligung (zunächst 35%, später 5%) durch Vorlage von Bescheinigungen seines Steuerberaters vorgetragen. Diese weisen die auf den Kläger entfallenden Gewinnanteile für die Geschäftsjahre 2005 bis 2007 aus und sind in der Berufungsinstanz ergänzt und teilweise erläutert worden. Insoweit hätte es zumindest eines - ggf. mit Auflagen verbundenen - gerichtlichen Hinweises bedurft, in welchen Punkten das Berufungsgericht weiteren Sachvortrag des Klägers erwartete. Die Begründung des amtsgerichtlichen Urteils ersetzte einen Hinweis nicht, schon weil der Kläger sein Vorbringen in der Berufungsinstanz nachgebessert hat.

b) Das vom Berufungsgericht aus dem Ausgangsurteil übernommene Einkommen der Beklagten kann nach dem oben zum Unterhaltstatbestand Ausgeführten nicht bestehen bleiben. Der Kläger ist aufgrund des vorausgegangenen Abänderungsverfahrens mit dem Einwand der weitergehenden Erwerbspflicht nicht präkludiert. Vielmehr ist die Beklagte sowohl für die Voraussetzungen des Unterhaltstatbestands als auch für ihre Bedürftigkeit darlegungs- und beweisbelastet. Sollte ein neben dem Aufstockungsunterhalt allein in Betracht kommender (Teil-)Anspruch der Beklagten aus § 1573 Abs. 1 BGB nicht bestehen, wäre anstelle der vom Berufungsgericht aus dem Vorprozess fortgeschriebenen Berechnung mit einem Einkommen der Beklagten aus teilschichtiger Tätigkeit ein fiktives Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit zugrunde zu legen.

4. Auch im Hinblick auf die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Klägers begegnet das Berufungsurteil durchgreifenden Bedenken.

Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass das Hinzutreten eines weiteren Unterhaltsberechtigten grundsätzlich einen zu berücksichtigenden Abänderungsgrund darstellt. Indessen durfte es nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Kläger die Bedürftigkeit seiner Ehefrau nicht hinreichend belegt habe.

Nach § 1581 Satz 1 BGB braucht der Verpflichtete, der nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht.

Eine sonstige Verpflichtung in diesem Sinne ist auch eine weitere Unterhaltspflicht. Zwar darf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Bemessung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen eine Unterhaltspflicht gegenüber einem nachfolgenden Ehegatten nicht berücksichtigt werden (BVerfG FamRZ 2011, 437). Darauf, dass die Unterhaltspflicht erst nach der Scheidung entstanden ist und sie mit der geschiedenen Ehe und deren Lebensverhältnissen nicht vereinbar ist, kommt es bei der Bestimmung der Leistungsfähigkeit aber nicht an. Allerdings muss es sich bei dem hinzugetretenen Unterhalt um eine dem Geschiedenenunterhalt zumindest gleichrangige Verpflichtung handeln (Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Ob der Unterhalt der heutigen Ehefrau dem der Beklagten nach § 1609 Nr. 2, 3 BGB gleich- oder vorrangig ist, ergibt sich aus den Feststellungen des Berufungsurteils nicht.

Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des hinzugetretenen Unterhaltsanspruchs trägt der Unterhaltspflichtige (Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt), wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist. Die Anschlussrevision beanstandet hingegen zu Recht, dass das Berufungsgericht die Bedürftigkeit der Ehefrau nicht für belegt gehalten hat. Der Vortrag des Klägers zum Einkommen der Ehefrau (zunächst Erwerbseinkommen, später Arbeitslosengeld) war aber ohne weiteres so zu verstehen, dass weitere Einkommensquellen nicht vorhanden sind. Das ergibt sich für ein mögliches Arbeitseinkommen schon aus den Voraussetzungen der Bewilligung von Arbeitslosengeld nach §§ 117 ff. SGB III. Für das Entstehen eines Unterhaltsanspruchs genügt es zudem, dass das Einkommen der Ehefrau unter dem des Klägers liegt (zur Beurteilung des konkurrierenden Unterhaltsanspruchs nach den für den nachehelichen Unterhalt geltenden Maßstäben s. Senatsurteile vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt - und BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 46 ff.).

An der mangelnden Bedürftigkeit der Ehefrau hätte deren Unterhaltsanspruch demnach nur scheitern können, wenn diese außerhalb des Einkommens aus nicht selbstständiger Tätigkeit und Arbeitslosengeld über erhebliche weitere Einkünfte, etwa aus Kapitalvermögen verfügen würde (zur Behandlung des Unterhaltsanspruchs des neuen Ehegatten entsprechend den für den Geschiedenenunterhalt geltenden Maßstäben s. Senatsurteile vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt - und BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111). Selbst wenn aber ein solches Verständnis nicht zwingend gewesen wäre, hätte das Berufungsgericht - wie die Anschlussrevision zutreffend rügt - nach § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO darauf hinweisen müssen, dass insoweit weiterer Vortrag des Klägers erforderlich sei.

Da das Berufungsgericht sowohl hinsichtlich des Unterhaltsrangs als auch bezüglich der Unterhaltsbedürftigkeit der heutigen Ehefrau keine ausreichenden Feststellungen getroffen hat, ist für die Revisionsinstanz zu unterstellen, dass diese unterhaltsbedürftig und ihr Unterhalt dem der Beklagten zumindest gleichrangig ist. In diesem Fall ist die hinzugetretene Unterhaltspflicht aber bei der Anpassung des Geschiedenenunterhalts unter dem Gesichtspunkt der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Klägers zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

5. a) Den Einwand der Befristung hat das Berufungsgericht nicht durch die Entscheidung im vorausgegangenen Abänderungsverfahren für ausgeschlossen gehalten und hat hier auf die seit 1. Januar 2008 geltende Gesetzeslage als Abänderungsgrund abgestellt. Das stimmt zwar nicht mit der - nach dem Erlass des Berufungsurteils ergangenen - Rechtsprechung des Senats überein, erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist allerdings mit der gesetzlichen Neuregelung zum 1. Januar 2008 im Hinblick auf die Befristung des Aufstockungsunterhalts keine materielle Rechtsänderung verbunden gewesen. Wurde ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB nach Veröffentlichung des Senatsurteils vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006) durch Urteil festgelegt, so ergibt sich weder aus der anschließenden Senatsrechtsprechung noch aus dem Inkrafttreten des § 1578 b BGB am 1. Januar 2008 eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse (Senatsurteile vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 18 ff. und BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111). Das gilt auch dann, wenn aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind, die von der Unterhaltsberechtigten betreut wurden (Senatsurteil vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 30 ff.).

Die genannten Entscheidungen des Senats beziehen sich indessen zum einen auf Fälle, in denen die Gesetzesänderung als - im wesentlichen - einziger Abänderungsgrund angeführt wurde. Der vorliegende Fall liegt allerdings schon insofern anders, als es sich bei dem im Ausgangsverfahren zugesprochenen Unterhalt nicht ausschließlich um Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB handelte, sondern zum Teil um Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB, der einer Befristung nicht zugänglich war (zum Verhältnis von Herabsetzung und Befristung in Bezug auf die Präklusion vgl. Senatsurteil vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 - zur Veröffentlichung bestimmt). Durch die Abweisung der zwischenzeitlichen Abänderungsklage im Jahr 2006 ist insoweit keine neue Grundlage geschaffen worden, weil das Urteil des Amtsgerichts - wie oben näher begründet worden ist - insoweit keine Rechtskraftwirkung entfaltet hat.

Demnach haben sich hier andere wesentliche Umstände verändert, die eine Neubewertung der Befristung nach § 1578 b BGB erfordern. Auch die Wiederverheiratung des Klägers kann in diesem Zusammenhang Berücksichtigung finden, wenn sie nicht bereits im Rahmen der Neubemessung der Leistungsfähigkeit Niederschlag gefunden hat (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 20; Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 23).

b) Ob die Befristung und die hierfür angeführten Erwägungen, welche von der Revision nicht angegriffen worden sind, in der Sache Bestand haben, hängt indessen von den noch nachzuholenden Feststellungen zum Unterhaltstatbestand ab (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 42, 62). ..."

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Auch bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners für den Ehegattenunterhalt ist der Kindesunterhalt mit dem um das (anteilige) Kindergeld geminderten Zahlbetrag (nicht Tabellenbetrag) abzuziehen (im Anschluss an Senat, NJW 2009, 2523 m. Anm. Born). Zu den Grenzen einer verfassungskonformen Auslegung (BGH, Urteil vom 24.06 2009 - XII ZR 161/08 zu BGB §§ 1581, 1612b; GG Art. 3, 100).

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Gegenüber dem Ehegattenunterhalt muss dem Unterhaltspflichtigen grundsätzlich ein Selbstbehalt verbleiben, der den notwendigen Selbstbehalt gegenüber einem Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder (§ 1603 Abs. 2 BGB) über-steigt und zwischen diesem und dem angemessenen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 1 BGB) liegt (im Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 166, 351, 356 ff. = FamRZ 2006, 683, 684). Das gilt auch gegenüber dem Anspruch auf Betreuungsunterhalt (BGH, Urteil vom 19.11.2008 - XII ZR 51/08 zu BGB §§ 1581, 1603 - ausführliche Begründung).

*** (OLG)

Nebeneinkünfte des Unterhaltsschuldners sind im Rahmen des Mindestunterhalts zu brücksichtigen (OLG München, Beschluss vom 03.05.2023 - 2 UF 1057/22 e).

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Der Unterhaltsverpflichtete, dessen Leistungsfähigkeit auf der Zurechnung des Wohnwertes einer selbst genutzten Immobilie beruht, kann gehalten sein, den Erlös aus dem Verkauf einer anderen Immobilie zur Renovierung der selbst genutzten Immobilie zu verwenden. Der Unterhaltsverpflichtete, dessen Leistungsfähigkeit auf der Zurechnung des Wohnwertes einer selbst genutzten Immobilie beruhte, kann gehalten sein, den Erlös aus der Veräußerung dieser Immobilie als Vermögen zur Unterhaltsleistung einzusetzen (OLG Nürnberg, Beschluss vom 16.07.2020 - 10 UF 1286/19):

„... Darüber hinaus ist dem Antragsteller weiterhin fiktiv der Wohnwert für die früher in seinem Eigentum stehende und von ihm bewohnte Immobilie zuzurechnen.

Grundsätzlich ist die Verfügung des Antragstellers über sein Eigentum, wie der hier vorliegende Verkauf der Immobilien, zu respektieren. Die Anerkennung der Konsequenzen aus einer solchen Entscheidung ist beim Unterhalt aber eingeschränkt durch die unterhaltsrechtlichen Pflichten des Veräußerers. Dabei sind insbesondere Billigkeitserwägungen, wie sie in der negativen Härteklausel des § 1579 zum Ausdruck kommen, ggf. auch dem Unterhaltspflichtigen entgegenzuhalten (Brudermüller, aaO, § 1361 Rn. 43).

Beim Wohnvorteil kommt daher auf beiden Seiten eine Zurechnung fiktiver Einkünfte dann in Betracht, wenn dem Unterhaltspflichtigem oder dem Unterhaltsberechtigtem ein verantwortungsloses oder zumindest leichtfertiges Herbeiführen seiner Leistungsunfähigkeit vorzuwerfen ist (vgl. Brudermüller in Palandt, BGB, 79. Aufl., § 1578 Rn. 6; OLG Zweibrücken FamRZ 2008, 1863 Tz. 19). Ein solches Verhalten kann z. B. im Umzug zu einem neuen Lebensgefährten liegen, der zum Verlust des bisherigen Arbeitseinkommens führt und nicht durch Gründe der persönlichen Lebensführung gerechtfertigt ist (OLG Zweibrücken, a.a.O, Tz. 18 ff.).

Zudem ergibt sich aus § 1577 Abs. 1 BGB für den unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten die Obliegenheit, vorhandenes Vermögen so ertragreich wie möglich anzulegen. Vermögenserträge, die er in zumutbarer Weise erzielen könnte, tatsächlich aber nicht erzielt, mindern als fiktives Einkommen seine Bedürftigkeit (OLG Hamm FamRZ 1999, 233 Tz. 76; BGH FamRZ 1988, 87 Tz. 19). Deshalb darf der geschiedene Ehegatte beispielsweise den Erlös aus dem Verkauf eines bisher bewohnten Familienheims nicht ohne weiteres zum Erwerb eines Eigenheims verwenden, wenn durch eine verzinsliche Anlage des Kapitals höhere Erträge zu erwirtschaften wären. Er kann gehalten sein, sein Vermögen umzuschichten (BGH FamRZ 1988, 87 Tz. 19; NJW 1992, 1044 - dort bejaht bei Rendite von 2.100 DM im Vergleich zu 350 DM). Dabei muss dem Vermögensinhaber ein gewisser Entscheidungsspielraum belassen werden. Die tatsächliche Anlage des Vermögens muss sich als eindeutig unwirtschaftlich darstellen, ehe der Unterhaltsberechtigte auf eine andere Anlageform und daraus erzielbare Beträge verwiesen werden kann (BGH NJW 2001, 2259 Tz. 27; nach BGH FamRZ 2013, 109 Tz. 31 handelt es sich um einen Fall von § 1579 Nr. 3 BGB). Diese Obliegenheit trifft spiegelbildlich auch den Unterhaltsverpflichteten (Brudermüller, a.a.O, § 1361 Rn. 43).

Dem Antragsteller verblieben vorliegend im Jahr 2019 nach Abzug des Unterhalts etwas über 700 Euro von seinen Renteneinkünften, von denen er auch die laufenden Kosten der Immobilien bestreiten musste. Nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 2018 fiel eine etwaige finanzielle Unterstützung durch diese weg. Beide Anwesen waren seit längerer Zeit nicht renoviert worden, so dass unstreitig ein Renovierungsstau von mehr als 100.000 Euro eingetreten war. Auf Grund dieser Ausgangslage kann dem Antragsteller nicht grundsätzlich vorgeworfen werden, dass er sich nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus für eine Veräußerung seines Eigentums und den Umzug zu seiner Partnerin entschied, auch wenn er andererseits die laufenden Kosten für die Häuser über mehrere Jahre hinweg trotz Unterhaltszahlung hatte tragen können und nun nach eigenen - bestrittenen - Angaben 400 Euro Mietbeteiligung an seine Partnerin zahlt.

Dennoch ist der Verkauf beider Häuser nicht als vom unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähigen Ermessensspielraum des Antragstellers gedeckt und im Rahmen des zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit wirtschaftlich Zumutbaren und Obliegenden anzusehen. Der Antragsteller hätte lediglich das elterliche Anwesen verkaufen und mit dem erzielten Erlös das von ihm bewohnte, ehemals eheliche Anwesen sanieren können. Nach seinen eigenen unbestrittenen Angaben bestand für dieses Haus ein Renovierungsstau in einer Höhe von 150.000 Euro. Der mit dem Verkauf des elterlichen Anwesens erzielte Erlös in Höhe von 215.000 Euro hätte mithin nicht nur die anfallenden Sanierungskosten abgedeckt, sondern auch ermöglicht, einen Sockelbetrag in Höhe von ca. 65.000 Euro für zukünftige laufenden Kosten bzw. den zu zahlenden nachehelichen Unterhalt zurückzubehalten. Er hätte das Gebäude dann selbst bewohnen oder zur Erzielung von Einnahmen vermieten können. Auf diese Weise wäre die Kostentragung durch den Antragsteller nachhaltig sichergestellt worden.

Der Verkauf beider Immobilien, insbesondere des ehemaligen Familienheimes, verstößt mithin offenkundig gegen die Obliegenheit des Antragstellers als Unterhaltsverpflichteten, seine vorhandenen Vermögenswerte so ertragreich wie möglich anzulegen bzw. diese zur Sicherung umzuschichten und stellt sich als unterhaltsrechtlich unwirtschaftlich dar, so dass dem Antragsteller weiterhin - fiktiv - der Wohnwert für das zuvor tatsächlich bewohnte Haus anzurechnen ist.

Gegen die fiktiv angesetzte Höhe des Wohnwerts von 6,80 Euro/qm, insgesamt 605,20 EUR werden keine Einwände erhoben.

Der Wegfall des Wohnwertes wird auch nicht durch die tatsächliche oder fiktive Verzinsung des Verkaufserlöses kompensiert, die nach Veräußerung der während der Ehe mietfrei bewohnten Immobilie an die Stelle des Wohnwertes treten (BGH NJW 2001, 2254 Tz. 38; NJW 2001, 2259 Tz. 28; FamRZ 2014, 1098).

Insoweit hat der Antragsteller durch entsprechende Bescheinigung der Deutschen Bank vom 20.05.2020 nachgewiesen, dass er derartige Zinsen aus dem Erlös des Immobilienverkaufs tatsächlich nicht erzielt. Darüber hinaus kann der Antragsteller auch nicht darauf verwiesen werden, dass er sich entsprechend erzielbare Zinsen aus dem Verkaufserlös von 565.000 € fiktiv zurechnen lassen müsste. Zwar war der Antragsteller auf den Betrag nicht unmittelbar angewiesen und hat ihn auch nicht verzinslich angelegt. Eine positiv verzinste Möglichkeit für die Anlage des Betrags zu einer Verzinsung in Höhe des bisherigen Wohnwertes ist auf Grund der derzeitigen allgemeinen Finanzmarktlage aber konkret nicht feststellbar und damit das Unterlassen dem Antragsteller unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbar.

Der Umstand, dass eine verzinsliche Anlage des Verkaufserlöses und damit die Generierung von Surrogaten, die die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten stützen, derzeit nicht möglich ist, zeigt aber noch einmal, dass dem Antragsteller vorliegend nur ein eingeschränkter Ermessensspielraum bei der Verfügung über sein unterhaltsrechtlich relevantes Eigentum offen steht. Quasi spiegelbildlich zu der vom BGH entschiedenen Ausgangslage, wonach bei einer verzinslichen Anlage von Geld eine höhere Rendite zu erzielen war als beim Erwerb von Eigentum und daher fiktive Zinseinkünfte zu berücksichtigen waren, kann der Antragsteller vorliegend nicht ohne unterhaltsrechtliche Relevanz sein Eigentum frei veräußern und den Erlös zinslos anlegen, sondern musste den Grund- und Immobilienbesitz so weit wie möglich erhalten, wenn er sich nicht entsprechende Vorteile wie den Wohnvorteil zumindest fiktiv anrechnen lassen wollte.

cc) Die Antragsgegnerin bezieht seit 01.07.2019 Einkünfte aus Rentenzahlungen in Höhe von 823,71 Euro

Das Argument des Antragstellers, dass eine Treuwidrigkeit der Unterhaltsforderung bestehe, weil die Antragsgegnerin mit der Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt die „Versorgungslücke" hätte vermeiden können, greift nicht durch. Die unterlassene Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt oder das unterlassene Schaffen von Rücklagen aus dem laufenden Unterhalt kann nach § 1579 Nr. 4 BGB grundsätzlich zum Entfallen oder zur Begrenzung des Unterhaltsanspruchs führen (vgl. BGH MDR 2020, 225; Brudermüller, a.a.O, § 1578 Rn. 74; § 1579 Rn. 23 betreffend zweckwidrige Verwendung des Vorsorgeunterhalts).

Im vorliegenden Fall muss diese Frage nicht entschieden werden, da angesichts des Einkommens des Antragstellers, der sich daraus ergebenden Höhe des Vorsorgeunterhalts sowie der bis zum Renteneintritt der Antragsgegnerin zur Verfügung stehenden Zeit keine nennenswerten Renteneinkünfte hätten aufgebaut werden können. Der Unterhalt von 531 €, der als Nettoeinkommen hochzurechnen wäre, entspricht einem Bruttoeinkommen von 600 € (Gutdeutsch, Bremer Tabelle zur Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts Stand 1.1.2019 FamRZ 2019, 275). Bei 112 € (18,6 %; vgl. BGH FamRZ 1981, 442 Tz. 22 f.) monatlicher Einzahlung hätte die Antragsgegnerin lediglich jährlich 6,14 € Rente erworben (www.test.de/Rechner-freiwillige-Rentenversicherung-Berechnen-Sie-Ihre-Rente-durch-freiwillige-Beiträge). Daher kann der Antragsgegnerin nicht vorgeworfen werden, ihre Bedürftigkeit wegen unterlassener Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt mutwillig herbeigeführt zu haben.

dd) Die Unterhaltshöhe beträgt nach 1573 Abs. 2 BGB mithin für die Zeit ab 01.07.2019 508,42 Euro (1.013,13 EUR + 222,21 EUR + 605,20 EUR + 823,71 EUR) : 2 - 823,71 EUR).

ee) Nach § 238 Abs. 3 Satz 1 FamFG war eine Abänderung des laufenden Unterhalts erst ab 01.07.2019 möglich, nachdem der Antrag vom 12.07.2019 mit Zustellung am 19.07.2019 an die Antragsgegnerin am rechtshängig wurde. Einer Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses für den Zeitraum April bis Juni 2019 steht aber das Verschlechterungsverbot (§117 Abs. 2 S. 1 FamFG, § 528 ZPO) entgegen, da insoweit nur der Antragsteller Beschwerde eingelegt hat. Der mit der Anschlussbeschwerde verfolgte Widerantrag ändert daran nichts, da er auf einen höheren Unterhalt als 531 Euro gerichtet ist.

c) Darüber hinaus besitzt die Antragsgegnerin auch ohne Berücksichtigung eines fiktiven Wohnortes einen Unterhaltsanspruch gegen den Antragsteller, weil dieser aus seinem Vermögen leistungsfähig ist und die teilweise Verwertung des Verkaufserlöses dem Antragsteller zumutbar und angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten auch billig ist (§ 1581 BGB).

Anders als bei der Bedarfsbemessung nach § 1578 Abs. 1 BGB kommt es bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten im Rahmen des § 1581 BGB nicht darauf an, welche Einkommensverhältnisse in der Ehe angelegt sind, vielmehr sind alle eheprägenden, aber auch nicht prägenden Einkünfte heranzuziehen (Brudermüller, a.a.O, § 1581 Rn. 2).

Bei der Frage, ob bzw. wie vorhandenes Vermögen einzusetzen ist, bedeutet dies, dass nicht nur Erträge aus dem Vermögen, wie beispielsweise Zinsen, anzurechnen sind, sondern ggf. auch der Vermögensstamm zur Erfüllung der Unterhaltspflichten heranzuziehen ist. Als Maßstab für einen Einsatz des Vermögensstamms gelten für den Verpflichteten nach § 1581 Satz 2 BGB dieselben Maßstäbe wie gemäß § 1577 Abs. 3 BGB für den Berechtigten. Demnach hängt die Verpflichtung zum Einsatz des Vermögensstamms insbesondere von den bestehenden Möglichkeiten ab, das Vermögen dauerhaft ertragsfähig anzulegen und daraus Erträge zu generieren. Existieren solche Möglichkeiten nicht, ist auch der Vermögensstamm als unterhaltsrechtlich relevant anzusehen und bei der Frage der Leistungsfähigkeit heranzuziehen (Brudermüller, a.a.O, § 1577 Rn. 29).

Der Antragsteller hat den Verkaufserlös der Immobilie ohne Verzinsung angelegt. Ihm ist auch auf Grund der allgemeinen Finanzmarktlage eine ertragreiche Anlage des Erlöses von mehr als 560.000 Euro nicht möglich. Dieser ist daher - neben den Renteneinkünften, die aber nur 1.235,34 Euro betragen - als im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen und ein Einsatz dem Antragsteller ohne Verlust erheblicher Erträge auch zumutbar.

In einem zweiten Schritt ist auf dieser Grundlage eine Abwägung dahingehend durchzuführen, ob eine Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zu Leistungen an den Berechtigten mit Rücksicht auf die Bedürfnisse sowie der Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der früheren Ehegatten der Billigkeit entspricht (BGH, FamRZ 1990, 260).

Dies ist der Fall. Beide früheren Ehegatten verfügen aktuell allein über Renteneinkommen in Höhe von ca. 1.000 Euro, mithin über Einkünfte, die sich auf beiden Seiten im Bereich des eigenen Selbstbehalts bewegen. Der dem Antragssteller zuzurechnende Wohnvorteil ist mit dem Verkauf der Immobilien entfallen. Die beengten tatsächlichen Einkommensverhältnisse des Verpflichteten allein lassen einen Unterhaltsanspruch der bedürftigen Antragsgegnerin daher nicht mehr zu. Gleichzeitig steht dem Unterhaltsverpflichteten aber aus den Immobilienverkäufen ein Vermögen von mehr als 560.000 Euro zur Verfügung. Dieses stammt aus dem Verkauf gerade der Immobilien, die zuvor einen unterhaltsrechtlich relevanten Wohnvorteil des Antragstellers begründeten. Es wäre unter diesen Umständen unbillig, wenn die Antragsgegnerin auf ergänzende Sozialhilfeleistungen angewiesen wäre, während der Antragsteller sein Vermögen für eigene Belange zurückhalten könnte. ..."

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Die Zurechnung von Einkünften aus Nebentätigkeiten einer Unterhaltspartei beurteilt sich unter Berücksichtigung des Einzelfalls nach Treu und Glauben. Insoweit ist zunächst zu prüfen, ob es sich um Einkünfte aus einer nachhaltig erzielten, dauerhaften und damit zumutbaren oder aus einer überobligationsmäßigen, jederzeit beendbaren und damit unzumutbaren Tätigkeit handelt. Trifft letzteres zu, ist nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalles in einem zweiten Schritt abzuwägen, ob und wenn ja in welcher Höhe das überobligatorisch erzielte Einkommen für die Unterhaltsberechnung herangezogen wird (vgl. Wendl/Gerhardt UnterhaltsR, 10. Aufl., § 1 Rn. 802 m.w.N.). Im Rahmen der Bedarfsbemessung beim Ehegattenunterhalt sind Nebeneinkünfte nicht für die Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse heranzuziehen, wenn sie während des Zusammenlebens nicht zum Familienunterhalt zur Verfügung standen und der Unterhaltsberechtigte sonst nachehelich besser stünde, als er während der Ehezeit mit dem Unterhaltspflichtigen stand (vgl. Wendl/Dose UnterhaltsR, § 1 Rn. 99 m.w.N.). Für das Erreichen der Wesentlichkeitsschwelle des § 238 Abs. 4 FamFG ist bei bereits in mehrere Unterhaltsbestandteile (hier Elementar-, Altersvorsorge- und Krankenvorsorgeunterhalt) aufgeteiltem abzuändernden Unterhalt der Veränderungsbetrag bei dem bindend (§ 308 ZPO) geltend gemachten neuen Gesamtunterhaltsanspruch maßgeblich, nicht hingegen bei den einzelnen Unterhaltsbestandteilen. Ist ein Unterhaltsbestandteil entfallen, so sind die verbliebenen Bestandteile wegen des sich aus ihren unterschiedlichen Zweckbindungen herleitenden amtswegigen Bezifferungsgebotes für die verfahrensgegenständliche Zeit neu aufzugliedern und zu tenorieren. Die Kosten der Prozess-/Verfahrensführung i.S. des § 115 Abs. 4 ZPO für vorhergehende Instanzen bleiben bei der Vier-Raten-Regelung dieser Bestimmung unberücksichtigt, soweit die Partei/der Beteiligte für vorhergehende Instanzen Prozesskosten-/Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt erhalten hat (vgl. Schultzky in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 115 ZPO, Rn. 100; OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.02.2020 - 13 UF 71/15).

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Bei der Beurteilung der Abzugsfähigkeit von Fahrtkosten kommt es stets auch auf die wirtschaftlichen Verhältnisse aller Beteiligten, auch diejenigen des Unterhaltspflichtigen an (vgl. Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, § 1 Rn. 133 m.w.N.). Diesem ist in der Regel zuzumuten, sich kostengünstigerer öffentlicher Verkehrsmittel zu bedienen, wenn die Benutzung eines PKW für die Fahrten zur Arbeitsstelle einen so großen Teil des Einkommens aufzehrt, dass er deswegen keinen ausreichenden Unterhalt mehr zahlen kann (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1988 - IVb ZR 23/88, Rn. 14, juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.05.2019 - 13 UF 11/19).

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Besteht eine Unterhaltspflicht sowohl gegenüber einem geschiedenen als auch einem neuen aktuellen Ehegatten, so ist der Bedarf des geschiedenen Ehegatten auf der Grundlage der Einkünfte des geschiedenen Ehegatten und des Unterhaltsschuldners im Wege der Halbteilung zu ermitteln. Bei der Feststellung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegen-über einem geschiedenen Ehegatten begründet der Unterhaltsanspruch eines nachrangigen aktuellen Ehegatten des Unterhaltspflichtigen keine sonstige Verpflichtung i.S. des § 1581 Satz 1 BGB. Der Umstand, dass ein Teil des Renteneinkommens des Unterhalts-pflichtigen im Hinblick auf § 33 Abs. 1, Abs. 3 VersAusglG vom Bestehen und der Höhe des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt abhängig ist, ist ein im Rahmen der Billigkeitserwägungen nach § 1578b Abs. 1 und § 1581 Satz 1 BGB zu berücksichtigender Aspekt. Ist für die Beurteilung eines Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt gegen einen im Ausland lebenden Unterhaltspflichtigen deutsches Recht anwendbar, so gilt dies auch für die Beurteilung der in diesem Zusammenhang zu klärenden Frage, ob aus der vom Unterhaltspflichtigen im Ausland geführten neuen Ehe eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem neuen Ehegatten besteht. Übernimmt der unterhaltsberechtigte Ehegatte unter Reduzierung einer Er-werbstätigkeit die Pflege seiner gemäß § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XI Pflegegeld beziehenden Mutter, so ist dieses Pflegegeld in voller Höhe als Einkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten anzusehen, wenn es vollständig an diesen weitergegeben wird ( OLG Nürnberg, Beschluss vom 11.01.2012 - 7 UF 747/11 zu §§ 1578, 1578b I, 1581 1 BGB, 33 I, III u.a.).

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Für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der geschiedenen Ehefrau ist nur auf deren Einkommensverhältnisse sowie auf die des Unterhaltspflichtigen abzustellen (§ 1578 BGB). Die zweite Ehefrau ist nicht im Wege der Dreiteilung in die Bedarfsermittlung aufzunehmen. Unterhaltszahlungen an sie finden daher bei Ermittlung des Bedarfs der geschiedenen Ehefrau keine Berücksichtigung. Erst bei Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist die zweite Ehefrau einzubeziehen. Fließen dem Unterhaltspflichtigen Realsplittingvorteile aus der zweiten Ehe zu, müssen diese dem Unterhaltspflichtigen zur Deckung des Bedarfs der zweiten Ehefrau verbleiben. Soweit der Unterhaltspflichtige nicht ohne Gefährdung seines angemessenen Selbstbehaltes den Bedarf beider Ehefrauen decken kann, ist dem Vorrang der zweiten Ehefrau dadurch Rechnung zu tragen, dass der ungedeckte Bedarf der vorrangigen Ehefrau sowohl aus dem Bedarf des Unterhaltspflichtigen als auch aus dem Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau zu bedienen ist, wobei sich die geschiedene Ehefrau entsprechend ihrer quotalen Teilhabe an dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen an dem Bedarf der zweiten Ehefrau zu beteiligen hat. Den die Abänderung Begehrenden trifft die Darlegungs- und Beweislast, dass er wegen unterbliebener Aufklärung über geänderte Umstände auf Seiten des Berechtigten gehindert war, im Ausgangsverfahren Tatsachen vorzutragen, die objektiv in die abzuändernde Entscheidung hätten einbezogen werden müssen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.05.2011 - II-7 UF 1/11 zu §§ 1573 Abs. 2, 1578, 1581, 1609 BGB, 238 Abs. 2 FamFG).

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„... Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht das Verfahrenskostenhilfegesuch der Antragsgegnerin für die Folgesache nachehelicher Unterhalt mangels Erfolgsaussichten zurückgewiesen. Der Senat nimmt Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss und in dem Nichtabhilfebeschluss. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Die Antragsgegnerin ist ihrer Erwerbsobliegenheit nicht hinreichend nachgekommen. Es ist bereits unklar, ob sie ihre Arbeitsstelle bei dem Prüfungslabor Prof. Dr. H. L. GmbH mit einem Stundenlohn von 11,50 € unverschuldet verloren hat. Zu den näheren Umständen der arbeitgeberseitigen Kündigung trägt die Antragsgegnerin nicht vor. Spätestens ab Erhalt der Kündigung zum 16.8.2010 war die Antragsgegnerin gehalten, sich intensiv um eine neue Arbeitsstelle zu bemühen. Die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Bewerbungen reichen zur Erfüllung der unterhaltsrechtlichen Erwerbsobliegenheit weder quantitativ noch qualitativ aus.

Als Anlage zum Schriftsatz vom 8.3.2011 wurden ohne näheren Sachvortrag nur rund 40 Bewerbungen für einen Zeitraum von über 6 Monaten vorgelegt. Dies reicht quantitativ bei weitem nicht aus. Die Antragsgegnerin vermag insoweit nicht zu entlasten, dass sie in den Monaten Dezember 2010 und Januar 2011 teilweise berufstätig war. Denn im Dezember hat sie insgesamt lediglich 53 Stunden und im Januar 2011 durch eine erneute arbeitgeberseitige Kündigung nur 37,15 Stunden gearbeitet, so dass ausreichend Zeit für weitere Bewerbungen verblieb.

Zu beanstanden ist zudem, dass sich die Antragsgegnerin - abgesehen von einer Bewerbung auf eine Stelle als Verkäuferin - nur als Bürokraft beworben hat. Tätigkeitsbereiche, in denen gerichtsbekannt erheblicher Bedarf an Arbeitskräften besteht, wie etwa in der Kinder- und Seniorenbetreuung sowie vor allem im Bereich Pflege, wurden in die Bewerbungsbemühungen nicht einbezogen. Der 47-jährigen Antragsgegnerin kann durchaus zugemutet werden, sich in neue Tätigkeitsbereiche einzuarbeiten. Die Erzielung eines Nettoeinkommens von rund 1.000 €, das sich die Antragsgegnerin in der Antragsschrift vom 15.6.2010 noch selbst zugerechnet hat, ist daher durchaus möglich und mangels hinreichender Erwerbsbemühungen der Antragsgegnerin fiktiv zuzurechnen.

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die gebotene summarische Unterhaltsberechnung des Amtsgerichts zu Gunsten der Antragsgegnerin in dem Nichtabhilfebeschluss vom 8.3.2011, gegen die im Beschwerdeverfahren keine Einwände erhoben wurden.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, §§ 127 Abs. 4 ZPO, 73 Abs. 1 bzw. 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG. ..." (OLG Köln, Beschluss vom 30.03.2011 - 4 WF 51/11)

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Ein Unterhaltsanspruch nach § 1615 l II BGB ist nicht deshalb verwirkt, weil die Mutter in einer verfestigten Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner lebt; § 1579 Nr. 2 BGB ist auf den Unterhaltsanspruch der Mutter nicht entsprechend anwendbar (OLG Nürnberg, Urteil 05.08.2010 - 10 UF 702/10).

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„... Der Kläger hat für seinen Einsatz in Afghanistan vom 01.01.2008 bis 09.02.2008 einen Auslandsverwendungszuschlag (AVZ) i.H.v. kalendertäglich (brutto=netto) 92,03 € erhalten. Für 40 Tage sind dies 3.681,20 € bzw. monatsdurchschnittlich 306,77 €.

Der AVZ ist unter dem Gesichtspunkt ‚häuslicher Ersparnis' im Wege der Schätzung - wie bei Spesen - mit einem Drittel, also monatlich i.H.v. 102,26 € dem Einkommen des Klägers zuzurechnen.

Die unterhaltsrechtliche Berücksichtigung von Auslandszuschlägen ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht einheitlich. Das OLG Schleswig hat in einem Urteil vom 29.06.2004 - 8 UF 213/03 - (FamRZ 2005, 369) im Ergebnis den AVZ aus einem Einsatz in Afghanistan und Bosnien jeweils zur Hälfte angerechnet und sich zur Begründung auf eine Entscheidung des BGH vom 16.01.1980 - IV ZR 115/78 (FamRZ 1980, 342 [344]) zum Auslandszuschlag nach § 55 BBesG berufen, wonach der Zuschlag grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen sei, soweit dem nicht ein konkreter Mehraufwand gegenübersteht. Der Entscheidung des BGH lag die Tätigkeit eines Oberstleutnants in den Niederlanden zugrunde. Siehe auch die Entscheidung des 11. FS OLG Hamm v. 27.11.2008 - 11 UF 215/96 (OLGR 1999, 90) zu §§ 55, 57 BBesG für einen an einer ausländischen Botschaft tätigen Offizier.

Die für den ‚friedlichen' Einsatz eines deutschen Soldaten im europäischen Ausland oder an einer deutschen Botschaft entwickelten Grundsätze sind nach Auffassung des Senats nicht auf den Einsatz in einem Krisen- oder Kriegsgebiet übertragbar. Hier überwiegen die mit einem solchen Einsatz verbundenen Beschwernisse und persönlichen Gefahren für Leib und Leben in einem solchen Maß, dass dem unterhaltspflichtigen Soldat der AVZ grundsätzlich zu verbleiben hat und eine Anrechnung nur unter dem Gesichtspunkt ersparter Aufwendungen erfolgen kann, die mangels anderweitiger Erkenntnisse - ähnlich wie bei Spesen und Auslösungen - in der Regel mit 1/3 zu bemessen sind (vgl. i.d.S. OLG Stuttgart, Beschluss 08.11.2001 - 16 WF 506/01 - Rz. 4, JURIS). ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 18.12.2009)

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„... I. Die Parteien sind miteinander verheiratet. Aus der Ehe sind die Kinder E. H., geboren am … August 2006, und K. R., geboren am ... August 2007, hervorgegangen. Die Parteien leben getrennt, die Kinder wohnen bei der Klägerin und werden von dieser betreut. Mit am 12. Januar 2009 eingereichter, mit Schriftsatz vom 21. Januar 2009 modifizierter Klage hat die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von monatlich jeweils 256 EUR ab Februar 2009 sowie in Höhe von insgesamt 430,90 EUR für Dezember 2008 bis Januar 2009 - jeweils nebst Zinsen - verlangt und hierfür um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gebeten.

Der Beklagte hat Kindesunterhalt in unterschiedlicher Höhe geleistet und sich in zwei vor dem Regionalverband <Ort>, Jugendamt, am 21. April 2009 errichteten Urkunden verpflichtet, für die Kinder monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 228 EUR ab dem 1. April 2009 zu zahlen. Der Beklagte ist dem Prozesskostenhilfeantrag entgegengetreten.

In dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht der Klägerin Prozesskostenhilfe ohne Ratenanordnung bewilligt, soweit sie einen Unterhaltsrückstand für die Monate Dezember 2008 und Januar 2009 in Höhe von insgesamt 430,90 EUR begehrt. Im Übrigen hat das Familiengericht der Klägerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie über die bereits bewilligte Prozesskostenhilfe hinaus Prozesskostenhilfe für die Klage begehrt, soweit sie rückständigen Unterhalt für Februar bis April 2009 in Höhe von 786 EUR sowie für die Zeit ab Mai 2009 in Höhe von monatlich - über den bereits titulierten Unterhalt hinaus - jeweils 28 EUR geltend macht.

Mit Beschluss vom 27. November 2009 - 40 F 318/09 UKPKH 1 - hat das Familiengericht der Klägerin weiter Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit auch Unterhalt für die Monate Februar und März 2009 in Höhe von insgesamt 412 EUR begehrt wird und im Übrigen der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Gemäß Art. 111 FGG-RG findet auf das vorliegende Verfahren das bis zum 31. August 2009 geltende Recht Anwendung. Die sofortige Beschwerde ist nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässig und überwiegend begründet.

Der Klägerin ist entsprechend dem Beschlusstenor - gegenüber der erstinstanzlichen Bewilligung weitergehende - Prozesskostenhilfe zu bewilligen, weil die Klage auch insoweit Aussicht auf Erfolg hat und die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Übrigen vorliegen (§ 114 ZPO).

Allerdings ist die Klage unzulässig, soweit die Klägerin für den Monat April 2009 den vollen Unterhalt geltend macht, weil dabei nicht berücksichtigt wird, dass sich der Beklagte in den Jugendamtsurkunden vom 21. April 2009 (Bl. 38 f d.A.) bereits ab dem 1. April 2009 verpflichtete, monatlich jeweils 228 EUR an Kindesunterhalt zu zahlen. Damit liegt ein Titel vor, aus dem vollstreckt werden kann. Einer erneuten Titulierung bedarf es nicht, so dass der Klage insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Die Klägerin kann daher mit ihrer Klage auch für den Monat April 2009 lediglich den noch nicht titulierten Spitzenbetrag geltend machen, wie es im Übrigen auch ihrer Handhabung für die späteren Monate entspricht. Demgemäß war der Klägerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe teilweise zu verweigern.

Die Kinder der Parteien haben unstreitig dem Grunde nach einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von Kindesunterhalt aus §§ 1601 ff BGB.

Dieser Unterhaltsanspruch ist von der Klägerin gemäß § 1629 Abs. 3 BGB im Wege der Prozessstandschaft im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, wobei der Senat im Ergebnis davon ausgeht, dass dies trotz der anders lautenden Fassung der Klageschrift auch geschieht, nachdem die Klägerin, wie sich aus der Beschwerdebegründung ergibt, den Unterhaltsanspruch und das Prozesskostenhilfegesuch ersichtlich allein im eigenen Namen weiterverfolgen will.

Die Höhe des Unterhalts richtet sich nach den Einkünften des Beklagten. Dabei folgt der Senat der unangegriffen gebliebenen, auf die Lohnsteuerbescheinigung für 2008 (Bl. 40 d.A.) gestützten und nicht substantiiert in Zweifel gezogenen Handhabung des Familiengerichts, wonach von einem Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von monatlich 2.137,23 EUR, berufsbedingten Fahrtkosten von 174 EUR sowie Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung von 212,33 EUR bzw. 11,25 EUR auszugehen ist und dem Beklagten ein Wohnwert von 800 EUR, der für die hier vorzunehmende - summarische - Prüfung der Erfolgsaussicht der Klage nicht zu beanstanden ist, zugerechnet wird.

Entgegen der Auffassung des Familiengerichts können die zur Finanzierung des Hausanwesens des Beklagten aufgenommenen Darlehen nicht in vollem Umfang als Abzugsposten berücksichtigt werden. Wie von der Klägerin unter Verweis auf die notarielle Vereinbarung vom 29. Mai 2008 (Bl. 18 ff d.A.) unwidersprochen vorgetragen wird, haben die Parteien bereits eine endgültige Regelung ihrer Vermögensverhältnisse für den Fall der - zwischenzeitlich beantragten - Scheidung getroffen und zugleich Gütertrennung vereinbart. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 2008, 963) sind in einem solchen Fall die Tilgungsleistungen nicht mehr in Ansatz zu bringen, soweit sie nicht als unterhaltsrechtlich zulässige zusätzliche Altersversorgung von bis zu 4% des Bruttoeinkommens (vgl. Lohnsteuerbescheinigung für 2008 - Bl. 40 d.A.), hier also monatlich 103,10 EUR (= 4 / 100 * 30.929,06 EUR / 12 Monate) zu berücksichtigen sind. Denn durch die Tilgung betreibt der Unterhaltsverpflichtete Vermögensbildung, an welcher der unterhaltsberechtigte Ehegatte in diesen Fällen nicht mehr teil hat und die er nicht durch eine Kürzung seines Unterhaltsanspruchs hinzunehmen braucht.

Es besteht kein Anlass, hiervon abweichend in Bezug auf den Kindesunterhalt von anderen Grundsätzen auszugehen und unter den gegebenen Umständen die gesamten Darlehenslasten einkommensmindernd zu berücksichtigen (vgl. auch Wendl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1, Rz. 402 f). Denn minderjährige Kinder ohne Einkünfte besitzen keine eigene unterhaltsrechtlich relevante Lebensstellung im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB. Sie leiten ihre Lebensstellung vielmehr von derjenigen ihrer unterhaltspflichtigen Eltern ab. Wird das Kind von einem Elternteil versorgt und betreut und leistet der andere Teil Barunterhalt, so bestimmt sich die Lebensstellung des Kindes grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils. Da der für die Unterhaltsbemessung maßgebliche Lebensstandard im wesentlichen durch tatsächlich vorhandene Mittel geprägt ist, richtet sich auch die abgeleitete Lebensstellung des Kindes nach diesen Verhältnissen. Ob Verbindlichkeiten unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähig sind, ist dabei unter umfassender Interessenabwägung zu beurteilen, wobei es insbesondere auf den Zweck der Verbindlichkeit, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis von der Unterhaltsschuld und auf andere Umstände ankommt (BGH, FamRZ 2002, 536; FamRZ 1991, 182).

Im vorliegenden Fall ist die Lebensstellung des Beklagten dadurch gekennzeichnet, dass er seine Vermögensverhältnisse nunmehr unabhängig von der Klägerin gestaltet und dabei ausschließlich im eigenen Interesse und zum eigenen Vorteil Vermögen bildet. Zudem gilt, dass der Unterhaltspflichtige grundsätzlich gehalten ist, sich das vorhandene Vermögen in der Weise zu Nutze zu machen, dass die bestmöglichen Erträge erzielt werden, soweit dies zumutbar ist. Dazu gehört auch gegebenenfalls die Verwertung der früheren gemeinsamen Ehewohnung (BGH, FamRZ 2003, 1179). Anders als bei zusammenlebenden oder nur getrennt lebenden Eheleuten ist eine solche Verwertung jedenfalls dann zumutbar, wenn eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr in Betracht kommt, was hier nach der ersichtlich von den Parteien als abschließend betrachteten Regelung ihrer Vermögensverhältnisse unter den gegebenen Umständen auch anzunehmen ist. Daraus folgt nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass in solchen Fällen eine Vermögensbildung unterhaltsrechtlich grundsätzlich nicht hinzunehmen ist. Umstände, die ausnahmsweise gegenüber den unterhaltsberechtigten Kindern der Parteien eine hiervon abweichende Bewertung erfordern könnten, sind nicht ersichtlich.

Aus alledem folgt, dass die Darlehensraten - abgesehen von der oben erwähnten unterhaltsrechtlich beachtlichen zusätzlichen Altersvorsorge - nur insoweit einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, als damit Zinsen gezahlt werden. Da den Beklagten für die unterhaltsrechtlich relevanten Abzüge die Darlegungslast trifft und nicht ersichtlich ist, welcher Anteil an den Raten auf die Zinsen entfällt, haben sie - weitgehend - außer Ansatz zu bleiben. Unter Berücksichtigung all dessen ist jedenfalls bei der für die im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung maßgeblichen summarischen Prüfung davon auszugehen, dass der Beklagte über Einkünfte verfügt, die nach der gebotenen Höherstufung um eine Einkommensstufe wegen unterdurchschnittlicher Unterhaltslast eine Einordnung in die Einkommensgruppe 5 der Düsseldorfer Tabelle rechtfertigen, ohne dass es auf die Frage, ob dem Beklagten darüber hinaus eine Einkommenserhöhung bzw. Steuerstattungen zuzurechnen sind, ankommt, wie folgende Berechnung zeigt:

Nettoeinkommen 2.137,23 EUR
./. Fahrtkosten - 174,00 EUR
./. Krankenversicherung - 212,33 EUR
./. Pflegeversicherung - 11,25 EUR
./. Altersversorgung - 103,10 EUR
Wohnvorteil 800,00 EUR
maßgebliches Einkommen 2.436,55 EUR

Nach der hier maßgeblichen Altersstufe I der ab Januar 2009 gültigen Düsseldorfer Tabelle beläuft sich der Tabellenunterhalt auf 338 EUR; nach Abzug des hälftigen Kindergeldes von 82 EUR ergibt sich für jedes Kind einen Zahlbetrag von 256 EUR, wie er von der Klägerin geltend gemacht wird.

Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung der titulierten Unterhaltsbeträge folgende Berechnung:

Die Rückstände für Dezember 2008 bis Januar 2009 hat das Familiengericht antragsgemäß mit 430,90 EUR angesetzt. Hiergegen wendet sich die Klägerin nicht.

Für die Zeit ab Januar 2009 beläuft sich der monatliche Unterhaltsanspruch auf insgesamt 512 EUR (= 2 * 256 EUR). Für die Zeit von Februar bis April 2009 ergibt sich daraus ein Gesamtunterhaltsanspruch von 1.536 EUR (= 3 * 2 * 256 EUR). Hierauf hat der Beklagte in den Monaten Februar und März 2009 jeweils 250 EUR (= 2 * 125 EUR) gezahlt und für April 2009 sind insgesamt 456 EUR (= 2 * 228 EUR) tituliert. Daraus ergeben sich noch offene, nicht titulierte Rückstände in Höhe von 580 EUR (= Gesamtunterhaltsanspruch für Februar bis April 2009: 1.536 EUR - Zahlung Februar: 250 EUR - Zahlung März: 250 - tituliert April: 456 EUR). Darauf, ob der Beklagte zwischenzeitlich weitere 412 EUR an die Klägerin gezahlt hat, kommt es für die vorliegende Entscheidung nicht an, da dies dem Betrag entspricht, für den das Familiengericht im Beschluss vom 27. November 2009 im Wege der Teilabhilfe bereits Prozesskostenhilfe bewilligt hat, wogegen sich die Beschwerde nicht richtet.

Ab Mai 2009 steht der Klägerin für jedes der beiden Kinder über den titulierten Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 228 EUR ein weiterer Betrag von 28 EUR zu (= geschuldeter Unterhalt: 256 EUR - titulierter Unterhalt: 228 EUR). ..." (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.12.2009 - 6 WF 123/09)

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Der Hauptrechtsmittelführer kann sein - auf eine Scheidungsfolgesache beschränktes - Rechtsmittel gegen eine im Scheidungsverbund getroffene Entscheidung des Familiengerichts nach Ablauf der für ihn geltenden Rechtsmittelfrist nicht mehr auf den Scheidungsausspruch erweitern. Das gilt auch für den Fall einer Anschließung an eine eigenständige - ebenfalls auf die Folgesache beschränkte - Berufung des Rechtsmittelgegners. Eine fiktive Zurechnung von nicht ausgeschütteten Gewinnen aus dem Betrieb eines Unternehmens zulasten des unterhaltspflichtigen geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafters setzt voraus, dass dieser seine unterhaltsrechtliche Obliegenheit, zumutbare Gewinne aus dem Unternehmen zu realisieren, in vorwerfbarer Weise verletzt hat. Vorwerfbar ist das Unterlassen eine Gewinnausschüttung an die Gesellschafter nur dann, wenn der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter die Grenzen seiner unternehmerischen Freiheit in einer Art und Weise überschreitet, die dem Unterhaltsgläubiger, unter Berücksichtigung der Belange der übrigen Mitgesellschafter und der Interessen der Unterhaltsberechtigten auf dauerhafte Sicherstellung ihres Unterhalts, nicht zumutbar ist. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Der private Nutzungsvorteil eines Firmenfahrzeugs ist in der Regel mit dem nach Steuerrecht zu veranschlagenden Wert (Einprozentregelung) zu bemessen. Er ist zu bereinigen um den steuerlichen Nachteil, der dem Nutzungsberechtigten dadurch entsteht, dass er das Firmenfahrzeug als Sachbezug zu versteuern hat. Eine zeitliche Befristung des Ehegattenunterhalts gem. § 1578b Abs. 2 BGB scheidet in der Regel aus, solange ein Anspruch des Berechtigten auf Zahlung von Unterhalt wegen der Betreuung minderjähriger Kinder nach § 1570 Abs. 1, S. 2 BGB besteht und (noch) keine sichere Prognose getroffen werden kann, ab wann der Anspruch auf Betreuungsunterhalt entfällt (OLG Hamm, Urteil vom 30.10.2008 - 2 UF 43/08 zu §§ 629a Abs. 3 ZPO, 1570 Abs. 1, 1578 Abs. 2, 1581 S. 1 BGB).

§ 1582 Rang des geschiedenen Ehegatten bei mehreren Unterhaltsberechtigten

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden, richtet sich der Rang des geschiedenen Ehegatten nach § 1609.

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§ 1583 Einfluss des Güterstands

Lebt der Verpflichtete im Falle der Wiederheirat mit seinem neuen Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft, so ist § 1604 entsprechend anzuwenden.

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§ 1584 Rangverhältnisse mehrerer Unterhaltsverpflichteter

Der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte haftet vor den Verwandten des Berechtigten. 2Soweit jedoch der Verpflichtete nicht leistungsfähig ist, haften die Verwandten vor dem geschiedenen Ehegatten. 3§ 1607 Abs. 2 und 4 gilt entsprechend.

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§ 1585 Art der Unterhaltsgewährung

(1) Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im Voraus zu entrichten. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Unterhaltsanspruch im Laufe des Monats durch Wiederheirat oder Tod des Berechtigten erlischt.

(2) Statt der Rente kann der Berechtigte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und der Verpflichtete dadurch nicht unbillig belastet wird.

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§ 1585 a Sicherheitsleistung

(1) Der Verpflichtete hat auf Verlangen Sicherheit zu leisten. Die Verpflichtung, Sicherheit zu leisten, entfällt, wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass die Unterhaltsleistung gefährdet ist oder wenn der Verpflichtete durch die Sicherheitsleistung unbillig belastet würde. Der Betrag, für den Sicherheit zu leisten ist, soll den einfachen Jahresbetrag der Unterhaltsrente nicht übersteigen, sofern nicht nach den besonderen Umständen des Falles eine höhere Sicherheitsleistung angemessen erscheint.

(2) Die Art der Sicherheitsleistung bestimmt sich nach den Umständen; die Beschränkung des § 232 gilt nicht.

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§ 1585 b Unterhalt für die Vergangenheit

(1) Wegen eines Sonderbedarfs (§ 1613 Abs. 2) kann der Berechtigte Unterhalt für die Vergangenheit verlangen.

(2) Im Übrigen kann der Berechtigte für die Vergangenheit Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur entsprechend § 1613 Abs. 1 fordern.

(3) Für eine mehr als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit kann Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur verlangt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat.

Leitsätze/Entscheidungen:

Ob die Voraussetzungen für eine Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs gegeben sind, ist im Verfahrenskostenhilfeverfahren im Regelfall nicht Gegenstand der Prüfung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung für einen innerhalb des Scheidungsverfahrens geltend gemachten nachehelichen Unterhaltsanspruch. Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten eines innerhalb des Scheidungsverfahrens geltend gemachten Unterhaltsanspruchs ist auf die zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag aktuellen Einkommensverhältnisse der Eheleute abzustellen. Mögliche zukünftige Veränderungen der Einkommensverhältnisse, deren Eintritt nicht mit der notwendigen Sicherheit prognostiziert werden können, haben regelmäßig an dieser Stelle keinen Einfluss auf die Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten oder der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.10.2022 - II-3 WF 54/22).

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Auch ein rechtshängiger (hier: nachehelicher) Unterhaltsanspruch kann verwirkt werden. Das Zeitmoment der Verwirkung ist jedenfalls bei einem fast dreijährigen Verfahrensstillstand erfüllt. Die Untätigkeit des Unterhaltsgläubigers in einem derart langen Zeitraum darf bei dem Unterhaltsschuldner den Eindruck erwecken, der Unterhaltsanspruch werde trotz Rechtshängigkeit des Verfahrens nicht weiterverfolgt. Insoweit ist jedenfalls das Umstandsmoment der Verwirkung erfüllt, wenn das Gericht erkennbar nicht gewillt ist, dem Verfahren Fortgang zu geben, der Antrag des Unterhaltsgläubigers auf Verfahrenskostenhilfe noch nicht beschieden ist und die Erfolgsaussicht des Unterhaltsanspruchs unsicher ist (hier: wegen des Einwands, die Unterhaltsgläubigerin habe in einer verfestigten Lebensgemeinschaft gelebt; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.06.2018 - 8 UF 217/17).

***

Der Anwendungsbereich der Regelung in § 1585b Abs. 3 BGB, nach der Unterhalt für einen mehr als einem Jahr vor Rechtshängigkeit liegenden Zeitraum nur bei absichtlichem Entziehen von der Leistungspflicht verlangt werden kann, ist nicht auf den Zeitpunkt der Einreichung eines Verfahrenskostenhilfeversuchs zu erstrecken (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 04.03.2016 - 2 UF 152/15):

„... Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung nachehelichen Unterhalts.

Sie haben am 15. Mai 1997 geheiratet und sich im August 2008 getrennt. Ihre Ehe ist seit 2. Dezember 2011 rechtskräftig geschieden. Die Beteiligten haben zwei gemeinsame Kinder. M., geboren am 17. Februar 2001, lebt seit der Trennung der Eltern durchgängig bei der Antragstellerin. J., geboren am 29. September 1997, wechselte im Mai 2011 in den Haushalt des Vaters, Mitte Dezember 2013 kehrte er zur Mutter zurück, vom 31. Januar 2014 bis zu seiner Volljährigkeit lebte er in einer Pflegefamilie. Unterhaltsansprüche des Jugendlichen gegenüber seinen Eltern für die Zeit seiner Fremdunterbringung hat das zuständige Jugendamt, das Hilfe zur Erziehung leistete, auf sich übergeleitet.

Die Antragstellerin hatte bereits vor der Eheschließung aus gesundheitlichen Gründen ihren erlernten Beruf einer Restaurantfachfrau aufgegeben und auf den Beruf einer Bauzeichnerin umgeschult. Nach Beendigung der Umschulung im Sommer 1996 war sie etwa ein halbes Jahr in diesem Beruf tätig; das Arbeitsverhältnis endete auf Grund betriebsbedingter Kündigung etwa drei Monate vor der Eheschließung. Während des Zusammenlebens der Beteiligten war die Antragstellerin nicht erwerbstätig. Nach der Trennung hat sie zunächst verschiedene teilschichtige Tätigkeiten ausgeübt. Seit Mai 2012 ist sie vollschichtig in der Bäderabteilung der Verbandsgemeinde R. angestellt.

Der Antragsgegner arbeitet bei der Firma K. im R.. Er bewohnt ein in seinem Alleineigentum stehendes Anwesen in R..

Die Antragstellerin hat (zuletzt) beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an sie nachehelichen Unterhalt in Höhe von
- monatlich 60,00 € Altersvorsorge- und 327,00 € Elementarunterhalt für die Monate März bis November 2013,
- 59,00 € Altersvorsorge- und 246,00 € Elementarunterhalt für Dezember 2013,
- 10,00 € Altersvorsorge- und 43,00 € Elementarunterhalt für Januar 2014,
- monatlich 42,00 € Altersvorsorge- und 177,00 € Elementarunterhalt ab Februar 2014 und
- 681,64 € Altersvorsorge- und 3.502,26 € Elementarunterhalt für die Monate Mai 2012 bis Februar 2013
zu zahlen. Der Antragsgegner hat Antragsabweisung beantragt.

Das Familiengericht, auf dessen Entscheidung zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstands erster Instanz sowie wegen der Gründe Bezug genommen wird, hat den Antragsgegner zur Zahlung von Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt für die Zeit von Mai 2012 bis einschließlich Dezember 2014 verpflichtet. Zuerkannt wurden für Mai 2012 bis Februar 2013 insgesamt 3.166,00 € Elementar- und 682,00 € Altersvorsorgeunterhalt, für März 2013 bis Januar 2014 jeweils die von der Antragstellerin verlangten Unterhaltsbeträge und für Februar bis Dezember 2014 monatlich 163,00 € Elementar- und 39,00 € Altersvorsorgeunterhalt.

Der Antragsgegner schulde der Antragstellerin befristet bis zum 31. Dezember 2014 Aufstockungsunterhalt. Der Unterhaltsanspruch bemesse sich nach den jeweils um die Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen bereinigten Einkünften der Beteiligten im Unterhaltszeitraum. Abzuziehen seien die jeweils von den Beteiligten geleisteten Kindesunterhaltszahlungen und beim Antragsgegner zudem die den Wohnvorteil übersteigenden Zins- und Tilgungsleistungen; letztere seien als zusätzliche Altersvorsorge, jedoch begrenzt auf 4 % des Bruttoeinkommens, berücksichtigungsfähig.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsgegner sein erstinstanzliches Begehren auf vollumfängliche Abweisung der Unterhaltsanträge der Antragstellerin weiter.

Die angefochtene Entscheidung berücksichtige nicht, dass für J. E. auch nach seiner Fremdunterbringung Kindesunterhalt zu leisten und einkommensmindernd zu berücksichtigen sei. Auch weise die erstinstanzliche Unterhaltsberechnung Fehler zu seinen Lasten auf. Zudem habe das Familiengericht verkannt, dass Unterhaltsansprüche für die Zeit vor März 2013 verwirkt seien. Die Antragstellerin übe keine angemessene Erwerbstätigkeit aus. Als Restaurantfachfrau oder Bauzeichnerin könne sie ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von mindestens 1.600,00 € erzielen und damit ihren Bedarf selbst decken.

Die Antragstellerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Wegen des Sach- und Streitstands des Beschwerdeverfahrens wird auf die gewechselten Schriftsätze, insbesondere Beschwerdebegründung und -erwiderung nebst den zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.

II. Die Beschwerde ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 58 Abs. 1, 63 Abs. 1 und 3, 64 Abs. 1 und 2, 117 Abs. 1 FamFG).

In der Sache hat das Rechtsmittel einen Teilerfolg. Unterhalt für die Vergangenheit kann die Antragstellerin erst ab 26. Februar 2013 verlangen. Der ab diesem Zeitpunkt vom Familiengericht zuerkannte Unterhalt ist bis einschließlich Januar 2014 in vollem Umfang geschuldet; für die Zeit von Februar bis Dezember 2014 besteht lediglich ein Gesamtunterhaltsanspruch in Höhe von 127,00 € monatlich.

1. Der Antragsgegner befindet sich auf Grund des vorgerichtlichen Unterhaltsverlangens der Antragstellerin im Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 15. Dezember 2011 zwar schon seit Eintritt der Rechtskraft der Ehescheidung mit der Leistung nachehelichen Unterhalts in Verzug (§ 1585b Abs. 2 i.V.m. § 1613 Abs. 1 BGB).

Trotz Vorliegens dieser Voraussetzungen kann die Antragstellerin nachehelichen Unterhalt aber gemäß § 1585b Abs. 3 BGB für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit ihres Unterhaltsverlangens liegende Zeit nicht verlangen.

Durch diese Einschränkung, bei der es sich dem Wesen nach um eine gesetzliche Ausformung des Rechtsinstituts der Verwirkung handelt, die an eine illoyal verspätete Geltendmachung des Rechts nachteilige Folgen für den Rechtsinhaber knüpft, soll der Unterhaltsgläubiger veranlasst werden, seinen Unterhaltsanspruch zeitnah zu verwirklichen, um beim Schuldner das Anwachsen einer übergroßen Schuldenlast zu verhindern (BGH Urteil vom 11. Mai 2007 - XII ZR 108/02 Rz. 11 und 13 m.w.N.; zitiert nach Juris). Sein Recht, sich auf Verwirkung des für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit zurückliegende Zeit verlangten Unterhalts zu berufen, verliert der Unterhaltsschuldner, wenn anzunehmen ist, dass er sich der Leistung absichtlich entzogen hat.

Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin wurde mit förmlicher Zustellung der Antragsschrift vom 24. Februar 2014 an den Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 3. März 2014 rechtshängig (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO). Da die Zustellung demnächst erfolgte trat die fristwahrende Wirkung bereits mit Eingang der Antragsschrift am 26. Februar 2014 ein (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 167 ZPO).

Der Zugang des Antrags der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe vom 6. März 2013 mit dem beigefügten Entwurf einer Antragsschrift konnte die fristwahrende Wirkung nicht auslösen.

§ 1585b BGB stellt nach seinem Wortlaut eindeutig auf die Rechtshängigkeit ab.

Ein Vorverlegen auf den Zeitpunkt des Zugangs des Verfahrenskostenhilfeantrags (eine Vorwirkung auf dessen Anbringung in Anwendung des § 167 ZPO scheitert bereits daran, dass diese Vorschrift eine förmliche Zustellung erfordert) ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichstellung eines bedürftigen Verfahrensbeteiligten mit einem solchen geboten, der die Kosten des Verfahrens aus eigenen Mitteln aufbringen kann. Denn der nicht bemittelte Beteiligte kann die sofortige Zustellung seines Unterhaltsantrages und damit dessen Rechtshängigkeit vor Zahlung der gerichtlichen Verfahrensgebühr oder einer Entscheidung über sein Verfahrenskostenhilfegesuch bewirken, indem er glaubhaft macht, dass eine Verzögerung der Zustellung ihm einen nicht oder nur schwer zu ersetzenden Schaden bringen würde (§ 15 Nr. 3 b FamGKG).

Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner sich seiner Unterhaltsverpflichtung absichtlich entzogen hätte, sind weder ersichtlich noch von der Antragstellerin dargetan. Zwar genügt für einen absichtlichen Leistungsentzug jedes Verhalten des Unterhaltspflichtigen, mit dem der Zweck verfolgt wird, die zeitnahe Realisierung des Unterhaltsanspruchs zu verhindern oder zumindest wesentlich zu erschweren. Deshalb kann auch zweckgerichtetes Unterlassen für die Feststellung eines absichtlichen Leistungsentzugs ausreichen. Das bloße Nichtzahlen des vorgerichtlich von der Antragstellerin geforderten Unterhalts genügt jedoch nicht.

Damit sind Unterhaltsansprüche der Antragstellerin für die Zeit bis zum 25. Februar 2013 verwirkt.

2. Das Familiengericht hat zutreffend erkannt, dass die Antragstellerin gegen den Antragsgegner Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB hat, weil ihre Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zur Deckung ihres vollen Unterhalt einschließlich der Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit (§ 1578 Abs. 1 und 3 BGB) nicht ausreichen.

a) Mit der von ihr ausgeübten Tätigkeit als kommunale Angestellte geht die Antragstellerin einer angemessenen Erwerbstätigkeit nach. Ob sich eine ausgeübte Erwerbstätigkeit als angemessen im Sinne des § 1574 Abs. 2 Satz 1 BGB darstellt, ist unter Würdigung der konkreten Gesamtumstände festzustellen. Die berufliche Ausbildung des Unterhaltsberechtigten ist dabei nur eines von vielen Kriterien, dem insbesondere dann nur eine untergeordnete Bedeutung zukommen kann, wenn sie bei Einsetzen der Erwerbsobliegenheit bereits längere Zeit zurückliegt und der Unterhaltsberechtigte keine oder nur geringe praktische Erfahrung im erlernten Beruf gewinnen konnte.

Im umgeschulten Beruf einer Bauzeichnerin hat die Antragstellerin vor der Eheschließung nur wenige Monate gearbeitet und deshalb allenfalls geringe allgemeine Berufserfahrung sammeln können. Zudem hat sich zwischenzeitlich das an eine Bauzeichnerin gestellte Anforderungsprofil geändert; der Antragstellerin fehlen die für die computergestützte Arbeit erforderlichen Fachkenntnisse. Als Bauzeichnerin würde die Antragstellerin zudem auch nicht mehr verdienen als aus ihrer Tätigkeit als kommunale Angestellte; mit rund 1.758,00 € netto monatlich liegt ihr erzieltes Einkommen sogar über den 1.600,00 €, die sie nach Auffassung des Antragsgegners als Bauzeichnerin verdienen könnte.

Ein Wiedereinstieg in den zunächst erlernten Beruf der Restaurantfachkraft war der Antragstellerin bereits deshalb nicht zuzumuten, weil sie die Tätigkeit im Jahr 1994 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste. Zudem wäre der Antragstellerin die Aufnahme einer Tätigkeit in diesem Berufsfeld auch mit Rücksicht auf die Betreuung der beiden gemeinsamen Söhne nicht zuzumuten gewesen. Bei Einsetzen ihrer Erwerbsobliegenheit nach Ablauf des ersten Trennungsjahres im Sommer 2009 waren die Kinder 8 und 11 Jahre alt; ihr Betreuungsbedarf war mit einer Erwerbstätigkeit, die üblicherweise auch in den Abendstunden und an den Wochenenden zu leisten ist, nicht zu vereinbaren.

b) Der Bemessung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs hat das Familiengericht zunächst zutreffend die durch die vorgelegten Verdienstbescheinigungen belegten jeweiligen Nettoeinkommen der Beteiligten zu Grunde gelegt und hat diese ebenfalls zutreffend jeweils um die Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen bereinigt. Auch die Antragstellerin hat solche Aufwendungen in Form von Fahrtkosten zu Arbeitsstelle und für angemessene Arbeitskleidung.

Das Erwerbseinkommen der Antragstellerin ist weiter zu bereinigen um den Kindesunterhalt für J. E.. Bis Dezember 2013 ist der an den Antragsgegner gezahlte Mindestunterhalt von 334,00 € abzuziehen. Der gleiche Betrag ist auch für Januar 2014 zu berücksichtigen, weil die Antragstellerin in diesem Monat Naturalunterhalt für den Sohn geleistet hat. Mit Einsetzen der Barunterhaltsverpflichtung beider Eltern ab Februar 2014 ist der von ihr entsprechend ihrem Haftungsanteil (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB) aufzubringende Betrag von 139,00 € abzuziehen.

Das Erwerbseinkommen des Antragsgegners ist weiter zu bereinigen um die Hausverbindlichkeiten, soweit sie den mit monatlich 408,03 € unstreitigen Wohnvorteil übersteigen. Abzuziehen sind zunächst die für das Jahr 2013 belegten und für das Jahr 2014 unstreitigen Zinsleistungen von 281,10 €; die - tatsächlich höheren - Tilgungsleistungen sind lediglich in Höhe von 4 % des Bruttoeinkommens des Antragsgegners als zusätzliche Altersvorsorge berücksichtigungsfähig, mithin im Jahr 2013 mit monatlich 154,92 € und im Jahr 2014 mit monatlich 161,95 €.

Einkommensmindernd zu berücksichtigen sind auch hier die Kindesunterhaltszahlungen; für M. sind für den gesamten Unterhaltszeitraum monatlich 334,00 € abzuziehen, für J. E. ab Februar 2014 der vom Antragsgegner anteilig zu leistende Barunterhalt von monatlich 291,00 €. Zur Ermittlung des Elementarunterhaltsbedarfs der Antragstellerin ist zudem der für sie zu leistende Altersvorsorgeunterhalt abzuziehen.

Schließlich sind die verbleibenden Einkünfte beider Beteiligten um den Erwerbsanreiz zu kürzen.

Auf dieser Grundlage schuldet der Antragsgegner der Antragstellerin für die Zeit vom 26. Februar 2013 bis einschließlich Januar 2014 jedenfalls die vom Familiengericht titulierten Gesamtunterhaltsansprüche (also monatlich 303,00 € Elementar- und 60,00 € Altersvorsorgeunterhalt bis November 2013, 246,00 € Elementar- und 59,00 € Altersvorsorgeunterhalt für Dezember 2013 sowie 43,00 € Elementar- und 10,00 € Altersvorsorgeunterhalt für Januar 2014). Für die Zeit von Februar bis Dezember 2014 sind wegen des Vorwegabzugs des Kindesunterhalts für den gemeinsamen Sohn J. E. lediglich monatlich 103,00 € Elementar- und 24,00 € Altersvorsorgeunterhalt, insgesamt also 127,00 € geschuldet. ..."

***

„... I. Die Klägerin macht nachehelichen Unterhalt ab Dezember 2006 geltend. Die am ….9.1969 geborene Klägerin und der am ….5.1967 geborene Beklagte haben am 2.2.1999 geheiratet. Die Parteien haben zwei gemeinsame Kinder, A…, geboren am ….6.1990, und B…, geboren am ….2.2001. Die Trennung erfolgte im Jahr 2004. Die Kinder leben seither bei der Klägerin. Durch Urteil des Amtsgerichts vom 6.11.2006, insoweit rechtskräftig seit 14.12.2006, wurde die Ehe der Parteien geschieden. Die Klägerin ist 31 Stunden in der Woche als Arzthelferin tätig. Zumindest zeitweise hat sie Leistungen nach dem SGB II erhalten. Mit Anwaltsschreiben vom 24.11.2006 forderte die Klägerin den Beklagten zur Erteilung einer Auskunft über sein Einkommen und Vermögen zum Zwecke der Unterhaltsberechnung und zur Zahlung von mindestens 400 € ab 1.12.2006 auf. Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht die auf Zahlung monatlichen nachehelichen Unterhalts von 387 € ab Januar 2007 und rückständigen Unterhalts von 146 € für Dezember 2006 gerichtete Klage zurückgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie trägt vor: Mit Rücksicht darauf, dass sie als Arzthelferin auf 31-Stundenbasis beschäftigt sei und daneben eine freiberufliche Tätigkeit als Qigong-Lehrerin ausübe, die bislang noch keine nennenswerten Einkünfte abwerfe, sei sie bereits jetzt vollschichtig erwerbstätig. Die beiden gemeinsamen Kinder seien auch schon während der Ehe im Wesentlichen von ihr betreut worden. Soweit man sie auf die Aufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit verweisen wolle, sei die außerordentlich hohe Arbeitslosigkeit im Gebiet der P… zu berücksichtigen. Beide Kinder hätten unter der Trennung der Eltern gelitten. A… habe erhebliche Schwierigkeiten mit dem Schulwechsel gehabt und in ihren Leistungen stark nachgelassen. Die kleine B… habe die Zeit, in der sie, die Klägerin, habe arbeiten müssen, bei einer Tagesmutter verbracht. Zwangsläufig habe sie, die Klägerin, ihre gesamte Zeit nach der Arbeit mit B… verbracht. Bis heute leide B… unter Einschlafschwierigkeiten, habe starke Verlustängste und schlafe fast ausschließlich im Bett der Mutter, auch wenn sie, die Klägerin, sich darum bemühe, B… zur Selbstständigkeit zu erziehen. Wenn sie etwa 30 Stunden in der Woche gearbeitet habe, könne sie nicht bereits unmittelbar danach mit ihrer Tochter zusammen sein. Montags arbeite sie in der Zeit von 7:30 Uhr bis 19:00 Uhr. Die Mittagspause von 2 Stunden verhelfe ihr zum Erledigen von Tätigkeiten im Haushalt. Davon profitiere B… aber nicht. Die Tagesmutter habe ihre Einrichtung 4 km außerhalb von Pe… gehabt. Sie, die Klägerin, sei mit dem Fahrrad oft dorthin gefahren, um Fahrtkosten zu sparen. Die Tätigkeit als Arzthelferin in einer Praxis für chinesische Medizin mache es erforderlich, dass sie sich weiterbilde. An einigen Wochenenden sei sie ab Freitagnachmittag bis Sonntagnachmittag zur Weiterbildung in M… gewesen. Auch solche Situationen seien für die beiden Töchter und sie anfangs nicht leicht gewesen. Einige Wochenenden habe B… bei ihrem Vater verbracht. Nach den Aufenthalten dort habe sie B… wieder „aufbauen" müssen. Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, ab 1.1.2007 monatlichen Unterhalt von 313 € ab Dezember 2006 zu zahlen, wobei ein Betrag von 127,43 € für Mai 2007 und ein solcher von 243,43 € für Juni 2007 an den Service für Arbeit … in Pe… zu zahlen ist, während die übrigen Zahlungen an sie selbst erfolgen sollen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er trägt vor: Zu Recht habe das Amtsgericht die Klägerin auf den Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit hingewiesen. Da die Klägerin selbst vortrage, dass sie aufgrund ihrer Berufstätigkeit häufig auch über die übliche tägliche Arbeitszeit hinaus, also bis in die Abendstunden, nicht zu Hause sei, scheine dies für B…s Versorgung nicht abträglich zu sein. Auch sei zu beachten, dass er B… sehr häufig und über den üblichen 14-Tage-Turnus hinaus gern zu sich nehme. Es stelle sich die Frage der Bedürftigkeit der Klägerin im Hinblick auf die Leistungen der Agentur für Arbeit und die Einkünfte aus dem Qigong-Unterricht. Bei ihm sei von einem Nettoeinkommen von 2.514,44 € auszugehen. Dabei seien schon steuerfreie Zulagen mit einbezogen, die eigentlich überobligatorisch seien. Ziehe man hiervon 35,08 € für die Heilfürsorge, 40,90 € für vermögenswirksame Leistungen, 231 € Fahrtkosten, 10 € CDU-Beitrag, 9,60 € Gewerkschaftsbeitrag, 20,90 € für die private Rentenversicherung, 27 € für die Kranken- und Pflegeversicherung, 206 € für ein Allzweckdarlehen und 191,32 € für einen PKW-Kredit ab, verblieben 1.742,64 €. Bei sämtlichen Abzugspositionen sei zu berücksichtigen, dass sie die ehelichen Lebensverhältnisse bereits bei intakter Ehe geprägt hätten. Die Fahrtkosten ergäben sich bei durchschnittlich 21 Arbeitstagen und einer Kilometerpauschale von 0,25 €. Aufgrund der unterschiedlichen Schichtpläne sei eine dauerhafte Fahrgemeinschaft mit Kollegen nicht möglich. Der PKW-Kredit sei darauf zurückzuführen, dass er im vergangenen Jahr einen Verkehrsunfall erlitten habe und deswegen gezwungen gewesen sei, einen Ersatzwagen, nämlich einen Renault Laguna, anzuschaffen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat die Parteien angehört. Insoweit wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 19.5.2009 verwiesen.

II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist zum Teil begründet und führt zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Entscheidung. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Dieser ist jedoch gem. § 1578 b Abs. 2 BGB auf die Zeit bis einschließlich Dezember 2013 zu befristen.

1. Der Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt ergibt sich aus § 1573, Abs. 2 BGB, nicht aus § 1570 BGB.

a) Gemäß § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht, § 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dabei sind gemäß § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht, § 1570 Abs. 2 BGB. Mit dieser gesetzlichen Neuregelung hat der Gesetzgeber dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt. Kind- oder elternbezogene Gründe, die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und ggf. zu beweisen (BGH, FamRZ 2009, 770 ff., Rz. 23). Im Prozesskostenhilfe teilweise versagenden Beschluss vom 31.3.2009 hat der Senat die Klägerin bereits darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts für Kinder ab Vollendung des 3. Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben hat (vgl. auch BGH, a.a.O., Rz. 25) und der Vortrag der Klägerin hinsichtlich der Betreuung der zu Beginn des Unterhaltszeitraums 16 bzw. 5 Jahre alten gemeinsamen Kinder der Parteien nicht ausreicht, um eine Verlängerung des Unterhalts über den Basisunterhalt hinaus annehmen zu können. Wegen der Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Klägerin im Einzelnen bis zum Erlass jener Entscheidung wird auf den Senatsbeschluss vom 31.3.2009 verwiesen.

Die Klägerin hat ihren Sachvortrag hinsichtlich der Betreuung der Kinder nicht ergänzt. Mit Schriftsatz vom 28.4.2009 hat sie lediglich vom Senat angeforderte Unterlagen eingereicht. Dass sich darunter auch im Zusammenhang mit Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber Aufstellungen über ihre Arbeitszeiten befinden, ersetzt substantiierten Vortrag bezüglich der zeitlichen Inanspruchnahme durch die Berufstätigkeit einerseits und die Betreuung der beiden minderjährigen Kinder andererseits nicht.

b) Da die Klägerin somit ihren Unterhaltsanspruch nicht auf die Vorschrift des § 1570 BGB stützen kann, besteht mit Rücksicht darauf, dass ihr Einkommen niedriger ist als dasjenige des Beklagten, ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Ungeachtet des vom Amtsgericht herangezogenen Grundsatzes der Eigenverantwortung, § 1569 BGB, geht die Obliegenheit eines jeden Ehegatten nach der Scheidung nur soweit, wie seine beruflichen Möglichkeiten reichen. Wenn das Einkommen eines Ehegatten aufgrund der geringeren Chancen am Arbeitsmarkt, etwa infolge einer weniger fundierten Berufsausbildung oder wegen längerer Zeiten, in denen eine Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt worden ist, hinter dem Einkommen des anderen Ehegatten zurückbleibt, so besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt.

2. Die Klägerin kann nachehelichen Unterhalt für die Zeit vor dem 28.3.2007 nicht verlangen. Wie noch unter 8. auszuführen ist, besteht eine Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin im Hinblick auf einen Anspruchsübergang nach § 33 SGB II sogar erst für Mai und ab Juli 2007.

a) Die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit gemäß § 1585 b Abs. 2 BGB liegen nicht bereits ab Dezember 2006 vor. Das Scheidungsurteil ist erst am 14.12.2006 rechtskräftig geworden. Der Verzug des Schuldners setzt aber regelmäßig eine Mahnung nach Eintritt der Fälligkeit voraus (Wendl/ Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 6, Rz. 116). Daher begründet eine Mahnung wegen nachehelichen Unterhalts, die vor dem Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs zugeht, keinen Verzug (Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 6, Rz. 128). Das Anwaltsschreiben vom 24.11.2006 reicht folglich nicht aus. Die Klägerin hat auf den Hinweis des Senats weitere Mahnungen nach Rechtskraft der Scheidung am 14.12.2006 nicht vorgelegt, sodass der Zugang der einfachen Abschrift der Klageschrift maßgeblich ist. Da § 1585 b Abs. 2 BGB in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung eine Bezugnahme auf § 1613 Abs. 1 BGB nicht enthielt, kommt eine Rückwirkung der Mahnung auf den Monatsersten, wie sie § 1585 b Abs. 2 BGB n. F. in Verbindung mit § 1613 Abs. 1 Satz 2 BGB vorsieht, nicht in Betracht. Entscheidend ist das Datum des Zugangs der einfachen Abschrift der Klage. Ausweislich der Akten hat diese Abschrift das Amtsgericht am 27.3.2007 verlassen, sodass von einem Zugang beim Beklagten am 28.3.2007 ausgegangen werden kann.

b) Das mit Schriftsatz vom 18.5.2009 vorgelegte Anwaltsschreiben der Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 21.12.2006 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Allein aufgrund der im Schreiben vom 21.12.2006 vertretenen Auffassung zu einem nachehelichen Unterhaltsanspruch der Klägerin, eine Mahnung nicht entbehrlich. Zwar kommt, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, ein Verzug ohne Mahnung in Betracht. An das Vorliegen einer solchen ernsthaften und endgültigen Verweigerung sind aber strenge Anforderungen zu stellen. Die Weigerung muss als letztes Wort des Schuldners aufzufassen sein (BGH, NJW 1986, 661; Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 286, Rz. 24). Vor diesem Hintergrund ist das Anwaltsschreiben vom 21.12.2006 nicht als ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung anzusehen.

In jenem Schreiben wird zunächst mitgeteilt, dass zur Erledigung des Schreibens der Klägerin vom 24.11.2006 Bezügemitteilungen übersandt würden und die unterhaltsrelevanten Aufwendungen im Vergleich zum Trennungsunterhaltsverfahren im Wesentlichen unverändert geblieben seien, lediglich ein PKW-Kredit sei hinzugetreten. Im Anschluss daran wird für den Beklagten erklärt, man gehe davon aus, dass ein Unterhaltsanspruch schon dem Grunde nach nicht gerechtfertigt sei, da die Klägerin einer gesteigerten Erwerbsobliegenheit unterliege und ihr die Aufnahme einer Vollzeittätigkeit durchaus möglich sei. Diese Ausführungen allein begründen nicht zwingend die Annahme, dass der Beklagte unter keinen Umständen bereit ist, der Klägerin nachehelichen Unterhalt, gleichgültig in welcher Höhe, zu zahlen. Als letztes Wort der Beklagten sind sie nicht aufzufassen.

3. Da der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen, § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB, wesentlich von den Einkünften der Ehegatten bestimmt wird (vgl. auch Nr. 15.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts), ist zur Unterhaltsbemessung zunächst das unterhaltsrechtlich bedeutsame Einkommen der Klägerin heranzuziehen.

a) Die Klägerin erzielt Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Arzthelferin in einer Arztpraxis. Nach den vorgelegten Entgeltabrechnungen, jeweils für den Monat Dezember der Jahre 2006 bis 2008 und für den Monat Februar 2009, ergeben sich, wenn man die dort im Wege der Auf-addition genannten „Nettosummen" durch die Zahl der jeweils zurückgelegten Monate (12 in den Jahren 2006 bis 2008 und 2 im Jahr 2009) teilt, gerundet folgende monatliche Nettoeinkünfte:

- 676 € in 2006,
- 681 € in 2007,
- 756 € in 2008,
- 783 € in 2009.

b) Weitere Einkünfte erzielt die Klägerin aus ihrer Nebentätigkeit als Qigong-Lehrerin. Nach den mit Schriftsatz vom 28.4.2009 dargelegten Einkünften für die verschiedenen Zeiträume ab 18.4.2007 einerseits und den dort aufgeführten Ausgaben in Zusammenhang mit der Ausbildung zur Qigong-Lehrerin, den Mitgliedsbeiträgen und mit den Aufwendungen für die Raummiete zur Erteilung des Unterrichts andererseits lässt sich angesichts der Einnahmen- und Ausgabensituation ein Gewinn für das Jahr 2008 feststellen. Auch insoweit errechnet sich angesichts der Einnahmen von insgesamt 1.995,50 € (= 484,50 € + 674,50 € + 788,50 € + 48 €) bei Ausgaben in Höhe von 1.801,25 € (= 1.275 € Ausbildungs- und Prüfungsgebühren + 56,25 € Fahrt- und Übernachtungskosten + 50 € Mitgliedsbeiträge + 420 € Raummiete) nur ein Gewinn von 194,25 €. Das sind, auf den Monat umgelegt, rd. 16 €.

c) Bei dem Arbeitslosengeld II, das die Klägerin in der Zeit vom 18.12.2006 bis zum 30.6.2007 bezogen hat, handelt es sich unterhaltsrechtlich nicht um Einkommen (vgl. Nr. 2.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008).

d) Da die Klägerin die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB nicht dargelegt hat, besteht für sie mit Rücksicht auf den Grundsatz der Eigenverantwortung, § 1569 BGB, die Obliegenheit, eine vollschichtige Erwerbstätigkeit auszuüben, vgl. auch § 1577 Abs. 1 BGB. Dieser Obliegenheit genügt die Klägerin nicht allein dadurch, dass sie 31 Stunden in der Woche als Arzthelferin tätig ist und darüber hinaus eine Nebenbeschäftigung als Qigong-Lehrerin ausübt. Dabei kommt es auf die Frage nicht an, ob sich aufgrund beider Tätigkeiten zusammen eine zeitliche Inanspruchnahme von 40 Stunden wöchentlich, wie es für ein Vollzeittätigkeit regelmäßig der Fall ist (vgl. BGH, FamRZ 2009, 314), ergibt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin mit der Ausübung der Nebentätigkeit insgesamt Einkünfte erzielen könnte, wie sie einer vollschichtigen Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf als Arzthelferin entsprechen. Wie bereits ausgeführt, lagen die Einnahmen der Klägerin aus dieser Tätigkeit nur im Jahr 2008 geringfügig über den Ausgaben. Dass sich daran zukünftig etwas ändert, ist nicht ersichtlich, zumal auch das Jahr 2009 unter Berücksichtigung der Aufwendungen für die Raummiete bislang nicht zu einem positiven Ergebnis geführt hat.

Daher muss sich die Klägerin ein fiktives Einkommen aus einer vollschichtigen Tätigkeit zurechnen lassen. Unter Berücksichtigung des dargelegten beruflichen Werdegangs, insbesondere ihrer tatsächlichen Einkünfte als Arzthelferin bei einer 31-Stunden-Woche und der Einkünfte, welche die Klägerin in den Jahren 1998 und 1999 bei der P…er Eisenbahn erzielt hat, kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin bei ausreichenden Bemühungen um eine vollschichtige Tätigkeit, auch im Bereich der ungelernten Bürotätigkeiten, ein Einkommen von bereinigten 950 € erzielen könnte. Ein solches Einkommen ist ihr daher fiktiv zuzurechnen.

4. Zur Ermittlung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin sind ferner die unterhaltsrechtlich bedeutsamen Einkünfte des Beklagten heranzuziehen.

a) Der Beklagte ist als Polizeibeamter berufstätig. Berücksichtigt man die in den Bezügemitteilungen, jeweils für den Monat Dezember in den Jahren 2006 bis 2008 und für April 2009 aufgeführten Jahressummen des steuerpflichtigen Bruttoeinkommens und setzt die dort ausgewiesenen Lohnsteuern und den Solidaritätszuschlag ab, ergeben sich folgende monatliche Nettoeinkünfte:

- 2.393 € (= 28.710,58 € : 12 Monate) im Jahr 2006,
- 2.301 € (= 27.609,58 € : 12 Monate) im Jahr 2007,
- 2.385 € (= 28.624,73 € : 12 Monate) im Jahr 2008.

Der letztgenannte Betrag kann auch für das Jahr 2009 angesetzt werden. Denn nach den vorgelegten vier Bezügemitteilungen für das laufende Jahr ergeben sich keine wesentlichen Abweichungen.

b) Abzugspositionen können in dem Umfang Berücksichtigung finden, in dem sie bereits im Senatsbeschluss vom 31.3.2009 unterhaltsrechtlich Anerkennung gefunden haben, nämlich in Höhe von 202 € monatlich für Fahrtkosten, 10 € monatlich für den Gewerkschaftsbeitrag und 83 € (= 35 € + 27 € + 21 €) für Vorsorgeaufwendungen. Die Parteien sind dieser Berechnung nicht entgegengetreten. Danach ergibt sich folgendes bereinigtes Einkommen:

- 2.098 € (= 2.393 € - 202 € - 10 € - 83 €) im Jahr 2006,
- 2.006 € (= 2.301 € - 202 € - 10 € - 83 €) im Jahr 2007,
- 2.090 € (= 2.385 € - 202 € - 10 € - 83 €) ab 2008.

c) Nicht berücksichtigt werden kann der Beitrag für die Mitgliedschaft in der CDU. Hierbei handelt es sich nicht um einen Beitrag zu einem Berufsverband, wie es beim Gewerkschaftsbeitrag der Fall ist (vgl. hierzu Wendl/Dose, § 1, Rz. 104), sodass eine Berücksichtigung unter dem Gesichtspunkt berufsbedingter Aufwendungen ausscheidet.

Eine Berücksichtigung des Mitgliedsbeitrags kommt auch nicht im Hinblick darauf in Betracht, dass er bereits während des Zusammenlebens der Parteien geleistet worden ist. Schon im Hinblick auf Aufwendungen zur Vermögensbildung, die sich nach der Trennung der Eheleute als einseitige Vermögensbildung darstellen, ist inzwischen anerkannt, dass eine bedarfsmindernde Berücksichtigung ausscheidet (vgl. Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 4, Rz. 202 ff.). Nichts anderes kann für Aufwendungen gelten, die weder beruflich veranlasst sind noch der Alters- oder Krankenvorsorge dienen. Insoweit handelt es sich um freiwillige wirtschaftliche Dispositionen, die unterhaltsrechtlich ohne Bedeutung sind (vgl. auch BGH, FamRZ 2008, 968 ff., Rz. 45).

d) Ebenfalls unberücksichtigt bleiben die vom Beklagten geltend gemachten Kreditraten. Im Senatsbeschluss vom 31.3.2009 ist darauf hingewiesen worden, dass der Beklagte hinsichtlich dieser Kreditraten, deren Berücksichtigungsfähigkeit die Klägerin ausweislich des angefochtenen Urteils bereits erstinstanzlich bestritten hatte, nur pauschal vorgetragen und keinerlei Belege eingereicht hat. Im Anschluss daran ist ergänzender substanziierter Vortrag nicht erfolgt.

5. Die ehelichen Lebensverhältnisse werden auch geprägt durch die Unterhaltspflicht gegenüber den gemeinsamen Kindern. Nach den Jugendamtsurkunden vom 15.2.2005 schuldet der Beklagte jedem der beiden Kinder 139,3 % des Regelbetrages gem. § 2 Regelbetrag-VO (Ost) abzüglich des nach § 1612 b Abs. 5 BGB a. F. abzusetzenden Kindergeldes. In Höhe der sich danach ergebenden Beträge ist der Kindesunterhalt vom Einkommen des Beklagten abzuziehen. Für die Zeit bis einschließlich Dezember 2007 ist der Vomhundertsatz des Regelbetrages ohne Abzug von Kindergeld, also der sog. Tabellenunterhalt, maßgebend (vgl. Nr. 15.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2005). Ab Januar 2008 ist mit Rücksicht auf § 1612 b BGB n. F. auf die Zahlbeträge abzustellen (Nr. 15.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008).

Angesichts einer grundsätzlich bestehenden Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin ab 28.3.2007 ist für die Tochter A… der Parteien durchgängig vom Regelbetrag für die 3. Altersstufe auszugehen, für die Tochter B… vom Regelbetrag für die 2. Altersstufe.

Danach ergeben sich unter Berücksichtigung der Rundungsvorschrift des § 1612 a Abs. 2 GG a. F. folgende Tabellenbeträge:

März bis Juni 2007

- 375 € (= 269 € x 139,3 %) für A…,
- 318 € (= 228 € x 139,3 %) für B…,
- 693 € insgesamt.

Juli bis Dezember 2007

- 372 € (= 267 € x 139,3 %) für A…,
- 315 € (= 226 € x 139,3 %) für B…,
- 687 € insgesamt.

Der dynamisierte Unterhalt ist für die Zeit ab Januar 2008 gem. § 36 Nr. 3 EGZPO umzurechnen. Es gilt die Formel (Zahlbetrag + ½ Kindergeld) : Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe x 100 = Prozentsatz neu (vgl. auch die Anlage III der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008). Der Zahlbetrag zzgl. hälftigen Kindergeldes entspricht den schon errechneten Tabellenbeträgen von 372 € und 315 €. Danach ergibt sich folgender dynamisierter Unterhalt für die beiden Kinder ab Januar 2008:

- 101,9 % des Mindestunterhalts (= 372 € : 365 € x 100) für A…,
- 97,8 % des Mindestunterhalts (= 315 € : 322 € x 100) für B….

Für die Zeit von Januar bis Dezember 2008 verbleibt es bei den bisherigen Zahlbeträgen (vgl. auch Gutjahr, NJW 2008, 1985, 1986). Danach sind zu berücksichtigen:

- 295 € (= 372 € - 77 €) für A…,
- 238 € (= 315 € - 77 €) für B…,
- 533 € insgesamt.

Für die Zeit ab Januar 2009 ist die Anpassung des Mindestunterhalts sowie die veränderte Kindergeldhöhe zu berücksichtigen. Es ergeben sich folgende Zahlbeträge:

- 303 € (= 377 € Mindestunterhalt x 101,9 % - 82 € Kindergeldanteil) für A…,
- 233 € (= 322 € Mindestunterhalt x 97,8 % - 82 € Kindergeldanteil) für B…,
- 536 € insgesamt.

Nach Abzug des Kindesunterhalts verbleiben dem Beklagten folgende Beträge:

- 1.313 € (= 2.006 € - 693 €) von März 2007 bis Juni 2007,
- 1.319 € (= 2.006 € - 687 €) von Juli 2007 bis Dezember 2007,
- 1.557 € (= 2.090 € - 533 €) im Jahr 2008,
- 1.554 € (= 2.090 € - 536 €) im Jahr 2009.

6. Der Unterhaltsbedarf der Klägerin beläuft sich auf 3 / 7 der Differenz zwischen dem auch um den Kindesunterhalt bereinigten Einkommen des Beklagten und ihrem eigenen (fiktiven) Einkommen. Es ergeben sich folgende Beträge:

- 156 € [= (1.313 € - 950 €) x 3/7 ] von März 2007 bis Juni 2007,
- 158 € [= (1.319 € - 950 €) x 3/7 ] von Juli 2007 bis Dezember 2007,
- 260 € [= (1.557 € - 950 €) x 3/7 ] im Jahr 2008,
- 259 € [= (1.554 € - 950 €) x 3/7 ] im Jahr 2009.

7. Der Beklagte ist hinsichtlich der soeben errechneten Beträge in vollem Umfang leistungsfähig, d.h. sein billiger Selbstbehalt von 915 € bzw. 1.000 € (vgl. Nr. 21.4 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2007 und 1.1.2008) ist gewahrt. Dies zeigt eine Beispielrechnung für die Zeit ab Januar 2008. Setzt man von dem nach Abzug des vorrangigen Kindesunterhalts verbleibenden Einkommen des Beklagten von 1.557 € einen Betrag von 260 € ab, errechnen sich 1.297 € und damit deutlich mehr als der billige Selbstbehalt von 1.000 €. ..." (OLG Brandenburg, Uertil vom 30.06.2009 - 10 UF 175/08 zu § 1570 BGB, § 1573 Abs 2 BGB, § 1577 Abs 1 BGB, § 1578 Abs 1 S 1 BGB, § 1578b Abs 2 BGB)

***

Ehebedingte Nachteile können auf Grund eines durchgeführten Versorgungsausgleichs weggefallen sein. Eine Herabsetzung und Befristung des Altersunterhalts nach den §§ 1571, 1578b BGB kommt auch im Fall einer Scheidung nach langer Ehedauer in Betracht. Der geschiedene Ehegatte kann gegen den unterhaltspflichtigen Ehegatten gem. § 1585b III BGB einen Schadensersatzanspruch wegen Verschweigens einer Rente geltend machen (OLG Schleswig, Urteil vom 26.01.2009 - 15 UF 76/08, NJW 2009, 2223 ff zu BGB §§ 1571, 1578b, 1585b III).

§ 1585 c Vereinbarungen über den Unterhalt

Die Ehegatten können über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung Vereinbarungen treffen. Eine Vereinbarung, die vor der Rechtskraft der Scheidung getroffen wird, bedarf der notariellen Beurkundung. § 127a findet auch auf eine Vereinbarung Anwendung, die in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht protokolliert wird.

Leitsätze/Entscheidungen:

Verfahren über Trennungsunterhalt und Vereinbarung über Scheidungsfolgen: Die Form des § 127a BGB ersetzt bei einer vor Rechtskraft der Ehescheidung geschlossenen Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt auch dann die notarielle Beurkundung, wenn die Vereinbarung in einem anderen Verfahren als der Ehesache protokolliert wird. Eine Vereinbarung kann daher insbesondere im Verfahren über den Trennungsunterhalt formwirksam abgeschlossen werden (BGH, Beschluss vom 26.02.2014 - XII ZB 365/12).

***

Eine Inhaltskontrolle von Eheverträgen kann nicht nur zugunsten des unterhaltbe-gehrenden Ehegatten veranlasst sein, sondern im Grundsatz auch zugunsten des auf Unterhalt in Anspruch genommenen Ehegatten. Für die Beurteilung, ob die subjektiven Elemente der Sittenwidrigkeit eines Ehe-vertrages vorliegen, kann jedenfalls dann nicht auf konkrete Feststellungen hierzu verzichtet werden, wenn ein Ehegatte dem anderen Leistungen verspricht, für die es keine gesetzliche Grundlage gibt. In solchen Fällen scheidet eine tatsächliche Vermutung für eine Störung der Vertragsparität aus. Eine Unterhaltsvereinbarung kann sittenwidrig sein, wenn die Ehegatten damit auf der Ehe beruhende Familienlasten zum Nachteil des Sozialleistungsträgers re-geln. Das kann auch dann der Fall sein, wenn durch die Unterhaltsabrede bewirkt wird, dass der über den gesetzlichen Unterhalt hinaus zahlungspflichtige Ehegatte finanziell nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern und deshalb ergänzender Sozialleistungen bedarf (BGH, Urteil vom 05.11.2008 - XII ZR 157/06 zu BGB §§ 138 Abs. 1 Cd, 1585 c) - sehr umfangreiche Entscheidung).

*** (OLG)

Die gerichtliche Geltendmachung von Unterhalt durch den Unterhaltsberechtigten hemmt nicht den Ablauf der Verjährung der im Zeitpunkt der Antragseinreichung bereits auf einen Träger öffentlicher Leistungen übergegangenen und nicht rückübertragenen Unterhaltsansprüche (OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.02.2020 - 4 UF 249/16):

„ ... I. Die Beteiligten streiten um nachehelichen Ehegattenunterhalt.

Ihre am XX.XX.1998 geschlossene Ehe wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Stadt1 vom 24.10.2012, rechtskräftig seit dem 4.1.2013, geschieden. Die beiden aus der Ehe hervorgegangenen, am XX.XX.2000 und am XX.XX.2004 geborenen Söhne lebten mit der inzwischen allein sorgeberechtigten Antragstellerin seit der Trennung der Eltern im Jahr 2007 in dem im Alleineigentum der Antragstellerin stehenden Haus in Stadt2, der vormaligen Ehewohnung.
Beide Kinder befanden sich im hier streitgegenständlichen Zeitraum noch in der allgemeinen Schulausbildung und besuchten eine Ganztagsschule. Im Rahmen der nach einer vorübergehenden Inobhutnahme des älteren Sohnes ab dem Jahr 2013 gewährten Hilfe zur Erziehung erhielten sie bis zum Sommer 2015 eine sozialpädagogische Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII.

Nach der Trennung zahlte der Antragsgegner, der geschäftsführender Alleingesellschafter einer im Immobiliengeschäft tätigen Kapitalgesellschaft ist, die während des Zusammenlebens noch beiden Ehegatten gemeinsam gehörte, zunächst mangels Leistungsfähigkeit keinen Ehegattenunterhalt, nahm im Jahr 2009 jedoch auch die Zahlung von Ehegattenunterhalt auf. Nach Rechtskraft der Scheidung zahlte er neben dem Kindesunterhalt bis einschließlich Juni 2013 auch nachehelichen Ehegattenunterhalt, und zwar in Höhe von insgesamt 8.966,- Euro. Zum Monat Juli 2013 stellte er die Zahlung von Ehegattenunterhalt mit der Begründung ein, er sei nicht mehr leistungsfähig. Kindesunterhalt zahlt er weiterhin.

Die Antragstellerin ist gelernte Beruf1. Nach der Geburt des ersten Kindes war sie bis 2012 nicht mehr berufstätig. Im Jahr 2012 nahm sie eine Teilzeitbeschäftigung als … Angestellte bei der dem Antragsgegner gehörenden Kapitalgesellschaft mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 500,- Euro auf, welcher sie bis einschließlich Juli 2013 nachging. Nachdem der Antragsgegner seine Unterhaltszahlungen eingestellt hatte, forderte sie ihn mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 16.7.2013 im Hinblick auf ihr möglicherweise zustehende Unterhaltsansprüche zur Auskunftserteilung über sein Einkommen auf.

Die Antragstellerin bezog für den Zeitraum vom 1.7.2013 bis zum 30.6.2016 Leistungen der Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Diese beliefen sich ausweislich der Angaben im Schriftsatz vom 4.10.2019, Bl. 907 ff. der Akte, auf insgesamt 26.072,11 Euro nach Abzug von Rückforderungen. Wegen der einzelnen im Zeitraum von Juli 2013 bis Juni 2016 bezogenen Leistungen wird auf den Schriftsatz vom 4.10.2019 samt Anlagen Bezug genommen.

Für den Monat Juli 2013 weist der Bescheid vom 22.7.2013, Bl. 921 ff. der Akte, das von der Antragsgegnerin bis einschließlich Juli 2013 aus ihrer zum 1.2.2013 aufgenommenen Teilzeitbeschäftigung erzielte Nettoerwerbseinkommen von 418,49 Euro aus. Am 5.8.2013 nahm die Antragstellerin eine Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma auf, aus welcher sie im August einen Nettolohn von 850,94 Euro bei 89,67 Arbeitsstunden, im September von 1.499,95 Euro bei 163 Arbeitsstunden, im Oktober 2013 von 1.556,70 Euro bei 183,51 Arbeitsstunden und im November von 1.091,31 Euro bei 45,19 Arbeitsstunden, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 14.11.2013 und Auszahlung des Guthabens auf dem Arbeitszeitkonto, insgesamt also einen Nettolohn von 4.998,91 Euro erzielte. Vom 16.1.2014 bis zum 31.1.2014, vom 15.3.2014 bis zum 14.3.2014 und vom 17.3. bis zum 21.3.2014 war die Antragstellerin wegen eines (…) arbeitsunfähig erkrankt, vom 8.9.2014 bis zum 30.9.2014 mit den Diagnosen (…), vom 27.10.2014 bis zum 2.11.2014 mit der Diagnose (…), vom 5.2.2015 bis zum 26.6.2015 mit den Diagnosen (…), vom 20.7.2015 bis zum 12.4.2016 mit den Diagnosen (…), vom 14.4.2016 bis zum 22.4.2016 mit der Diagnose (…) und vom 25.4.2016 bis zum 1.8.2016 mit den Diagnosen (…). Im November 2014 nahm die Antragstellerin eine Beschäftigung bei einer Y auf, die zum 15.12.2014 beendet wurde und für die sie einen Lohn von insgesamt 730,- Euro netto erhielt.

Die Antragstellerin ist seit dem XX.XX.2018 wieder verheiratet. Bis 2019 lebte sie mit beiden Kindern in dem ihr gehörenden Einfamilienhaus in Stadt2. Die Wohnfläche des frei stehenden Bungalows beläuft sich auf 123 m², die Fläche des Grundstücks auf 1.424 m². Der Wert des Grundstücks wurde vom Ortsgericht am 14.10.2009 auf 431.134,- Euro geschätzt. Auf die zur Finanzierung des Grundstückskaufs gewährten Bankdarlehen zahlte die Antragstellerin monatliche Raten von 500,- Euro und erbrachte eine jährliche Sondertilgung von 5.000,- Euro. Wegen des Zins- und des Tilgungsanteils der Raten wird auf den vorgelegten Kontoauszug vom 31.12.2013, Bl. 722 der Akte, Bezug genommen. Die jährliche Sondertilgung finanzierte die Antragstellerin aus privaten Darlehen.

Die auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergegangenen Unterhaltsansprüche für den Zeitraum vom 1.7.2013 bis zum 30.6.2016 sind von diesem durch Rückübertragungsvertrag vom 6.11.2019, Bl. 1032 f. der Akte, auf die Antragstellerin zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen worden. Auf den Inhalt des Rückübertragungsvertrags wird Bezug genommen.

Nach der Aufforderung zur Auskunftserteilung vom 16.7.2013 verfolgte die Antragstellerin den von ihr im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Unterhaltsanspruch zunächst nicht weiter und forderte den Antragsgegner mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 7.4.2015 erneut zur Auskunftserteilung über seine Einkommensverhältnisse auf.

Nachdem der Antragsgegner auch dieser Aufforderung nicht nachkam, reichte die Antragstellerin am 5.11.2015 beim Amtsgericht einen auf Auskunftserteilung, Belegvorlage, eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskunft und Zahlung noch zu beziffernden nachehelichen Ehegattenunterhalts gerichteten Stufenantrag ein, welcher dem Antragsgegner nach erfolgter Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe am 22.1.2016 zugestellt wurde.

Einen möglichen Unterhaltsanspruch stützte die Antragstellerin im ersten Rechtszug maßgeblich auf eine fortbestehende Betreuungsbedürftigkeit beider Kinder sowie auf bestehende Erkrankungen ihrerseits.

Der Antragsgegner vertrat die Auffassung, kindbezogene Belange stünden einer Vollzeitbeschäftigung der Mutter jedenfalls seit der Rechtskraft der Scheidung nicht mehr entgegen. Für einen Anspruch auf Krankenunterhalt sei der maßgebliche Einsatzzeitpunkt mangels Vorhandensein einer Erkrankung im Zeitpunkt der Scheidung nicht gewahrt. Etwaige Unterhaltsansprüche der Antragstellerin seien im Übrigen verjährt, jedenfalls aber verwirkt.

Mit dem angefochtenen, auf Grund mündlicher Verhandlung ergangenen Beschluss wies das Amtsgericht die Stufenanträge insgesamt zurück und führte zur Begründung aus, der Stufenantrag sei bereits in der Auskunftsstufe insgesamt zurückzuweisen, weil feststehe, dass die begehrte Auskunft den Unterhaltsanspruch unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen könne. Die Voraussetzungen des Bestehens des geltend gemachten Anspruchs auf Betreuungs- bzw. Krankheitsunterhalt lägen nicht vor.

Mit ihrer am 16.9.2016 beim Amtsgericht eingegangenen und innerhalb der von der damaligen Vorsitzenden des Senats verlängerten Frist zur Begründung der Beschwerde gegen den ihr am 26.8.2016 zugestellten Beschluss verfolgt die Antragstellerin ihre Stufenanträge weiter. Sie stützt die geltend gemachten Ansprüche mittlerweile auch auf einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt.

Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten.

Mit am 7.4.2017 verkündeten, rechtskräftigen Teilbeschluss, Bl. 302 ff. der Akte, ist der Antragsgegner unter Zurückweisung der weitergehenden Anträge der Antragstellerin in der Auskunfts- und der Belegstufe zur Auskunftserteilung über seine Einkommensverhältnisse der Jahre 2013 bis 2016, über sein Vermögen am 31.12.2016 sowie zur Vorlage der Einkommenssteuererklärungen und der Einkommenssteuerbescheide sowie der Jahresabschlüsse der ihm gehörenden Kapitalgesellschaft für die genannten Jahre verpflichtet worden.

Nach erfolgter Auskunftserteilung hat die Antragstellerin ihren Leistungsantrag mit Schriftsatz vom 29.1.2019, Bl. 329 ff. der Akte, beziffert. Wegen des der Bezifferung des Leistungsantrags vorausgegangenen Schriftwechsels der Beteiligten wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 18.3.2019 samt Anlagen, Bl. 657 ff. der Akte, und den Schriftsatz der Bevollmächtigten des Antragsgegners vom 5.4.2019, Bl. 690 ff. der Akte, Bezug genommen.

Der Antragsgegner erzielte aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer im Jahr 2013 ein Bruttoeinkommen (einschließlich des Sachbezugs in Form eines zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellten Dienstwagens) von 28.614,- Euro, im Jahr 2014 von 32.316,- Euro, im Jahr 2015 von 61.214,- Euro und im Jahr 2016 von 94.895,- Euro. Seine Gesellschaft erwirtschaftete im Jahr 2013 einen Überschuss von 18.760,79 Euro, im Jahr 2014 vom 212.655,52 Euro, im Jahr 2015 von 202.954,37 Euro und im Jahr 2016 von 1.756,- Euro. In den Jahren 2011 und 2012 hatte sich das Bruttoeinkommen des Antragsgegners aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer auf je 29.160,- Euro belaufen, der Gewinn seiner Gesellschaft - nach vorangegangenen Verlusten - auf 11.647,50 Euro und auf 27.751,93 Euro. Aus den vorgelegten Bilanzen ergibt sich, dass eine Ausschüttung der in den Jahren 2011 bis 2016 erzielten Gewinne nicht erfolgt ist.

Der Antragsgegner ist seit dem XX.XX.2014 wieder verheiratet. Aus der Ehe ist ein am XX.XX.2015 geborenes Kind hervorgegangen. Die Ehefrau war bis zur Geburt des Kindes in Vollzeit beschäftigt, bezog nach der Geburt des Kindes Elterngeld und arbeitet seit dem 11.4.2016 wieder in Vollzeit. Ausweislich der vorgelegten Einkommenssteuerbescheide bezog sie im Jahr 2014 ein Bruttoeinkommen von 119.566,- Euro aus nichtselbständiger Arbeit. In den Jahren 2015 und 2016 ließen sich der Antragsgegner und seine neue Ehefrau getrennt veranlagen. Zur Höhe des Einkommens seiner Ehefrau in diesen beiden Jahren hat der Antragsgegner keine Angaben gemacht.

Wegen der Höhe des dem geltend gemachten Unterhaltsanspruch von der Antragstellerin zu Grunde gelegten bedarfsprägenden Einkommens des Antragsgegners und der dabei in Ansatz gebrachten Steuern und der in Ansatz gebrachten Beiträge zur Alters- und Krankheitsvorsorge sowie des sich daraus ergebenden Kindesunterhalts wird auf den Schriftsatz vom 29.1.2019 samt Anlagen Bezug genommen. Zur Höhe des tatsächlich gezahlten Kindesunterhalts haben die Beteiligten keine Angaben gemacht.

Die Antragstellerin trägt vor, die in den Bilanzen der Gesellschaft des Antragsgegners ausgewiesenen Raumkosten seien unterhaltsrechtlich mindestens zur Hälfte als bedarfsprägendes Einkommen zu berücksichtigen, weil die Räumlichkeiten, deren Kosten in der Bilanz in Ansatz gebracht würden, vom Antragsgegner tatsächlich ausschließlich für private Zwecke genutzt würden. Den Kaltmietwert des von den Kindern und ihr bewohnten Hausgrundstücks beziffert sie mit 1.200,- Euro monatlich.

Die Antragstellerin begrenzt den geltend gemachten nachehelichen Unterhaltsanspruch in zeitlicher Hinsicht bis einschließlich Juni 2016 und der Höhe nach auf den ihr vom Antragsgegner nach der Scheidung nach ihren Angaben zugesagten und zunächst auch gezahlten monatlichen Unterhalt von 1.000,- Euro.

Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass der Antragsgegner verpflichtet wird,

‚an die Antragstellerin für die Zeit vom 1.7.2013 bis zum 30.6.2016 einen nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von € 36.000,00 zzgl. 5 Prozentpunkte über den Basiszinssatz wie folgt zu bezahlen:

- aus € 1.000,00 vom 01.07. bis 31.07.2013
- aus € 2.000,00 vom 01.08. bis 31.08.2013
- aus € 3.000,00 vom 01.09. bis 30.09.2013
- aus € 4.000,00 vom 01.10. bis 31.10.2013
- aus € 5.000,00 vom 01.11. bis 30.11.2013
- aus € 6.000,00 vom 01.12. bis 31.12.2013
- aus € 7.000,00 vom 01.01. bis 31.01.2014
- aus € 8.000,00 vom 01.02. bis 28.02.2014
- aus € 9.000,00 vom 01.03. bis 31.03.2014
- aus € 10.000,00 vom 01.04. bis 30.04.2014
- aus € 11.000,00 vom 01.05. bis 31.05.2014
- aus € 12.000,00 vom 01.06. bis 30.06.2014
- aus € 13.000,00 vom 01.07. bis 31.07.2014
- aus € 14.000,00 vom 01.08. bis 31.08.2014
- aus € 15.000,00 vom 01.09. bis 30.09.2014
- aus € 16.000,00 vom 01.10. bis 31.10.2014
- aus € 17.000,00 vom 01.11. bis 30.11.2014
- aus € 18.000,00 vom 01.12. bis 31.12.2014
- aus € 19.000,00 vom 01.01. bis 31.01.2015
- aus € 20.000,00 vom 01.02. bis 28.02.2015
- aus € 21.000,00 vom 01.03. bis 31.03.2015
- aus € 22.000,00 vom 01.04. bis 30.04.2015
- aus € 23.000,00 vom 01.05. bis 31.05.2015
- aus € 24.000,00 vom 01.06. bis 30.06.2015
- aus € 25.000,00 vom 01.07. bis 31.07.2015
- aus € 26.000,00 vom 01.08. bis 31.08.2015
- aus € 27.000,00 vom 01.09. bis 30.09.2015
- aus € 28.000,00 vom 01.10. bis 31.10.2015
- aus € 29.000,00 vom 01.11. bis 30.11.2015
- aus € 30.000,00 vom 01.12. bis 31.12.2015
- aus € 31.000,00 vom 01.01. bis 31.01.2016
- aus € 32.000,00 vom 01.02. bis 28.02.2016
- aus € 33.000,00 vom 01.03. bis 31.03.2016
- aus € 34.000,00 vom 01.04. bis 30.04.2016
- aus € 35.000,00 vom 01.05. bis 31.05.2016
- aus € 36.000,00 vom 01.06. bis 30.06.2016"

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er rügt die Zuständigkeit des Beschwerdegerichts und vertritt die Auffassung, über den erstmals bezifferten Leistungsantrag habe das Familiengericht - gegebenenfalls - nach einer Zurückverweisung zu entscheiden. In der Sache erhebt er die Einrede der Verjährung und den Einwand der Verwirkung der geltend gemachten Unterhaltsansprüche. Er trägt vor, die in den Jahresabschlüssen seiner Gesellschaft berücksichtigten Raumkosten beliefen sich auf 70 Prozent der tatsächlich angefallenen Raumkosten und berücksichtigten bereits die mit 30 Prozent der Kosten in Ansatz zu bringende Privatnutzung. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Scheidung sei die Antragstellerin nicht bedürftig und er nicht leistungsfähig gewesen. Die von ihm nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung erzielten Einkommenssteigerungen seien nicht bedarfsprägend. Es sei im Übrigen nicht ersichtlich, weshalb die Antragstellerin kein höheres als das zunächst von ihr selbst als erzielbar angegebene Einkommen von 1.720,- Euro netto erzielen könne. Außerdem habe das von ihr bewohnte Hausgrundstück mittlerweile eine erhebliche Wertsteigerung erfahren, weshalb von einem höheren als dem vom Amtsgericht in Ansatz gebrachten Mietwert ausgegangen werden müsse.

II. Die zulässige Beschwerde ist in der Sache teilweise begründet und führt insoweit zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Im Übrigen ist sie unbegründet und daher zurückzuweisen.

Die Zuständigkeit des Senats für den nach Abschluss der Auskunfts- und Belegstufe durch den Teilbeschluss vom 7.4.2017 erstmals mit Schriftsatz vom 29.1.2019 bezifferten Leistungsantrag folgt aus § 69 Abs. 1 Satz 1 FamFG, wonach das Beschwerdegericht in der Sache, also über den Gegenstand der Beschwerde, selbst zu entscheiden hat. Gegenstand der Beschwerde ist im vorliegenden Fall die Entscheidung des Familiengerichts vom 18.8.2016, mit welcher dieses die Stufenanträge der Beschwerdeführerin einschließlich ihres (noch unbezifferten) Leistungsantrags als unbegründet zurückgewiesen hat. Der Senat ist daher zur Entscheidung über die mit der Beschwerde weiter verfolgten Stufenanträge berufen.

Eine vor Erlass des Teilbeschlusses vom 7.4.2017 von keinem der Beteiligten beantragte Zurückverweisung an das Amtsgericht nach §§ 117 Abs. 2, 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO kommt zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr in Betracht, weil der Streit über die Höhe des geltend gemachten Anspruchs zur Entscheidung reif ist. Eine Zurückverweisung wäre ohnehin in das Ermessen des Senats gestellt, der im Hinblick auf die Verfahrensdauer und die mittlerweile gegebene Entscheidungsreife selbst dann keine Veranlassung für eine Zurückverweisung sähe, wenn diese zulässig wäre.

Der bezifferte Leistungsantrag ist allerdings nur teilweise begründet.

Die Antragstellerin ist in Folge der am 6.11.2019 mit dem Träger der von ihr bezogenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vereinbarten Rückübertragung als Verfahrensstandschafterin auch zur gerichtlichen Geltendmachung der vor Rechtshängigkeit nach § 33 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGB II auf den Träger übergegangenen Unterhaltsansprüche berechtigt. Die vereinbarte Rückübertragung führt dazu, dass die Antragstellerin befugt ist, die Ansprüche in eigenem Namen geltend zu machen, d.h. auch Leistung an sich zu verlangen. Soweit sie sich im Innenverhältnis mit dem Leistungsträger dazu verpflichtet hat, bis zur Höhe der rückübertragenen Ansprüche Leistung an diesen zu verlangen, berührt dies ihre im Außenverhältnis durch die Rückübertragung begründete Befugnis zur Beantragung der Zahlung an sich nicht.

Die geltend gemachten Unterhaltsansprüche sind jedoch verjährt, soweit sie vor dem 5.11.2015, dem Tag des Antragseingangs beim Amtsgericht, entstanden und gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGB II auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergegangen waren. Insoweit ist die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB gemäß § 199 Abs. 1 BGB spätestens mit Ablauf des Jahres 2018 abgelaufen.

Die gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Antragseinreichung beim Amtsgericht zurückwirkende Klageerhebung durch die Antragstellerin hat den Ablauf der Verjährung der bis zu diesem Zeitpunkt auf den Träger der Leistungen übergegangenen Ansprüche nicht gehemmt. Eine Hemmung der Verjährung durch die Erhebung einer Klage auf Leistung nach § 204 Nr. 1 BGB tritt nur durch die Klage des Berechtigten, also im Falle eines gesetzlichen Forderungsübergangs einer Klage des neuen Gläubigers (Zessionars) ein (vgl. Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 204, Rdnr. 9 unter Verweis auf BGH, VersR 65, 611). Eine Rückabtretung der Forderung an den alten Gläubiger (Zedenten) hemmt dessen Klage nur ex nunc, also ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Rückabtretung (vgl. Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearbeitung 2019, § 204, Rdnr. 10 unter Verweis auf BGH, NJW 1995, 1675). Da die Rückabtretung der übergegangenen Ansprüche auf die Antragstellerin im vorliegenden Fall erst am 6.11.2019 vereinbart wurde, konnte sie den Eintritt der Verjährung der bereits mit Ablauf der Jahre 2016 bis 2018 verjährten Unterhaltsansprüche aus den Jahren 2013 bis 2015 nicht hemmen.

Die nach § 167 ZPO auf den 5.11.2015 zurückwirkende Antragserhebung durch die Antragstellerin führte daher lediglich zur Hemmung der Verjährung der zu diesem Zeitpunkt nicht auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergegangenen Unterhaltsansprüche für den Zeitraum von Juli 2013 bis November 2015 sowie der noch nicht auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergegangenen Unterhaltsansprüche für den Zeitraum von Dezember 2015 bis Juni 2016. Deren späterer (teilweiser) Übergang auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II lässt weder die Berechtigung der Antragstellerin zu ihrer Geltendmachung noch die Hemmungswirkung ihrer Anträge entfallen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 265 Abs. 2 Satz 1, 167 ZPO; vgl. zu der sich aus § 167 ZPO ergebenden Hemmungswirkung auch für Ansprüche, deren Inhaberschaft der Antragsteller im Zeitraum zwischen der Einreichung seines Antrags und dessen alsbaldiger Zustellung verloren hat, BGH, NJW 2013, 1730, Rdnr. 26 f.).

Ausgehend von den im Schriftsatz vom 4.10.2019 genannten Beträgen und den mit dem Schriftsatz in Kopie vorgelegten Bescheiden sind die geltend gemachten Unterhaltsansprüche damit in Höhe der gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von 2.549,91 Euro im Jahr 2013, von 9.284,88 Euro im Jahr 2014 und von 8.726,40 Euro im Zeitraum von Januar bis November 2015, insgesamt also in Höhe von 20.561,19 Euro verjährt.

Die darüber hinaus geltend gemachten Unterhaltsansprüche von 3.450,09 Euro im Jahr 2013, von 2.715,12 Euro im Jahr 2014, von 3.273,60 Euro im Jahr 2015 und von 6.000,- Euro im Jahr 2016 sind hingegen nicht verjährt.

Die Verjährung der Unterhaltsansprüche war gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 14 BGB ab dem 5.11.2015 gehemmt; die Hemmung endete gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 und 3 BGB sechs Monate nach der Zustellung des Teilbeschlusses vom 7.4.2017 und damit mit Ablauf des 18.10.2017 und begann gemäß §§ 204 Abs. 2 Satz 4 BGB, 167 ZPO mit dem Eingang des Leistungsantrags beim Beschwerdegericht am 31.1.2019 erneut. Zu diesem Zeitpunkt war die dreijährige Verjährungsfrist für die 2013 entstandenen Unterhaltsansprüche 34 Monate und 16 Tage gelaufen, also selbst für die ältesten geltend gemachten Unterhaltsansprüche noch nicht abgelaufen.

Die geltend gemachten Unterhaltsansprüche sind allerdings gemäß § 1585 b Abs. 3 BGB verwirkt, soweit sie vor dem 5.11.2014 entstanden sind.

Nach § 1585 b Abs. 3 BGB kann nachehelicher Ehegattenunterhalt für eine mehr als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit nur verlangt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat. § 1585 b Abs. 3 BGB gilt auch für Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes auf einen Träger von Sozialleistungen übergegangen sind (vgl. BGH, FamRZ 2019, 112, Rdnr. 22). Eine absichtliche Entziehung setzt eine bewusste Erschwerung der Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs des Unterhaltsberechtigten voraus (vgl. BGH, FamRZ 1989, 150; FamRZ 2005, 1162; OLG Köln, FamRZ 1997, 426). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Umständen, welche auf eine absichtliche Entziehung schließen lassen, trägt der Unterhaltsberechtigte (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1585 b, Rdnr. 8 m.w.N.; Wendl/Dose/Siebert, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 6, Rdnr. 118). § 167 ZPO findet Anwendung mit der Folge, dass der für die Berechnung der Jahresfrist maßgebliche Zeitpunkt der Rechtshängigkeit bei alsbaldiger Zustellung auf den Zeitpunkt des Antragseingangs bei Gericht vorverlegt wird (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1585 b, Rdnr. 6 m.w.N.; Wendl/Dose/Siebert, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 6, Rdnr. 114 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin keine Umstände dargelegt, welche darauf schließen ließen, dass der Antragsgegner sich absichtlich seiner Unterhaltspflicht entzogen hat. Die bloße Untätigkeit des Antragsgegners nach erfolgter Inverzugsetzung durch die Stufenmahnung vom 16.7.2013 reicht für die Annahme einer bewussten Erschwerung der Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin nicht aus, weil § 1585 b Abs. 3 BGB sonst ins Leere liefe. Die Annahme einer absichtlichen Entziehung setzt daher über die bloße Inverzugsetzung hinausgehende Umstände voraus. Die geltend gemachten Unterhaltsansprüche sind daher ausgehend vom Antragseingang am 5.11.2015 und dessen alsbaldiger Zustellung am 22.1.2016 bis einschließlich November 2014 verwirkt.

Eine darüber hinausgehende Verwirkung der geltend gemachten Unterhaltsansprüche für den Zeitraum ab Dezember 2014 kann hingegen nicht angenommen werden. Das bloße Unterlassen der Fortsetzung einer begonnenen Geltendmachung von Unterhalt kann das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment nicht begründen. Vielmehr bedarf es der Darlegung weiterer Umstände, auf Grund derer der Unterhaltspflichtige berechtigterweise darauf vertrauen durfte, vom Unterhaltsberechtigten nicht mehr auf den geltend gemachten Unterhalt in Anspruch genommen zu werden (vgl. BGH, FamRZ 2018, 589; FamRZ 2018, 681). Solche Umstände sind hier weder vorgetragen noch ersichtlich. Der vorgelegte Schriftverkehr der Beteiligten im Anschluss an den Erlass des Teilbeschlusses vom 7.4.2017, in welchem die Beteiligten darüber stritten, welche Auskünfte der Antragsgegner noch erteilen bzw. welche Belege er noch vorlegen müsse, spricht sogar eindeutig gegen die Annahme eines solchen Umstandsmoments.

Für den nicht verwirkten Zeitraum von Dezember 2014 bis Juni 2016 steht der Antragstellerin in Folge der Stufenmahnung vom 16.7.2013 gemäß §§ 1585 b Abs. 2, 1613 Abs. 1 BGB ein Unterhaltsanspruch nach § 1573 Abs. 2 BGB (sogenannter Aufstockungsunterhalt) zu.

Der Antragsgegner weist zwar zutreffend darauf hin, dass Voraussetzung eines nachehelichen Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt das allenfalls durch eine vorübergehende Leistungsunfähigkeit des Unterhaltspflichtigen unterbrochene durchgängige Bestehen eines Unterhaltsanspruchs ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung ist (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1573, Rdnr. 16 unter Verweis auf BGH, FamRZ 2016, 203; FamRZ 2005, 1817). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall jedoch gegeben. Der Antragsteller hat nach Rechtskraft der Scheidung bis Juni 2013 noch Ehegattenunterhalt gezahlt. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Einstellung der Unterhaltszahlungen im Juli 2013 darauf beruhte, dass der Antragstellerin ab diesem Zeitpunkt kein Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB mehr zustand und dass die Einkommensunterschiede der Beteiligten im Jahr 2013 noch keinen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründeten, bestand ein solcher jedenfalls ab dem Jahr 2014, in welchem der Antragsteller ein Bruttoeinkommen von 32.316,- Euro erzielte und seine Gesellschaft einen Gewinn von 212.655,52 Euro erwirtschaftete. Die „Unterhaltskette" war damit allenfalls für sechs Monate unterbrochen. Da der Antragsgegner während der gesamten Zeit seiner schon während der Ehe ausgeübten Tätigkeit nachging, rechtfertigt dies sowohl die Annahme, dass die ab 2014 erzielten Einkünfte bedarfsprägend im Sinne des § 1578 Abs. 1 BGB waren (vgl. zur Berücksichtigung nachehelicher Einkommensverbesserungen Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1578, Rdnr. 20 m.w.N.), als auch die Annahme einer allenfalls vorübergehenden Unterbrechung der „Unterhaltskette".

Im Ergebnis geht der Senat unter Zugrundelegung des vom Antragsgegner im streitgegenständlichen Zeitraum von 2013 bis 2016 durchschnittlich erzielten Einkommens sogar von einem ununterbrochenen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt aus. Im Hinblick auf die starken Schwankungen der Einkünfte des Antragsgegners erachtet der Senat es als gerechtfertigt, für die Ermittlung der hier ausschließlich noch geltend gemachten Unterhaltsrückstände auf das gesamte im streitgegenständlichen Zeitraum erzielte Einkommen abzustellen, weil es lebensfremd erscheint, dass die Beteiligten ihren Bedarf jährlich den jeweiligen Einkommensschwankungen angepasst hätten (vgl. insoweit auch BGH, FamRZ 2007, 1532, Rdnr. 23). Soweit der Antragsgegner darauf hinweist, dass die Antragstellerin keine Angaben zur Höhe seines in der zweiten Hälfte des Jahres 2013 und in der ersten Hälfte des Jahres 2016 erzielten Einkommens gemacht hat, ist dies unerheblich, weil der Antragsgegner selbst nicht vorträgt, in diesen beiden Zeitabschnitten weniger als im Durchschnitt des jeweiligen Jahres verdient zu haben.

Bringt man das in den Jahren 2013 bis 2016 vom Antragsgegner erzielte Bruttoeinkommen aus seiner Geschäftsführertätigkeit, das den geldwerten Vorteil aus der Nutzung eines Firmenwagens enthält, und den im genannten Zeitraum von seiner GmbH erzielten Gewinn in voller Höhe als bedarfsprägendes Einkommen in Ansatz und zieht davon die von der Antragstellerin in Ansatz gebrachten Steuern, welche sogar die für Körperschaftssteuer, Kapitalertragssteuer (zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) und Einkommenssteuer (zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) geltenden Höchstsätze überschreiten, und die von der Antragstellerin in Ansatz gebrachten Alters- und Krankenvorsorgeaufwendungen ab, welche die vom Antragsgegner selbst bezifferten Aufwendungen übersteigen, verbleibt auch unter Außerachtlassung des von der Antragstellerin in Ansatz gebrachten Zuschlags für eine behauptete fehlerhafte Verbuchung privater Raumkosten ein durchschnittliches bereinigtes Nettoeinkommen von über 6.400,- Euro vor Abzug des Kindesunterhalts.

Selbst wenn man den Kindesunterhalt für die beiden ehelichen Kinder mit dem sich aus der Düsseldorfer Tabelle ergebenden Höchstsatz in Ansatz bringt, stand dem Antragsgegner damit im streitgegenständlichen Zeitraum auch nach Abzug des Kindesunterhalts ein bedarfsprägendes bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von mindestens 5.200,- Euro zur Verfügung.

Die Antragstellerin hat das von ihr erzielbare gesetzliche Nettoeinkommen - ausgehend von der Hochrechnung ihres bis Juni 2013 erzielten Einkommens auf eine Vollzeitstelle zunächst mit 1.720,- Euro monatlich vor Abzug berufsbedingter Aufwendungen angegeben. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat sie zu den tatsächlich erzielten Einkünften vorgetragen und eine zumindest phasenweise krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit sowie eine fortbestehende Betreuungsbedürftigkeit der beiden bei ihr lebenden Kinder geltend gemacht.

Da vor dem Hintergrund der durch eine lange Unterbrechung wegen der Kinderbetreuung und eine anschließende Teilzeitbeschäftigung in der Firma des geschiedenen Ehemanns gekennzeichneten Erwerbsbiografie keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich sind, dass die Antragsgegnerin mit einer Vollzeitbeschäftigung ein höheres als das mit der Vollzeitbeschäftigung im Herbst 2013 erzielte Einkommen hätte erzielen können, ist dieses den erzielbaren Einkünften zu Grunde zu legen. Ausgehend von einer Obliegenheit zur Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit mit 40 Wochenstunden, wie sie die Antragsgegnerin im Oktober und der ersten Hälfte des November 2013 ausübte, beläuft sich das erzielbare gesetzliche Nettoeinkommen auf rund 1.550,- monatlich. Nach Abzug einer fünfprozentigen Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen verbleibt ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.472,50 Euro.

Ein fiktives Einkommen In dieser Höhe ist der Antragstellerin für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum anzurechnen. Der Aufnahme einer Vollzeittätigkeit entgegenstehende kind- oder elternbezogene Belange im Sinne des § 1570 Abs. 1 und 2 BGB sind weder dargelegt noch ersichtlich. Die Antragstellerin nahm unmittelbar nach Einstellung der Unterhaltsleistungen des Antragsgegners eine Vollzeitbeschäftigung auf, die sie nach eigenem Vortrag nicht wegen der Betreuungsbedürftigkeit der beiden Kinder, sondern in Folge einer arbeitgeberseitigen Kündigung beendete.

Dass sie nach der Kündigung keine realistische anderweitige Beschäftigungschance hatte, hat sie nicht hinreichend dargelegt. Sie hat weder ausreichende Bewerbungsbemühungen vorgetragen noch eine mehr als vorübergehende krankheitsbedingte Einschränkung ihrer Erwerbsunfähigkeit. Die phasenweisen Krankschreibungen durch ihren Hausarzt reichen für die Annahme einer Erwerbsunfähigkeit nicht aus, zumal weder die Antragstellerin noch das Jobcenter auf einen Wechsel der Antragstellerin in den Grundsicherungsbezug für nicht Erwerbsfähige hingewirkt haben. Auf die Frage, ob eine Erkrankung bereits in dem für die Geltendmachung von Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB maßgeblichen Einsatzzeitpunkt vorlag, kommt es daher nicht an.

Dem erzielbaren Erwerbseinkommen ist der aus der Nutzung des eigenen Heims resultierende Wohnvorteil hinzuzurechnen (vgl. Ziffer 5 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1.1.2020, veröffentlicht unter www.hefam.de). Insoweit hat der Antragsgegner zu Recht darauf hingewiesen, dass das Hausgrundstück seit 2009 als Folge der allgemeinen Preisentwicklung am Immobilienmarkt eine erhebliche Wertsteigerung erfahren hat, die im Zusammenspiel mit der Entwicklung der Wohnungsmieten im X-Gebiet auch für den streitgegenständlichen Zeitraum den Ansatz einer höheren als der von der Antragstellerin veranschlagten Miete rechtfertigt. Der Ansatz eines Mietwerts von 1.500,- Euro monatlich erscheint hier - auch in Anbetracht der Größe des Grundstücks - realistisch.

Der Mietwert ist um die anfallenden Finanzierungslasten zu bereinigen, zu denen nach Auffassung des Senats nicht nur die Zins-, sondern auch die Tilgungsleistungen rechnen. Zwar führen diese zu einer Vermögensbildung auf Seiten der Antragstellerin. Sie dienen jedoch der Finanzierung des anzurechnenden Wohnvorteils, den es ohne die Tilgungsleistungen nicht gäbe. Im Übrigen stünden die aus der Finanzierung des Erwerbs der vormaligen Ehewohnung herrührenden Tilgungsleistungen auch im Falle einer fortgesetzten Bedarfsgemeinschaft der Beteiligten nicht für den Lebensunterhalt zur Verfügung, würden also ihren Bedarf prägen. Der Senat rückt vor diesem Hintergrund von seiner bisherigen Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Tilgungsleistungen beim Wohnvorteil ab und folgt der zum Elternunterhalt entwickelten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, deren Ausweitung auf den Ehegattenunterhalt der Bundesgerichtshof bereits angedeutet hat (vgl. BGH, FamRZ 2018, 1506, Rdnr. 31 unter Verweis auf seine zum Elternunterhalt ergangene Entscheidung FamRZ 2017, 519; OLG Frankfurt am Main, FamRZ 2019, 1611, Rdnr. 66; für den Abzug beim Kindesunterhalt OLG Frankfurt am Main, NZFam 2019, 1054).

Ausgehend von einem Mietwert von 1.500,- Euro verbleibt nach Abzug der durchschnittlichen Zins- und Tilgungsleistungen von 916,67 Euro ein monatlicher Wohnvorteil von 583,33 Euro.

Das bedarfsprägende erzielbare Einkommen der Antragstellerin belief sich im streitgegenständlichen Zeitraum damit auf 2.055,83 Euro.

Daraus folgt im Falle einer quotalen Berechnung des Unterhaltsanspruchs mittels einer Halbteilung des von beiden Beteiligten erzielten bzw. erzielbaren bedarfsprägenden Einkommens unter Berücksichtigung eines Erwerbsanreizes von einem Siebtel des bedarfsprägenden Erwerbseinkommens ein ungedeckter Bedarf der Antragstellerin von (5200 x 6/7 - 1472,50 x 6/7 - 583,33) : 2 = gerundet 1.306,- Euro.

Der Antragsgegner ist auch unter Berücksichtigung seiner ab Dezember 2014 einsetzenden Unterhaltspflicht gegenüber seiner neuen Ehefrau und seiner ab April 2015 einsetzenden Unterhaltspflicht gegenüber dem aus seiner neuen Ehe hervorgegangenen Kind jedenfalls in Höhe des geltend gemachten Unterhalts von 1.000,- Euro monatlich leistungsfähig im Sinne des § 1581 BGB. Selbst wenn man den Barbedarf des neu geborenen Kindes mit dem Höchstsatz der Düsseldorfer Tabelle in Ansatz bringt und davon ausgeht, dass dieser allein aus dem Einkommen des Antragsgegners bestritten wird, verbleibt dem Antragsgegner nach Abzug des geforderten Unterhalts ein höherer Betrag als der Antragstellerin. Der Halbteilungsgrundsatz ist damit nicht verletzt.

Eine aus der Unterhaltspflicht gegenüber der neuen Ehefrau resultierende Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes hat der Antragsteller nicht dargelegt. Zur Höhe des von der neuen Ehefrau in den Jahren 2015 und 2016 erzielten Einkommens hat er keine Angaben gemacht. Auch für den Monat Dezember 2014 ist eine mit der neuen Ehe einhergehende Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners nicht dargelegt. Bei einem von der neuen Ehefrau im Jahr 2014 erzielten Bruttoeinkommen von 119.566,- Euro war deren sich aus einer Dreiteilung des Einkommens der beiden Beteiligten und der neuen Ehefrau ergebender Bedarf (vgl. insoweit BGH, FamRZ 2012, 288) offensichtlich durch ihr eigenes Einkommen und den bei der Bedarfsberechnung der Antragstellerin nicht berücksichtigten steuerlichen Splittingvorteil gedeckt.

Dennoch kann nicht von einem ungedeckten Bedarf der Antragstellerin in Höhe des von ihr geltend gemachten Betrags von 1.000,- Euro monatlich ausgegangen werden.

Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall noch die in den Unterhaltsgrundsätzen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main für die Jahre 2013 bis 2016 enthaltene relative Sättigungsgrenze von 2.500,- Euro Anwendung findet, oberhalb derer ein Bedarf vom Unterhaltsberechtigten konkret, also nicht als Quote des verfügbaren Einkommens darzulegen und zu beweisen ist, oder ob auch für die Vergangenheit von einer tatsächlichen Vermutung des vollständigen Verbrauchs des verfügbaren Einkommens bis zum Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommenshöchstbetrags auszugehen ist mit der Folge, dass der Unterhaltspflichtige darlegen und beweisen muss, dass die Beteiligten das verfügbare Einkommen nicht in vollem Umfang zur Bedarfsdeckung eingesetzt haben bzw. eingesetzt hätten (vgl. zur Problematik BGH, FamRZ 2018, 260; FamRZ 2020, 21, und Ziffer 15.3 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1.1.2020). Auf Grund des fest stehenden Sachverhalts gelangt man nämlich in beiden Fällen zum gleichen Ergebnis.

Bis zur Einstellung der Unterhaltsleistungen des Antragsgegners im Juli 2013 stand der Antragstellerin zur Bedarfsdeckung ein monatlicher Betrag in Höhe des Wohnvorteils von 583,33 Euro, des Erwerbseinkommens von 397,56 Euro (nach Abzug einer Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen) und des vom Antragsgegner im ersten Halbjahr gezahlten Unterhalts von durchschnittlich 1.494,33 Euro zur Verfügung.

Gegen eine Deckelung des eheprägenden Bedarfs auf den sich daraus ergebenden Betrag bestehen bereits deshalb Bedenken, weil die Antragstellerin anschließend Einkommen erzielt hat bzw. ihr Einkommen angerechnet wird, welches an die Stelle der bis einschließlich Juni 2013 geleisteten Kinderbetreuung getreten ist. Dieses wirkt sich im Falle einer quotalen Bedarfsermittlung nach der oben angewandten Differenzmethode bedarfserhöhend aus (vgl. BGH, FamRZ 2001, 1687). Führt das als Surrogat der Kinderbetreuung erzielte Einkommen hingegen zu einem Überschreiten der relativen Sättigungsgrenze der Ziffer 15.3 der Unterhaltsgrundsätze, soll es sich nicht bedarfserhöhend auswirken und - im Ergebnis - nach der Anrechnungsmethode auf den durch die Sättigungsgrenze bzw. durch das vor der Aufnahme der Erwerbstätigkeit vorhandene Einkommen gedeckelten Bedarf anzurechnen sein. Diese Vorgehensweise begegnet jedenfalls bei einer Sättigungsgrenze von 2.500,- Euro, welche im streitgegenständlichen Zeitraum einem Einkommen nach der vierten von zehn Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle entsprach, erheblichen Bedenken. Vielmehr spricht nach Auffassung des Senats eine tatsächliche Vermutung dafür, dass zusätzliches, an Stelle der bisher geleisteten Kinderbetreuung erzieltes Einkommen, von den Ehegatten im Falle einer Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht in voller Höhe angespart, sondern auch dann zumindest teilweise zur Deckung eines durch das zusätzliche Einkommen gestiegenen Lebensbedarfs verwendet worden wäre, wenn dieser den Betrag von 2.500,- Euro monatlich überstiegen hätte.

Einer vollen Berücksichtigung des zusätzlichen Einkommens als bedarfserhöhend steht im vorliegenden Fall allerdings die vom Antragsgegner sowohl im streitgegenständlichen Zeitraum als auch vor Eintritt der Rechtskraft der Ehescheidung und vor Beginn der Erwerbstätigkeit der Antragstellerin unstreitig betriebene Vermögensbildung entgegen. Der Antragsgegner ließ sich die von seiner Gesellschaft in den Jahren 2011 bis 2016 erzielten Gewinne nicht ausschütten; sie standen tatsächlich nicht zur Deckung seines Lebensbedarfs und des Lebensbedarfs der Antragstellerin zur Verfügung. Wenn die Beteiligten ihr Einkommen aber bereits vor der Erzielung zusätzlichen Einkommens durch die Antragstellerin nicht in voller Höhe zur Bedarfsdeckung einsetzten, ist eine dahingehende tatsächliche Vermutung, dass das zusätzliche Einkommen in voller Höhe verbraucht worden wäre, widerlegt.

Allerdings bleibt unklar, aus welchen Mitteln der Antragsgegner den bis Juni 2013 gezahlten Unterhalt bestritten hat. Die Höhe der Unterhaltszahlungen und des von seiner neuen Ehefrau im Jahr 2014 erzielten Einkommens lassen vermuten, dass ihm neben seinem Geschäftsführereinkommen noch weitere Mittel zur Deckung seines Bedarfs zur Verfügung standen.

Der Senat erachtet es vor diesem Hintergrund als gerechtfertigt, die von der Antragstellerin ab Juli 2013 zusätzlich erzielten bzw. erzielbaren Erwerbseinkünfte von bereinigt rund 1.075,- Euro netto monatlich (1.472,50 Euro statt 397,56 Euro) in Höhe eines Betrags von 500,- Euro, also etwa in Höhe der Hälfte des zusätzlich erzielten Einkommens als bedarfserhöhend zu berücksichtigen und sie im Übrigen auf den sich daraus ergebenden konkreten Bedarf anzurechnen, woraus sich bei einem bis Juni 2013 zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehenden Betrag von 2.475,22 Euro ab Juli 2013 ein (konkreter) Bedarf von gerundet 2.975,- Euro ergibt. Daraus folgt bei einem anzurechnenden Einkommen von 1.472,50 Euro aus fiktiver Erwerbstätigkeit und von 583,33 Euro aus dem Wohnvorteil ein ungedeckter Bedarf und damit ein Unterhaltsanspruch von gerundet 920,- Euro.

Eine weitergehende als die von der Antragstellerin selbst vorgenommene zeitliche Befristung ihres Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 2 BGB ist nicht geboten. Eine für den Antragsgegner mit einer insgesamt dreieinhalb-jährigen vollen Unterhaltspflicht verbundene Unbilligkeit ist weder dargelegt noch - in Anbetracht der Dauer der Ehe und der Aufgabenverteilung während der Ehe - ersichtlich.

Unter Berücksichtigung der teilweise eingetretenen Verjährung und der für den Zeitraum bis einschließlich November 2014 anzunehmenden vollständigen Verwirkung errechnen sich die Unterhaltsrückstände wie folgt:

Für den Zeitraum von Dezember 2015 bis Juni 2016 belaufen sich die Unterhaltsrückstände auf 7 x 920 = 6.440,- Euro. Davon entfallen 5.510,92 Euro auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II und 929,08 Euro auf die Antragstellerin.

Die Unterhaltsrückstände von 12 x 920 = 11.040,- Euro für den Zeitraum von Dezember 2014 bis November 2015 sind in Höhe der auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergegangenen Ansprüche von 9.500,14 Euro verjährt. Es verbleibt ein an die Antragstellerin zu zahlender rückständiger Unterhalt von 1.539,86 Euro.

Insgesamt belaufen sich die Unterhaltsrückstände damit auf den im Tenor genannten Betrag von 7.979,86 Euro.

Der nur für den Zeitraum bis einschließlich Juni 2016 geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus §§ 1612 Abs. 3 Satz 1, 1613 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1, 291 BGB. Die Berechnung der zu verzinsenden Beträge ergibt sich für den Zeitraum bis einschließlich November 2015 aus der Differenz zwischen dem monatlichen Unterhaltsanspruch von 920,- Euro und den für den jeweiligen Monat gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, wie sie sich aus dem Schriftsatz vom 4.10.2019 ergeben. Durch die Stufenmahnung vom 16.7.2013 hat die Antragstellerin den Antragsgegner - auch für die Zukunft - wirksam in Verzug gesetzt (vgl. BGH, FamRZ 1990, 283). Ausgehend von einer Fälligkeit des geschuldeten Unterhalts zum jeweiligen Monatsersten (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1585, Rdnr. 1 m.w.N.) geriet der Antragsgegner damit jeweils am Zweiten eines jeden Monats mit der Unterhaltszahlung in Verzug, weshalb eine Verzinsung bis zur Rechtshängigkeit jeweils ab dem Zweiten eines jeden Monats anzuordnen ist. Ab der Rechtshängigkeit besteht der Zinsanspruch gemäß § 191 BGB ab der jeweiligen Fälligkeit und somit bereits am dem Ersten eines jeden Monats.

Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit der Entscheidung nach § 116 Abs. 3 Satz 2 und 3 FamFG ist nicht angezeigt, weil Gegenstand der Entscheidung lediglich Unterhalt für einen weit zurückliegenden Zeitraum in der Vergangenheit ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 243 FamFG, welcher in Unterhaltssachen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kostenverteilung verdrängt. Im Hinblick auf die nach § 243 Satz 2 Nr. 2 FamFG in die Ermessensabwägung einzubeziehende Verweigerung der Auskunftserteilung durch den Antragsgegner vor Beginn des vorliegenden Verfahrens und den nach § 243 Satz 2 Nr. 1 FamFG zu berücksichtigenden Grad des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten entspricht eine Aufhebung der Kosten für beide Rechtszüge billigem Ermessen.

Die Rechtsbeschwerde ist wegen der aufgeworfenen grundsätzlichen Rechtsfragen zuzulassen (§ 70 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG). ..."

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Die kompensationslose ehevertragliche Beschränkung des Anspruches auf Betreuungsunterhalt auf das Existenzminimum führt bei nicht auszuschließendem Kinderwunsch zur Unwirksamkeit der entsprechenden Regelung, wenn bereits bei Vertragsschluss absehbar war, dass berufliche Einschränkungen aufgrund der Kinderbetreuung nur einen Ehegatten treffen würden. Diese Unwirksamkeit erfasst bei vereinbarter salvatorischer Klausel nicht den gesamten Vertrag. Ein in der Gesamtschau für einen Ehegatten allein nachteiliger Ehevertrag ist nur dann insgesamt unwirksam, wenn er Ergebnis einer ungleichen Verhandlungsposition ist (vergleiche BGH FamRZ 2013, 195 ff., FamRZ 2017, 884 ff.; OLG Celle, Beschluss vom 13.09.2018 - 17 UF 28/18).

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Die darlehensweise Gewährung von Sozialleistungen bewirkt keinen gesetzlichen Übergang von Unterhaltsansprüchen (nach § 33 SGB II bzw. § 94 SGB XII) auf den Sozialleistungsträger (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.03.2016 - 8 UF 58/14).

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Die Anrechnung eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs wegen Erwerbslosigkeit auf den Anspruch einer Witwe auf (wiederaufgelebtes) Witwengeld scheidet aus, wenn der Witwe ein solcher Anspruch - unabhängig von einem Unterhaltsverzicht - mangels eines nachhaltigen Bemühens um eine angemessene Tätigkeit nicht zusteht ( BayVGH, Urteil vom 12.10.2012 - 14 B 11.780).

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§ 1586 Wiederverheiratung, Begründung einer Lebenspartnerschaft oder Tod des Berechtigten

(1) Der Unterhaltsanspruch erlischt mit der Wiederheirat, der Begründung einer Lebenspartnerschaft oder dem Tod des Berechtigten.

(2) Ansprüche auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit bleiben bestehen. Das Gleiche gilt für den Anspruch auf den zur Zeit der Wiederheirat, der Begründung einer Lebenspartnerschaft oder des Todes fälligen Monatsbetrag.

Leitsätze/Entscheidungen:

Schließt die Gläubigerin eines Anspruchs auf Betreuungsunterhalt aus § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB aufgrund einer fehlerhaften Beratung durch ihren Rechtsanwalt über den Fortbestand des Anspruchs bei Eheschließung die Ehe mit einem neuen Partner, kann der Wegfall des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt durch den Anspruch auf Familienunterhalt kompensiert werden (BGH, Urteil vom 16.03.2016 - XII ZR 148/14):

„... Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen unrichtiger anwaltlicher Auskunft.

Die Klägerin ist Mutter einer im Oktober 2010 nichtehelich geborenen Tochter. Sie beauftragte den Beklagten, der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht ist, mit der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen den Vater ihres Kindes.

In einer E-Mail vom 4. Mai 2011 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie in einer neuen Partnerschaft lebe und eine Heirat sowie weitere Kinder plane. Auf den Unterhalt nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB, der ihr bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres zustehe, wolle sie einerseits nicht verzichten, andererseits aber auch nichts mehr mit dem Kindesvater zu tun haben. Sie regte daher an, sich mit diesem auf eine Hochrechnung ihres Unterhalts für die drei Jahre zu einigen. Sollte dieser daran kein Interesse haben, sei sie auch gern bereit, bis zum Ablauf ihres Unterhaltsanspruchs in "wilder Ehe" mit getrennten Wohnungen zu leben, um "voll zu kassieren". Sie bat den Beklagten um Rat für das weitere Vorgehen.

Der Beklagte antwortete mit E-Mail vom 17. Mai 2011, der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB bestehe mindestens für die dreijährige Regelbetreuung der Tochter und dauere auch fort, wenn die Klägerin heiraten oder in anderer "Lebenspartnerschaft" leben sollte. Sie müsse nicht in "wilder Ehe" leben. Die Eheschließung ändere grundsätzlich nichts am Unterhaltsanspruch gegen den Kindesvater.

Die Klägerin heiratete daraufhin im August 2011. Ihr Ehemann ist leitender kaufmännischer Angestellter mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 7.200 €. Die Klägerin verlangt Schadensersatz wegen entgangenen Unterhalts nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB für die Zeit von der Eheschließung bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes in Höhe von 31.173 €.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin. ... Die Revision bleibt ohne Erfolg. ..."

§ 1586 a Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs

(1) Geht ein geschiedener Ehegatte eine neue Ehe oder Lebenspartnerschaft ein und wird die Ehe oder Lebenspartnerschaft wieder aufgelöst, so kann er von dem früheren Ehegatten Unterhalt nach § 1570 verlangen, wenn er ein Kind aus der früheren Ehe oder Lebenspartnerschaft zu pflegen oder zu erziehen hat.

(2) Der Ehegatte der später aufgelösten Ehe haftet vor dem Ehegatten der früher aufgelösten Ehe.

§ 1586 b Kein Erlöschen bei Tod des Verpflichteten

(1) Mit dem Tod des Verpflichteten geht die Unterhaltspflicht auf den Erben als Nachlassverbindlichkeit über. Die Beschränkungen nach § 1581 fallen weg. Der Erbe haftet jedoch nicht über einen Betrag hinaus, der dem Pflichtteil entspricht, welcher dem Berechtigten zustände, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre.

(2) Für die Berechnung des Pflichtteils bleiben Besonderheiten auf Grund des Güterstands, in dem die geschiedenen Ehegatten gelebt haben, außer Betracht.

Leitsätze/Entscheidungen:

Haben der Erblasser und sein Ehegatte für den Fall der Scheidung eine Unterhaltsvereinbarung geschlossen, in der ein unbefristeter Anspruch auf nachehelichen Unterhalt (Altersunterhalt) zugunsten der Ehefrau vereinbart wurde, so geht mit dem Tod des Verpflichteten die Unterhaltspflicht auf den Erben als Nachlassverbindlichkeit über. Die Haftung des Erben ist jedoch auf den Betrag beschränkt, der dem Pflichtteil entspricht, welcher dem Unterhaltsberechtigten zustände, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre (OLG Koblenz, Urtgeil vom 19.05.2009 - 11 UF 762/08).

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§ 1589 Verwandtschaft

(1) Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt. Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben dritten Person abstammen, sind in der Seitenlinie verwandt. Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten.

(2) (weggefallen)

Leitsätze/Entscheidungen:

„... I. Der Beteiligte ist Eigentümer von Grundbesitz. Gemäß dem am 30.5.2011 gerichtlich protokollierten Vergleich hat er an seine Töchter … und …. jeweils einen monatlich im Voraus bis zum 3. Werktag eines Monats zu entrichtenden Kindesunterhalt von 100 € zu zahlen (Ziff. 1 des Vergleichs). Zur Sicherung des bis einschließlich Februar 2014 fällig gewordenen Unterhalts sind aufgrund des am 23.12.2013/11.2.2014 unter Vorlage der vollstreckbaren Titelausfertigung vom 8.6.2011 nebst Zustellungsnachweis gestellten Eintragungsantrags zugunsten beider Gläubigerinnen Zwangssicherungshypotheken im Grundbuch eingetragen.
Mit Schreiben vom 24.11.2015 (Eingang beim Grundbuchamt am 30.11.2015) und 15.12.2015 (Eingang am 17.12.2015) beantragte die Mutter und Betreuerin der am ...5.2015 volljährig gewordenen Gläubigerinnen …. für diese die Eintragung von Zwangssicherungshypotheken wegen der im Zeitraum März 2014 bis Dezember 2015 fällig gewordenen Unterhaltszahlungen von jeweils 100,00 € monatlich, insgesamt somit in Höhe von 2.200,00 € für jede Berechtigte. Beigefügt war die weitere vollstreckbare Ausfertigung des gerichtlich protokollierten Vergleichs vom 5.3.2013.

Das Grundbuchamt hat am 17.12.2015 unter Bezugnahme auf den bezeichneten Titel zugunsten jeder der Gläubigerinnen und im Gleichrang untereinander eine Zwangssicherungshypothek in Höhe von 2.200 € im Grundbuch eingetragen (lfde. Nrn. 20 und 21) und dies dem Beteiligten mitgeteilt.

Mit dem als „Einspruch gegen die Eintragungsbekanntmachung nach § 55 GBO" bezeichneten Schreiben vom 27.12.2015 wendet dieser gegen die Eintragung ein, die Töchter hätten seit Erreichen der Volljährigkeit keinen Anspruch mehr gegen ihn. Seit dem 27.5.2015 bestehe kein Urteil und keine Vereinbarung zur Unterhaltslage. Die Zwangssicherungshypothek sei daher für unzulässig zu erklären.

Das Grundbuchamt hat der als Beschwerde gegen die Eintragung behandelten Eingabe nicht abgeholfen.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Schreiben des Beteiligten ist als Beschwerde gegen die vorgenommenen Eintragungen auszulegen, denn ersichtlich will der Beteiligte die Eintragungen nicht hinnehmen.

Gegen eine Eintragung im Grundbuch kann der Betroffene nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 2 GBO Beschwerde mit dem Ziel einlegen, gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit der beanstandeten Eintragung oder gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO deren Löschung wegen inhaltlicher Unzulässigkeit herbeizuführen. Darüber hinaus ist die Eintragung einer inhaltlich zulässigen Zwangshypothek ausnahmsweise mit dem Ziel der Löschung nach § 22 GBO angreifbar, wenn nach dem konkreten Inhalt des Grundbuchs die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft rechtlich ausgeschlossen ist (Demharter GBO 29. Aufl. § 71 Rz. 45; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 2199; Bittmann in Wieczorek/Schütze ZPO 4. Aufl. § 867 Rn. 57) oder wenn die Eintragung nichtig ist (BayObLGZ 1992, 13/14; Bittmann in Wieczorek/Schütze § 867 Rn. 42; MüKo/Eickmann ZPO 4. Aufl. § 867 Rn. 51).

Die Beschwerde nach § 71 GBO - und nicht die Erinnerung nach § 766 ZPO oder die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO - ist daher auch dann der zutreffende Rechtsbehelf gegen eine Zwangshypothek, wenn der Eigentümer - wie hier - das Fehlen von Vollstreckungsvoraussetzungen beanstandet (Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 71; Schöner/Stöber Rn. 2199; Demharter § 71 Rn. 55; Seiler in Thomas/Putzo ZPO 36. Aufl. § 765 Rn. 8b).

2. Mit dem Ziel der Löschung kann die Beschwerde nicht durchdringen.

a) Unzulässig im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO sind nur Eintragungen, die nach ihrem Inhalt einen Rechtszustand oder -vorgang verlautbaren, den es aus Rechtsgründen nicht geben kann (BGH NJW-RR 2005, 10/11; BayObLG DNotZ 1988, 784/786; BayObLGZ 2001, 301/305; OLG Karlsruhe FGPrax 2014, 49/50; Hügel/Holzer § 53 Rn. 56). Dabei muss sich die Unzulässigkeit der Eintragung aus dem Eintragungsvermerk selbst oder den zulässig in Bezug genommenen Eintragungsunterlagen ergeben (BayObLGZ 1975, 398/403).

Die mit der Beschwerde angegriffene Eintragung ist nicht in diesem Sinne unzulässig. Das Gesetz sieht die Eintragung von Zwangshypotheken mit dem in der Eintragung verlautbarten Inhalt vor, §§ 866, 867 Abs. 1 und 2 ZPO. Der als Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) geeignete, gerichtlich protokollierte (§ 160 Abs. 3 Ziff. 1, § 162 Abs. 1 ZPO) und vollstreckbar ausgefertigte (§§ 724, 725 ZPO) Vergleich, auf den in den Eintragungen Bezug genommen ist (§ 1115 Abs. 1 BGB), weist die konkret bezifferten Vollstreckungsforderungen (§ 1113 BGB) aus.

b) Die Vollstreckungsmaßnahme der Grundbucheintragung ist auch nicht wegen Fehlens eines Vollstreckungstitels nichtig und deshalb zu löschen, denn der Vergleich vom 30.5.2011 tituliert Unterhaltsforderungen nicht nur für den Zeitraum bis zur Volljährigkeit der Gläubigerinnen.

aa) Zur Prüfung der Vollstreckungsvoraussetzungen sind das Grundbuchamt und an dessen Stelle im Beschwerderechtszug das Beschwerdegericht in eigener Zuständigkeit berechtigt und verpflichtet. Das mit der Beschwerde geltend gemachte Fehlen eines Vollstreckungstitels ("Urteil oder Vereinbarung") wäre daher - läge es vor - von Amts wegen zu beachten.

bb) Eine wegen Gesetzesverstoßes fehlerhafte Vollstreckungsmaßnahme ist ausnahmsweise ohne Rechtswirkung und deshalb nichtig, wenn der ihr anhaftende Mangel besonders schwer wiegt und für einen mit sämtlichen Gegebenheiten vertrauten „Insider" offenkundig ist (BGHZ 114, 315/327 f.; 121, 98/103; Zöller/Stöber ZPO 31. Aufl. vor § 704 Rn. 34). Das ist unter anderem dann der Fall, wenn ihr kein wirksamer Titel zugrunde liegt (BGHZ 70, 313/317; 112, 356/361; 114, 315/328; 121, 98/101; NJW-RR 2008, 1075/1076 Rn. 8).

cc) Der gerichtlich protokollierte Vergleich weist monatlich fällig werdende Unterhaltsforderungen und den Beteiligten als Schuldner sowie Katharina und Magdalena M. als Gläubigerinnen derselben aus. Der eine Laufzeitbegrenzung geltend machende Einwand des Beteiligten greift nicht durch. Eine zeitliche Begrenzung auf die Dauer der Minderjährigkeit der Gläubigerinnen kommt in dem Titel nicht zum Ausdruck. Eine solche folgt auch nicht durch Auslegung aus der gewählten Forderungsbezeichnung als „Kindesunterhalt". Weder nach allgemeinem noch nach juristischem Sprachgebrauch bezeichnet dieser Begriff eine nur gegenüber minderjährigen Kindern bestehende Unterhaltsverpflichtung. Mit diesem Begriff ist vielmehr allgemein die aus der - mit der Volljährigkeit der Kinder nicht endenden - Verwandtschaft (§ 1589 Abs. 1 Satz 1 BGB) folgende Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber dem bedürftigen Kind (§ 1601 BGB) ausgedrückt (vgl. Palandt/Brudermüller BGB 76. Aufl. § 1601 Rn. 3).

dd) Ob die titulierte Unterhaltsverpflichtung materiell-rechtlich fortbesteht, wofür im Hinblick auf die eingerichtete Betreuung (§ 1896 BGB) einiges spricht, ist im Stadium der Vollstreckung nicht zu überprüfen.

3. Auch mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs hat die Beschwerde keinen Erfolg.

Die Eintragung eines Amtswiderspruchs setzt gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO voraus, dass das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist (Hügel/Holzer § 53 Rn. 24). Dabei müssen die Gesetzesverletzung feststehen und die Unrichtigkeit des Grundbuchs glaubhaft sein (Demharter § 53 Rn. 28).

a) Bei der Eintragung hat das Grundbuchamt nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen.

Die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen für die Eintragung der Zwangshypotheken (Schöner/Stöber Rn. 2169 - 2179) waren gegeben. Dem Grundbuchamt lag eine weitere vollstreckbare Ausfertigung des Titels vor (§ 733 ZPO). § 751 Abs. 1 ZPO ist beachtet, denn die Sicherungshypotheken wurden nur in Höhe der zum Eintragungszeitpunkt bereits fälligen Forderungen eingetragen. Die Titelzustellung als Voraussetzung für den Beginn der Zwangsvollstreckung (§ 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO) geht aus dem Inhalt der Grundakte hervor. Ihre Befugnis zur Antragstellung (§ 867 Abs. 1 Satz 1 ZPO) für die mittlerweile volljährigen Gläubigerinnen hat die Betreuerin durch Vorlage der Betreuerausweise (§ 290 FamFG) nachgewiesen.

Auch die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen für die Eintragung der Zwangshypotheken (Schöner/Stöber Rn. 2180 - 2183) waren gegeben.

b) Gemäß § 867 Abs. 1 Satz 2 ZPO sind die Zwangshypotheken daher mit Eintragung im Grundbuch entstanden. Für eine Grundbuchunrichtigkeit besteht kein Anhaltspunkt. ..." (OLG München, Beschluss vom 25.02.2016 - 34 Wx 19/16)

***

§ 1601 Unterhaltsverpflichtete - Kindesunterhalt

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Leitsätze/Entscheidungen:

Die Bestimmungen von Kapitel IV der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen und insbesondere ihr Art. 41 Abs. 1 sind dahin auszulegen, dass ein Unterhaltsberechtigter, der in einem Mitgliedstaat einen Titel erwirkt hat und dessen Vollstreckung in einem anderen Mitgliedstaat begehrt, seinen Antrag unmittelbar bei der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats, etwa einem Fachgericht, stellen und nicht verpflichtet werden kann, seinen Antrag über die Zentrale Behörde des Vollstreckungsmitgliedstaats einzureichen. Die Mitgliedstaaten sind gehalten, für die volle Wirksamkeit des in Art. 41 Abs. 1 der Verordnung Nr. 4/2009 vorgesehenen Rechts Sorge zu tragen, indem sie gegebenenfalls ihre Verfahrensvorschriften anpassen. Das nationale Gericht hat jedenfalls die Bestimmungen von Art. 41 Abs. 1 der Verordnung anzuwenden, indem es erforderlichenfalls entgegenstehende Vorschriften des nationalen Rechts unangewandt lässt, und muss somit einem Unterhaltsberechtigten die Möglichkeit geben, seinen Antrag unmittelbar bei der zuständigen Behörde des Vollstreckungsmitgliedstaats zu stellen, auch wenn dies im nationalen Recht nicht vorgesehen ist (EuGH, Urteil vom 09.02.2017 - C-283/16).

*** (BVerfG)

Zur notwendigen interessengerechten Auslegung eines von einem Ehegatten während des Scheidungsverfahrens anhängig gemachten Antrags auf Abänderung eines Titels über Kindesunterhalt im Hinblick auf die (hier verneinte) Frage, ob dieser nur durch die Scheidung bedingt gestellt werden soll (BGH, Beschluss vom 03.05.2023 - XII ZB 152/22).

***

Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verleiht dem Kind ein Recht auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, die Adoption des angenommenen Kindes eines eingetragenen Lebenspartners durch den anderen Lebenspartner (Sukzessivadoption) zu ermöglichen, lässt sich daraus nicht ableiten. Zwei Personen gleichen Geschlechts, die gesetzlich als Elternteile eines Kindes anerkannt sind, sind auch im verfassungsrechtlichen Sinne Eltern (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG). Eine Person, die bislang weder in einer biologischen noch in einer einfachrechtlichen Elternbeziehung zu einem Kind steht, ist grundsätzlich nicht allein deshalb nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG Elternteil im verfassungsrechtlichen Sinne, weil sie in sozial-familiärer Beziehung mit dem Kind lebt. Leben eingetragene Lebenspartner mit dem leiblichen oder angenommenen Kind eines Lebenspartners in sozial-familiärer Gemeinschaft, bilden sie mit diesem eine durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Familie im Sinne des Grundgesetzes. Bei der rechtlichen Ausgestaltung der Familie ist der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht ohne Weiteres verpflichtet, denjenigen, die tatsächlich soziale Elternfunktion wahrnehmen, allein deswegen eine Adoptionsmöglichkeit zu schaffen. Indem § 9 Abs. 7 des Lebenspartnerschaftsgesetzes die Möglichkeit der Annahme eines adoptierten Kindes des eingetragenen Lebenspartners durch den anderen Lebenspartner (Sukzessivadoption) verwehrt, wohingegen die Möglichkeit der Annahme eines adoptierten Kindes des Ehepartners und die Möglichkeit der Annahme eines leiblichen Kindes des eingetragenen Lebenspartners (Stiefkindadoption) eröffnet sind, werden sowohl die betroffenen Kinder als auch die betroffenen Lebenspartner in ihrem Recht auf Gleichbehandlung verletzt (Art. 3 Abs. 1 GG; BVerfG, Urteil vom 19.02.2013 - 1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09).

*** (BGH, BVerwG)

Der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG ist unterhaltsrechtlich in voller Höhe als Einkommen des Kindes zu behandeln. Eine Aufteilung in einen Barunterhalts- und einen Betreuungsunterhaltsteil findet nicht statt. Im Rahmen der Bemessung des Selbstbehalts des Kindesunterhaltspflichtigen sind die von diesem für seinen Familienverband getragenen Wohnkosten nur anteilig zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. März 2016 - XII ZB 693/14, BGHZ 209, 243 = FamRZ 2016, 887; BGH, Beschluss vom 28.10.2020 - XII ZB 512/19):

„... A. Das antragstellende Land macht als Träger der Unterhaltsvorschusskasse Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht gegen den Antragsgegner geltend.

Der Antragsgegner ist der Vater des im November 2005 geborenen, aus erster Ehe hervorgegangenen Sohnes D. Der Antragsgegner hat im Jahre 2014 erneut geheiratet und mit seiner neuen, nicht erwerbstätigen Ehefrau zwei - im Januar 2010 und im Februar 2015 geborene - Kinder. Er ist als Lkw-Fahrer im Nahverkehr mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 45 Stunden erwerbstätig und erzielt ein jährliches Nettoeinkommen von 22.963,68 €, in dem ein Verpflegungskostenzuschuss von 1.710 € enthalten ist.

Von September 2018 bis einschließlich Februar 2019 erhielt der Antragsgegner für die beiden Kinder aus zweiter Ehe einen monatlichen Kinderzuschlag (§ 6 a BKGG) von 150 € pro Kind; nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts beläuft sich der Kinderzuschlag seit März 2019 auf jeweils 167,50 €. Als Monatsmiete für die Wohnung der vierköpfigen Familie hat der Antragsgegner 555,72 € inklusive der Nebenkostenvorauszahlungen zu entrichten. Bis einschließlich November 2018 bezog er zusätzlich zu seinem Erwerbseinkommen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch von monatlich 37,59 €.

Der Antragsteller erbringt seit Juli 2018 für D. monatliche Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von 273 €. Mit Schreiben vom 10. Juli 2018 erfolgte gegenüber dem Antragsgegner die Rechtswahrungsanzeige mit der Aufforderung zur Auskunftserteilung.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, den Antragsgegner ab Juli 2018 zur Zahlung von Kindesunterhalt für D. in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts abzüglich des vollen Kindergelds zu verpflichten. Der Antragsgegner hat den Anspruch in Höhe von 51 € anerkannt. Das Amtsgericht hat den Antragsgegner mit Teilanerkenntnis- und Schluss-Beschluss zur Zahlung von monatlich 198 € ab Juli 2018 verpflichtet. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht den Unterhalt teilweise herabgesetzt, nämlich für Juli und August 2018 auf Zahlung von monatlich 144 €, für September bis Dezember 2018 von monatlich 192 € sowie für Januar und Februar 2019 von monatlich 165 €. Für den Zeitraum ab März 2019 hat es die Beschwerde insgesamt zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, soweit sich der monatliche Unterhalt für Juli bis Dezember 2018 auf über 53 €, für Januar bis Juni 2019 auf über 68 € und für den Zeitraum ab Juli 2019 auf über 80 € beläuft.

B. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I. Die Rechtsbeschwerde ist in vollem Umfang zulässig; sie ist insbesondere unbeschränkt vom Oberlandesgericht zugelassen worden. Dieses hat zwar in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses die Behandlung des Kinderzuschlags als die Rechtsfrage benannt, die Anlass für die Rechtsbeschwerdezulassung war. Dem lässt sich jedoch nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen, dass es sich dabei nicht nur um die Darlegung der Zulassungsmotivation handelt, sondern die Zulassung auf den Unterhaltszeitraum ab September 2018 beschränkt werden sollte (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 223, 203 = FamRZ 2020, 21 Rn. 20 ff. mwN).

II. Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2020, 30 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

Das Nettoeinkommen des Antragsgegners sei um zwei Drittel des darin enthaltenen Verpflegungskostenzuschusses und mithin um jährlich 1.140 € zu bereinigen, weil lediglich von einer häuslichen Ersparnis in Höhe von einem Drittel auszugehen sei. Die bis Dezember 2018 bezogenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkten nicht bedarfsdeckend und seien daher nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen. Auch der Kinderzuschlag stelle kein Einkommen des Antragsgegners dar. Sozialrechtlicher Sinn und Zweck sei es zu vermeiden, dass die Eltern allein aufgrund der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder Arbeitslosengeld II und Sozialgeld in Anspruch nehmen müssten. Der Kinderzuschlag ziele darauf ab, den Kindesbedarf zu decken, weshalb es sich um eine zweckgebundene Leistung und entsprechend der sozialrechtlichen Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 5 SGB II auch unterhaltsrechtlich um Einkommen des Kindes handele. Dem Antragsgegner sei mit Blick auf seine regelmäßige Arbeitszeit von 45 Wochenstunden und den Umgang mit seinen Kindern kein fiktives Einkommen aus einer Nebentätigkeit zuzurechnen. Unter Berücksichtigung von Fahrtkosten und Steuererstattungen ergebe sich daher für 2018 ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.440,21 € und ab Januar 2019 in Höhe von 1.455,87 €.

Der vom Antragsgegner bezogene Kinderzuschlag sei in voller Höhe für den Unterhalt der beiden Kinder aus zweiter Ehe einzusetzen, weil der Antragsgegner mit seiner Ehefrau und den Kindern, für die der Kinderzuschlag gezahlt werde, zusammenlebe. In einem solchen Fall habe keine Aufteilung des Zuschlagsbetrags auf die beiden Eltern zu erfolgen. Daher sei der insgesamt gezahlte Zuschlag je zur Hälfte auf den Bedarf der beiden Kinder aus zweiter Ehe anzurechnen, wobei die Anrechnung dadurch begrenzt werde, dass die beim Antragsgegner lebenden Kinder durch die Unterhaltsberechnung nicht (wieder) sozialhilfebedürftig werden dürften. Der notwendige Selbstbehalt des Antragsgegners sei nicht wegen der 380 € übersteigenden Wohnkosten zu erhöhen. Bereits die hälftige Aufteilung der Mietkosten auf die Ehegatten führe nämlich zur Wahrung des notwendigen Selbstbehalts.

Die vorzunehmende Mangelfallberechnung ergebe für D. einen monatlichen Kindesunterhalt von 144 € für Juli und August 2018, von 214 € für September bis Dezember 2018, von 221 € für Januar und Februar 2019, von 234 € für März bis Juni 2019 und von 236 € ab Juli 2019, wobei - weil der Antragsteller keine Beschwerde führe - der vom Amtsgericht ausgesprochene Betrag von 198 € die Obergrenze darstelle. Aus einer diesen Unterhalt für D. sowie das Kindergeld und den Kinderzuschlag für die beiden Kinder aus zweiter Ehe einbeziehenden sozialhilferechtlichen Kontrollberechnung für die aus dem Antragsgegner, seiner Ehefrau und den beiden Kindern bestehende Bedarfsgemeinschaft folge für die Zeit von September bis Dezember 2018 eine monatliche Unterdeckung von rund 6 € sowie für Januar und Februar von rund 33 €. Um diese Beträge sei der Unterhalt für D. nach unten zu korrigieren, so dass er sich statt auf 198 € für September bis Dezember 2018 auf 192 € sowie für Januar und Februar 2019 auf 165 € belaufe.

III. Die angefochtene Entscheidung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Der Antragsgegner ist seinem Sohn D. jedenfalls im vom Oberlandesgericht zugesprochenen Umfang gemäß § 1601 BGB zum Barunterhalt verpflichtet. Die Unterhaltsansprüche sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG kraft Gesetzes auf den Antragsteller übergegangen.

1. Der Antragsteller hat lediglich den Mindestunterhalt nach § 1612 a Abs. 1 BGB geltend gemacht, so dass der Unterhaltsbedarf des Kindes gemäß § 1610 BGB keine besondere Darlegung erfordert (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 599/13 - FamRZ 2015, 236 Rn. 13; Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 2 Rn. 224). Die Unterhaltsbedürftigkeit von D. im Sinne von § 1602 BGB steht außer Streit. Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 UVG kann der Antragsteller den Unterhaltsanspruch des Kindes auch für die Zukunft geltend machen (vgl. auch Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 8 Rn. 275).

2. Der Antragsgegner ist jedenfalls in dem vom Oberlandesgericht angenommenen Umfang für die Zahlung des Unterhalts leistungsfähig im Sinne des § 1603 BGB. Die Beschwerdeentscheidung enthält keinen Rechtsfehler zum Nachteil des die Rechtsbeschwerde führenden Antragsgegners.

a) Zu Unrecht macht die Rechtsbeschwerde geltend, der dem Antragsgegner zuzubilligende notwendige Selbstbehalt sei wegen höherer als den in den Leitlinien des Oberlandesgerichts vorgesehenen Wohnkosten heraufzusetzen.

Allerdings kann im Einzelfall eine Erhöhung des Selbstbehalts in Frage kommen, wenn der darin enthaltene Wohnkostenanteil - nach den Umständen nicht vermeidbar - überschritten wird (Senatsbeschluss BGHZ 209, 243 = FamRZ 2016, 887 Rn. 19; vgl. auch Wendl/Dose/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 469; Wendl/Dose/Guhling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 5 Rn. 23). Das Oberlandesgericht hat dies hier jedoch zu Recht verneint. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen stand dem Antragsgegner im Rahmen seines notwendigen Selbstbehalts für Wohnkosten ein Betrag von 380 € zu (vgl. Ziffer 21.2 der Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht). Die vom Antragsgegner angeführten Wohnkosten von monatlich 557 € fallen aber nicht nur für ihn an, sondern decken auch den Wohnbedarf seiner Ehefrau und der beiden gemeinsamen Kinder, was grundsätzlich durch eine nur anteilige Berücksichtigung der anfallenden Wohnkosten beim unterhaltspflichtigen Antragsgegner abzubilden ist (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 209, 243 = FamRZ 2016, 887 Rn. 19; Wendl/Dose/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 469; Wendl/Dose/Guhling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 5 Rn. 27). Bereits die vom Oberlandesgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise vorgenommene Aufteilung der Wohnkosten auf den Antragsgegner und seine gegenüber D. nach § 1606 Abs. 1 BGB unterhaltsrechtlich nachrangige Ehefrau führt dazu, dass für den Antragsgegner 380 € deutlich unterschritten werden.

Im Übrigen weist der Antragsteller - wie schon in der Vorinstanz - mit der Rechtsbeschwerdeerwiderung zu Recht darauf hin, dass dem Antragsgegner - jedenfalls für den Zeitraum ab Ende des Bezugs von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WoGG) - die Beantragung von Wohngeld möglich ist. Den Unterhaltsschuldner trifft die Obliegenheit, sich ihm mögliche und zumutbare Einkommensquellen zu erschließen, was in erhöhtem Maße im Mangelfall gilt. Daher ist er gehalten, seine Wohnkosten durch die Inanspruchnahme von Wohngeld zu senken (vgl. Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 2 Rn. 392; Wendl/Dose/Guhling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 5 Rn. 26). Da es insoweit um die Frage der eingeschränkten Leistungsfähigkeit im Sinne des § 1603 BGB geht, hat der Unterhaltsschuldner darzulegen und zu beweisen, dass er dieser Obliegenheit nachgekommen ist (vgl. Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 2 Rn. 392). Entsprechenden Vortrag hat der Antragsgegner aber nicht gehalten.

b) Gegen die Erwägungen, die das Oberlandesgericht zu dem vom Antragsgegner für seine beiden Kinder aus zweiter Ehe bezogenen Kinderzuschlag angestellt hat, wendet sich die Rechtsbeschwerde ebenfalls ohne Erfolg.

aa) Das gilt zum einen, soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, ab März 2019 habe sich der Kinderzuschlag nicht - wie vom Oberlandesgericht festgestellt - auf insgesamt monatlich 335 €, sondern lediglich auf 230 € belaufen und zudem sei eine Bewilligung nur bis einschließlich August 2019 erfolgt, so dass der Kinderzuschlag nur insoweit in die Unterhaltsberechnung einfließen könne.

Der Einwand zur Höhe des bewilligten Kinderzuschlags ist unbeachtlich, weil es sich dabei um eine - in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses erfolgte (vgl. BGH Beschluss vom 19. März 2015 - I ZR 139/14 - TranspR 2016, 485 Rn. 10 mwN) - tatbestandliche Feststellung des Oberlandesgerichts im Sinne von § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 314 ZPO handelt. Solche Feststellungen eines Berufungsgerichts können nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mit der Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO angegriffen, sondern allein mit einem - hier nicht erfolgten - Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 320 ZPO beseitigt werden. Entsprechendes gilt in Familienstreitsachen, wie sich aus §§ 74 Abs. 3 Satz 3, 71 Abs. 3 Nr. 2 lit. b FamFG und § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 320 ZPO ergibt (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 198, 242 = FamRZ 2013, 1958 Rn. 28 f. mwN).

Rechtlich nicht zu beanstanden ist weiterhin, dass das Oberlandesgericht den Kinderzuschlag auch über den 31. August 2019 hinaus berücksichtigt hat, obwohl im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung eine Bewilligung - der gesetzlichen Vorgabe des § 6 a Abs. 7 BKGG entsprechend - nur für sechs Monate und damit bis Ende August 2019 erfolgt war. Denn die Bemessung künftigen Unterhalts erfordert eine Prognose der dem Unterhaltsanspruch zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Mai 2019 - XII ZB 613/16 - FamRZ 2019, 1415 Rn. 39), für die das Oberlandesgericht von einer weiteren Bewilligung des Kinderzuschlags in gleichbleibender Höhe ausgehen durfte.

bb) Zum anderen begegnet auch die durch das Oberlandesgericht vorgenommene Behandlung des vom Antragsgegner für seine beiden Kinder aus zweiter Ehe bezogenen Kinderzuschlags als deren Einkommen, das im Rahmen der Unterhaltsermittlung für D. in vollem Umfang auf den für sie zu berücksichtigenden Kindesunterhaltsanspruch anzurechnen ist, keinen rechtlichen Bedenken.

(1) Der Kinderzuschlag ist zum 1. Juli 2019 durch das Gesetz zur zielgenauen Stärkung von Familien und ihren Kindern durch die Neugestaltung des Familienzuschlags und die Verbesserung der Leistungen für Bildung und Teilhabe vom 29. April 2019 (Starke-Familien-Gesetz - StaFamG; BGBl. I S. 530) neu geregelt worden. Nach § 6 a Abs. 1 BKGG erhalten Personen - wie bereits zuvor - für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete oder nicht verpartnerte Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, einen Kinderzuschlag, wenn sie für diese Anspruch auf Kindergeld oder andere Leistungen im Sinne des § 4 BKGG haben (Nr. 1), ihr Einkommen bestimmte Grenzen übersteigt (vgl. Nr. 2) und bei Bezug von Kinderzuschlag keine - bzw. nur eine stark eingeschränkte (vgl. § 6 a Abs. 1a BKGG) - Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II besteht (vgl. Nr. 3). Der Höhe nach beläuft sich der Kinderzuschlag aktuell auf bis zu 185 € pro Kind (vgl. §§ 6 a Abs. 2 und 3, 20 Abs. 3 BKGG; bis 30. Juni 2019 bis zu 170 € monatlich, § 6 a Abs. 2 Satz 1 BKGG aF); die Summe der einzelnen Kinderzuschläge bildet gemäß § 6 a Abs. 4 BKGG den Gesamtkinderzuschlag (§ 6 a Abs. 2 Satz 2 BKGG aF), über den nach § 6 a Abs. 7 Satz 1 BKGG (zuvor als Soll-Vorschrift in § 6 a Abs. 2 Satz 3 BKGG aF) für einen Bewilligungszeitraum von jeweils sechs Monaten zu entscheiden ist (vgl. zum Ganzen etwa Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 684). Gezahlt wird der Kinderzuschlag an den Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt (§ 3 Abs. 1 und 2 Satz 1, § 6 a Abs. 1 BKGG).

(2) Die unterhaltsrechtliche Einordnung des Kinderzuschlags ist streitig.

Teilweise wird vertreten, es handele sich beim Kinderzuschlag um Einkommen der Eltern, auf die er hälftig zu verteilen sei (OLG Brandenburg Beschluss vom 4. März 2013 - 9 UF 188/12 - juris Rn. 7 f.), bzw. um Einkommen desjenigen Elternteils, an den der Kinderzuschlag gezahlt wird (Klinkhammer FamRZ 2004, 1909, 1912; Scholz FPR 2006, 329, 333). Eine andere Meinung will den Kinderzuschlag unterhaltsrechtlich zwar als Einkommen des Kindes behandeln, aber jedenfalls dann, wenn die unterhaltspflichtigen Eltern getrennt leben, wie beim Kindergeld eine Aufteilung in einen Barunterhalts- und einen Betreuungsunterhaltsteil vornehmen, wobei im Falle des Nichterreichens des Mindestunterhalts eine Anrechnung unterbleiben soll (Borth FamRZ 2019, 853, 855 f.; BeckOGK/Kliebisch [Stand: 1. August 2020] BGB § 1612 b Rn. 54.1; jurisPK-BGB/Viefhues [Stand: 28. September 2020] § 1612 b Rn. 5).

Nach überwiegender Auffassung ist der Kinderzuschlag hingegen unterhaltsrechtlich Einkommen des Kindes, das im gesamten Umfang seiner Zahlung einem Unterhaltsanspruch entgegensteht (Conradis in Eschenbruch/Schürmann/Menne Der Unterhaltsprozess 6. Aufl. Kap. 5 Rn. 126; Ehinger in Ehinger/Rasch/Schwonberg/Siede Handbuch Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rn. 1.289; FA-FamR/Gerhardt 11. Aufl. Kap. 6 Rn. 148; Götsche jurisPR-FamR 22/2019 Anm. 6; Margraf in Koch Handbuch Unterhaltsrecht § 1 Rn. 251; Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1602 Rn. 67; Weinreich/Klein/Kleffmann Familienrecht 6. Aufl. Grundlagen der Einkommensermittlung Rn. 174; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 686 f.; im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf JAmt 2013, 659; Schürmann FF 2005, 10, 11 f.).

(3) Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend.

(a) Allerdings steht der Anspruch auf Kinderzuschlag nur demjenigen Kindergeldberechtigten zu, in dessen Haushalt das Kind lebt. Ein dem Kindergeld vergleichbarer Ausgleich zwischen den Eltern ist vom Gesetz nicht angeordnet, weil der Kinderzuschlag weder Kindergeld im Sinne des § 1612 b BGB ist noch eine der von § 1612 c BGB erfassten kindbezogenen, den Anspruch auf Kindergeld ausschließenden Leistungen (vgl. Klinkhammer FamRZ 2004, 1909, 1912).

Gleichwohl handelt es sich im Ergebnis nicht um unterhaltsrechtlich zu berücksichtigendes Einkommen des beziehenden Elternteils, sondern - der sozialrechtlichen Einordnung des § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II entsprechend - um dem jeweiligen Kind zuzurechnendes Einkommen. Denn der Kinderzuschlag ist eine zweckgebundene Leistung, mit der der Gesetzgeber Eltern, deren eigener Bedarf durch ihr Einkommen oder Vermögen zumindest im Wesentlichen (vgl. § 6 a Abs. 1a BKGG) gedeckt ist, davor bewahren will, Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld beantragen zu müssen, um den notwendigen Lebensunterhalt ihrer minderjährigen Kinder sicherstellen zu können (vgl. BSG FamRZ 2018, 1898 Rn. 17; Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1602 Rn. 67; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 684; BT-Drucks. 15/1516 S. 83). Der Kinderzuschlag soll nach der gesetzgeberischen Intention zusammen mit dem Kindergeld den durchschnittlichen Bedarf eines Kindes in Höhe des steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimums mit Ausnahme der von § 6 b BKGG gesondert geregelten Leistungen für Bildung und Teilhabe abdecken (vgl. BT-Drucks. 19/7504 S. 2, 22; BT-Drucks. 15/1516 S. 83). Mithin soll gerade nicht der durch Eigeneinkünfte bereits gedeckte Bedarf der Eltern, sondern gezielt ein sonst ungedeckter Unterhaltsbedarf des Kindes sichergestellt werden, so dass ein gezahlter Kinderzuschlag auch für diesen Bedarf verwendet werden und daher dem Kind unterhaltsrechtlich zukommen muss (vgl. Heiß/Born Unterhaltsrecht [Stand: Januar 2020] Kap. 3 Rn. 293; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 686). Bestätigt wird das im Übrigen dadurch, dass die Höhe des Kinderzuschlags ab dem 1. Januar 2021 gemäß § 6 a Abs. 2 Satz 2 BKGG hilfsweise an den Mindestunterhalt gekoppelt ist.

Nicht zu entscheiden ist hier allerdings über die Behandlung des Kinderzuschlags bei der Bemessung der Barunterhaltspflicht eines Elternteils, der nicht dem Familienverband des Kindes angehört, für das der Kinderzuschlag gezahlt wird. Auch wenn der Gesetzgeber mit dem Starke-Familien-Gesetz eine gezielte Förderung des Familienverbands bezweckt hat, dürfte insoweit keine andere rechtliche Beurteilung geboten sein (so aber Borth FamRZ 2019, 853, 855). Denn die gesetzliche Regelung zielt nach wie vor auf die Deckung des sächlichen Existenzminimums des Kindes. Hierfür sind nach der gesetzgeberischen Konzeption aber Kinderzuschlag und Kindesunterhalt nicht kumulativ erforderlich. Mit § 6 a Abs. 3 Satz 3 BKGG, wonach Einkommen des Kindes - zu dem auch gezahlter Kindesunterhalt gehört (vgl. jurisPK-SGB II/Kühl [Stand: 15. April 2020] § 6 a BKGG Rn. 67) - den Kinderzuschlag um 45 % mindert, ist zwar inzwischen angeordnet, dass dem Unterhalt beziehenden Kind sozialrechtlich mehr als das sächliche Existenzminimum verbleibt. Auf die unterhaltsrechtliche Einordnung des Kinderzuschlags als den Bedarf des Kindes deckendes Einkommen hat das jedoch keinen Einfluss.

(b) Für die teilweise geforderte Aufteilung des Kinderzuschlags in einen Barunterhalts- und einen Betreuungsunterhaltsteil besteht keine rechtliche Grundlage. Beim Kindergeld beruht die nur hälftige Anrechnung auf den Barbedarf des minderjährigen Kindes, wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB), auf der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB, mit der keine Regelung für den Kinderzuschlag getroffen wird. Aber auch die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung (vgl. dazu etwa Senatsbeschlüsse BGHZ 220, 58 = FamRZ 2018, 1919 Rn. 16 mwN und vom 22. April 2020 - XII ZB 383/19 - FamRZ 2020, 1009 Rn. 36 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) dieser Norm auf den Kinderzuschlag liegen nicht vor.

(aa) Zweifelhaft ist schon das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke. Der Kinderzuschlag gemäß § 6 a BKGG ist mit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) mit Wirkung ab 1. Januar 2005 eingeführt worden. Obwohl der Gesetzgeber sich in der Folgezeit immer wieder mit § 6 a BKGG befasst hat, hat er den Kinderzuschlag weder in § 1612 b BGB aufgenommen noch für ihn anderweitig eine vergleichbare Regelung getroffen. Ebenso wenig hat er die grundlegende Neukonzeption des § 1612 b BGB durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) zum Anlass genommen, den zu diesem Zeitpunkt bereits im Bundeskindergeldgesetz normierten Kinderzuschlag in die Bestimmung einzubeziehen.

(bb) Jedenfalls aber ist die für eine Analogie erforderliche Vergleichbarkeit nicht gegeben, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht nicht so weit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Denn die Situation stellt sich für den Kinderzuschlag auch dann anders als beim Kindergeld dar, wenn im Rahmen der Unterhaltsberechnung für den nicht dem Familienverband angehörenden D. ein Getrenntleben des Antragsgegners von seiner jetzigen Ehefrau fingiert wird, um den Barunterhaltsanspruch der beiden gemeinsamen Kinder zu ermitteln, oder wenn die Eltern tatsächlich getrennt leben.

Beim Kindergeld sind gemäß § 1 BKGG grundsätzlich beide Elternteile anspruchsberechtigt und § 3 Abs. 2 Satz 1 BKGG stellt lediglich für die Frage der Gewährung darauf ab, welcher Elternteil das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Demgegenüber ist für den Kinderzuschlag bereits die Anspruchsberechtigung gemäß § 6 a Abs. 1 BKGG daran gekoppelt, dass das Kind im Haushalt des Elternteils wohnt. Mangels Anspruchsberechtigung desjenigen Elternteils, in dessen Haushalt das Kind nicht wohnt, bedarf es schon nicht des unterhaltsrechtlichen Ausgleichs zwischen mehreren Anspruchsberechtigten, dem § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB dient (vgl. Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1602 Rn. 67). Darüber hinaus zielt der Kinderzuschlag allein auf die Sicherung des sächlichen Existenzminimums des Kindes, nicht jedoch auf eine Hilfe zur Erbringung des Betreuungsunterhalts ab. Deshalb ergibt sich aus § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht das Erfordernis, eine Hälfte des Kinderzuschlags für diesen zu reservieren und den Kinderzuschlag lediglich hälftig auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen (so aber Borth FamRZ 2019, 853, 855).

Eine lediglich hälftige Berücksichtigung des Kinderzuschlags als Einkommen des Kindes ist unterhaltsrechtlich auch nicht geboten. Allerdings beeinflussen sich Kinderzuschlag und Kindesunterhalt wechselseitig. Soweit ein Kinderzuschlag gezahlt wird, ist der Unterhaltsbedarf des Kindes gedeckt und sein Unterhaltsanspruch daher reduziert (vgl. zu Einzelheiten Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 687). Umgekehrt führt das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs dem Grundsatz nach dazu, dass sich der Kinderzuschlag bei der nach § 6 a Abs. 7 Satz 1 BKGG jeweils für sechs Monate erfolgenden Bewilligung gemäß § 6 Abs. 3 BKGG mindert, weil es sich beim Kindesunterhalt um geltend zu machendes Einkommen des Kindes handelt (vgl. etwa BSG Urteil vom 7. Dezember 2017 - B 14 AS 8/17 R - juris Rn. 19 ff. mwN). Bis zum 30. Juni 2019 wurde der Kinderzuschlag in voller Unterhaltshöhe (§ 6 a Abs. 3 Satz 1 BKGG aF), seit dem 1. Juli 2019 wird er gemäß § 6 a Abs. 3 Satz 3 BKGG um 45 % dieses Einkommens des Kindes gemindert. Die volle Berücksichtigung des Kinderzuschlags als bedarfsdeckendes Einkommen des Kindes kann aber nicht dazu führen, dass der Mindestunterhalt für das Kind nicht erreicht wird (so aber Borth FamRZ 2019, 853, 856 Fn. 22). Vielmehr beruht eine solche Unterdeckung stets darauf, dass die Leistungsfähigkeit des Barunterhaltspflichtigen nicht ausreicht, um die nach Abzug von Kinderzuschlag und hälftigem Kindergeld verbleibende Differenz zum Mindestunterhalt - die sich bei nur hälftigem Abzug des Kinderzuschlags zudem vergrößern würde - zu schließen. Dies gilt selbst ohne Berücksichtigung des Umstands, dass über § 6 b BKGG ergänzende Leistungen zur Deckung des sozialhilferechtlichen Bedarfs des Kindes möglich sind.

cc) Ob das Oberlandesgericht zu Recht eine sozialrechtliche Kontrollberechnung angestellt hat, erscheint zwar zweifelhaft (kritisch hierzu Götsche jurisPR-FamR 22/2019 Anm. 6). Das kann aber dahinstehen, weil es zu einer Verringerung des Unterhaltsanspruchs des nicht der Bedarfsgemeinschaft angehörenden (weiteren) unterhaltsberechtigten Kindes geführt hat und den allein die Rechtsbeschwerde führenden unterhaltspflichtigen Antragsgegners daher nicht beschwert.

c) Schließlich trifft die - von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogene - tatrichterliche Behandlung des dem Antragsgegner gezahlten Verpflegungskostenzuschusses als zu einem Drittel als Einkommen anzusetzende häusliche Ersparnis (vgl. dazu auch Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 82 mwN) nicht auf rechtsbeschwerderechtliche Bedenken. Insbesondere ist der Ansatz eines - die Leistungsfähigkeit (§ 1603 BGB) des Antragsgegners vermindernden - geringeren Bruchteils als einem Drittel nicht aus Rechtsgründen geboten. ..."

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Allein der Umstand, dass das unterhaltsberechtigte Kind während eines von der Unterhaltsvorschusskasse betriebenen vereinfachten Verfahrens in den Haushalt des Unterhaltspflichtigen wechselt, lässt die Zulässigkeit dieses Verfahrens für Unterhaltsansprüche aus der Zeit bis zum Obhutswechsel unberührt (Fortführung von Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005, XII ZB 258/03, FamRZ 2006, 402; BGH, Beschluss vom 01.03.2017 - XII ZB 2/16).

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Neben den Zinsen sind die Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnvorteils vom Einkommen des Elternunterhaltspflichtigen abzuziehen, ohne dass dies seine Befugnis zur Bildung eines zusätzlichen Altersvorsorgevermögens schmälert. Der den Wohnvorteil dann noch übersteigende Tilgungsanteil ist als Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten im Rahmen der sekundären Altersvorsorge auf die Altersvorsorgequote von 5 % des Bruttoeinkommens des Elternunterhaltspflichtigen anzurechnen (BGH, Beschluss vom 18.01.2017 - XII ZB 118/16).

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Die Beteiligten eines Unterhaltsverhältnisses sind nicht daran gehindert, im gegenseitigen Einvernehmen einen bestehenden gerichtlichen oder urkundlichen Unterhaltstitel außergerichtlich durch einen neuen Vollstreckungstitel im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu ersetzen. Beruht die Erstellung einer vollstreckbaren Jugendamtsurkunde auf einer Unterhaltsvereinbarung der Beteiligten, sind diese an den Inhalt der Vereinbarung materiell-rechtlich gebunden; eine Abänderung der Urkunde kommt für beide Beteiligte grundsätzlich nur in Betracht, wenn dies wegen nachträglicher Veränderungen nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage geboten ist (Fortführung der Senatsurteile vom 4. Mai 2011, XII ZR 70/09, BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 und vom 2. Oktober 2002, XII ZR 346/00, FamRZ 2003, 304). Begehrt der früher allein barunterhaltspflichtige Elternteil nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes unter Hinweis auf die nunmehrige Mithaftung des früheren Betreuungselternteils Herabsetzung des zur Zeit der Minderjährigkeit titulierten Kindesunterhalts, muss grundsätzlich das volljährig gewordene Kind die gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB auf seine Eltern entfallenden jeweiligen Haftungsanteile im Abänderungsverfahren darlegen und beweisen (BGH, Beschluss vom 07.12.2016 - XII ZB 422/15).

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Hat der Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung einen anderen Streitgegenstand als der titulierte Anspruch, kann der Schuldner gegenüber dem Feststellungsbegehren des Gläubigers einwenden, der Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung sei verjährt (Klarstellung BGH, 2. Dezember 2010, IX ZR 247/09, BGHZ 187, 337). Rechtskräftig festgestellt sind alle materiell-rechtlichen Ansprüche, die vom Streitgegenstand umfasst sind, über den mit dem Titel entschieden wurde. Der Anspruch aus vorsätzlicher Verletzung der Unterhaltspflicht hat einen anderen Streitgegenstand als ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch. Ansprüche auf Unterhalt und auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher Verletzung der Unterhaltspflicht kann der Gläubiger gleichzeitig nebeneinander geltend machen; die Hemmung, die Ablaufhemmung und der erneute Beginn der Verjährung des einen Anspruchs erstreckt sich nicht auf den anderen Anspruch. Der Schadensersatzanspruch aus einer vorsätzlichen Verletzung der Unterhaltspflicht ist eine Familienstreitsache (BGH, Beschluss vom 03.03.2016 - IX ZB 33/14).
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Eine Vereinbarung, mit welcher ein Mann die Einwilligung zu einer heterologen künstlichen Befruchtung einer Frau mit dem Ziel erteilt, die Vaterstellung für das zu zeugende Kind einzunehmen, enthält regelmäßig zugleich einen von familienrechtlichen Besonderheiten geprägten Vertrag zugunsten des aus der künstlichen Befruchtung hervorgehenden Kindes, aus dem sich für den Mann dem Kind gegenüber die Pflicht ergibt, für dessen Unterhalt wie ein rechtlicher Vater einzustehen (im Anschluss an Senatsurteil vom 3. Mai 1995, XII ZR 29/94, BGHZ 129, 297 = FamRZ 1995, 861). Die Einwilligung des Mannes muss gegenüber der Frau erklärt werden und bedarf keiner besonderen Form (BGH, Urteil vom 23.09.2015 - XII ZR 99/14 zu § 1600 BGB).

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„... I. Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen von ihm in der Zeit vom 1. September 2003 bis 31. März 2012 für den minderjährigen Sohn N. des Schuldners nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) geleisteter Unterhaltsbeträge in Höhe von 10.312,68 €. Der Gläubiger hat den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beantragt, mit dem Ansprüche des Schuldners aus Kontoverbindungen jeder Art mit der Drittschuldnerin gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen werden sollten, und vorgetragen, dass der Schuldner nach seiner Kenntnis keinen Unterhalt an N. leiste. Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss den dem Schuldner pfändungsfrei zu belassenden Betrag unter Berücksichtigung seines notwendigen Lebensunterhalts in Höhe von 900 € sowie der gegenüber N. bestehenden Unterhaltsverpflichtungen in Höhe von 272 € auf insgesamt 1.172 € festgesetzt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Gläubigers, mit der er beantragt hat, den pfändungsfreien Betrag auf 900 € herabzusetzen, ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger seinen im Beschwerdeverfahren gestellten Antrag weiter.

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dem Schuldner seien die gemäß § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO festgesetzten Pfändungsfreibeträge zu belassen. § 850d ZPO finde auf die Vollstreckung der auf den Gläubiger nach § 7 Abs. 1 UVG übergegangenen Unterhaltsansprüche Anwendung. Davon erfasst würden auch die vorliegend vollstreckten Unterhaltsrückstände, da der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Schuldner nicht dargelegt habe, dass er sich damals seiner Zahlungspflicht nicht absichtlich entzogen habe (§ 850d Abs. 1 Satz 4 ZPO). Hierfür sei auch sonst nichts ersichtlich. Durch den Übergang auf den Gläubiger hätte der gesetzliche Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes seine Privilegierung gemäß § 850d ZPO nicht eingebüßt. Auch die Rangfolge gemäß § 850d Abs. 2 ZPO, § 1609 BGB habe sich durch den Übergang nicht geändert. Dennoch gingen die Ansprüche des unmittelbar unterhaltsberechtigten Kindes N. auf Zahlung des laufenden Unterhalts den Ansprüchen des Gläubigers vor. Dies folge aus § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG. Der Nachrang der Forderung der Unterhaltsvorschusskasse sei nicht erst auf Einrede des Schuldners zu berücksichtigen. Der Gläubiger habe vielmehr das Fehlen vorrangig zu berücksichtigender anderer Forderungen darzulegen. Diese bestünden auch dann, wenn der Schuldner tatsächlich keine Unterhaltszahlungen leiste.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das hat der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung inzwischen zu einem gleichgelagerten Sachverhalt entschieden (BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - VII ZB 21/13, NJW 2015, 157, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

a) Danach geht das Beschwerdegericht allerdings zutreffend davon aus, dass § 850d ZPO auf die Vollstreckung der gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG auf den Gläubiger übergegangenen Unterhaltsansprüche grundsätzlich Anwendung findet (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - VII ZB 21/13, aaO Rn. 5).

b) Von der für den Gläubiger günstigen Feststellung des Beschwerdegerichts, dass eine Herabsetzung des dem Schuldner gewährten Pfändungsfreibetrages nicht nach § 850d Abs. 1 Satz 4 ZPO ausgeschlossen ist, ist im Rechtsbeschwerdeverfahren auszugehen.

c) Zu Recht geht das Beschwerdegericht auch davon aus, dass im Anwendungsbereich des § 7 UVG die Vorschriften der § 850d Abs. 2 ZPO, § 1609 BGB zum Rangverhältnis der Unterhaltsansprüche durch die speziellere Vorschrift des § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG verdrängt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - VII ZB 21/13, aaO Rn. 7).

d) Fehlerhaft ist dagegen das Verständnis des Beschwerdegerichts vom Begriff des Unterhaltsverlangens im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG. Ein solches Verlangen setzt einen Zugriff des unmittelbar Unterhaltsberechtigten auf das Vermögen des Schuldners voraus. Ein Verlangen von Unterhalt in diesem Sinne ist danach insbesondere anzunehmen, wenn der Unterhaltsberechtigte den Schuldner im Wege der Zwangsvollstreckung auf Befriedigung seiner Unterhaltsforderung in Anspruch nimmt und insoweit einen Vollstreckungsantrag stellt. Der unmittelbar Unterhaltsberechtigte verlangt Unterhalt im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG außerdem dann, wenn er Unterhaltsansprüche, die durch die Vollstreckung der auf die Unterhaltskasse übergegangenen Forderungen nicht beeinträchtigt werden dürfen, gegenüber dem Schuldner gerichtlich oder außergerichtlich geltend macht und der Schuldner daraufhin Unterhaltsleistungen an ihn erbringt (BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - VII ZB 21/13, aaO Rn. 9-12).

e) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist die privilegierte Pfändung nach § 850d ZPO nicht davon abhängig, dass der Gläubiger im Vollstreckungsverfahren das Fehlen der nach § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG vorrangig zu berücksichtigenden Unterhaltsansprüche darlegt und gegebenenfalls nachweist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - VII ZB 21/13, aaO Rn. 13-17).

f) Jedenfalls wenn nicht feststeht, ob der unmittelbar Unterhaltsberechtigte Unterhalt gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG verlangt und ob der Schuldner Unterhaltszahlungen tatsächlich leistet, kann die Unterhaltsvorschusskasse Ansprüche des Schuldners gegen Dritte auch wegen des zur Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem vorrangigen Unterhaltsberechtigten erforderlichen Betrags wegen der bestehenden rückständigen Unterhaltsforderungen zunächst pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen (BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - VII ZB 21/13, aaO Rn. 18-20).

3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts kann danach keinen Bestand haben. Das Beschwerdegericht hat nicht festgestellt, dass der unmittelbar unterhaltsberechtigte Sohn N. des Schuldners für einen nach Leistung des Unterhaltsvorschusses liegenden Zeitraum die Zahlung von Unterhalt gegenüber dem Schuldner im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG verlangt hat. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO. Der dem Schuldner gemäß § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO pfändungsfrei zu belassende Betrag ist ohne Berücksichtigung der gegenüber N. bestehenden laufenden Unterhaltsverpflichtung auf einen Betrag von 900 € herabzusetzen, der dem notwendigen Unterhalt des Schuldners entspricht. ..." (BGH, Beschluss vom 21.01.2015 - VII ZB 30/13)

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Die (Inzident-)Anerkennung einer vor dem 18. Juni 2011 ergangenen und ursprünglich in den Anwendungsbereich der Brüssel I-Verordnung fallenden ausländischen Unterhaltsentscheidung richtet sich in einem nach dem 18. Juni 2011 eingeleiteten Abänderungsverfahren nach den Vorschriften der Europäischen Unterhaltsverordnung über die Anerkennung und Vollstreckung exequaturbedürftiger Titel (Art. 75 Abs. 2 iVm Art. 23 ff. EuUnthVO). Kann die Verfahrensführungsbefugnis eines Kindes in einem Verfahren zur Abänderung einer ausländischen Entscheidung zum Kindesunterhalt nicht an dessen formelle Parteistellung im Erstverfahren angeknüpft werden (etwa weil die Ausgangsentscheidung in einem Verfahren zwischen seinen Eltern ergangen ist), hängt diese davon ab, ob die abzuändernde ausländische Unterhaltsentscheidung für und gegen das Kind wirkt; diese Frage ist nach dem Recht des Entscheidungsstaates zu beurteilen (im Anschluss an Senatsurteile vom 29. April 1992, XII ZR 40/91, FamRZ 1992, 1060 und vom 1. Juni 1983, IVb ZR 386/81, FamRZ 1983, 806). In einem nach dem 18. Juni 2011 eingeleiteten Unterhaltsverfahren (hier: Abänderungsverfahren) mit Auslandsbezug ist das maßgebliche Kollisionsrecht dem Haager Unterhaltsprotokoll zu entnehmen. Dies gilt im Verhältnis der durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebundenen EU-Staaten auch, soweit das Verfahren Unterhaltszeiträume vor dem Inkrafttreten des Haager Unterhaltsprotokolls am 18. Juni 2011 umfasst. Das einem abzuändernden ausländischen Unterhaltstitel zugrundeliegende Sachrecht kann in einem in Deutschland betriebenen Abänderungsverfahren grundsätzlich nicht ausgetauscht werden, sondern bleibt für Art und Höhe der anzupassenden Unterhaltsleistung weiterhin maßgeblich; dies gilt nicht, wenn nach Erlass der abzuändernden Entscheidung infolge eines Aufenthaltswechsels der unterhaltsberechtigten Person ein vom deutschen Kollisionsrecht beachteter Statutenwechsel (Art. 3 Abs. 2 HUP) eingetreten ist (Fortführung von Senatsurteil vom 1. Juni 1983, IVb ZR 386/81, FamRZ 1983, 806; BGH, Beschluss vom 10.12.2014 - XII ZB 662/13).

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Nimmt der barunterhaltspflichtige Elternteil ein weit über das übliche Maß hinaus gehendes Umgangsrecht wahr, kann der Tatrichter die in diesem Zusammenhang getätigten außergewöhnlich hohen Aufwendungen, die als reiner Mehraufwand für die Ausübung des erweiterten Umgangsrechts dem Anspruch des Kindes auf Zahlung von Unterhalt nicht als bedarfsdeckend entgegengehalten werden können (vor allem Fahrt- und Unterbringungskosten), zum Anlass dafür nehmen, den Barunterhaltsbedarf des Kindes unter Herabstufung um eine oder mehrere Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle zu bestimmen. Der auf diesem Weg nach den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle ermittelte Unterhaltsbedarf kann (weitergehend) gemindert sein, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil dem Kind im Zuge seines erweiterten Umgangsrechts Leistungen erbringt, mit denen er den Unterhaltsbedarf des Kindes auf andere Weise als durch Zahlung einer Geldrente teilweise deckt (im Anschluss an Senatsurteile vom 21. Dezember 2005, XII ZR 126/03, FamRZ 2006, 1015 und vom 28. Februar 2007, XII ZR 161/04, FamRZ 2007, 707; BGH, Beschluss vom 12.03.2014 - XII ZB 234/13).

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Allein der Umstand, dass der Beschäftigte einer Behörde bei der Unterzeichnung eines Rechtsmittelschriftsatzes durch den Zusatz "im Auftrag" auf das Bestehen eines behördeninternen Weisungsverhältnisses hinweist, rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung, dass der betreffende Bedienstete nur als Erklärungsbote handeln und die erforderliche fachliche und rechtliche Verantwortung für den Inhalt eines von ihm unterzeichneten Schriftsatzes gegenüber dem Gericht nicht übernehmen wolle (Abgrenzung BGH Beschlüsse vom 19. Juni 2007, VI ZB 81/05, FamRZ 2007, 1638 und vom 20. Juni 2012, IV ZB 18/11, NJW-RR 2012, 1269). In die im Rahmen der Prüfung eines Anspruchsüberganges nach § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB II anzustellende grundsicherungsrechtliche Vergleichsberechnung sind unabhängig vom Bestehen oder vom Rang bürgerlich-rechtlicher Unterhaltspflichten auch die Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft einzubeziehen, in der die unterhaltspflichtige Person lebt (BGH, Beschluss vom 23.10.2013 - XII ZB 570/12).

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Ist bei der Bewilligung von Ausbildungsförderung in der Form von Vorausleistungen die Höhe des von den Eltern des in der Ausbildung befindlichen unterhaltsberechtigten Kindes einzusetzenden Einkommens streitig, so hat das Familiengericht die Rechtmäßigkeit der von der zuständigen Behörde durchgeführten Einkommensermittlung in vollem Umfang zu überprüfen (im Anschluss an Senatsurteil vom 10. November 1999, XII ZR 303/97, FamRZ 2000, 640). Steht bei der Einkommensermittlung die Anerkennung eines Härtefreibetrages im Ermessen der Behörde, so hat das Familiengericht auch zu überprüfen, ob nur die Anerkennung des Freibetrages ermessensfehlerfrei ist, und diesen ggf. abweichend vom ergangenen Bewilligungsbescheid in seine Berechnung einzubeziehen. Der Unterhaltspflichtige ist für eine Begrenzung des Anspruchsübergangs darlegungs- und beweispflichtig. Soweit es ihm nicht gelingt, die Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung hinsichtlich des Härtefreibetrages darzulegen, ist von der Rechtmäßigkeit der behördlichen Bewilligung und dem darin zugrunde gelegten einsetzbaren Elterneinkommen auszugehen (BGH, Urteil vom 17.07.2013 - XII ZR 49/12).

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Kinder, die im Wege der heterologen Insemination durch das Sperma eines anonymen Spenders gezeugt wurden, haben keinen Anspruch auf Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz, wenn die Feststellung der Vaterschaft im Einzelfall von vornherein aussichtslos ist (BVerwG, Urteil vom 16.05. 2013 - 5 C 28/12).

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Das Aufrechnungsverbot des § 394 BGB i.V.m. § 850 b Abs. 1 Nr. 2 ZPO gilt auch zugunsten von Trägern öffentlicher Sozialleistungen, soweit diese Leistungen der Sozialhilfe oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erbracht haben und der Unterhaltsanspruch des Hilfeempfängers auf sie übergegangen ist (BGH, Beschluss vom 08.05.2013 - XII ZB 192/11).

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Verletzt der Unterhaltspflichtige die Obliegenheit, Vermögenswerte zu realisieren, ist er unterhaltsrechtlich so zu behandeln, als habe er die Obliegenheit erfüllt. Ein einklagbarer Anspruch auf Rückforderung einer Schenkung oder Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs besteht dagegen nicht (BGH, Urteil vom 28.11.2012 - XII ZR 19/10):

„... 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage bejaht.

a) Die Kläger besitzen zwar bereits Unterhaltstitel gegen den Beklagten, aus denen sie die Zwangsvollstreckung betreiben könnten. Aufgrund der langjährigen Inhaftierung des Beklagten verfügte dieser aber nur über die Pflichtteilsansprüche gemäß § 2303 Abs. 1 BGB nach dem Tod seiner Eltern als einzigen Vermögenswert, mit dem er die Unterhaltsansprüche jedenfalls teilweise hätte erfüllen können. Nachdem er auf die Ansprüche zugunsten seiner Schwester als testamentarischer Alleinerbin verzichtet und diese den Verzicht nach den getroffenen Feststellungen angenommen hat, besteht jedoch allenfalls ein Anspruch auf Rückforderung einer Schenkung gemäß § 528 BGB gegen die Schwester. Erst nach dessen erfolgreicher Geltendmachung kommen die Pflichtteilsansprüche zur Befriedigung der Unterhaltsansprüche in Betracht. Ein solcher Anspruch ist der Pfändung indessen nur unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist (§ 852 Abs. 1 und 2 ZPO). Denn mit Rücksicht auf die familiäre Verbundenheit von Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem soll allein Letzterem die Entscheidung überlassen werden, ob der Anspruch gegen den Erben durchgesetzt werden soll (BGHZ 123, 183 = FamRZ 1993, 1307, 1308 und Senatsurteil vom 7. Juli 1982 - IVb ZR 738/80 - FamRZ 1982, 996, 997).

Trotz des Wortlauts des § 852 Abs. 1 ZPO ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Zugriff der Gläubiger auf den Pflichtteilsanspruch möglich, bevor die Voraussetzungen der Norm vorliegen. Gepfändet wird dann der in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit durch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO aufschiebend bedingte Anspruch (BGHZ 123, 183 = FamRZ 1993, 1307, 1308 und BGH Beschluss vom 26. Februar 2009 - VII ZB 30/08 - FamRZ 2009, 869 Rn. 7). Der gepfändete Anspruch darf jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO verwertet werden. Damit hängt nicht die Pfändbarkeit, sondern erst die Verwertbarkeit von einem vertraglichen Anerkenntnis bzw. von der Rechtshängigkeit ab (BGH Urteil vom 26. Februar 2009 - VII ZB 30/08 - FamRZ 2009, 869 Rn. 7).

b) In Rechtsprechung und Schrifttum wird vertreten, die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO seien ebenso zu beachten, wenn die Pfändung wegen Unterhaltsansprüchen erfolge (OLG Celle OLGR 2004, 414, 415; Musielak/Becker ZPO 9. Aufl. § 852 Rn. 1). Für diese Auffassung spricht, dass eine Lücke im Gesetz oder ein Versehen des Gesetzgebers, die Voraussetzung für eine dem Wortlaut der Norm zuwiderlaufende einschränkende Auslegung sind, nicht ersichtlich sind. Dem Gesetzgeber war die Möglichkeit der Privilegierung von Unterhaltsgläubigern gegenüber anderen Gläubigern bewusst, wie sich aus der Bestimmung des § 850 d Abs. 1 ZPO ergibt. Gleichwohl hat er von einer solchen Privilegierung im Rahmen des § 852 ZPO abgesehen (ebenso OLG Celle OLGR 2004, 414, 415). Deshalb ist am Wortlaut des § 852 ZPO auch für Unterhaltsansprüche festzuhalten, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis der Kläger für ihr Begehren, eine Verurteilung des Beklagten zur Geltendmachung eines Anspruchs aus § 528 BGB sowie im Weiteren zur Geltendmachung der Pflichtteilsansprüche zu erreichen, zu bejahen ist.

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts besteht für das Klagebegehren aber keine Anspruchsgrundlage. Insbesondere aus den §§ 1601 ff. BGB lassen sich die Ansprüche nicht herleiten. Dabei kann dahinstehen, ob der vom Berufungsgericht festgestellte Verzicht des Beklagten auf die Pflichtteilsansprüche nach dem Tod seiner Eltern eine Schenkung an seine Schwester darstellt und dem Beklagten gemäß § 528 BGB ein Rückforderungsanspruch zusteht.

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Beklagte den minderjährigen Klägern gegenüber dem Grunde nach gemäß §§ 1601 ff. BGB unterhaltspflichtig ist. Unter der Voraussetzung, dass kein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist, der den Unterhalt der Kinder ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Bedarfs aufbringen könnte, trifft den Beklagten sogar eine gesteigerte Unterhaltspflicht. Er hat in diesem Fall alle verfügbaren Mittel zu seinem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (§ 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB). Ob die vorgenannte Voraussetzung erfüllt ist, hat das Berufungsgericht indessen nicht festgestellt. Aber selbst wenn eine gesteigerte Unterhaltspflicht zugrunde gelegt wird, kann dem Klagebegehren nicht entsprochen werden.

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass der Beklagte nach dem Tod der Mutter der Kinder diesen sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt schuldet, weil der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf der Kinder umfasst (§ 1610 Abs. 2 BGB). Dabei ist der Betreuungsunterhalt wegen der Gleichwertigkeit mit dem Barunterhalt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) grundsätzlich pauschal in dessen Höhe zu monetarisieren (vgl. Senatsurteil vom 30. August 2006 - XII ZR 138/04 - FamRZ 2006, 1597 Rn. 11, 15).

c) Der Unterhalt ist grundsätzlich durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren (§ 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB). Im Rahmen der Unterhaltspflicht treffen den Unterhaltspflichtigen indessen verschiedene Obliegenheiten, die dazu führen sollen, dass er finanziell in der Lage ist, den Unterhalt zu gewähren. Für die Eltern besteht insbesondere eine Obliegenheit zur gesteigerten Ausnutzung ihrer Arbeitskraft. Insoweit haben sie alle zumutbaren Erwerbsmöglichkeiten auszuschöpfen (Senatsurteil vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 - FamRZ 2009, 314 Rn. 20), müssen sich besonders intensiv um eine Erwerbstätigkeit bemühen und dabei auch Gelegenheitsarbeiten oder berufsfremde Tätigkeiten unterhalb ihrer gewohnten Lebensstellung übernehmen (Senatsurteil vom 15. Dezember 1993 - XII ZR 172/92 - FamRZ 1994, 372, 373). Darüber hinaus obliegt es dem Unterhaltspflichtigen, vorhandenes Vermögen in zumutbarem Rahmen so ertragreich wie möglich anzulegen, gegebenenfalls umzuschichten oder erforderlichenfalls zu verwerten (vgl. etwa Senatsurteile vom 19. Dezember 1989 - IVb ZR 9/89 - FamRZ 1990, 269, 271 und vom 21. April 1993 - XII ZR 248/91 - FamRZ 1993, 1065, 1066 zur Obliegenheit des Unterhaltsberechtigten, einen Pflichtteilsanspruch geltend zu machen).

d) Verletzt der Unterhaltspflichtige die ihn treffenden Obliegenheiten, hat dies zur Folge, dass er so behandelt wird, als habe er die Obliegenheit erfüllt. Im Fall eines Verstoßes gegen die Erwerbsobliegenheit muss der Unterhaltsschuldner sich deshalb fiktiv das erzielbare Einkommen anrechnen lassen. Er kann zwar nicht zur Aufnahme einer Tätigkeit verpflichtet werden, muss aber als Sanktion unterhaltsrechtlich die Folgen seines Unterlassens tragen (st.Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 20. Januar 1982 - IVb ZR 651/80 -FamRZ 1992, 365, 366 und vom 8. April 1981 - IVb ZR 566/80 - FamRZ 1981, 539, 540; Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 4 Rn. 605; Staudinger/Engler/Kaiser BGB [2000] § 1603 Rn. 148; MünchKomm-BGB/Maurer 5. Aufl. § 1581 Rn. 4 für den Unterhaltsberechtigten). Darin erschöpfen sich allerdings die Auswirkungen einer Obliegenheitsverletzung. Den Unterhaltspflichtigen trifft - außer der Verpflichtung zur Unterhaltszahlung - keine einklagbare Pflicht zu einem bestimmten Handeln oder Unterlassen (vgl. auch BVerfG FamRZ 1985, 143, 145: mittelbarer Zwang zur Berufstätigkeit).

e) Dem entspricht auch die Rechtsprechung des Senats, soweit er mit der unterhaltsrechtlichen Obliegenheit zur Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs befasst war. In diesen Fällen ist der Frage nachzugehen, ob trotz der grundsätzlich freien Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten, ob er einen ihm zustehenden Pflichtteil verlangen will, unterhaltsrechtlich eine anderweitige Obliegenheit, nämlich eine solche zur Durchsetzung des Anspruchs, besteht (Senatsurteile vom 21. April 1993 - XII ZR 248/91 - FamRZ 1993, 1065, 1066 und vom 7. Juli 1982 - IVb ZR 738/80 - FamRZ 1982, 996, 997 f.). Ist das der Fall, so ist der Pflichtteilsberechtigte lediglich fiktiv so zu behandeln, als habe er den Anspruch geltend gemacht. Dementsprechend hatte schon das Reichsgericht es nicht beanstandet, dass ein für seine minderjährigen Kinder unterhaltspflichtiger Vater mit Rücksicht auf einen Pflichtteilsanspruch als leistungsfähig behandelt und zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt worden ist (RG Warn 1919 Nr. 88, 151 f.). ..."

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Der Unterhaltsberechtigte verliert den Ausbildungsunterhaltsanspruch gegenüber seinen Eltern nicht deshalb, weil er infolge einer Schwangerschaft und der anschließenden Kindesbetreuung seine Ausbildung verzögert beginnt. Das gilt jedenfalls insoweit, als der Unterhaltsberechtigte seine Ausbildung nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes - gegebenenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung einer angemessenen Übergangszeit - aufnimmt (BGH, Urteil vom 29.06.2011 - XII ZR 127/09 zu BGB §§ 1601, 1610, 1611, 1615 l; BAföG §§ 36, 37; ZPO § 265).

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Verfügt der Unterhaltspflichtige über höhere Einkünfte als sein Ehegatte, ist die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt in der Regel wie folgt zu ermitteln: Von dem Familieneinkommen wird der Familienselbstbehalt in Abzug gebracht. Das verbleibende Einkommen wird um die Haushaltsersparnis vermindert. Die Hälfte des sich ergebenden Betrages kommt zuzüglich des Familienselbstbehalts dem Familienunterhalt zugute. Zu dem so bemessenen individuellen Familienbedarf hat der Unterhaltspflichtige entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten beizutragen. Für den Elternunterhalt kann der Unterhaltspflichtige die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinem Anteil am Familienunterhalt einsetzen. Die Haushaltsersparnis, die bezogen auf das den Familienselbstbehalt übersteigende Familieneinkommen eintritt, ist regelmäßig mit 10 % dieses Mehreinkommens zu bemessen. Aufwendungen für eine Hausrats- und Haftpflichtversicherung sind auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt nicht als vorweg abziehbare Verbindlichkeiten zu behandeln. Ist der Unterhaltspflichtige vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten, können Aufwendungen für eine zusätzliche Altersversorgung weiterhin abzugsfähig sein. In Höhe des dem Unterhaltsberechtigten sozialrechtlich gewährten angemessenen Barbetrags (§ 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) sowie des Zusatzbarbetrags (§ 133 a SGB XII) ist auch unterhaltsrechtlich ein Bedarf anzuerkennen (BGH, Urteil vom 28.07.2010 - XII ZR 140/07 zu BGB §§ 1601, 1602 Abs. 1, 1603 Abs. 1; SGB XII §§ 35 Abs. 2 Satz 1, 133 a - sehr umfangreiche Entscheidung).

*** (OLG)

Das für eine Verwirkung erforderliche Umstandsmoment kann trotz einer bereits vorhandenen Titulierung durch Jugendamtsurkunde ausnahmsweise gegeben sein, obwohl etwaige Vollstreckungsversuche wegen der Leistungsunfähigkeit des Schuldners voraussichtlich erfolglos geblieben wären. Dies kommt in Betracht, wenn die Unterhaltsvorschussstelle einen Unterhaltsschuldner nicht über die Möglichkeit der Titelumschreibung und Vollstreckung aus der bereits über 15 Jahre nicht mehr relevant gewesenen Jugendamtsurkunde informiert, sondern für den Fall der Nichterteilung der angeforderten Auskunft und der Nichtzahlung einen Antrag auf Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren androht (OLG Braunschweig, Beschluss vom 24.11.2022 - 1 WF 138/22).

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Gleichgeschlechtliche Partnerschaft - Unterhaltsanspruch des Kindes (OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.10.2020 - 9 UF 178/20):

„... A. Verfahrenskostenhilfe der Antragstellerin

Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist zurückzuweisen, da sie keine Erklärung über ihre eigene Hilfebedürftigkeit eingereicht hat, §§ 113 Abs. 1 FamFG, 115, 117 Abs. 1, Abs. 4 ZPO. Soweit ihre Mutter eine Erklärung über die Hilfebedürftigkeit eingereicht hat, verhilft dies dem Antrag der Antragstellerin ebenso wenig zum Erfolg. Die Mutter hat die Erklärung nicht ordnungsgemäß ausgefüllt, de facto ist die gesamte Erklärung unausgefüllt eingereicht worden. Der um Verfahrenskostenhilfe ersuchende Antragsteller muss aber eine vollständig ausgefüllte und belegte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen einreichen, § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO (§ 76 Abs. 1 FamFG). Der (ohne weitere Erklärungen) beigefügte ALG II-Bescheid der Mutter der Antragstellerin befreit von der eigenständigen Ausfüllung des Formulars nicht. Zwar ist gemäß § 2 Abs. 2 PKHVV ein Antragsteller, der nach dem SGB XII - Sozialhilfe - laufende Leistungen zum Lebensunterhalt bezieht, zunächst nicht verpflichtet, die Abschnitte E bis J des Vordrucks auszufüllen, wenn der letzten Bewilligungsbescheid des Sozialamts beigefügt wird (darauf wird auch auf S. 2 oben des Vordrucks in Fettdruck hingewiesen). Diese Regelungen betrifft aber nur Sozialhilfeempfänger nach dem SGB XII und entbindet diese nur von der Pflicht zur Ausfüllung der Abschnitte E bis J, nicht aber der übrigen Abschnitte des Vordrucks. Auf ALG II-Empfänger ist diese Erleichterung nicht anzuwenden, weshalb diese den Vordruck in vollem Umfange auszufüllen haben (OLG Jena FamRZ 2015, 1919 Dürbeck in: Prütting/Helms, FamFG, 5. Aufl. 2020, § 76 FamFG Rn. 26). Dies beruht auf der unterschiedlichen Einkommens- und Vermögensanrechnung des SGB XII gegenüber dem SGB II.

B. Verfahrenskostenhilfe der Antragsgegnerin

Für den Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird zunächst darauf hingewiesen, dass insoweit eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe angesichts der aktuellen Einkommensverhältnisse allein unter Festlegung einer monatlichen Rate von rund 150 € in Betracht käme. Die genaue Berechnung lässt der Senat hier aber letztendlich dahinstehen, da dem Antrag insgesamt kein Erfolg zukommt. Die eingereichte Beschwerde ist ohne Erfolgsaussicht, §§ 113 Abs. 1 FamFG, 114, 119 Abs. 1 ZPO. Dafür wird auf die nachfolgenden Ausführungen Bezug genommen.

C. Erfolgsaussichten

I. Sachverhalt

Die Beteiligten streiten um den Mindestunterhalt für die Antragstellerin. Die Mutter der Antragstellerin und die Antragsgegnerin bildeten zunächst eine nichteheliche gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft. Innerhalb dieser Beziehung bestand zumindest ein Kinderwunsch der Mutter der Antragstellerin, dem sich die Antragsgegnerin jedenfalls nicht verschloss. Im September 2014 fanden die Frauen über ein Samenspende-Internetportal Herrn M… G…, der sich nachfolgend als Samenspender zur Verfügung stellte. Die Samenspende fand am 3. Dezember 2014 in der Wohnung der beiden Frauen statt (soweit im unstreitigen Tatbestand des erstinstanzlichen angefochtenen Beschlusses, aber auch in einer Vielzahl der Schriftsätze anstelle des Datums 3. Dezember 2014 sich das Datum 3. Dezember 2015 befindet, handelt es sich angesichts des gesamten Akteninhaltes und gerade auch angesichts des unstreitigen Geburtsdatums der Antragstellerin um einen offenkundigen Irrtum). Der Samenspender übergab seinen in einer Spritze befindlichen Samen den beiden Frauen. Nachfolgend nahm die Antragsgegnerin selbst die Befruchtung mit dem übergebenen Samen bei der Mutter der Antragstellerin vor, die daraufhin schwanger wurde. Am ... Juni 2015 schlossen die Mutter der Antragstellerin und die Antragsgegnerin vor dem Standesbeamten des Standesamtes … die Lebenspartnerschaft (Urk.-Nr. …/2015). Am 15. August 2015 wurde die Antragstellerin geboren. Mit notarieller Vereinbarung der Beteiligten vor dem Notar Dr. T… F… in B… vom 14. Januar 2016 (Urkundenrolle Nr. …/2016, Bl. 106 ff. d. A.) erklärten die Mutter der Antragstellerin und die Antragsgegnerin, beim Familiengericht Bernau zu beantragen, dass die Antragstellerin durch die Antragsgegnerin als Kind angenommen werde. Die Mutter der Antragstellerin sowie zugleich der Samenspender willigten hierin unwiderruflich ein. Zu einer Antragstellung beim Familiengericht betreffend der beabsichtigten Adoption kam es nachfolgend nicht. Spätestens zum 1. März 2016 trennten sich die Mutter der Antragstellerin und die Antragsgegnerin. Beim Amtsgericht Bernau bei Berlin ist ein Verfahren zur Aufhebung der Lebenspartnerschaft anhängig (Az. 6 F 186/18), wird aber derzeit - soweit erkennbar - nicht betrieben. Mit Schreiben vom 30. August 2018 ist die Antragsgegnerin durch die Antragstellerin aufgefordert worden, den gesetzlichen Mindestunterhalt zu zahlen. Die Antragstellerin hat behauptet, ihre Mutter und die Antragsgegnerin seien sich darüber einig gewesen, dass die Antragsgegnerin in rechtlich verbindlicher Hinsicht ihre Mutter habe werden wollen und sollen. Sie hat behauptet, insoweit sei eine entsprechende Unterhaltsverpflichtung der Antragsgegnerin ihr gegenüber begründet worden. Die Antragstellerin hat beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, beginnend ab dem 1. September 2018 an sie zu Händen ihrer gesetzlichen Vertreterin monatlichen Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe der Unterhaltstabelle des Brandenburgischen OLGs zu zahlen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, eine wirksame rechtliche Vereinbarung zwischen ihr und der Antragstellerin bzw. deren Mutter sei nicht zustande gekommen, an einer rechtlichen Beziehung als solche fehle es insgesamt. Mit dem am 11. Juni 2020 erlassenen Beschluss hat das Amtsgericht Bernau bei Berlin die Antragsgegnerin verpflichtet, an die Antragstellerin zu Händen ihrer gesetzlichen Vertreterin zu zahlen i ab dem 1. August 2020 einen monatlichen, jeweils monatlich im Voraus fälligen Kindesunterhalt i.H.v. 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts gemäß § 1612a Abs. 1 BGB der jeweiligen Altersstufe, derzeit 1. Altersstufe, gemindert um das hälftige Kindergeld für ein erstes Kind, derzeit 102 €, damit derzeit 267 € i rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit vom 1. September 2018 bis zum 31. Juli 2020 i.H.v. 5.927 €. Zur Begründung hat das Amtsgericht insbesondere ausgeführt, zwischen der Mutter der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sei ein Vertrag zugunsten Dritter gem. § 328 BGB betreffs der Unterhaltsverpflichtung geschlossen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin. In Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens begehrt sie die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des gestellten Antrages sowie dafür die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Die Antragstellerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde sowie - ebenfalls in Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren.

II. Beurteilung

Die gem. §§ 58 ff. FamFG statthafte und zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet. Das Amtsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen eine vertragliche Unterhaltsverpflichtung der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin gemäß § 328 BGB begründet.

1. (Kein) Gesetzlicher Unterhaltsanspruch

Zutreffend hat das Amtsgericht zunächst ausgeführt, dass ein gesetzliches Unterhaltsverhältnis (§§1601 ff. BGB i.V.m. §§ 1591 ff. BGB) zwischen den hier Beteiligten nicht besteht. Denn die Antragsgegnerin ist weder die Mutter der Antragstellerin gem. § 1591 BGB noch ihr Vater gem. § 1592 BGB noch kommt ein anderweitiges gesetzliches Co-Mutterschaftsverhältnis analog §§ 1591 ff. BGB in Betracht.

2. Vertraglicher Unterhaltsanspruch

Jedoch folgt aus den Regelungen des § 328 BGB (i.V.m. den §§ 1601 ff. BGB), dass die Antragstellerin aufgrund eines zwischen ihrer Mutter und der Antragsgegnerin geschlossenen Vertrages zugunsten Dritter unterhaltsrechtlich berechtigt ist.

a. Einwilligung in die heterologe Insemination in der Ehe

Nach der zur (Schein-)Vaterschaft des Ehemanns ergangenen Rechtsprechung des BGHs enthält eine Vereinbarung zwischen Eheleuten, mit welcher der Ehemann sein Einverständnis zu einer heterologen Insemination erteilt, regelmäßig zugleich einen von familienrechtlichen Besonderheiten geprägten berechtigenden Vertrag zugunsten des aus der heterologen Insemination hervorgehenden Kindes, aus dem sich für den Ehemann dem Kind gegenüber die Pflicht ergibt, für dessen Unterhalt wie ein ehelicher Vater zu sorgen (BGH FamRZ 1995, 861, 862). Bei der mit Einwilligung des Ehemanns vorgenommenen heterologen Insemination handelt es sich aus seiner Sicht um die Übernahme der Elternschaft (der Scheinvaterschaft) durch Willensakt. Insofern ist aus der Sicht des Ehemanns das Einverständnis mit der heterologen Insemination einer Adoption (§§ 1741 ff. BGB) ähnlich. Anders als bei der Adoption handelt es sich allerdings nicht um die Übernahme der Elternschaft für ein bereits gezeugtes oder geborenes Kind, durch den Willensakt soll vielmehr die Entstehung des Kindes erst ermöglicht werden (BGH FamRZ 1995, 861, 862; vgl. auch BGH FamRZ 2013, 1209; Coester-Waltjen NJW 1983, 2059). Wenn der Ehemann auf diese Weise zu der Geburt eines Kindes durch seine Ehefrau beiträgt, gibt er damit zu erkennen, dass er für das Kind wie ein ehelicher Vater sorgen will. Das Verhalten des Ehemanns kann aus der Sicht seiner Ehefrau nur dahin interpretiert werden, dass er eine Unterhaltspflicht unabhängig davon übernehmen will, ob die gesetzliche Unterhaltspflicht, deren Voraussetzungen an sich nicht gegeben sind, (fort-)besteht (BGH FamRZ 1995, 861, 862).

b. Nichteheliche Partner

Diese die ehelich geborenen Kinder betreffende Rechtsprechung des BGHs ist auf die von nicht verheirateten Wunscheltern vereinbarte Zeugung eines Kindes durch heterologe Insemination zu übertragen (BGH FamRZ 2015, 2134 - Rn. 21). Die Tatbestände der konsentierten heterologen Befruchtung sind - abgesehen von der abstammungsrechtlichen Anknüpfung der Vaterschaft - nicht wesentlich verschieden. Dem steht auch nicht entgegen, dass es später u.U. nicht zu einer rechtlichen Vaterschaft des zustimmenden Partners kommt. Dass dann, wenn der konsentierende nicht verheiratete Wunschvater später die Vaterschaft nicht anerkennt und der Schutz des nichtehelichen Kindes gegenüber dem ehelichen, für das eine Vaterschaft des Ehemanns nur in seltenen Ausnahmefällen scheitern dürfte, demzufolge unvollkommen bleibt, zeigt allenfalls eine Unvollständigkeit der bestehenden Gesetzeslage auf (vgl. auch Staudinger/Rauscher BGB [2011] § 1600 Rn. 71, 75 m.w.N.), gibt indessen keinen Grund, das nichteheliche Kind im Hinblick auf den Unterhalt schlechter zu behandeln als das eheliche (BGH FamRZ 2015, 2134 - Rn. 21).

c. Gleichgeschlechtliche Partner

Der Anwendung dieser Grundsätze steht nicht entgegen, dass im vorliegenden Fall eine zwischen zwei Frauen geschlossene Lebenspartnerschaft betroffen ist. Die vorangestellten Ausführungen des BGHs sind - wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat - allgemein gehalten und beziehen sich in ihrem Kern darauf, dass ein Partner gegenüber dem anderen die Verpflichtung, für ein nicht zwischen den Partnern gezeugtes Kind aufzukommen, übernimmt. Diese Verpflichtung kann innerhalb jeglicher nichtehelichen Lebensgemeinschaft begründet werden und setzt daher zwangsläufig nicht eine heterosexuelle Beziehung voraus. Soweit die Antragsgegnerin vor allem im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung ausführt, dass eine Gleichstellung der Vaterschaftsregelung von mit einer Kindesmutter verheirateten Männern und der mit einer Kindesmutter verheirateten oder lebenspartnerschaftlich verbundenen Frauen ausdrücklich nicht erfolgen soll und dies entsprechend gesetzgeberisch stets betont worden sei, trägt es nicht. Zum einen hat sie dafür nicht einmal entsprechende Fundstellen oder Belege angeführt, eine derart allgemeine Aussage ist dem Senat jedenfalls nicht bekannt. Zum anderen - was wesentlicher ist - hat dies vorliegend nichts mit einer statusrechtlichen Gleichstellung von Mann und Frau gegenüber Frau und Frau zu tun, vielmehr geht es hier allein darum, ob eine unterhaltsrechtliche Verpflichtung für ein von einem anderen abstammendes Kind übernommen wird. Auch aus der Sicht des gleichgeschlechtlichen Partners ist das Einverständnis mit der heterologen Insemination einer Adoption (§§ 1741 ff. BGB) ähnlich, zumindest weil im vorliegenden Fall die Adoption auch tatsächlich beabsichtigt war. Eine unterhaltsvertragliche Verpflichtung kann zudem im Grundsatz jedermann eingehen, dafür bedarf es nicht einmal einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.

d. Rechtsbindungswillen der Antragsgegnerin

Ebenso wenig bestehen Bedenken daran, dass die Antragsgegnerin einen entsprechenden Rechtsbindungswillen zum Abschluss der Vereinbarung gem. den §§ 328, 1601 ff. BGB gehabt hat.

aa. Willenserklärung

Die Willenserklärung der Antragsgegnerin besteht in der Einwilligung in die künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten (hier ausdrücklich als sog. „Becherspende"). Die Einwilligung richtet sich - wenigstens mittelbar - auf die Begründung einer der Mutter-/Vaterschaft entsprechenden Verantwortung und ist eine Willenserklärung (BGH FamRZ 2015, 2134 - Rn. 11; vgl. auch BGH FamRZ 1995, 861; OLG Karlsruhe FamRZ 2012, 1150; OLG Oldenburg FamRZ 2015, 67; Roth DNotZ 2003, 805, 809 f.). Die Einwilligung setzt ihrem Inhalt nach voraus, dass der Einwilligende die Stellung eines Elternteils übernehmen will und ein entsprechender Rechtsbindungswille besteht. Ein solcher ist im Zweifel gegeben, wenn die Durchführung der heterologen Insemination im beiderseitigen Einvernehmen der Partner erfolgt ist. Die bloße Kenntnis von der heterologen Insemination stellt dagegen noch keine Willenserklärung dar und kann als solche keine Rechtsfolgen auslösen (BGH FamRZ 2015, 2134 - Rn. 12). Die Wirksamkeit der Einwilligung setzt zudem die Abgabe der Erklärung gegenüber der (ebenfalls einwilligenden) Mutter voraus (BGH FamRZ 2015, 2134 - Rn. 123). Dass die Antragsgegnerin für die Antragstellerin wie eine (weitere) Mutter einstehen wollte, ergibt sich aus dem gesamten Geschehen bis hin zur Trennung der Lebenspartnerinnen. Unstreitig ist, dass beide Lebenspartnerinnen bei dem entsprechenden Samenspenderportal nach einem Samenspender gesucht haben. Aus dem von der Mutter der Antragstellerin eingereichten E-Mail-Verkehr der Antragsgegnerin mit dem Samenspender geht hervor, dass die Antragsgegnerin aktiv und offenbar sogar federführend an der Suche nach einem Samenspender beteiligt war. Nach Auffinden des Samenspenders hat die Antragsgegnerin eine Vielzahl von Mailkontakten mit diesem gehabt. Die von der Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung geschilderten eigenen Bedenken an der eigenen Quasi-Mutterschaft (Sorge..., für ein Kind zu alt zu sein und/oder die tatsächliche Verantwortung für ein Kind nicht tragen zu können - vgl. Bl. 134 d.A.) gehen aus dem gesamten vorgelegten Schriftverkehr nicht hervor. Vielmehr geht aus allem hervor, dass sie sich selbst auf die entsprechende Mutterschaft ihrer Lebenspartnerin gefreut und dies aktiv und willentlich unterstützt hat. Beispielhaft dafür seien aus den vorgelegten E-Mails der Antragsgegnerin an den Samenspender angeführt i 31. Oktober 2014 (Bl. 71 d.A.) - unseren Babywunsch; i 20. November 2014 (Bl. 70 d.A.) von unserem gewünschten Zweiohr-Häschen; i 26. Dezember 2014 (Bl. 73 d.A.) - Dein Geschenk an uns.

Vergleichbares zeigt auch der Inhalt der schriftlichen Stellungnahme des Samenspenders vom 29. Februar 2020 (Bl. 76 d.A.) auf, aus der sich ergibt, dass jedenfalls beide Lebenspartnerinnen sich das Kind wünschten.

Ferner hat die Antragsgegnerin am Tag der Zeugung (3. Dezember 2014) die Spritze mit dem Samen der Mutter der Antragstellerin eigenhändig eingeführt. Nach der Schwangerschaft haben beide Partnerinnen an ihrer nichtehelichen Beziehung festgehalten und diese durch Eingehung der Lebenspartnerschaft verfestigt. Gleichermaßen hat die Erstellung und der Abschluss der notariellen, auf eine Adoption der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin abzielende Vereinbarung auf besondere Initiative der Antragsgegnerin stattgefunden. Aus diesen gesamten Umständen und den darin enthaltenen Erklärungen der Antragsgegnerin geht zweifelsfrei hervor, dass sie sowohl im Zusammenhang mit der Zeugung des Kindes als auch dem weiteren Fortgang einen Rechtsbindungswillen dahingehend, für das Kind künftig wie ein Elternteil einzustehen, besaß. Die Mutter der Antragstellerin hat die Erklärung spätestens dadurch angenommen, dass sie mit Rücksicht auf die erklärte Einwilligung und mit Kenntnis der Antragsgegnerin die künstliche Befruchtung durchführen ließ, welche zur Geburt der Klägerin führte. Spätestens am 3. Dezember 2014 (Zeitpunkt der künstlichen Befruchtung) ist die entsprechende Vereinbarung daher zustande gekommen.

b. Ungeborenes Kind

Der Annahme eines Vertrages zugunsten Dritter auch gegenüber der Antragstellerin steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin zu dem Zeitpunkt, in dem das Einverständnis mit der heterologen Insemination erklärt wurde, noch nicht gezeugt war. Zwar beginnt die Rechtsfähigkeit des Menschen erst mit der Vollendung der Geburt (§ 1 BGB). Es ist aber allgemein anerkannt, dass auch dem noch nicht erzeugten Kind für den Fall seiner Lebendgeburt Rechte zugewendet werden können, insbesondere auch durch einen Vertrag zugunsten Dritter (BGH FamRZ 2015, 2134 - Rn. 19; BGH FamRZ 1995, 861, 863).

c. Formfreiheit

Zwar fehlt es an einer ausdrücklichen schriftlichen Fixierung darüber, dass ein Vertrag zugunsten Dritter bezogen auf eine Unterhaltsverpflichtung für die Antragstellerin zustande gekommen ist. Eine solche Vereinbarung kann aber, wie der BGH ausdrücklich ausgeführt hat, auch formlos geschlossen werden (BGH FamRZ 2015, 2134 - Rn. 14 ff.).

d. Inhalt der Unterhaltsvereinbarung

Zutreffend hat das Amtsgericht insoweit festgestellt, dass aufgrund der entsprechenden vertraglichen Vereinbarung hier der Mindestunterhalt gem. den §§ 1601 ff., 1612 a BGB geschuldet wird, den das Amtsgericht sodann rechnerisch zutreffend (auch unter Beachtung des § 1613 Abs. 1 BGB) zuerkannt hat. Der Inhalt der vertraglichen Unterhaltspflicht entspricht der Erklärung, die Stellung gleich einem Elternteil übernehmen zu wollen. Der hieraus entstehende Unterhaltsanspruch des Kindes bestimmt sich dann hinsichtlich der grundlegenden Voraussetzungen (Bedürftigkeit, Leistungsfähigkeit und Anspruchshöhe) entsprechend der gesetzlichen Regelung zum Verwandtenunterhalt (insbesondere §§ 1602, 1603, 1610, 1612 a, 1612 b BGB; vgl. auch BGH FamRZ 2015, 2134 - Rn. 23).

3. (Kein) Entfallen der Unterhaltsverpflichtung

Soweit die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Beschwerde darauf abstellt, dass ein eventuelles Festhalten an einer solchen Vereinbarung jedenfalls deshalb ausscheide, weil es nachfolgend zur Trennung der Lebenspartnerinnen und nicht mehr zur Adoption gekommen ist, geht dies fehl.

a. Widerruf

Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass ein Widerruf der Erklärung eines solchen Vertrages zugunsten Dritten grundsätzlich lediglich noch in Betracht zu ziehen ist, wenn der Zeugungsakt noch nicht stattgefunden hat. Bis die zur Schwangerschaft führende künstliche Befruchtung durchgeführt worden ist, kann die Zustimmung der Mutter gegenüber im Grundsatz frei widerrufen und auf diese Weise die mit der Zustimmung verbundene Vereinbarung gekündigt werden. Nach der Befruchtung kann dagegen weder durch eine einseitige Erklärung noch durch eine Vereinbarung mit der Mutter die dem Kind gegenüber übernommenen Verpflichtungen aufgelöst werden (BGH FamRZ 2015, 2134 - Rn. 20; BGH FamRZ 1995, 861, 863 f. BGH FamRZ 1995, 1272, 1273 f.).

b. Wegfall der Geschäftsgrundlage

Nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (vgl. § 313 BGB), die auch für eine vertragliche Vereinbarung wie die vorliegende Anwendung finden (vgl. allg. dazu BGH FamRZ 2015, 2134 - Rn. 20 a.E.), kommt eine gänzliche oder teilweise Freistellung der Antragsgegnerin von der vertraglichen Unterhaltsverpflichtung nicht - jedenfalls derzeit nicht - in Betracht.

aa. Quasi-Elternstellung

Geschäftsgrundlage sind die bei Vertragsschluß bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Vertragsschließenden oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Vertragspartei vom Fortbestand oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut. Ändert sich die Geschäftsgrundlage derart, dass das Festhalten an der vereinbarten Regelung der betroffenen Partei nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann, so kommt - gerade auch bei Unterhaltsverträgen - eine Anpassung der Vereinbarung an die veränderten Verhältnisse in Betracht (BGH FamRZ 1995, 861 - Rn. 29; BGH FamRZ 1986, 790, 791), die unter Umständen auch darin bestehen kann, dass die Unterhaltsverpflichtung ganz entfällt. Im vorliegenden Fall hatten die Antragsgegnerin und die Mutter der Antragstellerin bei Abschluss der Vereinbarung vom 3. Dezember 2014 erkennbar die Vorstellung, die persönlichen und rechtlichen Beziehungen zwischen der Antragsgegnerin und dem aus der heterologen Insemination hervorgehenden Kind würden sich so entwickeln, als sei die Antragsgegnerin ihre (weitere) Mutter. Es ist davon auszugehen, dass zumindest die Antragsgegnerin ohne diese Vorstellung die Vereinbarung nicht getroffen und von einer heterologen Insemination abgesehen hätte. Diese Geschäftsgrundlage ist nicht schon deshalb entfallen, weil - nach derzeitigem Stand - die Lebenspartnerschaft der Mutter der Antragstellerin mit der Antragsgegnerin gescheitert ist und die Antragstellerin deshalb nicht in einer Hausgemeinschaft mit der Antragsgegnerin aufwachsen wird. Eine solche Entwicklung hätte genauso eintreten können, wenn die Antragsgegnerin die biologische Mutter der Antragstellerin wäre (vergleichbare Ausführungen zur Vaterschaft finden sich bei BGH FamRZ 1995, 861 - Rn. 30).

bb. Adoption

Ebenso wenig kommt eine Freistellung der Antragsgegnerin deshalb in Betracht, weil eine Adoption der Antragstellerin durch sie nicht mehr möglich wäre. Dafür müsste die Antragsgegnerin als erstes substantiiert darstellen, dass die Adoption der Antragstellerin durch sie tatsächlich Grundlage des Rechtsgeschäftes mit der Mutter der Antragstellerin war. In dem gesamten vorgelegten Schriftverkehr (E-Mails usw.) ist eine solche Grundlage, die zwischen den Vertragspartnerinnen zudem einvernehmlich getroffen werden müsste, allerdings nicht enthalten. Es ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin ihre Einstandspflicht bzw. ihre Einwilligung in die heterologe Insemination schon bei Vertragsschluß (3. Dezember 2014) an eine Adoption der Antragstellerin geknüpft hat. Ein bloßer innerer Vorbehalt der Antragsgegnerin wäre dagegen unbeachtlich (vgl. auch § 116 S. 1 BGB). Letzten Endes kann dies nach derzeitigem Stand sogar dahinstehen. So kann jeder Ehegatte das Kind seines Ehegatten allein annehmen (§ 1741 Abs. 1 S. 2 BGB, sog. Stiefkindadoption). Bereits mit Wirkung vom 1. Januar 2005 sind die Regelungen über die Stiefkindadoption auf die Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft übertragen worden, jedenfalls soweit dies ein biologisches Kind eines Lebenspartners betrifft (§ 9 Abs. 7 LPartG vgl. auch Kemper FamRB 2020, 408, 409). Den entsprechenden Adoptionsantrag hat die Antragsgegnerin beim Familiengericht bislang noch nicht gestellt. Dieser ist - solange die Lebenspartnerschaft noch besteht - nicht von vornherein aussichtslos, weil jedenfalls die notwendigen Einwilligungserklärungen der Mutter und des Samenspenders in unwiderruflicher Form vorliegen und daher fortbestehen. Da die Antragstellerin für etwa ein halbes Jahr innerhalb der Beziehung der beiden Lebenspartnerin lebte, ist eine sozial familiäre Beziehung zwischen der Antragsgegnerin und der Antragstellerin auch nicht von vornherein ausgeschlossen. Es ist daher nach derzeitigem Stand offen, wie ein eventuelles Adoptionsverfahren ausgehen würde. Zudem ist es angesichts des derzeit wohl nicht betriebenen Verfahrens zur Aufhebung der Lebenspartnerschaft offen, ob die Lebenspartnerschaft tatsächlich aufgelöst wird. Vor endgültiger (rechtskräftiger) Auflösung derselben kommt daher ein Wegfall der Geschäftsgrundlage von vornherein nicht in Betracht.

Vorsorglich wird noch auf Folgendes hingewiesen:

Sofern dagegen die Antragsgegnerin selbst nicht mehr die Adoption wünscht bzw. soweit sie die Aufhebung der Lebenspartnerschaft ihrerseits begehrt, scheidet ein Wegfall der Geschäftsgrundlage gleichsam aus. In diesem Falle wäre es der Antragsgegnerin vielmehr zuzumuten, die eingetretene Störung hinzunehmen. Nach ständiger Rechtsprechung kann nämlich derjenige, der die entscheidende Änderung der Verhältnisse selbst (mit)bewirkt hat bzw. mitträgt, aus dem dadurch herbeigeführten Wegfall der Geschäftsgrundlage keine Rechte herleiten (BGH NJW-RR 1993, 880, 881). Dies gilt auch für die eine vertragliche Vereinbarung wie die vorliegende (vgl. auch BGH FamRZ 1995, 861 - Rn. 33). Von daher bedarf es auch nicht des Abwartens - wie dies die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung wünscht - eventueller gesetzgeberischer Vorhaben für neue Regeln über eine Mutterschaft zweier Frauen usw. Im vorliegenden Fall besteht jedenfalls zumindest für die Fortdauer der Lebenspartnerschaft unzweifelhaft eine vertragliche Unterhaltsverpflichtung der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin. ..."

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Nehmen getrennt lebende Eltern die Betreuung ihres Kindes in der Weise vor, dass es in etwa gleich langen Phasen abwechselnd jeweils bei dem einen und dem anderen Elternteil lebt (sog. Wechselmodell), lässt sich ein Schwerpunkt der Betreuung nicht ermitteln, sodass kein Elternteil die Obhut i.S.d. § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB innehat. Für diesen Fall, dass das betroffene Kind durch keinen der beiden Elternteile in der Frage der Geltendmachung von Kindesunterhaltsansprüchen vertreten wird, kommt entweder die Bestellung eines Ergänzungspflegers in Betracht oder derjenige Elternteil, der den anderen für barunterhaltspflichtig hält, muss gem. § 1628 BGB die familiengerichtliche Übertragung der Entscheidung zur Geltendmachung von Kindesunterhalt herbeiführen (Fortführung OLG Celle, Beschluss vom 20. August 2014 - 10 UF 163/14 -, juris, vgl. in diesem Zusammenhang auch die weiteren zur Veröffentlichung bestimmten Senatsentscheidungen in den Verfahren 10 WF 186/19, 10 UF 10/20 und 10 UF 16/20; OLG Celle, Beschluss vom 09.12.2019 - 10 UF 270/19).

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Die Voraussetzungen einer Verfahrensstandschaft nach § 1629 Abs. 3 BGB entfallen mit Einrichtung eines Wechselmodells. Mit dem Wegfall der Voraussetzungen einer Verfahrensstandschaft entfällt die Befugnis zur Geltendmachung laufenden wie rückständigen Kindesunterhalts (vgl. BGH FamRZ 2013, 1378 Rn. 6; MüKoBGB/Huber, 7. Aufl. 2017, BGB § 1629 Rn. 83; Döll in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 1629 BGB, Rn. 19b, jew. m.w.N.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 17.09.2019 - 13 UF 154/19).

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Mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes kann der vormals legitimierte Elternteil weder wegen eines laufenden Unterhalts noch wegen Unterhaltsrückständen aus der Zeit der Minderjährigkeit des Kindes die Zwangsvollstreckung betreiben (OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.09.2019 - 9 UF 232/18).

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Bei der Klage eines Vaters gegen seine Kinder auf Zustimmung zur Löschung von im Grundbuch eingetragenen Reallasten, die den Grundstückseigentümer zur Zahlung des jeweiligen Mindestunterhaltsbetrages verpflichten, handelt es sich um eine Unterhaltssache im Sinne des § 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG (OLG Dresden, Beschluss vom 02.09.2019 - 8 U 843/19).

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Vermögender Unterhaltsschuldner: Das minderjährige Kind, vertreten durch den obhutgewährenden Elternteil, ist berechtigt, eine Abänderung der in der notariell beurkundeten Scheidungsfolgenvereinbarung seiner Eltern enthaltenen Regelung zum Kindesunterhalt zu verlangen, wenn ihm in der Urkunde ein eigenes Forderungsrecht eingeräumt wurde. Die Einräumung eines eigenen Forderungsrechts kann angenommen werden, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil sich ausdrücklich auch gegenüber dem Kind der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein Vermögen unterworfen hat und vereinbart wurde, dass dem Kind jederzeit eine eigene vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde erteilt werden kann. Der Antrag, einen Unterhaltstitel abzuändern, ist zulässig, wenn der Antragsteller Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Änderung der dem abzuändernden Titel zugrundeliegenden Verhältnisse ergibt. Der Vortrag einzelner Umstände, die zu einer Änderung der maßgeblichen Verhältnisse geführt haben sollen, reicht dafür noch nicht aus, sondern vom Antragsteller ist auch die „Ergebnisrelevanz" der Umstände aufzuzeigen. Dafür ist es jedoch nicht erforderlich, dass bereits in der „Zulässigkeitsprüfung" eine vollständige Unterhaltsberechnung mit dem neuen Zahlenwerk vorgelegt wird, da dies zu einer Verlagerung der „Begründetheitsprüfung" in die Zulässigkeitsstufe führen würde, was abzulehnen ist. Im Rahmen der „Begründetheit" hat der Antragsteller die neuen, veränderten Parameter in das durch den Unterhaltstitel vorgegebene „Raster" einzustellen und im Sinne einer Differenzbetrachtung aufzuzeigen, dass bzw. inwieweit eine Veränderung der Verhältnisse eingetreten ist und dass es ihm deshalb unzumutbar ist, an dem unveränderten Titel festgehalten zu werden. Dieser Vortrag setzt zwingend eine ziffernmäßig unterlegte Differenzbetrachtung voraus, weil es für § 313 BGB nicht ausreicht, dass sich lediglich einzelne Parameter geändert haben, wenn daraus nicht auch eine Änderung „per Saldo" resultiert. Bei diesen Grundsätzen bleibt es auch dann, wenn der Antragsteller von einer in der Urkunde vereinbarten Unterhaltsbemessung anhand der „Düsseldorfer Tabelle" auf eine Unterhaltsbemessung nach dem konkreten Bedarf übergehen will; auch dann ist von ihm darzulegen, dass eine wesentliche Veränderung in den der Unterhaltsberechnung ursprünglich zugrunde gelegten Verhältnissen eingetreten ist. Die Erklärung des Antragsgegners, unbegrenzt leistungsfähig zu sein, führt nicht dazu, dass die Darlegung, inwieweit sich die aktuellen Verhältnisse gegenüber den Verhältnissen bei Errichtung der Unterhaltsurkunde verändert haben, entbehrlich wäre. Auch führt eine solche Erklärung nicht dazu, dass der Unterhaltsbedarf des Kindes ohne Rücksicht auf die Höhe des Einkommens oder des Vermögens des unterhaltspflichtigen Elternteils ermittelt werden könnte. Dem Antragsteller ist es verwehrt, einen nicht im Stufenverhältnis stehenden, bezifferten Abänderungsantrag anzubringen und das Gericht aufzufordern, bei der Gegenseite auf der Grundlage von § 235 FamFG die für die Begründetheit des Abänderungsantrags erforderlichen Auskünfte einzuholen, weil mit der Schaffung von § 235 FamFG keine Abkehr von den Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast in Unterhaltssachen verbunden ist. Der Unterhaltsanspruch des Kindes umfasst ausschließlich dessen eigenen Bedarf und nicht - wie beispielsweise im schweizerischen Recht nach Art. 285 Abs. 2 ZGB - den Lebensbedarf der primären Betreuungsperson des Kindes. Für das Unterhaltsrecht gilt das Prinzip der Zeitidentität: Da die Bedürftigkeit des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten jeweils zeitgleich in dem Zeitraum vorhanden sein müssen, für den Unterhalt verlangt wird, ist es dem Unterhaltsberechtigten verwehrt, den von ihm behaupteten konkreten Unterhaltsbedarf anhand von Belegen darzustellen, die aus anderen Zeitabschnitten herrühren, für die Unterhalt begehrt wird. Da die Unterhaltsgewährung für ein minderjähriges Kind (lediglich) die Befriedigung seines - ggf. auch gehobenen - Lebensbedarfs bedeutet, aber nicht Teilhabe am Luxus und weil der Grundbedarf eines Kindes u.?a. für Nahrung, Kleidung, Wohn- und Schulbedarf etc. regelmäßig bereits durch die Ansätze der „Düsseldorfer Tabelle" abgedeckt wird, sind vom Kind, das Kindesunterhalt auf der Grundlage einer konkreten Bedarfsberechnung begehrt, etwaige besonders kostenintensive Bedürfnisse aufzuzeigen und von ihm ist darzulegen, welche Mittel zu deren Deckung notwendig sind (KG Berlin, Beschluss vom 26.06.2019 - 13 UF 89/17).

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Bei der Beurteilung der Abzugsfähigkeit von Fahrtkosten kommt es stets auch auf die wirtschaftlichen Verhältnisse aller Beteiligten, auch diejenigen des Unterhaltspflichtigen an (vgl. Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, § 1 Rn. 133 m.w.N.). Diesem ist in der Regel zuzumuten, sich kostengünstigerer öffentlicher Verkehrsmittel zu bedienen, wenn die Benutzung eines PKW für die Fahrten zur Arbeitsstelle einen so großen Teil des Einkommens aufzehrt, dass er deswegen keinen ausreichenden Unterhalt mehr zahlen kann (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1988 - IVb ZR 23/88, Rn. 14, juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.05.2019 - 13 UF 11/19).

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Ein minderjähriges Kind hat einen Anspruch auf die Errichtung eines unbefristeten Titels über zu zahlenden Kindesunterhalt, also eines Titels, der nicht auf die Zeit der Minderjährigkeit begrenzt ist (OLG Bamberg, Beschluss vom 14.05.2018 - 2 UF 14/18).

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„... Das Amtsgericht München hat für den Zeitraum von August 2013 mit Juni 2014 zu Recht Verwirkung angenommen.

Eine Verwirkung von Unterhaltsansprüchen kommt dann in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Für die Annahme einer Verwirkung müssen das sogenannte Zeitmoment und das sogenannte Umstandsmoment verwirklicht sein (BGH FamRZ 2010,1888). Für das Zeitmoment ist darauf hinzuweisen, dass von einem Unterhaltsgläubiger, der auf laufende Unterhaltszahlungen angewiesen ist, eher als von einem Gläubiger anderer Forderungen erwartet werden muss, dass er sich zeitnah um die Durchsetzung des Anspruchs bemüht. Das Zeitmoment ist daher regelmäßig bereits für Zeitabschnitte, die bei Untätigkeit des Unterhaltsgläubigers mehr als ein Jahr vor dem erneuten Tätigwerden zurückliegen, zu bejahen (BGH a. a. O.; Wendl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl., § 6 Rn. 143). Dieselben Anforderungen gelten, wenn die aus übergegangenem Recht klagende Behörde tätig wird. Zwar ist diese nicht wie ein Unterhaltsgläubiger lebensnotwendig auf die Realisierung der Forderungen angewiesen. Jedoch ist die Behörde aufgrund der Natur, des Inhalts und des Umfangs des Unterhaltsanspruchs, der sich durch den Übergang nicht verändert, gehalten, sich um dessen zeitnahe Durchsetzung zu bemühen (BGH a. a. O.).

Für das Umstandsmoment kommt es nicht auf konkrete Vertrauensinvestitionen des Schuldners bzw. auf das Entstehen besonderer Nachteile durch die späte Inanspruchnahme an (BGH a. a. O.; Wendl/Gerhardt, a. a. O., § 6 Rn. 144). Eine Rechtswahrungsanzeige der Behörde, auf die der Unterhaltsanspruch übergegangen ist, reicht allein nicht aus, um dem Umstandsmoment der Verwirkung dauerhaft begegnen zu können (OLG Brandenburg NJW-RR 2016,1224).

Danach ist vorliegend für den Zeitraum von August 2013 mit Juni 2014 von Verwirkung auszugehen.

In der Zeit von September 2013 bis Mai 2014 standen Antragsteller und Antragsgegner in regelmäßigem schriftlichem Kontakt in Form von Auskunftsverlangen über die Einkommensverhältnisse des Antragsgegners und Geltendmachung bezifferter Unterhaltsansprüche. Mit Schreiben vom 27.03.2014 hat der Antragsteller erstmals eine bezifferte Unterhaltsforderung von monatlich 851,00 € geltend gemacht. Hierauf hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 03.04.2014 eine Stellungnahme abgegeben. Daraufhin hat der Antragsteller mit Schreiben vom 06.05.2014 eine neue Unterhaltsberechnung angestellt, die sich auf monatlich 835,00 € belief. Mit Schreiben vom 30.05.2014 erhob der Antragsgegner hiergegen den Einwand, dass der Anspruch nicht schlüssig dargelegt sei. Mit Schreiben vom 02.06.2014 stellte der Antragsgegner eine eigene Unterhaltsberechnung an, in der er zum Ergebnis kam, dass höchstens ein Unterhaltsanspruch von 15,00 € monatlich geschuldet sei, im konkreten Fall jedoch gar keiner. Hierauf erwiderte der Antragsteller zunächst nichts. Es folgte kein Hinweis darauf, dass die Berechnung des Antragsgegners noch überprüft werden müsse oder sich eine Stellungnahme hierzu Vorbehalten werde. Erst mit Schreiben vom 29.06.2015, dem Antragsgegner unbestritten zugegangen am 02.07.2015, also 13 Monate später, übersandte der Antragsteller dem Antragsgegner eine erneute Unterhaltsberechnung.

Zu diesem Zeitpunkt musste der Antragsgegner nicht mehr davon ausgehen, dass der Antragsteller seine Unterhaltsforderung weiter verfolgen werde. Dies ergibt sich daraus, dass der Antragsteller zuvor immer vergleichsweise zügig auf Schreiben des Antragsgegners reagiert hatte. Das über einjährige Zuwarten des Antragstellers mit einer Reaktion auf die Unterhaltsberechnung des Antragsgegners vom 02.06.2014, in der dieser zum Ausdruck brachte, dass nach seiner eigenen Berechnung kein oder ein nur zu vernachlässigender Unterhalt geschuldet werde, ließ die Erwartung zu, dass der Antragsteller die Auffassung des Antragsgegners hinnehme und von einer Weiterverfolgung seiner Unterhaltsforderung Abstand nehme. Anders als in den vom Antragsteller zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen gab es vorliegend keine Vorgänge, die zwar nicht unmittelbar der Durchsetzung des Anspruches, aber ihrer Vorbereitung dienten, wie etwa das Einräumen von Stellungnahmefristen, die eine weitere Sachverhaltsaufklärung ermöglichen sollten. Der Antragsteller hat sich weder auf eine Stellungnahmefrist berufen noch zu erkennen gegeben, dass er zunächst beabsichtige, die eigene Unterhaltsberechnung des Antragsgegners zu prüfen, um nach erfolgter Prüfung wieder auf ihn zuzukommen. Vielmehr zeigte der Antragsteller über ein Jahr lang keine Reaktion auf das Schreiben vom 02.06.2014, was angesichts des Umstandes, dass ansonsten immer eine zeitgerechte Antwort des Antragstellers auf Schreiben des Antragsgegners eingegangen war, berechtigterweise den Schluss zu ließ, der Antragsteller halte an seiner Forderung nicht mehr fest.

Der Einwand des Antragstellers, mit der Auffassung des Senats würden Zeit- und Umstandsmoment gleichgesetzt, ist unzutreffend. Verwirkung ist nach Meinung des Senats nicht allein dadurch eingetreten, dass zwischen letztem Schreiben des Antragstellers im Mai 2014 und erneutem Tätigwerden am 29.06.2015 mehr als ein Jahr Zeit verstrichen war, sondern zusätzlich dadurch, dass das Verhalten des Antragstellers aus Sicht des Antragsgegners die berechtigte Erwartung zuließ, der Antragsteller nehme von seiner Unterhaltsforderung Abstand. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Auf konkrete Vertrauensinvestitionen des Antragsgegners oder besondere Nachteile für ihn kam es - wie oben bereits dargelegt - nicht an. ..." (OLG München, Beschluss vom 21.02.2017 - 26 UF 1466/16)

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Der volljährige Unterhaltsberechtigte kann den Anspruch auf Auskehr des Kindergeldes gegen einen Elternteil, gegen den ein Titel über Barunterhalt besteht, ohne ein Abänderungsverfahren eigenständig geltend machen. Der Anspruch auf Auskehr des Kindergeldes ergibt sich aus § 1601 BGB (analog) (OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.01.2017 - 17 UF 193/16).

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Ist ein Kind außerhalb des Elternhauses in Vollzeitpflege untergebracht, wird dessen Unterhaltsbedarf durch die vom jeweiligen Träger erbrachten Leistungen für den laufenden Lebensbedarf (Sachaufwand) sowie Pflege und Erziehung (§ 39 Abs. 1, 2 SGB VIII) gedeckt. In diesem Fall tritt der öffentlich-rechtliche Anspruch auf einen Kostenbeitrag an die Stelle des familienrechtlichen Unterhaltsanspruchs (OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 17.11.2016 - 14 UF 53/16).

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Die Abänderung eines ausländischen Unterhaltstitels durch deutsche Gerichte setzt zumindest seine Anerkennungsfähigkeit im Inland voraus, was inzidenter zu prüfen ist. Die Abänderung der ausländischen Unterhaltsentscheidung hat grundsätzlich unter Wahrung der Grundlagen der Erstentscheidung zu erfolgen. Daher ist weiterhin ausländisches Sachrecht als Maßstab für die Abänderung selbst und für die konkrete Neubemessung des Unterhalts anzuwenden, wenn die Erstentscheidung aufgrund dieses ausländischen Sachrechts ergangen ist und es seit der Ausgangsentscheidung zu keinem Aufenthaltswechsel des Unterhaltsberechtigten gekommen ist (OLG Bremen, Beschluss vom 17.10.2016 - 4 UF 99/16).

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„... Zu Recht begehrt die Antragstellerin Unterhalt auf der Grundlage einer konkreten Bedarfsberechnung, weil die Einkünfte des Antragsgegners deutlich über dem in der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle zugrunde gelegten unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen von bis zu 5.100 € liegen. ... Der Unterhaltsberechtigte, der einen den Höchstbedarf gemäß Düsseldorfer Tabelle übersteigenden Bedarf geltend macht, muss besondere oder besonders kostenintensive Bedürfnisse und die zu ihrer Deckung notwendigen Mittel darlegen. Übertriebene Anforderungen an seine Darlegungslast dürfen nicht gestellt werden, um zu verhindern, dass der Kindesunterhalt auch bei einem das Höchsteinkommen nach Düsseldorfer Tabelle übersteigenden Elterneinkommen faktisch auf den Tabellenhöchstbedarf beschränkt wird. Es ist danach zu differenzieren, welche Bedürfnisse des Kindes auf der Grundlage einer Lebensführung, die der besonders günstigen wirtschaftlichen Situation seiner Eltern entspricht, zu befriedigen sind und welche Wünsche des Kindes als bloße Teilhabe am Luxus nicht erfüllt werden müssen (vgl. BGH, FamRZ 2000, 358 f., juris Rn. 30). In der Regel ist der Unterhalt auch bei Einkünften deutlich über dem Bereich der Düsseldorfer Tabelle nur maßvoll anzuheben (vgl. Wendl/Dose/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage, § 2 Rn. 341). Denn die Lebensstellung der Kinder wird in erster Linie durch ihr Kindsein geprägt. Auch in besten Verhältnissen lebende Eltern schulden dem Kind nicht, was es wünscht, sondern was es nach seinem Lebensstandard braucht. Die Unterhaltsbemessung darf weder einem gedeihlichen Eltern-Kind-Verhältnis entgegenwirken noch dazu führen, die Lebensstellung des betreuenden Elternteils anzuheben. Ein erhöhter Bedarf des Kindes kann sich insbesondere aus besonderen Betätigungen wie Teilnahme an Musikunterricht oder Reiten ergeben (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2010, 2080 f., juris Rn. 30 ff.). Soweit keine besonderen Bedarfspositionen dargelegt werden, ist davon auszugehen, dass die Bedürfnisse des Kindes angemessen vom Höchstbedarf gemäß Düsseldorfer Tabelle abgedeckt werden. ...

Die Kosten für die Kinderfrau sind kein Mehrbedarf der Kinder im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmen Betreuungskosten für das Kind nicht den Bedarf des Kindes (als Kosten der Erziehung), sondern stellen berufsbedingte Aufwendungen des betreuenden Elternteils dar, wenn die fragliche Betreuung in erster Linie nicht aus pädagogischen Gründen erfolgt, sondern um dem betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen (BGH, FamRZ 2007, 882 ff., Rn. 42; 2008, 1152 ff., Rn. 19). Auch wenn der Bundesgerichtshof im Rahmen seiner Rechtsprechung zur unterhaltsrechtlichen Zuordnung von Kosten des Kindergartenbesuchs ausgeführt hat, die Kosten der Kinderbetreuung seien bei der Unterhaltsbemessung angemessen zu berücksichtigen, was über den Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils nicht in allen Fällen möglich sei (BGH, FamRZ 2008, 1152 ff., Rn. 23), ändert dies nichts an der nach dem Hauptzweck der Betreuungsmaßnahme differenzierenden Zuordnung der Betreuungskosten entweder zum Bedarf des Kindes oder zum Bedarf des betreuenden Elternteils, weil eine solche Differenzierung, die der Bundesgerichtshof im Fall des Kindergartens im Einzelnen unter Herausarbeitung der pädagogischen und bildungsmäßigen Aufgaben der Einrichtung vornimmt (vgl. BGH, FamRZ 2008, 1152 ff., Rn. 20 ff.; 2009, 962 ff., Rn. 14 ff.), im Fall einer generellen Zuordnung dieser Kosten zum Bedarf des Kindes überflüssig wäre. Aufgrund dieser differenzierenden Betrachtung sind Kosten der Hortunterbringung eines Kindes nicht dem Mehrbedarf des Kindes zuzurechnen, sondern als Aufwendungen zu werten, die in erster Linie die Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils ermöglichen oder erleichtern und daher im Rahmen des Ehegattenunterhalts zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 2007, 1353 f., juris Rn. 5).

bb) Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung begründen die Kosten für die Kinderfrau keinen Mehrbedarf der Kinder, sondern berufsbedingte Aufwendungen der Antragstellerin. Die - wenn auch pädagogisch wertvolle - Tätigkeit der Kinderfrau, einer ausgebildeten Kinderkrankenschwester, dient ihrer Hauptzweckrichtung nach nicht pädagogischen Zwecken, sondern der Ermöglichung der ausgeübten Erwerbstätigkeit der Antragstellerin, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat. Aus dem Vortrag der Antragstellerin ergibt sich, dass sie sich einzig aufgrund der Betreuung der Kinder durch die Kinderfrau imstande sieht, ihrer Erwerbstätigkeit im Umfang von 34 Wochenstunden nachzugehen, und dass der Umfang der Aufwendungen für die Kinderfrau insbesondere auf der langen Anfahrzeit zur Erreichung des Arbeitsplatzes der Antragstellerin beruht. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, dass die Kinderfrau primär mit dem Ziel der pädagogischen oder bildungsmäßigen Förderung der Kinder beschäftigt wird; hierfür ist die Kinderfrau - trotz aller vorhandenen praktischen Begabung - auch nicht ausgebildet. Vielmehr dient sie offensichtlich dem Auffüllen erwerbsbedingter Lücken in der persönlichen Betreuung der Kinder durch die Antragstellerin. Wäre die Antragstellerin - so die Einschätzung des Senats - nicht aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit gehindert, selbst nach Schulschluss die Betreuung der Kinder zu übernehmen, würde sich die Antragstellerin nicht veranlasst sehen, die Kinder in die Obhut einer Kinderfrau zu geben. Hierin unterscheidet sich diese Betreuungsform maßgeblich von pädagogischen Betreuungsangeboten in Kindergärten, die typischerweise auch unabhängig von der Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils in Anspruch genommen werden. ...

Im Hinblick auf die Kosten für die Kinderfrau hat die Antragstellerin jedoch - in hälftiger Höhe - aus § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich, und zwar für den rückwärtigen Zeitraum bis einschließlich Juni 2016 in Form eines Zahlungsanspruchs, der in Höhe von insgesamt 12.871,04 € entstanden ist, und mit Blick auf die künftig fällig werdenden Zahlungen an die Kinderfrau in Form eines Freistellungsanspruchs (entsprechend § 257 BGB) in Höhe monatlicher 247,52 € je Kind = insgesamt monatlich 495,04 € für beide Kinder. ...

aa) Es ist von einer Gesamtschuldnerschaft betreffend die Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts an die Kinderfrau auszugehen, weil beide Beteiligte den Arbeitsvertrag mit der Kinderfrau M P geschlossen haben, wie dem insoweit weiterhin nicht konkret bestrittenen Vortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 19.06.2015 zu entnehmen ist. Auf welchen Namen die Angestellte bei der Minijob-Zentrale angemeldet wurde, ist im Hinblick auf die Frage, wer mit ihr den Arbeitsvertrag abgeschlossen hat, rechtlich unerheblich.

bb) Eine Beendigung der insoweit begründeten vertraglichen (Mit-)Verpflichtung des Antragsgegners - beispielsweise im Rahmen der Kündigung des diesbezüglichen Dauerauftrags im April 2014 mit der Folge, dass die Antragstellerin fortan das Arbeitsentgelt zahlen musste - lässt sich nicht feststellen. Entscheidend ist, ob das Arbeitsverhältnis mit der Kinderfrau wirksam beendet bzw. unter Ausschluss des Antragsgegners als Vertragspartner abgeändert worden ist. Dies kann der Senat schon mit Blick auf die Formbedürftigkeit einer gegenüber der Kinderfrau zu erklärenden Vertragskündigung oder einer mit dieser einvernehmlich vereinbarten Vertragsauflösung (§ 623 BGB), die im Zweifel auch nur gemeinsam mit der Antragstellerin rechtlich möglich gewesen wäre, nicht feststellen.

Unerheblich ist auch in diesem Zusammenhang, wer im Rahmen der Anmeldung des Beschäftigungsverhältnisses gegenüber der Minijob-Zentrale im Formular "Haushaltsscheck" als Arbeitgeber eingetragen ist. Denn die Angaben im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Anmeldung des Beschäftigungsverhältnisses sind keine auf die Begründung, inhaltliche Änderung oder Beendigung eines privaten Rechtsverhältnisses abzielende Willensäußerung und damit keine Willenserklärung im Sinne der §§ 116 ff. BGB, sondern knüpfen an eine solche an. Maßgeblich sind daher allein die Erklärungen der Beteiligten gegenüber der Kinderfrau. Solche - auf eine Vertragsbeendigung oder Vertragsänderung gerichteten, der Schriftform genügenden - Erklärungen ergeben sich auch nicht aus dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 13.05.2016, in dem dieser auf die Angaben im Formular "Haushaltsscheck" verwiesen hat.

cc) Die somit fortbestehende gesamtschuldnerische Haftung des Antragsgegners im Außenverhältnis kann die Antragstellerin diesem auch im Innenverhältnis entgegenhalten, ohne möglicherweise treuwidrig zu handeln. Sie hat sich auch mit der Ummeldung der Kinderfrau bei der Minijob-Zentrale auf ihren - der Antragstellerin - Namen lediglich den äußeren Umständen, insbesondere der einseitigen Beendigung des Dauerauftrags durch den Antragsgegner im April 2014 gebeugt, schon zu dieser Zeit aber auch die Kosten für die Kinderfrau gegenüber dem Antragsgegner - wenn auch zunächst ausschließlich als Mehrbedarf der Kinder - geltend gemacht. Damit hat sie von Anfang an - also seit Mai 2014, seitdem sie die Kinderfrau bezahlte - nach außen und damit auch gegenüber dem Antragsgegner deutlich gemacht, dass sie von einer fortbestehenden Zahlungspflicht des Antragsgegners ausging. Im Übrigen will ersichtlich auch der Antragsgegner nicht behaupten, dass für die werktägliche Zeit zwischen Schulschluss der Kinder und Rückkehr der Antragstellerin von ihrer Arbeitsstelle eine weitere Kinderbetreuung nicht notwendig sei. Eine unter anderen Umständen denkbare, konkludent getroffene abweichende Bestimmung im Innenverhältnis der Beteiligten, wonach die Antragstellerin seit der Trennung der Beteiligten die Kosten der Kinderfrau allein tragen sollte, ist daher nicht erkennbar.

b) Der Ausgleichsanspruch besteht gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB in hälftiger Höhe, weil sich auch insoweit eine andere Bestimmung der Beteiligten nicht feststellen lässt. Angesichts der Höhe der eigenen Einkünfte der Antragstellerin spricht nichts dafür, für den Gesamtschuldnerausgleich die konkrete Relation zwischen den beiderseitigen regelmäßigen Einkommen entscheiden zu lassen, zumal dies vor der Trennung der Beteiligten ersichtlich auch keine Rolle gespielt hat.

c) Bemessungsgrundlage ist der von der Antragstellerin vorgetragene monatliche Zahlungsbetrag von insgesamt 495,04 € je Kind, woraus ein Ausgleichsanspruch in Höhe monatlicher 247,52 € je Kind resultiert. Nachdem der Antragsgegner zwischenzeitlich von geringeren Kosten für die Kinderfrau ausgegangen war, hat die Antragstellerin die vorgetragenen Entgeltansprüche der Kinderfrau mit Schriftsatz vom 21.08.2015 spezifiziert. Dem ist der Antragsgegner nicht konkret entgegengetreten. Auch mit Schriftsatz vom 13.05.2016 hat er die Kostenansätze nicht im Einzelnen angegriffen.

d) Daraus ergibt sich wegen der von der Antragstellerin in der Zeit von Mai 2014 bis einschließlich Juni 2016 geleisteten Entgeltzahlungen für beide Kinder insgesamt ein Ausgleichsanspruch in Höhe von (2 x 26 x 247,52 € =) 12.871,04 €. In Anlehnung an die Regelung des § 257 BGB kommt für die Zukunft allerdings nur ein monatlicher Freistellungsanspruch in Betracht, der sich dann ggf. - sollte der Antragsgegner die Antragstellerin nicht rechtzeitig freistellen - jeweils in einen Zahlungsanspruch umwandelt.

3. Aufgrund der Zahlungen des Antragsgegners, die sich aus dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten in den Schriftsätzen vom 13.05.2016 und vom 20.05.2016 ergeben, schuldet der Antragsgegner rückständigen Kindesunterhalt je Kind bis einschließlich Mai 2016 in Höhe von insgesamt 1.360 € sowie restlichen Gesamtschuldnerausgleich wegen der Kosten für die Kinderfrau bis einschließlich Juni 2016 in Höhe von insgesamt 5.087,04 €.

a) Für Mai 2014 ist kein offener Anspruch auf Kindesunterhalt festzustellen, weil die Beteiligten auch nach dem Vortrag der Antragstellerin bis zum 24./25.05.2014 zusammen in der Wohnung gelebt haben und der Antragsgegner der Antragstellerin für diesen Monat insgesamt 2.000 € gezahlt hat. In der Zeit von Juni 2014 bis einschließlich Juli 2015 hat der Antragsgegner auf den Elementar-Kindesunterhalt monatlich insgesamt 982 € gezahlt, somit je Kind 491 €. Angesichts eines monatlichen Anspruchs in Höhe von 838 € ist insoweit zunächst ein Gesamtrückstand je Kind von 14 x (838 € - 491 €) = 4.858 € aufgelaufen. In der Zeit von August bis einschließlich Dezember 2015 hat der Antragsgegner auf den Elementar-Kindesunterhalt monatlich insgesamt 1.020 € gezahlt, somit je Kind 510 €. Angesichts eines monatlichen Anspruchs in Höhe von 853 € ist insoweit zunächst ein Gesamtrückstand je Kind von 5 x (853 € - 510 €) = 1.715 € aufgelaufen. Damit summieren sich die Rückstandsbeträge für die Zeit von Juni 2014 bis einschließlich Dezember 2015 je Kind auf einen Betrag von (4.858 € + 1.715 € =) 6.573 €. Dieser Rückstand ist mit der Zahlung des Antragsgegners vom 11.12.2015 in Höhe von 10.300 € je Kind, die unter Angabe des Verwendungszwecks "Nachzahlung Unterhalt H 10.300 EUR K 10.300 EUR" und damit mit einer entsprechenden Tilgungsbestimmung geleistet worden ist, abgegolten (auch unter Berücksichtigung der später erklärten Rückforderung, denn nach der Regelung des § 366 Abs. 1 BGB muss der Senat davon ausgehen, dass der Antragsgegner spätestens seit der umfänglichen Erörterung der Sach- und Rechtslage im Senatstermin vom 3. Mai 2016 mit dieser Zahlung jedenfalls den von ihm dem Grunde nach anerkannten, lediglich in der Höhe teilweise bestrittenen Unterhaltsanspruch der Kinder im Umfang seines tatsächlichen Bestandes erfüllen wollte). Im Januar 2016 hat der Antragsgegner je Kind Elementarunterhalt in Höhe von 1.025 € gezahlt, so dass insoweit angesichts eines Anspruchs in Höhe von 860 € kein Rückstand aufgelaufen ist. In der Zeit von Februar bis einschließlich Mai 2016 hat der Antragsgegner auf den Elementar-Kindesunterhalt monatlich insgesamt 1.040 € gezahlt, somit je Kind 520 €. Angesichts eines monatlichen Anspruchs in Höhe von 860 € ist insoweit ein Rückstandsbetrag je Kind von 4 x (860 € - 520 €) = 1.360 € offen.

b) Soweit der Antragsgegner über den Elementar-Kindesunterhalt hinausgehende Zahlungen von insgesamt 2 x (10.300 - 6.573 € + 1.025 € - 860 € =) 7.784 € geleistet und nachfolgend auch in diesem Umfang einen Rückforderungsanspruch zum Ausdruck gebracht hat, kann der Senat zwar keine ausdrückliche Tilgungsbestimmung des Antragsgegners feststellen (eine Erklärung hierzu ist auch nach dem Hinweis im Beschluss vom 4. Mai 2016 ausgeblieben). Es ist aber auch insoweit von einer konkludent zum Ausdruck gebrachten Bestimmung auszugehen, wonach er jedenfalls nachträglich und spätestens seit der Senatserörterung von einer Rückforderung der "Überzahlung" absehen und diese auf den - wenn auch weiterhin von ihm bestrittenen - Anspruch auf anteilige Erstattung der Kinderfraukosten angerechnet wissen will, um so Hin-und-Her-Zahlungen zwischen ihm und der Antragstellerin oder auch eine ausdrückliche Aufrechnungserklärung zu vermeiden. Daher ist die sich insoweit - aus dem Gesichtspunkt des Gesamtschuldnerausgleichs - ergebende Forderung für die Zeit von Mai 2014 bis einschließlich Juni 2016 von insgesamt 12.871,04 € in Höhe der Zahlungen von 7.784 € durch Erfüllung erloschen, so dass insoweit eine Restforderung von 5.087,04 € verbleibt. ..." (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.06.2016 - II-1 UF 12/16)

***

„... Die Beschwerde des Antragstellers ist ohne Durchführung einer erneuten mündlichen Verhandlung zurückzuweisen, da sie offensichtlich unbegründet ist. Die vom Amtsgericht im Hinblick auf die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs geäußerte Ansicht entspricht der Rechtsauffassung sowohl des Senats als auch des Bundesgerichtshofs (BGH).

Hinsichtlich der Verwirkung, also der Frage, ob sich die Geltendmachung rückständigen Unterhalts unter dem Gesichtspunkt illoyal verspäteter Rechtsausübung nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB als unzulässig darstellt, bedarf es des Zeit- und des Umstandsmoments (vgl. Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., § 6 Rn. 142 ff.). Beim Unterhalt sind an das Zeitmoment keine großen Anforderungen zu stellen. Das Zeitmoment kann bereits für Zeitabschnitte, die mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit der Klage oder einem erneuten Tätigwerden liegen, bejaht werden (BGH, FamRZ 1988, 370, 372 f.; FamRZ 2007, 453 ff., Rn. 22). Da ein Unterhaltsanspruch nicht verwirkt sein kann, bevor er überhaupt fällig geworden ist, müssen gegebenenfalls die in Frage kommenden Zeitabschnitte gesondert betrachtet werden (BGH, FamRZ 1988, 370).

Neben dem Zeitmoment kommt es für die Verwirkung auf das Umstandsmoment an, d. h., es müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund deren sich der Unterhaltsverpflichtete nach Treu und Glauben darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass der Unterhaltsberechtigte seine Recht nicht mehr geltend machen werde (BGH, FamRZ 1988, 370, 373). Da von einem Unterhaltsgläubiger, der lebensnotwendig auf Unterhaltsleistungen angewiesen ist, eher als von einem Gläubiger anderer Forderungen zu erwarten ist, dass er sich zeitnah um die Durchsetzung des Anspruchs bemüht (vgl. BGH, a.a.O.), darf der Unterhaltsschuldner, wenn das Verhalten des Unterhaltsgläubigers den Eindruck erweckte, in dem fraglichen Zeitraum nicht bedürftig zu sein, davon ausgehen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Soweit es beim Umstandsmoment auch darauf ankommt, inwieweit sich der Unterhaltsverpflichtete tatsächlich darauf eingerichtet hat, Unterhalt für die zurückliegende Zeit nicht mehr zahlen zu müssen, reicht die Feststellung aus, dass ein Unterhaltsverpflichteter erfahrungsgemäß seine Lebensführung an die ihm zur Verfügung stehenden Einkünfte anpasst, so dass er bei unerwarteten Unterhaltsnachforderungen nicht auf Ersparnisse zurückgreifen kann und dadurch regelmäßig in Bedrängnis gerät (BGH, a.a.O.; Senat, NJW-RR 2002, 870). Sind Anhaltspunkte dafür, dass es im zu entscheidenden Fall anders lag, nicht ersichtlich, so bedarf es keiner besonderen Feststellungen dazu, dass der Unterhaltsschuldner sich tatsächlich auf den Fortfall der Unterhaltsforderungen eingerichtet hat (BGH, a.a.O.; Senat, a.a.O.). Der Verpflichtete trägt die Beweislast für die Voraussetzungen der Verwirkung. Der Gläubiger ist aber darlegungspflichtig dafür, wann und wie er den Anspruch geltend gemacht hat (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 96).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der gemäß § 37 BAföG auf den Antragsteller übergegangene Unterhaltsanspruch für die Monate Oktober bis Dezember 2011 verwirkt.

Das Zeitmoment ist ohne weiteres erfüllt. Zwischen der Übergangsmitteilung vom 24.2.2012 und der Aufforderung zur Zahlung vom 12.11.2014 liegen mehr als zweieinhalb Jahre, so dass die erforderliche Zeitspanne von mehr als einem Jahr verstrichen ist. Der insoweit darlegungspflichtige Antragsteller hat ein weiteres Tätigwerden, durch das dem Antragsgegner der Wille, den Unterhaltsanspruch tatsächlich durchzusetzen, noch einmal hätte vor Augen geführt werden können, nicht dargelegt.

Auch das Umstandsmoment ist nach den genannten Voraussetzungen erfüllt. Der Antragsgegner durfte sich im Hinblick auf die lange Untätigkeit des Antragstellers darauf einrichten, für den genannten Zeitraum nicht mehr auf Unterhalt in Anspruch genommen zu werden.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers reicht die Rechtswahrungsanzeige bzw. die Übergangsmitteilung nicht aus, um dem Umstandsmoment der Verwirkung dauerhaft begegnen zu können. Es trifft zwar zu, dass die Rechtswahrungsanzeige Rechtsfolgen wie eine Mahnung herbeiführt und eine der Mahnung vergleichbare Warnfunktion hat (OLG Köln, FamRZ 2003, 471; Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 6 Rn. 111). Doch ebenso wie vor längerer Zeit angemahnter Unterhalt nach § 242 BGB verwirken kann, gilt dies auch für Unterhalt, der durch Rechtswahrungsanzeige auf einen Leistungsträger übergegangen ist. Hinsichtlich der Verwirkung gelten die genannten Anforderungen auch dann, wenn die aus übergegangenem Recht klagende Behörde tätig wird. Zwar ist diese - anders als der ursprüngliche Unterhaltsgläubiger - nicht lebensnotwendig auf die Realisierung der Forderung angewiesen. Jedoch ist die Behörde aufgrund der Natur, des Inhalts und des Umfangs des Unterhaltsanspruchs, der sich durch den Übergang nicht verändert, gehalten, sich um dessen zeitnahe Durchsetzung zu bemühen (BGH, Urteil vom 15.9.2010 - XII ZR 148/09, FamRZ 2010, 1888, 1889, Rn. 23). Hinsichtlich des Umstandsmoments kommt es auch hier nicht auf konkrete Vertrauensinvestitionen des Unterhaltsschuldners bzw. auf das Entstehen besonderer Nachteile durch die späte Inanspruchnahme an (BGH, Urteil vom 15.9.2010, a.a.O., Rn. 24). Da vorliegend der Antragsteller nicht dargelegt hat, dass dem Antragsgegner etwa im Hinblick auf weitere Mitteilungen nach dem 24.2.2012 hätte klar sein müssen, dass der Antragsteller nach wie vor mit der Prüfung des Anspruchs beschäftigt war (vgl. BGH, Urteil vom 15.9.2010, a.a.O., Rn. 30), ist das Umstandsmoment für die Verwirkung gegeben.

Die vom Antragsteller mit der Beschwerdeschrift angeführte Entscheidung des OLG Hamm (Beschluss vom 17.3.2015 - II-2 UF 226/14, FamRZ 2015, 1402) führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Soweit das OLG Hamm hinsichtlich der Warnfunktion der Rechtswahrungsanzeige ausführt, diese zerstöre das Vertrauen des Unterhaltsschuldners, dass die Dispositionen über seine Lebensführung durch die Unterhaltspflichten nicht berührt werden (FamRZ 2015, 1402, 1403 = BeckRS 2015, 08163, Rn. 29), liegt eine Abweichung von der überzeugenden Entscheidung des BGH vom 15.9.2010 vor. Ob die Entscheidung des OLG Hamm im Hinblick auf die gebotene Einzelfallabwägung (vgl. hierzu OLG Hamm, BeckRS 2015, 08163, Rn. 39; insoweit nicht abgedruckt in FamRZ 2015, 1402, 1403) noch vertretbar ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Im vorliegenden Fall jedenfalls sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Umstandsmoment der Verwirkung nicht gegeben wäre.

Mit Rücksicht darauf, dass von einem unstreitigen Sachverhalt auszugehen und lediglich eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, erscheint eine erneute mündliche Verhandlung entbehrlich. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 06.05.2016 - 10 UF 131/15)

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Obhutswechsel: Wechselt während des Kindesunterhaltsverfahrens die elterliche Obhut über das minderjährige Kind, so ist im Fall gemeinsamer elterlicher Sorge eine Vertretung durch den bisherigen Inhaber der Obhut nicht mehr zulässig. Der bisherige Inhaber der elterlichen Obhut kann auch nach dem Entfall seiner Vertretungsbefugnis noch eine Erledigungserklärung abgeben. Hingegen ist ein Beteiligtenwechsel jedenfalls in der Beschwerdeinstanz nicht mehr zulässig (OLG Hamm, Beschluss vom 14.04.2016 - 6 UF 54/15).

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Jenseits der Verpflichtung zur Sicherstellung des Mindestkindesunterhalts und der damit einhergehenden gesteigerten Unterhaltspflicht ist die Berücksichtigung überobligatorischen Einkommens beim Unterhaltspflichtigen auch im Kindesunterhalt an den Grundsätzen von Treu und Glauben zu messen. Im Rahmen der vorzunehmenden Billigkeitsabwägung kann als maßgeblicher Gesichtspunkt gegen eine Heranziehung des aus einer überobligatorischen Nebentätigkeit stammenden Einkommens sprechen, dass der Unterhaltspflichtige seine Nebentätigkeit erst nach Trennung bzw. nach der Scheidung der Ehe mit der Mutter der unterhaltsberechtigten Kinder aufgenommen hat. Die Kostentragungspflicht wegen der vorprozessualen Verletzung einer unterhaltsrechtlichen Auskunftspflicht setzt die Ursächlichkeit der Auskunftspflichtverletzung für den Ausgang des nachfolgenden Unterhaltsverfahrens voraus (OLG Koblenz, Beschluss vom 04.04.2016 - 13 UF 44/16).

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„... I. Der Beteiligte ist Eigentümer von Grundbesitz. Gemäß dem am 30.5.2011 gerichtlich protokollierten Vergleich hat er an seine Töchter … und …. jeweils einen monatlich im Voraus bis zum 3. Werktag eines Monats zu entrichtenden Kindesunterhalt von 100 € zu zahlen (Ziff. 1 des Vergleichs). Zur Sicherung des bis einschließlich Februar 2014 fällig gewordenen Unterhalts sind aufgrund des am 23.12.2013/11.2.2014 unter Vorlage der vollstreckbaren Titelausfertigung vom 8.6.2011 nebst Zustellungsnachweis gestellten Eintragungsantrags zugunsten beider Gläubigerinnen Zwangssicherungshypotheken im Grundbuch eingetragen.
Mit Schreiben vom 24.11.2015 (Eingang beim Grundbuchamt am 30.11.2015) und 15.12.2015 (Eingang am 17.12.2015) beantragte die Mutter und Betreuerin der am ...5.2015 volljährig gewordenen Gläubigerinnen …. für diese die Eintragung von Zwangssicherungshypotheken wegen der im Zeitraum März 2014 bis Dezember 2015 fällig gewordenen Unterhaltszahlungen von jeweils 100,00 € monatlich, insgesamt somit in Höhe von 2.200,00 € für jede Berechtigte. Beigefügt war die weitere vollstreckbare Ausfertigung des gerichtlich protokollierten Vergleichs vom 5.3.2013.

Das Grundbuchamt hat am 17.12.2015 unter Bezugnahme auf den bezeichneten Titel zugunsten jeder der Gläubigerinnen und im Gleichrang untereinander eine Zwangssicherungshypothek in Höhe von 2.200 € im Grundbuch eingetragen (lfde. Nrn. 20 und 21) und dies dem Beteiligten mitgeteilt.

Mit dem als „Einspruch gegen die Eintragungsbekanntmachung nach § 55 GBO" bezeichneten Schreiben vom 27.12.2015 wendet dieser gegen die Eintragung ein, die Töchter hätten seit Erreichen der Volljährigkeit keinen Anspruch mehr gegen ihn. Seit dem 27.5.2015 bestehe kein Urteil und keine Vereinbarung zur Unterhaltslage. Die Zwangssicherungshypothek sei daher für unzulässig zu erklären.

Das Grundbuchamt hat der als Beschwerde gegen die Eintragung behandelten Eingabe nicht abgeholfen.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Schreiben des Beteiligten ist als Beschwerde gegen die vorgenommenen Eintragungen auszulegen, denn ersichtlich will der Beteiligte die Eintragungen nicht hinnehmen.

Gegen eine Eintragung im Grundbuch kann der Betroffene nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 2 GBO Beschwerde mit dem Ziel einlegen, gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit der beanstandeten Eintragung oder gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO deren Löschung wegen inhaltlicher Unzulässigkeit herbeizuführen. Darüber hinaus ist die Eintragung einer inhaltlich zulässigen Zwangshypothek ausnahmsweise mit dem Ziel der Löschung nach § 22 GBO angreifbar, wenn nach dem konkreten Inhalt des Grundbuchs die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft rechtlich ausgeschlossen ist (Demharter GBO 29. Aufl. § 71 Rz. 45; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 2199; Bittmann in Wieczorek/Schütze ZPO 4. Aufl. § 867 Rn. 57) oder wenn die Eintragung nichtig ist (BayObLGZ 1992, 13/14; Bittmann in Wieczorek/Schütze § 867 Rn. 42; MüKo/Eickmann ZPO 4. Aufl. § 867 Rn. 51).

Die Beschwerde nach § 71 GBO - und nicht die Erinnerung nach § 766 ZPO oder die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO - ist daher auch dann der zutreffende Rechtsbehelf gegen eine Zwangshypothek, wenn der Eigentümer - wie hier - das Fehlen von Vollstreckungsvoraussetzungen beanstandet (Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 71; Schöner/Stöber Rn. 2199; Demharter § 71 Rn. 55; Seiler in Thomas/Putzo ZPO 36. Aufl. § 765 Rn. 8b).

2. Mit dem Ziel der Löschung kann die Beschwerde nicht durchdringen.

a) Unzulässig im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO sind nur Eintragungen, die nach ihrem Inhalt einen Rechtszustand oder -vorgang verlautbaren, den es aus Rechtsgründen nicht geben kann (BGH NJW-RR 2005, 10/11; BayObLG DNotZ 1988, 784/786; BayObLGZ 2001, 301/305; OLG Karlsruhe FGPrax 2014, 49/50; Hügel/Holzer § 53 Rn. 56). Dabei muss sich die Unzulässigkeit der Eintragung aus dem Eintragungsvermerk selbst oder den zulässig in Bezug genommenen Eintragungsunterlagen ergeben (BayObLGZ 1975, 398/403).

Die mit der Beschwerde angegriffene Eintragung ist nicht in diesem Sinne unzulässig. Das Gesetz sieht die Eintragung von Zwangshypotheken mit dem in der Eintragung verlautbarten Inhalt vor, §§ 866, 867 Abs. 1 und 2 ZPO. Der als Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) geeignete, gerichtlich protokollierte (§ 160 Abs. 3 Ziff. 1, § 162 Abs. 1 ZPO) und vollstreckbar ausgefertigte (§§ 724, 725 ZPO) Vergleich, auf den in den Eintragungen Bezug genommen ist (§ 1115 Abs. 1 BGB), weist die konkret bezifferten Vollstreckungsforderungen (§ 1113 BGB) aus.

b) Die Vollstreckungsmaßnahme der Grundbucheintragung ist auch nicht wegen Fehlens eines Vollstreckungstitels nichtig und deshalb zu löschen, denn der Vergleich vom 30.5.2011 tituliert Unterhaltsforderungen nicht nur für den Zeitraum bis zur Volljährigkeit der Gläubigerinnen.

aa) Zur Prüfung der Vollstreckungsvoraussetzungen sind das Grundbuchamt und an dessen Stelle im Beschwerderechtszug das Beschwerdegericht in eigener Zuständigkeit berechtigt und verpflichtet. Das mit der Beschwerde geltend gemachte Fehlen eines Vollstreckungstitels ("Urteil oder Vereinbarung") wäre daher - läge es vor - von Amts wegen zu beachten.

bb) Eine wegen Gesetzesverstoßes fehlerhafte Vollstreckungsmaßnahme ist ausnahmsweise ohne Rechtswirkung und deshalb nichtig, wenn der ihr anhaftende Mangel besonders schwer wiegt und für einen mit sämtlichen Gegebenheiten vertrauten „Insider" offenkundig ist (BGHZ 114, 315/327 f.; 121, 98/103; Zöller/Stöber ZPO 31. Aufl. vor § 704 Rn. 34). Das ist unter anderem dann der Fall, wenn ihr kein wirksamer Titel zugrunde liegt (BGHZ 70, 313/317; 112, 356/361; 114, 315/328; 121, 98/101; NJW-RR 2008, 1075/1076 Rn. 8).

cc) Der gerichtlich protokollierte Vergleich weist monatlich fällig werdende Unterhaltsforderungen und den Beteiligten als Schuldner sowie Katharina und Magdalena M. als Gläubigerinnen derselben aus. Der eine Laufzeitbegrenzung geltend machende Einwand des Beteiligten greift nicht durch. Eine zeitliche Begrenzung auf die Dauer der Minderjährigkeit der Gläubigerinnen kommt in dem Titel nicht zum Ausdruck. Eine solche folgt auch nicht durch Auslegung aus der gewählten Forderungsbezeichnung als „Kindesunterhalt". Weder nach allgemeinem noch nach juristischem Sprachgebrauch bezeichnet dieser Begriff eine nur gegenüber minderjährigen Kindern bestehende Unterhaltsverpflichtung. Mit diesem Begriff ist vielmehr allgemein die aus der - mit der Volljährigkeit der Kinder nicht endenden - Verwandtschaft (§ 1589 Abs. 1 Satz 1 BGB) folgende Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber dem bedürftigen Kind (§ 1601 BGB) ausgedrückt (vgl. Palandt/Brudermüller BGB 76. Aufl. § 1601 Rn. 3).

dd) Ob die titulierte Unterhaltsverpflichtung materiell-rechtlich fortbesteht, wofür im Hinblick auf die eingerichtete Betreuung (§ 1896 BGB) einiges spricht, ist im Stadium der Vollstreckung nicht zu überprüfen.

3. Auch mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs hat die Beschwerde keinen Erfolg.

Die Eintragung eines Amtswiderspruchs setzt gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO voraus, dass das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist (Hügel/Holzer § 53 Rn. 24). Dabei müssen die Gesetzesverletzung feststehen und die Unrichtigkeit des Grundbuchs glaubhaft sein (Demharter § 53 Rn. 28).

a) Bei der Eintragung hat das Grundbuchamt nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen.

Die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen für die Eintragung der Zwangshypotheken (Schöner/Stöber Rn. 2169 - 2179) waren gegeben. Dem Grundbuchamt lag eine weitere vollstreckbare Ausfertigung des Titels vor (§ 733 ZPO). § 751 Abs. 1 ZPO ist beachtet, denn die Sicherungshypotheken wurden nur in Höhe der zum Eintragungszeitpunkt bereits fälligen Forderungen eingetragen. Die Titelzustellung als Voraussetzung für den Beginn der Zwangsvollstreckung (§ 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO) geht aus dem Inhalt der Grundakte hervor. Ihre Befugnis zur Antragstellung (§ 867 Abs. 1 Satz 1 ZPO) für die mittlerweile volljährigen Gläubigerinnen hat die Betreuerin durch Vorlage der Betreuerausweise (§ 290 FamFG) nachgewiesen.

Auch die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen für die Eintragung der Zwangshypotheken (Schöner/Stöber Rn. 2180 - 2183) waren gegeben.

b) Gemäß § 867 Abs. 1 Satz 2 ZPO sind die Zwangshypotheken daher mit Eintragung im Grundbuch entstanden. Für eine Grundbuchunrichtigkeit besteht kein Anhaltspunkt. ..." (OLG München, Beschluss vom 25.02.2016 - 34 Wx 19/16)

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Der Eintritt der Volljährigkeit des Kindes verbunden mit dem Wegfall der Vollstreckungsbefugnis ist jedenfalls dann ein zulässiger Einwand im Vollstreckungsabwehrverfahren gegen den die Vollstreckung weiterhin betreibenden Elternteil, wenn der Titel auf Zahlung an den betreuenden Elternteil selbst lautet. Bei einer Verurteilung zu wiederkehrenden Leistungen ist der von einem Elternteil im Wege der Verfahrensstandschaft erstrittene Titel auf Zahlung von Kindesunterhalt jedenfalls dann in entsprechender Anwendung des § 371 BGB von diesem herauszugeben, wenn dem Kind mittlerweile eine vollstreckbare Teilausfertigung des Titels erteilt worden ist (OLG Hamm, Beschluss vom 23.12.2015 - 2 WF 198/15):

„... I. Die Beteiligten sind rechtskräftig geschiedene Ehegatten. Aus der Ehe ist der am ... .1995 geborene Sohn M hervorgegangen.

Mit Vergleich vom 29.04.2011 verpflichtete sich der Antragsteller, an die Antragsgegnerin für den gemeinsamen Sohn M u.a. einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 334,00 EUR für die Zeit ab April 2011 zu zahlen (Aktenzeichen: Amtsgericht Warburg, 12 F 134/10). Das Familiengericht erteilte der Antragsgegnerin am 20.06.2011 eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs zum Zwecke der Zwangsvollstreckung. Die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs ist den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 24.06.2011 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 05.01.2015 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin vergeblich auf, wegen des Eintritts der Volljährigkeit des gemeinsamen Sohnes und wegen des Verlustes seiner Arbeitsstelle auf weitere Zwangsvollstreckungen aus dem genannten Vergleich zu verzichten.

Der Antragsteller hat im Wege des Vollstreckungsabwehrantrags u.a. begehrt, die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Vergleich vom 29.04.2011 für unzulässig zu erklären und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs an ihn herauszugeben. Während des laufenden Verfahrens hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Warburg dem Sohn der Beteiligten am 03.09.2015 für die Unterhaltszeiträume vom 01.02.2014 bis zum 30.04.2014 und vom 01.01.2015 bis zum 30.06.2015 in Höhe von insgesamt 2.736,00 EUR (= 9 Monate*304 EUR) eine vollstreckbare Teilausfertigung des Vergleichs gemäß § 727 ZPO erteilt. Im Übrigen ist die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs als Teilausfertigung bei der Antragsgegnerin verblieben.

Die Antragsgegnerin hat für ihre Rechtsverteidigung die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt.

Mit am 30.09.2015 erlassenen Beschluss hat das Amtsgericht - Familiengericht - Warburg den Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt:

Die Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Sie sei zur Zwangsvollstreckung aus dem genannten Vergleich der Beteiligten nach Eintritt der Volljährigkeit des Sohnes nicht mehr berechtigt. Dies gelte auch für den bis zur Volljährigkeit des Kindes aufgelaufenen Unterhaltsrückstand. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den genannten Beschluss und das diesem Beschluss zugrunde liegende Verfahren Bezug genommen.

Gegen den genannten Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 15.10.2015, der das Familiengericht nicht abgeholfen hat. Sie verweist auf die mittlerweile erfolgte Titelumschreibung zugunsten des Sohnes. Dieser verfüge über eine Teilausfertigung des Vergleichs hinsichtlich der noch offenen Unterhaltsansprüche. Diesbezüglich könne der Antragsteller nicht verlangen, dass die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt wird und die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs herauszugeben ist. Im Übrigen sei sie zur Einleitung der Zwangsvollstreckung im Einvernehmen mit dem Sohn auch nach der Volljährigkeit des Sohnes berechtigt gewesen.

Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Beschluss.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das Familiengericht ihren Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen, weil ihre Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 114 Abs. 1 ZPO). Die von ihr eingeleitete Zwangsvollstreckung ist unzulässig. Die Antragsgegnerin ist auch verpflichtet, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs, bei der es sich nur noch um eine Teilausfertigung handelt, an den Antragsteller herausgeben.

1. Die Antragsgegnerin ist für die von ihr ursprünglich eingeleitete Zwangsvollstreckung nach Eintritt der Volljährigkeit des Sohnes offensichtlich nicht mehr vollstreckungsbefugt:

a) Aus einem von ihm auf Grund der Verfahrensstandschaft erstrittenen Unterhaltstitel kann der Elternteil die Zwangsvollstreckung bis zu einer Titelumschreibung auf das Kind (entsprechend § 120 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 727 ZPO) betreiben (vgl. nur: Peschel-Gutzeit, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2007, § 1629 BGB Rn 379 m.w.N.). Die Vollstreckungsbefugnis des durch den Titel legitimierten Elternteils bleibt auch dann erhalten, wenn die Verfahrensstandschaft lediglich durch Rechtskraft der Scheidung endet, weil die Vertretungsberechtigung des Elternteils fortbesteht und sich für den Titelschuldner durch diese Entwicklung in tatsächlicher Hinsicht nichts ändert. Sind die Voraussetzungen der Verfahrensstandschaft allerdings mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes oder aufgrund von Veränderungen in den Obhutsverhältnissen des Kindes (§ 1629 Abs. 2 S. 2 BGB) entfallen, kann der Titelschuldner dies mit einem Vollstreckungsabwehrantrag (§ 767 ZPO) gegenüber dem weiter die Zwangsvollstreckung betreibenden Elternteil einwenden. Keinen Unterschied macht es hierbei, ob der nicht mehr legitimierte Elternteil wegen eines laufenden Unterhalts oder auch noch wegen Unterhaltsrückständen aus der Zeit der Minderjährigkeit des Kindes die Zwangsvollstreckung betreibt, da maßgebend für den Erfolg des Vollstreckungsabwehrantrags allein auf den Wegfall der Vollstreckungsbefugnis abzustellen ist (vgl. zum Vorstehenden: OLG Koblenz, Beschluss vom 06.02.2007, AZ: 11 WF 1211/06, bei juris Langtext Rn 4; OLG Nürnberg, FamRZ 2002, 407, 408; OLG München, FamRZ 1997, 1493, 1494: zum Obhutswechsel des Kindes; B. Hamdan, in: jurisPK-BGB, Band 4, 7. Auflage 2014, Stand: 24.09.2015, § 1629 BGB Rn 80, 84; Jaeger, in: Johannsen/Henrich, 6. Auflage 2015, § 1629 BGB Rn 12f; Schmitz, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage 2015, § 10 Rn 52 m.w.N.). Der Eintritt der Volljährigkeit des Kindes verbunden mit dem Wegfall der Vollstreckungsbefugnis ist jedenfalls dann ein zulässiger Einwand im Vollstreckungsabwehrverfahren, wenn der Titel auf Zahlung an den betreuenden Elternteil selbst lautet (vgl. OLG Thüringen, FamRZ 2014, 867, 868, bei juris Langtext Rn 26; OLG Nürnberg, FamRZ 2010, 1010, 2011, bei juris Langtext Rn 35; OLG München, FamRZ 1997, 1493, 1494 m.w.N.; B. Hamdan, in: jurisPK-BGB, a.a.O., § 1629 BGB Rn 84f, 87; Peschel-Gutzeit, in: Staudinger, a.a.O., § 1629 BGB Rn 386f; Schmitz, in: Wendl/Dose, a.a.O., § 10 Rn 154, 304 m.w.N.).

b) Danach fehlt der Antragsgegnerin nach der Volljährigkeit des Kindes offensichtlich die Vollstreckungsbefugnis. Dies gilt auch für den rückständigen Kindesunterhalt, der bis zum Eintritt der Volljährigkeit am 21.10.2013 entstanden ist.

Es ist unerheblich, dass die Antragsgegnerin nicht beabsichtigt, die Zwangsvollstreckung aus der in ihrem Besitz befindlichen Teilausfertigung des Vergleichs noch zu betreiben. Dadurch entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für einen Vollstreckungsabwehrantrag nicht.

Der Vollstreckungsabwehrantrag kann bereits erhoben werden, bevor die Vollstreckungsklausel erteilt oder umgeschrieben worden ist. Die Vollstreckung muss nicht begonnen haben oder konkret beabsichtigt sein. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt erst dann, wenn die Vollstreckung aus dem Titel vollständig beendet und der Titel an den Schuldner herausgegeben worden ist oder dem Gläubiger aus anderen Gründen unzweifelhaft keine Vollstreckungsmöglichkeit mehr bietet oder der Gläubiger unzweifelhaft keine Vollstreckung mehr beabsichtigt (vgl. nur: Lackmann, in: Musielak/Voit, Kommentar zur ZPO, 12. Auflage 2015, § 767 ZPO Rn 18 m.w.N.). Letzteres kommt in Betracht, sofern der Gläubiger im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich und glaubhaft erklärt, nicht mehr vollstrecken zu wollen (vgl. OLG Köln, FamRZ 2002, 555, 556). Bei einer Verurteilung zu wiederkehrenden Leistungen kann das Rechtsschutzbedürfnis auch dann fehlen, wenn der Titel nicht herausgegeben wird, weil der Gläubiger den Titel weiter benötigt (vgl. Lackmann, in: Musielak/Voit, a.a.O., § 767 ZPO Rn 18 m.w.N.).

Danach droht dem Antragsteller auch von Seiten der Antragsgegnerin weiterhin die Zwangsvollstreckung. Aus den bereits genannten Gründen ist die Antragsgegnerin nicht mehr vollstreckungsbefugt. Die Antragsgegnerin hat durchgehend beantragt, die Anträge des Antragstellers zurückzuweisen. Sie hat bislang nicht auf die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Teilausfertigung verzichtet und sich aufgrund einer behaupteten Vollstreckungsermächtigung seitens des Sohnes der Beteiligten auch für berechtigt gehalten, die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Von konkreten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen hat sie abgesehen, weil der Antragsteller zwischenzeitlich nur Arbeitslosengeld bezogen hat und die Zwangsvollstreckung tatsächlich "ins Leere gegangen wäre". Die Antragsgegnerin sieht auch weiterhin keine Veranlassung, die in ihrem Besitz befindliche Teilausfertigung des Vergleichs an den Antragsteller herauszugeben.

Die Antragsgegnerin benötigt die in ihrem Besitz befindliche Teilausfertigung des Vergleichs zur Zwangsvollstreckung, etwa des laufenden Kindesunterhalts, nicht. Sie ist zur Zwangsvollstreckung nicht mehr befugt.

Danach rechtfertigt hier allein die vollstreckbare Teilausfertigung des Vergleichs im Besitz der Antragsgegnerin den Vollstreckungsabwehrantrag des Antragstellers.

Unerheblich ist ferner die Behauptung der Antragsgegnerin, sie sei auch nach der Volljährigkeit des Sohnes zur Fortsetzung der Zwangsvollstreckung berechtigt gewesen. Es fehlt zum einen bereits an einem substantiierten Vortrag dazu, dass der Sohn der Beteiligten eine Vollstreckungsvollmacht erteilt haben soll. Zum anderen ist die Antragsgegnerin spätestens mit der Erteilung einer vollstreckbaren Teilausfertigung des Vergleichs an den Sohn zur Zwangsvollstreckung nicht mehr befugt. Denn in diesem Fall endet die Vollstreckungsbefugnis des Elternteils, der als Verfahrensstandschafter einen Vollstreckungstitel erwirkt hat (vgl. Jaeger, in: Johannsen/Henrich, a.a.O., § 1629 BGB Rn 13 m.w.N.).

Dies gilt umso mehr für die Zeiträume, in denen Unterhaltsansprüche ohnedies nicht mehr bestehen.

Beachtlich ist auch, dass die Antragsgegnerin offensichtlich selbst davon ausgeht, außerhalb der dem Sohn erteilten Teilausfertigung des Vergleichs keinen Anspruch auf Kindesunterhalt gegen den Antragsteller mehr geltend machen zu können. Dabei lässt der Senat ausdrücklich offen, ob der Antragsteller im vorliegenden Verfahren auch mit dem Einwand der fehlenden Leistungsfähigkeit gehört werden kann. Insofern sprechen allerdings gute Gründe dafür, dass der Antragsteller diesbezüglich ein Abänderungsverfahren gegen seinen Sohn durchführen muss (vgl. Seiler, in: Gerhardt/v. Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts, Familienrecht, 10. Auflage 2015, 6. Kapitel Rn 1129f m.w.N.; Palandt-Götz, Kommentar zum BGB, 74. Auflage 2015, § 1629 BGB Rn 34 a.E.).

2. Die Antragsgegnerin ist auch verpflichtet, die ihr erteilte vollstreckbare Teilausfertigung des Vergleichs an den Antragsteller herauszugeben.

a) In entsprechender Anwendung des § 371 BGB kann der Schuldner nach Erfüllung der Schuld die Herausgabe des Vollstreckungstitels verlangen (vgl. Kerwer, in: jurisPK-BGB, Band 2, 7. Auflage 2014, Stand: 01.10.2014, § 371 BGB Rn 12 m.w.N.). Ein auf § 371 BGB analog gestützter Antrag auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines unter §§ 113 Abs. 1 S. 2, 120 Abs. 1 FamFG, 794 ZPO fallenden Titels ist zulässig, wenn über einen Vollstreckungsabwehrantrag rechtskräftig zu Gunsten des Antragstellers entschieden worden ist und die Erfüllung der dem Titel zu Grunde liegenden Forderung zwischen den Beteiligten unstreitig ist oder vom Titelschuldner zur Überzeugung des Gerichts bewiesen wird (vgl. BGH, MDR 2014, 51f, bei juris Langtext Rn 14; BGH, NJW 2009, 1671ff, bei juris Langtext Rn 16 m.w.N.). Dabei ist ausreichend, dass mit dem Verfahren auf Titelherausgabe zugleich der Vollstreckungsgegenantrag nach § 767 ZPO verfolgt wird (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2008, 2225, bei juris Langtext Rn 10; Kerwer, in: jurisPK-BGB, a.a.O., § 371 BGB Rn 12 m.w.N.).

b) Zwar ist über den Vollstreckungsabwehrantrag des Antragstellers noch keine rechtskräftige Entscheidung ergangen. Aus den bereits genannten Gründen hat dieser Antrag des Antragstellers jedoch Aussicht auf Erfolg, weil die Antragsgegnerin zur Zwangsvollstreckung aus dem Unterhaltsvergleich der Beteiligten nicht mehr befugt ist. Unstreitig besteht für die in der Teilausfertigung erfassten Unterhaltszeiträume auch kein Unterhaltsanspruch gegen den Antragsteller mehr. Die Antragsgegnerin hat eingeräumt, dass Unterhaltsansprüche in Höhe von insgesamt 2.736 EUR nur noch für die Zeiträume vom 01.02. bis zum 30.04.2014 und für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.06.2015 in Betracht kommen und nunmehr von dem gemeinsamen Sohn der Beteiligten geltend gemacht werden. Hinsichtlich dieses begrenzten Unterhaltsanspruchs ist dem Sohn der Beteiligten mittlerweile eine vollstreckbare Teilausfertigung des Vergleichs gem. § 727 ZPO zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt worden.

Die Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin hatte auch nicht bis zu dieser Titelumschreibung hinreichende Aussicht auf Erfolg mit der Folge, dass ihr wegen zuvor eingetretener Bewilligungsreife Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen ist. Insofern ist unerheblich, dass dem Sohn der Beteiligten eine vollstreckbare Teilausfertigung erst am 03.09.2015 und damit lange nach Eintritt der Volljährigkeit erteilt worden ist. Denn die Antragsgegnerin war bereits seit dem 21.10.2013 zur Zwangsvollstreckung nicht mehr befugt. Spätestens nach der außergerichtlichen Aufforderung seitens des Antragstellers hätte eine Titelumschreibung auf den Sohn verbunden mit der Erteilung einer vollstreckbaren Teilausfertigung des Vergleichs zu dessen Gunsten erfolgen müssen, soweit Unterhaltsansprüche noch für einen begrenzten Zeitraum berechtigt waren. Dabei entspricht es ganz einhelliger Auffassung, dass das unterhaltsberechtigte Kind einen Titel auf Kindesunterhalt, den ein Elternteil in Verfahrensstandschaft gemä?§ 1629 Abs. 3 BGB erwirkt hat, nach § 120 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 727 ZPO auf sich umschreiben lassen kann, wenn die Verfahrensstandschaft - etwa durch Volljährigkeit des Kindes - endet (vgl. BGH, NZFam 2015, 1063, bei juris Langtext Rn 12 m.w.N.). Es bestehen auch grundsätzlich keine Bedenken, einem weiteren Gläubiger - hier: dem Sohn der Beteiligten - für eine teilbare Leistung eine vollstreckbare Teilausfertigung zu erteilen (vgl. Lackmann, in: Musielak/Voit, a.a.O., § 724 ZPO Rn 8). Für die übrigen Unterhaltszeiträume war ein Vollstreckungsverzicht seitens der Antragsgegnerin verbunden mit einer Herausgabe ihrer vollstreckbaren Teilausfertigung geboten. Dazu war und ist die Antragsgegnerin offensichtlich nicht bereit.

Danach besteht kein Grund dafür, dass die Antragsgegnerin die Herausgabe der in ihrem Besitz befindlichen Teilausfertigung weiterhin verweigert. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 23.12.2015 - 2 WF 198/15)

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Ein erwerbsunfähiges Kind ist verpflichtet, einen Antrag auf Grundsicherung zu stellen. Ein Verstoß gegen diese Obliegenheit führt zur Anrechnung fiktiver, bedarfsdeckender Einkünfte aus der Grundsicherung. Eine dauerhafte volle Erwerbsminderung ist gegeben, wenn zum einen auf nicht absehbare Zeit keine Tä-tigkeit von mindestens 3 Stunden täglich ausgeübt werden kann und wenn die Behebung der vollen Erwerbsminderung unwahrscheinlich ist. Unter „auf nicht absehbare Zeit" wird in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten verstanden. Für die prognostische Beurteilung der Dauerhaftigkeit ist ein Zeitrahmen von drei Jahren anzusetzen (OLG Hamm, Urteil vom 10.09.2015 - 4 UF 13/15).

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Bei der Ermittlung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen ist der Wert des Sachbezugs durch die Überlassung eines Firmenfahrzeugs auch für private Zwecke gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Der Vorteil des Firmenfahrzeugs wird durch die steuerliche Bewertung erfasst. Eine Korrektur des steuerlichen Ansatzes kann geboten sein, wenn sich der Unterhaltspflichtige aufgrund seiner angespannten wirtschaftlichen Situation (hier: Verbraucherinsolvenz, 4 Unterhaltsberechtigte) privat ein weniger teures Fahrzeug anschaffen würde. Dann ist es gerechtfertigt, dem Einkommen nur den Nutzungsvorteil eines seinem Einkommen, seinen Unterhaltspflichten und seinen Verbindlichkeiten entsprechenden Fahrzeugs zuzurechnen. Der Unterhaltsbedarf des in den Vereinigten Staaten (Miami/Florida) lebenden Kindes ist im Hinblick auf den Kaufkraftunterschied um 9 % herabzusetzen. Dieser Kaufkraftunterschied ergibt sich aus den vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.08.2015 - 2 UF 69/15).

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Auch bei einem minderjährigen Unterhaltsberechtigten kommt die Zurechnung fiktiver Einkünfte in Betracht, wenn dieser dauerhaft dem Schulunterricht fernbleibt (Schulschwänzer) und auch keiner gesetzlich erlaubten Erwerbstätigkeit nachgeht. Dies gilt aber dann nicht, wenn der betroffene Minderjährige noch der gesetzlichen Schulpflicht unterliegt. Im Rahmen von § 1603 Abs. 2 BGB hat der barunterhaltspflichtige Elternteil auch den Vermögensstamm (hier: Erlös aus der Veräußerung einer Immobilie) einzusetzen, soweit sein Einkommen nicht ausreicht, den Mindestunterhalt des Kindes zu decken und dies im Einzelfall zumutbar ist (OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.07.2015 - 5 UF 50/15).

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Zur Ermittlung des geldwerten Vorteils eines Firmenfahrzeugs, wenn dieses auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte kostenfrei einschließlich aller Betriebskosten genutzt werden darf. (Auch) bei Ansprüchen auf Elternunterhalt stellen Tilgungsaufwendungen für die selbstgenutzte und ggf. weitere Immobilien Altersvorsorge dar. Sie sind folglich auf die Obergrenze für absetzbare Altersvorsorgeaufwendungen in Höhe von 5% des Bruttoeinkommens zusätzlich zur primären Altersvorsorge (bzw. insgesamt 25% des Bruttoeinkommens) anzurechnen. Erreichen oder übersteigen daher bereits die Tilgungsaufwendungen die Obergrenze, so sind weitere Altersvorsorgebeiträge nicht mehr absetzbar (entgegen Wendl/Dose/Wönne, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl. 2015, § 2 Rn. 993; OLG Hamm, Beschluss vom 09.07.2015 - 14 UF 70/15).

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Gegenüber einem unterhaltsberechtigten minderjährigen Kind muss der Unterhaltsschuldner den Vorteil einsetzen, der sich aus der Wahl einer günstigeren Steuerklasse für ihn ergibt. Beim Splitting-Vorteil (Wahl der Steuerklassen 3/5) aus einer neuen Ehe ist der Gesamtvorteil dabei auf den Unterhaltsschuldner und den Ehegatten der neuen Ehe im Verhältnis der jeweiligen Einkünfte aufzuteilen (OLG Nürnberg, Beschluss vom 11.12.2014 - 10 UF 1182/14).

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Haben die Eltern ein Sparbuch auf den Namen ihres Kindes angelegt, damit auf dieses Einzahlungen Dritter wie z.B. der Großeltern vorgenommen werden können, spricht dies für das Kind als Forderungsinhaber, auch wenn die Eltern das Sparbuch im Besitz behalten. Von einer Verletzung der Vermögenssorgepflicht ist auszugehen, wenn die Eltern Abhebungen vom Sparbuch des Kindes z.B. für Kinderzimmermöbel, Urlaubsreisen, Geschenke und Kleidung für das Kind ausgeben, weil die Finanzierung dieser Bedürfnisse den Eltern aufgrund der bestehenden Unterhaltsverpflichtung (§ 1601 BGB) obliegt und sie daher vom Kind keinen Ersatz nach § 1648 BGB verlangen können (OLG Bremen, Beschluss vom 03.12.2014 - 4 UF 112/14).

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Gegen eine einstweilige Anordnung auf Zahlung von Unterhalt kann sowohl durch einen Abänderungsantrag gemäß § 54 FamFG als auch mit einem negativen Feststellungsantrag in einem Hauptsacheverfahren oder mit einem Antrag gemäß § 52 Abs. 2 FamFG vorgegangen werden. Ob ein Antrag auf Abänderung einer einstweiligen Anordnung nach § 54 FamFG oder ein negativer Feststellungsantrag als Hauptsacheverfahren vorliegt, ist durch Auslegung, in unklaren Fällen auch durch Nachfrage und rechtlichen Hinweis, zu ermitteln. Abänderungsverfahren nach § 54 FamFG bilden mit dem Ausgangsverfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung jedenfalls dann kostenrechtlich eine Einheit, wenn seit Erledigung des Ausgangsverfahrens nicht mehr als zwei Kalenderjahre vergangen sind (OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.10.2014 - 6 WF 155/14).

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Bei einem Antrag des Unterhaltsverpflichteten auf Abänderung einer Jugendamtsurkunde über Kindesunterhalt infolge Eintritts der Volljährigkeit ist das volljährige Kind sowohl dafür, dass ein Unterhaltsanspruch fortbesteht, als auch für den Umfang der Mithaftung des anderen Elternteils darlegungs- und beweispflichtig. Für die Abänderung von Jugendamtsurkunden gilt die zeitliche Sperrwirkung nach § 238 Abs. 3 FamFG nicht. Sie können deshalb auch rückwirkend für die Zeit vor einem Auskunfts- oder Verzichtsverlangen abgeändert werden. Grenzen der rückwirkenden Abänderung können sich aus § 242 BGB ergeben (OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.09.2014 - 4 UF 43/14).

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Auch eine Vereinbarung, mit der ein nicht verheirateter Mann sein Einverständnis zu einer heterologen Insemination erteilt, enthält, insbesondere wenn er die dafür erforderliche Samenspende eines Dritten beschafft, regelmäßig zugleich einen von familienrechtlichen Besonderheiten geprägten berechtigenden Vertrag zugunsten des aus der heterologen Insemination hervorgehenden Kindes, mit welchem sich der Mann verpflichtet, für den Unterhalt dieses Kindes wie ein leiblicher Vater zu sorgen (OLG Stuttgart, Urteil vom 04.09.2014 - 13 U 30/14).

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Träger der Obhut im Sinne von § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB ist der Elternteil, bei dem ein eindeutig feststellbares, aber nicht notwendigerweise großes Übergewicht der tatsächlichen Fürsorge für das Kind vorliegt. Bei einem zwei Jahre alten Kind genügt es für die Annahme des Schwerpunkts der Betreuung, wenn - bei hälftiger Aufteilung der Wochenenden zwischen den Eltern - ein Elternteil das Kind 14 Stunden pro Tag betreut. Dabei kommt der Verteilung der Tageszeiten keine entscheidende Bedeutung zu. Macht der Antragsgegner im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren geltend, dass das antragstellende Kind im Rahmen eines sog. Wechselmodells betreut wird, stellt er zum einen das Vorliegen der allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen (ordnungsgemäße Vertretung des Antragstellers) in Frage und erhebt zum anderen einen Einwand, der die Statthaftigkeit des vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahrens betrifft. Beide Einwendungen können auch erstmals im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden (§§ 252 Abs. 1, 256 Satz 1 FamFG; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.08.2014 - 18 WF 277/13).

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Aus der ursprünglich erfolgten Titulierung eines Barunterhaltsanspruches des minderjährigen Kindes gegenüber seinem damals nichtehelichen Vater kann nach Heirat der Eltern und mehrjährigem Zusammenleben der Familie unter Leistung von Betreuungs- und Naturalunterhalt nicht erneut vollstreckt werden (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 22. November 1996, FamRZ 1997, 281 ff. = NJW 1997, 735 ff = MDR 1997, 362 ff. = juris [Tz. 14]). Der (hier durch das als Beistand tätige Jugendamt) erklärte bloße "Vollstreckungsverzicht" hinsichtlich titulierten Kindesunterhalts beseitigt weder das Rechtsschutzbedürfnis des Verpflichteten für einen Vollstreckungsabwehr- bzw. einen Abänderungsantrag, noch hat er die Folge, daß derartige Anträge verfahrenkostenhilferechtlich mutwillig wären (OLG Celle, Beschluss vom 18.08.2014 - 10 WF 50/14).

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Kindesunterhalt im Insolvenzverfahren kann ein Anspruch aus unerlaubter Handlung sein (OLG Koblenz, Beschluss vom 30.07.2014 - 13 UF 271/14).

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Leben die verheirateten gemeinsam sorgeberechtigten Eltern voneinander getrennt, kann das Kind seinen Unterhaltsanspruch auch im eigenen Namen, vertreten durch den Beistand, geltend machen. Die §§ 1712 ff. BGB werden nicht durch § 1629 Abs. 3 BGB verdrängt (entgegen OLG Oldenburg (Oldenburg), 2. April 2014, 11 UF 34/14, JAmt 2014, 266 und OLG Celle, 10. April 2012, 10 UF 65/12, JAmt 2012, 599; OLG Schleswig, Beschluss vom 11.07.2014 - 10 UF 87/14).

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„... I. Der Antragsteller nimmt den Antragsgegner auf Abänderung eines Unterhaltsvergleichs in Anspruch. Der Antragsgegner ist der am ...2008 geborene Sohn des Antragstellers; er lebt seit Oktober 2013 mit seiner Mutter, der geschiedenen Ehefrau des Antragstellers, in Peru. Nachdem der Antragsteller seinen Unterhaltsabänderungsantrag nebst Verfahrenskostenhilfegesuch zunächst bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Trier eingereicht hatte, hat dieses die Sache im Verfahrenskostenhilfeverfahren antragsgemäß formlos an das Amtsgericht - Familiengericht - Koblenz abgegeben. Dieses hatte anschließend das abgebende Gericht um Überprüfung gebeten, im Zuge derer sich das Amtsgericht - Familiengericht - Trier auf eine bindende Wirkung seines Beschlusses berief. Da das Amtsgericht - Familiengericht - Koblenz seine internationale Zuständigkeit jedoch weiterhin verneinte, hat es dem Antragsteller sodann die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe versagt. Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat das Amtsgericht - Familiengericht - Koblenz nicht abgeholfen.

II. Das statthafte und auch sonst zulässige Rechtmittel des Antragstellers ist nicht begründet. Das Amtsgericht - Familiengericht - Koblenz hat zu Recht die Erfolgsaussicht der Rechtverfolgung des Antragstellers mangels gegebener gerichtlicher Zuständigkeit verneint.

Die gerichtliche Zuständigkeit in Unterhaltssachen richtet sich hier aufgrund des bestehenden Auslandsbezugs zunächst nach §§ 105, 232 FamFG. Neben diesen Vorschriften sind jedoch bei Auslandsberührung die entsprechenden Staatsverträge und das EU-Recht zur internationalen Zuständigkeit zu beachten.

Die internationale Zuständigkeit regelnde bilaterale oder multilaterale Abkommen mit Peru sind nicht ersichtlich. Insbesondere normieren weder das UN-Übereinkommen vom 20. Juni 1956 über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland noch das an dessen Stelle tretende Haager Übereinkommen vom 23.11.2007 über die internationale Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen, sollten sie im Verhältnis zu Peru anwendbar sein, internationale Entscheidungszuständigkeiten (vgl. auch Zöller/Geimer ZPO 30. Aufl. 2014 Anh II H Art. 1 EU-UntVO Rn. 13).

Vorrangig anwendbar auf Unterhaltsansprüche ist seit dem 18.6.2011 jedoch die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 vom 18. Dezember 2008 [EG-UntVO]. Diese erfasst gemäß Art. 1 Abs. 1 Unterhaltspflichten, die auf einem Familien-, Verwandtschafts- oder eherechtlichen Verhältnis oder auf Schwägerschaft beruhen, und damit auch das vorliegende Unterhaltsverhältnis. Regelungen über die örtliche (internationale) Zuständigkeit enthalten dabei Art. 3 ff. EG-UntVO. Diese Zuständigkeitsvorschriften gelten anders als nach dem früheren Art. 4 EuGVO auch universal, greifen also ebenfalls ein, wenn der Antragsgegner seinen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat hat. Die EG-UntVO regelt damit die Zuständigkeit abschließend und sieht dementsprechend in Art. 6 und Art. 7 Vorschriften über eine Auffang- und Notzuständigkeit vor (vgl. Musielak/Borth/Grandel FamFG 4. Aufl.2013 Vorbem. zu §§ 98 ff. Rn. 18).

Eine Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 3 EG-UntVO hat das Familiengericht zutreffend verneint. Denn vorliegend haben weder der Antragsgegner oder die unterhaltsberechtigte Person - hier ebenfalls der Antragsgegner - ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland noch ist vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Koblenz ersichtlich ein anderes in Art. 3 lit. c) oder d) EG-UntVO genanntes Verfahren anhängig. Als Folge dessen vermag der vom Amtsgericht - Familiengericht - Trier angeführte § 28 Abs. 1 AUG auch keine Zuständigkeit des Amtsgerichts - Familiengericht - Koblenz zu begründen. Denn die Zuständigkeitskonzentration nach § 28 Abs. 1 AUG gilt dem klaren Wortlaut nach nur für die Fälle, in denen Art. 3 lit. a, b EU-UntVO eingreifen (vgl. Heiderhoff in: Bork/Jacoby/Schwab FamFG 2. Aufl. 2013 § 28 Rn. 1).

Mangels Gerichtstandsvereinbarung bzw. rügeloser Einlassung ist das Amtsgericht - Familiengericht - Koblenz vorliegend auch nicht gemäß Art. 4 f. EG-UntVO örtlich bzw. international zuständig.

Eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte könnte sich allerdings aus Art. 6 EG-UntVO ergeben. Nach dieser Auffangzuständigkeit sind die Gerichte des Mitgliedsstaates der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Verfahrensbeteiligten zuständig, wenn sich weder aus Art. 3 bis Art. 5 EG-UntVO eine Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedsstaates ergibt noch ein Gericht eines Staates zuständig ist, der dem Übereinkommen von Lugano angehört. Ob der Antragsteller und sein Sohn indes die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, ist bislang nicht ausreichend bekannt. Selbst wenn aber danach eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bestünde, wäre das Amtsgericht - Familiengericht - Koblenz nicht örtlich zuständig. Denn wir bereits ausgeführt, umfasst die Zuständigkeitskonzentration nach § 28 Abs. 1 AUG nicht den Fall des Art. 6 EU-UntVO. Sind die deutschen Gerichte nach den Art. 6 EU-UntVO international zuständig, ist vielmehr ausschließlich das Amtsgericht Pankow-Weißensee in Berlin örtlich zuständig, § 27 AUG. Gleiches gilt für die Notzuständigkeit nach Art. 7 EU-UntVO.

Mangels ausreichendem Vorbringen des Antragstellers zum Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der Voraussetzungen der Art. 6 f. EU-UntVO kommt derzeit aber auch eine weitere Abgabe bzw. Weiterverweisung des Verfahrens nicht in Betracht. Dem nunmehr gestellten Verweisungsantrag an das Amtsgericht - Familiengericht - Bitburg - dürfte zudem aus den vorgenannten Gründen ohnehin nicht stattzugeben sein.

Sollte auch der Anwendungsbereich der Art. 6 f. EU-UntVO nicht eröffnet sein, wäre hingegen eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gericht nicht gegeben. Denn Art. 3 ff. EU-UntVO verdrängen das nationale Zuständigkeitsrecht, und damit auch die §§ 105, 232 FamFG, in toto (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2013, 55 sowie Zöller/Geimer ZPO 30. Aufl. 2014 Anh II H Art. 3 EU-UntVO Rn. 14 und Musielak/Borth/Grandel FamFG 4. Aufl.2013 Vorbem. zu §§ 98 ff. Rn. 18).

Die Zuständigkeit des Amtsgericht - Familiengericht - Koblenz wird hier schließlich ebenfalls nicht nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO durch den Abgabebeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Trier begründet. Denn hierbei handelt es sich nicht um eine bindende Verweisung nach Rechtshängigkeit, sondern lediglich um eine nicht bindende, formlose Abgabe im Rahmen des Verfahrenskostenhilfeverfahrens. Auf einen solchen Beschluss ist § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO indes nicht anwendbar. ..." (OLG Koblenz, Beschluss vom 18.06.2014 - 13 WF 564/14)

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„... I. Das Amtsgericht - Familiengericht - Gelsenkirchen hat durch den angefochtenen Beschluss zu Ziffer 4. den Antragsgegner zunächst zu Recht aufgrund seines ausdrücklich erklärten Anerkenntnisses vom 25.02.2013 für die Zeit ab Juli 2013 zur Zahlung von 206,00 Euro Kindesunterhalt an den Antragsteller verpflichtet.

II. Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde hat der Antragsgegner jedoch sein Anerkenntnis zwar nicht ausdrücklich, aber jedenfalls unter Hinweis auf eine fehlende Bindung an die diesbezügliche Erklärung, konkludent widerrufen.

Grundsätzlich kann zwar ein prozessuales Anerkenntnis weder angefochten noch widerrufen werden; um aber zu verhindern, dass bei Dauerschuldverhältnissen eine der zwischenzeitlich veränderten materiellen Rechtslage widersprechende Entscheidung ergeht, ist in solchen Fällen ein Widerruf des Anerkenntnisses zuzulassen, wenn die Voraussetzungen einer Abänderungsklage vorliegen (vgl. BGH, FamRZ 2002, 88; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, vor §§ 306, 307, Rn. 6). Ein Abänderungsgrund i.S.d. § 238 Abs. 1 FamFG ist vorliegend gegeben, da sich durch die - nach dem Anerkenntnis vom 25.02.2013 erfolgte - Geburt des zweiten Kindes des Antragsgegners am 24.07.2013 die der Unterhaltsberechnung zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben.

Auch konnte der Antragsgegner sein Anerkenntnis eingeschränkt für die Zeit ab Juli 2013 mit der Beschwerde widerrufen. Insofern ist auch der eingeschränkte Widerruf eines prozessualen Anerkenntnisses über laufenden Unterhalt mit dem bloßen Ziel der Anpassung im Sinne des §§ 323 ZPO, 238 FamFG zulässig und kann auch in der Rechtsmittelinstanz geltend gemacht werden (OLG Koblenz, Urteil vom 03. November 1997 - 13 UF 340/97 -, juris).

Der Antragsgegner ist mit dem Widerruf seines Anerkenntnisses auch nicht präkludiert. Dem Antragsgegner wäre es zwar grundsätzlich möglich gewesen, nach der Geburt seines zweiten Kindes, noch vor dem 31.10.2013 - der nach Einleitung des schriftlichen Verfahrens und Bestimmung durch das erstinstanzliche Gericht als Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, dem Schluss der mündlichen Verhandlung mit Präklusionswirkung entspricht (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 128, Rn. 14) - sein Anerkenntnis zu widerrufen. Soweit jedoch in der zuletzt zitierten Entscheidung des OLG Koblenz die Möglichkeit des Widerrufs in zeitlicher Hinsicht dahingehend eingegrenzt worden ist, dass eine Geltendmachung in der Rechtsmittelinstanz nur dann noch zulässig ist, wenn die Partei die Änderung maßgeblicher Umstände nicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz geltend machen konnte, findet dies aufgrund des nunmehr in Familienstreitsachen geltenden § 115 FamFG keine uneingeschränkte Anwendung mehr. Grundsätzlich ist das Beschwerdeverfahren nach dem FamFG als volle zweite Tatsacheninstanz konzipiert, weil gemäß § 65 Abs. 3 FamFG die Beschwerde auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden kann und § 117 Abs. 2 FamFG eine Bezugnahme auf die Präklusionsvorschriften des Berufungsrechts der ZPO nicht enthält (vgl. Keidel/Weber, FamFG, 18. Aufl., § 115, Rn. 2; OLG Celle, Beschluss vom 20. April 2011 - 15 UF 251/10 -, juris, od. NJW-RR 2011, 1162-1164). Eine Zurückweisung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln wegen Verspätung ist daher nur unter den Voraussetzungen des § 115 FamFG, der auch im Beschwerdeverfahren Anwendung findet, zulässig (vgl. OLG Celle, a.a.O.)

Gemäß § 115 S. 1 FamFG können in Ehesachen und Familienstreitsachen Angriffs- und Verteidigungsmittel, die nicht rechtzeitig vorgebracht werden, zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Verfahrens verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. Grobe Nachlässigkeit erfordert dabei mehr als leichte Fahrlässigkeit, nämlich eine besondere Sorglosigkeit (vgl. Keidel/Weber a.a.O., Rn. 7). Dem anwaltlich vertretenen Antragsgegner musste angesichts seines ausdrücklich erklärten Anerkenntnisses auch bewusst sein, dass der bloße Vortrag geänderter tatsächlicher Verhältnisse durch Vorlage der Geburtsurkunde die prozessuale Wirkung vorheriger Erklärungen nicht entfallen lässt. Allerdings wäre hier zu Gunsten des Antragsgegners zu berücksichtigen, dass ein Widerruf jedenfalls nicht in bloßer Erwartung der Geburt des weiteren Kindes sondern erst danach wirksam erklärt werden konnte, da eine auch sichere Prognose künftiger Änderungen nicht ausreichend ist (vgl. BGH, NJW 1981, 2193, 2195, juris) und die Geburt erst nach der mündlichen Anhörung am 13.06.2013 - wenn auch vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung im obigen Sinne lag.

Letztendlich bedarf es hier aber keiner Entscheidung, ob der erst in der Beschwerdeinstanz erfolgte Widerruf auf grober Nachlässigkeit beruht, denn eine Verzögerung des Verfahrens ist vorliegend nicht zu erwarten. Die Geburt des weiteren Kindes des Antragsgegners ist unstreitig und eine Beweisaufnahme hierzu wird nicht erforderlich sein.

C. Auch wenn die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts zu Recht aufgrund des Anerkenntnisses getroffen wurde, hält es der Senat für sachgerecht, die nun erforderlich gewordene Prüfung des laufenden Unterhaltsanspruches ab Juli 2013 nicht selbst vorzunehmen, sondern die Sache an das Familiengericht zurückzuverweisen, da der Beschwerdeführer ansonsten eine Tatsacheninstanz verlieren würde (vgl. Keidel/Sternal a.a.O., § 69 Rn. 14). Nach § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG kann eine solche Aufhebung und Zurückverweisung vorgenommen werden, wenn das Gericht des ersten Rechtszuges in der Sache noch nicht entschieden hat. Gemeint sind hier zwar in erster Linie die Fälle, in denen das Erstgericht einen gestellten Antrag für unzulässig hält oder die eigene Zuständigkeit verneint (vgl. Keidel/Sternal, a.a.O.), jedoch ist auch der vorliegende Sachverhalt nicht anders zu beurteilen, denn nach der in 1. Instanz gegebenen Situation war das Familiengericht grundsätzlich an das Anerkenntnis gebunden und an einer inhaltlichen Prüfung des Anspruchs jedenfalls im Umfang des Anerkenntnisses gehindert (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 307, Rn. 4; für den Fall einer widerrufenen Zustimmung gemäß § 1671 Abs. 2, Nr. 1 BGB: OLG Zweibrücken, FamRZ 2011, 992). Ein Zurückverweisungsantrag eines Beteiligten ist in einem solchen Fall nach dem eindeutigen Wortlaut des § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG nicht erforderlich (vgl. Keidel/Sternal, a.a.O).

D. Der Senat hält es für geboten, dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, §§ 81, 84, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 97 Abs. 2 ZPO, denn die Zurückverweisung beruht ausschließlich auf neuem Vorbringen in der Rechtsmittelinstanz. Dem steht nicht entgegen, dass in der Regel die Beschwerdeentscheidung, mit der die Entscheidung der ersten Instanz aufgehoben und die Sache zurückverwiesen wird, keine Kostenentscheidung enthält; etwas anderes hat nämlich zu gelten, wenn die Kostenfrage von der noch zu treffenden Entscheidung über die Hauptsache unabhängig ist, dies gilt vor allem in Fällen, bei denen die Zurückverweisung auf neuem Vorbringen in der Rechtsmittelinstanz beruht (vgl. OLG Hamburg, OLGR 2006, 384-385, juris; Keidel/Sternal, a.a.O, § 69, Rn. 39a).

Soweit der Antragsgegner nämlich seine Beschwerde zudem auf seine Kreditverbindlichkeiten bei der Oberjustizkasse und dem D stützt, hat das Amtsgericht -ganz unabhängig davon, dass ausweislich der vorgelegten Belege die Zahlung an die Oberjustizkasse im Mai 2013 beendet war und die Zahlung an das D im Dezember 2012- zu Recht eine Berücksichtigung abgelehnt. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 21.03.2014 - 3 UF 7/14)

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Auch titulierte Ansprüche auf Kindesunterhalt unterliegen der Verwirkung, wenn sie längere Zeit nicht geltend gemacht werden (Zeitmoment) und der Unterhaltsschuldner davon ausgehen durfte, dass eine Inanspruchnahme nicht mehr erfolgen wird (Umstandsmoment). Für das Umstandsmoment kann es im Einzelfall ausreichen, wenn der Unterhaltsberechtigte einen über einen bestimmten Zeitraum aufgelaufenen Unterhaltsrückstand nicht geltend macht, hingegen Rückstände aus anderen Zeiträumen durchgehend thematisiert. Besteht hinsichtlich der Unterhaltsansprüche Beistandschaft des Jugendamtes, muss sich das unterhaltsberechtigte Kind dessen Verhalten in der Unterhaltsauseinandersetzung zurechnen lassen (OLG Hamm, Beschluss vom 17.03.2014 - 6 UF 196/13).

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„... 2. Der Antragsgegner kann der Schadensersatzforderung des Antragstellers in Höhe von 4.362,53 € auch nicht die - im Wege der hilfsweise erklärten Aufrechnung - erhobene Einrede der Tilgung der Forderung in Höhe von 1.516,00 € entgegenhalten. Der Antragsteller kann sich - unabhängig von der Frage der Fälligkeit einer solchen Forderung - erfolgreich auf seine Entreicherung berufen.

a) Die vom Antragsgegner erklärte Aufrechnung ist zulässig.

Unschädlich ist insofern, dass der Antragsgegner die Aufrechnung lediglich hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Hauptforderung für begründet ansieht, erklärt hat. Zwar sieht § 388 S. 2 BGB vor, dass eine Aufrechnung unwirksam ist, sofern sie unter einer Bedingung abgegeben wird, die Frage des Bestehens der Hauptforderung ist jedoch keine echte Bedingung, sondern lediglich eine Rechtsbedingung (Palandt/Grüneberg, 73. Auflage 2014, § 388 BGB Rn. 3).

b) Die Zulassung der Aufrechnung im Beschwerdeverfahren ist auch sachdienlich und nicht verspätet.

Gemäß § 115 Satz 1 FamFG sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, die nicht rechtzeitig vorgebracht werden, zurückzuweisen, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Verfahrens verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. Eine grobe Nachlässigkeit ist zu bejahen, wenn das Verhalten eine für jedermann offensichtliche Pflicht, den Fortgang des Verfahrens zu fördern, in ungewöhnlichem Maße verletzt (BGH, NJW 1986, 134 (135) sowie Prütting/Helms/Helms FamFG, 3. Auflage 2014, § 115 Rn. 11). Dies ist im vorliegenden Verfahren nicht der Fall: Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 05.11.2013 unter Bezugnahme auf den Beschluss des Amtsgerichts Ettlingen (3 F 121/13), zugestellt an den Antragsgegner am 17.10.2013, hilfsweise die Aufrechnung mit der von ihm behaupteten Gegenforderung erklärt. Der Antragsgegner hat damit zeitnah, nämlich innerhalb von nicht ganz 3 Wochen nach Kenntnisnahme der Entscheidung des Amtsgerichts Ettlingen seine darauf beruhende Aufrechnungserklärung im vorliegenden Verfahren abgegeben.

Die Zulassung der Aufrechnungserklärung ist im Übrigen auch sachdienlich, da hierdurch ein weiteres Verfahren zwischen den Beteiligten vermieden werden kann.

c) Die Aufrechnungserklärung des Antragsgegners bleibt jedoch ohne Erfolg, da die vom Antragsgegner behauptete Forderung nicht wirksam ist. Ein aufrechenbarer Bereicherungsanspruch des Antragsgegners besteht nicht, weil der Antragsteller sich auf den Einwand der Entreicherung berufen kann, § 818 Abs. 3 BGB.

Voraussetzung für eine wirksame Aufrechnung ist gemäß § 387 BGB die Gegenseitigkeit, Gleichartigkeit und Wirksamkeit der Gegenforderung.

aa) Gegenseitigkeit und Gleichartigkeit:

Auf Antrag des Antragsgegners wurde die einstweilige Anordnung des Amtsgerichts Ettlingen vom 23.12.2011 (3 F 201/11), durch die der Antragsgegner zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 379,00 € verpflichtet worden war, im Wege des Abänderungsverfahrens gemäß § 54 Abs. 1 S. 1, 2 FamFG durch Beschluss des Amtsgerichts Ettlingen vom 10.10.2013 dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegner an den Antragsteller ab dem 01.07.2013 keinen Unterhalt mehr zu leisten hat. Mit dem Wegfall der einstweiligen Anordnung ist damit der vorläufige Rechtsgrund für das Bestehen des Unterhaltsanspruchs im Nachhinein entfallen. Der Antragsgegner hat somit ohne Rechtsgrund gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB geleistet und kann daher grundsätzlich gegen den Antragsteller einen Bereicherungsanspruch in Höhe von insgesamt (4 x 379,00 € = ) 1.516,00 € für die Monate Juli bis einschließlich Oktober 2013 geltend machen. Eine gegenseitige, gleichartige Forderung, mit der die Aufrechnung erklärt werden kann, liegt daher vor.

bb) Wirksamkeit:

Die vom Antragsgegner behauptete Forderung ist jedoch nicht wirksam.

Eine Gegenforderung ist wirksam, wenn sie fällig ist; es muss sich daher um eine Forderung handeln, deren Erfüllung erzwungen werden kann und der keine Einrede entgegensteht. Im vorliegendem Verfahren kann dahingestellt bleiben, ob die vom Antragsgegner geltend gemachte Bereicherungsforderung - trotz des noch laufenden Hauptsacheverfahrens - bereits fällig ist, da der Antragsteller sich zumindest erfolgreich auf die Einrede der Entreicherung berufen kann. Die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung ist daher bereits aus diesem Grunde nicht wirksam und die Aufrechnungserklärung somit nicht erfolgreich.

(1) Der Antragsteller trägt unbestritten vor, dass er gemäß § 818 Abs. 3 BGB entreichert sei. Streitig ist allein, ob der Antragsteller sich hierauf berufen kann oder ob ihm im Hinblick auf das beim Amtsgericht Ettlingen auf Abänderung des Unterhaltstitels geführte Abänderungsverfahren (3 F 121/13) die Berufung auf seine Entreicherung zu versagen ist. Dies wäre der Fall, wenn die Vorschrift des § 241 FamFG für die Fälle der Abänderung einer einstweiligen Anordnung analog gelten würde.

(2) Nach § 241 FamFG steht die Rechtshängigkeit eines auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsantrags bei der Anwendung des § 818 Abs. 4 BGB der Rechtshängigkeit einer Klage auf Rückzahlung der geleisteten Beträge gleich. § 241 FamFG bezweckt dabei die Berücksichtigung der Situation des Unterhaltspflichtigen, der im Abänderungsverfahren nach §§ 238, 239 oder 240 FamFG eine Herabsetzung des titulierten Unterhalts geltend macht und beim Erfolg seines Begehrens die zu viel gezahlten Beträge nach §§ 812 ff. BGB zurückfordern will. Ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Abänderungsverfahrens kann sich der Unterhaltsberechtigte nicht mehr auf den Einwand der Entreicherung stützen. Lediglich für die Zeit vor Rechtshängigkeit bleibt dem Unterhaltsberechtigten der Entreicherungseinwand erhalten (Prütting/Helms/Bömelburg, a.a.O., § 241 Rn. 7).

In Bezug auf die Monate Juli und August 2013 ist dem Antragsteller die Berufung auf die Einrede der Entreicherung daher auch bei einer analogen Anwendung des § 241 FamFG nicht untersagt, da unabhängig von der Frage, ob § 241 FamFG analog auf die Fälle der Abänderung einer einstweiligen Anordnung Anwendung findet, eine die verschärfte Haftung des § 818 Abs. 4 BGB auslösende Rechtshängigkeit des Verfahrens des Amtsgerichts Ettlingen 3 F 121/13 erst am 30.08.2013 eingetreten ist. Bezüglich der Unterhaltsmonate Juli und August 2013 kann sich der Antragsteller daher erfolgreich auf die Einrede der Entreicherung berufen.

(3) Bezüglich der Monate September und Oktober 2013 ist dagegen die Frage der analogen Anwendung des § 241 FamFG auf die Verfahren gemäß § 54 FamFG zu überprüfen. Obergerichtliche Rechtsprechung liegt dazu, soweit ersichtlich, noch nicht vor. In der Literatur ist die Frage umstritten.

(a) Die Befürworter einer analogen Anwendung des § 241 FamFG auf Abänderungsanträge in einer einstweiligen Anordnungssache tragen vor, dass die Interessenslage des Unterhaltspflichtigen in den Fällen eines Abänderungsverfahrens gemäß §§ 238, 239 FamFG mit der eines Unterhaltspflichtigen, der eine Abänderung gemäß § 54 FamFG geltend mache, vergleichbar sei (Prütting/Helms/Bömelburg, a.a.O., § 241 Rn. 19; Musielak/Borth, FamFG, 4. Auflage 2013, § 54 Rn. 17; ebenso Johannsen/Henrich/Büthe, Familienrecht, 5. Auflage 2010, § 54 FamFG Rz. 15; Schulte-Bunert/Weinreich/Klein, FamFG, 3. Auflage 2012, § 241 Rz.4 f.; Zöller/Lorenz, ZPO, 30. Auflage 2014, § 241 Rn. 4; Rüntz/Viefhues, Erste Erfahrungen aus der Praxis mit dem FamFG, FamRZ 2010, 1285 ff.; Schlünder, Analoge Anwendung von § 241 FamFG auf die einstweilige Anordnung?, FamRZ 2010, 2038 ff.). Der Unterhaltspflichtige wäre ansonsten in den Fällen des § 54 FamFG zur Herbeiführung der verschärften Haftung des § 818 Abs. 4 BGB gezwungen, einen isolierten Rückzahlungsantrag mit einem weiteren Kostenrisiko zu stellen. Der analogen Anwendung des § 241 FamFG stehe auch nicht entgegen, dass in den §§ 49 ff. FamFG eine § 241 FamFG entsprechende Regelung fehle, da dieser Aspekt keine Ausschlusswirkung auf die Notwendigkeit der Führung eines weiteren Verfahrens habe (so Musielak a.a.O.).

(b) Die Gegenansicht stellt dagegen darauf ab, dass in den §§ 50 ff. FamFG, welche für einstweilige Anordnungen in Unterhaltsverfahren ergänzend gelten, eine § 241 FamFG vergleichbare Regelung nicht enthalten sei. Im Übrigen spreche die Stellung des § 241 FamFG in unmittelbarem Anschluss an die Abänderungsregelungen der §§ 238 bis 240 FamFG eindeutig dafür, dass die in § 241 FamFG geregelte materielle Rechtsfolge lediglich für diese Abänderungsverfahren gelten solle. Eine analoge Anwendung scheide daher wegen des eindeutigen Wortlautes aus (Dose, Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen, 3. Auflage 2010, Rz. 529 f.; FA-FamR/Gerhardt, 9. Auflage 2013, Kap. 6 Rn. 834; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 34. Auflage 2013, § 241 FamFG Rn. 1). § 241 FamFG gelte somit nur für die dort geregelten Hauptsacheentscheidungen. Auch der Ausschluss eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 717 Abs. 2 S. 1 ZPO gegen den Unterhaltsgläubiger begründe ein Indiz dafür, dass die Regelung des § 241 FamFG im Falle der Abänderung einer einstweiligen Anordnung nicht analog anzuwenden sei (so FA-FamR/Gerhardt a.a.O.). Außerdem habe der Gesetzgeber bewusst das Risiko der Vollstreckung aus einer einstweiligen Unterhaltsanordnung minimiert, indem er in § 119 Abs. 1 Satz 2 FamFG die Anwendung des § 945 ZPO auf Güterrechtssachen und sonstige Familiensachen beschränkt und nicht auf Unterhaltssachen erstreckt habe (Dose, a.a.O.).

Nach Dose spricht gegen die analoge Anwendung des § 241 FamFG auf die Fälle des § 54 FamFG auch der Umstand, dass der Gesetzgeber mit den gesetzlichen Neuerungen des FamFG das Rechtsinstitut der einstweiligen Anordnung eindeutig habe stärken wollen (Dose a.a.O. unter Verweis auf BT-Drucks. 16/6308 S. 199). Eine analoge Anwendung des § 241 FamFG würde dagegen einer Entwertung der Funktion der einstweiligen Anordnung gleichkommen, wenn der Unterhaltsgläubiger befürchten müsse, gegebenenfalls schon ab Stellung des Antrags auf mündliche Verhandlung gemäß § 54 Abs. 2 FamFG überzahlte Beträge zurückzahlen zu müssen (Götz, Das neue Familienverfahrensrecht - Erste Praxisprobleme, NJW 2010, 897, 900) .

(c) Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung. Auf die Fälle der Abänderung einer einstweiligen Anordnung gemäß § 54 FamFG ist § 241 FamFG nicht analog anwendbar.

Sinn und Zweck einer einstweiligen Anordnung in Unterhaltssachen ist es, dem Unterhaltsgläubiger in einem summarischen Verfahren zur Sicherung seines Lebensbedarfs rasch zu Unterhaltszahlungen zu verhelfen, welche zumeist sowieso knapp kalkuliert sind. Müsste der Unterhaltsgläubiger eines solchen Eilverfahrens bereits ab Rechtshängigkeit eines Antrags auf Abänderung gemäß § 54 Abs. 1 FamFG bzw. ab Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 54 Abs. 2 FamFG damit rechnen, Unterhaltsbeträge wieder zurückzahlen zu müssen, würde sich für den Unterhaltsgläubiger die Frage stellen, ob sich für ihn der Aufwand einer einstweiligen Anordnung überhaupt lohnt. Der vom Gesetzgeber vorgesehene Schutz der einstweiligen Anordnung würde dadurch verwässert werden. Im Übrigen steht der Unterhaltsschuldner auch in den Fällen der Abänderung einer einstweiligen Anordnung dem Unterhaltsgläubiger nicht schutzlos gegenüber, da ihm für den Fall einer überhöhten einstweiligen Anordnung die Möglichkeit eines Rückforderungsantrags zur Herbeiführung der verschärften Haftung des § 818 Abs. 4 BGB zur Verfügung steht. Im Übrigen spricht gegen eine analoge Anwendung auch die systematische Stellung des § 241 FamFG im unmittelbarem Anschluss an die Abänderungsregelungen der §§ 238 bis 240 FamFG.

(4) Dem Antragsteller ist somit auch für die Zeit nach Rechtshängigkeit des Antrags im Verfahren des Amtsgerichts - Familiengericht - Ettlingen 3 F 121/13 die Einrede der Entreicherung nicht verwehrt. Vielmehr kann er sich insgesamt bezüglich der zur Aufrechnung gestellten Forderung in Höhe von 1.516,00 € erfolgreich auf die Entreicherung berufen. ..." (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.02.2014 - 2 UF 148/13)

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Die über einen längeren Zeitraum freiwillig erfolgte Übernahme von aus der Krankenversicherung eines minderjährigen Kindes nicht erstattungsfähiger Kosten einer in regelmäßigen Abständen wiederkehrenden homöopathischen Behandlung begründet jenseits eines ggfls. bestehenden Unterhaltsrechtsverhältnisses konkludent ein Rechtsverhältnis sui generis, welches einen rechtlichen Anspruch auf Kostenübernahme begründet. Der Verpflichtete kann dieses Rechtsverhältnis aber jederzeit entsprechend § 671 BGB kündigen mit der Folge, dass seine Zahlungspflicht für der Kündigung folgende Behandlungen entfällt (OLG Koblenz, Beschluss vom 05.02.2014 - 13 UF 754/13).

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An die besonderen Umstände, auf Grund derer der Unterhaltsschuldner sich darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass der Unterhaltsgläubiger sein Recht nicht mehr durchsetzen werde, sind strenge Maßstäbe anzulegen, wenn die Verwirkung titulierter Ansprüche in Frage steht (OLG Stuttgart, FamRZ 1999, 859). Verspricht die Vollstreckung eines titulierten Anspruches keinen Erfolg, weil der Schuldner über pfändbares Einkommen nicht verfügt, muss das Umstandsmoment und damit die Verwirkung in aller Regel verneint werden (OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.03.2013 - 13 UF 66/12):

„... Der Vollstreckung aus der Jugendamtsurkunde steht die Einwendung illoyal verspäteter Durchsetzung eines seit langer Zeit titulierten Unterhaltsanspruches nicht entgegen. Eine solche Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) allgemein anerkannt. Sie kommt in Betracht, wenn der Gläubiger ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre, und der Schuldner sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Gläubigers darauf einrichten durfte und darauf eingerichtet hat, der Gläubiger werde sein Recht nicht mehr geltend machen (vgl. zuletzt BGH, NJW 2010, 3714, Abs. 23 m. Hinw. auf die st. Rspr.).

a) aa) An das Zeitmoment der Verwirkung sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Es liegt nahe, von einem Unterhaltsgläubiger zu erwarten, er werde die Leistungen, die dem Bestreiten seines ständigen Bedarfs an Nahrung, Kleidung und Wohnung dienen, alsbald nach der Entstehung durchzusetzen versuchen. Zudem dient die zeitliche Beschränkung der Durchsetzung dazu, den Unterhaltsgläubiger vor einer schnell anwachsenden, schließlich in ihrer Summe erdrückenden Schuldenlast zu bewahren. Diese Gründe sind so gewichtig, dass das Zeitmoment der Verwirkung schon erfüllt sein kann, wenn die Rückstände Zeitabschnitte betreffen, die etwas mehr als ein Jahr zurückliegen (BGH, a.a.O.). Der Gesichtspunkt des Schuldnerschutzes spricht dafür, hier nicht zwischen titulierten und nicht titulierten Ansprüchen zu unterscheiden (BGH, NJW-RR 2004, 649, 650).

bb) Danach kommt es hier in Frage, für einzelne Zeitabschnitte der monatlich zu erfüllenden Unterhaltsforderungen anzunehmen, die jeweils nachfolgende Bemühung, die Durchsetzbarkeit des Titels zu prüfen, könne nicht mehr alle bis dahin unbeglichenen Monatsraten betroffen haben. Das Jugendamt forderte nach der Trennung des Antragstellers von der Mutter der Antragsgegnerin erstmals im Jahre 1997 von dem Antragsteller selbst und danach erst wieder 2003 von einem Sozialleistungsträger Auskünfte, die der Beurteilung dienen konnten, ob Forderungen gegen den Antragsteller durchgesetzt werden könnten. Auch die nachfolgenden Auskunftsersuchen in den Jahren 2007 und 2010 schlossen - anders als die Ersuchen von 2004 und 2008 - nicht an Durchsetzungsbemühungen an, die jeweils nicht länger als ein Jahr zurücklagen. Selbst wenn diese Anfragen des Jugendamtes, die nicht geeignet waren, die Forderung durchzusetzen, sondern allein dazu dienen konnten, die Durchsetzbarkeit zu prüfen und vorzubereiten (vgl. BGH, NJW 2010, 3714, Abs. 28), auch für die Antragsgegnerin das Zeitmoment der Verwirkung ausschließen, weil sie nach Mitteilung des Jugendamtes vom Ergebnis der Anfragen keinen Erfolg eigener Nachforschungen erwarten durfte, müssten dennoch Forderungen der Verwirkung unterliegen können, die in Monaten entstanden sind, an die nicht innerhalb eines Jahres erneute Anfragen zu den Einkommensverhältnissen des Antragstellers und damit zu den Erfolgsaussichten einer Zwangsvollstreckung folgten.

Dieser Gesichtspunkt bedarf aber keiner vertieften Erörterung, und ebenso kann die Frage unbeantwortet bleiben, ob es für das Zeitmoment der Verwirkung eine Rolle spielen muss, dass der Antragsteller selbst zwischen der ersten Anfrage des Jugendamtes nach der Trennung und dem Jahr 2007 (Anlage B 9, Bl. 85), also ungefähr zehn Jahre lang, Auskunfts- oder Zahlungsaufforderungen nicht erhielt, sondern sowohl das Jugendamt als auch die Antragsgegnerin es nach den Auskünften über die Höhe seiner Sozialleistungen offenbar für aussichtslos hielten, sich an ihn zu wenden.

b) Die Verwirkung eines Rechts setzt nach den Grundsätzen von Treu und Glauben neben einem Zeitmoment zusätzlich immer auch ein Umstandsmoment voraus. Die Voraussetzungen der Verwirkung können nicht allein aus dem erheblichen Zeitablauf hergeleitet werden (BGH, NJW 2005, 2223, 2225). Jedenfalls dieses Umstandsmoment steht hier einer Verwirkung entgegen.

aa) An die besonderen Umstände, auf Grund derer der Unterhaltsschuldner sich darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass der Unterhaltsgläubiger sein Recht nicht mehr durchsetzen werde, sind strenge Maßstäbe anzulegen, wenn die Verwirkung titulierter Ansprüche in Frage steht (OLG Stuttgart, FamRZ 1999, 859). Verspricht die Vollstreckung eines titulierten Anspruches keinen Erfolg, weil der Schuldner über pfändbares Einkommen nicht verfügt, muss das Umstandsmoment und damit die Verwirkung in aller Regel verneint werden (Erman-Hammermann, BGB, 13. Aufl. 2011, vor § 1601 Rdnr. 6; Wendl/Dose-Gerhardt, UnterhR, 8. Aufl. 2011, § 6 Rdnr. 146).

Der Senat hat in seinem von den Beteiligten erörterten Beschluss vom 26. März 2010 - 13 WF 41/08 - das Umstandsmoment wegen der Aussichtslosigkeit einer Vollstreckung gegen den arbeitslosen Schuldner verneint (juris, Rdnr. 6). Allerdings trug diese Erwägung nicht, weil der Senat bereits das Zeitmoment verneint hatte. Er folgt nun bei der Beurteilung des Umstandsmoments dieser nicht tragenden Erwägung in dem angeführten Beschluss und legt damit auf den Gesichtpunkt der Titulierung und der Vollstreckungsaussichten größeres Gewicht als in seinem Beschluss vom 21. November 2011 - 13 WF 130/11 -, der in diesem Verfahren zur Verfahrenskostenhilfe des Antragstellers ergangen ist.

Mit der Titulierung ist der Anspruch etwaigen Zweifeln über seine Gültigkeit und Verbindlichkeit zunächst enthoben worden. Mit der Vollstreckbarkeit des Titels kehren sich die Obliegenheiten zwischen Gläubiger und Schuldner gleichsam um: Auch bei wiederkehrenden, erst nach der Titulierung fällig werdenden Leistungen hat nicht mehr der Gläubiger deren Bestand und deren künftiges Entstehen nachzuweisen. Er kann sich auf den Titel verlassen und braucht sich nur noch um dessen Durchsetzung zu kümmern. Fragen in bezug auf Grund und Höhe der Forderung hat nun der Schuldner zur Geltung zu bringen. Er hat sich gegen die Vollstreckbarkeit des Titels (§ 766 ZPO) oder gegen den Bestand der Forderung (§§ 323, 323 a, 767 ZPO, 238 ff. FamFG) zu wenden. Der Schuldner kann sich daher im Sinne des Umstandsmoments nicht darauf stützen, der Gläubiger habe Bemühungen unterlassen, die dazu dienen könnten, den weiteren Bestand der Forderung dem Grunde und der titulierten Höhe nach zu belegen. Der Gläubiger, der eine wesentliche Verbesserung der Verhältnisse des Schuldners nicht erwartet oder sogar sicher weiß, sie seien nicht eingetreten, hat keinen Anlass, erneut Auskunft zu verlangen (§ 1605 II BGB). Stellt er Nachforschungen über die Einkommensverhältnisse des Schuldners an, so darf der Schuldner nicht auf eine Überprüfung der Forderung hoffen, sondern er muss das Naheliegende annehmen, nämlich dass die Nachforschungen in dieser Lage allein dazu dienen, die Vollstreckungssaussichten zu beurteilen und damit vergeblich aufgewandte Vollstreckungskosten zu vermeiden. Der Schuldner, der sich sorgfältig um die eigenen Belange kümmert, wird nicht erst durch Vollstreckungsversuche in die Lage versetzt, die Abänderung des Titels wegen wesentlicher Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vom Gläubiger zu verlangen und erforderlichenfalls gerichtlich durchzusetzen (§§ 238 ff. FamFG). Er kann es deshalb weder als ein Anzeichen mangelnden Durchsetzungswillens des Gläubigers werten, wenn sich dieser nicht an ihn wendet, noch enthebt ihn dies von der Obliegenheit, auf die Abänderbarkeit des Titels selbst zu achten. Schließlich darf der Schuldner aus seinem geringen tatsächlichen Einkommen nicht darauf schließen, der die Vollstreckung unterlassende Gläubiger halte die Unterhaltsforderung in der titulierten Höhe oder vollständig für nicht rechtfertigt. Eine solche Annahme liegt fern, weil die Anwendung des Unterhaltsrechts mit dem Zurechnen fiktiven, schuldhaft unterlassenen Erwerbs zu Forderungen führt, die aus den Mitteln, die dem Schuldner tatsächlich zur Verfügung stehen, nicht zu begleichen und nach § 850 d ZPO auch nicht zu vollstrecken sind. Insbesondere bei Bezug von Sozialleistungen kann sich der Schuldner bei unterlassenen Vollstreckungsversuchen nicht darauf einrichten, der Gläubiger halte die titulierte Forderung für ganz oder teilweise unberechtigt, sondern er hat zu gewärtigen, der Gläubiger stütze die Forderungshöhe auf fiktives Arbeitseinkommen.

bb) Der Antragsteller hatte danach keinen Anlass, sich darauf einzurichten, die Antragsgegnerin werde die titulierte Forderung nicht durchsetzen. Er hielt sich selbst für nicht leistungsfähig. Daraus konnte er allein schließen, dass gegen ihn gerichtete Vollstreckungsversuche ohne Erfolg bleiben würden und dass die Antragsgegnerin sie aus diesem Grunde unterließ. ..."

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Es stellt eine unzulässige Teilentscheidung dar, wenn in einem Unterhaltsverfahren nur über einen Teil des streitgegenständlichen Gesamtzeitraums entschieden wird (vertikale Teilentscheidung), obwohl sich eine für den Unterhalt in dem beschiedenen Teilzeitraum beantwortete rechtliche Frage auch für den noch anhängig bleibenden Teilzeitraum erneut stellt oder stellen kann (hier: Höhe der dem Unterhaltspflichtigen zuzurechnenden Einkünfte sowie die streitige Zahl der zu berücksichtigenden Unterhaltsberechtigten). Bei dem dem Unterhaltspflichtigen als erzielbar zuzurechnenden Einkommen aus einer hypothetischen Arbeitsstelle ist - auch soweit es um die Sicherung des Mindestunterhalts für minderjährige Kinder geht - regelmäßig ein pauschaler Abzug für berufsbedingten Aufwand vorzunehmen. Zur Höhe des von einem nicht gesundheitlich eingeschränkten Arbeitsfähigen ohne formelle Berufsqualifikation erzielbaren Nettoeinkommens (hier: für 2012 bei LSt-Kl. I/0,5 jedenfalls maßgebliche rund 1.030 €; OLG Celle, Beschluss vom 20.03.2013 - 10 UF 33/13).

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An die besonderen Umstände, auf Grund derer der Unterhaltsschuldner sich darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass der Unterhaltsgläubiger sein Recht nicht mehr durchsetzen werde, sind strenge Maßstäbe anzulegen, wenn die Verwirkung titulierter Ansprüche in Frage steht (OLG Stuttgart, FamRZ 1999, 859). Verspricht die Vollstreckung eines titulierten Anspruches keinen Erfolg, weil der Schuldner über pfändbares Einkommen nicht verfügt, muss das Umstandsmoment und damit die Verwirkung in aller Regel verneint werden (OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.03.2013 - 13 UF 66/12 - zur Verjährung siehe §§ 197 II, 195, 207 I, 212 I Nr. 2 BGB).

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Ein Wechselmodell, das wegen der paritätischen Betreuung eines Kindes auch unterhaltsrechtlich zur Folge hat, dass beide Eltern auf den Barunterhalt des Kindes haften, liegt nur dann vor, wenn neben etwa gleichwertigen zeitlichen Anteilen in der Betreuung auch die Verantwortung für die Sicherstellung einer Betreuung bei beiden Eltern liegt. Fehlt es daran, so kann dem hohen Betreuungsanteil des unterhaltspflichtigen Elternteils im Rahmen dieses erweiterten Umgangs dadurch Rechnung getragen werden, dass seine Unterhaltspflicht aus einer niedrigeren Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle entnommen wird, als der sich aus seinen bereinigten Einkünften entsprechenden Stufe (OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.03.2013 - 2 UF 394/12).

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Das Interesse des durch eine heterologe Insemination gezeugten Kindes, seine genetische Abstammung zu erfahren, kann im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung höher zu bewerten sein als die Interessen des beklagten Arztes und der Samenspender an einer Geheimhaltung der Spenderdaten. In diesem Fall kann das Kind vom behandelnden Arzt Auskunft über seine genetische Abstammung verlangen. Eine Einigung zwischen den Eltern und dem behandelnden Arzt, die Anonymität des Samenspenders zu wahren, stellt im Verhältnis zu dem ungeborenen Kind einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter dar. Die Auskunftserteilung ist dem beklagten Arzt erst dann unmöglich, wenn er die benötigten Informationen auch nach einer umfassenden Recherche nicht mehr beschaffen kann (OLG Hamm, Urteil vom 06.02.2013 - 14 U 7/12).

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„... Die von dem Antragsgegner geltend gemachten berufsbedingten Fahrtkosten führen auf der Grundlage der von dem Amtsgericht angenommenen und von dem Antragsteller auch nicht bestrittenen Fahrtstrecken nicht bloß zur Berücksichtigung eines Betrages von 271,00 EUR monatlich, sondern bei richtiger Berechnung zu einem solchen von 539,00 EUR. Die einfache Entfernung zwischen dem Wohnort des Antragsgegners und seiner Berufsschule in G, die er zweimal in der Woche aufsucht, beträgt unstreitig gerundet 86 km und die von seinem Wohnort bis zu seiner Ausbildungsstelle bei der W e. V. in I gerundet 40 km. Hieraus folgt eine wöchentliche Gesamtfahrleistung inklusive Rückwegen in der Summe von [(86 km x 2 x 2) + (40 x 2 x 3)] 584 km. Der Quotient aus der Division mit der Anzahl von Ausbildungstagen je Woche (5) beträgt 117 km und gibt die tägliche Fahrtleistung wieder. Unter weiterer Berücksichtigung, dass nach Ziffer 10.2.2 der Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Köln für die ersten 30 km der einfachen Strecke, also sowohl für den Hin- als auch für den Rückweg, in der Regel 0,30 EUR angesetzt werden können, errechnen sich monatlich entstehende Fahrtkosten in der Höhe von [(30 km x 2 x 0,30 EUR) + (57 km x 0,20 EUR)] x 220 Arbeitstagen/Jahr : 12 Monate = 539,00 EUR.

Dieser Betrag überschreitet die positiven Einkünfte des Antragsgegners im ersten Lehrjahr bis einschließlich August 2012 von monatlich (316,00 EUR zzgl. Kindergeld von 184,00 EUR =) 500,00 EUR und im zweiten Lehrjahr von monatlich (332,00 EUR + 184,00 EUR =) 516,00 EUR. Auf die von dem Amtsgericht vorgenommenen weiteren Abzüge von monatlich 90,00 EUR wegen ausbildungsbedingten Mehrbedarfs und von 107,00 EUR wegen Führerscheinerwerbskosten kommt es deswegen nicht an.

Auf der Grundlage des von dem Amtsgericht angenommenen und von dem Antragsgegner gebilligten bereinigten monatlichen Nettoeinkommens von 2.413,00 EUR ist der Antragsteller in die Einkommensgruppe 4 der Düsseldorfer Unterhaltstabelle einzustufen. Deshalb hat es bei der vergleichsweise festgelegten Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers zu verbleiben.

(2) Die von dem Antragsteller auch im zweiten Rechtszug geltend gemachten weiteren unterhaltsmindernden Umstände stehen dem Erfolg der Beschwerde des Antragsgegners nicht entgegen:

(2.1) Das gilt zunächst, soweit er meint, sein von dem Amtsgericht in der Höhe von 2.413,00 EUR ermitteltes Einkommen sei um weitere Beträge zu bereinigen:

(2.1.1) Der Senat teilt im Gleichlauf mit dem Amtsgericht nicht seine Auffassung, anlässlich der Trennung und Scheidung entstandene Anwaltskosten und Gerichtskosten in der nunmehr auf monatlich 75,00 EUR beschränkten Höhe müssten berücksichtigt werden. Zwar wird die Abzugsfähigkeit von im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren entstandenen notwendigen Verfahrenskosten in angemessenen Raten und dementsprechend auch von Verfahrenskostenhilferaten diskutiert; hierzu gehören indessen nur Kosten des Scheidungsverfahrens selbst einschließlich der amtswegigen Folgesache Versorgungsausgleich (vgl. : OLG Hamm, Urteil vom 05.10.1995 - 1 UF 403/94 - zitiert nach juris Rn. 2; Büttner/Niepmann/Schwamb, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 11. Auflage, Rn. 1057 f.; nur den Selbstbehalt treffend: OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.07.1997 - 2 UF 227/96 - zitiert nach Juris Rn. 27). Die Kosten, die der Antragsteller anmeldet, sind indessen in dem Verfahren 12 F 423/05 des Amtsgerichts Waldbröl = 14 UF 141/07 des Oberlandesgerichts Köln entstanden, in dem es nach Maßgabe des vorgelegten Vergleichsbeschlusses (Anl. AS 1 = Bl. 5 GA) in erster Linie um die Regelung des Ehegatten- und Kindesunterhalts und im Übrigen um die Beteiligung der Ehegatten an Hausfinanzierungs- und -fertigstellungskosten ging. Die Kosten eines Verfahrens über Ehegattenunterhalt, gleich ob als Folgesache oder isoliertes Verfahren, sind in der Regel nicht abzugsfähig, da sonst der Unterhaltsberechtigte über den Unterhalt das von ihm betriebene oder gegen ihn gerichtete Verfahren mitfinanzieren müsste. Beim Kindesunterhalt scheidet die Abzugsfähigkeit von Verfahrenskostenhilferaten schlechterdings aus, weil die Raten in der Höhe von dem an das Kind zu zahlenden Unterhalt abhängig sind.

(2.1.2) Das gilt ferner, soweit der Antragsteller Pfändungsbeträge zwischen 150,00 EUR und 180,00 EUR wegen eines Ursprungskredits aus dem Jahr 2001 bei der D-Bank geltend macht. Nach wie vor fehlt es an nachvollziehbaren Darlegungen des Antragstellers, in welcher Höhe der Kredit ursprünglich aufgenommen und im Jahr 2003 aufgestockt wurde und ob die Aufnahme/Aufstockung ehebedingt war.

(2.1.3) Zwar beruft sich der Antragsteller nicht mehr auf eine Pauschale von 5 % wegen berufsbedingter Fahrtkosten, die ohne konkrete Darlegungen nach Ziffer 10.2.1 der Kölner Unterhaltsleitlinien (Stand: 01.01.2011 wie 01.01.2013) in der Regel keine Berücksichtigung finden kann. Aber auch sein weiteres Vorbringen, er verfüge über einen Pkw, dessen monatliche Kosten sich einschließlich Benzingeld, Steuern und Versicherung auf 100,00 EUR monatlich beliefen, und diesen benötige er, um seiner Pflicht zur Rufbereitschaft bei den X Stadtwerken alle vier Wochen gerecht werden zu können, rechtfertigt insoweit keine negativen Ansatz, da der Entscheidung zugrunde zu legen ist, dass er über diesen Pkw in erster Linie privat verfügt und deswegen nur beruflich veranlasste Fahrtkosten geltend machen kann. Es fehlt indessen an einem verifizierbaren Vortrag dazu, an wie vielen Tagen je Woche, Monat oder Jahr er auf das Fahrzeug zur Wahrnehmung der Rufbereitschaft angewiesen war und welche Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsstelle besteht.

(2.2.) Der Senat vermag sich auch nicht den Vorstellungen des Antragstellers anzuschließen, die von dem Antragsgegner dessen Einkommen betreffend geltend gemachten Abzugspositionen seien nicht zu berücksichtigen:

(2.2.1) Das gilt zunächst, soweit er nach wie vor die Auffassung vertritt, der Antragsgegner könne seine Ausbildungsstätten ohne weiteres mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufsuchen. Insoweit ist der Entscheidung das Vorbringen des Antragsgegners im Schriftsatz vom 21.09.2011, das der Antragsteller als solches auch nicht bestreitet, als unstreitig zugrunde zu legen. Sein Vorbringen wird im Übrigen durch die im Internet abrufbare Fahrplanauskunft des VRS bestätigt. Daraus ergibt sich, dass der Antragsgegner seinen Wohnsitz morgens gegen 5.00 Uhr verlassen müsste, um pünktlich um 8.00 Uhr in der Berufsschule in G zu sein; auf dieser Fahrt müsste er zweimal umsteigen, was die Gefahr von Verspätungen mit sich brächte. Auch für die Strecke von Y nach I benötigt er mit öffentlichen Verkehrsmitteln mindestens eine Stunde und riskiert damit in der praktischen Ausbildung ebenfalls unpünktliches Erscheinen. Auf dieser Grundlage erscheint auch dem Senat der Einsatz eines Pkw für die Fahrten zur Berufsschule und zur Praktikumsstelle und zurück notwendig. Dass der jüngere Bruder des Antragsgegners die Schule in U, wo dieser ein Berufsgrundschuljahr absolviert, mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufsucht, rechtfertigt eine andere Sicht bezogen auf die Anerkennungsfähigkeit der Fahrtkosten des Antragsgegners nicht.

(2.2.2) Bei dem Abzug von 90,00 EUR handelt es sich nicht um eine berufsbedingte Pauschale, sondern um eine Pauschale für ausbildungsbedingten Mehrbedarf (siehe auch Anm. 8. zur Düsseldorfer Tabelle und Ziffer 10.2.3 der Kölner Unterhaltsleitlinien). Dieser findet seine Rechtfertigung neben sonstigen berufsbedingten Aufwendungen in einem Arbeitsanreiz (vgl. : Büttner/Niepmann/Schwamb, a. a. O., Rn. 560) und in der Notwendigkeit der Anschaffung von Büchern, sonstigen Lernmitteln und Einrichtungsgegenständen, die bei einem Arbeitnehmer normaler Weise nicht anfallen bzw. durch steuerliche Absetzung einen gewissen Ausgleich finden. Eine Verrechnung mit Fahrtkosten findet daher nicht statt. Das gegenteilige Vorbringen des Antragstellers ist im Übrigen auch deswegen unerheblich, weil der Antragsteller auch ohne Berücksichtigung des von dem Amtsgericht vorgenommenen weiteren Abzugs von monatlich 90,00 EUR wegen ausbildungsbedingten Mehrbedarfs in die Einkommensgruppe 4 der Düsseldorfer Unterhaltstabelle einzustufen ist (siehe oben Ziffer 1 letzter Absatz).

(2.2.3) Soweit der Antragsteller schließlich eine von dem Amtsgericht zuerkannte Führerscheinerwerbsrate von monatlich 107,00 EUR nicht akzeptieren möchte, sei er darauf hingewiesen, dass es auf die Abzugsfähigkeit auch dieser Position nach Maßgabe der Ausführungen zu Ziffer 1 dieses Beschlusses (3. Absatz) nicht ankommt, da die zu berücksichtigenden Fahrtkosten das positive Einkommen des Antragsgegners auch ohne Berücksichtigung einer Führerscheinerwerbsrate übersteigen.

Aus dem Vorstehendem erhellt, dass auch der Antrag des Antragstellers vom 09.01.2013, ihm für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, unbegründet sein dürfte, weil seine weitere Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i. S. v. § 113 Abs. 1 FamFG i. V. m. § 114 ZPO verspricht.

Abschließend wird der Antragsteller auf die Möglichkeit der Zurücknahme seines Abänderungsantrages vom 27.04.2012 (soweit dieser im Anschluss an dessen teilweise Zurückweisung durch das Amtsgericht noch anhängig ist) zum Zweck der Ersparnis eines Teils der bereits angefallenen Gerichtskosten und zwecks Vermeidung der eventuellen Entstehung weiterer außergerichtlicher Kosten hingewiesen.

Innerhalb der Frist bis zum 22.02.2013 besteht für beide Beteiligten auch Gelegenheit zur Stellungnahme zum Gegenstandswert der Beschwerde, den der Senat bei Addition von [2 x (378,00 EUR - 346,00 EUR)] + [5 x (378,00 EUR - 330,00 EUR)] + [5 x (378,00 EUR - 223,00 EUR)] in der Summe von 1.079,00 EUR sieht. ..."(OLG Köln, Beschluss vom 30.01.2013 - 4 UF 218/12)

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Kosten für ein privates Repetitorium zwecks Vorbereitung auf das erste juristische Staatsexamen sind als Mehrbedarf regelmäßig nur dann anzuerkennen, wenn die Universität ein kostenfreies Examensrepetitorium nicht anbietet (OLG Hamm, Beschluss vom 28.05.2013 - 6 WF 298/12).

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Zur Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Tragung der Kosten eines übereinstimmend für erledigt erklärten Verfahrens zum Kindesunterhalt, wenn er der vorgerichtlichen Aufforderung zur kostenfreien Titulierung des Unterhaltsanspruchs durch Errichtung einer Jugendamtsurkunde erst im laufenden Verfahren nachgekommen ist, weil die zur Ermittlung seiner eigenen Einkünfte erforderlichen Unterlagen im Zeitpunkt der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens noch nicht vorlagen (OLG Hamm, Beschluss vom 30.01.2013 - 9 WF 256/12 zu § 243 FamFG).

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Es ist mutwillig im Sinne von §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Satz 1 ZPO, wenn der Unterhaltsschuldner Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts nach § 240 FamFG erstrebt, nachdem der Unterhaltsgläubiger ihm mitgeteilt hat, künftig nur noch den reduzierten Unterhalt zu verlangen. Für ein Verzichtsverlangen im Sinne von § 240 Abs. 2 Satz 3 FamFG (bzw. § 238 Abs. 3 Satz 3 FamFG) genügt eine Mitteilung des Unterhaltsschuldners an den Unterhaltsgläubiger, in der der Unterhaltsschuldner schlüssig darlegt, dass nunmehr nur noch ein geringerer Unterhalt geschuldet sei, und den Unterhaltsgläubiger ernsthaft zu der Erklärung auffordert, die Herabsetzung des Unterhalts zu akzeptieren. Die Vorlage von Belegen dafür, dass das Herabsetzungsverlangen begründet sei, ist nicht erforderlich (OLG Hamburg, Beschluss vom 05.12.2012 - 7 WF 117/12).

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Veranlasst das Sozialamt, dass ein Hilfebedürftiger bei einer nach Ehescheidung aus dem Vorsorgeunterhalt aufgebauten Lebensversicherung auf Rentenbasis das Kapitalwahlrecht ausübt, um eine Rückzahlung der zuvor darlehensweise gewährten Hilfen zu bewirken, kann sich dies nicht zu Lasten eines seinen Eltern unterhaltspflichtigen Kindes auswirken. Entsprechendes gilt, wenn der Betreuer oder eine Sozialbehörde es versäumen, nach Beendigung der Erwerbstätigkeit in einer Behinderteneinrichtung auf eine Beibehaltung des Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung hinzuwirken, so dass bei Eintritt der Pflegebedürftigkeit keine Zahlungen aus der Pflegekasse erbracht werden (OLG Oldenburg, Beschluss vom 25.10.2012 - 14 UF 82/12).

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Einem volljährigen, nicht BAföG-berechtigten Studenten, der von seinen leistungsfähigen Eltern Unterhalt erhält, obliegt diesen gegenüber in der Regel nicht die Verpflichtung, ein sogenanntes Bildungsdarlehen aufzunehmen. Die Rechtsprechung hinsichtlich der Verpflichtung zur Aufnahme eines BAföG-Darlehens lässt sich auf ein sogenanntes Bildungsdarlehen nicht übertragen (OLG Bremen, Beschluss vom 10.09.2012 - 4 UF 94/12).

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Zur Höhe des Schonvermögens beim Elternunterhalt ( OLG Nürnberg, Beschluss vom 26.04.2012 - 9 UF 1747/11):

„... II. Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Sie führt in Abänderung des Endbeschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürth vom 10.11.2011 zur Abweisung des Antrags auf Unterhalt. Der Antragsgegner verfügt über kein Vermögen, aus dem er zu Unterhaltsleistungen für seine Mutter in Anspruch genommen werden kann. Es ist deshalb kein Unterhaltsanspruch auf den Antragsteller nach § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG übergegangen.

Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.

1. Der Antragsgegner ist zwar seiner Mutter nach §§ 1601, 1602 BGB unterhaltspflichtig, weil deren Einkommen und Vermögen zur Bezahlung der Kosten des Pflegeheimes nicht ausreichen.

Nach der Lohnabrechnung für das Jahr 2008 vom 12.12.2008, die die Beteiligten der Einkommensermittlung zugrunde legen, verdiente der Antragsgegner im Jahr 2008 27.497,92 € brutto. Davon sind nach den seit 01.04.2011 geltenden Steuer- und Beitragssätzen nach Lohnsteuerklasse 1, ohne Kinderfreibetrag, 3.481,00 € Lohnsteuer, 191,45 € Soli, 2.728,08 € Rentenversicherung, 411,27 € Arbeitslosenversicherung, 2.248,47 € Krankenversicherung und 267,32 € Pflegeversicherung abzuziehen. Es verbleiben Nettoeinkünfte von 18.090,54 €. Dies entspricht einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.507,54 €. Davon sind Versicherungsbeiträge von 12,33 € an die B.B., 13,13 € an die A. P. Krankenkasse und die Lebensversicherungsbeiträge von 54,45 € und 18,63 € für die zusätzliche Altersvorsorge abziehbar, die der Antragsgegner nach den vorgelegten Kontoauszügen (01.07.2011) auf die fortbestehenden Lebensversicherungsverträge Nr. ... und -/... bei der A. L. AG entrichtet. Nach Abzug von Fahrtkosten von 288,00 € (48 km x 0,30 € x 20 Tage) für die Fahrten zwischen der Wohnung in F. und dem Arbeitsplatz in L. verbleiben 1.121,00 € als bereinigtes monatliches Nettoeinkommen.

Das Wohngeld für die Eigentumswohnung in F. ist nicht abziehbar, weil es Kosten umfasst, die auf einen Mieter umgelegt werden könnten.

Mit einem bereinigten Nettoeinkommen von 1.121,00 € liegen die Erwerbseinkünfte des Antragsgegners deutlich unter dem Selbstbehalt von 1.500,00 € nach 21.3.3, SüdL 2011, so dass der Unterhalt nicht aus dem Einkommen des Antragsgegners geleistet werden kann. Der Antragsteller hat den Klageantrag darauf auch nicht gestützt.

2. Der Antragsgegner verfügt auch über kein Vermögen, aus dem er zu Unterhaltsleistungen für seine Mutter in Höhe der nicht gedeckten Heimkosten herangezogen werden kann.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2003,1281; BGH NJW 2004,2306) muss der Unterhaltsschuldner zwar auch auf seinen Vermögensstamm zurückgreifen, wenn er den Elternunterhalt nicht aus dem Einkommen erbringen kann.

Die Vermögensverwertungspflicht besteht aber nicht uneingeschränkt. Es sind auch die sonstigen Verbindlichkeiten und Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigten. Eine Vermögensverwertung kann nicht gefordert werden, wenn sie für den Unterhaltspflichtigen mit einem unangemessenen wirtschaftlichen Nachteil verbunden wäre. Der Unterhaltsschuldner muss nicht seinen eigenen angemessenen Unterhalt einschließlich der angemessenen Altersvorsorge gefährden (BVerfG NJW 2005, 1927 ff.). Beim Elternunterhalt sind die Interessen des Unterhaltspflichtigen danach stärker zu gewichten als beim Kindesunterhalt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH FamRZ 2006,1511) ist der Unterhaltspflichtige berechtigt, neben der Eigensicherung des Lebensbedarfs auch Vorkehrungen zur Sicherung seines angemessenen Bedarfs im Alter zu treffen. Das Altersvorsorgevermögen ist nach der genannten Entscheidung nicht nach einem für alle Fälle geltenden Pauschalbetrag anzusetzen, sondern individuell zu berechnen.

Für angemessen hält der Bundesgerichtshof ein Altersvorsorgevermögen, das 5 Prozent des gegenwärtigen Bruttoeinkommens, gerechnet auf die zurückgelegte Arbeitszeit und aufgezinst mit einer üblichen Kapitalverzinsung von 4 % p.a. entspricht. Damit soll das Vermögen geschützt und nicht für den Elternunterhalt einzusetzen sein, das sich aus einer monatlichen Altersvorsorge des Unterhaltspflichtigen von bis zu 5 % des Bruttoeinkommens, gerechnet auf die Dauer der Berufsjahre einschließlich Kapitalverzinsung ergibt.

Die Form der zusätzlichen Altersvorsorge ist dabei freigestellt (Palandt-Brudermüller-BGB, 71. Aufl., § 1601 Rn 9), sodass alle in Betracht kommenden Anlageformen einschließlich Immobilien gewählt werden können.

Der Senat errechnet bei Zugrundelegung des monatlichen Bruttolohns von 2.284,83 € (Lohnabrechnung vom 12.12.2008) bei einer jährlichen Kapitalverzinsung von 3 Prozent ein dem Antragsgegner zustehendes Altersvorsorgevermögen von 104.767,45 € (Gutdeutsch-Programm "Schonvermögen"). Die Verzinsung mit 3 Prozent hält der Senat wegen der inzwischen rückläufigen Rendite für angemessen.

Aufgrund der Angaben des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2012 vor dem Senat ist der am 27.02.1956 geborene Antragsgegner seit seinem 16. Lebensjahr in Deutschland ununterbrochen berufstätig. Nach seinen unbestrittenen Angaben kam er im Alter von 15 Jahren nach Deutschland und ging sein erstes Arbeitsverhältnis im September 1971 bei einem Unternehmen in A. bei Nürnberg ein. Die Lehre als Elektriker absolvierte er vier Jahre später im Abendkurs ohne Unterbrechung der Arbeitstätigkeit. Der Senat geht deshalb bei der Berechnung des Altervorsorgevermögens davon aus, dass der Antragsgegner vierzig Berufsjahre zurückgelegt hat.

3. Die Höhe des dem Antragsgegner zustehenden Altersvorsorgevermögens von 104.767,45 € wird von den verfügbaren Vermögenswerten nicht erreicht.

Bei der Postbank M. besteht nach drei Barabhebungen von jeweils 2.000,00 € am 04.07.2009, 24.10.2009 und 30.11.2009 ein Habenstand von noch 6.412,39 €. Bei der A. L. bestehen zwei Lebensversicherungen mit Rückkaufswerten von 27.123.13 € (Vertrag Nr. ...) und 5.559,03 € (Vertrag Nr. ...), bezogen auf den 01.02.2009. Daraus ergibt sich ein Kapitalvermögen von insgesamt 39.094,55 €.

Der Lebensversicherungsvertrag Nr. ... wurde vom Antragsgegner gekündigt. Der Antragsgegner erhielt am 01.12.2009 30.140,17 € ausbezahlt. Mit dem Betrag hat der Antragsgegner festgesetzte Steuern und Abgaben in Höhe von 20.881,53 €, Strafzahlungen in Höhe von 3.581,90 € und die Kanalanschlussgebühr von 3.413,72 € für das Wohnhaus in P. (Provinz Palermo) bezahlt. Aus dem Gebührenbescheid der Gemeinde P. vom 17. 07.2009 geht hervor, dass eine weitere Rate von 3.413,72 € zur Zahlung fällig wird.

Die Steuern, Abgaben und Strafzahlungen sind durch die vorgelegten Abrechnungen des Inkassounternehmens der italienischen Finanzverwaltung belegt. Durch die Entrichtung der Steuern und Abgaben und die Kanalanschlussgebühren für das Haus in P. wird der Auszahlungsbetrag von 30.140,17 € aufgebraucht.

Nach Angaben des Antragsgegners hat er das Grundstück in P. vor ca. 30 Jahren zusammen mit seiner Schwester erworben. Er hat dort ein Wohnhaus mit zwei Wohnungen errichtet. Wie sich aus dem vorgelegten Bescheid der Kommunalverwaltung von P. ergibt, unterliegt das Gebäude einem Straferlass wegen Verstoßes gegen Bauvorschriften. Für die Errichtung und Sanierung des Hauses besteht keine Baugenehmigung. Auch besteht kein Nachweis der Bewohnbarkeit.

Weitere Kosten und Steuern würden nach Angaben des Antragsgegners für die Bildung von Sondereigentum entstehen, das Voraussetzung für eine Veräußerbarkeit auf dem Immobilienmarkt ist. Derzeit besteht ungeteiltes Miteigentum.

Selbst wenn der Hälfteanteil mit dem vom Antragsgegner in der Auskunft vom 12.01.2009 vorgerichtlich genannten Verkehrswert von 60.000,00 € bewertet und dem noch vorhandenen Kapitalvermögen von 39.094,55 € aufgeschlagen wird, weil die leerstehende, nur für Ferienaufenthalte benutzte Immobilie grundsätzlich für den Elternunterhalt verwertet werden muss (BGH FamRZ 1986,48), ergibt sich ein Vermögen von 99.094,55 €, das unter der Grenze des ihm zustehenden Altervorsorgevermögens von 104.767,45 € liegt.

Nach Auffassung des Senats kann deshalb dahinstehen, ob der Anteil des Antragsgegners trotz der fehlenden Baugenehmigung mit 60.000,00 € bewertet werden kann. Bei Abzug von 10.000,00 € für den allgemeinen Freibetrag und 5.000,00 € Rückstellungen für Verbindlichkeiten in Italien, die der Antragsteller mit der Beschwerde nicht in Frage stellt, besteht für den Antragsgegner ein Altersvorsorgevermögen in Höhe von 84.094,55 €.

4. Der Bundesgerichtshof hat in der genannten Entscheidung (BGH FamRZ 2006, 1511) offen gelassen, ob das Altersvorsorgevermögen auch dann nach dem Maßstab von 5 Prozent des gegenwärtigen Bruttoeinkommens verzinslich hochgerechnet auf die Berufsjahre ermittelt werden kann, wenn der Unterhaltspflichtige über Immobilien verfügt (Wendl-Dose-Wönne, Unterhaltsrecht, 8. Auflage, § 2, Rn 959; Koritz, Der Selbstbehalt beim Elternunterhalt, NJW 2007, 270 ff.). Nach seiner Entscheidung ist in diesem Fall zu beachten, dass der Unterhaltspflichtige dann im Alter Mietaufwendungen spart und seinen Lebenstandard mit geringeren Einkünften aufrecht erhalten kann.

Der Senat ist der Auffassung, dass die im Alleineigentum des Antragsgegners stehende Eigentumswohnung in F., ..., deren Verkehrswert der Antragsteller auf 115.000,00 € veranschlagt, der Berücksichtigung eines weiteren Altersvorsorgevermögens mit 5 Prozent des gegenwärtigen Bruttoeinkommens für die Dauer der zurückgelegten Berufsjahre im vorliegenden Fall nicht entgegensteht. Denn das auf diesem Weg ermittelte Altersvorsorgevermögen bedeutet nicht, dass dem Antragsgegner nicht auch die selbstgenutzte Eigentumswohnung als Schonvermögen zusteht.

Dafür spricht, dass das bereinigte Nettoeinkommen des Antragsgegners in Höhe von 1.121,00 € (oben Ziffer II 1) erheblich unter dem Selbstbehalt von 1.500,00 € (SüdL. 21.3.3, Stand 01.01.2011) liegt. Da die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen so bemessen sind, dass sie nur zusammen mit dem Wohnvorteil der selbstgenutzten Eigentumswohnung, den der Antragsteller anhand einer Wohnwerttabelle auf monatlich 339,02 € (365,00 € abzüglich 25,98 € verbrauchsunabhängige Kosten) veranschlagt, den Bedarf des Unterhaltsschuldners von 1.500,00 € sicherstellen, ist der Verkehrswert der Wohnung nicht auf das Altersvorsorgevermögen anrechenbar.

Nach der vorgelegten Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern vom 16.11.2010 kann der Antragsgegner bei Fortzahlung der in den letzten 5 Jahren durchschnittlich geleisteten Beiträge bei Erreichen der Regelaltersgrenze am 26.11.2021 mit einer Rente von 1.320,90 € (ohne Rentenanpassungen) rechnen. Auch im Rentenalter ist der Mindestselbstbehalt des Antragsgegners von 1.500,00 € nur gedeckt, wenn der Wohnvorteil fortbesteht.

Da der Wert der selbst genutzten Eigentumswohnung des Antragsgegners aus diesem Grund nicht ganz oder teilweise auf das Altersvorsorgevermögen anzurechnen ist, besteht kein Grund zur Berechnung der Differenz zum Selbstbehalt, die der Antragsgegner mit 79.356,48 € (12 Monate x 14 Jahre x 472,36 €), der Antragsteller dagegen nur mit 3.973,33 € (1.400,00 € Selbsthalt abzüglich 1.379,03 € Einkommen = 20,97 € Fehlbetrag; 20,97 € x 12 x 15,78975 Barwertfaktor = 3.973,33 €) berechnet.

Die Wohnung in F. wird vom Antragsgegner und seiner Schwester A. B. bewohnt, die seit Anfang 2012 eine Rente von 760,00 € monatlich bezieht und zu den Kosten der Wohnung nichts beiträgt. Nach herrschender Rechtsprechung (BGH FamRZ 2003, 1179, 1181; BGH FamRZ 2004, 1184) muss das vom Unterhaltspflichtigen und seinen Angehörigen selbst genutzte Eigenheim nicht für den Elternunterhalt eingesetzt werden. Er entspricht auch der überwiegenden Auffassung in der Literatur, dass das Wohnungseigentum dem Elternunterhalt nur durch die Zurechnung des Wohnvorteils dient (Münchener-Kommentar BGB-Born, 6. Auflage, § 1601, Rn 20; Hauß, Neues vom Elternunterhalt, FamRB 2010, 275 ff.; Ehinger, Elternunterhalt, NJW 2008, 2465, 2469 mit Nachweisen).

Nach dem vorgelegten Grundriss handelt es sich bei der dem Antragsgegner gehörenden Wohnung um eine Dreizimmerwohnung mit Küche, Bad, Diele, Abstellraum und Balkon. Das Haus wurde im Jahr 1984 errichtet. Der Antragsgegner erwarb die Wohnung im Jahr 1996 zum Alleineigentum. Der Senat hat deshalb keinen Zweifel, dass eine selbstgenutzte, den Verhältnissen des Antragsgegners angemessene Eigentumswohnung vorliegt, die nicht für den Elternunterhalt verwendet werden muss. Zudem besteht ein gewisser Renovierungsrückstand.

Aus der Anerkennung der Eigentumswohnung als Schonvermögen neben dem Altersvorsorgevermögen ergibt sich keine unangemessene Bevorzugung des Antragsgegners gegenüber einem Unterhaltspflichtigen, der über keine Wohnung verfügt. Denn dem Antragsgegner wird nur das Vermögen belassen, das er zur Sicherstellung des Lebensbedarfs und einer angemessenen Versorgung im Alter benötigt.

Da der Antragsteller kein Vermögen hat, aus dem er den Elternunterhalt leisten muss, kann dahinstehen, ob er neben dem Altersvorsorgevermögen und der selbstgenutzten Eigentumswohnung eine Rückstellung von 20.000,00 € für die Ersatzbeschaffung eines Pkws beanspruchen kann oder ihm diese wegen der Erstzulassung seines VW-Golf (Diesel) am 12.08.2005 angesichts des Fahrzeugalters von noch nicht einmal sieben Jahren derzeit noch nicht zusteht.

Auch kann dahinstehen, inwieweit der Antragsgegner die Zahnarztrechnungen aus den Abhebungen vom Sparbuch bei der Postbank im Jahr 2009 entrichtet hat, sodass sie nicht noch einmal vom Vermögen abgesetzt werden können.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist nach allem begründet und führt in Abänderung des angefochtenen Endbeschlusses des Amtgerichts Fürth zur Abweisung des Antrags. Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen, denn sie ist unbegründet. ..."

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Für isolierte Unterhaltsverfahren, in denen sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte aus Art. 3 Buchst. a oder b EuUntVO herleitet, bestimmt § 28 AUG (2011) eine Zuständigkeitskonzentration, soweit einer der Verfahrensbeteiligten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat. Nach dieser Bestimmung hat in solchen isolierten Unterhaltsverfahren ausschließlich das Gericht zu entscheiden, das für den Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk der im Inland lebende Beteiligte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, zuständig ist. In Verfahren, die den Unterhalt eines minderjährigen Kindes zum Gegenstand haben, führt diese Konzentrationszuständigkeit dazu, dass den im Inland lebenden Kindern die Vergünstigung, das Verfahren an dem für ihren gewöhnlichen Aufenthalt zuständigen Gericht führen zu können, verloren geht ( OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.01.2012 - 1 UFH 43/11).

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Reicht das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht aus, um den Unterhaltsbedarf seiner minderjährigen und privilegiert volljährigen Kinder zu decken, ist in die Mangelfallberechnung in der Regel nur der Mindestunterhalt der Kinder einzustellen. Der Mehrbedarf eines Kindes ist in der Regel nachrangig zu befriedigen. Ist der Mindestunterhalt der minderjährigen oder privilegiert volljährigen Kinder nicht gewahrt, sind Beiträge zu einer privaten Unfallversicherung nicht vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzugsfähig (OLG Schleswig, Beschluss vom 04.01.2012 - 10 WF 254/11 zu §§ 1601, 1602, 1603, 1610 BGB).

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Gem. § 239 Abs. 1 FamFG kann bei einer einseitig erstellten Jugendamtsurkunde jeder Teil eine Abänderung beantragen. Dies gilt auch für die Zeit nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes, da der Unterhaltsanspruch des minderjährigen mit demjenigen des volljährigen Kindes identisch ist, so dass statische Titel über den Kindesunterhalt nach Erreichen der Volljährigkeit bis zu einer eventuellen Abänderung fortbestehen. Für dynamische Titel ist dies inzwischen ausdrücklich in § 244 FamFG geregelt. Fehlt es an einer Vereinbarung der Beteiligten bei der Errrichtung der Jugendamtsurkunde, da diese einseitig erstellt wurde, so kann sich der Unterhaltspflichtige von seiner titulierten Unterhaltspflicht nur dann lösen, wenn sich eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen Umstände, des Gesetzes oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die Höhe seiner Unterhaltspflicht auswirken. Der Unterhaltspflichtige muss deshalb nicht nur vortragen, dass die bisherige Unterhaltsleistung für ihn wegen Änderung der Verhältnisse nach § 242 BGB unzumutbar geworden ist, sondern auch die seiner damaligen Verpflichtung nach Grund und Höhe zu Grunde liegenden Umstände darlegen. Lag bereits zur Zeit der Errichtung der Jugendamtsurkunden eine Unterschreitung des Selbstbehalts vor, ist der Unterhaltspflichtige hieran auch bei einer Anpassung an die geänderten Verhältnisse festzuhalten. Verpflichtet sich der Unterhaltsschuldner in den Jugendamtsurkunden trotz aktuell nicht ausreichender Leistungsfähigkeit zu künftig steigenden Unterhaltsbeträgen, liegt in diesem Anerkenntnis regelmäßig eine Prognose dahingehend, dass er zur Zahlung der aufgrund der Titulierung zukünftig fälligen Unterhaltsbeträge in der Lage sein werde. Ändern sich jedoch die tatsächlichen Verhältnisse entgegen der prognostizierten Erwartung nicht mit der Folge, dass für zukünftige Zeiträume eingegangene höhere Unterhaltsverpflichtungen nicht geleistet werden können, so erweist sich die Prognose als nicht mehr tragfähig. In einem solchen Fall ist eine Bindungswirkung an die für deutlich erst in der Zukunft liegende Zeiträume eingegangene Unterhaltsverpflichtung nicht mehr gegeben (OLG Hamm, Beschluss vom 16.11.2011 - II-8 UF 96/11):

„... Auf das vorliegende Verfahren ist das ab dem 1. September 2009 geltende Recht anzuwenden, Art. 111 Abs. 1 FGG-RG. Danach hat die zulässige Beschwerde des Antragstellers teilweise Erfolg, hinsichtlich der Antragsgegnerinnen zu 2. und 3. allerdings nur für den Zeitraum bis einschließlich 12. Juli 2010. Der zulässigen Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin zu 1. kommt hingegen lediglich für den kurzen Zeitraum vom 1. bis zum 12. Juli 2010 Erfolg zu. Die Beschwerde führt zu einer Herabsetzung der Verpflichtung des Antragstellers aus den Urkunden des Jugendamtes D zu den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen jeweiligen monatlichen Unterhaltsbeträgen in einzelnen Zeiträumen, wobei jedoch eine Abänderung der zu Gunsten der Antragsgegnerinnen zu 2. und 3. errichteten Jugendamtsurkunden für die Zeit ab dem 13. Juli 2010 nicht mehr in Betracht kommt. Weiterhin ist auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin zu 1. deren Unterhaltsanspruch aus der Jugendamtsurkunde für den geringen Zeitraum vom 1. bis zum 12. Juli 2010 auf den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Betrag heraufzusetzen.

1. Der Abänderungsantrag des Antragstellers ist zulässig.

a) Gemäß § 239 Abs. 1 FamFG kann bei einer einseitig erstellten Jugendamtsurkunde jeder Teil eine Abänderung beantragen. Dies gilt auch für die Zeit nach Eintritt der Volljährigkeit des Unterhaltsberechtigten, da der Unterhaltsanspruch des minderjährigen mit demjenigen des volljährigen Kindes identisch ist (BGH NJW 2006,57), so dass statische Titel über den Kindesunterhalt nach Erreichen der Volljährigkeit des Kindes bis zu einer eventuellen Abänderung fortbestehen (OLG Hamm FamRZ 2008,291). Für dynamische Titel ist dies inzwischen ausdrücklich in § 244 FamFG geregelt.

Die Abänderung einer durch vollstreckbare Urkunde titulierten Unterhaltsverpflichtung gemäß § 239 I Satz 2 FamFG ist zulässig, wenn der Antragsteller Abänderungsgründe vorträgt, die - ihre Richtigkeit unterstellt - eine Abänderung rechtfertigen. Die weiteren Voraussetzungen und der Umfang der Abänderung richten sich gemäß § 239 Abs. 2 FamFG nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§ 313 BGB).

b) Nach Darstellung des Antragstellers erzielte er bei Errichtung der Jugendamtsurkunden im Februar 2006 ein Nettoeinkommen von 1691,23 € und - nach Abzug von Fahrtkosten für eine einfache Entfernung von 21 km zur Erreichung seiner Arbeitsstelle in Höhe von damals 184,80 € - ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 1506,43 €. Demgegenüber erziele er aufgrund eines zum 1.8.2008 erforderlich gewordenen Arbeitsplatzwechsels nunmehr lediglich noch ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 1445,79 €, von dem Fahrtkosten in Höhe von 110 € sowie Rückzahlungen auf einen Konsumentenkredit, den er zum großen Teil zur Tilgung von ehebedingten Verbindlichkeiten habe aufnehmen müssen, in monatlichen Raten von 100 € in Abzug zu bringen seien. Demnach stehe - auch unter Berücksichtigung des gestiegenen Selbstbehaltes - nur noch ein deutlich geringerer Betrag zur Deckung der Unterhaltsansprüche zur Verfügung. Dieses Vorbringen ist grundsätzlich geeignet, zu materiellrechtlich geringeren Unterhaltsansprüchen zu führen.

c) Der Antragsteller kann jedoch keine freie Abänderung der von ihm einseitig errichteten Jugendamtsurkunden ohne Berücksichtigung von deren Bindungswirkung verlangen. Fehlt es - wie vorliegend - an einer Vereinbarung der Beteiligten bei der Errichtung der Jugendamtsurkunde, da diese einseitig erstellt wurde, so kann sich der Unterhaltspflichtige von seiner durch die Jugendamtsurkunde titulierten Unterhaltspflicht nur dann lösen, wenn sich eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen Umstände, des Gesetzes oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die Höhe seiner Unterhaltspflicht auswirken. Denn regelmäßig führt eine einseitig erstellte Jugendamtsurkunde zugleich zu einem Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB mit der Folge, dass eine spätere Herabsetzung der Unterhaltspflicht die Bindungswirkung dieses Schuldanerkenntnisses beachten muss und sich der Unterhaltspflichtige von diesem einseitigen Anerkenntnis seiner laufenden Unterhaltspflicht nur unter den vorgenannten Voraussetzungen lösen kann (BGH FamRZ 2011, 1041ff ). Der Unterhaltspflichtige muss deshalb nicht nur vortragen, dass die bisherige Unterhaltsleistung für ihn wegen Änderung der Verhältnisse nach § 242 BGB unzumutbar geworden ist, sondern auch die seiner damaligen Verpflichtung nach Grund und Höhe zu Grunde liegenden Umstände darlegen.

Der Antragsteller verpflichtete sich am 20.2.2006 zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 282,67 € für L und von jeweils 223,67 € für N1 und Q2, also zur Zahlung von zunächst insgesamt 730 €. Von seinem um Fahrtkosten bereinigten damaligen Nettoeinkommen von 1506,43 € (1691,23 € - 184,80 €) verblieb ihm mithin nach Abzug dieser Zahlbeträge lediglich noch ein Betrag von 776,43 €, der den ihm zur damaligen Zeit zu belassenden notwendigen Selbstbehalt von 890 € um 113,57 € unterschritt. Zudem war bei Errichtung der Jugendamtsurkunden das - früher gemeinschaftlich mit der Mutter der Antragsgegnerinnen geführte - Konto des Antragstellers schon mit 4135,28 € überzogen. Im Hinblick auf diese bei Errichtung der Jugendamtsurkunden gegebenen Verhältnisse ist der Antragsteller an die damals bereits vorliegende Unterschreitung des ihm zu belassenden Selbstbehaltes um monatlich 113,57 € auch in der Zukunft festzuhalten. Zwar hat er sich darüber hinaus bereits bei Errichtung der Jugendamtsurkunden zu erhöhten Unterhaltszahlungen für die Zeit ab September 2006 und nochmals für die Zeit ab dem 1.3.2009 im Hinblick auf den Wechsel der Altersstufen der beiden jüngeren Kinder verpflichtet, insoweit scheidet indes eine Bindungswirkung für die Zukunft aus. Denn regelmäßig ist auch bei einem in der Errichtung der Jugendamtsurkunden zu sehenden Schuldanerkenntnis anzunehmen, dass der Schuldner sich nicht zu anderen als den gesetzlichen Leistungen verpflichten will. Ferner stellt auch das Erreichen einer höheren Altersstufe durch das Kind eine Änderung tatsächlicher Verhältnisse dar. Auch liegt regelmäßig in dem Anerkenntnis des Schuldners eine Prognose dahingehend, dass er zur Zahlung der aufgrund der Titulierung zukünftig fälligen Unterhaltsbeträge im gleichen Maße wie zum Zeitpunkt der Errichtung der Jugendamtsurkunden in der Lage sein werde, also dass seine Leistungsfähigkeit nicht - oder wie im vorliegenden Fall nicht noch weitergehend - unterschritten wird . Ändern sich jedoch die tatsächlichen Verhältnisse entgegen der prognostizierten Erwartung nicht mit der Folge, dass für zukünftige Zeiträume eingegangene höhere Unterhaltsverpflichtungen nicht - mehr - geleistet werden können, so erweist sich die Prognose als nicht mehr tragfähig, weshalb eine Bindungswirkung an die für deutlich erst in der Zukunft liegende Zeiträume eingegangene Unterhaltsverpflichtung nicht mehr gegeben ist.

2. Der Abänderungsantrag ist auch teilweise begründet, denn der Antragsteller ist nicht im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum in der Lage, an die Antragsgegnerinnen den titulierten Unterhalt zu zahlen. Dabei ist eine Abänderung auch rückwirkend ab Eintritt der Änderung der Verhältnisse möglich (vgl. Keidel-Meyer-Holz, FamFG, 17. Auflage, § 239 Rz 39), da § 238 Abs. 3 Satz 4 FamFG bei der Abänderung von Jugendamtsurkunden nicht gilt. An den vorstehend dargelegten tatsächlichen Verhältnissen bei Errichtung der Jugendamtsurkunden haben sich die nachfolgenden Veränderungen ergeben, wobei sich der Barunterhaltsanspruch der Antragsgegnerinnen gegenüber dem Antragsteller weiterhin aus § 1601ff BGB ergibt und sich nach der Höhe seines Einkommens bemisst.

a) Im Zeitraum Februar 2009 bis einschließlich März 2010 war der Antragsteller bei der Firma M beschäftigt. Im Zeitraum Februar bis Dezember 2009 hat er dort gemäß der Lohnabrechnung für den Monat Dezember ein Gesamtbruttoeinkommen von 27.306,67 € und damit von netto 17.349,50 € erzielt, mithin monatlich durchschnittlich 1577,23 € (bei 11 Monaten). Im anschließenden Zeitraum Januar bis März 2010 hat er dann bei der Firma M ein Gesamtbruttoeinkommen von 7350 € und von netto 4799,76 € und damit monatsdurchschnittlich 1599,92 € erzielt.

Ab April 2010 war er bei der Firma L beschäftigt und hat dort bis einschließlich Dezember 2010 gemäß seiner Lohnabrechnung für Dezember ein Gesamtbruttoeinkommen von 24.211,92 € und von netto 15.939,60 € und damit monatlich durchschnittlich 1771,07 € erzielt.

b) Der Antragsteller wurde jedenfalls ab April 2010 bei seinem neuen Arbeitgeber nach Steuerklasse I/1,5 versteuert, allerdings wurden zuvor keine Kinderfreibeträge geltend gemacht. Dies wurde nachträglich durch die Steuerbescheide für 2008 und 2009 korrigiert. Für das Jahr 2008 hat er im Jahr 2010 - wobei der Senat im Hinblick auf die vom Antragsteller verschuldete verspätete Einreichung der Steuererklärung den Erstattungsbetrag zur zeitlichen Entzerrung bereits im Jahr 2009 berücksichtigt - eine Steuererstattung von 234,95 € erhalten, also von monatsanteilig 19,58 €. Für das Jahr 2009 hat er im Jahre 2010 insgesamt 56,18 € erstattet bekommen, somit monatsanteilig 4,68 €. Allerdings musste er für die Erstellung der Steuererklärungen einen Steuerberater hinzuziehen, für den er für die Steuererklärungen der Jahre 2008 und 2009 ein Honorar in Höhe von insgesamt 248,12 € zu zahlen hatte und damit durchschnittlich monatlich 10,34 € (bei 24 Monaten). Diese Beträge sind von den Erstattungen in Abzug zu bringen. Für den Antragsteller lag jedoch anschließend auf der Hand, dass er unter den gleichen Voraussetzungen für das Jahr 2010 wohl keine Steuererstattung zu erwarten hatte, so dass er für die Folgejahre ab 2010 dann nicht mehr zur Einreichung einer Steuererklärung mit entsprechenden Kosten eines Steuerberaters verpflichtet war.

c) Für die Erreichung seiner Arbeitsstelle bei der Firma M musste der Antragsteller im Zeitraum Februar 2009 bis März 2010 eine einfache Entfernung von 10 km zurücklegen, so dass berufsbedingte Fahrtkosten von 110 € (2x 10 x 0,30 x 220 geteilt durch 12) zu berücksichtigen sind.

Für die Zeit ab April 2010 entstanden bei einer einfachen Fahrtstrecke zur Firma L nach der gleichen Berechnungsformel monatliche Fahrtkosten von 121 €. Dem Antragsteller kann im Hinblick auf seine Arbeitszeiten - für ihn als Bäcker beginnen diese bereits in der Nacht bzw. am frühen Morgen - nicht angesonnen werden, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, da die Arbeitsstelle zu dieser Zeit nach den Erörterungen im Senatstermin mit öffentlichen Verkehrsmitteln noch nicht zu erreichen ist.

d) Die Aufwendungen des Antragstellers für den von ihm aufgenommenen Konsumentenkredit mit monatlichen Raten von 100 € sind nicht zu berücksichtigen. Die Restschuld aus dem bei der Sparkasse X im Juni 2008 aufgenommenen Kredit belief sich bei Beginn des hier streitigen Unterhaltszeitraumes auf rund 5600 €, wohingegen bei Errichtung der Jugendamtsurkunden das Konto des Antragstellers nach eigenen Angaben bereits mit 4135,28 € im Soll stand. Hieraus ergibt sich, dass bereits zur Zeit der Errichtung der Jugendamtsurkunden Schuldverpflichtungen bestanden, die jedoch einkommensmindernd bei seiner Unterhaltsverpflichtung nach eigenem Vorbringen keine Berücksichtigung gefunden haben. Zwar hat der Antragsteller zur damaligen Zeit noch keine Rückführungen auf diese Verbindlichkeiten vorgenommen; andererseits ist die aktuelle Schuldverpflichtung um weitere rund 1500 € gestiegen, wobei nicht ersichtlich ist, warum der Antragsteller im Zeitraum seit Errichtung der Jugendamtsurkunden im Februar 2006 bis zum Beginn des hier streitigen Unterhaltszeitraumes im Februar 2009 seine damals bestehenden Schuldverpflichtungen nicht hätte - zumindest teilweise - zurückführen können. Erst recht ist nicht ersichtlich, warum nach Trennung der Eltern der Antragsgegnerinnen die Schuldverpflichtung noch weiter angestiegen ist; dies dürfte jedenfalls nicht mehr auf die ehelichen Lebensverhältnisse zurückzuführen sein. Letztlich wären ohnehin bestehende Schuldverpflichtungen im Rahmen des Unterhaltes für minderjährige Kinder - da vorliegend der Mindestunterhalt tangiert ist - nur mit den jeweils anfallenden Kreditzinsen zu berücksichtigen. Die Gesamtwürdigung dieser Umstände führt im Ergebnis dazu, dass die nunmehr vom Antragsteller geleisteten Rückzahlungsraten im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Kindesunterhalt nicht zu berücksichtigen sind.

e) Dem Antragsteller sind im Hinblick auf seine gesteigerte Erwerbsverpflichtung seinen minderjährigen Kindern gegenüber auch keine höheren Einkünfte, als er tatsächlich erzielt hat, zuzurechnen. Im Jahr 2006 hat er nach eigenen Angaben bei der Firma X 1691,23 € netto verdient und musste Fahrtkosten in Höhe von 184,80 € aufwenden, so dass ein unterhaltsrelevantes Einkommen von 1506,43 € verblieb. Bei Beginn des hier streitigen Unterhaltszeitraumes erzielte er zwar nur ein bereinigtes unterhaltsrelevantes Einkommen von 1476,47 €, jedoch hätte ihm aller Voraussicht nach bei Beibehaltung seiner Arbeitsstelle bei der Firma X kein höheres unterhaltsrelevantes Einkommen zur Verfügung gestanden. Denn im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Erhöhung der Fahrtkostenpauschale von damals 0,24 €/km auf nunmehr 0,30 €/km wären die einkommensmindernd zu berücksichtigenden Fahrtkosten von damals 184,80 € auf nunmehr 231 € (21 km x 0,30 € x 2 x 220 ./. 12) gestiegen, so dass bei Fortschreibung seines damaligen Einkommens von 1691,23 € nach Abzug der Fahrtkosten nunmehr lediglich noch ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1460,23 € verblieben wäre und damit weniger, als er tatsächlich nach dem Wechsel seiner Arbeitsstelle erzielt hat. Vor diesem Hintergrund stellt sich auch nicht die Frage, ob der Antragsteller aus unterhaltsrechtlicher Sicht überhaupt seinen Arbeitsplatz bei der Firma X freiwillig aufgeben und zur Firma M wechseln durfte. Eine unterhaltsrechtliche Obliegenheit, seinen festen langjährigen Arbeitsplatz bei der Firma X aufzugeben und zu versuchen, bei einem anderen Arbeitgeber ein höheres Einkommen zu erzielen, bestand jedenfalls für ihn nicht. Darüber hinaus ist es ihm ab dem 1.4.2010 auch gelungen, bei der Firma L eine neue Arbeitsstelle mit sogar höherem Nettoeinkommen zu erlangen.

f ) Somit ist von folgendem unterhaltsrelevanten bereinigten Einkommen auf Seiten des Antragstellers für einzelne Zeiträume auszugehen:

2/09 -12/09: 1476,47 € (1577,23 € Nettoeinkommen + 19,58 € StRE - 10,34 € 44 Steuerberaterkosten -110 € Fahrtkosten)
1/10-3/10: 1484,26 € (1599,92 € Nettoeinkommen + 4,68 € StRE - 10,34 € Steuerberaterkosten -110 € Fahrtkosten)
ab 4/10 : 1644,41 € (1771,07 € Nettoeinkommen + 4,68 € StRE - 10,34 € 48 Steuerberaterkosten - 121 € Fahrtkosten)

g) Schließlich kommt eine - weitere - Absenkung des dem Antragsteller zu belassenden Selbstbehaltes wegen des Zusammenlebens mit einer Partnerin seit Juli 2008 nicht in Betracht. Der Antragsteller ist - wie bereits zuvor dargelegt - an der freiwilligen Absenkung des ihm zu belassenden Selbstbehaltes um einen Betrag von 113,57 € festzuhalten, so dass der ihm zu belassende billige Selbstbehalt ab Februar 2009 von 900 € auf 786,43 € herabzusetzen ist. Diese, vom Antragsteller hingenommene Absenkung seines Selbstbehaltes um rund 13 % spiegelt sich allerdings in seinen tatsächlichen Lebensverhältnissen nicht wider, da ihm im Vergleich zu anderen Unterhaltsverpflichteten - abgesehen von dem erst im Juli 2008 aufgenommenen Zusammenleben mit einer Partnerin - keine Verringerung seiner allgemeinen Lebenshaltungskosten zugute kommt. Damit wird sein Selbstbehalt schon um einen höheren prozentualen Satz abgesenkt als dies bei einem Zusammenleben mit einem leistungsfähigen Partner mit üblicherweise 10 % bis 13,5 % der Fall wäre. Einer zusätzlichen weiteren Absenkung des Selbstbehaltes über diese rund 13 % hinaus würde keine (weitere) Ersparnis in den allgemeinen Lebenshaltungskosten gegenüberstehen.

h) Schließlich ist ab Eintritt der Volljährigkeit des Kindes L - dem 13.7.2010 - die bestehende Mithaftung der Kindesmutter zu berücksichtigen. Der Bedarf von L bestimmt sich zum einen nunmehr nach dem zusammengerechneten Einkommen der Eltern, des weiteren haftet der Antragsteller nur noch anteilig neben der Kindesmutter nach dem Verhältnis der jeweils anrechenbaren Einkünfte. Vor diesem Hintergrund ist ab diesem Zeitpunkt auch das unterhaltsrelevante Einkommen der Kindesmutter von Bedeutung und zu ermitteln. Dieses beläuft sich für den hier streitigen Zeitraum auf 1193,66 €.

(1) Die Kindesmutter arbeitet zwar nur 32 Stunden und damit nicht vollschichtig, ist aber im Verhältnis zum Antragsteller nicht verpflichtet, ihre Erwerbstätigkeit auszudehnen. Sie hat im Jahr 2010 ein Gesamtbruttoeinkommen von 28.853,34 € und netto (nach Abzug auch der eigenen Beiträge zur Zusatzversorgung) 18.515,28 € und damit monatlich durchschnittlich 1542,94 € erzielt. Sie hat eine Steuerrückerstattung für das Jahr 2009 im Jahre 2010 in Höhe von 2066,98 € und damit monatsanteilig 172,25 € erhalten. Ihr Gesamteinkommen belief sich damit auf monatlich 1715,18 €. Dieses Einkommen kann auch für das Jahr 2011 fortgeschrieben werden.

(2) An Fahrtkosten sind für eine einfache Entfernung von 36 km 352 € in Abzug zu bringen ([30 x 0,30 ] + [6 x 0,10 €] x 2 x 220 ./. 12).

Kosten einer Unfallversicherung sind bei einem im öffentlichen Dienst tätigen Arbeitnehmer aus dem Selbstbehalt zu tragen und nicht vom unterhaltsrelevanten Einkommen abzuziehen.

Soweit es die Altersvorsorgeaufwendungen betrifft, können nur 4 % vom Gesamtbruttoeinkommen des Jahres 2009 über 32.343 € und damit 1293,27 € im Jahr und damit monatsanteilig 107,81 € als sekundäre Altersvorsorge in Abzug gebracht werden. Hiervon sind bereits jährlich 459,59 € als eigener Beitrag in die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes mit monatlich 38,29 € berücksichtigt worden. Allein für die O Lebensversicherung wendet die Kindesmutter weitere 69,46 € monatlich auf, für eine Riester-Rente 55,20 €, für eine weitere Lebensversicherung 40,84 € und für eine Unfallrentenversicherung 15,58 €. Von diesen zusätzlichen Altersvorsorgeaufwendungen sind unterhaltsrelevant als zusätzliche sekundäre Altersvorsorgebeiträge lediglich der Höchstbetrag von noch 69,52 € zu berücksichtigen (107,81 € - bereits berücksichtigter Beitrag zur Zusatzversorgung mit monatlich 38,29 €). Die Unfallrentenversicherung ist nicht zusätzlich zu berücksichtigen.

Abzuziehen sind weiterhin die monatlichen Darlehensraten in Höhe von 100 € für eine Zahnbehandlung.

(3) Betreuungskosten in geltend gemachter Höhe von monatlich 380 € sind hingegen nicht abzusetzen. Die älteste Tochter ist - da hier lediglich der Zeitraum ab deren Volljährigkeit zu bewerten ist - bereits volljährig, die beiden Zwillinge sind zu diesem Zeitpunkt ( im Juli 2010) bereits 13 Jahre alt. Der Betreuungsvertrag mit der Großmutter der Kinder wurde bereits im Dezember 2005 abgeschlossen, als alle Kinder noch minderjährig und die Zwillinge erst 8 Jahre alt waren. Mag zu diesem Zeitpunkt noch eine zusätzliche Betreuung aller 3 minderjährigen Kinder neben der Berufstätigkeit der Kindesmutter erforderlich gewesen sein, so ist dies bei nunmehr 13 -jährigen Schülerinnen, die bis zum Nachmittag die Schule besuchen und deren Mutter lediglich 32 Stunden in der Woche ab morgens 7:30 Uhr arbeitet und deshalb im Durchschnitt um 15:00 Uhr wieder zuhause ist, nicht mehr erforderlich. Alleine aus einer möglicherweise schlechten Busverbindung und damit entstehenden längeren Wartezeiten für die Antragsgegnerinnen nach Schulschluss bis zur Heimkehr nachhause lässt sich jedenfalls ein zusätzlicher, von der Kindesmutter zu erbringender entgeltlicher Betreuungsaufwand zur Ermöglichung ihrer eigenen Berufstätigkeit nicht ableiten. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich hieraus möglicherweise ein höherer Kindesunterhaltsbedarf ergibt.

Damit ergibt sich ein unterhaltsrelevantes Einkommen der Kindesmutter von 1193,66 € (1542,94 € + 172,25 € anteilige Steuerrückerstattung -352 € Fahrtkosten -69,52 € 60 Aufwendungen für sekundäre Altersvorsorge - 100 € Darlehensraten).

3. Diese Veränderungen der im Zeitpunkt der Errichtung der Jugendamtsurkunde vorliegenden Verhältnisse führen - unter Berücksichtigung der bereits bei Errichtung der Jugendamtsurkunden gegebenen Verhältnisse, an die der Antragsteller weiterhin gebunden ist - zu folgenden Unterhaltsansprüchen der Antragsgegnerinnen für einzelne Zeiträume:

a) Februar 2009

Bei einem bereinigten Einkommen des Antragstellers von 1476,47 € steht nach Abzug des auf 786,43 € (900 € -113,57 €) abgesenkten Selbstbehaltes, an dem sich der Antragsteller festhalten lassen muss, noch ein Betrag von 690,04 € (1476,47 € -786,43 €) zur Deckung des Unterhaltsbedarfs der 3 Antragsgegnerinnen zur Verfügung.

Der Mindestbedarf der Antragsgegnerin zu 1. (3. Altersstufe) beläuft sich auf 295 €, derjenige der Antragsgegnerinnen zu 2. und 3. (2. Altersstufe) auf jeweils 240 €, so dass ein Gesamtbedarf der 3 Antragsgegnerinnen in Höhe von zusammen 775 € besteht. Bei einer Deckungsmasse von 690,04 € ergibt sich eine Deckungsquote von 89,04 %. Damit beläuft sich der gemangelte Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin zu 1. auf - gerundet - 263 € und derjenige der Antragsgegnerinnen zu 2. und 3. auf jeweils - gerundet - 214 €.

b) März bis Dezember 2009

Bei gleichem Einkommen und einer weiterhin bestehenden Verteilungsmasse für Unterhaltszwecke von 690,04 € ergibt sich ein gemangelter Unterhaltsanspruch von - gerundet - jeweils 230 € monatlich je Kind, da sich nunmehr alle 3 Kinder in der gleichen Altersstufe (3. Altersstufe) befinden, so dass der für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehende Betrag gleichmäßig auf alle 3 Antragsgegnerinnen aufzuteilen ist.

c) Januar bis März 2010

Bei einem nunmehr zur Verfügung stehenden bereinigten Einkommen des Antragstellers von 1484,26 € verbleibt nach Abzug des abgesenkten Selbstbehaltes von 786,43 € ein zur Deckung der Unterhaltsansprüche aller 3 Kinder zur Verfügung stehender Betrag von 697,83 €, der auf alle 3 Antragsgegnerinnen gleichmäßig aufzuteilen ist. Damit besteht ein Unterhaltsanspruch von - gerundet - 233 € monatlich je Kind.

d) 1. April bis 12. Juli 2010

Nunmehr erzielt der Antragsteller bei der Firma L ein bereinigtes Einkommen von monatlich 1644,41 €, wovon nach Abzug des (weiterhin) abgesenkten Selbstbehaltes von 786,43 € noch ein Betrag von 857,98 € zur Deckung der Unterhaltsansprüche aller 3 Kinder verbleibt. Hieraus ergibt sich ein Unterhaltsanspruch von - gerundet - 286 € monatlich je Kind.

e) 13. Juli bis 31. Dezember 2010

Der Antragsteller ist unverändert zur Zahlung eines Betrages von insgesamt 857,98 € (1644,41 € bereinigtes Einkommen -786,43 € abgesenkter Selbstbehalt) Kindesunterhalt leistungsfähig. Da die älteste Tochter L jedoch nunmehr privilegierte Volljährige im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB ist, ist auch ihre Mutter ihr gegenüber unterhaltspflichtig und ihr Bedarf bemisst sich nach dem zusammengerechneten Einkommen beider Elternteile. Die Haftungsanteile der Eltern (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB) bestimmen sich dabei nach dem Verhältnis ihrer anrechenbaren Einkommen abzüglich ihres notwendigen Selbstbehaltes, wobei die Barunterhaltspflichten gegenüber minderjährigen Kindern vorweg abzuziehen sind (HLL 13. 3.2).

Da für die beiden Antragsgegnerinnen zu 2. und 3. für den Zeitraum ab dem 1.3.2009 ein Unterhaltsanspruch in Höhe von jeweils 316 € durch die Jugendamturkunden tituliert ist, beläuft sich das in die Ermittlung des jeweiligen Haftungsanteils einzustellende verbleibende Einkommen des Antragstellers auf 225,98 € (bereinigtes Erwerbseinkommen 1644,41 € - 316 € titulierter Unterhaltsanspruch für die Antragsgegnerin zu 2. - 316 € titulierter Unterhaltsanspruch für die Antragsgegnerin zu 3. - 786,43 € abgesenkter Selbstbehalt).

Demgegenüber verbleibt auf Seiten der Kindesmutter ein einzusetzender Restbetrag von 260 €. Die Kindesmutter erzielt ein bereinigtes Erwerbseinkommen von 1193 €, von dem jedoch noch ein Betrag von insgesamt 33 € (18 € x 15 €) als auf sie entfallenden Unterhaltslast für die beiden bei ihr lebenden minderjährigen Kinder N1 und Q2 abzuziehen ist, den sie zur Aufstockung des bisher zu Gunsten dieser beiden Kinder durch die Jugendamtsurkunden titulierten Unterhaltsbeträge von jeweils 316 € auf den aktuellen Mindestzahlbetrag von 334 € bzw. 331 €nach der Düsseldorfer Tabelle einzusetzen hat. Nach Abzug des notwendigen Selbstbehaltes verbleibt damit lediglich noch ein Betrag von 260 € (1193 € -33 € -900 €) auf ihrer Seite.

Bei einem danach einzusetzenden Gesamteinkommen von 485,98 € ergibt sich hieraus ein auf den Antragsteller entfallender Haftungsanteil von 46,50 % und ein auf die Kindesmutter entfallender Haftungsanteil von 53,50 %. Der Unterhaltsbedarf der nunmehr volljährigen Antragsgegnerin zu 1. auf der Grundlage des zusammengerechneten Einkommens beider Elternteile von 2838,07 € (Einkommen des Vaters 1644,41 € + Einkommen der Mutter 1193,66 € ) ergibt sich aus der 5. Einkommensgruppe mit monatlich 402 € (nämlich 586 € - volles Erstkindergeld von 184 €).

Demnach besteht ein Unterhaltsanspruch in Höhe von - gerundet - 187 € gegenüber dem Antragsteller (46,50 % von 402 €). Somit ergeben sich in diesem Zeitraum monatliche Unterhaltsansprüche von unverändert 316 € für jede der Antragsgegnerinnen zu 2. und 3. und von monatlich 187 € für die Antragsgegnerin zu 1., mithin eine Gesamtunterhaltslast von 819 €, zu deren Erbringung der Antragsteller unter Berücksichtigung seines Einkommens und des abgesenkten Selbstbehaltes (1644,41 € -786,43 € Selbstbehalt = verbleibende 857,98 €) auch weiterhin leistungsfähig ist.

f) ab Januar 2011

Das Einkommen aus dem Jahre 2010 ist sowohl auf Seiten des Antragstellers als auch auf Seiten der Kindesmutter fortzuschreiben, da sich voraussichtlich hieran keine wesentlichen Änderungen im Verlaufe des gesamten Jahres ergeben werden.

Allerdings ist nunmehr der von 900 € auf 950 € gestiegene notwendige Selbstbehalt in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Auf Seiten des Antragstellers verbleibt zur Deckung des Unterhaltsbedarfes der Antragsgegnerin zu 1. noch ein Einkommen von monatlich 175,98 € nach Vorwegabzug der bestehende Unterhaltslasten für die beiden jüngeren Kinder (1644,41 € bereinigtes Einkommen - 316 € titulierter Kindesunterhalt für die Antragsgegnerin zu 2 - 316 € titulierter Kindesunterhalt für die Antragsgegnerin zu 3. - weiterhin um 113,57 € abgesenkter Selbstbehalt von nunmehr 950 € und damit 836,43 €).

Demgegenüber verbleibt auf Seiten der Kindesmutter ein einzusetzender Betrag von 210 € (1193 € bereinigtes Einkommen - 33 € als auf die Kindesmutter entfallender Auffüllungsbetrag zur Erreichung des Mindestunterhalts der beiden minderjährigen Kinder - 950 € Selbstbehalt). Bei einem danach einzusetzenden Gesamteinkommen von 385,98 € ergibt sich hieraus ein auf den Antragsteller entfallender Haftungsanteil von 45,59 % und ein auf die Kindesmutter entfallender Haftungsanteil von 54,41 % für den Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin zu 1. in Höhe von - weiterhin - monatlich 402 €. Danach würde der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin zu 1. gegenüber dem Antragsteller an sich monatlich - rund - 183 € betragen, derjenige der Antragsgegnerinnen zu 2. und 3. jeweils (weiterhin) 316 €. Zur Zahlung des sich danach ergebenden Gesamtunterhaltsanspruchs der 3 Kinder des Antragstellers über monatlich 815 € ist dieser allerdings nicht vollständig leistungsfähig; nach Abzug des zwar nunmehr erhöhten - jedoch weiterhin abgesenkten - Selbstbehaltes von 836,43 € verbleiben ihm von seinem durchschnittlichen bereinigten Nettoeinkommen über 1644,41 € nämlich nur noch monatlich 807,98 €, so dass die Unterhaltsansprüche der Antragsgegnerinnen um insgesamt 7 € zu kürzen wären. Da die Unterhaltsansprüche der Antragsgegnerinnen zu 2. und 3., wie sie in den Jugendamtsurkunden tituliert sind, ohnehin schon hinter dem Bedarf zurückbleiben (316 € statt 334 € bzw. 331 €), hält es der Senat für angemessen, die Kürzung allein beim Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin zu 1. vorzunehmen, so dass sich dieser um 7 € von 183 € auf 176 € verringert. ..."

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Klagt ein Unterhaltsgläubiger, der über einen vollstreckbaren Unterhaltstitel verfügt, gegen den Unterhaltsschuldner, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, auf Feststellung des Bestehens eines Anspruches aus unerlaubter Handlung wegen Nichtzahlung des Unterhalts, fehlt es, wenn der Unterhaltsschuldner diesem Anspruch widersprochen hat, nicht an einem rechtlichen Interesse an der Feststellung (Anschluss an BGH Urt. v. 2. Dezember 2010, IX ZR 41/10, MDR 2011, 130 ff.). Für das Verfahren eines Unterhaltsgläubigers auf Feststellung, dass ihm der titulierte Unterhaltsanspruch gegen den Unterhaltsschuldner auch aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 170 StGB zusteht, ist kraft Sachzusammenhangs mit dem Unterhaltsanspruch das Familiengericht sachlich zuständig (KG, Beschluss vom 30.08.2011 - 18 WF 93/11 zu § 823 Abs 2 BGB, § 170 StGB).

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Die Darlegungs- und Beweislast für seine Leistungsunfähigkeit trifft dagegen den Antragsgegner als Unterhaltsschuldner selbst. Das folgt aus der - als Einwendung ausgestalteten - Regelung in § 1603 I BGB, die nicht nur den Mindestunterhalt minderjähriger Kinder betrifft, sondern auf alle Unterhaltsansprüche von Verwandten nach § 1601 BGB Anwendung findet (vgl. Wendl/Staudigl-Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 6 Rz. 710 ff. m. w. N.). Zur Darlegung seiner Leistungsunfähigkeit gehört auch die vom Antragsgegner eingewandte Unterhaltsbedürftigkeit seiner gem. § 1609 Nr. 3 BGB vorrangig berechtigten Ehefrau. Das bedeutet, dass der Antragsgegner diejenigen Umstände darlegen und beweisen muss, die einen Unterhaltsanspruch seiner Ehefrau gegen ihn begründen. Sein Vortrag, dass seine Ehefrau kein laufendes Einkommen bezieht, reicht vor dem Hintergrund des Bestreitens durch die Antragstellerin für die Feststellung der Unterhaltsbedürftigkeit und für die Bemessung des Bedarfs der Ehefrau des Antragsgegners nicht aus. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 24.06.2011 - 2 WF 146/11).

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Maßgeblich für die Zulässigkeit einer Abänderungsklage ist, wann die wesentliche Änderung tatsächlich eingetreten ist, nicht der frühere Zeitpunkt der Vorhersehbarkeit, wie dem eindeutigen Wortlaut des § 323 II ZPO („entstanden") zu entnehmen ist. Das Hineinwachsen in eine höhere Altersstufe z.B. kann, muss aber nicht als künftige Erhöhung in das Urteil des Vorprozesses aufgenommen werden. Reicht das Einkommen des barunterhaltspflichtigen Vaters, der eine Herabsetzung des titulierten Mindestunterhalts begehrt, gerade aus für den Mindestunterhalt von zwei minderjährigen Kindern, kommt es auf die Bedürftigkeit seiner neuen Ehefrau nicht an. Denn deren Unterhaltsanspruch ist seit dem 1. 1. 2008 gem. § 1609 Nr. 1 und 2 BGB nachrangig (OLG Jena, Beschluss vom 26.05.2009 - 1 WF 105/09 zu ZPO § 323 II; BGB §§ 1601, 1609 Nrn. 1, 2, NJW 2009, 2932 f):

„... Die Ag. (geb. 1993) ist die eheliche Tochter des Ast. Die Kindeseltern sind rechtskräftig geschiedene Eheleute; die Ag. lebt bei der Kindesmutter. Der Ast. schuldet gemäß Urteil vom 3. 2. 2006 der Ag. ab dem 1. 5. 2005 einen monatlichen Unterhalt i.H. von 100% des Regelbetrags gem. § 2 RegelbetragV Ost der 3. Altersstufe abzüglich der gem. §§ 1612b, 1612c BGB anrechenbaren kindbezogenen Leistungen, soweit eine Anrechnung nicht nach § 1612b V BGB unterbleibt. Das AG ist von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des Kindesvaters i.H. von 1072 Euro ausgegangen, hat hiervon monatliche Fahrtkosten i.H. von 121 Euro abgezogen, so dass 951 Euro verblieben. Das AG hat dem monatlichen Einkommen des Ast. einen Wohnwert i.H. von 350 Euro und die anteilige Eigenheimzulage i.H. von 340 Euro hinzugerechnet, so dass das Einkommen insgesamt 1641 Euro betrug und der Ast. seine Unterhaltspflichten gegenüber der Ag. in beantragter Höhe, gegenüber dem Kind C und seiner nur gering verdienenden Ehefrau nicht vernachlässigen müsse. Der Ast. war einem weiteren Kind C (geb. 2002) gegenüber unterhaltsverpflichtet, das in seinem Haushalt lebt. Er war wiederverheiratet. Seine Ehefrau verdiente monatlich 665,28 Euro netto.

Der Ast. beabsichtigt, die Ag. im vorliegenden Verfahren auf eine Herabsetzung seiner Unterhaltspflicht auf 234 Euro beginnend ab dem 1. 1. 2008 und auf 215 Euro ab dem 1. 6. 2008 in Anspruch zu nehmen und ersucht hierfür um Prozesskostenhilfe. Er trägt vor, die Änderung des Unterhaltsanspruchs begründe sich zum einen mit der Änderung der unterhaltsrechtlichen Bedarfssätze. Darüber hinaus entfalle mit dem 1. 8. 2008 die bisher als Einkommen beim Ast. berücksichtigte Eigenheimzulage. Ab dem 1. 6. 2008 erreiche das weitere Kind C die zweite Altersstufe. Es sei von einem bereinigten Einkommen i.H. von 1413,58 Euro auszugehen. Abzüglich seines Selbstbehalts i.H. von 820 Euro verbleibe eine Verteilungsmasse i.H. von 593,58 Euro. Dieser Betrag sei zwischen den einzelnen Unterhaltsgläubigern des Ast. aufzuteilen. Neben der Ag. kommen noch das leibliche Kind C aus seiner neuen Ehe sowie seine geringverdienende neue Ehefrau in Betracht. Die Ag. trägt vor, der Ast. sei mit dem Wegfall der Eigenheimzulage sowie dem Aufrücken von C in die zweite Altersstufe präkludiert.

Das AG - FamG - hat dem Ast. Prozesskostenhilfe verweigert und zur Begründung ausgeführt, der Ast. hätte bereits in dem Vorprozess auf den Wegfall der Eigenheimzulage zum 1. 8. 2008 hinweisen müssen. Die Beschwerde der Ast. hatte keinen Erfolg. ...

II. Die Rechtsverfolgung des Ast. hat nach dem gegenwärtigen Sachstand keine Aussicht auf Erfolg; das AG hat dem Ast. zu Recht Prozesskostenhilfe verweigert (§ 114 ZPO).

Der Ast. nimmt die Ag. im Wege der Abänderungsklage auf Herabsetzung seiner monatlichen Unterhaltspflicht ab dem 1. 1. 2008 auf 234 Euro und ab dem 1. 6. 2008 auf 215 Euro in Anspruch.

Die Abänderungsklage ist zwar zulässig, insbesondere hat der Ast. mit der Behauptung, die Eigenheimzulage sei ab dem 1. 8. 2008 in Wegfall geraten, eine nach dem Schluss des schriftlichen Verfahrens am 20. 1. 2006 in dem Vorprozess eingetretene neue Tatsache geltend gemacht (§ 323 II ZPO). Dieser Abänderungsgrund ist auch nicht gem. § 323 II ZPO präkludiert. Dass dieser Anspruch bereits zum 20. 1. 2006 (Schriftsatzschluss, § 128 II ZPO) voraussehbar war, spielt keine Rolle. Denn maßgeblich ist, wann die wesentliche Veränderung tatsächlich eingetreten ist, nicht der frühere Zeitpunkt der Vorhersehbarkeit, wie dem eindeutigen Wortlaut des § 323 II ZPO („entstanden") zu entnehmen ist. (Wendl/Schmitz, UnterhaltsR, 7. Aufl., § 10 Rdnr. 159; BGH, FamRZ 2001, 1687; FamRZ 2004, 1988 [1989]; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 323 Rdnr. 34; OLG Hamm, FamRZ 2003, 460 L). Das Hineinwachsen in eine höhere Altersstufe zum Beispiel kann, muss aber nicht als künftige Erhöhung in das Urteil des Vorprozesses aufgenommen werden. Denn eine Abänderung gem. § 323 ZPO kann erst dann verlangt werden, wenn eine Änderung der Verhältnisse bereits eingetreten und nicht nur voraussehbar ist (BGH, FamRZ 1992, 162f.).

Die Abänderungsklage ist aber nicht begründet. Denn eine wesentliche Veränderung für die Verurteilung des Ast. zur Zahlung eines monatlichen Kindesunterhalts i.H. von 267 Euro liegt nicht vor.

Die Abänderungsklage nach § 323 ZPO ermöglicht weder eine freie, von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung der Verhältnisse, die bereits im ersten Urteil eine Bewertung erfahren haben. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH (FamRZ 1984, 374), dass die Abänderungsentscheidung nur in einer unter Wahrung der Grundlagen des abzuändernden Titels vorzunehmenden Anpassung des Unterhalts an die veränderten Verhältnisse bestehen kann.

Die rechtliche Bindung des über die Abänderung entscheidenden Gerichts an die einzelnen Grundlagen des früheren Urteils kann indessen nur solche unverändert gebliebenen tatsächlichen Verhältnisse erfassen, die der Richter des ersten Verfahrens - nach dem Vortrag der Parteien und einer etwa durchgeführten Beweisaufnahme - festgestellt und denen er Bedeutung für die Unterhaltsbemessung beigelegt hat. Das betrifft beispielsweise die Ermittlung der Einkommensverhältnisse und die Bestimmung der dabei zu berücksichtigenden Abzüge oder Zuschläge, die Einbeziehung fiktiver Einkünfte oder besonderer Belastungen, ferner Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit, zur Bedürftigkeit oder zur Berücksichtigung weiterer Unterhaltspflichtiger oder -berechtigter. Dagegen kann den Unterhaltsrichtlinien, Tabellen oder Verteilungsschlüsseln, die in der unterhaltsrechtlichen Praxis entwickelt worden sind, eine ähnliche Bindungswirkung nicht beigemessen werden. Bei ihnen handelt es sich um Hilfsmittel, die der Richter zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs „angemessener Unterhalt" verwendet, um eine möglichst gleichmäßige Behandlung gleichartiger Lebenssachverhalte zu erreichen. Sie stellen für den zur Entscheidung stehenden Einzelfall daher keine Urteilselemente dar, die im Falle einer Abänderung wegen wesentlich veränderter tatsächlicher Verhältnisse beibehalten werden müssen (BGH, FamRZ 1984, 374).

Im vorliegenden Fall geht es um Kindesunterhalt, dessen Bemessung im abzuändernden Urteil mittels einer bestimmten Methode vorgenommen worden ist. Dem Urteil des AG vom 3. 2. 2006 ist zu entnehmen, dass das AG davon ausgegangen ist, dass der Ast. ein monatliches Nettoeinkommen i.H. von 1072 Euro erzielt hat, das um berufsbedingte Fahrtkosten zu verringern war, so dass ihm 951 Euro verblieben. Das AG hat ihm weiter einen monatlichen Wohnwert i.H. von 350 Euro und eine monatliche Eigenheimzulage i.H. von 340 Euro zugerechnet.

Der Ast. verfügt nunmehr auf Grund der vorgelegten Verdienstabrechnungen über ein anrechenbares monatliches Einkommen i.H. von 1383 Euro. Bringt man hiervon die monatlichen Fahrtkosten i.H. von 165 Euro in Abzug, so verbleibt ein monatliches Einkommen i.H. von 1218 Euro. Hinzuzuaddieren ist der Vorteil des mietfreien Wohnens für den Ast. i.H. von monatlich 350 Euro, so dass sich seine Einkünfte auf insgesamt 1568 Euro monatlich belaufen.

Dem Ast. steht gegenüber seinen minderjährigen Kindern ab dem 1. 1. 2008 ein monatlicher Selbstbehalt i.H. von 900 Euro zu (Thüringer Tabelle, Stand 1. 1. 2008, Nr. 21.2). Demnach beträgt die Verteilungsmasse 668 Euro. Der Ast. ist den Kindern M (geb. 1993, III. Altersstufe) und C (geb. 2002, I. Altersstufe) gegenüber unterhaltspflichtig. C befindet sich ab dem 1. 6. 2008 in der II. Altersstufe. Der geschuldete Regelbetrag macht für M in der dritten Altersstufe nach der Thüringer Tabelle (Stand 1. 7. 2007) 267 Euro aus und beträgt für C in der ersten Altersstufe 186 Euro und in der zweiten Altersstufe 226 Euro. Der Ast. wäre auch in der Lage, den Mindestunterhalt, der ab dem 1. 1. 2009 für M (377 Euro - 82 Euro =) 295 Euro und für C (322 Euro - 82 Euro =) 240 Euro beträgt, zu zahlen.

berufsbedingte Aufwendungen sind nach der Thüringer Tabelle (Stand 1. 1. 2008 und 1. 1. 2009, Nr. 10.2.1) nur auf konkreten Nachweis abzugsfähig; ein pauschaler Abzug i.H. von 5% ist nicht vorzunehmen und ist auch nicht Grundlage des Urteils vom 3. 2. 2006.

Einen Abzug für Kinderbetreuungskosten i.H. von 75 Euro hat der Ast. zur Überzeugung des Senats nicht dargetan. Der BGH ist davon ausgegangen, dass der Beitrag für den halbtägigen Kindergartenbesuch grundsätzlich keinen Mehrbedarf eines Kindes begründet. Der halbtägige Besuch eines Kindergartens sei heutzutage die Regel, so dass es sich bei dem hierfür zu zahlenden Beitrag um Kosten handele, die üblicherweise ab Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes anfielen und im Kindesunterhalt enthalten seien, falls dieser das Existenzminimum nicht unterschreite (BGH, NJW 2007, 1969 = FamRZ 2007, 882). Die Kosten für den darüber hinausgehenden ganztägigen Besuch des Kindergartens sieht der BGH nunmehr nicht als berufsbedingten Aufwand des betreuenden Elternteils, sondern als Mehraufwand des Kindes an (BGH, NJW 2009, 1816).

Letztlich kann die Frage aber dahinstehen, da der Ast. auch unter Berücksichtigung seines Verdienstes insoweit leistungsfähig wäre.

Auf die Einkommensverhältnisse der jetzigen Ehefrau des Ast. kommt es nicht an. Nach dem ab dem 1. 1. 2008 gültigen Unterhaltsrecht stehen unverheiratete minderjährige Kinder im ersten Rang, während der kinderbetreuende Ehegatte im zweiten Rang steht (§ 1609 Nr. 1, 2 BGB). Der Unterhaltsanspruch der jetzigen Ehefrau des Ast. ist nachrangig; sie ist nicht in eine Mangelfallberechnung einzustellen. ..."

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Gegenüber einem volljährigen Unterhaltsberechtigten sind grundsätzlich beide Elternteile barunterhaltspflichtig; befindet sich die Kindesmutter im Erziehungsurlaub und erhält lediglich Erziehungsgeld in Höhe von 230,00 € monatlich, ist sie nicht leistungsfähig, aber auch nicht zu einer Nebenerwerbstätigkeit verpflichtet. Der Unterhaltsschuldner, der eine Abänderung des bisherigen Titels begehrt, trägt die Darlegungs- und Beweislast für sein derzeitiges Einkommen, für seine Leistungsunfähigkeit, für alle Umstände, die seine Leistungsfähigkeit ausschließen oder mindern, für den Wegfall bestimmter Einkünfte und dafür, dass sie nicht mehr in zumutbarer Weise erzielt werden können. Bewohnt der Unterhaltsschuldner ein in seinem Eigentum stehendes Haus, ist der gegenüber minderjährigen Kindern geltende notwendige Selbstbehalt um einen Mietanteil zu kürzen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.01.2009 - 13 WF 29/08 zu § 114 ZPO, § 1601 BGB, § 1603 Abs 2 BGB, § 1610 BGB):

Der seit dem ….02.2008 volljährigen Beklagten steht gegenüber ihrem leistungsfähigen Vater, dem Kläger, dem Grunde nach weiterhin ein Unterhaltsanspruch gem. §§ 1601, 1602, 1603 BGB zu. Der Höhe nach beläuft sich jedoch der verbleibende monatliche Bedarf der Beklagten im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2007 auf 173,00 €, im Jahre 2008 auf 228,00 € und ab dem 01.01.2009 auf 218,00 €, sodass die Abänderungsklage wegen des weitergehenden Betrages Erfolg verspricht.

Der angemessene Bedarf eines nicht im Haushalt eines Elternteils lebenden Kindes beträgt derzeit regelmäßig 640,00 € monatlich (vgl. Nr. 13.1 der aktuellen Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts sowie Palandt-Diederichsen, BGB, 68. Aufl., Einf. v. § 1601 Rdnr. 21 und OLG Düsseldorf NJW-RR 2007, 794 ff). Hierauf sind die BAföG-Leistungen, die die Beklagte seit Oktober 2007 in Höhe von monatlich 348,00 € erhält, nach Abzug von ausbildungsbedingten Kosten in Höhe von monatlich 90,00 € als Einkommen des unterhaltsberechtigten Kindes voll anzurechnen (vgl. Nr. 13.2 und 10.2.3 der aktuellen Unterhaltsleitlinien). Ferner ist das staatliche Kindergeld voll anzurechnen, das sich bis zum 31.12.2008 auf 154,00 € und seit dem 01.01.2009 auf 164,00 € beläuft, sodass ein offener monatlicher Bedarf der Beklagten im Jahr 2008 in Höhe von 228,00 € und ab 01.01.2009 in Höhe von 218,00 € verbleibt. Für den streitgegenständlichen Zeitraum des Jahres 2007 beläuft sich der monatliche Bedarf auf 590,00 €, sodass sich bei einem staatlichen Kindergeld in Höhe von 154,00 € und bei einer monatlichen BAföG-Leistung in Höhe von 348,00 € nach Abzug von ausbildungsbedingten Kosten in Höhe von 85,00 € ein offener monatlicher Bedarf der Beklagten in Höhe von 173,00 € errechnet.

Gegenüber der nunmehr volljährigen Beklagten sind zwar beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Ihr Haftungsanteil bestimmt sich nach den Verhältnissen ihrer den jeweiligen Selbstbehalt übersteigenden Einkommen. Vorliegend befindet sich jedoch die Kindesmutter im Erziehungsurlaub und erhält lediglich Erziehungsgeld in Höhe von 230,00 € monatlich, sodass sie nicht leistungsfähig ist. Auch eine Verpflichtung zu einer Nebenerwerbstätigkeit entfällt in der Regel während des Bezuges von Erziehungsgeld.

Der am ….05.1967 geborene Kläger, der von Beruf Altenpfleger ist, in der früheren DDR eine Ausbildung zum Werkzeugmacher und Lagerist absolvierte und darüber hinaus auch als Kraftfahrer tätig gewesen ist, kann sich gegenüber seiner Tochter insoweit nicht auf eine mangelnde Leistungsfähigkeit berufen. Ihm trifft als Unterhaltspflichtigen die Obliegenheit, im Interesse der Unterhaltsberechtigten, seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen. Tut er dies nicht, muss er sich fiktive Einkünfte anrechnen lassen, die er durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit erzielen könnte. Die Einkommensfiktion knüpft in erster Linie an die Arbeitslosigkeit bzw. an eine die unterhaltsrechtlich geforderte Leistungsfähigkeit nicht voll gewährleistende Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen an. Bei unterhaltsrechtlich unzureichenden Erwerbseinkünften ist ggf. eine Nebentätigkeit aufzunehmen. Der Unterhaltspflichtige muss alles Zumutbare unternehmen, um durch Finden eines Arbeitsplatzes seine Leistungsfähigkeit wieder herzustellen. Vom Unterhaltsschuldner müssen die unternommenen Anstrengungen nicht nur konkretisiert werden, sondern er trägt für die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen auch die Darlegungs- und Beweislast. Zur Konkretisierung bedarf es der Auflistung der Bewerbungen sowie des nachprüfbaren Vortrages der im Einzelnen berufsspezifisch unternommenen Schritte, wobei sogenannte Blindbewerbungen grundsätzlich nicht zählen. Unter Berücksichtigung eines Umgangsrechts hat der Unterhaltspflichtige auch überregionale Anstrengungen zu unternehmen, um einen Arbeitsplatz zu erlangen. Insoweit kann auch ein Wohnortwechsel zumutbar sein (vgl. Palandt-Diederichsen, a. a. O., § 1603, RdNr. 35 ff. m.w.N.).

Er hat die Pflicht, alle verfügbaren Mittel heranzuziehen, um für den angemessenen Unterhalt des Kindes aufzukommen und, wenn der eigene Unterhalt anderweitig sichergestellt ist, auf den Selbstbehalt ganz oder teilweise zu verzichten. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners bestimmt sich nicht nach seinem tatsächlichen Einkommen, sondern nach den in zumutbarer Weise erzielbaren Einkünften. So muss er Zugeständnisse bei den Arbeitsmodalitäten machen und z. B. bereit sein, auch zu ungünstigen Zeiten, wie nachts, in den frühen Morgenstunden sowie an Wochenenden zu arbeiten. Auch die Beweislast für die Unmöglichkeit einer Nebentätigkeit trägt der Unterhaltspflichtige. Er ist zu intensiven Bemühungen um einen geeigneten Arbeitsplatz gezwungen. Hierbei kann für die Anstrengungen die Zeit aufzuwenden sein, die ein Erwerbstätiger für seinen Beruf aufbringt. Der Schuldner muss ggf. einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf nehmen und notfalls auch Beschäftigungen annehmen, die seinem bisherigen Werdegang nicht entsprechen, wobei auch ein Ortswechsel zumutbar sein kann.

Zur Sicherung des Unterhaltsbedarfs seines Kindes ist der Beklagte daher verpflichtet, alle verfügbaren Mittel für den Unterhalt zu verwenden, alle Erwerbsmöglichkeiten auszuschöpfen und auch einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf zu nehmen. Dabei ist er auch zur Aufnahme von Nebentätigkeiten verpflichtet, um ein zumutbares Einkommen zu erzielen.

Eine mangelnde Leistungsfähigkeit hat der Kläger vorliegend nicht dargelegt. Er trägt als Unterhaltsschuldner, der eine Abänderung des bisherigen Titels begehrt, die Darlegungs- und Beweislast für sein derzeitiges Einkommen, für seine jetzige Leistungsunfähigkeit, für alle Umstände, die seine Leistungsfähigkeit ausschließen oder mindern, für den Wegfall bestimmter Einkünfte sowie dafür, dass sie nicht mehr in zumutbarer Weise erzielt werden können.

Vorliegend hat der 1967 geborene Kläger, der von Beruf Altenpfleger, Werkzeugmacher und Lagerist ist sowie als Kraftfahrer tätig gewesen ist und gesundheitlich uneingeschränkt in der Lage ist, die genannten Tätigkeiten auszuüben, derart ausreichende Erwerbsbemühungen um einen geeigneten Arbeitsplatz nicht dargelegt. Das hat das Amtsgericht bereits zutreffend ausgeführt. Seine Erwerbs- und Bewerbungsbemühungen entsprechen nicht dem von der Rechtsprechung geforderten Umfang.

In dem streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 31.03.2008 ist er auch nicht etwa vollschichtig, sondern lediglich als geringfügig Beschäftigter tätig gewesen und hat ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 399,75 € erzielt, sodass nach Abzug des Krankenversicherungsbeitrages in Höhe von 188,42 € zunächst ein Nettoeinkommen in Höhe von 281,33 € verblieb (vgl. Anlagen K 4 und 11, Bl. 34 und 116 d.A.). Hinzu kommen zunächst monatliche Mieteinnahmen in Höhe von 250,00 €, sodass sich eine Nettoeinkommen von 531,33 € ergibt. Außerdem übt er eine Nebentätigkeit bei einem Taxiunternehmen aus. Dabei muss sich der Kläger im Regelfall und so auch vorliegend darauf verweisen lassen, sein Einkommen auf andere zumutbare Weise zu erhöhen, insbesondere durch die Aufnahme von Nebentätigkeiten, etwa als Zeitungs- oder Werbezettelausträger, Kellner, Bote, Reinigungskraft, bei einem Umzugsunternehmen oder als Taxifahrer und zwar auch zu ungünstigen Arbeitszeiten, insbesondere an Wochenenden. Bei derartigen Nebentätigkeiten ist durchaus ein weiteres Nettoeinkommen von monatlich 200,00 € erzielbar und zwar grundsätzlich auch neben einer Vollzeitbeschäftigung im Schichtdienst bis zu max. 48 Stunden wöchentlich. Dies gilt vorliegend erst recht und umso mehr im Zeitraum bis zum 31.03.2008. Denn der Kläger hat hauptberuflich lediglich eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt, neben der durchaus ein weiteres Nettoeinkommen von jedenfalls monatlich 300,00 € erzielbar ist und zwar entweder bei einer umfangreicheren Nebentätigkeit oder bei mehreren solchen Nebentätigkeiten, jeweils zusammen mit der Haupttätigkeit bis zu max. 48 Stunden wöchentlich. Diese Obliegenheit kann zwar im Einzelfall unzumutbar sein, wenn es nach Abwägung der Bedarfslage des Berechtigten mit der konkreten Lebens- und Arbeitssituation des Verpflichteten unbillig erscheint, ihn auf die Ausübung von Nebentätigkeiten zu verweisen. An die äußeren Umstände, die eine Unzumutbarkeit einer Nebentätigkeit begründen, sind dann, wenn es um die Sicherstellung des anderweitig nicht zu befriedigenden Bedarfs des Kindes geht, hohe Anforderungen zu stellen. Die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür hat der Unterhaltspflichtige darzulegen und zu beweisen. Konkrete Anhaltspunkte hierfür sind vorliegend weder dargetan noch in sonstiger Weise ersichtlich. Vielmehr übt der Kläger tatsächlich auch eine Nebentätigkeit als Taxifahrer aus. Es errechnet sich in dieser Zeit ein Einkommen von mindestens 831,33 € monatlich.

In dem sich anschließenden Zeitraum seiner Tätigkeit bei der V. Personaldienstleistungen GbR hat der Kläger nach eigenen Angaben ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 850,00 € erzielt, sodass mangels anderweitigem konkretem Vortrag von einem Nettoeinkommen in Höhe von mindestens 600,00 € auszugehen ist. Hinzu kommen monatliche Mieteinnahmen in Höhe von 250,00 € und ein aus den genannten Nebentätigkeiten in zumutbarer Weise weiterhin erzielbares monatliches Nettoeinkommen in Höhe von jedenfalls 200,00 €, zumal der Kläger in diesem Zeitraum lediglich 35 Stunden in der Woche tätig gewesen ist. Es ergibt sich für diesen Zeitraum ein Einkommen jedenfalls in Höhe von 1.050,00 €.

Seit dem 23.05.2008 ist der Kläger bei der D. Arbeit GmbH tätig. Das sein hierbei erzieltes monatliches Nettoeinkommen zusammen mit den monatlichen Mieteinnahmen in Höhe von 250,00 € und einem aus den genannten Nebentätigkeiten in zumutbarer Weise erzielbaren monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 200,00 € die zuvor genannte Summe von 1.050,00 € unterschreitet, hat der Kläger weder dargetan noch ist dies in sonstiger Weise ersichtlich.

Da der Kläger ein in seinem Eigentum stehendes Haus auch selbst bewohnt, ist der im Jahre 2007 gegenüber minderjährigen Kindern geltende notwendige Selbstbehalt in Höhe von 820,00 € um den darin enthaltenen Mietanteil auf 570,00 € zu kürzen. Der ab dem 01.01.2008 generell für Erwerbstätige hierfür vorgesehene Betrag in Höhe von 900,00 € ist ebenfalls angemessen zu kürzen und zwar um einen Kaltmietanteil in Höhe von ca. 300,00 €, sodass sich hierfür ein Betrag in Höhe von 600,00 € ergibt und der Kläger auch unter Berücksichtigung seines Selbstbehaltes zur Deckung des Bedarfes der Beklagten leistungsfähig ist. ..."

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Bei der Auswahl eines Heimes ist der unterhaltsberechtigte pflegebedürftige Elternteil bzw. sein Betreuer frei, solange nicht angemessene Kosten überschritten werden. Ein Umzug in ein anderes Heim, nur um mit Eintritt in die Pflegestufe III Kosten zu sparen, ist einem Demenzkranken in der Regel nicht zuzumuten.(OLG Schleswig Urteil vom 19.01.2009, 15 UF 187/07 zu §§ 1601, 1610, 528, 529 BGB)

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Kapitalzinsen und Sparprämien, die im Rahmen eines zur zusätzlichen Alterssicherung abgeschlossenen Sparvertrages jährlich anfallen, dabei jedoch kapitalerhöhend auf dem Sparkonto verbleiben, sind bei der Bewertung der Einkünfte eines Kindes zum Zwecke der Zahlung von Elternunterhalt nicht als Einkommen, sondern als dem Kind nach Maßgabe von BGH (FamRZ 2006, 1511, 1516) zu belassende Rendite anzusehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.01.2009 - II-8 UF 172/08):

„... I. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Unterhalt für seine 1928 geborene Mutter in Anspruch. Diese leidet seit 2004 an zunehmender Demenz und den Folgen verschiedener Operationen; sie lebt in einem Wohnstift. Die Klägerin gewährt ihr Sozialhilfe in Form der Übernahme ungedeckter Heimkosten. Davon wurde der Beklagte durch Rechtswahrungsanzeige vom 14.03.2005 unterrichtet. Der 1958 geborene Beklagte ist das einzige Kind seiner Mutter und von Beruf Staatsanwalt, sein jährliches Bruttoeinkommen liegt bei rund 58.600 €. Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, sich in Höhe von 7.609,20 € an den in der Zeit von September 2005 bis einschl. Mai 2007 entstandenen ungedeckten Heimkosten von 10.912,34 € zu beteiligen. Im Übrigen hat es die Klage mangels Leistungsfähigkeit des Beklagten abgewiesen. Mit seiner Berufung erstrebt der Beklagte eine Reduzierung dieses Betrages auf 5.182 €. Er ist der Auffassung, das Amtsgericht habe zum einen seine konkreten berufsbedingten Aufwendungen nicht ausreichend berücksichtigt; neben den Fahrtkosten falle auch sein Beitrag zum Richterbund ins Gewicht. Das Amtsgericht hätte überdies die Belastungen, die durch seine auch aus ärztlicher Sicht gebotenen nahezu täglichen Fahrten zur Mutter ins Heim entstünden, in Abzug bringen müssen. Schließlich seien seine monatlichen Zahlungen von 230 € für eine seit 1997 bestehende zusätzliche Altersversorgung zu Unrecht unberücksichtigt geblieben. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung.

II. Die Berufung hat im wesentlichen Erfolg. Der Beklagte ist gemäß §§ 1601 ff. BGB, 94 SGB XII zur Zahlung von Elternunterhalt in Höhe von 5.362 € für die Zeit von September 2005 bis Mai 2007 verpflichtet. Die vom Beklagten zu leistende Zahlung ist in zweiter Instanz zuletzt nur noch in wenigen Punkten zur Höhe streitig. Im Einzelnen:

In der Sache zu Unrecht macht der Beklagte geltend, dass die Fahrstrecke zwischen seiner Wohnung und seinem Arbeitsplatz 15,7 km betrage. Dass er dabei einen Umweg über die Autobahn in Anspruch nimmt, ist unterhaltsrechtlich unbeachtlich; es ist gerichtsbekannt, dass die auch im Einkommensteuerbescheid angegebene einfache Fahrstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsplatz von 13 km ausreicht, zumal der kürzere Weg den Vorteil hat, chronische Staubereiche auf der Duisburger Stadtautobahn zu umgehen, so dass es auch nicht geboten ist, dem Beklagten zur Zeitersparnis den längeren Weg über die Autobahn zu gestatten.

Weiterhin ist nicht zu verkennen, dass dem Beklagten weitere Fahrtkosten für die - belegten - zahlreichen Besuche seiner Mutter im Wohnstift entstehen. Dass diesen nicht nur eine moralische Verpflichtung des Beklagten, sondern auch gesundheitliche Belange der Mutter zugrunde liegen, hat der Beklagte durch Vorlage entsprechender ärztlicher Bescheinigungen hinreichend dargetan. Dem Beklagten obliegt es jedoch unterhaltsrechtlich, die entstehenden Fahrtkosten auf das notwendige Maß zu beschränken, was vorliegend dadurch zu bewerkstelligen ist, dass die Besuche bei der Mutter mit den Fahrten zum Arbeitsplatz zu koordinieren sind, so dass an einem Arbeitstag eine Fahrtstrecke von rund 34 km zurückzulegen ist (Wohnung-Arbeitsplatz: 13 km; Arbeitsplatz-Wohnstift: 12,3 km; Wohnstift-Wohnung: 8,2 km; ggfs. umgekehrt). Es erscheint angemessen, die monatlichen Fahrtkosten des Beklagten durchgehend mit (220 Arbeitstage x 34 km x 0,30 € / 12 =) 187 € anzusetzen, selbst wenn der Beklagte seine Mutter nicht an jedem Arbeitstag besuchen mag; auch an den übrigen Tagen des Jahres entstehen dem Beklagten Fahrtkosten für die Besuche der Mutter, die damit zum Teil abgegolten und im übrigen vom Beklagten aus seinem Selbstbehalt zu erbringen sind, wie es jedem einen Angehörigen besuchenden Verwandten in gewissem Umfang abzuverlangen ist.

An berufsbedingten Aufwendungen inkl. Besuchskosten der Mutter sind mithin durchgehend (187 € + 10,50 € Richterbundbeitrag =) 198 € abzuziehen.

Bei der zusätzlichen Altersversorgung des Beklagten handelt es sich um einen zum Anfang des Jahres 1997 abgeschlossenen Prämiensparvertrag. In dessen Rahmen ist vereinbart, dass Zinsen und Sparprämien dem Kontoguthaben zugeschrieben werden, und dass eine Verfügung über Zinsen und Prämien zur Vertragsunterbrechung führt. Auch diese Form der zusätzlichen Altersvorsorge ist zuzubilligen (BGH FamRZ 2006, 1511, 1514), zumal durch das im Laufe der Jahre durch Finanzstatus der Sparkasse Mülheim/Ruhr vom 28.03.2005 bestätigte Kontovermögen belegt ist, dass der Vertrag vom Beklagten stets vereinbarungsgemäß bedient wurde, wie es die Sparkasse ergänzend durch E-Mail-Nachricht an den Beklagten vom 19.11.2008 bestätigt hat. Mit seiner monatlichen Sparrate von 230 € hält sich der Beklagte im Rahmen von 5 % seines Bruttoeinkommens (58.600 € x 5 % / 12= 244 €), was unterhaltsrechtlich zuzubilligen ist (BGH a. a. O., 1516).

Auch bei einkommensmindernder Berücksichtigung der Aufwendungen des Beklagten für das Prämiensparen bleiben seine Einkünfte aus Kapitalvermögen (monatlich ca. 85 € gem. Steuerbescheid für 2005) außer Ansatz. Aus dem Finanzstatus vom 28.03.2005 ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass es sich dabei im wesentlichen um die Erträge aus dem Prämiensparvertrag handelt, die der Beklagte zwar jährlich zu versteuern hat, die jedoch - wie ausgeführt - in der Anlage verbleiben, mithin "thesauriert" werden und nicht der Bestreitung des aktuellen Unterhaltsbedarfs dienen. Vergleichbar einer Lebensversicherung, bei der die Verzinsung des eingezahlten Kapitals über die Ablaufleistung und die Gewinnanteile erfolgt, ist auch beim Sparvertrag der thesaurierte Zins bei der laufenden Unterhaltsberechnung nicht als Einkommen zu bewerten; der BGH hat in der bereits zitierten Entscheidung (a. a. O, 1516) dem Unterhaltsschuldner zusätzlich zu der Sparrate von 5 % des Bruttoeinkommens auch die "Rendite" belassen, als die beim Prämiensparvertrag Zinsen und Prämien zu werten sind.
Danach ergibt sich zur Leistungsfähigkeit des Beklagten folgende Berechnung: ...

Position 9/05 bis 7/06 8/06 bis 5/07
Nettoeinkommen 3.610 € 3.610 €
Kostendämpfungspauschale 35 € 35 €
Krankenversicherung 253 € 276 €
berufsbedingte Aufwendungen 198 € 198 €
ergänzende Altersvorsorge 230 € 230 €
übersteigende Wohnkosten 897 € 958 €
1.997 € 1.913 €
Selbstbehalt des Beklagten 1.400 € 1.400 €
597 € 513 €
geschuldet ½ = 299 € 257 €.

Danach hat der Kläger - bei unstreitigen Aufwendungen der Klägerin für seine Mutter - insgesamt 5.362 € für den Zeitraum September 2005 bis Mai 2007 zu zahlen:
9/05 - 7/06 (299 x 11 =) 3.289 €,
8/06 - 3/07 (257 x 7 =) 1.799 € (keine Aufwendungen in 2/07),
4/07 142 €,
5/07 132 €. ...

Es besteht - im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des BGH - keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. ..." (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.01.2009 - II-8 UF 172/08)


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Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch besteht für die Vergangenheit aus dem Gedanken des Schuldnerschutzes nur in den Grenzen des § 1613 Abs. 1 BGB, also nur bei Rechtshängigkeit, Verzug oder Auskunftsbegehren. Die Annahme einer Abtretung ist konkludent darin zu sehen, dass die Klägerin die Abtretungserklärung im Termin vom 18.05.2007 zu den Gerichtsakten gereicht und damit gegenüber dem Beklagten als Gläubiger angezeigt hat. Die zwischen den Eltern verabredete Freistellung von Unterhaltsansprüchen stellt eine Erfüllungsübernahme dar. Die Erfüllungsübernahme begründet für den Schuldner einen Befreiungsanspruch, den der Beklagte der Klägerin entgegen halten kann (OLG Jena, Beschluss vom 03.07.2008 - 1 UF 141/08 zu BGB §§ 1601, 1613 I, 1614, 398, 151 1, NJW-RR 2008, 1678 ff).

Ein Unterhaltspflichtiger, der den geschuldeten Unterhalt regelmäßig zahlt, haftet grundsätzlich nicht aus Verzug, wenn er der Aufforderung des Unterhaltsgläubigers, einen Unterhalstitel zu errichten, nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist nachkommt (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11.01.2008 - 6 WF 121/07, NJW-RR 2008, 1244 f).

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Im Unterhalt nach der RegelbetragVO sind weder Kosten für eine Krankenversicherung noch für eine Pflegeversicherung enthalten. Ist ein Kind schon vor der Trennung mit seinen Eltern privat krankenversichert, gehört die Prämie hierfür zum angemessen Unterhalt (OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.08.2006 - 4 UF 16/06).

*** (AG)

Eine Person hat nach Art. 67 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, auch für Familienangehörige, die zwar in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, die aber so behandelt werden, als wohnten sie im zuständigen Mitgliedstaat. Diese Fiktion führt dazu, dass der Anspruch auf Kindergeld nicht dem in Deutschland, sondern dem im EU-Ausland lebenden Elternteil zusteht, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (AG Büdingen, Beschluss vom 28.06.2021 - 53 F 55/21 UK).


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§ 1602 Bedürftigkeit

(1) Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

(2) Ein minderjähriges unverheiratetes Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit zum Unterhalt nicht ausreichen.

Leitsätze/Entscheidungen:

„... I. Die Verfassungsbeschwerde betrifft insbesondere eine im Wege der einstweiligen Anordnung getroffene gerichtliche Entscheidung zum Kindesunterhalt.

1. a) Der im Januar 1991 geborene Beschwerdeführer, der bisher über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, schloss im Juli 2013 einen Ausbildungsvertrag ab. Die Ausbildung begann Anfang August 2013. Die vereinbarte monatliche Brutto-Ausbildungsvergütung im 1. Lehrjahr betrug 406,40 €, wobei sich ein Netto-Auszahlungsbetrag in Höhe von 282,04 € ergab. Darüber hinaus wurden von dem Ausbildungsbetrieb verschiedene Sachleistungen gewährt, deren Wert von diesem mit insgesamt 214 € angegeben wurde. Der Beschwerdeführer bezog zudem Kindergeld in Höhe von monatlich 184 €.

b) Im Juli 2013 beantragte der Beschwerdeführer bei der Bundesagentur für Arbeit die Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe gemäß § 56 SGB III, die ihm mit Bescheid vom 14. November 2013 in Höhe von monatlich 244 € - im Hinblick auf fehlende Einkommensnachweise seines Vaters aber nur vorläufig - bewilligt wurde. Im Oktober 2013 hatte der Beschwerdeführer seinen Vater außergerichtlich aufgefordert, Kindesunterhalt zu zahlen, was dieser ablehnte.

c) Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer bei dem Amtsgericht, seinen Vater im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, an ihn laufenden monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 294 € zu bezahlen. Zugleich beantragte er die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts. Dabei ging der Beschwerdeführer von einem Bedarf in Höhe von 760 € monatlich aus, der lediglich in Höhe des Kindergeldes von 184 € sowie der Netto-Ausbildungsvergütung in Höhe von 282,04 € gedeckt sei, nicht aber in Höhe der gewährten Sachleistungen sowie der gezahlten Berufsausbildungsbeihilfe, die nur eine subsidiäre Sozialleistung sei. Der Vater des Beschwerdeführers beantragte die Zurückweisung des Antrags, wobei er auf die dem Beschwerdeführer gewährten Sachleistungen sowie die Berufsausbildungsbeihilfe verwies, die seinen Bedarf decken würden.

d) Das Amtsgericht wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit angegriffenem Beschluss vom 19. Februar 2014 zurück. Dem Beschwerdeführer stehe grundsätzlich ein Anspruch auf Kindesunterhaltsleistungen gegen seinen Vater zu. Sein Bedarf belaufe sich auf monatlich 760 €. Dieser Bedarf sei "bei Beurteilung im Rahmen der summarischen Prüfung eines einstweiligen Anordnungsverfahrens unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen in einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in einem Unterhaltsverfahren gedeckt". Der Beschwerdeführer erhalte neben der Unterhaltsbeihilfe in Höhe von 244 € das Kindergeld in Höhe von 184 € und eine Nettovergütung in Höhe von 282,04 € durch seinen Ausbildungsbetrieb. Darüber hinaus setze das Gericht Beträge für Sachleistungen des Ausbildungsbetriebs von 25 € und 50 € als bedarfsdeckend an. Das ergebe eine Gesamtsumme von 785,04 €. Im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens sei insbesondere unter Berücksichtigung des Schuldnerinteresses ein Sicherungsbedürfnis des Antragstellers in Höhe der ausgezahlten Ausbildungsbeihilfe in Höhe von 244 € zu verneinen. Ein etwaiges Sicherungsbedürfnis des Antragstellers müsse hinter die Interessen des Schuldners zurücktreten. Dies gelte insbesondere unter dem Aspekt, dass die Ausbildungsbeihilfe derzeit gezahlt werde, die auszahlende Stelle prüfe, ob ein entsprechender Anspruch bestehe und diese Prüfung noch nicht erfolgt sei, weil das Einkommen des Vaters noch nicht vollständig mitgeteilt und belegt sei.

Mit angegriffenem Beschluss vom gleichen Tage wurde der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung der Erfolglosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung wurde pauschal auf den Beschluss in der Sache Bezug genommen.

e) Die hiergegen gerichtete Gehörsrüge blieb erfolglos.

2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 103 Abs. 1 GG. Die angegriffenen Entscheidungen seien willkürlich. Das Gericht sei in Verkennung der Sonderregelung des § 246 Abs. 1 FamFG davon ausgegangen, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung eine Interessenabwägung zwischen den Interessen von Unterhaltsschuldner und -gläubiger und damit ein besonderes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden erfordere. Trotz mehrfacher Darlegung der Rechtslage sei das Gericht in seiner Entscheidung auf diesen Umstand in keiner Weise eingegangen. Dies begründe zugleich einen Gehörsverstoß.

3. Die Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen und der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Äußerung. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

II. 1. Soweit es die Entscheidung des Gerichts in der Sache betrifft, wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Entscheidung in der Sache verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot. Es erscheint im Ergebnis nicht schlechterdings unvertretbar, die an den Beschwerdeführer gezahlte Berufsausbildungsbeihilfe - worauf die angegriffene Entscheidung zunächst abzustellen scheint - unterhaltsrechtlich als bedarfsdeckendes Einkommen anzusehen. Auch die später anklingende alternative Begründung, im Hinblick auf die Zahlung der Berufsausbildungsbeihilfe sei ein Rechtschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verneinen, erscheint nicht schlechterdings unvertretbar.

2. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde an und gibt ihr statt, soweit der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen wurde, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Kammerentscheidung sind insoweit gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.

Die Entscheidung des Gerichts im Verfahrenskostenhilfeverfahren verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtswahrnehmungsgleichheit).

a) Maßstab für die verfassungsrechtliche Kontrolle gerichtlicher Entscheidungen über Prozess- beziehungsweise Verfahrenskostenhilfeanträge ist Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG, die eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes gebieten. Verfassungsrechtlich ist es dabei unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint, wie dies § 114 ZPO (vorliegend in Verbindung mit § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG) vorsieht. Die Auslegung und Anwendung des § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO obliegt in erster Linie den zuständigen Fachgerichten. Das Bundesverfassungsgericht kann dann eingreifen, wenn die angegriffene Entscheidung auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Rechtsschutzgleichheit beruht und die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht in einer den Unbemittelten benachteiligenden Weise überspannt werden (vgl. BVerfGE 81, 347 <356 ff.>). Das Gebot einer Gleichstellung Unbemittelter wird dann verfehlt, wenn die Prüfung der Erfolgsaussichten dazu führt, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Prozesskostenhilfeverfahren zu verlagern und dieses an die Stelle des (Bemittelten ohne Weiteres offenstehenden) Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Hauptsacheverfahren eröffnet nämlich den Beteiligten ungleich bessere Möglichkeiten, ihren Rechtsstandpunkt zu entwickeln, darzustellen und in Auseinandersetzung mit der Gegenseite und den Gerichten zu vertiefen, und so das Gericht zu veranlassen, seine ursprüngliche Rechtsmeinung zu überdenken. Prozesskostenhilfe ist daher auch dann zu gewähren, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 4. Februar 2004 - 1 BvR 1715/02 -, juris, Rn. 23 f.).

b) Daran gemessen hat das Amtsgericht die Anforderungen an die Erfolgs-aussichten des Antrags des Beschwerdeführers überspannt und damit die Bedeutung des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit verkannt, indem es der Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag Rechtsansichten zugrunde gelegt hat, die nicht als im vom Gericht vertretenen Sinne geklärt angesehen werden können.

aa) Das gilt sowohl für den Fall, dass das Amtsgericht - was nicht ganz zweifelsfrei zu erkennen ist - davon ausgegangen sein sollte, die vom Beschwerdeführer beabsichtigte Rechtsverfolgung habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sein unterhaltsrechtlicher Bedarf aufgrund der an ihn gezahlten Berufsausbildungsbeihilfe gedeckt sei, jedenfalls soweit es das Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffe.

Diese Auffassung ist zwar einfachrechtlich nicht schlechterdings unvertretbar. Die Rechtslage ist jedoch nicht in diesem Sinne geklärt. Ob eine an einen Unterhaltsberechtigten gezahlte Sozialleistung zu einer Minderung oder Aufhebung der unterhaltsrechtlichen Bedürftigkeit führt, wird vor allem von Charakter und Funktion der jeweiligen Leistung abhängig gemacht. Als subsidiär, also als gegenüber der gesetzlichen Unterhaltspflicht nachrangig und damit nicht im unterhaltsrechtlichen Sinne bedarfsdeckend, gilt eine Sozialleistung dann, wenn der Unterhaltsanspruch von Gesetzes wegen oder im Wege der Überleitung auf den Sozial-leistungsträger übergeht (vgl. Born, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 1602 Rn. 27). Für die dem Beschwerdeführer nach dem SGB III gezahlte Berufsausbildungsbeihilfe liegt es danach nahe, mit der bisher ergangenen Rechtsprechung zu differenzieren: Wird die Berufsausbildungsbeihilfe als Vorauszahlung geleistet, dürfte es sich um eine nicht bedarfsdeckende subsidiäre Sozialleistung handeln, da gemäß § 68 Abs. 2 SGB III ein Anspruch der oder des Auszubildenden auf Unterhaltsleistungen gegen die Eltern bis zur Höhe des anzurechnenden Unterhaltsanspruchs mit der Zahlung der Berufsausbildungsbeihilfe auf die Agentur für Arbeit übergeht; nur im Falle einer endgültigen Bewilligung dürfte die Berufsausbildungsbeihilfe als bedarfsdeckendes Einkommen der oder des Auszubildenden anzurechnen sein (vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 24. November 1987 - 8 UF 106/87 -, SchlHA 1988, S. 53; OLG Oldenburg, Urteil vom 30. Juni 1988 - 14 UF 195/87 -, BeckRS 2010, 26302; jeweils zu der vergleichbaren Vorgängervorschrift des § 40 AFG).

bb) Das Gericht hat die Anforderungen an die Erfolgsaussichten des Antrags des Beschwerdeführers aber auch dann objektiv überspannt und damit die Bedeutung des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit verkannt, wenn es davon ausgegangen sein sollte, die an den Beschwerdeführer gezahlte Berufsausbildungsbeihilfe habe das rechtliche Bedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung entfallen lassen. Auch insoweit kann die Rechts-lage nicht als im vom Gericht zugrunde gelegten Sinne geklärt angesehen werden.

Vielmehr ist nach der Spezialregelung des § 246 Abs. 1 FamFG, wonach das Gericht die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt durch einstweilige Anordnung abweichend von § 49 FamFG regeln kann, ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden in Unterhaltssachen nicht erforderlich. Sinn und Zweck dieser Ausnahmevorschrift ist die Annahme, dass einem Anspruch auf laufenden Unterhalt die Eilbedürftigkeit immanent ist, da dieser der Deckung des laufenden Lebensunterhalts dient (vgl. Pasche, in: Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. 2013, § 246 Rn. 5). Zudem sollte die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens - anders als noch vor dem Inkrafttreten des FamFG - grundsätzlich entbehrlich werden. Der Gesetzgeber wollte eine vereinfachte Erledigung von Unterhaltsverfahren erreichen und die Gerichte entlasten (vgl. Pasche, in: Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. 2013, § 246 Rn. 2). Nach der Intention des Gesetzgebers sollten die Rechte des Unterhaltsschuldners (allein) dadurch gesichert werden, dass er nach § 52 FamFG die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens erzwingen und gemäß § 54 FamFG die Aufhebung oder Abänderung der Entscheidung des Eilverfahrens beantragen kann (vgl. Pasche, in: Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. 2013, § 246 Rn. 5; BTDrucks 16/6308, S. 260). Der nicht erfüllte Unterhaltsanspruch des Gläubigers reicht daher als Anordnungsgrund aus (allgemeine Auffassung; vgl. Schmitz, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl. 2011, Rn. 403; Pasche, in: Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. 2013, § 246 Rn. 5; Giers, in: Keidel, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 246 Rn. 4). Dass gleichwohl das rechtliche Bedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung entfiele, wenn der Unterhaltsberechtigte Sozialleistungen bezieht, liegt nicht nahe und kann jedenfalls nicht als geklärt gelten.

Zwar entspricht es allgemeiner Auffassung, dass jede einstweilige Anordnung auf Unterhalt neben dem Bestehen eines Unterhaltsanspruchs auch ein besonderes Regelungs- beziehungsweise Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt. Dieses fehlt nach der bisher im Schrifttum vertretenen Auffassung jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen und ist immer dann schon gegeben, wenn - wie auch vorliegend - zwischen den Beteiligten des Unterhaltsverhältnisses Streit über die Höhe des Unterhalts besteht und der Unterhaltspflichtige dem Unterhaltsverlangen nicht nachkommt (vgl. Schmitz, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl. 2011, Rn. 403; Giers, in: Keidel, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 246 Rn. 4; Borth/Grandel, in: Musielak/Borth, FamFG, 4. Aufl. 2013, § 246 Rn. 8). Die Rechtslage kann darum gerade nicht in dem Sinne als geklärt angesehen werden, dass das Rechtsschutzbedürfnis für die einstweilige Anordnung von Unterhalt durch den Bezug von Sozialleistungen entfiele.

3. Der Beschluss des Amtsgerichts vom 19. Februar 2014 bezüglich der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für das Verfassungsbeschwerdeverfahren erledigt sich insoweit, als das Land Nordrhein-Westfalen zur Kostenerstattung verpflichtet wird (vgl. BVerfGE 105, 239 <252>). Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>). ..." (BVerfG, Beschluss vom 29.09.2015 - 1 BvR 1125/14)

*** (BGH)

Das mietfreie Wohnen beeinflusst nicht die Höhe des Kindesunterhalts. Die kostenfreie Zurverfügungstellung von Wohnraum wird vorrangig im unterhaltsrechtlichen Verhältnis zwischen den Eltern ausgeglichen. Ein unterhaltsrechtlicher Ausgleich kann auch darin bestehen, dass der Betreuungselternteil keinen Anspruch auf Trennungsunterhalt geltend machen kann, weil nach der Zurechnung des vollen Wohnwerts keine auszugleichende Einkommensdifferenz zwischen den Eltern mehr besteht. Die Eltern können eine - nach den Umständen des Einzelfalls gegebenenfalls auch konkludente - Vereinbarung darüber treffen, dass die Wohnungskosten durch den Naturalunterhalt des Barunterhaltspflichtigen abgedeckt werden. Für die Erfüllung des Barunterhaltsanspruchs (§ 362 BGB) aufgrund einer solchen Vereinbarung trifft den Barunterhaltsschuldner die Darlegungs- und Beweislast. Bevor die Haftungsquote für den anteiligen Mehrbedarf bestimmt wird, ist von den Erwerbseinkünften des betreuenden Elternteils der Barunterhaltsbedarf der Kinder nach den gemeinsamen Einkünften der Eltern abzüglich des hälftigen auf den Barunterhalt entfallenden Kindergelds und abzüglich des vom Kindesvater geleisteten Barunterhalts abzusetzen. In der verbleibenden Höhe leistet der betreuende Elternteil neben dem Betreuungsunterhalt restlichen Barunterhalt in Form von Naturalunterhalt. Die andere Hälfte des Kindergelds, die der betreuende Elternteil erhält, ist nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 29. September 2021 - XII ZB 474/20, FamRZ 2021, 1965; (BGH, Beschluss vom 18.05.2022 - XII ZB 325/20).

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Eine Vereinbarung, mit welcher ein Mann die Einwilligung zu einer heterologen künstlichen Befruchtung einer Frau mit dem Ziel erteilt, die Vaterstellung für das zu zeugende Kind einzunehmen, enthält regelmäßig zugleich einen von familienrechtlichen Besonderheiten geprägten Vertrag zugunsten des aus der künstlichen Befruchtung hervorgehenden Kindes, aus dem sich für den Mann dem Kind gegenüber die Pflicht ergibt, für dessen Unterhalt wie ein rechtlicher Vater einzustehen (im Anschluss an Senatsurteil vom 3. Mai 1995, XII ZR 29/94, BGHZ 129, 297 = FamRZ 1995, 861). Die Einwilligung des Mannes muss gegenüber der Frau erklärt werden und bedarf keiner besonderen Form (BGH, Urteil vom 23.09.2015 - XII ZR 99/14 zu § 1600 BGB).

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Für den Unterhaltsberechtigten besteht grundsätzlich die Obliegenheit zur Inanspruchnahme von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 ff. SGB XII); eine Verletzung dieser Obliegenheit kann zur Anrechnung fiktiver Einkünfte in der Höhe der entgangenen Leistungen führen. Die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist gemäß § 43 Abs. 3 Satz 6 SGB XII schon dann insgesamt ausgeschlossen, wenn bei einer Mehrzahl von unterhaltspflichtigen Kindern des Leistungsberechtigten nur eines der Kinder über steuerliche Gesamteinkünfte in Höhe von 100.000 € oder mehr verfügt (im Anschluss an BSG, 25. April 2013, B 8 SO 21/11 R, FamRZ 2014, 385). Erhält der Unterhaltsberechtigte aus diesem Grund nachrangige Hilfe zum Lebensunterhalt (§ 19 Abs. 2 Satz 2, 27 ff. SGB XII) und haften mehrere unterhaltspflichtige Kinder gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB anteilig für den Elternunterhalt, stellt der gesetzliche Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger für ein privilegiertes Kind mit einem unter 100.000 € liegenden steuerlichen Gesamteinkommen eine unbillige Härte im Sinne von § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII dar, wenn und soweit dieses Kind den unterhaltsberechtigten Elternteil nur wegen des Vorhandenseins nicht privilegierter Geschwister nicht auf die bedarfsdeckende Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen verweisen kann. In diesem Fall kann das privilegierte Kind der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs durch den unterhaltsberechtigten Elternteil den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegenhalten, und zwar sowohl wegen vergangener als auch wegen zukünftiger Unterhaltszeiträume (BGH, Beschluss vom 08.07.2015 - XII ZB 56/14).

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Liegt es im Verantwortungsbereich des Sozialhilfeträgers, dass der Unterhaltsberechtigte nicht pflegeversichert ist und deshalb im später eingetretenen Pflegefall kein Pflegegeld bezieht, kann der Übergang des Elternunterhaltsanspruchs gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII in Höhe des fiktiven Pflegegelds eine unbillige Härte bedeuten. Insoweit können allerdings fiktive Versicherungsbeiträge den Bedarf des Unterhaltsberechtigten erhöhen. Von den Unterkunftskosten des in einem Heim lebenden und Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung beziehenden Unterhaltsberechtigten unterliegen mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung 56 % nicht der Rückforderung und stehen damit einem Anspruchsübergang nach § 94 SGB XII entgegen. Ist der Elternunterhaltspflichtige verheiratet und bei Zusammenveranlagung in Steuerklasse III und sein Ehegatte in Steuerklasse V eingruppiert, ist für die Leistungsfähigkeit nicht von dessen tatsächlicher Steuerlast auszugehen. Vielmehr ist in Anlehnung an § 270 AO zunächst anhand der fiktiven Steuerlast bei einer Einzelveranlagung die Relation der individuellen Steuerlast zur gesamten Steuerlast zu ermitteln und anhand des entsprechenden Prozentsatzes die Steuerlast des Unterhaltspflichtigen am Maßstab der bei Zusammenveranlagung tatsächlich bestehenden Steuerschuld zu berechnen (im Anschluss an Senatsurteile vom 10. Juli 2013, XII ZB 298/12, FamRZ 2013, 1563; Urteil vom 17. September 2008, XII ZR 72/06, BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189 und vom 31. Mai 2006, XII ZR 111/03, FamRZ 2006, 1178; BGH, Beschluss vom 17.06.2015 - XII ZB 458/14).

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Bei der Bemessung des Unterhalts kann der Tatrichter zur Ermittlung des Kaufkraftunterschieds die vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" heranziehen (BGH, Beschluss vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12).

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Verfügt der Unterhaltspflichtige über höhere Einkünfte als sein Ehegatte, ist die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt in der Regel wie folgt zu ermitteln: Von dem Familieneinkommen wird der Familienselbstbehalt in Abzug gebracht. Das verbleibende Einkommen wird um die Haushaltsersparnis vermindert. Die Hälfte des sich ergebenden Betrages kommt zuzüglich des Familienselbstbehalts dem Familienunterhalt zugute. Zu dem so bemessenen individuellen Familienbedarf hat der Unterhaltspflichtige entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten beizutragen. Für den Elternunterhalt kann der Unterhaltspflichtige die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinem Anteil am Familienunterhalt einsetzen. Die Haushaltsersparnis, die bezogen auf das den Familienselbstbehalt übersteigende Familieneinkommen eintritt, ist regelmäßig mit 10 % dieses Mehreinkommens zu bemessen. Aufwendungen für eine Hausrats- und Haftpflichtversicherung sind auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt nicht als vorweg abziehbare Verbindlichkeiten zu behandeln. Ist der Unterhaltspflichtige vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten, können Aufwendungen für eine zusätzliche Altersversorgung weiterhin abzugsfähig sein. In Höhe des dem Unterhaltsberechtigten sozialrechtlich gewährten angemessenen Barbetrags (§ 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) sowie des Zusatzbarbetrags (§ 133 a SGB XII) ist auch unterhaltsrechtlich ein Bedarf anzuerkennen (BGH, Urteil vom 28.07.2010 - XII ZR 140/07 zu BGB §§ 1601, 1602 Abs. 1, 1603 Abs. 1; SGB XII §§ 35 Abs. 2 Satz 1, 133 a - sehr umfangreiche Entscheidung).

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Ein Student, der im Haushalt eines Elternteils lebt, kann im Verhältnis zu dem anderen, auf Unterhalt in Anspruch genommenen Elternteil darauf verwiesen werden, am Studienort zu wohnen. Das kommt in Betracht, wenn hohe Fahrtkosten zum Studienort anfallen und dem Interesse des anderen Elternteils, die Unterhaltsbelastung in Grenzen zu halten, keine gewichtigen, gegen einen Umzug sprechenden Belange des Studenten gegenüberstehen. Zur Berechnung der anteiligen Haftung von Eltern für den Unterhalt eines volljährigen Kindes, wenn ein Elternteil seinem Ehegatten Familienunterhalt schuldet. Die für ein minderjähriges Kind gezahlte Halbwaisenrente ist auf seinen Barunterhaltsanspruch gegen den Elternteil, bei dem es lebt, nur zur Hälfte anzurechnen (im Anschluss an Senat, NJW 1981, 168 = FamRZ 1980, 1109 [1111]). Unterhaltsrechtlich anzuerkennende berufsbedingte Aufwendungen können nicht ohne nähere Prüfung mit den steuerlich anerkannten Werbungskosten gleichgesetzt werden (BGH, Urteil vom 21.01.2009 - XII ZR 54/06 zu BGB §§ 1602, 1603 I, 1606 III 1, 1610).

*** (OLG)

Besteht wegen fehlender Bedürftigkeit kein Unterhaltsanspruch eines volljährigen Kindes gegen seine Eltern, so steht diesem auch kein unterhaltsrechtlicher Anspruch auf Auskehrung des von den Eltern bezogenen Kindergeldes zu. Die einschlägigen steuer- und sozialrechtlichen Regelungen legen es nahe, dass das Kindergeld bei fehlender Bedürftigkeit des Kindes auch familienrechtlich den Eltern zusteht, so dass keine Grundlage für einen aus § 242 BGB hergeleiteten Auskehrungsanspruch ersichtlich ist (OLG Braunschweig, Beschluss vom 27.04.2023 - 1 UF 13/23).

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Erwerbsobliegenheit eines nicht mehr schulpflichtigen minderjährigen Kindes (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.01.2019 - 2 WF 2/19):

„... Entgegen der Auffassung des Antragsgegners wird die Frage, ob ein Minderjähriger, der nicht mehr schulpflichtig ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen hat, in der neueren familienrechtlichen Rechtsprechung und Literatur nicht mehr kontrovers diskutiert. Gemäß § 1602 Abs. 1 BGB ist unterhaltsberechtigt nur, wer außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten. Ist ein minderjähriges Kind nicht mehr schulpflichtig und befindet es sich auch nicht in Ausbildung, so ist es trotz der Minderjährigkeit verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sofern die Arbeitsaufnahme mit dem Jugendarbeitsschutzgesetz zu vereinbaren ist und keine gesundheitlichen Gründe einer Arbeitsaufnahme entgegenstehen (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 78. Aufl., § 1602 Rn. 5 m.w.N., Klinkhammer in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl., § 2 Rn. 55; Viefhues in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 1602 Rn. 85 ff.; Bamberger/Roth/Reinken, BGB, 3. Aufl., § 1602 Rn. 50; OLG Frankfurt NJW 2015, 3105; OLG Rostock FamRZ 2007, 1267; OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 2082; OLG Brandenburg FamRZ 2005, 2094; OLG Köln FuR 2005, 570).

Soweit in älteren Entscheidungen, insbesondere den vom Antragsgegner zitierten Entscheidungen des OLG Stuttgart vom 10.05.1996 (FamRZ 1997, 447 ff.) und des OLG Saarbrücken vom 07.04.1999 (FamRZ 2000, 40) und in der Literatur (Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 7. Aufl., Kap. V Rn. 114) eine Zurechnung fiktiver Einkünfte bei Minderjährigen verneint wird, wird diese Rechtsauffassung auf § 1611 Abs. 2 BGB gestützt. Nach § 1611 Abs. 2 BGB sind die Vorschriften des § 1611 Abs. 1 BGB betreffend die Verwirkung der Unterhaltspflicht bei minderjährigen Kindern nicht anzuwenden. Wenn - so die Argumentation - selbst ein schwerwiegendes Fehlverhalten bei minderjährigen Kindern sanktionslos bleibe, müsse dies erst recht für eine weniger schwerwiegende Verletzung der Erwerbsobliegenheit gelten. Das OLG Stuttgart hat allerdings zwischenzeitlich seine bisherige Rechtsauffassung aufgegeben und bejaht nunmehr in Übereinstimmung mit der weit überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur eine Erwerbsobliegenheit und eine Zurechnung fiktiver Einkünfte auch für Minderjährige (OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.03.2008, 15 UF 28/08,- juris Rn. 3).

Bei der Frage der Zurechnung fiktiver Einkünfte geht es nicht um die - auch für die Zukunft geltende - Verwirkung eines Unterhaltsanspruches, sondern um die aktuelle Bedürftigkeit (Staudinger/Klinkhammer, BGB, Neubearbeitung 2018, § 1602 Rn. 165). Die Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern ist Ausfluss der familieninternen Solidarität, die aber keine Einbahnstraße ist, sondern in einem Gegenseitigkeitsverhältnis steht. Auch Kinder müssen die notwendigen und ihnen persönlich zuzumutenden Schritte unternehmen, im Laufe der Jahre wirtschaftlich auf eigene Beine zu kommen. Andernfalls sind ihnen - angepasst an die allgemeinen unterhaltsrechtlichen Grundsätze - ihrem Alter entsprechende erzielbare hypothetische Einkünfte anzurechnen (Herberger, a.a.O. Rn. 88).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt ein Wegfall des Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt nicht zwingend voraus, dass die Voraussetzungen einer Verwirkung gemäß § 1611 Abs. 1 BGB vorliegen. Der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung sei vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners auf Ermöglichung einer Berufsausbildung stehe auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Die Verletzung des Gegenseitigkeitsverhältnisses führe von selbst zum Wegfall des Unterhaltsanspruchs, ohne dass dies an die besonderen Verwirkungsvoraussetzungen gebunden sei (grundlegend BGH in FamRZ 1998, 671 Rn. 9). Ob die Verwirkungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind oder aber eine Berufung hierauf gemäß § 1611 Abs. 2 BGB nicht zulässig ist, kann in rechtlicher Hinsicht keinen Unterschied machen. Es ist auch nicht einzusehen, dass ein Kind, das seine Ausbildung nicht zielstrebig betreibt, seinen Unterhaltsanspruch verliert, während ein Kind, das erst gar keine Ausbildung beginnt, keine ganztägige Schule besucht und auch nicht schulpflichtig ist, nach wie vor einen Anspruch auf Kindesunterhalt haben soll. Der Senat schließt sich daher der überwiegenden Auffassung an, nach der auch bei Minderjährigen in der Zeit, in der sie nicht zur Schule gehen, eine Zurechnung fiktiver Einkünfte in Betracht zu ziehen ist.

3. Das Amtsgericht geht deshalb zutreffend davon aus, dass der Antragsgegner im Hinblick auf die ihm fiktiv zuzurechnenden Einkünfte nicht als bedürftig anzusehen ist.

Der Antragsgegner ist bereits im Beschluss des Senats vom 15.05.2018 im Verfahren 2 WF 79/18 auf seine Erwerbsobliegenheit nach dem Ende seiner Schulpflicht hingewiesen worden. Erwerbsbemühungen sind von ihm weder behauptet noch unter Beweis gestellt worden. Der Antragsgegner besucht nach seinen eigenen Angaben lediglich an drei Abenden (dienstags, mittwochs und donnerstags) in der Zeit von 18.00 Uhr bis 21.15 Uhr die Abendschule. Bislang hat er lediglich eine Anmeldebestätigung der Volkshochschule vorgelegt. Dass er tatsächlich regelmäßig die Abendschule besucht, ist vom Antragsteller bestritten worden. Selbst bei einem regelmäßigen Schulbesuch wäre der Antragsgegner aber in der Lage, seinen Bedarf mit Hilfe eines ihm fiktiv zuzurechnenden Einkommens selbst zu decken. Der geschuldete Mindestbedarf des Antragsgegners beläuft sich ab dem 01.01.2019 auf monatlich 379,00 €. Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn von derzeit 9,19 € pro Stunde gilt zwar nicht für Minderjährige. Nach Einschätzung des Senats ist jedoch ein Stundenlohn von 8,00 € durchaus von dem 17-jährigen Antragsgegner zu erzielen. Seinen Unterhaltsbedarf kann der Antragsgegner mithin durch einen monatlichen Arbeitseinsatz von rund 50 Stunden decken. Ihm bleibt selbst bei einer derartigen beruflichen Tätigkeit noch genügend Zeit, um den Unterrichtsstoff nachzuarbeiten und sich auf etwaige Prüfungen vorzubereiten. ..."

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Ist ein Kind außerhalb des Elternhauses in Vollzeitpflege untergebracht, wird dessen Unterhaltsbedarf durch die vom jeweiligen Träger erbrachten Leistungen für den laufenden Lebensbedarf (Sachaufwand) sowie Pflege und Erziehung (§ 39 Abs. 1, 2 SGB VIII) gedeckt. In diesem Fall tritt der öffentlich-rechtliche Anspruch auf einen Kostenbeitrag an die Stelle des familienrechtlichen Unterhaltsanspruchs (OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 17.11.2016 - 14 UF 53/16).

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Es stellt keine schwerwiegende Veränderung im Sinne des § 313 BGB dar, wenn die Berechtigung eines volljährigen behinderten Kindes zum Bezug von SGB XII-Leistungen grundsätzlich besteht, diese Berechtigung jedoch bereits bei Errichtung des vorherigen Unterhaltstitels bestand und dort nicht berücksichtigt wurde. Wurde ein Einkommen aus der Tätigkeit in einer Behindertenwerkstatt bei der Errichtung des vorherigen Unterhaltstitels als "überobligatorisch" bewertet, so ist es bei einer erheblichen zwischenzeitlichen Erhöhung dieser Bezüge nicht geboten, diese Bewertung hinsichtlich des Erhöhungsbetrages fortzuschreiben. Bezüge aus der Tätigkeit in einer Behindertenwerkstatt in der Größenordnung von 250 EUR haben nicht mehr den Charakter eines Taschengeldes und stehen - jedenfalls teilweise - zur Deckung des Unterhaltsbedarfs zur Verfügung (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.02.2014 - 8 UF 236/13).

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Es ist Sache des im Studium befindlichen volljährigen Kindes darzutun und zu belegen, dass ihm bei rechtzeitiger Antragstellung keine Ausbildungsförderung gewährt worden wäre. Solange ein Antrag des Kindes auf BAföG-Leistungen nicht von vornherein aussichtslos ist, ist eine solche Antragstellung auch zumutbar (OLG Hamm, Beschluss vom 27.09.2013 - 2 WF 161/13).

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Der Kindesunterhaltsanspruch eines Minderjährigen, der eine Ausbildung aufnimmt, gegenüber dem barunterhaltspflichtigen Elternteil entfällt oder reduziert sich für den gesamten Monat nach der Auslegung des § 1602 Abs. 1 BGB ab dem Beginn desjenigen Monats, in dessen Verlauf die erste Ausbildungsvergütung tatsächlich ausgezahlt wird. Auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Ausbildungsvertrages oder Beginns der Arbeitsaufnahme kommt es demgegenüber nicht entscheidend an. Die Zahlung der ersten Ausbildungsvergütung - nicht aber bereits der Abschluss des Ausbildungsvertrages oder die Arbeitsaufnahme - begründet für den Monat der Auszahlung eine nach der Errichtung des bestehenden Kindesunterhaltstitels liegende zulässige Einwendung im Sinne der §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 767 Abs. 1 und 2 ZPO (OLG Hamm, Beschluss vom 08.01.2013 - 3 UF 245/12).

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Die erforderliche Kaufkraftbereinigung von der in der Schweiz erzieltem Einkommen kann einschließlich der Berücksichtigung der Währungsparitäten anhand der vom Statistischen Amt der Europäischen Uniion (Eurostat) ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" erfolgen. Das danach umgerechnete Einkommen bestimmt den Bedarf des unterhaltsberechtigten Kindes (OLG Oldenburg, Beschluss vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12).

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Zur Höhe des Schonvermögens beim Elternunterhalt ( OLG Nürnberg, Beschluss vom 26.04.2012 - 9 UF 1747/11):

„... II. Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Sie führt in Abänderung des Endbeschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürth vom 10.11.2011 zur Abweisung des Antrags auf Unterhalt. Der Antragsgegner verfügt über kein Vermögen, aus dem er zu Unterhaltsleistungen für seine Mutter in Anspruch genommen werden kann. Es ist deshalb kein Unterhaltsanspruch auf den Antragsteller nach § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG übergegangen.

Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.

1. Der Antragsgegner ist zwar seiner Mutter nach §§ 1601, 1602 BGB unterhaltspflichtig, weil deren Einkommen und Vermögen zur Bezahlung der Kosten des Pflegeheimes nicht ausreichen.

Nach der Lohnabrechnung für das Jahr 2008 vom 12.12.2008, die die Beteiligten der Einkommensermittlung zugrunde legen, verdiente der Antragsgegner im Jahr 2008 27.497,92 € brutto. Davon sind nach den seit 01.04.2011 geltenden Steuer- und Beitragssätzen nach Lohnsteuerklasse 1, ohne Kinderfreibetrag, 3.481,00 € Lohnsteuer, 191,45 € Soli, 2.728,08 € Rentenversicherung, 411,27 € Arbeitslosenversicherung, 2.248,47 € Krankenversicherung und 267,32 € Pflegeversicherung abzuziehen. Es verbleiben Nettoeinkünfte von 18.090,54 €. Dies entspricht einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.507,54 €. Davon sind Versicherungsbeiträge von 12,33 € an die B.B., 13,13 € an die A. P. Krankenkasse und die Lebensversicherungsbeiträge von 54,45 € und 18,63 € für die zusätzliche Altersvorsorge abziehbar, die der Antragsgegner nach den vorgelegten Kontoauszügen (01.07.2011) auf die fortbestehenden Lebensversicherungsverträge Nr. ... und -/... bei der A. L. AG entrichtet. Nach Abzug von Fahrtkosten von 288,00 € (48 km x 0,30 € x 20 Tage) für die Fahrten zwischen der Wohnung in F. und dem Arbeitsplatz in L. verbleiben 1.121,00 € als bereinigtes monatliches Nettoeinkommen.

Das Wohngeld für die Eigentumswohnung in F. ist nicht abziehbar, weil es Kosten umfasst, die auf einen Mieter umgelegt werden könnten.

Mit einem bereinigten Nettoeinkommen von 1.121,00 € liegen die Erwerbseinkünfte des Antragsgegners deutlich unter dem Selbstbehalt von 1.500,00 € nach 21.3.3, SüdL 2011, so dass der Unterhalt nicht aus dem Einkommen des Antragsgegners geleistet werden kann. Der Antragsteller hat den Klageantrag darauf auch nicht gestützt.

2. Der Antragsgegner verfügt auch über kein Vermögen, aus dem er zu Unterhaltsleistungen für seine Mutter in Höhe der nicht gedeckten Heimkosten herangezogen werden kann.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2003,1281; BGH NJW 2004,2306) muss der Unterhaltsschuldner zwar auch auf seinen Vermögensstamm zurückgreifen, wenn er den Elternunterhalt nicht aus dem Einkommen erbringen kann.

Die Vermögensverwertungspflicht besteht aber nicht uneingeschränkt. Es sind auch die sonstigen Verbindlichkeiten und Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigten. Eine Vermögensverwertung kann nicht gefordert werden, wenn sie für den Unterhaltspflichtigen mit einem unangemessenen wirtschaftlichen Nachteil verbunden wäre. Der Unterhaltsschuldner muss nicht seinen eigenen angemessenen Unterhalt einschließlich der angemessenen Altersvorsorge gefährden (BVerfG NJW 2005, 1927 ff.). Beim Elternunterhalt sind die Interessen des Unterhaltspflichtigen danach stärker zu gewichten als beim Kindesunterhalt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH FamRZ 2006,1511) ist der Unterhaltspflichtige berechtigt, neben der Eigensicherung des Lebensbedarfs auch Vorkehrungen zur Sicherung seines angemessenen Bedarfs im Alter zu treffen. Das Altersvorsorgevermögen ist nach der genannten Entscheidung nicht nach einem für alle Fälle geltenden Pauschalbetrag anzusetzen, sondern individuell zu berechnen.

Für angemessen hält der Bundesgerichtshof ein Altersvorsorgevermögen, das 5 Prozent des gegenwärtigen Bruttoeinkommens, gerechnet auf die zurückgelegte Arbeitszeit und aufgezinst mit einer üblichen Kapitalverzinsung von 4 % p.a. entspricht. Damit soll das Vermögen geschützt und nicht für den Elternunterhalt einzusetzen sein, das sich aus einer monatlichen Altersvorsorge des Unterhaltspflichtigen von bis zu 5 % des Bruttoeinkommens, gerechnet auf die Dauer der Berufsjahre einschließlich Kapitalverzinsung ergibt.

Die Form der zusätzlichen Altersvorsorge ist dabei freigestellt (Palandt-Brudermüller-BGB, 71. Aufl., § 1601 Rn 9), sodass alle in Betracht kommenden Anlageformen einschließlich Immobilien gewählt werden können.

Der Senat errechnet bei Zugrundelegung des monatlichen Bruttolohns von 2.284,83 € (Lohnabrechnung vom 12.12.2008) bei einer jährlichen Kapitalverzinsung von 3 Prozent ein dem Antragsgegner zustehendes Altersvorsorgevermögen von 104.767,45 € (Gutdeutsch-Programm "Schonvermögen"). Die Verzinsung mit 3 Prozent hält der Senat wegen der inzwischen rückläufigen Rendite für angemessen.

Aufgrund der Angaben des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2012 vor dem Senat ist der am 27.02.1956 geborene Antragsgegner seit seinem 16. Lebensjahr in Deutschland ununterbrochen berufstätig. Nach seinen unbestrittenen Angaben kam er im Alter von 15 Jahren nach Deutschland und ging sein erstes Arbeitsverhältnis im September 1971 bei einem Unternehmen in A. bei Nürnberg ein. Die Lehre als Elektriker absolvierte er vier Jahre später im Abendkurs ohne Unterbrechung der Arbeitstätigkeit. Der Senat geht deshalb bei der Berechnung des Altervorsorgevermögens davon aus, dass der Antragsgegner vierzig Berufsjahre zurückgelegt hat.

3. Die Höhe des dem Antragsgegner zustehenden Altersvorsorgevermögens von 104.767,45 € wird von den verfügbaren Vermögenswerten nicht erreicht.

Bei der Postbank M. besteht nach drei Barabhebungen von jeweils 2.000,00 € am 04.07.2009, 24.10.2009 und 30.11.2009 ein Habenstand von noch 6.412,39 €. Bei der A. L. bestehen zwei Lebensversicherungen mit Rückkaufswerten von 27.123.13 € (Vertrag Nr. ...) und 5.559,03 € (Vertrag Nr. ...), bezogen auf den 01.02.2009. Daraus ergibt sich ein Kapitalvermögen von insgesamt 39.094,55 €.

Der Lebensversicherungsvertrag Nr. ... wurde vom Antragsgegner gekündigt. Der Antragsgegner erhielt am 01.12.2009 30.140,17 € ausbezahlt. Mit dem Betrag hat der Antragsgegner festgesetzte Steuern und Abgaben in Höhe von 20.881,53 €, Strafzahlungen in Höhe von 3.581,90 € und die Kanalanschlussgebühr von 3.413,72 € für das Wohnhaus in P. (Provinz Palermo) bezahlt. Aus dem Gebührenbescheid der Gemeinde P. vom 17. 07.2009 geht hervor, dass eine weitere Rate von 3.413,72 € zur Zahlung fällig wird.

Die Steuern, Abgaben und Strafzahlungen sind durch die vorgelegten Abrechnungen des Inkassounternehmens der italienischen Finanzverwaltung belegt. Durch die Entrichtung der Steuern und Abgaben und die Kanalanschlussgebühren für das Haus in P. wird der Auszahlungsbetrag von 30.140,17 € aufgebraucht.

Nach Angaben des Antragsgegners hat er das Grundstück in P. vor ca. 30 Jahren zusammen mit seiner Schwester erworben. Er hat dort ein Wohnhaus mit zwei Wohnungen errichtet. Wie sich aus dem vorgelegten Bescheid der Kommunalverwaltung von P. ergibt, unterliegt das Gebäude einem Straferlass wegen Verstoßes gegen Bauvorschriften. Für die Errichtung und Sanierung des Hauses besteht keine Baugenehmigung. Auch besteht kein Nachweis der Bewohnbarkeit.

Weitere Kosten und Steuern würden nach Angaben des Antragsgegners für die Bildung von Sondereigentum entstehen, das Voraussetzung für eine Veräußerbarkeit auf dem Immobilienmarkt ist. Derzeit besteht ungeteiltes Miteigentum.

Selbst wenn der Hälfteanteil mit dem vom Antragsgegner in der Auskunft vom 12.01.2009 vorgerichtlich genannten Verkehrswert von 60.000,00 € bewertet und dem noch vorhandenen Kapitalvermögen von 39.094,55 € aufgeschlagen wird, weil die leerstehende, nur für Ferienaufenthalte benutzte Immobilie grundsätzlich für den Elternunterhalt verwertet werden muss (BGH FamRZ 1986,48), ergibt sich ein Vermögen von 99.094,55 €, das unter der Grenze des ihm zustehenden Altervorsorgevermögens von 104.767,45 € liegt.

Nach Auffassung des Senats kann deshalb dahinstehen, ob der Anteil des Antragsgegners trotz der fehlenden Baugenehmigung mit 60.000,00 € bewertet werden kann. Bei Abzug von 10.000,00 € für den allgemeinen Freibetrag und 5.000,00 € Rückstellungen für Verbindlichkeiten in Italien, die der Antragsteller mit der Beschwerde nicht in Frage stellt, besteht für den Antragsgegner ein Altersvorsorgevermögen in Höhe von 84.094,55 €.

4. Der Bundesgerichtshof hat in der genannten Entscheidung (BGH FamRZ 2006, 1511) offen gelassen, ob das Altersvorsorgevermögen auch dann nach dem Maßstab von 5 Prozent des gegenwärtigen Bruttoeinkommens verzinslich hochgerechnet auf die Berufsjahre ermittelt werden kann, wenn der Unterhaltspflichtige über Immobilien verfügt (Wendl-Dose-Wönne, Unterhaltsrecht, 8. Auflage, § 2, Rn 959; Koritz, Der Selbstbehalt beim Elternunterhalt, NJW 2007, 270 ff.). Nach seiner Entscheidung ist in diesem Fall zu beachten, dass der Unterhaltspflichtige dann im Alter Mietaufwendungen spart und seinen Lebenstandard mit geringeren Einkünften aufrecht erhalten kann.

Der Senat ist der Auffassung, dass die im Alleineigentum des Antragsgegners stehende Eigentumswohnung in F., ..., deren Verkehrswert der Antragsteller auf 115.000,00 € veranschlagt, der Berücksichtigung eines weiteren Altersvorsorgevermögens mit 5 Prozent des gegenwärtigen Bruttoeinkommens für die Dauer der zurückgelegten Berufsjahre im vorliegenden Fall nicht entgegensteht. Denn das auf diesem Weg ermittelte Altersvorsorgevermögen bedeutet nicht, dass dem Antragsgegner nicht auch die selbstgenutzte Eigentumswohnung als Schonvermögen zusteht.

Dafür spricht, dass das bereinigte Nettoeinkommen des Antragsgegners in Höhe von 1.121,00 € (oben Ziffer II 1) erheblich unter dem Selbstbehalt von 1.500,00 € (SüdL. 21.3.3, Stand 01.01.2011) liegt. Da die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen so bemessen sind, dass sie nur zusammen mit dem Wohnvorteil der selbstgenutzten Eigentumswohnung, den der Antragsteller anhand einer Wohnwerttabelle auf monatlich 339,02 € (365,00 € abzüglich 25,98 € verbrauchsunabhängige Kosten) veranschlagt, den Bedarf des Unterhaltsschuldners von 1.500,00 € sicherstellen, ist der Verkehrswert der Wohnung nicht auf das Altersvorsorgevermögen anrechenbar.

Nach der vorgelegten Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern vom 16.11.2010 kann der Antragsgegner bei Fortzahlung der in den letzten 5 Jahren durchschnittlich geleisteten Beiträge bei Erreichen der Regelaltersgrenze am 26.11.2021 mit einer Rente von 1.320,90 € (ohne Rentenanpassungen) rechnen. Auch im Rentenalter ist der Mindestselbstbehalt des Antragsgegners von 1.500,00 € nur gedeckt, wenn der Wohnvorteil fortbesteht.

Da der Wert der selbst genutzten Eigentumswohnung des Antragsgegners aus diesem Grund nicht ganz oder teilweise auf das Altersvorsorgevermögen anzurechnen ist, besteht kein Grund zur Berechnung der Differenz zum Selbstbehalt, die der Antragsgegner mit 79.356,48 € (12 Monate x 14 Jahre x 472,36 €), der Antragsteller dagegen nur mit 3.973,33 € (1.400,00 € Selbsthalt abzüglich 1.379,03 € Einkommen = 20,97 € Fehlbetrag; 20,97 € x 12 x 15,78975 Barwertfaktor = 3.973,33 €) berechnet.

Die Wohnung in F. wird vom Antragsgegner und seiner Schwester A. B. bewohnt, die seit Anfang 2012 eine Rente von 760,00 € monatlich bezieht und zu den Kosten der Wohnung nichts beiträgt. Nach herrschender Rechtsprechung (BGH FamRZ 2003, 1179, 1181; BGH FamRZ 2004, 1184) muss das vom Unterhaltspflichtigen und seinen Angehörigen selbst genutzte Eigenheim nicht für den Elternunterhalt eingesetzt werden. Er entspricht auch der überwiegenden Auffassung in der Literatur, dass das Wohnungseigentum dem Elternunterhalt nur durch die Zurechnung des Wohnvorteils dient (Münchener-Kommentar BGB-Born, 6. Auflage, § 1601, Rn 20; Hauß, Neues vom Elternunterhalt, FamRB 2010, 275 ff.; Ehinger, Elternunterhalt, NJW 2008, 2465, 2469 mit Nachweisen).

Nach dem vorgelegten Grundriss handelt es sich bei der dem Antragsgegner gehörenden Wohnung um eine Dreizimmerwohnung mit Küche, Bad, Diele, Abstellraum und Balkon. Das Haus wurde im Jahr 1984 errichtet. Der Antragsgegner erwarb die Wohnung im Jahr 1996 zum Alleineigentum. Der Senat hat deshalb keinen Zweifel, dass eine selbstgenutzte, den Verhältnissen des Antragsgegners angemessene Eigentumswohnung vorliegt, die nicht für den Elternunterhalt verwendet werden muss. Zudem besteht ein gewisser Renovierungsrückstand.

Aus der Anerkennung der Eigentumswohnung als Schonvermögen neben dem Altersvorsorgevermögen ergibt sich keine unangemessene Bevorzugung des Antragsgegners gegenüber einem Unterhaltspflichtigen, der über keine Wohnung verfügt. Denn dem Antragsgegner wird nur das Vermögen belassen, das er zur Sicherstellung des Lebensbedarfs und einer angemessenen Versorgung im Alter benötigt.

Da der Antragsteller kein Vermögen hat, aus dem er den Elternunterhalt leisten muss, kann dahinstehen, ob er neben dem Altersvorsorgevermögen und der selbstgenutzten Eigentumswohnung eine Rückstellung von 20.000,00 € für die Ersatzbeschaffung eines Pkws beanspruchen kann oder ihm diese wegen der Erstzulassung seines VW-Golf (Diesel) am 12.08.2005 angesichts des Fahrzeugalters von noch nicht einmal sieben Jahren derzeit noch nicht zusteht.

Auch kann dahinstehen, inwieweit der Antragsgegner die Zahnarztrechnungen aus den Abhebungen vom Sparbuch bei der Postbank im Jahr 2009 entrichtet hat, sodass sie nicht noch einmal vom Vermögen abgesetzt werden können.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist nach allem begründet und führt in Abänderung des angefochtenen Endbeschlusses des Amtgerichts Fürth zur Abweisung des Antrags. Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen, denn sie ist unbegründet. ..."

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Der Abänderung eines Unterhaltsvergleichs steht es nicht schon entgegen, dass das vom Unterhaltspflichtigen geschilderte Krankheitsbild dem vor Abschluss des Vergleichs dargestellten weitgehend entspricht. Vielmehr kann ein Abänderungsgrund vorliegen, wenn der Unterhaltspflichtige erst nach dem Vergleichsabschluss seine Erwerbstätigkeit mit Rücksicht auf seinen schlechten Gesundheitszustand reduziert hat (OLG Hamm, Beschluss vom 14.03.2012 - 8 WF 25/12):

„... Das vom Antragsgegner eingeleitete Abänderungsverfahren hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO. Nach § 239 Abs. 1 S. 2 FamFG ist der Antrag zulässig, wenn der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die die Abänderung rechtfertigen. Ob der Abänderungsantrag begründet ist, richtet sich gem. § 239 Abs. 2 FamFG nach den Vorschriften des materiellen Rechts, vor allem § 313 BGB. Der Antragsgegner hat dargelegt, dass sich sein Einkommen seit Abschluss des Vergleichs verringert habe. Er habe seine gewerbliche Tätigkeit eingestellt und den Umfang seiner abhängigen Beschäftigung von 30 auf 25 Wochenstunden reduziert. Damit genügt er den Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen Abänderungsantrag nach § 239 FamFG. Die Darlegung einer gesundheitlichen Verschlechterung seit Abschluss des Vergleichs ist nicht erforderlich. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass das vom Antragsgegner nunmehr geschilderte Krankheitsbild dem vor Abschluss des Vergleichs dargestellten Gesundheitszustand weitgehend entspricht. Mit Schriftsatz vom 07.02.2012 hat der Antragsgegner dargelegt, dass der Vergleich in der Vorstellung geschlossen worden sei, er könne die Arbeitsbelastung auch künftig tragen. Bereits mit Schriftsatz vom 19.10.2011 hatte er vorgetragen, dass er schon zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses überobligatorisch erwerbstätig gewesen sei, um sich einen "gewissen wirtschaftlichen Spielraum" zu erhalten. Der Antragsgegner kann aber auch im Hinblick auf seine gesteigerte Unterhaltspflicht gem. § 1603 BGB nicht an einer gesundheitlichen Überbelastung festgehalten werden.

Das Amtsgericht wird im Hauptsacheverfahren zu prüfen haben, ob den Antragsgegner eine Erwerbsobliegenheit trifft oder ob er gesundheitsbedingt in seiner Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist. Der Antragsgegner hat selbst vorgetragen, er habe sich im vergangenen Jahr über das medizinisch erlaubte Maß hinaus körperlich belastet. Dies habe zu lebensbedrohlichen Herzattacken geführt. Deshalb müsse er "unbedingt kürzer treten". Hierzu hat er ein amtsärztliches Attest vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass er aus medizinischer Sicht seine berufliche Belastung einschränken müsse. Er hat ferner behauptet, dass ihm unter diesen Bedingungen eine mehr als halbschichtige Tätigkeit, die mit körperlicher Belastung einhergehe, nicht mehr zumutbar sei. Zum Beweis dafür hat er sich auf ein einzuholendes Sachverständigengutachten berufen. Schließlich muss auch die Klärung, in welcher Höhe Fahrtkosten vom Nettoeinkommen des Antragsgegners in Abzug zu bringen sind, dem Hauptsacheverfahren, in dem der Antragsgegner gem. § 141 ZPO anzuhören ist, vorbehalten bleiben. ..."

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Reicht das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht aus, um den Unterhaltsbedarf seiner minderjährigen und privilegiert volljährigen Kinder zu decken, ist in die Mangelfallberechnung in der Regel nur der Mindestunterhalt der Kinder einzustellen. Der Mehrbedarf eines Kindes ist in der Regel nachrangig zu befriedigen. Ist der Mindestunterhalt der minderjährigen oder privilegiert volljährigen Kinder nicht gewahrt, sind Beiträge zu einer privaten Unfallversicherung nicht vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzugsfähig (OLG Schleswig, Beschluss vom 04.01.2012 - 10 WF 254/11 zu §§ 1601, 1602, 1603, 1610 BGB).


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Minderjährige Kinder, die nicht mehr den Einschränkungen des JugArbSchG und der vollzeitigen Schulpflicht unterliegen, sind auch dann von einer Erwerbspflicht nicht gänzlich entbunden, wenn sie sich in einer Teilzeitausbildung befinden. (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.06.2010 - II-8 WF 117/10 - Erwerbsobliegenheit minderjähriger Kinder):

„ ... Die sofortige Beschwerde, mit der sich die minderjährige Antragstellerin gegen die Teilversagung der Verfahrenskostenhilfe für eine gegen ihren Vater gerichtete Unterhaltsklage wendet, ist unbegründet.

Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichts, dass die über 17 Jahre alte Antragstellerin neben dem Besuch eines VHS - Kurses zur Erlangung des mittleren Schulabschlusses, der an drei Wochentagen von 18.30 Uhr bis 21.30 Uhr stattfindet, ihren Bedarf teilweise durch die Ausübung einer geringfügigen Erwerbstätigkeit decken kann.

1) Im Schrifttum und der obergerichtlichen Rechtsprechung besteht weitgehend Einigkeit, dass minderjährige Kinder, die - wie die Antragstellerin - nicht mehr den Einschränkungen des JugArbSchG und der vollzeitigen Schulpflicht unterliegen, von einer Erwerbspflicht jedenfalls nicht grundsätzlich entbunden sind (OLG Karlsruhe, Urteil vom 26.11.1987 - 16 UF 58/87; OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.08.1989 - 5 UF 4/89, FamRZ 1990, 194; OLG Brandenburg, Beschluss vom 23.8.2004 - 9 WF 157/04; OLG Koblenz, Urteil vom 24.11.2003 - 13 UF 522/03, JAmt 2004, 153; OLG Köln, Beschluss vom 04.08.2005 - 26 WF 135/05, FUR 2005, 570; OLG Rostock, Beschluss vom 18.10.2006 - 10 WF 103/06 FamRZ 2007, 1267; Palandt - Diedrichsen, BGB, 69. Aufl., § 1602, Rn. 7; Wendl/Staudigl - Scholz, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 2 Rn. 47). Die vereinzelt vertretene gegenteilige Auffassung, nach der § 1611 Abs. 2 BGB der Zurechnung fiktiver Einkünften bei Minderjährigen entgegenstehen soll (OLG Saarbrücken, Urteil vom 07.04.1999 - 9 UF 147/98, FamRZ 2000, 40; OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.05.1996 - 17 UF 159/96, FamRZ 1997, 447, Hanseatisches OLG, Beschluss vom 22.12.1994 - 15 WF 205/94), verkennt, dass Unterhaltsleistungen nach § 1610 Abs. 2 BGB nur zweckgebunden geschuldet werden und die nachhaltige Verletzung der Ausbildungsobliegenheit deshalb unabhängig von den besonderen Verwirkungsvoraussetzungen des § 1611 Abs. 1 BGB bereits den Unterhaltsanspruch entfallen lässt (so BGH, Urteil vom 04.03.1998 - XII ZR 173/96) oder zumindest die Bedürftigkeit des Berechtigten mindert. Folglich kann bei minderjährigen Kindern auch § 1611 Abs. 2 BGB der Zurechnung fiktiver Einkünfte nicht entgegenstehen.

2) Zwar weist die Beschwerde zutreffend darauf hin, dass in den bekannten obergerichtlichen Entscheidungen nur minderjährigen Unterhaltsberechtigten, die keiner Schul- oder Berufsausbildung nachgehen, ein fiktives Einkommen zugerechnet wurde. Für Berechtigte, die sich - wie die Antragstellerin - nur in einer Teilzeitausbildung befinden, kann nach Überzeugung des Senats jedoch nichts abweichendes gelten.

Aufgrund der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgenden Zweckbindung des Ausbildungsunterhalts ist der in Ausbildung befindliche Unterhaltberechtigte von der nach § 1602 Abs. 1 BGB grundsätzlich bestehenden Erwerbsobliegenheit nur befreit, soweit er durch die Ausbildung daran gehindert ist, sich selbst zu unterhalten. Dem in Teilzeitausbildung befindlichen Berechtigten muss deshalb zugemutet werden, seine verbleibenden zeitlichen Ressourcen zur Deckung seines Bedarfs zu nutzen. Dies gilt auch für minderjährige Unterhaltsberechtigte, weil die in § 1602 Abs. 1 BGB verankerte Verpflichtung, sich vorrangig selbst zu unterhalten, mit den in § 1602 Abs. 2 BGB normierten Einschränkungen auch bei minderjährigen Unterhaltsberechtigten Geltung beansprucht.

3) Gegen die Bemessung des zugerechneten fiktiven Einkommens ist nichts zu erinnern. Die Antragstellerin, die im Oktober 2010 bereits ihr achtzehntes Lebensjahr vollendet und sich noch um die Erlangung der Fachoberschulreife bemüht, hat nur an drei Wochentagen in den Abendstunden - von 18.30 Uhr bis 21.30 Uhr - Unterricht. Wenn das Amtsgericht ihr das Entgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung im Umfang von 10 Wochenstunden zurechnet, ist dies nicht zu beanstanden. Die Tätigkeit kann problemlos an den zwei schulfreien Arbeitstagen absolviert werden. Für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichtsstoffs bleibt somit noch ausreichend Zeit.

4) Das erzielbare Entgelt aus der fiktiven Nebentätigkeit hat das Amtsgericht zutreffend nur hälftig auf den Bedarf der Antragstellerin angerechnet.

5) Ob bei einer Ausweitung des Unterrichts auf fünf Wochentage à drei Zeitstunden eine abweichende Beurteilung geboten wäre, muss vorliegend noch nicht entschieden werden, weil die Antragstellerin ihre - vom Antragsgegner bestrittene - Behauptung, dass sich das Unterrichtspensum ab August 2010 erhöhen werde, weder belegt noch unter Beweis gestellt hat. ..."

§ 1603 Leistungsfähigkeit

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen unverheirateten Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

Leitsätze/Entscheidungen:

Grundvoraussetzung eines jeden Unterhaltsanspruchs bleibt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten. Auch im Rahmen der gegenüber minderjährigen Kindern gesteigerten Erwerbsobliegenheit darf von Unterhaltspflichtigen nach § 1603 II BGB nichts Unmögliches verlangt werden (BVerfG, Beschluss vom 09.11.2020 - 1 BvR 697/20):

„... I. 1. Die Beschwerdeführerin ist Mutter einer minderjährigen Tochter und eines minderjährigen Sohnes, die beide von dem von ihr getrennt lebenden Vater betreut werden.

a) Die Beschwerdeführerin hat eine Berufsausbildung als Floristin, übt diesen Beruf jedoch seit langem nicht mehr aus. Seit Juli 2019 geht sie einer Teilzeitbeschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden nach; zudem erhält sie Leistungen nach dem SGB II. Sie leidet an einer psychischen Erkrankung. Nach der in einer ärztlichen Bescheinigung geäußerten Einschätzung der sie behandelnden Fachärztin ist ihre Erwerbsfähigkeit deutlich eingeschränkt und besteht höchstens für vier Stunden täglicher Arbeitszeit bei vier Arbeitstagen pro Woche. Die Beschwerdeführerin neige dazu, ihre eigene Belastbarkeit zu überschätzen und gefährde sich dadurch selbst.

b) Aufgrund gerichtlicher Entscheidung wurde die Beschwerdeführerin im April 2017 zur Zahlung von Kindesunterhalt an ihre Tochter in Höhe von 100% des Mindestunterhalts verpflichtet. Einen im Februar 2019 gestellten Antrag, sie zur Zahlung des Mindestunterhalts auch an ihren Sohn zu verurteilen, lehnte das Familiengericht mit der Begründung mangelnder Leistungsfähigkeit ab. Dagegen legte der Beistand des Sohnes Beschwerde ein. Im Beschwerdeverfahren trugen die Beteiligten übereinstimmend vor, dass die Beschwerdeführerin Mutter eines weiteren minderjährigen Kindes (ihrer Tochter) sei.

Mit angegriffenem Beschluss vom 14. Januar 2020 änderte das Oberlandesgericht die familiengerichtliche Entscheidung ab und verpflichtete die Beschwerdeführerin, an ihren Sohn Kindesunterhalt in Höhe von 100% des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen staatlichen Kindergeldes zu zahlen. Die Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin sei wegen einer Verletzung ihrer gesteigerten Erwerbsobliegenheit unter Rückgriff auf fiktive Einkünfte zu ermitteln. Sie trage nicht mit hinreichender Substanz Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit beziehungsweise die Unfähigkeit zu solchen aufgrund einer Krankheit vor. Bereits gegenwärtig arbeite die Beschwerdeführerin 20 Wochenstunden und überschreite damit die ärztlich geratene Maximalgrenze von 16 Wochenarbeitsstunden. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin ihrem Ausbildungsberuf als Floristin bis zu einer Arbeitszeit von 48 Wochenstunden nachgehen könne.

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG. Die für eine Unterhaltsverpflichtung erforderlichen Einkünfte seien für sie objektiv nicht erzielbar. Das Oberlandesgericht habe sich nicht an den persönlichen Voraussetzungen eines Rückgriffs auf fiktive Einkünfte orientiert. Auch sei die konkret erforderliche Einkommenshöhe nicht bestimmt und der Umstand, dass die Beschwerdeführerin neben dem Sohn als Antragsteller des Ausgangsverfahrens auch dessen Schwester zur Leistung von Kindesunterhalt verpflichtet sei, nicht gewürdigt worden.

3. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegen. Die Landesregierung Sachsen-Anhalt und der Antragsteller des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Annahme ist zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 2 Abs. 1 GG geboten (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt und die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 BVerfGG).

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und begründet.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die angegriffene Entscheidung verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem aus Art. 2 Abs. 1 GG folgenden Grundrecht auf wirtschaftliche Handlungsfreiheit. Das Oberlandesgericht hat die Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin anhand eines fiktiven Einkommens verfassungsrechtlich nicht tragfähig begründet. Insbesondere hat es nicht nachvollziehbar dargelegt, worauf es seine Annahme stützt, die Beschwerdeführerin könne bei ausreichenden, ihr zumutbaren Bemühungen ein Einkommen in der zur Zahlung des titulierten Unterhalts erforderlichen Höhe erzielen.

a) Die Auferlegung von Unterhaltsleistungen schränkt den Verpflichteten in seiner durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Handlungsfreiheit ein. Diese ist jedoch nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet, zu der auch das Unterhaltsrecht gehört, soweit dieses mit Art. 6 Abs. 1 GG in Einklang steht (vgl. BVerfGE 57, 361 <378>). Der ausgeurteilte Unterhalt darf allerdings nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Unterhaltspflichtigen führen (vgl. BVerfGE 57, 361 <388>). Wird die Grenze des Zumutbaren eines Unterhaltsanspruchs überschritten, ist die Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Verpflichteten im finanziellen Bereich als Folge der Unterhaltsansprüche nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und kann vor dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG nicht bestehen (vgl. BVerfGE 57, 361 <381>).

aa) Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Unterhaltsrecht ist § 1603 Abs. 1 BGB, nach dem nicht unterhaltspflichtig ist, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind nach § 1603 Abs. 2 BGB ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Aus dieser in Art. 6 Abs. 2 GG wurzelnden fachrechtlichen Vorschrift folgt die Verpflichtung der Eltern zum Einsatz ihrer Arbeitskraft. Verfassungsrechtlich ist dabei nicht zu beanstanden, dass bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht allein auf das tatsächliche Vermögen und Einkommen des Verpflichteten, sondern auch auf dessen Arbeits- und Erwerbsfähigkeit abgestellt wird und demzufolge dem Unterhaltsschuldner ein fiktives Einkommen zugerechnet wird, wenn er eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese ‚bei gutem Willen' ausüben könnte (vgl. BVerfGE 68, 256 <270>).Die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen wird damit nicht ausschließlich durch sein tatsächlich vorhandenes Einkommen bestimmt, sondern auch durch seine Erwerbsfähigkeit und seine Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 15. Februar 2010 - 1 BvR 2236/09 -, Rn. 17; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. Juni 2012 - 1 BvR 1530/11 -, Rn. 12; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. Juni 2012 - 1 BvR 2867/11 -, Rn. 10).

bb) Gleichwohl bleibt Grundvoraussetzung eines jeden Unterhaltsanspruchs die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten. Das Unterhaltsrecht ermöglicht es insofern den Gerichten, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. März 2008 - 1 BvR 125/06 -, Rn. 14). Auch im Rahmen der gegenüber minderjährigen Kindern gesteigerten Erwerbsobliegenheit darf von Unterhaltspflichtigen nach § 1603 Abs. 2 BGB nichts Unmögliches verlangt werden. Die Gerichte haben im Einzelfall zu prüfen, ob Unterhaltspflichtige in der Lage sind, den beanspruchten Unterhalt zu zahlen, oder ob dieser ihre finanzielle Leistungsfähigkeit übersteigt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. Juni 2012 - 1 BvR 1530/11 -, Rn. 13; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. Juni 2012 - 1 BvR 2867/11 -, Rn. 11).

cc) Fachrechtlich setzt ? im Einklang mit dem Verfassungsrecht (vgl. BVerfGK 7, 135 <139>; 9, 437 <440>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. Juni 2012 - 1 BvR 1530/11 -, Rn. 15; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. Juni 2012 - 1 BvR 2867/11 -, Rn. 13 m.w.N.) ? die Zurechnung fiktiver Einkünfte, welche die Leistungsfähigkeit begründen sollen, zweierlei voraus. Zum einen muss feststehen, dass subjektiv Erwerbsbemühungen des Unterhaltsschuldners fehlen. Zum anderen müssen die zur Erfüllung der Unterhaltspflichten erforderlichen Einkünfte für den Verpflichteten objektiv erzielbar sein, was von seinen persönlichen Voraussetzungen wie beispielsweise Alter, beruflicher Qualifikation, Erwerbsbiographie und Gesundheitszustand und dem Vorhandensein entsprechender Arbeitsstellen abhängt (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06 -, Rn. 22; Urteil vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 -, Rn. 21). Fehlt es daran und wird die Erwirtschaftung eines Einkommens abverlangt, welches objektiv nicht erzielt werden kann, liegt regelmäßig ein unverhältnismäßiger Eingriff in die wirtschaftliche Handlungsfreiheit vor (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. März 2008 - 1 BvR 125/06 -, Rn. 16).

dd) Bei der Anwendung von § 1603 BGB können die Fachgerichte allerdings verfassungsrechtlich bedenkenfrei davon ausgehen, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Leistungsunfähigkeit zunächst den Verpflichteten trifft (vgl. BVerfGE 68, 256 <270>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. August 2014 - 1 BvR 192/12 -, juris, Rn. 18). Das gilt grundsätzlich für sämtliche Umstände, die zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit führen können. Dementsprechend muss derjenige, der sich gegenüber seiner Erwerbsobliegenheit auf eine krankheitsbedingte Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit berufen will, grundsätzlich Art und Umfang der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden angeben, und er hat ferner darzulegen, inwieweit die behaupteten gesundheitlichen Störungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2013 - XII ZB 297/12 -, juris, Rn. 13; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4. Mai 2017 - 18 WF 33/16 -, FamRZ 2017, S. 1575 <1576>). Hat der Unterhaltspflichtige allerdings ausreichend substantiiert konkrete Umstände vorgetragen, die eine Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit ergeben können, sind die Gerichte im Rahmen der gebotenen Zumutbarkeitsprüfung gehalten, ein fiktives Einkommen ausgehend von den vorgetragenen Umständen realitätsgerecht festzustellen und zu begründen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. August 2014 - 1 BvR 192/12 -, juris, Rn. 18 m.w.N.)

ee) Stützt sich die Verurteilung des Unterhaltspflichtigen nach den vorgenannten materiellen und prozessualen Maßgaben auf fiktives Einkommen, steigert dies typischerweise die Intensität des Eingriffs in das betroffene Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG. Während das Unterhaltsrecht in der Regel die Berufsentscheidung derjenigen akzeptiert, die Unterhalt schulden, mitsamt der sich hieraus ergebenden Konsequenzen für die Höhe des zumutbar zu leistenden Unterhalts, geht mit der Heranziehung fiktiver Einkünfte die Gefahr einher, die tatsächliche Leistungsfähigkeit zu überspannen und Unmögliches von ihm zu verlangen. Angesichts dessen und der an der Intensität des Grundrechtseingriffs ausgerichteten verfassungsgerichtlichen Prüfung (vgl. BVerfGE 72, 122 <138>; BVerfGK 19, 295 <300>; stRspr) sind die Fachgerichte insoweit von Verfassungs wegen gehalten, ihre Entscheidungsgrundlagen bei der Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt auf fiktiver Basis offenzulegen und somit deren Überprüfung zu ermöglichen. Andernfalls wäre nicht kontrollierbar, ob sie in vertretbarer Weise von einer objektiven Möglichkeit hinreichender Einkommenserzielung ausgegangen sind und ihnen keine Auslegungsfehler unterlaufen sind, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung und Tragweite der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit beruhen (vgl. zum Maßstab BVerfGE 72, 122 <138>). Entsprechende Anforderungen gelten wegen des erhöhten Eingriffsgewichts einer Verpflichtung zur Unterhaltszahlung auf der Grundlage fiktiven Einkommens auch für die fachgerichtliche Beurteilung, ob die unterhaltspflichtige Person ihrer Darlegungs- und gegebenenfalls Beweislast zur Einschränkung oder Aufhebung der Leistungsfähigkeit nachgekommen ist.

b) Diesen Anforderungen genügt die Entscheidung des Oberlandesgerichts, das die Beschwerdeführerin unter Rückgriff auf fiktive Einkünfte zur Leistung von Unterhalt verpflichtet, ohne die objektive Möglichkeit zur Erzielung eines hierfür erforderlichen Einkommens zu erörtern, nicht.

aa) Zwar hat das Oberlandesgericht noch in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise begründet, dass die Beschwerdeführerin nicht hinreichend dargelegt hat, sich um eine Erwerbstätigkeit in ihrem erlernten Beruf oder in einer anderen Position zu bemühen. Dabei ist es vertretbar davon ausgegangen, dass sie nicht hinreichend dargetan hat, krankheitsbedingt an entsprechenden Bemühungen gehindert zu sein.

bb) Das Oberlandesgericht begründet nicht in einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Weise, dass die Beschwerdeführerin ihrer Darlegungslast insoweit nicht nachgekommen ist, als sie eine krankheitsbedingte Einschränkung ihrer Erwerbsfähigkeit geltend gemacht hat, die das Erzielen eines Einkommens in der zur Begleichung des titulierten Unterhalts erforderlichen Höhe objektiv ausschließt (1). Wegen der ungenügenden Begründung zur Nichterfüllung der Darlegungslast hielte die Verurteilung der Beschwerdeführerin zur Unterhaltszahlung verfassungsrechtlicher Prüfung lediglich dann stand, wenn das Oberlandesgericht tragfähig die objektive Möglichkeit der Beschwerdeführerin dargelegt hätte, das für den titulierten Unterhaltsanspruch erforderliche Einkommen erzielen zu können. Daran fehlt es jedoch (2).

(1) Die Beschwerdeführerin hat im fachgerichtlichen Verfahren gestützt auf eine Bescheinigung der sie behandelnden Fachärztin vorgetragen, krankheitsbedingt lediglich vier Stunden an vier Werktagen, also 16 Wochenstunden, erwerbstätig sein zu können. Die Erwägung des Oberlandesgerichts, die darin liegende Behauptung zeitlich begrenzter Erwerbsfähigkeit könne sich nicht auf die fachärztliche Einschätzung stützen, weil die Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben aktuell im Umfang von 20 Wochenstunden arbeite, genügt nicht als Begründung dafür, dass die Beschwerdeführerin nicht ausreichend substantiiert zu Einschränkungen ihrer Leistungsfähigkeit vorgetragen habe. Denn sie hatte ebenfalls unter Berufung auf die fachärztliche Einschätzung geltend gemacht, ihre Erkrankung gehe mit einer Neigung zur Überschätzung der eigenen Belastbarkeit einher, und weiter vorgebracht, im Fall der Überforderung drohe eine akute Verschlechterung des vorhandenen Krankheitsbildes. Der Begründung der angegriffenen Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, dass sich das Oberlandesgericht mit diesem konkreten, für den Umfang der Erwerbsfähigkeit und damit für die Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin bedeutsamen Vortrag auseinandergesetzt hat. Damit fehlt eine verfassungsrechtlich tragfähige Begründung dafür, unzureichende Darlegungen der Beschwerdeführerin zu ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit anzunehmen.

(2) Die objektive Möglichkeit für die Beschwerdeführerin, bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Umfang von 48 Wochenstunden tatsächlich Einkommen in einer zur Bedienung des titulierten Unterhalts erforderlichen Höhe erzielen zu können, ist nicht in einer verfassungsrechtlicher Prüfung standhaltenden Weise festgestellt.

(a) Dem angegriffenen Beschluss des Oberlandesgerichts lässt sich bereits nicht entnehmen, in welcher Höhe die Beschwerdeführerin Einkommen erzielen müsste, um für den titulierten Unterhalt leistungsfähig zu sein. Eine Kalkulation stellt das Gericht weder zu der für Kindesunterhalt für zwei Kinder erforderlichen Höhe des Einkommens noch zur Höhe des für die Beschwerdeführerin objektiv möglichen Einkommens an. Obwohl die Beteiligten des Ausgangsverfahrens übereinstimmend vorgetragen haben, dass die Beschwerdeführerin Mutter eines zweiten minderjährigen Kindes ist, geht das Oberlandesgericht nicht darauf ein, ob und wie sich die nach § 1609 Nr. 1 BGB gleichrangige Unterhaltsberechtigung beider minderjähriger Kinder auf die Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin zur Zahlung vollen Unterhalts angesichts ihres zu wahrenden Selbstbehalts auswirkt. Möglicherweise hat das Oberlandesgericht trotz des insoweit unstreitigen Beteiligtenvorbringens die Existenz des zweiten Kindes der Beschwerdeführerin bei der Beschlussfassung übersehen.

(b) Die angegriffene Entscheidung enthält zudem keine tragfähige Feststellung dazu, worauf das Oberlandesgericht seine Auffassung stützt, dass die Beschwerdeführerin bei Einsatz ihrer vollen Arbeitskraft und bei Aufnahme einer ihrer persönlichen Voraussetzungen entsprechenden Arbeit objektiv in der Lage wäre, ein Einkommen in der erforderlichen Höhe zur Leistung des titulierten Unterhalts zu erzielen. Auf die persönlichen Voraussetzungen, wie beispielsweise Alter, berufliche Qualifikation, Erwerbsbiographie und das Vorhandensein entsprechender Arbeitsstellen, geht es trotz entsprechenden Vortrags nicht ernsthaft ein. Es beschränkt sich auf den Hinweis, die Beschwerdeführerin könne 48 Wochenstunden als Floristin arbeiten, ohne sich mit deren zahlreich vorgebrachten Bedenken hinsichtlich des durchschnittlich und maximal zu erwartenden Lohnes sowie ihrer lückenhaften Erwerbsbiographie auseinanderzusetzen. Die Ausführungen lassen nicht erkennen, ob sich das Oberlandesgericht der Anspruchsvoraussetzung einer objektiven Erzielbarkeit der erforderlichen Einkünfte bewusst war.

2. Der Beschluss des Oberlandesgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei der gebotenen umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls von einer Verpflichtung zur Leistung von Kindesunterhalt in der beschlossenen Höhe abgesehen hätte. Nach § 95 Abs. 1 BVerfGG ist daher bezüglich der angegriffenen Entscheidung die Grundrechtsverletzung festzustellen. Sie wird gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

3. Das Land Sachsen-Anhalt hat der Beschwerdeführerin nach § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen zu erstatten. Mit dieser Anordnung erledigt sich der Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts (vgl. BVerfGE 62, 392 <397>; 71, 122 <136 f.>; 105, 239 <252>). ..."

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Beschränkungen des Verpflichteten in seiner grundrechtlich geschützten Handlungsfreiheit durch Auferlegung von Unterhaltsleistungen unter Berücksichtigung fiktiver Einkünfte infolge vermeintlich unzureichender Erwerbsbemühungen (BVerfG, Beschluss vom 18.06.2012 - 1 BvR 1530/11):

„... I. 1. Der 1953 geborene Beschwerdeführer ist Vater eines im September 1996 geborenen Sohnes, des Klägers des Ausgangsverfahrens. Der Beschwerdeführer ist gelernter Baumaschinist und Betonfacharbeiter; er hat einen Grad der Behinderung von 50 % und lebt von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

a) Das Amtsgericht verurteilte ihn zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe. Der Beschwerdeführer sei gegenüber dem minderjährigen Kläger nach § 1603 Abs. 2 BGB gesteigert unterhaltspflichtig und daher gehalten, sich nach besten Kräften um eine Anstellung zu bemühen, mit der er den begehrten Unterhalt leisten könne. Derartige Bemühungen habe der Beschwerdeführer nicht vorgetragen. Soweit er behauptet habe, krankheitsbedingt nur stundenweise und nur sitzend arbeiten zu können, stehe dieser Behauptung entgegen, dass er im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme noch im Jahr 2008 ohne Fehlzeiten mehrere Monate vollschichtig gearbeitet habe. Es sei nicht auszuschließen, dass er bei überregionalen Bemühungen eine Arbeit finde, beispielsweise als Nachtportier oder als Pförtner. Mit einer derartigen Tätigkeit könne er ein um 5 % berufsbedingte Aufwendungen bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1.235 € erzielen, von dem er den titulierten Unterhalt in Höhe von gegenwärtig 285 € im Monat unter Wahrung seines Selbstbehalts leisten könne.

b) Mit am 27. Dezember 2010 zugestelltem Beschluss wies das Oberlandesgericht ein Prozesskostenhilfegesuch des Beschwerdeführers für die Durchführung des Berufungsverfahrens zurück. Außerdem verwies es auf seine Absicht, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Beschwerdeführer habe den hohen Anforderungen an nachhaltige Bemühungen um eine angemessene Arbeit nicht genügt, insbesondere nicht dargetan, krankheitsbedingt nicht arbeiten zu können. Unklar sei insbesondere, warum der Beschwerdeführer keine Erwerbsunfähigkeitsrente nach dem SGB VI, sondern Leistungen nach dem SGB II beziehe, die gemäß § 7 Abs. 1 SGB II nur erwerbsfähige Hilfsbedürftige erhielten. Es sei danach im Hinblick auf seine Ausbildung nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht angenommen habe, ihm sei fiktiv ein Einkommen in einer Höhe zuzurechnen, das ihn zur Zahlung des Mindestunterhalts befähige.

c) Im Folgenden wies das Oberlandesgericht die Berufung und eine von dem Beschwerdeführer gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe erhobene Gegenvorstellung zurück. Der Beschwerdeführer habe nach wie vor weder Bemühungen um eine Arbeit noch seine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit nachgewiesen. Aus seinem Lebenslauf ergebe sich vielmehr, dass er 2005 an zwei Berufspraxismaßnahmen für Beton- und Stahlbauer teilgenommen habe, obwohl er damals bereits zu 50 % behindert gewesen sei. Selbst wenn der Beschwerdeführer aber in seinem Beruf nicht mehr vermittelbar sei, so habe er gleichwohl nicht dargetan, das zur Zahlung des Unterhalts erforderliche Einkommen nicht durch eine andere Berufstätigkeit erzielen zu können. Er habe zwischen Mai 2007 und November 2008 an mehreren Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen teilgenommen und unter anderem Berufspraxis als Sozialarbeiter erworben. Er habe nicht vorgetragen und es sei auch nicht ersichtlich, warum er die hierbei erworbenen Fähigkeiten beruflich nicht verwerten könne.

2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde, für die er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Rechtsanwalts beantragt hat, rügt der Beschwerdeführer zum einen die Überspannung der Anforderungen an die Erfolgsaussicht seines Prozesskostenhilfegesuchs und damit eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 GG, zum anderen eine Verletzung seiner wirtschaftlichen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG infolge seiner Verurteilung zur Zahlung von Unterhalt. Diesbezüglich hätten die Gerichte ihre Annahme nicht tragfähig begründet, er könne bei hinreichenden Bemühungen das zur Leistung des titulierten Unterhalts erforderliche Einkommen erzielen.

3. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegen. Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern und der Kläger des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II. Die Verfassungsbeschwerde ist - soweit sie gegen die Entscheidungen in der Hauptsache erhoben wurde - zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers geboten ist, § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG. Zur Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die zulässige Verfassungsbeschwerde insoweit offensichtlich begründet ist (§ 93c Abs. 1 BVerfGG).

1. Die angefochtenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seinem aus Art. 2 Abs. 1 GG folgenden Grundrecht auf wirtschaftliche Handlungsfreiheit. Die Gerichte haben nicht tragfähig begründet, worauf sie ihre Annahme stützen, der Beschwerdeführer könne bei ausreichenden, ihm zumutbaren Bemühungen ein Einkommen in der zur Zahlung des titulierten Unterhalts erforderlichen Höhe erzielen.

a) Die Auferlegung von Unterhaltsleistungen schränkt den Verpflichteten in seiner durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Handlungsfreiheit ein. Diese ist jedoch nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet, zu der auch das Unterhaltsrecht gehört, soweit es mit Art. 6 Abs. 1 GG in Einklang steht (vgl. BVerfGE 57, 361 <378>). Der ausgeurteilte Unterhalt darf nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Unterhaltspflichtigen führen (vgl. BVerfGE 57, 361 <388>). Wird die Grenze des Zumutbaren eines Unterhaltsanspruchs überschritten, ist die Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Verpflichteten im finanziellen Bereich als Folge der Unterhaltsansprüche des Bedürftigen nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und kann vor Art. 2 Abs. 1 GG nicht bestehen (stRspr; BVerfGE 57, 361 <381>; BVerfGK 6, 25 <28>; 7, 135 <138>; 9, 437 <440>; 10, 84 <87>).

Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Unterhaltsrecht ist § 1603 Abs. 1 BGB. Danach ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind gemäß § 1603 Abs. 2 BGB ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Hieraus sowie aus Art. 6 Abs. 2 GG folgt ihre Verpflichtung zum Einsatz ihrer Arbeitskraft. Daher ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden, wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese "bei gutem Willen" ausüben könnte (vgl. BVerfGE 68, 256 <270>). Die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen wird also nicht allein durch sein tatsächlich vorhandenes Einkommen bestimmt, sondern auch durch seine Erwerbsfähigkeit und seine Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 15. Februar 2010 - 1 BvR 2236/09 -, juris Rn. 17; BGH, Urteil vom 9. Juli 2003 - XII ZR 83/00 -, juris Rn. 22; Urteil vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 -, juris Rn. 20).

Gleichwohl bleibt Grundvoraussetzung eines jeden Unterhaltsanspruchs die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten. Das Unterhaltsrecht ermöglicht es insofern den Gerichten, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen. Auch im Rahmen der gegenüber minderjährigen Kindern gesteigerten Erwerbsobliegenheit darf von dem Unterhaltspflichtigen nach § 1603 Abs. 2 BGB nichts Unmögliches verlangt werden. Die Gerichte haben im Einzelfall zu prüfen, ob der Unterhaltspflichtige in der Lage ist, den beanspruchten Unterhalt zu zahlen, oder ob dieser seine finanzielle Leistungsfähigkeit übersteigt.

b) Diesen Maßstäben hält die Feststellung der Gerichte, der Beschwerdeführer könne bei Aufnahme einer seinen Fähigkeiten entsprechenden Tätigkeit ein Einkommen in der zur Leistung des titulierten Unterhalts erforderlichen Höhe erzielen, im Ergebnis nicht stand.

aa) Die Zurechnung fiktiver Einkünfte, welche die Leistungsfähigkeit begründen sollen, setzt zweierlei voraus. Zum einen muss feststehen, dass
- subjektiv Erwerbsbemühungen des Unterhaltsschuldners fehlen.
Zum anderen müssen die
- zur Erfüllung der Unterhaltspflichten erforderlichen Einkünfte für den Verpflichteten objektiv erzielbar sein,
was von seinen persönlichen Voraussetzungen wie beispielsweise Alter, beruflicher Qualifikation, Erwerbsbiographie und Gesundheitszustand und dem Vorhandensein entsprechender Arbeitsstellen abhängt (vgl. BVerfGK 7, 135 <139>; 9, 437 <440>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Oktober 2009 - 1 BvR 443/09 -, juris Rn. 15; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 15. Februar 2010 - 1 BvR 2236/09 -, juris Rn. 17; BGH, Urteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06 -, juris Rn. 22; Urteil vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 -, juris Rn. 20).

bb) Die Gerichte haben beanstandungsfrei festgestellt, dass der Beschwerdeführer sich nicht ausreichend um eine Erwerbstätigkeit in seinem Beruf oder in einer anderen Position bemüht hat. Dabei sind sie vertretbar davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer nicht dargetan habe, krankheitsbedingt an der Ausübung einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit gehindert zu sein, da ein Grad der Behinderung von 50 % für sich alleine der Ausübung einer Vollzeittätigkeit nicht entgegenstehe. Zur Begründung haben sie nicht nur nachvollziehbar darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer Leistungen nach dem SGB II beziehe, die gemäß § 7 SGB II nur erwerbsfähige Hilfsbedürftige erhalten. Sie haben ihre Annahme überdies insbesondere darauf gestützt, dass der Beschwerdeführer - mit einem Grad der Behinderung von 50 % - 2005 noch an zwei Berufspraxismaßnahmen für Beton- und Stahlbauer und 2008 ohne Fehlzeiten an einer Vollzeitarbeitsbeschaffungsmaßnahme teilgenommen habe, was gegen entsprechende zeitliche Einschränkungen seiner Erwerbsfähigkeit spreche.

cc) Doch haben sie keine Feststellung dazu getroffen, auf welcher Grundlage sie zu der Auffassung gelangt sind, dass der Beschwerdeführer bei Einsatz seiner vollen Arbeitskraft und bei Aufnahme einer seinen persönlichen Voraussetzungen entsprechenden Arbeit objektiv in der Lage wäre, ein Einkommen in der zur Leistung des titulierten Unterhalts erforderlichen Höhe zu erzielen. Es erscheint zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer bei entsprechenden Bemühungen eine Anstellung in seinem Beruf oder in einer anderen Position finden und mit dem damit erzielbaren Einkommen das zur Zahlung des titulierten Kindesunterhalts erforderliche Einkommen erwirtschaften könnte. Doch haben die Gerichte nicht tragfähig begründet, auf welcher Grundlage sie zu dieser Annahme gelangt sind.

Um den titulierten Kindesunterhalt in Höhe des Zahlbetrages von zuletzt 334 € im Monat sicherzustellen (vgl. Düsseldorfer Tabelle, Stand Januar 2011, Altersstufe 3: 426 € abzüglich anteiligen Kindergeldes in Höhe von 92 €), müsste der Beschwerdeführer bei einem Selbstbehalt von gegenwärtig 950 € bereinigte Nettoeinkünfte in Höhe von 1.284 € im Monat erzielen. Dem entsprechen unter Berücksichtigung von 5 % berufsbedingten Aufwendungen unbereinigte Nettoeinkünfte in Höhe von rund 1.351 € monatlich. Um diesen Nettobetrag zu erhalten, müsste der Beschwerdeführer bei Steuerklasse I ohne persönliche Freibeträge (außer dem Kinderfreibetrag) und den üblichen Abzügen für Steuern und Sozialversicherung einen Bruttoverdienst von rund 2.014 € im Monat erwirtschaften. Bei einer Regelarbeitszeit von 40 Stunden die Woche beziehungsweise 173 Stunden im Monat (40 Stunden x 52 Wochen geteilt durch 12 Monate) müsste er also einen Bruttostundenlohn von rund 11,65 € erzielen.

Es hätte insoweit einer konkreten Prüfung bedurft, ob der Beschwerdeführer in Anbetracht seiner Ausbildung und seines beruflichen Werdegangs sowie im Hinblick auf sein Alter und seine krankheitsbedingten Einschränkungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten am Arbeitsmarkt in der Lage ist, ein Einkommen in dieser Höhe zu erzielen. Ohne konkrete Prüfung des unter Berücksichtigung dieser Faktoren für den Beschwerdeführer konkret erzielbaren Einkommens hätten die Ausgangsgerichte nicht allein von den fehlenden Bemühungen des Beschwerdeführers um eine Erwerbstätigkeit auf seine volle Leistungsfähigkeit in Höhe des titulierten Kindesunterhalts schließen dürfen. Mit der Zurechnung fiktiver Einkünfte in dieser Höhe haben sie den ihnen eingeräumten Entscheidungsspielraum überschritten.

2. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf dem dargestellten Verfassungsverstoß. Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ist bezüglich der angegriffenen Entscheidungen die Grundrechtsverletzung festzustellen. Es ist allerdings nur der Beschluss des Oberlandesgerichts aufzuheben und die Sache dorthin zurückzuverweisen, weil dem Beschwerdeführer damit besser gedient ist; es liegt in seinem Interesse, möglichst rasch eine das Verfahren abschließende Entscheidung zu erhalten. ..."

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Die pauschale und durch keine hinreichenden Feststellungen zu den aktuellen Mindestlöhnen der verschiedenen Branchen begründete Annahme des Gerichts im Prozesskostenhilfeverfahren, ein unterhaltspflichtiger Vater, der als Hilfskraft ohne Ausbildung gegenwärtig einen Bruttostundenlohn in Höhe von 7,21 Euro bezieht und bei dem eine Suchtproblematik besteht, könne bei bundesweiten Bemühungen um Arbeit als ungelernte Kraft objektiv einen Bruttostundenlohn zwischen 10 Euro und 11 Euro erzielen und so bei Wahrung seines Selbstbehalts den Mindestkindesunterhalt zahlen, überspannt die Anforderungen an die Bewilligung der Prozesskostenhilfe (BVerfG, Beschluss vom 11.03.2010 - 1 BvR 3031/08, NJW 2010, 1658 ff).

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„... 1. Der Beschwerdeführer ist gelernter Bohrwerksdreher und war in diesem Beruf bis 1985 in Dortmund tätig, wo auch die 1973 mit der Klägerin des Ausgangsverfahrens geschlossene Ehe des Beschwerdeführers geführt wurde. Von 1986 bis 1994 war der Beschwerdeführer selbständiger Versicherungsmakler. Im Jahre 1994 gründete er eine Bauträgerfirma in Thüringen, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer er war. Die Trennung der Eheleute erfolgte 1996, die Scheidung wurde am 20. Juni 2000 rechtskräftig. Im Jahr 2000 erkrankte der Beschwerdeführer, er war in der Folgezeit bis November 2003 fast durchgehend arbeitsunfähig und bezog Krankengeld in Höhe von monatlich 6.000,00 DM (3.067,00 €). Die Bauträgerfirma meldete im Jahre 2001 Insolvenz an.

a) Im Scheidungsverfahren wies das Amtsgerichts Dortmund durch Urteil vom 15. Dezember 1999 den Antrag der Ehefrau auf Zahlung nachehelichen Unterhalts ab. Die Ehefrau habe die Tatbestandsvoraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs nicht schlüssig dargelegt. Auf die Berufung der Ehefrau änderte das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 26. Oktober 2000 das amtsgerichtliche Urteil ab und verurteilte den Beschwerdeführer zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 556,00 DM (284,00 €). Der Ehefrau stehe ein Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zu. Die ehelichen Lebensverhältnisse der Eheleute seien geprägt gewesen durch das Einkommen des Beschwerdeführers aus vollschichtiger Tätigkeit, durch das Erwerbseinkommen der Ehefrau aus einer teilschichtigen Berufstätigkeit, sowie durch das Wohnen in einem beiden Parteien gehörenden Einfamilienhaus. Das maßgebliche Einkommen des Beschwerdeführers habe im Bezug von Krankengeld in Höhe von 6.000,00 DM monatlich bestanden. Dieses Krankengeld beziehe der Beschwerdeführer auch weiterhin. Ein Ende der Erkrankung sei nicht absehbar. Entgegen der Auffassung der Ehefrau könne nicht auf das Durchschnittseinkommen der letzten drei Jahre abgestellt werden, weil sich die Berufstätigkeit des Beschwerdeführers in den letzten drei Jahren in erheblicher Weise verändert habe. Seine Bauträgertätigkeit sei erheblich zurückgegangen und nahezu zum Erliegen gekommen. Die Höhe des Krankengeldes von 6.000,00 DM entspreche im Übrigen auch der Selbsteinschätzung des Beschwerdeführers, der für sich als Geschäftsführer ein Gehalt von monatlich 6.000,00 DM festgesetzt habe. Aus der Verwaltung von Eigentumswohnungen seien dem Beschwerdeführer weitere 700,00 DM monatlich zuzurechnen. Das Einkommen der Ehefrau betrage bereinigt netto 992,00 DM monatlich. Auf Seiten der Ehefrau - die im gemeinsamen Haus in Dortmund weiterlebe, nachdem der Beschwerdeführer zu seiner Lebensgefährtin nach Thüringen gezogen sei - sei ein Wohnvorteil zu berücksichtigen, auf Seiten des Beschwerdeführers monatliche Zahlungen an Darlehensgläubiger in Höhe von 2.080,00 DM. Es errechne sich ein Bedarf der Ehefrau in Höhe von 1.031,00 DM, welcher sich durch die Hinzurechnung weiterer fiktiver Erwerbseinkünfte wegen nicht vollständiger Ausnutzung ihrer Arbeitskraft auf einen Betrag von 556,00 DM reduziere.

b) Auf eine Unterhaltsabänderungsklage der Ehefrau erhöhte das Amtsgericht Gotha mit Urteil vom 18. Dezember 2002 die Unterhaltsverpflichtung des Beschwerdeführers auf einen monatlichen Betrag von 622,68 €, beginnend ab Februar 2002. Die Verhältnisse hätten sich insoweit verändert, als die monatlichen Darlehenszahlungen des Beschwerdeführers weggefallen seien. Der Beschwerdeführer habe zugestanden, dass er die Darlehen zumindest teilweise nicht mehr bediene, weil er wirtschaftlich dazu nicht mehr in der Lage sei. Weggefallen seien andererseits die Einkünfte des Beschwerdeführers aus der Hausverwaltung. Auf Seiten der Ehefrau seien weiterhin ihr Einkommen in bisheriger Höhe sowie ein Wohnvorteil anzurechnen. Nach Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei nunmehr in Abweichung vom abzuändernden Urteil der Unterhalt nach der Differenzmethode zu errechnen, hieraus ergebe sich der ausgeurteilte Betrag von 622,68 €.

2. a) Im Ausgangsverfahren wies das Amtsgericht Gotha mit Urteil vom 10. November 2004 eine auf Erhöhung des titulierten Unterhalts gerichtete Klage der Ehefrau ab und änderte auf die Widerklage des Beschwerdeführers das Urteil des Amtsgerichts Gotha vom 18. Dezember 2002 dahingehend ab, dass der Ehefrau gegen den Beschwerdeführer ab dem 1. November 2003 kein Unterhaltsanspruch mehr zustehe. Nachdem der Bezug von Krankengeld beim Beschwerdeführer weggefallen sei, erziele dieser seit November 2003 nur noch ein Einkommen aus einer Teilzeittätigkeit. Nach Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit sei der Beschwerdeführer indes zu einer vollen Erwerbstätigkeit verpflichtet. Für den Unterhalt sei daher eine Berechnung nach dem konkret durch den Beschwerdeführer erzielbaren Einkommen vorzunehmen. Der Beschwerdeführer müsse sich so behandeln lassen, als erziele er ein Einkommen aus einer Vollerwerbstätigkeit. Die Behauptung, dass er aus gesundheitlichen Gründen nur zu einer Halbzeittätigkeit fähig sei, habe der Beschwerdeführer nicht beweisen können. Das fiktiv anzusetzende Einkommen könne indes die Höhe des früheren Krankengeldes nicht erreichen. Eine selbständige Tätigkeit durch den Beschwerdeführer dürfte allein aufgrund des zurückliegenden Konkurses seiner Bauträgerfirma nicht in Betracht kommen. Erlernt habe der Beschwerdeführer den Beruf eines Bohrwerkdrehers, dieses Berufsbild existiere faktisch nicht mehr. Derzeit erziele der Beschwerdeführer einen Stundenlohn von 15,00 €, was hochgerechnet auf eine Vollzeittätigkeit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2.600,00 € und somit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.545,85 € entspreche. Dieses Gehalt sei angesichts der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage in Ostdeutschland überdurchschnittlich. Abzuziehen seien von diesem Einkommen die ehebedingten Schulden. Hierfür sei monatlich ein Betrag von 510,00 € anzusetzen. Nach Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus und unter Berücksichtigung des seitens der Ehefrau erzielten - für unterschiedliche Zeiträume schwankenden - Einkommens errechne sich nur für einen Teilzeitraum ein geringfügiger Anspruch in Höhe von 66,64 €. Ein solcher Anspruch sei zu versagen, da ein Aufstockungsunterhalt nur bei einer ins Gewicht fallenden Differenz der Einkünfte des Pflichtigen und des Bedürftigen zu bejahen sei.

b) Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Urteil vom 26. September 2005 änderte das Thüringer Oberlandesgericht das amtsgerichtliche Urteil ab und verurteilte den Beschwerdeführer zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Höhe von 758,77 € monatlich für den Zeitraum 25. September 2003 bis einschließlich Dezember 2003 und in Höhe von 703,58 € monatlich für die Zeit ab Januar 2004. Die Ehefrau könne in Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils die Zahlung eines erhöhten Unterhalts ab dem 25. September 2004 verlangen. Die Voraussetzungen für eine Abänderung des Urteils nach § 323 Abs. 1 ZPO lägen vor, da auf Seiten der Ehefrau der eheprägende Wohnwert nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess weggefallen sei. Mit dem Amtsgericht sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer fiktiv so zu behandeln sei, als übe er seine eheprägende Erwerbstätigkeit weiter aus. Nicht zu folgen sei dem Amtsgericht dagegen, soweit es dem Beschwerdeführer ein wesentlich geringeres Nettoeinkommen als erzielbar zugerechnet habe als das Oberlandesgericht Hamm in seiner Ursprungsentscheidung vom 26. Oktober 2000. Der Beschwerdeführer habe vorgetragen, krankheitsbedingt das eheprägende Einkommen von 6.000,00 DM (3.067,75 €) nicht mehr erzielen zu können. Dieser Auffassung vermöge der Senat im Gegensatz zum Amtsgericht nicht zu folgen. Der Beschwerdeführer sei darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass er das die ehelichen Lebensverhältnisse prägende Einkommen nicht mehr erziele und nicht mehr erzielen könne. An dem im Zeitpunkt der Scheidung erreichten Einkommensniveau sei er auch dann festzuhalten, wenn er den Nachweis, dass er ein solches Einkommen bei Entfaltung entsprechender Bemühungen nicht mehr erlangen könne, nicht erbracht habe. Vorliegend entsprächen die Bewerbungen des Beschwerdeführers um eine angemessene Tätigkeit weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht den Anforderungen des Senats, sodass dem Beschwerdeführer wegen Verletzung seiner Erwerbsobliegenheiten ein fiktives Einkommen zuzurechnen sei. Dass gesundheitliche Beeinträchtigungen die Ausübung einer Tätigkeit des Beschwerdeführers in einem zu Ehezeiten ausgeübten Beruf unmöglich machten oder einschränkten, sei nicht ersichtlich. In Anbetracht dessen, dass er keine ausreichenden Bemühungen um eine besser bezahlte Tätigkeit dargelegt und nachgewiesen habe, müsse davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer, wenn er ausreichende Bemühungen entfaltet hätte, längst eine besser bezahlte Anstellung in seinem zu Ehezeiten ausgeübten Beruf als Makler gefunden hätte. In diesem Beruf wäre es ihm nach den Erfahrungen des Senats ohne weiteres möglich, das der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm zugrunde liegende, zu Ehezeiten nachhaltig erzielte durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen - unter Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus - von 2.629,50 € zu erzielen. Dabei könne der Beschwerdeführer auch nicht damit gehört werden, dass er in der Immobilienfirma seiner jetzigen Ehefrau kein höheres als das derzeit erzielte Einkommen von 2.000,00 € brutto erzielen könne. Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich sei, nach welchen Kriterien die Höhe dieses Gehalts bestimmt worden sei, sei augenfällig, dass bei einer Anstellung unter Ehegatten die Bestimmung des Gehaltes völlig willkürlich sei und keinen Hinweis auf reale Verdienstchancen darstelle. Erheblich sei der Vortrag des Beschwerdeführers mithin nur insoweit, als er geltend mache, zu Lasten der Ehefrau sei ein höheres fiktives Eigeneinkommen zu berücksichtigen. Die Ehefrau habe sich insoweit ein Nettoeinkommen von 998,94 € als erzielbares Einkommen für 2003 und in Höhe von 1.052,40 € netto für das Jahr 2004 zurechnen zu lassen. Dies führe zu einem Unterhaltsanspruch der Ehefrau in der ausgeurteilten Höhe.

c) Mit Beschluss vom 3. Januar 2006 verwarf das Thüringer Oberlandesgericht die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers gegen das Urteil vom 26. September 2005 als unzulässig. Die Anhörungsrüge sei nicht in der gesetzlichen Frist des § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs erhoben worden. Der Beschwerdeführer habe das Urteil am 27. September 2005 erhalten und damit Kenntnis erlangt. Gleichwohl sei die Anhörungsrüge erst am 4. November 2005 und damit verspätet beim Oberlandesgericht eingegangen. Soweit die Rügeschrift vertrete, dass die zweiwöchige Frist gewahrt sei, da diese nicht mit Zustellung der vollständigen Urteilsgründe beginne, sondern erst zu dem Zeitpunkt, in dem die Prozessbevollmächtigte die Prüfung des Urteils im Hinblick auf die Verletzung rechtlichen Gehörs abgeschlossen habe, was erst am 21. Oktober 2005 geschehen sei, vermöge der Senat dieser Auffassung nicht zu folgen, da sie nicht mit dem Gesetzeswortlaut in Einklang zu bringen sei und zu einer völligen Aushebelung der gesetzlich normierten Frist führen würde, da es - unabhängig von dem durch die Zustellungsurkunde bescheinigten Empfang der vollständigen Entscheidungsgründe - völlig in das Belieben des Empfängers gestellt würde, wann er Kenntnis von der behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs nehme.

Daneben sei die Anhörungsrüge auch unbegründet. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Senat eine Gehörsverletzung begangen haben könnte. Die neuerlichen Ausführungen des Beschwerdeführers richteten sich gegen die Rechtsauffassung des Senats. Sie enthielten den Vorwurf, der Senat habe in der Sache fehlerhaft entschieden. Hiermit könne der Beschwerdeführer im Rahmen der Anhörungsrüge nicht gehört werden. Der Senat habe in dem Urteil die jetzt von der Anhörungsrüge umfassten Angriffe in vollem Umfang darauf geprüft, ob sie dem Unterhaltsanspruch der Ehefrau entgegenstünden. Er habe unter diesem Gesichtspunkt die Einwendungen sämtlich für nicht durchgreifend erachtet und seine Entscheidung umfassend begründet. Eine Verpflichtung zu einer noch weitergehenden Begründung bestehe nicht.

3. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12, Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG. Er beantragt zudem den Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, die Zwangsvollstreckung aus dem angegriffenen Urteil einstweilen einzustellen.

4. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens und die Regierung des Landes Thüringen hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens verteidigt die angegriffene Entscheidung und tritt dem Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung entgegen. Sie beantragt zudem die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten. Die Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers beantragt die Festsetzung des Gegenstandswertes.

II. Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers geboten ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die zulässige Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist (§ 93c Abs. 1 BVerfGG).

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Der Beschwerdeführer hat den Rechtsweg ordnungsgemäß erschöpft. Ungeachtet der Frage der Verfristung hat das Oberlandesgericht zusätzlich ausgeführt, dass die Anhörungsrüge auch unbegründet sei, wodurch das Rechtsmittel das Ziel der vorherigen fachgerichtlichen Überprüfung des geltend gemachten Gehörsverstoßes erreicht hat.

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet, weil die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Die Zurechnung eines fiktiven Einkommens von monatlich 3.067,75 € netto führt zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Beschwerdeführers, weil es für die Annahme, der Beschwerdeführer sei in der Lage, ein solches Einkommen zu erzielen, an einer tragfähigen Begründung fehlt.

a) Die Auferlegung von Unterhaltsleistungen schränkt den Verpflichteten in seiner durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Handlungsfreiheit ein. Diese ist jedoch nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet, zu der auch das Unterhaltsrecht gehört, soweit dieses mit Art. 6 Abs. 1 GG in Einklang steht (vgl.BVerfGE 57, 361 <378>). Der ausgeurteilte Unterhalt darf nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Unterhaltspflichtigen führen (vgl. BVerfGE 57, 361 <388> unter Hinweis auf 35, 202 <221> ). Wird die Grenze des Zumutbaren eines Unterhaltsanspruchs überschritten, ist die Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Verpflichteten im finanziellen Bereich als Folge der Unterhaltsansprüche nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und kann vor dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG nicht bestehen (vgl.BVerfGE 57, 361 <381> ). Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Unterhaltsrecht ist § 1603 Abs. 1 BGB, nach dem nicht unterhaltspflichtig ist, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Das Unterhaltsrecht ermöglicht es insofern den Gerichten, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen und im Einzelfall zu prüfen, ob der Unterhaltspflichtige in der Lage ist, den beanspruchten Unterhalt zu zahlen oder ob dieser die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen übersteigt. Verfassungsrechtlich ist es dabei nicht zu beanstanden, dass bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht allein auf das tatsächliche Vermögen und Einkommen des Verpflichteten, sondern auch auf dessen Arbeits- und Erwerbsfähigkeit abgestellt wird und demzufolge dem Unterhaltsschuldner ein fiktives Einkommen zugerechnet wird, wenn er eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese "bei gutem Willen" ausüben könnte (vgl.BVerfGE 68, 256 <270>).

b) Die Feststellung des Oberlandesgerichts, nachdem der Beschwerdeführer keine ausreichenden Bemühungen um eine besser dotierte Arbeitsstelle nachgewiesen habe, sei davon auszugehen, dass er bei ausreichenden Bemühungen längst eine besser bezahlte Anstellung in seinem zu Ehezeiten ausgeübten Beruf als Makler gefunden hätte und er damit ohne weiteres das zu Ehezeiten nachhaltig erzielte Einkommen von 3.067,75 € erzielen könne, hält diesen Maßstäben nicht stand.

Ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 GG liegt selbst dann vor, wenn man dem Oberlandesgericht darin folgt, der Beschwerdeführer habe sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht nicht ausreichend um eine besser bezahlte Tätigkeit bemüht und sein Gesundheitszustand stehe einer Vollzeitbeschäftigung nicht entgegen. Denn die Zurechnung fiktiver Einkünfte, welche die Leistungsfähigkeit begründen sollen, hat neben den fehlenden subjektiven Erwerbsbemühungen des Unterhaltsschuldners objektiv zur Voraussetzung, dass die zur Erfüllung der Unterhaltspflichten erforderlichen Einkünfte für den Verpflichteten überhaupt erzielbar sind, was von den persönlichen Voraussetzungen des Unterhaltsschuldners wie Alter, Ausbildung, Berufserfahrung und Gesundheitszustand und dem Vorhandensein entsprechender Arbeitsstellen abhängig ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1995 - XII ZR 231/94 -, FamRZ 1996, S. 345 <346>). Wird einem Unterhaltsschuldner die Erwirtschaftung eines Einkommens abverlangt, welches er objektiv nicht erzielen kann, liegt regelmäßig ein unverhältnismäßiger Eingriff in seine wirtschaftliche Handlungsfreiheit vor. Zwar hatte der Beschwerdeführer zuletzt Krankengeld in Höhe des vom Oberlandesgericht als erzielbar angesehenen Einkommens bezogen, welches die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben mag. Das Krankengeld ist indes unstreitig zum November 2003 entfallen, als der Beschwerdeführer seine Arbeitsfähigkeit wiedererlangte. In der Folgezeit war er darauf angewiesen, seinen Lebensunterhalt - wie in der Zeit vor seiner Erkrankung - durch Erwerbstätigkeit zu bestreiten. Bei der Einschätzung, welches Einkommen der Beschwerdeführer hierbei erzielen konnte, waren die genannten Kriterien zu berücksichtigen. Dabei war zu beachten, dass der Beschwerdeführer während seines gesamten bisherigen Erwerbslebens ein Einkommen in der fingierten Höhe von netto über 3.000.00 € aus Erwerbstätigkeit überhaupt noch nie erzielt hatte. Bei dem vor dem Bezug von Krankengeld zuletzt erzielten Einkommen als Geschäftsführer in Höhe von 6.000,00 DM handelte es sich - unstreitig und darüber hinaus vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren vorgetragen und belegt - um ein Bruttoeinkommen. Das Nettoeinkommen belief sich auf 4.423,92 DM. Die Einkünfte aus der in den Jahren zuvor ausgeübten Tätigkeit als selbständiger Versicherungsmakler waren ausweislich der im Berufungsverfahren vorgelegten Steuerbescheide noch geringer. Auch wenn im konkreten Fall nicht zu beanstanden ist, dass das Oberlandesgericht die tatsächlichen aktuell erzielten Einkünfte des Beschwerdeführers als Angestellter in der Firma seiner Ehefrau als für seine tatsächliche Leistungsfähigkeit wenig aussagekräftig eingeschätzt hat, so erforderte die Bestimmung der Höhe des Betrags, den der Beschwerdeführer realistischerweise am Arbeitsmarkt zu verdienen in der Lage ist, im Hinblick auf die Vermeidung einer unzumutbaren Belastung eine Orientierung an tragfähigen Tatsachengrundlagen unter Einbeziehung der persönlichen Voraussetzungen des Beschwerdeführers und der Lage am Arbeitsmarkt. Die Aussage, nach den Erfahrungen des Senats könne der Beschwerdeführer als Makler ohne weiteres das zu Ehezeiten nachhaltig erzielte Nettoeinkommen von - nach Abzug des Erwerbstätigenbonus - 2.629,50 € erzielen, lässt - abgesehen davon, dass ein solches Nettoeinkommen durch Erwerbstätigkeit zuvor nie erzielt worden war - nicht erkennen, dass sich das Oberlandesgericht an den persönlichen Voraussetzungen und Möglichkeiten des Beschwerdeführers und den tatsächlichen Gegebenheiten am Arbeitsmarkt orientiert hat. Es erscheint wenig plausibel, anzunehmen, der Beschwerdeführer habe nach langer Krankheit im Alter von 55 Jahren und weiterhin bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen unmittelbar im Anschluss an die Beendigung seiner mehrjährigen Arbeitsunfähigkeit eine Beschäftigung als angestellter Makler zu dem vom Oberlandesgericht zugrunde gelegten weit überdurchschnittlichen Gehalt finden können.

3. Die angegriffene Entscheidung beruht auf dem festgestellten Verfassungsverstoß. Das Urteil vom 26. September 2005 wird aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen (§ 95 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BVerfGG).

Da bereits der festgestellte Grundrechtsverstoß zur Aufhebung der Entscheidung führt, kann dahinstehen, ob auch die weiteren Rügen des Beschwerdeführers begründet sind.

4. Die Anordnung der Auslagenerstattung bezüglich der Verfassungsbeschwerde folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG und für das Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aus § 34a Abs. 3 BVerfGG (vgl. BVerfGE 89, 91 <96 f.>).

5. Die Festsetzung des Gegenstandswertes im Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 8.000,00 € und im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 4.000,00 € beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl.BVerfGE 79, 365 <366 ff.> und - zur einstweiligen Anordnung - BVerfGE 89, 91 <96 f.> m.w.N.).

6. Dem Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin des Ausgangsverfahrens war nach den hierfür geltenden Grundsätzen (vgl. BVerfGE 92, 122 <125 f.>) zu entsprechen. ..." (BVerfG, 1 BvR 125/06 vom 18.3.2008, Absatz-Nr. (1 - 21), http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20080318_1bvr012506.html)

*** (BGH)

Auch beim Kindesunterhalt können grundsätzlich bis zur Höhe des Wohnvorteils neben den Zinszahlungen zusätzlich die Tilgungsleistungen berücksichtigt werden, die der Unterhaltspflichtige auf ein Darlehen zur Finanzierung einer selbstgenutzten Immobilie erbringt (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 18. Januar 2017 - XII ZB 118/16, BGHZ 213, 288 = FamRZ 2017, 519 und vom 15. Dezember 2021 - XII ZB 557/20, NZFam 2022, 208). Überschreitet der Schuldendienst für die Immobilie den dadurch geschaffenen Wohnvorteil nicht, ist aber gleichwohl der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder gefährdet, kann dem gesteigert Unterhaltspflichtigen zwar nicht eine vollständige Aussetzung der Tilgung, wohl aber nach den Umständen des Einzelfalls ausnahmsweise eine Tilgungsstreckung zugemutet werden. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn eine besonders hohe Tilgung vereinbart wurde oder die Immobilie bereits weitgehend abbezahlt ist.(BGH, Beschluss vom 09.03.2022 - XII ZB 233/21)

***

Das Vorhandensein von für den Enkelunterhalt leistungsfähigen Großeltern führt dazu, dass sich die Leistungsfähigkeit der Eltern für den Kindesunterhalt allein nach § 1603 Abs. 1 BGB richtet und damit unter Berücksichtigung des sog. angemessenen Selbstbehalts zu ermitteln ist. Die gesteigerte Unterhaltspflicht des § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB mit der Reduzierung auf den sog. notwendigen Selbstbehalt greift dann nicht ein. Der auf Unterhalt für sein minderjähriges Kind in Anspruch genommene Elternteil trägt die Darlegungs- und Beweislast für seine eigene Leistungsunfähigkeit und damit sowohl dafür, dass bei der begehrten Unterhaltszahlung sein angemessener Selbstbehalt nicht gewahrt wäre, als auch dafür, dass andere leistungsfähige Verwandte im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB vorhanden sind (BGH, Beschluss vom 27.10.2021 - XII ZB 123/21).

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Der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG ist unterhaltsrechtlich in voller Höhe als Einkommen des Kindes zu behandeln. Eine Aufteilung in einen Barunterhalts- und einen Betreuungsunterhaltsteil findet nicht statt. Im Rahmen der Bemessung des Selbstbehalts des Kindesunterhaltspflichtigen sind die von diesem für seinen Familienverband getragenen Wohnkosten nur anteilig zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. März 2016 - XII ZB 693/14, BGHZ 209, 243 = FamRZ 2016, 887; BGH, Beschluss vom 28.10.2020 - XII ZB 512/19):

„... A. Das antragstellende Land macht als Träger der Unterhaltsvorschusskasse Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht gegen den Antragsgegner geltend.

Der Antragsgegner ist der Vater des im November 2005 geborenen, aus erster Ehe hervorgegangenen Sohnes D. Der Antragsgegner hat im Jahre 2014 erneut geheiratet und mit seiner neuen, nicht erwerbstätigen Ehefrau zwei - im Januar 2010 und im Februar 2015 geborene - Kinder. Er ist als Lkw-Fahrer im Nahverkehr mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 45 Stunden erwerbstätig und erzielt ein jährliches Nettoeinkommen von 22.963,68 €, in dem ein Verpflegungskostenzuschuss von 1.710 € enthalten ist.

Von September 2018 bis einschließlich Februar 2019 erhielt der Antragsgegner für die beiden Kinder aus zweiter Ehe einen monatlichen Kinderzuschlag (§ 6 a BKGG) von 150 € pro Kind; nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts beläuft sich der Kinderzuschlag seit März 2019 auf jeweils 167,50 €. Als Monatsmiete für die Wohnung der vierköpfigen Familie hat der Antragsgegner 555,72 € inklusive der Nebenkostenvorauszahlungen zu entrichten. Bis einschließlich November 2018 bezog er zusätzlich zu seinem Erwerbseinkommen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch von monatlich 37,59 €.

Der Antragsteller erbringt seit Juli 2018 für D. monatliche Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von 273 €. Mit Schreiben vom 10. Juli 2018 erfolgte gegenüber dem Antragsgegner die Rechtswahrungsanzeige mit der Aufforderung zur Auskunftserteilung.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, den Antragsgegner ab Juli 2018 zur Zahlung von Kindesunterhalt für D. in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts abzüglich des vollen Kindergelds zu verpflichten. Der Antragsgegner hat den Anspruch in Höhe von 51 € anerkannt. Das Amtsgericht hat den Antragsgegner mit Teilanerkenntnis- und Schluss-Beschluss zur Zahlung von monatlich 198 € ab Juli 2018 verpflichtet. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht den Unterhalt teilweise herabgesetzt, nämlich für Juli und August 2018 auf Zahlung von monatlich 144 €, für September bis Dezember 2018 von monatlich 192 € sowie für Januar und Februar 2019 von monatlich 165 €. Für den Zeitraum ab März 2019 hat es die Beschwerde insgesamt zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, soweit sich der monatliche Unterhalt für Juli bis Dezember 2018 auf über 53 €, für Januar bis Juni 2019 auf über 68 € und für den Zeitraum ab Juli 2019 auf über 80 € beläuft.

B. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I. Die Rechtsbeschwerde ist in vollem Umfang zulässig; sie ist insbesondere unbeschränkt vom Oberlandesgericht zugelassen worden. Dieses hat zwar in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses die Behandlung des Kinderzuschlags als die Rechtsfrage benannt, die Anlass für die Rechtsbeschwerdezulassung war. Dem lässt sich jedoch nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen, dass es sich dabei nicht nur um die Darlegung der Zulassungsmotivation handelt, sondern die Zulassung auf den Unterhaltszeitraum ab September 2018 beschränkt werden sollte (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 223, 203 = FamRZ 2020, 21 Rn. 20 ff. mwN).

II. Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2020, 30 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

Das Nettoeinkommen des Antragsgegners sei um zwei Drittel des darin enthaltenen Verpflegungskostenzuschusses und mithin um jährlich 1.140 € zu bereinigen, weil lediglich von einer häuslichen Ersparnis in Höhe von einem Drittel auszugehen sei. Die bis Dezember 2018 bezogenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkten nicht bedarfsdeckend und seien daher nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen. Auch der Kinderzuschlag stelle kein Einkommen des Antragsgegners dar. Sozialrechtlicher Sinn und Zweck sei es zu vermeiden, dass die Eltern allein aufgrund der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder Arbeitslosengeld II und Sozialgeld in Anspruch nehmen müssten. Der Kinderzuschlag ziele darauf ab, den Kindesbedarf zu decken, weshalb es sich um eine zweckgebundene Leistung und entsprechend der sozialrechtlichen Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 5 SGB II auch unterhaltsrechtlich um Einkommen des Kindes handele. Dem Antragsgegner sei mit Blick auf seine regelmäßige Arbeitszeit von 45 Wochenstunden und den Umgang mit seinen Kindern kein fiktives Einkommen aus einer Nebentätigkeit zuzurechnen. Unter Berücksichtigung von Fahrtkosten und Steuererstattungen ergebe sich daher für 2018 ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.440,21 € und ab Januar 2019 in Höhe von 1.455,87 €.

Der vom Antragsgegner bezogene Kinderzuschlag sei in voller Höhe für den Unterhalt der beiden Kinder aus zweiter Ehe einzusetzen, weil der Antragsgegner mit seiner Ehefrau und den Kindern, für die der Kinderzuschlag gezahlt werde, zusammenlebe. In einem solchen Fall habe keine Aufteilung des Zuschlagsbetrags auf die beiden Eltern zu erfolgen. Daher sei der insgesamt gezahlte Zuschlag je zur Hälfte auf den Bedarf der beiden Kinder aus zweiter Ehe anzurechnen, wobei die Anrechnung dadurch begrenzt werde, dass die beim Antragsgegner lebenden Kinder durch die Unterhaltsberechnung nicht (wieder) sozialhilfebedürftig werden dürften. Der notwendige Selbstbehalt des Antragsgegners sei nicht wegen der 380 € übersteigenden Wohnkosten zu erhöhen. Bereits die hälftige Aufteilung der Mietkosten auf die Ehegatten führe nämlich zur Wahrung des notwendigen Selbstbehalts.

Die vorzunehmende Mangelfallberechnung ergebe für D. einen monatlichen Kindesunterhalt von 144 € für Juli und August 2018, von 214 € für September bis Dezember 2018, von 221 € für Januar und Februar 2019, von 234 € für März bis Juni 2019 und von 236 € ab Juli 2019, wobei - weil der Antragsteller keine Beschwerde führe - der vom Amtsgericht ausgesprochene Betrag von 198 € die Obergrenze darstelle. Aus einer diesen Unterhalt für D. sowie das Kindergeld und den Kinderzuschlag für die beiden Kinder aus zweiter Ehe einbeziehenden sozialhilferechtlichen Kontrollberechnung für die aus dem Antragsgegner, seiner Ehefrau und den beiden Kindern bestehende Bedarfsgemeinschaft folge für die Zeit von September bis Dezember 2018 eine monatliche Unterdeckung von rund 6 € sowie für Januar und Februar von rund 33 €. Um diese Beträge sei der Unterhalt für D. nach unten zu korrigieren, so dass er sich statt auf 198 € für September bis Dezember 2018 auf 192 € sowie für Januar und Februar 2019 auf 165 € belaufe.

III. Die angefochtene Entscheidung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Der Antragsgegner ist seinem Sohn D. jedenfalls im vom Oberlandesgericht zugesprochenen Umfang gemäß § 1601 BGB zum Barunterhalt verpflichtet. Die Unterhaltsansprüche sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG kraft Gesetzes auf den Antragsteller übergegangen.

1. Der Antragsteller hat lediglich den Mindestunterhalt nach § 1612 a Abs. 1 BGB geltend gemacht, so dass der Unterhaltsbedarf des Kindes gemäß § 1610 BGB keine besondere Darlegung erfordert (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 599/13 - FamRZ 2015, 236 Rn. 13; Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 2 Rn. 224). Die Unterhaltsbedürftigkeit von D. im Sinne von § 1602 BGB steht außer Streit. Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 UVG kann der Antragsteller den Unterhaltsanspruch des Kindes auch für die Zukunft geltend machen (vgl. auch Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 8 Rn. 275).

2. Der Antragsgegner ist jedenfalls in dem vom Oberlandesgericht angenommenen Umfang für die Zahlung des Unterhalts leistungsfähig im Sinne des § 1603 BGB. Die Beschwerdeentscheidung enthält keinen Rechtsfehler zum Nachteil des die Rechtsbeschwerde führenden Antragsgegners.

a) Zu Unrecht macht die Rechtsbeschwerde geltend, der dem Antragsgegner zuzubilligende notwendige Selbstbehalt sei wegen höherer als den in den Leitlinien des Oberlandesgerichts vorgesehenen Wohnkosten heraufzusetzen.

Allerdings kann im Einzelfall eine Erhöhung des Selbstbehalts in Frage kommen, wenn der darin enthaltene Wohnkostenanteil - nach den Umständen nicht vermeidbar - überschritten wird (Senatsbeschluss BGHZ 209, 243 = FamRZ 2016, 887 Rn. 19; vgl. auch Wendl/Dose/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 469; Wendl/Dose/Guhling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 5 Rn. 23). Das Oberlandesgericht hat dies hier jedoch zu Recht verneint. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen stand dem Antragsgegner im Rahmen seines notwendigen Selbstbehalts für Wohnkosten ein Betrag von 380 € zu (vgl. Ziffer 21.2 der Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht). Die vom Antragsgegner angeführten Wohnkosten von monatlich 557 € fallen aber nicht nur für ihn an, sondern decken auch den Wohnbedarf seiner Ehefrau und der beiden gemeinsamen Kinder, was grundsätzlich durch eine nur anteilige Berücksichtigung der anfallenden Wohnkosten beim unterhaltspflichtigen Antragsgegner abzubilden ist (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 209, 243 = FamRZ 2016, 887 Rn. 19; Wendl/Dose/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 469; Wendl/Dose/Guhling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 5 Rn. 27). Bereits die vom Oberlandesgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise vorgenommene Aufteilung der Wohnkosten auf den Antragsgegner und seine gegenüber D. nach § 1606 Abs. 1 BGB unterhaltsrechtlich nachrangige Ehefrau führt dazu, dass für den Antragsgegner 380 € deutlich unterschritten werden.

Im Übrigen weist der Antragsteller - wie schon in der Vorinstanz - mit der Rechtsbeschwerdeerwiderung zu Recht darauf hin, dass dem Antragsgegner - jedenfalls für den Zeitraum ab Ende des Bezugs von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WoGG) - die Beantragung von Wohngeld möglich ist. Den Unterhaltsschuldner trifft die Obliegenheit, sich ihm mögliche und zumutbare Einkommensquellen zu erschließen, was in erhöhtem Maße im Mangelfall gilt. Daher ist er gehalten, seine Wohnkosten durch die Inanspruchnahme von Wohngeld zu senken (vgl. Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 2 Rn. 392; Wendl/Dose/Guhling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 5 Rn. 26). Da es insoweit um die Frage der eingeschränkten Leistungsfähigkeit im Sinne des § 1603 BGB geht, hat der Unterhaltsschuldner darzulegen und zu beweisen, dass er dieser Obliegenheit nachgekommen ist (vgl. Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 2 Rn. 392). Entsprechenden Vortrag hat der Antragsgegner aber nicht gehalten.

b) Gegen die Erwägungen, die das Oberlandesgericht zu dem vom Antragsgegner für seine beiden Kinder aus zweiter Ehe bezogenen Kinderzuschlag angestellt hat, wendet sich die Rechtsbeschwerde ebenfalls ohne Erfolg.

aa) Das gilt zum einen, soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, ab März 2019 habe sich der Kinderzuschlag nicht - wie vom Oberlandesgericht festgestellt - auf insgesamt monatlich 335 €, sondern lediglich auf 230 € belaufen und zudem sei eine Bewilligung nur bis einschließlich August 2019 erfolgt, so dass der Kinderzuschlag nur insoweit in die Unterhaltsberechnung einfließen könne.

Der Einwand zur Höhe des bewilligten Kinderzuschlags ist unbeachtlich, weil es sich dabei um eine - in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses erfolgte (vgl. BGH Beschluss vom 19. März 2015 - I ZR 139/14 - TranspR 2016, 485 Rn. 10 mwN) - tatbestandliche Feststellung des Oberlandesgerichts im Sinne von § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 314 ZPO handelt. Solche Feststellungen eines Berufungsgerichts können nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mit der Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO angegriffen, sondern allein mit einem - hier nicht erfolgten - Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 320 ZPO beseitigt werden. Entsprechendes gilt in Familienstreitsachen, wie sich aus §§ 74 Abs. 3 Satz 3, 71 Abs. 3 Nr. 2 lit. b FamFG und § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 320 ZPO ergibt (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 198, 242 = FamRZ 2013, 1958 Rn. 28 f. mwN).

Rechtlich nicht zu beanstanden ist weiterhin, dass das Oberlandesgericht den Kinderzuschlag auch über den 31. August 2019 hinaus berücksichtigt hat, obwohl im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung eine Bewilligung - der gesetzlichen Vorgabe des § 6 a Abs. 7 BKGG entsprechend - nur für sechs Monate und damit bis Ende August 2019 erfolgt war. Denn die Bemessung künftigen Unterhalts erfordert eine Prognose der dem Unterhaltsanspruch zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Mai 2019 - XII ZB 613/16 - FamRZ 2019, 1415 Rn. 39), für die das Oberlandesgericht von einer weiteren Bewilligung des Kinderzuschlags in gleichbleibender Höhe ausgehen durfte.

bb) Zum anderen begegnet auch die durch das Oberlandesgericht vorgenommene Behandlung des vom Antragsgegner für seine beiden Kinder aus zweiter Ehe bezogenen Kinderzuschlags als deren Einkommen, das im Rahmen der Unterhaltsermittlung für D. in vollem Umfang auf den für sie zu berücksichtigenden Kindesunterhaltsanspruch anzurechnen ist, keinen rechtlichen Bedenken.

(1) Der Kinderzuschlag ist zum 1. Juli 2019 durch das Gesetz zur zielgenauen Stärkung von Familien und ihren Kindern durch die Neugestaltung des Familienzuschlags und die Verbesserung der Leistungen für Bildung und Teilhabe vom 29. April 2019 (Starke-Familien-Gesetz - StaFamG; BGBl. I S. 530) neu geregelt worden. Nach § 6 a Abs. 1 BKGG erhalten Personen - wie bereits zuvor - für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete oder nicht verpartnerte Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, einen Kinderzuschlag, wenn sie für diese Anspruch auf Kindergeld oder andere Leistungen im Sinne des § 4 BKGG haben (Nr. 1), ihr Einkommen bestimmte Grenzen übersteigt (vgl. Nr. 2) und bei Bezug von Kinderzuschlag keine - bzw. nur eine stark eingeschränkte (vgl. § 6 a Abs. 1a BKGG) - Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II besteht (vgl. Nr. 3). Der Höhe nach beläuft sich der Kinderzuschlag aktuell auf bis zu 185 € pro Kind (vgl. §§ 6 a Abs. 2 und 3, 20 Abs. 3 BKGG; bis 30. Juni 2019 bis zu 170 € monatlich, § 6 a Abs. 2 Satz 1 BKGG aF); die Summe der einzelnen Kinderzuschläge bildet gemäß § 6 a Abs. 4 BKGG den Gesamtkinderzuschlag (§ 6 a Abs. 2 Satz 2 BKGG aF), über den nach § 6 a Abs. 7 Satz 1 BKGG (zuvor als Soll-Vorschrift in § 6 a Abs. 2 Satz 3 BKGG aF) für einen Bewilligungszeitraum von jeweils sechs Monaten zu entscheiden ist (vgl. zum Ganzen etwa Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 684). Gezahlt wird der Kinderzuschlag an den Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt (§ 3 Abs. 1 und 2 Satz 1, § 6 a Abs. 1 BKGG).

(2) Die unterhaltsrechtliche Einordnung des Kinderzuschlags ist streitig.

Teilweise wird vertreten, es handele sich beim Kinderzuschlag um Einkommen der Eltern, auf die er hälftig zu verteilen sei (OLG Brandenburg Beschluss vom 4. März 2013 - 9 UF 188/12 - juris Rn. 7 f.), bzw. um Einkommen desjenigen Elternteils, an den der Kinderzuschlag gezahlt wird (Klinkhammer FamRZ 2004, 1909, 1912; Scholz FPR 2006, 329, 333). Eine andere Meinung will den Kinderzuschlag unterhaltsrechtlich zwar als Einkommen des Kindes behandeln, aber jedenfalls dann, wenn die unterhaltspflichtigen Eltern getrennt leben, wie beim Kindergeld eine Aufteilung in einen Barunterhalts- und einen Betreuungsunterhaltsteil vornehmen, wobei im Falle des Nichterreichens des Mindestunterhalts eine Anrechnung unterbleiben soll (Borth FamRZ 2019, 853, 855 f.; BeckOGK/Kliebisch [Stand: 1. August 2020] BGB § 1612 b Rn. 54.1; jurisPK-BGB/Viefhues [Stand: 28. September 2020] § 1612 b Rn. 5).

Nach überwiegender Auffassung ist der Kinderzuschlag hingegen unterhaltsrechtlich Einkommen des Kindes, das im gesamten Umfang seiner Zahlung einem Unterhaltsanspruch entgegensteht (Conradis in Eschenbruch/Schürmann/Menne Der Unterhaltsprozess 6. Aufl. Kap. 5 Rn. 126; Ehinger in Ehinger/Rasch/Schwonberg/Siede Handbuch Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rn. 1.289; FA-FamR/Gerhardt 11. Aufl. Kap. 6 Rn. 148; Götsche jurisPR-FamR 22/2019 Anm. 6; Margraf in Koch Handbuch Unterhaltsrecht § 1 Rn. 251; Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1602 Rn. 67; Weinreich/Klein/Kleffmann Familienrecht 6. Aufl. Grundlagen der Einkommensermittlung Rn. 174; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 686 f.; im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf JAmt 2013, 659; Schürmann FF 2005, 10, 11 f.).

(3) Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend.

(a) Allerdings steht der Anspruch auf Kinderzuschlag nur demjenigen Kindergeldberechtigten zu, in dessen Haushalt das Kind lebt. Ein dem Kindergeld vergleichbarer Ausgleich zwischen den Eltern ist vom Gesetz nicht angeordnet, weil der Kinderzuschlag weder Kindergeld im Sinne des § 1612 b BGB ist noch eine der von § 1612 c BGB erfassten kindbezogenen, den Anspruch auf Kindergeld ausschließenden Leistungen (vgl. Klinkhammer FamRZ 2004, 1909, 1912).

Gleichwohl handelt es sich im Ergebnis nicht um unterhaltsrechtlich zu berücksichtigendes Einkommen des beziehenden Elternteils, sondern - der sozialrechtlichen Einordnung des § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II entsprechend - um dem jeweiligen Kind zuzurechnendes Einkommen. Denn der Kinderzuschlag ist eine zweckgebundene Leistung, mit der der Gesetzgeber Eltern, deren eigener Bedarf durch ihr Einkommen oder Vermögen zumindest im Wesentlichen (vgl. § 6 a Abs. 1a BKGG) gedeckt ist, davor bewahren will, Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld beantragen zu müssen, um den notwendigen Lebensunterhalt ihrer minderjährigen Kinder sicherstellen zu können (vgl. BSG FamRZ 2018, 1898 Rn. 17; Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1602 Rn. 67; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 684; BT-Drucks. 15/1516 S. 83). Der Kinderzuschlag soll nach der gesetzgeberischen Intention zusammen mit dem Kindergeld den durchschnittlichen Bedarf eines Kindes in Höhe des steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimums mit Ausnahme der von § 6 b BKGG gesondert geregelten Leistungen für Bildung und Teilhabe abdecken (vgl. BT-Drucks. 19/7504 S. 2, 22; BT-Drucks. 15/1516 S. 83). Mithin soll gerade nicht der durch Eigeneinkünfte bereits gedeckte Bedarf der Eltern, sondern gezielt ein sonst ungedeckter Unterhaltsbedarf des Kindes sichergestellt werden, so dass ein gezahlter Kinderzuschlag auch für diesen Bedarf verwendet werden und daher dem Kind unterhaltsrechtlich zukommen muss (vgl. Heiß/Born Unterhaltsrecht [Stand: Januar 2020] Kap. 3 Rn. 293; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 686). Bestätigt wird das im Übrigen dadurch, dass die Höhe des Kinderzuschlags ab dem 1. Januar 2021 gemäß § 6 a Abs. 2 Satz 2 BKGG hilfsweise an den Mindestunterhalt gekoppelt ist.

Nicht zu entscheiden ist hier allerdings über die Behandlung des Kinderzuschlags bei der Bemessung der Barunterhaltspflicht eines Elternteils, der nicht dem Familienverband des Kindes angehört, für das der Kinderzuschlag gezahlt wird. Auch wenn der Gesetzgeber mit dem Starke-Familien-Gesetz eine gezielte Förderung des Familienverbands bezweckt hat, dürfte insoweit keine andere rechtliche Beurteilung geboten sein (so aber Borth FamRZ 2019, 853, 855). Denn die gesetzliche Regelung zielt nach wie vor auf die Deckung des sächlichen Existenzminimums des Kindes. Hierfür sind nach der gesetzgeberischen Konzeption aber Kinderzuschlag und Kindesunterhalt nicht kumulativ erforderlich. Mit § 6 a Abs. 3 Satz 3 BKGG, wonach Einkommen des Kindes - zu dem auch gezahlter Kindesunterhalt gehört (vgl. jurisPK-SGB II/Kühl [Stand: 15. April 2020] § 6 a BKGG Rn. 67) - den Kinderzuschlag um 45 % mindert, ist zwar inzwischen angeordnet, dass dem Unterhalt beziehenden Kind sozialrechtlich mehr als das sächliche Existenzminimum verbleibt. Auf die unterhaltsrechtliche Einordnung des Kinderzuschlags als den Bedarf des Kindes deckendes Einkommen hat das jedoch keinen Einfluss.

(b) Für die teilweise geforderte Aufteilung des Kinderzuschlags in einen Barunterhalts- und einen Betreuungsunterhaltsteil besteht keine rechtliche Grundlage. Beim Kindergeld beruht die nur hälftige Anrechnung auf den Barbedarf des minderjährigen Kindes, wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB), auf der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB, mit der keine Regelung für den Kinderzuschlag getroffen wird. Aber auch die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung (vgl. dazu etwa Senatsbeschlüsse BGHZ 220, 58 = FamRZ 2018, 1919 Rn. 16 mwN und vom 22. April 2020 - XII ZB 383/19 - FamRZ 2020, 1009 Rn. 36 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) dieser Norm auf den Kinderzuschlag liegen nicht vor.

(aa) Zweifelhaft ist schon das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke. Der Kinderzuschlag gemäß § 6 a BKGG ist mit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) mit Wirkung ab 1. Januar 2005 eingeführt worden. Obwohl der Gesetzgeber sich in der Folgezeit immer wieder mit § 6 a BKGG befasst hat, hat er den Kinderzuschlag weder in § 1612 b BGB aufgenommen noch für ihn anderweitig eine vergleichbare Regelung getroffen. Ebenso wenig hat er die grundlegende Neukonzeption des § 1612 b BGB durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) zum Anlass genommen, den zu diesem Zeitpunkt bereits im Bundeskindergeldgesetz normierten Kinderzuschlag in die Bestimmung einzubeziehen.

(bb) Jedenfalls aber ist die für eine Analogie erforderliche Vergleichbarkeit nicht gegeben, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht nicht so weit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Denn die Situation stellt sich für den Kinderzuschlag auch dann anders als beim Kindergeld dar, wenn im Rahmen der Unterhaltsberechnung für den nicht dem Familienverband angehörenden D. ein Getrenntleben des Antragsgegners von seiner jetzigen Ehefrau fingiert wird, um den Barunterhaltsanspruch der beiden gemeinsamen Kinder zu ermitteln, oder wenn die Eltern tatsächlich getrennt leben.

Beim Kindergeld sind gemäß § 1 BKGG grundsätzlich beide Elternteile anspruchsberechtigt und § 3 Abs. 2 Satz 1 BKGG stellt lediglich für die Frage der Gewährung darauf ab, welcher Elternteil das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Demgegenüber ist für den Kinderzuschlag bereits die Anspruchsberechtigung gemäß § 6 a Abs. 1 BKGG daran gekoppelt, dass das Kind im Haushalt des Elternteils wohnt. Mangels Anspruchsberechtigung desjenigen Elternteils, in dessen Haushalt das Kind nicht wohnt, bedarf es schon nicht des unterhaltsrechtlichen Ausgleichs zwischen mehreren Anspruchsberechtigten, dem § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB dient (vgl. Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1602 Rn. 67). Darüber hinaus zielt der Kinderzuschlag allein auf die Sicherung des sächlichen Existenzminimums des Kindes, nicht jedoch auf eine Hilfe zur Erbringung des Betreuungsunterhalts ab. Deshalb ergibt sich aus § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht das Erfordernis, eine Hälfte des Kinderzuschlags für diesen zu reservieren und den Kinderzuschlag lediglich hälftig auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen (so aber Borth FamRZ 2019, 853, 855).

Eine lediglich hälftige Berücksichtigung des Kinderzuschlags als Einkommen des Kindes ist unterhaltsrechtlich auch nicht geboten. Allerdings beeinflussen sich Kinderzuschlag und Kindesunterhalt wechselseitig. Soweit ein Kinderzuschlag gezahlt wird, ist der Unterhaltsbedarf des Kindes gedeckt und sein Unterhaltsanspruch daher reduziert (vgl. zu Einzelheiten Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 687). Umgekehrt führt das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs dem Grundsatz nach dazu, dass sich der Kinderzuschlag bei der nach § 6 a Abs. 7 Satz 1 BKGG jeweils für sechs Monate erfolgenden Bewilligung gemäß § 6 Abs. 3 BKGG mindert, weil es sich beim Kindesunterhalt um geltend zu machendes Einkommen des Kindes handelt (vgl. etwa BSG Urteil vom 7. Dezember 2017 - B 14 AS 8/17 R - juris Rn. 19 ff. mwN). Bis zum 30. Juni 2019 wurde der Kinderzuschlag in voller Unterhaltshöhe (§ 6 a Abs. 3 Satz 1 BKGG aF), seit dem 1. Juli 2019 wird er gemäß § 6 a Abs. 3 Satz 3 BKGG um 45 % dieses Einkommens des Kindes gemindert. Die volle Berücksichtigung des Kinderzuschlags als bedarfsdeckendes Einkommen des Kindes kann aber nicht dazu führen, dass der Mindestunterhalt für das Kind nicht erreicht wird (so aber Borth FamRZ 2019, 853, 856 Fn. 22). Vielmehr beruht eine solche Unterdeckung stets darauf, dass die Leistungsfähigkeit des Barunterhaltspflichtigen nicht ausreicht, um die nach Abzug von Kinderzuschlag und hälftigem Kindergeld verbleibende Differenz zum Mindestunterhalt - die sich bei nur hälftigem Abzug des Kinderzuschlags zudem vergrößern würde - zu schließen. Dies gilt selbst ohne Berücksichtigung des Umstands, dass über § 6 b BKGG ergänzende Leistungen zur Deckung des sozialhilferechtlichen Bedarfs des Kindes möglich sind.

cc) Ob das Oberlandesgericht zu Recht eine sozialrechtliche Kontrollberechnung angestellt hat, erscheint zwar zweifelhaft (kritisch hierzu Götsche jurisPR-FamR 22/2019 Anm. 6). Das kann aber dahinstehen, weil es zu einer Verringerung des Unterhaltsanspruchs des nicht der Bedarfsgemeinschaft angehörenden (weiteren) unterhaltsberechtigten Kindes geführt hat und den allein die Rechtsbeschwerde führenden unterhaltspflichtigen Antragsgegners daher nicht beschwert.

c) Schließlich trifft die - von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogene - tatrichterliche Behandlung des dem Antragsgegner gezahlten Verpflegungskostenzuschusses als zu einem Drittel als Einkommen anzusetzende häusliche Ersparnis (vgl. dazu auch Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 82 mwN) nicht auf rechtsbeschwerderechtliche Bedenken. Insbesondere ist der Ansatz eines - die Leistungsfähigkeit (§ 1603 BGB) des Antragsgegners vermindernden - geringeren Bruchteils als einem Drittel nicht aus Rechtsgründen geboten. ..."

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Mangelfall: Müssen von konkurrierenden gleichrangigen Kindesunterhaltsverpflichtungen einzelne gemäß § 1613 Abs. 1 BGB nicht mehr erfüllt werden, steht dieses Geld im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB für anderweitigen Mindestkindesunterhalt zur Verfügung. Dies gilt auch, soweit sich auf der Grundlage konkreter Umstände für die Zukunft prognostizieren lässt, dass einzelne gleichrangige Kindesunterhaltsansprüche nicht geltend gemacht werden (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02, BGHZ 162, 384 = FamRZ 2005, 1154; BGH, Beschluss vom 22.05.2019 - XII ZB 613/16).

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Zur Anrechnung eines Rückforderungsanspruchs nach § 528 Abs. 1 BGB im Rahmen der Leistungsfähigkeit für den Elternunterhalt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. Februar 2019 - XII ZB 364/18, zur Veröffentlichung bestimmt). Die Grundsätze zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit von verheirateten Kindern für den Elternunterhalt gelten auch dann, wenn beide Ehegatten ihren jeweiligen Eltern zum Unterhalt verpflichtet sind (im Anschluss an Senatsurteil vom 28. Juli 2010 - XII ZR 140/07, BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 und Senatsbeschluss vom 5. Februar 2014 - XII ZB 25/13, BGHZ 200, 157 = FamRZ 2014, 538; BGH, Beschluss vom 20.03.2019 - XII ZB 365/18):

„... Der im vorliegenden Verfahren aufgrund §§ 1601 BGB, 94 Abs. 1 SGB XII geltend gemachte Anspruch auf Elternunterhalt besteht nur im Umfang der Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin als Unterhaltsschuldnerin nach § 1603 Abs. 1 BGB.

a) Der von den Vorinstanzen aus dem Einkommen der Antragsgegnerin (Vorruhestandsbezüge und Wohnvorteil) errechnete Umfang der Leistungsfähigkeit steht grundsätzlich im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 39 ff. und Senatsbeschluss BGHZ 200, 157 = FamRZ 2014, 538 Rn. 22 ff.).

aa) Die vom Senat entwickelten Grundsätze zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit von verheirateten Kindern für den Elternunterhalt gelten auch dann, wenn beide Ehegatten ihren jeweiligen Eltern zum Unterhalt verpflichtet sind.

Verfügt der Unterhaltspflichtige über höhere Einkünfte als sein Ehegatte, ist die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt in der Regel wie folgt zu ermitteln: Von dem Familieneinkommen wird der Familienselbstbehalt in Abzug gebracht. Das verbleibende Einkommen wird um die Haushaltsersparnis vermindert. Die Hälfte des sich ergebenden Betrags kommt zuzüglich des Familienselbstbehalts dem Familienunterhalt zugute. Von dem so bemessenen individuellen Familienbedarf steht dem Unterhaltspflichtigen ein Anteil entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten zu. Für den Elternunterhalt kann der Unterhaltspflichtige die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinem Anteil am individuellen Familienbedarf einsetzen (Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 40).

Dass im vorliegenden Fall - für mehrere Monate des streitbefangenen Zeitraums - gleichzeitig auch auf Seiten des anderen, über geringere Einkünfte verfügenden Ehegatten eine Unterhaltspflicht gegenüber dessen Elternteil besteht, zwingt nicht zu einer Modifikation der Berechnungsmethode. Denn die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt ist auch für diesen auf der Grundlage eines individuellen Familienbedarfs zu ermitteln (Senatsbeschluss BGHZ 200, 157 = FamRZ 2014, 538 Rn. 22 ff.). Die Berechnungsmethode gewährleistet mithin auch bei gleichzeitiger Unterhaltspflicht beider Ehegatten gegenüber ihren jeweiligen Eltern, dass der Anteil beider Ehegatten am individuellen Familienbedarf und somit der individuelle Familienbedarf insgesamt unangetastet bleibt. Beide müssen den jeweiligen Elternunterhalt nur aus ihrem Einkommensanteil bestreiten, der für den Familienbedarf der Ehegatten nicht benötigt wird.

bb) Allerdings ist dem Amtsgericht bei seiner Berechnung ein - vom Oberlandesgericht nicht korrigierter - Fehler hinsichtlich der Quotierung der Anteile der Ehegatten am Familienbedarf unterlaufen. Denn es hat dabei nur die Renten- bzw. Vorruhestandsbezüge, nicht aber den beiderseitigen Wohnvorteil einbezogen. Bei der stattdessen gebotenen Berücksichtigung des vollständigen Einkommens ergibt sich eine Verschiebung der Quote zu Lasten der Antragsgegnerin, die zu einem geringeren Anteil am individuellen Familienbedarf und damit zu einem höheren Unterhalt führt.

Die von der Antragsgegnerin geschuldeten Unterhaltsbeträge berechnen sich mithin unter Berücksichtigung einer Einkommensreduzierung wegen ab November 2017 entrichteter Beiträge zur zusätzlichen Altersvorsorge (vgl. insoweit Senatsurteil vom 17. Oktober 2012 - XII ZR 17/11 - FamRZ 2013, 868 Rn. 17) wie folgt.

Aug-Okt 2017 Antragsgegnerin Ehemann

Einkommen 2.132,39 € 1.657,29 €
Einkommen Ehegatte 1.657,29 € 2.132,39 €
Familieneinkommen 3.789,68 € 3.789,68 €
abzgl. Familienselbstbehalt -3.240,00 € -3.240,00 €
Differenz 549,68 € 549,68 €
10 % Haushaltsersparnis davon -54,97 € -54,97 €
Zwischensumme 494,71 € 494,71 €
davon ½ = weiterer Selbstbehalt 247,36 € 247,36 €
zuzüglich Familienselbstbehalt 3.240,00 € 3.240,00 €
individueller Familienbedarf 3.487,36 € 3.487,36 €
Ant. indiv. Familienbedarf in % 56,27 % 43,73 %
eigenes Einkommen 2.132,39 € 1.657,29 €
Anteil Familienbedarf -1.962,28 € -1.525,08 €
Einsetzbar 170,11 € 132,21 €

Ab Nov 2017 Antragsgegnerin Ehemann

Einkommen 2.020,14 € 1.657,29 €
Einkommen Ehegatte 1.657,29 € 2.020,14 €
Familieneinkommen 3.677,43 € 3.677,43 €
abzgl. Familienselbstbehalt -3.240,00 € -3.240,00 €
Differenz 437,43 € 437,43 €
10 % Haushaltsersparnis davon -43,74 € -43,74 €
Zwischensumme 393,69 € 393,69 €
davon ½ = weiterer Selbstbehalt 196,84 € 196,84 €
zuzüglich Familienselbstbehalt 3.240,00 € 3.240,00 €
individueller Familienbedarf 3.436,84 € 3.436,84 €
Ant. indiv. Familienbedarf in % 54,93 % 45,07 %
eigenes Einkommen 2.020,14 € 1.657,29 €
Anteil Familienbedarf -1.887,98 € -1.548,87 €
Einsetzbar 132,16 € 108,42 €

b) Das Oberlandesgericht hat eine Obliegenheit der Antragsgegnerin, den Unterhalt (teilweise) aus Vermögen zu leisten, zutreffend abgelehnt. Für eine Zurechnung von - fiktiven - Erlösen aus einer Vermögensverwertung fehlt es hier an einer rechtlichen Grundlage.

aa) Im Ausgangspunkt gehört ein Rückforderungsanspruch nach § 528 Abs. 1 BGB allerdings zum einsetzbaren Vermögen gemäß § 1603 Abs. 1 BGB (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 1 Rn. 600 ff. mwN).

Der Anspruch setzt nach § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB voraus, dass der Schenker nach Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen. Der Anspruch setzt nicht voraus, dass diese beiden gesetzlichen Alternativen erfüllt sind. Er kann vielmehr auch dann gegeben sein, wenn allein die Fähigkeit zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten nach der Schenkung vermindert oder ausgeschlossen ist (vgl. Staudinger/Chiusi BGB [2013] § 528 Rn. 13; MünchKommBGB/J. Koch 7. Aufl. § 528 Rn. 3).

Wie sich aus der Begrenzung des Anspruchs ("soweit") ergibt, sind Sinn und Zweck des Anspruchs, dem Schenker zu erlauben, mit Hilfe des zurückgewährten Gegenstands seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten oder gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen (vgl. BGHZ 169, 320 = FamRZ 2007, 277, 278). Dem Gesetzeszweck, die Erfüllung bestehender Unterhaltspflichten zu ermöglichen, kann die Rückforderung nur dienen, wenn durch die Rückgewähr des geschenkten Vermögensgegenstands die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit hergestellt oder gesteigert werden würde. Das setzt aber grundsätzlich voraus, dass der Unterhaltspflichtige aus dem verschenkten Gegenstand entweder (weitere) unterhaltsrelevante Erträge ziehen könnte oder ihn insoweit eine unterhaltsrechtliche Verwertungsobliegenheit treffen würde. Ergibt sich aus der Rückgewähr dagegen keine Verbesserung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des Schenkers, könnte ein Rückforderungsanspruch seinen Zweck nicht erfüllen und scheidet daher aus.

Insoweit unterscheidet sich die Lage von der Rückforderung zur Sicherung des eigenen angemessenen Unterhalts des Schenkers, für den der zurückgeforderte Vermögensgegenstand stets zur Verfügung steht, auch wenn dieser auf Seiten des Schenkers sozialhilferechtliches Schonvermögen darstellt (vgl. BGH Urteil vom 19. Oktober 2004 - X ZR 2/03 - FamRZ 2005, 177, 178 mwN). Demgegenüber hat die infolge der Schenkung veränderte Vermögenslage für die in den Schutzbereich des § 528 BGB einbezogenen Unterhaltsberechtigten nur dann nachteilige Auswirkungen, wenn der Schenker dadurch seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit vermindert hat.

bb) Nach diesen Maßstäben mangelt es im vorliegenden Fall bereits an den Voraussetzungen für eine Schenkungsrückforderung nach § 528 Abs. 1 BGB.

(1) Die infolge der Schenkung veränderte Vermögenslage hat zu keiner Beeinträchtigung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin geführt. Denn hinsichtlich des Miteigentumsanteils an der selbst genutzten Eigentumswohnung traf diese neben der bestehenden Nutzungsobliegenheit keine Obliegenheit zur Vermögensverwertung (vgl. Senatsbeschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 269/12 - FamRZ 2013, 1554 Rn. 39 mwN), was die Rechtsbeschwerde nicht in Frage stellt.

Die Nutzungen kommen der Antragsgegnerin auch nach der Veräußerung in Form von Gebrauchsvorteilen weiterhin ungeschmälert zugute. Sie sind durch den Nießbrauch dinglich gesichert und bei der Unterhaltsberechnung als Einkommen berücksichtigt worden.

(2) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ändert sich daran auch nichts aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Anspruch aus § 528 Abs. 1 BGB, wenn ein fortlaufender Unterhaltsbedarf zu decken ist, unmittelbar auf wiederkehrende Geldleistungen durch den Beschenkten gerichtet ist und für die Anwendung der Ersetzungsbefugnis nach § 528 Abs. 1 Satz 2 BGB kein Raum mehr bleibt (BGHZ 137, 76, 83 = FamRZ 1998, 155, 157 mwN).

Denn dieser Anspruchsinhalt ist in der genannten Rechtsprechung gerade aus der Begrenztheit des Anspruchs hergeleitet worden. Er kann folglich nicht zur Begründung einer Erweiterung des für den Elternunterhalt einsetzbaren Vermögens dienen. Das muss jedenfalls unter den Umständen des vorliegenden Falls gelten, in dem der Nutzungswert der Immobilie der Antragsgegnerin auch nach der Schenkung in vollem Umfang verblieben ist. Das Oberlandesgericht hat insoweit zutreffend hervorgehoben, dass die Tochter der Antragsgegnerin sich von einem gegebenen Anspruch aus § 528 Abs. 1 BGB jedenfalls durch Rückgewähr des Miteigentumsanteils an der Eigentumswohnung befreien könnte. Sogar eine vollständige Rückgewähr könnte aber die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin als Schenker nicht erhöhen. Die Vorschrift vermag daher eine Rückforderung zum Zweck der Herstellung einer erhöhten Leistungsfähigkeit für den Elternunterhalt nicht zu rechtfertigen.

Nur ausnahmsweise kann der Erlös aus der Veräußerung einer ursprünglich dem unterhaltsrechtlichen Schonvermögen zuzuordnenden Immobilie im Einzelfall unterhaltsrechtlich einsetzbares Vermögen darstellen, wenn dieser hinsichtlich der Zumutbarkeit einer Vermögensverwertung anderen Kriterien unterliegt als die veräußerte Immobilie. Solches kann aber im vorliegenden Fall schon deswegen nicht gelten, weil die Antragsgegnerin sich im Gegenzug zur Schenkung ein dingliches Nutzungsrecht vorbehalten hat und die Immobilie gemeinsam mit ihrem Ehemann unverändert für eigene Wohnzwecke nutzt. Durch den Vollzug der Schenkung hat sich mithin die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin nicht vermindert, außerdem ist diese nach wie vor auf die ihr verbliebene Nutzungsbefugnis angewiesen.

Mit dem Ziel der Erhöhung des Elternunterhalts kann im Ergebnis die Rückforderung also ebenso wenig verlangt werden wie etwa eine Beleihung der Immobilie mithilfe eines zinslosen und erst im Todesfall (von den Erben des Unterhaltspflichtigen) rückzahlbaren Darlehens des Sozialhilfeträgers (vgl. BVerfG FamRZ 2005, 1051 und Senatsbeschluss vom 20. März 2013 - XII ZB 81/11 - FamRZ 2013, 1022 Rn. 15 ff.). Denn in beiden Fällen würde die nicht einsetzbare selbstgenutzte Immobilie entgegen den gesetzlichen Wertungen durch einen Kunstgriff für den Elternunterhalt einsetzbar gemacht. Die vom Antragsteller erstrebte Anrechnung eines fiktiven Verwertungserlöses liefe darauf hinaus, die Leistungsfähigkeit für den Elternunterhalt allein durch die auf Seiten des Unterhaltspflichtigen eingetretene Vermögensminderung zu begründen oder zu erhöhen. Das stünde indessen jedenfalls dann im Widerspruch zu dem mit § 528 Abs. 1 BGB in der Variante der Rückforderung zur Ermöglichung von Unterhaltsleistungen verfolgten Zweck, wenn die Schenkung als solche für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen keine nachteiligen Folgen hatte und dieser nach wie vor auf die Nutzung der Immobilie angewiesen ist.

Auf die Frage der Gleichzeitigkeit (zeitliche Kongruenz) von Unterhaltsbedürftigkeit und Leistungsfähigkeit (vgl. BVerfG FamRZ 2005, 1051; Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1601 Rn. 5 mwN) kommt es demnach nicht mehr an.

3. Der angefochtene Beschluss ist daher teilweise aufzuheben. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, weil weitere tatrichterliche Feststellungen nicht erforderlich sind. Die berechtigte Forderung des Antragstellers berechnet sich ausgehend von einer monatlichen Unterhaltspflicht in Höhe von 170,11 € für die Zeit von August 2017 bis Oktober 2017 und von 132,16 € für die Zeit von November 2017 bis Juli 2018 abzüglich für die Zeit von August 2017 bis Februar 2018 monatlich jeweils gezahlter 130 €. Der Verzinsungsbetrag entspricht antragsgemäß dem Rückstand für die Zeit bis einschließlich November 2017. ..."

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Verschenkt der zum Elternunterhalt Verpflichtete eine selbst genutzte, unterhaltsrechtlich als Vermögen nicht einsetzbare Eigentumswohnung und behält er sich daran einen lebenslangen Nießbrauch vor, so kann sich seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht durch einen Rückforderungsanspruch nach § 528 Abs. 1 BGB erhöhen (BGH, Beschluss vom 20.02.2019 - XII ZB 364/18).

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Im Rahmen der Prüfung der Leistungsfähigkeit für den Elternunterhalt ist der vom Unterhaltsschuldner an sein minderjähriges Kind geleistete Betreuungsunterhalt nicht zu monetarisieren. Die Leistungsfähigkeit ist jedoch um dasjenige gemindert, was der Unterhaltsschuldner an sein minderjähriges Kind neben der Betreuungsleistung als Barunterhalt in der Form von Naturalunterhalt erbringt. Dieser errechnet sich nach dem Tabellenunterhalt aus dem gemeinsamen Einkommen beider Elternteile unter Abzug des halben Kindergelds und des vom anderen Elternteil geleisteten Barunterhalts. Das dem betreuenden Elternteil zustehende hälftige Kindergeld ist kein unterhaltsrelevantes Einkommen. Trifft die Kinderbetreuung mit einer Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils zusammen, ist nicht ein pauschaler Betreuungsbonus zu gewähren, sondern hängt es von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab, inwieweit das erzielte Einkommen ganz oder teilweise als überobligatorisch unberücksichtigt bleibt (BGH, Beschluss vom 15.02.2017 - XII ZB 201/16).

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Neben den Zinsen sind die Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnvorteils vom Einkommen des Elternunterhaltspflichtigen abzuziehen, ohne dass dies seine Befugnis zur Bildung eines zusätzlichen Altersvorsorgevermögens schmälert. Der den Wohnvorteil dann noch übersteigende Tilgungsanteil ist als Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten im Rahmen der sekundären Altersvorsorge auf die Altersvorsorgequote von 5 % des Bruttoeinkommens des Elternunterhaltspflichtigen anzurechnen (BGH, Beschluss vom 18.01.2017 - XII ZB 118/16).

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„... a) Nach § 1603 Abs. 1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, den Unterhalt ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu gewähren.

aa) Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen bestimmt sich in erster Linie nach dem von ihm erzielten bzw. nach dem ihm möglichen und in zumutbarer Weise erzielbaren Einkommen (vgl. Senatsurteil vom 9. Juli 2003 - XII ZR 83/00 - FamRZ 2003, 1471, 1473). Den Unterhaltspflichtigen trifft grundsätzlich eine Obliegenheit zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit (Senatsbeschluss vom 10. Juli 2013 - XII ZB 297/12 - FamRZ 2013, 1558 Rn. 12 ff.; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 1 Rn. 736). Erfüllt er seine Erwerbsobliegenheit nicht, ist ihm ein fiktives Einkommen in Höhe des aus einer ihm möglichen und zumutbaren Tätigkeit erzielbaren Verdienstes zuzurechnen (Senatsurteil vom 9. Juli 2003 - XII ZR 83/00 - FamRZ 2003, 1471, 1473; Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 245).

Die Darlegungs- und Beweislast für eine mangelnde oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit trägt der Unterhaltspflichtige. Dies gilt ebenfalls für ein von ihm geltend gemachtes Fehlen einer realen Beschäftigungschance (Senatsbeschlüsse vom 22. Januar 2014 - XII ZB 185/12 - FamRZ 2014, 637 Rn. 11 ff. und vom 19. Juni 2013 - XII ZB 39/11 - FamRZ 2013, 1378 Rn. 18 mwN; BVerfG FamRZ 2014, 1977 Rn. 17). Auch bei einem Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit darf dem Unterhaltspflichtigen allerdings nur ein Einkommen zugerechnet werden, welches von ihm realistischerweise zu erzielen ist (Senatsbeschluss vom 19. Juni 2013 - XII ZB 39/11 - FamRZ 2013, 1378 Rn. 18; BVerfG FamRZ 2010, 793).

Für den Unterhalt einsetzbar sind sodann im Rahmen von § 1603 Abs. 1 BGB die erzielten bzw. erzielbaren Beträge, die den angemessenen eigenen Unterhalt des Unterhaltspflichtigen (angemessener Selbstbehalt) übersteigen.

bb) Wer sich gegenüber seiner Erwerbsobliegenheit auf eine krankheitsbedingte Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit berufen will, muss grundsätzlich Art und Umfang der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden angeben, und er hat ferner darzulegen, inwieweit die behaupteten gesundheitlichen Störungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken (Senatsbeschluss vom 10. Juli 2013 - XII ZB 297/12 - FamRZ 2013, 1558 Rn. 13; zum Ehegattenunterhalt wegen Krankheit Senatsurteile vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 190/03 - FamRZ 2007, 200, 201 f. und vom 27. Juni 2001 - XII ZR 135/99 - FamRZ 2001, 1291, 1292).

(1) Bezieht der Unterhaltspflichtige eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, so setzt dies grundsätzlich voraus, dass er wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Das zeitliche Leistungsvermögen von täglich drei Stunden entspricht der Grenze für eine Vermittlung durch die Agentur für Arbeit (§ 138 Abs. 5 Nr. 1 SGB III: 15 Stunden wöchentlich; vgl. auch § 138 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Nach demselben Maßstab erfolgt auch die Abgrenzung zwischen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch II und der Grundsicherung für Erwerbsgeminderte nach dem Sozialgesetzbuch XII (§ 8 Abs. 1 SGB II, § 41 Abs. 3 SGB XII).

Erfüllt der Unterhaltspflichtige die Voraussetzungen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, so ergibt sich daraus mithin, dass er nicht drei Stunden oder mehr arbeitstäglich erwerbstätig sein kann und dass er einer Vermittlung durch die Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung steht. Eine vollständige Unfähigkeit für sämtliche Tätigkeiten, etwa im Geringverdienerbereich, ergibt sich daraus indessen noch nicht. Das stimmt mit der vom Gesetz für Renten wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe vorgesehenen Hinzuverdienstgrenze nach § 96 a Abs. 2 Nr. 2 SGB VI (entsprechend der Geringverdienertätigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV; derzeit 450 €) überein.

(2) Dementsprechend trägt der Unterhaltspflichtige nicht nur die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er keine Vollzeitstelle zu erlangen vermag, sondern auch dafür, dass dies in gleicher Weise für eine geringfügige Beschäftigung (sog. Mini-Job) gilt (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Januar 2012 - XII ZR 178/09 - FamRZ 2012, 517 Rn. 30 ff. zur Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Ehegatten).

Das gilt entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts und der Rechtsbeschwerde bereits im Rahmen der Leistungsfähigkeit nach § 1603 Abs. 1 BGB. Denn dem Unterhaltspflichtigen obliegt die Ausschöpfung seiner Leistungsfähigkeit auch außerhalb der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB bereits im Rahmen seiner allgemeinen Verpflichtung nach § 1603 Abs. 1 BGB. Das von der Rechtsbeschwerde zitierte Senatsurteil vom 12. Januar 2011 (BGHZ 188, 50 = FamRZ 2011, 454) besagt nichts anderes. Es betrifft das Erreichen der Regelaltersgrenze, das die Erwerbsobliegenheit im Rahmen von § 1603 Abs. 1 BGB entfallen lässt. Dass Bezieher von Altersrenten im Einzelfall eher und in größerem Umfang zu einer Erwerbstätigkeit in der Lage sein können als Bezieher von Renten wegen Erwerbsminderung, ändert nichts an der bewussten Grenzziehung durch den Gesetzgeber, die auch im Unterhaltsrecht zu beachten ist (vgl. § 1571 BGB).

Zwar kann der Unterhaltspflichtige bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zur Erlangung einer entsprechenden Beschäftigung nicht auf die Vermittlung der Agentur für Arbeit zurückgreifen. Das schließt indessen seine Erwerbsobliegenheit nicht aus. Denn er ist ohnedies gehalten, sich auch durch eigene Initiative über Stellenangebote zu informieren und sich um geeignete Stellen zu bewerben. Dementsprechend genügt der Unterhaltspflichtige nach der Rechtsprechung des Senats auch in anderen Fällen allein durch die Meldung als arbeitsuchend nicht seiner Erwerbsobliegenheit (Senatsurteile vom 31. Mai 2000 - XII ZR 119/98 - FamRZ 2000, 1358, 1359 und vom 18. Januar 2012 - XII ZR 178/09 - FamRZ 2012, 517 Rn. 30 für den unterhaltsberechtigten Ehegatten; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 1 Rn. 782).

b) Nach den genannten Maßstäben hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt, dass sie zu einer Erwerbstätigkeit im vom Oberlandesgericht zugrunde gelegten Umfang nicht in der Lage ist. Die Einkommensermittlung des Oberlandesgerichts leidet hingegen daran, dass der verweigerte Abzug wegen Pfändungen nicht auf tragfähigen Erwägungen beruht.

aa) Durch die Berufung auf den Bezug einer Rente wegen voll geminderter Erwerbsfähigkeit hat die Antragsgegnerin allerdings hinreichend dargelegt, dass sie zu einer voll- oder teilschichtigen Erwerbstätigkeit nicht in der Lage ist. Dass ihr darüber hinausgehend auch eine Tätigkeit im reduzierten Umfang von arbeitstäglich bis zu drei Stunden möglich ist, wird davon aber noch nicht ausgeschlossen. Auch der von ihr vorgelegte Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung von 70% rechtfertigt einen solchen Schluss nicht. Damit hat die Antragsgegnerin weder Art und Umfang der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden angegeben noch in nachvollziehbarer Form dargelegt, inwieweit ihre gesundheitlichen Störungen sich auf ihre Erwerbsfähigkeit auswirken.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde musste das Oberlandesgericht darauf auch nicht - nochmals - hinweisen. Das Oberlandesgericht hat die Antragsgegnerin vielmehr darauf hingewiesen, dass ihr bisheriger Sachvortrag zur vollständigen Erwerbsunfähigkeit nicht ausreichend sei. Die Antragsgegnerin hat daraufhin in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie seit der „Wegnahme" ihres Kindes (des Antragstellers) wegen Depressionen krankgeschrieben sei und zudem Bluthochdruck habe. Außerdem habe sie noch, „was man sonst so hat, Halswirbelsäule, Krampfadern, eine ausgeprägte Sehschwäche". Dem Oberlandesgericht ist darin zuzustimmen, dass eine vollständige Erwerbsunfähigkeit auch für eine Geringverdienertätigkeit damit nicht dargelegt ist. Das Oberlandesgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin im Umfang von 18 Wochenstunden Pflegeleistungen an ihre Mutter erbringt, was zusätzlich für ihre Erwerbsfähigkeit im Rahmen einer Geringverdienertätigkeit spricht.

Abgesehen davon, dass die behauptete vollständige Erwerbsunfähigkeit auch für eine stundenweise Geringverdienertätigkeit von vornherein durch die Antragsgegnerin darzulegen und zu beweisen war, hatte das Oberlandesgericht durch den gegebenen Hinweis seiner Pflicht aus § 139 ZPO genügt und musste den Hinweis nicht wiederholen oder erneuern, da die Antragsgegnerin hinreichende Veranlassung zu einem erschöpfenden Sachvortrag hatte. Mangels hinreichenden Sachvortrags spielt es auch keine Rolle, dass der Vortrag - wie von der Rechtsbeschwerde geltend gemacht wird - von Seiten des Antragstellers nicht (ausdrücklich) bestritten worden ist.

Die von der Antragsgegnerin geleistete Pflege der Mutter entbindet sie nicht von der sie im Rahmen des Kindesunterhalts treffenden Erwerbsobliegenheit. Der Antragsteller geht der Mutter der Antragsgegnerin im Rang vor (§ 1609 Nr. 1, 6 BGB; vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2016 - XII ZB 693/14 - FamRZ 2016, 887 Rn. 22). Auch die für weitergeleitetes Pflegegeld geltende Anrechnungsregelung des § 13 Abs. 6 Nr. 1 SGB XI erlaubt keinen Rückschluss auf einen Vorrang der Pflegetätigkeit vor der im Interesse des Kindes gebotenen Erwerbstätigkeit. Zu beachten ist vielmehr, dass das Anrechnungsverbot vor allem die Fälle abdecken soll, in denen das Pflegegeld an eine Pflegeperson weitergeleitet wird, die unterhaltsrechtlich nicht erwerbsverpflichtet ist oder die die Pflege neben ihrer Erwerbstätigkeit leistet (vgl. Senatsurteil vom 1. März 2006 - XII ZR 157/03 - FamRZ 2006, 846, 848; BT-Drucks. 14/580 S. 5).

Das Oberlandesgericht hat der Antragsgegnerin ein beispielsweise durch Bürotätigkeiten erzielbares Einkommen von zwischen 400 € und 450 € pro Monat zugerechnet. Das ist von der Rechtsbeschwerde insoweit nicht angegriffen worden und begegnet rechtsbeschwerderechtlich auch sonst keinen durchgreifenden Bedenken.

bb) Hinsichtlich der abgelehnten Abzüge wegen Pfändungen entbehrt der angefochtene Beschluss indessen einer tragfähigen Begründung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats gilt - außerhalb der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB - der allgemeine Grundsatz, dass Ansprüchen Unterhaltsberechtigter kein allgemeiner Vorrang vor anderen Verbindlichkeiten des Unterhaltspflichtigen zukommt. Andererseits dürfen diese Verbindlichkeiten auch nicht ohne Rücksicht auf die Unterhaltsinteressen getilgt werden. Vielmehr bedarf es eines Ausgleichs der Belange von Unterhaltsgläubiger, Unterhaltsschuldner und Drittgläubiger. Ob eine Verbindlichkeit im Einzelfall zu berücksichtigen ist, kann danach nur im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung nach billigem Ermessen entschieden werden. Insoweit sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats insbesondere der Zweck der Verbindlichkeiten, der Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Dringlichkeit der beiderseitigen Bedürfnisse, die Kenntnis des Unterhaltsschuldners von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und seine Möglichkeiten von Bedeutung, die Leistungsfähigkeit ganz oder teilweise wiederherzustellen (Senatsbeschluss vom 10. Juli 2013 - XII ZB 297/12 - FamRZ 2013, 1558 Rn. 19 mwN).

Das Oberlandesgericht hat die vom Amtsgericht noch gebilligten Abzüge abgelehnt, weil nicht hingenommen werden könne, dass der Antragsteller durch einen Vorwegabzug der ihm aus anderen Verfahren zustehenden Kostenerstattungsansprüche seinen Mindestunterhalt teilweise selbst finanziere. Dagegen rügt die Rechtsbeschwerde mit Recht, dass es sich nicht um Kostenerstattungsansprüche des Antragstellers, sondern seines Vaters handele. Es fehlt mithin bereits an einer hinreichenden Abwägung der Belange der Beteiligten des Unterhaltsverhältnisses und des (Dritt-)Gläubigers, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Abzug gerechtfertigt ist.

3. Der angefochtene Beschluss ist demnach aufzuheben, weil nicht ausgeschlossen ist, dass die Pfändungen zu berücksichtigen sind und dies zu einer für den Mindestunterhalt eingeschränkten Leistungsfähigkeit führen kann. Da hierfür weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung in der Sache verwehrt.

4. Für das weitere Verfahren ist darauf hinzuweisen, dass die Unterhaltspflicht der Antragsgegnerin aufgrund der bisherigen Einkommensermittlung auch im Hinblick auf die Erwerbsobliegenheit und das der Antragsgegnerin insoweit zugerechnete fiktive Einkommen nicht auf einer sie treffenden gesteigerten Unterhaltspflicht gemäß § 1603 Abs. 2 BGB beruht. Da die Antragsgegnerin danach ihren angemessenen Selbstbehalt nicht anzugreifen braucht, käme es bei im Ergebnis übereinstimmender Einkommensermittlung nicht darauf an, ob durch den Vater des Antragstellers als anderen unterhaltspflichtigen Verwandten im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB das Eingreifen einer gesteigerten Unterhaltspflicht ausgeschlossen würde. Dass das Oberlandesgericht auf der bisherigen Grundlage auch eine Mithaftung des Vaters aufgrund § 1606 Abs. 3 BGB nicht angenommen hat, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (Senatsbeschluss vom 10. Juli 2013 - XII ZB 297/12 - FamRZ 2013, 1558 Rn. 26 ff.). Das Oberlandesgericht ist insoweit zutreffend davon ausgegangen, dass der Vater seine Unterhaltspflicht grundsätzlich durch die Betreuung des Kindes erfüllt hat. In welchem konkreten Umfang er das Kind persönlich betreut oder er sich der Hilfe Dritter bedient hat, spielt hierfür keine entscheidende Rolle, weil er als allein sorgeberechtigter Elternteil zweifelsfrei die Betreuungsverantwortung für den Antragsteller trägt und getragen hat.

Sollte das Oberlandesgericht nunmehr zu einer Abziehbarkeit der gepfändeten Beträge gelangen, so wäre erneut zu prüfen, ob der angemessene Selbstbehalt der Antragsgegnerin gewahrt wäre und verneinendenfalls in welchem Umfang die gesteigerte Unterhaltspflicht durch eine Unterhaltspflicht des Vaters als weiterer unterhaltspflichtiger Verwandter nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB entfällt. Hierbei wäre neben den - von der Antragsgegnerin darzulegenden - Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Vaters allerdings auch dessen Betreuungsleistung zu berücksichtigen (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Juli 2013 - XII ZB 297/12 - FamRZ 2013, 1558 Rn. 26).

Schließlich wird das Oberlandesgericht im Hinblick auf die Zahlung an den Träger der Unterhaltsvorschusskasse zu beachten haben, dass der Anspruch auf das Land und nicht - wie vom Oberlandesgericht tituliert - auf den Landkreis übergeht. ..." (BGH, Beschluss vom 09.11.2016 - XII ZB 227/15)

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Bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit für die Zahlung von Elternunterhalt ist ein von dem Unterhaltspflichtigen zusätzlich geschuldeter Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB als - gemäß § 1609 Nr. 2 BGB vorrangige - sonstige Verpflichtung i.S.d. § 1603 Abs. 1 BGB von dessen Einkommen abzuziehen. Auf einen Familienselbstbehalt kann sich der in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebende Unterhaltspflichtige nicht berufen. Ein elternbezogener Grund zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts kann auch darin liegen, dass ein Elternteil das gemeinsame Kind im weiterhin fortdauernden Einvernehmen mit dem anderen persönlich betreut und deshalb voll oder teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Die Mitwirkung an einer solchen Gestaltung der nichtehelichen Gemeinschaft ist dem Pflichtigen im Verhältnis zu seinen unterhaltsberechtigten Eltern nach Treu und Glauben nur dann verwehrt, wenn sie rechtsmissbräuchlich erscheint (im Anschluss an Senatsurteil vom 25. April 2007, XII ZR 189/04, FamRZ 2007, 1081; BGH, Beschluss vom 09.03.2016 - XII ZB 693/14).

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Eine Vereinbarung, mit welcher ein Mann die Einwilligung zu einer heterologen künstlichen Befruchtung einer Frau mit dem Ziel erteilt, die Vaterstellung für das zu zeugende Kind einzunehmen, enthält regelmäßig zugleich einen von familienrechtlichen Besonderheiten geprägten Vertrag zugunsten des aus der künstlichen Befruchtung hervorgehenden Kindes, aus dem sich für den Mann dem Kind gegenüber die Pflicht ergibt, für dessen Unterhalt wie ein rechtlicher Vater einzustehen (im Anschluss an Senatsurteil vom 3. Mai 1995, XII ZR 29/94, BGHZ 129, 297 = FamRZ 1995, 861). Die Einwilligung des Mannes muss gegenüber der Frau erklärt werden und bedarf keiner besonderen Form (BGH, Urteil vom 23.09.2015 - XII ZR 99/14 zu § 1600 BGB).

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Einem zum Minderjährigenunterhalt verpflichteten Elternteil, der sich nach Geburt eines weiteren Kindes dessen Betreuung widmet, kann im Fall einer zu respektierenden Rollenwahl jedenfalls für die ersten beiden Lebensjahre des von ihm betreuten Kindes unterhaltsrechtlich nicht vorgeworfen werden, dass er von der Möglichkeit Gebrauch macht, die Bezugsdauer des Elterngelds zu verdoppeln, und deswegen keine für den Kindesunterhalt ausreichenden Einkünfte hat (im Anschluss an Senatsurteil vom 12. April 2006, XII ZR 31/04, FamRZ 2006, 1010; BGH, Beschluss vom 11.02.2015 - XII ZB 181/14):

„... 2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Oberlandesgericht ist mit zutreffenden Erwägungen davon ausgegangen, dass die Antragstellerin während des noch streitigen Zeitraums von Mai 2012 bis zum 3. März 2013 für den Kindesunterhalt des Antragsgegners nicht leistungsfähig war.

a) Nach § 1603 Abs. 1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 24. September 2014 - XII ZB 111/13 - FamRZ 2014, 1992 Rn. 18 mwN). Diese Verpflichtung tritt nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 10. Juli 2013 - XII ZB 297/12 - FamRZ 2013, 1558 Rn. 26 mwN und vom 5. November 2014 - XII ZB 599/13 - FamRZ 2015, 236 Rn. 26).

Der Antragsgegner nimmt hinsichtlich des im Rechtsbeschwerdeverfahren noch streitigen Zeitraums von Mai 2012 bis zum 3. März 2013 eine Reduzierung des Unterhalts auf Beträge hin, die unterhalb des Mindestunterhalts (abzüglich des hälftigen Kindergelds) liegen. Dass der Vater des Antragsgegners als weiterer Unterhaltspflichtiger nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB in Betracht komme, wird von der Antragstellerin nicht geltend gemacht.

b) Die Antragstellerin kann auch im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht nicht darauf verwiesen werden, weiterhin ihrer vor der Geburt des zweiten Kindes ausgeübten Erwerbstätigkeit nachzugehen.

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats entfällt allerdings die unterhaltsrechtliche Verpflichtung zur Aufnahme einer zumutbaren Erwerbstätigkeit gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern nicht ohne weiteres dadurch, dass der Unterhaltspflichtige die Betreuung eines weiteren Kindes übernommen hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 169, 200, 203 f. = FamRZ 2006, 1827 f. und vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - FamRZ 2006, 1010, 1012). Das gilt auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige eine neue Ehe eingegangen ist und im Einvernehmen mit seinem Ehegatten allein die Haushaltsführung übernommen hat. Dass die Ehegatten nach § 1356 Abs. 1 BGB die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen regeln und diese dabei einem von ihnen allein überlassen können, entlastet den Ehegatten nur gegenüber den Mitgliedern der neuen Familie und auch dies nur im Regelfall. Minderjährigen unverheirateten Kindern aus einer früheren Ehe, die nicht innerhalb der neuen Familie leben, kommt die Haushaltsführung in dieser Familie weder unmittelbar noch mittelbar zugute (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - FamRZ 2006, 1010, 1012).

Nichts anderes gilt, wenn das weitere Kind aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft hervorgegangen ist. Zwar erfüllt der Unterhaltspflichtige seine gegenüber dem weiteren Kind bestehende Unterhaltspflicht durch die Pflege und Erziehung dieses Kindes (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Da die Kinder unterhaltsrechtlich indessen nach § 1609 Satz 1 Nr. 1 BGB gleichrangig sind, darf sich der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht ohne weiteres auf die Betreuung des aus der aktuellen Verbindung hervorgegangenen Kindes beschränken (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - FamRZ 2006, 1010, 1012).

bb) Die Übernahme der Kinderbetreuung und die sich daraus ergebende Minderung der Erwerbseinkünfte können unterhaltsrechtlich nur dann akzeptiert werden, wenn wirtschaftliche Gesichtspunkte oder sonstige Gründe von gleichem Gewicht, die einen erkennbaren Vorteil für die neue Familie mit sich bringen, im Einzelfall die Rollenwahl rechtfertigen. Allerdings kann die Möglichkeit, eine Erhöhung des wirtschaftlichen Lebensstandards und eine Verbesserung der eigenen Lebensqualität zu erreichen, dann nicht mehr ohne weiteres als Rechtfertigung dienen, wenn sie gleichzeitig dazu führt, dass sich der Unterhaltspflichtige gegenüber dem Berechtigten auf seine damit einhergehende Leistungsunfähigkeit berufen und damit dessen bisherigen Lebensstandard verschlechtern kann. Die Kinder aus einer früheren Verbindung müssen eine Einbuße ihrer Unterhaltsansprüche also nur dann hinnehmen, wenn das Interesse des Unterhaltspflichtigen und seiner neuen Familie an der Aufgabenverteilung ihr eigenes Interesse an der Beibehaltung ihrer bisherigen Unterhaltssicherung deutlich überwiegt (Senatsurteile BGHZ 169, 200, 204 f. = FamRZ 2006, 1827, 1828 und vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - FamRZ 2006, 1010, 1012).

cc) Nach diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall die Rollenwahl der Antragstellerin auch gegenüber dem Antragsgegner als ihrem minderjährigen Kind gerechtfertigt. Das Beschwerdegericht hat sich auf das jedenfalls nach der Geburt deutlich höhere Einkommen des Lebensgefährten der Antragstellerin bezogen, der aufgrund seiner Außendiensttätigkeit einen festen Kundenstamm zu bedienen habe und dessen Einkommen einen hohen Provisionsanteil enthalte. Für die Antragstellerin, die mit einem Festgehalt im Innendienst tätig sei, sei ein vorübergehendes Ausscheiden aus dem Beruf leichter gewesen. Im Übrigen hat das Beschwerdegericht auf gesundheitliche Beschwerden des Lebensgefährten hingewiesen, die ihn bei der Betreuung des gemeinsamen Kindes beeinträchtigten. Damit hat das Beschwerdegericht hinreichende Gründe festgestellt, die nach den vom Senat aufgestellten Maßstäben die Übernahme der Kinderbetreuung auch gegenüber dem Antragsgegner als gerechtfertigt erscheinen lassen. Auch die Rechtsbeschwerde erhebt insoweit keine Beanstandungen.

c) Nach der zu wiederverheirateten Unterhaltspflichtigen ergangenen Rechtsprechung des Senats trifft den barunterhaltspflichtigen Elternteil selbst dann, wenn die neue Rollenwahl nicht zu beanstanden ist, eine Obliegenheit, erforderlichenfalls durch Aufnahme eines Nebenerwerbs zum Unterhalt von minderjährigen, unverheirateten Kindern aus der früheren Ehe beizutragen (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - FamRZ 2006, 1010, 1013; vgl. dazu BVerfG FamRZ 1985, 143, 145).

Demgegenüber hat der Senat entschieden, dass der Unterhaltspflichtige während des Bezugs von Erziehungsgeld während der ersten zwei Jahre seit der Geburt des Kindes nicht verpflichtet ist, neben der Betreuung des Kleinkindes aus der neuen Ehe eine Nebenerwerbstätigkeit auszuüben (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - FamRZ 2006, 1010, 1014). Dem stehe schon entgegen, dass minderjährige Kinder bis zum Alter von jedenfalls zwei Jahren regelmäßig ständiger Aufsicht und Betreuung bedürfen, die auch der neue Ehegatte unter Berücksichtigung seiner eigenen Erwerbstätigkeit nicht in dem erforderlichen Umfang sicherstellen kann. Dem Gleichrang der Unterhaltsansprüche aller Kinder aus verschiedenen Beziehungen trage für diesen Zeitraum schon § 9 Satz 2 BErzGG Rechnung. Denn während das Erziehungsgeld grundsätzlich bei der Bemessung von Unterhaltsverpflichtungen unberücksichtigt bleibe, sei es wegen der gesteigerten Unterhaltsverpflichtung gegenüber den minderjährigen Kindern aus erster Ehe als Einkommen zu berücksichtigen. Für die Zeit seines Bezugs ersetze das Erziehungsgeld somit im Interesse der Betreuung des neugeborenen Kindes die sonst gegebenenfalls bestehende Erwerbspflicht des barunterhaltspflichtigen Ehegatten (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - FamRZ 2006, 1010, 1014).

Diese Erwägungen greifen jedenfalls für die ersten beiden Lebensjahre des betreuten Kindes auch für das an die Stelle des Erziehungsgelds getretene Elterngeld (OLG Frankfurt FamRZ 2014, 848; Scholz FamRZ 2007, 7, 9; Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 2 Rn. 281; vgl. Liceni-Kierstein FamRB 2014, 119). Dass der Unterhaltspflichtige die Wahl hat, für den regulären Bezugszeitraum das volle Elterngeld zu beziehen oder von der Option Gebrauch zu machen, das - hälftige - Elterngeld auf den doppelten Zeitraum zu strecken, stellt demgegenüber keine entscheidende Veränderung zum Erziehungsgeld (vgl. § 4 Abs. 1 BErzGG i.d.F. vom 9. Februar 2004) dar. Nach der für den streitigen Zeitraum anwendbaren Vorschrift des § 6 Satz 2 BEEG in der Fassung vom 5. Dezember 2006 wurden die einer Person zustehenden Monatsbeträge auf Antrag in jeweils zwei halben Monatsbeträgen ausgezahlt, so dass sich der Auszahlungszeitraum verdoppelte. Die zweite Hälfte der jeweiligen Monatsbeträge wurde beginnend mit dem Monat gezahlt, der auf den letzten Monat folgte, für den der berechtigten Person ein Monatsbetrag der ersten Hälfte gezahlt wurde (nunmehr Elterngeld Plus gemäß § 4 Abs. 3 BEEG).

Ist der Bezieher des Elterngelds jedenfalls für die ersten zwei Lebensjahre des von ihm betreuten weiteren Kindes nicht zu einer Nebentätigkeit verpflichtet, so kann ihm auch nicht vorgeworfen werden, dass er den Auszahlungszeitraum verdoppelt, auch wenn damit die Halbierung des monatlich gezahlten Betrages einhergeht (OLG Frankfurt FamRZ 2014, 848, 849; a.A. OLG Bamberg FamRZ 2011, 1302). Zwar wird die Auszahlung des vollen Elterngelds nicht selten eine Höhe erreichen, welche im Gegensatz zur verlängerten Bezugsdauer die teilweise Zahlung von Kindesunterhalt erlaubte. Dies würde indessen dadurch erkauft, dass der Unterhaltspflichtige für die nachfolgende Zeit ohne Leistungen auskommen müsste, obwohl er auch in dieser Zeit unterhaltsrechtlich nicht gehalten wäre, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Wenn er sich unter diesen Umständen für die ihm gesetzlich eingeräumte Option entscheidet, das Elterngeld auf die doppelte Zeit zu strecken, liegt darin keine Obliegenheitsverletzung. Das Beschwerdegericht weist im Übrigen zutreffend darauf hin, dass durch die Neuregelung die Wahlfreiheit gewährleistet werden sollte (vgl. BT-Drucks. 16/1889 S. 1 ff.) und das Verhältnis zum Unterhalt in § 11 Satz 4 BEEG übereinstimmend mit der vorausgegangenen Regelung in § 9 Satz 2 BErzGG ausgestaltet worden ist. Demnach ist nicht davon auszugehen, dass die Eltern in Bezug auf den Unterhalt strengeren Anforderungen unterliegen sollten als bei der vorausgegangenen Gesetzeslage.

d) Wenn dem barunterhaltspflichtigen Elternteil keine Obliegenheitsverletzung vorzuwerfen ist, hat er nur insoweit für den Unterhalt aufzukommen, als sein tatsächliches Einkommen seinen notwendigen Selbstbehalt übersteigt. Der eigene Unterhalt des Elternteils kann auch durch einen Anspruch auf Unterhalt nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB gesichert sein. Dieser richtet sich nach §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1610 BGB auf den angemessenen Bedarf (vgl. NK-BGB/Schilling 3. Aufl. § 1615 l Rn. 20 ff.). Für das Elterngeld gelten insoweit wie für das Erziehungsgeld keine Besonderheiten. Es ist also - im von § 11 Satz 4 BEEG vorgegebenen Rahmen - nur für den Unterhalt einzusetzen, wenn es zusammen mit anderen Einkünften oberhalb des notwendigen Selbstbehalts liegt (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - FamRZ 2006, 1010, 1011 f.).

Das Beschwerdegericht hat dies berücksichtigt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Antragstellerin unter Berücksichtigung von Synergieeffekten wegen ihres Zusammenlebens in nichtehelicher Lebensgemeinschaft für den Unterhalt des Antragsgegners auch nicht teilweise leistungsfähig ist. Dies ist - auf der Grundlage der vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen - nicht zu beanstanden und wird von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt. ..."

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Die im Rahmen eines Wechselmodells von einem Elternteil geleistete Kinderbetreuung kann nicht zur Befreiung von seiner Barunterhaltspflicht führen. Im Fall des Wechselmodells haben beide Elternteile für den Barunterhalt einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst außerdem die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten (vor allem Wohn- und Fahrtkosten). Ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt und damit seine Unterhaltspflicht im Sinne des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB bereits durch Erziehung und Pflege erfüllt, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung. Dabei kommt der zeitlichen Komponente der von ihm übernommenen Betreuung zwar eine Indizwirkung zu, ohne dass sich allerdings die Beurteilung allein hierauf zu beschränken braucht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 12. März 2014, XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917; BGH, Beschluss vom 05.11.2014 - XII ZB 599/13).

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Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter für die Berechnung der Höhe des - auch für den Elternunterhalt einzusetzenden - Taschengeldanspruchs im Regelfall eine Quote von 5% des bereinigten Familieneinkommens zugrunde legt. Ebenso wenig ist es zu beanstanden, wenn der Tatrichter beim Elternunterhalt als Taschengeldselbstbehalt im Regelfall einen Anteil in Höhe von ebenfalls 5% vom Familienselbstbehalt ansetzt und dem Unterhaltspflichtigen zusätzlich die Hälfte des darüber hinausgehenden Taschengeldes belässt (im Anschluss an Senatsurteil vom 12. Dezember 2012, XII ZR 43/11, BGHZ 196, 21, FamRZ 2013, 363 und Senatsbeschluss vom 5. Februar 2014, XII ZB 25/13, FamRZ 2014, 538; BGH, Urteil vom 01.10.2014 - XII ZR 133/13).

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Sieht das Beschwerdegericht in einer Familienstreitsache von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab und entscheidet im schriftlichen Verfahren, so ist der Erlass eines Versäumnisbeschlusses nicht zulässig. Im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht ist vom Unterhaltsschuldner im Hinblick auf den nicht gesicherten Mindestunterhalt seines Kindes auch zu verlangen, dass er neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit eine ihm mögliche und zumutbare Nebentätigkeit ausübt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 22. Januar 2014, XII ZB 185/12, FamRZ 2014, 637; BGH, Beschluss vom 24.09.2014 - XII ZB 111/13).

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Die Unterhaltsvorschusskasse kann wegen der gemäß § 7 Abs. 1 UVG auf sie übergegangenen Unterhaltsforderung Ansprüche des Schuldners gegen Dritte im Rahmen des § 850d Abs. 1 Satz 1 ZPO als privilegierter Gläubiger ohne die sich aus § 850c ZPO ergebenden Einschränkungen zunächst pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen, wenn nicht feststeht, ob der Unterhaltsberechtigte von dem Schuldner Unterhalt nach § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG verlangt. Ein Verlangen von Unterhalt im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG ist insbesondere anzunehmen, wenn der Unterhaltsberechtigte den Schuldner im Wege der Zwangsvollstreckung auf Befriedigung seiner Unterhaltsforderung in Anspruch nimmt und insoweit einen Vollstreckungsantrag stellt. Der unmittelbar Unterhaltsberechtigte verlangt Unterhalt im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG außerdem dann, wenn er Unterhaltsansprüche, die durch die Vollstreckung der auf die Unterhaltskasse übergegangenen Forderungen nicht beeinträchtigt werden dürfen, gegenüber dem Schuldner gerichtlich oder außergerichtlich geltend macht und der Schuldner daraufhin Unterhaltsleistungen an ihn erbringt. Die privilegierte Pfändung der Unterhaltsvorschusskasse nach § 850d ZPO ist nicht davon abhängig, dass diese im Vollstreckungsverfahren das Fehlen der nach § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG vorrangig zu berücksichtigenden Unterhaltsansprüche darlegt und gegebenenfalls nachweist. Der am Vollstreckungsverfahren nicht beteiligte vorrangige Unterhaltsgläubiger kann den nach § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG bestehenden Vorrang seines Unterhaltsanspruchs im Vollstreckungsverfahren mit der Vollstreckungserinnerung nach § 766 Abs. 1 ZPO geltend machen. Nach Abschluss des Vollstreckungsverfahrens kann ihm gegen die pfändende Unterhaltskasse ein Bereicherungsanspruch auf Auskehrung des Erlöses in Höhe der ihm zustehenden Unterhaltsforderung zustehen (BGH, Beschluss vom 17.09.2014 - VII ZB 21/13).

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Verbleibt dem unterhaltspflichtigen Kind, das über geringere Einkünfte als sein Ehegatte verfügt und dessen Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt auf der Grundlage eines individuellen Familienbedarfs zu ermitteln ist, von seinem Einkommen ein entsprechender Anteil des individuellen Familienbedarfs, bedarf es einer weiteren Absicherung in Höhe von 5 bis 7% des Familienselbstbehalts nicht mehr (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 5. Februar 2014, XII ZB 25/13, FamRZ 2014, 538). Nur bei einem unterhalb von 5 bis 7% des Familieneinkommens liegenden Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist auch ein ihm bis zu dieser Höhe zustehendes Taschengeld einzusetzen und demgemäß der insoweit bestehende Selbstbehalt zu beachten (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 5. Februar 2014, XII ZB 25/13, FamRZ 2014, 538 und Senatsurteil vom 12. Dezember 2012, XII ZR 43/11, BGHZ 196, 21 = FamRZ 2013, 363; BGH, Beschluss vom 23.07.2014 - XII ZB 489/13).

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Bei der Bemessung des Unterhalts kann der Tatrichter zur Ermittlung des Kaufkraftunterschieds die vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" heranziehen (BGH, Beschluss vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12).

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Zur Bemessung des Wohnwerts einer vom Unterhaltspflichtigen genutzten Immobilie bei der Inanspruchnahme auf Kindesunterhalt (BGH, Beschluss vom 19.03.2014 - XII ZB 367/12):

„... b) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich der Antragsgegner weiterhin Einkünfte wegen der Nutzung des im Miteigentum der geschiedenen Ehegatten stehenden Einfamilienhauses anrechnen lassen muss. Die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen wird nicht nur durch seine Erwerbseinkünfte, sondern in gleicher Weise durch Vermögenserträge und sonstige wirtschaftliche Nutzungen bestimmt, die er aus seinem Vermögen zieht. Dazu können auch die Gebrauchsvorteile eines Eigenheims zählen, denn durch das Bewohnen eines eigenen Hauses oder einer Eigentumswohnung entfällt die Notwendigkeit der Mietzahlung, die in der Regel einen Teil des allgemeinen Lebensbedarfs ausmacht (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963 Rn. 11 mwN).

aa) Ob der Wohnvorteil nach dem objektiven Mietwert oder in einer geringeren Höhe zu bemessen ist, hängt maßgeblich davon ab, ob der die Immobilie Nutzende gehalten ist, diese anderweitig zu verwerten. Soweit das von einem Ehegatten vor dem endgültigen Scheitern der Ehe (regelmäßig vor Zustellung des Scheidungsantrags) mit Rücksicht auf die Möglichkeit der Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft noch nicht erwartet werden kann, ist der Wohnvorteil in dieser Zeit nur in einer Höhe in Rechnung zu stellen, wie es sich für eine Wohnungsnutzung des in der Ehewohnung allein verbliebenen Ehegatten als angemessen darstellt. Der Gebrauchswert der - für den die Wohnung weiter nutzenden Ehegatten an sich zu großen - Wohnung ist deswegen regelmäßig danach zu bestimmen, welchen Mietzins er auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine dem ehelichen Lebensstandard entsprechende, angemessene kleinere Wohnung zahlen müsste. Der volle Wohnvorteil kommt grundsätzlich erst dann zum Tragen, wenn mit einer Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zu rechnen ist (Senatsurteil vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963 Rn. 14 ff.).

bb) Bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt hat der Senat demgegenüber darauf abgehoben, dass es auf eine vom Unterhaltspflichtigen nicht hinzunehmende Schmälerung des eigenen Bedarfs hinauslaufen würde, wenn bei der Bestimmung seiner Leistungsfähigkeit Mittel berücksichtigt würden, die ihm tatsächlich nicht zur Verfügung stehen und die er - wie es bei der Differenz zwischen den für sich und seine Familie angemessenen Wohnkosten und dem objektiven Mietwert seines Eigenheims der Fall ist - nur durch eine Verwertung der Immobilie erzielen könnte. Da durch eine Veräußerung oder Vermietung des Familienheims die bisherige häufig bereits langjährig gestaltete Lebensführung grundlegend beeinträchtigt würde, muss beides im Rahmen des rechtlich vergleichsweise schwach ausgestalteten Unterhaltsanspruchs von Eltern als unterhaltsrechtlich unzumutbar angesehen werden. In solchen Fällen ist deshalb grundsätzlich nur die für eine angemessene Wohnung ersparte Miete als Einkommen anzurechnen (Senatsurteil BGHZ 154, 247 = FamRZ 2003, 1179, 1180 f.).

cc) Geht es dagegen um die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen gegenüber einem minderjährigen Kind, ist die Höhe des Wohnwerts grundsätzlich mit der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete zu bemessen (Senatsbeschluss vom 10. Juli 2013 - XII ZB 298/12 - FamRZ 2013, 1563 Rn. 16). Nach § 1603 Abs. 1 BGB ist zwar nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber aber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sogenannte gesteigerte Unterhaltspflicht). Dies beruht auf ihrer besonderen Verantwortung für den angemessenen, nicht nur den notwendigen Unterhalt ihrer Kinder. Für die Eltern besteht deshalb eine besondere Verpflichtung zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft und zur Ertrag bringenden Nutzung von Vermögenswerten. Wenn in dieser Hinsicht mögliche und zumutbare Anstrengungen unterlassen werden, können deswegen nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch insoweit nicht nur die tatsächlichen, sondern ebenfalls fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden (Senatsurteil vom 30. Januar 2013 - XII ZR 158/10 - FamRZ 2013, 616 Rn. 18 mwN).

dd) Dass das Beschwerdegericht den Wohnwert in Höhe der vom Antragsgegner ersparten angemessenen Miete mit monatlich 400 € anstelle der objektiven Marktmiete von 570 € bemessen hat, begegnet nach den getroffenen Feststellungen gleichwohl keinen rechtlichen Bedenken. Danach will der Antragsgegner das Haus, das er während der Ehe zusammen mit der Mutter der unterhaltsberechtigten Kinder als Familienheim erworben hat, veräußern, um zumindest den überwiegenden Teil der Darlehensverbindlichkeiten ablösen zu können und nicht mehr den - gemessen an seinem Einkommen - hohen monatlichen Belastungen ausgesetzt zu sein. Dies komme letztlich auch den Unterhaltsberechtigten zugute. Zu diesem Zweck habe der Antragsgegner einen an seinem Wohnort renommierten Makler eingeschaltet und seine Preisvorstellungen dessen Empfehlungen angepasst. Würde er das Haus in dieser Situation vermieten, um hierdurch Einkünfte in Höhe der objektiven Marktmiete zu erzielen, würde eine Veräußerung nicht unerheblich erschwert. Denn Einfamilienhäuser der hier in Rede stehenden Art würden üblicherweise nicht als Renditeobjekte, sondern zur eigenen Nutzung erworben. Der Nutzung durch einen Erwerber würde aber ein grundsätzlich nicht ohne weiteres und alsbald beendbares Mietverhältnis entgegenstehen. Nach diesen Feststellungen konnte dem Antragsgegner eine Vermietung nicht angesonnen werden.

Das gilt auch für eine Vermietung an den Antragsteller zur Nutzung des Hauses durch die geschiedene Ehefrau und die Kinder. Insofern fällt zum einen ins Gewicht, dass zu dem Zeitpunkt, als dieses Angebot unterbreitet wurde, nicht absehbar war, wie lange eine Vermietung überhaupt hätte realisiert werden können. Im Fall einer baldigen Veräußerung hätte sich die Ehefrau erneut um eine andere Wohnung bemühen und abermals umziehen müssen. Zum anderen müsste der Antragsgegner befürchten, dass die Ehefrau das Haus nicht innerhalb einer angemessenen Zeitspanne räumen würde, nachdem sie sich schon im Rahmen der Veräußerungsbemühungen nicht kooperativ gezeigt hat, wie die Probleme mit der Unterzeichnung der beiden Maklerverträge belegen. Wenn von dem Antragsgegner aber nicht erwartet werden kann, dass er das Haus vermietet, besteht kein Grund, ihm hierdurch erzielbare höhere Einkünfte, die über den Betrag der ersparten angemessenen Miete von 400 € monatlich hinausgehen, anzurechnen.

c) Soweit das Berufungsgericht von dem Einkommen des Antragsgegners die Darlehensraten abgezogen hat, hält dies der rechtlichen Nachprüfung indessen nicht stand.

aa) Zutreffend hat das Beschwerdegericht allerdings eine Obliegenheit des Antragsgegners zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz verneint. Zwar trifft den Unterhaltsschuldner grundsätzlich eine solche Obliegenheit, wenn das Insolvenzverfahren zulässig und geeignet ist, den laufenden Unterhalt seiner minderjährigen Kinder dadurch sicherzustellen, dass ihm Vorrang vor sonstigen Verbindlichkeiten eingeräumt wird (Senatsurteil BGHZ 162, 234 = FamRZ 2005, 608, 609 ff.). Bei der in jedem Fall gebotenen Abwägung der Vorteile einer Einleitung des Insolvenzverfahrens mit dessen Nachteilen konnte das Beschwerdegericht nach den getroffenen Feststellungen aber zu dem Ergebnis gelangen, dass dem Antragsgegner die Einleitung einer Verbraucherinsolvenz nicht oblag. Entscheidend ist dabei, dass es nur um die Bewältigung eines bis zur Veräußerung des Hauses bestehenden finanziellen Engpasses geht. Die danach verbleibenden Verbindlichkeiten dürfte der Antragsgegner angesichts seines Einkommens in angemessener Zeit zurückführen können. Bei dieser Sachlage überwiegen die Nachteile einer Verbraucherinsolvenz, nämlich die Einschränkungen der wirtschaftlichen Selbständigkeit des Antragsgegners, die hierdurch erreichbaren Vorteile. Gegen diese Würdigung des Berufungsgerichts hat auch die Rechtsbeschwerde nichts erinnert.

bb) Gleichwohl können die Hausdarlehen jedenfalls nicht in voller Höhe als abzugsfähig angesehen werden.

(1) Ob und gegebenenfalls in welcher Weise Schulden des Unterhaltspflichtigen beim Verwandtenunterhalt zu beachten sind, ist nach der allgemeinen Regel des § 1603 BGB zu entscheiden, der in Absatz 1 die Berücksichtigung der sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners vorsieht. Andererseits dürfen die anderen Verbindlichkeiten auch nicht ohne Rücksicht auf die Unterhaltsinteressen getilgt werden. Vielmehr bedarf es eines Ausgleichs der Belange von Unterhaltsgläubiger, Unterhaltsschuldner und Drittgläubiger. Insoweit sind in Fällen, in denen der Mindestbedarf Unterhaltsberechtigter beeinträchtigt würde, insbesondere der Zweck der daneben eingegangenen Verpflichtungen, der Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Dringlichkeit der beiderseitigen Bedürfnisse, die Kenntnis des Unterhaltsschuldners von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und seine Möglichkeiten bedeutsam, die Leistungsfähigkeit in zumutbarer Weise wiederherzustellen. Beim Verwandtenunterhalt der §§ 1601 ff. BGB wird allerdings der Umstand, dass Verbindlichkeiten im Einverständnis mit dem Ehegatten und im Zuge der gemeinsamen Lebensführung eingegangen worden sind, nicht in gleichem Maße Bedeutung gewinnen können wie gegenüber dem - früheren - Ehegatten.

Bei minderjährigen Kindern wird darüber hinaus zu beachten sein, dass für diese wegen ihres Alters von vornherein die Möglichkeit ausscheidet, durch eigene Anstrengungen zur Deckung ihres notwendigen Lebensbedarfs beizutragen, weswegen ihnen sowie privilegierten volljährigen Kindern gegenüber nach § 1603 Abs. 2 BGB eine gesteigerte Unterhaltspflicht besteht. Diese Gesichtspunkte mögen regelmäßig einer Unterschreitung des Mindestunterhalts wegen anderer Verbindlichkeiten entgegenstehen. Eine solche erscheint andererseits aus Rechtsgründen nicht in jedem Fall ausgeschlossen. Sie wird - ausnahmsweise - etwa dann in Betracht kommen können, wenn und soweit dem Unterhaltsschuldner wegen Grund und Höhe seiner anderweitigen Schulden die Berufung auf diese Verpflichtungen nicht nach Treu und Glauben versagt ist und ihm deshalb billigerweise nicht abverlangt werden kann, ohne Bedienung der anderen Schulden weiterhin Unterhalt in Höhe des vollen Bedarfs der Kinder zu leisten (Senatsurteile vom 30. Januar 2013 - XII ZR 158/10 - FamRZ 2013, 616 Rn. 20; vom 21. September 1994 - XII ZR 161/93 - NJW-RR 1995, 129 und vom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 80/84 - FamRZ 1986, 254, 256 f.).

(2) Bei der hiernach gebotenen Abwägung fällt zunächst ins Gewicht, dass der Antragsgegner den Mindestunterhalt seiner Kinder nicht gewährleisten kann, wenn die Darlehensraten in voller Höhe von seinem Einkommen abgezogen werden. Andererseits handelt es sich um Verbindlichkeiten, die der Antragsgegner im Interesse seiner Familie eingegangen ist, um ihr ein Eigenheim zu bieten. Jedenfalls ein Anwachsen der Verschuldung durch Zinsen, das Folge des Nichtbedienens der Darlehen wäre, braucht der Antragsgegner deshalb grundsätzlich nicht hinzunehmen. Im vorliegenden Fall besteht indessen die Besonderheit, dass das Haus verkauft werden sollte. Im Hinblick darauf hat der Antragsteller geltend gemacht, Kreditinstitute stellten in Fällen bestehender Veräußerungsabsicht Kredite tilgungsfrei. Wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, hat der für seine Leistungsfähigkeit darlegungs- und beweispflichtige Antragsgegner (vgl. Senatsurteil vom 27. November 2002 - XII ZR 295/00 - FamRZ 2003, 444, 445) zu konkreten Bemühungen um eine Minderung der aktuellen Belastung im Wege der Stundung oder Streckung der Raten bzw. Aussetzung der Tilgung nichts vorgetragen. Auf welcher tatsächlichen Grundlage das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, die Kreditinstitute hätten eine Tilgungsstreckung oder -aussetzung abgelehnt, ist der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen. Solange hierzu indessen keine konkreten Feststellungen getroffen sind, ist die Annahme, auf die Kredite müssten zwingend die vereinbarten Raten gezahlt werden, nicht gerechtfertigt.

(3) Hinsichtlich des Darlehens, das die Eheleute dem Vorbringen des Antragsgegners zufolge bei dessen Mutter zum Ausgleich eines überzogenen Girokontos aufgenommen haben, macht die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend, dass der Antragsteller die Aufnahme dieses Darlehens bestritten habe, da weder ein Darlehensvertrag noch die Notwendigkeit der Darlehensaufnahme und die regelmäßige Zahlung der Raten nachgewiesen worden seien. Nachdem das Familiengericht diese Position bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt habe, habe sich der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren auf die Erklärung beschränkt, seine Mutter sei zu einer Streckung des Kredits nicht bereit. Die vom Antragsteller als fehlend gerügten Nachweise seien dagegen nicht beigebracht worden. Feststellungen zu diesem Darlehen enthält der angefochtene Beschluss nicht. Angesichts dessen kommt eine Berücksichtigung nicht in Betracht.

(4) Was die Kreditrate für den Kauf eines Pkw anbelangt, hat das Beschwerdegericht, wie die Rechtsbeschwerde ebenfalls zu Recht beanstandet, nicht die erforderliche umfassende Interessenabwägung vorgenommen, sondern auf seine Ausführungen zu den für die Hausfinanzierung aufgenommenen Krediten Bezug genommen. Ob der Antragsgegner, der an seinem Wohnort arbeitet, aus beruflichen Gründen einen Pkw benötigt, ist nicht festgestellt. Da es andererseits um den Mindestunterhalt der Kinder des Antragsgegners geht, kann ihm nicht zugestanden werden, Kreditverbindlichkeiten ohne Rücksicht auf die Belange der Unterhaltsberechtigten zu tilgen. Falls er auf die Nutzung eines Fahrzeugs nicht angewiesen sein sollte, obliegt es ihm, dieses zu veräußern. Andernfalls wären seine Fahrtkosten nach Maßgabe der vom Berufungsgericht herangezogenen Leitlinien in der Weise zu bemessen, dass damit auch anteilige Finanzierungskosten abgedeckt werden.

3. Danach kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben, weil die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners nicht auf zutreffender Grundlage ermittelt worden ist. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da es hierzu weiterer Feststellungen bedarf. Die Sache ist deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, das auch der Frage nachzugehen haben wird, ob das Kind Charleen mit den Kindern Michelle, Aileen und Maya noch gleichrangig unterhaltsberechtigt ist. ..."

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Die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt ist auch dann auf der Grundlage eines individuellen Familienbedarfs zu ermitteln, wenn der Unterhaltspflichtige über geringere Einkünfte als sein Ehegatte verfügt (im Anschluss an BGH, 28. Juli 2010, XII ZR 140/07, BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535). Der Wohnvorteil eines Unterhaltspflichtigen ist auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt dem Einkommen hinzuzurechnen und nicht lediglich im Rahmen der vom Selbstbehalt umfassten Wohnkosten zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 05.02.2014 - XII ZB 25/13):

„... Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.

Unstreitig hatte der Vater in dem hier im Streit stehenden Zeitraum dem Grunde nach einen Anspruch auf Elternunterhalt gegen die Antragsgegnerin. Ebenso steht außer Streit, dass der Antragsteller dem Vater in diesem Zeitraum Leistungen erbracht hat, die die in der Beschwerdeentscheidung tenorierten Beträge übersteigen. Ebenso wenig stehen die Voraussetzungen für einen Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII im Streit. Die Antragsgegnerin wendet mit ihrer Rechtsbeschwerde allein ein, nicht hinreichend leistungsfähig zu sein.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist gegen das vom Beschwerdegericht gefundene Ergebnis, wonach die Antragsgegnerin für den geltend gemachten Unterhalt gemäß § 1603 BGB hinreichend leistungsfähig ist, nichts zu erinnern. Weder das vom Oberlandesgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Berechnungsschema zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung des Einkommens ihres - besserverdienenden - Ehemanns noch die Höhe der hierin eingestellten bereinigten Einkommen der Antragsgegnerin und ihres Ehemanns sind von Rechts wegen zu beanstanden.

1. Es ist nichts dagegen zu erinnern, dass das Beschwerdegericht die Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin aufgrund der vom Senat in seinem Urteil vom 28. Juli 2010 vorgeschlagenen Berechnungsmethode (Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 41) wie folgt bemessen hat:

... (BGH, Beschluss vom 05.02.2014 - XII ZB 25/13 - Volltext mit Berechnung) ...

Die Frage, ob die Leistungsfähigkeit auch in Fällen, in denen das unterhaltspflichtige Kind geringere Einkünfte erzielt als sein Ehegatte, auf diese Weise bemessen werden kann, ist allerdings umstritten.

a) Der Senat hat bereits entschieden, wie die Leistungsfähigkeit eines verheirateten Unterhaltspflichtigen bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt zu bemessen ist, wenn er entweder anders als sein Ehegatte über kein Einkommen oder über ein höheres Einkommen als sein Ehegatte verfügt.

aa) Wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte über kein eigenes Einkommen verfügt, hat er nach der Rechtsprechung des Senats sein Taschengeld für den Elternunterhalt einzusetzen, wobei ihm allerdings ein Betrag in Höhe von 5 bis 7 % des Familienselbstbehalts (vgl. Dose FamRZ 2013, 993, 1000 [Fn. 57]) sowie in Höhe der Hälfte des darüber hinausgehenden Taschengeldes verbleiben muss (Senatsurteil BGHZ 196, 21 = FamRZ 2013, 363).

bb) Verfügt der Unterhaltspflichtige über höhere Einkünfte als sein Ehegatte, ist die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt nach dem Senatsurteil vom 28. Juli 2010 (BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535) in der Regel wie folgt zu ermitteln: Von dem Familieneinkommen wird der Familienselbstbehalt in Abzug gebracht. Das verbleibende Einkommen wird um die Haushaltsersparnis vermindert. Die Hälfte des sich ergebenden Betrages kommt zuzüglich des Familienselbstbehalts dem Familienunterhalt zugute. Zu dem so bemessenen individuellen Familienbedarf hat der Unterhaltspflichtige entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten beizutragen. Für den Elternunterhalt kann der Unterhaltspflichtige die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinem Anteil am individuellen Familienbedarf einsetzen. Durch die Ermittlung der Haushaltsersparnis bezogen auf das den Familienselbstbehalt übersteigende Einkommen der Ehegatten ist gewährleistet, dass auch insoweit der Vorteil des Zusammenlebens der Ehegatten erfasst wird, während diesem Gesichtspunkt in Höhe des Teilbetrages des Familieneinkommens, der dem Familienselbstbehalt entspricht, bereits durch die Bemessung des Familienselbstbehalts (zzt.: 1.600 € x 2 - 10 %) Rechnung getragen ist (Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 43).

b) Die Frage, ob die vom Senat für die Fälle, in denen der Unterhaltspflichtige über ein höheres Einkommen als sein Ehegatte verfügt, entwickelte Berechnungsweise auch auf Fälle der vorliegenden Art übertragen werden kann, brauchte der Senat bisher nicht zu beantworten (vgl. Senatsurteil BGHZ 196, 21 = FamRZ 2013, 363 Rn. 21). Sie ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

aa) Nach der überwiegend vertretenen Auffassung kann das Berechnungsschema auch auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art übertragen werden (OLG Koblenz Beschluss vom 21. März 2012 - 13 UF 990/11 - juris Rn. 30; Gutdeutsch FamRZ 2011, 77, 80; Wendl/Wönne Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 2 Rn. 965 aE; Koch/Wellenhofer Handbuch des Unterhaltsrechts 12. Aufl. Rn. 5047; Caspary/Hauß in Anwaltshandbuch Familienrecht 2. Aufl. Rn. 1578; Schulz/Hauß/Pauling Familienrecht 2. Aufl. § 1603 Rn. 60; Lindemann-Hinz Elternunterhalt 2. Aufl. S. 39 f.; differenzierend: Hauß FamRB 2010, 315, 317; ders. FamRZ 2010, 1541, 1542 und FA-FamR/Gerhardt 9. Aufl. 6. Kap. Rn. 379, die sich für eine Obergrenze hinsichtlich des Familieneinkommens bzw. der Haushaltsersparnis aussprechen, bei deren Überschreitung das Berechnungsmodell modifiziert werden müsse).

bb) Eine weitere Auffassung wendet den vorgenannten Rechenweg an, will dem Unterhaltspflichtigen aber von dem ihm - nach Abzug seines anteiligen individuellen Familienbedarfs - verbleibenden Einkommen einen Betrag in Höhe von 5 bis 7 % des Familienselbstbehalts zur persönlichen Verwendung belassen bzw. von dem darüber hinausgehenden verbleibenden Einkommen nur die Hälfte für den Elternunterhalt verwenden (OLG München Beschluss vom 20. August 2013 - 30 UF 504/13 - S. 8 und 11, nicht veröffentlicht).

cc) Demgegenüber wird die Anwendung des Berechnungsmodells von Teilen im Schrifttum insgesamt abgelehnt (Wohlgemuth FamRZ 2011, 341, 344; Günther FamFR 2010, 433, 435; s. auch Hilbig-Lugani in Eschenbruch/Schürmann/Menne Der Unterhaltsprozess 6. Aufl. Kap. 2 Rn. 1367 ff.).

c) Der Senat hält die Anwendung des von ihm im Jahr 2010 entwickelten Berechnungsmodells auch in Fällen der vorliegenden Art für in der Regel sachgerecht, in denen das unterhaltspflichtige Kind über ein geringeres Einkommen als sein Ehegatte verfügt.

Die Ermittlung des individuellen Familienbedarfs stellt sicher, dass der Elternunterhalt nur aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen gespeist wird. Eine verdeckte Haftung des besserverdienenden Schwiegerkindes ist damit - entgegen insoweit geäußerter Kritik - ausgeschlossen. Dem unterhaltspflichtigen Kind verbleibt der Anteil, den es zum Familienbedarf beizutragen hat; nur sein darüber hinausgehendes Einkommen ist für den Elternunterhalt einzusetzen. Damit ist auch gewährleistet, dass sein Ehegatte bei Inanspruchnahme auf Elternunterhalt keine weiteren Leistungen erbringen muss, um den Lebensstandard der Familie aufrechtzuerhalten. Mit dieser Berechnungsweise wird zudem der Haushaltsersparnis, die erfahrungsgemäß mit zunehmendem Einkommen steigt, hinreichend Rechnung getragen (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 43). Zwar kann der dem unterhaltspflichtigen Kind zu belassende anteilige individuelle Familienbedarf (hier 1.203,24 € bzw. 1.181,50 €) - wie auch der vorliegende Fall zeigt - durch dessen proportionale Anbindung an das Einkommen geringer sein als der Betrag, der einem alleinstehenden unterhaltspflichtigen Kind verbleiben müsste. Bei gleich hohem Einkommen hat ein alleinstehender Unterhaltspflichtiger - auch bei einem fiktiven Abzug von 10 % seines Selbstbehalts wegen Haushaltsersparnis - weniger für den Elternunterhalt aufzubringen als ein verheiratetes Kind, worauf auch die Rechtsbeschwerde zutreffend hingewiesen hat. Dieses Ergebnis findet seine Rechtfertigung indes in der zusätzlichen Absicherung des unterhaltspflichtigen Kindes durch den Familienunterhalt.

Die Anwendung des vom Senat im Jahr 2010 entwickelten Berechnungsmodells auch auf die vorliegende Fallgestaltung trägt schließlich auch einem berechtigten Anliegen der Praxis Rechnung. Denn durch die einheitliche Anwendung dieses Modells wird die Unterhaltspflicht vergleichbar und berechenbar.

Verbleibt dem unterhaltspflichtigen Kind von seinem Einkommen ein entsprechender Anteil des individuellen Familienbedarfs, bedarf es einer weiteren Absicherung in Höhe von 5 bis 7 % des Familienselbstbehalts nicht mehr. Denn damit sind auch die persönlichen Bedürfnisse abgedeckt. Nur bei einem unterhalb von 5 bis 7 % des Familieneinkommens liegenden Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist auch das Taschengeld einzusetzen und demgemäß der insoweit bestehende Selbstbehalt zu beachten (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 196, 21 = FamRZ 2013, 363; so auch Dose FamRZ 2013, 993,1000).

Der von Wohlgemuth (FamRZ 2011, 341) gewählte Ansatz, den individuellen Familienbedarf unberücksichtigt zu lassen und demgegenüber dem besserverdienenden Ehegatten des unterhaltspflichtigen Kindes 90 % seines Einkommens zu belassen, vermag die Vorzüge der vorstehenden Berechnungsmethode nicht in Frage zu stellen. Ihr Berechnungsweg lässt die gegenseitige Verpflichtung der Ehegatten, zum Familienunterhalt beizutragen, außer Acht.

2. Die Ermittlung des bereinigten Einkommens der Antragsgegnerin sowie ihres Ehemanns ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

a) Das gilt auf Seiten der Antragsgegnerin namentlich sowohl für die von der Rechtsbeschwerde angegriffene Hinzurechnung des anteiligen Wohnwerts als auch hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der Darlehensraten für die Anschaffung eines Pkw und der Unterhaltungskosten für ein Pferd.

aa) Zu Recht hat das Beschwerdegericht den Wohnwert anteilig dem Einkommen der Antragsgegnerin hinzugerechnet und diesen nicht (lediglich) im Rahmen des Selbstbehalts berücksichtigt.

(1) Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen wird nicht nur durch seine Erwerbseinkünfte, sondern in gleicher Weise durch Vermögenserträge und sonstige wirtschaftliche Nutzungen bestimmt, die er aus seinem Vermögen zieht. Dazu können auch die Gebrauchsvorteile eines Eigenheims zählen, denn durch das Bewohnen eines eigenen Hauses oder einer Eigentumswohnung entfällt die Notwendigkeit der Mietzahlung, die in der Regel einen Teil des allgemeinen Lebensbedarfs ausmacht. Soweit bei einer Gegenüberstellung der ersparten Wohnkosten und der zu berücksichtigenden Belastungen der Nutzungswert eines Eigenheims den Aufwand übersteigt, ist die Differenz zwischen den beiden Beträgen dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen hinzuzurechnen (Senatsbeschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 269/12 - FamRZ 2013, 1554 Rn. 19 mwN). Dabei ist der Wohnwert bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt nicht mit der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete, sondern auf der Grundlage der unter den gegebenen Verhältnissen ersparten Miete zu bemessen (Senatsbeschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 269/12 - FamRZ 2013, 1554 Rn. 20).

Bei der Ermittlung der ersparten Miete bleiben alle Kosten, die (auch) ein Mieter neben der Grundmiete gesondert zu tragen hat, außer Betracht. Vom Wohnwert abzuziehen sind lediglich die nicht umlagefähigen Wohnnebenkosten, die allein vom Eigentümer getragen werden. Ob die Kosten auf einen Mieter umgelegt werden können, kann im Regelfall nach §§ 1, 2 BetrKV beurteilt werden. Nicht umlagefähig sind danach etwa Kosten der Verwaltung und Instandhaltungskosten (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 30, 33 ff.).

(2) Dass der Tatrichter vorliegend den Wohnwert der rund 80 qm großen Wohnung nebst zwei Pkw-Stellplätzen in der Tiefgarage und weiterer Nutzfläche mit monatlich 518,76 € bemessen hat, wird von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen und ist auch sonst nicht zu beanstanden.

Allerdings rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass das Beschwerdegericht die im Hausgeld enthaltenen monatlichen Kosten für Instandhaltung und entsprechende Rücklagen nicht vom Wohnwert in Abzug gebracht hat. Der insoweit von der Rechtsbeschwerde als unberücksichtigt geblieben gerügte Betrag von 99,10 € monatlich stellt allerdings die Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin für den hier geltend gemachten Unterhalt (von monatlich höchstens 418 €) nicht in Frage. Auch bei einer Berücksichtigung dieser Instandhaltungskosten und damit einem Wohnvorteil für die Ehegatten von jeweils noch 209,83 € verbleibt ein Einkommen, von dem der verlangte Unterhalt bestritten werden kann.

Soweit die Rechtsbeschwerde meint, hinsichtlich des festgestellten Wohnvorteils und der Wohnnebenkosten wäre der im Selbstbehalt für Wohnkosten vorgesehene Betrag von 800 € überschritten, kann ihr unbeschadet der Frage, ob eine solche Kontrollrechnung überhaupt erforderlich ist, nicht gefolgt werden. Nach den vom Beschwerdegericht rechtsbedenkenfrei herangezogenen Leitlinien (Stand: 1. Januar 2011) sind im Familienselbstbehalt von 2.700 € (1.500 € x 2 - 10 %) Kosten für Unterkunft (einschl. umlagefähiger Nebenkosten, siehe Ziff. 21.3.3) und Heizung in Höhe von insgesamt 800 € enthalten (Ziff. 22.3). Die Rechtsbeschwerde, die von diesem Betrag das monatlich zu zahlende Hausgeld abziehen will, verkennt, dass dieses nicht nur die umlagefähigen, sondern auch solche Kostenpositionen enthält, die nach §§ 1, 2 BetrKV nicht umlagefähig sind und demgemäß nicht von den im Selbstbehalt ausgewiesenen Nebenkosten umfasst werden.

Dass die umlagefähigen Nebenkosten so hoch sind, dass sie zusammengerechnet mit dem - der Kaltmiete entsprechenden - Wohnvorteil von 518,76 € den Wohnkostenanteil im Selbstbehalt von 800 € überschreiten, ist von der Rechtsbeschwerde weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Schließlich kann der Auffassung der Rechtsbeschwerde, wonach der Wohnvorteil des Unterhaltspflichtigen beim Elternunterhalt grundsätzlich nicht dem Einkommen hinzugerechnet werden dürfe, sondern ausschließlich im Rahmen des Selbstbehalts zu berücksichtigen sei, nicht gefolgt werden. Es besteht kein Grund dafür, den Wohnvorteil im Rahmen der verschiedenen Unterhaltsansprüche - beim Ehegatten- und Kindesunterhalt einerseits und beim Elternunterhalt andererseits - dem Grunde nach in unterschiedlicher Weise zu berücksichtigen. Denn der Wohnvorteil ist beim Ehegattenunterhalt ebenfalls mit dem Wert der Nutzungen im Rahmen der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Für eine abweichende Berücksichtigung des Wohnvorteils im Elternunterhalt besteht kein Bedürfnis. Dem Schutz des Pflichtigen ist dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass die mit dem Wohnvorteil einhergehenden finanziellen Verpflichtungen, die im Falle der Vermietung nicht auf den Mieter umgelegt werden können, bereits bei der Bemessung des Wohnvorteils zu berücksichtigen sind. Sollte der danach verbleibende Wohnvorteil zusammen mit den umlagefähigen Wohnnebenkosten den in den Leitlinien bestimmten Wohnkostenanteil des Selbstbehalts übersteigen, ist eine entsprechende Erhöhung des Selbstbehalts im Einzelfall nicht ausgeschlossen. Entsprechendes gilt, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, wenn dem Wohnvorteil keine adäquaten finanziellen Mittel gegenüber stünden, mit denen der Unterhaltspflichtige den Elternunterhalt begleichen könnte.

bb) Dass das Beschwerdegericht die monatliche Kreditrate für die Anschaffung des neuen Pkw der Antragsgegnerin nicht berücksichtigt hat, ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde von Rechts wegen ebenfalls nicht zu beanstanden.

(1) Zwar kommt Ansprüchen Unterhaltsberechtigter kein genereller Vorrang vor anderen Verbindlichkeiten des Unterhaltspflichtigen zu (vgl. auch Senatsurteil BGHZ 175, 67 = FamRZ 2008, 497 Rn. 10 ff.). Andererseits dürfen diese Verbindlichkeiten auch nicht ohne Rücksicht auf die Interessen der Unterhaltsberechtigten getilgt werden. Vielmehr bedarf es eines Ausgleichs der Belange von Unterhaltsgläubiger, Unterhaltsschuldner und Drittschuldner. Ob eine Verbindlichkeit im Einzelfall zu berücksichtigen ist, kann danach nur im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung nach billigem Ermessen entschieden werden. Insoweit sind insbesondere der Zweck der Verbindlichkeiten, der Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Dringlichkeit der beiderseitigen Bedürfnisse, die Kenntnis des Unterhaltsschuldners von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und seine Möglichkeiten von Bedeutung, die Leistungsfähigkeit ganz oder teilweise wiederherzustellen (Senatsurteil BGHZ 154, 247 = FamRZ 2003, 1179, 1181).

(2) Gemessen hieran ist es von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht den Kredit für den neu angeschafften Pkw nicht berücksichtigt hat.

Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts war die Antragsgegnerin im Zeitpunkt des Kaufs und der Kreditaufnahme im April 2011 bereits auf Elternunterhalt in Anspruch genommen. Deshalb hätte sie sich auf ihre Unterhaltsverpflichtung bereits eingerichtet haben müssen, als sie das Fahrzeug gekauft hat. Da sie nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts auch nicht dargetan hat, dass es einen konkreten Anlass für die Neuanschaffung des Pkw gab, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sie auf ein Neufahrzeug angewiesen war. Hinzu kommt, dass das Beschwerdegericht der Antragsgegnerin für ihre Fahrten zur Arbeitsstelle sowie für die Besuchsfahrten zu ihrem Vater nach seinen Leitlinien 0,30 € je Kilometer bewilligt hat (vgl. zur Abziehbarkeit der Fahrtkosten für Besuche Senatsurteil vom 17. Oktober 2012 - XII ZR 17/11 - FamRZ 2013, 868 Rn. 29 ff.). Wie sich der Ziff. 10.2.2 der Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm (Stand 1. Januar 2011) entnehmen lässt, umfasst diese Pauschale grundsätzlich auch Kredit- und Reparaturkosten.

cc) Ebenso wenig ist es von Rechts wegen zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die monatlichen Aufwendungen für das Reitpferd der Antragsgegnerin in Höhe von rund 400 € im Hinblick auf den ihr zu belassenden Selbstbehalt unberücksichtigt gelassen hat.

(1) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der angemessene Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen aufgrund der konkreten Umstände und unter Berücksichtigung der besonderen Lebensverhältnisse, die bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt als einem rechtlich vergleichsweise schwach ausgestalteten Anspruch vorliegen, zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Unterhaltspflichtige grundsätzlich keine spürbare und dauerhafte Senkung seines Lebensstandards hinzunehmen braucht. Deshalb steht dem Unterhaltspflichtigen im Verhältnis zu seinen Eltern zum einen ein - gegenüber den üblichen Sätzen - höherer Selbstbehalt zu. Zum anderen hat es der Senat gebilligt, wenn bei der Ermittlung des für den Elternunterhalt einzusetzenden bereinigten Einkommens allein auf einen - etwa hälftigen - Anteil des Betrages abgestellt wird, der den an sich vorgesehenen Mindestselbstbehalt übersteigt. Dadurch kann im Einzelfall ein angemessener Ausgleich zwischen dem Unterhaltsinteresse der Eltern einerseits und dem Interesse des Unterhaltspflichtigen an der Wahrung seines angemessenen Selbstbehalts andererseits bewirkt werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 23 mwN).

(2) Gemessen hieran ist es nicht zu beanstanden, wenn das Oberlandesgericht darauf verweist, dass die Zuordnung der Tierhaltungskosten zu den mit dem Selbstbehalt zu deckenden Aufwendungen des täglichen Lebens nicht unbillig erscheint, weil beim Elternunterhalt der Selbstbehalt proportional mit dem Einkommen des Unterhaltsschuldners steigt. Sollte man entgegen der - von Rechts wegen nicht zu beanstandenden - Auffassung des Beschwerdegerichts meinen, dass die monatlich anfallenden Kosten für das Reitpferd von 400 € nicht mehr durch den - dem Einkommen entsprechend - erhöhten Selbstbehalt gedeckt sind, wäre im Übrigen zu fragen, ob diese bezogen auf den - wenn auch gehobenen - Lebensstandard der Ehegatten Luxusaufwendungen darstellten, die der Unterhaltspflichtige gegenüber seinem unterhaltsberechtigten Elternteil ohnehin nicht einwenden kann (vgl. BGHZ 169, 59 = FamRZ 2006, 1511, 1512).

b) Die für die Bildung des individuellen Familienbedarfs erforderlichen Feststellungen zum Einkommen des Ehemannes sind weder von der Rechtsbeschwerde - mit Ausnahme des Wohnvorteils - angegriffen noch sonst von Rechts wegen zu beanstanden. ..."

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Für die Feststellung, dass für einen Unterhaltsschuldner keine reale Beschäftigungschance bestehe, sind - insbesondere im Bereich der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB - strenge Maßstäbe anzulegen. Dass der Unterhaltspflichtige aus dem Ausland stammt und über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, rechtfertigt allein noch nicht die Schlussfolgerung, dass für ihn keine reale Beschäftigungschance im Hinblick auf eine sozialversicherungspflichtige Vollzeitstelle bestehe. Durch die sozialrechtliche Berücksichtigung titulierter Unterhaltspflichten bei einem Antrag des Unterhaltspflichtigen auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhöht sich dessen unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 19. Juni 2013, XII ZB 39/11, FamRZ 2013, 1378; BGH, Beschluss vom 22.01.2014 - XII ZB 185/12):

„... a) Nach § 1603 Abs. 1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht). Darin liegt eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Unterhaltsrecht. Aus diesen Vorschriften und aus Art. 6 Abs. 2 GG folgt auch die Verpflichtung der Eltern zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte, können deswegen nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte, in die auch mögliche Nebenverdienste einzubeziehen sind, setzt neben den nicht ausreichenden Erwerbsbemühungen eine reale Beschäftigungschance des Unterhaltspflichtigen voraus (Senatsurteile BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 Rn. 29 ff. und vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 - FamRZ 2009, 314 Rn. 20, 28; Senatsbeschluss vom 19. Juni 2013 - XII ZB 39/11 - FamRZ 2013, 1378 Rn. 17 f. mwN). Schließlich darf dem Unterhaltspflichtigen auch bei einem Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit nur ein Einkommen zugerechnet werden, welches von ihm realistischerweise zu erzielen ist (BVerfG FamRZ 2010, 793, 794).

b) Die angefochtene Entscheidung genügt diesen Maßstäben nicht. Die von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rügen greifen in einem entscheidenden Punkt durch.

aa) Das Oberlandesgericht ist noch zutreffend davon ausgegangen, dass die Darlegungs- und Beweislast für seine mangelnde Leistungsfähigkeit beim Unterhaltspflichtigen liegt, was auch für das Fehlen einer realen Beschäftigungschance gilt (vgl. Senatsurteile vom 18. Januar 2012 - XII ZR 178/09 - FamRZ 2012, 517 Rn. 30; vom 15. November 1995 - XII ZR 231/94 - FamRZ 1996, 346 und vom 30. Juli 2008 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2008, 2104 Rn. 24; BVerfG FamRZ 2008, 1145, 1146, jeweils betreffend den Ehegattenunterhalt). Zwar ist in der Begründung der angefochtenen Entscheidung einleitend ausgeführt, die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners könne nicht festgestellt werden. Das Oberlandesgericht hat indessen darüber hinausgehend positiv festgestellt, dass für den Antragsgegner derzeit keine reale Beschäftigungschance bestehe, die ihm die Erzielung eines den sogenannten notwendigen Selbstbehalt übersteigenden Einkommens ermöglicht.

bb) Soweit das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen ist, dass der Antragsgegner gegenwärtig jedenfalls keine Ganztagsstelle mit einem Stundenlohn von über 7,30 € erlangen könne und es ihm somit an einer realen Beschäftigungschance für eine entsprechende Vollzeittätigkeit mangele, entbehren die getroffenen Feststellungen indessen der Grundlage und erweisen sich damit als verfahrensfehlerhaft.

Für die Feststellung, dass für einen Unterhaltsschuldner keine reale Beschäftigungschance bestehe, sind - insbesondere im Bereich der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB - strenge Maßstäbe anzulegen. Für gesunde Arbeitnehmer im mittleren Erwerbsalter wird auch in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit regelmäßig kein Erfahrungssatz dahin gebildet werden können, dass sie nicht in eine vollschichtige Tätigkeit zu vermitteln seien (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 784; Botur in Büte/Poppen/Menne Unterhaltsrecht 2. Aufl. § 1603 BGB Rn. 12 mwN). Dies gilt auch für ungelernte Kräfte oder für Ausländer mit eingeschränkten deutschen Sprachkenntnissen (OLG Hamm FamRZ 2002, 1427, 1428 mwN; Botur in Büte/Poppen/Menne Unterhaltsrecht 2. Aufl. § 1603 BGB Rn. 12). Auch die bisherige Tätigkeit des Unterhaltsschuldners etwa im Rahmen von Zeitarbeitsverhältnissen ist noch kein hinreichendes Indiz dafür, dass es ihm nicht gelingen kann, eine besser bezahlte Stelle zu finden. Das gilt auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige überwiegend im Rahmen von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB IV gearbeitet hat. Zu den insbesondere im Rahmen von § 1603 Abs. 2 BGB zu stellenden Anforderungen gehört es schließlich auch, dass der Unterhaltspflichtige sich um eine Verbesserung seiner deutschen Sprachkenntnisse bemüht (Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 784 mwN).

Dem genügen die vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen nicht. Für seine Annahme, dass es an einer Erwerbsmöglichkeit des Antragsgegners fehle, die ihm die Zahlung des Mindestunterhalts auch nur teilweise erlaube, hat das Oberlandesgericht nur auf seine ‚bisherige Erwerbsvita' und darauf abgestellt, dass er über keine Berufsausbildung verfüge. Damit hat das Oberlandesgericht noch keine Umstände festgestellt, die seine Schlussfolgerung auf eine fehlende Erwerbsmöglichkeit rechtfertigen könnten. Mangels eines entsprechenden Erfahrungssatzes erscheint es vielmehr nicht ausgeschlossen, dass der Antragsgegner eine Vollzeitstelle erlangen kann. Auch die bisherige Tätigkeit in geringfügiger Beschäftigung steht dem nicht entgegen. Etwa unzureichende Sprachkenntnisse können den Antragsgegner nicht mehr ohne weiteres entlasten, nachdem seine Unterhaltspflicht mit der Geburt des Antragstellers bereits 2004 einsetzte. Dass der Antragsgegner, wie es in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt ist, bemüht ist, sich fortzubilden und eine Ausbildung zu absolvieren, um seinem Kind in der Zukunft einmal Unterhalt zahlen zu können, genügt schließlich nicht.

3. Der angefochtene Beschluss ist demnach aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil es insbesondere zur Frage hinreichender Erwerbsbemühungen des Antragsgegners, die das Oberlandesgericht bislang offengelassen hat, weiterer tatrichterlicher Feststellungen bedarf. Die Sache ist daher an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

4. Für das weitere Verfahren vor dem Oberlandesgericht weist der Senat auf Folgendes hin:

a) Der Beweis, dass für den Antragsgegner keine reale Erwerbsmöglichkeit für eine Vollzeittätigkeit bestehe, wird unter den Umständen des vorliegenden Falls - mangels gegenteiliger Erfahrungssätze - nur durch den Nachweis zu führen sein, dass der Antragsgegner sich hinreichend um eine Erwerbstätigkeit bemüht hat. Hierzu reicht es nicht aus, dass der Antragsgegner sich auf die ihm vom zuständigen Jobcenter unterbreiteten Stellenangebote beworben hat (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 782 mwN). Dass der Antragsgegner ein höheres Einkommen als das vom Oberlandesgericht angenommene (7,30 € pro Stunde) erzielen kann, ergibt sich schon aus seiner Beschwerdebegründung, nach welcher er bereits 2010/2011 in einem - befristeten - Vollzeitarbeitsverhältnis bei einem Zeitarbeitsunternehmen stand, aus dem er einen Stundenlohn von 7,60 € erzielte.

Sollte dem Antragsgegner der entsprechende Nachweis nicht gelingen, so wird bei einem für den Mindestunterhalt (auch im Hinblick auf das 2008 geborene weitere Kind des Antragsgegners) weiterhin unzureichenden Einkommen zu prüfen sein, ob und inwiefern dem Antragsgegner eine zusätzliche Nebentätigkeit zumutbar ist (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 2 Rn. 370 mwN). Auch wenn der Unterhalt aufgrund eines - wegen Verletzung der Erwerbsobliegenheit - lediglich fiktiven Einkommens festzusetzen ist, trifft den Antragsgegner eine Obliegenheit zur Ausübung einer Nebentätigkeit im selben Umfang wie einen seine Erwerbsobliegenheit erfüllenden Unterhaltsschuldner.

Dass die vom Antragsgegner für die Zeit ab April 2011 angestrebte Umschulung eine Erstausbildung darstellt, die ihn für die Dauer der Ausbildung von der Unterhaltszahlung entbinden könnte (vgl. Senatsurteil BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041), ist schließlich nicht ersichtlich.

b) Sollte dem Antragsgegner im Hinblick auf das für ihn erzielbare Erwerbseinkommen der Nachweis unzureichender Leistungsfähigkeit gelingen, so trifft allerdings die Auffassung des Oberlandesgerichts zu, dass die Zurechnung eines (fiktiven) Einkommens, das dem Antragsgegner neben dem - unterstellten - Leistungsbezug gemäß dem Sozialgesetzbuch II anrechnungsfrei zu belassen wäre, seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht erhöhen kann.

aa) Der Senat hat in der Zwischenzeit entschieden, dass der Bezug eines (Erwerbs-)Einkommens neben einer bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistung für sich genommen zwar noch nicht ausschließt, dass das (Erwerbs-)Einkommen für den Unterhalt zur Verfügung stehen kann. Vielmehr kann der Unterhaltspflichtige unter Umständen auch dann unterhaltsrechtlich leistungsfähig sein, wenn er seinen unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt aus Sozialleistungen bestreiten und ein den Selbstbehalt übersteigendes Nebeneinkommen für den Unterhalt einsetzen kann (Senatsbeschluss vom 19. Juni 2013 - XII ZB 39/11 - FamRZ 2013, 1378 Rn. 22; vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 111 ff. mwN).

Davon kann im vorliegenden Fall aber nicht ausgegangen werden. Die Rechtsbeschwerde hat insoweit nicht aufgezeigt, dass dem Antragsgegner bei Zurechnung eines (fiktiven) Einkommens mehr als der notwendige Selbstbehalt nach der Düsseldorfer Tabelle und den Leitlinien der Oberlandesgerichte(in diesem Fall Zwischenbetrag zwischen Erwerbstätigen- und Nichterwerbstätigenselbstbehalt) zur Verfügung stünde, so dass er für den Unterhalt teilweise leistungsfähig sein könnte (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juni 2013 - XII ZB 39/11 - FamRZ 2013, 1378 Rn. 23).

bb) Zutreffend hat das Oberlandesgericht die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners auch nicht aus einer möglichen Titulierung des Kindesunterhalts hergeleitet. Die angefochtene Entscheidung entspricht der zwischenzeitlich ergangenen Senatsrechtsprechung.

Danach erhöht sich durch die sozialrechtliche Berücksichtigung titulierter Unterhaltspflichten bei einem Antrag des Unterhaltspflichtigen auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dessen unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht (Senatsbeschluss vom 19. Juni 2013 - XII ZB 39/11 - FamRZ 2013, 1378 Rn. 27). Dies gilt nicht nur für erstmalig zu titulierende Unterhaltsansprüche, sondern auch für bereits bestehende Unterhaltstitel, die im Abänderungsverfahren an veränderte Verhältnisse anzupassen sind (Senatsbeschluss vom 19. Juni 2013 - XII ZB 39/11 - FamRZ 2013, 1378 Rn. 31). ..."

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Der Wert einer selbstgenutzten Immobilie bleibt bei der Bemessung des Altersvorsorgevermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt. Sonstiges Vermögen in einer Höhe, wie sich aus der Anlage von 5 % des Jahresbruttoeinkommens ergibt, braucht vor dem Bezug der Altersversorgung regelmäßig nicht zur Zahlung von Elternunterhalt eingesetzt zu werden. Zum so genannten Notgroschen, der einem Unterhaltspflichtigen gegenüber der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt zusätzlich zusteht (BGH, Beschluss vom 07.08.2013 - XII ZB 269/12):

„... 1. Zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass die Mutter des Antragsgegners grundsätzlich unterhaltsberechtigt ist. Die Unterhaltspflicht des Antragsgegners für sie steht zwischen den Beteiligten dem Grunde nach auch nicht im Streit. Die Mutter hat zwar vier Kinder, die an sich anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen für ihren Unterhalt haften (§ 1606 Abs. 3 BGB). Die in Deutschland lebende Tochter ist jedoch unstreitig nicht leistungsfähig. Die beiden anderen Töchter leben in Italien. Ihnen gegenüber ist die Rechtsverfolgung in Deutschland ausgeschlossen, so dass insoweit die Ersatzhaftung des Antragsgegners nach § 1607 Abs. 2 BGB eintritt. Denn zur Rechtsverfolgung gehört nicht nur die Geltendmachung des Anspruchs in einem gerichtlichen Verfahren, sondern auch seine Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung (Staudinger/Engler BGB [2000] § 1607 Rn. 12; Palandt/Brudermüller BGB 72. Aufl. § 1607 Rn. 12). Dass die in Italien lebenden Töchter in Deutschland über Einkommen oder Vermögen verfügen, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt. Die Rechtsbeschwerdeerwiderung rügt auch nicht, dass insoweit Sachvortrag übergangen worden wäre. Unter solchen Umständen ist das Vollstreckungsverfahren im Inland aber aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen (vgl. Staudinger/Engler aaO § 1607 Rn. 17).

2. Der Bedarf der Mutter wird durch ihre Unterbringung in einem Pflegeheim bestimmt und entspricht grundsätzlich den dort anfallenden, nicht durch eigenes Einkommen gedeckten Kosten, soweit diese notwendig sind (Senatsurteile vom 21. November 2012 - XII ZR 150/10 - FamRZ 2013, 203 Rn. 15; vom 12. Dezember 2012 - XII ZR 43/11 - FamRZ 2013, 363 Rn. 15; BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 13 f. und vom 7. Juli 2004 - XII ZR 272/02 - FamRZ 2004, 1370, 1371). Die Notwendigkeit der Kosten hat der Antragsgegner auch nicht in Abrede gestellt (zu den Anforderungen an die Darlegungslast in diesem Fall vgl. Senatsurteil vom 21. November 2012 - XII ZR 150/10 - FamRZ 2013, 203 Rn. 15).

Neben den Heimkosten umfasst die der Mutter gewährte Hilfe einen Barbetrag nach § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII. Auch insoweit ist unterhaltsrechtlich ein Bedarf anzuerkennen. Ein in einem Heim lebender Unterhaltsberechtigter ist darauf angewiesen, für seine persönlichen, von den Leistungen der Einrichtung nicht erfassten Bedürfnisse über bare Mittel verfügen zu können, weil er andernfalls nicht in der Lage wäre, diese Bedürfnisse zu finanzieren (Senatsurteile vom 12. Dezember 2012 - XII ZR 43/11 - FamRZ 2013, 363 Rn. 16 und vom 21. November 2012 - XII ZR 150/10 - FamRZ 2013, 203 Rn. 24).

3. Die Annahme des Beschwerdegerichts, der Antragsgegner sei aus seinem Einkommen zur Zahlung von Elternunterhalt auch nicht teilweise leistungsfähig gewesen, wird von den getroffenen Feststellungen allerdings nicht getragen.

a) Danach erzielte der Antragsgegner 2008 ein Jahresbruttoeinkommen von 27.497,92 €. Den Nettobetrag hat das Beschwerdegericht unter Heranziehung der seit dem 1. April 2011 geltenden Steuern und Beitragssätze ermittelt. Richtigerweise hätte das Einkommen für die Jahre 2008, 2009 und 2010 indessen unter Berücksichtigung der in den betreffenden Jahren jeweils maßgeblichen Abzüge für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge errechnet werden müssen, um die Leistungsfähigkeit in dem jeweiligen Jahr festzustellen. Die weiteren Abzüge für zusätzliche Krankenversicherungen, berufsbedingte Aufwendungen in Form von Fahrtkosten mit dem Pkw zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Beitragszahlungen auf die beiden noch aufrechterhaltenen Lebensversicherungen in Höhe von 54,45 € und 18,63 € begegnen dagegen keinen Bedenken. Es steht mit der Rechtsprechung des Senats in Einklang, dass die Kosten einer zusätzlichen Altersversorgung bis zu einer Höhe von 5 % des Jahresbruttoeinkommens des Unterhaltspflichtigen als abzugsfähig anerkannt werden können (Senatsurteile vom 17. Oktober 2012 - XII ZR 17/11 - FamRZ 2013, 868 Rn. 17; BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 25 ff. und BGHZ 169, 59 = FamRZ 2006, 1511, 1514).

b) Die Vorteile aus der Nutzung der im Alleineigentum des Antragsgegners stehenden Eigentumswohnung hat das Beschwerdegericht nicht in die Ermittlung der Leistungsfähigkeit aus dem Einkommen einbezogen. Diese wird jedoch nicht nur durch die Erwerbseinkünfte des Unterhaltspflichtigen, sondern in gleicher Weise durch Vermögenserträge und sonstige wirtschaftliche Nutzungen bestimmt, die er aus seinem Vermögen zieht. Dazu können auch die Gebrauchsvorteile eines Eigenheims zählen, denn durch das Bewohnen eines eigenen Hauses oder einer Eigentumswohnung entfällt die Notwendigkeit der Mietzahlung, die in der Regel einen Teil des allgemeinen Lebensbedarfs ausmacht. Soweit bei einer Gegenüberstellung der ersparten Wohnkosten und der zu berücksichtigenden Belastungen der Nutzungswert eines Eigenheims den Aufwand übersteigt, ist die Differenz zwischen den beiden Beträgen dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen zuzurechnen (Senatsurteil BGHZ 154, 247 = FamRZ 2003, 1179, 1180 mwN).

Der Wohnwert ist bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt nicht mit der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete, sondern auf der Grundlage der unter den gegebenen Verhältnissen ersparten Miete zu bemessen (vgl. hierzu Senatsurteile BGHZ 154, 247 = FamRZ 2003, 1179, 1180 ff. und vom 17. Oktober 2012 - XII ZR 17/11 - FamRZ 2013, 868 Rn. 19). Das Beschwerdegericht hat den Wohnwert der aus drei Zimmern bestehenden Eigentumswohnung in anderem Zusammenhang entsprechend dem Vortrag des Antragstellers mit 339,02 € (369 € abzüglich auf einen Mieter nicht umlegbare Kosten von 25,98 €) angesetzt. Das ist für den Antragsteller günstig und entspricht hinsichtlich des in Abzug gebrachten Aufwands auch der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 33 ff.).

c) Wenn das vom Beschwerdegericht mit 1.121 € ermittelte Nettoeinkommen des Antragsgegners trotz der Höhe nach unzutreffender Abzüge zugrunde gelegt und der Wohnvorteil hinzugerechnet wird, ergibt sich ein Einkommen von monatlich rund 1.460 €, das den für die Jahre 2008, 2009 und 2010 maßgeblichen Selbstbehalt von 1.400 € übersteigt (vgl. Anm. D 1 der Düsseldorfer Tabelle und Nr. 21.3.3 der Leitlinien der Oberlandesgerichte Stand: 1. Januar 2008, 1. Januar 2009 und 1. Januar 2010). Der vom Beschwerdegericht herangezogene Selbstbehalt von 1.500 € gilt erst ab 1. Januar 2011 (Düsseldorfer Tabelle Anm. D 1 und Nr. 21.3.3 der Leitlinien der Oberlandesgerichte Stand: 1. Januar 2011) und ist deshalb erst für Unterhaltszeiträume ab diesem Datum maßgebend.

d) Nach dem vom Beschwerdegericht in Bezug genommenen Beschluss des Amtsgerichts hat der Antragsgegner allerdings geltend gemacht, ihm entstünden Aufwendungen in Höhe von 67,20 € monatlich für Besuche seiner Mutter im Heim. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, mindern angemessene Aufwendungen, die dem Unterhaltspflichtigen für solche Besuche entstehen, grundsätzlich seine Leistungsfähigkeit, weil ihr Zweck auf einer unterhaltsrechtlich anzuerkennenden sittlichen Verpflichtung beruht (Senatsurteil vom 17. Oktober 2012 - XII ZR 17/11 - FamRZ 2013, 868 Rn. 30 f.). Feststellungen zu solchen Aufwendungen hat das Beschwerdegericht nicht getroffen.

4. Auch die Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners aus seinem Vermögen ist nicht in allen Punkten rechtsbedenkenfrei.

a) Im Ansatz zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass ein Unterhaltspflichtiger nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Bestreitung des Unterhalts einsetzen muss. Eine allgemeine Billigkeitsgrenze, wie sie § 1577 Abs. 3 BGB und § 1581 Abs. 2 BGB für den nachehelichen Ehegattenunterhalt vorsehen, enthält das Gesetz im Bereich des Verwandtenunterhalts nicht. Deshalb ist auch hinsichtlich des einsetzbaren Vermögens allein auf § 1603 Abs. 1 BGB abzustellen, wonach nicht unterhaltspflichtig ist, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Hierzu außer Stande ist jedoch nicht, wer über verwertbares Vermögen verfügt (Senatsurteile BGHZ 169, 59, 67 f. = FamRZ 2006, 1511, 1513 mwN und vom 21. November 2012 - XII ZR 150/10 - FamRZ 2013, 203 Rn. 33).

Einschränkungen der Obliegenheit zum Einsatz des Vermögensstamms ergeben sich daraus, dass nach dem Gesetz auch die sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht zu gefährden braucht. Eine Verwertung des Vermögensstamms kann deshalb nicht verlangt werden, wenn sie den Unterhaltsschuldner von fortlaufenden Einkünften abschneiden würde, die er zur Erfüllung weiterer Unterhaltsansprüche oder anderer berücksichtigungswürdiger Verbindlichkeiten oder zur Bestreitung seines eigenen Unterhalts benötigt (Senatsurteile BGHZ 169, 59, 68 = FamRZ 2006, 1511, 1513 mwN und vom 21. November 2012 - XII ZR 150/10 - FamRZ 2013, 203 Rn. 34).

b) Zu dem eigenen Unterhalt sind auch Leistungen für eine angemessene Altersversorgung zu rechnen, die neben der primären Altersversorgung auch solche für eine zusätzliche Altersversorgung umfasst (st. Rspr., vgl. Senatsurteile BGHZ 169, 59, 69 f. = FamRZ 2006, 1511, 1514; vom 21. November 2012 - XII ZR 150/10 - FamRZ 2013, 203 Rn. 38 und vom 19. März 2003 - XII ZR 123/00 - FamRZ 2003, 1179, 1182). Ist dem Schuldner des Anspruchs auf Elternunterhalt aber gestattet, die zur eigenen Alterssicherung notwendigen Beträge zusätzlich zurückzulegen, dann müssen auch die so geschaffenen Vermögenswerte als Alterssicherung dem Zugriff des Unterhaltsgläubigers entzogen bleiben, um den Zweck der Alterssicherung erreichen zu können, soweit sie hierfür tatsächlich erforderlich sind (Senatsurteil BGHZ 169, 59, 70 = FamRZ 2006, 1511, 1514).

c) Das Beschwerdegericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Senats (vgl. BGHZ 169, 59, 76 f. = FamRZ 2006, 1511, 1516) ein dem Antragsgegner zustehendes Altersvorsorgevermögen von 104.767,45 € errechnet. Dabei hat es einen monatlichen Bruttolohn von 2.284,83 € (gemäß Lohnabrechnung von Dezember 2008) bei einer jährlichen Kapitalverzinsung von 3 % sowie 40 Berufsjahre zugrunde gelegt. Das ist nicht in jeder Hinsicht rechtsbedenkenfrei.

aa) Das Beschwerdegericht hat sich bezüglich der Dauer der Leistungen für eine zusätzliche Altersvorsorge darauf gestützt, dass der 1956 geborene Antragsgegner seit 1971 erwerbstätig ist und seine Lehre als Elektriker ohne eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit in einem Abendkurs absolviert hat. Daraus ergeben sich die berücksichtigten 40 Berufsjahre allerdings erst im Jahr 2011, obwohl die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners schon ab 2008 zu beurteilen ist. Insofern hätten sich für 2008 bis 2010 geringere Beträge errechnet.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es jedoch nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht bereits auf den Beginn der Erwerbstätigkeit und nicht erst auf das Jahr 2001 abgestellt hat, in dem der Gesetzgeber sich entschlossen hat, die private Altersversorgung staatlich zu fördern. Entscheidend für die Zubilligung einer zusätzlichen Altersversorgung ist die Erkenntnis, dass die primäre Altersversorgung in Zukunft nicht mehr für eine angemessene Altersversicherung ausreichen wird, weil das Rentenniveau gesunken ist. Dies bezieht sich aber nicht nur auf die Zeit ab 2001, sondern auf die insgesamt erwirtschafteten Rentenanwartschaften. Deshalb ist einem Unterhaltsschuldner auch für die gesamte Zeit des Erwerbslebens die Möglichkeit zuzubilligen, eine zusätzliche Altersversorgung aufzubauen.

Andererseits hat das Beschwerdegericht im Hinblick auf gesunkene Renditen auf dem Kapitalmarkt mit einer jährlichen Kapitalverzinsung von 3 % (anstatt von 4 %) gerechnet. Das ist im Schrifttum zu Recht kritisiert worden (Hauß Elternunterhalt 4. Aufl. Rn. 477; Günther FF 2012, 320, 321; Engels FF 2013, 56, 60). Der Senat hat seiner Berechnung eine Rendite von 4 % zugrunde gelegt (Senatsurteil BGHZ 169, 59, 76 = FamRZ 2006, 1511, 1516). In Bezug auf eine langjährige Rendite von 4 % sind Schwankungen nur eingeschränkt zu berücksichtigen; insbesondere der Renditerückgang hat sich erst in den letzten Jahren vollzogen. In Bezug auf das gesamte, seit 1971 andauernde Berufsleben des Antragsgegners ist es dann aber nicht gerechtfertigt, von einer niedrigeren Durchschnittsverzinsung auszugehen. Bei einem höheren Zinssatz hätte sich wiederum ein höheres Altersvorsorgevermögen errechnet.

bb) Im nächsten Schritt hat das Beschwerdegericht dem Betrag von 104.767,45 € das tatsächlich vorhandene Vermögen gegenübergestellt. Dieses bestand in Form von Kapitalvermögen aus einem Sparguthaben in Höhe von 6.412,39 €, den beiden verbliebenen Lebensversicherungen in Höhe von 27.123,13 € und 5.559,03 €, insgesamt also 39.094,55 €. Die dritte Lebensversicherung, die der Antragsgegner im Jahr 2009 aufgelöst hat, hat es nicht berücksichtigt, weil damit Verbindlichkeiten für die Immobilie in Italien beglichen worden sind.

(1) Insofern wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Berücksichtigung einer Strafzahlung in Höhe von 3.581,90 €. Sie weist darauf hin, dass Strafen und Ordnungsgelder steuerlich nicht abzugsfähig seien, weil das dem Sinn der Strafe widerspreche. Diese Wertung müsse auch für das Unterhaltsrecht gelten. Damit hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg.

Die Abzugsfähigkeit von Geldstrafen und Geldbußen lässt sich nicht grundsätzlich verneinen. Vielmehr ist hierüber aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (Niepmann/Schwamb Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 12. Aufl. Rn. 1056; generell gegen die Berücksichtigung von Geldstrafen: Staudinger/Engler BGB [2000] § 1603 Rn. 122). Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um eine Kriminalstrafe, sondern um eine Geldbuße, die wegen Nichteinhaltung bauordnungsrechtlicher Bestimmungen hinsichtlich des Hauses in Italien gezahlt worden ist. Das Beschwerdegericht hat das Miteigentum an diesem Haus entsprechend dem vorprozessualen Vortrag des Antragsgegners mit 60.000 € in die Vermögensbilanz eingestellt. Deshalb begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn die mit dem Miteigentum in Zusammenhang stehende Zahlung einer Geldbuße vermögensmindernd in Abzug gebracht wird.

Auch soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Berücksichtigung von Steuern und Abgaben wendet, vermag sie damit nicht durchzudringen. Die betreffenden Aufwendungen waren nicht wegen der behördlich nicht attestierten Bewohnbarkeit des Hauses sinnlos. Da das Miteigentum an dem Haus als Vermögenswert mit 60.000 € berücksichtigt worden ist, wäre eine entsprechend niedrigere Bewertung erforderlich gewesen, wenn hierfür noch Steuern und Abgaben zu entrichten gewesen wären. Abgesehen davon nutzt der Antragsgegner das Haus tatsächlich auch für Ferienaufenthalte. Ob die Steuern und Abgaben schon vor dem hier streitgegenständlichen Zeitraum fällig waren, ist nicht entscheidend, da der Antragsgegner die Beträge in keinem Fall aus seinem laufenden Einkommen hätte aufbringen können.

(2) Unter Berücksichtigung des dem Kapitalvermögen zugeschlagenen Werts des Miteigentums an dem Haus in Italien, den das Beschwerdegericht zugunsten des Antragstellers mit 60.000 € unterstellt hat, ist es zu einem Gesamtvermögen von 99.094,55 € gelangt. Hiervon hat es 10.000 € als "allgemeinen Freibetrag" sowie Rückstellungen für weitere Verbindlichkeiten in Italien in Höhe von 5.000 € in Abzug gebracht, die der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht in Frage gestellt habe. Das begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Der Senat hat bereits entschieden, dass der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten nicht entgegensteht, wenn er (bezogen auf den Zeitraum 1996/1997) noch über ein Vermögen in Höhe von 4.500 DM verfügt, von dessen Verwertung die Gewährung von Sozialhilfe nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG (jetzt: § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) iVm § 1 Abs. 1 Nr. 1 b der hierzu ergangenen Durchführungsverordnung vom 11. Februar 1988 in der Fassung der Verordnung vom 23. Oktober 1981 nicht abhängig gemacht werden durfte. Dem Unterhaltsberechtigten sei eine gewisse Vermögensreserve als sogenannter Notgroschen für Fälle plötzlich auftretenden (Sonder-)Bedarfs zu belassen. Was die Höhe des sogenannten Notgroschens anbelangt, hat der Senat die Meinung geteilt, nach der regelmäßig zumindest der Schonbetrag nach § 88 Abs. 1 Nr. 1 BSHG in Verbindung mit der Durchführungsverordnung zu belassen ist (Senatsurteil vom 17. Dezember 2003 - XII ZR 224/00 - FamRZ 2004, 370, 371).

Für den Unterhaltspflichtigen kann im Grundsatz nichts anderes gelten. Auch bei ihm kann sich aus den Wechselfällen des Lebens ein unerwarteter Bedarf ergeben, den er aus seinem laufenden Einkommen nicht zu befriedigen vermag. Hinsichtlich der Höhe eines Notgroschens ist aufseiten des Unterhaltspflichtigen aber grundsätzlich ein großzügigerer Maßstab als beim Unterhaltsberechtigten anzulegen, der fremde Hilfe zur Deckung seines Lebensbedarfs in Anspruch nimmt. Deshalb stellt der sozialhilferechtliche Schonbetrag die untere Grenze dar. Darüber hinaus wird vertreten, für Notfälle seien jedenfalls drei Netto-Monatsgehälter zu reservieren (Hauß Elternunterhalt 4. Aufl. Rn. 514), teilweise wird weitergehend angenommen, ein Schonbetrag von 10.000 € bis 26.000 € sei unabdingbar, auch um dem durch die Pflegeversicherung nur unzulänglich abgesicherten Risiko der Folgen der Pflegebedürftigkeit oder der Gefahr einer langjährigen Erkrankung begegnen zu können (MAH Familienrecht/Günther 3. Aufl. § 11 Rn. 93: 10.000 € bis 25.000 €; Scholz/Kleffmann/Motzer/Soyka Praxishandbuch Familienrecht Stand Januar 2013 Teil J Rn. 44; Heiß/Born/Hußmann Unterhaltsrecht 13. Kap. Rn. 74: 26.000 €). Die Höhe eines Betrages für Notfälle lässt sich nach Auffassung des Senats allerdings nicht pauschal festlegen; vielmehr hängt es von den Umständen des Einzelfalls, wie den Einkommensverhältnissen und sonstigen Unterhaltsverpflichtungen, ab, in welchem Umfang hierfür Mittel zu belassen sind. Im vorliegenden Fall, in dem der alleinstehende, kinderlose Antragsgegner über ein Erwerbseinkommen unterhalb des Selbstbehalts verfügt, erscheint jedenfalls der vom Antragsteller eingeräumte Betrag von 10.000 € ausreichend.

cc) Von dem dann verbleibenden Vermögen von 84.094,55 € braucht der Antragsteller nach Auffassung des Beschwerdegerichts keinen Unterhalt zu zahlen, weil dieser Betrag unter dem ihm insofern zustehenden Betrag liege und die Eigentumswohnung für diese Beurteilung außer Betracht zu bleiben habe.

Das begegnet - ausgehend von dem zutreffend errechneten Betrag - keinen rechtlichen Bedenken. Der Senat hat bereits entschieden, dass das Miteigentum an einer kleineren Eigentumswohnung Aufwendungen für die zusätzliche Altersversorgung nicht wegen anderweit bestehender Absicherung als Maßnahme der Vermögensbildung erscheinen lässt (Senatsurteil vom 17. Oktober 2012 - XII ZR 17/11 - FamRZ 2013, 868 Rn. 17). Daraus folgt zwar nicht, dass selbstgenutztes Immobilieneigentum im Rahmen der Vermögensbewertung insgesamt unberücksichtigt zu bleiben hätte (ebenso Hauß Elternunterhalt 4. Aufl. Rn. 486; Günther FF 2012, 320, 321; Engels FF 2013, 56, 60 ff.). Insofern besteht aber jedenfalls dann keine Verwertungspflicht, wenn es sich um den jeweiligen Verhältnissen angemessenes Wohneigentum handelt (Senatsurteil BGHZ 154, 247 = FamRZ 2003, 1179, 1181). Denn der Unterhaltspflichtige braucht bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt keine spürbare und dauerhafte Senkung seines berufs- und einkommenstypischen Unterhaltsniveaus hinzunehmen. In die Beurteilung ist zwar einzubeziehen, dass der Unterhaltspflichtige im Alter keine Mietkosten zu bestreiten hat und seinen Lebensstandard dann mit geringeren Einkünften aus Einkommen und Vermögen sichern kann (Senatsurteil BGHZ 169, 59, 75 = FamRZ 2006, 1511, 1515). Soweit weiteres Vermögen der zusätzlichen Altersversorgung dienen soll, tritt der Verwendungszweck aber erst mit Beginn des Rentenbezugs ein. Das Altersvorsorgevermögen soll dann zur Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards genutzt werden. Wenn und soweit es hierfür nicht benötigt wird, steht es für Unterhaltszwecke zur Verfügung (Senatsurteil vom 21. November 2012 - XII ZR 150/10 - FamRZ 2013, 203 Rn. 38).

In welchem Umfang dies der Fall ist, lässt sich mit hinreichender Sicherheit allerdings erst beurteilen, wenn der Unterhaltspflichtige Einkünfte aus seiner Altersversorgung bezieht. Bis zu diesem Zeitpunkt sind sowohl die Entwicklung der Alterseinkünfte als auch der dem Unterhaltspflichtigen dann zuzubilligende Selbstbehalt ungewiss. Deshalb braucht er Vermögen in der Höhe, wie sie sich aus der Anlage der ihm zuzugestehenden zusätzlichen Altersversorgung ergibt, bis dahin nicht für Unterhaltszwecke einzusetzen.

Diese Ungewissheit besteht auch hier. Nach den getroffenen Feststellungen wird der Antragsgegner bei Erreichen der Regelaltersgrenze im November 2021 mit einer Rente von 1.320,90 € (ohne Rentenanpassungen) rechnen können. Dabei ist jedoch unterstellt, dass die in den letzten fünf Jahren durchschnittlich geleisteten Beiträge weiterhin entrichtet werden. Sollte diese Voraussetzung nicht eintreten, etwa weil der Antragsgegner erwerbsunfähig wird, dürfte seine Rente niedriger ausfallen. Aber selbst nach der vorgelegten Rentenauskunft wird er auf den Wohnvorteil angewiesen sein, um überhaupt den seit dem 1. Januar 2013 maßgeblichen Selbstbehalt von 1.600 € zu erreichen. Deshalb braucht der Antragsgegner ein Altersvorsorgevermögen, das der Anlage von 5 % seines Jahresbruttoeinkommens bezogen auf seine gesamte Erwerbstätigkeit bis zur Inanspruchnahme auf Elternunterhalt entspricht, nicht für Unterhaltszwecke einzusetzen. ..."

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Kosten für den längerfristigen Besuch von Förderunterricht bei einem privaten Lehrinstitut (hier: Therapie einer Lese-Rechtschreib-Schwäche) können unterhaltsrechtlichen Mehrbedarf begründen. Für berechtigten Mehrbedarf eines minderjährigen Kindes haben grundsätzlich beide Elternteile anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen und nach den Maßstäben des § 1603 Abs. 1 BGB aufzukommen, so dass vor der Gegenüberstellung der beiderseitigen unterhaltsrelevanten Einkünfte generell ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts abzuziehen ist (im Anschluss an Senatsurteil vom 26. November 2008, XII ZR 65/07, FamRZ 2009, 962; BGH, Beschluss vom 10.07.2013 - XII ZB 298/12).

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Auch der betreuende Elternteil kann ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB sein, wenn der Kindesunterhalt von ihm unter Wahrung seines angemessenen Selbstbehalts gezahlt werden kann und ohne seine Beteiligung an der Barunterhaltspflicht ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern entstünde. Kann auch der an sich barunterhaltspflichtige Elternteil bei Zahlung des vollen Kindesunterhalts seinen angemessenen Selbstbehalt verteidigen, wird eine vollständige oder anteilige Haftung des betreuenden Elternteils für die Aufbringung des Barunterhalts nur in wenigen, besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen (im Anschluss an Senatsurteil vom 20. März 2002, XII ZR 216/00, FamRZ 2002, 742; BGH, Urteil vom 10.07.2013 - XII ZB 297/12).

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Endet die gesetzliche Verfahrensstandschaft eines Elternteils nach § 1629 Abs. 3 BGB mit Eintritt der Volljährigkeit des Kindes, so kann das Kind als Antragsteller in das Verfahren nur im Wege des gewillkürten Beteiligtenwechsels eintreten (teilweise Aufgabe der Senatsurteile vom 23. Februar 1983, IVb ZR 359/81, FamRZ 1983, 474 und vom 30. Januar 1985, IVb ZR 70/83, FamRZ 1985, 471). Dieser ist nicht von der Zustimmung des Antragsgegners abhängig. Durch die sozialrechtliche Berücksichtigung titulierter Unterhaltspflichten bei einem Antrag des Unterhaltspflichtigen auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhöht sich dessen unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht (BGH, Beschluss vom 19.06.2013 - XII ZB 39/11).

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Aufwendungen des gesteigert unterhaltspflichtigen Elternteils für eine zusätzliche Altersversorgung und eine Zusatzkrankenversicherung sind unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigungsfähig, wenn der Mindestunterhalt für ein minderjähriges Kind andernfalls nicht aufgebracht werden kann ( BGH, Urteil vom 30.01.2013 - XII ZR 158/10).

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Das Taschengeld eines Ehegatten ist grundsätzlich auch für den Elternunterhalt einzusetzen. Dies gilt allerdings nicht in Höhe eines Betrages von 5 - 7 % des Mindestselbstbehalts des Unterhaltspflichtigen sowie in Höhe etwa der Hälfte des darüberhinausgehenden Taschengeldes (BGH, Urteil vom 12.12.2012 - XII ZR 43/11):

„... Das der Beklagten zustehende Taschengeld, das im Familienunterhalt enthalten ist, braucht jedoch nicht vollständig für den Elternunterhalt eingesetzt zu werden. Da der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen gegenüber der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt in dem hier maßgeblichen Zeitraum 1.400 € betrug, ist ein darin enthaltenes Taschengeld in Höhe von 5 - 7 %, d. h. ein Betrag von 70 € - 98 €, ebenfalls geschütztes Einkommen. Diese Annahme steht auch damit in Einklang, dass der unterhaltsberechtigte Elternteil ebenfalls über einen Barbetrag zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse verfügen kann. Der Senat hat es zwar nicht für gerechtfertigt gehalten, das Taschengeld der Höhe nach mit dem Barbedarf des Unterhaltsberechtigten zu vergleichen, weil mit Letzterem teilweise andere Bedarfspositionen zu bestreiten sind (Senatsurteil vom 15. Oktober 2003 - XII ZR 122/00 - FamRZ 2004, 366, 370). Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass nicht ein Mindesttaschengeld anzuerkennen ist, das dem Unterhaltspflichtigen verbleiben muss.

Hinsichtlich des über einen Sockelbetrag von 5 - 7 % des Selbstbehalts hinausgehenden Teils des Taschengeldes ist der Grundsatz zu beachten, dass der Unterhaltspflichtige nur etwa die Hälfte des den Mindestselbstbehalt übersteigenden Einkommens für den Elternunterhalt einzusetzen hat (Senatsurteile vom 21. April 2004 - XII ZR 326/01 - FamRZ 2004, 1184, 1187 und BGHZ 154, 247, 258 f. = FamRZ 2003, 1179, 1182). Dem Unterhaltspflichtigen muss deshalb auch etwa die Hälfte des den Sockelbetrag als Mindesttaschengeld übersteigenden Taschengeldes verbleiben. Nur in Höhe des restlichen Betrages kommt eine Verpflichtung zur Zahlung von Elternunterhalt in Betracht. ..."

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Verletzt der Unterhaltspflichtige die Obliegenheit, Vermögenswerte zu realisieren, ist er unterhaltsrechtlich so zu behandeln, als habe er die Obliegenheit erfüllt. Ein einklagbarer Anspruch auf Rückforderung einer Schenkung oder Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs besteht dagegen nicht (BGH, Urteil vom 28.11.2012 - XII ZR 19/10 - mehr Text unter § 1601).

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Der Unterhaltsbedarf eines im Pflegeheim untergebrachten Elternteils richtet sich regelmäßig nach den notwendigen Heimkosten zuzüglich eines Barbetrags für die Bedürfnisse des täglichen Lebens. Ist der Elternteil im Alter sozialhilfebedürftig geworden, beschränkt sich sein angemessener Lebensbedarf in der Regel auf das Existenzminimum und damit verbunden auf eine - dem Unterhaltsberechtigten zumutbare - einfache und kostengünstige Heimunterbringung (im Anschluss an Senatsurteil vom 19. Februar 2003, XII ZR 67/00, FamRZ 2003, 860). Dem Unterhaltspflichtigen obliegt es in der Regel, die Notwendigkeit der Heimkosten substantiiert zu bestreiten (im Anschluss an Senatsurteil vom 23. Oktober 2002, XII ZR 266/09, BGHZ 152, 217 = FamRZ 2002, 1698). Kommt er dem nach, trifft die Beweislast den Unterhaltsberechtigten und im Fall des sozialhilferechtlichen Anspruchsübergangs den Sozialhilfeträger (im Anschluss an Senatsurteil vom 27. November 2002, XII ZR 295/00, FamRZ 2003, 444). Ausnahmsweise können auch höhere als die notwendigen Kosten als Unterhaltsbedarf geltend gemacht werden, wenn dem Elternteil die Wahl einer kostengünstigeren Heimunterbringung im Einzelfall nicht zumutbar war. Zudem kann sich der Einwand des Unterhaltspflichtigen, es habe eine kostengünstigere Unterbringungsmöglichkeit bestanden, im Einzelfall als treuwidrig erweisen. Verwertbares Vermögen eines Unterhaltspflichtigen, der selbst bereits die Regelaltersgrenze erreicht hat, kann in der Weise für den Elternunterhalt eingesetzt werden, als dieses in eine an der statistischen Lebenserwartung des Unterhaltspflichtigen orientierte Monatsrente umgerechnet und dessen Leistungsfähigkeit aufgrund des so ermittelten (Gesamt-)Einkommens nach den für den Einkommenseinsatz geltenden Grundsätzen bemessen wird (BGH, Urteil vom 21.11.2012 - XII ZR 150/10).

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Angemessene Aufwendungen, die dem Unterhaltspflichtigen für Besuche eines unterhaltsberechtigten Elternteils im Heim entstehen, mindern grundsätzlich die Leistungsfähigkeit. Auch bei zusammenlebenden nichtehelichen Partnern ist bei Gesamteinkünften bis zur Höhe des für Ehegatten geltenden Familienselbstbehalts keine zusätzliche Haushaltsersparnis zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsurteil vom 28. Juli 2010, XII ZR 140/07, BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535; BGH, Urteil vom 17.10.2012 - XII ZR 17/11):

„... Die Klägerin macht als Trägerin der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Die 1933 geborene Mutter der Beklagten lebt in einem Seniorenheim. Da sie die Kosten des Heimaufenthalts nur bis März 2001 selbst tragen konnte, erhält sie seit April 2001 Hilfe zur Pflege in einer die monatliche Unterhaltsforderung der Klägerin übersteigenden Höhe. Hiervon wurde die Beklagte durch Schreiben vom 11. April 2001 unterrichtet. Die damalige Überprüfung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ergab, dass die Beklagte finanziell nicht in der Lage war, Unterhaltsleistungen für ihre Mutter zu erbringen. Mit Schreiben vom 29. August 2008 wurde die Beklagte erneut aufgefordert, Auskunft über ihre Einkünfte zu erteilen, da die Mutter weiterhin Leistungen der Sozialhilfe erhalte. Nach Überprüfung der ihr übermittelten Unterlagen forderte die Klägerin die Beklagte zunächst zu einer monatlichen Zahlung von 95 € für die Zeit von September 2008 bis April 2009 auf. Mit Schriftsatz vom 18. März 2010 verlangte sie Beträge von monatlich 129 € bzw. 118 € und erstreckte die Forderung auf die Zeit bis Dezember 2009. Die Beklagte erzielte in dem maßgeblichen Zeitraum Einkünfte aus Erwerbstätigkeit. Sie bewohnt gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten eine im gemeinsamen Eigentum der Partner stehende Eigentumswohnung. Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von insgesamt 1.932 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist zurückgewiesen worden. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Klageforderung weiter. ...

Die weitergehende Revision ist nicht begründet, da Unterhaltsansprüche der Mutter, die auf die Klägerin hätten übergehen können, nicht bestehen.

1. Über die - aus § 1601 BGB folgende - grundsätzliche Unterhaltspflicht der Beklagten besteht zwischen den Parteien ebenso wenig Streit wie über die Unterhaltsbedürftigkeit der Mutter. Gegen die vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Einkommensverhältnisse der Beklagten hat die Revision keine Einwendungen erhoben. Die angestellten Berechnungen sind revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden. Es steht mit der Rechtsprechung des Senats insbesondere in Einklang, dass die Kosten einer zusätzlichen Altersversorgung bis zu einer Höhe von 5 % des Jahresbruttoeinkommens des Unterhaltspflichtigen als abzugsfähig anerkannt werden können (Senatsurteile BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 25 ff. und vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 862 f.). Dass das Berufungsgericht im Hinblick auf die im Miteigentum der Beklagten und ihres Lebensgefährten stehende Eigentumswohnung einen zusätzlichen Abzug für Zins- und Tilgungsleistungen gebilligt hat, begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Die Aufwendungen für das Miteigentum lassen die übrigen monatlichen Leistungen zur zusätzlichen Altersversorgung in Höhe von 98,79 € nicht wegen anderweit bereits bestehender Absicherung als Maßnahme der Vermögensbildung erscheinen (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 27). Denn unter Berücksichtigung des Wohnwerts wendet die Beklagte insgesamt nicht mehr für eine zusätzliche Altersversorgung auf als 5 % ihres Jahresbruttoeinkommens. Die Nichtberücksichtigung von Aufwendungen für sonstige Versicherungen der Beklagten ist für die Klägerin günstig, entspricht aber auch der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 22).

2. Die verbleibenden Vorteile aus der Nutzung der Eigentumswohnung sowie die hieraus resultierende Belastung hat das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend in die Einkommensberechnung einbezogen.

a) Den Wohnwert der von der Beklagten und ihrem Lebensgefährten genutzten Eigentumswohnung hat das Berufungsgericht zu Recht nicht mit der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete, sondern auf der Grundlage des unter den gegebenen Verhältnissen ersparten Mietzinses bemessen (vgl. hierzu Senatsurteil BGHZ 154, 247 = FamRZ 2003, 1179, 1180 ff.). Von dem nach § 287 ZPO geschätzten Betrag von 510 € hat es zutreffend die Zins- und Tilgungsleistungen (vgl. hierzu Senatsurteile vom 21. April 2004 - XII ZR 326/01 - FamRZ 2004, 1184, 1187 und vom 19. März 2003 - XII ZR 123/00 - FamRZ 2003, 1179, 1181 f.), nicht jedoch die mit der Eigentumswohnung verbundenen weiteren Kosten in Abzug gebracht (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 33 ff.). Auf diese Weise hat das Berufungsgericht für das Jahr 2008 - unter Berücksichtigung der der Beklagten seinerzeit gewährten Eigenheimzulage - einen Wohnvorteil von monatlich rund 50 € ermittelt, während - nach dem Wegfall der Eigenheimzulage - eine monatliche Belastung von 57 € verbleibt.

b) Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

aa) Sie führt aus, das Berufungsgericht habe bei der Schätzung der angemessenen Miete zu Unrecht auf gehobene Verhältnisse abgestellt. Unter Zugrundelegung einfacher, dem Einkommen der Beklagten entsprechender Verhältnisse sei von einer erheblich höheren Kostenersparnis auszugehen. Dieser Einwand vermag nicht zu überzeugen. Das Berufungsgericht hat ersichtlich darauf abgestellt, dass trotz am Wohnort der Beklagten bestehender gehobener Verhältnisse für sie eine Wohnung mit einer Größe von 60 qm angemessen sei. Ausgehend hiervon hat es eine ersparte Miete von 510 € angenommen. Wäre es - worauf die Revision abhebt - insofern zu einem geringeren Betrag gelangt, würden die zu berücksichtigenden Aufwendungen für Zinsen und Tilgung den Nutzungswert der Wohnung bei Weitem übersteigen, was eine zusätzliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Beklagten zur Folge haben könnte.

bb) Entgegen der Auffassung der Revision ist auch die Behandlung der Eigenheimzulage nicht zu beanstanden. Diese ist für das Jahr 2008 nicht nur teilweise, sondern in voller Höhe von dem Zins- und Tilgungsaufwand abgesetzt worden. Dadurch errechnet sich ein Wohnvorteil von rund 50 €. Nach Wegfall der Eigenheimzulage von 106,57 € ergeben sich für 2009 den Nutzungswert übersteigende Kosten von rund 57 €.

c) Die Revision beanstandet ferner, die im Selbstbehalt des Lebensgefährten enthaltenen Wohnkosten müssten als Einkommen der Beklagten behandelt werden, wenn diesem - wie vom Berufungsgericht festgestellt - die Unterkunft kostenlos zur Verfügung gestellt werde. Auch dieser Einwand ist nicht gerechtfertigt. Das Berufungsgericht ist nicht von einer kostenlosen Überlassung der Wohnung an den Lebensgefährten ausgegangen, sondern von dessen hälftiger Beteiligung an den Kosten. Die alternativ angestellte Überlegung der Revision, im Fall der hälftigen Kostenbeteiligung des Lebensgefährten übersteige der Aufwand für die Wohnung die Kosten einer angemessenen Wohnung um das Doppelte, verkennt, dass der Betrag von 510 € als angemessen ersparte Miete allein auf die Beklagte bezogen ist.

3. Das Berufungsgericht hat es abgelehnt, im Hinblick auf das Zusammenleben der Beklagten mit einem Partner von einer höheren Leistungsfähigkeit auszugehen. Auch diese Annahme begegnet revisionsrechtlich keinen Bedenken.

Allerdings ist bei der Unterhaltsbemessung die durch eine gemeinsame Haushaltsführung eintretende Ersparnis zu berücksichtigen, da sich die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen durch eine solche Entlastung erhöht. Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob die Partner miteinander verheiratet sind oder nichtehelich zusammenleben (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 595 Rn. 36 f.). Nach der Rechtsprechung des Senats wird bei einem verheirateten Unterhaltsschuldner der Haushaltsersparnis in Höhe eines dem Selbstbehalt entsprechenden Teilbetrages des Familieneinkommens im Falle der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt aber bereits durch die unterschiedlichen Selbstbehaltssätze der Ehegatten (in dem hier maßgeblichen Zeitraum: 1.400 € und 1.050 €, jeweils gemäß Düsseldorfer Tabelle) Rechnung getragen. Nur bezogen auf das den Familienselbstbehalt übersteigende Einkommen ist die Haushaltsersparnis zusätzlich zu berücksichtigen und mit 10 % dieses Mehreinkommens zu bemessen (Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 43 ff.). Die Grundsätze der Synergie und Haushaltsersparnis sind auf die Lebensverhältnisse nichtehelicher Partner zu übertragen, auch wenn ihnen kein Familienselbstbehalt zukommt. Denn auch nichtehelichen Partnern ist gegenüber der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt zuzugestehen, ihre Lebensstellung aufrechtzuerhalten (Senatsurteil BGHZ 152, 217 = FamRZ 2002, 1698, 1700 f. für den Unterhaltsschuldner).

Danach hat das Berufungsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass das Einkommen des Lebensgefährten der Beklagten den Betrag, der bei Ehegatten dem Selbstbehalt entspricht, im Jahr 2008 nur unwesentlich überschritten und im Jahr 2009 sogar unter dem Betrag von 1.050 € gelegen hat. Die Haushaltsersparnis ist deshalb nicht gesondert zu berücksichtigen.

Insgesamt bestehen deshalb keine Bedenken gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte sei - ohne die Berücksichtigung der Kosten für die Besuche der Mutter - im Jahr 2008 in Höhe von rund 90 € leistungsfähig gewesen.

4. Ob der Auffassung des Berufungsgerichts zu folgen ist, in Höhe dieses Betrages sei ein Übergang der Ansprüche nach § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII ausgeschlossen, weil hiermit eine unbillige Härte verbunden wäre, bedarf keiner Entscheidung. Die vorgenannten Aufwendungen vermindern vielmehr bereits die Leistungsfähigkeit der Beklagten.

a) Nach § 1603 Abs. 1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verbindlichkeiten außerstande ist, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Zu den danach berücksichtigungsfähigen Verpflichtungen gehören auch solche, die aufgrund einer sittlichen Verpflichtung des Unterhaltsschuldners eingegangen worden sind. Ob eine Verpflichtung unterhaltsrechtlich als abzugsfähig anzuerkennen ist, ist im Einzelfall unter umfassender Interessenabwägung zu beurteilen. Dabei kommt es insbesondere auf den Zweck der Verbindlichkeit, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis des Unterhaltspflichtigen von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und andere Umstände an (Senatsurteile vom 18. März 1992 - XII ZR 1/91 - FamRZ 1992, 797, 798 und vom 9. Mai 1984 - IVb ZR 74/82 - FamRZ 1984, 657, 658).

b) Unter Heranziehung dieser Kriterien handelt es sich bei den Kosten, die für die Besuche der Beklagten bei ihrer Mutter angefallen sind, um Aufwendungen, die die Leistungsfähigkeit mindern. Die Besuche dienen der Aufrechterhaltung der familiären Beziehungen, die durch Art. 6 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützt sind. Sie entsprechen zudem dem Bedürfnis, der Mutter auch im Heim und trotz der Entfernung zum Wohnort der Beklagten Fürsorge zuteil werden zu lassen, sich von ihrem Wohlergehen zu überzeugen sowie eventuelle Wünsche der Mutter zu erfragen. Der Zweck der Aufwendungen beruht deshalb auf einer unterhaltsrechtlich anzuerkennenden sittlichen Verpflichtung gegenüber der Mutter. Insofern stehen die Interessen von Unterhaltsberechtigtem und Unterhaltspflichtigem auch nicht im Widerstreit; vielmehr entsprechen solche Besuche grundsätzlich dem wechselseitigen Bedürfnis auf Pflege der familiären Verbundenheit. Selbst wenn der Beklagten die Möglichkeit der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt bekannt war, brauchte sie von den Kosten verursachenden Besuchen bei ihrer Mutter deshalb nicht abzusehen. Denn das Unterhaltsrecht darf dem Unterhaltspflichtigen finanziell nicht die Möglichkeit nehmen, seinen Umgang zur Erhaltung der Eltern-Kind-Beziehung auszuüben (BVerfG FamRZ 2003, 1370, 1377 zum Umgangsrecht mit minderjährigen Kindern). Darin liegt keine Ungleichbehandlung mit denjenigen Abkömmlingen, die mangels ausreichender Mittel solche Kosten aus dem Selbstbehalt bestreiten müssen. Dieses Ergebnis ist nicht Folge einer Ungleichbehandlung, sondern bedingt durch die unterschiedlichen Lebens- und Einkommenslagen, die entsprechend auch zu unterschiedlichen Belastungen von Unterhaltspflichtigen führen (BVerfG FamRZ 2003, 1370, 1373).

Soweit sich die Aufwendungen in einem angemessenen Rahmen halten, reduzieren sie folglich die Leistungsfähigkeit der Beklagten (vgl. auch OLG Köln FamRZ 2002, 572, 573; Schnitzler/Günther in MAH Familienrecht 3. Aufl. § 11 Rn. 63; Hauß Elternunterhalt 4. Aufl. Rn. 373; aA OLG Hamm FamRZ 2002, 123, 124).

c) Gegen die Feststellung der Kosten durch das Berufungsgericht mit monatlich 126,53 € hat die Revision keine Einwendungen erhoben; sie begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken. Nach Abzug dieses Betrages verbleibt der Beklagten aber kein für den Elternunterhalt einzusetzendes nennenswertes Einkommen, da das den Selbstbehalt übersteigende Einkommen nur etwa zur Hälfte für den Elternunterhalt einzusetzen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 46).

5. Für das Jahr 2009 ist das Berufungsgericht wegen der Belastungen durch die Eigentumswohnung und der Kosten der kieferorthopädischen Behandlung der Beklagten zu einem unterhaltsrelevanten Einkommen gelangt, das bereits ohne die Fahrtkosten für Besuche den Selbstbehalt unterschreitet. Gegen die Berücksichtigung der Arztkosten hat die Revision keine Einwendungen erhoben. Dagegen ist revisionsrechtlich auch nichts zu erinnern. Die Beklagte ist deshalb auch für 2009 zu Unterhaltsleistungen für die Mutter nicht in der Lage. ..."

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Wird der Unterhaltspflichtige von seinem erwachsenen Kind, das seine bereits erlangte wirtschaftliche Selbständigkeit wieder verloren hat, auf Unterhalt in Anspruch genommen, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter ihm und seiner Ehefrau im Regelfall einen Familienselbstbehalt zubilligt, wie ihn die Düsseldorfer Tabelle und die Unterhaltsrechtlichen Leitlinien für den Elternunterhalt vorsehen (im Anschluss an Senatsurteil vom 18. Januar 2012, XII ZR 15/10, FamRZ 2012, 530) Der Familienselbstbehalt trägt bereits dem Umstand Rechnung, dass die Ehegatten durch ihr Zusammenleben Haushaltsersparnisse erzielen (im Anschluss an Senatsurteil BGH, 28. Juli 2010, XII ZR 140/07, BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535; BGH, Urteil vom 18.07.2012 - XII ZR 91/10):

„... b) Auch durfte das Berufungsgericht von einem erhöhten Selbstbehalt ausgehen.

aa) Gemäß § 1603 Abs. 1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Dem Unterhaltspflichtigen sollen grundsätzlich die Mittel verbleiben, die er zur angemessenen Deckung des seiner Lebensstellung entsprechenden allgemeinen Bedarfs benötigt (Senatsurteil vom 18. Januar 2012 - XII ZR 15/10 - FamRZ 2012, 530 Rn. 16 mwN). Die Bemessung des dem Unterhaltspflichtigen zu belassenden Selbstbehalts ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats zwar Aufgabe des Tatrichters. Dabei ist es diesem nicht verwehrt, sich an Erfahrungs- und Richtwerte anzulehnen, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände eine Abweichung gebieten. Der Tatrichter muss aber die gesetzlichen Wertungen und die Bedeutung des jeweiligen Unterhaltsanspruchs berücksichtigen (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594 Rn. 24 mwN).

(1) Nach Erlass des Berufungsurteils hat der Senat entschieden, dass es gerechtfertigt ist, den Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen gegenüber seinem erwachsenen Kind, das seine bereits erlangte wirtschaftliche Selbständigkeit wieder verloren hat, mit einem erhöhten Betrag, wie er in den Tabellen und Leitlinien für den Elternunterhalt als Mindestbetrag vorgesehen ist, und der sich bis zum Jahr 2011 auf 1.400 € belief, anzusetzen und ggf. noch dadurch zu erhöhen, dass dem Unterhaltspflichtigen ein etwa hälftiger Anteil seines für den Elternunterhalt einsetzbaren bereinigten Einkommens zusätzlich verbleibt (vgl. Senatsurteil vom 18. Januar 2012 - XII ZR 15/10 - FamRZ 2012, 530 Rn. 20). Zwar müssen Eltern regelmäßig damit rechnen, ihren Kindern auch über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus zu Unterhaltsleistungen verpflichtet zu sein, bis diese ihre Berufsausbildung abgeschlossen haben und wirtschaftlich selbständig sind. Haben die Kinder danach aber eine eigene Lebensstellung erlangt, in der sie auf elterlichen Unterhalt nicht mehr angewiesen sind, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass sie diese Elternunabhängigkeit auch behalten. Darauf dürfen sich, wenn nicht bereits eine andere Entwicklung absehbar ist, grundsätzlich auch die Eltern einstellen (Senatsurteil vom 18. Januar 2012 - XII ZR 15/10 - FamRZ 2012, 530 Rn. 17). Verliert das erwachsene Kind zu einem späteren Zeitpunkt wieder seine wirtschaftliche Selbständigkeit, findet die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen in der Regel erst statt, wenn dieser sich selbst bereits in einem höheren Lebensalter befindet, seine Lebensverhältnisse demzufolge bereits längerfristig seinem Einkommensniveau angepasst hat oder sogar bereits Rente bezieht und sich dann einer Unterhaltsforderung ausgesetzt sieht, mit der er nach dem regelmäßigen Ablauf nicht mehr zu rechnen brauchte (Senatsurteil vom 18. Januar 2012 - XII ZR 15/10 - FamRZ 2012, 530 Rn. 18).

(2) Ist der Unterhaltspflichtige - wie hier - verheiratet, gehört zu dessen nach § 1603 Abs. 1 BGB beim Verwandtenunterhalt zu berücksichtigenden sonstigen Verbindlichkeiten auch die Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau nach §§ 1360, 1360 a BGB, soweit diese nicht über ausreichendes eigenes Einkommen verfügt (Senatsurteil vom 8. Juni 2005 - XII ZR 75/04 - FamRZ 2006, 27, 29).

Sofern die dargelegten Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des in der Düsseldorfer Tabelle und den Unterhaltsrechtlichen Leitlinien an sich für den Elternunterhalt bestimmten, erhöhten Selbstbehalts auf Seiten des Unterhaltspflichtigen vorliegen, ist es wegen der Vergleichbarkeit der jeweiligen Interessenlagen nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter auch auf den dort für den vorrangigen Ehegatten bestimmten Selbstbehalt, der sich für die hier maßgebliche Zeit auf 1.050 € belief, zurückgreift. Damit ergibt sich unter Berücksichtigung des erhöhten Selbstbehalts für den Unterhaltspflichtigen von 1.400 € ein zusammengerechneter Familienselbstbehalt von 2.450 € (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 39 ff.). Der durch das Zusammenleben der Eheleute eingetretenen Haushaltsersparnis wird dann bereits durch die unterschiedlichen Selbstbehaltssätze der Ehegatten Rechnung getragen (Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 43).

bb) Diesen Anforderungen trägt das Berufungsurteil hinreichend Rechnung.

(1) Aus Rechtsgründen ist nichts dagegen zu erinnern, dass das Berufungsgericht dem Beklagten einen erhöhten Selbstbehalt von 1.400 € zugebilligt hat.

In dem hier streitgegenständlichen Zeitraum von 2007 bis 2009 belief sich der auch im Rahmen des Elternunterhaltsanspruchs maßgebliche erhöhte angemessene Selbstbehalt auf mindestens 1.400 € monatlich. Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts war der erwachsene Sohn des Beklagten seit langem wirtschaftlich selbständig. Mit dem Empfang der hier im Streit stehenden Sozialleistungen hatte jener erst zu einem späteren Zeitpunkt seine wirtschaftliche Selbständigkeit wieder verloren. Damit sah sich der Beklagte einer Unterhaltsforderung ausgesetzt, mit der er nach dem regelmäßigen Ablauf nicht mehr zu rechnen brauchte. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Senats nicht darauf an, dass der Beklagte bei seiner Inanspruchnahme bereits Rente bezogen hat. Maßgeblich ist allein, dass er nach der zwischenzeitlich eingetretenen wirtschaftlichen Selbständigkeit seines volljährigen Sohnes mit keiner weiteren Unterhaltspflicht für diesen zu rechnen brauchte und sein Vertrauen hierauf deswegen - wie beim Elternunterhalt - besonders schutzwürdig ist.

(2) Soweit es die Ehefrau des Beklagten anbelangt, hat das Berufungsgericht zwar nicht ausdrücklich auf den Familienselbstbehalt abgestellt. Letztlich hat es aber auf die Unterhaltsberechnung des Amtsgerichts und damit auf den dort für die Ehefrau eingestellten Selbstbehalt von 1.050 € Bezug genommen, der den Beträgen der Düsseldorfer Tabelle für den Elternunterhalt entnommen ist.

Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht habe die durch die gemeinsame Haushaltsführung auf Seiten des Beklagten eintretenden Ersparnisse nicht berücksichtigt, verkennt sie, dass der Haushaltsersparnis bereits durch die unterschiedlichen Selbstbehaltssätze der Ehegatten Rechnung getragen wird.

c) Dass das Berufungsgericht nach alledem aufgrund der von der Revision im Übrigen nicht angegriffenen Feststellungen zur Leistungsunfähigkeit des Beklagten gelangt ist, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Danach verfügen die Eheleute über ein Gesamteinkommen von rund 2.088 € (Beklagter 1.603 € und Ehefrau 485 €). Damit ergibt sich - einschließlich des bereinigten Wohnvorteils - ein Gesamteinkommen von rund 2.306 €

Nach Abzug des Familienselbstbehalts von 2.450 € bleibt ein negativer Betrag in Höhe von rund 144 €, weshalb es an der Leistungsfähigkeit des Beklagten fehlt. ..."

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Es ist nicht zu beanstanden, einem Elternteil gegenüber dem Unterhaltsanspruch seines erwachsenen Kindes, das seine bereits erlangte wirtschaftliche Selbstständigkeit wieder verloren hat, einen ebenso erhöhten angemessenen Selbstbehalt zu belassen, wie ihn die unterhaltsrechtlichen Tabellen und Leitlinien für den Elternunterhalt vorsehen ( BGH, Urteil vom 18.01.2012 - XII ZR 15/10):

„... Mit Rücksicht darauf ist es gerechtfertigt, dass der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen gegenüber seinem erwachsenen Kind, das seine bereits erlangte wirtschaftliche Selbständigkeit wieder verloren hat, mit einem erhöhten Betrag, wie er in den Tabellen und Leitlinien insoweit als Mindestbetrag vorgesehen ist, angesetzt und gegebenenfalls noch dadurch erhöht wird, dass dem Unterhaltspflichtigen ein etwa hälftiger Anteil seines für den Elternunterhalt einsetzbaren bereinigten Einkommens zusätzlich verbleibt (ebenso OLG Koblenz FamRZ 2004, 484; OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 1532; Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 2 Rn. 552; aA: Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm SGB XII 18. Aufl. § 94 Rn. 93).

Der Senat hat mit ähnlichen Erwägungen bereits die Auffassung gebilligt, dass Abkömmlingen, die ihren Eltern Unterhalt schulden, ein erhöhter Selbstbehalt zu belassen sei (Senatsurteile vom 26. Februar 1992 - XII ZR 93/91 - FamRZ 1992, 795, 797 und vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - FamRZ 2002, 1698, 1700 ff.). Dem ist auch die Düsseldorfer Tabelle gefolgt, die den angemessenen Selbstbehalt beim Elternunterhalt für den streitigen Unterhaltszeitraum auf 1.400 € festlegt (seit 2011: 1.500 €).

c) Somit ist das Oberlandesgericht zu Recht davon ausgegangen, dass das vor Juli 2009 vorhandene bereinigte Nettoeinkommen von 1.372,24 € den zugrunde zu legenden angemessenen Selbstbehaltsbetrag von 1.400 € nicht überstieg und deshalb der Beklagte nicht leistungsfähig war.

Für die Zeit ab Juli 2009 hat das Oberlandesgericht ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.408,21 € zugrunde gelegt, das den erhöhten angemessenen Selbstbehalt für sich genommen um 8,21 € übersteigt. Vor dem Hintergrund der vom Oberlandesgericht festgestellten krankheits- und altersbedingten eigenen Mehrkosten des Beklagten für Medikamente, Hilfsmittel usw. ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, auch diesen Mehrbetrag nicht für Unterhaltsleistungen an die Tochter heranzuziehen. ..."

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Für die Abänderung einer Jugendamtsurkunde über den Kindesunterhalt ist in Verfahren, die vor dem 1. September 2009 eingeleitet wurden, die Abänderungsklage nach § 323 Abs. 4 ZPO zulässig. Die vom Unterhaltsberechtigten begehrte Abänderung einer einseitig erstellten Jugendamtsurkunde setzt keine Änderung der ihr zugrunde liegenden Umstände voraus. Im Rahmen eines Abänderungsbegehrens durch den Unterhaltspflichtigen ist hingegen die Wirkung eines in der Urkunde liegenden Schuldanerkenntnisses zu berücksichtigen, was geänderte Umstände seit Abgabe des Schuldanerkenntnisses voraussetzt (im Anschluss an das Senatsurteil vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 - FamRZ 2009, 314 und den Senatsbeschluss vom 14. Februar 2007 - XII ZB 171/06 - FamRZ 2007, 715). Die Erstausbildung gehört zum eigenen Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen, den dieser grundsätzlich auch bei gesteigerter Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern vorrangig befriedigen darf (im Anschluss an das Senatsurteil vom 15. Dezember 1993 - XII ZR 172/92 - FamRZ 1994, 372). Auch der betreuende Elternteil i. S. von § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB kann ein anderer leistungsfähiger Verwandter i. S. von § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB sein. Dem barunterhaltspflichtigen Elternteil kann der angemessene Selbstbehalt belassen bleiben, wenn der Kindesunterhalt von dem betreuenden Elternteil unter Wahrung dessen angemessenen Selbstbehalts gezahlt werden kann und ohne seine Beteiligung an der Barunterhaltspflicht ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern entstünde (im Anschluss an das Senatsurteil vom 31. Oktober 2007 - XII ZR 112/05 - FamRZ 2008, 137; BGH, Urteil vom 04.05.2011 - XII ZR 70/09 zu BGB § 1603 Abs. 2; ZPO §§ 323 Abs. 1, 4; 522 Abs. 1 bis 3).

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Eine vom Unterhaltspflichtigen nach Erreichen der Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente ausgeübte Erwerbstätigkeit ist - entsprechend der Lage für den Unterhaltsberechtigten - sowohl hinsichtlich des Ehegattenunterhalts als auch des Kindesunterhalts regelmäßig überobligatorisch. Hierfür ist es unerheblich, ob der Unterhaltspflichtige abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist. Die Anrechnung eines aus überobligatorischer Tätigkeit erzielten Einkommens richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und hat der Überobligationsmäßigkeit Rechnung zu tragen. Eine danach eingeschränkte Anrechnung des Einkommens ist sowohl beim Ehegattenunterhalt als auch beim Kindesunterhalt schon bei der Ermittlung des vom Unterhaltspflichtigen abgeleiteten Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen. Zur Ermittlung der Haftungsanteile der Eltern beim Unterhalt so genannter privilegierter Volljähriger. Wenn eine Befristung des Ehegattenunterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB wegen aktuell bestehender ehebedingter Nachteile ausgeschlossen ist, darf das Familiengericht die Entscheidung über eine - teilweise - Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB nicht mit dem Hinweis auf eine nicht abgeschlossene wirtschaftliche Entflechtung der Verhältnisse zurückstellen, sondern muss hier-über insoweit entscheiden, als dies aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände möglich ist (BGH, Urteil vom 12.01.2011 - XII ZR 83/08 zu BGB §§ 242, 1571, 1573, 1577, 1578, 1578 b, 1603, 1606, 1610).

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Verfügt der Unterhaltspflichtige über höhere Einkünfte als sein Ehegatte, ist die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt in der Regel wie folgt zu ermitteln: Von dem Familieneinkommen wird der Familienselbstbehalt in Abzug gebracht. Das verbleibende Einkommen wird um die Haushaltsersparnis vermindert. Die Hälfte des sich ergebenden Betrages kommt zuzüglich des Familienselbstbehalts dem Familienunterhalt zugute. Zu dem so bemessenen individuellen Familienbedarf hat der Unterhaltspflichtige entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten beizutragen. Für den Elternunterhalt kann der Unterhaltspflichtige die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinem Anteil am Familienunterhalt einsetzen. Die Haushaltsersparnis, die bezogen auf das den Familienselbstbehalt übersteigende Familieneinkommen eintritt, ist regelmäßig mit 10 % dieses Mehreinkommens zu bemessen. Aufwendungen für eine Hausrats- und Haftpflichtversicherung sind auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt nicht als vorweg abziehbare Verbindlichkeiten zu behandeln. Ist der Unterhaltspflichtige vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten, können Aufwendungen für eine zusätzliche Altersversorgung weiterhin abzugsfähig sein. In Höhe des dem Unterhaltsberechtigten sozialrechtlich gewährten angemessenen Barbetrags (§ 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) sowie des Zusatzbarbetrags (§ 133 a SGB XII) ist auch unterhaltsrechtlich ein Bedarf anzuerkennen (BGH, Urteil vom 28.07.2010 - XII ZR 140/07 zu BGB §§ 1601, 1602 Abs. 1, 1603 Abs. 1; SGB XII §§ 35 Abs. 2 Satz 1, 133 a - sehr umfangreiche Entscheidung).

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Der aus einer neuen Ehe des Unterhaltspflichtigen resultierende Splittingvorteil ist sowohl bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs minderjähriger Kinder gemäß § 1610 Abs. 1 BGB als auch bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen im Sinne von § 1603 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn der neue Ehegatte wegen seines Nachrangs gemäß § 1609 BGB keinen Unterhalt beanspruchen kann (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189). Verringert sich der Splittingvorteil bei eigenem Einkommen des Ehegatten des Unterhaltspflichtigen, wirkt sich dies zu Lasten des für den Kindesunterhalt verfügbaren Einkommens aus (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189). Bei der Berechnung des Kindesunterhalts sind auch im Mangelfall für die unterhaltsberechtigten Kinder die jeweiligen Zahlbeträge als Einsatzbeträge einzustellen. Für die Abänderung eines Versäumnisurteils ist gemäß § 323 ZPO nicht auf die Änderung der fingierten, sondern der tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Nur in dem Umfang, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse inzwischen geändert haben, ist eine Abänderung des rechtskräftigen Versäumnisurteils zulässig (im Anschluss an Senatsurteil vom 12. Mai 2010 - XII ZR 98/08 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Urteil vom 02.06.2010 - XII ZR 160/08 zu BGB §§ 313, 1603 Abs. 2, 1609 Nrn. 1 u. 2, 1610 Abs. 1, 1612 b Abs. 1; ZPO § 323 a.F.).

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Ein Student, der im Haushalt eines Elternteils lebt, kann im Verhältnis zu dem anderen, auf Unterhalt in Anspruch genommenen Elternteil darauf verwiesen werden, am Studienort zu wohnen. Das kommt in Betracht, wenn hohe Fahrtkosten zum Studienort anfallen und dem Interesse des anderen Elternteils, die Unterhaltsbelastung in Grenzen zu halten, keine gewichtigen, gegen einen Umzug sprechenden Belange des Studenten gegenüberstehen. Zur Berechnung der anteiligen Haftung von Eltern für den Unterhalt eines volljährigen Kindes, wenn ein Elternteil seinem Ehegatten Familienunterhalt schuldet. Die für ein minderjähriges Kind gezahlte Halbwaisenrente ist auf seinen Barunterhaltsanspruch gegen den Elternteil, bei dem es lebt, nur zur Hälfte anzurechnen (im Anschluss an Senat, NJW 1981, 168 = FamRZ 1980, 1109 [1111]). Unterhaltsrechtlich anzuerkennende berufsbedingte Aufwendungen können nicht ohne nähere Prüfung mit den steuerlich anerkannten Werbungskosten gleichgesetzt werden (BGH, Urteil vom 21.01.2009 - XII ZR 54/06 zu BGB §§ 1602, 1603 I, 1606 III 1, 1610).

Die Zurechnung fiktiver Einkünfte setzt voraus, dass der Unterhaltspflichtige die ihm zumutbaren Anstrengungen, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden, nicht oder nicht ausreichend unternommen hat und bei genügenden Bemühungen eine reale Beschäftigungschance bestanden hätte. Trotz der nach § 1603 II 1 BGB gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern können dem Unterhaltspflichtigen fiktive Einkünfte aus einer Nebentätigkeit nur insoweit zugerechnet werden, als ihm eine solche Tätigkeit im Einzelfall zumutbar ist (BGH, Urteil vom 03.12.2008 - XII ZR 182/06).

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Gegenüber dem Ehegattenunterhalt muss dem Unterhaltspflichtigen grundsätzlich ein Selbstbehalt verbleiben, der den notwendigen Selbstbehalt gegenüber einem Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder (§ 1603 Abs. 2 BGB) über-steigt und zwischen diesem und dem angemessenen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 1 BGB) liegt (im Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 166, 351, 356 ff. = FamRZ 2006, 683, 684). Das gilt auch gegenüber dem Anspruch auf Betreuungsunterhalt (BGH, Urteil vom 19.11.2008 - XII ZR 51/08 zu BGB §§ 1581, 1603 - ausführliche Begründung).

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Ein vom Unterhaltsberechtigten bezogenes Arbeitslosengeld II ist nicht bedarfsdeckend und lässt den Unterhaltsanspruch als subsidiäre Sozialleistung nicht entfallen. Bezieht der Unterhaltspflichtige Krankengeld, sind davon bereits im Rahmen der Bedarfsbemessung grundsätzlich weder pauschale berufsbedingte Kosten noch ein Erwerbstätigenbonus abzusetzen. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit entspricht der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende Selbstbehalt in solchen Fällen dem Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen. Gegenüber dem Anspruch auf Ehegattenunterhalt muss ihm aber grundsätzlich ein Selbstbehalt verbleiben, der den notwendigen Selbstbehalt gegenüber einem Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder (§ 1603 Abs. 2 BGB) übersteigt und zwischen diesem und dem angemessenen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 1 BGB) liegt. Das gilt auch gegenüber einem Anspruch auf Betreuungsunterhalt (BGH, Urteil vom 19.11.2008 - XII ZR 129/06 zu BGB §§ 1581, 1603; SGB II §§ 7, 33; SGB V § 47 - ausführliche Begründung).

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Der aus einer neuen Ehe des Unterhaltspflichtigen resultierende Splittingvorteil ist sowohl bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs minderjähriger Kinder gemäß § 1610 Abs. 1 BGB als auch bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen im Sinne von § 1603 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen, soweit er auf seinem alleinigen Einkommen beruht (BGH, Urteil vom 17.09.2008 - XII ZR 72/06 zu BGB §§ 1603 Abs. 2, 1610 Abs. 1).

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„... Der Vorrang des Unterhalts minderjähriger Kinder gegenüber Ehegatten gilt auch im Mangelfall für das gesamte verfügbare Einkommen des Unterhaltspflichtigen und schließt den Splittingvorteil aus dessen neuer Ehe ein.

Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich mit grundlegenden Fragen des Kindesunterhaltsrechts zu befassen, die im Zusammenhang mit den am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen im Unterhaltsrecht größere Bedeutung erlangt haben.

Zu entscheiden war über einen sog. Mangelfall. Das Einkommen des unterhaltspflichtigen Vaters reichte nicht aus, um den Unterhalt seiner Kinder aus erster Ehe, seiner geschiedenen Ehefrau und - nach Wiederverheiratung - auch seiner neuen Ehefrau sicherzustellen. Die erste Ehe war im Jahr 2001 geschieden worden. In der Folgezeit wurde der Unterhalt der geschiedenen Ehefrau und der drei Söhne (geb. 1990, 1994 und 1999) vom zuständigen Familiengericht zuletzt im Jahr 2003 festgesetzt. Weil das Einkommen des Unterhaltspflichtigen für den Unterhalt aller Berechtigter nicht ausreichte, lagen die festgesetzten Unterhaltsbeträge für die Kinder (58 € für den ältesten Sohn und 49 € bzw. 41 € für die beiden jüngeren Söhne) unterhalb des Existenzminimums.

Die geschiedene Ehefrau und die drei Söhne verlangten eine Erhöhung des Unterhalts und machten geltend, dass frühere Kreditverbindlichkeiten des Unterhaltspflichtigen inzwischen weggefallen seien. Der Unterhaltspflichtige wandte sich dagegen und begehrte seinerseits den vollständigen Wegfall des Unterhalts. Er berief sich unter anderem darauf, dass er durch einen Arbeitsplatzwechsel und den Umzug zu seiner (jetzigen) Ehefrau nicht mehr leistungsfähig sei. Der Splittingvorteil aus der neuen Ehe (rund 250 €) könne nicht berücksichtigt werden, sondern sei mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der neuen Ehe vorzubehalten.

Das Amtsgericht ordnete den vollständigen Wegfall des Unterhalts an. Das Oberlandesgericht verringerte den Unterhalt auf monatlich 20 € pro Kind. Es berücksichtigte das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nur insoweit, wie es sich - ohne Splittingvorteil - bei (fiktiver) Einzelveranlagung des Unterhaltspflichtigen ergeben würde.

Der XII. Zivilsenat des BGH ist dem nicht gefolgt. Er hatte bereits in anderen Fallgestaltungen entschieden, dass der Unterhaltsbedarf eines Kindes unter Berücksichtigung des gesamten Einkommens seines Vaters einschließlich des in der neuen Ehe erzielten Splittingvorteils zu ermitteln ist.

Im vorliegenden Fall war erstmals zu entscheiden, ob dieser Grundsatz auch in einem Mangelfall gilt, wenn der aus der Wiederverheiratung stammende Splittingvorteil vollständig für den vorrangigen Kindesunterhalt verbraucht wird. Das ist zu bejahen.

Nach den am 1.1.2008 in Kraft getretenen Änderungen im Unterhaltsrecht steht der Kindesunterhalt minderjähriger Kinder gemäß § 1609 BGB an erster Rangstelle. Er ist somit allen anderen Unterhaltsansprüchen gegenüber vorrangig. Für den Einsatz des gesamten Einkommens des Unterhaltspflichtigen hat der XII. Zivilsenat eine schon seit dem Inkrafttreten des BGB am 1. Januar 1900 unverändert bestehende Gesetzesbestimmung (§ 1603 Abs. 2 S. 1 BGB) herangezogen, wonach Eltern im Mangelfall "alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden" haben (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht). Aus dieser Vorschrift ist ursprünglich hergeleitet worden, dass der Unterhaltspflichtige mit seinen Kindern sogar "sein letztes Hemd" teilen müsse. Die Gesetzesbestimmung ist allerdings nach ständiger Rechtsprechung dahin einzuschränken, dass dem Unterhaltspflichtigen von seinem Einkommen so viel verbleiben muss, wie er benötigt, um sein eigenes Existenzminimum zu sichern (sog. notwendiger Selbstbehalt; derzeit für Erwerbstätige nach Anm. 5 der Düsseldorfer Tabelle 2008: 900 €).

Der XII. Zivilsenat hat nunmehr klargestellt, dass das Einkommen, das über den Selbstbehalt hinausgeht, für den vorrangigen Kindesunterhalt vollständig zur Verfügung stehen muss. Ausnahmen nach dem jeweiligen Sinn und Zweck eines Einkommensbestandteils oder einer Steuervergünstigung sind entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts regelmäßig nicht veranlasst. Zur Begründung hat er vor allem darauf Bezug genommen, dass das Gesetz eine solche Einschränkung nicht vorsieht. Zum Vergleich hat er auf einzelne sozialrechtliche Vorschriften verwiesen, welche zwar Ausnahmen von der Einkommensanrechnung vorsehen, für die gesteigerte Unterhaltspflicht aber dennoch dem Existenzminimum der Kinder ein höheres Gewicht zumessen. Eine gesonderte unterhaltsrechtliche Zuweisung des Einkommensbestandteils an den neuen Ehegatten hat er demzufolge auch dann abgelehnt, wenn der Steuervorteil im Wesentlichen darauf beruht, dass der neue Ehegatte kein oder nur ein geringes steuerpflichtiges Einkommen erzielt und deswegen meistens unterhaltsbedürftig ist.

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folge nichts anderes, weil diese sich nur auf das Verhältnis von erster und zweiter Ehe beziehe. Würde dagegen der Splittingvorteil ausschließlich für den neuen Ehegatten reserviert, so wirke sich dies auch zulasten der Kinder aus der neuen Ehe aus und liefe auf einen sachwidrigen Gegensatz von Ehe einerseits und Familie (Kinder) andererseits hinaus. Über die Verteilung des verfügbaren Einkommens entscheidet somit nicht dessen Zweckbestimmung im Einzelfall, sondern die in § 1609 BGB gesetzlich angeordnete und vorwiegend am Grad der Bedürftigkeit orientierte Rangfolge.

Eine Einschränkung der Einkommensanrechnung ergibt sich nach dem Urteil allerdings dann, wenn der neue Ehegatte eigenes Einkommen erzielt und die Ehegatten - wie regelmäßig - die Steuerklassen III und V wählen. Dann verlagert sich wegen der ungünstigeren Steuerklasse V das Nettoeinkommen des weniger verdienenden Ehegatten auf den mehr verdienenden Unterhaltspflichtigen. In diesem Fall muss auch der neue Ehegatte einen seinem Eigeneinkommen entsprechenden Anteil am Splittingvorteil behalten. ..." (BGH, Urteil vom 17.09.2008 - XII ZR 72/06 - PM Karlsruhe, den 17.09.2008)

*** (OLG)

Vermögenseinsetzung beim Kindesunterhalt: Anders als beim Ehegattenunterhalt hängt der Einsatz von Vermögen beim Verwandtenunterhalt nicht von einer Billigkeitsabwägung ab. Einschränkungen der Obliegenheit zum Einsatz des Vermögensstammes ergeben sich aber daraus, dass nach dem Gesetz auch sonstige Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind (im Anschluss BGH, Urteil vom 30. August 2006 - XII ZR 98/04 -, BGHZ 169, 59-77- juris RN. 26 f.). Der Eigentümer einer nicht selbst genutzten Immobilie kann der Verpflichtung zur Verwertung der Immobilie für den Unterhalt minderjähriger Kinder gem § 1603 Abs. 1 BGB Nutzungsrechte eines Dritten an der Immobilie entgegenhalten, auch wenn diese nicht durch eine Eintragung im Grundbuch dinglich gesichert sind (OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.06.2023 - 18 UF 96/22).

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Die Haftungsquoten der Eltern eines privilegierten volljährigen Kindes können nach Abzug des angemessenen Selbstbehalts auch dann bestimmt werden, wenn nur ein Elternteil über Einkünfte oberhalb dieses Betrages verfügt, jedoch dieser nach seinen Einkünften insgesamt den Kindesunterhalt erbringen kann. Für die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung sind die steuerlichen Angaben aus der Anlage V zu geltend gemachten Werbungskosten unterhaltsrechtlich zu bereinigen, sodass u.a. erfolgte Pauschalabschreibungen unberücksichtigt bleiben, jedoch zugleich Zins- und Tilgungsleistungen auf Darlehen zur Finanzierung der Immobilie bis zur Höhe der erzielten Mieteinnahmen abzusetzen sind. Eine Verrechnung überschießender Tilgungsleistungen für verschiedene Immobilien erfolgt indessen nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2021- XII ZB 557/20, FamRZ 2022, 434 = NZFam 2022, 208). Die Zahlung einer Abgeltung für in den Vorjahren nicht in Anspruch genommenen Urlaub ist unterhaltsrechtlich nicht als überobligatorisches Einkommen anzusehen, wenn der Urlaub krankheitsbedingt sowie aufgrund einer nachfolgenden Freistellung im Rahmen einer Altersteilzeitregelung nicht in Anspruch genommen werden konnte (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 8. Juli 1992 - XII ZR 127/91, NJW-RR 1992, 1282; OLG Celle, Beschluss vom 21.12.2022 - 21 UF 129/22).

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Anrechnung fiktiver Einkünfte bei Mmindestunterhalt und gesteigerter Erwerbsobliegenheit: Dem für die nicht in seinem Haushalt lebenden Kinder barunterhaltspflichtigen Elternteil ist es im Rahmen der für diese Kinder vorzunehmenden Mangelverteilung nach Treu und Glauben versagt, sich für in der Vergangenheit liegende Unterhaltszeiträume auf die Ausfallhaftung für ein weiteres in seinem Haushalt lebendes Kind zu berufen, wenn und soweit er für dieses Kind nicht zurückzahlbare Leistungen nach dem SGB II bezogen hat (OLG Hamm, Beschluss vom 21.07.2022 - II-2 UF 88/21).

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Hoher Betreuungsanteil, hohes Einkommen und Kindesunterhalt (OLG Dresden, Beschluss 30.09.2021 - 20 UF 421/21):

„... I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin für das gemeinsame Kind A. E., geboren am ...2015, beginnend ab Januar 2021 jeweils monatlich im Voraus, fällig zum 3. eines jeden Monats, laufenden Kindesunterhalt i.H.v. 160 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen staatlichen Kindergeldes für ein erstes Kind und zuzüglich der Kosten der Krankenversicherung i.H.v. monatlich 181,31 € und der hälftigen Kosten des Kindergartens i.H.v. monatlich117,79 € zu zahlen (Ziffer 1 des Beschlusstenors). Außerdem hat es den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin für A. einen rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit von April bis Dezember 2020 i.H.v. insgesamt 6.903,54 € zu zahlen (Ziffer 2 des Beschlusstenors).

Gegen die am 05.05.2021 zugestellte Entscheidung hat der Antragsgegner durch Anwaltsschriftsatz vom 01.06.2021 am selben Tag Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 24.06.2021 fristgerecht begründet. Er ist der Auffassung, das Familiengericht sei bei der Ermittlung des Unterhalts zu Unrecht davon ausgegangen, dass A. ihren Lebensmittelschwerpunkt bei ihrer Mutter habe. Dies sei tatsächlich nicht der Fall, weil A. im Wechselmodell mit nahezu gleichen Zeitanteilen von beiden Eltern betreut werde.

Zudem habe das Familiengericht nicht berücksichtigt, dass der Antragsgegner noch vier weiteren Kindern zum Unterhalt verpflichtet sei. Infolgedessen hätte es prüfen müssen, ob nicht eine ‚Abgruppierung' bei der Bemessung des Tabellenunterhalts vorzunehmen gewesen wäre. Darüber hinaus habe das Familiengericht fälschlicherweise festgelegt, dass der Antragsgegner die Kosten für die Krankenversicherung des Kindes in voller Höhe zu tragen habe. Aufgrund der nahezu paritätischen gemeinsamen Betreuung sei hingegen die Antragstellerin hieran zu beteiligen.

Gleiches gelte für den Kindergartenbeitrag, den das Familiengericht überdies zu hoch angesetzt habe. Nachweise für die Zahlung der Beiträge seien von der Antragstellerin nicht vorgelegt worden. Außerdem hätte die Antragstellerin zur Berechnung ihres Anteils Auskunft über die eigenen Einkommensverhältnisse erteilen müssen. ...

II. Die zulässige Beschwerde ist nur begründet, soweit sie sich gegen die titulierte Höhe des Kindergartenbeitrags wendet. Im Übrigen hat sie keinen Erfolg.

1. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners wird das gemeinsame Kind der Beteiligten nicht im paritätischen Wechselmodell betreut. Vielmehr befindet sich A. in der Obhut der Antragstellerin i.S.v. § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB.

a) Betreuen beide Eltern das Kind trotz ihrer Trennung weiter, so kommt es für die Beurteilung, ob ein paritätisches Wechselmodell vorliegt, darauf an, bei wem der Schwerpunkt der Pflege und Erziehung des Kindes liegt. Nach den - vom Antragsgegner nicht angefochtenen - Feststellungen des Familiengerichts findet der Umgang des Antragsgegners mit seiner Tochter A. aufgrund einer Zwischenvereinbarung der Eltern vom 13.07.2020 14tägig jeweils von Mittwoch nach dem Kindergarten (ca. 15:30 Uhr) bis zum darauffolgenden Dienstag (Verbringung zum Kindergarten) statt. Nach dieser Regelung betreut der Antragsgegner A. an sechs von 14 Tagen. Insoweit hat das Familiengericht den Schwerpunkt der Betreuung mit Recht auf Seiten der Mutter gesehen. Auch wenn der Antragsgegner nunmehr vorträgt, dass er statt des sich hieraus ergebenden rechnerischen Anteils von 43 % A. mit einem Anteil von 45 % betreut, gibt dies dem Senat im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH FamRZ 2014, 917 Rdn. 14 f.) keinen Anlass zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Denn diese Rechtsprechung setzt keinen deutlich überwiegenden Betreuungsanteil eines Elternteils, sondern nur einen (noch) feststellbaren Schwerpunkt voraus, der jedenfalls bei einer 6:8 - Verteilung ohne einzelfallspezifische Besonderheiten, für die hier nichts ersichtlich ist, gegeben ist.

b) Die Antragstellerin ist somit befugt, den Unterhalt für das gemeinsame Kind der Beteiligten im Wege der Verfahrensstandschaft gemäß § 1603 Satz 1 BGB geltend zu machen. Die Verfahrensstandschaft dauert über die Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses bis zum Abschluss des Unterhaltsverfahrens fort, solange - wie hier - der antragstellende Elternteil die elterliche Sorge hat. Bei dieser Sachlage ist die Antragstellerin lediglich hinsichtlich des Mehrbedarfs des Kindes (Kindergartenbeitrag) am Kindesunterhalt zu beteiligen.

2. Der Antragsgegner beruft sich zudem ohne Erfolg darauf, dass der Unterhalt nach einer niedrigeren Einkommensgruppe zu bemessen sei. Vielmehr sind die Beteiligten bislang übereinstimmend davon ausgegangen, dass beide über ein Einkommen über dem Höchstbetrag der Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts verfügen, ohne dies im Einzelnen genauer darzulegen. Darüber hinaus hat der Antragsgegner erstinstanzlich Unterlagen vorgelegt, wonach er allein aus abhängiger Beschäftigung ein monatliches Einkommen i.H.v. 7.274,95 € bezieht. Selbst wenn man die vom Antragsgegner für seine volljährigen Kinder S. (geboren am ...1999) und J. (geboren am ...2001) behaupteten monatlichen Zahlungen i.H.v. insgesamt 752,50 € als auch für das minderjährige Kind R. (geboren am ...2008) i.H.v. 115,00 € in Ansatz brächte, wäre der Einkommensbetrag der höchsten Einkommensgruppe nicht unterschritten. Für das minderjährige Kind L. (geboren am ...2005) ist die Unterhaltsgestaltung nach dem Beschwerdevorbringen noch nicht geklärt, so dass auch dieser Gesichtspunkt keine Berücksichtigung finden kann. Insoweit vermag das nicht näher konkretisierte Vorbringen des Antragsgegners keine Herabstufung zu rechtfertigen.

Demnach verbleibt es bei der Verpflichtung des Antragsgegners, 160 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen staatlichen Kindergeldes für ein erstes Kind zu zahlen. Der rechnerische Wert für den monatlichen Zahlbetrag (519,50 €) wäre zwar nach § 1612a Abs. 2 Satz 2 BGB auf den nächsten vollen Eurobetrag aufzurunden. Einer entsprechenden Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung steht jedoch das Verschlechterungsverbot entgegen, so dass es bei dem vom Familiengericht titulierten Zahlbetrag (519,50 €) verbleibt.

3. Die Antragstellerin hat die vom Antragsgegner zu erstattenden Beiträge für die Krankenversicherung (von April bis Dezember 2020: 160,27 €; ab 01.01.2021: 181,31 €) hinreichend dargelegt und belegt. Ausweislich der Mitteilung der xxx vom 20.11.2020 werden die Beiträge vom Konto der Antragstellerin eingezogen. Die Kosten für die private Krankenversicherung gehören zum Bedarf des Kindes und sind allein vom Antragsgegner zu tragen. Auch insoweit kann sich der Antragsgegner nicht auf die Voraussetzungen für ein paritätisches Wechselmodell berufen.

4. Lediglich die Kosten des Mehrbedarfs (Kindergartenbeitrag) sind der Höhe nach zu korrigieren. Die Antragstellerin zahlte -entgegen den Feststellungen in dem angefochtenen Beschluss (monatlich 235,57) - ausweislich der ihr vorgelegten Bescheinigung der Kindereinrichtung vom 04.03.2021 im April 2020 nur einen Beitrag i.H.v. 85,76 € und ab Mai 2020 190,57 €. Folglich ist der vom Familiengericht titulierte Rückstand wie folgt neu zu berechnen:

Mehrbedarf im April 2020: 85,76 € : 2 = 42,88 €
Mehrbedarf Mai bis Dezember 2020: 190,57 € : 2 = 95,29 € x 8 Monate = 762,28 €
Unterhaltsrückstand von April bis Dezember 2020: 489,00 € x 9 Monate = 4.401,00 €
Krankenversicherung von April bis Dezember 2020: 160,27 € x 9 Monate = 1.442,43 €
Rückstand insgesamt: 6.648,59 €.

Die vom Familiengericht vorgenommene hälftige Aufteilung des Mehrbedarfs ist dabei nicht zu beanstanden. Der Senat folgt dem Antragsgegner im Ausgangspunkt darin, dass beide Elternteile für den Mehrbedarf anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen aufzukommen zu haben (BGH, FamRZ 2008, 1152 ff., Rdn. 28, zitiert nach juris). Angesichts des bisherigen Sachvortrags der Beteiligten vermag der Senat jedoch nicht zu erkennen, dass sich die Antragstellerin zu einem größeren Anteil als der Antragsgegner an den Mehrbedarfskosten zu beteiligen hat. Denn nach dem erstinstanzlichen - und vom Antragsgegner nicht bestrittenen - Vortrag der Antragstellerin verfügen beide Elternteile jeweils über ein Einkommen über dem Höchstbetrag der Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts. Hierauf gestützt hat die Antragstellerin den Mehrbedarf berechnet, indem sie diesen zu gleichen Anteilen festgelegt hat. Demnach ist das Vorbringen der Antragstellerin dahingehend auszulegen, dass beide Eltern über ein nahezu gleiches Einkommen (und jedenfalls nicht sie über ein höheres als der Antragsgegner) verfügen. Nunmehr wäre der Antragsgegner gehalten gewesen darzulegen, dass die Antragstellerin entgegen ihrer Aussage über ein deutlich höheres Einkommen als er selbst verfüge, mithin mehr als die Hälfte der Kindergartenkosten zu tragen habe. Dies ist jedoch nicht geschehen, so dass es bei der hälftigen Verteilung dieser Kosten zu verbleiben hat. ..."

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Der Unterhaltspflichtige ist bei gesteigerter Erwerbsobliegenheit zur Erfüllung des Mindestunterhalts verpflichtet, vorhandenes Vermögen einzusetzen. Der Wunsch, dieses Vermögen für den Erwerb einer Immobilie zur Altersversorgung zu verwenden, steht dem nicht entgegen, wenn dem Pflichtigen ein Notgroschen nach den sozialhilferechtlichen Sätzen verbleibt (OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 19.05.2021 - 4 UF 41/21).

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Auch beim Mindestunterhalt sind die Zins- und Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnwertes in voller Höhe bei der Bereinigung des Nettoeinkommens zu berücksichtigen. Erst ein darüber hinausgehender Wohnwert ist als Wohnvorteil zu berücksichtigen (OLG Oldenburg, Beschluss vom 13.04.2021 - 3 UF 29/21).

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Dass ein Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim als Einkommen zu berücksichtigen ist, gilt nur, wenn sein Wert die Belastungen übersteigt, die unter Berücksichtigung der staatlichen Eigenheimförderung durch die allgemeinen Grundstückskosten und -lasten, durch Annuitäten und durch sonstige nicht nach § 556 BGB umlagefähige Kosten entstehen. Eine barunterhaltspflichtige Mutter, die in ihrer neuen Familie die Kindererziehung übernommen hat, wird im allgemeinen wenigstens eine Nebentätigkeit im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung aufnehmen müssen, um weiterhin zum Unterhalt eines Kindes aus der früheren Ehe beitragen zu können. Der coronabedingte Kinderbonus ist unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen (OLG Koblenz, Beschluss vom 08.03.2021 - 7 UF 613/20 - Orientierungssatz).

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Pkw-Finanzierungskosten nur bedingt zu berücksichtigen - zur Kilometerpauschale (OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.06.2020 - 9 UF 166/19):

„... I. Der Antragsteller macht als Träger der Unterhaltsvorschusskasse Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht gegen den Antragsgegner für die Monate Januar bis einschließlich September 2018 geltend.

Der Antragsgegner ist der Vater des am... nichtehelich geborenen L...-J... L..., für den er zuletzt monatlich 15 EUR Kindesunterhalt gezahlt hat. Der Antragsteller hat für dieses Kind in den Monaten Januar bis einschließlich September 2018 Unterhaltsvorschussleistungen im Gesamtumfang von 2.322 EUR (= 9 Monate x 258 EUR [467 - 194 - 15 EUR]) erbracht. Der Antragsgegner war mit Schreiben vom 12. Januar 2018, zugestellt am 17. Januar 2018 zur Auskunftserteilung über seine Einkünfte aufgefordert worden und hat sich in der Folgezeit hierzu erklärt.

Der Antragsgegner ist an Multipler Sklerose erkrankt und deshalb mit einem Grad von 50 % schwerbehindert. Er ist im Streitzeitraum als Angestellter mit einer 40-Stunden-Woche und einem monatsdurchschnittlichen Nettoverdienst von 1.570,93 EUR erwerbstätig gewesen. Umstritten ist, in welchem Umfang dieser Verdienst zu bereinigen ist.

Nach vorangegangenem (weitergehenden) Mahnverfahren hat der Antragsteller mit der Anspruchsbegründung vom 19. November 2018 unter Herreichung der Einkommensbelege des Antragsgegners auf Zahlung von 2.322 EUR für den Zeitraum Januar bis einschließlich September 2018 angetragen. Der Antragsgegner, dessen Selbstbehalt wegen Zusammenlebens mit einer weiteren Person zu kürzen sei, sei tatsächlich leistungsfähig. Er nehme keine auf der Hand liegenden Steuervorteile in Anspruch; der - finanzierte - Pkw sei überteuert.

Der Antragsgegner hat Zurückweisung des Zahlungsantrages insgesamt beantragt und Leistungsunfähigkeit eingewandt. Er hat geltend gemacht, krankheitsbedingt auf die Nutzung eines Pkw angewiesen zu sein; für den er mit näherer Darlegung Finanzierungs- und Versicherungskosten (insgesamt 274,97 EUR monatlich) sowie berufsbedingte Fahrtkosten von 324 EUR (= 27 km x 2 x 0,30 x 20 Arbeitstage) einkommensmindernd berücksichtigt wissen will. Außerdem habe er aus einer Umschuldung seit Juli 2017 monatliche Raten an die ...-Bank zu leisten. Er hat ferner besondere Belastungen in Form von Kosten für eine Brille und monatliche Infusionen von 10 EUR eingewandt. Steuervorteile/-rückerstattungen seien nicht geflossen und ihm auch nicht zuzurechnen. Eine Reduzierung des Selbstbehalts sei nicht veranlasst. Hier sei zu berücksichtigen, dass seine Partnerin die krankheitsbedingt ansonsten notwendige Haushaltshilfe erspare.

Mit Beschluss vom 18. Juli 2019 hat das Amtsgericht den Antragsgegner antragsgemäß zur Zahlung von 2.322 EUR verpflichtet. Der Antragsgegner sei tatsächlich leistungsfähig. Neben berufsbedingten Fahrtkosten von 297 EUR monatlich sei eine fiktive Steuererstattung von 155,25 EUR anzurechnen. Weitergehend sei abzusetzen der gezahlte Unterhalt von 15 EUR. Selbst bei - ausdrücklich offen gelassener - Anerkennung der Kosten für die Kfz-Versicherung mit 74,97 EUR, der Ratenzahlung an die ...-Bank mit 76,57 EUR und der Infusionskosten mit 10 EUR verbleibe ein bereinigtes Nettoerwerbseinkommen von 1.252,64 EUR. Der notwendige Selbstbehalt sei wegen des Zusammenlebens mit einer Partnerin um 10 % zu reduzieren, sodass für Unterhaltszwecke einsetzbar seien 281 EUR. Krankheitsbedingte Einschränkungen in der Haushaltsführung seien notfalls über die Beantragung von Leistungen aus der Pflegeversicherung zu kompensieren. Der Kfz-Kredit könne nicht anerkannt werden; der Antragsgegner wäre mit Rücksicht auf die besondere Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem minderjährigen Kind gehalten gewesen, sich mit dem Betrag, der für die Anzahlung zur Verfügung gestanden habe, zu bescheiden.

Gegen diese ihm am 24. Juli 2019 zugestellte Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 6. August eingelegten und am 24. September 2019 begründeten Beschwerde, mit der er - vorrangig unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus erster Instanz - weiterhin die vollständige Abweisung des Zahlungsantrages erstrebt. Er legt ergänzend den Steuerbescheid für 2018 vor, der eine Rückerstattung von 709,92 EUR = monatsdurchschnittlich 59,16 EUR ausweist. Insbesondere verteidigt er die Anschaffung des teilweise kreditfinanzierten Pkw im März 2018. Ferner beanstandet er die Kürzung des notwendigen Selbstbehalts unter den obwaltenden Umständen; das Zusammenleben mit der Partnerin gleiche allein die krankheitsbedingten Einschränkungen im Leben des Antragsgegners aus; die Voraussetzungen für Leistungen aus der Pflegeversicherung lägen (noch) nicht vor. ...

Der Senat hat unter dem 10. März 2020 Hinweise zur Sach- und Rechtslage erteilt und auf die eingegangenen weiteren Schriftsätze mit weiterer Verfügung vom 7. Mai 2020 eine - auch im Ergebnis konkret in Aussicht gestellte - Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG angekündigt.

Beide Beteiligten haben im Beschwerdeverfahren übereinstimmend (Teil-)Erledigung zur Hauptsache im Umfang von 1.188,97 EUR erklärt, nachdem das Finanzamt ... die für 2017 und 2018 festgesetzten Steuererstattungsansprüche des Antragsgegners in dieser Höhe auf die hier streitigen Unterhaltsansprüche an den Antragsteller ausgekehrt hat.

II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 117 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit § 520 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO zulässig. In der Sache selbst bleibt das Rechtsmittel weitestgehend erfolglos.

Die Barunterhaltspflicht des Antragsgegners (§§ 1601, 1603 Abs. 2 BGB) gegenüber seinem minderjährigen Sohn L...-J... L... steht grundsätzlich außer Frage. Dieser Unterhaltsanspruch ist im Streitzeitraum gemäß § 7 Abs. 1 UVG in Höhe von monatlich (bis zu) 258 EUR auf den Antragsteller übergegangen. Auch gegen die Durchsetzbarkeit dieser allein rückständigen Unterhaltsansprüche nach § 1613 Abs. 1 BGB bestehen mit Blick auf das vorgerichtliche Aufforderungsschreiben vom 12. Januar 2018 keine Bedenken. Der Streit der Beteiligten konzentriert sich auf die Frage der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners, die dahin zu beantworten ist, dass er zur Zahlung monatlichen Kindesunterhalts von (noch) 255,65 EUR (nach Berücksichtigung der unstreitigen Zahlung von 15 EUR monatlich) in der Lage und deshalb auch verpflichtet ist. Im Einzelnen:

1.Der Antragsgegner erzielte im Streitzeitraum aus einer Vollzeittätigkeit ein monatsdurchschnittliches Erwerbseinkommen von 1.570,93 EUR und schöpft damit unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen seine Erwerbsfähigkeit auch nach Maßgabe von § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB aus; das zieht der Antragsteller nicht in Zweifel.

Zuzusetzen ist grundsätzlich die - bei Befolgung der Obliegenheit zur unverzüglichen Ausnutzung steuerlicher Vorteile - bereits im Jahr 2018 für das Jahr 2017 zu erwartende Steuerrückerstattung, die inzwischen nicht mehr geschätzt werden muss, sondern sich auf der Basis des jetzt vorliegenden Steuerbescheides mit 469,05 ER = monatsdurchschnittlich 39,09 EUR feststellen lässt.

Es ist mithin von Gesamteinkünften von 1.610,02 EUR auszugehen.

2a .Diese Einkünfte sind um berufsbedingte Pkw-Fahrtkosten von monatlich 280,80 EUR zu bereinigen. Die - auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen infolge der Grunderkrankung des Antragsgegners gründende - Notwendigkeit der Nutzung des Pkw für die Fahrten zur und von der Arbeitsstelle mit einer einfachen Entfernung von 27 km ist grundsätzlich unstreitig. Abweichend vom Amtsgericht berücksichtigt der Senat allerdings nicht 220 (= monatsdurchschnittlich 18,33 Arbeitstage), sondern nur 208 (= monatsdurchschnittlich 17,33 Arbeitstage), nachdem der Arbeitgeber den Antragsgegner an den Tagen der monatlichen Infusionen unter Lohnfortzahlung freistellt. Die berufsbedingten Fahrtkosten errechnen sich somit aus 27 km x 2 x 0,30 EUR x 208 Arbeitstage : 12 Monate und belaufen sich auf lediglich 280,80 EUR.

b. Der Antragsgegner kann daneben nicht die Absetzung der Kfz-Versicherungskosten mit 74,97 EUR verlangen. In der Kilometerpauschale von 0,30 EUR sind sämtliche Pkw-Betriebskosten (Benzin, Öl, Reifen, Wartung, Reparatur, Versicherung und Steuer und zudem die Anschaffungskosten - dazu sogleich gesondert) enthalten; die Versicherungskosten können deshalb daneben nicht gesondert in Abzug gebracht werden (vgl. dazu BGH FamRZ 2006, 846 - Rdnr. 15 bei juris; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 1 Rdnr. 136; Palandt, BGB, 79. Aufl., § 1361 Rdnr. 48; Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 14. Aufl., Rdnr. 984).

c. Zu Recht hat das Amtsgericht allerdings den monatlichen Ratenzahlungen von 200 EUR für die Finanzierung des im Streitzeitraum (ersatzweise) angeschafften Pkw (1) die unterhaltsrechtliche Berücksichtigungsfähigkeit versagt.

Jenseits der Frage, ob diese Zahlungsverpflichtung dem Grunde nach überhaupt als Bereinigungsposition Anerkennung finden kann, ist festzustellen, dass sich der Ansatz der Raten für die Monate Januar bis einschließlich April 2018 von vornherein verbietet, weil nach dem hier vorgelegten Kreditantrag (Bl. 42 GA) die erste Rate keinesfalls vor Mai 2018 fällig geworden sein kann.

Tatsächlich ist aber ein gesonderter Ansatz von Pkw-Finanzierungskosten im Streitfall auch seit Mai 2018 nicht veranlasst. Aus den vorstehenden Ausführungen zu den berufsbedingten Aufwendungen ergibt sich, dass bei berechtigter Pkw-Nutzung für den Arbeitsweg grundsätzlich auch die Anschaffungskosten zu den im Kern abziehbaren, aber in der Kilometerpauschale von 0,30 EUR regelmäßig bereits enthaltenen berufsbedingten Mehrkosten zählen. Das entspricht auch der vom Antragsgegner selbst zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH FamRZ 2006, 846 - Rdnr. 15 bei juris); der BGH hat diese Entscheidung allerdings mit dem - eine Öffnung für besondere Umstände im Einzelfall andeutenden - Zusatz versehen, dass nicht dargetan sei, dass im dortigen Streitfall ausnahmsweise eine andere Beurteilung geboten wäre. Nicht anders liegt der Fall hier.

Der Umstand, dass der Antragsgegner für die Ausübung seiner Erwerbstätigkeit krankheitsbedingt auf die Nutzung eines Kfz angewiesen ist, trägt schon die Anerkennung der Kilometerpauschale und kann deshalb für sich betrachtet nicht noch zusätzlich die Darlehensrate rechtfertigen, jedenfalls im hier vorliegenden Fall, dass es nicht um eine Erstanschaffung eines Pkw geht. Im Streitfall fällt besonders ins Gewicht, dass diese erhebliche Zahlungsverpflichtung im März 2018 und damit nur kurze Zeit nach der Inanspruchnahme wegen übergegangener/übergehender Unterhaltsansprüche des minderjährigen Sohnes begründet worden ist. Insoweit ist aber unter Beachtung der erhöhten Anforderungen an die Herstellung und Wahrung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit aus § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB eine besonders kritische Würdigung der Begründung einer neuen erheblichen Darlehensverpflichtung geboten. Dass die fortgesetzte Nutzung des vorhandenen Pkw (2) nicht mehr möglich gewesen wäre, ist nicht (substantiiert) vorgetragen. Aus der vorgelegten Fahrzeugbewertung ergeben sich keine belastbaren Anknüpfungstatsachen für eine nicht mehr bestehende Fahrbereitschaft; eine Vorstellung zur nächsten Hauptuntersuchung war erst im Januar 2019 fällig. Auch eine krankheitsbedingte Notwendigkeit für eine Ersatzbeschaffung gerade im Streitzeitraum ist nicht substantiiert dargetan. Der letzte Krankheitsschub des Antragsgegners ereignete sich 2012/13, lag also Jahre zurück. Beachtlich ist weiter der Umstand, dass der Antragsgegner nach Aktenlage auch vor Januar 2018 lediglich 15 EUR an Kindesunterhalt gezahlt hat. Bei dem vorhandenen Einkommen (rund 1.570 EUR netto) hätte danach aber durchaus die Möglichkeit bestanden, für eine Ersatzbeschaffung eine Rücklage anzusparen. Soweit der Antragsgegner substanzlos und ohne jeden tauglichen Beleg darauf verweist, er habe schon vor der Ersatzbeschaffung ein Pkw-Darlehen zurückzuführen gehabt, ist das unbehelflich. Im Übrigen standen ihm im Frühjahr 2018 aus einer nicht rückzahlbaren Zuwendung Mittel von 5.439 EUR tatsächlich zur Verfügung. Dass mit eigenen Mitteln und dieser Zuwendung eines - hier unterstellt notwendige - angemessene Ersatzbeschaffung eines Gebrauchtfahrzeuges (auch eines SUV mit Automatikgetriebe) nicht möglich gewesen sein sollte, ist nicht tragfähig vorgetragen oder sonst ersichtlich. Auch unter Berücksichtigung der in Rede stehenden besonderen Umstände des Streitfalles ist nach alledem eine mit 200 EUR monatlich erhebliche Neuverschuldung in engem zeitlichen Zusammenhang mit einer Inanspruchnahme wegen Unterhalts des minderjährigen Sohnes unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennen. Dies gilt erst Recht mit Blick auf den vorliegend mit neun Monaten sehr überschaubaren Zeitraum der unterhaltsrechtlichen Inanspruchnahme.

d. Abzugsfähig als gesundheitlicher Mehrbedarf sind indes die dem Grunde und der Höhe nach unbestrittenen Kosten des Antragsgegners für monatliche Infusionen in Höhe von 10 EUR. Entgegen der Auffassung des Antragstellers bestimmt nicht die Leistungsfähigkeit die Berücksichtigungsfähigkeit einzelner (Mehr-)Aufwendungen. Vielmehr ist ein - wie hier krankheitsbedingt kontinuierlich anfallender und unterhaltsrechtlich anzuerkennender - Mehrbedarf maßgebend für die ggf. entsprechend eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten.

e. Schließlich ist auch die Ratenzahlungsverpflichtung des Antragsgegners gegenüber der ...-Bank in Höhe von monatlich 76,57 EUR als einkommensmindernd zu berücksichtigen. Es handelt sich hierbei um eine bereits seit Juli 2017, also vor dem Streitzeitraum begründete Ratenzahlungsverpflichtung, der eine Umschuldung eines bestehenden Dispo-Kredits zugrunde liegt. Eine solche Umschuldung ist mit Blick auf die unverhältnismäßig hohe Zinsbelastung bei der Inanspruchnahme eines Dispo-Kredits wirtschaftlich vernünftig; die monatliche Belastung ist in Ansehung der vorhandenen Einkommensverhältnisse nicht unangemessen. Erhebliche Gründe, weshalb vorliegend diese vor der unterhaltsrechtlichen Inanspruchnahme eingegangene Alt-Verbindlichkeit keine unterhaltsrechtliche Berücksichtigung finden soll, zeigt der Antragsteller auch nicht auf. Der bloße Verweis auf dadurch eintretende Einschränkungen der Leistungsfähigkeit ist kein tragfähiges Argument.

Insgesamt ist das verfügbare Einkommen von 1.610,02 EUR somit um 367,37 EUR auf 1.242,65 EUR zu bereinigen.

3. Zu Recht hat das Amtsgericht im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners allerdings dessen notwendigen Selbstbehalt wegen der Kostenersparnis aus der gemeinsamen Haushaltsführung mit seiner Lebenspartnerin um 10 % reduziert (vgl. dazu (BGH FamRZ 2008, 203 - Rdnr. 34 ff. bei juris; FamRZ 2010, 1535 - Rdnr. 44 f. bei juris). Der Umstand gemeinsamen Wohnens und Wirtschaftens mit einem Partner rechtfertigt die Annahme, dass insgesamt weniger Kosten für die allgemeine Lebensführung, aber auch für das Wohnen aufgewendet werden müssen, als dies bei einem Einpersonenhaushalt zu erwarten ist. (Im Streitfall wenden der Antragsteller und seine Partnerin nach Lage der Akten tatsächlich nur rund 650 EUR monatlich brutto warm für ihre 4-Zimmer-Wohnung mit eine Größe von 80 qm auf, sodass hälftig spürbar weniger als die im notwendigen Selbstbehalt berücksichtigten Kosten von 380 EUR (brutto warm) anfallen, ohne dass dies ersichtlich auf eine besonders bescheidene Wohnsituation zurückzuführen wäre; hinzu treten regelmäßig weitere Ersparnisse aus dem gemeinsamen Wirtschaften, z.B. für Strom, Medienkonsum, Lebensmittel.) Eine etwa bestehende unzureichende eigene Fähigkeit der Lebenspartnerin des Antragsgegners, zu den gemeinsamen Kosten für Wohnung und allgemeine Lebensführung angemessen beitragen zu können, was einer Reduzierung des Selbstbehalts im Einzelfall entgegenstehen könnte, hat der dafür darlegungs- und beweispflichtige Antragsgegner selbst nicht behauptet.

Soweit er geltend macht, das Zusammenleben mit seiner Partnerin gleiche allein seine gesundheitlich bedingten Einschränkungen aus und verbessere seine finanzielle Leistungsfähigkeit nicht, rechtfertigt das den Ansatz des ungekürzten notwendigen Selbstbehalts nicht. Wie der Senat in seinem Hinweis vom 10. März 2020 ausgeführt hat, ist davon auszugehen, dass - den vom Antragsgegner bzw. seiner Partnerin in deren eidesstattlicher Erklärung geschilderten Umfang der Hilfsbedürftigkeit in der allgemeinen Lebens- und Haushaltsführung unterstellt - er auf Antrag entsprechende Leistungen aus der Pflegeversicherung mindestens nach dem (mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz zum 1. Januar 2017 eingeführten) Pflegegrad 1 erhalten würde, die bereits für Personen bestimmt sind, die unter wenigen Krankheitssymptomen leiden, noch weitgehend selbstständig und fast ohne fremde Hilfe ihren Alltag meistern können. In der - den Begriff der Pflegebedürftigkeit legal definierenden - Vorschrift des § 14 SGB XI ist im Absatz 3 ausdrücklich bestimmt, dass Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten, die dazu führen, dass die Haushaltsführung nicht mehr ohne Hilfe bewältigt werden kann, bei den Kriterien der in Absatz 2 genannten sechs Bereiche zu berücksichtigen sind. Unterhaltsrechtlich ist der Antragsgegner aber gehalten, solche Pflegeversicherungsleistungen in Anspruch zu nehmen und dadurch seine gesundheitlich bestehenden Beeinträchtigungen auszugleichen. Würde andererseits der Pflegegrad 1 nicht erreicht, besteht auch dann kein Grund, der - dann aus gesundheitlichen Gründen gerade nicht erforderlichen - umfassenden Übernahme der Haushaltsführung durch die Partnerin unterhaltsrechtlich irgendeine Relevanz beizumessen. Unabhängig davon ist festzustellen, dass die die Reduzierung des Selbstbehalts und damit eine entsprechende Steigerung der Leistungsfähigkeit veranlassende Kostenersparnis schlicht an das Zusammenleben mit der Partnerin anknüpft, also ohnehin völlig unabhängig von der Notwendigkeit einer Inanspruchnahme von Pflege(versicherungs)leistungen, die einen konkreten Unterstützungsbedarf abdecken, entsteht und insoweit unterhaltsrechtlich kein Zusammenhang besteht. Die Kostenersparnis wird nicht dadurch aufgewogen, dass die Partnerin unentgeltlich Unterstützungsleistungen erbringt, die in gleicher Weise über die - versäumte - Inanspruchnahme von ihm zustehenden Leistungen der Pflegeversicherung „eingekauft" werden könnten.

4. Aus den einzusetzenden Einkünften von 1.242,65 EUR stehen unter Wahrung des dem Antragsgegner zu belassenen - gekürzten - notwendigen Selbstbehalts von 972 EUR insgesamt 270,65 EUR für den Unterhalt des Sohnes zur Verfügung. Zu berücksichtigen ist dabei die unstreitig erfolgte Unterhaltsleistung von 15 EUR monatlich, sodass ein weiterer Unterhaltsanspruch von 255,65 EUR besteht. Dieser Betrag liegt (geringfügig) unterhalb der 258 EUR monatlich betragenden Leistungen des Antragstellers, der deshalb aus übergegangenem Recht nach § 7 Abs. 1 UVG für den Streitzeitraum von Januar bis einschließlich September 2018 vom Antragsgegner insgesamt 2.300,85 EUR beanspruchen kann bzw. konnte. Abzuziehen war nämlich im Beschwerdeverfahren die nach Abschluss des Verfahrens erster Instanz vom Antragsteller über das Finanzamt ... vereinnahmten Beträge über insgesamt 1.188,97 EUR aus Steuererstattungsansprüchen des Antragsgegners. Es verbleibt danach ein weitergehender Zahlungsanspruch des Antragstellers von noch 1.111,88 EUR. ..."

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Umgangskosten hat der Unterhaltsschuldner so konkret darzustellen, dass zumindest eine Schätzung möglich ist; sie sind nur zu berücksichtigen, wenn der Umgangspflichtige sie nicht aus einem ihm verbleibenden Kindergeldanteil decken kann (vgl. Wendl/Klinkhammer UnterhaltsR, 10. Aufl.; § 2 Rn. 271). Der umgangsberechtigte Unterhaltsschuldner muss alle Möglichkeiten nutzen, um die Umgangskosten so niedrig wie möglich zu halten (vgl. Wendl/Klinkhammer UnterhaltsR, 10. Aufl.; § 2 Rn. 273 m.w.N.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 10.01.2020 - 13 UF 184/19):

„... Gegenüber den Kindesunterhaltsansprüchen (§§ 1601, 1602, 1610, 1612a, 1612b BGB) greift der Einwand der Leistungsunfähigkeit (vgl. § 1603 BGB) nicht durch.

Auf ihr tatsächliches Einkommen kann sich die Antragsgegnerin nicht zurückziehen, da sie gegenüber dem Antragsteller eine nach § 1603 Abs. 2 BGB verschärfte Erwerbsobliegenheit trifft. Diese rechtfertigt die Zurechnung eines erzielbaren Einkommens, wenn der Unterhaltsschuldner hinreichende Erwerbsbemühungen unterlässt (vgl. Nr. 9 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, fortan auch: LL). Die nach § 1603 Abs. 2 BGB gesteigerte Obliegenheit, seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen und einträgliche Erwerbstätigkeiten auszuüben, trifft auch den berufstätigen Unterhaltsschuldner, dessen vorhandenes Einkommen zur Erfüllung der Unterhaltspflichten nicht ausreicht, und legt ihm auf, sich um besser bezahlte Beschäftigungsmöglichkeiten zu bemühen (vgl. Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. § 2 Rn. 244 m.w.N.), wobei ihm regelmäßig auch eine Tätigkeit über 40 Wochenarbeitsstunden hinaus bis zu 48 Stunden nach Maßgabe von §§ 3, 9 Abs. 1 ArbZG einschließlich Nebentätigkeiten angesonnen werden kann (vgl. OLG Naumburg, FamRZ 2014, 133 Senat NZFam 2018, 1095, jew. m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben umfasst die gesteigerte Erwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin vorliegend durchschnittlich 32 Wochenstunden und mögliche Nebentätigkeiten, auch an drei Wochenenden. Die zu betrachtende Monatsarbeitszeit reduziert sich um vier Arbeitstage und ein Wochenende, denn der wahrzunehmende Umgang erstreckt sich monatlich über sechs zusammenhängende Tage von denen zwei auf ein Wochenende fallen.

Dass ein Arbeitgeber nicht bereit wäre, die Antragsgegnerin mit 80 % der regelmäßigen Arbeitszeit zu beschäftigen und diese Arbeitszeiten auf die Zeiten außerhalb der langfristig planbaren Umgänge der Antragsgegnerin zu legen, ist nicht feststellbar. Hierfür hinreichende Erwerbsbemühungen hat die für ihre Leistungsunfähigkeit darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegnerin schon nicht substanziiert und erwiderungsfähig dargelegt, worauf bereits das Amtsgericht zutreffend abgestellt hat.

Die 1986 geborene Antragsgegnerin, die über eine abgeschlossene Ausbildung als zahnmedizinische Fachangestellte mit einer besonderen Qualifikation für den Bereich der Zahnreinigung/Oralhygiene verfügt, könnte bei einer 80 % Stelle ein nach § 287 ZPO geschätztes bereinigtes Nettoeinkommen (Wendl/Dose UnterhaltsR, 10. Aufl., § 1 Rn. 793 m.w.N.) von etwa 1375 € erwirtschaften. Bei einer Spannbreite zwischen 1787 € bis 3350 € für die mittleren 50 % der Bruttogehälter für zahnmedizinische Fachangestellte ohne weitere Qualifikation etwa im Bereich Karlsruhe (vgl. http://www.gehaltsvergleich.com) ergibt sich ein durchschnittliches Bruttogehalt von 2.568,50 € für eine Vollzeitstelle und 2.054,80 € bei 80 %Teilzeit. Dies führt bei Steuerklasse I zu einem geschätzten Nettoeinkommen von 1.448,32 € (vgl. AOK Gehaltsrechner) und bereinigt um 5 % pauschalierter beruflicher Aufwendungen (Nr. 10.2.1. LL) zu 1.375,90 € monatlich. Auch wenn Mindestunterhaltsansprüche im Raume stehen, kann im Fall fiktiver Einkünfte kein konkreter Vortrag zu berufsbedingten Aufwendungen verlangt werden (vgl. BGH FPR 2009, 124, Rn. 39; E. Hammermann in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 1603 BGB, Rn. 21a m.w.N.; Senat, Beschluss vom 19. September 2018 - 13 UF 57/18 -, juris Rn. 22).

Die nach § 1603 Abs. 2 BGB gesteigerte Erwerbsobliegenheit umfasst nach den oben dargestellten Grundsätzen auch Nebentätigkeiten, die der Antragsgegnerin hier bis zu 24 Stunden monatlich zuzumuten sind. In diesem arbeitszeitrechtlich zulässigen - vorliegend indessen nicht einmal erforderlichen - Umfang könnte sie unter Geltung des Mindestlohns im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung und damit nicht versicherungspflichtig und bei pauschalierter Steuer (§ 40a EStG) bis zu 224,40 € monatlich in 2020 hinzuverdienen, bereinigt um pauschalierte berufliche Aufwendungen mithin 213,18 € monatlich. Dass ihr auch Nebentätigkeiten im Mindestlohnbereich verschlossen wären, lässt sich mangels jeglicher Erwerbsbemühungen der Antragsgegnerin nicht feststellen.

Ihr so ermitteltes fiktives Gesamteinkommen beliefe sich auf 1589,08 € und überstiege nach Abzug ihres Selbstbehaltes von 1.160,00 € (Nr. 21.5 Abs. 2 LL) den zugesprochenen Zahlbetrag der ersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle für ein Kind in der ersten Altersstufe (derzeit 267 €) um monatlich mehr als 160 €.

Umgangskosten hat das Amtsgericht zurecht unberücksichtigt gelassen. Sie sind so konkret darzustellen, dass zumindest eine Schätzung möglich ist, und nur zu berücksichtigen, wenn der Umgangspflichtige sie nicht aus einem ihm verbleibenden Kindergeldanteil decken kann (vgl. Wendl/Klinkhammer UnterhaltsR, 10. Aufl.; § 2 Rn. 271). Das lässt sich nicht feststellen. Auch im Beschwerdeverfahren hat die Antragsgegnerin, die als Umgangsberechtigte alle Möglichkeiten nutzen muss, um die Umgangskosten so niedrig wie möglich zu halten (vgl. Wendl/Klinkhammer UnterhaltsR, 10. Aufl.; § 2 Rn. 273 m.w.N.), die Umgangskosten nicht hinreichend konkret dargelegt, worauf bereits das Amtsgericht zutreffend abgestellt hat. Die von der Antragsgegnerin insoweit tatsächlich zu tragenden Kosten sind nicht einmal der Größenordnung nach erwiderungsfähig angegeben.

Die Ansprüche des Antragstellers wegen Unterhaltsrückständen (§ 1613 Abs. 1 BGB) hat das Amtsgericht zutreffend ermittelt, wogegen die Beschwerde insoweit auch keine gesonderten Angriffe führt.

Da sich die Antragsgegnerin nach Leistungsaufforderung am 25.04.2018 (vgl. 7) zum 01.05.2018 und Leistungsverweigerung durch Anwaltsschreiben vom 04.05.2018 (8) bei anschließender Mandatierung des Anwaltes des Antragstellers in Verzug mit der Unterhaltsleistung befand, kann er dessen Honorar als Verzugsschaden gem. §§ 280, 286 BGB geltend machen (vgl. Viefhues in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl. 2020, § 1613 BGB, Rn. 94 m.w.N.). ..."

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Aus § 1603 Abs. 2 BGB folgt nicht, dass das Gericht den Unterhaltsschuldner ohne nähere Ausführungen zum Umfang eines unstreitigen oder nachgewiesenen Verdienstes oder zumutbar erzielbarer fiktiver Einkünfte für stets leistungspflichtig halten dürfte. Gerade die Zurechnung fiktiver Einkünfte, in die auch mögliche Nebenverdienste einzubeziehen sind, setzt neben den nicht ausreichenden Erwerbsbemühungen eine vom Gericht festzustellende reale Beschäftigungschance des Unterhaltspflichtigen voraus. Ist einem Unterhaltsschuldner, der eine Erwerbsminderungsrente bezieht, ein fiktives Einkommen zurechenbar, ist der für nicht Erwerbstätige geltende Selbstbehalt anteilig im Verhältnis von Rente zu (fiktivem) Erwerbseinkommen zu erhöhen. Der Bezug einer sozialversicherungsrechtlichen Erwerbsunfähigkeitsrente entbindet den Unterhaltsschuldner nicht von der Notwendigkeit vorzutragen, warum die behaupteten gesundheitlichen Einschränkungen einer Tätigkeit im Rahmen einer verbleibenden Arbeitsfähigkeit gleichwohl noch entgegenstehen sollen (Anschluss BGH, Beschl. vom 9. November 2016 - XII ZB 227/15, FamRZ 2017, 109). Behauptet dieser, aufgrund Erkrankungen nicht zu einer Erwerbstätigkeit in der Lage zu sein, gehört zur schlüssigen Darlegung einer fehlenden oder nur eingeschränkten Erwerbsfähigkeit eine konkrete Arbeitsbeschreibung der vor der Erkrankung ausgeübten Berufstätigkeit, die die im Rahmen dieser Tätigkeit anfallenden Leistungen ihrer Art, ihres Umfangs und ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden lässt. Des Weiteren ist vorzutragen, hinsichtlich welcher einzelnen Leistungen eine Ausübung krankheitsbedingt nicht mehr möglich ist, wozu Art und Umfang der gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Leiden konkret darzulegen sind (OLG Köln, Beschluss vom 28.03.2019 - 10 UF 228/18).

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Die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils kann nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB entfallen, wenn er zur Unterhaltszahlung nicht ohne Beeinträchtigung seines angemessenen Unterhalts von 1300 € (Nr. 21.3.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, fortan auch: LL) in der Lage ist, während der betreuende Elternteil neben der Betreuung der Kinder auch den Barunterhalt leisten kann, ohne dadurch seinen eigenen angemessenen Unterhalt von 1300 € zu gefährden, und die Inanspruchnahme des nicht betreuenden Elternteils zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führen würde (vgl. Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, § 2 Rn. 398 m.w.N.). Ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern lässt sich annehmen, wenn dem betreuenden Elternteil nach Deckung des Kindesunterhalts wenigstens 500 € mehr verbleiben als dem Barunterhaltspflichtigen (vgl. Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, § 2 Rn. 398 m.w.N.). Zur Berücksichtigungsfähigkeit von Hausverbindlichkeiten des nicht betreuenden Elternteils. Zur Berücksichtigungsfähigkeit eines Nutzungsentschädigungsanspruchs des nicht betreuenden Elternteils gegen den betreuenden Elternteil. Wohnwertvorteil des betreuenden Elternteils als dessen Einkommen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.11.2018 - 13 UF 97/18).

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Nichteintritt der verschärften Haftung beim Kindesunterhalt (OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.08.2017 - 16 UF 118/17):

„... Der Antragsgegnerin ist der angemessene Selbstbehalt von 1.300 € zu belassen, so dass sie ab April 2017 nur zur Unterhaltszahlung in Höhe von 179 € monatlich leistungsfähig ist. Sie unterliegt nicht der verschärften Haftung des § 1603 Abs. 2 BGB, die zur Beschränkung auf den notwendigen Selbstbehalt führen würde, weil mit dem Vater der Antragstellerin ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB). Aus diesem Grund ist gemäß § 13 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SGB XI auch das Pflegegeld nicht als Einkommen der Antragsgegnerin zu berücksichtigen.

a) Auch ein sonst grundsätzlich nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht barunterhaltspflichtiger Elternteil kommt als anderer leistungsfähiger Verwandter im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB in Betracht. Denn der Grundsatz der Gleichwertigkeit von Barunterhalt und Betreuung gilt nicht uneingeschränkt, insbesondere dann nicht, wenn die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des betreuenden Elternteils deutlich günstiger sind als die des anderen Elternteils. Die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils kann entfallen oder sich ermäßigen, wenn er zur Unterhaltszahlung nicht ohne Beeinträchtigung seines eigenen angemessenen Unterhalts in der Lage wäre, während der andere Elternteil neben der Betreuung des Kindes auch den Barunterhalt leisten könnte, ohne dass dadurch sein eigener angemessener Unterhalt gefährdet würde. In solchen Fällen entfällt aber lediglich die gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB, also die Beschränkung auf den notwendigen Selbstbehalt. Die Unterhaltspflicht mit dem Einkommen, das den angemessenen Selbstbehalt übersteigt, wird davon nicht berührt (BGH FamRZ 2011, 1041 Rn. 41). Voraussetzung ist weiter, dass die Barunterhaltspflicht nur des nicht betreuenden Elternteils zu einem finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führen würde (BGH FamRZ 2011, 1041 Rn. 42; Wendl/Klinkhammer Unterhaltsrecht 9. Aufl. § 2 Rn. 398).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

aa) Der Vater hat ein unterhaltsrechtlich zu berücksichtigendes Einkommen von mindestens 2.735,41 €.

Zugrundezulegen ist zunächst ein jährliches Bruttoeinkommen von 63.429,96 €, wie es in der Abrechnung für Dezember 2016 und auch der Jahreslohnsteuerbescheinigung für 2016 bescheinigt wird. Das dort angegebene steuerfreie Einkommen von 4.309,56 € sind die Zuzahlungen des Arbeitgebers zur privaten Krankenversicherung. Diese Zahlungen sind daher nicht dem Bruttoeinkommen zuzurechnen, sondern bei der Ermittlung des Nettoeinkommens zu berücksichtigen. Die gesondert ausgewiesene Jahressonderzahlung von 3.967,93 € ist im genannten Gesamtbruttoeinkommen schon enthalten. Damit ergibt sich ein monatliches Bruttoeinkommen von 5.285,83 €. Davon abzuziehen sind die gesetzliche Rentenversicherung in Höhe von 494,22 €, die Arbeitslosenversicherung in Höhe von 79,28 €, der unter Berücksichtigung der Zahlungen des Arbeitgebers noch zu tragende Anteil an der privaten Krankenversicherung in Höhe von 378,45 € und der privaten Pflegeversicherung in Höhe von 49,79 €. Bei Lohnsteuerklasse 2, 1,5 Kinderfreibeträgen ergibt sich ferner eine zu berücksichtigende Lohnsteuer von 1.203 €, Solidaritätszuschlag von 46,06 € und Kirchensteuer in Höhe von 67 €, so dass er ein Nettoeinkommen von monatlich 2.968,01 € hat.

Hiervon ist als zusätzliche Altersvorsorge sein Eigenanteil für die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes abzuziehen, der sich 2016 im Schnitt auf 13,48 € belief. Weitere zusätzliche Altersvorsorge ist aber nicht zu berücksichtigen. Hierfür können nach den Leitlinien der Familiensenate der Oberlandesgerichte in Süddeutschland insgesamt 23 % des Bruttoeinkommens aufgewandt werden, was beim Vater der Antragstellerin 14.588,89 € entspricht. Da für die gesetzliche Rentenversicherung aktuell 18,7 %, also 11.861,40 aufgewandt werden und neben seinem Arbeitnehmeranteil auch der Arbeitgeberanteil von 3.432,96 € in die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes eingezahlt wird, ist dieser Betrag bereits erreicht.

Weiter sind pauschale berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 5 % des sich so ergebenden Einkommens, mithin in Höhe von 147,73 € zu berücksichtigen.

Ein Wohnvorteil oder die Einkünfte aus der Vermietung einer Wohnung sind dem Vater nicht zuzurechnen. Der Senat schätzt auch den Wohnwert des Hauses des Vaters auf 1.000 € monatlich. Das Haus hat nach den Angaben der Beteiligten zwar eine größere Wohnfläche als das Haus der Antragsgegnerin. Allerdings trägt die Antragstellerin auch erheblichen Renovierungsbedarf vor, weshalb es angemessen scheint, von einem vergleichbaren Wohnwert beider Häuser auszugehen. Diesen Wert realisiert er auch durch tatsächliche Einkünfte in Höhe der Mieteinnahme von 400 € monatlich. Allerdings hat der Vater auch monatliche Aufwendungen für die Finanzierung des Hauses, die den übrigen Wohnwert und die Mieteinkünfte übersteigen, denn er zahlt auf den Zins eines Darlehens 78,34 € und die Tilgung 470 €. Ferner zahlt er auf ein von seinen Eltern gewährtes Darlehen monatlich 333 € und er bedient einen „Wohn-Riester"-Bausparvertrag in Höhe von monatlich 163 €. Der Bausparvertrag ist zwar als Altersvorsorge staatlich gefördert, er ist aber beim Wohnvorteil zu berücksichtigen, da der Vertrag offensichtlich zur Finanzierung der Übernahme der Immobilie alleine gehört und daher auch notwendig war, um den Wohnwert überhaupt zu erhalten. Die Zahlungen übersteigen damit den Wohnwert des Hauses, wobei es sich hier bei den übersteigenden Zahlungen um Tilgungsleistungen handelt, die nur im Rahmen der oben genannten 23 % des Bruttoeinkommens als Altersvorsorge Berücksichtigung finden können (BGH FamRZ 2017, 519 Rn. 33 ff.). Dieser Betrag ist aber bereits durch andere Zahlungen erreicht.

Somit errechnet sich ein unterhaltsrechtlich zu berücksichtigendes Einkommen von 2.806,80 € monatlich.

Inwieweit die im Bescheid vom 14. Juni 2017 festgesetzte Einkommensteuernachzahlung für 2015 in Höhe von 856,69 € zu berücksichtigen ist, kann im Ergebnis offen bleiben. Denn selbst wenn diese Zahlung auf ein Jahr umgelegt und mit monatlich 71,39 € berücksichtigt würde, ergäben sich keine Änderungen an den folgenden Ergebnissen. Eine Aufklärung, inwieweit der gegen diesen Bescheid eingelegte Einspruch Erfolg hat oder inwieweit die Steuernachzahlung, die bei gemeinsamer Veranlagung gegen beide Eltern festgesetzt wurde, überhaupt auf den Vater entfällt, ist daher nicht erforderlich.

bb) Die Antragsgegnerin kann mit ihrem Einkommen von 1.478,85 € den vollen Unterhalt für die Antragstellerin nicht leisten, ohne ihren angemessenen Selbstbehalt von 1.300 € zu gefährden. Dem Vater der Antragsteller verbliebe jedoch nach Leistung des Unterhalts für alle Kinder selbst bei Berücksichtigung der Einkommensteuernachzahlung ein Einkommen von über 1.600 € (2.806,80 € - 364 € Elementarunterhalt Antragstellerin - 91 € Mehrbedarf Antragstellerin - 337 € Unterhalt ... - 337 € Unterhalt ... = 1.677,80 €), so dass er den Unterhalt leisten könnte, ohne seinen angemessenen Selbstbehalt zu gefährden.

Eine Haftung der Antragsgegnerin mit dem notwendigen Selbstbehalt für den Kindesunterhalt würde hier zu einem wirtschaftlichen Ungleichgewicht der Eltern führen, denn dann müsste sie den Elementarunterhalt in Höhe von 364 € tragen und hätte noch 1.114,85 € zur Verfügung. Für den Mehrbedarf, für den sie ohnehin nur mit dem angemessenen Selbstbehalt haftet, müsste zwar der Vater vollständig einstehen. Ihm verblieben dann aber immer noch monatlich 2.041,80 €, bei Berücksichtigung der Einkommensteuernachzahlung 1.970,41 €. Der so bestehende Einkommensunterschied in Höhe von über 850 € stellt ein solches wirtschaftliches Ungleichgewicht dar, dass der Vater hier jedenfalls anteilig für den Kindesunterhalt haften muss. Sofern in der Literatur hierfür Wertgrenzen diskutiert werden, liegen diese bei 500 € monatlich (vgl. Wendl/Klinkhammer Unterhaltsrecht 9. Aufl. § 2 Rn. 398). Damit liegt hier jedenfalls ein wirtschaftliches Ungleichgewicht vor.

Somit haftet die Antragsgegnerin nur in Höhe ihres angemessenen Selbstbehalts und ist für den Kindesunterhalt nur in Höhe von 179 € leistungsfähig. Den übrigen Unterhalt, sowie sämtlichen Mehrbedarf hat der Vater der Antragstellerin zu tragen.

cc) Das Pflegegeld ist weder für die Leistungsfähigkeit noch für die Frage, ob die Antragsgegnerin gesteigert unterhaltspflichtig ist, zu berücksichtigen. Denn nach § 13 Abs. 6 Satz 1 SGB XI ist es bei der Ermittlung von Unterhaltsverpflichtungen der Antragsgegnerin als Pflegeperson grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Eine Ausnahme sieht das Gesetz nur dann vor, wenn ein Fall des § 1603 Abs. 2 BGB vorliegt (§ 13 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SGB XI), die Pflegeperson also der gesteigerten Unterhaltspflicht unterliegt (Wendl/Dose Unterhaltsrecht 9. Aufl. § 1 Rn. 696). Ein solcher Fall ist aber, wie oben dargelegt, nicht gegeben.

Bei der Frage, ob der betreuende Elternteil ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB ist, hat das Pflegegeld entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch unberücksichtigt zu bleiben. Dies ergibt sich bereits aus der Systematik des § 13 Abs. 6 SGB XI. Demnach ist das Pflegegeld nicht zu berücksichtigen, sofern nicht einer der Ausnahmetatbestände des § 13 Abs. 6 Satz 2 SGB XI festgestellt wird. Für die Frage, ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, kann es schon deshalb nicht herangezogen werden; dadurch würde das Regel-Ausnahme-Verhältnis umgekehrt. Auch der Zweck des § 13 Abs. 6 SGB XI spricht gegen die Berücksichtigung des Pflegegelds insoweit. Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass das Pflegegeld nicht nur dem Pflegebedürftigen selbst, sondern auch der Pflegeperson, die die häusliche Pflege unentgeltlich übernommen hat, möglichst ungeschmälert erhalten bleibt (BGH FamRZ 2006, 846, 848). Mit dem sozialpolitischen Anliegen, die häusliche Pflege zu fördern und die Pflegebereitschaft und -fähigkeit im häuslichen Bereich zu stärken, wäre es nicht vereinbar, einen Teil des Pflegegelds als Vergütung zu bewerten (BGH FamRZ 2006, 846, 848). Die vom Gesetzgeber geregelte Ausnahme von der grundsätzlichen Nichtberücksichtigung des Pflegegeldes in Fällen des § 1603 Abs. 2 BGB dient dazu, der gesteigerten Unterhaltspflicht ein höheres Gewicht als dem sozialpolitischen Zweck des § 13 Abs. 6 SGB XI beizumessen, so dass im Mangelfall das Pflegegeld zur Sicherstellung des Kindesunterhalts herangezogen werden muss (vgl. BGH FamRZ 2008, 2189 Rn. 26). Daraus ergibt sich, dass der Zweck des Gesetzes die Berücksichtigung des Pflegegeldes nicht gebietet, wenn der Kindesunterhalt auch ohne seine Berücksichtigung sichergestellt ist. Das ist hier durch den Vater als anderen unterhaltspflichtigen Verwandten der Fall.

4. In der Zeit vor April 2017 hatte die Antragsgegnerin nur ein unterhaltsrechtlich zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von unter 1.300 € und war daher für einen Kindesunterhalt auf keinen Fall leistungsfähig. Da sie die Räume im Obergeschoss ihres Hauses erst ab April 2017 nutzen kann, steht ihr erst ab dieser Zeit der volle Wohnwert für das Haus zur Verfügung. Bis dahin erachtet der Senat es für angemessen, die Hälfte des Wohnwerts, mithin die vom Amtsgericht angenommenen 500 € monatlich zu berücksichtigen. Bei ansonsten unveränderten Berechnungsgrundlagen ergäbe sich damit ein Einkommen der Antragsgegnerin von 978,85 € und damit sogar erheblich unter dem notwendigen Selbstbehalt von 1.080 € monatlich. Inwieweit sie ein etwas höheres Einkommen erzielte, weil sie nach ihrem Vortrag im Jahr 2016 geringere Zins- und Tilgungsleistungen erbrachte, muss nicht im Einzelnen aufgeklärt werden. Da in dieser Zeit der Einkommensunterschied zum Vater der Antragstellerin noch erheblich größer war, unterlag sie erst recht nicht der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB und war nicht auf den notwendigen Selbstbehalt beschränkt. Ihr Einkommen lag in jedem Fall unterhalb des angemessenen Selbstbehalts.

In den Monaten Juli und August 2017 ist die Antragsgegnerin zwar arbeitslos und hat ihre bisherige Arbeitsstelle auch - durch den Tod des Arbeitgebers - unverschuldet verloren. Insoweit wäre sie zwar bei Ansatz des Arbeitslosengeldes - auch unter Berücksichtigung des aufgrund der fiktiven Tätigkeit möglichen Arbeitslosengeldes - aufgrund ihres Einkommens in diesen Monaten leistungsunfähig. Der Senat geht aber davon aus, dass sie bei Erfüllung der Erwerbsverpflichtung ebenfalls zum September wieder eine entsprechende Arbeitsstelle gefunden hätte und dass es ihr, nachdem die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ungefähr drei Monate nach dem Tod des Arbeitgebers wirksam und mit einer Frist von nahezu zwei Monaten ausgesprochen wurde, möglich und zumutbar ist, den Unterhalt für diese kurze Zeit der Arbeitslosigkeit aus Rücklagen zu finanzieren. ..."

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Zur schlüssigen Darstellung seiner Leistungsunfähigkeit hat der auf Mindestunterhalt in Anspruch genommene Unterhaltsschuldner in Ansehung der ihn treffenden Erwerbsobliegenheit aus § 1603 Abs. 1 BGB und eines ihm möglichen Einkommens (vergleiche Nr. 9 LL BRB) einlassungsfähige Ausführungen zu
- seinem Alter,
- seiner Vorbildung und
- seinem vollständigen beruflichen Werdegang
zu machen. Dies umfasst
- Zeitpunkt und Niveau seines Schulabschlusses und
- insbesondere eine lückenlose Darstellung seines Ausbildungsganges und
- seiner nach Ausbildungsabschluss ausgeübten Tätigkeiten sowie
- seiner dabei erzielten Einkommen.
Ohne diese Angaben lassen sich die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines anderen unterhaltspflichtigen Verwandten aus § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB ebenfalls nicht feststellen; es lässt sich nicht ausschließen, dass der Unterhaltsschuldner den beanspruchten Unterhalt bei Erfüllung seiner (ungesteigerten) Erwerbsobliegenheit aus § 1603 Abs. 1 BGB ohne Beeinträchtigung seines angemessenen Selbstbehalts leisten kann. Bei der Prüfung des Vorhandenseins eines anderen unterhaltspflichtigen Verwandten (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB) erfolgt zur Beurteilung eines erheblichen finanziellen Ungleichgewichts zwischen den Eltern ein Einkommensvergleich unter Einbeziehung fiktiver Einkünfte des regulär barunterhaltspflichtigen Elternteils (vergleiche Born, in MüKo, 6. Aufl. § 1603, Rn. 114; Reinken in BeckOK BGB § 1603 Rn. 42 | Ed. 26, Viefhues in: jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 1603 BGB, Rn. 808, jew. m.w.N.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 01.11.2016 - 13 WF 244/16).

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Die von Eurostat herausgegebene Tabelle "Vergleichende Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" enthält nur den Kaufkraftausgleich. Eine Währungsumrechnung ist ggfs. gesondert vorzunehmen (entgegen OLG Oldenburg vom 19. Oktober 2012, 11 UF 55/12, Juris Rn. 65). Die Leistungsfähigkeit eines im Ausland lebenden Unterhaltspflichtigen ist zu ermitteln, indem die auf deutsche Verhältnisse zugeschnittenen Mindestbedarfswerte auf die im Ausland geltende Kaufkraft umgerechnet werden (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.08.2016 - 5 UF 87/14).

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Jenseits der Verpflichtung zur Sicherstellung des Mindestkindesunterhalts und der damit einhergehenden gesteigerten Unterhaltspflicht ist die Berücksichtigung überobligatorischen Einkommens beim Unterhaltspflichtigen auch im Kindesunterhalt an den Grundsätzen von Treu und Glauben zu messen. Im Rahmen der vorzunehmenden Billigkeitsabwägung kann als maßgeblicher Gesichtspunkt gegen eine Heranziehung des aus einer überobligatorischen Nebentätigkeit stammenden Einkommens sprechen, dass der Unterhaltspflichtige seine Nebentätigkeit erst nach Trennung bzw. nach der Scheidung der Ehe mit der Mutter der unterhaltsberechtigten Kinder aufgenommen hat. Die Kostentragungspflicht wegen der vorprozessualen Verletzung einer unterhaltsrechtlichen Auskunftspflicht setzt die Ursächlichkeit der Auskunftspflichtverletzung für den Ausgang des nachfolgenden Unterhaltsverfahrens voraus (OLG Koblenz, Beschluss vom 04.04.2016 - 13 UF 44/16).

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1. Der Umstand, dass ein Elternteil dem volljährigen, privilegierten und unterhaltsberechtigten Kind ein dingliches Wohnrecht an dem von beiden bewohnten Familienheim einräumt, führt nicht dazu, dass deshalb die gesteigerte Unterhaltsobliegenheit des anderen Elternteils nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB entfiele, weil das unterhaltsberechtigte Kind nicht mehr "im Haushalt eines Elternteils" (im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) lebt.
2. Zur fiktiven Zurechnung von Vermögen - Ertrag und Stamm - beim Unterhaltsberechtigten.
3a. Dem gesteigert Unterhaltspflichtigen sind Einkünfte aus einer Nebentätigkeit jedenfalls dann nicht fiktiv zuzurechnen, wenn ihm bereits die Einkünfte aus einer ausbildungs- und fähigkeitsgerechten Vollzeiterwerbstätigkeit zugerechnet werden, kein Mangelfall vorliegt und Unterhalt oberhalb des Mindestunterhalts geschuldet ist.
3b. Zur "logischen Folgerichtigkeit" bei der Zurechnung fiktiver Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, wenn der Unterhaltspflichtige in dem Unterhaltszeitraum, für den ihm Erwerbseinkünfte fiktiv zugerechnet werden, für einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt.
3c. Bei der Unterhaltsbemessung ist bei einem Unterhaltspflichtigen, dem bereits fiktiv Einkünfte aus einer ausbildungs- und fähigkeitsgerechten Vollzeiterwerbstätigkeit zugerechnet werden, die zu einer Unterhaltsverpflichtung oberhalb des Mindestunterhalts führen, zwar der Zinsertrag, aber nicht das Kapital der von einem früheren Arbeitgeber für den Verlust des bisherigen Arbeitsplatzes gezahlten Abfindung zu berücksichtigen, weil der Abfindung in diesem Fall unterhaltsrechtlich keine Lohnersatzfunktion zukommt.
4. Zu den Rücksichtnahmepflichten im wirtschaftlichen Bereich im Eltern-Kind-Verhältnis.
5a. Zur Verwirkung des Unterhaltsanspruchs eines volljährigen, privilegierten Kindes, das ein ihm zur Deckung des eigenen Unterhaltsbedarfs zugewandtes, nicht unerhebliches Vermögen dazu einsetzt, ein dingliches Wohnrecht in dem Familienheim zu erwerben, das er mit dem ihn während der Minderjährigkeit betreuenden Elternteil bewohnt.
5b. Bei der Billigkeitsabwägung im Rahmen der Unterhaltsverwirkung nach § 1611 BGB ist der Umstand, dass das unterhaltsberechtigte, volljährige Kind sich noch in der allgemeinen Schulausbildung befindet, besonders zu berücksichtigen (KG Berlin, Beschluss vom 27.01.2016 - 13 UF 234/14)

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Bei der Ermittlung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen ist der Wert des Sachbezugs durch die Überlassung eines Firmenfahrzeugs auch für private Zwecke gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Der Vorteil des Firmenfahrzeugs wird durch die steuerliche Bewertung erfasst. Eine Korrektur des steuerlichen Ansatzes kann geboten sein, wenn sich der Unterhaltspflichtige aufgrund seiner angespannten wirtschaftlichen Situation (hier: Verbraucherinsolvenz, 4 Unterhaltsberechtigte) privat ein weniger teures Fahrzeug anschaffen würde. Dann ist es gerechtfertigt, dem Einkommen nur den Nutzungsvorteil eines seinem Einkommen, seinen Unterhaltspflichten und seinen Verbindlichkeiten entsprechenden Fahrzeugs zuzurechnen. Der Unterhaltsbedarf des in den Vereinigten Staaten (Miami/Florida) lebenden Kindes ist im Hinblick auf den Kaufkraftunterschied um 9 % herabzusetzen. Dieser Kaufkraftunterschied ergibt sich aus den vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.08.2015 - 2 UF 69/15).

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Auch bei einem minderjährigen Unterhaltsberechtigten kommt die Zurechnung fiktiver Einkünfte in Betracht, wenn dieser dauerhaft dem Schulunterricht fernbleibt und auch keiner gesetzlich erlaubten Erwerbstätigkeit nachgeht. Dies gilt aber dann nicht, wenn der betroffene Minderjährige noch der gesetzlichen Schulpflicht unterliegt. Im Rahmen von § 1603 Abs. 2 BGB hat der barunterhaltspflichtige Elternteil auch den Vermögensstamm (hier: Erlös aus der Veräußerung einer Immobilie) einzusetzen, soweit sein Einkommen nicht ausreicht, den Mindestunterhalt des Kindes zu decken und dies im Einzelfall zumutbar ist (OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.07.2015 - 5 UF 50/15).

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Der Beweis dafür, dass der Unterhaltsschuldner seine Arbeitsstelle aus unterhaltsbezogener Leichtfertigkeit aufgegeben hat, obliegt dem Unterhaltsberechtigten. Er genügt seiner Darlegungslast, wenn er zunächst die Behauptung aufstellt, der Unterhaltsverpflichtete habe durch vorwerfbares Verhalten seine bisherige Arbeitsstelle aufgegeben. Diesen Vortrag muss der Unterhaltspflichtige substanziiert bestreiten. Dem Unterhaltsberechtigten obliegt es dann, den Beweis zu führen, dass die vom Unterhaltsverpflichteten genannten Gründe des Arbeitsplatzverlustes nicht zutreffen. Die unterhaltsrechtliche Vorwerfbarkeit einer durch einen selbstverschuldeten Verlust des Arbeitsplatzes entstehenden Einkommensminderung ist auf schwerwiegende Fälle zu beschränken. In der Regel sind daher Feststellungen dazu erforderlich, dass sich der Verpflichtete mit seinem Fehlverhalten am Arbeitsplatz bzw. gegenüber seinem Arbeitgeber der Unterhaltsverpflichtung hat entziehen wollen, oder dass ihm jedenfalls bewusst gewesen ist, dass er als Folge seines Verhaltens Nachteile in seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit erleiden könnte (OLG Hamburg, Beschluss vom 07.05.2015 - 2 UF 82/14).

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Das Interesse des unterhaltspflichtigen Elternteils an einer Erstausbildung tritt jedenfalls dann hinter dem Interesse des Kindes auf Zahlung des Mindestunterhalts zurück, wenn der Unterhaltsverpflichtete bereits mehrere Erstausbildungen abgebrochen hat und aufgrund seiner Schulausbildung sowie sonstigen beruflichen Erfahrung in der Lage ist, eine berufliche Tätigkeit auszuüben, mit der er sowohl sein Einkommen als auch den Mindestunterhalt erwirtschaften kann (OLG Hamm, Beschluss vom 24.04.2015 - 12 UF 225/14).

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Ausgangspunkt für die Zurechnung eines fiktiven Einkommens in einem Fall, in dem die behauptete unterhaltsrechtliche Leistungsunfähigkeit Folge einer Insolvenz sein soll, ist derjenige Betrag, den der Unterhaltspflichtige unter Berücksichtigung seiner Ausbildung, seiner Fähigkeiten und seiner sonstigen persönlichen Qualifikation realistischerweise tatsächlich erzielen könnte. Ein erstes, allerdings sehr gewichtiges Indiz ist dabei dasjenige Einkommen, das der Unterhaltspflichtige bislang, bis zur Insolvenzantragstellung, tatsächlich erzielt hat (KG Berlin, Beschluss vom 14.04.2015 - 13 WF 59/15):

„... Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 3, 569 ZPO), jedoch nicht begründet. Das Familiengericht hat dem Antragsteller die von diesem begehrte Verfahrenskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung, einen Antrag auf Abänderung des vorliegenden Vergleichs über die Zahlung eines dynamisierten Kindesunterhalts in Höhe von 128% des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich der Hälfte des (jeweiligen) Kindergeldes für ein erstes Kind auf einen neuen Unterhaltsfestbetrag in Höhe von 100 €/Monat mit Wirkung ab dem 1. Januar 2014, zu Recht und mit zutreffender Begründung, die der Senat sich nach Prüfung zu eigen macht, versagt: Bei der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bietet die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg, so dass hierfür auch keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden kann (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine andere Entscheidung:

1. a) Im Verhältnis zum Antragsgegner, seinem minderjährigen Sohn, trifft den Antragsteller eine gesteigerte Unterhaltsobliegenheit; er ist verpflichtet, alle ihm verfügbaren Mittel gleichmäßig zur Sicherstellung seines eigenen Unterhalts und desjenigen seines minderjährigen Sohnes zu verwenden (§ 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Antragstellers wird dabei nicht nur durch sein tatsächlich vorhandenes Vermögen und Einkommen bestimmt, sondern auch durch seine Arbeits- und Erwerbsfähigkeit. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so trifft ihn aus unterhaltsrechtlicher Sicht die Obliegenheit, die ihm zumutbaren Einkünfte zu erzielen, insbesondere seine Arbeitsfähigkeit so gut wie möglich einzusetzen und eine ihm mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Soweit er dieser Erwerbsobliegenheit nicht nachkommt, muss er sich so behandeln lassen, als ob er ein Einkommen, das er ‚bei gutem Willen' erzielen könnte, auch tatsächlich erzielt (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 2012 - 1 BvR 1530/11 -, FamRZ 2012, 1283 [bei juris Rz. 12] sowie Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [8. Aufl. 2011], § 1 Rn. 736).

b) Ausgangspunkt für die Ermittlung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist danach dasjenige Einkommen, was von diesem unter Berücksichtigung seiner persönlichen Qualifikationen realistischerweise tatsächlich erzielt werden kann (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [8. Aufl. 2011], § 1 Rn. 737, 743). Ein erstes, allerdings sehr gewichtiges Indiz ist dabei das Einkommen, das der Unterhaltspflichtige bislang erzielt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2014 - XII ZB 185/12 -, FamRZ 2014, 637 [bei juris Rz. 13]; KG, Beschluss vom 16. April 2013 - 17 UF 8/13 -, JAmt 2013, 483 = FamRZ 2014, 45 [LSe] (bei juris Rz. 9f.). Konkret bedeutet dies, dass das Maß der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des Antragstellers durch ein durchschnittliches Nettoeinkommen in Höhe von 3.000 €/Monat bestimmt wird; auf der Grundlage dieses Einkommens hat er sich in dem abzuändernden Titel zur Leistung von Kindesunterhalt verpflichtet.

c) Wenn der Unterhaltspflichtige wie hier der Antragsteller geltend macht, dass er den Unterhaltsbedarf des Berechtigten ohne Gefährdung seines eigenen, angemessenen Lebensbedarfs nicht mehr bestreiten kann, so liegt es an ihm, die Voraussetzungen der behaupteten unterhaltsrechtlich relevanten Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit darzulegen und zu beweisen. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2014 - XII ZB 185/12 -, FamRZ 2014, 637 [bei juris Rz. 13]). Konkret heißt das, dass von einem Unterhaltspflichtigen, der sich auf eine eingeschränkte oder fehlende Leistungsfähigkeit beruft, zunächst die seine Lebensstellung bestimmenden Tatsachen wie etwa sein Alter, sein Familienstand, sein Einkommen und sein Vermögen, aber auch seine Ausbildung und seine beruflichen Fähigkeiten darzulegen sind; weiter ist von ihm darzulegen, welche Schritte er unternommen hat, um ein seinen Fähigkeiten und seiner Ausbildung entsprechendes (Erwerbs-) Einkommen wieder zu erlangen (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [8. Aufl. 2011], § 6 Rn. 723ff., 728; Palandt/Brudermüller, BGB [74. Aufl. 2015], § 1603 Rn. 47).

2. Den vorstehend skizzierten Maßstäben wird der Vortrag des Antragstellers ganz offensichtlich nicht gerecht:

a) Als Begründung dafür, dass er das bisherige Einkommen von 3.000 € netto monatlich nunmehr nicht mehr erzielen kann, wird von ihm lediglich angeführt, dass er selbständig - wohl im Bereich der Firmenberatung und der Immobilienbranche - tätig war, in wirtschaftliche Not geraten sei und einen Insolvenzantrag stellen musste. Das genügt nicht. Aus dem Vortrag geht noch nicht einmal mit der erforderlichen Sicherheit hervor, über wessen Vermögen Insolvenz eröffnet worden ist: Unklar bleibt, ob eine Privatinsolvenz des Antragstellers vorliegt oder ob die Firmen und Unternehmen, die er möglicherweise geleitet hat bzw. für die er als Geschäftsführer tätig war, insolvent geworden sind und sein Privatvermögen von der Unternehmensinsolvenz miterfasst wurde, weil er für die Unternehmen gebürgt hat oder als Geschäftsführer hierfür aus anderen Gründen - die darzulegen sind - einzustehen hatte. Im Übrigen wird noch nicht einmal mitgeteilt, wann Insolvenzantrag gestellt wurde und ob auf die Antragstellung überhaupt ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist: Allein der Hinweis, das Familiengericht möge die Akten des Insolvenzverfahrens beiziehen, ersetzt keinen schlüssigen Vortrag. So fehlt beispielsweise auch jeglicher Vortrag zu einem eventuell vorhandenen Vermögen: Der Antragsteller trägt lediglich vor, dass er seine bisherige selbständige Tätigkeit aufgrund der Insolvenz habe aufgeben müssen, aber nicht, welche Auswirkungen die Insolvenz auf sein Vermögen gehabt hat. Dafür, dass der Antragsteller zu einem derartigen Vortrag nicht in der Lage sein sollte, ist nichts ersichtlich; die entscheidenden Fakten dürften sich vermutlich aus dem Insolvenzantrag und dem vorläufigen Bericht des Insolvenzverwalters ergeben (§§ 13, 22 InsO).

b) Der Hinweis des Antragstellers, dass er nach der Insolvenzantragstellung staatliche Transferleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beantragt und im Zeitraum vom 1. September 2012 bis zum 28. Februar 2013 auch erhalten hat, führt zu keiner anderen Bewertung: Der Antragsteller ist daran zu erinnern, dass allein der Hinweis auf den Bezug von Arbeitslosengeld II oder die Meldung beim Arbeitsamt als arbeitsuchend nicht geeignet ist, eine fehlende Leistungsfähigkeit zu belegen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2014 - XII ZB 185/12 -, FamRZ 2014, 637 [bei juris Rz. 17]; KG, Beschluss vom 16. April 2013 - 17 UF 8/13 -, FamRZ 2014, 45 [LSe] = JAmt 2013, 483 [bei juris Rz. 8]; OLG Brandenburg, Beschluss vom 8. Februar 2008 - 13 UF 6/07 -, NJW 2008, 3366 [bei juris Rz. 5]).

c) Auch der Vortrag des Antragstellers, dass er seit Juli 2013 - unklar bleibt, von was der Antragsteller in der Zeit von März 2013, nach dem Auslaufen des bezogenen Arbeitslosengelds II, bis Ende Juni 2013 gelebt hat - in Vollzeit als Vertriebsmitarbeiter bei der Fa. A. UG, Berlin, mit einem Nettogehalt von 1.047,37 €/Monat arbeitet, ist kein Beleg für eine fehlende unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit: Aus dem Vortrag des Antragstellers ergibt sich insbesondere nicht, dass er mit Annahme dieser Tätigkeit eine seinen beruflichen Fähigkeiten und seiner Ausbildung - über welche Ausbildung und Berufserfahrungen der Antragsteller verfügt, ist völlig unklar - entsprechende Stelle angetreten hätte und damit der Obliegenheit, seine Arbeitskraft im Interesse seines minderjährigen Sohnes bestmöglichst auszuschöpfen (vgl. nur Palandt/Brudermüller, BGB [74. Aufl. 2015], § 1603 Rn. 40), gerecht geworden wäre. Der Antragsteller verkennt, dass von ihm nachvollziehbar vorzutragen (und zu dokumentieren) ist, was er im Einzelnen unternommen hat, um einen auskömmlichen, seinen Fähigkeiten und seiner Ausbildung entsprechenden Arbeitsplatz zu erlangen (vgl. nur Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [8. Aufl. 2011], § 1 Rn. 782ff., § 6 Rn. 701, 721, 724; Büte/Poppen/Menne-Botur, Unterhaltsrecht [2. Aufl. 2009], § 1603 Rn. 11). Der Antragsteller ist daran zu erinnern, dass ein Unterhaltsschuldner im Falle der Arbeitslosigkeit verpflichtet ist, sich selbst aktiv, nachdrücklich und ernsthaft um einen neuen Arbeitsplatz zu bemühen (vgl. nur Büte/Poppen/Menne-Botur, Unterhaltsrecht [2. Aufl. 2009], § 1603 Rn. 8). Der Umfang und die Intensität, in der sich ein arbeitsloser Unterhaltsschuldner um eine neue Erwerbstätigkeit zu bemühen hat, hat dabei in zeitlicher Hinsicht in etwa dem Arbeitseinsatz bei einer vollschichtigen Tätigkeit zu entsprechen; als "Richtgröße" wird hierbei vielfach von ca. 20 bis 30 gezielten Bewerbungen im Monat über einen längeren Zeitraum hinweg ausgegangen (vgl. Büte/Poppen/Menne-Botur, Unterhaltsrecht [2. Aufl. 2009], § 1603 Rn. 9). Die dem Antragsteller obliegende Darlegung, dass es für ihn tatsächlich keine andere, auskömmliche Erwerbsmöglichkeit gab, als eine Gehaltseinbuße von etwa 2.000 € Netto monatlich hinzunehmen und für die Fa. A. UG tätig zu werden, erfordert unter den Umständen des vorliegenden Falls - mangels gegenteiliger Erfahrungssätze - den Nachweis, dass er sich hinreichend um eine anderweitige Erwerbstätigkeit bemüht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2014 - XII ZB 185/12 -, FamRZ 2014, 637 [bei juris Rz. 17] sowie Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [8. Aufl. 2011], § 1 Rn. 782). Dass der Antragsteller diesen Vorgaben gerecht geworden wäre und er sich tatsächlich ab dem (wohl) insolvenzbedingten Ende seiner bisherigen Erwerbstätigkeit um eine neue, entsprechende Arbeitsstelle bemüht hätte, wird von ihm jedoch noch nicht einmal behauptet.

3. Die Erfolgsaussichten der vom Antragsteller beabsichtigten Rechtsverfolgung sind nach summarischer Prüfung aber auch im Hinblick auf die Antragserwiderung des Antragsgegners - die bei Prüfung der Erfolgsaussichten zu berücksichtigen ist (vgl. Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe [7. Aufl. 2014], Rn. 409; Zöller/Greger, ZPO [30. Aufl. 2014], Vor § 138 Rn. 7b ff.) - zu verneinen:

a) Der Antragsgegner hat zahlreiche Indizien unterschiedlichen Gewichts dafür vorgetragen, die die Annahme einer fehlenden Leistungsfähigkeit des Antragstellers eher fern liegend erscheinen lassen: So hat der Antragsgegner vorgetragen, der Antragsteller sei in der Lage, einen luxuriösen Lebensstil aufrecht zu erhalten; er soll mit ihm - dem Sohn - mehrfach in Skiurlaube und regelmäßig zum Oktoberfest (nach München?) gefahren sein. Weiter soll er im Jahr 2013 der Schule des Sohnes einen Betrag von 2.000 € gespendet haben, er trägt - insoweit unstreitig - die Kosten für den Gitarrenunterricht des Antragsgegners in Höhe von 60 €/Monat und soll diesem Sport- und Freizeitartikel kaufen, die - vor dem Hintergrund der vom Antragsteller behaupteten wirtschaftlich sehr beengten Lage - unverhältnismäßig teuer sind. Auch soll der Antragsteller E-Mails versenden, die in der Fußzeile einen Hinweis auf eine Fa. A. GmbH & Co I. KG enthalten: Dieses Unternehmen ist nicht identisch mit dem Arbeitgeber des Antragstellers - die A. UG - und das lege die Vermutung nahe, dass der Antragsteller möglicherweise, entgegen seinem Vortrag, für ein weiteres Unternehmen tätig sei (Schriftsatz des Antragsgegners vom 4. November 2014, dort S. 2; Bl. 37R). Eine weitere Verstärkung erfährt dies durch die Äußerungen, die der Antragsteller vor dem Jugendamt gemacht haben soll: In dem vom Antragsgegner vorgelegten Bericht des Jugendamtes L. vom 5. Februar 2015 (im Verfahren Amtsgericht Pankow/Weißensee, 11 F 7238/14) heißt es, der Antragsteller habe gegenüber dem Mitarbeiter des Jugendamtes u.a. erklärt, dass er - der Antragsteller - mit "seiner bzw. der Firma seiner Lebensgefährtin bereits wieder die erste Million eingefahren" habe; er verfüge über einen Jahresumsatz von 45 Millionen Euro sowie weiter, dass er "locker 1.000 € Unterhalt bezahlen" könne. Aus dem Bericht ergibt sich weiter, dass der Antragsteller seinen Sohn mit einer teuren Skiausrüstung ausgestattet hat, er ihm Markenfußballschuhe und -kleidung kaufe und ihn auf dem Schulweg abpasse, um ihm Fußballkarten, Geld oder andere Dinge zuzustecken. Auch soll der Antragsteller über ein Auto verfügen: Insgesamt betrachtet, ergibt sich aus diesen Schilderungen ein Lebensstil, der mit einem Gehalt von monatlich knapp über 1.000 €, wie der Antragsteller es behauptet, schlechterdings nicht finanzierbar wäre.

b) Diesem Vortrag ist der Antragsteller nur sehr pauschal, unsubstantiiert oder in rechtlich unbeachtlicher Art und Weise entgegengetreten: Dass er gegenüber dem Jugendamt angegeben haben soll, über ein erhebliches Vermögen zu verfügen, wird von ihm bestritten: Dieses Bestreiten mit Nichtwissen ist, da es sich um eigene Erklärungen des Antragstellers handeln soll, unzulässig und damit unbeachtlich (§ 138 Abs. 4 ZPO). Zu der Vermutung, dass er für weitere Unternehmen tätig sein könnte, erklärt er lediglich, nur bei einem Unternehmen angestellt zu sein und verweist auf die vorgelegten Lohnabrechnungen. Eine Erklärung, weshalb er Mails unter dem Namen eines Unternehmens schreibt, der nicht die Firma seines Arbeitgebers ist, fehlt. Zu der Spende von 2.000 € behauptet er, diese sei nicht von ihm, sondern von seinem Arbeitgeber - der A. UG - geleistet worden: Das vermag kaum zu überzeugen, weil keinerlei Gründe dafür ersichtlich sind, weshalb die A. UG an die Schule, die vom Antragsgegner besucht wird, eine größere Geldspende leisten sollte. Hinzukommt, dass die Spende offenbar zu einem Zeitpunkt geleistet wurde, als die A. UG erst kurze Zeit als werbendes Unternehmen am Markt tätig war; sie soll, so der Antragsteller, überhaupt erst im Jahr 2013 gegründet worden sein: Dass ein Unternehmen bereits kurz nach der Gründung schon in der Lage ist, namhafte Spenden an Schulen zu leisten, ist eher ungewöhnlich. Bei lebensnaher Betrachtung drängt sich hier vielmehr der Schluss auf ein besonderes Näheverhältnis zwischen der Fa. A. UG und dem Antragsteller auf. Die Skiurlaube werden vom Antragsteller nicht bestritten; er trägt lediglich pauschal vor, dass ihm seine Familie einmal eine Saisonkarte für 350 € geschenkt habe und dass seine Freundin die Kosten des Skiurlaubs bezahlt habe. Nähere Belege für diese Behauptungen hierfür fehlen indessen. Im Übrigen soll seine Familie, insbesondere die Großeltern, den Antragsteller mit den notwendigen Geldmitteln ausstatten, die es ihm erlauben, dem Antragsgegner teure Geschenke wie beispielsweise Sportschuhe zu machen: Offenbar verfügt der Antragsteller über die Möglichkeit, sich auf andere Weise, etwa über seine Familie, Geldmittel zu verschaffen. Insoweit wird von ihm freilich verkannt, dass derartige Mittel, auch wenn sie ihm nur gelegentlich zufließen sollten, von ihm in erster Linie zur Sicherstellung des titulierten Barunterhalts des Kindes einzusetzen sind (§ 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB). ..."

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„... Das Rechtsmittel ist auch begründet, da der Antragsgegner nicht leistungsfähig ist (§ 1603 Abs. 1 BGB) und führt daher unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses zur Abweisung der gestellten Unterhaltsanträge.

Abgesehen davon, dass sich das Amtsgericht weder näher mit der Zulässigkeit des Abänderungsantrages der Antragstellerin zu 1.) noch dem eingeholten Gutachten auseinandergesetzt und im Ansatz zutreffend ausgeführt hat, dass im Einzelfall zu prüfen sei, ob der Unterhaltspflichtige in der Lage ist, ein ausreichendes Einkommen zu erzielen, hat es letztlich den Anträgen nur deshalb stattgegeben, weil der Antragsgegner keine Erwerbsbemühungen dargelegt habe. Es fehle daher ein Vergleichsmaßstab, ob und in welchem Umfang er Einkünfte erzielen kann.

Darüber hinaus hat das Amtsgericht auch nicht bemerkt, dass im Antrag des Antragstellers zu 2.) ein Widerspruch zwischen der angegebenen Altersstufe und dem gegenwärtig geforderten Zahlbetrag besteht.

1. Auch wenn die Antragstellerin zu 1.) letztlich nicht substantiiert dargelegt hat, auf welcher Grundlage der Vergleich vom 26.04.2012 geschlossen worden ist und warum es ihr nicht zumutbar sein soll, an dem Vergleich festgehalten zu werden, ist ihr Abänderungsantrag nach dem gesamten Vorbringen der Beteiligten als (noch) zulässig (§ 239 Abs. 1 S. 2 FamFG) zu werten, denn für die Zulässigkeit des Abänderungsantrages genügt grundsätzlich die Behauptung von Änderungstatsachen, deren Richtigkeit unterstellt die Abänderung rechtfertigt.

Insoweit hat die Antragstellerin zu 1.), die nicht in der Lage ist, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen, zumindest - wenn auch mit einer offensichtlich ergebnis-orientierten und durch Nichts belegten Behauptung zur Höhe seiner Einkünfte - vorgetragen, dass der Antragsgegner nunmehr in einem Beschäftigungsverhältnis stehe. Demgegenüber ergibt sich aus seinem eigenen Vortrag, dass er bei Abschluss des Vergleichs lediglich Leistungen nach dem SGB II bezogen hat.

2. Allerdings sind der Abänderungsantrag der Antragstellerin zu 1.) und der Leistungsantrag des Antragstellers zu 2.) unbegründet, weil keine Grundlage dafür besteht, davon ausgehen zu können, dass der Antragsgegner tatsächlich in der Lage ist, für geforderte Unterhaltszahlungen ausreichende Einkünfte zu erzielen.

Den Antragsgegner trifft gegenüber den minderjährigen und bedürftigen Antragstellern die verschärfte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB. Entgegen seiner mehrfach geäußerten Auffassung ist der Antragsgegner aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht von der gesteigerten Erwerbsobliegenheit befreit.

Nicht nur, dass in dem eingeholten Gutachten keine Feststellung getroffen ist, er sei erwerbsunfähig, behauptet dies der Antragsgegner selbst nicht, sondern verweist gerade darauf, dass er in der Vergangenheit auch tatsächlich - wenn auch nur geringfügig - beschäftigt gewesen ist.

Unbestritten reichen die tatsächlichen Einkünfte des Antragsgegners nicht aus, um Unterhalt zu zahlen. Allerdings wird seine Leistungsfähigkeit nicht nur durch die tatsächlich vorhandenen, sondern auch durch solche Mittel bestimmt, die er bei gutem Willen durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit unter Umständen auch im Wege eines Orts- oder Berufswechsels erreichen könnte (Senat, NJW-RR 2004, 76 f. m. w. N.).

Dass er entsprechende Bemühungen unternommen hätte, seine wirtschaftliche Situation nachhaltig zu verbessern, ist nicht ersichtlich. Die Antragsteller rügen völlig zutreffend, dass der Antragsgegner keinen Bewerbungsversuch substantiiert dargelegt, geschweige denn dokumentiert hat. Es genügt insoweit nicht zur Darlegung ausreichender subjektiver Erwerbsbemühungen, wenn der Antragsgegner lediglich darauf verweist, in der Vermittlung der Agentur für Arbeit bzw. des Jobcenters zu stehen und zum anderen mehrfach geringfügige Beschäftigungsverhältnisse gehabt zu haben.

Daher ist hier nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. FamRZ 2012, 1283 Rn. 15 m. w. N.) eine Voraussetzung für die Zurechnung fiktiver Einkünfte gegeben.

Auch wenn der Antragsgegner grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die behauptete Leistungsunfähigkeit hat, kann nicht einfach aufgrund des Unterlassens von Erwerbsbemühungen ein für den Unterhaltsantrag ausreichendes Einkommen angenommen werden. Ebenso wenig können unternommene Erwerbsbemühungen einen Vergleichsmaßstab für die Höhe erzielbarer Einkünfte bilden. Bewerbungen auf irgendwelche Stellen, haben keinerlei Aussagekraft dazu, welches Einkommen der Antragsgegner realistisch erzielen kann.

Soweit das Amtsgericht den Antragsgegner in Höhe der geforderten Beträge für leistungsfähig erachtet hat, hat es sich offensichtlich nicht die Frage vorgelegt, welches unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen er dafür erzielen müsste.

Da beide Antragsteller im streitgegenständlichen Zeitraum bereits das 12. Lebensjahr vollendet haben, beläuft sich der geforderte Gesamtbetrag auf (2 x 334 € =) 668 €. Dieser Unterhalt würde immerhin bis Dezember 2014 ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.668 € und ab Januar 2015 wegen des auf 1.080 € gestiegenen notwendigen Selbstbehaltes ein solches von 1.748 € erfordern und ist unter Berücksichtigung von lediglich 5 % berufsbedingten Aufwendungen in Steuerklasse 1 nur bei einem Bruttoeinkommen von 2.700 bis 2.800 € erzielbar (Schürmann, FamRZ 2014, 275). Für ein Bruttoeinkommen von 2.700 € wäre bei 130 Monatsstunden (= 5 Tage x 6 Stunden x 4,33 Wochen) ein Stundenlohn von 20,77 € und selbst bei Ansatz von 6 Arbeitstagen und damit 155 Monatsstunden, wie es die Antragsteller verlangen, noch ein solcher von 17,42 € notwendig.

Allerdings vermag der Senat vorliegend dem Ansatz von 6 Arbeitstagen und damit 36 Stunden pro Woche nicht zu folgen, weil damit quasi durch die Hintertür fast eine Vollbeschäftigung erreicht wird. Auch wenn Samstagsarbeit grundsätzlich zulässig ist, kann von einem Unterhaltsschuldner nicht verlangt werden, dass er Woche für Woche samstags arbeitet, denn er hat auch Anspruch auf Freizeit und Erholung. Darüber hinaus ist beim Antragsgegner gerade durch das Gutachten festgestellt, dass er gesundheitliche Beeinträchtigungen hat, die seine Erwerbsfähigkeit einschränken. Es kann von ihm nicht verlangt werden, ohne Rücksicht auf seinen Körper zu arbeiten.

Stundenlöhne von mehr als 17 € sind für den nur eingeschränkt einsetzbaren Antragsgegner ohne besondere berufliche Qualifikation jedenfalls nicht ansatzweise erzielbar.

Als zweite Voraussetzung der Zurechnung fiktiver Einkünfte ist zu berücksichtigen, dass die zur Erfüllung der Unterhaltspflichten erforderlichen Einkünfte für den Verpflichteten objektiv erzielbar sein müssen, was von seinen persönlichen Voraussetzungen wie beispielsweise Alter, beruflicher Qualifikation, Erwerbsbiographie und Gesundheitszustand und dem Vorhandensein entsprechender Arbeitsstellen abhängt (BVerfG, a. a. O.).

Die reale Beschäftigungschance des Antragsgegners ergibt sich danach nicht daraus, dass auf dem Arbeitsmarkt Teilzeitstellen angeboten werden, denn es kommt nicht darauf an, ob es irgendwelche Stellen auf dem Arbeitsmarkt gibt, sondern dass diese auch für den Antragsgegner zugänglich und zumutbar sind.

Die vorgelegten Angebote für Bürotätigkeiten (ohne Verdienstangaben) stellen ersichtlich erhebliche Anforderungen an die Qualifikation des Bewerbers. Zudem sind sie auf Arbeitsorte in F. und B. bezogen, was jedenfalls für den Antragsgegner auch mit Umzugskosten verbunden wäre. Dass er die Anforderungen an die Bürotätigkeiten erfüllen könnte, bestreitet der Antragsgegner. Im Übrigen ist seine Eignung weder von den Antragstellern behauptet noch sonst ersichtlich. Der Antragsgegners hat zuletzt 1995/1996 in seinem Beruf , den er gesundheitsbedingt nicht mehr ausüben kann, gearbeitet und sich seither nach seinem Vorbringen mit geringfügigen Beschäftigungen "über Wasser gehalten". Gegenteiliges haben die Antragsteller, deren Mutter die Erwerbsbiographie des Antragsgegners aufgrund des ehelichen Zusammenlebens kennt, nicht behauptet.

Allenfalls kämen die ‚Angebote' von L. mit einer angegebenen Vergütung von mindestens 11 €/Std. in Betracht, die der Antragsgegner als nicht zu seinen gesundheitlichen Einschränkungen passend und damit als nicht möglich bezeichnet. Es mag zwar sein, dass seine gesundheitlichen Einschränkungen ihn hindern, stundenlang Waren zu bewegen und Regale einzuräumen, jedoch sind Aushilfstätigkeiten im Handel damit nicht ohne Weiteres ausgeschlossen.

Allerdings sind diese ‚Angebote' lediglich Aufforderungen, sich online zu bewerben. Die Bewerbung würde an die zuständige Regionaldirektion weitergeleitet. Mithin kann nicht ohne Weiteres vom Vorhandensein derartiger Stellen für den Antragsgegner ausgegangen werden. Zudem werden keine Arbeitszeiten genannt. Indessen kann nach den Gepflogenheiten im Handel auch nicht angenommen werden, dass Aushilfstätigkeiten täglich für die Dauer von 6 Stunden zur Verfügung stehen.

Aber selbst, wenn man eine Teilzeittätigkeit von wöchentlich 30 Stunden zu 11 €/Std. annimmt, würde der Antragsgegner bei 130 Stunden monatlich 1.430 € brutto verdienen können, was in Lohnsteuerklasse 1 bei 1,0 KFB im Jahre 2014 nur ein Nettoeinkommen von 1.063,66 € und nach Abzug von 5 % 1.010,48 € bedeutet. Auch diese Berechnung zeigt, um wirklich Unterhalt zahlen zu können, müsste der Antragsgegner deutlich mehr als 11 €/Std. verdienen.

Eine solche Möglichkeit hält der Senat für ausgeschlossen, zumal das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 27.08.2014 (FamRZ 2014, 1977 f.) zuletzt entschieden hat, dass bei fehlender beruflicher Qualifikation die Zurechnung fiktiver Einkünfte konkrete Feststellungen zu den aktuellen Mindestlöhnen sowie zum Umfang einer Nebenerwerbstätigkeit und der hieraus erzielbaren Einkünfte erfordert. Der im dort zugrunde liegenden Verfahren in der Nichtabhilfeentscheidung angesetzte Stundenlohn von 8,50 € ist zwar mittlerweile Mindestlohn geworden und übersteigt die dem Senat aus zahlreichen anderen Verfahren bisher bekannten Löhne für ungelernte Arbeiten oder in der Zeitbranche, reicht aber bei einer dem Antragsgegner zumutbaren Beschäftigung von täglich 6 Stunden ebenfalls nicht, um zu einer Leistungsfähigkeit zu führen, denn bei 130 Stunden im Monat ergäbe sich ein Bruttoeinkommen von 1.105,00 € und damit in Lohnsteuerklasse 1 ein Nettoeinkommen von rd. 862 €. Nach Abzug von 5 % (mindestens 50 €) berufsbedingten Aufwands verblieben 812 €, so dass zum Erreichen des notwendigen Selbstbehalts zunächst 188 € und ab Januar 2015 sogar 268 € fehlen.

Nach Überzeugung des Senats besteht jedenfalls keinerlei Grundlage dafür, dem Antragsgegner ein höheres Einkommen als 8,50 € pro Stunde zuzurechnen. Dabei ist es schon fraglich, ob er ein solches Einkommen tatsächlich auf Dauer erzielen kann und kaum vorstellbar, dass ein Arbeitgeber, der Kenntnis von den gesundheitlichen Einschränkungen des Antragsgegners hat, sich entschließt, ihm einen entsprechenden Arbeitsvertrag anzubieten, denn er muss von vornherein damit rechnen, dass der Arbeitnehmer nicht voll einsatzfähig ist oder ggf. wegen Verstärkung der Beschwerden nicht regelmäßig zur Verfügung steht.

Im Hinblick auf die von der Sachverständigen festgestellte Arbeitsfähigkeit des Antragsgegners von täglich bis zu 6 Stunden kann ihm auch nicht ernsthaft angesonnen werden, sich um Nebenverdienste zu bemühen.

Schließlich halten sich die 8,50 € pro Stunde grundsätzlich auch im Bereich der vom Antragsgegner dargelegten Verdienstmöglichkeiten bei Aushilfstätigkeiten. Zwar hat er dabei selbst Stundenlöhne von mehr als 10 € angegeben, jedoch kann dies nicht zu anderen Überlegungen führen, denn es sind ausdrücklich Aushilfslöhne, so dass nur von temporären Verdienstmöglichkeiten, nicht aber von einer Festanstellung mit entsprechend gesicherten Einkünften ausgegangen werden kann.

3. Grundsätzlich zutreffend verweisen die Antragsteller darauf, dass der Antragsgegner zur Sicherung ihres Unterhalts auch vorhandenes Vermögen einsetzen müsse (vgl. Dose in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Praxis, 8. Aufl., § 1, Rn. 619 f.).

Indessen hat der Antragsgegner dargelegt, über kein Vermögen zu verfügen und dazu einerseits auf sein Vorbringen im Verfahren, Az.: 2 F 501/11, verwiesen, in dem er bereits vorgetragen hatte, den Erlös aus dem Verkauf des den Ehegatten gehörenden Grundstücks, verbraucht zu haben. Darüber hinaus ist auch sein Vortrag, er habe angesichts seiner geringfügigen Beschäftigungen und des SGB II-Bezuges kein Vermögen erwerben können, ohne Weiteres nachvollziehbar. Dass er anderweitig Vermögen erworben haben könnte, haben die Antragsteller im Übrigen nicht ansatzweise behauptet.

Aber selbst wenn der Antragsgegner noch über den Veräußerungserlös verfügen würde, folgt auch daraus nicht ohne Weiteres, dass er leistungsfähig ist. Auch bei der erweiterten Unterhaltspflicht kann der Vermögensstamm nur dann zur Befriedigung des Mindestbedarfs der Kinder herangezogen werden, wenn der notwendige Selbstbehalt des Unterhaltsverpflichteten unter Berücksichtigung seiner voraussichtlichen Lebensdauer sowie unter Berücksichtigung zu erwartender künftiger Erwerbsmöglichkeiten bis an sein Lebensende gesichert wird. Er darf nicht selbst sozialhilfebedürftig werden (vgl. Dose, a. a. O., Rn. 620).

Darüber hinaus kann vom Unterhaltsschuldner nicht verlangt werden, dass er sein Vermögen restlos für den Unterhalt einzusetzen hat, ihm ist jedenfalls auch ein "Notgroschen" zu belassen. Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu fiktiven Einkünften kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass der jetzt 47-jährige Antragsgegner dauerhaft seinen Lebensunterhalt selbst sicherstellen kann. Dabei kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Zufluss des Verkaufserlöses schon längere Zeit zurückliegt und der Antragsgegner jedenfalls nur geringe Einkünfte neben SGB II-Leistungen hatte, so dass er eines Teils des Vermögens auch bedurft hätte, um seinen eigenen Unterhalt zu sichern.

4. Soweit die Antragsteller schließlich darauf verweisen, der Antragsgegner sei nicht von vornherein davon befreit, sich die Mittel für den Unterhalt durch Kreditaufnahme zu beschaffen, ist zwar denkbar, kurzfristige Zahlungsprobleme durch Kreditaufnahme zu überbrücken. Indessen verkennen sie, dass es schon höchst fraglich ist, ob der Antragsgegner bei seinen finanziellen Verhältnissen einen entsprechenden Kredit erhält. Entscheidend ist aber, dass nicht ansatzweise angenommen werden kann, dass dem Antragsgegner zukünftig Einkünfte über seinem notwendigen Selbstbehalt zur Verfügung stehen, die er zur Kredittilgung einsetzen könnte. Von ihm kann nicht verlangt werden, sich im Hinblick auf seine grundsätzlich bestehende Unterhaltsverpflichtung dauerhaft zu verschulden. ..." (OLG Thüringen, Beschluss vom 19.03.2015 - 1 UF 637/14)

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Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit entfällt grundsätzlich nicht bei der Betreuung weiterer Kinder. Zur Ermöglichung einer Erwerbstätigkeit sind für die im Haushalt des Unterhaltsschuldners lebenden Kinder zumutbare Fremdbetreuungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen.Bei der Bemessung der Höhe von fiktiven Einkünften kann grundsätzlich auf die Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz bzw. tarifliche Entgelte abgestellt werden. Die Untergrenze des zurechenbaren Einkommens ergibt sich grundsätzlich aus dem Mindestlohngesetz. Soweit der Unterhaltsschuldner überwiegend weitere in seinem Haushalt lebende Kinder betreut, ist die Ausübung einer Nebentätigkeit neben einer vollschichtigen Haupttätigkeit in der Regel nicht zumutbar (OLG Schleswig, Beschluss vom 12.01.2015 - 10 UF 171/14):

„... Die nach den §§ 117, 58 FamFG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers hat im tenorierten Umfang Erfolg.

1. Die Antragsgegnerin ist dem Antragsteller gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB gesteigert unterhaltsverpflichtet, muss also in jeder ihr möglichen und zumutbaren Art und Weise zu seinem Mindestunterhalt beitragen. Nach ständiger Rechtsprechung ist dabei für ihre Leistungsfähigkeit nicht allein auf die tatsächlichen, sondern vielmehr auch auf erzielbare Einkünfte abzustellen, soweit ihre Erwerbsbemühungen nicht ausreichend sind und für sie eine hinreichend reale Beschäftigungsmöglichkeit besteht (vgl. BGH FamRZ 2014, 637 ff.).

Hierbei trägt die Antragsgegnerin als Unterhaltspflichtige die volle Darlegungs- und Beweislast für eine geltend gemachte vollständige oder teilweise Leistungsunfähigkeit; diese ihr obliegende Darlegungs- und Beweislast erstreckt sich ausdrücklich auch auf ein behauptetes Fehlen einer realen Beschäftigungschance (BGH a.a.O. Rn. 11). Dabei sind an die Feststellung, dass für einen Unterhaltsschuldner keine reale Beschäftigungschance besteht, strenge Maßstäbe anzulegen. Es bestehen selbst in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und für ungelernte Kräfte regelmäßig keine Erfahrungssätze dahingehend, dass ein Arbeitnehmer nicht in eine vollschichtige Tätigkeit zu vermitteln wäre (BGH a.a.O. Rn. 13). Das Fehlen realer Erwerbsmöglichkeiten für eine Vollzeittätigkeit kann in der Regel nur durch den Nachweis geführt werden, dass der Unterhaltspflichtige sich hinreichend um eine Erwerbstätigkeit bemüht hat (BGH a.a.O. Rn. 17).

Zur Abwendung der sie treffenden Erwerbsobliegenheit kann die Antragsgegnerin sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie die Zwillingsschwester des Antragstellers und ihr weiteres Kind J. betreuen muss. Denn die gesteigerte Barunterhaltsverpflichtung der Antragsgegnerin entfällt grundsätzlich nicht durch die Betreuung weiterer Kinder (Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2011, § 2 Rn. 446). Zumutbare Fremdbetreuungsmöglichkeiten sind in Anspruch zu nehmen (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2007, 73; OLG Bremen FamRZ 2005, 647).

In diesem Zusammenhang nimmt der Senat auf die vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 10. September 2014 eingereichten Internetausdrucke der Grundschule H. Bezug. Daraus ergibt sich, dass dort in Zusammenarbeit mit der örtlichen Kindertagesstätte grundsätzlich eine ganztägige Betreuung der Kinder möglich ist. Unter Berücksichtigung ihrer gesteigerten Erwerbsobliegenheit ist die Antragsgegnerin verpflichtet, diese Betreuungsmöglichkeit grundsätzlich für die bei ihr lebenden Kinder in Anspruch zu nehmen. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegnerin (vgl. OLG München FamRZ 2005, 1112f) hat zwingende Hinderungsgründe hierfür weder vorgetragen noch sind sie für den Senat ersichtlich.

2. Die Antragsgegnerin hat die sie aus der gesteigerten Erwerbsverpflichtung nach § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB treffenden Obliegenheiten verletzt.

Die von der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer gesteigerten Erwerbsver-pflichtung zu fordernden umfangreichen Bewerbungsbemühungen (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 74. Aufl. 2015, § 1603 Rn. 43) sind von ihr weder dargetan noch ersichtlich. Auch die im Schriftsatz vom 30. Dezember 2014 vorgetragenen telefonischen Nachfragen genügen den Anforderungen nicht. Insbesondere wäre die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen, seit Eintritt ihrer gesteigerten Erwerbsobliegenheit - d. h. seit der ersten Hälfte des Jahres 2014 - sich intensiv um eine Beschäftigung zu bemühen. Hierfür fehlt jeglicher substantiierter Vortrag.

Die fehlenden Erwerbsbemühungen sind aber nur dann für die Leistungsunfähigkeit kausal, wenn feststeht, dass zugerechnete Einkünfte für den Unterhaltsschuldner objektiv überhaupt erzielbar sind (BGH FamRZ 2009, 314). Dies hängt von seinen persönlichen Voraussetzungen, wie Alter, berufliche Qualifikation, Erwerbsbiografie, Gesundheitszustand und vom Vorhandensein entsprechender Arbeitsstellen ab (BVerfG FamRZ 2012, 1283, FamRZ 2010, 626; BGH FamRZ 2008, 2104ff.).

Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass für die Bemessung der Höhe von fiktiven Einkünften grundsätzlich auf die Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz (vgl. auch BVerfG NJW 2012, 2420 Rn. 21; OLG Köln, Beschluss v. 30. April 2013 - 25 WF 91/13 -, juris; OLG Celle FamRZ 2013, 1752) bzw. tarifliche Entgelte abgestellt werden kann. Soweit die Antragsgegnerin nunmehr vorträgt, dass ihr insbesondere ein fiktives Einkommen in der Höhe wie sie im Gebäudereinigerhandwerk erzielt werden kann, nicht zugerechnet werden könne, da sie gesundheitlich an einer solchen Erwerbstätigkeit gehindert wäre, kann dies offen bleiben. Denn der Senat ist der Auffassung, dass die Antragsgegnerin bei entsprechenden Erwerbsbemühungen jedenfalls ein Einkommen in dieser Größenordnung als Bürohilfe in Höhe von 1.650,00 € brutto monatlich erzielen kann.

Hierbei hat der Senat sich zum einen daran orientiert, dass die Antragsgegnerin trotz entsprechenden Hinweises des Antragstellers nichts zu entsprechenden Erwerbsbemühungen für eine Tätigkeit als Bürohilfe vorgetragen hat. Der Senat geht weiter davon aus, dass die Antragsgegnerin eine solche Tätigkeit ausüben kann. Insbesondere hat sie schon über ein Jahr erfolgreich bei der R. eine Tätigkeit als Bürohilfe ausgeübt. Der Senat nimmt insoweit auf das als Anlage AG 1 eingereichte Arbeitszeugnis Bezug. Soweit die Antragsgegnerin gesundheitliche Einschränkungen anführt, ist weder ersichtlich noch hat sie insoweit ausdrücklich vorgetragen, dass diese sie an einer Tätigkeit als Bürohilfe hindern würden. Auch ist bei einer Tätigkeit als Bürohilfe ein Führerschein nicht Voraussetzung.

Im Hinblick auf das fiktiv zuzurechnende Entgelt hat der Senat sich an den untersten tariflichen Vergütungen für Bürohilfen orientiert. Diese betragen z. B. im Groß- und Außenhandel NRW ab Mai 2014 1.762,00 € brutto für eine vollschichtige Tätigkeit (http://www.boeckler.de/wsi-tarifarchiv). Auch die weiteren Recherchen des Senats stützen diese Feststellung. So ergibt sich z. B. aus dem Suchportal gehaltsvergleich.com für das Bundesland Niedersachsen ein durchschnittliches Gehalt als Bürogehilfe in Höhe von 1.762,00 € brutto. Da nicht alle Unternehmen insoweit tarifgebunden sind und ein tariflicher Mindestlohn in der Branche nicht existiert, hält der Senat es für angemessen, einen weiteren Abschlag von ca. 100,00 € brutto vorzunehmen, so dass ein erzielbares Einkommen in Höhe von 1.650,00 € brutto für die Antragsgegnerin realistisch erscheint. Dies entspricht einem Bruttostundenlohn von ca. 9,49 €, der im Gesamtgefüge angemessen erscheint. Denn die unterste Grenze für die Zurechnung fiktiver Einkünfte dürfte der nunmehr eingeführte Mindestlohn nach § 1 MiLoG von 8,50 € sein (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss v. 07. August 2014 - 9 UF 159/13 -, juris). Die übrigen Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz bewegen sich regelmäßig im Bereich von über 9,00 € brutto/Stunde.

3. Für das Jahr 2014 ergibt sich dann bei Lohnsteuerklasse 2 und 1,0 Kinderfreibeträgen ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.215,28 €. Davon sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats 5 % berufsbedingte Aufwendungen, mithin 60,76 € abzuziehen, so dass für das Jahr 2014 ein Einkommen in Höhe von 1.154,52 € anzusetzen ist. Im Jahre 2015 ist aufgrund der geringfügig geänderten sozialversicherungsrechtlichen Abzüge ein Einkommen in Höhe von 1.215,70 € abzüglich von 5 % fiktiven berufsbedingten Aufwendungen, mithin insgesamt 1.154,95 € erzielbar.

Darüber hinaus ist der notwendige Selbstbehalt der Antragsgegnerin aufgrund von Vorteilen des Zusammenlebens gemäß den Unterhaltsrechtlichen Leitlinien des OLG Schleswig (Punkt 21.5) um 10 %, mithin im Jahre 2014 um monatlich 100,00 € und ab dem Jahr 2015 um monatlich 108,00 € monatlich zu reduzieren. Der Senat geht davon aus, dass der neue Partner der Antragsgegnerin hinreichend leistungsfähig ist, da dieser nach ihrem Vortrag eine vollschichtige Erwerbstätigkeit bei der Firma C. ausübt. Für die fehlende Leistungsfähigkeit ihres neuen Partners und damit für das Fehlen von Vorteilen des Zusammenlebens ist im Übrigen die Antragsgegnerin vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet (vgl. BGH FamRZ 2010, 802ff). Hierzu fehlt jeglicher substantiierter Vortrag.

4. Der Senat geht allerdings nicht davon aus, dass der Antragsgegnerin weitere (fiktive) Einkünfte aus einer Nebentätigkeit zugerechnet werden können. Der Bundesgerichtshof geht zwar davon aus, dass neben einer vollschichtigen Tätigkeit regelmäßig auch ein Einkommen aus einer fiktiven Nebentätigkeit zugerechnet werden kann (BGH FamRZ 2014, 1992; BGH FamRZ 2014, 637). Dies gilt aber nur, wenn eine mögliche Nebentätigkeit nicht im Einzelfall unzumutbar ist. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür hat die Antragsgegnerin. Allerdings geht der Senat aufgrund des Umstandes, dass die Antragsgegnerin zwei minderjährige Kinder betreut, davon aus, dass ihr es nicht zumutbar ist, neben einer vollschichtigen Tätigkeit eine weitere Nebentätigkeit auszuüben (vgl. OLG Bremen FamRZ 2010, 574).

5. Im Rahmen der Unterhaltsberechnung ist weiter zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin für das bei ihr lebende Kind A. auch den Barunterhalt erbringen muss, da der gesetzliche Vertreter des Antragstellers unstreitig keinen Barunterhalt zahlt. Somit ist das Kind A. in die Unterhaltsberechnung als gleichrangig Berechtigte mit einzubeziehen.

Weiterhin ist der Antragsgegnerin aufgrund des Wechsels des Antragstellers im Dezember 2013 in den Haushalt seines Vaters eine auskömmliche Übergangsfrist bis zum Beginn ihrer Erwerbsobliegenheit einzuräumen (vgl. OLG Brandenburg, MDR 2013, 856). Diese benötigt die Antragsgegnerin, um sich um entsprechende Arbeitsstellen zu bemühen und die Betreuung der Kinder zu organisieren, so dass der Senat es für angemessen hält, der Antragsgegnerin erst ab Juni 2014 fiktives Einkommen zuzurechnen.

6. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich dann für den Zeitraum Juni 2014 bis Dezember 2014 ein Unterhaltsanspruch des Antragstellers in Höhe von monatlich 128,00 €. Im Jahre 2015 ergibt sich aufgrund der Erhöhung des notwendigen Selbstbehaltes ein Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 92,00 €. ..."

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Gegenüber einem unterhaltsberechtigten minderjährigen Kind muss der Unterhaltsschuldner den Vorteil einsetzen, der sich aus der Wahl einer günstigeren Steuerklasse für ihn ergibt. Beim Splitting-Vorteil (Wahl der Steuerklassen 3/5) aus einer neuen Ehe ist der Gesamtvorteil dabei auf den Unterhaltsschuldner und den Ehegatten der neuen Ehe im Verhältnis der jeweiligen Einkünfte aufzuteilen (OLG Nürnberg, Beschluss vom 11.12.2014 - 10 UF 1182/14).

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„... Die dem Grunde nach unstreitige Unterhaltspflicht des Antragsgegners gegenüber seinen minderjährigen Kindern und dem inzwischen privilegiert volljährigen Kind (§§ 1601, 1602, 1603 BGB) besteht mindestens in der im angefochtenen Beschluss angenommenen Höhe.

1. Die unterhaltsrelevante Leistungsfähigkeit des Antragsgegners wird nicht durch seine Ruhestandsbezüge bestimmt, sondern durch die Möglichkeit, seine um 20 Prozent geminderte Erwerbsfähigkeit entweder als Pfarrer oder in einem für ehemalige Pfarrer geeigneten Beruf oder zum Ausüben einer Nebentätigkeit einzusetzen, um Einkommen zu erzielen, das seine Ruhestandsbezüge entweder ersetzt oder ergänzt.

a) Der Antragsgegner muss sich fiktives Einkommen zurechnen lassen. Er ist seiner gesteigerten Unterhaltspflicht im hier interessierenden Zeitraum seit Beginn 2010 nicht ausreichend nachgekommen. Er hat alle ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen, um seinen minderjährigen unverheirateten Kindern und dem privilegiert volljährigen Kind Barunterhalt zahlen zu können (§ 1603 II 1 BGB). Auf seine Ruhestandsbezüge seit 2009 darf der Antragsgegner deshalb nur dann verweisen, wenn es ihm nicht möglich ist, durch den Einsatz seiner Arbeitskraft und unter Ausnutzung seiner durch Bildung, Ausbildung und Erfahrung bestimmten Möglichkeiten ein höheres Einkommen zu erzielen. Wer arbeitslos ist oder in Teilzeit arbeitet oder eine am Maßstab der eigenen Möglichkeiten schlecht bezahlte Tätigkeit ausübt, hat sich deshalb um Arbeit oder besser bezahlte Arbeit zu bemühen, indem er nach freien Arbeitsstellen sucht. Diese Obliegenheit trifft auch den Unterhaltspflichtigen, dessen Möglichkeiten es erlauben, einen höheren als den Mindestunterhalt zu leisten (vgl. Wendl/ Dose-Klinkhammer, UnterhR, 8. Aufl. 2011, § 2 Rdnr. 207, 210, 244). Die Vorstellungen und Wünsche des Unterhaltspflichtigen über die Gestaltung seines (Berufs-)Lebens haben hinter dem Erfüllen der gesteigerten Unterhaltspflicht zurückzustehen. Wer diesen Obliegenheiten nicht gerecht wird, muss sich so behandeln lassen, als ob er ein Einkommen tatsächlich hätte, das er bei gutem Willen und gehöriger Anstrengung erzielen könnte.

Wegen der gesteigerten Unterhaltsverpflichtung gegenüber minderjährigen Kindern hat der Antragsgegner die Umstände des Verlustes seines Arbeitsplatzes darzulegen. Insbesondere hat er gegebenenfalls vorzutragen, weshalb er selbst eine Anstellung beendet hat und welche Aussichten dabei auf eine anschließende Erwerbstätigkeit bestanden. So kann der Unterhaltspflichtige den Vorwurf widerlegen, er habe leichtfertig auf erzielbares Einkommen verzichtet, das ihm fiktiv zuzurechnen wäre, wenn er seiner Darlegungslast nicht genügt.

Der Antragsgegner ist dieser Darlegungslast nachgekommen, indem er den Übergang von der Berufsausübung über die Freistellung in den Wartestand und schließlich in den Ruhestand geschildert hat. Der Verweis auf das Schreiben des Konsistoriums vom 25. Januar 2010 (Bl. 64, 649) reicht aus, um darzulegen, die Umstände des Zusammenlebens und des allmählichen Zerbrechens der Familie seien die entscheidenden Ursachen für den Übergang in den Wartestand. Diese Umstände hat der Antragsgegner jedenfalls nicht allein zu verantworten. Das Ausscheiden aus dem aktiven Dienst als Pfarrer und der Übergang in den Wartestand kann dem Antragsgegner deshalb nicht als unterhaltsrelevantes Fehlverhalten angelastet werden.

Für die Zeit nach der Trennung der Eheleute im Mai 2009 bleibt der Antragsgegner allerdings eine Erläuterung schuldig, ob er den Übergang in den Ruhestand hätte abwenden können und welche Bemühungen er angestellt hat, einen anderen Beruf zu ergreifen, wenn es nicht möglich gewesen sein sollte, erneut eine Pfarrstelle zu übernehmen. Die Organisation des Familienverbandes und etwaige Absprachen über die Einteilung der Erwerbs- und der Familienarbeit können nach der Trennung keine Rolle mehr gespielt haben. Der Antragsgegner hatte sich nun in der Trennung einzurichten und dabei insbesondere der Erfüllung seiner Unterhaltspflichten und damit dem Einkommenserwerb seine erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen.

Der Antragsgegner kann sich deshalb für das Jahr 2010 - und erst recht in den nachfolgenden Jahren - nicht darauf zurückziehen, seine familiäre Lage habe seiner Wiederverwendung als Pfarrer entgegengestanden und er habe auf Besserung warten wollen, um in den Pfarrerberuf zurückzukehren. Seiner gesteigerten Unterhaltspflicht hätte es entsprochen, nach einer Tätigkeit zu suchen, die mindestens gleich entgolten wird.

Dem Antragsgegner stand außerdem die Möglichkeit offen, seine Ruhestandsbezüge durch eine Tätigkeit zu ergänzen, aus der nicht das dem Pfarrerberuf angemessene Entgelt zu erzielen ist. Aus einer solchen geringer entlohnten Tätigkeit (Nebentätigkeit) hätte der Antragsgegner seine Ruhestandsbezüge ohne Anrechnung bis zur Höhe der Bezüge eines aktiven Pfarrers ergänzen können (§§ 3 I EKD-VersG, 53 I, II Nr. 1 BeamtVG).

Der Antragsgegner hätte sich bemühen müssen, die dazu erforderlichen Genehmigungen seines Konsistoriums zu erlangen, erforderlichenfalls durch wiederholtes Vorstelligwerden und Verhandlungen um das Erlaubte und Mögliche. Seiner strengen Obliegenheit hätte es entsprochen, die Rückkehraussichten aufzugeben, wenn anders ein Einkommen nicht erzielbar ist, das die Erfüllung aller ihn treffenden Unterhaltspflichten zulässt. Daran hätte er die intensive Suche nach einer neuen Beschäftigung oder einer Nebentätigkeit zur Ergänzung der Ruhestandsbezüge anschließen müssen.

Da der Antragsgegner zu Bemühungen gegenüber dem Konsistorium und zu einer Suche nach offenen Stellen und zu Bewerbungen um eine Anstellung nichts vorgetragen hat, muss er sich Einkommen fiktiv zurechnen lassen, das seiner Ausbildung und Berufserfahrung als ordinierter evangelischer Pfarrer entspricht, oder das er aus einer Nebentätigkeit hätte erzielen können, um seine Ruhestandsbezüge auf die Höhe eines solchen Einkommens zu ergänzen.

b) Der Antragsgegner hat alldem einen erheblichen Einwand entgegengehalten, nämlich die Behauptung, er sei wegen eines Erschöpfungszustandes oder Burn-out-Syndroms damals nicht in der Lage gewesen und noch immer nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und ein höheres Einkommen als die Ruhestandsbezüge zu erzielen.

Die dazu eingeholten Sachverständigengutachten haben diese Behauptung nur zum geringen Teil bestätigt. Der Antragsgegner ist in der Lage, seine um ein Fünftel geminderte Erwerbsfähigkeit entweder im Pfarrerberuf oder einem entsprechend anspruchsvollen Beruf oder in einer weniger qualifizierten Nebentätigkeit einzusetzen, um Einkommen zu erzielen.

Die Sachverständigen haben ausführliche, gut verständliche schriftliche Gutachten erstattet, die sie auf die Einwendungen der Beteiligten schriftlich ergänzt haben. Sie haben ihre Befunde und die Methoden der Befunderhebung erläutert. Die schriftlichen Gutachten und die mündlichen Erläuterungen haben zu einer schlüssigen Darlegung der Wirkungszusammenhänge zwischen der Erkrankung des Antragsgegners und seiner Erwerbsfähigkeit geführt. Der Senat kann die Gutachten ohne Einschränkungen zu seiner Überzeugungsbildung verwenden. Die Sachverständigen haben besondere Anforderungen des Pfarrerberufes formuliert (vgl. zuletzt das Zusatzgutachten, S. 8 f. = Bl. 563 f.) und sind dennoch nur zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit gekommen, die einer Erwerbsunfähigkeit fernliegt. Sie haben zum einen die von dem Antragsgegner behauptete Erkrankung als ein depressives Syndrom und eine Anpassungs- und Belastungsstörung selbst feststellen können. Hinweise auf Aggravation, Simulation oder Dissimulation seien nicht erkennbar. Zum anderen haben sie die Auswirkungen der Erkrankung sehr differenziert geschildert: Sie habe während der gesamten rückschauend beobachteten Zeitspanne zu einer klinisch relevanten Minderleistung geführt. Aber diese Einschränkung der Leistungsfähigkeit beziehe sich ausschließlich auf die Aufmerksamkeit, die einer anspruchsvollen Tätigkeit zu widmen sei. Die Konzentrationsfähigkeit des Antragsgegners sei unauffällig, aber es seien Defizite bei der Daueraufmerksamkeit festzustellen. Diese Erkrankung sei verhaltenstherapeutischen Methoden gut zugänglich. Die Sachverständigen haben schließlich überzeugend dargelegt - und dies insbesondere in der mündlichen Erläuterung vertieft -, dass eine nach Zeitabschnitten gegliederte, Höhen und Tiefen genau erfassende Bemessung der krankheitsbedingten Leistungsminderung des Antragsgegners nicht möglich sei. Es könne allein in der Art eines Durchschnittswertes, der einen über mehrere Jahre bis in die Gegenwart reichenden Zeitraum erfasse, angegeben werden, dass die Erwerbsfähigkeit um 20 Prozent gemindert sei.

Diese Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit, die zu beweisen dem Antragsgegner gelungen ist, kann berücksichtigt werden, indem das fiktiv zuzurechnende Einkommen um einen Anteil von einem Fünftel vermindert wird. So kann berücksichtigt werden, dass die Sachverständigen Beschränkungen geschildert haben, die den Antragsgegner nicht an der Berufsausübung vollständig hindern, sondern die es ihm erlauben, seinem Beruf in vermindertem Umfang nachzugehen, um durch diese Schonung seiner Kräfte und seines Anspannungsvermögens den Anforderungen einer Teilzeitbeschäftigung gerecht zu werden.

Dabei kann dahinstehen, ob sich der Antragsgegner, wie es ihm als Unterhaltspflichtigem obliegt, ausreichend um eine Therapie bemüht hat. Die Schilderungen der Sachverständigen erlauben keine weitergehende Schlussfolgerung als die gute Therapierbarkeit der bei dem Antragsgegner festgestellten Erkrankung. Bei nur geringen Ausprägungen und Auswirkungen - wie hier der Minderung der Erwerbsfähigkeit um nur ein Fünftel - einer ernsthaften Erkrankung muss offenbleiben, ob ein stets unsicherer Therapieerfolg diese geringe Einschränkung eventuell nicht erfasst hätte, so dass es trotz der Therapie bei einer geringfügigen Leistungsminderung geblieben wäre.

c) Die Höhe des vom Unterhaltspflichtigen tatsächlich bezogenen oder des unter zumutbaren Umständen erzielbaren und fiktiv zuzurechnenden Einkommens haben die Unterhaltsberechtigten darzulegen, denen es obliegt, die Höhe ihrer Forderungen zu berechnen. Dazu dient der Auskunftsanspruch (§ 1605 BGB) oder die Darlegung von Tatsachen, die die fiktive Bemessung zulassen (Wendl/Dose, § 1 Rdnr. 795).

Da der Antragsgegner nicht überzeugend dargelegt hat, dass er weder in den Pfarrerberuf zurückkehren noch einen anderen, ungefähr gleich entlohnten Beruf ergreifen kann, werden die Antragstellerinnen ihrer Darlegungslast gerecht, indem sie auf das zur Ruhegehaltsberechnung verwendete Grundgehalt eines Pfarrers von 3.660 Euro verweisen (Anlage zur Antragsschrift, Bl. 14).

Veranschlagt man anhand der Minderung der Erwerbsfähigkeit um ein Fünftel 3.660 x 0,8 = 2.928 Euro brutto, so kann der Antragsgegner darauf verwiesen werden, dieses Entgelt aus einer seiner Qualifikation entsprechenden, anspruchsvollen Berufstätigkeit zu erzielen, um seine Ruhestandsbezüge, die er zuletzt mit 1.667 Euro angegeben hat, bis zur Höhe der vollständigen Bezüge eines Pfarrers zu ergänzen. Dazu wäre ein Zuverdienst von ungefähr 2.000 Euro erforderlich, also ein Betrag innerhalb der durch die verminderte Leistungsfähigkeit begrenzten Möglichkeiten des Antragsgegners.

Der Bruttobetrag von 3.660 Euro, von dem 1.667 Euro auf Versorgungsbezüge entfallen, führt zu einem Nettobetrag von 2.997 Euro (www.abgabenrechner.de). Nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen (fünf Prozent) und der Krankenversicherungsprämie (127 Euro) bleiben 2.720 Euro.

2. Der Antragsgegner muss sich einen Wohnvorteil von - schließlich unstreitigen - 800 Euro zunächst als unterlassenen Ertrag aus einer Vermietung und, nach dem Wiedereinzug in das vormalige Familienheim im Oktober 2010, als Vorteil mietfreien Wohnens auf dem eigenen Grundstück hinzurechnen lassen. Setzt man voraus, dass das Wohnhaus die seinen Bedürfnissen angemessene Größe aufweist - unter Berücksichtigung des Umganges mit den Antragstellerinnen und der Wohnbedürfnisse seiner jetzigen Familie -, so ergibt sich zwischen beiden Beträgen keine Differenz. Ob Zins- und Tilgungsleistungen auf die Darlehen abgezogen werden können, hängt nicht nur davon ab, ob der Antragsgegner solche Leistungen wirklich erbracht hat, sondern auch von Bemühungen, eine Aussetzung der Tilgungsleistungen in Aussicht auf eine bevorstehende Veräußerung zu erreichen (vgl. insgesamt zu den Gesichtspunkten des Wohnvorteils bei der Berechnung von Kindesunterhalt neuerdings: BGH, Beschl. v. 19. März 2014 - XII ZB 367/12 -, BeckRS 2014, 07869). Solche Bemühungen hat der Antragsgegner nicht vorgetragen. Abgezogen werden können danach erst ab September 2012 200 Euro, mit denen sich der Antragsteller an den Zahlungen auf das zum Grundstückserwerb von seiner jetzigen Ehefrau aufgenommene Darlehen beteiligt. Eine Beteiligung an weiteren Wohnkosten (Bl. 648) kann der Antragsgegner nicht abziehen. Die Zurechnung eines Wohnvorteils soll den Vorteil abbilden, den er gegenüber einem Mieter hat. Kosten, die auch ein Mieter zu tragen hat (Wasser, Abwasser, Strom, Heizung, Müllabfuhr), bleiben sowohl bei einem Mieter als auch beim Wohnen auf dem eigenen Grundstück für die Unterhaltsberechnung ohne Auswirkung.

3. Zinserträge sind dem Einkommen des Antragsgegners nicht hinzuzurechnen. Der Antragsgegner hat die Verteilung und den Verbrauch des aus dem Aktienverkauf erlösten Geldes vorgetragen. Dem sind die Antragstellerinnen nicht substantiiert entgegengetreten.

4. Die genannten Werte - 2.720 Euro fiktives Einkommen zuzüglich 800 und später 600 Euro Wohnvorteil - führen zur Einordnung in die 6. bzw. 7. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle. Nach Herabsetzung um eine Gruppe wegen der Zahl der Unterhaltsberechtigten ergibt sich die Höhe der Unterhaltsbeträge mindestens aus der im angefochtenen Beschluss für zutreffend gehaltenen Gruppe 5. Eine ihm günstigere Festsetzung kann der Antragsgegner nicht erreichen. Eine Abänderung zu seinen Lasten ist auf das allein von ihm geführte Rechtsmittel ausgeschlossen. Der angefochtene Beschluss ist lediglich um das Ergebnis der übereinstimmenden Erledigung des Abänderungsverlangens der Antragstellerin zu 1. ab deren Volljährigkeit und um die - wohl versehentlich - falsche Altersgruppenzuordnung der Antragstellerin zu 2. richtigzustellen. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 10.12.2014 - 13 UF 25/12)

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Dient eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme nach § 51 SGB III nicht der Vorbereitung auf einen Schulabschluss, sondern allein der allgemeinen Verbesserung vorhandener Fähigkeiten, ist die Maßnahme einer allgemeinen Schulausbildung im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht gleichzusetzen (OLG Hamm, Beschluss vom 03.12.2014 - 2 WF 144/14).

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Rückstand des Kindesunterhalts und Insolvenz des Unterhaltsverpflichteten (OLG Koblenz, Beschluss vom 30.07.2014 - 13 UF 271/14):

„... I. Der Antragsgegner Ist der Vater der Kinder ...[A], geboren am ...1987, ...[B], geboren am ...2002, und ...[C], geboren im … 1994. Die Stadt …[Z], die Antragstellerin, gewährte den Kindern seit Juli 2001 Leistungen nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes. ...[A] und ...[B] erhielten darüber hinaus Jugendhilfeleistungen gemäß SGB VIII(Vollzeitpflege). Dem Antragsgegner wurden am 7.8.2001 und am 28.01. 2002 entsprechende Rechtswahrungsanzeigen übersandt. Die aufgelaufenen Forderungen wurden durch mehrere Vollstreckungsbescheide tituliert, nämlich

- vom 14.02.2003 über 2.349, 16 € (‚Unterhaltsrückstände vom 14.01.- 31.12.2002 ‚früherer Gläubiger ...[B]' ‚abgetreten bzw. übergegangen')
- vom 15.02.2005 über 3.299,42 € (‚Unterhaltsrückstände' vom 01.01.03 bis zum 29.02.04 - frühere Gläubiger ...[A] und ...[B]' abgetreten bzw. übergegangen')
- vom 04.08.2006 über 2.396,82 € (‚Unterhaltsrückstände vom 01.01.05- 31.03.06' ‚ früherer Gläubiger ...[B]', abgetreten bzw. übergegangen'
- vom 25.08.2006 über 11.096,80 € ( ‚Unterhalt für Kinder 12.07.01 - 31.12.04., früherer Gläubiger: ...[D]', abgetreten bzw. übergegangen')

Durch Beschluss des Amtsgerichts Mayen vom 15.12.2009 wurde über das Vermögen des Antragsgegners das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Die Antragstellerin meldete die Forderungen zur Insolvenztabelle als Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung an, weil der Antragsgegner trotz Leistungsfähigkeit seinen Unterhaltspflichten nicht nachgekommen sei. Dieser Qualifizierung der Forderungen widersprach der Antragsgegner, den Forderungen selbst nicht.

Die Antragstellerin begehrt nunmehr die Feststellung, die Forderungen resultierten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung.

Der Antragsgegner hat der Feststellung widersprochen und vorgetragen, er sei seinerzeit leistungsunfähig gewesen. Die Titel seien ‚erschlichen', im Übrigen auch teilweise erfüllt, teils durch Einbehalt von Steuerrückerstattungen, teils durch Abzweigung seiner Rente und von Arbeitslosen- und Krankengeld. Man könne auch nicht ersehen, wie sich die Forderungen zusammensetzten. Im Übrigen sei der Feststellungsanspruch verjährt.

Durch den angefochtenen Beschluss gab das Amtsgericht dem Antrag statt. Der Antragsgegner habe gegen die Vollstreckungsbescheide keinerlei Rechtsbehelfe eingelegt und damit eingeräumt, dass die Forderungen zu Recht bestünden. Damit sei auch festgestellt, dass er leistungsfähig gewesen sei. Gleichzeitig habe er um seine Unterhaltspflichten gewusst und bewusst dagegen verstoßen. Der Feststellungsantrag sei auch nicht verjährt, weil die für die titulierten Unterhaltsforderungen geltende 30 jährige Verjährungsfrist auch für die Feststellung gelte.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde und wiederholt seine Einwendungen; in erster Linie hält er den Einwand der Verjährung für begründet, der Feststellungsanspruch könne wie jeder Anspruch verjähren.

Die Antragstellerin hält eine eigenständige Verjährung des Feststellungsanspruchs nicht für möglich und im Übrigen die Ausführungen des Amtsgerichts für zutreffend.

II. Die Beschwerde ist teilweise begründet. Bezüglich der Forderungen aus dem Vollstreckungsbescheid vom 25.08.2006 lässt sich die begehrte Feststellung nicht treffen. Im Übrigen hat das Amtsgericht zutreffend festgestellt, die Forderungen resultierten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung.

1. Das Amtsgericht hat zu Recht ein Feststellungsinteresse der Antragstellerin bejaht.

Durch die Restschuldbefreiung wird der Schuldner nach Maßgabe der §§ 287 bis 303 InsO von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit (§ 286 InsO). Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung werden jedoch von der Erteilung der Restschuldbefreiung nicht berührt, sofern der Gläubiger die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Abs. 2 InsO angemeldet hat (§ 302 Nr. 1 InsO). Widerspricht der Schuldner dem angemeldeten Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, kann der Gläubiger bereits während des laufenden Insolvenzverfahrens Klage auf Feststellung dieses Rechtsgrundes erheben (BGH IX ZR 30/13, FamRZ 2014, 32, m.w. N). Nach der ab 01.07.2014 geltenden Fassung des § 302 Nr.1 InsO werden zudem auch Verbindlichkeiten ‚aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt', von der Restschuldbefreiung ausgenommen. Diese Neuregelung ist aber nach der Überleitungsvorschrift des Artikels 103h des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte noch nicht anwendbar.

2. Der Feststellungsantrag ist teilweise begründet.

a. Die geltend gemachten Unterhaltsansprüche sind durch die genannten Vollstreckungsbescheide tituliert. Auch wenn diese rechtskräftig sind, entfalten sie keine Bindungswirkung hinsichtlich der zugrundeliegenden Anspruchsgrundlagen (vgl. BGH NJW 2006, 2922 - zum Vollstreckungsbescheid, BGH NJW 2010, 2210, Vorinstanz: OLG Koblenz NZI 2008, 117 - zum Versäumnisurteil). Das heißt, alleine aufgrund der Vollstreckungsbescheide kann nicht festgestellt werden, dass die Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung resultieren (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2012, 967).

b. Dies ist auch nicht durch die Anmeldung zur Insolvenztabelle und die Prüfung im Prüfungstermin nach § 174 Abs. 3 InsO festgestellt. Der Antragsgegner hat zwar nicht den Forderungen als solchen, aber dem Attribut ‚ aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung' widersprochen.

c. Das bedeutet, es muss, damit der Antrag Erfolg hat, im vorliegenden Verfahren festgestellt werden können, dass die Ansprüche auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruhen. Das ist bezüglich der Forderungen, die den Vollstreckungsbescheiden vom 14.02.2003, vom 15.02.2005 und vom 04.08.2006 möglich, nicht aber hinsichtlich der dem Vollstreckungsbescheid vom 25.08.006 zugrunde liegenden Forderungen.

(1) Als Anspruch aus unerlaubter Handlung kommt ein solcher nach § 823 Abs. 2 i.V.m. § 170 StGB in Betracht. Die Vorschrift ist Schutzgesetz zugunsten des Unterhaltsberechtigten und auch des Trägers öffentlicher Hilfen, auf den Unterhaltsansprüche übergegangen sind (BGH FamRZ 2010, 1332).

(a) Der objektive Tatbestand des § 170 StGB setzt zunächst das Bestehen einer gesetzlichen Unterhaltspflicht des Täters nach dem BGB voraus (BeckOK StGB/Heuchemer StGB § 170 Rn. 25v m.w.N.). Voraussetzung ist weiter, dass sich die Verpflichtung zur Leistung des Unterhalts aus den einschlägigen zivilrechtlichen Vorschriften ergibt (Heuchemer, a.a.O. Rn. 9). Voraussetzung der Unterhaltspflicht und somit zugleich ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 170 StGB ist die subjektive Möglichkeit des Pflichtigen, die Leistung zu erbringen, also seine zivilrechtliche Leistungsfähigkeit nach § 1603 BGB (Heuchemer, a.a.O. Rn 17 ff).

(b) Auf der subjektiven Tatseite ist Vorsatz erforderlich. Bedingter Vorsatz reicht aus. Der Vorsatz muss sich auf die tatsächlichen Umstände erstrecken, welche die Handlungspflicht zivilrechtlich begründen, und weiter auch auf die dadurch begründete Handlungspflicht selbst (Heuchemer a.a.O. Rn. 27).

(2) Der objektive Tatbestand des § 170 StGB ist erfüllt. Dabei sind generell an die Feststellung der einzelnen Tatbestandsmerkmale für das vorliegende Verfahren zivilrechtliche Maßstäbe anzulegen, da es sich um ein Zivilverfahren handelt. Das heißt, was hier unstreitig ist, oder nach Darlegungslastgrundsätzen feststünde, steht auch für die Tatbestandserfüllung fest.

(a) Die Vollstreckungsbescheide erwachsen in formelle, aber auch materielle Rechtskraft (ständige Rechtsprechung des BGH - vgl. NJW 1987, 3256, Voit in Musielak ZPO, 11. Aufl. Rn 3 zu § 700, Schüler im Müko ZPO, 4. Aufl. Rn 9 zu § 700). Die Rechtskraftwirkung der Vollstreckungsbescheide geht zunächst dahin, dass der Antragstellerin die titulierten Ansprüche zustehen, (ohne aber den Rechtsgrund festzuschreiben). Das wird in der Beschwerdeschrift auch eingeräumt.

(b) Der in 1. Instanz erhobene Einwand, die Titel seien ‚erschlichen', der mit allerlei allgemeinen und spekulativen Behauptungen insinuiert wird, ist nicht halbwegs substantiiert. Selbst wenn das zuträfe, ändert dies zunächst nichts an der Rechtskraft der Vollstreckungsbescheide. Allenfalls könnte es den Titeln nach § 826 BGB einredeweise entgegengehalten werden. Dazu ist aber der Vortrag des Antragsgegners zu inkonkret.

(c) Allerdings entfalten die rechtskräftigen Vollstreckungsbescheide, wie oben ausgeführt, keine Bindungswirkung hinsichtlich der zugrundeliegenden Anspruchsgrundlagen. Dass es sich bei den Ansprüchen jedoch nur um übergegangene Unterhaltsansprüche der Kinder handeln kann und handelt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und deshalb im vorliegenden Verfahren zugrunde zu legen.

(d) Das heißt: aufgrund der Rechtskraftwirkung steht fest, dass der Antragstellerin die Forderungen zustehen, und zwar insgesamt zustehen. Unstreitig ist an sich auch, dass sie dem Grunde nach aus übergegangenen Unterhaltsansprüchen resultieren. Der Antragsgegner meint jedoch, er sei zumindest teilweise nicht leistungsfähig gewesen. Beweispflichtig ist an sich für sämtliche Anspruchsvoraussetzungen die Antragstellerin. Allerdings hat grundsätzlich, solange es um den Mindestunterhalt geht, der Unterhaltspflichtige, also der Antragsgegner, seine mangelnde Leistungsfähigkeit nachzuweisen. Bei den Zeiträumen, um die es hier geht, war der Mindestunterhalt noch nicht gesetzlich definiert. Soweit es um einen Unterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrages ging, was hier bei den in Rede stehenden Forderungen nie überschritten wurde, gilt entsprechendes. Zudem kommt der Antragstellerin die sog. sekundäre Behauptungslast des Antragsgegners zugute. Das heißt, - und zwar auch für das vorliegende Feststellungsverfahren - ihr obliegt es, die Ansprüche zunächst darzulegen; der Antragsgegner müsste dann im Einzelnen seinerseits darlegen, warum er seiner Meinung nach jeweils leistungsunfähig war.

Die Antragstellerin hat inzwischen für drei der Vollstreckungsbescheide im Einzelnen dargelegt, wie sich die titulierten Forderungen zusammensetzen, dass sich die geltend gemachten Forderungen überwiegend unter dem Regelbetrag der Kinder und jedenfalls nicht darüber bewegen und dass sie, die Antragstellerin, in deutlich höherem Umfang Leistungen erbracht hat.

(i) Der Vollstreckungsbescheid vom 14.02.2003 betrifft Leistungen für ...[B], die sich in Vollzeitpflege befand, für die Zeit vom 14.01.bis 31.12.2002. Für die Vollzeitpflege kann nach § 91 Abs.1 Nr 4b SGB VIII grundsätzlich ein Kostenbeitrag vom Unterhaltsverpflichteten erhoben werden; nach § 94 Abs.3 Satz 2 SGB VIII geht der Unterhaltsanspruch - vorrangig - auf den Träger über. Aus den Schreiben der Antragstellerin vom 10.10.2002 ( Bl. 158 f GA) und vom 18.12.2002 (Bl. 161 GA) ergibt sich, wie sich der Anspruch zusammensetzt.

(ii) Der Vollstreckungsbescheid vom 15.02.2005 betrifft Leistungen für ...[B], die sich in Vollzeitpflege befand, für die Zeit vom 01.01.2003 bis 29.02.2004 und zu einem geringen Teil für ...[A] (ebenfalls Vollzeitpflege) vom 25.11.2003 bis 29.02.2004 (unter Berücksichtigung einer Zahlung von 25,00 €). Hier gilt Entsprechendes zum Anspruchsgrund. Die Berechnung ergibt sich aus den beiden Schreiben vom 17.01.2005 ( Bl. 162 f. bzw. 164 f. GA)

(iii) Der Vollstreckungsbescheid vom 04.08.2006 betrifft ebenfalls Leistungen für ...[B], die sich in Vollzeitpflege befand, für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2006. Hier gilt entsprechendes. Zwar hat sich die Antragstellerin seinerzeit (Bescheid vom 15.06.2006; Bl. 167 GA) nicht auf den Übergang berufen, sondern - an sich unzulässig (§ 93 Abs 1-‚ soweit nicht der Unterhaltsanspruch übergeht') - einen Heranziehungsbescheid erlassen. Der Übergang erfolgt jedoch kraft Gesetzes. Im Übrigen gilt entsprechendes wie oben.

(iv) Die Forderung aus dem Vollstreckungsbescheid vom 25.08.2006 wurde erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung durch Vorlage des Schreibens vom 20.09.2005 aufgeschlüsselt. Dieses Vorbringen kann nicht mehr berücksichtigt werden (§ 296 a ZPO). Ein Grund, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, besteht nicht, denn der dem Vollstreckungsbescheid zugrunde liegende Anspruch ist auch damit aus mehreren Gründen nicht nachvollziehbar dargelegt. Aus dem Schreiben lässt sich die Zusammensetzung der Forderung nur insofern entnehmen, als für alle drei Kinder Jahressalden für die Jahre 2001 bis 2004 gebildet werden. Es wird dabei Bezug genommen auf 2 Schreiben vom 11.02.2003 und vom 23.07.2004, die Einzelaufstellungen enthalten sollen, die aber nicht beigefügt werden und sich auch ansonsten nicht bei den Akten befinden. Vorgelegt werden zwar interne Berechnungen, die mit den Aufstellungen korrelieren. Man weiß aber nicht, ob und wenn ja in welcher Höhe die Forderungen gegenüber dem Antragsgegner überhaupt geltend gemacht wurden. Zudem soll es sich nach dem Vollstreckungsbescheid um ‚abgetretene bzw. übergegangene Ansprüche' der ‚früheren Gläubigerin ...[D]', wohl der Mutter der Kinder, handeln, was sicher nicht zutreffend sein kann, wenn es um Kindesunterhalt geht. Zwar mag die Mutter für einen gewissen Zeitraum gesetzliche Verfahrensstandschafterin nach § 1629 Abs.3 BGB gewesen sein, was aber vorausgesetzt hätte, dass die Kinder sich in ihrer Obhut befunden hätten, was zumindest für die Kinder nicht zutrifft, die sich in Vollzeitpflege befanden. Ob die Mutter alleinige gesetzliche Vertreterin war, ist offen.

(v) Den Darlegungen zu (i), (ii) und (iii) ist der Antragsgegner nur unsubstantiiert entgegengetreten. Aus seinem Vortrag lässt sich nicht entnehmen, dass er für die fraglichen Zeiträume nicht leistungsfähig war. Sein Vortrag hierzu erschöpft sich in kryptischen Ausführungen, die sich nicht konkret auf bestimmte Zeiträume beziehen und deshalb seine mangelnde Leistungsfähigkeit nicht belegen können. Diese wird auch nicht durch die wenigen vorgelegten Verdienstbescheinigungen (3, 4 und 6 /2002 und 5-12/2004, 9 /2003, 2/2005, 5 / 2007) und einige wenige Krankengeldberechnungen, die nur teilweise die hier in Rede stehenden Zeiträume betreffen, erreicht. Es lässt sich hieraus kein halbwegs zuverlässiges Bild über die Leistungsfähigkeit im Zeitraum Juli 2001 bis März 2006 (diese Zeiträume werden von den Bescheiden erfasst) gewinnen (vgl. zur Darlegungslast: OLG Celle, Beschluss vom 12.03.2003 9 U 133/02 - juris; OLG Hamm NJW-RR 2012, 967). Das heißt, es ist für das vorliegende Verfahren von seiner Leistungsfähigkeit und damit von der Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 170 StGB auszugehen.

(vi) Soweit der Antragsgegner einwendet, teilweise seien Zahlungen erbracht durch Pfändung, Abzweigung usf., ist das wegen der Rechtskraftwirkung der Titel unbeachtlich und zudem unsubstantiiert.

Die aus den für 2002 vorgelegten Verdienstbescheinigungen ersichtlichen Pfändungen erfolgten vor Erlass des 1. Vollstreckungsbescheids. Aus den für 2004 vorgelegten Verdienstbescheinigungen ergibt sich zwar die Pfändung, aber keine tatsächliche Abführung von Leistungen, außer in einem Falle von 9,00 €. Man weiß aber ohnehin nicht, woraus die Pfändungen resultieren, ob sie sich überhaupt auf die hier im Streit stehenden Forderungen beziehen.

Die Urkunden über vorgelegte Abzweigungen stammen sämtlich aus dem Jahr 2008 oder den Folgejahren. Eine irgendwie geartete Zuordnung zu den hier in Rede stehenden Forderungen lässt sich nicht treffen. Wenn im Übrigen die zur Tabelle festgestellten Forderungen nachträglich beglichen worden sein sollten, steht dem Antragsgegner der Vollstreckungsabwehrantrag zur Verfügung.

(vii) Insgesamt steht also fest, dass es sich bei den kumulierten Beträgen aus den Vollstreckungsbescheiden um übergegangene Unterhaltsansprüche der Kinder handelt. Die Leistungsfähigkeit ist festgestellt. Das heißt, es ist für das vorliegende Verfahren in dem oben genannten Umfang von der Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 170 StGB auszugehen.

(3) Fraglich, weil bisher nicht festgestellt, ist der für die Erfüllung des Tatbestandes des § 170 StGB weiter erforderliche Vorsatz. Diesen hat die Antragstellerin zu beweisen (BGH NJW-RR 2012, 404, Rn 8), wenngleich den Antragsgegner auch insoweit eine sekundäre Behauptungslast trifft (OLG Hamm NJW-RR 2012, 967).

(a) Vorsatz enthält ein ‚Wissens-‚ und ein ‚Wollenselement'. Der Handelnde muss die Umstände, auf die sich der Vorsatz beziehen muss, gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Die Annahme der - vorliegend in Betracht kommenden - Form des bedingten Vorsatzes setzt voraus, dass der Handelnde die relevanten Umstände jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen (vgl. BGH NJW-RR 2012, 404 Rn 10, m. zahlreichen Nachweisen).

(b) Von den materiellen Voraussetzungen des bedingten Vorsatzes sind die Anforderungen zu unterscheiden, die an seinen Beweis zu stellen sind. Auch kann es im Einzelfall beweisrechtlich naheliegen, dass der Schädiger einen pflichtwidrigen Erfolg gebilligt hat, wenn er sein Vorhaben trotz starker Gefährdung des betroffenen Rechtsguts durchführt, ohne auf einen glücklichen Ausgang vertrauen zu können, und es dem Zufall überlässt, ob sich die von ihm erkannte Gefahr verwirklicht oder nicht. Es ist immer eine umfassende Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls erforderlich (BGH a.a.O. Rn 11 mit zahlreichen Nachweisen).

(c) Problematisch ist in diesem Zusammenhang alleine, ob der Antragsgegner sich ganz oder teilweise für leistungsfähig halten durfte, ob er sich also über das objektive Tatbestandsmerkmal der Leistungsfähigkeit geirrt hat. Davon kann nicht ausgegangen werden. Die Unterhaltspflicht muss hier dem Antragsgegner als Vater der Kinder klar gewesen sein. Dass die Nichtzahlung des Unterhalts notwendigerweise die Bedürftigkeit der Kinder nach sich zog, war evident. Warum bei einer derartigen Konstellation kein vorsätzliches Handeln gegeben sein soll, dazu müsste der Antragsgegner substantiiert vortragen. Hieran fehlt es jedoch (vgl. OLG Hamm, a.a.O.).

2) Der somit teilweise bestehende Feststellungsanspruch ist nicht verjährt.

a) Richtet sich eine Klage (ein Antrag) auf die Feststellung von Leistungspflichten aus einem Schuldverhältnis (§ 241 Abs. 1 BGB), so muss sie abgewiesen werden, wenn die in Betracht kommenden Ansprüche nach materiellem Recht verjährt sind. Von der Feststellung einer Leistungspflicht ist jedoch die Feststellung eines anderweitigen Rechtsverhältnisses oder einer Rechtslage zu unterscheiden. Sie beruht nicht auf einem Anspruch gemäß § 194 Abs. 1 BGB; denn der Beklagte schuldet insoweit kein Tun oder Unterlassen, sondern hat eine sonstige Beurteilung gegen sich gelten zu lassen. Dieser Feststellungsanspruch verjährt nicht (BGH NJW 2011, 1133 Rn 12, m.w.N). Die Unverjährbarkeit des Feststellungsanspruchs, der keine Leistungspflicht zum Inhalt hat, erfasst auch den Klageantrag, den Rechtsgrund eines Anspruchs als Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung festzustellen mit dem Ziel, die Durchsetzbarkeit dieses Anspruchs trotz Erteilung der Restschuldbefreiung sicher zu stellen (BGH, a.a.O).

b) Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Beurteilung eines nicht verjährten Zahlungsanspruchs als Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung der Verjährung unterliegt. Denn eine Forderung, die auf mehrere Rechtsgründe gestützt werden kann, kann durchaus bezüglich eines von mehreren Rechtsgründen verjährt sein, bezüglich des anderen nicht. Wenn der Schadensersatzanspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung verjährt ist, ist der Widerspruch des Insolvenzschuldners gegen den angemeldeten Schadensersatzanspruch aus vorsätzlicher Tat begründet (BGH a.a.O, vgl. hierzu auch OLG Köln, NZFam 2014, 377). So liegt es hier aber nicht. Die Forderungen, die zur Insolvenztabelle angemeldet wurden, sind sämtlich durch Vollstreckungsbescheide tituliert, unterliegen also der dreißigjährigen Verjährungsfrist (§ 197 Abs.1 Nr. 4 BGB). Es handelt sich jeweils um rückständige Unterhaltsforderungen, die ‚abgetreten bzw. übergegangen' sind.

i) Das OLG Köln (a.a.O.) unterscheidet in einer vergleichbaren Konstellation zwischen den titulierten und übergegangen Unterhaltsansprüchen der ursprünglichen Unterhaltsgläubiger und den - eigenen - Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung des Leistungsträgers, die einen anderen Streitgegenstand darstellten und auf die sich die Titulierung nicht beziehe. Dieser sei der Verjährung zugänglich und sei im konkreten Falle verjährt. Das mag sein, ändert aber nichts daran, dass die übergegangenen Ansprüche nicht verjährt sind und diese sind hier zur Tabelle angemeldet.

ii) Neben dem gesetzlichen Unterhaltsanspruch der Kinder nach §§ 1601ff. BGB für die - hier nur in Rede stehenden - Rückstände bestand auch ein Anspruch aus unerlaubter Handlung nach § 170 i.V.m. § 823 II BGB. Dieser Anspruch wird durch die gewährte Sozialhilfe nicht ausgeschlossen, denn diese wird nur subsidiär gewährt und mindert den Unterhaltsanspruch nicht (BGH NJW 1992, 115).

iii) Wenn man dies bejaht, stellt sich die weitere Frage, ob dieser Anspruch nicht mit dem Unterhaltsanspruch nach §§1601 ff BGB übergegangen ist. Dafür spricht (anders: OLG Köln, a.a.O.) die Einheitlichkeit des Lebenssachverhalts und vor allem, dass sich der Unterhaltsschuldner ansonsten zwei (Gesamt)gläubigern ausgesetzt sähe (vgl. Kolbe, Anm zu OLG Köln a.a.O., NZI 2014, 275).

iv) Das heißt, die Ursprungsforderungen, die zur Tabelle angemeldet wurden, sind nicht verjährt.

3) Es ist damit festzustellen, dass die Hauptforderungen aus den Vollstreckungsbescheiden vom 14.02.2003 (2.349,16 €), vom 15.02.2005 (3.299,42 €) und vom 04.08.2006 (2.396,82 €) in zusammengerechneter Höhe von 8.045,40 € aus unerlaubter Handlung resultieren. Zinsen und Kosten zählen nicht hierzu, denn die Kosten stellen sich hier ebenso wie die Zinsen als Verzugsschaden dar und werden auch als solche geltend gemacht. Damit resultieren sie nicht aus unerlaubter Handlung (vgl. KG NZI 2009, 121, Stephan in Müko InsO, 2. Aufl. Rn 8 zu § 302, str.). ..."

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Für die Bemessung der Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen gegenüber einem minderjährigen Kind ist die Höhe des Wohnvorteils grundsätzlich mit der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete, als dem so genannten objektiven Wohnwert, zu bemessen (Anschluss an BGH, NJW 2014, 1531 und BGH, NJW 2013, 2900 = FamRZ 2013, 1563; Abgrenzung zu OLG München, FamRZ 1999, 251; OLG Koblenz, Beschluss vom 14.05.2014 - 13 UF 107/14).

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„... Die - nach der mit Senatsbeschluss vom 20. Januar 2014 antragsgemäß gewährten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung des Rechtsmittels - zulässige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache nur in geringem Umfang Erfolg.

Der Abänderungsantrag ist mit der Behauptung nachträglich infolge Erwerbsunfähigkeit eingetretener Leistungsunfähigkeit gemäß § 239 Abs. 1 FamFG statthaft und zulässig. Der Antrag ist jedoch nur in dem sich aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Umfang begründet.

Tatsächlich ist eine wesentliche Änderung der Verhältnisse in Bezug auf die Leistungsfähigkeit des Antragstellers als Anspruchsvoraussetzung des Kindesunterhalts nach §§ 1601 ff. BGB eingetreten, allerdings in weit geringerem Umfang als vom Antragsteller geltend gemacht.

Dass der Antragsteller mit Blick auf die von ihm im Streitzeitraum bezogene Rente wegen Erwerbsunfähigkeit - weitergehende Einkünfte standen ihm unstreitig nicht zur Verfügung - tatsächlich zur Leistung von Kindesunterhalt nicht in der Lage war und ist, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten.

Dennoch ist es dem Antragsteller verwehrt, sich im begehrten Umfang, also insgesamt auf den Wegfall seiner Leistungsfähigkeit zu berufen. Das Amtsgericht hat nämlich im Grundsatz zutreffend festgestellt, dass der Antragsteller sich nach Maßgabe von § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB jedenfalls fiktiv als (teil-)leistungsfähig behandeln lassen muss.

Nach § 1603 Abs. 1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht). Darin liegt eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Unterhaltsrecht. Aus diesen Vorschriften und aus Art. 6 Abs. 2 GG folgt auch die Verpflichtung der Eltern zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte, können deswegen nach ständiger höchstrichterlicher (und verfassungsrichterlich gebilligter) Rechtsprechung nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden. Hierzu gehören zum einen solche Einkünfte, die aus der Realisierung von Steuerentlastungen erwirtschaftet werden können, insbesondere aber Einkünfte aus einer dem Unterhaltsschuldner anzusinnenden Erwerbstätigkeit. Die Zurechnung fiktiver Erwerbseinkünfte, in die insbesondere auch mögliche Nebenverdienste einzubeziehen sind, setzt neben den nicht ausreichenden Erwerbsbemühungen eine reale Beschäftigungschance des Unterhaltspflichtigen voraus. Schließlich darf dem Unterhaltspflichtigen auch bei einem Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit nur ein Einkommen zugerechnet werden, welches von ihm realistischerweise zu erzielen ist. Die Darlegungs- und Beweislast für seine mangelnde Leistungsfähigkeit und auch für das Fehlen einer realen Beschäftigungschance liegt beim Unterhaltspflichtigen (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 22. Januar 2014, Az. XII ZB 185/12 - zitiert nach juris, dort Rdnr. 9 - mit zahlreichen weiteren Nachweisen; BVerfG FamRZ 2008, 1145 - zitiert nach juris, dort Rdnr. 14; BVerfG FamRZ 2010, 793 - zitiert nach juris, dort Rdnr. 13).Für die Feststellung, dass für einen Unterhaltsschuldner keine reale Beschäftigungschance bestehe, sind - insbesondere im Bereich der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB - strenge Maßstäbe anzulegen (BGH a.a.O. - Rdnr. 13 bei juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen sind dem Antragsteller im konkreten Fall - fiktive - Einkünfte zuzurechnen. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.02.2014 - 9 UF 106/13)

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Die Leistungsfähigkeit einer Unterhaltspflichtigen ist für in der Vergangenheit liegende Unterhaltszeiträume grundsätzlich nach den in dieser Zeit tatsächlich erzielten Einkünften zu bestimmen. Aus Vereinfachungsgründen können u. U. Jahresdurchschnittsbeträge gebildet werden. Bei einer Verbesserung der Einkommensverhältnisse infolge der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erhöht sich die Leistungsfähigkeit ab dem Monat, in dem der (höhere) Einkommen erzielt wird, und vermindert sich, sobald es wieder wegfällt. Eine Umrechnung dieses Einkommens auf einen (niedrigeren) Jahresdurchschnittsbetrag kommt unter diesen Umständen nicht in Betracht (OLG Dresden, Beschluss vom 15.01.2014 - 20 WF 12/14):

„... Der Antragsgegner beanstandet ohne Erfolg, dass das Familiengericht seine Leistungsfähigkeit nach dem im streitigen Unterhaltszeitraum vom 01.04. bis zum 20.09.2012 und nicht nach dem im Jahresschnitt 2012 von ihm erzielten Monatseinkommen bemessen hat. Für in der Vergangenheit liegende Unterhaltszeiträume ist stets von den in dieser Zeit von dem Pflichtigen tatsächlich erzielten Einkünften auszugehen (BGH FamRZ 2007 1532). Die Berechnung auf Grundlage des im Jahresschnitt erzielten Monatseinkommens dient - bei monatlich schwankenden Einkünften - in erster Linie der hinsichtlich künftig fälliger Unterhaltsansprüche notwendigen Einkommensprognose, das aber auch nur dann, wenn der Schuldner das gesamte Jahr über Einkünfte aus der gleichen Einkommensquelle, namentlich Erwerbseinkünfte aus einem Arbeitsverhältnis, erzielt hat. Wechselt die Einkunftsart im Laufe des Kalenderjahres (durch Verlust des Arbeitsplatzes/Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit) ist auch für die Zukunft nicht mit den im letzten abgeschlossenen Kalenderjahr erzielten Durchschnittseinkommen zu rechnen, sondern an die zuletzt monatlich erzielten Einkünfte anzuknüpfen. Bei rückständigen Unterhaltsforderungen kann eine Berechnung der Einkünfte nach einem Jahresdurchschnitt nur aus Vereinfachungsgründen in Betracht kommen (BGH a.a.O.). Die Berechnung nach dem Jahresschnitt dient hingegen nicht dazu, dem Unterhaltspflichtigen über ein gesamtes Kalenderjahr trotz schwankender Einkünfte den eigenen notwendigen Selbstbehalt zu erhalten. Bei einer Verbesserung der Einkommensverhältnisse infolge der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erhöht sich die Leistungsfähigkeit deshalb ab dem Monat, in dem das höhere Einkommen erzielt wird. Das Familiengericht hat den Antragsgegner daher konkret für den Zeitraum, in dem dieser Erwerbseinkommen erzielt hat, zu Recht für leistungsfähig erachtet. Dass das in diesem Unterhaltszeitraum erzielte Erwerbseinkommen ausreichte, den von dem Antragsteller geforderten rückständigen Unterhalt zu zahlen, wird von dem Antragsgegner selbst nicht in Abrede gestellt. Seine Beschwerde ist daher zurückzuweisen. ..."

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Erklärt der von seinem minderjährigen Kind auf Zahlung des Mindestunterhalts in Anspruch genommene Elternteil, nur in Höhe eines Teilbetrages leistungsfähig zu sein, handelt das minderjährige Kind nicht mutwillig, wenn es von einer Aufforderung zur Erstellung einer kostenfreien Jugendamtsurkunde absieht, sondern sogleich den Elternteil in voller Höhe auf gerichtlichem Wege in Anspruch nimmt (OLG Hamm, Beschluss vom 10.10.2013 - 2 WF 213/13).

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„... Die Antragstellerin ist die Mutter des am … 2005 geborenen Antragsgegners. Vom Vater des Antragsgegners lebt sie seit geraumer Zeit getrennt, das Kind ist in seinem Haushalt verblieben. Mit Jugendamtsurkunde vom 27. Februar 2008 verpflichtete sich die Antragstellerin, an das Kind 110 % des Mindestunterhaltes zu zahlen. Dieser Pflicht kam sie in der Folgezeit nach. Im Februar 2012 forderte sie den Antragsgegner auf, auf seine Rechte aus dem Titel zu verzichten, weil sie ein weiteres Kind erwarte und nach der Geburt dieses Kindes nicht mehr berufstätig und damit nicht mehr leistungsfähig sein werde. Dem trat der Antragsgegner entgegen. Am … 2012 wurde ihr Sohn B geboren; im Anschluss an die Mutterschutzzeiten nahm sie Elterngeld in Anspruch. Sie hat sich dafür entschieden, das zunächst insgesamt in Höhe von monatlich 1.082,06 € zu berechnenden Elterngeld nicht für einen Zeitraum von 12 Monaten zu beanspruchen, sondern von der in § 6 S. 2 Bundeselterngeldgesetz (BEEG) geregelten Möglichkeit Gebrauch zu machen, den Auszahlungszeitraum auf zwei Jahre zu strecken. Danach erhält sie monatlich 541 € Elterngeld und hatte im Übrigen keine eigenen Erwerbseinkünfte.

Die Antragstellerin lebt mit dem Vater ihres am … 2012 geborenen Kindes zusammen. Er ist Eigentümer einer Eigentumswohnung, die kreditiert ist. Ihr Lebensgefährte zahlt auf die Kredite monatlich 658,17 €. Die in ländlichem Gebiet (…) gelegene Vierzimmerwohnung hat eine Wohnfläche von ca. 135 qm. Bei Einkünften in Höhe von monatlich rund 2.018 € bringt der Lebensgefährte außerdem 117,17 € für eine Riesterrente und 13 € Gewerkschaftsbeitrag auf; die Fahrt zur Arbeit (einfache Strecke 17 km) bewältigt er mit dem PKW.

Am 13. August 2012 stellte die Antragstellerin beim Amtsgericht Melsungen den Antrag auf Abänderung der Jugendamtsurkunde; sie war der Meinung, dass sie keinen Unterhalt mehr schuldet. ...

2. Die Antragstellerin kann Herabsetzung des Unterhalts ab dem auf das erste außergerichtliche Herabsetzungsverlangen folgenden Monat, § 238 Abs. 2 S. 3 FamFG verlangen. Da der zweite Sohn der Antragstellerin im … 2012 geboren ist und ab dem ... Januar 2012 der Arbeitgeber während der Zeit des Mutterschutzes noch verpflichtet war, den Lohn fortzuzahlen, kann erst ab dem Zeitpunkt Herabsetzung verlangt werden, in dem Entgeltfortzahlungen und Mutterschaftsgelder nicht mehr einkommenserhöhend gewirkt haben. Dies ist ab dem Monat August 2012 sicher der Fall. Da die Beschwerde sich nur insoweit gegen den Beschluss des Amtsgerichts wendet, als der Antrag auf Wegfall der Unterhaltsverpflichtung seit dem Monat August 2012 zurückgewiesen worden ist, muss der Senat der Frage, ob die behauptete Leistungsunfähigkeit schon zuvor eingetreten ist, nicht nachgehen.

Die Antragstellerin ist ab dem Monat August 2012 tatsächlich nur noch eingeschränkt leistungsfähig. Es ist angesichts der Einkommensverhältnisse der Antragstellerin und ihres Lebensgefährten nicht zu beanstanden, dass die Antragstellerin die Erziehung der Kinder übernommen hat, während er seine Berufstätigkeit fortsetzt (a.). Es kommt daher darauf an, welche Mittel aus Elterngeld sie einsetzen muss und in wieweit sie - wiederum fiktiv - so behandelt werden muss, als habe sie sich für den einjährigen Bezug des vollen Elterngeldes entschieden (b.). Die Unterhaltsberechnung nach ihren tatsächlichen, unter Einschluss ihres Unterhaltsanspruchs gegen ihren Lebensgefährten zu ermittelnden Einkünften ergibt daher nur eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit (c.).

a. Es ist im vorliegenden Fall nicht vorwerfbar, dass die Antragstellerin bei Betreuung eines Säuglings bzw. Kleinkindes keiner Berufstätigkeit nachgeht. Hier wirkt sich der Gleichrang der Kinder aus. B - und ab … 2013 auch C - hat ebenso ein Recht darauf, von seiner Mutter betreut zu werden, wie der Antragsgegner an sich ein Recht darauf hat, dass sie sich an seinem Barunterhalt beteiligt. Die Rechtsordnung geht sowohl in § 1570 BGB als auch in § 1615 l BGB davon aus, dass die Betreuung eines Kindes über einen Zeitraum von drei Jahren nach dessen Geburt nicht zur Verletzung einer Unterhaltspflicht führen kann. Wenn auch § 1570 BGB und § 1615 l BGB überwiegend das Unterhaltsrechtsverhältnis zwischen den Kindeseltern betrifft, so kann daraus doch nicht geschlossen werden, dass gegenüber minderjährigen Kindern die Unterhaltsverpflichtung so weit geht, dass die Unterhaltsansprüche gleichrangiger Halbgeschwister nicht berücksichtigt werden.

Abzustellen ist daher in dieser Konstellation darauf, ob die Rollenverteilung in der neuen Partnerschaft unterhaltsrechtlich zu beanstanden ist (BGH, Urteil vom 12.04.2006, Az.: XII ZR 31/04, zitiert nach Juris, Rn. 22 ff.). Davon ist hier nicht auszugehen.

Der Lebensgefährte der Antragstellerin verdient netto rund 2.018 €, er versteuert sein Einkommen nach Lohnsteuerklasse I. Die Antragstellerin könnte 1.082 € Elterngeld erhalten, was nach § 2 BEEG 67 % ihres Nettoeinkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes entspricht. Daraus ergibt sich, dass die Antragstellerin vor der Geburt des Kindes B über geringere Nettoeinkünfte verfügte; der Elterngeldbescheid für das Kind B weist Bruttoeinkünfte in Höhe von durchschnittlich 2798 € aus. Bei Lohnsteuerklasse I hätte die Antragsgegnerin danach ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.774 € nach folgender Berechnung: ...

Damit war das Einkommen der Antragstellerin geringer als das ihres Lebensgefährten, und die Gestaltung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit Kind bei Fortführung der lukrativeren Erwerbstätigkeit durch den Vater dieses Kindes kann nicht beanstandet werden.

Damit ist dann davon auszugehen, dass der das Kind betreuende Elternteil während der Bezugszeit des Elterngeldes nicht dazu verpflichtet ist, einer Erwerbstätigkeit neben dem Bezug des Elterngeldes nachzugehen. Zwar gilt die Pflicht zum Nebenerwerb gerade wegen der Gleichrangigkeit der Kinder (BGH, Urteil vom 12.04.2006, Az.: XII ZR 31/04, zitiert nach Juris, Rn. 31). Allerdings stellt es für eine Zeit von zwei Jahren ab Geburt des Kindes in zweiter Ehe keine Verletzung der Erwerbsobliegenheit dar, wenn nach berechtigter Rollenwahl die Leistungsfähigkeit für Kindesunterhalt für ein außerhalb des Haushalts lebendes Kind sich nur noch nach dem Elterngeldbezug richtet (BGH, Urteil vom 12.04.2006, Az.: XII ZR 31/04, zitiert nach Juris a.a.O., Rdn. 40). Da die Antragstellerin derzeit auch die Betreuung ihres dritten, im … 2013 geborenen Kindes übernommen hat, ist ihre Leistungsfähigkeit ausschließlich nach dem Elterngeld zu bewerten.

b. Die Antragstellerin kann aus dem ihr tatsächlich zufließenden Elterngeld - einschließlich des ihr zustehenden Unterhalts - den Kindesunterhalt für den Antragsteller nicht vollständig aufbringen.

Die Antragstellerin ist grundsätzlich gehalten, auch das Elterngeld für Unterhaltszwecke des nicht in ihrem Haushalt lebenden Antragsgegners einzusetzen, weil hier der notwendige Kindesunterhalt nicht abgedeckt werden kann, § 11 S. 3 BEEG i.V.m. § 1603 Abs. 2 BGB.

Es kommt daher darauf an, ob sich die Antragstellerin - wie das Amtsgericht annimmt - eine unterhaltsbezogene Leichtfertigkeit vorwerfen lassen muss, weil sie die Verlängerung des Auszahlungszeitraums beantragt hat und damit zeitweise leistungsunfähig bzw. nur eingeschränkt leistungsfähig ist.

Diese Frage wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Das Oberlandesgericht Bamberg geht davon aus, dass es zur Anrechnung eines fiktiven Elterngeldes kommen kann, wenn die Verlängerung des Bezugszeitraumes faktisch dazu führt, dass ein minderjähriges Kind den Mindestunterhalt nicht erhalten kann (OLG Bamberg, Beschluss vom 13. April 2011 zu 7 UF 17/11, FamRZ 2011, zitiert nach Juris, Rn. 16). Grund für diese Annahme ist für das OLG Bamberg, dass die Mutter des Kindes Adressatin der gesteigerten Erwerbsobliegenheit nach § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB ist. Deswegen treffe die Mutter die Pflicht, alle zumutbar erreichbaren Einkünfte zu erzielen. Gegen diese Pflicht verstoße sie schuldhaft, wenn sie durch einen Antrag auf verlängerte Auszahlung des Elterngeldes ihr monatliches Einkommen halbiere.

Der Bundesgerichtshof hat dagegen jedenfalls die Verlängerung des Bezugszeitraums für Erziehungsgeld nicht als Verstoß gegen die Obliegenheiten nach § 1603 BGB gewertet und - allerdings ohne explizite Auseinandersetzung mit der Proble-matik - das tatsächliche Einkommen aus hälftigem Erziehungsgeld der unterhaltspflichtigen Mutter der Unterhaltsberechnung zugrunde gelegt (BGH, Urteil vom 12. April 2006 zu XII ZR 31/04, FamRZ 2006, 1010, zitiert nach Juris, Rn. 40) Ähnliche Berechnungen sind ebenfalls auch von anderen Oberlandesgerichten akzeptiert worden, ohne dass auf die Frage einer fiktiven Anrechnung infolge der Verletzung der gesteigerten Erwerbsobliegenheit eingegangen worden wäre (OLG Nürnberg, Urteil zu 11 UF 3697/97, FamRZ 1998, 981, zitiert nach Juris, Rn.14; OLG Thüringen, Urteil vom 17. Dezember 1998 zu UF 198/98, FamRZ 1999, 1526, zitiert nach Juris, Rn. 6; OLG Hamm, Urteil zu 12 UF 88/98, FamRZ 2000, 311-312, zitiert nach Juris, Rn.73).

Nichts anderes kann im Ergebnis für Elterngeld gelten. Der Senat geht davon aus, dass es mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Möglichkeit, den Bezugszeitraum für das Elterngeld auf 24 Monate zu strecken, nicht vereinbar ist, hier eine Obliegenheitsverletzung des unterhaltspflichtigen Elternteils anzunehmen und fiktiv das volle Elterngeld anzurechnen. Das Elterngeld soll es den Eltern ermöglichen, bei Minderung ihrer Einkommensverluste die Betreuung der Kleinstkinder selbst sicher zu stellen (BT-Drucksache 16/1889, S. 15f.). Ist - wie hier - die Rollenverteilung in der neuen Familie in keiner Weise zu beanstanden, dann stehen sich mit den Kindern aus unterschiedlichen Partnerschaften gleichberechtigte unterhaltsbedürftige Personen gegenüber: Das barunterhaltsberechtigte Kind und das Kind, für das die Mutter den Betreuungsunterhalt sicherstellt. Die zu Gunsten des jüngeren Kindes getroffene Entscheidung, länger Elternzeit in Anspruch zu nehmen und die Bezugsdauer für das Elterngeld zu verdoppeln, führt hier dazu, dass die Rechte dieses jüngeren Kindes geschützt werden. Ebenso, wie nach einhelliger Meinung während dieser Erziehungszeiten keine Nebentätigkeit als zumutbar angesehen werden kann, weil die eigene Betreuung des jüngeren Kindes hier einen Vorrang genießt (BGH, Urteil vom 12. April 2006 zu XII ZR 31/04, FamRZ 2006, 1010, zitiert nach Juris, Rn. 26) , kann es beanstandet werden, wenn die Verlängerung des Elterngeldbezuges mit dem Ziel erfolgt, den Zeitrahmen der eigenen Betreuung zu verlängern oder gar zu ermöglichen.

Vorliegend ist außerdem zu berücksichtigen, dass bei einer solchen Entscheidung die Leistungsfähigkeit nur für ein weiteres Jahr nach Geburt des Kindes zu berücksichtigen wäre. Da das Kind B im Monat … 2012 geboren worden ist, könnte die Antragstellerin auf dieses Einkommen nur bis einschließlich März 2013 zurückgreifen und Unterhalt sicherstellen. Sie wäre dann - eingeschränkt - ab Mai 2013 wieder leistungsfähig, weil sie nun Elterngeld für das Kind C bezieht. Konkret führt vorliegend der Bezug des Elterngeldes für B aus dem verlängerten Zeitraum und der für C im ersten Bezugsjahr sogar zu einer (eingeschränkten) Leistungsfähigkeit. Damit wirkt sich die Verlängerung des Bezugszeitraumes nicht einseitig negativ auf die Unterhaltsansprüche des Antragsgegners aus.

c. Im Einzelnen gilt für die Berechnung des Unterhaltsanspruchs des Antragsgegners nach alledem folgendes:

Die Antragstellerin erhält von August 2012 bis April 2013 tatsächlich 541 € Elterngeld. Angesichts der Einkünfte ihres Lebensgefährten und dessen monatlichen Einkünften, die um die Aufwendungen für den Kredit für die gemeinsam bewohnte Wohnung, die weiteren anrechnungsfähigen Belastungen und den vom Lebensgefährten gemäß § 1609 Nr. 1 BGB vorrangig zu befriedigenden Unterhaltsanspruch des gemeinsamen Kindes B zu bereinigen sind, reichen ihre Einkünfte aus dem Elterngeld zusammen mit denen aus Unterhaltsansprüchen nach § 1615 l BGB nicht durchgehend aus, ihren notwendigen Selbstbehalt zu decken.

Der Unterhaltsanspruch, den die Antragstellerin gegen ihren Lebensgefährten gemäß § 1615 l BGB hat, errechnet sich wie folgt:

Der Vater der Kinder B und C verfügt über monatliche Einkünfte in Höhe von 2.018 €. Er zahlt monatlich 117,17 € auf eine Riesterrente. Außerdem bringt der Lebensgefährte der Antragstellerin 13 € Gewerkschaftsbeitrag auf; die Fahrt zur Arbeit (einfache Strecke 17 km) bewältigt er mit dem PKW. Dafür fallen mithin monatlich absetzbar (17 x 2 x 220 x 0,30 : 12 =) 186,99 € an. Damit verbleiben ihm - vor Berechnung eines Vorteils für mietfreies Wohnen - 1.700,84 €. Der Unterhaltsanspruch für das Kind B ist ab März 2012 mit 225 € in Abzug zu bringen, bis zum Monat Mai 2013, in dem ein weiteres Kind geboren wurde, verbleiben daher 1.475,84 €. Für den Unterhalt der nichtehelichen Mutter seines Kindes stehen daraus bei Schonung des Erwerbstätigenanreizes (1/7, vgl. dazu nur OLG Celle , Beschluss vom 21. November 2012 zu 15 UF 91/12 , zitiert nach Juris, Rn. 27) 1.265,00 € zur Verfügung.

Dem ist der Wohnwert für die Wohnung hinzuzusetzen, den der Senat nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 287 ZPO schätzt. Die Wohnung ist im ländlichen Gebiet gelegen. Wohnungsanzeigen auf der Internetplattform … für den Bereich … zeigen, dass für größere Wohnungen ein Mietzins von 3,50 € - 4,00 € je Quadratmeter erzielt werden kann (www…). Die Antragstellerin hat im Beschwerderechtszug nachgewiesen, dass die Wohnung eine Wohnfläche von 135 m2 hat; die Gesamtwohnfläche beträgt 140,7 m2, allerdings sind hier zwei Balkone mit 5,6 m2 und 2,0 m2 miteingerechnet, sodass sich eine Bereinigung auf die zugestandenen 135 m2 rechtfertigt. Damit liegt der anzurechnende Wohnvorteil für die Wohnung bei höchstens 540 € (135 x 4 €). Davon sind abzusetzen die Zinsleistungen auf Kredite für die gemeinsam mit der Antragstellerin bewohnte Immobilie, die das Amtsgericht unangefochten mit 500 € bei einer Gesamtleistung von monatlich 658,17 € angesetzt hat. Da der Vater des Kindes B auf eine Riesterrente 117,17 € zahlt, kommt der Ansatz der Tilgungsleistung als weitere Altersvorsorge nicht in Betracht. Damit verbleibt ein Wohnwert in Höhe von 40 €, der dem Einkommen hinzu zu setzen ist.

Das Einkommen, das für die Berechnung eines Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin gegen ihren Lebensgefährten nach § 1615 l BGB eingesetzt werden kann, beläuft sich mithin auf 1.305 €.

Gegenüber der nicht ehelichen Mutter seines Sohnes kann der Lebensgefährte der Antragstellerin einen Selbstbehalt in Höhe von 1.050 € bis zum 1. Januar 2013, in Höhe von 1.100 € ab dem 1. Januar 2013 verteidigen.

Damit steht der Antragstellerin bis zum 1. Januar 2013 gegen ihren Lebensgefährten ein Unterhaltsanspruch in Höhe von (1.300 - 1.050 €) = 250 € zu, ab dem 1. Januar 2013 verringert sich dieser Anspruch auf 200 €.

Betreuungsgeld fließt der Antragstellerin nicht zu; das Kind B ist nicht berechtigt, da es vor dem 1. August 2012 geboren worden ist, § 27 Abs. 4 S. 1 BEEG. Das Kind C kann erst im 15. Lebensmonat bezugsberechtigt werden, § 4 d Abs. 1 S. 1 BEEG. Ob für das Kind ab diesem Zeitraum (ab … 2014 ) Betreuungsgeld in Anspruch genommen wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

Soweit das Amtsgericht davon ausgegangen ist, dass die Antragstellerin sich anrechnen lassen muss, dass ihr Lebensgefährte teilweise Unterhalt zur Verfügung stellt, indem ihr Wohnbedarf gedeckt wird, kann der Senat dem nicht folgen, weil bei der Unterhaltsberechnung nach § 1615 l BGB bereits der objektive Wohnvorteil für die Wohnung mit der gesamten Wohnfläche berücksichtigt worden ist. Es käme daher in der Tat einer doppelten Anrechnung von Wohnvorteilen gleich, wenn man diesen Umstand bei der Antragstellerin noch einmal einkommenserhöhend berücksichtigen würde.

Bei eigenen Einkünften aus Elterngeld in Höhe von 541 € und Unterhalt in Höhe von 250 € standen der Antragstellerin damit bis zum 1. Januar 2013 nur 791 € zu Verfügung.

Bei einem Selbstbehalt in Höhe von 770 € konnte sie mithin nur 21 € für Kindesunterhalt an den Antragsgegner aufbringen, was eine Abänderung der Jugendamtsurkunde auf diesen Betrag rechtfertigt. Eine weitere Absenkung des Selbstbehaltes wegen des sogenannten Synergieeffekts bei Zusammenleben mit einem neuen Partner (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2013 zu XII ZR 158/10, zitiert nach Juris, Rn. 23) kommt nicht in Betracht. Die Antragstellerin lebt zwar mit ihrem Lebensgefährten in einem Haushalt. Allerdings ist dieser durch die Bereitstellung des Unterhalts nach § 1615 l BGB und des Unterhalts für seinen Sohn B bis zur Grenze seines Selbstbehaltes belastet. Auch bei Berücksichtigung des ihm Belassenen Siebtels (rund 117 €) kann nicht davon ausgegangen werden, dass hier die notwendige Leistungsfähigkeit besteht, denn die tatsächliche Belastung mit Tilgungsleistungen für den Kredit schmälert seine Leistungsfähigkeit weitergehend.

Auch eine Erhöhung des Selbstbehalts unter dem Gesichtspunkt eines weitern, leistungsfähigen Verwandten, konkret des Vaters des Antragsgegners, kommt nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2011 zu XII ZR 70/09, zitiert nach Juris, Rn. 419). Denn nach dem Vortrag im Beschwerdeverfahren ist zwischen den Beteiligten nicht mehr im Streit, dass die Einkommenssituation des Vaters des Antragsgegners wegen hinzugetretenen Unterhaltspflichten für seine zweite Frau und das aus dieser Beziehung hervorgegangene Kind ebenso schlecht ist wie die im Familienverband der Antragstellerin.

Ab dem 1. Januar 2013 stehen der Antragstellerin monatlich nur noch 741 € Zur Verfügung. Bis zur Geburt des dritten Kindes im Monat … 2013 ist die Antragstellerin daher tatsächlich nicht leistungsfähig.

Ab dem Monat Mai 2013 bezieht die Antragstellerin Elterngeld in einer Höhe, das die Leistungsfähigkeit partiell wieder herstellt. Gleichzeitig entfällt der Unterhaltsanspruch gegen ihren Lebensgefährten. Denn bei Einkünften in Höhe von (bereinigt) 1.305 € muss dieser nunmehr auch für den Unterhalt des weiteren Kindes C aufkommen. Ihm bleiben bei Abzug von 225 € dafür nur 1.080 €, damit ist er im Sinne eines Unterhalts für die nicht mit ihm verheiratete Mutter nicht mehr leistungsfähig. Da im Verhältnis zur Antragstellerin kein Mangelfall entsteht - diese verfügt zunächst über Elterngeld über ein Einkommen, das ihren Selbstbehalt in Höhe von 800 € abdeckt oder über dem seinen liegt - muss er auch nicht das ihm belassene Erwerbssiebtel einsetzen. Ab diesem Monat verfügte die Antragstellerin daher über folgende Einkünfte: ...

Damit konnte die Antragstellerin im Monat Mai 2013 133 € an Unterhalt für den Antragsgegner aufbringen, im Monat Juni 2013 159 € und ab dem Monat Juli 2013 bis zum Monat Dezember 2013 334,82 €. Für die zuletzt genannten Monate kommt daher keine Abänderung des Unterhaltstitels in Betracht. Das Amtsgericht hat für diese Zeit die Unterhaltsverpflichtung der Antragstellerin bereits auf 100 % des Mindestunterhalts herabgesetzt. Das führt dazu, dass es bei den hier abgeänderten Beträgen bleibt (monatlich 272 €), was zur Klarstellung im Tenor noch einmal auszuweisen ist.

Ab dem Monat Januar 2014 ergibt sich keine Leistungsfähigkeit mehr. Ab diesem Zeitraum ist daher zunächst kein Unterhalt mehr geschuldet. Erst im Monat Mai 2015 wird sich zeigen, ob die Antragstellerin erneut einer Erwerbstätigkeit nachgehen muss und ob sie - unter Berücksichtigung ihrer Unterhaltspflichten gegenüber den beiden weiteren Kindern - dann leistungsfähig ist. Hierzu kann der Senat indes nicht heute mit der für eine Entscheidung hinreichenden Wahrscheinlichkeit eine Prognose anstellen, sodass der Antragsgegner im Ergebnis darauf zu verweisen sein wird, möglicherweise eine Neutitulierung zu verlangen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG. Da die Antragstellerin nur noch zu einem untergeordneten Anteil Kindesunterhalt bar aufbringen muss, zum Teil indes auch mit ihrem Antrag auf Fortfall der Unterhaltverpflichtung durchdringt, ist eine Kostenaufhebung angezeigt. Die Entscheidung zur sofortigen Wirksamkeit auf § 116 Abs. 3 FamFG.

4. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil das Oberlandesgericht Bamberg im Hinblick auf die Vorwerfbarkeit der Verlängerung des Bezugszeitraums für das Elterngeldes bei gleichzeitiger Halbierung des Auszahlungsbetrages die Auffassung vertreten hat, es liege eine Verletzung der aus § 1603 Abs. 2 BGB folgenden Pflichten vor (OLG Bamberg, Beschluss vom 13. April 2011 zu Az.: 7 UF 17/11, zitiert nach Juris, Rn. 15 f.). ..." (OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.10.2013 - 2 UF 443/12)

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Niedrige Schulden - bis rund 100 € - bilden bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen keinen Abzugsposten, sondern sind ebenfalls den allgemeinen Lebenshaltungskosten zuzurechnen (Anschluss an BGH, 19. November 2008, XII ZR 51/08, NJW 2009, 675) und somit im Ergebnis aus dem - derzeit 200 € umfassenden - Erwerbstätigenbonus beim notwendigen Selbstbehalt zu begleichen (OLG Koblenz, Beschluss vom 03.07.2013 - 13 WF 585/13):

„... In Abzug zu bringen ist indes nach dem Vorbringen des Antragstellers das eheliche Darlehen in Höhe von 89,09 €/mtl. Gleiches gilt jedoch nicht für Kfz-Haftpflichtversicherung und -kredit sowie für die Ausgaben für Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung. Denn die Kosten einer Hausrat- bzw. einer Haftpflichtversicherung gehören zur allgemeinen Lebensführung und sind aus dem Selbstbehalt zu bestreiten (vgl. BGH FamRZ 2010, 1535). Darüber hinaus ist bei minderjährigen Kindern die verschärfte Elternhaftung nach § 1603 Abs. 2 BGB auch im Rahmen der hinsichtlich der Frage nach der Berücksichtigungsfähigkeit von Schulden vorzunehmenden Billigkeitsabwägung (vgl. KoL 10.4.) zu beachten. Danach benötigt der Antragsteller aus den o.g. Gründen hier beruflich kein Fahrzeug, so dass er im Zuge der ihn treffenden gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB gehalten sein könnte, das sonach allein privat genutzte Fahrzeug notfalls zu verkaufen. Letztlich kann dies aber hier sogar dahinstehen. Denn unabhängig davon, dass die Kreditaufnahme nach den eingereichten Unterlagen im Zuge der Trennung und damit bereits bei für den Antragsteller absehbarer Barunterhaltspflicht erfolgte, bilden niedrige Schulden - bis rund 100 € - bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen keinen Abzugsposten, sondern sind ebenfalls den allgemeinen Lebenshaltungskosten zuzurechnen (vgl. BGH FamRZ 2009, 314) und somit im Ergebnis aus dem - derzeit 200,00 € umfassenden - Erwerbstätigenbonus beim notwendigen Selbstbehalt zu begleichen (vgl. Gerhardt/v. Heintschel-Heinegg/Klein Handbuch des Fachanwalts für Familienrecht 9. Aufl. 2013 Kap. 6 Rn. 189). ..."

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Fahrtkosten des Unterhaltspflichtigen für dessen Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte, die nur dadurch entstanden sind, weil er im Verlauf des Scheidungsverfahrens von der nach der Trennung innegehabten Wohnung zu seiner neuen Lebenspartnerin gezogen ist, sind in Fällen, in denen der Unterhaltspflichtige aufgrund eingeschränkter Leistungsfähigkeit nur etwa ein Drittel des gesetzlichen Mindestunterhalts für seine minderjährige, aus der geschiedenen Ehe hervorgegangenen Tochter zu zahlen in der Lage ist, nur nach einer umfassenden Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte als Abzugsposten zuzulassen (KG Berlin, Beschluss vom 14.08.2013 - 17 UF 102/13):

„... 2. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage kommt eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die vom Antragsteller beabsichtigte Beschwerde gegen die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung, soweit er mehr als 80 € monatlich leisten soll, mangels Erfolgsaussicht nicht in Betracht (§§ 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG, 114, 119 Abs. 1 ZPO):

a) Allerdings weist der Antragsteller zu Recht darauf hin, dass sein Einkommen grundsätzlich um die - entweder (wie hier) konkret oder pauschal angesetzten - berufsbedingten Aufwendungen zu bereinigen ist. Denn hierbei handelt es sich um notwendige Aufwendungen, um das eigene Einkommen zu erzielen, die jedenfalls dann grundsätzlich einkommens- bzw. leistungsfähigkeitsmindernd zu berücksichtigen sind, soweit sie sich wie etwa die Kosten für die Fahrt zur Arbeitsstätte von den allgemeinen Aufwendungen für die private Lebenshaltung eindeutig abgrenzen lassen und der Abzug, insgesamt betrachtet, nicht unangemessen erscheint (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [8. Aufl. 2011], § 1 Rn. 122f. sowie unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Kammergerichts Nr. 10.2, 10.2.1 sowie 10.2.2). Dass das Familiengericht dem Antragsteller einen pauschalen Abzug von 5% des Nettoeinkommens - bei seinem Nettoeinkommen von ca. 1.120 €/Monat wären dies etwa 56 € - versagt und einen konkreten Nachweis gefordert hat, ist nicht zu beanstanden. Vielmehr steht diese Vorgehensweise im Einklang mit den unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Kammergerichts, wonach bei beschränkter Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen - mit der angegriffenen Entscheidung wurde der Antragsteller zu einer Unterhaltszahlung in Höhe von lediglich etwa einem Drittel des gesetzlichen Mindestunterhalts (Zahlbetrags) von 334 €/Monat verpflichtet - im Einzelfall mit konkreten Kosten gerechnet werden kann (vgl. Leitlinie Nr. 10.2.1, Satz 3).

Vom Antragsteller wird jedoch übersehen, dass bei der Berechnung von Fahrtkosten stets die wirtschaftlichen Verhältnisse aller Beteiligter zu betrachten sind; das gilt insbesondere dann, wenn durch die Kosten für die Fahrt zur Arbeitsstelle ein so großer Teil des Einkommens aufgezehrt wird, dass der Unterhaltspflichtige deshalb keinen ausreichenden Unterhalt mehr zahlen kann (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1988 - IVb ZR 23/88 -, FamRZ 1989, 483 [bei juris LS 1] sowie Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [8. Aufl. 2011], § 1 Rn. 133). Ein Unterhaltspflichtiger ist daher gehalten, zur Vermeidung besonders hoher Fahrtkosten (und der damit einhergehenden Verkürzung der Unterhaltsverpflichtung) seinen Wohnsitz in die Nähe der Arbeitsstelle zu verlegen, sich eine neue Arbeit in unmittelbarer Wohnortnähe zu suchen (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [8. Aufl. 2011], § 1 Rn. 133; Palandt/Brudermüller, BGB [72. Aufl. 2013], § 1361 Rn. 48) oder sogar anstelle von kostenpflichtigen Verkehrsmitteln das Fahrrad zu benutzen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 12. November 2007 - 15 WF 229/07 -, FPR 2008, 183 [bei juris Rz. 2: einfache Fahrstrecke von 8km]). Wenn aber bereits eine Obliegenheit für den Unterhaltspflichtigen besteht, seinen Wohnsitz in die Nähe der Arbeitsstelle zu verlegen, um auf diese Weise einen auskömmlichen Unterhalt des Berechtigten zu gewährleisten, kann vom Unterhaltspflichtigen - zumal, wenn es um den Unterhalt eines minderjährigen bzw. volljährigen, privilegierten Kindes geht (§ 1603 Abs. 2 BGB) und der Pflichtige noch nicht einmal in der Lage ist, den Mindestunterhalt zu entrichten - aber erst recht erwartet werden, dass er von einer Wohnsitzverlegung in eine größere Entfernung vom Arbeitsplatz Abstand nimmt.

Nach Dafürhalten des Senats hat in Fällen wie dem vorliegenden eine umfassende Abwägung aller involvierten Interessen zu erfolgen: Ähnlich wie dies für den Abzug von Verbindlichkeiten allgemein anerkannt ist (vgl. nur Palandt/Brudermüller, BGB [72. Aufl. 2013], § 1603 Rn. 8), sind dabei die Gründe und der Zweck des Umzugs, dessen Dringlichkeit, der Zeitpunkt und die Frage, ob der Unterhaltspflichtige bei seiner Entscheidung bereits Kenntnis vom Bestand der Unterhaltspflicht hatte, sowie die berechtigten Interessen des Unterhaltsberechtigten untereinander und gegeneinander abzuwägen und zu einem verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen. Insoweit sind zugunsten des Antragstellers sein Interesse an der freien Wahl des Wohnortes und der allgemeinen Handlungsfreiheit sowie das Interesse, mit seiner neuen Lebenspartnerin zusammenzuziehen, einzustellen. Zu würdigen ist auch das Interesse der neuen Lebenspartnerin, mit dem Antragsteller zusammen wohnen zu können. Auf Seiten der unterhaltsberechtigten Jugendlichen ist das Interesse an der Deckung ihrer wirtschaftlichen Lebensgrundlagen anzuführen. Dieses Interesse erlangt ein besonderes Gewicht, weil die Jugendliche - anders als der Antragsteller, der in seinen Entscheidungen grundsätzlich frei ist - auf den Unterhalt zwingend angewiesen ist; sie ist nicht in der Lage, für ihren Bedarf selbst aufzukommen. Hinzukommt, dass die in Rede stehenden Beträge bereits weit unter dem Mindestunterhalt der Jugendlichen liegen. Im Rahmen der Abwägungen ist grundsätzlich auch zu prüfen, inwieweit es Alternativen gibt; etwa, dass die Lebenspartnerin zum Antragsteller zieht. Schließlich ist auch der zeitliche Aspekt in die Abwägung einzubeziehen und zu berücksichtigen, wie lange die Unterhaltspflicht gegenüber der Jugendlichen voraussichtlich noch andauern wird und ob im Hinblick hierauf dem Antragsteller nicht möglicherweise zugemutet werden kann, seine Pläne für eine gewisse Zeit zurückzustellen.

An diesen Maßstäben gemessen, ist klar, dass die infolge des Umzugs des Antragstellers zu dessen neuer Lebenspartnerin überhaupt erst entstandenen Fahrtkosten unterhaltsrechtlich keine Anerkennung finden können: Zunächst ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der Umzug zu der Lebenspartnerin besonders dringlich gewesen wäre oder dass der Antragsteller sein Interesse gegen dasjenige seiner Tochter abgewogen hätte sowie weiter, dass von ihm geprüft worden wäre, ob nicht auch ein Umzug der Lebenspartnerin in seine Wohnung in Betracht kommen könnte. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller dem Umstand ausreichend Beachtung geschenkt hat, dass seine Tochter bereits 17 Jahre alt ist, die 10. Klasse besucht und die mittlere Reife ablegen will bzw. mittlerweile möglicherweise bereits abgelegt hat (vgl. den Bericht des Jugendamtes vom 15. November 2012 in der Folgesache elterliche Sorge); die Unterhaltspflicht ihr gegenüber also in naher Zukunft auslaufen bzw. sich aufgrund der Berücksichtigung eventueller eigener Einkünfte der Tochter aus einer Ausbildung (vgl. unterhaltsrechtliche Leitlinien des Kammergerichts, Nr. 12.2, 13.2) jedenfalls reduzieren dürfte: Es spricht daher manches dafür, dass es vorliegend eher um eine Übergangszeit geht, so dass es dem Antragsteller grundsätzlich zumutbar ist, die Umzugspläne im Interesse seiner Tochter für eine gewisse - überschaubare - Zeit zurückzustellen. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der Umzug zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem der Antragsteller bereits wusste, dass er infolge der Trennung der Ehegatten und dem Verbleib seiner Tochter im Haushalt der Mutter barunterhaltspflichtig werden wird (§ 1612a Abs. 1 Satz 1 BGB). Aus der Mitteilung des Unterhaltsbeistands des Jugendamts von Mai 2012, wonach der Antragsteller seinerzeit nicht leistungsfähig gewesen sein soll, um über die von ihm gezahlte Unfall-/Ausbildungsversicherung und die Schülermonatskarte für D... (Scheidungsantrag, dort S. 3; HA 3) hinaus weitergehenden Barunterhalt zu zahlen, kann der Antragsteller nichts für sich herleiten; ein wie auch immer gearteter "Vertrauensschutz", auch in Zukunft von Unterhaltsforderungen verschont zu werden, ergibt sich hieraus jedenfalls nicht. Tatsächlich ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass erhöhte Fahrtkosten, die durch den Umzug des Unterhaltspflichtigen zu dessen neuer Lebenspartnerin entstehen, unterhaltsrechtlich keine Anerkennung finden können (vgl. OLG Köln, Urteil vom 15. August 2006 - 4 UF 19/06 -, FamRZ 2006, 1760 [bei juris LS 1 und Rz. 8]). Dabei hat es auch im vorliegenden Fall sein Bewenden.

b) Unabhängig hiervon ist Verfahrenskostenhilfe für die beabsichtigte Beschwerde aber auch deshalb zu versagen, weil gerade nicht ersichtlich ist, dass der Selbstbehalt des Antragstellers - dieser beträgt im Verhältnis zu D... seit Januar 2013 1.000 € - nicht aufgrund der Vorteile des gemeinsamen Wirtschaftens mit der neuen Lebenspartnerin zu reduzieren ist:

Anerkannt ist, dass die Ersparnis durch das gemeinsame Wirtschaften bei Zusammenleben mit einem leistungsfähigen Partner eine Herabsetzung des Selbstbehalts nahe legen kann; dies kommt umso mehr in Betracht, als es hier um die Sicherung des Mindestunterhalts eines minderjährigen Kindes geht (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB [72. Aufl. 2013], § 1603 Rn. 20, § 1581 Rn. 18; Wendl/Dose-Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [8. Aufl. 2011], § 5 Rn. 20). Diese sogenannte "Haushaltsersparnis" wird in der Regel mit 10% des Selbstbehaltssatzes (hier also: 100 €) bemessen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juli 2010 - XII ZR 140/07 -, BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 [bei juris Rz. 44ff.] sowie unterhaltsrechtliche Leitlinie des Kammergerichts Nr. 21.5), kann aber grundsätzlich auch darüber hinaus gehen, soweit sichergestellt ist, dass das sozialhilferechtliche Existenzminimum des Antragstellers und dessen neuer Partnerin gewahrt bleibt (BGH, Versäumnisurteil vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 -, BGHZ 175, 182 = FamRZ 2008, 968 [bei juris Rz. 54f.] sowie Palandt/Brudermüller, BGB [72. Aufl. 2013], § 1581 Rn. 18).

Vom Antragsteller wird insoweit nicht gesehen, dass seine bloße Behauptung, die neue Lebenspartnerin sei nicht leistungsfähig und deshalb müsse eine Herabsetzung des Selbstbehalts aufgrund der Kostenvorteile des gemeinsamen Wirtschaftens ausscheiden, gerade nicht ausreicht: Zunächst einmal ist festzuhalten, dass diese Behauptung lediglich durch die Einreichung der ersten beiden Seiten des (vorläufigen) SGB II-Bescheids vom 29. Mai 2013 für die Bedarfsgemeinschaft bestehend aus dem Antragsteller, dessen Lebenspartnerin und deren beiden Kinder untermauert wird. Der Berechnungsbogen, aus der sich die genaue Zusammensetzung der Zahlungen ergibt, fehlt. Dies ist schon deshalb von Belang, weil die Zahlungen an die gesamte Bedarfsgemeinschaft von insgesamt vier Personen einschließlich deren Bedarfs für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II) deutlich hinter den "regulären" Regelleistungen für eine Bedarfsgemeinschaft nach § 20 SGB II zurückbleiben; insgesamt zahlt das Jobcenter nämlich lediglich 69,26 €. Damit ist klar, dass eigene, innerhalb der Bedarfsgemeinschaft erzielte Einkünfte bei der Berechnung der staatlichen Transferleistungen berücksichtigt worden sein müssen. Ohne Kenntnis dieser Zahlen kann nicht nachvollzogen werden, ob und ggf. in welchem Umfang das sozialhilferechtliche Existenzminimum innerhalb der Bedarfsgemeinschaft gewahrt ist.

Insoweit übersieht der Antragsteller, dass die diesbezügliche Darlegungs- und Beweislast allein bei ihm liegt; von ihm ist darzulegen, dass und weshalb er nicht ausreichend leistungsfähig sein will, um die Zahlung des Mindestunterhalts zu gewährleisten (vgl. nur Palandt/Brudermüller, BGB [72. Aufl. 2013], § 1601 Rn. 19, § 1603 Rn. 47; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [8. Aufl. 2011], § 6 Rn. 721, 722). Die genaue Kenntnis des Zahlenwerks im Berechnungsbogen ist aber auch deshalb von Bedeutung, weil das Einkommen des Antragstellers - worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist (Schriftsatz vom 8. Juli 2013, dort S. 2; KU 51) - um diejenigen Beträge gekürzt wird, die zur Erfüllung der in einem Unterhaltstitel festgesetzten gesetzlichen Unterhaltspflicht erforderlich sind (§ 11b Abs. 1 SGB II). Im praktischen Ergebnis ändert sich durch die Verpflichtung des Antragstellers zu (höheren) Unterhaltsleistungen für die Bedarfsgemeinschaft letztlich also nichts; deren sozialhilferechtliches Existenzminimum bleibt vielmehr gewahrt. Der Antrag ist daher zurückzuweisen. ..."

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Die nach § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB gesteigerte Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsschuldners besteht regelmäßig bereits ab Beginn seiner Barunterhaltspflicht (vgl. OLG München, Beschluss vom 24. August 2005, 4 UF 282/05, zitiert nach juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 3. August 2010, 10 UF 32/10, zitiert nach juris), spätestens jedoch nach Ablauf einer Übergangsfrist von wenigen Monaten (OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.04.2013 - 13 WF 54/13):

„... I. Der Antragsgegner wendet sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe zur Verteidigung gegen die Inanspruchnahme auf Mindestunterhalt für seine minderjährige Tochter. Er wendet im Wesentlichen unter Hinweis auf ein unzureichendes Einkommen, auf fehlende Möglichkeiten für Nebentätigkeiten sowie auf Fahrtkosten für Arbeitswege und Umgänge Leistungsunfähigkeit ein. ...

II. Die nach §§ 76 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die von Antragsgegner beabsichtigte Verteidigung ist aussichtslos (§ 114 S. 1 ZPO).

Die Leistungsunfähigkeit (vgl. § 1603 BGB) des Antragsgegners wird sich voraussichtlich nicht feststellen lassen. Er ist nach § 1603 Abs. 2 S 1 BGB als Unterhaltsschuldner gegenüber seiner minderjährigen Tochter verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem Unterhalt zu verwenden. Dies umfasst, neben der Obliegenheit vorhandenes Vermögen in zumutbarem Rahmen so ertragreich wie möglich anzulegen, gegebenenfalls umzuschichten oder erforderlichenfalls zu verwerten, insbesondere eine Obliegenheit zur gesteigerten Ausnutzung seiner Arbeitskraft. Insoweit hat er alle zumutbaren Erwerbsmöglichkeiten auszuschöpfen, muss sich besonders intensiv um eine Erwerbstätigkeit bemühen und dabei auch Gelegenheitsarbeiten oder berufsfremde Tätigkeiten unterhalb seiner gewohnten Lebensstellung übernehmen (vgl. zuletzt BGH, FamRZ 2013, 278). Für die Erfüllung dieser Obliegenheiten ist der Unterhaltsschuldner darlegungs- und beweisbelastet (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 72. Aufl., § 1601, Rn. 9 m.w.N.). Darlegungen hierzu fehlen, sind nicht einlassungsfähig oder unsubstanziiert, wie bereits das Amtsgericht in seinem Ausgangsbeschluss, auf den der Senat auch insoweit verweist und den der Antragsteller nicht näher angreift, umfangreich und zutreffend ausgeführt hat.

Unsubstanziiert ist auch das Vorbringen des Antragsgegners zu den geltend gemachten Umgangskosten, dem - abgesehen davon, dass Umgangskosten ohnehin nur in angemessenem Umfang angesetzt werden könnten - die Antragstellerin entgegen getreten ist (29 GA).

Soweit das Amtsgericht auf eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit abgestellt hat, besteht diese - worauf der Senat ergänzend hinweist - regelmäßig bereits ab Beginn der Barunterhaltspflicht (vgl. OLG München, Beschluss vom 24.08.2005 - 4 UF 282/05, zitiert nach juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 03.08.2010 - 10 UF 32/10, zitiert nach juris), spätestens jedoch nach Ablauf einer Übergangsfrist von wenigen Monaten. ..."

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Erwerbsobliegenheit einer Mutter eines Kleinkindes im Rahmen eigener Unterhaltsansprüche gegen die Eltern OLG Köln, Beschluss vom 26.03.2013 - 25 UF 241/12):

„... 1. Gemäß § 238 Abs. 1 S. 2 FamFG kann die Abänderung eines Unterhaltstitels zulässig begehrt werden, wenn der Antragsteller Tatsachen vorträgt, aus welchen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt. Das ist hier zwanglos mit Erreichen der Volljährigkeit der Antragsgegnerin der Fall.

2. Der fortbestehende Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin folgt aus §§ 1601 ff. BGB. Zutreffend weist der Antragsteller darauf hin, dass das unterhaltsberechtigte Kind, das trotz unstreitiger Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse an dem zuvor titulierten Unterhalt festhalten will, seine fortbestehende Unterhaltsberechtigung und Bedürftigkeit gegenüber einem Abänderungsbegehren darzulegen und zu beweisen hat (Wendl/Dose-Schmitz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage 2011, § 10 Rz. 247). Indessen besteht der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin hier bereits nach dem als unstreitig zugrunde zu legenden Sachverhalt fort. Eine Erwerbstätigkeit ist ihr derzeit nicht möglich und war ihr in der Vergangenheit nicht zumutbar.

a) In Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Amtsgericht - Familiengericht - zu Recht davon ausgegangen, dass der Gesetzheber mit der Einführung des Basisunterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres (§ 1615l Abs. 2 S. 3 BGB) dem betreuenden Elternteil die freie Entscheidung eingeräumt, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren in vollem Umfang selbst betreuen oder andere Betreuungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen will (BGH FamRZ 2010, 444 - zitiert nach Juris Tz. 25; BGH FamRZ 2011, 1560 - zitiert nach Juris Tz. 20). Nach Auffassung des Senats erlangt diese insbesondere auch im Interesse des Kindes bestehende Wertung Bedeutung nicht nur für den Unterhaltsanspruch der ein Kleinkind betreuenden Mutter gegen den Kindesvater; sie muss vielmehr auch im Verhältnis zum unterhaltsverpflichteten Elternteil der Kindesmutter Beachtung finden. Zwar unterscheidet sich der hier vorliegende Fall von demjenigen des § 1615l BGB dadurch, dass - worauf noch einzugehen sein wird - jedenfalls bis Februar 2013 der Kindesvater als mögliche Betreuungsperson in Betracht kam. Die Mutter auf eine Betreuung außerhalb der Partnerschaft zu verweisen hieße aber, das Kind gegenüber einem ehelich geborenen Kind schlechter zu stellen. Eine Entscheidung der Kindesmutter gegen eine Betreuung des Kindes außerhalb einer bestehenden Partnerschaft ist daher grundsätzlich zu respektieren. Soweit in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6. Dezember 1984 (IVb ZR 53/83 - FamRZ 1985, 273 - zitiert nach Juris Tz. 15) davon die Rede ist, es stehe im Verhältnis zu unterhaltsverpflichteten Eltern nicht im Belieben der Kindesmutter, ob sie selbst das Kind versorgen möchte, beruht dies auf der seinerzeit geltenden Formulierung des § 1615l Abs. 2 BGB ("weil das Kind andernfalls nicht versorgt werden könnte") und ist durch die aktuelle Gesetzeslage überholt.

Letztlich mögen die vorstehenden Erwägungen aber auf sich beruhen, denn nach den konkreten Umständen des Streitfalles kam eine Betreuung von Emilia außerhalb der Partnerschaft mit Herrn T auch während deren Bestehen nicht in Betracht. Unwidersprochen bringt die Antragsgegnerin vor, ihre Mutter sei zur Betreuung des Kindes weder bereit noch gesundheitlich in der Lage. Gleichfalls unwidersprochen ist, dass es der Antragsgegnerin bislang nicht gelungen ist, einen Kindergarten- oder Krippenplatz zu erhalten. Ein Rechtsanspruch auf eine Betreuungsmöglichkeit für ein unter dreijähriges Kind besteht nach derzeitiger Rechtslage im Land Nordrhein-Westfalen (noch) nicht. Soweit der Antragsteller schließlich die finanzielle Bezuschussung einer Tagesmutter durch die Agentur für Arbeit anspricht, wird diese Hilfe - die sich auf den kaum kostendeckenden Betrag von 130,-- EUR im Monat beläuft - gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 SGB III nur im Rahmen der Arbeitsförderung, also bei einer ihrerseits geförderten Maßnahme der Arbeitsverwaltung gewährt, nicht aber im Zusammenhang mit einer Aushilfstätigkeit zum Bestreiten des Lebensunterhalts.

b) Aus den vorstehenden Ausführungen ist freilich - wie bereits ausgeführt - nicht zu entnehmen, dass im Verhältnis zu dem unterhaltsverpflichteten Antragsteller eine Erwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin vollständig ausschiede. Eine solche wäre vielmehr in Betracht zu ziehen, wenn der Kindesvater zu ihrer Entlastung herangezogen werden könnte. Denn im Falle des Zusammenlebens der Kindeseltern - wie es hier nach dem unstreitigen Sachverhalt bis Ende Februar 2013 der Fall war - ist die Betreuung des Kindes gerade durch die Mutter auch durch die vorzitierten und vom Amtsgericht herangezogenen gesetzlichen Wertungen nicht gewährleistet. Vielmehr muss die Zeitspanne, in der Eltern im Wege der Ersatzhaftung nach §§ 1615l Abs. 3, 1607 BGB auf Unterhalt in Anspruch genommen werden können, für die Zeit von bis zu drei Jahren unter Zugrundelegung der konkrete Betreuungsmöglichkeiten für das Kind und den damit verknüpften Verdienstmöglichkeiten der unterhaltsberechtigten Mutter bemessen werden. Die Verdienstmöglichkeiten der nichtehelichen Mutter sind dabei auch unter Zugrundelegung ihres Alters und der vorhandenen Berufsausbildung anhand der tatsächlichen Umstände zu bewerten (vgl. insgesamt OLG Frankfurt/Main NJW 2009, 3105 - zitiert nach Juris Tz. 36 m.w.N.).

aa) Zu Beginn des Abänderungszeitraums (ab 1. Juli 2011) unterlag die Antragsgegnerin zunächst ohnehin einem Beschäftigungsverbot (§§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG). Unwidersprochen hat die Antragsgegnerin weiter vorgebracht, dass der Kindesvater unter der Woche zwischen 16:00 Uhr und 17:00 Uhr nach Hause gekommen sei. Das beschränkte - wovon die Beteiligten auch ausgegangen sind - die Antragsgegnerin wochentags auf eine Tätigkeit in den Abendstunden. Die Antragsgegnerin verfügt lediglich über einen Hauptschulabschluss, eine Ausbildung zur Servicekraft hat sie nicht beendet. Sie auf Arbeit in den Abendstunden zu verweisen, in denen der Vater ihrer Tochter das Kind beaufsichtigen konnte, hieße sie auf Arbeitsplätze im Gastronomiebereich bzw. auf Reinigungsstellen zu beschränken. Auch solche Stellen sind aber für Mütter, die ein Kleinkind zu versorgen haben und bei welchen deshalb zu erwarten steht, dass sie gelegentlich ausfallen, erfahrungsgemäß nur schwer zu erhalten. Zudem erachtet der Senat eine solche Tätigkeit im Anschluss an die - ihrerseits den vollschichtigen Einsatz der Mutter erfordernde - Betreuung eines Wickelkindes für unzumutbar (für eine ganz vergleichbare Konstellation ebenso OLG Frankfurt/Main a.a.O.).

Ob der Antragsgegnerin zugemutet werden konnte, an einem Tag am Wochenende einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, bedarf keiner Entscheidung. Denn mit einer solchen - ungelernten - Tätigkeit wäre ihr Bedarf nicht zu decken gewesen. Der Mindestlohn im Gebäudereinigerhandwerk betrug bis zum 31. Dezember 2012 8,82 EUR brutto; die Antragsgegnerin hätte aus einer solchen Tätigkeit an 46 Wochenenden im Jahr mithin monatlich 270,48 EUR brutto oder 214,72 EUR netto verdienen können. Der Senat hat keine Anhaltspunkte, dass die Verdienstmöglichkeiten in der Gastronomie besser wären. Mit einem solchen Verdienst wäre indessen ihr Bedarf - das bis Ende Juli 2012 gezahlte Elterngeld bleibt gemäß § 11 BEEG anrechnungsfrei - nicht zu decken gewesen.

bb) Ab Februar 2013 steht nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin der Kindesvater wegen der erfolgten Trennung als Betreuungsperson nicht mehr zur Verfügung. Ab diesem Zeitpunkt scheidet daher eine Erwerbsobliegenheit aus diesem Grunde aus.

3. Zutreffend hat das Amtsgericht - Familiengericht - auch dahin entschieden, dass eine Mithaftung der Mutter der Antragsgegnerin für den Barunterhalt nicht in Betracht kommt. Seit ihrem Arbeitsplatzwechsel (6. August 2012) ist noch nicht einmal ihr Selbstbehalt gewahrt. Zuvor hat sie zwar netto 1.321,89 EUR verdient, hatte aber auch - was im Grundsatz unstreitig ist - berufsbedingte Aufwendungen. Selbst wenn man diese mit dem Antragsteller entgegen dem Vorbringen der Antragsgegnerin auf nur 165 jährliche Arbeitstage (3/4 von 220) verteilen wollte, verblieben bei einer (aus Google-Maps ermittelten) Fahrtstrecke von 20 Kilometern zwischen dem Wohnort der Mutter zu ihrer Arbeitsstelle in L berufsbedingte Aufwendungen von monatlich 165,-- EUR. Unter deren Berücksichtigung würde der Selbstbehalt nur so geringfügig (nämlich um 6,89 EUR) überschritten, dass angesichts des verhältnismäßig geringen Zahlbetrags des Antragstellers eine quotale Mithaftung der Mutter ausschiede. Auf fiktive Einkünfte der Mutter muss sich hingegen die Antragsgegnerin - worauf das Amtsgericht zutreffend hinweist - nicht verweisen lassen (vgl. Wendl/Dose-Klinkhammer a.a.O., § 2 Rz. 567) ..."

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Der Schuldner ist an seine einseitige Verpflichtungserklärung und damit zugleich an die ihr nach Grund und Höhe zugrunde liegenden Umstände rechtsgeschäftlich gebunden, weil die einseitig erstellte Jugendamtsurkunde regelmäßig zugleich zu einem Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB führt. Macht der Schuldner eine Herabsetzung des Unterhalts geltend, muss er deshalb diese Umstände vortragen und darlegen, dass die bisherige Unterhaltsleistung für ihn wegen Änderung der Verhältnisse nach § 242 BGB unzumutbar geworden ist. Auch prognostizierte Umstände und Fiktionen unterliegen einer Abänderung. In diesem Fall setzt ein erfolgreiches Abänderungsbegehren voraus, dass in den Verhältnissen, die zu den einzelnen Fiktionen geführt haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, die einem Festhalten an der ursprünglichen Prognosebeurteilung entgegensteht (OLG Hamm, Beschluss vom 20.03.2013 - 8 UF 211/12 zu §§ 239 FamFG, 242 BGB).

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Die (erstmalige) Abänderung eines Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses gemäß § 253 FamFG erfolgt unabhängig vom Zeitpunkt der Antragstellung ausschließlich nach § 240 FamFG. In einem derartigen Abänderungsverfahren bedarf es - abweichend von demjenigen gemäß § 238 FamFG - keiner Darlegung einer nachträglichen wesentlichen Änderung der Verhältnisse. Zugleich entspricht die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der materiellen Voraussetzungen des Unterhaltsanspruches denjenigen in einem auf Ersttitulierung gerichteten Verfahren. Bei einer begehrten Abänderung für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Abänderungsantrages sind die Einschränkungen in § 240 Abs. 2 FamFG zu beachten(OLG Celle, Beschluss vom 20.03.2013 - 10 WF 90/13).

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Es stellt eine unzulässige Teilentscheidung dar, wenn in einem Unterhaltsverfahren nur über einen Teil des streitgegenständlichen Gesamtzeitraums entschieden wird (vertikale Teilentscheidung), obwohl sich eine für den Unterhalt in dem beschiedenen Teilzeitraum beantwortete rechtliche Frage auch für den noch anhängig bleibenden Teilzeitraum erneut stellt oder stellen kann (hier: Höhe der dem Unterhaltspflichtigen zuzurechnenden Einkünfte sowie die streitige Zahl der zu berücksichtigenden Unterhaltsberechtigten). Bei dem dem Unterhaltspflichtigen als erzielbar zuzurechnenden Einkommen aus einer hypothetischen Arbeitsstelle ist - auch soweit es um die Sicherung des Mindestunterhalts für minderjährige Kinder geht - regelmäßig ein pauschaler Abzug für berufsbedingten Aufwand vorzunehmen. Zur Höhe des von einem nicht gesundheitlich eingeschränkten Arbeitsfähigen ohne formelle Berufsqualifikation erzielbaren Nettoeinkommens (hier: für 2012 bei LSt-Kl. I/0,5 jedenfalls maßgebliche rund 1.030 €; OLG Celle, Beschluss vom 20.03.2013 - 10 UF 33/13).

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Die notwendigen Kosten der berufsbedingten Nutzung eines Pkw sind entsprechend § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JVEG mit 0,30 € je Kilometer zu bemessen. Bei Fahrtstrecken von mehr als 30 Entfernungskilometer kann die Kilometerpauschale auf 0,20 € reduziert werden. Mit der Kilometer-Pauschale sind die Anschaffungskosten eines Pkw abgegolten. Einkommensteuererstattungen, die sich durch die steuerliche Geltendmachung der Fahrtkosten ergeben können, sind gegenzurechnen (OLG Celle, Beschluss vom 14.02.2013 - 10 WF 46/13).

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Eltern schulden ihren minderjährigen Kindern einen Verfahrenskostenvorschuss auch dann, wenn sie ihn zwar nicht in einer Summe zahlen können, aber nach § 115 Abs. 1 ZPO für eine eigene Verfahrensführung zu Ratenzahlungen in der Lage wären. Dann kann dem vorschussberechtigten Kind Verfahrenskostenhilfe auch nur gegen entsprechende Ratenzahlung bewilligt werden. Für die Anordnung einer Ratenzahlung ist dabei aber nicht allein maßgeblich, ob der unterhaltspflichtige Elternteil für ein von ihm selbst zu führendes Gerichtsverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Anordnung von Raten erhalten würde. Es ist vielmehr zusätzlich festzustellen, dass die in Anspruch genommenen Eltern im Sinne des Unterhaltsrechts leistungsfähig sind (OLG Dresden, Beschluss vom 31.01.2013 - 20 WF 36/13).

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Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers können allein insoweit als Einkommen angerechnet werden, als sie entsprechende Aufwendungen des Unterhaltspflichtigen ersparen. Zur Zurechnung eines fiktiven Einkommens bei vorhandener Berufserfahrung als Kraftfahrer (OLG Hamm, Beschluss vom 17.01.2013 - 2 UF 53/12):

„... 1. Der Antragsgegner schuldet den gemeinsamen Kindern die Zahlung von Kindesunterhalt nach § 1601 BGB. Aufgrund fehlenden eigenen Einkommens und Vermögens sind die gemeinsamen Kinder auch bedürftig. Die gemeinsamen Kinder leben im Haushalt der Antragstellerin so dass diese - ungeachtet des vereinzelt stattgefundenen Umgangs mit dem Antragsgegner - die Kinder betreut und versorgt (§ 1606 Abs. 3 BGB). Der Bedarf der Kinder hat sich mithin allein am Einkommen des barunterhaltspflichtigen, nicht betreuenden Antragsgegners auszurichten.

a) Bis zum 26.10.2010 war er als selbständiger Futterlieferant tätig. Ab dem 01.11.2010 war er aufgrund Arbeitsvertrages vom 15.10.2010 bei seinem Bruder bis zu seiner Reise nach Paraguay bis November oder Dezember 2011 beschäftigt.

(a) Für den Monat Oktober 2010 ist vom tatsächlichen Einkommen des Antragsgegners auszugehen. Der Antragsgegner ging vor der Trennung seiner selbständigen Tätigkeit nach. Die Beteiligten trennten sich am 11.10.2010. Trotz der nach dem 12.10.2010 einsetzenden Obliegenheit zur Aufrechterhaltung bzw. Schaffung einer den Mindestunterhalt sichernden Erwerbslage kann jedenfalls im Oktober 2010 noch kein fiktives Erwerbseinkommen wegen Verletzung einer Erwerbsobliegenheit zugerechnet werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 25.05.2011 - II-8 UF 6/11 - FamFR 2011, 513). Nach Aufgabe der selbständigen Tätigkeit muss dem Antragsgegner die angemessene Möglichkeit zur Neuorientierung zugebilligt werden.

(b) Der Antragsteller hat indes zu seinen tatsächlichen im Oktober 2010 erzielten Einkünften keine hinreichenden Angaben gemacht. Er hat lediglich pauschal und damit substanzlos negative Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit behauptet. Er hat aber - trotz entsprechenden Hinweises des Senats in seinem Beschluss vom 22.10.2012 - nach wie vor nicht seine Einkünfte im Einzelnen dargelegt. Da er für seine Leistungsunfähigkeit im Falle der Geltendmachung des Mindestunterhaltes darlegungs- und beweisbelastet ist, ist mithin für Oktober 2010 der jeweilige Mindestunterhalt anzusetzen. Für B sind damit 334,00 € und für D 140,00 € (272,00 € abzgl. der in diesem Monat geleisteten UVG-Zahlung in Höhe von 132,00 €) an die Antragstellerin zu leisten. Beachtlich ist, dass für das Kind D im Oktober 2010 132,00 € an Unterhaltsvorschussleistungen geleitstet worden sind. Mithin ist infolge gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG in Höhe dieser Unterhaltsvorschussleistung der Anspruch auf Zahlung an das Land Nordrhein-Westfalen übergegangen. Eine Rückübertragung im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 1 UVG ist weder dargetan noch sonst erkennbar, so dass der übergegangene Unterhaltsanspruch in dieser Höhe, soweit es die Zeit vor der am 31.01.2011 eingetretenen Rechtshängigkeit betrifft, mangels Aktivlegitimation nicht geltend gemacht werden kann (vgl. OLG München, Beschluss vom 28.09.2011 - 12 UF 129/11 - FamRZ 2012, 795).

b) Für die Zeit von November 2010 bis einschließlich Februar 2011 ist maßgebend das tatsächliche Einkommen des Antragsgegners.

aa) Soweit das Einkommen des Antragsgegners ab November 2010 aus der Anstellung bei seinem Bruder betroffen ist, sind die tatsächlichen Bezüge dem Grunde nach unstreitig. Die Antragstellerin rügt insofern allein, dass der Antragsgegner während seines Anstellungsverhältnisses beim Bruder statt 1.300,00 € brutto 2.300,00 € brutto hätte erzielen können, zumal noch der Nutzungsvorteil für den PKW in Höhe von 500,00 € zu beachten sei.

bb) Eine Zurechnung fiktiven (weiteren oder höheren) Einkommens kommt für diesen Zeitraum nicht in Betracht.

(1) Der Annahme des Amtsgerichts, dass die für den Unterhaltsanspruch in § 1603 Abs. 1 BGB vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nicht allein durch sein tatsächlich vorhandenes Einkommen bestimmt wird, sondern auch durch seine Erwerbsfähigkeit, ist zwar zu folgen. Den Antragsgegner trifft damit unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, die ihm zumutbaren Einkünfte zu erzielen, insbesondere seine Arbeitsfähigkeit so gut wie möglich einzusetzen und eine ihm mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Der Antragsgegner kann auch verpflichtet sein, unter Umständen in zumutbaren Grenzen einen Orts- oder Berufswechsel vorzunehmen, wenn er nur auf diese Weise seine Unterhaltspflicht erfüllen kann (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.1993 - XII ZR 172/92 - FamRZ 1994, 372; Klinkhammer, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl. 2011, § 2 Rn. 369). Kommt er dieser Erwerbsobliegenheit nicht nach, muss er sich so behandeln lassen, als ob er ein Einkommen, das er bei gutem Willen erzielen könnte, auch tatsächlich hätte, wobei es dann auf ein unterhaltsbezogenes leichtfertiges Verhalten nicht ankommt (vgl. Klinkhammer, in: Wendl/Dose, a.a.O., § 2 Rn. 243).

(2) Ein Verstoß gegen die hier maßgebliche Erwerbsobliegenheit liegt nicht vor.

Für die Zeit ab dem 01.11.2010 war er aufgrund Arbeitsvertrages vom 15.10.2010 in dem Unternehmen seines Bruders als Fahrer für Kehrmaschinen und LKW-Fahrten beschäftigt. Dies ist unterhaltsrechtlich hinzunehmen. Insofern ist beachtlich, dass dem Antragsgegner eine Zeit der beruflichen Neuorientierung zuzubilligen ist. Insofern ist ein maßvoller Zeitraum von drei Monaten anzunehmen, so dass eine Zurechnung - höheren - fiktiven Einkommens erst ab dem 01.02.2011 in Betracht käme. Beachtlich ist ferner, dass der Antragsgegner jedenfalls bis einschließlich Februar 2011 arbeitsunfähig war. Damit aber kann für den Zeitraum bis einschließlich Februar 2011 ein etwaiges fiktives Erwerbseinkommen nicht zugerechnet werden.

(3) Neben dem tatsächlichen Verdienst aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit ist kein weiteres fiktives Nebeneinkommen in Höhe von 400,00 € zuzurechnen.

Der Antragsgegner hatte zunächst jedenfalls bis zur Trennung im Oktober 2010 keine Veranlassung, sich um eine Nebentätigkeit zu bemühen. Überdies war dem Antragsgegner auch insoweit eine Orientierungsphase zuzubilligen, vor deren Ablauf keine fiktive Zurechnung stattfinden kann. Zudem ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit eine Nebentätigkeit regelmäßig nicht zumutbar.

Im Rahmen der Zumutbarkeit einer Nebentätigkeit sind die objektiven Grenzen einer Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung des Umfangs der schon ausgeübten Vollzeittätigkeit zu berücksichtigen. Übt also - wie hier - der unterhaltspflichtige Antragsgegner tatsächlich eine vollschichtige Berufstätigkeit aus, kann zwar grundsätzlich eine Nebentätigkeit von ihm verlangt werden, wenn diese 40 Stunden wöchentlich unterschritte (vgl. BGH, Urteil vom 03.12.2008 - XII ZR 182/06 - FamRZ 2009, 314). Denn wegen der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB muss der Unterhaltspflichtige sich mindestens an der Höchstgrenze der regelmäßigen Erwerbstätigkeit orientieren, die gegenwärtig noch 40 Stunden wöchentlich beträgt. Vorliegend ist aber beachtlich, dass die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit 40 Wochenstunden umfasst. Überdies ist nicht außer Betracht zu lassen, dass der Antragsgegner jedenfalls seinerzeit Umgangskontakte mit den gemeinsamen Kindern pflegte. Insofern ist zu gewährleisten, dass der Unterhaltspflichtige durch eine Nebentätigkeit nicht gehindert werden darf, Umgang auszuüben (vgl. BGH, Urteil vom 03.12.2008 - XII ZR 182/06 - FamRZ 2009, 314). Findet dieser aber auch am Wochenende oder Feiertagen statt, sind im Rahmen der objektiven Zumutbarkeit auch die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes zu beachten (vgl. BGH, Urteil vom 03.12.2008 - XII ZR 182/06 - FamRZ 2009, 314). Nach § 9 Abs. 1 ArbZG dürfen Arbeitnehmer nämlich an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen grundsätzlich nicht beschäftigt werden.

cc) Der Antragsgegner erzielte tatsächlich aus seiner abhängigen Beschäftigung ein jeweiliges monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 971,54 €.

Weiteres Einkommen erzielte der Antragsgegner nicht. Soweit die Nutzung des Fahrzeugs betroffen ist, meint die Antragstellerin, dass weitere 500,00 € als Nutzungsvorteil anzurechnen seien, so dass er ein Einkommen in Höhe von 1.471,54 € (971,54 € zuzüglich 500,00 €) erzielt habe. Allerdings lässt dieser Ansatz außer Betracht, dass - ungeachtet des Umstandes, dass zwischen den Beteiligten streitig ist, ob der PKW als Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt worden ist - geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers allein dann als Einkommen angerechnet werden können, soweit sie entsprechende Aufwendungen ersparen (vgl. Ziffer 4 Hammer Leitlinien). Angesichts der tatsächlichen beengten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsgegners kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass er ohne die nach dem Vortrag der Antragstellerin erfolgte Zurverfügungstellung des Dienstwagens zu privaten Zwecken ein Fahrzeug angeschafft und unterhalten hätte. Denn beruflich war er auf ein Fahrzeug bereits deswegen nicht angewiesen, weil er auf dem Betriebsgrundstück wohnte. Soweit er ein Fahrzeug zur Wahrnehmung seines Umgangsrechts benötigte, hat ihm in der Folgezeit sein Bruder dessen allein privat genutztes Motorrad oder die Mutter des Antragsgegners ihren PKW zur Verfügung gestellt. Dann aber ist nicht erkennbar, dass der Antragsgegner sich allein zum Zwecke der Wahrnehmung der Umgangskontakte anderweit ein Fahrzeug angeschafft hätte.

dd) Verteilbar waren im Zeitraum November bis Dezember 2010 unter Berücksichtigung des Selbstbehaltes von 900,00 € damit allein 71,54 € und für Januar 2011 und Februar 2011 unter Berücksichtigung des Selbstbehaltes von 950,00 € 21,54 €.

(1) Im Wege einer Mangelfallverteilung entfielen hiervon auf das Kind B jeweils 39,43 €, gerundet 39,00 €, für die Monate November 2010 und Dezember 2010 und jeweils 11,87 €, gerundet 12,00 €, für Januar 2011 und Februar 2011.

(2) Auf das Kind D entfielen für die Monate November 2010 und Dezember 2010 32,11 €, gerundet 32,00 €, und jeweils 9,67 €, gerundet 10,00 €, für Januar 2011 und Februar 2011. Da für das Kind D in diesem Zeitraum von November 2010 bis Februar 2011 jeweils monatliche Unterhaltsvorschussleistungen in Höhe von 180,00 € erfolgten, ist der Unterhaltsanspruch gemäß § 7 Abs. 1 UVG auf das Land übergegangen. Dieser Anspruchsübergang ist im Unterhaltsverfahren in der Weise zu berücksichtigen, dass der übergegangene Unterhaltsanspruch, soweit es die Zeit vor Rechtshängigkeit betrifft, mangels Aktivlegitimation vom Kind nicht geltend gemacht werden kann. Soweit es um den nach Rechtshängigkeit auf das Land übergegangenen Unterhaltsanspruch geht, kann dem gesetzlichen Forderungsübergang durch Umstellung des Antrags dahin Rechnung getragen werden, dass die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung an das Land im Umfang des Anspruchsübergangs begehrt wird. Damit ist der Antragsgegner zur Zahlung von 10,00 € für Februar 2011 an das Land Nordrhein-Westfalen, zahlbar an den Kreis X, verpflichtet.

ee) Für die Monate Oktober 2010, November 2010 und Dezember 2010 war daher rückständiger Unterhalt für B in Höhe von 412,00 € und für D in Höhe von 140,00 € geschuldet. Der Antragsgegner wurde mit Schreiben vom 22.10.2010 aufgefordert, Unterhaltszahlungen vorzunehmen. Damit ist der Antragsgegner in Verzug im Sinne des § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB gekommen. Rechtshängig wurde der Antrag am 31.01.2011. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich für den Rückstand für die Monate Oktober und November 2010 nach §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB und für den Rückstand für Dezember 2010 nach § 291 BGB.

c) Für den Zeitraum ab März 2011 ist ein fiktives monatliches Erwerbseinkommen des Antragsgegners in Höhe von 1.297,53 € anzunehmen. Denn mit Ablauf der dem Antragsgegner zuzubilligenden Orientierungsphase kann eine fiktive Zurechnung erfolgen. Der Antragsgegner hat seiner Erwerbsobliegenheit, sich um eine den Mindestunterhalt sicherstellende Erwerbstätigkeit zu bemühen, nicht genügt.

aa) Die vom Antragsgegner behauptete Erkrankung hindert die Annahme einer entsprechenden Obliegenheit nicht. Dies steht aufgrund der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme fest.

Nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen war der Antragsgegner arbeitsfähig. Die Sachverständige hat insofern klar unterschieden zwischen den seitens des Antragsgegners bekundeten subjektiven Beschwerden und einer objektiven Diagnose. Sie hat ausgeführt, dass der Antragsgegner - subjektiv - viele Aspekte in selbstmitleidiger Form schildere. Er sehe sich als Opfer ihn objektiv belastender Ereignisse. Seine aktuelle Grundstimmung sei gedrückt gewesen.

Allerdings habe nach dem durchgeführten Test allein eine mäßiggradige depressive Symptomatik festgestellt werden können. Schwere depressive Symptome hätten nicht bestanden. Soweit der Antragsgegner auf depressive Episoden in seiner Vergangenheit hingewiesen habe, hätten sich diese mit Hilfe von psychotherapeutischer bzw. medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung jeweils vollständig zurückgebildet. Auslöser für die depressive Symptomatik sei die Trennung bei gleichzeitigem Scheitern der Selbstständigkeit, die zu Schulden nach Angaben des Antragsgegners in Höhe von 60.000,00 € geführt hätten, gewesen. Allerdings könne diese depressive Episode mit Hilfe von Medikamenten und einer Psychotherapie gut behandelt werden, so dass sich die Symptomatik unter Behandlung bei entsprechender Mitarbeit in der Regel vollständig zurückgebildet hätte. Bereits zum Begutachtungszeitpunkt sei davon auszugehen, dass sich die Restsymptomatik vollständig zurückgebildet habe.

Diese Schlussfolgerung ist nachvollziehbar und in sich überzeugend. Denn die Sachverständige hat klar ausgeführt, dass die subjektiv geschilderten Beschwerden objektiv nicht verifizierbar waren.

Die Einwände des Antragsgegners gegen das Gutachten verfangen nicht. Soweit er meint, dass das Gutachten eine gutachterliche Stellungnahme vermissen lasse, ist dieser Ansatz schon nicht zutreffend. Die Sachverständige hat gerade ausgeführt, dass zunächst eine Befragung des Antragsgegners vorgenommen worden sei. Sodann habe sie ein testpsychologisches Verfahren durchgeführt. Ausdrücklich ist festgestellt, dass der Antragsgegner in diesem Test einen Summenwert von 17 erreicht habe. Bei den Punktwerten von 16-24 sei von einer mäßiggradigen depressiven Symptomatik auszugehen. Damit aber ist der Antragsgegner im unteren Bereich des Punkterahmens anzusiedeln. Soweit der Antragsgegner einwendet, dass nicht nachvollziehbar beschrieben sei, wie die Sachverständige diesen Punktwert ermittelt habe, greift dieser Einwand nicht durch. Die Sachverständige hat ausdrücklich ausgeführt, dass die Hamilton-Skala (HAMD oder HAM-D) (Abkürzung für Hamilton rating scale for depression) eingesetzt worden sei. Dies ist ein Diagnosewerkzeug zur Ermittlung der Schwere einer depressiven Störung. Die Hamilton-Skala ist eine klinische Fremdbeurteilungsskala und besteht aus 17 bzw. in anderen Versionen aus 21 oder 24 Fragen, bei denen der Untersucher (nicht der Patient selbst) jeweils auf einer Punkteskala von 0 bis 4 oder 0 bis 2 beurteilt, wie schwer ein bestimmtes Symptom ausgeprägt ist. Beispiele sind Schuldgefühle, verschiedene Arten von Schlafstörungen, Hypochondrie oder Suizidgedanken. Als Ergebnis erhält man einen Zahlenwert. Ab 10 Punkten spricht man von einer leichten, ab 20 von einer mittelschweren und ab 30 Punkten von einer schweren Depression. Die Hamilton-Depressionskala ist ein standardisiertes Diagnose-Instrument bzw. das am häufigsten verwendete Fremdbeurteilungsinstrument zur Beurteilung des Schweregrades einer Depression.

Die Sachverständige hat auch die vom Antragsgegner beschriebene Medikamenteneinnahme und deren Wirkung auf seine Leistungsfähigkeit hinreichend gewürdigt. Sie hat ausdrücklich die Einnahme von Tavor und Mirtazapin und entsprechende Nebenwirkungen, etwa in Form der Gewichtszunahme von 25 kg, sowie deren Wirkung auf seine Leistungsfähigkeit beschrieben. Zum einen hat sie klargestellt, dass es durchaus Zeiten der Arbeitsunfähigkeit geben kann, die aber auf die generelle Erwerbsfähigkeit keinen Einfluss haben. Insofern ist der Antragsgegner einem Arbeitnehmer, der zeitweise erkrankt und zeitweise an seiner Arbeitsleistung gehindert ist, gleichzustellen. Zum anderen hat sie auch ausgeführt, dass mit der Hilfe von Medikation sich die Symptomatik zurückbilden könne. Dem steht auch nicht der Umstand entgegen, dass - nach Angaben des Antragsgegners - dieser einen Suizidversuch unternommen habe. Soweit der Antragsgegner auf das Schreiben des Arztes Dr. C2 vom 13.01.2011 verweist, ist dort zwar eine schwere depressive Episode beschrieben. Überdies ist ein Verdacht auf Störung der Persönlichkeitsentwicklung mit emotional instabilen Anteilen und eine Anpassungs-und Belastungsstörung beschrieben. Aber auch hierin ist eine akute Suizidalität nicht beschrieben. Zwar wird auch dort ein Suizidversuch wegen starker psychosozialer Belastung durch Zufügung einer Schnittverletzung erwähnt. Beachtlich ist jedoch, dass dies ausdrücklich als Vorgeschichte - und damit als auf den bestrittenen Angaben des Antragsgegners beruhend - gekennzeichnet ist.

Damit aber zeigt die Sachverständige deutlich, dass trotz der subjektiv empfundenen Problematik allein eine depressive Störung bestand, die sich unter Medikation bereits gebessert hat. Insofern ist er bereits seit März 2011 nicht mehr arbeitsunfähig. Soweit sie ausführt, dass es aufgrund der psychischen Erkrankung zu vorübergehenden krankheitsbedingten Ausfällen kommen kann und damit eine vorübergehende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit angenommen werden muss, wirkt sich dies auf eine Erwerbsfähigkeit insgesamt nicht aus. Dies ist insofern völlig nachvollziehbar, weil eine kurzzeitige akute Erkrankungsphase allein zu einer zeitweisen Arbeitsunfähigkeit führen mag. Insofern hat die Sachverständige völlig zutreffend darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner gerade nicht daran gehindert sei, sich um weitere Einstellungsmöglichkeiten erfolgreich zu bemühen.

bb) Dass der Antragsgegner seiner Erwerbsobliegenheit in irgendeiner Form genügt hätte, ist nicht dargetan. Den Unterhaltspflichtigen trifft die Darlegungs- und Beweislast für seine mangelnde Leistungsfähigkeit. Er muss hinreichende Bemühungen um eine besser dotierte Arbeitsstelle dartun. Dazu gehören Angaben, wann und bei welchem Arbeitgeber er sich beworben hat. Hierzu ist nichts vorgetragen.

Soweit der Antragsgegner meint, dass er bei anderen Arbeitgebern ohnehin keine Anstellung hätte finden können, weil er krankheitsbedingt bzw. in Folge der Einnahme der Medikamente arbeitsunfähig gewesen wäre, greift dieser Einwand vor dem Hintergrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht durch. Zwar ist nicht auszuschließen, dass der Antragsgegner krankheitsbedingte Ausfallzeiten erleiden könnte. Dies spricht aber nicht dagegen, ihn von seiner Obliegenheit, sich um eine besser bezahlte Tätigkeit zu bewerben, freizustellen. Gegen eine entsprechende Berücksichtigung spricht zunächst nicht, dass - so die überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen - mit erheblichen Ausfallzeiten gerechnet werden könnte. Denn den Umstand, dass er gegebenenfalls zeitweise ausfallen könnte, müsste der Antragsgegner einem potentiellen Arbeitgeber grundsätzlich nicht offenbaren. Eine Offenbarungspflicht bestünde nur dann, wenn er damit rechnen muss, infolge einer bereits vorliegenden Krankheit seiner Arbeitspflicht bei Beginn des Arbeitsverhältnisses nicht nachkommen zu können (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 9.11.2006 - 17 Sa 172/06).

cc) Dem Antragsgegner kann das Einkommen eines Berufskraftfahrers zugerechnet werden.

Der Antragsgegner verfügt zwar weder über einen Hauptschulabschluss noch über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Wie indes dem Sachverständigengutachten zu entnehmen ist, hat er einen Führerschein „für alles", damit also auch den Führerschein CE, war ursprünglich als Auslieferungsfahrer tätig und hatte zuvor mit seinem Bruder unter anderem ein Fuhrunternehmen betrieben. Damit aber ist der Antragsgegner nicht einer ungelernten Arbeitskraft gleichzusetzen. Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der Antragsgegner in diesem Berufsfeld nicht durchgehend gearbeitet hat, hat er doch entsprechende Berufserfahrung aufzuweisen.

(1) Dass auch der Antragsgegner von seiner grundsätzlichen Eignung, in diesem Berufsfeld tätig werden zu können, ausgeht, zeigt der Umstand, dass er bei seinem Bruder - auch - als Kraftfahrer beschäftig war. Überdies hat die Sachverständige seine Leistungsfähigkeit ohne Einschränkungen festgestellt.

(2) Damit ist von dem Einkommen eines Berufskraftfahrers auszugehen. Ein Vergleich aktueller Löhne unter der Internetplattform: http://www.gehaltsvergleich.com/gehalt/Berufskraftfahrer-Berufskraftfahrerin-Gueterverkehr.html ergibt, dass in Nordrhein-Westfalen ein Durchschnittsgehalt von 2.064,00 € brutto in diesem Bereich gezahlt wird. Nach geltendem Tarifvertragsrecht erhält ein Berufskraftfahrer in der Speditions-, Logistik- und Transportwirtschaft im Rahmen von Tätigkeiten, die entweder ein fachliches Können (Kenntnisse und Fertigkeiten) erfordern, das durch eine erfolgreich abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung erworben wird, oder die erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten durch eine längjährige einschlägige Berufserfahrung erworben worden sind, ein Bruttogehalt von 10,92€/Stunde. Kraftfahrer mit erfolgreich abgeschlossener 2-jähriger Ausbildung als Berufskraftfahrer und anschließender 2-jähriger einschlägiger Fahrpraxis erzielen sogar einen Bruttostundenlohn von 11,30 €/Stunde.

Mithin hätte der Antragsgegner mit Berufserfahrung jedenfalls 10,92 € brutto/Stunde erzielen können. Bei rund 173 Stunden im Monat, dem senatsüblichen Ansatz bei der fiktiven Zurechnung eines Erwerbseinkommens aus vollschichtiger Tätigkeit, ergibt sich ein Bruttoeinkommen in Höhe von rund 1.899,00 €. Unter Berücksichtigung der Steuerklasse I ist die Lohnsteuer in Höhe von 195,16 €, der Solidaritätszuschlag in Höhe von 6,63 €, 9 % Kirchensteuer in Höhe von 10,85 €, 9,8% der Rentenversicherungsanteil in Höhe von 186,10 €, 1,5% der Arbeitslosenversicherungsanteil in Höhe von 28,48 €, 8,2% der Krankenversicherungsanteil (incl. 0,9% AN-Aufschlag) in Höhe von 155,72 € und der 0,975% Pflegeversicherungsanteil in Höhe von 18,52 € und damit ein monatliches Nettoeinkommen von 1.297,53 € anzunehmen.

(3) Dem Antragsgegner ist auch für die Zeit seines Paraguay-Aufenthaltes dieses fiktive Einkommen zuzurechnen.

Da die Kinder ihre Lebensstellung von den Eltern ableiten, ist es zwar zu weitgehend, generell davon auszugehen, dass sich der Unterhaltspflichtige in seiner privaten Lebensführung derart einschränken muss, um sich allein nach den Unterhaltsbelangen der Kinder zu richten. Ob Belange der privaten Lebensführung jedenfalls dann regelmäßig und so auch hier zurückzustehen haben, wenn der Mindestunterhalt in Rede steht (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.11.2011 - 6 UF 110/11 - FamFR 2012, 9; OLG Nürnberg, Beschluss vom 10.11.2003 - 10 WF 3523/03 - FamRZ 2004, 1312), mag dahinstehen. Denn der Antragsgegner hat schon überhaupt nichts dazu mit Substanz vorgetragen, weswegen er nach Paraguay habe gehen müssen. Soweit er darauf verweist, dass sein Bruder seine geschäftlichen Tätigkeiten dorthin verlagert habe, ist es dem Antragsgegner nicht ohne Weiteres unterhaltsrechtlich gestattet, sich mit dem deutlich niedrigeren Gehalt in Paraguay abzufinden.

(4) Von diesem Einkommen sind fiktive berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 5 %, mithin 64,88 €, abzuziehen. Weitere Abzüge sind nicht vorzunehmen.

Soweit der Antragsgegner das Bestehen erheblicher Schulden geltend gemacht hat, kommt deren Berücksichtigung als Abzugsposten nicht in Frage. Diese sind nicht im Ansatz substantiiert vorgetragen worden. Soweit sich der Antragsgegner darauf beruft, dass er ein Insolvenzverfahren deswegen nicht durchlaufen könne, weil die Antragstellerin Unterlagen zurückhalte, mag zwar zu seinen Gunsten darauf geschlossen werde, dass er die Schulden ohne entsprechende Unterlagen nicht substantiieren könne. Aber dann wäre es jedenfalls verpflichtet gewesen, diese Unterlagen zumindest grob zu bezeichnen. Soweit der Mindestunterhalt für die Kinder - wie hier - nicht sichergestellt ist, kommt nach Ziffer 10.4.2 der Hammer Leitlinien ohnehin allein ein Abzug der Kreditzinsen in Betracht; die Tilgung bleibt unberücksichtigt. Hierzu hat er aber ebenfalls keinen Vortrag gehalten. Angesichts des Alters der gemeinsamen Kinder ist der Verweis auf das Verbraucherinsolvenzverfahren zur Sicherstellung der Leistungsfähigkeit zumutbar. Sein Hinweis, er könne das Insolvenzverfahren wegen nicht herausgegebener Unterlagen nicht eröffnen lassen, ist - wie gezeigt - substanzlos.

dd) Nach einem anrechenbaren fiktiven Erwerbseinkommen in Höhe von 1.232,65 € (1.297,53 € abzgl. 64,88 €) ergeben sich die Unterhaltsansprüche wie folgt:

(1) Für den Zeitraum von März 2011 bis einschließlich Dezember 2012 stehen unter Berücksichtigung des Selbstbehaltes von jeweils 950,00 € monatlich jeweils 282,65 € zur Verfügung.

Auf das Kind B entfällt für den Zeitraum von März 2011 bis Januar 2012 im Rahmen einer Mangelfallberechnung ein monatlicher Unterhaltsanspruch in Höhe von 155,79 €, gerundet 156,00 €. Auf das Kind D entfällt ein Anteil in Höhe von monatlich 126,87 €, gerundet 127,00 €, indes mit der Maßgabe, dass die Zahlungen an den Kreis X für die Zeit bis einschließlich September 2011 und für die Zeit von November 2011 bis einschließlich Januar 2012 an die Stadt C für das Land Nordrhein-Westfalen erfolgen.

(2) Für den Zeitraum von Februar 2012 bis einschließlich Dezember 2012 ist beachtlich, dass auch das Kind D in die dritte Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle einzuordnen ist. Auf beide Kinder entfällt daher im Rahmen einer Mangelfallberechnung ein jeweiliger monatlicher Unterhaltsanspruch in Höhe von 141,33 €, gerundet 141,00 €.

(3) Ab Januar 2013 stehen - bei ansonsten unveränderten Umständen - wegen der Erhöhung des Selbstbehaltes von 950,00 € auf 1.000,00 € nur 232,65 € zur Verfügung. Davon entfallen auf beide Kinder jeweils 116,33 €, gerundet 116,00 €. ..."

***

Bei nur üblichen Betreuungsleistungen des Berechtigten verbleibt es bei einer vollschichtigen Erwerbsobliegenheit. Zum Umfang der Darlegungslast (OLG Hamm, Beschluss vom 20.12.2012 - 4 UF 143/12):

„... Die Antragstellerin geht einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit als Fahrlehrerin (z Zt. durchschnittlich 112,66 Std.) im Betrieb ihres Vaters nach. Dieser stellt ihr den Fahrschulwagen auch für private Fahrten zur Verfügung. ...

Hinsichtlich der Berechnung des Trennungsunterhaltsanspruchs kommt es neben dem um den Kindesunterhalt zu bereinigenden Einkommen des Antragsgegners auf das anzusetzende Einkommen der Antragstellerin an. Diesbezüglich sind zwischen den Beteiligten die Berücksichtigung eines geldwerten Vorteils für die Nutzung des Fahrschulwagens und die Frage einer Obliegenheit zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit umstritten.

a) Entgegen der Ansicht des Familiengerichts und des Antragsgegners kann die Überlassung des Fahrschulwagens nicht als geldwerter Vorteil berücksichtigt werden. Es handelt sich vielmehr um eine freiwillige Zuwendung des Vaters der Antragstellerin.

Bei Leistungen Dritter ist in Abgrenzung zu einer unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigenden freiwilligen Zuwendung zu klären, ob der Empfänger einen Anspruch auf die Leistung hat (Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2011, § 1 Rn. 708). Ein solcher Anspruch ist z.B. dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil als Teil des Gesamtbruttoeinkommens in der Gehaltsabrechnung aufführt, der Vorteil also vom Arbeitnehmer zu versteuern ist und vom Arbeitgeber vor Auszahlung des Nettogehaltes in identischer Höhe wieder in Abzug gebracht wird.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend ausweislich der Verdienstbescheinigungen der Antragstellerin nicht gegeben, da sich dort keine Abrechnungsform findet, die den steuerlichen Vorgaben des § 8 Abs. 2 S. 2 u. 3 EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG entspricht. Die Nutzung des Pkw ist demzufolge nicht Teil ihres Entgelts, weshalb ihr grundsätzlich kein Anspruch auf die Überlassung zusteht.

b) Im Hinblick auf die Regelung in § 1361 Abs. 2 BGB traf die Antragstellerin mit Ablauf des Trennungsjahrs die Obliegenheit zur Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit als Fahrschullehrerin, weshalb ihr ab diesem Zeitpunkt ein entsprechendes Gehalt fiktiv zuzurechnen ist.

aa) Der Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit steht die behauptete Kinderbetreuung nicht entgegen.

Der Antragstellerin ist zwar dahin Recht zu geben, dass der BGH in seiner Entscheidung vom 18.04.2012 (NJW 2012, 1868) als kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts auch auf „besondere Bedürfnisse des Kindes, die etwa sportliche, musische oder andere Beschäftigungen betreffen"… abgestellt hat, „sofern diese vom Kind nicht selbstständig wahrgenommen werden können", weshalb „vom Unterhaltsberechtigten etwa zu erbringende Fahr- und Betreuungsleistungen in Rechnung zu stellen" sind. Die gesetzliche Regelung biete zudem Raum für die Berücksichtigung schulischer Anforderungen an die Mitarbeit der Eltern (etwa Hausaufgabenbetreuung, Klassenpflegschaft usw.), deren Notwendigkeit und Üblichkeit vom Unterhaltsberechtigten aber konkret vorzutragen sind (BGH, a.a.O., 1870).

Dabei darf aber nicht verkannt werden, dass dem Barunterhalt, den der eine Elternteil zu leisten hat, der Betreuungsunterhalt des anderen Elternteils - hier also der Antragstellerin - gegenübersteht. Dementsprechend würde die Berücksichtigung üblicher Betreuungsleistungen bei der Frage der Erwerbsobliegenheit zu einer Bevorzugung des betreuenden Elternteils führen. Dementsprechend können im Hinblick auf die Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils nur über das übliche Maß hinausgehende Betreuungsleistungen Berücksichtigung finden, etwa weil die Kinder z.B. besonders musisch begabt sind und in dieser Richtung mehr als üblich gefördert werden oder - andersherum - weil sie besondere Lernschwierigkeiten haben und diesbezüglich besonderer Betreuung bedürfen.

Hieraus leitet sich ab, dass der BGH konkrete Darlegungen zur Notwendigkeit der persönlichen Betreuungsleistungen durch den betreuenden Elternteil verlangt.

An einer solchen ausreichenden konkreten Darlegung fehlt es hier seitens der Antragstellerin.

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die Kinder in einer Ganztagsschule sind. Während dieser Zeit fallen keine Betreuungsleistungen der Kindesmutter an. Dass die Kinder einmal in der Woche Instrumentalunterricht haben und einmal in der Woche Sport ausüben, ist nicht unüblich. Dabei reicht es auch nicht, wenn es bequemer für die Kinder ist, von der Mutter gefahren zu werden. Mehr als die Fahrten wird aber nicht als besondere Betreuungsleistung angegeben, jedenfalls nicht konkret. Insbesondere wird nicht dargelegt, dass konkrete andere Betreuungsangebote z.B. in Form des Antragsgegners oder der Großeltern ausscheiden.

Soweit die Antragstellerin sich im Senatstermin auf die - insoweit unstreitig gestellte - ADHS-Erkrankung des Sohnes L und damit zusammenhängende besondere Betreuungsleistungen berufen hat, ändert dies nichts an den vorstehenden Feststellungen. Denn die Antragstellerin hat auf Befragen des Senats diesbezüglich außer einem wöchentlichen Besuch bei der Ergotherapie, was aus Sicht des Senats noch in den üblichen Betreuungsrahmen fällt, keine weiteren Betreuungsleistungen benannt.

Da die Beteiligten auch bereits das gesamte Verfahren über um den Umfang der Betreuungsleistungen gestritten haben und der Antragsgegner in seiner Beschwerdeerwiderung auch nur seinen diesbezüglichen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt hat, war der Antragstellerin - trotz ihres entsprechenden Antrages - keine weitere Schriftsatzfrist im Hinblick auf die Beschwerdeerwiderung einzuräumen.

bb) Aus Sicht des Senats ist die Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit als Fahrschullehrerin der Antragstellerin nach ihren persönlichen Verhältnissen auch zumutbar. Denn sie hat diesen Beruf bereits während der Ehe ausgeübt und sich während der Ehe auch entsprechend ausbilden lassen. Bereits jetzt übt sie eine etwa 2/3 Tätigkeit aus, wobei sie zudem noch weitere Arbeiten in der Fahrschule erledigt. Persönliche Hinderungsgründe, die gegen eine Vollzeittätigkeit sprechen könnten, werden zudem von ihr nicht vorgetragen. Solche sind auch nicht ersichtlich, zumal nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Antragsgegners nun klar ist, dass sie, die Antragstellerin, die Fahrschule ihres Vaters übernehmen wird.

cc) Eine Übergangsfrist nach Ablauf des Trennungsjahres ist der Antragstellerin nicht einzuräumen, weil nicht dargelegt ist, dass sie nicht sofort auf eine volle Stelle aufstocken konnte. Insofern ist die Situation nicht vergleichbar mit jemandem, der nach Ablauf des Trennungsjahrs sich um eine Anstellung bemühen muss. Die Antragstellerin hätte schon darlegen müssen, dass in der Fahrschule zum damaligen Zeitpunkt keine volle Stelle frei war. Daran fehlt es hier. ..."

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„...b) Die Beteiligten streiten über die Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin und hier insbesondere zweitinstanzlich über die Frage, wer insofern die Darlegungs- und Beweislast trägt.

aa) Gem. § 1603 Abs. 1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

Der Unterhaltspflichtige hat die Darlegungs- und Beweislast für seine Leistungsunfähigkeit im Rahmen von § 1603 BGB. Macht er geltend, er könne den Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtigten ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Lebensbedarfs nicht bestreiten, hat er die Voraussetzungen einer unterhaltsrechtlich relevanten Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit darzulegen und zu beweisen (Wendl/Dose-Dose, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 6 Rz. 721 mit Verweis auf BGH, FamRZ 2010, S. 1418 (1419); FamRZ 2008, S. 1739 (1744); Palandt-Brudermüller, 71. Aufl., § 1603 Rz. 47). Beruft er sich dabei auf ein unzureichendes steuerpflichtiges Einkommen, braucht er zwar nicht sämtliche Belege vorzulegen, durch die gegenüber der Steuerbehörde die behaupteten steuerrelevanten Aufwendungen glaubhaft zu machen sind. Er muss jedoch seine Einnahmen und die behaupteten Aufwendungen im Einzelnen so darstellen, dass die allein steuerlich beachtlichen Aufwendungen von solchen, die unterhaltsrechtlich von Bedeutung sind, abgegrenzt werden können. Die allein ziffernmäßige Aneinanderreihung einzelner Kostenarten genügt diesen Anforderungen nicht (Dose, a.a.O. mit Verweis auf BGH, FamRZ 1998, S. 357).

Obwohl die Leistungsfähigkeit an sich zur Begründung des Anspruchs gehören müsste, hat das Gesetz die Darlegungs- und Beweislast aus Zweckmäßigkeitsgründen umgekehrt, wie sich aus § 1603 Abs. 1 BGB ergibt. Dies gilt auch dann, wenn der Unterhalt nicht vom Unterhaltsberechtigten, sondern wie hier aus übergegangenem Recht von öffentlichen Leistungsträgern (z.B. gem. § 94 SGB XII) geltend gemacht wird (Dose, a.a.O., § 8 Rz. 722 mit Verweis auf BGH, FamRZ 2003, S. 444 (445)). Auch verfassungsrechtlich ist es bedenkenfrei, dass den Unterhaltspflichtigen die Darlegungs- und Beweislast für seine Leistungsunfähigkeit trifft, weil sie nach dem Gesetz als Einwendung ausgestaltet ist (Dose, a.a.O.).

Beruft sich der Unterhaltspflichtige auf eine eingeschränkte oder fehlende Leistungsfähigkeit, muss er zunächst die seine Lebensstellung bestimmenden Tatsachen wie Alter, Familienstand, Höhe seines Vermögens und Einkommens nebst Verbindlichkeiten, Werbungskosten, Aufwendungen, Betriebsausgaben und sonstige einkommensmindernde Abzugsposten vortragen und ggf. beweisen (Dose, a.a.O., § 8 Rz. 723 mit Verweis auf BGH, FamRZ 1988, S. 930 (931)). Auch die genauen Umstände zu einkommensmindernden Verbindlichkeiten muss der Unterhaltspflichtige vortragen, soweit er die von ihm eingegangenen Verbindlichkeiten unterhaltsrechtlich absetzen will (Dose, a.a.O., § 8 Rz. 728 mit Verweis auf BGH, FamRZ 1992, S. 797 (798), FamRZ 1990, S. 283 (287)).

bb) Beim Elternunterhalt ist bei einem verheirateten Unterhaltspflichtigen für die Frage der Leistungsfähigkeit der individuelle Familienselbstbehalt maßgeblich, da ein verheiratetes unterhaltspflichtiges Kind Unterhalt entweder aus seinem nicht nur geringfügigen Taschengeldanspruch gegen seinen Ehegatten oder aus etwaig vorhandenen eigenen Einkünften schuldet (vgl. Wendl/Dose-Wönne, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 2 Rz. 962 m.w.N.). Eigene Einkünfte stehen dann für Unterhaltszwecke zur Verfügung, wenn sie nicht für den Barunterhalt der Familie benötigt werden, weil das auf Elternunterhalt in Anspruch genommene Kind seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Ehepartner durch Übernahme der Haushaltsführung erfüllt und auf Grund des durch den gut verdienenden anderen Ehegatten zu leistenden Familienunterhalts bereits angemessen versorgt ist (Wönne, a.a.O. m.w.N.; Palandt-Brudermüller, BGB, 71. Aufl., § 1601 Rz. 9).

Das unterhaltspflichtige Kind ist auch beim Elternunterhalt nach allgemeinen Grundsätzen gehalten, alle für eine Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit erheblichen Tatsachen vorzutragen (Wönne, a.a.O., § 2 Rz. 968 mit Verweis auf BGH, FamRZ 2004, S. 370 (372); FamRZ 2004, S. 443 (445); FamRZ 2004, S. 795 (798)). Neben seinem eigenen Einkommen muss es - entsprechend den obigen Ausführungen - das Einkommen der anderen Familienmitglieder, den vollständigen Bedarf der Familie und seinen eigenen Beitrag dazu substantiiert darlegen, wenn es einen über die pauschalen Mindestsätze hinausgehenden Verbrauch geltend machen und eine Begrenzung seiner Leistungsfähigkeit nach Maßgabe pauschaler Mindestsätze für den Selbstbehalt vermeiden will (Wönne a.a.O. mit Verweis auf Schürmann, FamRZ 2004, S. 446 (449); OLG Karlsruhe, NJW-RR 2006, S. 361 (363)).

cc) Dieser Darlegungs- und Beweislast hat die Antragsgegnerin vorliegend hinsichtlich des geltend gemachten laufenden Unterhalts ab Mai 2010 nicht genügt.

(1) Welche Einkünfte sie aus Erwerbstätigkeit ab 2010 erzielt hat, hat die darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegnerin nicht substantiiert dargelegt. Ihr eigener Vortrag ist widersprüchlich.

Mit Schriftsatz vom 28.06.2010 bestätigt die Antragsgegnerin, dass sie 400,00 € aus einem Minijob erzielt. Mit Schriftsatz vom 19.09.2011 behauptet die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf die Steuerbescheide, in denen allerdings Einkünfte aus einer geringfügigen Beschäftigung nicht aufgeführt werden, weil sie nicht steuerpflichtig sind, dass sie in 2008 und 2009 über keine derartigen Einkünfte mehr verfügte. Am 21.11.2011 behauptet die Antragsgegnerin, dass sie bis Dezember 2008 noch bei ihrem Mann auf 400,00 €-Basis beschäftigt war und dann erst wieder ab Mai 2011 Einkünfte aus einem Minijob in Höhe von 400,00 € für die Betreuung ihres Enkelkindes erzielt.

Auf die Widersprüchlichkeiten/Unklarheiten im Vortrag der Antragsgegnerin hat der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung ausdrücklich hingewiesen.

Die Antragsgegnerin hat ihren Vortrag in der Beschwerdeinstanz dennoch nicht konkretisiert und auch nicht durch Vorlage von Unterlagen (z.B. Nachweis über die Abmeldung bei der Minijob-Zentrale Ende 2008, Anmeldung bei der Minijobzentrale in 2011, Kontoauszüge/Quittungen hinsichtlich der Zahlungen) belegt.

Im Hinblick auf die bei ihr liegende Darlegungslast hätte die Antragsgegnerin den Vortrag des Antragstellers zu ihren Einkünften substantiiert (d.h. unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände, vgl. Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl., § 138 Rz. 8a) bestreiten müssen. Dies hat die Antragsgegnerin nicht getan. Ihr Vortrag ist daher nicht als erheblich anzusehen. Entgegen der im Senatstermin von der Antragsgegnerin vertretenen Ansicht bedurfte es insofern keines gerichtlichen Hinweises gem. §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 139 Abs. 2 ZPO.

Das Beschwerdegericht muss zwar grundsätzlich einen Hinweis geben, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und auf Grund seiner abweichenden Ansicht weiterer Vortrag erforderlich ist; dies gilt aber nicht, wenn der betreffende Gesichtspunkt zentraler Angriffspunkt der Beschwerde war (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. BGH, NJW 2010, S. 3089; Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl., 139 Rz. 6). Wenn ein Beteiligter durch eingehenden und von ihm erfassten Vortrag der Gegenpartei zutreffend über die Sach- und Rechtslage unterrichtet war, bedarf es keines erneuten gerichtlichen Hinweises (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. BGH, NJW-RR 2008, S. 581; vgl. Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl., 139 Rz. 6a).

Vorliegend war zentraler Angriffspunkt der Beschwerde des Antragstellers die fehlende Darlegung der Leistungsunfähigkeit und die mangelhafte Belegvorlage durch die Antragsgegnerin sowie der widersprüchliche Vortrag der Antragsgegnerin zu ihren Einkünften aus geringfügiger Beschäftigung. Die anwaltlich vertretene Antragsgegnerin war daher aufgrund der Beschwerdebegründung vom 07.03.2012 zutreffend über die Sach- und Rechtslage unterrichtet. Eines gerichtlichen Hinweises und eines Schriftsatznachlasses bedurfte es entsprechend den obigen Ausführungen nicht.

(2) Auch zu ihren Mieteinkünften ab 2010 fehlt substantiierter Vortrag der Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin hat noch nicht einmal ihre Steuererklärung mit der Anlage V für 2010 und 2011 zur Akte gereicht, aus denen sich die Einkünfte und mögliche Abzugspositionen ergeben könnten.

Eines gerichtlichen Hinweises bzw. einer Schriftsatzfrist bedurfte es nicht, weil zentraler Angriffspunkt der Beschwerde die fehlende Darlegung der Leistungsunfähigkeit durch die Antragsgegnerin war. Insofern wird auf die obigen Ausführungen (vgl. Ziff. (1)) verwiesen.

(3) Auch zum Einkommen des Ehemannes der Antragsgegnerin fehlt für die Jahre 2010 und 2011 jeglicher Vortrag und Beleg.

Im Hinblick auf die bei ihr liegende Darlegungslast hätte die Antragsgegnerin zu den Einkünften ihres Ehemannes aus Gewerbebetrieb spezifiziert vortragen und zumindest die Einnahmenüberschussrechnungen für 2010 und 2011 sowie die Steuererklärungen und Steuerbescheide für 2010 und 2011 vorlegen müssen.

Dass sie dies nicht getan hat, geht zu ihren Lasten. Eines gerichtlichen Hinweises und eines Schriftsatznachlasses bedurfte es entsprechend den obigen Ausführungen nicht, weil die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Leistungsunfähigkeit zentraler Angriffspunkt der Beschwerde war.

(4) Da die Antragsgegnerin ihrer Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich ihrer Einkünfte sowie der Einkünfte ihres Ehemanns nicht nachgekommen ist, ist mit dem Antragsteller von einer Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin jedenfalls in Höhe von 113,00 € monatlich auszugehen.

Auf die Frage, ob dem Amtsgericht darin zu folgen ist, dass der Wohnvorteil für die Immobilie in T5 allein auf Seiten des Ehemanns der Antragsgegnerin oder mit dem Antragsteller davon auszugehen ist, dass der Wohnvorteil bei beiden Ehegatten zur Hälfte zu berücksichtigen ist, kommt es vorliegend nicht an. Es spricht nach Auffassung des Senats (mit Wendl/Dose-Gerhardt, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 1 Rz. 581) jedoch vieles dafür, beim Verwandtenunterhalt den Wohnwert nach Köpfen zu verteilen, wenn mehrere Familienangehörige das Eigenheim bewohnen. Auch das OLG Köln (FamRZ 2002, S. 572) geht von einer hälftigen Anrechnung aus, auch wenn das Haus im Alleineigentum des nicht unterhaltspflichtigen Ehegatten steht.

Auf die weitere Frage, inwiefern Kranken-, Pflege- und Unfallversicherungskosten sowie Kosten für die Altersvorsorge berücksichtigt werden können, kommt es vorliegend ebenfalls im Hinblick auf den unzureichenden Vortrag zu den Einkünften der Antragsgegnerin und ihres Ehemannes nicht an.

Grundsätzlich sind die Kosten der privaten Kranken- und Pflegeversicherung einkommensmindernd zu berücksichtigen. Der Antragsteller hat jedoch ausdrücklich im Schriftsatz vom 14.10.2011 die Vorlage von Belegen für die Zahlungen für die verschiedenen Kranken-, Pflege- und Unfallversicherungen gefordert und damit die Zahlungen bestritten. Belege für die monatlichen Zahlungen hat die Antragsgegnerin jedoch nur exemplarisch für März 2010 (Landwirtschaftliche Krankenkasse) und April 2010 (K Unfallversicherung, Y5, Landeskrankenhilfe, K Krankenversicherung) vorgelegt. Dies genügt als Nachweis für die Zahlungen im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum jedoch nicht. Die Antragsgegnerin hätte die Zahlungen für jeden einzelnen Monat nachweisen müssen. Dies ist - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin aus dem Schriftsatz vom 28.07.2011 - auch nicht völlig unüblich, sondern die Regel in den Fällen, in denen Zahlungen von der Gegenseite zulässiger Weise bestritten worden sind. Im Hinblick darauf, dass der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung weiterhin bestritten hat, dass die geltend gemachten Aufwendungen auch vollständig gezahlt worden seien, und darauf hingewiesen hat, dass entsprechende lückenlose Nachweise fehlen, bedurfte es auch insofern keines Hinweises des Senats an die Antragsgegnerin.

Für die Altersvorsorge können die Antragsgegnerin und ihr Ehemann insgesamt 25 % des Familieneinkommens einsetzen. Die vorhandenen Immobilien stehen dem nicht entgegen, da sie überwiegend nur den schon erzielten Wohnwert und die Mieteinnahmen absichern und insofern bei den Einkünften zu berücksichtigen sind. Allerdings hat die Antragsgegnerin auch insofern keine Nachweise für die durchgehenden Zahlungen vorgelegt, obwohl der Antragsteller diese bestritten hat. Einer Vernehmung des von ihr als Zeugen benannten Ehemanns bedurfte es im Hinblick auf die bereits fehlende substantiierte Darlegung der Einkommensverhältnisse der Antragsgegnerin und ihres Ehemannes jedoch nicht. Denn diese hätte zu einer unzulässigen Ausforschung des Zeugen geführt.

Auch auf die Frage, inwiefern die Darlehen einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, kommt es vorliegend nicht an, weil es schon an ausreichendem Vortrag zu den Einkommensverhältnissen der Eheleute fehlt. Grundsätzlich sind nach Ziff. 19 HLL Schulden beim Elternunterhalt in der Regel großzügiger zu berücksichtigen als beim Ehegatten- und Kindesunterhalt. Für ihre Anerkennung spricht es, wenn die Verbindlichkeit eingegangen wurde, bevor eine gegenüber den Eltern eintretende Unterhaltsverpflichtung ersichtlich war. Wann genau die Bauspardarlehen bei der X und der Y Bausparkasse aufgenommen wurden, trägt die Antragsgegnerin nicht spezifiziert vor. Soweit sich aus den Jahreskontoauszügen bei dem Bauspardarlehen der X ein Vertragsbeginn am 08.06.1995 ergibt, dürfte es sich nicht um die Darlehensauszahlung, sondern auf den Beginn der - bei Bauspardarlehen obligatorischen - Ansparphase auf den Bausparvertrag gehandelt haben. Dasselbe gilt für das Bauspardarlehen bei der Y Bausparkasse (Vertragsbeginn 31.12.1999). Die Unklarheit hinsichtlich des Zeitpunkts der Darlehensauszahlung geht zu Lasten der insofern darlegungs- und beweisbelasteten Antragsgegnerin.

Soweit die Darlehen nach Kenntnis von der Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Mutter der Antragsgegnerin durch die Zustellung der Rechtswahrungsanzeige am 07.02.2006 für die allgemeine Lebensführung aufgenommen worden sind, scheidet vorliegend nach Auffassung des Senats eine Berücksichtigungsfähigkeit aus. Dies betrifft das Darlehen bei der Y-Bank aus 2008 und die Aufstockung des Y-Darlehens in 2009.

Auch hinsichtlich des Privatdarlehens der Tochter C ist der Vortrag zum Zeitpunkt der Darlehensaufnahme zu pauschal und teilweise widersprüchlich, weil das Darlehen nicht - wie die Tochter am 31.10.2011 schriftlich bestätigt - im Jahr 2004 aufgenommen worden sein kann, wenn das Darlehen durch den erst am 31.08.2005 abgeschlossenen Y4-Vertrag refinanziert werden sollte. Belege für die Verwendung des Darlehens zur Erneuerung des defekten Holz-Brennofens fehlen. Soweit die Antragsgegnerin pauschal ohne jegliche Spezifizierung als weiteren Darlehenszweck auf weiteren Liquiditätsbedarf verwiesen hat, scheidet eine Berücksichtigung nach Auffassung des Senats aus. Der Vortrag der Antragsgegnerin zu den Zahlungen auf das Darlehen der Tochter ist ebenfalls widersprüchlich (mal werden Zahlungen in Höhe von 244,00 € monatlich an die Tochter, mal an die Bank behauptet, dann wieder Zahlungen in bar, teilweise im Paket für mehrere Monate). Der Senat vermag es angesichts dessen nicht nachzuvollziehen, wann im streitgegenständlichen Zeitraum an wen welche Zahlungen erbracht worden und wann das Darlehen getilgt worden sein soll. Der Antragsteller hat bereits erstinstanzlich Nachweise für Zahlungen auf alle Darlehen verlangt und damit die Zahlungen bestritten. Das Amtsgericht hat im Hinweisbeschluss vom 18.07.2011 ausdrücklich auf die fehlenden Belege für die fortlaufenden Zahlungen hinsichtlich der privaten Verbindlichkeiten hingewiesen. Der exemplarische Beleg eines Lastschrift-Einzugs im April 2010 mit Betreff „C, KTO .../... Rate 4/10" in Höhe von 244,00 € genügt nach alledem nicht. Auch dies geht zu Lasten der darlegungs- und beweisbelasteten Antragsgegnerin.

Da entsprechend den obigen Ausführungen von einer Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin in Höhe von 113,00 € auszugehen ist, war die Antragsgegnerin für die Zeit ab Mai 2010 zur Zahlung von 113,00 € Elternunterhalt für ihre Mutter T3 an den Antragsteller im Hinblick auf den Anspruchsübergang gem. § 94 Abs. 1 S. 1 SGB XII zu verpflichten.

3. Die Beschwerde des Antragstellers ist auch hinsichtlich der zwischen den Beteiligten streitigen Erledigung bezüglich des Unterhalts für März und April 2010 in Höhe von jeweils 113,00 € monatlich sowie des rückständigen Unterhalts für die Zeit von Februar 2008 bis Februar 2010 in Höhe von insgesamt 461,00 € begründet.

Denn der Antrag auf Zahlung der 113,00 € monatlich für März und April 2010 sowie des rückständigen Unterhalts für die Zeit von Februar 2008 bis Februar 2010 war ursprünglich zulässig und begründet und ist erst durch ein nach Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis, nämlich die Zahlung der Antragsgegnerin, unbegründet geworden.

Hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs der Mutter der Antragsgegnerin im Jahr 2010 kann auf die obigen Ausführungen (vgl. 2.) verwiesen werden. Für das Jahr 2010 ist mangels ausreichender Darlegung der Einkommensverhältnisse der Antragsgegnerin sowie der ihres Ehemanns von einer Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin in Höhe von 113,00 € monatlich auszugehen.

Dasselbe gilt für die Jahre 2008 und 2009. Zwar hat die Antragsgegnerin insofern die Steuererklärung für 2008 (auszugsweise) sowie die Steuerbescheide für 2008 und 2009 vorgelegt, aus denen sich die gemeinsamen Mieteinkünfte sowie Einkünfte ihres Mannes aus Gewerbebetrieb ergeben. Der Antragsteller macht mit der Beschwerde jedoch zu Recht geltend, dass das steuerlich maßgebliche Einkommen nicht mit dem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen identisch ist und nach der ständigen Rechtsprechung des BGH und des Senats derjenige, der sich auf sein steuerliches Einkommen beruft, um eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit geltend zu machen, seine Einnahmen und Ausgaben so darlegen muss, dass die nur steuerlich beachtlichen Aufwendungen von den unterhaltsrechtlich erheblichen Aufwendungen abgrenzbar sind. Daran fehlt es jedoch hier. Schriftsätzlich hat die Antragsgegnerin keine Ausführungen zu den jeweiligen Einnahmen und Ausgaben sowie den unterhaltsrechtlich erheblichen Aufwendungen insbesondere in Bezug auf die Einkünfte ihres Ehemannes aus Gewerbebetrieb in 2008 und 2009 getätigt. Sie hat auch nicht die jeweiligen Einnahmenüberschussrechnungen für den Gewerbebetrieb ihres Mannes für 2008 und 2009 vorgelegt. Das unterhaltsrechtlich relevante Familieneinkommen kann daher auch für die Jahre 2008 und 2009 nicht beurteilt werden, so dass auch dies zu Lasten der für ihre behauptete Leistungsunfähigkeit darlegungs- und beweisbelasteten Antragsgegnerin geht.

Auch für 2008 und 2009 ist mit dem Antragsteller von einer Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin jedenfalls in Höhe von 113,00 € monatlich auszugehen.

Die Antragsgegnerin schuldete daher für die Zeit von Februar 2008 bis Februar 2010 insgesamt 2.825,00 € (25 x 113,00 €), hat jedoch bis zur Antragszustellung (10.03.2010) nur 2.364,00 € gezahlt, so dass ein Rückstand von 461,00 € bestand. Ferner schuldete die Antragsgegnerin jeweils 113,00 € für März und April 2010, so dass die ursprünglichen Anträge des Antragstellers (Zahlung des Rückstands in Höhe von 461,00 € sowie Zahlung laufenden Unterhalts für März und April 2010 in Höhe von jeweils 113,00 €) begründet waren und erst durch die nach Rechtshängigkeit erfolgte Zahlung der Antragsgegnerin unbegründet geworden sind. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 21.11.2012 - 8 UF 14/12)

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„... Der Antragsteller begehrt Verfahrenskostenhilfe für ein Unterhaltsabänderungsverfahren, mit welchem er den Wegfall der Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner volljährigen, im Haushalt des anderen Elternteils lebenden Tochter erreichen will.

In dem Zeitraum, für welchen der Antragsteller die Abänderung begehrt, besuchte die Tochter zunächst das einjährige Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten und zwischenzeitlich die Fachschule für Sozialpädagogik.

Der Antragsteller ist neben der Antragsgegnerin gegenüber zwei minderjährigen Kindern, einem weiteren volljährigen Kind und seiner Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet. Die Beteiligten streiten über den unterhaltsrechtlichen Rang der Antragsgegnerin, insbesondere darüber, ob diese nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB minderjährigen unverheirateten Kindern gleich steht, weil sie im Haushalt eines Elternteils lebt und sich in der allgemeinen Schulausbildung befindet.

Das Familiengericht hat den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, die Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die seitens der Antragsgegnerin absolvierte Ausbildung als eine Form der allgemeinen Schulausbildung im Sinne des § 1603 Abs. 2 BGB anzusehen sei, mit der Folge, dass die Unterhaltsansprüche der Antragsgegnerin den Ansprüchen der Ehefrau des Antragstellers im Range vorgingen.

Die gegen die Versagung der Verfahrenskostenhilfe gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet.

Für das Abänderungsverfahren besteht Erfolgsaussicht, weil die Ausbildung der Antragsgegnerin nicht zur allgemeinen Schulausbildung im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB zählt.

Der Begriff der allgemeinen Schulausbildung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung unter Heranziehung der zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG entwickelten Grundsätze auszulegen. Danach hat eine Eingrenzung des Begriffs in drei Richtungen zu erfolgen: Nach dem Ausbildungsziel, der zeitlichen Beanspruchung des Schülers und nach der Organisationsstruktur der Schule. Ziel des Schulbesuchs muss der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses als Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder den Besuch einer Hochschule oder Fachhochschule sein, also jedenfalls der Hauptschulabschluss, der Realschulabschluss, die fachgebundene oder die allgemeine Hochschulreife. Diese Voraussetzung ist beim Besuch der Hauptschule, der Realschule, der Gesamtschule, des Gymnasiums und der Fachoberschule immer erfüllt. Anders zu beurteilen ist der Besuch einer Schule, die neben allgemeinen Ausbildungsinhalten bereits eine auf ein konkretes Berufsbild bezogene Ausbildung vermittelt (BGH FamRZ 2002, 815).

Im vorliegenden Fall fehlt es sowohl für das Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten, als auch für die Fachschule für Sozialpädagogik bereits an der ersten Voraussetzung, nämlich dem Ziel des Erwerbs eines allgemeinen Schulabschlusses als Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder dem Besuch einer Hochschule oder Fachhochschule.

Das einjährige Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten ist nach seinem Ausbildungsziel darauf ausgerichtet, auf eine Ausbildung an der Fachschule für Sozialpädagogik vorzubereiten. Es vermittelt fachliche Grundlagen für den Beruf einer Erzieherin oder eines Erziehers und fördert die Entwicklung der Handlungskompetenz und der Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler. Voraussetzung für die Aufnahme in das Berufskolleg ist die Fachschulreife oder der Realschulabschluss oder das Versetzungszeugnis in die Klasse 11 eines Gymnasiums, sowie der Nachweis eines Vertrags über die praktische Ausbildung bei einem Träger einer Tageseinrichtung für Kinder (Bl. 40 d.A.).

Schon die Formulierung des Ausbildungsziels zeigt, dass die Ausbildung auf den Erzieherberuf ausgerichtet ist. Damit steht eine konkrete Berufsausbildung im Vordergrund. Dass daneben allgemeine Handlungskompetenzen vermittelt werden, steht der Ausrichtung auf den konkret genannten Beruf des Erziehers nicht entgegen. Auch das Erfordernis einer praktischen Ausbildung in einer Tageseinrichtung für Kinder zeigt, dass Ziel des Berufskollegs, bei welchem es sich um ein Berufskolleg im Sinne des § 12 des Baden-Württembergischen Schulgesetzes handeln dürfte, nicht der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses ist.

Auch der sich daran anschließende Besuch der Fachschule für Sozialpädagogik stellt keinen Teil der allgemeinen Schulausbildung dar. Zweck der Ausbildung ist der Erwerb der Befähigung, Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsaufgaben zu übernehmen und in allen sozialpädagogischen Bereichen selbständig und eigenverantwortlich als Erzieherin oder Erzieher tätig zu sein. Hierzu vermittelt die Schule die erforderliche berufliche Handlungskompetenz. Darüber hinaus führt sie die Allgemeinbildung weiter und ermöglicht durch Zusatzunterricht und eine Zusatzprüfung den Erwerb der Fachhochschulreife (§ 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung des Kultusministeriums über die Ausbildung und Prüfung an den Fachschulen für Sozialpädagogik - Berufskolleg - vom 9.3.2004, Bl. 46 ff. d.A.).

Aufnahmevoraussetzungen sind nach § 6 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung die Fachschulreife oder der Realschulabschluss oder das Versetzungszeugnis in die Klasse 11 eines Gymnasiums oder der Nachweis eines gleichwertigen Bildungsstandes und der erfolgreiche Abschluss des Berufskollegs für Praktikantinnen und Praktikanten oder der erfolgreiche Abschluss einer dem Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten vergleichbaren, auf die Erzieherausbildung gezielt ausgerichteten schulischen Vorbereitung eines anderen Bundeslandes oder ein Berufsabschluss als Kinderpflegerin oder Kinderpfleger.

Aus den Aufnahmevoraussetzungen sowie der Bezeichnung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung lässt sich ableiten, dass es sich auch bei dieser Schule um ein Berufskolleg im Sinne des § 12 des Baden-Württembergischen Schulgesetzes handelt. Das Berufskolleg vermittelt in ein bis drei Jahren eine berufliche Qualifikation und kann bei einer mindestens zweijährigen Dauer unter besondere Voraussetzungen zur Fachhochschulreife führen, § 12 Satz 2 des Baden-Württembergischen Schulgesetzes.

Sowohl die Beschreibung des Schultyps im Schulgesetz als auch die Bestimmung des Zwecks der Ausbildung zeigen, dass es sich bei dem Besuch dieser Schule nicht um eine allgemeine Schulausbildung handelt. Vielmehr geht es nach dem Wortlaut der Ausbildungsordnung um die Tätigkeit in allen sozialpädagogischen Bereichen und dies nicht in irgend einem Berufsbild, sondern konkret im Beruf des Erziehers bzw. der Erzieherin. Dass neben diesem Berufsziel durch Ablegung einer Zusatzprüfung auch der Erwerb der Fachhochschulreife möglich ist, steht dem nicht entgegen. Denn hierbei handelt es sich nicht um das hauptsächliche Ziel der Ausbildung, sondern um eine zusätzliche Option, welche nach § 29 der Ausbildungsordnung die Teilnahme an zusätzlichem Unterricht im Wahlfach Mathematik, sowie insbesondere die Durchführung einer Zusatzprüfung nach § 30 des Ausbildungsordnung voraussetzt. Die Regelungen zeigen, dass es sich hierbei um eine Zusatzqualifikation und nicht um den Hauptgegenstand der schulischen Ausbildung handelt.

Besonders eindrucksvoll bestätigt wird die Ausrichtung der Schule auf die Ausbildung zum Beruf der Erzieherin oder des Erziehers dadurch, dass nach erfolgreichem Abschluss der gesamten Ausbildung die Berufsbezeichnung „staatlich anerkannter Erzieher" bzw. "staatlich anerkannte Erzieherin" erworben wird.

Da sich die Antragsgegnerin somit nicht in der allgemeinen Schulausbildung befindet, geht sie gemäß § 1609 BGB im Rang den minderjährigen Kindern und der Ehefrau des Antragstellers nach. Da der Antragsteller dargelegt hat, nicht gegenüber allen Unterhaltsberechtigten leistungsfähig zu sein, hat seine auf die Abänderung des Titels der Antragsgegnerin gerichtetes Abänderungsbegehren Aussicht auf Erfolg.

Der Senat verweist das Verfahren über den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe an das Familiengericht zurück, weil dieses - nach seiner Auffassung konsequent - noch nicht über die Bedürftigkeit des Antragstellers entschieden hat. ..." (OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.10.2012 - 18 WF 229/12)

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„... Für das Abänderungsverfahren besteht Erfolgsaussicht, weil die Ausbildung der Antragsgegnerin nicht zur allgemeinen Schulausbildung im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB zählt.

Der Begriff der allgemeinen Schulausbildung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung unter Heranziehung der zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG entwickelten Grundsätze auszulegen. Danach hat eine Eingrenzung des Begriffs in drei Richtungen zu erfolgen: Nach dem Ausbildungsziel, der zeitlichen Beanspruchung des Schülers und nach der Organisationsstruktur der Schule. Ziel des Schulbesuchs muss der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses als Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder den Besuch einer Hochschule oder Fachhochschule sein, also jedenfalls der Hauptschulabschluss, der Realschulabschluss, die fachgebundene oder die allgemeine Hochschulreife. Diese Voraussetzung ist beim Besuch der Hauptschule, der Realschule, der Gesamtschule, des Gymnasiums und der Fachoberschule immer erfüllt. Anders zu beurteilen ist der Besuch einer Schule, die neben allgemeinen Ausbildungsinhalten bereits eine auf ein konkretes Berufsbild bezogene Ausbildung vermittelt (BGH FamRZ 2002, 815).

Im vorliegenden Fall fehlt es sowohl für das Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten, als auch für die Fachschule für Sozialpädagogik bereits an der ersten Voraussetzung, nämlich dem Ziel des Erwerbs eines allgemeinen Schulabschlusses als Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder dem Besuch einer Hochschule oder Fachhochschule.

Das einjährige Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten ist nach seinem Ausbildungsziel darauf ausgerichtet, auf eine Ausbildung an der Fachschule für Sozialpädagogik vorzubereiten. Es vermittelt fachliche Grundlagen für den Beruf einer Erzieherin oder eines Erziehers und fördert die Entwicklung der Handlungskompetenz und der Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler. Voraussetzung für die Aufnahme in das Berufskolleg ist die Fachschulreife oder der Realschulabschluss oder das Versetzungszeugnis in die Klasse 11 eines Gymnasiums, sowie der Nachweis eines Vertrags über die praktische Ausbildung bei einem Träger einer Tageseinrichtung für Kinder (Bl. 40 d.A.).

Schon die Formulierung des Ausbildungsziels zeigt, dass die Ausbildung auf den Erzieherberuf ausgerichtet ist. Damit steht eine konkrete Berufsausbildung im Vordergrund. Dass daneben allgemeine Handlungskompetenzen vermittelt werden, steht der Ausrichtung auf den konkret genannten Beruf des Erziehers nicht entgegen. Auch das Erfordernis einer praktischen Ausbildung in einer Tageseinrichtung für Kinder zeigt, dass Ziel des Berufskollegs, bei welchem es sich um ein Berufskolleg im Sinne des § 12 des Baden-Württembergischen Schulgesetzes handeln dürfte, nicht der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses ist.

Auch der sich daran anschließende Besuch der Fachschule für Sozialpädagogik stellt keinen Teil der allgemeinen Schulausbildung dar. Zweck der Ausbildung ist der Erwerb der Befähigung, Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsaufgaben zu übernehmen und in allen sozialpädagogischen Bereichen selbständig und eigenverantwortlich als Erzieherin oder Erzieher tätig zu sein. Hierzu vermittelt die Schule die erforderliche berufliche Handlungskompetenz. Darüber hinaus führt sie die Allgemeinbildung weiter und ermöglicht durch Zusatzunterricht und eine Zusatzprüfung den Erwerb der Fachhochschulreife (§ 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung des Kultusministeriums über die Ausbildung und Prüfung an den Fachschulen für Sozialpädagogik - Berufskolleg - vom 9.3.2004, Bl. 46 ff. d.A.).

Aufnahmevoraussetzungen sind nach § 6 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung die Fachschulreife oder der Realschulabschluss oder das Versetzungszeugnis in die Klasse 11 eines Gymnasiums oder der Nachweis eines gleichwertigen Bildungsstandes und der erfolgreiche Abschluss des Berufskollegs für Praktikantinnen und Praktikanten oder der erfolgreiche Abschluss einer dem Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten vergleichbaren, auf die Erzieherausbildung gezielt ausgerichteten schulischen Vorbereitung eines anderen Bundeslandes oder ein Berufsabschluss als Kinderpflegerin oder Kinderpfleger.

Aus den Aufnahmevoraussetzungen sowie der Bezeichnung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung lässt sich ableiten, dass es sich auch bei dieser Schule um ein Berufskolleg im Sinne des § 12 des Baden-Württembergischen Schulgesetzes handelt. Das Berufskolleg vermittelt in ein bis drei Jahren eine berufliche Qualifikation und kann bei einer mindestens zweijährigen Dauer unter besondere Voraussetzungen zur Fachhochschulreife führen, § 12 Satz 2 des Baden-Württembergischen Schulgesetzes.

Sowohl die Beschreibung des Schultyps im Schulgesetz als auch die Bestimmung des Zwecks der Ausbildung zeigen, dass es sich bei dem Besuch dieser Schule nicht um eine allgemeine Schulausbildung handelt. Vielmehr geht es nach dem Wortlaut der Ausbildungsordnung um die Tätigkeit in allen sozialpädagogischen Bereichen und dies nicht in irgend einem Berufsbild, sondern konkret im Beruf des Erziehers bzw. der Erzieherin. Dass neben diesem Berufsziel durch Ablegung einer Zusatzprüfung auch der Erwerb der Fachhochschulreife möglich ist, steht dem nicht entgegen. Denn hierbei handelt es sich nicht um das hauptsächliche Ziel der Ausbildung, sondern um eine zusätzliche Option, welche nach § 29 der Ausbildungsordnung die Teilnahme an zusätzlichem Unterricht im Wahlfach Mathematik, sowie insbesondere die Durchführung einer Zusatzprüfung nach § 30 des Ausbildungsordnung voraussetzt. Die Regelungen zeigen, dass es sich hierbei um eine Zusatzqualifikation und nicht um den Hauptgegenstand der schulischen Ausbildung handelt.

Besonders eindrucksvoll bestätigt wird die Ausrichtung der Schule auf die Ausbildung zum Beruf der Erzieherin oder des Erziehers dadurch, dass nach erfolgreichem Abschluss der gesamten Ausbildung die Berufsbezeichnung „staatlich anerkannter Erzieher" bzw. "staatlich anerkannte Erzieherin" erworben wird.

Da sich die Antragsgegnerin somit nicht in der allgemeinen Schulausbildung befindet, geht sie gemäß § 1609 BGB im Rang den minderjährigen Kindern und der Ehefrau des Antragstellers nach. Da der Antragsteller dargelegt hat, nicht gegenüber allen Unterhaltsberechtigten leistungsfähig zu sein, hat seine auf die Abänderung des Titels der Antragsgegnerin gerichtetes Abänderungsbegehren Aussicht auf Erfolg.

Der Senat verweist das Verfahren über den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe an das Familiengericht zurück, weil dieses - nach seiner Auffassung konsequent - noch nicht über die Bedürftigkeit des Antragstellers entschieden hat. ..." (OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.10.2012 - 18 WF 229/12)

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Der Unterhaltsanspruch eines volljährigen nicht privilegierten Kindes ist zwar grundsätzlich ehe- und damit auch bedarfsprägend. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Ehegatte nicht den ihm zustehenden Selbstbehalt gegenüber dem volljährigen Kind von 920,- € (Thüringer Tabelle, Stand 01.01.2011, Ziffer 22.1.b. und 22.2.b.) verwirklichen kann, da ansonsten der in §§ 1609 Nr. 3, 1603 Abs. 2 Satz 1, 2 BGB geregelte Rangunterhalt unterlaufen würde. Den vorrangigen Bedarf eines Ehegatten gegenüber einem nach § 1609 Nr. 4 BGB nachrangigen volljährigen Kind bemessen die Thüringer Leitlinien(Ziffer 22.2.b.) spiegelbildlich mit dem Selbstbehalt des Pflichtigen von 1150,- €, vermindert um die beiderseitigen Vorteile des Zusammenlebens (von 10% + 10% = 20% =) auf 920,- €. Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt besteht dann nicht (mehr), wenn der Unterhaltsberechtigte nach Schulabbruch bis zur Aufnahme seiner Ausbildung drei Jahre weitgehend tatenlos hat (OLG Thüringen, Beschluss vom 17.08.2012 - 1 UF 219/12).

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Ersatzhaftung des betreuenden Elternteils beim Kindesunterhalt für den Barunterhalt (OLG Naumburg, Beschluss vom 02.08.2012 - 8 UF 102/11).

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„... 1. Dem Antragsteller steht für die Zeit von Mai 2010 bis einschließlich August 2011 ein Anspruch auf Zahlung von Kindesunterhalt aus §§ 1601 ff. BGB nicht zu, weil der - in diesem Zeitraum unstreitig tatsächlich leistungsunfähige - Antragsgegner sich in Ansehung des neuen Vorbringens im Beschwerderechtszug auch nicht als jedenfalls teilweise fiktiv leistungsfähig behandeln lassen muss.

a) Der Antragsgegner hat die Darstellung seines beruflichen Werdeganges im Beschwerdeverfahren dahin korrigiert, dass er die Ausbildung zum Koch nicht abgeschlossen habe. Der dagegen seitens des Antragstellers erhobene Einwand der Verspätung greift nicht durch, so dass dieses neue - inhaltlich nicht bestrittene - Vorbringen des Antragsgegners bei der Entscheidungsfindung zugrunde zu legen ist. Die Vorschrift des § 117 FamFG verweist ausdrücklich nicht auf die das ZPO-Berufungsverfahren kennzeichnenden Vorschriften der §§ 530 f. ZPO, die neues Vorbringen im zweiten Rechtszug nur unter engen Voraussetzungen gestatten. Für Familienstreitsachen gilt deshalb uneingeschränkt § 115 FamFG. Danach können nicht rechtzeitig vorgebrachte Verteidigungsmittel nur zurückgewiesen werden, wenn die Zulassung derselben die Erledigung des Verfahrens verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. Ansonsten sind - so ausdrücklich § 115 Satz 2 FamFG - die Verteidigungsmittel zuzulassen. So liegt der Fall hier: Das neue Vorbringen hat der Antragsteller nicht bestritten. Es gilt damit als zugestanden, also unstreitig. Unstreitiges neues Vorbringen kann eine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits nicht bewirken.

Für die Frage der fiktiven Leistungsfähigkeit ist danach davon auszugehen, dass der Antragsgegner über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt. Bei dieser Ausgangslage aber stellt sich die im August 2009 begonnene und auf zwei Jahre angelegte Ausbildung zum Systemelektroniker nicht als Maßnahme einer zusätzlichen beruflichen Qualifikation (Zweitausbildung), sondern als den (neuerlichen) Versuch, überhaupt eine erste Berufsausbildung erfolgreich abzuschließen, dar. Eine Erstausbildung gehört grundsätzlich zum Lebensbedarf auch eines Unterhaltspflichtigen, so dass das damit verbundene zeitweilige Zurückstellen der Ausübung einer - mangels beruflicher Qualifikation entsprechend niedrig vergüteten - Erwerbstätigkeit nicht als Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit anzusehen ist. Es liegt auf der Hand, dass ein Systemelektroniker auf dem Arbeitsmarkt weit bessere Verdienstmöglichkeiten hat als ein ungelernter junger Mann. Dies käme natürlich auch dem heute gut 4-jährigen Antragsteller zugute, der noch viele Jahre unterhaltsberechtigt sein wird und von einer besseren beruflichen Qualifikation des Antragsgegners nur profitieren kann. Dass der Antragsgegner tatsächlich auch diese Ausbildung nicht erfolgreich abgeschlossen hat, kann ihm nicht rückwirkend zum Nachteil gereichen. Er hat immerhin den theoretischen Teil der Prüfung bestanden, so dass davon auszugehen ist, dass der Antragsgegner grundsätzlich das Potenzial für einen erfolgreichen Abschluss dieser Ausbildung hat, dieser neuerliche Versuch einer beruflichen Qualifikation also nicht etwa von vornherein zum Scheitern verurteilt war.

Für die Zeit dieser Ausbildung (bis Ende Juni 2011) kann dem Antragsgegner daher ein fiktives Erwerbseinkommen nicht zugerechnet werden.

b) Auch für die Monate Juli und August 2011 muss sich der Antragsgegner nicht als fiktiv leistungsfähig behandeln lassen.

Bei realistischer Betrachtungsweise der Erwerbsmöglichkeiten des Antragsgegners nach dem neuerlichen Scheitern einer Berufsausbildung kann nicht erwartet werden, dass dieser umgehend nach dem Versagen im praktischen Teil der Ausbildung Ende Juni 2011 einen seiner weiterhin fehlenden Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz gefunden hätte. Zwar war der - nach Aktenlage offenkundig nicht ernsthaft an der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Wiederholungsprüfung interessierte - Antragsgegner mit dem Ende der (gescheiterten) Ausbildung zur umfassenden Arbeitssuche als ungelernte Hilfskraft verpflichtet. Bei der - insgesamt gebrochenen, teilweise von Strafhaft geprägten - Erwerbs- und persönlichen Biografie des Antragsgegners ist aber davon auszugehen, dass es jedenfalls zwei Monate gedauert hätte, bis er einen Arbeitsplatz gefunden hätte. Vor September 2011 kann deshalb ein Erwerbseinkommen - gleich welcher Höhe - überhaupt nicht fingiert werden.

2. Anders jedoch stellt sich die Situation für die Zeit ab September 2011 dar. Jedenfalls für den Zeitraum September 2011 bis einschließlich Mai 2012 ist nämlich davon auszugehen, dass der Antragsgegner tatsächlich mindestens in dem vom Amtsgericht festgestellten Umfang von 109,00 EUR monatlich leistungsfähig ist. Der Antragsgegner kann sich insoweit nicht mehr mit Erfolg darauf berufen, dass er lediglich Leistungen nach dem SGB II beziehe, die den notwendigen Selbstbehalt von 770,00 EUR nicht erreichten.

Der Antragsgegner ist grundsätzlich in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass er aufgrund fehlender Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Kindesunterhalt tatsächlich nicht in der Lage ist. Diesem Erfordernis wird Genüge getan mit dem - hier erfolgten - Nachweis des Bezuges entsprechend niedriger Leistungen nach dem SGB II, solange der Unterhaltsberechtigte dies gar nicht in Zweifel zieht bzw. pauschal oder erkennbar nur ins Blaue hinein bestreitet. Dies hat seinen Grund darin, dass der Beweis von Negativtatsachen - wie hier der Umstand fehlender sonstiger Einkünfte - nicht generell-abstrakt, sondern nur durch Widerlegung konkreter anderweitiger Behauptungen möglich ist. Die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast für den Einwand fehlender Leistungsfähigkeit erfährt deshalb Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung trifft den Unterhaltsberechtigten eine sog. sekundäre Darlegungslast. Er muss deshalb konkrete tatsächliche Umstände vortragen, die die Behauptung des Unterhaltspflichtigen, er verfüge nur über unzureichende Einkünfte, in Zweifel zu ziehen geeignet ist. Wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, muss der Sachvortrag vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Antragsgegner seine auch nur teilweise tatsächliche Leistungsfähigkeit jedenfalls nicht nachgewiesen, nicht einmal tauglich unter Beweis gestellt.

Der Antragsteller hat mit der Behauptung, der Antragsgegner habe im Kreise gemeinsamer Bekannter damit „herumgeprahlt", seit Herbst (September) letzten Jahres neben den SGB-II-Leistungen über weitere Einkünfte aus Schwarzarbeit zu verfügen und seither rund 2.400 EUR monatlich zu erhalten. Er habe bei einer Freundin sogar um Mithilfe nachgesucht, weil es bei ihm „so gut laufe". Bei der jedenfalls bis zum Terminstag am 24. Mai 2012 andauernden Schwarzarbeit handele es sich um Tätigkeiten auf Bauvorhaben, beispielsweise das Verputzen von Häusern. Derzeit sei er für eine Firma „R…" in C… tätig, die Rohrverlegungen und ähnliches vornehme. Für die Herkunft dieser Kenntnisse hat der Antragsteller drei Personen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis des Antragsgegners und der Kindesmutter namentlich benannt.

Mit dem Vortrag dieser Umstände genügt der Antragsteller seiner Obliegenheit zur Darlegung konkreter Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner tatsächlich über weitergehende Einkünfte in einem Umfang verfügt, die ihm die Zahlung des hier erstinstanzlich titulierten Unterhalts von 109,00 EUR monatlich seit September 2011 ohne Weiteres gestattet. Der Antragsteller hat unter Offenlegung seiner Quellen einen konkreten Einsatzzeitpunkt für die Aufnahme der Schwarzarbeit angeführt, die ausgeübte Tätigkeit näher beschrieben, eine konkrete Höhe der verfügbaren Einkünfte mitgeteilt und zudem substanziierte Anknüpfungstatsachen für einen konkreten Auftraggeber benannt. Nach Recherchen des Senats im Internet gibt es tatsächlich eine Firma R… GmbH C…, die dort ansässig ist. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass diese Behauptungen wider besseres Wissen oder ins Blaue hinein aufgestellt wären, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Ausgehend davon oblag es nun wieder dem Antragsgegner, diese Behauptungen substanziiert zu bestreiten und insbesondere auch Beweis dafür anzutreten, dass er nicht über weitergehende Einkünfte als die bisher angeführten Sozialleistungen verfügt hat. Diesen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast genügt der Antragsgegner mit den - im Wesentlichen auf das bisherige Vorbringen Bezug nehmenden - Ausführungen in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 13. Juli 2012 deutlich nicht. Der Hinweis „Aussage mit Kontoauszügen kann nachgereicht werden" ist schon inhaltlich völlig substanzlos und insbesondere nicht (tauglich) unter Beweis gestellt.

Der für den Einwand der Leistungsunfähigkeit mithin beweisfällig gebliebene Antragsgegner ist für die Zeit seit September 2011 also als tatsächlich uneingeschränkt leistungsfähig für den erstinstanzlich titulierten Unterhaltsbetrag von 109,00 EUR monatlich zu betrachten.

3. Dies gilt allerdings nur für die Zeit bis einschließlich Mai 2012, dem letzten bekannten Zeitpunkt der Ausübung derselben. Da Schwarzarbeit jederzeit folgenlos beendet werden darf, weil sie gesetzeswidrig und damit auch unzumutbar ist, können die daraus erzielten Einkünfte nicht bei der Berechnung des künftigen Unterhaltsanspruchs berücksichtigt werden. Für den Zeitraum seit Juni 2012 und fortlaufend ist deshalb vielmehr ein - ordnungsgemäß versteuertes und um entsprechende Sozialversicherungsbeiträge gekürztes - fiktives Einkommen zugrunde zu legen (vgl. dazu Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 1 Rdnr. 66).
Bei der Bemessung des fiktiven Einkommens kann aber durchaus auf die bisher schwarz verdienten Einkünfte zurückgegriffen werden, weil der Antragsgegner hinreichend deutlich hat erkennen lassen, dass er einen solchen (Brutto-)Verdienst zu erzielen offenkundig auch trotz fehlender abgeschlossener Berufsausbildung in der Lage ist. Ausgehend von 2.400 EUR an monatlichen Gesamteinkünften und unter Abzug der darin enthaltenen SGB-II-Leistungen (zuletzt 600 EUR) verbleibt in etwa ein monatlicher Verdienst von 1.800 EUR. Es liegt auf der Hand, dass daraus auch bei Erfüllung aller Abgabenverpflichtungen (Steuern und Sozialversicherungen) ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen erzielt werden kann, aus dem der Mindestunterhalt für den Antragsteller, jedenfalls aber der hier ohnehin nur in Höhe von 109,00 EUR titulierte Unterhaltsbetrag aufgebracht werden kann.

Der Antragsgegner ist mithin verpflichtet, seit September 2011 und fortlaufend monatlichen Kindesunterhalt für den Antragsteller im Umfang von 109,00 EUR zu zahlen.

Wegen des - aus dem laufenden Bezug von Unterhaltsvorschussleistungen im Umfang von 133,00 EUR monatlich - resultierenden gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 7 Abs. 1 UVG war der Antragsgegner allerdings - dem entsprechend umgestellten Antrag des Antragstellers folgend - für den von September 2011 bis einschließlich Juli 2012 aufgelaufenen Unterhaltsrückstand insgesamt (11 Monate x 109,00 EUR = 1.199,00 EUR) zur Zahlung an den Leistungsträger, hier das Land Brandenburg, vertreten durch das Jugendamt C…, zu verpflichten.

Für die Zukunft, also für die Zeit ab August 2012 steht der Unterhaltsanspruch dem Antragsteller jedoch wieder ungeschmälert in eigener Person zu. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.07.2012 - 9 UF 292/11)

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Das Berufsorientierungsjahr ist als "allgemeine Schulausbildung" im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB anzusehen. Das unterhaltsberechtigte Kind, das seinen Vater in Anspruch nimmt, muss sich nicht auf ein fiktives Einkommen der Kindesmutter, in deren Haushalt es lebt, verweisen lassen und kann entsprechend dem Rechtsgedanken des § 1607 Abs. 2 BGB allein den leistungsfähigen Elternteil in Anspruch nehmen. (OLG Köln, Beschluss vom 20.04.2012 - 25 WF 64/12):

„... I. Die Antragstellerin ist die am x. März 1992 geborene, im Haushalt der Mutter lebende Tochter des Antragsgegners. Sie hat die Realschule im Schuljahr 2009/2010 ohne Abschluss verlassen und besucht seit dem 7. September 2011 das Städtische Berufskolleg für Technik, Hauswirtschaft und Sozialpädagogik in M.; dort leistet sie ein Berufsorientierungsjahr in der Fachrichtung Ernährung und Hauswirtschaft, Körperpflege, Soziales ab. Der Antragsgegner bezieht Renteneinkünfte in Höhe von jedenfalls 1.247,87 €. Die Mutter der Antragstellerin ist mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt und verdient brutto 723,05 €.

Die Antragstellerin beabsichtigt, den Antragsgegner auf Unterhalt für die Zeit des Berufsorientierungsjahres in Anspruch zu nehmen und begehrt hierfür Verfahrenskostenhilfe. Sie vertritt die Auffassung, sie befinde sich in der allgemeinen Schulausbildung im Sinne von § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB. Der Selbstbehalt des Antragsgegners sei daher mit 770,-- € anzusetzen, weshalb er für den geforderten Unterhaltsbetrag (Mindestunterhalt) leistungsfähig sei.

Der Antragsgegner tritt dem insbesondere im Hinblick auf die Frage der allgemeinen Schulausbildung entgegen. Darüber hinaus meint er, ein eventuell bestehender Unterhaltsanspruch sei verwirkt. Jedenfalls aber sei die Kindesmutter gleichfalls zum Barunterhalt heranzuziehen.

Das Amtsgericht - Familiengericht -, auf dessen Entscheidung wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Antragstellerin die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe verweigert und zur Begründung ausgeführt, die Teilnahme am Berufsorientierungsjahr erfülle nicht die Anforderungen, die an den Begriff der allgemeinen Schulausbildung im Sinne des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB zu stellen sei.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, der das Amtsgericht - Familiengericht - mit Beschluss vom 8. März 2012 nicht abgeholfen hat.

Die Beteiligten hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.

II. Die gemäß §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 127 Abs. 2 S. 2, 567 ff. ZPO an sich statthafte, rechtzeitig innerhalb der Frist des § 127 Abs. 3 S. 3 ZPO eingelegte und damit insgesamt zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Leverkusen vom 7. Februar 2012 (31 F 384/11) hat auch in der Sache Erfolg. Das Amtsgericht hat der Antragstellerin die begehrte Verfahrenskostenhilfe mit Erwägungen verweigert, die der Senat nicht zu teilen vermag.

1. Die unverheiratete, volljährige, im Haushalt ihrer Mutter lebende Antragstellerin befindet sich - im Gegensatz zur Rechtsmeinung des Amtsgerichts - noch in allgemeiner Schulausbildung im Sinne von § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB.

Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend geht das Amtsgericht allerdings davon aus, dass der Begriff der „allgemeinen Schulausbildung" in § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB in drei Richtungen einzugrenzen ist, nämlich nach dem Ausbildungsziel, der zeitlichen Beanspruchung des Schülers und der Organisationsstruktur der Schule. Ziel des Schulbesuchs muss der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses als Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder den Besuch einer Hochschule oder Fachschule sein. Diese Voraussetzung ist beim Besuch der Hauptschule, der Gesamtschule, der Realschule, des Gymnasiums und der Fachoberschule immer erfüllt. Anders zu beurteilen ist der Besuch einer Schule, die neben allgemeinen Ausbildungsinhalten bereits eine auf ein konkretes Berufsbild bezogene Ausbildung vermittelt. Auf die Rechtsform der Schule kommt es dagegen nicht an. Einer Schulausbildung steht es daher gleich, wenn ein Kind, ohne einen Beruf auszuüben, allgemeinbildenden Schulunterricht in Form von Privat- und Abendkursen erhält, der diesem Ziel dient, eine staatlich anerkannte allgemeine Schulabschlussprüfung abzulegen (BGH FamRZ 2001, 1068 - zitiert nach Juris; SenE v. 17.05.2002 - 25 UF 269/01 = FamRZ 2003, 179 [L] - zitiert nach Juris; Wendl/Dose-Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage 2011, § 2 Rz. 584). Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist danach, ob die Ausbildung bereits auf eine bestimmte Berufstätigkeit vorbereitet, oder ob dem Absolventen nach Durchlaufen der Ausbildung und Erwerb des Abschlusses noch mehrere Berufsfelder offen stehen.

Gemessen hieran ist das von der Antragstellerin absolvierte Berufsorientierungsjahr als „allgemeine Schulausbildung" im Sinne von § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB anzusprechen. Ausweislich einer Information des Schulministeriums NRW (www.berufsbildung.nrw.de) dient das Berufsorientierungsjahr der Vorbereitung auf die Aufnahme einer Berufsausbildung und vermittelt Kenntnisse und Fertigkeiten aus mehreren Berufsfeldern. Der Erwerb des Hauptschulabschlusses wird ermöglicht. Die Schülerinnen und Schüler, die - wie hier die Antragstellerin - nicht in einem Berufsausbildungsverhältnis stehen, erhalten ein Abschlusszeugnis, wenn sie die Leistungsanforderungen erfüllt haben. Mit dem Abschlusszeugnis erwerben die Schülerinnen und Schüler (scil.: automatisch) den Hauptschulabschluss, wenn sie in den Fächern Deutsch/Kommunikation, Politik/Gesellschaftslehre, Mathematik sowie in einem der Fächer Naturwissenschaft oder Englisch mindestens ausreichende Leistungen erzielt und eine Durchschnittsnote von mindestens 4,0 in allen Fächern der Stundentafel erreicht haben. Hieraus wird deutlich, dass das erfolgreiche Durchlaufen des Berufsorientierungsjahres - das angesichts der bislang gezeigten Leistungen der Antragstellerin durchaus erwartet werden darf - die Antragstellerin noch nicht konkret auf ein bestimmtes Berufsziel (hier: aus dem - für sich genommen bereits recht weitgefächerten - Bereich Ernährung und Hauswirtschaft, Körperpflege, Soziales) hin qualifiziert; vielmehr stehen der Antragstellerin nach dem - automatisch mit ausreichenden Leistungen in den genannten Fächern verbundenen - Erwerb des Hauptschulabschlusses weitere, mit den genannten Berufsfeldern u.U. gar nicht in Zusammenhang stehende Ausbildungsberufe oder aber auch eine schulische Weiterqualifizierung offen.

Auch die weiteren von der Rechtsprechung für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der „allgemeinen Berufsausbildung" im Sinne des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB verlangten Voraussetzungen zur zeitlichen Beanspruchung des Schülers sowie zur Organisationsstruktur der Schule (vgl. BGH und SenE a.a.O.) liegen vor. Die Antragstellerin ist mit der Schulausbildung ausweislich des vorgelegten Stundenplans 35 Wochen(schul)stunden beschäftigt. Das vorgelegte Halbjahreszeugnis für das Schuljahr 2011/2012 zeigt, dass die Anwesenheit der Antragstellerin regelmäßig kontrolliert wird, der Schulbesuch mithin nicht in ihrem Belieben steht.

2. Soweit der Antragsgegner sich darauf beruft, der Unterhaltsanspruch sei wegen ihm gegenüber begangener vorsätzlicher schwerer Verfehlungen der Antragstellerin gemäß § 1611 Abs. 1 BGB verwirkt, gilt Folgendes: Nach der genannten Vorschrift schuldet der Verpflichtete im Falle einer ihm gegenüber begangenen schweren Verfehlung des Berechtigten nur einen der Billigkeit entsprechenden Beitrag zum Unterhalt. Die Verpflichtung fällt (nur dann) ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre. Wegen der tiefgreifenden Rechtsfolgen ist die Annahme einer Anspruchsverwirkung nach anerkannter Auffassung auch bei volljährigen Kindern auf besonders schwere Ausnahmefälle zu beschränken, zu deren Feststellung überdies eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene, umfassende Abwägung unter Einbeziehung der Umstände von Trennung und Scheidung der Kindeseltern und der sich hieraus ergebenden Eltern-Kind-Beziehung zu erfolgen hat. Eine vorsätzlich schwere Verfehlung gegen den unterhaltspflichtigen Elternteil kann nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Verpflichteten angenommen werden (vgl. OLG Hamm NJW-RR 2006, 509; Wendl/Dose-Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rz. 603).

a) Die Antragstellerin hatte zum 1. Oktober 2010 eine Ausbildung begonnen; der Ausbildungsvertrag ist allerdings seitens des Arbeitgebers bereits per 15. Dezember 2010 wieder gekündigt worden. Ausbildungsvergütung hat die Antragstellerin daher nur für diesen - relativ kurzen - Zeitraum bezogen. In der Rechtsprechung wird aber eine - und dann auch nur teilweise - Verwirkung des Unterhaltsanspruchs lediglich für Fälle längeren verschwiegenen Einkommensbezugs erwogen (OLG Hamm FamRZ 1996, 809; OLG Koblenz FamRZ 1999, 402 - beide zitiert nach Juris: mehr als ein Jahr). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

b) Eine Verwirkung des Ausbildungsunterhalts gemäß § 1611 Abs. 1 BGB kommt aber dadurch in Betracht, dass die Antragstellerin dem Antragsgegner nicht mitteilte, dass sie im Juli 2010 - also nach Eintritt der Volljährigkeit - die Schule abbrach und ihn dadurch veranlasste, weiter an sie Unterhalt zu zahlen, obwohl er hierzu nicht mehr verpflichtet war. Die schwere Verfehlung der Antragstellerin gegenüber ihrem Vater läge dann darin begründet, dass sie diesem einen nicht unerheblichen Schaden durch diese schuldhafte Pflichtverletzung zugefügt hat (vgl. OLG Köln FamRZ 2005, 301 - zitiert nach Juris). Bei pflichtgemäßer Aufklärung des Antragsgegners über den Schulabbruch hätte dieser nach Überzeugung des Senats sicherlich seine Unterhaltszahlungen eingestellt. Hiervon musste auch die Antragstellerin ausgehen, weil sie mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners vom 22. April 2010 zur Vorlage von Nachweisen über die Schulausbildung aufgefordert worden war.

Wie vorstehend dargelegt ist aber die Frage, ob und bejahendenfalls in welcher Höhe der Unterhaltsanspruch verwirkt ist, im Wege einer auf den jeweiligen Einzelfall bezogenen, umfassenden Abwägung unter Einbeziehung der Umstände von Trennung und Scheidung der Kindeseltern und der sich hieraus ergebenden Eltern-Kind-Beziehung zu beantworten. Zu den in diese Abwägung einzustellenden tatsächlichen Umständen ist bislang seitens der Beteiligten nicht vorgetragen worden. Es kann vor diesem Hintergrund nicht Aufgabe des Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahrens sein, diese Abwägung vorwegzunehmen. Anderenfalls würde dieses summarische Verfahren an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten (vgl. BVerfG FamRZ 2010, 867 - zitiert nach Juris).

3. Auch die Kindesmutter ist der Antragstellerin grundsätzlich barunterhaltspflichtig; § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB gilt nicht (Wendl/Dose-Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rz. 594). Allerdings ist von ihrem Einkommen regelmäßig ein Sockelbetrag in Höhe (jedenfalls) des notwendigen Selbstbehalts abzuziehen (Wendl/Dose-Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rz. 595). Dieser ist angesichts eines Bruttoeinkommens der Kindesmutter in Höhe von 723,05 € unterschritten.

a) Auf fiktives Einkommen der Kindesmutter muss die Antragstellerin sich - entgegen der von dem Antragsgegner geäußerten Rechtsmeinung - nicht verweisen lassen. Sie kann entsprechend dem Rechtsgedanken des § 1607 Abs. 2 BGB allein den leistungsfähigen Elternteil in Anspruch nehmen. Ihr tatsächlich vorhandener Lebensbedarf kann nicht dadurch gedeckt werden, dass sie auf fiktive Einkünfte ihrer Mutter verwiesen wird. Die Gleichsetzung von realen und fiktiven Einkünften im Unterhaltsverhältnis rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass der unter Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit handelnde Unterhaltsgläubiger oder -schuldner sich so behandeln lassen muss, als erziele er die ihm möglichen Einkünfte wirklich. Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um eine Obliegenheitsverletzung der unterhaltsberechtigten Antragstellerin sondern um die eines Dritten, ihrer Mutter, deren Verhalten ihr nicht zurechenbar ist (OLG Nürnberg MDR 2000, 34; s. weiter Büttner/Niepmann/Schwamb, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 11. Auflage 2010, Rz. 180; Wendl/Dose-Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rz. 435, 567).

b) Die Frage, ob und bejahendenfalls in welcher Größenordnung eine Herabsetzung dieses Selbstbehalts der Kindesmutter mit Rücksicht auf einen von ihrem neuen Ehemann zur Verfügung gestellten, den Selbstbehalt ganz oder teilweise deckenden Familienunterhalt angesichts des Umstands in Betracht kommt, dass die Kindesmutter ihrerseits erwerbstätig ist (hierzu vgl. Wendl/Dose-Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rz. 555, 574, 291 ff., 279; s. auch BGH FamRZ 2008, 594 - zitiert nach Juris, dort Tz. 36) stellt eine komplexe Rechtsfrage dar, zu der ggf. noch weiterer tatsächlicher Vortrag der Beteiligten erforderlich ist und die - ebenso wie diejenige der Verwirkung - nicht im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren abschließend beurteilt werden kann. ..."

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Im Mangelfall ist ein Mehrbedarf des Kindesunterhalts gegenüber dem Mindestbedarf subsidiär und findet daher zunächst keinen Eingang in eine Mangelfallberechnung. Beim Zusammentreffen von Unterhaltsansprüchen minderjähriger und privilegiert volljähriger Kinder errechnet sich auch im Mangelfall die Anteilshaftung für das privilegiert volljährige Kind ohne Vorwegabzug des den minderjährigen Kindern geschuldeten Unterhalts (OLG Stuttgart, Beschluss vom 07.03.2012 - 11 UF 331/11).

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Im Mangelfall sind alle gleichrangigen barunterhaltsberechtigten minderjährigen Kinder des Unterhaltsschuldners auch dann gleichmäßig zu berücksichtigen, wenn dieser einem bei ihm wohnenden Kind über die Betreuung auch Barunterhalt leistet (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11.01.2012 - 6 WF 1/12 zu §§ 1603 II 1, 1609 Nr 1 BGB):

„... Das Familiengericht hat unter Berücksichtigung des notwendigen Selbstbehalts des Antragstellers eine Leistungsfähigkeit in Höhe von monatlich 265 EUR angenommen. Dies ist unter den gegebenen Umständen nicht zu beanstanden und wird auch vom Antragsteller mit der Beschwerde im Grundsatz nicht in Zweifel gezogen. Von dem vom Familiengericht festgestellten Umfang der Leistungsfähigkeit ist für den gesamten hier maßgeblichen Antragszeitraum auszugehen. Dem steht nicht entgegen, dass mit Schreiben vom 11. November 2011 (Bl. 47 d.A.) das Arbeitsverhältnis des Antragstellers zum 15. Dezember 2011 gekündigt wurde und er seither Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 863,40 EUR bezieht, denn es kann nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um einen nachhaltigen Einkommensrückgang handelt, den sich die Antragsgegner unterhaltsrechtlich entgegenhalten lassen müssen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Antragsteller einer nach § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB gesteigerten Unterhaltsverpflichtung unterliegt und daher alle verfügbaren Mittel einzusetzen hat, um den Unterhalt der Antragsgegner nach Möglichkeit aufbringen zu können. Dazu genügt es nicht, dass sich der Antragssteller als arbeitssuchend gemeldet hat, vielmehr muss er sich darüber hinaus intensiv um eine neue Arbeitsstelle bemühen, und sei es auch nur zur Überbrückung der Zeit bis zu der in dem Kündigungsschreiben in Aussicht gestellten Wiedereinstellung. Dass er diesen Anforderungen gerecht geworden ist, ergibt sich aus seinem Sachvortrag nicht. Dies geht zulasten des für seine Leistungsunfähigkeit darlegungs- und beweisbelasteten Antragstellers (vgl. BGH, FamRZ 2010, 1418; FamRZ 2008, 1739; Saarländisches Oberlandesgericht, 9. Zivilsenat, Beschluss vom 28. Mai 2009 - 9 WF 53/09 -, m.w.N.; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 6, Rz. 722, m.w.N.), so dass ihm fiktive Einkünfte zuzurechnen sind, wobei keine Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich sind, wonach diese geringer anzusetzen wären, als bei der bisherigen Tätigkeit des Antragstellers.

Zu Recht hat das Familiengericht auch eine Mangelfallberechnung in der Form durchgeführt, dass es den Barunterhaltsbedarf aller drei gegenüber dem Antragsteller unterhaltsberechtigten Kinder gleichmäßig berücksichtigt hat. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Unterhaltsanspruch des Sohnes D. nicht deshalb vorrangig, weil er im Haushalt des Antragstellers lebt und dieser nicht nur die Betreuung leistet, sondern auch den Barbedarf des Kindes abdeckt. Denn nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 1609 Abs. 1 Nr. 1 BGB sind alle drei minderjährigen Kinder des Antragstellers gleichrangig; dies gilt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, auch dann, wenn infolge der dadurch notwendig werdenden Mangelfallberechnung der mit ihm in einem Haushalt zusammen lebende Sohn D. sozialhilfebedürftig würde (vgl. BGH, FamRZ 1996, 1272; Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2, Rz. 264).

Allerdings ist die Mangelfallberechnung des Familiengerichts insofern fehlerhaft, als beim Antragsgegner zu 1) ein monatlicher Bedarf von 222 EUR berücksichtigt worden ist, was offensichtlich darauf beruht, dass eine Einordnung in die Altersgruppe I der Düsseldorfer Tabelle erfolgt ist. Der am 11. April 2004 geborene Antragsgegner zu 1) unterfällt aber im hier maßgeblichen Antragszeitraum der Einkommensgruppe II. Richtigerweise ist daher beim Antragsgegner zu 1) von einem Mindestbedarf - nach Abzug des hälftigen Kindergeldes für ein drittes Kind - in Höhe von 269 EUR auszugehen. Daraus ergeben sich für die Zeit von April 2011 bis September 2011 ein Gesamtbedarf von 875 EUR und eine Quote von 30,29% sowie für die Zeit ab Oktober 2011 ein Gesamtbedarf von 937 EUR und eine Quote von 28,28%. Dementsprechend schuldet der Antragsteller der Antragsgegnerin zu 2) von April 2011 bis September 2011 monatlich rund 82 EUR (= 30,29 / 100 * 272 EUR) und für die Zeit danach rund 94 EUR (= 28,28 / 100 * 334 EUR). Im Übrigen wird der Antragsteller durch den angefochtenen Beschluss nicht benachteiligt.

Zu Recht hat das Familiengericht auch dem Feststellungsantrag des Antragstellers keine Erfolgsaussicht beigemessen, insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass keine Unterhaltsrückstände in Bezug auf die Antragsgegner mehr bestehen. Hierzu fehlt jeglicher nachvollziehbarer Sachvortrag, im Gegenteil ergeben sich aus der mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2011 vorgelegten, nicht infrage gestellten Rückstandsberechnung noch erhebliche Unterhaltsrückstände. ..."

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Reicht das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht aus, um den Unterhaltsbedarf seiner minderjährigen und privilegiert volljährigen Kinder zu decken, ist in die Mangelfallberechnung in der Regel nur der Mindestunterhalt der Kinder einzustellen. Der Mehrbedarf eines Kindes ist in der Regel nachrangig zu befriedigen. Ist der Mindestunterhalt der minderjährigen oder privilegiert volljährigen Kinder nicht gewahrt, sind Beiträge zu einer privaten Unfallversicherung nicht vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzugsfähig (OLG Schleswig, Beschluss vom 04.01.2012 - 10 WF 254/11 zu §§ 1601, 1602, 1603, 1610 BGB).

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Der Unterhaltsschuldner ist an seine einseitige Verpflichtungserklärung in Form einer Jugendamtsurkunde und damit zugleich an die ihr nach Grund und Höhe zu Grunde liegenden Umstände rechtsgeschäftlich gebunden; macht er eine Herabsetzung des Unterhalts geltend, muss er deshalb diese Umstände vortragen und darlegen, dass die bisherige Unterhaltsleistung für ihn wegen (nachträglicher) Änderung der Verhältnisse nach §§ 242, 313 BGB unzumutbar geworden ist (OLG Hamm, Beschluss vom 13.07.2011 - 8 WF 159/11 zu § 239 FamFG, §§ 242, 313 BGB):

„... Der Antragsteller verfolgt im vorliegenden Verfahren die Abänderung einer von ihm am 30.8.2007 errichteten Jugendamtsurkunde, mit der er sich zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhaltes an den Antragsgegner verpflichtet hat, dahingehend, dass er ab Februar 2011 nur noch Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 36 € zu zahlen habe. Die Abänderung einer durch eine derartige Urkunde begründeten Verpflichtung zur Zahlung künftigen Unterhaltes ist gemäß § 239 I S. 2 FamFG nur zulässig, wenn der Abänderungsantragsteller Abänderungsgründe vorträgt, die - ihre Richtigkeit unterstellt - eine Abänderung rechtfertigen. Der Schuldner ist an seine einseitige Verpflichtungserklärung und damit zugleich an die ihr nach Grund und Höhe zu Grunde liegenden Umstände rechtsgeschäftlich gebunden; macht er eine Herabsetzung des Unterhalts geltend, muss er deshalb diese Umstände vortragen und darlegen, dass die bisherige Unterhaltsleistung für ihn wegen (nachträglicher) Änderung der Verhältnisse nach §§ 242, 313 BGB unzumutbar geworden ist. Eine Anpassung an veränderte Umstände ist nach materiellem Recht nur dann gerechtfertigt, wenn dem Abänderungsantragsteller ein Festhalten an der bisherigen Regelung infolge veränderter Umstände nach Treu und Glauben nicht zuzumuten ist. Die Voraussetzungen hierfür, nämlich die nach Errichtung der Jugendamtsurkunde erfolgten Änderungen der maßgeblichen Verhältnisse, hat der Abänderungsantragsteller darzulegen.

Der Antragsteller erzielte im Zeitpunkt der Errichtung der Jugendamtsurkunde ein monatliches Nettoeinkommen von 931 € und war dem Antragsgegner sowie seinen beiden weiteren Kindern L und K gegenüber unterhaltsverpflichtet. Er war zur damaligen Zeit bereits bei seinem jetzigen Arbeitgeber in M, bei dem er ab dem 1.6.2005 beschäftigt ist, tätig, so dass er - wie auch gegenwärtig noch - berufsbedingt eine einfache Fahrtstrecke von 8 km zu Erreichung seiner Arbeitsstelle zurücklegen musste. Ausgehend hiervon lagen zum damaligen Zeitpunkt im August 2007 folgende wirtschaftliche Verhältnisse vor:

Nettoeinkommen 931,00 €
- berufsbedingte Fahrtkosten ( 8 x 2 x 0,30 € x 220 ./. 12) 88,00 €
- Mindestunterhalt für E (3. Altersstufe) 288,00 €
- Unterhaltsverpflichtung gegenüber L gemäß Forderung der Stadt Z1 75,00 €
- Mindestunterhalt für K (3. Altersstufe) 288,00 €
verbleiben 192,00 €
- notwendiger Selbstbehalt des Antragstellers zur damaligen Zeit 900,00 €
Unterschreitung seines Selbstbehaltes bei Errichtung des Jugendamturkunde somit um 708,00 €.

Demgegenüber stellen sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers nach seinen Darlegungen im gegenwärtigen Zeitpunkt wie folgt dar:

Nettoeinkommen 1102,00 €
- berufsbedingte Fahrtkosten ( 8 x 2 x 0,30 € x 220 ./. 12) 88,00 €
- Mindestunterhalt für E (3. Altersstufe) 334,00 €
- Unterhaltsverpflichtung gegenüber L
(Mindestunterhalt der 2. Altersstufe) 272,00 €
- das Kind K ist nunmehr volljährig, so dass ein zu Gunsten dieses Kindes bestehender Unterhaltsanspruch gemäß § 1609 Nummer 4 BGB nachrangig wäre, soweit das Kind nicht privilegierte Volljährige ist. Dass dies der Fall ist, hat der Antragsteller zum einen nicht dargelegt, zum andern hat er auch eine diesem Kind gegenüber noch bestehende Unterhaltsverpflichtung selbst in seiner Antragsschrift nicht dargelegt.
Es verbleiben somit 408,00 €
- notwendiger Selbstbehalt des Antragstellers nunmehr 950,00 €
Unterschreitung des Selbstbehaltes im jetzigen Zeitpunkt somit um 542,00 €.

Damit liegen jedoch zum Nachteil des Antragstellers keine Veränderungen seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nach Errichtung der Jugendamtsurkunde vor. Wurde sein Selbstbehalt zur Zeit der Errichtung der Jugendamtsurkunde infolge seiner Verpflichtungserklärung um 708 € unterschritten, wird dieser - auch wenn der Selbstbehalt inzwischen gestiegen ist und sich die Tabellenunterhaltsbeträge nach der Düsseldorfer Tabelle erhöht haben - nunmehr lediglich noch um 542 € unterschritten. Deshalb hat sich das dem Antragsteller verbleibende Einkommen nicht vermindert, vielmehr ist dieses gestiegen. Vor diesem Hintergrund hat der Antragsteller gerade nicht dargelegt, dass die Leistung der titulierten Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Antragsgegner für ihn wegen nachträglicher Änderungen der Verhältnisse unzumutbar geworden und ihm deshalb ein weiteres Festhalten an der bisherigen Regelung nach Treu und Glauben nicht zuzumuten ist. ..."

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Gesteigerte Unterhaltspflicht gegenüber dem minderjährigen Kind: Leistungsfähigkeitsprüfung für den nichtehelichen Vater bei Aufnahme eines Studiums nach abgeschlossener Berufsausbildung (OLG München, Beschluss vom 28.09.2011 - 12 UF 129/11 zu § 1601 BGB, § 1603 Abs 1 S 1 BGB, § 7 UhVorschG, § 1 BAföG, §§ 1ff BAföG):

„... Die Leistungsfähigkeit bemisst sich nach den Einkünften, die der Unterhaltsverpflichtete erzielt oder bei bestmöglicher Einsatz seiner Arbeitskraft erzielen könnte. Gegenüber einem minderjährigen Kind trifft die Eltern nach § 1603 Abs. 1 S. 1 BGB eine gesteigerte Unterhaltspflicht, die auf der besonderen Verantwortung einem minderjährigen Kind gegenüber beruht. Der Unterhaltsverpflichtete ist deshalb zu einer gesteigerten Ausnutzung seiner Arbeitskraft verpflichtet und damit zur Ausschöpfung aller zumutbaren Erwerbsmöglichkeiten. Er muss sich besonders intensiv um eine Erwerbstätigkeit bemühen.

Gegen diese Verpflichtung hat der Antragsgegner verstoßen, sodass ihm fiktiv ein Einkommen zuzurechnen ist. Eine Hinzurechnung fiktiver Erwerbseinkünfte kommt in Betracht, wenn dem Unterhaltspflichtigen im Hinblick auf seine Leistungsunfähigkeit ein unterhaltsbezogen leichtfertiges Verhalten vorgeworfen werden kann (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rn. 495 ff.).

Der Antragsgegner hatte eine abgeschlossene Ausbildung zum Netzwerktechniker. Der Antragsgegner hat sich nach Beendigung seiner Lehre und nach seinem Zivildienst nicht um eine Stelle in seinem erlernten Beruf bemüht, sondern hat ein Studium aufgenommen. Hierzu war er wegen der gesteigerten Erwerbsobliegenheit gegenüber seinem Kind jedoch nicht berechtigt. Er hätte sich vielmehr um eine Anstellung in seinem erlernten Beruf bemühen müssen. Soweit der Antragsgegner vorträgt, dass er im Raum Mühldorf/Freising keine Anstellung als Netzwerktechniker gefunden hätte, kann er damit nicht gehört werden. Da er ledig ist, hätte er seine Erwerbsbemühungen nicht auf den genannten Raum begrenzen dürfen. Er hätte seine Bewerbungen auf den Raum München, Hamburg oder Berlin ausdehnen müssen; denn nach der vom ihm vorgelegten Internet-Auskunft der Bundesagentur für Arbeit konzentrieren sich die Stellenangebote auf diese Orte und Kreise. Insoweit kann unterstellt werden, dass der Antragsgegner das von ihm genannte Einkommen von € 1.500,00 für einen Berufsanfänger erzielt hätte. Es kann dahin gestellt bleiben, ob es sich hierbei um das Brutto- oder Nettoeinkommen handelt. Handelt es sich um das Nettoeinkommen, ist er ohne weiteres für den geltend gemachten Unterhalt leistungsfähig, Handelt es sich um das Bruttoeinkommen, so hätte der Antragsgegner im Jahre 2007 ca. 1015,00 (bei Lohnsteuerklasse 1 und 0,5 Kinderfreibetrag) ausbezahlt bekommen. Zieht man noch 5 % berufsbedingte Aufwendungen ab, hätte dem Antragsgegner ein Einkommen von € 964,25 zur Verfügung gestanden. Zwar hat er im Jahre 2007 einen monatlichen Unterhalt von € 125,00 geschuldet, sodass an sich ein Mangelfall vorliegen würde; den Fehlbetrag von € 60,75/Monat hätte der Antragsgegner jedoch jederzeit durch eine Nebentätigkeit ausgleichen können, sodass sein Selbstbehalt von € 900,00 gewahrt worden wäre.

In diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen ist, dass der Antragsgegner im September 2007 arbeitslos war; denn er hätte sich schon während der Zeit seines Zivildienstes um eine neue Arbeitsstelle bemühen müssen.

Auch nicht zu berücksichtigen ist, dass der Antragsgegner aus der Zeit ab 1.8.2009 Unterhaltsrückstände wegzufertigen hat; denn insoweit wird seine Leistungsfähigkeit aus dem Zeitraum davor nicht berührt.

Der Antragsgegner kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Lehre nur zur Vorbereitung auf sein Studium absolviert hat und er wegen der Lehre das Studium verkürzen konnte.

Denn das Interesse eines unterhaltspflichtigen Elternteils tritt, unter Zurückstellung bestehender Erwerbsmöglichkeiten eine Aus- oder Weiterbildung aufzunehmen, grundsätzlich hinter dem Unterhaltsinteresse seiner Kinder zurück (BGH NJW 2011, 1874). Das gilt vor allem dann, wenn der Unterhaltspflichtige bereits über eine Berufsausbildung verfügt und ihm die Erwerbsmöglichkeit in dem erlernten Beruf unter Berücksichtigung eines zumutbaren Ortswechsels eine ausreichende Lebensgrundlage bietet (BGH a.a.O.).

Zwar kann nach der zitierten Entscheidung des BGH etwas anderes gelten, wenn der Unterhaltspflichtige seine Erwerbstätigkeit nicht zum Zwecke einer Zweitausbildung oder der Weiterbildung in dem erlernten Beruf, sondern zugunsten einer erstmaligen Berufsausbildung aufgegeben hat. Einer solchen Erstausbildung sei regelmäßig auch gegenüber der gesteigerten Unterhaltspflicht aus § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB der Vorrang einzuräumen, da die Erlangung einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf zum eigenen Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen gehöre, den dieser grundsätzlich vorrangig befriedigen dürfe.

Ob es sich bei der von dem Antragsgegner aufgenommenen Ausbildung um eine Erstausbildung handelt, kann dahinstehen. Zwar besteht nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. die Fundstellen in FA-FamR/Seiler, 8. Aufl., 6. Kapitel Rn. 248 FN. 942 ff) eine einheitliche Ausbildung auch bei einem Werdegang Schule-Lehre-Studium, soweit ein - hier zu bejahender - enger fachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, sodass ein Kind gegenüber seinen Eltern in diesem Fall einen Anspruch auf angemessenen Ausbildungsunterhalt hat. In diesem Fall aber haben die Eltern gegenüber dem Kind keine gesteigerte Erwerbsobliegenheit.

Zwar sind alle Umstände des Einzelfalles im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, insbesondere die Tatsache, warum der Unterhaltspflichtige gerade jetzt seine Erstausbildung durchführt und wie sich dies langfristig auf seine Leistungsfähigkeit für den Kindesunterhalt auswirkt. Der Antragsgegner hat aber sein Studium zu einem Zeitpunkt aufgenommen, zu dem er wusste, dass er Vater eines Kindes ist, demgegenüber er eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit hat. Der Abbruch einer entsprechend der Lebensplanung bereits begonnenen Ausbildung kann im Rahmen einer gesteigerten Unterhaltspflicht jedoch dann verlangt werden, wenn die Ausbildung nicht zu weit fortgeschritten ist (Grün FPR 2008, 370/371; OLG Bremen FamRZ 2007, 74 m. w. N.). So ist es hier. Der Antragsgegner hatte das Studium noch nicht begonnen, als er vom Antragsteller auf seine Zahlungsverpflichtung hingewiesen worden ist. ..."

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Klagt ein Unterhaltsgläubiger, der über einen vollstreckbaren Unterhaltstitel verfügt, gegen den Unterhaltsschuldner, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, auf Feststellung des Bestehens eines Anspruches aus unerlaubter Handlung wegen Nichtzahlung des Unterhalts, fehlt es, wenn der Unterhaltsschuldner diesem Anspruch widersprochen hat, nicht an einem rechtlichen Interesse an der Feststellung (Anschluss an BGH Urt. v. 2. Dezember 2010, IX ZR 41/10, MDR 2011, 130 ff.). Für das Verfahren eines Unterhaltsgläubigers auf Feststellung, dass ihm der titulierte Unterhaltsanspruch gegen den Unterhaltsschuldner auch aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 170 StGB zusteht, ist kraft Sachzusammenhangs mit dem Unterhaltsanspruch das Familiengericht sachlich zuständig (KG, Beschluss vom 30.08.2011 - 18 WF 93/11 zu § 823 Abs 2 BGB, § 170 StGB).

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Die Darlegungs- und Beweislast für seine Leistungsunfähigkeit trifft dagegen den Antragsgegner als Unterhaltsschuldner selbst. Das folgt aus der - als Einwendung ausgestalteten - Regelung in § 1603 I BGB, die nicht nur den Mindestunterhalt minderjähriger Kinder betrifft, sondern auf alle Unterhaltsansprüche von Verwandten nach § 1601 BGB Anwendung findet (vgl. Wendl/Staudigl-Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 6 Rz. 710 ff. m. w. N.). Zur Darlegung seiner Leistungsunfähigkeit gehört auch die vom Antragsgegner eingewandte Unterhaltsbedürftigkeit seiner gem. § 1609 Nr. 3 BGB vorrangig berechtigten Ehefrau. Das bedeutet, dass der Antragsgegner diejenigen Umstände darlegen und beweisen muss, die einen Unterhaltsanspruch seiner Ehefrau gegen ihn begründen. Sein Vortrag, dass seine Ehefrau kein laufendes Einkommen bezieht, reicht vor dem Hintergrund des Bestreitens durch die Antragstellerin für die Feststellung der Unterhaltsbedürftigkeit und für die Bemessung des Bedarfs der Ehefrau des Antragsgegners nicht aus. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 24.06.2011 - 2 WF 146/11).

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„... Die Kläger begehren die Verurteilung der Beklagten zu Kindesunterhalt ab Monat August 2008 in Höhe des jeweiligen gesetzlichen Mindestunterhalts abzüglich des jeweiligen Kindergeldanteils. Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Teilurteil über den Unterhaltsanspruch der Kläger für die Zeit ab März 2009 entschieden und die Beklagte verurteilt, für jedes Kind von da ab einen monatlichen Kindesunterhalt von je 72,50 EUR zu zahlen und die Klage für diesen Zeitraum im Übrigen abgewiesen. Über den Rest des geltend gemachten Anspruchs (August 2008 bis Februar 2009) hat sich das Amtsgericht die Entscheidung vorbehalten, weil in dieser Zeit die Erwerbsunfähigkeit der Beklagten streitig sei und die Frage durch Beweiserhebung geklärt werden müsse (Beweisbeschluss vom 31.07.2009). Wegen der Begründung wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vollinhaltlich Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung begehrt die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage für die Zeit ab März 2009 abzuweisen. Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil.

Die Klage ist für die Zeit ab März 2009 unbegründet, weil die Beklagte unter Berücksichtigung des gesetzlichen Maßstabs (§ 1603 Abs. 2 S. 2 BGB) nicht leistungsfähig ist.

Die Verurteilung durch das Amtsgericht beruht auf der Zurechnung fiktiven Einkommens, denn die Beklagte verdient seit Mai 2009 in Teilzeitarbeit nur zwischen 500 und 600 EUR monatlich. Damit erreicht die Beklagte nicht den notwendigen Selbstbehalt als unterste Grenze der Inanspruchnahme. Dieser beträgt bei einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber minderjährigen Kindern gemäße Ziff. 21.2 entsprechend den Unterhaltsgrundsätzen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - Stand 01.01.2008 in der Fassung vom 15.05.2008 - monatlich 900 EUR.

Das Amtsgericht war der Auffassung, der Beklagten müsse ein volles Erwerbseinkommen deswegen fiktiv angerechnet werden, weil sie nicht dargelegt habe, dass sie ihrer erhöhten Erwerbsobliegenheit ausreichend nachgekommen sei. Sie hätte vortragen müssen, welche Schritte sie im Einzelnen unternommen habe, um eine vollschichtige Arbeitsstelle zu finden. Dazu hätte es auch gehört, dass sie sich aus eigenem Antrieb laufend über Zeitungsannoncen oder Vermittlungsagenturen um Arbeit bemüht habe; notfalls hätte sie, auch im Nebenerwerb, andere Tätigkeiten bis hin zu Aushilfs- und Gelegenheitsarbeiten übernehmen müssen, um zumindest die Zahlung des Mindestunterhalts sicherzustellen. Somit sei der Beklagten ein vollschichtiges Einkommen zuzurechnen, wobei sie sich aber nur so behandeln lassen müsse, wie reale Beschäftigungschancen für das fiktive Einkommen bestünden. Die Beklagte sei gelernte ..., aber nach der Ausbildung jedoch nur kurzfristig und auch nur hin und wieder in dem erlernten Beruf eingesetzt gewesen. Die Tätigkeit als ... und ...erzieherin, die sie seit Mai 2009 in Teilzeit ausübe, sei staatlich nicht anerkannt und könne deswegen auch nicht zu einer vollschichtigen Tätigkeit in der A-Schule, ihrer Arbeitgeberin, führen. Es könne daher nur ein Einkommen unterstellt werden, dass die Beklagte als ungelernte Kraft verdienen könnte. Ein höheres Nettoeinkommen als 1.100 EUR sei von ihr nicht zu erreichen.

Diese Auffassung des Amtsgerichts ist im Grundsatz zutreffend. Ihre Ausbildung als ... eignet sich nicht zum Einsatz in einer industriellen Fertigung von Tonwaren, etwa im nahe gelegenen "B". Zwar zeigt sich ihr Einsatz in der A-Schule als ... und ...erzieherin, dass sie über die Fähigkeit verfügt, dort als Lehrerin tätig zu sein. Eine Ausweitung dieser Tätigkeit kann sie aber nicht erreichen. Die Beklagte wurde auch am ...2009 von der Schule gekündigt und kann dort nur noch als geringfügig Beschäftigte weiterarbeiten. Die von ihr mit Schriftsatz vom 02.02.2010 erstmals im Berufungsverfahren vorgelegten Bewerbungsunterlagen weisen darauf hin, dass sie auch bei Aufnahme mehrerer Nebentätigkeiten kein Einkommen erzielen könnte, das über dem sogenannten "kleinen Selbstbehalt" liegt. Vielfach verlangen Arbeitgeber von Teilzeitkräften eine uneingeschränkte zeitliche Mobilität, die der gleichzeitigen Führung mehrerer Beschäftigungsverhältnisse nebeneinander im Wege steht. So hat das C mit Schreiben vom 20.01.2010 der Beklagten bestätigt, dass sie wegen des Einsatzes in der A-Schule nicht auch am Dienstag- und Donnerstagnachmittag als Honorarkraft in der Ganztagsschule in X-Stadt eingesetzt werden kann und deswegen nicht übernommen wurde. In der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2010 hat die Beklagte mitgeteilt, dass sie nunmehr in geringfügigem Umfang noch eine Kinderbetreuung durchführen kann. Die Einkünfte daraus erreichten zusammen mit dem reduzierten Einkommen aus der Beschäftigung in der A-Schule nicht annähernd das notwendige Mindesteinkommen. Nach der Rechtsprechung des Senats (etwa 5 UF 171/06, Beschluss vom 29.09.2006, http://www.hefam.de/urteile/5UF17106.html ist auch bei gesteigerter Unterhaltspflicht gegenüber einem Minderjährigen bei der Leistungsfähigkeit im Einzelfall zu prüfen, ob der Unterhaltsschuldner als ungelernte Arbeitskraft auf dem heutigen Arbeitsmarkt überhaupt eine realistische Chance auf eine Vollzeitbeschäftigung mit einem Verdienst im Bereich des kleinen Selbstbehalts hat. Die wirtschaftlichen Verhältnisse lassen es nämlich als zweifelhaft erscheinen, ob ein Unterhaltspflichtiger bei genügender Anstrengung Unterhaltspflichten überhaupt noch erfüllen kann, wenn er keine qualifizierte Ausbildung hat. Um das vom Amtsgericht unterstellte bereinigte Nettoeinkommen von 1.045 EUR zu erreichen, wäre bei Lohnsteuerklasse I ein Bruttolohn von 1.541,22 EUR erforderlich, was bei 173 Stunden Arbeitszeit im Monat einen Stundenlohn von knapp EUR voraussetzt. Der Senat hat in dem vorerwähnten Beschluss vom 29.09.2006 einige Mindestlöhne für ungelernte Arbeitnehmer nach Tarifverträgen und Rechtsverordnungen aufgeführt, wobei ein Stundenlohn in Höhe von 9 EUR bei einer Arbeitskraft mit der Beklagten im ungelernten Bereich (also etwa als Verkäuferin in einer Bäckerei) nicht angenommen werden kann. In einer weiteren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 11.03.2010, 1 BvR 3031/08, FamRZ 2010, 793) wird darauf hingewiesen, dass bei gesteigerter Erwerbsobliegenheit gegenüber einem minderjährigen Kind ein fiktives Einkommen nur in der Höhe unterstellt werden kann, wie es nach der persönlichen Erwerbsbiografie und einer fehlenden beruflichen Qualifikation aufgrund objektiv feststellbaren Voraussetzungen überhaupt erreichbar ist. Die Annahme eines Stundenlohns, der deutlich über den aktuellen Mindestlöhnen liege, bedürfe einer besonderen Feststellung durch das Gericht. In dem von dem BVerfG entschiedenen Fall hatte das Fachgericht angenommen, der Unterhaltspflichtige könne ein Einkommen von 1.200 EUR monatlich erzielen bei einem Stundenlohn von 10 EUR bis 11 EUR die Stunde. Diese pauschale Feststellung hat das Bundesverfassungsgericht nicht gelten lassen und die Anforderung an den Beschwerdeführer für überspannt gehalten. Bei einer regulären Arbeitszeit von 170 Stunden im Monat müsse der Beschwerdeführer einen Bruttostundenlohn in Höhe von rund 9,70 EUR erhalten, was mit Blick auf die aktuellen Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers nicht realistisch sei.

Gleiches trifft für die Beklagte zu, die unstreitig zweitweise psychisch erkrankt war, den Tod ihres Vaters und die Übersiedlung der Kinder in den Haushalt deren Vaters zu verkraften hatte, in Y-Dorf wohnhaft ist und ihre Berufsausbildung als ... nicht einsetzen kann.

Demnach kann allenfalls ein Stundenlohn von höchstens 7 EUR angesetzt werden (etwa bei der Kinderbetreuung oder einer Tätigkeit als Verkäuferin) die in Teilzeit ausgeübt neben der Tätigkeit in der A-Schule zu keiner Leistungsfähigkeit führen würde. Ein Stundenlohn von 7 EUR führt bei 173,9 Stunden im Monat zu einem Bruttoarbeitslohn von 1.217,30 EUR und nach Abzug der Lohnsteuer nach Steuerklasse I sowie der Sozialversicherungsbeiträge und pauschale berufsbedingte Aufwendungen zu einem Nettoeinkommen von 874,62 EUR und liegt damit unterhalb der Leistungsschwelle.

Das angefochtene Teilurteil war dahin abzuändern, dass die Klage für den Zeitraum, über den es befunden hat, abgewiesen wird. ..." (OLG Frankfurt, Urteil vom 09.06.2010 - 5 UF 253/09)

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„... I. Der am 15.10.1975 geborene Antragsgegner ist der leibliche Vater des am 20.2.1999 geborenen gemeinsamen Kindes der Beteiligten, P. Die beteiligten Eheleute sind türkische Staatsbürger. Sie haben sich nach ihrer Eheschließung am 6.1.1997 am 22.7.2009 voneinander getrennt. Am 27.10.2009 ist dem Antragsgegner der Antrag der Antragstellerin auf Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt zugestellt worden. Seit dem 18.12.2009 ist die Ehe der Beteiligten rechtskräftig geschieden.

Das betroffene gemeinsame Kind lebt im Haushalt der Antragstellerin. Diese bezieht für sich und das Kind Leistungen nach dem SGB II. Außerdem erhält sie Unterhaltsvorschussleistungen für das Kind in Höhe von 158 € monatlich.

Der Antragsgegner lebt seit 1997 in Deutschland. Er hat keinen Beruf erlernt und ist der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig. In der Zeit von 2001 bis 2004 war er zeitweise bei Leiharbeitsfirmen angestellt. In dieser Zeit hat er Einkünfte zwischen 6,60 € und 6,70 € brutto pro Stunde verdient. Seit August 2004 ist er arbeitslos.

Im Zuge der Trennung und Anmietung einer eigenen Wohnung hat er von seinem Vormieter Möbel zu einem Kaufpreis von 1.350 € erworben. Hierauf zahlt er Raten in Höhe von 100 € monatlich. Die Mietkaution für seine Wohnung betrug 630 €.

Erstinstanzlich hat die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an sie für das gemeinsame Kind P ab Oktober 2009 einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 240 € zu zahlen. Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

Das Familiengericht hat den Antragsgegner mit dem angefochtenen Beschluss verpflichtet, an die Antragstellerin für das gemeinsame Kind monatlich 100 € Kindesunterhalt für die Zeit von Oktober 2009 bis einschließlich September 2009 und monatlich 240 € ab Oktober 2010 zu zahlen. Es hat dem Antragsgegner fiktives Einkommen aus einer Haupt- und gegebenenfalls einer zusätzlichen Nebentätigkeit zugerechnet, welches ihn in die Lage versetzt, den begehrten Kindesunterhalt ab Oktober 2010 zu leisten. Für eine Übergangsfrist von einem Jahr hat es ihm geringere Einkünfte in unbezifferter Höhe fiktiv zugerechnet, um ihm Gelegenheit zu geben, die deutsche Sprache zu erlernen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses (Bl.38 ff. d. A.) verwiesen.

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsteller gegen die Höhe des ihm fiktiv zugerechneten Einkommens. Er behauptet, er sei - jedenfalls - nicht in der Lage, mehr als 900 € netto monatlich zu verdienen. Er ist der Ansicht, zusätzliches Einkommen aus einer Nebentätigkeit könne ihm nicht zugerechnet werden.

Der Antragsteller hat zunächst beantragt, den erstinstanzlichen Beschluss abzuändern und die Klage abzuweisen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er seinen Beschwerdeantrag teilweise zurückgenommen, soweit er nicht von der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe gedeckt war. Nunmehr beantragt er, den erstinstanzlichen Beschluss dahingehend abzuändern, dass der Antrag der Antragstellerin für die Zeit bis einschließlich März 2010 insgesamt und für die Zeit ab April 2008 in Höhe eines den Betrag von 150 € monatlich übersteigenden Unterhaltsbetrages abgewiesen wird. Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass die Zahlung des Kindesunterhalts (bis zur Höhe der gewährten Unterhaltsvorschussleistungen) bis einschließlich Mai 2010 an die Unterhaltsvorschusskasse der Stadt N erfolgen soll.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten und den Sachvortrag der Beteiligten in den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Da das Unterhaltsverfahren zeitlich nach dem 01.09.2009 beim Amtsgericht - Familiengericht - Marl eingeleitet worden ist, ist für das Verfahren gem. § 111 I FGG-RG das neue Recht anwendbar.

Die gem. § 58 I FamFG statthafte und im übrigen zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat nur in dem tenorierten Umfang Erfolg.

Dem gemeinsamen Kind der Beteiligten steht gegen den Antragsgegner, seinen leiblichen Vater, ein Anspruch auf Zahlung von Kindesunterhalt nach den §§ 1601 ff. BGB zu.

Die Anwendbarkeit deutschen Rechts folgt aus Art. 18 I 1 EGBGB, der seinem Wortlaut nach der in den §§ 1, 4 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2.10.1973 entspricht (vgl. Palandt-Thorn, BGB, 69. Aufl., § 18 EBGBG, Rz. 2), weil das unterhaltsberechtigte Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.

1) Der Geltendmachung des Anspruchs durch die Antragstellerin steht nicht entgegen, dass sie nach § 1629 III 1 BGB Ansprüche des minderjährigen Kindes gegen den Antragsgegner nur bis zur Rechtskraft der Scheidung im eigenen Namen geltend machen kann, denn die im Zeitpunkt der Antragszustellung vor Rechtkraft der Scheidung bestehende Verfahrensführungsbefugnis der Antragstellerin wirkt über den Zeitpunkt der Scheidung hinaus fort (vgl. Wendl/Staudigl-Schmitz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 10 Rz. 135d. m. w. N.).

Der Geltendmachung des Anspruchs steht auch nicht entgegen, dass das unterhaltsberechtigte Kind im Anspruchszeitraum Leistungen nach dem SGB II bezogen hat, denn ein Anspruchsübergang auf den Träger der öffentlichen Leistung ist gem. § 33 II 3 SGB II ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift gehen Ansprüche insbesondere dann nicht auf den Träger der Grundhilfe über, wenn und soweit sie nicht auf einem nach den §§ 11 und 12 SGB II zu berücksichtigendem Einkommen des Unterhaltsverpflichteten beruhen. Vorliegend berechnet sich die Höhe des dem Kind zustehenden Unterhaltsanspruchs ausschließlich auf der Grundlage fiktiven Einkommens des Antragsgegners, denn der arbeitslose Antragsgegner ist unter Berücksichtigung des ihm zu belassenden notwendigen Selbstbehalts für Nichterwerbstätige in Höhe von derzeit 770 € nicht in der Lage, von den von ihm bezogenen Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts Kindesunterhalt zu zahlen. Fiktive Einkünfte stellen kein Einkommen im Sinne der §§ 11, 12 SGB II dar (vgl. Wendl/Staudigl-Scholz, a. a. O., § 8 Rz. 36, 131).

Soweit das unterhaltsberechtigte Kind im Anspruchszeitraum Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bezogen hat, hat die Antragstellerin dem Anspruchsübergang auf den Leistungsträger gem. § 7 I 2 UVG, jedenfalls für die Zeit nach Rechtshängigkeit des Antrags am 27.10.2009 bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 4.5.2010, dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass sie in Höhe des übergangenen Anspruchs bis einschließlich Mai 2010 Zahlung an die Stadt N beantragt hat (vgl. BGH FamRZ 1996, 1203, 1206 f.; Wendl/Staudigl-Scholz, a. a. O., § 8 Rz. 109, 271).

2) Der Antragsgegner kann sich - wie das Familiengericht zutreffend angenommen hat - gegenüber seinem minderjährigen Kind nicht uneingeschränkt auf seine Leistungsunfähigkeit berufen. Spätestens ab Mai 2010 muss er sich fiktives Einkommen in einer Höhe zurechnen lassen, das ihn in die Lage versetzt, den begehrten Kindesunterhalt zu leisten.

a) Den Antragsgegner trifft mit Beginn seiner Barunterhaltsverpflichtung nach der Trennung der Eheleute gegenüber seinem minderjährigen Kind gemäß § 1603 II 1 BGB eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Ob und inwieweit er als Unterhaltspflichtiger leistungsfähig ist, wird deshalb nicht allein durch sein tatsächlich vorhandenes Einkommen bestimmt, sondern auch durch seine Erwerbsfähigkeit. Ihn trifft unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, ihm zumutbare und mögliche Einkünfte zu erzielen, insbesondere seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen und eine ihm zumutbare und mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben (BGH FamRZ 1985, 158; OLG Hamm, FamRZ 1998, 982). Der Antragsgegner hat deshalb alles in seinen Kräften Stehende zu tun, um schnellstmöglich eine seinem Alter, seinem Gesundheitszustand, seiner Vorbildung und seinem beruflichen Werdegang entsprechende und möglichst gut bezahlte Stelle zu finden.

Diesen Anforderungen wird das Verhalten des Antragsgegners nicht gerecht.

Der Antragsgegner hat weder schlüssig dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass er sich nach der Trennung der Eheleute in ausreichendem Maße um eine Arbeitsstelle bemüht hat.

Soweit sich der Antragsgegner darauf beruft, aufgrund seiner fehlenden Ausbildung und seiner mangelnden Sprachkenntnisse nicht vermittelbar zu sein kann dem - jedenfalls für die Zeit ab Mai 2010 - nicht gefolgt werden.

Der Antragsteller ist erst 34 Jahre alt. Gesundheitliche Einschränkungen seiner Erwerbsfähigkeit sind nicht vorgetragen. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass ein ausländischer Mitbürger mit fehlenden oder eingeschränkten deutschen Sprachkenntnissen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht vermittelbar ist, besteht nicht. Außerdem kann vom Antragsgegner erwartet werden, dass er sich in verstärktem Maße bei Arbeitgebern aus seinem Heimatland bewirbt, die bei der Einstellung in der Regel keine hohen Anforderungen an die deutschen Sprachkenntnisse voraussetzen (vgl. auch: OLG Hamm FamRZ 2002, 1427, 1428; OLG Schleswig FamRZ 1474, 1475). Darüber hinaus kann von ihm im Rahmen der ihn treffenden Erwerbsobliegenheit erwartet werden, dass er sich darum bemüht, ausreichende Kenntnisse in der deutschen Sprache zu erwerben, bzw. seine bestehenden Sprachkenntnisse zu verbessern (vgl. OLG Schleswig, a. a. O.). Dafür, dass und gegebenenfalls in welchem Umfang sich der bereits seit mehr als 11 Jahren in Deutschland lebende Antragsgegner darum bemüht hat, seine Sprachkenntnisse zu verbessern, hat er nichts vorgetragen.

Unter diesen Umständen und vor dem Hintergrund, dass der Antragsgegner keine einzige Bewerbung auf einen Arbeitsplatz dargelegt hat, kann von einer fehlenden Vermittelbarkeit des Antragsgegners auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht ausgegangen werden.

b) Dem Antragsteller ist deshalb ein fiktives Erwerbseinkommen in Höhe des tatsächlich erzielbaren Einkommens zuzurechnen, da jedenfalls nicht auszuschließen ist, dass für ihn eine reale Beschäftigungschance auf dem Arbeitsmarkt besteht, er mithin bei hinreichenden Bemühungen eine seinen Verhältnissen entsprechende Arbeit gefunden hätte.

Der Senat geht davon aus, dass der Antragsgegner derzeit bei ausreichenden Bewerbungsbemühungen unter Berücksichtigung seines Alters einerseits und seiner fehlenden Berufsausbildung andererseits einen Bruttostundenlohn von 9,88 Euro erzielen könnte. Das entspricht dem tariflichen Mindestlohn für Hilfsarbeiter im Abbruch- und Abwrackgewerbe (vgl. www.tarifregister.nrw.de).

Die Zurechnung eines geringeren Stundenlohns wird den vorliegenden Umständen - zur Überzeugung des Senats - nicht gerecht. Der Antragsgegner hat zwar in der Zeit des Zusammenlebens mit der Klägerin lediglich Arbeiten bei Zeitarbeitsfirmen durchgeführt und dabei nicht mehr als 6,70 € brutto pro Stunde erzielt. Derartige Tätigkeiten werden erfahrungsgemäß untertariflich entlohnt. Die bisherige Tätigkeit des Antragsgegners im Rahmen von Zeitarbeitsverträgen ist jedoch kein hinreichendes Indiz dafür, dass es ihm bei ausreichenden Bewerbungsbemühungen im Anschluss an die ihm obliegenden Bemühungen zur Verbesserung seiner Sprachkenntnisse nicht gelingen kann, eine besser bezahlte Arbeitsstelle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, die die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsgegner auch bei Erfüllung seiner Erwerbs- und Ausbildungsobliegenheit nicht in der Lage ist, eine Festanstellung - außerhalb eines Zeitarbeitsverhältnisses - auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erhalten. Solche Umstände hat der Antragsgegner nicht vorgetragen. Insbesondere die lange Arbeitslosigkeit des Antragsgegners steht einer Festanstellung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht entgegen. Die Dauer der Arbeitslosigkeit wirkt sich in der Regel dann nachteilig auf eine Neuanstellung aus, wenn es sich um qualifizierte Tätigkeiten handelt, die eine kontinuierliche Weiterbildung oder ein besonderes Maß an Berufserfahrung voraussetzen. Die dem Antragsgegner offenstehenden Tätigkeitsbereiche beziehen sich ausschließlich auf Arbeiten im ungelernten Bereich, für die weder eine Weiterbildung noch ein besonderes Maß an Berufserfahrung vorausgesetzt wird. Unter diesen Umständen stellt alleine die Dauer der Arbeitslosigkeit keinen maßgeblichen Gesichtspunkt für die Höhe des vom Antragsgegner erzielbaren Einkommens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt dar.

Bei einem erzielbaren Stundenlohn von 9,88 € brutto und einer (vollschichtigen) Arbeitszeit von durchschnittlich rund 174 Arbeitsstunden im Monat betrüge das Nettoeinkommen des Antragsgegners unter Berücksichtigung der Steuerklasse 1 und des entsprechenden Kinderfreibetrages monatlich 1.207,32 €. Sein fiktives Einkommen stellt sich wie folgt dar:

Bruttoeinkommen (fiktiv) 1.718,13 €
Lohnsteuer - 158,08 €
Solidaritätszuschlag - 0,95 €
Krankenversicherung - 135,73 €
Pflegeversicherung - 21,05 €
Rentenversicherung - 170,95 €
Arbeitslosenversicherung - 24,05 €
Nettoeinkommen (fiktiv) 1.207,32 €

Nach Abzug der - vom Senat üblicherweise in Ansatz gebrachten - fiktiven berufsbedingten Aufwendungen in Höhe von rund 60 € (5% pauschal) verblieben dem Antragsgegner bereinigt 1.147,32 € netto.

Soweit das Familiengericht weitere Abzüge, insbesondere für Schuldverbindlichkeiten aus dem Erwerb von Möbeln nach Trennung der Eheleute und aus der Mietkaution nicht berücksichtigt hat, wird dies vom Antragsgegner mit seiner Beschwerde nicht beanstandet. Darüber hinaus fehlt es an einem substantiierten Sachvortrag seinerseits zur Notwendigkeit der Schuldeingehung beim Möbelkauf und zur Höhe der auf die Mietkaution gezahlten Raten. Ohne entsprechenden Sachvortrag kann die für die Beurteilung der Berücksichtigungsfähigkeit von Schulden erforderliche Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Kindes auf Sicherstellung seines Mindestbedarfs und den Belangen des Antragsgegners nicht erfolgen.

Nach Abzug des dem Antragsgegner zu belassenden notwendigen Selbstbehalts für Erwerbstätige von derzeit 900 € verblieben ihm bei ausreichenden Erwerbsbemühungen von seinem bereinigten fiktiven Nettoeinkommen von 1.147,32 € gerundet 247 € monatlich. Damit wäre er in der Lage, den begehrten - unter den derzeitigen Mindestbeträgen liegenden - Kindesunterhalt für den gemeinsamen Sohn P zu zahlen. Er ist daher für die Zeit der Zurechnung fiktiver Einkünfte als leistungsfähig anzusehen. Auf die Frage der Zurechnung fiktiver Einkünfte aus einer Nebentätigkeit kommt es insoweit nicht an.

c) Dem Antragsgegner ist jedoch eine Bewerbungsfrist zuzubilligen, um eine Erwerbstätigkeit zu erlangen, die es ihm ermöglicht, seiner Unterhaltsverpflichtung, die vor der Trennung im Familienverbund einvernehmlich anders ausgestaltet war, nachzukommen. Denn die Zurechnung eines erzielbaren Einkommens knüpft an der persönlichen Verantwortung des Unterhaltspflichtigen an und scheidet aus, soweit reale Beschäftigungschancen nicht bestehen (vgl. dazu: Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rz. 724 ff.). Bei der Bemessung der Länge der Bewerbungsfrist hat der Senat auch berücksichtigt, dass dem Antragsgegner Gelegenheit gegeben werden muss, sich ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache anzueignen, bzw. seine bisherigen Sprachkenntnisse durch Inanspruchnahme geeigneter Sprachkurse zu verbessern. Insgesamt hält der Senat einen Zeitraum von 9 Monaten ab dem Zeitpunkt der Trennung der Eheleute im Juli 2009 für angemessen, aber auch für ausreichend, um den dargestellten Besonderheiten in der Person des Antragsgegners, die dem kurzfristigen Erhalt einer angemessenen Arbeitsstelle entgegenstehen, Rechnung zu tragen. Die Zurechnung fiktiven Einkommens zu seinen Lasten kommt daher erst ab Mai 2010 in Betracht.

3) Für die Zeit von Mai 2010 bis einschließlich September 2010 hat der Senat berücksichtigt, dass der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Marl vom 3.12.2009 und die darin titulierte Zahlungsverpflichtung des Antragsgegners in Höhe von 100 € monatlich von der Antragstellerin nicht angefochten worden ist. Soweit der Antragsgegner in dem oben genannten Zeitraum mehr als 100 € Kindesunterhalt monatlich schuldet, greift das Verschlechterungsverbot ein (§§ 117 II 1 FamFG, 528, S. 2 ZPO), wonach das erstinstanzliche Urteil nicht zulasten des Beschwerdeführers abgeändert werden darf. ..."(OLG Hamm, Beschluss vom 27.05.2010 - II-2 UF 8/10)

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Ein 40-jähriger gelernter Tischler, der aus selbständiger Tätogkeit (Hausmeisterservice) nicht den Mindestunterhalt für die Kinder aus seiner geschiedenen Ehe erwirtschaften kann, ist gehalten, sich nachhaltig um eine besser bezahlte Tätigkeit zu bemühen, oder aber unter Beibehaltung seiner derzeit ausgeübten die „Unterdeckung" aus dieser Tätigkeit durch eine Nebentätigkeit auf Mini-Job-Basis auszugleichen. Diese Bemühungen sind im Radius von jedenfalls 100 km um seinen jetzigen Wohnort in der Nähe der Kinder zumutbar, weil den 12- bzw. 14-jährigen Kindern zumutbar ist, zu den Umgangskontakten in diesem Bereich selber anzureisen (OLG Schleswig, Beschluss vom 12.05.2010 - 10 UF 243/09, NJW-RR 2011, 7).

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Von einem vollschichtig erwerbstätigen Unterhaltsschuldner, der einem minderjährigen Kind barunterhaltspflichtig ist, kann die Aufnahme einer Nebentätigkeit nicht erwartet werden, wenn er mit zwei volljährigen Kindern alleine lebt, die seiner Unterstützung bedürfen (OLG Bremen, Beschluss vom 02.11.2009 4 WF 108/09):

„... 1. Das Amtsgericht hat dem Beklagten wegen unzureichender Erwerbsbemühungen zu Recht ein fiktives Einkommen aus einer Vollzeittätigkeit zugerechnet, was der Beklagte mit seiner Beschwerde ersichtlich auch nicht angreift. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht das erzielbare Einkommen aus einer Vollzeittätigkeit auf der Basis eines Stundensatzes von 8,15 € ermittelt hat. Obgleich der Beklagte über keine in Deutschland anerkannte abgeschlossene Berufsausbildung verfügt und die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrscht, greifen die von ihm geltend gemachten fehlenden Beschäftigungschancen zu dem vom Amtsgericht in Ansatz gebrachten Stundenlohn nicht durch. Dabei verkennt der Senat nicht, dass eine nicht unbeträchtliche Zahl ungelernter Arbeitskräfte weniger als 8,15 €, zum Teil auch nur 7,00 € brutto die Stunde oder gar noch weniger verdienen unabhängig davon, ob sie Sprachprobleme haben, vor ihrer Anstellung über einen langen Zeitraum beschäftigungslos waren oder - wie der Beklagte - schwarzafrikanischer Herkunft sind. Der Senat hat im Rahmen von Unterhaltsverfahren - auch aus jüngster Vergangenheit - aber wiederholt mit Unterhaltsschuldnern zu tun gehabt, die trotz ungünstiger Voraussetzungen als Produktionshelfer, Hafenarbeiter, Gebäudereiniger usw. einen Stundenlohn von 8,15 € und mehr verdient haben. Die Chance eine Arbeitsstelle mit einem entsprechenden Einkommen zu finden, ist daher nicht nur theoretischer Art, was im Übrigen schon der Umstand zeigt, dass es dem Beklagten in der Vergangenheit gelungen war, eine Anstellung als Reinigungskraft mit einem Stundenlohn von 8,15 € zu finden. Auch wenn eine sichere Einschätzung des erzielbaren Einkommens durch den Beklagten nicht möglich ist, gehen etwaige Zweifel hinsichtlich einer fehlenden realen Beschäftigungschance zu dem vom Amtsgericht in Ansatz gebrachten Stundenlohn zulasten des Beklagten (vgl. BGH, FamRZ 2008, 2104, 2106; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1 Rdnr. 529), der für seine fehlende bzw. unzureichende Leistungsfähigkeit die Beweislast trägt. Solange der Beklagte nicht nachweist, dass er trotz nachhaltiger und intensiver Erwerbsbemühungen keine Tätigkeit gefunden hat, die mit einem geringeren Stundenlohn als 8,15 € vergütet wird, muss er sich den vom Amtsgericht in Ansatz gebrachten Stundenlohn für eine Vollzeittätigkeit fiktiv zurechnen lassen. Bei einem Bruttostundenlohn von 8,15 € und einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden beträgt das vom Beklagten zu erzielende Bruttoeinkommen (8,15 € x 40 Std. x 4,33 Wochen =) 1.411,58 €, was einem Nettoeinkommen von ca. 1.026 € entspricht (s. Anlage). Nach Abzug der vom Amtsgericht in Ansatz gebrachten Fahrtkosten von 50 € verbleiben 976 €, die sich der Beklagte fiktiv zurechnen lassen muss.

2. Ein zusätzliches Einkommen aus einer Nebentätigkeit muss sich der Beklagte entgegen der Annahme des Amtsgerichts allerdings nicht fiktiv zurechnen lassen. Denn die Obliegenheit zur Aufnahme einer Nebentätigkeit kann nur angenommen werden, wenn und soweit die Aufnahme einer weiteren Erwerbstätigkeit dem Unterhaltspflichtigen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zumutbar ist und ihn nicht unverhältnismäßig belastet (BVerfG, FamRZ 2003, 661 f.; s. auch BGH, FamRZ 2009, 314, 316 und FamRZ 2009, 872, 874). Dies ist hier aufgrund der besonderen Lebenssituation des Beklagten nicht der Fall. Der Beklagte ist allein erziehender Vater. In seinem Haushalt leben seine Tochter T. und sein Sohn U., der noch das Gymnasium besucht. Auch wenn beide Kinder bereits volljährig sind, bedürfen sie der Unterstützung durch den Vater. Dies gilt insbesondere für die Tochter T., die an Epilepsie leidet. Wegen ihres Anfallleidens musste sich T. ausweislich der vorgelegten Bescheinigungen (Bl. 105 ff.) allein in diesem Jahr schon 3 mal in stationäre Behandlung begeben. Dass die Erkrankung nicht nur für die Tochter, sondern auch für den Beklagten eine erhebliche Belastung darstellt, steht außer Frage. Hinzu kommt, dass der Beklagte für seine Kinder der alleinige Ansprechpartner ist, wenn es um für sie wichtige Dinge geht. Die Mutter lebt in A.; Verwandte, die den Beklagten entlasten und seine Kinder unterstützten könnten, gibt es in H. nicht. Von dem Beklagten kann daher nicht verlangt werden, dass er an den Wochenenden noch einer Nebentätigkeit nachgeht.

3. Der Beklagte ist somit unter Berücksichtigung des notwendigen Selbstbehalts von 900 € lediglich in Höhe von 76 € leistungsfähig. Dieser Betrag ist im Rahmen der Mangelverteilung auf den Kläger und den (privilegiert) volljährigen Sohn U. zu verteilen.

Der Bedarf des am [...] 2006 geborenen Klägers beträgt nach der Düsseldorfer Tabelle 199 € und der des Sohnes U. 268 €, so dass sich der Gesamtbedarf auf 467 € beläuft. Der monatliche Unterhaltsanspruch des Klägers ist somit auf 32 € (= 199 € x 76 € : 476 € = 31,77 €) zu reduzieren. Diesen Betrag hat der Beklagte beginnend ab dem 01.01.2009 zu zahlen. Die auf den Magistrat der Stadt [...] übergegangenen Unterhaltsansprüche wurden auf den Kläger ausweislich der eingereichten Vereinbarung vom 02.03.09 (Bl. 95) rückübertragen, so dass der Kläger uneingeschränkt aktiv legitimiert ist.

4. Soweit sich der Beklagte mit der Beschwerde gegen die Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu den Bedingungen eines Bremer Rechtsanwalts richtet, hat sein Rechtsmittel ebenfalls nur teilweise Erfolg, da eine unbeschränkte Beiordnung des Prozessbevollmächtigten nicht erfolgen kann.

Nach § 121 Abs. 3 ZPO kann ein nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt grundsätzlich nur dann bei geordnet werden, wenn durch die Ortsverschiedenheit keine zusätzlichen Kosten entstehen. Eine weitergehende Beiordnung muss allerdings dann erfolgen, wenn wegen besonderer Umstände die Voraussetzungen für die Beiordnung eines weiteren Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen (vgl. BGH, FamRZ 2004, 1362). In diesem Fall ist der auswärtige Rechtsanwalt mit der Maßgabe beizuordnen, dass Reisekosten nur bis zur Höhe der Kosten abgerechnet werden können, die durch die Einschaltung eines Korrespondenzanwalts entstünden.

Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Verkehrsanwalts gem. § 121 Abs. 4 ZPO vor. Das Unterhaltsverfahren dürfte aufgrund der für einen Laien nur schwer verständlichen unterhaltsrechtlichen Regelungen mehrere Beratungsgespräche des Beklagten mit seinem Prozessbevollmächtigen erforderlich machen. Dem Beklagten kann daher nicht zugemutet werden, die für das Verfahren notwendigen Informationen mit einem am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt auszutauschen, zumal er auch die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrscht.

Da durch die Beiordnung des am Wohnort des Beklagten ansässigen Prozessbevollmächtigten als Hauptbevollmächtigten die Kosten einer ansonsten gebotenen zusätzlichen Beiordnung eines Verkehrsanwalts erspart werden, sind die dem Prozessbevollmächtigten entstehenden Reiskosten bis zur Höhe dieser ersparten Aufwendungen zu erstatten. Die Beiordnung war daher entsprechend der Beschlussformel zu beschränken. ..."

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Auch derjenige, der seine gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber seinen minderjährigen Kindern verletzt und sich deswegen fiktives Einkommen zurechnen lassen muss, kann nicht einfach zur Zahlung des Mindestunterhalts verurteilt werden. Man kann ihm nur so viel fiktives Einkommen zurechnen, wie er wirklich erzielen könnte. Ungelernte Hilfsarbeiter, die von Zeitarbeitsfirmen beschäftigt werden, können in Sachsen nicht mehr als 1.000 € netto verdienen (OLG Dresden, Beschluss vom 21.10.2009 - 24 UF 342/09):

„... Die Klägerinnen sind die neun- und zwölfjährigen Töchter des Beklagten. Die Eltern der Klägerinnen sind geschieden, die Kinder leben bei der Mutter. Mit der vorliegenden Klage machen die Klägerinnen den Mindestkindesunterhalt geltend. Der Beklagte beruft sich darauf, dass er mangels Einkommens nicht leistungsfähig sei.

Das Familiengericht hat dem Beklagten ein fiktives Einkommen in Höhe von 1.000,00 EUR monatlich zugerechnet und ihn zur Zahlung von 50,00 EUR monatlich für jede seiner Töchter verurteilt. Gegen diese Entscheidung wenden sich die Klägerinnen mit der Berufung. Sie meinen, bei gehöriger Anstrengung müsse es dem Beklagten möglich sein, ein Einkommen zu erzielen, welches die Zahlung des Mindestunterhalts ermögliche.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat sieht nicht, dass es dem Beklagten möglich sein wird oder in der streitigen Zeit seit dem 10.09.2007 möglich gewesen wäre, ein Einkommen zu erzielen, dass die Zahlung von mehr als den durch das Amtsgericht titulierten 50,00 EUR für jede Tochter ermöglicht.

Das Familiengericht hat nach ausführlicher Erörterung der Angelegenheit mit den Parteien eine schriftliche Anfrage an die ARGE für Beschäftigung A. Stadt gerichtet. Aus deren Schreiben vom 22.10.2008 ergibt sich, dass der Beklagte seit nunmehr 4 1/2 Jahren als arbeitsuchend gemeldet ist und dass ihm seit 2006 insgesamt 29 Vermittlungsvorschläge unterbreitet wurden. Die dem Beklagten vorgeschlagenen Tätigkeiten waren im Helferbereich (Lager, Produktion, Metall), im Verkauf und im Callcenterbereich. Nach Einschätzung der zuständigen ARGE A. Stadt ist Hintergrund der erfolgslosen Vermittlung neben teilweise fehlender Eignung die lange Arbeitslosigkeit und der fehlende Führerschein.

Das Familiengericht hat sich im Ergebnis davon überzeugt, dass der Beklagte angesichts der Gesamtumstände nicht in der Lage sein wird, mehr als 1.000,00 EUR netto monatlich an Einkommen erzielen zu können. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an.

Der Beklagte ist als Vater zweier minderjähriger Töchter verpflichtet, jede ihm zumutbare Anstrengung zu unternehmen, um seinen Kindern den Mindestunterhalt zahlen zu können. Dass der Beklagte diese ihm zumutbaren Anstrengungen nicht übernommen hat, bedarf keiner weiteren Erwähnung. Ob und inwieweit er sich tatsächlich beworben hat, bleibt im Dunkeln. Voraussetzung für eine Verurteilung zur Zahlung von 100% des Kindesunterhalts ist jedoch weiterhin die Überzeugung, dass es dem Unterhaltspflichtigen möglich wäre, bei Einsatz aller seiner Fähigkeiten ein ausreichendes Einkommen zu erzielen, um den Unterhalt zu zahlen. Das vom Beklagten erzielbare Einkommen hat das Familiengericht zutreffend mit 1.000,00 EUR angenommen.

Der Beklagte ist seit Jahren arbeitslos. Er ist gelernter Feinmechaniker, war allerdings in diesem Beruf letztmalig vor 25 Jahren tätig. Nachfolgend war er als Lagerarbeiter tätig und als Ungelernter im Werkzeugbau und in der Katalysatorenproduktion. In der Folge versuchte er u. a. eine selbstständige Tätigkeit, die ihm aber gleichfalls keine dauerhaften Einkünfte bescherte. Mit diesem Hintergrund ist mit dem Familiengericht - letztlich sehen dies wohl auch die Klägerinnen so - dem Beklagten ein fiktives Einkommen nur aus ungelernter Helfertätigkeit zurechenbar. In diesem Bereich allerdings kann er mehr als 1.000,00 EUR monatlich netto kaum erzielen.

Die Vielzahl der von den Klägerinnen vorgelegten Stellenangebote widerspricht dem nicht. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Angebote von Zeitarbeitsfirmen. Aus dem als Anlage K 2 vorgelegten Tarifvertrag Zeitarbeit zwischen dem Bundesverband für Zeitarbeit und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB ergibt sich für Helfertätigkeiten (Entgeltgruppen 1 oder 2) ein Stundensatz von unter 8,00 EUR. Der AMP-Tarifvertrag, auf den einige Angebote verweisen, sieht für Helfer der Entgeltgruppen 1 (West) einen Stundenlohn von 7,35 EUR brutto, monatlich 1.114,77 EUR brutto, vor. Davon ist die Zahlung von Kindesunterhalt nicht möglich. Der Beklagte benötigte einen Stundenlohn von brutto mindestens 9,00 EUR, um auf ein Nettoeinkommen von knapp 1.000,00 EUR zu kommen. Dann könnte er den vom Familiengericht tenorierten Unterhalt von 50,00 EUR monatlich für jedes Kind zahlen. Bereits dieses Einkommen ist nach den vorgelegten Stellenangeboten schwer zu erzielen. Dass der Beklagte tatsächlich mehr verdienen könnte, ergibt sich aus den von den Klägerinnen vorgelegten Angeboten nicht, zumal die besser dotierten Stellen regelmäßig auch eine Fahrerlaubnis voraussetzen, über die der Beklagte nicht verfügt.

Angesichts dieser Gesamtumstände ist die Zurechnung eines fiktiven Einkommens von bereinigt mehr als 1.000,00 EUR netto monatlich nicht möglich. ..."

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Wer in Strafhaft einsitzt, kann sich grundsätzlich auf seine Leistungsunfähigkeit berufen (OLG Naumburg, Urteil vom 27.07.2009 - 4 UF 24/08, NJW-RR 2010, 366 f).

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Das Interesse des unterhaltspflichtigen Elternteils eine Aus- oder Weiterbildung aufzunehmen, hat grundsätzlich hinter dem Unterhaltsinteresse seiner Kinder zurückzutreten. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich der Unterhaltsschuldner in der Vergangenheit auf die Ausübung ungelernter Tätigkeiten beschränkt hat und kein Anlass besteht, eine Ausbildung zu beginnen, um die eigenen Arbeits- und Verdienstchancen zu verbessern (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 28.05.2009 - 9 WF 53/09):

„... I. Der Kläger ist der Vater der Beklagten. In einem vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Saarlouis in dem Verfahren 21 F 373/07 UK am 12. Dezember 2007 abgeschlossenen Vergleich hatte sich der Kläger verpflichtet, an die Beklagten einen Kindesunterhalt in Höhe von jeweils 230 EUR monatlich zu entrichten.

Der Kläger begehrt mit der im Februar 2009 eingegangenen Klage eine Abänderung dieses Vergleichs dahingehend, keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen. Zur Begründung verweist er darauf, seit dem 19. Dezember 2008 in Folge der seitens seiner Arbeitgeberin unter dem 28. Oktober 2008 ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung (Bl. 3, 17, 31 d.A.) arbeitslos zu sein, in Folge Arbeitsunfähigkeit wegen Erkrankung in der Zeit vom 19. bis 31. Dezember 2008 keine Ansprüche auf Leistungen seitens der Bundesanstalt für Arbeit gehabt und von der Krankenkasse bisher nicht erhalten zu haben, sich am 2. Februar 2009 erneut arbeitslos gemeldet zu haben und gegenwärtig im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau Leistungen nach SGB II in Höhe vom monatlich 286,02 EUR zuzüglich anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 154,00 EUR zu beziehen (Bl. 1 ff, 16 ff, 27 ff d.A.).

Er hat mit anwaltlichem Schriftsatz vom 5. März 2009 beantragt, ihm Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren zu bewilligen (Bl. 41 d.A.).

Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 20. April 2009, auf den Bezug genommen wird (Bl. 46 d.A.), die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass unabhängig von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe mangels Erfolgssaussicht der Klage nicht zu bewilligen sei. Der Kläger könne sich nicht auf Leistungsunfähigkeit berufen, weil nicht dargetan sei, dass der Kläger, wozu er im Rahmen der gegenüber seinen minderjährigen Kindern bestehenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit verpflichtet sei, alles getan habe, entsprechend seinen Fähigkeiten und seinen Erwerbsmöglichkeiten Arbeit zu erlangen.

Gegen den ihm am 29. April 2009 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit am 11. Mai 2009 eingegangenem Schriftsatz das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt. Zur Begründung verweist er darauf, dass er in der Zeit vom 20. April 2009 bis 24. Juni 2009 gemäß Maßnahmevereinbarung vom 20./21. April 2009 (Bl. 51 ff d.A.) eine Eignungsfeststellung als Berufskraftfahrer absolviere, die neben der vertraglich vorgesehenen Unterrichtszeit, die für den theoretischen Unterricht täglich 8 Stunden betrage, eine Nachbearbeitungszeit durch Fertigung von Hausaufgaben erfordere, was einen täglichen Zeitaufwand von 12 bis 13 Stunden bedinge. Die sich hieran anschließende praktische Ausbildung - die Ausbildung zum Berufskraftfahrer betrage 26 Monate - sei ebenfalls von einem 8-stündigen Unterricht nebst Nachbearbeitung geprägt, so dass auch insoweit eine tägliche Inanspruchnahme von 12 bis 13 Stunden anfalle. Von daher könne ihm auch eine Nebentätigkeit nicht angesonnen werden, zumal er verpflichtet sei, die gesetzlichen Ruhezeiten einzuhalten. (Bl. 49 ff d.A.).

Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen unter Hinweis darauf, dass der Kläger wegen der gegenüber seinen minderjährigen Kindern bestehenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit nicht berechtigt sei, eine 26 Monate dauernde Ausbildung zu beginnen, er vielmehr gehalten gewesen sei, sich um eine geeignete Arbeitsstelle zu bemühen; dass er hierfür alles ihm mögliche unternommen habe, habe er nicht vorgetragen. Es hat die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 54 d.A.).

II. Das als gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen als zulässige sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel des Klägers hat keinen Erfolg.

Gemäß § 114 ZPO kann einer Partei Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist, wie das Familiengericht zu Recht festgestellt hat, nicht der Fall.

1. Zu Recht ist das Familiengericht davon ausgegangen, dass der Kläger sich zur Begründung seines Abänderungsbegehrens nicht auf Leistungsunfähigkeit berufen kann.

Die Abänderbarkeit erfolgt beim Vergleich nach den Grundsätzen des Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage unter Berücksichtigung des Vertrauensschutzes der Beteiligten. Eine Anpassung an veränderte Umstände ist gerechtfertigt, wenn es einem Beteiligten nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann, an der bisherigen Regelung festgehalten zu werden.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Dem Kläger ist ein fiktives Einkommen aus Erwerbstätigkeit in einer den Unterhaltsbedarf seiner zwei minderjährigen Kinder deckenden Höhe gemäß der Vereinbarung in dem Vergleich anzurechnen (§ 1603 Abs. 2 BGB).

Die für einen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten wird nicht allein durch das tatsächlich vorhandene Einkommen des Unterhaltsschuldners, sondern vielmehr auch durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, seine Arbeitsfähigkeit in bestmöglicher Weise einzusetzen und eine mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben (BGH, FamRZ 2003, 1471). Gegenüber minderjährigen Kindern erfährt diese Verpflichtung aufgrund der Vorschrift des § 1603 Abs. 2 BGB eine Verschärfung dahin, dass den Unterhaltspflichtigen eine noch erheblich gesteigerte Verpflichtung zur Ausnutzung seiner Arbeitskraft trifft (zuletzt BVerfG, FamRZ 2007, 273). Dies gilt insbesondere, wenn die aus einer tatsächlichen Erwerbstätigkeit erzielten Einkünfte nicht ausreichen, den geschuldeten Unterhalt zu leisten. Deshalb muss sich der Unterhaltspflichtige, insbesondere wenn er teilschichtig arbeitet, eine weitere Beschäftigung suchen, um zusätzliche Mittel für den Kindesunterhalt zu erwirtschaften. Hierbei hat er alle Erwerbsobliegenheiten auszuschöpfen und muss auch einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf nehmen. Die Elternverantwortung erfordert, für die Ausübung einer Nebentätigkeit auch Zeiten in Betracht zu ziehen, die üblicherweise dem Freizeitbereich zuzuordnen sind, sowie jede Art von Tätigkeit anzunehmen (BGH, aaO). Für seine die Sicherung des Regelbetrages betreffende Leistungsfähigkeit ist der Unterhaltsverpflichtete in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet. Legt der Unterhaltsverpflichtete nicht dar, dieser Obliegenheit, die ihre Grenze allein in der Unmöglichkeit findet, vollständig gerecht geworden zu sein, muss er sich so behandeln lassen, als ob er über ein solches Einkommen verfügt (vgl. hierzu auch OLG Brandenburg, ZFE 2008, 231, m.w.N.; Senat, Beschl. v. 17. Oktober 2008, 9 WF 89/08).

Dies gilt auch im Fall der Arbeitslosigkeit. Auch in diesem Fall ist dem Unterhaltspflichtigen ein fiktives Einkommen zuzurechnen, wenn ihm ein verantwortungsloses, mindestens leichtfertiges unterhaltsbezogenes Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Bei eigener Arbeitslosigkeit hat sich der Pflichtige durch intensive Suche um eine Erwerbsstelle zu bemühen. Dazu gehört nicht nur die Stellensuche über das Arbeitsamt, sondern auch, dass er sich aus eigenem Antrieb laufend über Zeitungsannoncen, Vermittlungsagenturen und ähnliches um Arbeit bemüht. "Blindbewerbungen", also solche, die abgegeben werden ohne Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Arbeitskraft sucht, genügen nicht. Bei Arbeitsstellen mit geringeren Einkommen ist entweder eine neue Arbeitstelle oder eine weitere Beschäftigung zu suchen, um zusätzliche Mittel zu erlangen, etwa zusätzliche Gelegenheits- und Aushilfstätigkeiten. Hierbei sind Arbeitszeiten im Rahmen eines üblichen vollschichtigen Wochenpensums durchaus zumutbar. Die beruflichen Dispositionsmöglichkeiten treten dabei weitgehend hinter der Elternverantwortung zurück, weshalb sich die Bemühungen um die (Wieder-) Erlangung einer Arbeit nicht auf den Bereich des erlernten Berufes oder der zuletzt ausgeübten Tätigkeit beschränken dürfen. Vielmehr ist es dem Unterhaltspflichtigen grundsätzlich anzusinnen, sich jedenfalls nach einiger Zeit um jede Art von Tätigkeit, auch eine solche unterhalb des Ausbildungsniveaus, zu bemühen und auch Arbeiten für ungelernte Kräfte, Arbeiten zu ungünstigen Zeiten oder zu wenig attraktiven Arbeitsbedingungen anzunehmen. Hierbei ist für die Suche nach Arbeit selbst die Zeit aufzuwenden, die erforderlich ist, alle der nach Vorgesagtem in Betracht kommenden Stellen zu erfassen, sich darauf zu bewerben und Vorstellungsgespräche wahrzunehmen. Dies wird bei Arbeitslosen in aller Regel dem Zeitaufwand eines vollschichtig Erwerbstätigen entsprechen (Saarländisches Oberlandesgericht, Beschl v. 13. Februar 2008, 2 UF 28/07, m.z.w.N.; Senat, Beschl.v. 17. Oktober 2008, 9 WF 89/08, m.z.w.N., Beschl.v. 5. November 2008, 9 WF 77/08, m.w.N., Beschl. v. 21. Oktober 2008, 9 UFH 71/08).

Dass er sich nach Maßgabe dessen intensiv und ernsthaft um eine zumutbare Arbeitstelle bemüht und sich bietende Erwerbsmöglichkeiten ausgenutzt hat, hat der darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht - wozu er verpflichtet ist- nachprüfbar dargelegt. Er hat nicht einmal ansatzweise zu Art und Umfang von Erwerbsbemühungen vorgetragen.

Von daher muss sich der Kläger fiktives Einkommen aus der Ausübung einer seiner Ausbildung bzw. seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechenden Berufstätigkeit zurechnen lassen, die den Unterhaltsbedarf seiner zwei minderjährigen Kinder deckt.

2. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf stützen, eine 26 Monate dauernde Ausbildung zum Berufskraftfahrer aufgenommen zu haben.

Ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger eine über den Zeitraum 20. April 2009 bis 24. Juni 2009 hinausgehende Ausbildungszeit nicht belegt hat, vermag die nunmehr aufgenommene Berufsausbildung eine Leistungsunfähigkeit des Klägers nicht zu begründen.

Das Interesse eines unterhaltspflichtigen Elternteils, unter Zurückstellung bestehender Erwerbsmöglichkeiten eine Aus- oder Weiterbildung aufzunehmen, hat grundsätzlich hinter dem Unterhaltsinteresse seiner Kinder zurückzutreten. Das gilt vor allem dann, wenn der Unterhaltspflichtige bereits über eine Berufsausbildung verfügt und ihm die Erwerbsmöglichkeiten in dem erlernten Beruf - wenn auch möglicherweise nach einem zumutbaren Ortswechsel - eine ausreichende Lebensgrundlage bieten (BGH, FamRZ 1994, 372; OLG Jena, OLGR Jena 2005, 584). Dass es sich bei den jetzt begonnen Ausbildungsmaßnahmen um solche handelt, die dazu dienen, erstmals einen Berufsabschluss zu erlangen, hat der Kläger nicht vorgetragen. Von daher kann er sich gegenüber dem Unterhaltsanspruch seiner minderjährigen Kinder nicht auf fehlende Leistungsfähigkeit in Folge Berufsausbildung berufen.

Aber auch wenn es sich bei den Maßnahmen um solche handelt, die dazu dienen, erstmals eine abgeschlossene Berufsausbildung zu erlangen, rechtfertigt sich keine andere Beurteilung. Zwar gehört die Erlangung einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf zum eigenen Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen, und einer solchen Erstausbildung ist unter Umständen Vorrang auch gegenüber der Obliegenheit zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung des Kindesunterhalts einzuräumen (BGH, aaO; OLG Jena, aaO).

Hat sich der Unterhaltsschuldner in der Vergangenheit jedoch auf die Ausübung von ungelernten Tätigkeiten beschränkt, muss ein Anlass bestehen, eine Ausbildung zu beginnen, um die eigene Arbeits- und Verdienstchancen zu verbessern. Ist dies nicht der Fall, ist zu prüfen, ob es dem Unterhaltspflichtigen zuzumuten ist, die nunmehr angestrebte Ausbildung zu verschieben und ihre Aufnahme solange zurückzustellen, bis die Kinder nicht mehr unterhaltsbedürftig sind oder mit einem etwaigen reduzierten Unterhalt, den der Unterhaltspflichtige auch während der Ausbildung zu leisten vermag, ihr Auskommen finden (BGH, aaO; KG, KGR Berlin 2004, 408).

Nach den hier vorliegenden Gegebenheiten ist es dem Kläger - sollte er nicht über eine abgeschlossene Berufsausübung verfügen - zuzumuten, seine Ausbildung zurückzustellen und weiterhin die von ihm bisher ausgeübten Beschäftigungen auszuüben. Dafür, dass mit einer Ausbildung zum Berufskraftfahrer eine Verbesserung seiner Arbeits- und Verdienstchancen einhergeht, kann im Hinblick darauf, dass der Kläger auch in seinem letzten Beschäftigungsverhältnis offensichtlich als Kraftfahrer tätig war, ohne dass er Veranlassung gesehen hat, zu einem früheren Zeitpunkt eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer zu absolvieren, nicht angenommen werden. Hierzu hat der Kläger auch nichts vorgetragen (vgl. auch OLG Jena, OLGR Jena 2004, 164).

In diesem Zusammenhang kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass trotz hinreichender Bemühungen für den Kläger keine reale Beschäftigungschance auf dem Arbeitsmarkt bestanden haben.

Ob der Arbeitssuchende bei ausreichenden Bemühungen eine bezahlte Anstellung gefunden hätte, hängt von den objektiven Verhältnissen des Arbeitsmarktes und seinen subjektiven Eigenschaften ab. Hindernisse können fehlende berufliche Qualifikation, Sprachschwierigkeiten, Alter, Geschlecht, Krankheit sein; maßgebend sind stets die Umstände des Einzelfalls. Es gibt keine Erfahrungssätze, dass etwa ungelernte Kräfte bei schlechter Arbeitsmarktlage oder Langzeitarbeitslose nicht vermittelbar sind (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rz. 716, m.w.N.). Es genügt, wenn nicht auszuschließen ist, dass bei genügenden Bemühungen eine reale Beschäftigungschance mit einem erzielbaren Einkommen bestanden hätte (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1993 = FamRZ 1994, 372, 374 = NJW 1994, 1002, 1003). Die Bewilligung einer Umschulung durch das Arbeitsamt ist kein Indiz für das Fehlen einer realen Beschäftigungschance in dem erlernten Beruf, sondern besagt nur, dass das Arbeitsamt zur Stellenvermittlung nicht in der Lage ist. Der Unterhaltsschuldner bleibt ungeachtet der Bewilligung verpflichtet, sich intensiv um eine Arbeitsstelle zu bemühen (Kalthoener/Büttner/Niepmann, aaO., Rz. 720, m.w.N.).

Nach Maßgabe dessen ist davon auszugehen, dass der Kläger auch im Anschluss an seine Kündigung bei Entfaltung der gebotenen Erwerbsbemühungen eine Beschäftigung als Kraftfahrer gefunden hätte.

3. Von daher kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg bietet, so dass Prozesskostenhilfe zu Recht nicht bewilligt worden ist und die sofortige Beschwerde keinen Erfolg hat. ..."

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Der Anrechnung fiktiver Einkünfte bei der Berechnung eines Anspruchs auf Kindesunterhalt steht § 1611 II BGB auch dann entgegen, wenn das minderjährige Kind eine vorangegangene Ausbildung abgebrochen hat und es sich um die Ersatzhaftung nach dem nichtehelichen Vater gem. §§ 1615l III, 1607 BGB handelt. Die Ersatzhaftung der Eltern der nichtehelichen Mutter erstreckt sich nach Maßgabe des § 1615l I BGB auf die Zeit von sechs Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt des Kindes, weil wegen der Beschäftigungsverbote nach §§ 3 II, 6 MuSchG die Berechtigte eine Erwerbstätigkeit nicht ausüben muss. Die Ersatzhaftung der Eltern der nichtehelichen Mutter ist in der Regel auf den Zeitraum begrenzt, in der nach § 1615l II BGB der nichteheliche Vater auf Unterhaltszahlungen in Anspruch genommen werden könnte. Die Frage, wie lang Eltern einer nichtehelichen Mutter auf eine Ersatzhaftung in Anspruch genommen werden können, ist nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung des in § 1602 BGB normierten Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit des volljährigen Kindes zu entscheiden. Dabei ist unter anderem darauf abzustellen, welchen Ausbildungsstand die Unterhaltsberechtigte hat, welche Kinderbetreuungsmöglichkeiten tatsächlich zur Verfügung stehen und welchen Beitrag der Vater des nichtehelichen Kindes zu dessen Betreuung leisten kann (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 04.06.2009 - 2 UF 328/08 zu BGB §§ 1602 II, 1607, 1611, 1615l I bis III).

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Der nach § 1603 II gesteigert unterhaltspflichtige Elternteil, der Leistungen nach dem SGB II bezieht und sich auf mangelnde Leistungsfähigkeit beruft, muss sich fiktive Einkünfte aus einer Nebenbeschäftigung unter Heranziehung von § 11 II Nr. 7 SGB II entgegenhalten lassen (OLG Schleswig, Beschluss vom 26.05.2009 - 12 WF 188/08, NJW-RR 2010, 221 f).

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Im Rahmen seiner gesteigerten Verpflichtung zur Ausnutzung seiner Arbeitskraft muss der Unterhaltspflichtige, insbesondere wenn er nur teilschichtig arbeitet, eine weitere Beschäftigung suchen, um zusätzliche Mittel für den Kindesunterhalt zu erwirtschaften. Legt der Unterhaltspflichtige nicht dar, seiner Obliegenheit vollständig gerecht geworden zu sein, muss er sich so behandeln lassen, als ob er über ein solches Einkommen verfügt (OLG Saarbrücken Beschluss vom 29.01.2009, 9 WF 115/08):

„... Das als gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen als zulässige sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel des Klägers, dem das Familiengericht nicht abgeholfen hat, hat teilweise Erfolg und führt zu einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe, soweit der Kläger eine Abänderung des Versäumnisurteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Saarlouis vom 29. August 2007, 22 F 270/07 UK, mit dem er verurteilt worden ist, für die Zeit ab dem 1. Juli 2007 monatlich Kindesunterhalt zu zahlen, dahingehend erstrebt, dass er ab dem 1. August 2008 je Kind monatlich geringeren als den titulierten Kindesunterhalt schuldet.

1. Das Familiengericht ist zunächst beanstandungsfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Abänderungsklage, soweit sie einen Zeitraum betrifft, der vor Klageerhebung liegt, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Nach § 323 Abs. 3 S. 1 ZPO darf, soweit eine Herabsetzung des monatlich zu zahlenden Unterhalts begehrt wird, das Urteil nur für die Zeit nach Erhebung der Klage, also ab Klagezustellung, abgeändert werden. Erfasst sie davor liegende Zeiträume, ist sie unzulässig (vgl. Wendl/ Staudigl/ Schmitz, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 10, Rz. 165 ff, m.w.N.; Baumbach/ Lauterbach/ Albers/ Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 323, Rz. 56 ff, m.w.N.). Hiergegen hat der Kläger mit der Beschwerde keine rechterheblichen Angriffe vorgebracht.

2. Ferner ist das Familiengericht für die Zeit bis 31. Juli 2008 zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger ein fiktives Einkommen aus Erwerbstätigkeit in einer den Unterhaltsbedarf seiner drei minderjährigen Kinder deckenden Höhe anzurechnen ist.

Der Kläger hat nicht hinreichend dargetan, dass er jedenfalls bis zu seiner Übernahme in ein vollschichtiges Arbeitsverhältnis bei der Fa. A. im August 2008 nicht leistungsfähig war.

Die für einen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten wird nicht allein durch das tatsächlich vorhandene Einkommen des Unterhaltsschuldners, sondern vielmehr auch durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, seine Arbeitsfähigkeit in bestmöglicher Weise einzusetzen und eine mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben (BGH, FamRZ 2003, 1471). Gegenüber minderjährigen Kindern erfährt diese Verpflichtung aufgrund der Vorschrift des § 1603 Abs. 2 BGB eine Verschärfung dahin, dass den Unterhaltspflichtigen eine noch erheblich gesteigerte Verpflichtung zur Ausnutzung seiner Arbeitskraft trifft (zuletzt BverfG, FamRZ 2007, 273). Dies gilt insbesondere, wenn die aus einer tatsächlichen Erwerbstätigkeit erzielten Einkünfte nicht ausreichen, den geschuldeten Unterhalt zu leisten. Deshalb muss sich der Unterhaltspflichtige, insbesondere wenn er teilschichtig arbeitet, eine weitere Beschäftigung suchen, um zusätzliche Mittel für den Kindesunterhalt zu erwirtschaften. Hierbei hat er alle Erwerbsobliegenheiten auszuschöpfen und muss auch einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf nehmen. Die Elternverantwortung erfordert, für die Ausübung einer Nebentätigkeit auch Zeiten in Betracht zu ziehen, die üblicherweise dem Freizeitbereich zuzuordnen sind, sowie jede Art von Tätigkeit anzunehmen (BGH, aaO). Für seine die Sicherung des Regelbetrages betreffende Leistungsfähigkeit ist der Unterhaltsverpflichtete in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet. Legt der Unterhaltsverpflichtete nicht dar, dieser Obliegenheit, die ihre Grenze allein in der Unmöglichkeit findet, vollständig gerecht geworden zu sein, muss er sich so behandeln lassen, als ob er über ein solches Einkommen verfügt (vgl. hierzu auch OLG Brandenburg, ZFE 2008, 231, m.w.N.; Senat, Beschl. v. 17. Oktober 2008, 9 WF 89/08).

Dies gilt auch im Fall der Arbeitslosigkeit. Auch in diesem Fall ist dem Unterhaltspflichtigen ein fiktives Einkommen zuzurechnen, wenn ihm ein verantwortungsloses, mindestens leichtfertiges unterhaltsbezogenes Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Bei eigener Arbeitslosigkeit hat sich der Pflichtige durch intensive Suche um eine Erwerbsstelle zu bemühen. Bei Arbeitsstellen mit geringeren Einkommen ist entweder eine neue Arbeitsstelle oder eine weitere Beschäftigung zu suchen, um zusätzliche Mittel zu erlangen, etwa zusätzliche Gelegenheits- und Aushilfstätigkeiten. Hierbei sind Arbeitszeiten im Rahmen eines üblichen vollschichtigen Wochenpensums durchaus zumutbar. Die beruflichen Dispositionsmöglichkeiten treten dabei weitgehend hinter der Elternverantwortung zurück, weshalb sich die Bemühungen um die (Wieder-) Erlangung einer Arbeit nicht auf den Bereich des erlernten Berufes oder der zuletzt ausgeübten Tätigkeit beschränken dürfen. Vielmehr ist es dem Unterhaltspflichtigen grundsätzlich anzusinnen, sich jedenfalls nach einiger Zeit um jede Art von Tätigkeit, auch eine solche unterhalb des Ausbildungsniveaus, zu bemühen und auch Arbeiten für ungelernte Kräfte, Arbeiten zu ungünstigen Zeiten oder zu wenig attraktiven Arbeitsbedingungen anzunehmen (Saarländisches Oberlandesgericht, Beschl v. 13. Februar 2008, 2 UF 28/07, m.z.w.N.; OLG Brandenburg, aaO, m.w.N.). Hierbei ist für die Suche nach Arbeit selbst die Zeit aufzuwenden, die erforderlich ist, alle der nach Vorgesagtem in Betracht kommenden Stellen zu erfassen, sich darauf zu bewerben und Vorstellungsgespräche wahrzunehmen. Dies wird bei Arbeitslosen in aller Regel dem Zeitaufwand eines vollschichtig Erwerbstätigen entsprechen (Saarländisches Oberlandesgericht, aaO, m.w.N.; Senat, Beschl. v. 21. Oktober 2008, 9 UFH 71/08).

Dass er sich nach Maßgabe dessen intensiv und ernsthaft um eine zumutbare Arbeitsstelle oder jedenfalls um eine Nebenbeschäftigung zwecks Aufstockung des Gehalts aus seiner Teilzeitbeschäftigung bei der Fa. p. - ausweislich des Arbeitsvertrages (Bl. 13 d.A.) erfolgte die Anstellung des Klägers ab dem 1. November 2007 auf ausdrücklichen Wunsch als Teilzeitbeschäftigung - bemüht und sich bietende Erwerbsmöglichkeiten ausgenutzt hat, hat der darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht - wozu er verpflichtet ist- nachprüfbar dargelegt.

Soweit es die Zeit seiner Arbeitslosigkeit betrifft, hat der Kläger nichts Näheres zu seinen einzelnen Erwerbsbemühungen während dieser Zeit vorgetragen, sondern lediglich eine - substantiierten Sachvortrag nicht entbehrlich machende - Liste (Bl. 28 d.A.) mit den von ihm kontaktierten Unternehmen ohne Angabe von Bewerbungszeitpunkt, Absage etc. vorgelegt hat. Dies genügt nicht.

Soweit es seine - auf seinen ausdrücklichen Wunsch als solche ausgestaltete - Teilzeitbeschäftigung bei der Fa. p. betrifft, hat der Kläger hiermit seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit nicht genügt. Auch hat er nicht ansatzweise Bemühungen zur Erlangung einer zusätzlichen Nebenbeschäftigung aufgezeigt.

Von daher muss sich der Kläger fiktives Einkommen aus der Ausübung einer seiner Ausbildung und seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechenden Berufstätigkeit zurechnen lassen, die den Unterhaltsbedarf seiner drei minderjährigen Kinder deckt.

3. Soweit es die Zeit ab 1. August 2008 betrifft, ist nach dem sich im Beschwerderechtszug darstellenden Sach- und Streitstand eine von der familiengerichtlichen Entscheidung abweichende Beurteilung geboten.

Seit dem 1. August 2008 ist der Kläger bei der Fa. A. in Vollzeit beschäftigt. Nach den bisher vorgelegten Lohnabrechnungen für die Monate August 2008 bis einschließlich November 2008 erzielt er derzeit unter Inanspruchnahme der unterhaltsrechtlich gebotenen Lohnsteuerklasse I/1,5 ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von (gerundet) 1.300,00 EUR. Unter Berücksichtigung seines Selbstbehalts in Höhe von 900,00 EUR verbleibt auf der Grundlage dieser vier Lohnbescheinigen damit ein Einkommen, das zur Deckung des Unterhaltsbedarfs der minderjährigen Kinder gemäß dem Versäumnisurteil und auch unter Berücksichtigung des erhöhten Kindergeldes ab dem 1. Januar 2009 nicht ausreicht. Vielmehr zeichnet sich auf der Grundlage des bisher nachgewiesenen Durchschnittseinkommens aus der vollschichtigen Tätigkeit bereits jetzt ab, dass eine Mangelfallberechnung zur Ermittlung des Kindesunterhalts durchzuführen ist und der gemäß Versäumnisurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Saarlouis vom 29. August 2007, 22 F 270/07 UK, titulierte Kindesunterhalt herabzusetzen ist. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass unter Berücksichtigung weiterer Lohnbescheinigungen eine Herabsetzung des Unterhalts durch Abänderung des Titels auf den vom Kläger errechneten Betrag zu erfolgen hat.

Von daher kann nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand der Abänderungsklage eine Erfolgsaussicht, soweit es die titulierten Unterhaltszahlungen ab dem 1. August 2008 betrifft, nicht abgesprochen werden. ..."

***

Neben der Betreuung eines elf Jahre alten Kindes mit erheblichen schulischen Defiziten nach dem Wechsel zu einer weiterführenden Schule ist auch unter Berücksichtigung einer möglichen Übermittagsbetreuung in der Schule bis um 15.45 Uhr eine Erwerbstätigkeit des einem anderen minderjährigen Kind gegenüber barunterhaltspflichtigen Elternteils von mehr als 30 Stunden wöchentlich nicht zumutbar. § 11 II 1 Nr. 7 SGB II eröffnet nicht die Möglichkeit eines anrechnungsfreien Hinzuverdienstes in Höhe einer bestehenden Unterhaltsverpflichtung neben dem Bezug von Arbeitslosengeld II, wenn der Unterhaltsanspruch nicht bereits bei Beginn des Bezugs von Arbeitslosengeld tituliert war (gegen OLG Brandenburg, NJW 2008, 3366; OLG Hamm, Urteil vom 28.04.2009 - 13 UF 2/09):

„... II. Dem Kl. steht gegen die Bekl. kein Anspruch auf Zahlung von Kindesunterhalt nach den §§ 1601ff. BGB zu. Die Bekl. war in dem vom Rechtsstreit betroffenen Unterhaltszeitraum ab März 2008 bis heute nicht leistungsfähig.

1. Die Bekl. verfügt über kein erzieltes oder erzielbares Erwerbseinkommen, welches zu einer Leistungsfähigkeit führen würde.

a) Die Bekl. erzielt ausweislich der vorgelegten Gehaltsabrechnungen nur geringe Erwerbseinkünfte in Höhe von netto 367,90 Euro monatlich. Über weitere Einkünfte oder einzusetzende Vermögenswerte verfügt sie nicht.

b) Eine Leistungsfähigkeit ergibt sich auch nicht über eine Einkommensfiktion. Nach Nr. 9 der Hammer Leitlinien - Stand: 1. 1. 2008 - sind zum Einkommen zwar auch Einkünfte zu rechnen, die auf Grund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielt werden müssten, aber nicht erzielt werden. Insoweit ist im Hinblick auf die gesteigerte Unterhaltsverpflichtung des § 1603 II 1 und 2 BGB auch ein strenger Maßstab anzulegen, soweit es um die Sicherstellung des Unterhalts in Höhe des Regelbetrags für ein minderjähriges Kind geht. Der Bekl. sind aber auch hiernach aus einer fiktiven Erwerbsverpflichtung auf Grund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit keine Einkünfte anzurechnen, die zu einer Leistungsfähigkeit führen.

aa) Der Bekl. ist zurzeit hinsichtlich des Umfangs nämlich allenfalls eine Tätigkeit von 30 Stunden in der Woche unterhaltsrechtlich zuzumuten. Dies ergibt die auf Grund der Rechtslage seit dem 1. 1. 2008 unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung.

Eine maßgebliche Rolle spielt das Erfordernis der Versorgung des bei der Bekl. lebenden elfjährigen Kindes S, das sich im 5. Schuljahr befindet. Der Wechsel zur weiterführenden Schule hat also gerade erst stattgefunden. Dies hat zu einer erhöhten zeitlichen Beanspruchung der Bekl. geführt. Der Schulbeginn auf der weiterführenden Schule stellt sich vorliegend nämlich als äußerst problematisch dar. Das Zeugnis des 1. Halbjahres verdeutlicht, dass es zu erheblichen schulischen Defiziten und Schwierigkeiten gekommen ist, welche den von der Bekl. dargelegten besonderen Aufwand bei der Betreuung nachvollziehbar belegen. Neben den beiden mangelhaften Noten in den Fächern Deutsch und Erdkunde sind auch in den lernintensiven Fächern Mathematik und Physik die Noten nur einen Schritt hiervon entfernt. Die Zuverlässigkeit und das Sozialverhalten sind ebenfalls lediglich mit den Noten „befriedigend" bewertet. Derartige Defizite können auch nicht alle durch die Übermittagsbetreuung aufgefangen werden. Aus dem Zeugnis ergibt sich vielmehr das Erfordernis einer intensiven Nachbereitung des Unterrichtsstoffs durch die Bekl. als betreuenden Elternteil.

Bei der Bewältigung dieser Aufgaben ist die Bekl. weitgehend auf sich alleine gestellt.

Soweit ihre Mutter als nahe Angehörige teilweise das Kind nach der Schule versorgt, führt dies nicht zu einer erheblichen Entlastung der Bekl. Hierbei sind zunächst die gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihrer 66-jährigen Mutter zu berücksichtigen. Zudem zeigt der problematische Schulverlauf, dass in dieser Hinsicht die Einwirkung und Tätigkeit durch die Bekl. erforderlich sind. Soweit das Kind S bis zur Abholung durch die Bekl. bei deren Mutter ist, kann letztlich nur eine Verwahrung stattfinden, die zudem nicht regelmäßig gewährleistet ist.

Eine Entlastung durch den Kl. kommt zurzeit ebenfalls nicht in Betracht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist deutlich geworden, dass die Parteien auf Grund des Trennungskonflikts jedenfalls zurzeit noch nicht zu einem einvernehmlichen Handeln, wie es bei einer Kindesbetreuung durch beide Eltern nach deren Trennung erforderlich ist, in der Lage sind. Die Parteien haben sich mit wechselseitigen Vorwürfen in verschiedener Hinsicht - insbesondere auch hinsichtlich der Frage des Vorliegens von Erziehungsfehlern und der Frage der Verantwortung für die unzureichenden schulischen Leistungen beider Kinder - überzogen. Es ist nicht daran zu denken, dass in dieser Konstellation der zudem noch berufstätige und das ältere Kind versorgende Kl. die Bekl. erheblich unterstützen kann.

Die Tätigkeit der Bekl. lässt auch nur in eingeschränktem Maß eine Flexibilität zu. Die Bekl. ist auf Grund ihres abhängigen Beschäftigungsverhältnisses auf feste Arbeitszeiten und - zwangsläufig - entweder Absprachen mit Arbeitskollegen oder Dienstpläne des Arbeitsgebers angewiesen. Auch den Beginn der Arbeitszeit kann sie nicht frei wählen, da dieser von den jeweiligen Öffnungszeiten im Einzelhandel abhängig ist. Ab 16 Uhr muss sie aber bereits wieder zur Versorgung des Kindes S zur Verfügung stehen, um allein die schulische Nachbetreuung (Hausaufgabenkontrolle und Nacharbeit) vor dem Abend noch bewerkstelligen zu können.

bb) Aus der hiernach allenfalls in Betracht kommenden Berufstätigkeit von etwa 30 Wochenstunden kann die Bekl. aber keine Einkünfte erzielen, die den gegenüber ihrem Kind bestehenden notwendigen Selbstbehalt von dann 900 Euro übersteigen. Ein Stundenlohn von mehr als 8 Euro ist für die Bekl. nämlich nicht realisierbar. Zurzeit besteht lediglich als ungelernte Arbeitskraft eine realistische Beschäftigungschance. Bei einer anzusetzenden Arbeitszeit von durchschnittlich 130 Stunden und dem sich hieraus ergebendem Bruttoeinkommen von allenfalls 1040 Euro, verbleibt nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben ein Betrag von netto um 820 Euro im Jahr 2008 und um 825 Euro im Jahr 2009, was sich unter Nutzung eines Brutto-Netto-Rechners (Steuerklasse 2/1 Kinderfreibetrag) ermitteln lässt.

Entgegen der Ansicht des Kl. sind bessere Verdienstmöglichkeiten - jedenfalls zurzeit - nicht eröffnet. (Wird ausgeführt; die Ausführungen sind abrufbar unter BeckRS 2009, 23353.)

2. Eine Leistungsfähigkeit der Bekl. ergibt sich auch nicht auf Grund der Möglichkeit des begrenzten anrechnungsfreien Erwerbs nach § 11 II 2 i.V. mit § 30 Nr. 1 SGB II.

Durch ihren Nebenverdienst im Rahmen eines so genannten Minijobs erzielte die Bekl. zwar seit Juni 2008 Einkünfte in Höhe von monatlich netto 367,90 Euro. In Höhe von maximal 160 Euro stehen etwaig erzielte Einkünfte nach § 11 II 2 SGB II (100 Euro) und § 30 Nr. 1 SGB II (20% von 300 Euro) hieraus anrechnungsfrei zur Verfügung. Entsprechend hat die ARGE auch 153,58 Euro auf Grund der tatsächlichen Einnahmen aus dem Minijob anrechnungsfrei berücksichtigt. Auch dadurch ergibt sich aber keine - auch nur teilweise - Leistungsfähigkeit der Bekl.:

a) Der notwendige Selbstbehalt der Bekl. beträgt ohne den für sie selbst und den bei ihr lebenden Sohn S durch Leistungen nach dem SGB II gedeckten Wohnbedarf 475 Euro. Eine Herabsetzung des Selbstbehalts ist - unter Berücksichtigung des Existenzminimums nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen - grundsätzlich zulässig (BGH, NJW 2008, 1373 = FamRZ 2008, 594). Hierbei ist zunächst der ihr nach Nr. 21.2. der Hammer Leitlinien - Stand: 1. 1. 2008 - zustehende notwendige Selbstbehalt mit 835 Euro zu bemessen. Auf Grund ihrer nur eingeschränkten Erwerbstätigkeit ist der Mittelwert zwischen 770 Euro (notwendiger Selbstbehalt ohne Erwerbstätigkeit) und 900 Euro (notwendiger Selbstbehalt mit Erwerbstätigkeit) anzusetzen. Hierbei ist berücksichtigt, dass auch bei einer geringeren Stundenzahl die mit der Berufstätigkeit im Zusammenhang stehenden Grundaufwendungen anfallen. Da die mit 360 Euro nach Nr. 21.1. der Hammer Leitlinien in dem notwendigen Selbstbehalt enthaltenen Wohnkosten durch die erhaltenen Leistungen nach dem SGB II gedeckt sind, ist dieser Betrag vom Selbstbehalt abzusetzen, so dass 475 Euro verbleiben.

b) Demgegenüber belaufen sich die bereinigten erzielten Einkünfte der Bekl. auf allenfalls 477,87 Euro.

aa) Die Bekl. erzielt Einkünfte in Höhe von insgesamt 567,47 Euro. Diese setzen sich aus den Erwerbseinkünften in Höhe von 367,90 Euro und den Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 199,57 Euro zusammen.

bb) Hiervon in Abzug zu bringen sind die geltend gemachten Aufwendungen mit insgesamt 89,60 Euro. ...

c) Damit verblieben zwar monatlich 2,87 Euro, die rechnerisch für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehen würden. Das Ausurteilen eines derart geringen Betrags entspricht aber nicht der Billigkeit.

3. Die Bekl. kann auch nicht auf Grund der Vorschrift des § 11 II 1 Nr. 7 SGB II weitere anrechnungsfreie Einnahmen erzielen, die zu einer höheren Leistungsfähigkeit bis hin zum Mindestunterhalt führen könnten.

Soweit teilweise die Ansicht vertreten wird, dass über die oben genannten anrechnungsfreien Einkünfte hinaus das zur Erfüllung der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 BGB eingesetzte Einkommen eines unterhaltspflichtigen ALG II-Empfängers aus einer Nebentätigkeit gem. § 11 II 1 Nr. 7 SBG II anrechnungsfrei bleibt (so ausdr. OLG Hamm, BeckRS 2007, 19473; OLG Brandenburg, ZFE 2008, 69 = BeckRS 2008, 09487; NJW-RR 2008, 960 = FamRZ 2008, 2304; NJW 2008, 3366; NJW-RR 2009, 150; Hoppenz/Hülsmann, Der reformierte Unterhalt, § 1603 BGB Rdnr. 27), folgt der Senat dem - entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung - nicht. Eine derartige Auslegung der Vorschrift ist unter mehreren Gesichtspunkten nicht angezeigt:

a) Hinsichtlich der Entstehungsgeschichte des § 11 II 1 Nr. 7 SGB II ist zu berücksichtigen, dass durch die Einführung dieser Vorschrift zum 1. 8. 2006 keine eigentliche Neuregelung im Sinne einer Ausweitung der anrechnungsfrei erzielbaren Einnahmen über die geltenden Freibeträge hinaus erfolgt ist. Die Rechtsprechung des BVerwG und die ständige Verwaltungspraxis sind lediglich gesetzlich übernommen worden (zur alten Rechtslage unter Hinw. auf Nr. 11.5 der damaligen internen Anordnungen der Bundesagentur für Arbeit m.w. Nachw. auf die sozialrechtliche Rechtsprechung OLG Koblenz, NJOZ 2006, 2143 = FamRZ 2006, 297; OLG Brandenburg, BeckRS 2009, 07299; NJW 2006, 3286 = FamRZ 2006, 1297).

b) Auch der Sinn und Zweck der Regelung steht dem entgegen, da eine Ausweitung der bestehenden Möglichkeiten eines anrechungsfreien Erzielens von Einnahmen vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt war. Dem Regelungsinhalt der Vorschrift liegt vielmehr der im Sozialrecht zutreffende Gedanke zu Grunde, dass titulierte Unterhaltsansprüche bereits auf Grund der Möglichkeit einer jederzeitigen Pfändung dem Empfänger von Sozialleistungen nicht als bereites Einkommen zur Verfügung stehen. Dies wird im zu Grunde liegenden Gesetzentwurf vom 9. 5. 2006 - BT-Dr 16/1410, S. 52 - ausdrücklich näher ausgeführt und dargelegt. Anders ausgedrückt akzeptiert das Sozialrecht lediglich, dass derartige Titel (vorübergehend) noch vorliegen können. Dies ist zum Beispiel immer dann denkbar, wenn ein Titel vorliegt, der noch auf der Grundlage zwischenzeitlich überholter Einkommensverhältnisse ergangen ist. In Konsequenz hiervon sieht die im Internet veröffentliche einschlägige Weisung zur Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (ALG II-VO) vom 18. 12. 2008 in Nr. 11.89 ausdrücklich vor, dass - soweit der Unterhaltspflichtige durch die Absetzung der Unterhaltsbeträge selbst hilfebedürftig wird - dieser aufzufordern ist, im Rahmen seiner Selbsthilfemöglichkeiten einen Antrag auf Abänderung des in der Regel noch unter anderen Bedingungen ergangenen Unterhaltstitels zu stellen. Anderenfalls würde letztlich der Unterhalt mittelbar aus dem Sozialeinkommen finanziert, ohne dass geprüft werden könnte, ob der Empfänger von Sozialleistungen nach sozialrechtlichen Grundsätzen überhaupt als bedürftig anzusehen wäre (zum Ganzen eingehend Schürmann, ZFE 2008, 57).

c) Schließlich ist zu berücksichtigen, dass eine allein auf den Wortlaut des § 11 II 1 Nr. 7 SGB II abstellende Auffassung dazu führen würde, dass abhängig von dem jeweiligen Prozessverlauf - ohne Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse - Ansprüche geschaffen werden könnten. Sieht man nämlich als „tituliert" im Sinne dieser Vorschrift auch einen durch ein erstinstanzliches Gericht noch nicht rechtskräftig zuerkannten Unterhaltsanspruch an (so ausdr. OLG Brandenburg, NJW 2008, 3366; OLG Hamm, BeckRS 2007, 19473), so würde dies dazu führen, dass dieses Urteil bereits dauerhafte Rechtsfolgen hervorrufen würde, obwohl der Rechtsmittelinstanz die Überprüfung vorbehalten ist. Ein solches Ergebnis wäre nur dann gerechtfertigt, wenn im Falle der Möglichkeit der Erzielung von Einkünften neben dem Bezug von Arbeitslosengeld eine Obliegenheit des Unterhaltsschuldners bestünde, eine Kindesunterhaltsverpflichtung zum Beispiel durch eine notarielle Urkunde oder in einer Jugendamtsurkunde - gegebenenfalls sogar vorprozessual - titulieren zu lassen (so ausdr. OLG Brandenburg, NJW-RR 2008, 960). Eine derartige Obliegenheit kann indes nicht angenommen werden, da der Unterhaltsschuldner im Streitfall Anspruch darauf hat, die Höhe seiner Unterhaltspflicht im konkreten Einzelfall gerichtlich klären und feststellen zu lassen (Reinken, FPR 2007, 352 [354]). ..."

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Handelte es sich bei dem Titel, dessen Abänderung begehrt wird, um ein Versäumnisurteil, müssen sich, was vom Abänderungskläger darzulegen ist, die für den Erlass des Versäumnisurteils fingierten Umstände geändert haben (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 12.03.2009 - 9 WF 21/09, NJW-RR 2009, 1373 f).

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Gegenüber einem volljährigen Unterhaltsberechtigten sind grundsätzlich beide Elternteile barunterhaltspflichtig; befindet sich die Kindesmutter im Erziehungsurlaub und erhält lediglich Erziehungsgeld in Höhe von 230,00 € monatlich, ist sie nicht leistungsfähig, aber auch nicht zu einer Nebenerwerbstätigkeit verpflichtet. Der Unterhaltsschuldner, der eine Abänderung des bisherigen Titels begehrt, trägt die Darlegungs- und Beweislast für sein derzeitiges Einkommen, für seine Leistungsunfähigkeit, für alle Umstände, die seine Leistungsfähigkeit ausschließen oder mindern, für den Wegfall bestimmter Einkünfte und dafür, dass sie nicht mehr in zumutbarer Weise erzielt werden können. Bewohnt der Unterhaltsschuldner ein in seinem Eigentum stehendes Haus, ist der gegenüber minderjährigen Kindern geltende notwendige Selbstbehalt um einen Mietanteil zu kürzen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.01.2009 - 13 WF 29/08 zu § 114 ZPO, § 1601 BGB, § 1603 Abs 2 BGB, § 1610 BGB):

Der seit dem ….02.2008 volljährigen Beklagten steht gegenüber ihrem leistungsfähigen Vater, dem Kläger, dem Grunde nach weiterhin ein Unterhaltsanspruch gem. §§ 1601, 1602, 1603 BGB zu. Der Höhe nach beläuft sich jedoch der verbleibende monatliche Bedarf der Beklagten im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2007 auf 173,00 €, im Jahre 2008 auf 228,00 € und ab dem 01.01.2009 auf 218,00 €, sodass die Abänderungsklage wegen des weitergehenden Betrages Erfolg verspricht.

Der angemessene Bedarf eines nicht im Haushalt eines Elternteils lebenden Kindes beträgt derzeit regelmäßig 640,00 € monatlich (vgl. Nr. 13.1 der aktuellen Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts sowie Palandt-Diederichsen, BGB, 68. Aufl., Einf. v. § 1601 Rdnr. 21 und OLG Düsseldorf NJW-RR 2007, 794 ff). Hierauf sind die BAföG-Leistungen, die die Beklagte seit Oktober 2007 in Höhe von monatlich 348,00 € erhält, nach Abzug von ausbildungsbedingten Kosten in Höhe von monatlich 90,00 € als Einkommen des unterhaltsberechtigten Kindes voll anzurechnen (vgl. Nr. 13.2 und 10.2.3 der aktuellen Unterhaltsleitlinien). Ferner ist das staatliche Kindergeld voll anzurechnen, das sich bis zum 31.12.2008 auf 154,00 € und seit dem 01.01.2009 auf 164,00 € beläuft, sodass ein offener monatlicher Bedarf der Beklagten im Jahr 2008 in Höhe von 228,00 € und ab 01.01.2009 in Höhe von 218,00 € verbleibt. Für den streitgegenständlichen Zeitraum des Jahres 2007 beläuft sich der monatliche Bedarf auf 590,00 €, sodass sich bei einem staatlichen Kindergeld in Höhe von 154,00 € und bei einer monatlichen BAföG-Leistung in Höhe von 348,00 € nach Abzug von ausbildungsbedingten Kosten in Höhe von 85,00 € ein offener monatlicher Bedarf der Beklagten in Höhe von 173,00 € errechnet.

Gegenüber der nunmehr volljährigen Beklagten sind zwar beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Ihr Haftungsanteil bestimmt sich nach den Verhältnissen ihrer den jeweiligen Selbstbehalt übersteigenden Einkommen. Vorliegend befindet sich jedoch die Kindesmutter im Erziehungsurlaub und erhält lediglich Erziehungsgeld in Höhe von 230,00 € monatlich, sodass sie nicht leistungsfähig ist. Auch eine Verpflichtung zu einer Nebenerwerbstätigkeit entfällt in der Regel während des Bezuges von Erziehungsgeld.

Der am ….05.1967 geborene Kläger, der von Beruf Altenpfleger ist, in der früheren DDR eine Ausbildung zum Werkzeugmacher und Lagerist absolvierte und darüber hinaus auch als Kraftfahrer tätig gewesen ist, kann sich gegenüber seiner Tochter insoweit nicht auf eine mangelnde Leistungsfähigkeit berufen. Ihm trifft als Unterhaltspflichtigen die Obliegenheit, im Interesse der Unterhaltsberechtigten, seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen. Tut er dies nicht, muss er sich fiktive Einkünfte anrechnen lassen, die er durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit erzielen könnte. Die Einkommensfiktion knüpft in erster Linie an die Arbeitslosigkeit bzw. an eine die unterhaltsrechtlich geforderte Leistungsfähigkeit nicht voll gewährleistende Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen an. Bei unterhaltsrechtlich unzureichenden Erwerbseinkünften ist ggf. eine Nebentätigkeit aufzunehmen. Der Unterhaltspflichtige muss alles Zumutbare unternehmen, um durch Finden eines Arbeitsplatzes seine Leistungsfähigkeit wieder herzustellen. Vom Unterhaltsschuldner müssen die unternommenen Anstrengungen nicht nur konkretisiert werden, sondern er trägt für die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen auch die Darlegungs- und Beweislast. Zur Konkretisierung bedarf es der Auflistung der Bewerbungen sowie des nachprüfbaren Vortrages der im Einzelnen berufsspezifisch unternommenen Schritte, wobei sogenannte Blindbewerbungen grundsätzlich nicht zählen. Unter Berücksichtigung eines Umgangsrechts hat der Unterhaltspflichtige auch überregionale Anstrengungen zu unternehmen, um einen Arbeitsplatz zu erlangen. Insoweit kann auch ein Wohnortwechsel zumutbar sein (vgl. Palandt-Diederichsen, a. a. O., § 1603, RdNr. 35 ff. m.w.N.).

Er hat die Pflicht, alle verfügbaren Mittel heranzuziehen, um für den angemessenen Unterhalt des Kindes aufzukommen und, wenn der eigene Unterhalt anderweitig sichergestellt ist, auf den Selbstbehalt ganz oder teilweise zu verzichten. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners bestimmt sich nicht nach seinem tatsächlichen Einkommen, sondern nach den in zumutbarer Weise erzielbaren Einkünften. So muss er Zugeständnisse bei den Arbeitsmodalitäten machen und z. B. bereit sein, auch zu ungünstigen Zeiten, wie nachts, in den frühen Morgenstunden sowie an Wochenenden zu arbeiten. Auch die Beweislast für die Unmöglichkeit einer Nebentätigkeit trägt der Unterhaltspflichtige. Er ist zu intensiven Bemühungen um einen geeigneten Arbeitsplatz gezwungen. Hierbei kann für die Anstrengungen die Zeit aufzuwenden sein, die ein Erwerbstätiger für seinen Beruf aufbringt. Der Schuldner muss ggf. einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf nehmen und notfalls auch Beschäftigungen annehmen, die seinem bisherigen Werdegang nicht entsprechen, wobei auch ein Ortswechsel zumutbar sein kann.

Zur Sicherung des Unterhaltsbedarfs seines Kindes ist der Beklagte daher verpflichtet, alle verfügbaren Mittel für den Unterhalt zu verwenden, alle Erwerbsmöglichkeiten auszuschöpfen und auch einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf zu nehmen. Dabei ist er auch zur Aufnahme von Nebentätigkeiten verpflichtet, um ein zumutbares Einkommen zu erzielen.

Eine mangelnde Leistungsfähigkeit hat der Kläger vorliegend nicht dargelegt. Er trägt als Unterhaltsschuldner, der eine Abänderung des bisherigen Titels begehrt, die Darlegungs- und Beweislast für sein derzeitiges Einkommen, für seine jetzige Leistungsunfähigkeit, für alle Umstände, die seine Leistungsfähigkeit ausschließen oder mindern, für den Wegfall bestimmter Einkünfte sowie dafür, dass sie nicht mehr in zumutbarer Weise erzielt werden können.

Vorliegend hat der 1967 geborene Kläger, der von Beruf Altenpfleger, Werkzeugmacher und Lagerist ist sowie als Kraftfahrer tätig gewesen ist und gesundheitlich uneingeschränkt in der Lage ist, die genannten Tätigkeiten auszuüben, derart ausreichende Erwerbsbemühungen um einen geeigneten Arbeitsplatz nicht dargelegt. Das hat das Amtsgericht bereits zutreffend ausgeführt. Seine Erwerbs- und Bewerbungsbemühungen entsprechen nicht dem von der Rechtsprechung geforderten Umfang.

In dem streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 31.03.2008 ist er auch nicht etwa vollschichtig, sondern lediglich als geringfügig Beschäftigter tätig gewesen und hat ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 399,75 € erzielt, sodass nach Abzug des Krankenversicherungsbeitrages in Höhe von 188,42 € zunächst ein Nettoeinkommen in Höhe von 281,33 € verblieb (vgl. Anlagen K 4 und 11, Bl. 34 und 116 d.A.). Hinzu kommen zunächst monatliche Mieteinnahmen in Höhe von 250,00 €, sodass sich eine Nettoeinkommen von 531,33 € ergibt. Außerdem übt er eine Nebentätigkeit bei einem Taxiunternehmen aus. Dabei muss sich der Kläger im Regelfall und so auch vorliegend darauf verweisen lassen, sein Einkommen auf andere zumutbare Weise zu erhöhen, insbesondere durch die Aufnahme von Nebentätigkeiten, etwa als Zeitungs- oder Werbezettelausträger, Kellner, Bote, Reinigungskraft, bei einem Umzugsunternehmen oder als Taxifahrer und zwar auch zu ungünstigen Arbeitszeiten, insbesondere an Wochenenden. Bei derartigen Nebentätigkeiten ist durchaus ein weiteres Nettoeinkommen von monatlich 200,00 € erzielbar und zwar grundsätzlich auch neben einer Vollzeitbeschäftigung im Schichtdienst bis zu max. 48 Stunden wöchentlich. Dies gilt vorliegend erst recht und umso mehr im Zeitraum bis zum 31.03.2008. Denn der Kläger hat hauptberuflich lediglich eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt, neben der durchaus ein weiteres Nettoeinkommen von jedenfalls monatlich 300,00 € erzielbar ist und zwar entweder bei einer umfangreicheren Nebentätigkeit oder bei mehreren solchen Nebentätigkeiten, jeweils zusammen mit der Haupttätigkeit bis zu max. 48 Stunden wöchentlich. Diese Obliegenheit kann zwar im Einzelfall unzumutbar sein, wenn es nach Abwägung der Bedarfslage des Berechtigten mit der konkreten Lebens- und Arbeitssituation des Verpflichteten unbillig erscheint, ihn auf die Ausübung von Nebentätigkeiten zu verweisen. An die äußeren Umstände, die eine Unzumutbarkeit einer Nebentätigkeit begründen, sind dann, wenn es um die Sicherstellung des anderweitig nicht zu befriedigenden Bedarfs des Kindes geht, hohe Anforderungen zu stellen. Die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür hat der Unterhaltspflichtige darzulegen und zu beweisen. Konkrete Anhaltspunkte hierfür sind vorliegend weder dargetan noch in sonstiger Weise ersichtlich. Vielmehr übt der Kläger tatsächlich auch eine Nebentätigkeit als Taxifahrer aus. Es errechnet sich in dieser Zeit ein Einkommen von mindestens 831,33 € monatlich.

In dem sich anschließenden Zeitraum seiner Tätigkeit bei der V. Personaldienstleistungen GbR hat der Kläger nach eigenen Angaben ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 850,00 € erzielt, sodass mangels anderweitigem konkretem Vortrag von einem Nettoeinkommen in Höhe von mindestens 600,00 € auszugehen ist. Hinzu kommen monatliche Mieteinnahmen in Höhe von 250,00 € und ein aus den genannten Nebentätigkeiten in zumutbarer Weise weiterhin erzielbares monatliches Nettoeinkommen in Höhe von jedenfalls 200,00 €, zumal der Kläger in diesem Zeitraum lediglich 35 Stunden in der Woche tätig gewesen ist. Es ergibt sich für diesen Zeitraum ein Einkommen jedenfalls in Höhe von 1.050,00 €.

Seit dem 23.05.2008 ist der Kläger bei der D. Arbeit GmbH tätig. Das sein hierbei erzieltes monatliches Nettoeinkommen zusammen mit den monatlichen Mieteinnahmen in Höhe von 250,00 € und einem aus den genannten Nebentätigkeiten in zumutbarer Weise erzielbaren monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 200,00 € die zuvor genannte Summe von 1.050,00 € unterschreitet, hat der Kläger weder dargetan noch ist dies in sonstiger Weise ersichtlich.

Da der Kläger ein in seinem Eigentum stehendes Haus auch selbst bewohnt, ist der im Jahre 2007 gegenüber minderjährigen Kindern geltende notwendige Selbstbehalt in Höhe von 820,00 € um den darin enthaltenen Mietanteil auf 570,00 € zu kürzen. Der ab dem 01.01.2008 generell für Erwerbstätige hierfür vorgesehene Betrag in Höhe von 900,00 € ist ebenfalls angemessen zu kürzen und zwar um einen Kaltmietanteil in Höhe von ca. 300,00 €, sodass sich hierfür ein Betrag in Höhe von 600,00 € ergibt und der Kläger auch unter Berücksichtigung seines Selbstbehaltes zur Deckung des Bedarfes der Beklagten leistungsfähig ist. ..."

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Zum Begriff der allgemein bildenden Schule. Ein volljähriges Kind, das eine Abendschule besucht, wird von der Privilegierung des § 1603 II 2 BGB erfasst (OLG Koblenz, Beschluss vom 20.01.09 - 13 UF 147_08).

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„... Dabei ist es nicht zweifelhaft, dass den minderjährigen Kindern gegenüber der Beklagten Unterhaltsansprüche grundsätzlich aus §§ 1601 ff. BGB zustehen, denn an der Bedürftigkeit der betroffenen Kinder bestehen keine Bedenken. Ebenso ist das Amtsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass dem Verpflichteten insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft, wenn er sich gegenüber dem geltend gemachten Mindestunterhalt auf seine Leistungsunfähigkeit berufen will.

Das Amtsgericht hat aber zum einen verkannt, dass die Beklagte Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz durchaus dargelegt hat und zum anderen selbst wenn die Beklagte ihrer Erwerbsobliegenheit nicht durch hinreichende Bemühungen um Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgekommen ist, wird das Amtsgericht erneut zu prüfen haben, in welchem Umfang ihr unter Berücksichtigung ihrer Erwerbsbiographie Einkünfte aus einer Vollzeitbeschäftigung fiktiv zugerechnet werden können.

Nach § 1603 Abs. 1 BGB entfällt die Verpflichtung zur Zahlung des Verwandtenunterhalts, wenn und soweit der Unterhaltspflichtige bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, den Unterhalt ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu gewähren. Dabei trifft die Eltern minderjähriger oder privilegierter volljähriger Kinder allerdings eine gesteigerte Unterhaltspflicht, da sie nach § 1603 Abs. 2 BGB verpflichtet sind, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Hieraus sowie aus Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz folgt auch die Verpflichtung der Eltern zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Daher ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass nicht nur die tatsächlichen, sondern auch die fiktiv erzielbaren Einkünfte berücksichtigt werden, wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte. Grundvoraussetzung eines jeden Unterhaltsanspruchs bleibt allerdings die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten. Überschreitet der ausgeurteilte Unterhalt die Grenze des Zumutbaren, ist die Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Verpflichteten im finanziellen Bereich als Folge der Unterhaltsansprüche des Bedürftigen nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und kann vor dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz nicht bestehen (BVerfG FamRZ 2007, 273 ff.; BVerfG FamRZ 2008, 1145).

Die Beklagte, die nach ihrem Vortrag insbesondere auch nach dem ihren Bewerbungen beigefügten Lebenslauf eine Ausbildung zur Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk, Fachrichtung Fleisch/Wurst, durchlaufen hat, hat nur kurz in dem von ihr erlernten Beruf gearbeitet und zwar im Mai/Juni 2000 und arbeitet seit Juli 2000 im Rotationssystem bei der Firma M.. Bei der seit acht Jahren ausgeübten Tätigkeit, die sie offensichtlich aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses mit ihrem Ehemann und Vater ihrer minderjährigen Kinder aufgenommen hat, handelte es sich stets um eine nur teilzeitige Tätigkeit. Nach den eingereichten Verdienstbescheinigungen erzielt die Beklagte für eine ca. 100 Stunden im Monat betragende Tätigkeit ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 719,16 €. Aber auch soweit ihr zumutbar ist, neben dieser Teilzeittätigkeit eine weitere Nebentätigkeit auszuüben, kann bereits nicht unterstellt werden, dass aus einer solchen Nebentätigkeit ein höheres Einkommen fließt als dass der Beklagten insgesamt mehr als 1.000 € im Monat zur Verfügung stehen. Wie den Absagen der Firma F. GmbH & Co. sowie des Landgutes G. zu entnehmen ist, hat sich die Beklagte bereits vor der in Verzugsetzung mit dem Kindesunterhalt um eine neue Arbeitsstelle bemüht. Für den Zeitraum ab Ende Mai fehlen nachvollziehbare Darlegungen konkreter Bewerbungsbemühungen, die nach Form, Inhalt und Anzahl dem gerade bei Unterhaltspflichten gegenüber privilegiert Berechtigten - wie den Kindern der Beklagten - notwendigen, durchgängigen und ernsthaften Bemühen gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB Ausdruck verleihen. Aber selbst wenn dem Amtsgericht darin zu folgen wäre, die Beklagte habe sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht nicht ausreichend um eine besser bezahlte Tätigkeit bemüht und ihr Gesundheitszustand stehe einer Vollzeitbeschäftigung nicht entgegen, können ihr jedenfalls fiktive Einkünfte, mit denen sie ihrer Unterhaltspflicht gegenüber zwei minderjährigen Kindern nachkommen könnte, nicht zugerechnet werden.

Denn die Zurechnung fiktiver Einkünfte, welche die Leistungsfähigkeit begründen sollen, hat neben den fehlenden subjektiven Erwerbsbemühungen des Unterhaltsschuldners objektiv zur Voraussetzung, dass die zur Erfüllung der Unterhaltspflichten erforderlichen Einkünfte für den Verpflichteten überhaupt erzielbar sind, was von den persönlichen Voraussetzungen des Unterhaltsschuldners, wie Alter, Ausbildung, Berufserfahrung und Gesundheitszustand und dem Vorhandensein entsprechender Arbeitsstellen abhängig ist. Hierbei war zu berücksichtigen, dass die Beklagte nach den vorgelegten Einkommensnachweisen der Firma M. selbst bei einer Vollzeitbeschäftigung dort nicht mehr als 1.230 € brutto und damit kein über 1.000 € netto liegendes Gehalt erzielen könnte. Denn nach der vorliegenden Verdienstabrechnung für den Monat Juni 2008 hat die Beklagte bei einer Stundenzahl von über 132 Stunden und erzielten Nachtzuschlägen ein Bruttogehalt von 937,72 € erzielt, was einem durchschnittlichen Stundenlohn von 7,10 € die Stunde entspricht. Bei einer Vollzeittätigkeit von 173 Stunden könnte sie also kein über 1.229 € brutto liegendes Gehalt erzielen. Dies dürfte auch für eine Tätigkeit als Fachverkäuferin für Fleisch- und Wurstwaren gelten. So weist z. B. die Hans-Böckler-Stiftung für das Fleischerhandwerk in Sachsen-Anhalt für eine gelernte Fachverkäuferin mit Fachprüfung bei einer 40-stündigen Wochenarbeitszeit einen Stundenlohn von 5,87 € bis 6,90 € mit einem monatlichen Einkommen von 1.016 € bis 1.194 € aus. Selbst bei einem angenommenen Stundenlohn von 8 € die Stunde, wäre ein höherer Bruttoverdienst als 1.384 € jedenfalls nicht erzielbar. Gegebenenfalls müsste das Amtsgericht im Hauptverfahren einem weiter zu konkretisierenden Beweisangebot der Beklagten, betreffend zu erzielender Stundenlöhne für Fachverkäuferinnen, nachgehen. Neben dem Einkommen aus einer fiktiven Vollzeittätigkeit könnten jedenfalls der Beklagten keine zusätzlichen fiktiven Einkünfte aus einer Nebenbeschäftigung zugerechnet werden. Eine über die tatsächliche Erwerbstätigkeit hinausgehende Obliegenheit des Unterhaltspflichtigen zur Erzielung von Einkommen, das diesem insoweit bei der Unterhaltsberechnung fiktiv zugerechnet wird, kann nur angenommen werden, wenn und soweit die Aufnahme einer weiteren oder anderen Erwerbstätigkeit dem Unterhaltspflichtigen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zumutbar ist und ihn nicht unverhältnismäßig belastet (BVerfG FamRZ 2003, 661 f.). Eine solche unzumutbare Belastung wäre aber dann anzunehmen, wenn die Beklagte entweder vollzeitig tätig ist oder ihr jedenfalls ein solches Einkommen fiktiv zugerechnet wird. Denn bei einer vollzeitigen Tätigkeit als Verkäuferin kann nicht verkannt werden, dass Verkäuferinnen heute bei den längeren Öffnungszeiten vermehrt im Schichtdienst tätig sein müssen und die Höhe des zu erzielenden Einkommens für die Beklagte auch sicherlich dadurch beeinflusst wird, dass sie ohne große Berufserfahrung in ihrem erlernten Beruf nach einer langen Berufspause erstmalig wieder in ihrem erlernten Beruf tätig sein wird. Abgesehen davon bestimmt das Zeitarbeitsgesetz vom 6. April 1994 in § 3, dass die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer grundsätzlich acht Stunden nicht überschreiten darf. Dabei sind gemäß § 2 Arbeitszeitgesetz die Arbeitszeiten bei verschiedenen Arbeitgebern zusammenzurechnen. Längere Arbeitszeiten sind nur ausnahmsweise zulässig, wenn innerhalb bestimmter Fristen ein Freizeitausgleich gewährt wird. Bei dem Überangebot an Arbeitssuchenden, das für geringfügige Beschäftigungen zur Verfügung steht, spricht im Übrigen auch die allgemeine Lebenserfahrung nicht dafür, dass solche Stellen an Arbeitnehmer, die ihre Arbeitskraft schon für acht Stunden eingesetzt haben, vergeben werden (s. auch KG FamRZ 2003, 1208 ff.).

Das Amtsgericht wird unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze deshalb erneut zu prüfen haben, in welcher Höhe der Beklagten entweder neben dem tatsächlich erzielten Einkommen ein Einkommen aus Nebeneinkünften zu fingieren ist bzw. in welcher Höhe ihr fiktive Einkünfte aus einer Vollzeittätigkeit zuzurechnen sind. Daneben wird es zu berücksichtigen bzw. die Beklagte aufzufordern haben, darzulegen, in welcher Höhe an die Eheleute für das Jahr 2007 eine Steuerrückzahlung aus dem Jahreslohnsteuerausgleich erfolgt ist. Hiervon dürfte wegen der im Jahre 2007 noch innegehaltenen Steuerklasse V ein erheblicher Anteil auf die Beklagte entfallen, der ihrem Einkommen in 2008 zuzurechnen wäre.

Jedenfalls ist im Hinblick auf die Vermeidung einer unzumutbaren Belastung eine Orientierung an tragfähigen Tatsachengrundlagen unter Einbeziehung der persönlichen Voraussetzungen der Beklagten und der Lage auf dem Arbeitsmarkt erforderlich. Hierbei kann nicht verkannt werden, dass die Beklagte ein Einkommen von über 1.400 € netto erzielen müsste, um für beide Kinder je 245 € Zahlbetrag (322 € - 77 €) aufbringen zu können (unter Berücksichtigung ihres Selbstbehaltes von 900 € sowie pauschaler berufsbedingter Aufwendungen). Angesichts der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes kann jedenfalls nicht jedem Unterhaltspflichtigen regelmäßig ein zur Begleichung des Mindestunterhaltsanspruches für zwei minderjährige Kinder ausreichendes Einkommen zugerechnet werden. Dies ist angesichts der geringen Berufserfahrung der Beklagten in ihrem erlernten Beruf, aber auch des tatsächlich von ihr erzielten Entgelts für die von ihr ausgeübte Teilzeittätigkeit und dem auf dem Arbeitsmarkt zu erzielenden Einkommen für ihre erlernte Tätigkeit nicht ohne weiteres zu unterstellen. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.01.2009 - 13 WF 128/08)

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Der Besuch einer einjährigen Berufsfachschule ist als allgemeiner Schulbesuch i.S.d. § 1603 Abs. 2 S.2 BGB zu werten, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht über einen Hauptschulabschluss verfügt und diesen durch den Besuch der Berufsfachschule erreichen kann (OLG Naumburg, Beschluss vom 02.10.2008, 4 WF 44/08).

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Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber einem minderjährigen Kind macht es erforderlich, dass der Unterhaltsverpflichtete, der den Mindestunterhalt nicht leisten kann, sich bundesweit um eine besser bezahlte Stelle bemüht, wenn er derzeit eine Tätigkeit ausübt, die seinem Ausbildungsstand nicht entspricht (OLG Naumburg, Urteil vom 11.11.2008 - 3 UF 39/08).

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Allgemein bessere Fördermöglichkeiten an einem Privatgymnasium gegenüber einem staatlichen Gymnasium stellen keinen gewichtigen Grund dar, die einen Unterhaltsmehrbedarf rechtfertigen (OLG Naumburg, Urteil vom 09.09. 2008 - 3 UF 31/08, NJW 2009 1285 f zu BGB §§ 1602, 1687 I 1):

„... Die minderjährige Kl. ist die Tochter des Bekl.; sie stammt aus der Ehe des Bekl. mit der Kindesmutter. Die Eltern der Kl. sind gemeinsam sorgeberechtigt. Der Bekl. hat nach dem Urteil des AG - FamG - vom 27. 4. 2005 an die Kl. einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 123,9% des Regelbetrags nach § 2 RegelbetragVO zu zahlen. Die Kindeseltern haben im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung über das gemeinsame Einfamilienhaus durch notariellen Vertrag vom 11. 10. 2004 - der Bekl. hat seinen hälftigen Miteigentumsanteil an die Kindesmutter veräußert - vereinbart, dass der Bekl. bis einschließlich 31. 12. 2007 von Unterhaltsansprüchen der beiden Kinder M und L freigestellt ist. Die Kl. besucht seit August 2006 das private Gymnasium in T. als Alternative zum staatlichen Gymnasium in G. Sie macht über den durch das vorgenannte Urteil hinaus ausgeurteilten Unterhalt Mehrbedarf wegen des Besuchs des privaten Gymnasiums geltend, weil der Unterhalt im Hinblick auf die dadurch notwendigen (Mehr-)Aufwendungen nicht mehr ausreiche; es seien Schulgeld, Fahrgeld und Büchergeld aufzubringen. Den Mehrbedarf beziffert sie nunmehr im Berufungsverfahren mit insgesamt 263 Euro monatlich, wovon sie die Hälfte vom Bekl. beansprucht.

Das AG - FamG - hat die Klage abgewiesen. Die Kl. hat Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Ansicht, ihr stehe ein Unterhaltsmehrbedarf zu, da der Besuch des privaten Gymnasiums notwendig sei. Dort würden bessere Fördermöglichkeiten als an einer staatlichen Schule bestehen, die nachschulische Betreuung sei ganztägig gesichert und die Bedingungen am Privatgymnasium seien besser, weil im Gegensatz zum staatlichen Gymnasium in G. mit drei Schulgebäuden im Stadtgebiet ein einheitliches Schulgebäude vorhanden sei. Dadurch sei kein Wechsel während eines Unterrichtstags erforderlich. Es bestünde im Gegensatz zum Gymnasium in G. ein Beförderungsdienst von der Haustür bis zur Schule und zurück. Zudem bliebe ihr Freundeskreis bestehen; die Mehrzahl ihrer Schulfreunde besuchten das private Gymnasium. Das Rechtsmittel der Kl. hatte keinen Erfolg. ...

II. Der Kl. steht ein unterhaltsrechtlicher Mehrbedarf wegen des Besuchs eines privaten Gymnasiums seit August 2006 nicht zu, weil nach dem Vortrag der Kl. keine Gründe von erheblichem Gewicht vorliegen, die es als gerechtfertigt erscheinen lassen, die dadurch verursachten Mehrkosten zu Lasten des Unterhaltspflichtigen als angemessene Bildungskosten anzuerkennen (vgl. BGH, NJW 1983, 393 = FamRZ 1983, 48).

Nach Ansicht des Senats stellen etwa gegebene allgemeine bessere Fördermöglichkeiten an einer Schule keinen gewichtigen Grund im obigen Sinne für die Rechtfertigung eines Unterhaltsmehrbedarfs dar. Überdies ist es auch nicht nachgewiesen und/oder durch wissenschaftlich begründete Untersuchungen bewiesen, dass an einem Privatgymnasium im Allgemeinen, dem in T. im Besonderen, die Fördermöglichkeiten so erheblich besser sind als an einem staatlichen Gymnasium, und dass deshalb der Privatschule sehenden Auges der Vorzug eingeräumt werden müsste, um nicht zu irgendeinem Zeitpunkt dem Vorwurf ausgesetzt zu sein, nicht die beste Bildungseinrichtung für sein Kind ausgewählt zu haben. Das gilt gleichsam für die Behauptung der Kl., in T. bestehe eine nachschulische Betreuung im Sinne einer Ganztagsschule. Die nachschulische Betreuung im Rahmen der Ganztagsschule wird auch in Sachsen-Anhalt diskutiert. Sie ersetzt, selbst wenn sie landesweit eingeführt würde, aber in keinem Fall die elterliche Mitverantwortung für die Bildung ihrer Kinder.

Dass die Privatschule gegen Entgelt einen Beförderungsdienst ab Haustür und zurück betreibt, stellt sich gleichsam nicht als gewichtiger Grund im beschriebenen Sinne dar. Dieser Beförderungsart steht die kostenlose Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel für Kinder im Land Sachsen-Anhalt gegenüber. Dass dabei Pflichten für die Eltern/einen Elterteil bestehen bleiben, etwa ein Begleiten der Kinder bis zum Verkehrsmittel, macht den schulischen entgeltlichen Beförderungsdienst nicht zu einem durchschlagenden, die Mehrkosten des Privatgymnasiums rechtfertigenden Faktum.

Das gilt auch für die Behauptung, dass die Bedingungen in T. deshalb besser seien als in G., weil dort alle Gymnasiastinnen und Gymnasiasten in nur einem Unterrichtsgebäude untergebracht seien, wodurch ein Wechsel der Schulgebäude entfalle. Dass ein Wechsel während des Unterrichtstags bequemer und annehmlicher ist, wenn sich die Unterrichtsräume in einem Schulgebäude befinden, steht wohl außer Zweifel, jedoch darf das nicht zu Lasten eines Unterhaltspflichtigen durch Mehrkostenauferlegung gehen.

Im Übrigen erfolgt nach eigener Kenntnis des Senats insbesondere in den unteren Klassen, wo erfahrungsgemäß ein Mehr an Betreuungsbedarf in der und durch die Schule erforderlich ist, auch bei Schulen mit mehreren Gebäuden/Gebäudeteilen regelmäßig nur ausnahmsweise ein Wechsel der Unterrichtszimmer und wenn dafür aus Gründen der Unterrichtsplanung ein Erfordernis besteht, unter Aufsicht von Schulpersonal.

Dass schließlich der Wechsel in das Privatgymnasium auch mit Blick auf die Beibehaltung des Schulfreundeskreises geschehen sei, ist ersichtlich auch kein durchschlagendes Argument zur Begründung des Anspruchs auf Mehrkosten gegen den Bekl.

Denn für viele Schüler ist der Wechsel aus der Grundschule in die Haupt- oder Realschule oder auch das Gymnasium mit umfassenden Veränderungen insbesondere in ihrem Lebensumfeld, auch einem Verlust von Schulfreunden verbunden, was verschiedenste Gründe haben kann. Bei derartigen Wechseln kommt es bekanntermaßen jedoch auch zu neuen Schulbekanntschaften, was für die Entwicklung der Kinder wiederum positiv wirkt.

Nicht unbeachtet werden darf bei der Entscheidung, dass die Kindesmutter die Schulwahl gänzlich ohne den Bekl. getroffen hat, obwohl beide Elternteile gemeinsam sorgeberechtigt sind. Gerade derartige Entscheidungen von besonderem Gewicht dürfen gemeinsam sorgeberechtigte Eltern nach § 1687 I 1 BGB aber nur in gegenseitigem Einvernehmen treffen; einseitige Entscheidungen sind nicht zulässig; im Streitfall kann nach § 1628 S. 1 BGB auf Antrag ausschließlich das FamG die Entscheidung einem Elterteil übertragen.

Nach alledem ist - gemessen an den Vorgaben der o.g. Entscheidung des BGH - für eine Mehrbelastung des Bekl. nichts Gewichtiges ersichtlich, so dass es bei der angefochtenen Entscheidung zu verbleiben hat. ..."

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Zur Ermittlung des Selbstbehalts bei Einkünften aus Rente und aus geringfügiger Erwerbstätigkeit. Zur Herabsetzung des Selbstbehalts wegen Ersparnis durch gemeinsame Haushaltsführung. Beruht das unterhaltsrelevante Einkommen überwiegend nicht auf einer Erwerbstätigkeit, kann im Einzelfall allenfalls in Betracht kommen, dem Unterhaltspflichtigen einen Selbstbehalt zu belassen, der sich zwischen dem ihm im Regelfall zu belassenden Selbstbehalt für Nichterwerbstätige und dem Selbstbehalt für Erwerbstätige bewegt. Steht dem Unterhaltspflichtigen weder ein Anspruch auf Familienunterhalt noch ein Anspruch auf Versorgungsleistungen zu, schließt dies eine Herabsetzung des ihm zu belassenden notwendigen Selbstbehalts wegen ersparter Kosten durch die gemeinsame Haushaltsführung nicht aus. Dies gilt in gleichem Maße für die Kosten der Wohnung wie für die allgemeinen Lebenshaltungskosten, da eine gemeinsame Haushaltsführung regelmäßig zu einer Kostenersparnis oder zu Synergieeffekten, die jeden Partner hälftig entlasten, führt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.08.2008 - 2 UF 31/08, NJW 2008, 3290 ff).

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„... Nach § 540 I Nr. 1 ZPO wird wegen der tatsächlichen Feststellungen auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, durch das das Amtsgericht den ursprünglich für den Beklagten titulierten mindesten Kindesunterhalt von mtl. 199 Euro mangels Leistungsfähigkeit des Klägers auf dessen Antrag ab Oktober 2007 auf 0 abgeändert hat. Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten.

Er hält an seinem Standpunkt fest, wonach sich der gesteigert unterhaltspflichtige Kläger nicht allein darauf berufen könne, dass sein nunmehr vollschichtig bei einer Zeitarbeitsfirma erzieltes Erwerbseinkommen unstreitig nicht hinreiche. Ihm sei darüber hinaus nämlich die Erzielung von Nebenverdienst zumutbar, den er sich deshalb fiktiv in einer Höhe zurechnen lassen müsse, dass insgesamt Leistungsfähigkeit begründet sei.

Der Beklagte beantragt, in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei ihm ein Nebenerwerb wegen der Ausgestaltung seiner Arbeitstätigkeit bei der Zeitarbeitsfirma und ferner wegen der wahrzunehmenden regelmäßigen Umgangskontakte mit dem Beklagten nicht zumutbar.

Ein höheres Erwerbseinkommen könne ihm nicht zugerechnet werden, da er sich um solches zwar im erforderlichen Maße, jedoch erfolglos bemüht habe.

II. ... Die Abänderungsklage ist mangels Schlüssigkeit abzuweisen. Die Abänderungsklage nach § 323 ZPO dient dazu, die im abzuändernden Titel enthaltene Zukunftsprognose daran anzupassen, dass diese Prognose aufgrund einer nachträglichen Veränderung der Verhältnisse nicht mehr gerechtfertigt ist und deshalb nicht aufrechterhalten werden kann (vgl. zuletzt BGH FamRZ 2008, 872 (873).

Das kann der Fall sein, wenn die Parteien den Eintritt einer bestimmten Tatsache unterstellt haben, die sich tatsächlich so nicht eingestellt hat. Dabei bedarf der Gegenstand der unterstellten Tatsache genauer Betrachtung.

Sie betrifft hier unstreitig die Prognose, dass der Kläger bei gehörigen Bemühungen Erwerbseinkommen in einer den mindesten Unterhalt ermöglichenden Höhe erzielen könnte (vgl. Bl. 2 d.A.). Daraus ergibt sich, dass es allein mit dem Vortrag des Klägers, er verdiene inzwischen vollschichtig, dies ergebe jedoch keine Leistungsfähigkeit, nicht getan ist, solange er nicht vorgelagerte gehörige Erwerbsbemühungen dartut.

Bei einer Prognose der vorliegenden Art kann sich der Unterhaltschuldner auf deren Nichteintritt nur berufen, wenn dies auf von ihm nicht beeinflussbaren Umständen beruht und er den Nichteintritt zudem nicht zu vertreten hat. Umstände, die seiner Risikosphäre zugeordnet sind, verbleiben in seiner gestaltenden Verantwortung.

Die Berufung auf den Nichteintritt der Prognose kann daher nur dann die Anpassung rechtfertigen, wenn er alles Erforderliche und Zumutbare für den unterstellten Eintritt getan hat und aus dem Grund nicht mehr an der Prognose festgehalten werden kann. Hatte die Unterhaltsregelung, wie hier, die Zurechnung eines fiktiven, zum damaligen Zeitpunkt nicht vorhandenen Erwerbseinkommens zum Gegenstand, so ist nachträglich nur dann eine Anpassung an tatsächliche Verhältnisse zu rechtfertigen, wenn der Pflichtige in der unterhaltsrechtlich gebotenen Weise darlegt und beweist, dass er gleichwohl keine Arbeitsstelle mit dem unterstellten Einkommen erlangen konnte (vgl. Senat 10 WF 192/05, Beschl. v. 20.1.2006).

Das hat der Kläger ungeachtet des terminsleitenden Hinweises des Senats (Bl. 69 d.A.) nicht vorgetragen. Es hätte der nachvollziehbaren Darlegung konkreter Bewerbungsbemühungen bedurft, die nach Form, Inhalt und Anzahl dem gerade bei Unterhaltspflichten gegenüber privilegiert Berechtigten -wie dem Beklagten- notwendigen, durchgängigen und ernsthaften Bemühen gemäß § 1603 II 1 BGB Ausdruck verliehen. Dazu enthält das Vorbingen außer allgemein gehaltenen Beteuerungen des Klägers, alles ihm Mögliche getan zu haben, nichts.

Da der Klagevortrag schon deshalb nicht ausreicht, kommt es nicht auf die Frage an, ob der Kläger sich fiktives Nebeneinkommen zurechnen lassen müsste -was nicht zuletzt im Hinblick auf jüngste BGH-Rechtsprechung (FamRZ 2008, a.a.O. (874 f.), die vom Senat geteilt wird, zweifelhaft erscheint. ... (OLG Hamm, Urteil vom 25.06.2008 - 10 UF 12/08).

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„... Der Beklagte ist der Vater der am ... 4.1994 und am ... 7.1995 geborenen Kläger. Er hatte sich durch Jugendamtsurkunde vom 16.12.2004 - Urkundenregisternummer: 529/04 - verpflichtet, Unterhalt in Höhe von monatlich jeweils 222 € an die Kläger zu zahlen. Mit Schreiben vom 25.4.2007 forderte der Kläger zu 2. den Beklagten zur Auskunft über seine Einkommensverhältnisse auf. Außerdem wurde der Beklagte darauf hingewiesen, dass unabhängig von der Auskunft davon ausgegangen werde, dass zumindest Regelunterhalt in Höhe von damals monatlich 269 € gezahlt werden müsste. Mit Schreiben vom 3.5.2007 nahm auch der Kläger zu 1. den Beklagten auf Zahlung von Regelunterhalt in Anspruch. Nachdem der Beklagte mangelnde Leistungsfähigkeit einwendete und die geforderte Zahlung nicht leistete, erhoben die Kläger Klage. Das Amtsgericht Nauen hat daraufhin den Beklagten im schriftlichen Verfahren antragsgemäß zur Zahlung von Kindesunterhalt und zwar an den Kläger zu 1. in Abänderung der Jugendamtsurkunde vom 16.12.2004 - für den Zeitraum 1.5.2007 - 31.12.2007 in Höhe von insgesamt 2.140 € und ab 1.1.2008 eine dynamisierte und zum 1. eines jeden Monats im Voraus fällige Unterhaltsrente in Höhe von 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der 3. Altersstufe, mindestens aber 365 € jeweils abzüglich des nach § 1612 b BGB anrechenbaren Kindergeldes zu zahlen und an den Kläger zu 2. - in Abänderung der Jugendamtsurkunde vom 16.12.2004 - Urkundenregisternummer: 528/04 - für den Zeitraum 1.5.2007 bis 31.12.2007 Kindesunterhalt in Höhe von insgesamt 2.140 € und ab 1.1.2008 eine dynamisierte und zum 1. eines jeden Monats im Voraus fällige Unterhaltsrente in Höhe von 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der 3. Altersstufe, mindestens aber 365 € jeweils abzüglich des nach § 1612 b BGB anrechenbaren Kindergeldes zu zahlen. Zur Begründung führt es in seinem am 31.3.2008 verkündeten Urteil aus, dass die Kläger Abänderung des Unterhaltstitels gemäß § 323 ZPO verlangen könnten. Der Anspruch der Kläger folge aus § 1603 Abs. 2 BGB. Danach sei der Beklagte gegenüber den minderjährigen Klägern gesteigert zur Unterhaltsleistung verpflichtet. Diese würde nur entfallen, wenn er darlege, dass er trotz Ausnutzung seiner Arbeitskraft nicht in der Lage sei, die Einkünfte zu erzielen, die es ihm ermöglichen, den gesetzlichen Mindestunterhalt zu zahlen. Vorliegend könnte sich der Beklagte nicht mit Erfolg auf die sich aus seinen tatsächlich erzielten Einkommensverhältnissen ergebende Leistungsunfähigkeit berufen. Die für den Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten werde nicht allein durch das tatsächlich erzielte Einkommen, sondern auch durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt. Reichten seine erzielten Einkünfte nicht aus, träfe ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, seine Arbeitsfähigkeit in bestmöglicher Weise einzusetzen und eine besser bezahlte Erwerbstätigkeit auszuüben. Wenn, wie vorliegend, der Unterhaltsschuldner nicht darlege, dass er seiner Obliegenheitsverpflichtung vollständig gerecht werde, müsse er sich so behandeln lassen, als ob er über ein Einkommen verfüge, welches ihm die Zahlung des Mindestunterhalts ermöglicht. Dabei sei bei einer Tätigkeit mit nur geringem Einkommen eine neue Arbeitsstelle oder eine weitere Beschäftigung zu suchen, um zusätzliche Einnahmen zu erzielen.

Gegen das ihm am 2. April 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. April 2008 bei Gericht eingegangene und am 21. Mai 2008 begründete Berufung. Mit dieser rügt der Beklagte Verfahrensfehler des erkennenden Gerichts (Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör). Auch hält er daran fest, nicht mehr Unterhalt zu leisten, als er unstreitig zahle. Er habe die Hauptschule mit einem Hauptschulabschluss verlassen und keine Berufsausbildung abgeschlossen. Bis 2000 habe er in einem festen Arbeitsverhältnis gestanden. Seitdem sei er als selbstständiger IT-Berater tätig. Im Rahmen seiner Möglichkeiten habe er immer Unterhalt gezahlt. Er sei auch nicht verpflichtet, seine selbstständige Erwerbstätigkeit zugunsten einer anderen abhängigen Beschäftigung anzunehmen. Als ungelernte Arbeitskraft wäre allenfalls ein Stundenlohn von 10 € erzielbar. Das ergäbe einen Bruttolohn von nicht einmal 1.700 €. Nach Abzug sämtlicher Steuern und Versicherungsleistungen sei er in Höhe des geltend gemachten Mindestunterhalts nicht leistungsfähig.

Er beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Außerdem beantragt er die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Urteil.

Der gemäß §§ 717 Abs. 1, 707 Abs. 1 ZPO zulässige Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Urteil hat keine Aussicht auf Erfolg. Nach § 719 i.V.m. § 707 Abs. 1 ZPO kann das Gericht auf Antrag anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt werde. Die danach vom Gericht zu treffende Ermessensentscheidung muss die Parteiinteressen abwägen. Dabei ist zu beachten, dass die sachliche Erfolgaussicht des Rechtsmittels nicht fehlen darf (Zöller-Herget, ZPO, 26. Aufl., § 707, Rn. 9). Daran fehlt es hier. Die vom Beklagten gerügten Verfahrensfehler rechtfertigen ebenso wenig wie die mit seiner Berufungsbegründung vorgebrachten Einwendungen gegen seine Leistungsfähigkeit eine abweichende Entscheidung in der Sache selbst. Das Amtsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass gegenüber minderjährigen Kindern eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit besteht. Diese folgt aus § 1603 Abs. 2 BGB. Danach hat der Unterhaltsschuldner alles ihm Zumutbare zu unternehmen, um seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit nachzukommen. Den diesbezüglichen Nachweis hat der Beklagte nicht erbracht. Insbesondere kann er sich nicht darauf zurückziehen, aus seiner selbstständigen Tätigkeit lediglich geringfügig über dem Selbstbehalt liegende Einnahmen zu erzielen. Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber minderjährigen Kindern verpflichtet den Unterhaltsschuldner dazu, seine Arbeitskraft entsprechend seiner Vorbildung, seinen Fähigkeiten und der Arbeitsmarktlage in zumutbarer Weise bestmöglich einzusetzen (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rn. 708). Es ist verfassungsrechtlich anerkannt, dass jedenfalls im Verhältnis zu minderjährigen unverheirateten Kindern und den ihnen gleichgestellten privilegierten volljährigen Kindern das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, freie Berufswahl und Berufsausübung gegenüber dem höher zu bewertenden Recht des Kindes auf Pflege und Erziehung zurücktreten muss. Allerdings lassen sich auf der Grundlage des bisherigen Vortrags hinreichende Feststellungen dazu, dass dem Beklagten die Aufgabe seiner selbständigen Existenz zugunsten einer besser bezahlten abhängigen Arbeit aufzugeben, (Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rn. 723) zuzumuten ist, nicht treffen. Erst dann, wenn eine selbständige Tätigkeit nach mehreren Jahren noch keinen Gewinn abwirft, ist sie regelmäßig zugunsten einer angestellten Beschäftigung aufzugeben. Bloße Gründungs- und Übergangsschwierigkeiten nötigen noch nicht zu einem Berufswechsel. Unabhängig davon, dass zweifelhaft ist, ob vorliegend die dem selbstständigen Unterhaltsschuldner zuzubilligende Karenzzeit von einigen Jahren abgelaufen ist, ist angesichts der unzureichenden beruflichen Vorbildung des Beklagten - er verfügt lediglich über einen Hauptschulabschluss ohne abgeschlossene Berufsausbildung - nicht anzunehmen, dass er eine deutlich besser bezahlte Tätigkeit als ungelernte Hilfskraft würde antreten können. Die eingeschränkten Möglichkeiten einer vollschichtigen Beschäftigung in einem besser bezahlten Beruf hindern ihn aber nicht, zur Aufbesserung seiner Vermögenslage eine Nebentätigkeit aufzunehmen. Jedenfalls hat der Beklagte nicht dargelegt, dass ihm seine seit einigen Jahren ausgeübte selbstständige Tätigkeit als IT-Berater die Aufnahme einer seine Einkünfte aufbessernde Nebentätigkeit nicht ermöglicht. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht ausgehend von seinen in den vergangenen drei Jahren durchschnittlich erzielten tatsächlichen Einkünften von nach Steuern 1.058 € und dem fehlenden Nachweis von Bemühungen um eine Zusatzbeschäftigung ein fiktives Einkommen unterstellt, das die Zahlung des Mindestunterhalts von 576 € monatlich ermöglicht. Bei dem im Land Niedersachsen, dem Wohnort des Beklagten, geltenden notwendigen Selbstbehalt von 900 € gegenüber minderjährigen Kindern, müsste er zur Erfüllung seiner Unterhaltspflicht gegenüber beiden Klägern ein anrechenbares Nettoeinkommen von 1.476 € erzielen. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Einkünfte des Beklagten aus seiner selbstständigen Tätigkeit von 1.058 € erscheint ein Dazuverdienst von 420 € aus einer Nebentätigkeit nicht völlig unrealistisch. Dies gilt umso mehr, als gerade die Tätigkeit als IT-Berater eine Nebentätigkeit ohne weiteres zulässt. Als selbständiger IT-Berater ist der Beklagte anders als ein abhängig Beschäftigter nicht an feste Arbeitszeiten gebunden. Er kann sich vielmehr - unter Berücksichtigung der Bedürfnisse seiner Kunden - seine Arbeitszeit frei einteilen. Aus den vorgenannten Gründen ist auch der Prozesskostenhilfeantrag zurückzuweisen, weil es an der für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 114 ZPO vorausgesetzten Erfolgsaussicht des Rechtsmittels fehlt. ..." (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 26.05.2008 - 13 UF 27/08)

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„... Der minderjährige Beklagte, der über eigenes Einkommen und Vermögen nicht verfügt und bei seinem Vater wohnt, hat grundsätzlich einen Anspruch auf Unterhalt gegen seine Mutter gemäß §§ 1601 ff. BGB. Die Höhe des Unterhaltsbedarfs richtet sich bis zum 31.12.2007 nach § 2 Regelbetragverordnung und ab dem 01.01.2008 nach dem Mindestunterhalt gemäß §§ 1612a, 1612b BGB i.V.m. § 36 Ziffer 4 EGZPO.

Die Klägerin ist allerdings leistungsunfähig gemäß § 1603 Abs. 1 BGB. Sie hat in dem streitgegenständlichen Zeitraum kein Einkommen erzielt, das auch nur ihren notwendigen Selbstbehalt von zunächst 820 € und ab dem 01.01.2008 von 900 € decken würde.

Die Klägerin ist nicht berufstätig und erzielt somit kein Erwerbseinkommen. Dies wird auch von dem Beklagten nicht in Frage gestellt. Der Vortrag des Beklagten aus dem nachgelassenen Schriftsatz vom 03.04.2008 enthält keine Tatsachenbehauptung, die die fehlende Leistungsfähigkeit der Klägerin in Frage stellen würde. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, die Klägerin habe im Jahr 1995 Provision in Höhe von 137.000 DM erhalten, so folgt daraus jedenfalls nicht, dass sie seit dem 01.05.2005 entsprechende Zahlungen erhalten hat. Da sie in diesem Zeitraum nicht als Versicherungsmaklerin berufstätig war, hat sie auch keine entsprechenden Provisionen erlangt. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Klägerin noch über entsprechendes Vermögen verfügt. Dies hat der Beklagte bereits nicht schlüssig behauptet und keinen Beweis angetreten. Im Übrigen ist unstreitig, dass ein Privatinsolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin im Jahr 2002 mangels Masse abgelehnt worden ist. Der Klägerin kann deshalb weder ein regelmäßiges Zinseinkommen aus ihrem Vermögen zugerechnet werden, noch steht ihr ein Vermögensstamm zur Verfügung, den sie für Unterhaltszahlungen an den Beklagten einsetzen könnte oder müsste.

Was Vermutungen des Beklagten hinsichtlich eines Grundstückserwerbs angeht, so hat der Beklagte nicht einmal behauptet, die Klägerin selbst habe Grundeigentum erworben. Die Vermutungen des Beklagten sind insgesamt spekulativ und enthalten keine konkrete Behauptung, die für die Gegenseite einlassungsfähig oder dem Beweis zugänglich wäre. Der Vortrag ist deshalb unbeachtlich.

Zwar besteht die gesteigerte Erwerbsobliegenheit der Klägerin gegenüber dem minderjährigen Beklagten (§ 1603 Abs. 1 S. 2 BGB) grundsätzlich fort, auch wenn die Klägerin nunmehr drei kleinere Kinder betreut. Auf die Frage, ob der Vater des Beklagten der Klägerin nach der Trennung das Kind entzogen hat, kommt es in diesem Zusammenhang jedoch nicht an. Ebenso wenig ist entscheidungserheblich, ob der Kindesvater für die finanzielle Misere der Klägerin verantwortlich ist. Es geht hier nicht um Ansprüche des Kindesvaters, sondern um Ansprüche des minderjährigen Beklagten, der die Handlungen seines Vaters nicht zu verantworten hat. Die Unterhaltspflicht der Klägerin besteht auch unabhängig davon, ob ihr Kontakt zu dem Beklagten gewährt wird oder nicht. Der Beklagte steht für die Dauer seiner Minderjährigkeit unterhaltsrechtlich seinen Halbgeschwistern, die in der Familie der Klägerin aufwachsen, gleich.

Die Leistungen, welche die Klägerin durch Familien- und Haushaltstätigkeit erbringt, kommen ausnahmslos ihrer neuen Familie zu Gute und nicht dem Beklagten. Ihm gegenüber erfüllt sie ihre familiären Verpflichtungen damit nicht (BGH, FamRZ 1996, 796 ff.; 2006, 1827 ff.). Demnach kommt es hier auf die Frage an, ob die Klägerin einen so genannten Rollentausch von der Berufstätigkeit zur reinen Familientätigkeit vorgenommen hat, und ob sich der Beklagte diesen entgegenhalten lassen muss. Hat der Barunterhaltspflichtige einen Rollentausch vorgenommen, so ist dies bei der Abwägung zu berücksichtigen, ob vom Unterhaltspflichtigen eine besondere Rücksichtnahme auf die Belange der von ihm abhängigen Unterhaltsberechtigten zu fordern ist (BGH, FamRZ 2006, 1010 ff.).

Hier liegt ein derartiger Rollentausch vor. Die Klägerin stellt diesen zwar in Abrede, jedoch ohne nachvollziehbare Argumentation. Zwar hat die Klägerin nunmehr vorgetragen, sie sei schon in der früheren Familie für Haushaltsführung, Erziehung und Betreuung zuständig gewesen. Sie sei zwar während der Ehe mit dem Vater des Beklagten in dessen Gesellschaften als Geschäftsführerin tätig gewesen, sie habe jedoch „im Wesentlichen" nur ihren Namen gegeben, um dem Kindesvater die Gründung von Baufirmen zu ermöglichen. Die Klägerin hat jedoch mit Schriftsatz vom 23.02.2007 selbst vorgetragen, sie sei von 1990 bis Anfang 1996 in diversen Baufirmen „als Geschäftsführerin tätig" gewesen. Danach war sie 1996 mehrere Monate als Buchhalterin angestellt und 1997/1998 selbständige Versicherungsmaklerin.

Jedenfalls vom 01.02.2000 bis 31.12.2001 war die Klägerin Angestellte bei einer Versicherungsagentur. Aus diesem Vortrag der Klägerin kann nur darauf geschlossen werden, dass sie bis Ende 2001 überwiegend berufstätig gewesen ist. Es steht außerdem fest, dass sie für ihre Tätigkeiten ein Entgelt bezogen hat, wobei es nicht darauf ankommt, ob sie als Geschäftsführerin im Handelsregister eingetragen war oder nicht. Es ist deshalb von einem Rollenwechsel der Klägerin im Zusammenhang mit der Geburt ihres Kindes P… M… auszugehen.

Einen derartigen Rollenwechsel hat das minderjährige Kind nur hinzunehmen, wenn sich der Familienunterhalt in der neuen Ehe dadurch, dass der andere Ehegatte vollerwerbstätig ist, wesentlich günstiger gestaltet, als es der Fall wäre, wenn die Rollenverteilung umgekehrt wäre. Ein Kind aus erster Ehe muss eine Einbuße seiner Unterhaltsansprüche dann hinnehmen, wenn das Interesse des Unterhaltspflichtigen und seiner neuen Familie an der Aufgabenverteilung das eigene Interesse des erstehelichen Kindes an der Beibehaltung der bisherigen Unterhaltssicherung deutlich überwiegt. Nur in solchen Fällen ist auch der neue Ehegatte nicht verpflichtet, insoweit auf die Unterhaltspflicht seines Partners außerhalb der Ehe Rücksicht zu nehmen, zum Nachteil seiner Familie auf eigene Erwerbstätigkeit zu verzichten und stattdessen die Kinderbetreuung zu übernehmen (BGH, FamRZ 1996, 796 ff; 2006, 1827 ff.; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Auflage, § 2, Rz. 172 ff.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringen der Klägerin verdient ihr Ehemann durch seine Vollzeittätigkeit 1.527 € netto und damit etwa doppelt so viel, wie die Klägerin in ihrer Vollzeittätigkeit zuletzt verdient hat. Ihr Einkommen betrug bei Einstufung in Steuerklasse IV nur 1.524,42 DM netto, was lediglich 779,49 € entspricht. Angesichts des Alters und der Anzahl der Kinder der Klägerin aus der neuen Ehe war und ist die Klägerin auch nicht verpflichtet, gemeinsam mit ihrem Ehemann berufstätig zu sein. Auch die Kinder aus der neuen Ehe bedürfen der Betreuung. Im Hinblick auf die Frage, ob der Beklagte den Rollenwechsel seiner Mutter hinnehmen musste, ist nicht maßgeblich, ob die Klägerin neben ihrem Ehemann berufstätig sein musste, sondern ob sie anstelle ihres Ehemanns hätte berufstätig sein müssen, um ihrer Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Beklagten gerecht werden zu können. Da der Ehemann der Klägerin jedoch in der Lage war, ein doppelt so hohes Einkommen zu erwirtschaften wie die Klägerin bei alleiniger Berufstätigkeit, muss der Beklagte die Rollenwahl seiner Mutter hier hinnehmen.

Bei einem zu billigenden Rollenwechsel besteht regelmäßig auch keine weitere Erwerbsobliegenheit (etwa durch Nebentätigkeit), solange Erziehungsgeld bezogen wird. Solange seine Mutter Kleinkinder betreut, für die sie noch Erziehungsgeld bezieht, wird die Ausübung einer Nebentätigkeit nicht für zumutbar gehalten (Wendl/Staudigl, a.a.O., § 2, Rz. 181; BGH, FamRZ 2006, 1010 ff.). Für ihren dritten Sohn B… hat die Klägerin bis zum 06.09.2007 Erziehungsgeld bezogen. Für die Zeit danach ist zu berücksichtigen, dass ihre Söhne aus der zweiten Ehe zunächst sämtlich noch nicht schulpflichtig waren. Inzwischen ist P… gerade 6 Jahre, M… 4 Jahre und B… knapp 2,5 Jahre alt. Die Klägerin ist mit einem weiteren Kind schwanger. Eine Nebentätigkeit kann der Klägerin neben der Pflege dieser Kinder auch im Hinblick auf ihre gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber dem Beklagten jedenfalls nicht in einem Umfang zugemutet werden, der hier zu einem Einkommen führen würde, das den notwendigen Selbstbehalt der Klägerin überstiege. Abgesehen davon, dass die Klägerin während der Zeiten der nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeiten auf Grund der Schwangerschaften bzw. Entbindungen und während der Zeit des Mutterschutzes arbeitsunfähig gewesen ist, liegt jedenfalls im Übrigen eine vollständige Leistungsunfähigkeit der Klägerin vor, der kein fiktives Einkommen zugerechnet werden kann. Dies gilt auch dann, wenn der notwendige Selbstbehalt aufgrund des Zusammenlebens in der neuen Ehe wegen Haushaltsersparnis abgesenkt wird. Aufgrund des nur geringen Einkommens ihres Ehemannes kommt nur eine geringfügige Ersparnis in Betracht, so dass auch in diesem Fall der Selbstbehalt durch das Erziehungsgeld und ein der Klägerin etwa zustehendes Taschengeld nicht erreicht wird. Soweit die Klägerin darüber hinaus sich darauf berufen hat, sie sei auf Grund eines Bandscheibenvorfalls seit August 2006 ohnehin nur noch eingeschränkt allenfalls für drei Stunden täglich arbeitsfähig, kommt es hierauf nicht mehr an. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 24.04.2008 - 9 UF 171/07)

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Der gegenüber einem minderjährigen Kind gesteigert unterhaltspflichtige Elternteil muss, wenn sein erzielbares bereinigtes Einkommen für den Mindestunterhalt nicht ausreicht, im Regelfall eine zumutbare Nebentätigkeit aufnehmen. Das von dem Unterhaltspflichtigen zur Erfüllung eines titulierten Unterhaltsanspruchs verwendete Einkommen verbleibt dem Bezieher von ALG II gem. § 11 II 1 Nr. 7 SGB II anrechnungsfrei (OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.02.2008 - 13 UF 6/07 zu BGB § 1603 II 1, NJW 2008, 3366 ff):

„... Der Bekl. kann sich infolge einer unterlassenen zumutbaren Erwerbstätigkeit nicht auf eine mangelnde Leistungsfähigkeit berufen.

Den Unterhaltspflichtigen trifft die Obliegenheit, im Interesse des Unterhaltsberechtigten seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen. Tut er dies nicht, muss er sich fiktive Einkünfte anrechnen lassen, die er durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit erzielen könnte. Die Einkommensfiktion knüpft in erster Linie an die Arbeitslosigkeit bzw. an eine die unterhaltsrechtlich geforderte Leistungsfähigkeit nicht voll gewährleistende Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen an. Bei unterhaltsrechtlich unzureichenden Erwerbseinkünften ist gegebenenfalls eine Nebentätigkeit aufzunehmen.

Bei Arbeitslosigkeit muss der Unterhaltspflichtige alles Zumutbare unternehmen, um durch Finden eines Arbeitsplatzes seine Leistungsfähigkeit wieder herzustellen. Der bloße Hinweis auf den Bezug von Arbeitslosengeld II reicht ebenso wenig aus wie die Meldung beim Arbeitsamt. Vom Unterhaltsschuldner müssen die unternommenen Anstrengungen nicht nur konkretisiert werden, sondern er trägt für die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen die Darlegungs- und Beweislast. Zur Konkretisierung bedarf es der Auflistung der Bewerbungen sowie des nachprüfbaren Vortrags der im Einzelnen berufsspezifisch unternommenen Schritte. Unter Berücksichtigung eines Umgangsrechts hat der Unterhaltsverpflichtete auch überregionale Anstrengungen zu unternehmen, um einen Arbeitsplatz zu erlangen. Insoweit kann auch ein Wohnortwechsel zumutbar sein (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 67. Aufl., § 1603 Rdnrn. 35ff. m.w. Nachw.).

Gegenüber dem Kl. als minderjährigem Kind gilt zudem eine gesteigerte Unterhaltsobliegenheit. Den Bekl. als Vater trifft die Pflicht, alle verfügbaren Mittel heranzuziehen, um für den angemessenen Unterhalt seines minderjährigen Kindes aufzukommen. Seine Leistungsfähigkeit als Unterhaltsschuldner bestimmt sich nicht nach seinem tatsächlichen Einkommen, sondern nach den in zumutbarer Weise erzielbaren Einkünften. Der gesteigert Unterhaltspflichtige muss zusätzliche Zugeständnisse bei den Arbeitsmodalitäten machen und zum Beispiel bereit sein, auch zu ungünstigen Zeiten, wie nachts, in den frühen Morgenstunden sowie an Wochenenden, zu arbeiten. Die gesteigerte Arbeitspflicht verlangt eine Tätigkeit, deren Zeitaufwand dem einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entspricht. Auch die Beweislast für die Unmöglichkeit einer Nebentätigkeit trägt der Unterhaltspflichtige. Seine Arbeitslosigkeit zwingt zu besonders intensiven Bemühungen um einen Arbeitsplatz. Hierbei kann für die Anstrengungen die Zeit aufzuwenden sein, die ein Erwerbstätiger für seinen Beruf aufbringt. Der Schuldner muss gegebenenfalls einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf nehmen und notfalls auch Beschäftigungen annehmen, die seinem bisherigen Werdegang nicht entsprechen, wobei auch ein Ortswechsel zumutbar sein kann (vgl. Palandt/Diederichsen, § 1603 Rdnrn. 60ff. m.w. Nachw.). Zur Sicherung des Unterhaltsbedarfs seines minderjährigen Kindes bis zur Höhe des jeweiligen Regelbedarfs ist der Bekl. daher gem. § 1603 II BGB verpflichtet, alle verfügbaren Mittel für den Unterhalt zu verwenden, alle Erwerbsmöglichkeiten auszuschöpfen und auch einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf zu nehmen. Dabei ist er gegebenenfalls auch zu einem Arbeits- oder Ortswechsel verpflichtet, um ein zumutbares Einkommen zu erzielen, das den Unterhalt in Höhe des Regelbedarfs sichert sowie zur Aufnahme einer Nebentätigkeit.

Vorliegend hat der Bekl. - wie vom AG zutreffend ausgeführt - derart ausreichende Bewerbungen um einen Arbeitsplatz nicht dargelegt. Auch unter Zugrundelegung einer erheblichen Sehschwäche und einer behaupteten früheren neurologischen Erkrankung, die dazu führe, dass er keinerlei Kopfschutz tragen könne und nicht höhentauglich sei, ist er gleichwohl ansonsten in der Lage, am Erwerbsleben teilzunehmen. Dies ergibt sich sowohl aus seinen eigenen früheren Tätigkeiten als auch aus seiner Nebentätigkeit bei einem Bestattungsunternehmer sowie aus dem Inhalt seiner eingereichten Bewerbungsschreiben, beispielsweise aus den Schreiben vom 27. 9. und 23. 10. 2006 für die Bewerbungen als Helfer bei der Firma Treppensanierung F bzw. als Kraftfahrer und Transporthelfer bei der Firma P. Neben einer Arbeit bei Bestattungsunternehmen sind ihm nach seinen eigenen Angaben insbesondere auch Tätigkeiten im Transportbereich, im Umzugsgewerbe, in der Reinigungsbranche sowie als Baumaschinist und Anlagenfahrer zumutbar.

Der 1961 geborene Kl. verfügt über eine abgeschlossene Lehre als Maschinenkeramik-Fachwerker sowie über Berufserfahrungen im Baugewerbe, bei der Gerätebedienung und bei der Entsorgung, im Metallgewerbe sowie in der Logistik und im Verkauf. Er ist in der Lage, Baumaschinen wie Radlader und Rampen zu bedienen sowie deren Servicearbeiten auszuführen. Er hat den Hebeführerschein der Klasse 1 (Stapler) und der Klasse 5 (Kran). Der Führerschein der Klasse B ist in seinem Besitz. Die von ihm eingereichten Erwerbsbemühungen entsprechen aber nicht annähernd dem von der Rechtsprechung geforderten Umfang. Hinzu kommt, dass sich seine Erwerbsbemühungen nicht nur auf die unmittelbare Wohnortregion beschränken dürfen, sondern in zumutbarer Weise darüber hinausgehen müssen, insbesondere den Großraum Berlin/Brandenburg einschließen müssen. Der Unterhaltspflichtige hat sich, wenn es um die Sicherung des Mindestbedarfs seines minderjährigen Kindes geht, auch überregional um eine neue Arbeitsstelle zu bemühen. Auch unter Berücksichtigung seines Umgangsrechts mit dem Kl. ist ihm hierbei ein Wohnortswechsel zumutbar. Einen allgemeinen Erfahrungssatz, dass in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit selbst eine nicht besonders qualifizierte Arbeitskraft keine Chance auf dem Arbeitsmarkt habe, gibt es nicht.

Bei der Ausübung der zuvor genannten zumutbaren Tätigkeiten ist durchaus ein fiktives Einkommen von circa 1400 Euro netto erzielbar. Sowohl unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts in Höhe von 820 Euro bis zum 31. 12. 2007, als auch in Höhe von 900 Euro ab dem 1. 1. 2008 verbleibt eine ausreichende Leistungsfähigkeit des Bekl. und damit der letztlich zuerkannte Barunterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 100% des jeweiligen Regelbetrags der Regelbedarfsverordnung Ost abzüglich des jeweils anrechnungsfähigen staatlichen Kindergeldes und zwar auch, nachdem der Kl. zum 29. 7. 2007 in die 3. Altersstufe aufgerückt ist (269 Euro bzw. ab 1. 1. 2008 365 Euro).

Selbst dann, wenn es dem Bekl. im Einzelfall nicht gelingen sollte, eine derart bezahlte Arbeit zu finden und er beispielsweise die von ihm beschriebene Tätigkeit in der Wachschutzbranche ausüben würde, in der im Jahre 2005 Bruttolöhne in Höhe von circa 1400 Euro gezahlt worden seien, und ihm lediglich ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 948,96 Euro verbliebe, so dass er unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts von damals 820 Euro zunächst in Höhe von 128,96 Euro leistungsfähig sei, muss er sich im Regelfall und so auch vorliegend darauf verweisen lassen, sein Einkommen auf andere zumutbare Weise zu erhöhen, insbesondere durch die Aufnahme einer Nebentätigkeit, etwa als Zeitungs- oder Werbezettelausträger, Kellner, Bote, Reinigungskraft, Teilzeitarbeitnehmer in einem Callcenter oder bei einem Bestattungs-, Transport- oder Umzugsunternehmen und zwar auch zu ungünstigen Arbeitszeiten, beispielsweise an Wochenenden. Bei derartigen Nebentätigkeiten ist durchaus ein weiteres Nettoeinkommen von monatlich zwischen 300 und 400 Euro erzielbar.

Diese Obliegenheit kann zwar im Einzelfall unzumutbar sein, wenn es nach Abwägung der Bedarfslage des Berechtigten mit der konkreten Lebens- und Arbeitssituation des Verpflichteten unbillig erscheint, ihn auf die Ausübung einer Nebentätigkeit zu verweisen. An die äußeren Umstände, die eine Unzumutbarkeit einer Nebentätigkeit begründen können, sind aber jedenfalls dann, wenn es wie hier um die Sicherstellung des Mindestunterhalts für ein minderjähriges Kind geht, hohe Anforderungen zu stellen. Die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür hat der Unterhaltspflichtige darzulegen und zu beweisen. Anhaltspunkte hierfür sind vorliegend weder dargetan noch in sonstiger Weise ersichtlich. Sie ergeben sich weder aus dem geschilderten Gesundheitszustand noch aus der Ausübung des Umgangsrechts mit dem Kl.

Die Entscheidung des AG erweist sich auch aus einem weiteren Grund als zutreffend. Nach § 11 II 1 Nr. 7 SGB II sind seit dem 1. 8. 2006 Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten bis zu dem in einem Unterhaltstitel festgelegten Betrag vom Einkommen des Hilfsbedürftigen abzusetzen. Das bedeutet, dass ein zur Erfüllung eines titulierten Unterhaltsanspruchs erzieltes Einkommen über die in § 30 SGB II hinaus definierten Freibeträge bei der Berechnung des ALG II anrechnungsfrei verbleibt, soweit es tatsächlich geleistet wird. Um solche Ansprüche handelt es sich bei dem hier geschuldeten und vom AG zuerkannten Unterhaltsbetrag. Der Bekl. musste sich daher rechtzeitig zur Aufrechterhaltung seiner Leistungsfähigkeit im Umfang des Unterhaltsanspruchs seines minderjährigen Sohnes um eine ausreichende, wenigstens stundenweise Tätigkeit kümmern. Ausreichende Bemühungen in dieser Richtung hat er indes nicht unternommen. Er muss sich daher einen fiktiven Nebenverdienst in Höhe von mindestens 600 Euro netto monatlich anrechnen lassen. Neben dem geleisteten ALG II in Höhe von monatlich 666 Euro netto hätte er mit diesem in zumutbarer Weise, gegebenenfalls bei mehreren Unternehmen erzielbaren Nebeneinkommen den erforderlichen Unterhaltsbetrag für den Kl.gem. § 11 II 1 Nr. 7 SGB II anrechnungsfrei sicherstellen können.

Hinzu kommt vorliegend, dass auch die Kindesmutter neben dem Kindergeld lediglich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II bezieht.

Die durch Ausübung des Umgangsrechts üblicherweise entstehenden Kosten für Fahrten, Übernachtung, Verpflegung usw. kann der umgangsberechtigte Bekl. als Einkommensminderung grundsätzlich beim Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes nicht geltend machen. Billigkeitserwägungen greifen erst ein, wenn die Kostenbelastung für den Umgangsberechtigten schlechthin unzumutbar ist und die Ausübung des Umgangs praktisch unmöglich wird. Anhaltspunkte hierfür sind weder dargetan noch in sonstiger Weise ersichtlich.

Auf höhere Wohnkosten oder Kreditbelastungen kann sich der Bekl. gegenüber dem zuerkannten Unterhaltsanspruch nicht berufen. In dem Selbstbehalt ist ein angemessener Mietanteil bereits enthalten, der nunmehr für die Warmmiete 360 Euro beträgt. Ausweislich des Bewilligungsbescheids vom 21. 2. 2007 werden dem Bekl. neben den Regelleistungen für erwerbsfähige Hilfsbedürftige in Höhe von monatlich 345 Euro, Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 321 Euro gewährt, wobei Letztere unmittelbar auf das Konto seiner Eltern überwiesen werden, denen der Bekl. zuvor sein Zweifamilienwohngrundstück übertragen hat und die nach dem Inhalt des Finanzierungsübernahmevertrags vom 2. 9. 2004 mit der Eigentumsumschreibung des Grundbesitzes die restliche Rückzahlung der Kredite übernommen haben. ..."

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Unterhaltspflichtige oder -berechtigte Personen, die der deutschen Sprache nicht oder nur unvollständig mächtig sind, sind verpflichtet, zur Herstellung bzw. Verbesserung ihrer beruflichen Chancen die deutsche Sprache zu erlernen. Legt der Unterhaltspflichtige seine Einkünfte oder sein Vermögen nicht offen, kann er sich nicht mit Erfolg auf seine Leistungsunfähigkeit zur Zahlung des Mindestunterhalts berufen. Auch der Hinweis auf den Bezug von Leistungen nach dem SGB II genügt den Anforderungen nicht. Zahlungen auf titulierte Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder bleiben bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II nach dem SGB II anrechnungsfrei (OLG Brandenburg, Urteil vom 07.02.2008 - 9 UF 157/07 - Klage auf Kindesunterhalt gegen ausländischen Hartz-IV-Empfänger).

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„... Selbst wenn aber der Beklagte in tatsächlicher Hinsicht nicht leistungsfähig wäre, den geltend gemachten Unterhalt zu begleichen, so müsste er sich hier als fiktiv leistungsfähig behandeln lassen. Dass an den Beklagten insoweit strenge Anforderungen an die Erfüllung der ihn treffenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit (§ 1603 Abs. 2 S. 2 BGB) treffen, entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats.

aa. Die für einen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten wird nicht allein durch das tatsächlich vorhandene Einkommen des Unterhaltsschuldners, sondern vielmehr auch durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, seine Arbeitsfähigkeit in bestmöglicher Weise einzusetzen und eine mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben (BGH

FamRZ 2003, 1471, 1473). Gegenüber minderjährigen Kindern erfährt diese Verpflichtung aufgrund der Vorschrift des § 1603 Abs. 2 BGB eine Verschärfung dahin, dass den Unterhaltspflichtigen eine noch erheblich gesteigerte Verpflichtung zur Ausnutzung seiner Arbeitskraft trifft. Dies folgt aus der die Eltern treffenden rechtlichen und sittlichen Pflicht, ihre Kinder am Leben zu erhalten; diese Pflicht findet ihre Grenze allein in der Unmöglichkeit (RG JW 1903, 29, zitiert bei OLG Dresden OLG-Report 2005, 496; vgl. auch OLG Dresden, OLG-Report 2007, 631, 633 - Unmöglichkeit einer Nebentätigkeit). Für seine die Sicherung des Regelbetrages/Mindestunterhalts betreffende Leistungsunfähigkeit ist der Verpflichtete in vollem Umfange darlegungs- und beweisbelastet (BVerfG, FamRZ 2003, 661; BGH FamRZ 2002, 536 ff; OLG Dresden, OLG-Report 2007, 631, 633). Legt der Unterhaltsverpflichtete nicht dar, dieser Obliegenheit vollständig gerecht geworden zu sein, so muss er sich regelmäßig so behandeln lassen, als ob er über ein solch hohes Einkommen verfügt, welches ihm die Zahlung des Regelbetrages/Mindestunterhalts ermöglicht (st. Rspr. des Senats, Brandenburgisches OLG FamRZ 2007, 1336 f.; FamRZ 2007, 72; jurisPR-FamR 25/2006 Nr. 3; NJW-RR 2005, 949; FuR 2004, 38, 40; NJWE-FER 2001, 70 ff.; s. auch JAmt 2004, 502; FamRB 2004, 216, 217). Die Zurechnung fiktiver Einkünfte ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, FamRZ 2007, 2073; FamRZ 2005, 1893).

bb. Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Beklagten erkennbar nicht. Dabei mag dahinstehen, ob angesichts der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an der vormaligen Rechtsprechung des Senates dazu, dass einem Unterhaltspflichtigen regelmäßig ein zur Begleichung des Mindestunterhaltsanspruches für zwei minderjährige Kinder ausreichendes Einkommen zugerechnet werden kann, festzuhalten ist.

Hier ist zuerst zu beachten, dass der Beklagte sich jedenfalls fiktiv einen Verstoß gegen die Geltendmachung von Einkommensteuerrückerstattung vorhalten lassen müsste. Angesichts seiner Einkommensverhältnisse sowie der beengten Familienverhältnisse dürfte aller Voraussicht nach von ihm keine Einkommensteuer zu zahlen sein. Dafür spricht im Übrigen auch, dass angesichts seiner aktuellen Verdienstbescheinigungen (August/September 2007, Bl. 89 f. d.A.) er in geringer Höhe Lohnsteuer bezahlt.

Diese Überlegung kann aber letztendlich dahinstehen, da sich der Beklagte noch aus einem weiteren Grunde ein fiktiv erzielbares Nettoeinkommen in Höhe von über 1.400,- € und damit ein solch hohes Einkommen zurechnen lassen muss, dass er die Unterhaltsansprüche seiner beiden Kinder befriedigen kann. Dies folgt aus dem Umstand, dass die zuletzt genannten Verdienstbescheinigungen für August/September 2007 Nettoverdienste von 1.445,- € bzw. 1.620,- € ausweisen. Soweit darin Überstunden enthalten sind, ist zu beachten, dass der Beklagte im Rahmen seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit ebenfalls gehalten ist, ihm zumutbar abzuleistende Überstunden anzunehmen. Da er dies insoweit auch tatsächlich getan hat, bestehen hier keine Zumutbarkeitsbedenken. Insoweit mag dahinstehen, ob der Beklagte durch Inanspruchnahme der Möglichkeit von Überstunden oder durch Ausübung eines dann gleichermaßen zumutbaren Nebenverdienstes die entsprechenden Einkünfte zusätzlich zu seinen üblichen Nettoeinkünften erzielen kann.

Soweit darüber hinaus der Beklagte die Auffassung vertreten hat, bei der Unterhaltsberechnung müsse auch die Ehefrau Berücksichtigung finden, trägt dies nicht. Die Ehefrau bezieht Einkünfte von über 700,- € nach dem eigenen Vortrag des Beklagten. Soweit diese Einkünfte möglicherweise einer Bedarfsgemeinschaft zuzurechnen und daher anteilig zu verteilen sind, fehlt es an einem entsprechenden eingehenden Vortrag des auch insoweit darlegungsbelasteten Beklagten. Im Übrigen wäre dann zu berücksichtigen, dass auch ein entsprechender Anteil dieser Einkünfte dem Beklagten zuzurechnen wäre, was dann seine zuvor dargestellten Einkünfte weiter erhöhen würde. Unabhängig davon ist auch nicht feststellbar, dass der Ehefrau des Beklagten überhaupt gegen ihn ein entsprechender Unterhaltsanspruch zusteht; insbesondere trifft auch die Ehefrau insoweit eine Erwerbsobliegenheit, zu der es an jeglichem weiteren Vortrag des Beklagten fehlt. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.02.2008 - 9 WF 27/08)

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Behauptet ein unterhaltspflichtiger Anwalt, zur Leistung des Kindesunterhalts nicht in der Lage zu sein, muss er als Selbstständiger mindestens einen nachvollziehbaren Nachweis über Einkommen und Vermögen der letzten drei zusammenhängenden Jahre erbringen. Ist nach dem nachgewiesenen Einkommen keine Unterhaltszahlung möglich, ist der Anwalt ggf. verpflichtet, seine freiberufliche Tätigkeit aufzugeben und im Anstellungsverhältnis zu arbeiten und er muss auch den Nachweis durch Vorlage der Bewerbungsbelege erbringen, dass ihm eine andere oder ergänzende Tätigkeit nicht zur Verfügung steht (OLG Naumburg, Beschluss vom 01.02.2008 - 8 WF 16/08, NJW-RR 2008, 1389).

Für die Nutzung eines Firmenwagens ist im Regelfall von dem steuerlich zu veranschlagenden Wert (1%-Regelung) auszugehen. Es ist jedoch ein höherer Wert als Einkommen anzusetzen, wenn der Arbeitgeber sämtliche Kosten der Fahrzeugnutzung übernommen hat (OLG Hamm, Urteil vom 24.01.2008 - 2 UF 166/07, NJW-RR 2008, 882 ff).

Fahrtkosten, die dem in größerer Entfernung von seinen Kindern wohnenden Umgangsberechtigten anlässlich von einmal monatlich stattfindenden Umgangskontakten entstehen, sind - wenn sie weder aus Kindergeld noch aus anderen Mitteln getragen werden können - bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit für den Kindesunterhalt in vollem Umfang zu berücksichtigen (OLG Bremen, Beschluss vom 23.10.2007 - 4 WF 155/07, NJW 2008, 1237 f zu §§ 1603 II, 1684 BGB).

*** (AG)

„... Der Unterhaltsanspruch des minderjährigen Antragstellers gegen seine Mutter folgt aus §§ 1601, 1603 Abs. 2, 1610 Abs. 1 BGB. Nach § 1601 in Verbindung mit § 1603 Abs. 1 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren, es sei denn sie sind bei Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen außerstande, den Unterhalt ohne Gefährdung ihres eigenen Unterhaltes zu gewähren. Das Maß des Unterhaltes richtet sich nach den Einkommensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils. Minderjährige sind, soweit sie - wie im vorliegenden Fall - nur den Mindestunterhalt verlangen, von der Darlegungs- und Beweislast für ihren Bedarf sowie für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen befreit. Da die Leistungsunfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1603 Abs. 1 BGB als Einwendung ausgestaltet ist, liegt die Darlegungs- und Beweislast für alle die Leistungsfähigkeit mindernden Umstände beim Unterhaltspflichtigen (vgl. OLG Schleswig - Beschluss vom 14.09.2011 zum Az.:12 WF 80/11). Die Antragsgegnerin erzielte nachfolgende Einkünfte: ...

Den Unterhaltspflichtigen trifft die Obliegenheit, im Interesse des Unterhaltsberechtigten seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen. Tut er dies nicht, muss er sich fiktive Einkünfte anrechnen lassen, die er durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit erzielen könnte. Bei unterhaltsrechtlich unzureichenden Erwerbseinkünften ist ggf. eine Nebentätigkeit aufzunehmen. Bei Arbeitslosigkeit muss der Unterhaltspflichtige alles Zumutbare unternehmen, um durch Finden eines Arbeitsplatzes seine Leistungsfähigkeit wieder herzustellen. Der bloße Hinweis auf den Bezug von Arbeitslosengeld II reicht ebenso wenig aus wie die Meldung vom Arbeitsamt (AG Flensburg, FamRZ 2012, 1910). Vom Unterhaltsschuldner müssen die unternommenen Anstrengungen nicht nur konkretisiert werden, sondern er trägt auch für die Erfolglosigkeit die Darlegungs- und Beweislast. Zur Konkretisierung bedarf es der Auflistung der Bewerbung sowie des nachprüfbaren Vortrages der im Einzelnen berufsspezifisch unternommenen Schritte (vgl. OLG Brandenburg, NJW 2008, 3366 ff.).

Gegenüber dem Antragsteller als minderjährigem Kind gilt zudem eine gesteigerte Unterhaltsobliegenheit. Die Antragsgegnerin als nicht betreuende Kindesmutter trifft die Pflicht, alle verfügbaren Mittel heranzuziehen, um für den angemessenen Unterhalt ihres minderjährigen Kindes aufzukommen. Ihre Leistungsfähigkeit als Unterhaltsschuldnerin bestimmt sich nicht nach ihrem tatsächlichen Einkommen, sondern nach den in zumutbarer Weise erzielbaren Einkünften. Der gesteigert Unterhaltspflichtige muss zusätzliche Zugeständnisse bei den Arbeitsmodalitäten machen und zum Beispiel bereit sein, auch zu ungünstigen Zeiten - wie nachts, in den frühen Morgenstunden sowie am Wochenende - zu arbeiten. Die gesteigerte Arbeitspflicht verlangt eine Tätigkeit, deren Zeitaufwand dem einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entspricht (AG Flensburg, SchlAnz 2012, 489). Ihre Arbeitslosigkeit zwingt zu besonderen intensiven Bemühungen um einen Arbeitsplatz. Hierbei kann für die Anstrengung die Zeit aufzuwenden sein, die ein Erwerbstätiger für seinen Beruf aufbringt.

Diesen Anforderungen ist die Antragsgegnerin nicht gerecht geworden. Es fehlt von Seiten der Antragsgegnerin jeglicher Vortrag zu konkreten Bewerbungsbemühungen. Der bloße Verweis auf die nicht realistische Chance auf dem Arbeitsmarkt genügt jedenfalls nicht. Zwar kann ein fiktives Einkommen nur dann zugerechnet werden, wenn die Antragsgegnerin auch realistischer weise Aussicht auf einen Arbeitsplatz hat. Die volle Darlegungsbeweislast hierfür trägt allerdings die Antragsgegnerin. Den Beweis für die Unmöglichkeit des Findens eines Arbeitsplatzes kann die Antragsgegnerin regelmäßig nur durch umfangreiche erfolglose Bewerbungsbemühungen erbringen.

Die Antragstellerin verstößt derzeit und hat gegen die ihre gesteigerte Erwerbsobliegenheit verstoßen. Sie absolvierte erfolgreich im Zeitraum 09.02.2001 bis 05.08.2011 eine vom Arbeitsamt geförderte Umschulungsmaßnahme als Altenpflegehelferin. Hieran schloss sich im Zeitraum 08.08.2011 bis zum 02.09.2011 ein Praktikum an. Die Antragsgegnerin hat sich als ungelernte Kraft qualifiziert und damit Vorsorge getroffen, auf dem Arbeitsmarkt höhere Einkünfte zu erzielen. Dies ist unterhaltsrechtlich zu akzeptieren und gereicht nicht zu einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit. Allerdings geht das Gericht davon aus, dass sie bei ernsthafter Anstrengung ab Januar 2012 - mithin in einem Zeitraum von über drei Monaten - im Rahmen ihrer Qualifikation als Altenpflegehelferin eine Vollzeitbeschäftigung gefunden hätte, wenn sie sich überhaupt beworben hätte. Dass die Stellensuche erfolgreich verlaufen wäre, ist hinlänglich sicher anzunehmen. Schließlich vermochte sie aufgrund ihrer - einzig belegten - Bewerbung vom 28.06.2012 bereits zum 15.07.2012 eine Teilzeitstelle in einem Alten- und Pflegeheim zu finden. Allerdings konnte die Antragsgegnerin sich nicht darauf zurückziehen, dass sie mit einer Teilzeitbeschäftigung im Umfang von durchschnittlich 20 Wochenstunden und einem Bruttogehalt von 800,00 Euro ihrer gesteigerten Erwerbsobliegenheit genügt. Zwar können grundsätzlich körperliche Belange oder ein Betreuungsbedarf von zu versorgenden Kindern zu einer Reduzierung der Erwerbsobliegenheit führen, jedoch ist dies weder offensichtlich noch anderweitig dargelegt. Allein der Umstand, dass die Antragsgegnerin die ebenfalls minderjährige 14-jährige Tochter betreut, besagt nichts zum konkreten Betreuungsbedarf. Zudem wäre die Antragsgegnerin unterhaltsrechtlich gehalten, etwaige Betreuungszeiten der Tochter mit den Arbeitszeiten abzustimmen. Auch hierfür ist nichts ersichtlich.

Nach den allgemein zugänglichen Information von der Hans-Böckler-Stiftung im Rahmen des dort befindlichen Lohnspiegels könnte die Antragsgegnerin bei einer vollschichtigen Tätigkeit als Altenpflegehelferin monatlich mindestens 1.700,00 Euro brutto erzielen. Zwar weisen die Tabellen eine höhere Entgeltspanne auf, jedoch ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin als Berufsanfängerin einzustufen ist und die Tabellenwerte sich auf Tätigkeiten im öffentlichen Dienst beziehen, so dass im Rahmen der Schätzung im Sinne von § 287 ZPO ein Sicherheitsabschlag vorzunehmen ist. ..." (AG Flensburg, Beschluss vom 08.02.2013 - 92 F 178/11)

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§ 1604 Einfluss des Güterstands

Lebt der Unterhaltspflichtige in Gütergemeinschaft, bestimmt sich seine Unterhaltspflicht Verwandten gegenüber so, als ob das Gesamtgut ihm gehörte. Haben beide in Gütergemeinschaft lebende Personen bedürftige Verwandte, ist der Unterhalt aus dem Gesamtgut so zu gewähren, als ob die Bedürftigen zu beiden Unterhaltspflichtigen in dem Verwandtschaftsverhältnis stünden, auf dem die Unterhaltspflicht des Verpflichteten beruht.

§ 1605 Auskunftspflicht

(1) Verwandte in gerader Linie sind einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Über die Höhe der Einkünfte sind auf Verlangen Belege, insbesondere Bescheinigungen des Arbeitgebers, vorzulegen. Die §§ 260, 261 sind entsprechend anzuwenden.

(2) Vor Ablauf von zwei Jahren kann Auskunft erneut nur verlangt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der zur Auskunft Verpflichtete später wesentlich höhere Einkünfte oder weiteres Vermögen erworben hat.

Leitsätze/Entscheidungen:

Ein Auskunftsanspruch des Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil entfällt nicht allein aufgrund der Erklärung des Unterhaltspflichtigen, er sei „unbegrenzt leistungsfähig" (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. November 2017 - XII ZB 503/16, BGHZ 217, 24 = FamRZ 2018, 260). Eine begrenzte Fortschreibung der in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Bedarfsbeträge bis zur Höhe des Doppelten des höchsten darin (zur Zeit) ausgewiesenen Einkommensbetrags ist nicht ausgeschlossen (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 15. November 2017 - XII ZB 503/16; BGHZ 217, 24 = FamRZ 2018, 260 und vom 25. September 2019 - XII ZB 25/19, BGHZ 223, 203 = FamRZ 2020, 21; teilweise Aufgabe der Senatsurteile vom 13. Oktober 1999 - XII ZR 16/98, FamRZ 2000, 358 und vom 11. April 2001 - XII ZR 152/99, FamRZ 2001, 1603). Übersteigt das Einkommen des Unterhaltspflichtigen diesen Betrag, bleibt eine Einkommensauskunft bei Geltendmachung eines neben dem Tabellenbedarf bestehenden Mehrbedarfs erforderlich, um die jeweilige Haftungsquote der Eltern bestimmen zu können (BGH, Beschluss vom 16.09.2020 - XII ZB 499/19).

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Der Anspruch auf Auskunft über das Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist bereits gegeben, wenn die Auskunft für den Unterhaltsanspruch Bedeutung haben kann (im Anschluss an Senatsurteile vom 22. Juni 1994, XII ZR 100/93, FamRZ 1994, 1169 und vom 7. Juli 1982, IVb ZR 738/80, FamRZ 1982, 996). Es ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Tatsachengerichte im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon ausgehen, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe des Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrags vollständig für den Lebensbedarf der Familie verwendet worden ist. Der Unterhaltsbedarf kann in diesem Fall ohne Darlegung der konkreten Einkommensverwendung nach der Einkommensquote bemessen werden (teilweise Aufgabe von Senatsurteil vom 11. August 2010, XII ZR 102/09, FamRZ 2010, 1637). Soweit das Einkommen darüber hinausgeht, hat der Unterhaltsberechtigte, wenn er dennoch Unterhalt nach der Quotenmethode begehrt, die vollständige Verwendung des Einkommens für den Lebensbedarf darzulegen und im Bestreitensfall in vollem Umfang zu beweisen. Ein Auskunftsanspruch gegen den Unterhaltspflichtigen ist immer schon dann gegeben, wenn unabhängig von der tatsächlichen Vermutung der Einkommensverwendung eine Darlegung des Bedarfs nach der Quotenmethode in Betracht kommt. Aufgrund der Erklärung des Unterhaltspflichtigen, er sei "unbegrenzt leistungsfähig", entfällt der Auskunftsanspruch noch nicht (Fortführung von Senatsurteil vom 22. Juni 1994, XII ZR 100/93, FamRZ 1994, 1169; BGH, Beschluss vom 15.11.2017 - XII ZB 503/16).

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Bei der Bemessung der Beschwer des zur Auskunft Verpflichteten ist regelmäßig davon auszugehen, dass die hierfür erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können. Der Auskunftspflichtige, der in Abweichung hiervon behauptet, dass ihm dies nicht möglich sei, hat die Gründe hierfür im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 28. November 2012, XII ZB 620/11, FamRZ 2013, 105 und vom 29. September 2010, XII ZB 49/09, FuR 2011, 110; BGH, Beschluss vom 11.03.2015 - XII ZB 317/14).

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Teilauskünfte eines Ehegatten über seine unterhaltsrechtlich relevanten Einkünfte führen nicht zu einer teilweisen Erfüllung des Auskunftsanspruchs aus § 1605 BGB, solange nicht auch die übrigen Teilauskünfte nebst einer Erklärung des Auskunftsschuldners vorliegen, dass diese in ihrer Gesamtheit den Auskunftsanspruch vollständig erfüllen sollen (BGH, Beschluss vom 22.10.2014 - XII ZB 385/13).

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„... I. Der 2004 geborene Kläger begehrt vom Beklagten, seinem Vater, mit der vor dem 1. September 2009 erhobenen Stufenklage die Erteilung von Auskünften und die Zahlung von Kindesunterhalt.

Das Amtsgericht hat den Beklagten durch Teilurteil zur Auskunftserteilung über sein Einkommen und Vermögen sowie zur Vorlage von Belegen zum Einkommen verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, weil die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Mindestbeschwer nicht erreicht sei. Der Beklagte hat dagegen Rechtsbeschwerde eingelegt, mit welcher er die Abweisung der Klage erstrebt.

II. Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis 31. August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).

Die gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

1. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Beklagten weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Diese Verfahrensgrundrechte verbieten es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschlüsse vom 23. Mai 2012 - XII ZB 594/11 - FamFR 2012, 353 und vom 12. Oktober 2011 - XII ZB 127/11 - FamRZ 2011, 1929 Rn. 8 mwN).

2. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zutreffend nach §§ 522 Abs. 1 Satz 2, 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteige. Das stimmt mit der Rechtsprechung des Senats überein und ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

a) Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, der Wert des Beschwerdegegenstandes richte sich nach dem Interesse des Beklagten, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Es komme auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Erteilung der Auskunft erfordere. Da dem Beklagten, der bei der S. AG abhängig beschäftigt sei, die Auskunft ohne Unterstützung eines Dritten möglich sei, sei die Beschwer anhand des persönlichen Zeit- und Arbeitsaufwands des Auskunftspflichtigen zu schätzen. Ein besonderes und schützenswertes Geheimhaltungsinteresse sei nicht dargelegt. Inwiefern der Kläger die im Rahmen der Auskunftserteilung erlangten Informationen nutzen könnte, um ihm zu schaden, sei nicht ersichtlich.

Das Oberlandesgericht hat näher begründet, dass der erforderliche Arbeitsaufwand wie auch Kosten aufgrund der Verpflichtung zur Vorlage von Belegen keinen 600 € übersteigenden Wert ergeben.

b) Die Rechtsbeschwerde vermag einen Grund im Sinne von § 574 Abs. 2 ZPO nicht aufzuzeigen.

aa) Die Rechtsbeschwerde vertritt die Auffassung, der Beklagte sei zu einer unmöglichen Leistung verurteilt worden, weil er zur Vorlage von Originalen seiner Entgeltnachweise verurteilt sei, wobei er diese nur elektronisch erhalte. Er könne die Nachweise lediglich wieder in Papierform erhalten, die sich jedoch von dem elektronisch übermittelten Entgeltnachweis nicht unterscheide. Die Verpflichtung zur Vorlage von Originalen führe zwangsläufig zur Verhängung eines Zwangsgelds, was der Beschwer mit 1.000 € hinzuzurechnen sei.

Das erscheint bereits deswegen zweifelhaft, weil die Vorlage eines Originals, etwa mit Datum, Stempel und Unterschrift des Arbeitgebers entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht geschuldet ist. Das Urteil bezieht sich ersichtlich auf § 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach über die Höhe der Einkünfte auf Verlangen Belege, insbesondere Bescheinigungen des Arbeitgebers, vorzulegen sind. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob der Beklagte - was naheliegt - durch die Vorlage von Ausdrucken der ihm erteilten Lohnnachweise seiner Verpflichtung genügen würde.

Denn eine Unmöglichkeit der Vorlage von Belegen ergibt sich aus dem Vorbringen des Beklagten jedenfalls nicht. Dass weder ein vom Beklagten selbst noch ein von seinem Arbeitgeber erstellter Lohnnachweis die Erfordernisse des Titels erfüllen könne, weil das Original nur die elektronische Version sei, trifft nicht zu. Vielmehr würde der Beklagte jedenfalls durch von seinem Arbeitgeber erstellte Ausdrucke seiner Pflicht aus dem Titel zweifellos Genüge tun. Die zur unmöglichen Auskunftserteilung ergangene Rechtsprechung des Senats zur Erhöhung der Beschwer um die Kosten einer notwendigen Rechtsverteidigung (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2011 - XII ZB 465/11 - FamRZ 2012, 24 Rn. 18 ff. und Senatsurteil vom 10. Dezember 2008 - XII ZR 108/05 - FamRZ 2009, 495, 496) findet demnach keine Anwendung. Dass die von ihm im ungünstigsten Fall verlangte Beschaffung der von seinem Arbeitgeber noch zu erstellenden Lohnbescheinigungen einen nennenswerten Kostenaufwand verursacht, hat der Beklagte nicht dargetan. Dafür, dass er gegen seinen Arbeitgeber auf ‚Vorlage von Originalbelegen' klagen müsste, hat der Beklagte schließlich nichts vorgetragen.

bb) Des Weiteren hat sich der Beklagte auf ein Geheimhaltungsinteresse berufen und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geltend gemacht. Hierbei handelt es sich indessen schon nicht um eine besondere Interessenlage des Beklagten, weil es sich bei den Lohnbescheinigungen um eine übliche und vom Gesetz in § 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB besonders hervorgehobene Form der Auskunftserteilung handelt (vgl. auch §§ 235, 236 FamFG), die dem Unterhaltsberechtigten eine Überprüfung der Unterhaltsbemessung ermöglichen soll. Dass dabei - etwa mit der Personalnummer bei seinem Arbeitgeber und der Kontonummer - auch Daten mitgeteilt würden, die für die Unterhaltsbemessung nicht notwendig seien, stellt entgegen der Auffassung des Beklagten keine reine Datenerhebung um der Datenerhebung Willen dar, sondern steht im Sachzusammenhang mit der Auskunft und eröffnet dem Gericht bei unzureichender Auskunft das in § 236 Abs. 1 Nr. 1 FamFG vorgesehene Auskunftsverlangen an den Arbeitgeber. Ob der Beklagte etwa befugt wäre, derartige Angaben zu schwärzen, braucht aber schon deswegen nicht entschieden zu werden, weil es sich - wie etwa auch bei der Mitteilung der Adresse - im Regelfall um nebensächliche Auskünfte handelt und ein im vorliegenden Einzelfall drohender konkreter Nachteil vom Beklagten insoweit nicht dargetan ist (vgl. BGH Beschluss vom 10. Juni 1999 - VII ZB 17/98 - NJW 1999, 3049).

cc) Schließlich liegt auch die vom Beklagten gerügte Gehörsverletzung nicht vor. Dafür, dass er durch den angefochtenen Beschluss in unzulässiger Weise überrascht worden sei, beruft sich der Beklagte darauf, er habe nach zweifacher Ladung zur mündlichen Verhandlung und von ihm in diesem wie in einem anderen Verfahren gestellten Ablehnungsgesuchen davon ausgehen können, dass das vorliegende Verfahren genau da fortgesetzt werden würde, wo es durch die Ablehnungsgesuche unterbrochen worden sei. Hierfür fehlt eine Grundlage. Das Oberlandesgericht hat durch Beschluss vom 24. August 2010 auf eine mögliche Unzulässigkeit der Berufung hingewiesen. Nach der Erledigung des Ablehnungsgesuchs hat das Oberlandesgericht einen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 19. April 2012 bestimmt. Nachdem dieser Termin wegen eines erneuten Ablehnungsgesuchs in einem anderen Verfahren wieder aufgehoben worden ist, durfte der anwaltlich vertretene Beklagte nicht darauf vertrauen, dass ein erneuter Termin anberaumt werden würde. Vielmehr hatte er ausreichende Gelegenheit, auf den Hinweis vom 24. August 2010 Stellung zu nehmen und den nach seiner Auffassung bestehenden Wert des Beschwerdegegenstandes eingehend zu begründen. Wenn das Oberlandesgericht mithin ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, weil es eine solche hinsichtlich der - ursprünglich noch angestrebten - einvernehmlichen Regelung des Unterhalts nicht mehr für zweckdienlich gehalten hat, ist dies nicht zu beanstanden.

dd) Die weiteren von der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Beanstandungen betreffen die Begründetheit des Auskunftsverlangens und sind - mit Ausnahme des oben erörterten Einwands der Unmöglichkeit - schon deswegen für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung. ..." (BGH, Beschluss vom 07.05.2014 - XII ZB 408/13)

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„... I. Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner mit einem Stufenantrag auf Trennungsunterhalt sowie Kindesunterhalt für das bei ihr lebende gemeinsame minderjährige Kind in Anspruch. Das Familiengericht hat den Antragsgegner in erster Stufe verpflichtet, der Antragstellerin in näher bezeichnetem Umfang Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen und diese zu belegen. Der Antragsgegner hat Beschwerde gegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung über seine Einkünfte eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 600 € nicht übersteige. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.

Die gemäß §§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Diese Verfahrensgrundrechte verbieten es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2011 - XII ZB 127/11 - FamRZ 2011, 1929 mwN).

2. Das Oberlandesgericht hat die Erstbeschwerde zutreffend nach §§ 68 Abs. 2 Satz 2, 61 Abs. 1 FamFG als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteigt.

a) Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, der Wert des Beschwerdegegenstandes richte sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, der für den Antragsgegner mit der Auskunftserteilung und der Vorlage der Belege verbunden sei. Aus den bereits vorliegenden Einkommensteuererklärungen für 2010 und 2011 ergebe sich, dass der Antragsgegner in diesen Jahren keine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielt habe. Es sei deshalb davon auszugehen, dass er in dem gesamten Auskunftszeitraum vom 1. Dezember 2008 bis 30. November 2011 keine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit gehabt habe und insoweit auch kein Aufwand für die Auskunftserteilung entstehe. Bezüglich der Einkünfte aus Geschäftsbeteiligungen in diesem Zeitraum sei davon auszugehen, dass die maßgeblichen Daten bereits aus anderem Anlass durch den Steuerberater zusammengetragen worden seien und für die Auskunftserteilung an die Antragstellerin nur noch mit einem geringen Aufwand von allenfalls einer halben Stunde aufgelistet werden müssten. Der weitere Aufwand, Auskunft über die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit vom 1. Dezember 2010 bis 30. November 2011 zu erteilen, betrage höchstens eine Viertelstunde. Für die Zusammenstellung der Belege falle eine weitere Stunde Aufwand an. Zusätzlicher Aufwand für die Auskunftserteilung über sonstige Einkünfte, insbesondere aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen, falle nicht an, da die vom Familiengericht ausgesprochene Verpflichtung mangels näherer Eingrenzung des Auskunftszeitraums keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe. Für die Abwehr eines etwaigen Vollstreckungsversuchs insoweit sei ein zeitlicher Aufwand von einer halben Stunde anzusetzen. Diesbezüglich sei auch keine anwaltliche Beratung erforderlich, welche im Übrigen auch nicht gesondert abgerechnet werden könne, sondern mit den Gebühren für den erstinstanzlichen Rechtszug abgegolten sei. Werde die Frage im Vollstreckungsverfahren streitig, entstünde weiterer Aufwand von lediglich 128,95 € Anwaltskosten und einer Viertelstunde Besprechungsaufwand. Zusammen mit dem Zeitaufwand für eine eigene Auskunftserteilung von maximal insgesamt vier Stunden liege der Gesamtaufwand unter dem Beschwerdewert von 600 €.

b) Das Oberlandesgericht hat zutreffend erkannt, dass für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses ist auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (Senatsbeschlüsse vom 26. Oktober 2011 - XII ZB 465/11 - FamRZ 2012, 24 Rn. 16 und vom 23. März 2011 - XII ZB 436/10 - FamRZ 2011, 882 Rn. 9 mwN).

Dabei kann der dem Beschwerdegericht bei seiner Schätzung eingeräumte Ermessensspielraum im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (Senatsbeschlüsse vom 26. Oktober 2011 - XII ZB 465/11 - FamRZ 2012, 24 Rn. 17; vom 14. Februar 2007 - XII ZB 150/05 - FamRZ 2007, 711 Rn. 9; vom 3. November 2004 - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104, 105; BGHZ 155, 127 = FamRZ 2003, 1267, 1268 und vom 24. Juli 2002 - XII ZB 31/02 - FamRZ 2003, 597). Letzteres ist hier nicht der Fall.

aa) Soweit die Rechtsbeschwerde einen den Betrag von 600 € übersteigenden Aufwand darin sieht, dass der Antragsgegner seine Einkünfte aus zwei Unternehmensbeteiligungen durch Vorlage von Gewinn- und Verlustrechnungen, betriebswirtschaftlichen Auswertungen sowie Umsatzsteueranmeldungen und Einkommensteuerbescheiden, welche ihm allesamt nicht vorlägen, belegen müsse, ist dem nicht zu folgen. Bei verständiger Würdigung ist die vom Familiengericht auferlegte Belegpflicht nach einzelnen Einkommensarten unterteilt. Die zuerst genannten ‚Lohnabrechnungen' können sich ersichtlich nur auf das Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit beziehen, die ‚Gewinn- und Verlustrechnungen hinsichtlich der Firmenbeteiligungen' beziehen sich auf die beiden in Rede stehenden Unternehmensbeteiligungen, während die ‚betriebswirtschaftlichen Auswertungen' sowie ‚Umsatzsteueranmeldungen und bescheide' auf eine etwaige selbständige Tätigkeit zielen.

Bezüglich der Unternehmensbeteiligungen an zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung beschränkt sich die Belegpflicht somit auf die Vorlage von ‚Gewinn- und Verlustrechnungen'. Diese sind Teil der Jahresabschlüsse (§ 242 Abs. 2, 3 HGB), welche die Geschäftsführer spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres aufzustellen haben (§ 264 Abs. 1 Satz 3, 4 HGB) und die spätestens innerhalb von elf Monaten durch Gesellschafterbeschluss festzustellen sind (§ 42 a Abs. 2 GmbHG). Dass die Gesellschaften diesen Gesetzespflichten nicht nachgekommen seien, ist nicht festgestellt. Da der Antragsgegner in beiden hier in Rede stehenden Gesellschaften während des maßgeblichen Auskunftszeitraums sowohl eine Geschäftsführer- als auch eine Gesellschafterstellung innehatte, kann mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, dass er über die jeweiligen Gewinn- und Verlustrechnungen verfügt.

bb) Soweit die Rechtsbeschwerde in Betracht zieht, der vom Familiengericht ausgesprochenen Verpflichtung zur Auskunftserteilung über sonstige Einkünfte, insbesondere aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen, könne ein vollstreckungsfähiger Inhalt insoweit beigemessen werden, als im Wege der Auslegung davon auszugehen sei, dass dieser Verpflichtung gleichfalls der Zeitraum 2008 bis 2011 zugrundezulegen sei, ist weder ersichtlich noch hinreichend dargelegt, dass der im Zusammenhang mit dieser Verpflichtung entstehende Zeitaufwand einen größeren Umfang einnähme als derjenige Aufwand, den das Oberlandesgericht für die Abwehr von Vollstreckungsversuchen aus einem unterstellt unbestimmten Auskunftstitel zugrunde gelegt hat.

Insbesondere bedarf es zur Erfüllung der Auskunft auch insoweit nicht der Hinzuziehung eines Steuerberaters. Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können bei der Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes nämlich nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2005 - XII ZB 25/05 - FamRZ 2006, 33, 34 und Senatsurteil vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 - FamRZ 2002, 666, 667). Davon ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen.

Der eigene Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen konnte für die hier relevante Zeit nicht höher als maximal 17 € pro Stunde bewertet werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23. Mai 2012 - XII ZB 594/11 - juris Rn. 9 und vom 21. März 2012 - XII ZB 420/11 - juris; BGH Beschluss vom 28. September 2011 - IV ZR 250/10 - FamRZ 2012, 299 mwN). Dass danach ein Gesamtaufwand von insgesamt über 600 € entstünde, ist weder ersichtlich noch dargelegt.

cc) Ebenfalls zutreffend hat das Oberlandesgericht den Aufwand für die Erstellung eines Vermögensverzeichnisses nicht in die maßgebliche Beschwer eingerechnet. Für die Wertgrenze der Beschwerde nach § 61 Abs. 1 FamFG ist nicht die Beschwer aus dem angefochtenen Beschluss, sondern der Wert des Beschwerdegegenstandes aus dem beabsichtigten Rechtsmittelverfahren maßgebend (vgl. BGH Beschluss vom 30. November 2005 - IV ZR 214/04 - NJW 2006, 1142). Beschränkt der Rechtsmittelführer wie hier sein Rechtsmittel auf einzelne Gegenstände der ausgesprochenen Verpflichtung, ist nur die darin liegende Beschwer für das Erreichen der Zulässigkeitsgrenze heranzuziehen.

Rechtsfehler bei der Auslegung der mit der Beschwerde verfolgten Angriffsziele und der damit einhergehenden Rechtsmittelbeschränkung liegen nicht vor. ..." (BGH, Beschluss vom 22.01.2014 - XII ZB 278/13).

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Leistet ein geschiedener Elternteil aus freien Stücken den vollen Ausbildungsunterhalt für sein volljähriges Kind, so ist er, solange er gegenüber dem anderen Elternteil keinen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch verfolgt, diesem gegenüber nicht zur Auskunft über seine Einkünfte verpflichtet ((BGH, Beschluss vom 17.04.2013 - XII ZB 329/12 zu § 1606 III BGB)-

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Zur Höhe der Beschwer, wenn der Unterhaltspflichtige und sein Ehegatte steuerlich zusammen veranlagt wurden und der Unterhaltspflichtige zur Auskunft über sein Einkommen und zur Vorlage des Einkommensteuerbescheids verurteilt worden ist (BGH, Beschluss vom 11.07.2012 - XII ZB 354/11):

„... 2. Auf dieser rechtlichen Grundlage ist im Falle einer Verurteilung zur Auskunft der Wert der Beschwer gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i. V. m. § 3 ZPO nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur darauf überprüfen, ob das Beschwerdegericht von dem ihm eingeräumten Ermessen rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht hat, was insbesondere dann der Fall ist, wenn das Gericht bei der Bewertung des Beschwerdegegenstandes maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i. V. m. § 139 ZPO) nicht festgestellt hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 31. Januar 2007 - XII ZB 133/06 - FamRZ 2007, 714 Rn. 5 mwN und vom 31. März 2010 - XII ZB 130/09 - FamRZ 2010, 881 Rn. 10).

3. Soweit das Beschwerdegericht den Aufwand für die Zusammenstellung und die Vorlage der im Tenor des angefochtenen Beschlusses genannten Unterlagen sowie der darauf aufbauenden Auskunft auf unter 600 € geschätzt hat, lässt dies einen Ermessensfehler zum Nachteil des Antragsgegners nicht erkennen.

a) Zu Recht hat das Beschwerdegericht die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson bei der Bemessung der Beschwer außer Betracht gelassen. Solche Kosten können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige selbst zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsbeschlüsse vom 25. April 2007 - XII ZB 10/07 - FamRZ 2007, 1090 Rn. 7; vom 26. Oktober 2005 - XII ZB 25/05 - FamRZ 2006, 33, 34 und Senatsurteil vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 - FamRZ 2002, 666, 667). Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt.

Der Antragsgegner verfügt nach eigenen Angaben lediglich über Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung und einer beamtenrechtlichen Versorgung. Die Höhe seiner Einkünfte kann er daher unschwer anhand der ergangenen Rentenbescheide und Bezügemitteilungen ermitteln und belegen. Soweit er durch den amtsgerichtlichen Beschluss darüber hinaus zur Auskunft verpflichtet worden ist, ob er Einkommen aus anderen steuerrechtlichen Einkunftsarten erzielt, kann er die geschuldete Auskunft durch die einfache Erklärung erfüllen, dass er über keine weiteren Einkünfte verfügt. Der Hinzuziehung einer sachkundigen Hilfsperson bedarf es für diese Erklärung nicht.

b) Der Antragsgegner benötigt zur Erteilung der geschuldeten Auskünfte auch nicht der Hilfe eines Steuerberaters.

aa) Soweit die Rechtsbeschwerde hierzu ausführt, der Antragsgegner benötige die Unterstützung durch einen Steuerberater, weil er mit seiner Ehefrau gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werde und daher eine Einzelveranlagung erstellt werden müsse, um über das auf ihn entfallende Nettoeinkommen Auskunft geben zu können, kann dem nicht gefolgt werden.

bb) Im Rahmen der hier titulierten Auskunftsverpflichtung des Unterhaltsschuldners ist der Maßstab für die Aufteilung einer Steuerschuld oder -erstattung im Innenverhältnis zusammenveranlagter Ehegatten (vgl. insoweit Senatsurteil vom 31. Mai 2006 - XII ZR 111/03 - FamRZ 2006, 1178 Rn. 17 ff.) ohne Belang. Deren Zweck besteht vornehmlich darin, den vermeintlich Unterhaltsberechtigten in die Lage zu versetzen, seinen Anspruch richtig berechnen und die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners prüfen zu können (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 1150). Wenn der Antragsgegner gemeinsam mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt wird, ist er im Rahmen der nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB bestehenden Pflicht zur Auskunftserteilung und Belegvorlage nicht gehalten, eine (bereinigte) Einkommensteuererklärung vorzulegen, aus der sich das allein auf ihn entfallende Nettoeinkommen entnehmen lässt.

cc) Dem entspricht auch der Entscheidungsausspruch des amtsgerichtlichen Beschlusses. Danach ist der Antragsgegner nur verpflichtet, anzugeben, ob von ihm in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2009 Einkommensteuererklärungen abgegeben wurden, ob Einkommensteuerbescheide ergangen sind, ob und in welcher Höhe Steuerrückerstattungen zugeflossen oder Steuernachzahlungen geleistet worden sind. Aus diesen Auskünften lässt sich zwar das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Antragsgegners nicht unmittelbar entnehmen, weil dieses mit dem steuerrechtlichen Einkommen eines Unterhaltsschuldners in der Regel nicht identisch ist (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 48). Gleichwohl erfüllt der Antragsgegner seine Verpflichtung zur Auskunftserteilung bereits mit den genannten Angaben.

dd) Nach der Rechtsprechung des Senats muss der Auskunftspflichtige den Steuerbescheid auch dann vorlegen, wenn er zusammen mit seinem Ehegatten veranlagt worden ist. Ein etwaiges Geheimhaltungsinteresse kann der Unterhaltsschuldner dadurch wahren, dass er solche Betragsangaben abdeckt oder sonst unkenntlich macht, die ausschließlich seinen Ehegatten betreffen oder in denen Werte für ihn und seinen Ehegatten zusammengefasst sind, ohne dass sein eigener Anteil daraus entnommen werden kann (Senatsurteil vom 13. April 1983 - IVb ZR 374/81 - FamRZ 1983, 680, 682; vgl. dazu auch Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 1183). Das kann dadurch erfolgen, dass er die in dem vorzulegenden Einkommensteuerbescheid enthaltenen Angaben zum Einkommen seiner Ehefrau schwärzt (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2004 - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104).

Im vorliegenden Fall kann der Antragsgegner die ihm auferlegte Verpflichtung zur Vorlage seiner Steuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2009 damit ohne die Hilfe eines Steuerberaters erfüllen. Sofern er das Einkommen seiner Ehefrau nicht preisgeben möchte, ist es ihm unbenommen, die entsprechenden Angaben in den Steuerbescheiden zu schwärzen. Einer von einem Steuerberater durchgeführten Berechnung der Steuerschuld des Antragsgegners bei einer getrennten Veranlagung für die beiden relevanten Steuerjahre bedarf es dazu nicht.

4. Aus Rechtsgründen ist auch nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht bei der Bemessung der Beschwer keine Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts berücksichtigt hat. Der Antragsgegner bedarf keiner Beratung durch einen Rechtsanwalt, um die ihm obliegenden Auskunfts- und Belegpflichten zu erfüllen.

a) Zwar kann sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Beschwer nach den mit der Abwehr einer ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten bemessen, wenn die Auskunftsverpflichtung, zu welcher der Unterhaltsschuldner verurteilt wurde, nicht bzw. nur teilweise vollstreckungsfähig ist (Senatsurteile vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 - FamRZ 2002, 666, 668 und vom 18. Dezember 1991 - XII ZR 79/91 - FamRZ 1992, 535 ff.; Senatsbeschlüsse vom 27. November 1991 - XII ZB 102/91 - FamRZ 1992, 425 und vom 24. Juni 1992 - XII ZB 56/92 - FamRZ 1993, 45). Ist der Entscheidungsausspruch nicht hinreichend bestimmt oder setzt die sorgfältige Erfüllung des Auskunftsanspruchs Rechtskenntnisse voraus, können auch die Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwalts für die Höhe der Beschwer maßgeblich sein (vgl. BGH Beschluss vom 29. November 1995 - IV ZB 19/95 - WM 1996, 466, 467).

b) Im vorliegenden Fall war der Antragsgegner indes nicht auf die Beratung durch einen Rechtsanwalt angewiesen.

Der Antragsgegner macht weder geltend, die amtsgerichtliche Entscheidung habe einen nicht vollstreckbaren Inhalt noch verpflichte sie ihn zu einer unmöglichen Leistung. Die Erklärungen, die der Antragsgegner zu erbringen hat, sind in dem amtsgerichtlichen Beschluss ebenso eindeutig und zweifelsfrei beschrieben wie die Unterlagen, die er vorlegen muss. Dass der Antragsgegner sowohl über Bestand und Höhe seines Vermögens als auch über sämtliche in seinem Allein- oder Miteigentum stehenden Immobilien Auskunft geben soll, macht eine anwaltliche Beratung nicht erforderlich. Zwar erfasst der Begriff des Vermögens auch Immobilien, so dass sich diese beiden Auskunftsverpflichtungen inhaltlich teilweise überschneiden. Aus der Sicht des Antragsgegners ist jedoch klar zu erkennen, wozu er sich zu erklären hat. Gleiches gilt für die Verpflichtung, Bankauskünfte zum Nachweis von Sparvermögen und Wertpapieren etc. sowie bei Lebensversicherungen Bestätigungen der Versicherungsgesellschaften über die Höhe der Rückkaufwerte und bei Immobilienkaufverträgen die Grundsteuerbescheide vorzulegen. Auch insoweit ist der Umfang der Auskunfts- und Belegpflicht in der amtsgerichtlichen Entscheidung eindeutig festgelegt.

Schließlich ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch keine anwaltliche Beratung dazu erforderlich, was unter dem unterhaltsrechtlich relevanten Nettoeinkommen des Antragsgegners zu verstehen ist, weil der Antragsgegner darüber keine Auskunft erteilten muss. ..."

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Zur Höhe der Beschwer, wenn der Unterhaltspflichtige und sein Ehegatte steuerlich zusammen veranlagt wurden und der Unterhaltspflichtige zur Vorlage des Einkommensteuerbescheids verurteilt worden ist (BGH, Beschluss vom 09.11.2011 - XII ZB 212/11 zu § 61 Abs 1 FamFG, § 1605 BGB, § 26b EStG):

„... I. Die Antragstellerin ist die volljährige Tochter des Antragsgegners aus dessen erster Ehe. Sie nimmt den Antragsgegner, der mittlerweile wieder verheiratet ist, auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch.

Auf den von der Antragstellerin erhobenen Stufenantrag wurde der Antragsgegner durch Teilbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - u. a. dazu verurteilt, der Antragstellerin Auskunft zu erteilen über die Höhe der von ihm innerhalb der Monate März 2009 bis Februar 2010 bezogenen Nettoeinkünfte aus Erwerbstätigkeit und aus Steuerrückzahlungen sowie diese Auskunft durch die Vorlage von Einkommensbelegen und seines letzten Steuerbescheids für die Jahre 2008 und 2009 zu belegen.

Gegen diesen Teilbeschluss hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht hat den Wert der Beschwer für das Beschwerdeverfahren auf 300 € festgesetzt und die Beschwerde sodann als unzulässig verworfen.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners, mit der er geltend macht, der Wert der Beschwer übersteige 600 €.

II. Die nach § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i. V. m. §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde des Antragsgegners ist nicht zulässig, weil weder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), noch die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

1. a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass für die Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstandes bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist - von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen - auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Senatsbeschlüsse vom 23. März 2011 - XII ZB 436/10 - FamRZ 2011, 882 Rn. 9; vom 22. April 2009 - XII ZB 49/07 - FamRZ 2009, 1211 Rn. 9 jeweils mwN und vom 31. Januar 2007 - XII ZB 133/06 - FamRZ 2007, 714 Rn. 4; BGHZ - GSZ - 128, 85 = NJW 1995, 664 f.).

b) Auf dieser rechtlichen Grundlage ist im Falle einer Verurteilung zur Auskunft der Wert der Beschwer gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 3 ZPO nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur darauf überprüfen, ob das Beschwerdegericht von dem ihm nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 3 ZPO eingeräumten Ermessen rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht hat, was insbesondere dann der Fall ist, wenn das Gericht bei der Bewertung des Beschwerdegegenstandes maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder etwa erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 139 ZPO) nicht festgestellt hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 31. Januar 2007 - XII ZB 133/06 - FamRZ 2007, 714 Rn. 5 mwN und vom 31. März 2010 - XII ZB 130/09 - FamRZ 2010, 881 Rn. 10).

c) Soweit das Beschwerdegericht den Aufwand für die Zusammenstellung und die Vorlage der im Tenor des angefochtenen Beschlusses genannten Unterlagen sowie der darauf aufbauenden Auskunft auf unter 600 € geschätzt hat, lässt dies einen Ermessensfehler zum Nachteil des Antragsgegners nicht erkennen.

d) Zu Recht hat das Beschwerdegericht auch die Kosten der Zuziehung eines Steuerberaters bei der Bemessung der Beschwer außer Betracht gelassen. Solche Kosten können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige selbst zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsbeschlüsse vom 25. April 2007 - XII ZB 10/07 - FamRZ 2007, 1090 Rn. 7; vom 26. Oktober 2005 - XII ZB 25/05 - FamRZ 2006, 33, 34 und Senatsurteil vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 - FamRZ 2002, 666, 667). Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt.

Nach der Rechtsprechung des Senats muss der Auskunftspflichtige den Steuerbescheid auch dann vorlegen, wenn er zusammen mit seinem Ehegatten veranlagt worden ist. Er darf dabei jedoch solche Betragsangaben abdecken oder sonst unkenntlich machen, die ausschließlich seinen Ehegatten betreffen oder in denen Werte für ihn und seinen Ehegatten zusammengefasst sind, ohne dass sein eigener Anteil daraus entnommen werden kann (Senatsurteil vom 13. April 1983 - IVb ZR 374/81 - FamRZ 1983, 680, 682; vgl. dazu auch Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 1183). Der Unterhaltsschuldner kann deshalb die im Rahmen eines Verfahrens auf Kindesunterhalt bestehende Belegpflicht über sein Einkommen dadurch erfüllen, dass er die in dem vorzulegenden Einkommensbescheid enthaltenen Angaben zum Einkommen seiner Ehefrau schwärzt (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2004 - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104).

Im vorliegenden Fall kann der Antragsgegner die ihm auferlegte Verpflichtung zur Vorlage seiner Steuerbescheide für die Jahre 2008 und 2009 auf die gleiche Art und Weise erfüllen, ohne das Einkommen seiner Ehefrau preisgeben zu müssen. Die nach der Streichung vorhandenen Angaben zum Einkommen des Antragsgegners und zu den vom Einkommen absetzbaren Beträgen genügen, um anhand der Grundtabelle die Steuerschuld des Antragsgegners fiktiv zu errechnen (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2004 - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104, 105). Eine von einem Steuerberater durchgeführte Berechnung der Steuerschuld des Antragsgegners bei einer getrennten Veranlagung für die beiden relevanten Steuerjahre bedarf es dazu nicht. Das Beschwerdegericht hat deshalb zu Recht die vom Antragsgegner geltend gemachten Kosten für die Beiziehung eines Steuerberaters bei der Bemessung seiner Beschwer außer Betracht gelassen.

e) Auch soweit das Beschwerdegericht das vom Antragsgegner geltend gemachte Geheimhaltungsinteresse nicht als werterhöhend berücksichtigt hat, hält dies der rechtlichen Nachprüfung stand.

aa) Zwar kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Einzelfall ein Geheimhaltungsinteresse der zur Auskunft verurteilten Partei für die Bemessung des Rechtsmittelinteresses erheblich sein (Senatsbeschluss BGHZ 164, 63 = FamRZ 2005, 1986). Hierfür muss aber ein besonderes Interesse des Auskunftspflichtigen, bestimmte Tatsachen insbesondere vor dem Gegner geheim zu halten, im Einzelfall konkret dargelegt werden. Dazu gehört auch, dass gerade in der Person des Auskunftsbegehrenden die Gefahr begründet sein muss, dieser werde von ihm gegenüber offenbarten Tatsachen über den Rechtsstreit hinaus in einer Weise Gebrauch machen, die schützenswerte wirtschaftliche Interessen des zur Auskunft Verpflichteten gefährden können (Senatsbeschluss BGHZ 164, 63 = FamRZ 2005, 1986 mwN).

bb) Hier hat der Antragsgegner geltend gemacht, durch die Verpflichtung zur Vorlage der Steuerbescheide für die Jahre 2008 und 2009 müsse auch seine Ehefrau, mit der er steuerlich zusammen veranlagt werde, ihre Einkommensverhältnisse gegenüber der Antragstellerin offenbaren, obwohl sie dazu nicht bereit sei. Dadurch werde das Geheimhaltungsinteresse seiner Ehefrau verletzt, das diese aus dem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf informationelle Selbstbestimmung ableiten könne. Das Geheimhaltungsinteresse seiner Ehefrau könne nur dadurch geschützt werden, dass er mit Hilfe eines Steuerberaters fiktiv eine getrennte Steuerveranlagung durchführen lasse. Deshalb habe das Beschwerdegericht das Geheimhaltungsinteresse seiner Ehefrau bei der Bemessung des Werts der Beschwer berücksichtigen müssen.

cc) Mit dieser Begründung hat der Antragsgegner ein werterhöhendes Geheimhaltungsinteresse nicht dargetan. Es kann offen bleiben, ob auch in einem Fall der vorliegenden Art der Grundsatz gilt, dass Drittbeziehungen des Auskunftspflichtigen nicht zu einem unmittelbar aus der Verurteilung zur Auskunft fließenden rechtlichen Nachteil führen und deshalb als reine Fernwirkung für die Bemessung der Beschwer außer Betracht zu bleiben haben (vgl. hierzu Senatsbeschluss BGHZ 164, 63 = FamRZ 2005, 1986, 1987). Wie bereits ausgeführt, kann das Geheimhaltungsinteresse der Ehefrau des Antragsgegners bereits dadurch geschützt werden, dass der Antragsgegner Angaben auf dem vorzulegenden Steuerbescheid, die die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau betreffen, schwärzt.

2. Schließlich hat die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage ist vom Bundesgerichtshof bereits entschieden (vgl. Senatsurteil vom 13. April 1983 - IVb ZR 374/81 - FamRZ 1983, 680, 682 und Senatsbeschluss vom 3. November 2004 - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104). Dass hierzu in der obergerichtlichen Rechtsprechung oder in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (vgl. zu dieser Voraussetzung BGH Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09 - NJW-RR 2010, 1047 Rn. 3 mwN) hat die Rechtsbeschwerde nicht dargelegt. ..."

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Aus der Verpflichtung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft folgt ihr wechselseitiger Anspruch, sich über die für die Höhe des Familienunterhalts maßgeblichen finanziellen Verhältnisse zu informieren. Geschuldet wird die Erteilung von Auskunft in einer Weise, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Die Vorlage von Belegen kann nicht verlangt werden (BGH, Urteil vom 02.06.2010 - XII ZR 124/08 zu BGB §§ 1605 Abs. 1, 1353 Abs. 1 Satz 2, 1360, 1360 a):

„... 1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR Jena 2008, 823 veröffentlicht ist, hat angenommen, dass dem Kläger gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf grobe Information über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau zustehe (§ 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten sei der Unterhaltsanspruch gegen seine Ehefrau zu berücksichtigen. Da der Beklagte nach den bisherigen Auskünften über Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit verfüge, die weit unter seinem notwendigen Selbstbehalt lägen, könne erst ein etwaiger Anspruch auf Familienunterhalt seine Leistungsfähigkeit begründen. Insofern komme in Betracht, dass der Familienunterhalt bis zur Höhe des Taschengeldes, das mit fünf bis sieben Prozent des zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens anzunehmen sei, für die Unterhaltsansprüche des Klägers herangezogen werde. Zur Feststellung des dem Beklagten zustehenden Anspruchs auf Familienunterhalt sei der Kläger aber auf die Mitteilung einkommensrelevanter Tatsachen der neuen Familie angewiesen. Dies gelte im vorliegenden Fall um so mehr, als der privilegiert volljährige Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe seines Unterhaltsanspruchs sowie die Haftungsanteile seiner Eltern trage und diesen Anforderungen ohne Kenntnis der Einkommensverhältnisse nicht genügen könne. Allerdings stehe dem Kläger nur ein Anspruch auf grobe Information hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der Ehefrau des Beklagten zu, da weiter gehende Auskünfte vom Beklagten rechtlich nicht zu beschaffen seien. Denn für den Familienunterhalt sehe das Gesetz derzeit keinen ausdrücklichen Auskunftsanspruch vor. Der Anspruch gegen den Beklagten auf Auskunftserteilung könne aber nicht weiter gehen als sein eigener Auskunftsanspruch, was insbesondere den Beleganspruch (§ 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB) betreffe. Vergleichbar sei der Umfang der Informationspflicht beim vorzeitigen Zugewinnausgleich (§ 1386 Abs. 3 BGB aF). Der Regelung liege die aus § 1353 BGB folgende Verpflichtung der Ehegatten zugrunde, sich während des Bestehens der Ehe wechselseitig über den Bestand des eigenen Vermögens zu informieren, wobei die Unterrichtung jedoch nur in groben Zügen, also im Sinne eines Überblicks mit groben Rastern, zu erfolgen habe und die Vorlage von Unterlagen nicht geschuldet werde. Daran anknüpfend schulde die Ehefrau des Beklagten diesem lediglich Auskunft über Eckpunkte ihrer Einkommensverhältnisse, ohne die einzelnen Einnahmen und Ausgaben detailliert darstellen zu müssen. Mit Rücksicht darauf werde es als ausreichend erachtet, hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit sowie aus Vermietung und Verpachtung auf den steuerlichen Gewinn/Verlust sowie hinsichtlich der Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit auf das Jahresnettoeinkommen abzustellen. Zwar könne hieraus nicht ohne weiteres auf das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen geschlossen, geschweige denn der Familienunterhaltsanspruch exakt berechnet werden. Mit Kenntnis der Eckdaten sei der Kläger aber in der Lage, die wirtschaftliche Situation der Familie in groben Zügen zu beurteilen. Darüber hinaus stelle sich eine solchermaßen begrenzte Auskunft auch als praktikabel für den Auskunftsverpflichteten dar, weil er die betreffenden Informationen ohne großen Aufwand erteilen könne.

Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

2. Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 50/08 - FamRZ 2010, 357).

3. a) Nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Der Auskunftsberechtigte soll dadurch die Möglichkeit erhalten, sich rechtzeitig Gewissheit über die jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu verschaffen, um seine Ansprüche genau zu berechnen und Einwendungen in begründeter Form vorbringen zu können sowie das Kostenrisiko für das Betragsverfahren zu begrenzen. Dabei ist der Auskunftsanspruch auf die Offenbarung der Verhältnisse des Auskunftspflichtigen gerichtet. Um die notwendigen Kenntnisse über die unterhaltsrelevanten Tatsachen zu erhalten, können indessen weitergehende Angaben erforderlich sein, als sie sich aus den vom Auskunftspflichtigen aus selbständiger oder nicht selbständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb, Vermögen, Vermietung und Verpachtung oder dergleichen erzielten Einkünften ergeben. Gleichermaßen von Bedeutung kann, etwa bei unzureichendem Einkommen des Unterhaltspflichtigen, sein, ob er seinerseits über Unterhaltsansprüche verfügt die seinen Eigenbedarf decken. Ob den Auskunftspflichtigen auch insoweit eine Unterrichtungspflicht trifft, wird in Rechtsprechung und Schriftum nicht einheitlich beurteilt.

b) Hierzu wird die Auffassung vertreten, der Auskunftspflichtige habe nur über seine eigenen Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, nicht dagegen über das Einkommen dritter Personen, demgemäß auch nicht über das Einkommen seines Ehegatten. Soweit es für die Frage der Unterhaltsverpflichtung eines wieder verheirateten Elternteils auf dessen Anspruch auf Familienunterhalt ankomme, sei dieser nach den allgemeinen Grundsätzen über die Darlegungs- und Beweislast im Hauptsacheverfahren zu klären (OLG Karlsruhe FamRZ 1993, 1481 zum Kindesunterhalt). Nach Auffassung des OLG München (OLGR 2000, 123) gibt es im Rahmen des Familienunterhalts keinen Auskunftsanspruch, weil § 1360 a Abs. 3 BGB nicht auf § 1605 BGB verweist. Danach wäre der auf Auskunft in Anspruch Genommene bereits nicht in der Lage, einem Auskunftsbegehren über das Einkommen seines Ehegatten zu entsprechen.

Diese Auffassung macht sich auch die Revision zueigen. Sie macht geltend, bei der Reichweite und dem Umfang des Auskunftsanspruchs sei grundsätzlich das verfassungsrechtlich geschützte Geheimhaltungsinteresse zu beachten. Zwar könne sich der Unterhaltspflichtige selbst im Hinblick auf die gesetzliche Bestimmung des § 1605 BGB auf dieses Interesse nicht mit Erfolg berufen. Anders stelle sich jedoch die Sachlage für einen Dritten, hier die Ehefrau des Beklagten, dar. Ihr werde nach Auffassung des Berufungsgerichts abverlangt, ihre Einkommensverhältnisse entsprechend der Tenorierung des angefochtenen Urteils umfassend preiszugeben, wenn auch über den Umweg einer ‚mittelbaren' Einschaltung des Beklagten. Im Ergebnis werde die Ehefrau des Beklagten damit so gestellt, wie wenn dem Kläger ein eigener Unterhaltsanspruch gegen diese zustünde, wofür es jedoch weder nach § 1605 BGB noch nach § 242 BGB eine Grundlage gebe. Damit kann die Revision nicht durchdringen.

c) aa) Der Senat hat zu einem im Rahmen des Elternunterhalts erhobenen Auskunftsverlangen entschieden, dass zwar ein gegenüber seinen Eltern Unterhaltspflichtiger von den Ehegatten seiner Geschwister nicht Auskunft über deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse beanspruchen kann. Denn in diesem Verhältnis besteht keine besondere Rechtsbeziehung in deren Folge sich aus dem - insofern allein in Betracht kommenden - § 242 BGB eine Auskunftspflicht ergeben könnte. Gleichwohl besteht für den Auskunftbegehrenden die Möglichkeit, die für die Bestimmung der anteiligen Haftung der Geschwister nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB erforderliche Kenntnis zu erlangen. Er kann nämlich seine Geschwister auf Auskunftserteilung in Anspruch nehmen. Diese haben nicht nur über ihre eigenen Einkommensverhältnisse Auskunft zu geben, sondern - auf Verlangen - zusätzlich Angaben über die Einkünfte ihrer Ehegatten zu machen, soweit solche erforderlich sind, um deren Anteil am Familienunterhalt bestimmen zu können (Senatsurteil vom 7. Mai 2003 - XII ZR 229/00 - FamRZ 2003, 1836, 1838 f. mit Anmerkung Strohal; ebenso Eschenbruch/Klinkhammer Unterhaltsprozess 5. Aufl. Kap. 5 Rn. 318; Johannsen/Henrich/Graba Familienrecht 5. Aufl. § 1605 Rn. 10; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 6. Aufl. Kap. IV Rn. 593; HK-FamR/Pauling § 1605 Rn. 2; Heiß/Born/Kleffmann Unterhaltsrecht Teil G Rn. 182).

bb) Eine dementsprechende Verpflichtung gilt auch für das auf § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB gestützte Auskunftsbegehren, mit dem das Kind eines aus eigenen Einkommensverhältnissen nicht leistungsfähigen, wieder verheirateten Elternteils von diesem Informationen über das Einkommen des neuen Ehegatten begehrt. Bei einem Anspruch aus § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt eine Unterrichtung des Auskunftsberechtigten auch über das Einkommen des Ehegatten sogar noch näher, denn der an den Unterhaltspflichtigen zu leistende Familienunterhalt lässt sich zwanglos unter die nach dem Wortlaut des § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB zu offenbarenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse fassen. Da der Anspruch auf Familienunterhalt nach seiner Ausgestaltung allerdings nicht auf Gewährung einer - frei verfügbaren - laufenden Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet ist, dass jeder von ihnen seinen Beitrag entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 366; vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24, 25 und vom 8. Juni 2005 - XII ZR 75/04 - FamRZ 2006, 26, 29) wird er grundsätzlich nicht beziffert. Zu seiner Darlegung sind deshalb die ihn beeinflussenden Einkünfte mitzuteilen.

Ein solches Verständnis steht auch mit dem Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs in Einklang. Eine Klärung der in Rede stehenden Einkommensverhältnisse erst im Rahmen des Rechtsstreits über den Unterhalt wäre hiermit nicht zu vereinbaren: Dem Unterhaltsgläubiger verbliebe das Risiko, zu geringen Unterhalt geltend zu machen bzw. im Fall einer zu hohen Unterhaltsforderung die mit dem teilweise Unterliegen verbundene Kostenbelastung (vgl. auch Hoppenz FamRZ 2008, 733, 735; Viefhues in juris PK-BGB 4. Aufl. 2008 § 1605 Rn. 24.2; Heiß/Born/Kleffmann aaO Teil G Rn. 181; vgl. auch Strohal FamRZ 2003, 1838, 1839).

cc) Auch ein von der Revision angeführtes Geheimhaltungsinteresse der Ehefrau steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Senats muss der Ehegatte eines Unterhaltspflichtigen es zum Beispiel hinnehmen, dass der Unterhaltspflichtige im Rahmen der zu belegenden Auskunft über sein Einkommen Steuerbescheide vorzulegen hat, die aufgrund einer Zusammenveranlagung der Ehegatten ergangen sind. In einem solchen Fall können zwar die Angaben geschwärzt werden, die von dem Auskunftsanspruch nicht umfasst werden. Soweit der Steuerbescheid aber Angaben enthält, in denen Beträge für Ehemann und Ehefrau zusammengefasst sind, bleibt es bei der Vorlagepflicht, falls insofern Auskunft zu erteilen ist. Wenn hierdurch Schlüsse auf die Verhältnisse des Ehegatten bezogen werden können, muss dies hingenommen werden (Senatsurteil vom 13. April 1983 - IVb ZR 374/81 - FamRZ 1983, 680, 682). Daraus ergibt sich, dass das Interesse des Auskunftbegehrenden dem Geheimhaltungsinteresse des Auskunftspflichtigen oder einem Dritten grundsätzlich vorgeht (st. Rechtsprechung, vgl. etwa Senatsurteil vom 6. Oktober 1993 - XII ZR 116/92 - FamRZ 1994, 28 f.).

dd) Diese Rechtsprechung wirkt sich auch auf die Erfüllung der Auskunftspflicht aus. Wenn und soweit die Kenntnis der Einkommensverhältnisse des Ehegatten erforderlich ist, weil diese eine Grundlage für die Beurteilung des Unterhaltsanspruchs bilden, muss der Ehegatte akzeptieren, dass seine Verhältnisse dem Auskunftsberechtigten bekannt werden. Der Ehegatte steht zwar außerhalb des Unterhaltsrechtsverhältnisses, weshalb er nicht auf Auskunft in Anspruch genommen werden kann. Wie die Revisionserwiderung zu Recht ausführt, ist er aber kein unbeteiligter Dritter, sondern mit dem Unterhaltspflichtigen verheiratet, und schuldet diesem seinerseits Familienunterhalt. Er muss es deshalb hinnehmen, dass seine Einkommensverhältnisse, soweit erforderlich, bekannt gegeben werden, wie er gleichermaßen akzeptieren müsste, wenn der Unterhaltspflichtige im Rahmen der Erteilung von Auskünften über bezogene Steuererstattungen beide Ehegatten betreffende Steuerbescheide nach den vorgenannten Maßgaben vorlegen müsste.

Dadurch steht der Ehegatte auch nicht so, als ob er selbst Auskunft erteilen müsste. Die Auskunftsverpflichtung nach Maßgabe des Berufungsurteils bleibt schon deshalb hinter den Anforderungen zurück, die für die Auskunftserteilung des Unterhaltspflichtigen über eigenes Einkommen gelten, weil keine Belege vorzulegen sind.

4. a) Hinsichtlich des Umfangs der geschuldeten Auskunft hat das Berufungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass dieser nicht weiter reichen kann, als dem Beklagten seinerseits ein Anspruch auf Information gegenüber seiner Ehefrau zusteht. Ein solcher Informationsanspruch ergibt sich während des Zusammenlebens der Ehegatten zwar nicht aus § 1605 Abs. 1 BGB, da in den den Familienunterhalt betreffenden Bestimmungen der §§ 1360, 1360 a BGB - anders als in dem für die Zeit des Getrenntlebens maßgebenden § 1361 Abs. 4 BGB - nicht auf § 1605 BGB verwiesen wird. Ehegatten haben aber nach der Generalklausel der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB) einander wenigstens in groben Zügen über die von ihnen vorgenommenen Vermögensbewegungen zu unterrichten (Senatsurteil vom 5. Juli 2000 - XII ZR 26/98 - FamRZ 2001, 23, 25; BGH Urteil vom 25. Juni 1976 - IV ZR 125/75 - FamRZ 1978, 677, 678; OLG Karlsruhe FamRZ 1990, 161, 162) sowie sich über den Bestand des eigenen Vermögens zu informieren (OLG Brandenburg FamRZ 2008, 1441, 1442; MünchKomm/Koch 5. Aufl. §§ 1385, 1386 Rn. 25; Staudinger/Thiele BGB [2007] § 1386 Rn. 23).

b) In Rechtsprechung und Schriftum ist dieser Maßstab auch auf die Verpflichtung zur Unterrichtung über das laufende Einkommen der Ehegatten übertragen worden (OLG Karlsruhe FamRZ 1990, 161, 162; Staudinger/Voppel aaO § 1353 Rn. 97; MünchKomm/Roth aaO § 1353 Rn. 38; Wendel/Dose aaO § 1 Rn. 664; Heiß/Born/Kleffmann aaO Teil G Rn. 181; Palandt/Brudermüller BGB 69. Aufl. § 1353 Rn. 13).

Im Schrifttum wird allerdings auch die Auffassung vertreten, der Anspruch gehe nicht nur auf eine Information in groben Zügen, sondern umfasse dieselben Auskunftspflichten wie nach § 1605 Abs. 1 BGB. Dass der Anspruch während des Zusammenlebens der Ehegatten schwächer sein solle als im Fall des Getrenntlebens, lasse sich aus § 1353 BGB nicht ableiten (Schwab/Borth aaO Kap. IV Rn. 590; Eschenbruch/Klinkhammer aaO Kap. 5 Rn. 308).

c) Der Senat teilt im Grundsatz die zuletzt genannte Meinung. Ehegatten haben nach den §§ 1360, 1360 a BGB einen Anspruch auf Familienunterhalt. Dieser kann aber nur bei genauer Kenntnis der Einkommensverhältnisse des anderen Ehegatten beziffert werden. Aus der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB) folgt deshalb auch der wechselseitige Anspruch, sich über die für die Höhe des Familienunterhalts und eines Taschengeldes maßgeblichen finanziellen Verhältnisse zu informieren. Seinem Umfang nach geht dieser Anspruch nicht nur auf eine Unterrichtung in groben Zügen, da eine derart eingeschränkte Kenntnis den Ehegatten nicht in die Lage versetzten würde, den ihm zustehenden Unterhalt zu ermitteln. Geschuldet wird deshalb die Erteilung von Auskunft in einer Weise, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Die Auskunftspflicht entspricht damit derjenigen, wie sie nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht. Eine solche Verpflichtung läuft nicht etwa dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme der Ehegatten zuwider; diese erfordert vielmehr gerade, den anderen ausreichend über die eigenen Einkommensverhältnisse zu unterrichten.

Nicht geschuldet wird allerdings die Vorlage von Belegen oder die eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben. Eine solche Kontrollmöglichkeit wäre mit dem in einer Ehe herrschenden Vertrauen nicht zu vereinbaren (aA Borth aaO Kap. IV Rn. 590 und Klinkhammer aaO Kap. 5 Rn. 308, die auch eine Belegpflicht bejahen).

d) Da der Beklagte mithin von seiner Ehefrau Angaben über ihre unterschiedlichen Einkünfte verlangen kann, ist er jedenfalls im Stande, dem Kläger die dem Berufungsurteil entsprechende Auskunft zu erteilen. Danach ist auch der Umfang der ausgeurteilten Auskunft rechtlich nicht zu beanstanden.

5. Dass die in Rede stehenden Angaben zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs des Klägers erforderlich sind, hat das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision unbeanstandet bejaht. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Wiederverheiratung eines unterhaltspflichtigen Elternteils unterhaltsrechtlich beachtlich; denn es kann sich zum Vorteil des Kindes auswirken, dass der aus eigenen Einkünften nicht leistungsfähige Elternteil einen Anspruch auf Familienunterhalt hat, so dass sein Bedarf hierdurch gedeckt sein kann und ihm aus eigenem Einkommen und Taschengeld freie Mittel zur Unterhaltsleistung verbleiben (vgl. Senatsurteile BGHZ 169, 200, 212 ff. = FamRZ 2006, 1827, 1830 f. und vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24 f. jeweils mwN). ..."

*** (OLG)

Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlungunterhalt bei Vollstreckung aus einem unrichtig gewordenen Unterhaltstitel (OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.03.2020 - 15 UF 164/18):

„ ... 1. Ein Anspruch des Antragstellers auf Erstattung der im Oktober 2016 für die Monate Juli und August 2016 gezahlten insgesamt 600 € aus § 826 BGB besteht nicht.

Gemäß § 826 BGB ist, wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Ein solcher Fall kann gegeben sein, wenn der Unterhaltsberechtigte in vorsätzlicher und sittenwidriger Weise einen unrichtig gewordenen Unterhaltstitel weiterhin ausnützt. Dabei muss diesem die Unrichtigkeit des Unterhaltstitels bewusst sein; die Fortsetzung der Vollstreckung aus diesem Titel muss zusätzlich in hohem Maße unbillig sein. Insgesamt muss das Verhalten des Unterhaltsberechtigten evident unredlich gewesen seien, sodass der andere Beteiligte nach Treu und Glauben schlechterdings nicht an der Rechtskraft der vorausgegangenen Entscheidung festgehalten werden kann, dies vielmehr für ihn unerträglich und insgesamt rechtsmissbräuchlich wäre (Wendl/Schmitz, Unterhaltsrecht, 10. Aufl., § 10 Rn. 339). Dabei besteht keine allgemeine Pflicht zur ungefragten Offenbarung veränderter Verhältnisse. Eine weitergehende Verpflichtung des Unterhaltsberechtigten zur ungefragten Information über Entwicklungen, die für eine Unterhaltsbemessung von Bedeutung sein können, ist allerdings dann zu bejahen, wenn die Beteiligten den Unterhalt durch Vereinbarung geregelt haben. Diese begründet eine vertragliche Treuepflicht des Inhalts für den Unterhaltsberechtigten, den Unterhaltspflichtigen ohne Aufforderung von sich aus über wesentliche Veränderungen in seiner Sphäre zu informieren, die Auswirkungen auf die Unterhaltsverpflichtung haben können (Wendl/Schmitz, a.a.O., § 10 Rn. 340). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht eine Haftung der Antragsgegnerin aus § 826 in Bezug auf den vom Antragsteller für die Monate Juli und August 2016 gezahlten Unterhalt nicht. Eine evident unredliche Verhaltensweise der Antragsgegnerin lässt sich insoweit nicht feststellen.

Der Antragsteller beruft sich zu Unrecht darauf, dass die Antragsgegnerin das im Oktober 2015 begonnene Studium beendet und stattdessen die Ausbildung an der …Akademie gegen Bezahlung fortgesetzt habe, ohne ihm dies anzuzeigen. Eine solche Anzeige wäre allenfalls dann geboten gewesen, wenn die Antragsgegnerin in Kenntnis der Beendigung der unentgeltlichen Ausbildung weiterhin den Unterhalt bezogen hätte. Tatsächlich verhält es sich aber so, dass sie in den Monaten Juli und August 2016 keinen Unterhalt erhalten hat. Vor diesem Hintergrund bestand zu dieser Zeit für sie keine Veranlassung, den Antragsteller auf die Beendigung der Hochschulausbildung an der Universität P…hinzuweisen. Ausreichend war vielmehr, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller auf diesen Umstand mit Anwaltsschreiben vom 04.10.2016 (Bl. 12) hingewiesen hat. In dem Monat Oktober ist dann auch die Zahlung des Antragstellers rückwirkend für die Monate Juli und August 2016 erfolgt. Von einem evident unredlichen Verhalten der Antragsgegnerin kann somit keine Rede sein.

Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob das Amtsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass ein Anspruch auf Rückzahlung des Betrages von 600 € für die Monate Juli und August 2016 auch deshalb nicht bestanden habe, weil die Antragsgegnerin in zulässiger Weise eine Verrechnung mit Unterhaltsrückständen vorgenommen habe. Insoweit weist der Antragsteller mit der Beschwerdebegründung allerdings zu Recht darauf hin, dass gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung die Aufrechnung nicht zulässig ist, § 393 BGB. Die vom Amtsgericht angesprochene Verrechnung kann aber unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt dennoch von Bedeutung sein. Denn wenn sich der Unterhaltsgläubiger für berechtigt gehalten hat, vom Unterhaltspflichtigen bezogenen Unterhalt für Zeiträume, in denen ein Unterhaltsanspruch nicht bestanden hat, mit Unterhaltsrückständen aus der Vergangenheit zu verrechnen, spricht dies dagegen, dass eine vorsätzliche Schädigung des Pflichtigen vorliegt. Jedenfalls könnte von einem evident unredlichen Verhalten auch dann nicht ausgegangen werden. Dies kann aber auf sich beruhen, weil die Antragsgegnerin - wie bereits ausgeführt - keine Offenbarungspflicht verletzt hat, indem sie erst mit Anwaltsschreiben vom 04.10.2016 auf die Beendigung der universitären Ausbildung hingewiesen hat.

2. Auch die im Rahmen eines Stufenverhältnisses gestellten Auskunfts- und Zahlungsanträge hat das Amtsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Ein Auskunftsanspruch besteht deshalb nicht, weil der Antragsteller nicht hinreichend dargelegt und gegebenenfalls unter Beweis gestellt hat, dass ein entsprechender Zahlungsanspruch gegeben ist.

Gemäß § 1605 Abs. 1 S. 1 BGB sind Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Hier geht es um eine Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers, weshalb dieser im Grundsatz auch einen Auskunftsanspruch nach § 1605 Abs. 1 S. 1 BGB gegen die unterhaltsberechtigte Antragsgegnerin haben kann. Insoweit hat das Amtsgericht aber zu Recht darauf hingewiesen, dass Auskunft zur Vorbereitung einer auf unerlaubte Handlung gestützten Schadensersatzforderung, mit der die Erstattung überzahlten Unterhalts verlangt werden soll, nur begehrt werden kann, wenn die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs vorliegen, die von den nach dem Auskunftsbegehren zu offenbarenden wirtschaftlichen Verhältnissen unabhängig sind. Würde in diesen Fällen eine Auskunft bereits auf einen Verdacht hin oder gar zu dem Zweck, eine unerlaubte Handlung erst zu ermitteln, verlangt werden können, liefe das auf eine allgemeine Auskunftspflicht hinaus, die dem deutschen Recht fremd ist (BGH, Urteil vom 26.01.1983 - IV B ZR 351/81, NJW 1983, 2318). Das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch insoweit hat der Antragsteller aber ebenfalls nicht dargelegt.

a) Soweit der Antragsteller Auskunft im Hinblick auf Rückzahlungsbeträge für die Zeit von Juli bis September 2016 verlangt, ist sein Begehren schon deshalb nicht schlüssig, weil er insoweit schon einen Zahlungsantrag, beschränkt auf die Monate Juli und August 2016, gestellt hat. Dass er Unterhalt für September 2016 gezahlt hätte, kann selbst nach seinem Vorbringen, insbesondere unter Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 09.01.2019, in dem er seine Zahlungen im Einzelnen dargelegt hat (Bl. 203), nicht angenommen werden.

b) Doch auch für die Zeit von Oktober 2015 bis Juni 2016 hat der Antragsteller einen Schadensanspruch aus § 826 BGB nicht hinreichend dargetan.

aa) Der Antragsteller beruft sich insoweit zum einen darauf, dass die Antragsgegnerin in den ersten beiden Fachsemestern, also dem Wintersemester 2015/16 und dem Sommersemester 2016, ihr Studium an der Universität P… nicht gehörig betrieben habe mit der Folge, dass sie einen Ausbildungsunterhaltsanspruch nicht habe. Damit kann er nicht durchdringen.

Der Antragsteller verweist darauf, dass die Antragsgegnerin zahlreiche Praktika absolviert habe und so dem eigentlichen Studium nicht gehörig habe nachgehen können. In diesem Zusammenhang kommt es auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, inwieweit die Praktika - egal ob bezahlt oder unbezahlt - in engem Zusammenhang mit dem Studium stehen, nicht an. Gleiches gilt für die zwischen den Beteiligten streitige Frage, inwieweit in jedem einzelnen Fachsemester eine bestimmte Zahl von Leistungspunkten erlangt werden muss. Denn gerade in den ersten beiden Fachsemestern kommt es für das Bestehen eines Ausbildungsunterhaltsanspruchs noch nicht entscheidend darauf an, ob das Studium hinreichend zügig und konzentriert absolviert wird. Jedem jungen Menschen ist zuzubilligen, dass er sich über seine Fähigkeiten irrt oder falsche Vorstellungen über den gewählten Beruf hat. Ihm steht daher eine Orientierungsphase zu, die hier gerade angesichts des Alters der Antragsgegnerin von gerade 19 Jahren zu Beginn des Studiums jedenfalls mit zwei Semestern angesetzt werden kann. Ein Wechsel kann insbesondere dann gerechtfertigt sein, wenn zwischen der abgebrochenen und der angestrebten Ausbildung ein sachlicher Zusammenhang besteht (Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rn. 88). So liegt es hier. Die Einräumung einer Orientierungsphase führt nicht nur dazu, dass nach dem Wechsel des Studiums der Unterhaltsanspruch für die Zukunft nicht verloren geht, sondern bedeutet zugleich, dass der Unterhalt, der für das zunächst begonnene und dann abgebrochene Studium gezahlt worden ist, nicht zurückzuzahlen ist.

bb) Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung sieht der Antragsteller darüber hinaus in dem Umstand, dass die Antragsgegnerin in den ersten beiden Fachsemestern Einkünfte aus Nebentätigkeiten bzw. den von ihr absolvierten Praktika erzielt hat. Auch darin kann dem Antragsteller nicht gefolgt werden.

Allerdings sind Nebeneinkünfte eines Studierenden entgegen der vom Amtsgericht zum Ausdruck gebrachten Auffassung immer unberücksichtigt zu lassen. Da der Studierende sich auch im Interesse des Unterhaltspflichtigen mit ganzer Kraft sowie dem gehörigen Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit dem Studium widmen soll, besteht für ihn keine Verpflichtung, eine Nebentätigkeit aufzunehmen (Wendl/Gerhard, a.a.O., § 1 Rn. 827). Geschieht dies dennoch, handelt es sich um eine überobligatorische Tätigkeit. Eine solche ist, auch wenn sie unterhaltsrechtlich jederzeit beendet werden kann, nicht stets völlig anrechnungsfrei zu lassen. Vielmehr ist nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls abzuwägen, ob und wenn ja in welcher Höhe das überobligatorisch erzielte Einkommen für die Unterhaltsberechnung herangezogen wird (Wendl/Gerhard, a.a.O., § 1 Rn. 802). Dabei kann auch eine Rolle spielen, inwieweit der Unterhaltsberechtigte auf die Nebeneinkünfte angewiesen ist, weil der Unterhalt vom Pflichtigen nicht freiwillig gezahlt wird (vgl. Wendl/Gerhard, a.a.O., § 1 Rn. 827).

Soweit eine Offenbarungspflicht reicht, erstreckt sie sich auch auf überobligatorisches Einkommen. Die rechtliche Bewertung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ein solches Einkommen anrechnungsfrei zu belassen ist, hat nämlich nicht der Unterhaltsberechtigte, sondern im Streitfall das Gericht zu treffen.

Im vorliegenden Fall besteht aber keine allgemeine Pflicht der Antragsgegnerin zur ungefragten Information. Wie bereits ausgeführt, lässt sich eine solche Verpflichtung in den Fällen titulierten Unterhalts nicht ohne weiteres annehmen, anders hingegen, wenn die Beteiligten den Unterhalt durch Vereinbarung geregelt haben. Hier aber ist die erstgenannte Konstellation gegeben.

Auch wenn im vorliegenden Verfahren ein Unterhaltstitel nicht vorgelegt worden ist, gehen beide Beteiligten davon aus, dass ein solcher Titel besteht. Der Antragsteller hat schon in seinem an die Antragsgegnerin gerichteten Schreiben vom 31.10.2014 auf das Vorhandensein eines solchen Titels hingewiesen (Bl. 133). Die Antragsgegnerin hat dies im Anwaltsschreiben vom 17.03.2015 aufgenommen und dabei vorsorglich klargestellt, dass das von ihr angebotene Zwangsvollstreckungsmoratorium keinen Verzicht auf weitergehende Ansprüche aus dem Unterhaltstitel beinhalte (Bl. 115). Schon der Inhalt dieses Anwaltsschreibens legt nahe, dass eine Vereinbarung der Beteiligten über den Unterhalt - was grundsätzlich auch bei bestehendem Unterhaltstitel möglich wäre - nicht zustande gekommen ist. Gegen die Annahme einer Vereinbarung der Beteiligten spricht auch der Umstand, dass der Antragsteller in den mit Schriftsatz vom 09.01.2019 vorgelegten Kontoauszügen seinen Überweisungen an die Antragsgegnerin im Verwendungszweck auch die Formulierung „unter Vorbehalt der Rückforderung" hinzugefügt hat. Hinzu kommt, dass auch die Antragsgegnerin sich weiterhin nicht abschließend mit den Unterhaltszahlungen von monatlich 300 € zufriedengegeben hat. Vielmehr hat sie im Anwaltsschreiben vom 28.8.2015 (Bl. 118) für die Monate Juni bis September 2015 eine Unterhaltsschuld von „mindestens" 1200 € festgestellt.

Wenn nach alledem eine Unterhaltsvereinbarung nicht zustande gekommen ist, kann von einer allgemeinen Verpflichtung zur Offenbarung der Nebeneinkünfte nicht ausgegangen werden.

Doch selbst wenn man eine Offenbarungspflicht der Antragsgegnerin annähme, wäre ihr Verhalten nicht evident unredlich. Indem sie nämlich die Zahlungen von monatlich 300 € nicht als vollständige Erfüllung des Unterhaltsanspruchs akzeptiert, sondern lediglich als mindestens zu zahlende Beträge angesehen hat, hat sie sich die Möglichkeit einer weitergehenden Forderung offengehalten. Entsprechend hat sie im Anwaltsschreiben vom 04.10.2016 Unterhaltsrückstände ermittelt (Bl. 14). Angesichts des Umstands, dass der Antragsteller nicht den sich nach ihrer Berechnung ergebenden vollen Unterhalt gezahlt hat, konnte bei der Antragsgegnerin die berechtigte Erwartung geweckt werden, dass die von ihr erzielten Eigeneinkünfte, bei denen es sich nach dem unbestrittenen Vorbringen der Klägerin lediglich um drei einzelne Zahlungen gehandelt hat, anrechnungsfrei bleiben. Ein evident unredliches Verhalten liegt somit nicht vor.

cc) Soweit der Antragsteller erstmals mit Schriftsatz vom 07.02.2019 (Bl. 218) eine Unterhaltsberechnung aufmacht, die zu dem Ergebnis führt, dass beide Elternteile der Antragsgegnerin etwa über gleich hohe bereinigte Einkünfte verfügen, ist dies ohne Bedeutung. Aus einer solchen Neuberechnung lässt sich schon ein evident unredliches Verhalten der Antragsgegnerin nicht ableiten. Im Übrigen kommt der Antragsteller in dieser Berechnung zu dem Ergebnis, dass er bei einer hälftigen Beteiligung am Unterhalt einen Betrag von 317,50 € zu zahlen habe. Dieser Betrag liegt sogar geringfügig über dem tatsächlichen Zahlbetrag von 300 € monatlich, so dass sich unter diesem Gesichtspunkt ein Rückforderungsanspruch nicht ergeben kann. ..."

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„ ... a) Die Auskunftsverpflichtung beruht auf § 1605 Abs. 1 S. 1 BGB und erfasst nicht nur eigene Einkünfte und Vermögen des Antragstellers selbst, sondern auch Einkünfte und Vermögen der Kindesmutter, in deren Haushalt er lebt. Die Auskunftspflicht des Kindes erstreckt sich auf seine Einkünfte und sein Vermögen, wozu auch ein Anspruch auf Barunterhalt gegen jeden Elternteil gehört (alle Zitate nach juris: Viefhues in jurisPK-BGB Band 4, 9. Auflage 2020 Rz 46). Der Antragsteller gehört als Vater des Antragsgegners zu den Verwandten in gerader Linie. Die Auskunftsverpflichtung richtet sich formal nach §§ 1605 Abs. 1 S. 3, 260, 261 BGB. Vorzulegen ist ein geordnetes Verzeichnis. Nach § 1605 Abs. 1 Satz 3 BGB sind die Regelungen der §§ 260, 261 BGB entsprechend anzuwenden. Daraus folgt, dass die Auskunftspflicht durch Vorlage einer in sich geschlossenen schriftlichen, systematischen Aufstellung der erforderlichen Angaben zu erfüllen ist, die dem Berechtigten ohne übermäßigen Arbeitsaufwand ermöglicht, den Unterhaltsanspruch zu berechnen (BGH, Beschluss vom 22.10.2014, XII ZB 385/13, FamRZ 2015, 127).

b) Ob im Hinblick auf eine nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich gegebene anteilige Haftung beider Elternteile für den Unterhalt ihres volljährigen Kindes jeder Elternteil einen aus § 242 BGB (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen im Einzelfall BGH, Beschluss vom 02.07.2014, XII ZB 201/13, FamRZ 2014, 1440) abgeleiteten direkten Auskunftsanspruch gegen den anderen Elternteil hat, kann offen bleiben. Ob ein Auskunftsanspruch zwischen den beiden Elternteilen eines volljährigen Kindes besteht, ist in der Rechtsprechung umstritten (vgl. ausführlich Viefhues a.a.O. Rz 48 ff.) und vom BGH bei einem volljährigen Kind bejaht worden (vgl. Urteil vom 09.12.1987, IVb ZR 5/87, NJW 1988, 1906; a.A. OLG Hamm als Vorinstanz, FamRZ 1987, 744; ebenso BGH, Beschluss vom 17.04.2013, XII ZB 329/12, FamRZ 2013, 1027 unter geschiedenen Ehegatten, wenn der Unterhalt für ein volljähriges Kind Leistende einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend macht; bejahend ebenfalls OLG Köln, Beschluss vom 25.11.1992, 25 WF 239/91, FamRZ 1992, 469 sowie OLG Zweibrücken, Beschluss vom 15.12.1999, 5 WF 114/99, FamRZ 2001, 249 bei einem volljährigen Kind; verneinend OLG Bremen, Beschluss vom 07.09.2011, 5 UF 52/11, FamRZ 2012, 316, weil das Kind die Darlegungs- und Beweislast trage). Das OLG Karlsruhe (Urteil vom 09.01.2009, 18 UF 207/08, FamRZ 2009, 1497) hat einen solchen Auskunftsanspruch abgelehnt, weil das (volljährige) Kind ein Auskunftsrecht habe. Das Amtsgericht hatte jedoch bereits in einem Vorverfahren nach unstreitigem Vorbringen einen solchen direkten Auskunftsanspruch im Elternverhältnis untereinander verneint. Daher kann und muss sich der hiesige Antragsteller nicht auf einen solchen Weg verweisen lassen. Dieser ist ihm aufgrund rechtskräftiger Entscheidung abgeschnitten.

c) Die Auskunft erstreckt sich auch auf einen etwaigen Familienunterhaltsanspruch der Kindesmutter gegenüber ihrem Ehemann. Zum Vermögen des unterhaltsberechtigten Kindes gehören auch Ansprüche, insbesondere Unterhaltsansprüche. Diese berechnen sich wiederum nach dem Einkommen und Vermögen beider Elternteile (vgl. Viefhues, a.a.O. Rz 46). Der an den kindesunterhaltspflichtigen Elternteil wiederum durch dessen (neuen) Ehegatten zu erbringende Familienunterhalt ist schon nach dem Wortlaut des § 1605 Abs. 1 S. 1 BGB unter die zu offenbarenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu fassen (vgl. Klinkhammer in Staudinger (2018) § 1605 Rz 26). Denn ein solcher Anspruch hat Vermögenswert, auch wenn der Anspruch auf Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360 a BGB grundsätzlich - ggf. mit der Ausnahme eines Taschengeldanspruchs - nicht auf Gewährung einer frei verfügbaren und laufenden Geldrente gerichtet ist. Zu seiner Darlegung und Berechnung sind deshalb die ihn beeinflussenden Einkünfte (des Ehegatten des unterhaltspflichtigen Elternteils) mitzuteilen. Allerdings besteht kein Auskunftsanspruch gegenüber Dritten, hier also im Verhältnis des Antragstellers und des Ehegatten der Kindesmutter, so dass über diesen "Umweg" (Auskunft durch den ggf Unterhaltsberechtigten) auch solche Ansprüche erfasst werden können und müssen (so auch Klinkhammer a.a.O. Rz 26). Dieser Teil der Auskunftspflicht ist daher von § 1605 Abs. 1 S. 1 BGB erfasst (Viefhues, a.a.O. Rz 83 ff.).

d) Die Belegverpflichtung ergibt sich aus § 1605 Abs. 1 S. 2 BGB. Ob bezogen auf den Familienunterhaltsanspruch der Kindesmutter gegen ihren jetzigen Ehemann auch grundsätzlich die Vorlage von Belegen geschuldet ist, bedarf keiner Entscheidung; denn nach dem titulierten Anspruch werden keine Drittunterlagen erfasst. Vielmehr ergibt sich anhand des Wortlauts zu Ziffer 2. des amtsgerichtlichen Tenors eindeutig, dass der Antragsgegner nur Belege der Kindesmutter selbst vorzulegen hat ("ihre"), allerdings auch soweit sie gemeinsame Einkünfte etc. erfassen. Der BGH hat überdies bereits entschieden, dass unter Ehegatten keine Belege geschuldet werden (bei Inanspruchnahme eines Ehegatten auf Elternunterhalt, vgl. BGH, Urteil vom 02.06.2010, XII ZR 124/08, FamRZ 2011, 21).

e) Ein Ausschluss des Auskunftsanspruchs wegen Rechtsmissbrauchs ist ebenfalls nicht ersichtlich. § 242 BGB steht der geltend gemachten Auskunft in der titulierten Fassung nicht entgegen. Für jeden Auskunftsanspruch als vorbereitenden Anspruch für die Berechnung von Unterhalt gilt, dass eine Auskunft nur dann nicht geschuldet ist, wenn feststeht, dass die Auskunft den Unterhaltsanspruch bzw. die Verpflichtung unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen kann (BGH, Beschluss vom 15.11.2017, XII ZB 503/16 unter Aufzählung einiger Beispiele; Beschluss vom 17.04.2013, XII ZB 329/12, FamRZ 2013, 1027 zur Auskunftspflicht unter Eltern nach § 242 BGB, Urteil vom 22.06.1994, XII ZR 100/93, FamRZ 1994, 1169). Die Erforderlichkeit ist nicht nur Voraussetzung für das grundsätzliche Bestehen der Auskunftspflicht, sondern sie bestimmt nach dem Gesetzeswortlaut auch ihren Umfang und den Zeitraum, über den Auskunft zu geben ist. Rückforderungsansprüche sowie der Entreicherungseinwand können indes erst nach Erteilung der begehrten Auskünfte beurteilt werden. Die Mitteilung, dass der Antragsgegner entreichert ist, reicht so nicht. Hier steht zwar der Entreicherungseinwand im Raum, worauf der Antragsgegner eindringlich hinweist. Allerdings reicht die überdies nicht formal ordnungsgemäß erteilte - isolierte - Auskunft des Antragsgegners, er sei eindeutig entreichert, so ersichtlich nicht aus. Eine solche Beurteilung ist gerade erst nach ordnungsgemäßer Erteilung der Auskunft möglich. Die erfassten Zeiträume sind ersichtlich zumindest teilweise kongruent (s.o.), so dass auch aus diesem Gesichtspunkt ein Rechtsmissbrauch derzeit nicht ersichtlich ist. ..." (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2019 - 3 UF 96/19)

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„... dd) Die für die Auskunftserteilung von Selbständigen entwickelten Grundsätze sind unter folgenden Voraussetzungen auch auf Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft anzuwenden.

(1) Grundsätzlich können zwar von GmbH-Gesellschaftern nur Angaben über die Höhe der Ausschüttung verlangt werden, da diese allein eine unterhaltsrechtliche Einnahme darstellt (Dose in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 1 Rdn. 605).

(2) Anders liegt die Sachlage allerdings, wenn es sich bei dem Gesellschafter um einen sog. beherrschenden Gesellschafter handelt. Bei Gesellschaftern, die zwar nicht alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer sind, aber aufgrund der Quote ihrer Beteiligung oder ihrer Position die Geschäfte der Gesellschaft oder die Gewinnausschüttung steuern oder in ihrem Interesse maßgeblich beeinflussen können, sind die Grundsätze der Einkommensermittlung für Selbständige auch auf Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft anzuwenden (vgl. BGH FamRZ 1982, 680 ff.; OLG Schleswig, SchlHA 1999, 214; Fischer-Winkelmann/Maier, Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft aus unterhaltsrechtlicher Perspektive, FamRZ 1996, 1391, 1395 f.). Entsprechendes gilt auch für Gesellschafter einer Personengesellschaft (vgl. Fischer-Winkelmann/Maier, Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft aus unterhaltsrechtlicher Perspektive, FamRZ 1996, 1391, 1393).

(3) Diese Grundsätze gelten auch für die Auskunftserteilung. Der Grund für die erweiterte Auskunftspflicht des Mitgesellschafters ist, dass der Unterhaltsberechtigte in die Lage versetzt werden soll zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die fiktive Zurechnung von nicht ausgeschütteten Gewinnen gegeben sind (vgl. OLG Hamm FamRZ 2009, 981 ff.; Strohal, Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen bei Selbständigen, 5. Aufl. 2017,Rdn. 157 m.w.N.). Denn nur mit dieser erweiterten Auskunft ist der Auskunftsberechtigte in der Lage, seinen Unterhaltsanspruch zu berechnen. Der erweiterte Auskunftsanspruch ist damit der Ausgleich für die erweiterten Einflussmöglichkeiten des beherrschenden Gesellschafters. Ist also der Auskunftspflichtige ein solcher Mitgesellschafter, erstreckt sich der Auskunftsanspruch grundsätzlich auch auf die Gewinnermittlung der Gesellschaft.

(4) Soweit der Gesellschafter/Mitgesellschafter danach auch die Gewinnermittlung (Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft) in der Auskunft darzustellen hat, muss er grundsätzlich (neben der Bilanz einschließlich Gewinn- und Verlustrechnung) auch die Gesellschaftsverträge bzw. die Gesellschafterbeschlüsse, die die Gewinnverteilung unter den Gesellschaften regeln, vorlegen. Das Interesse eventueller Mitgesellschafter an der Geheimhaltung von Gesellschaftsverträgen und an der Gewinnermittlung des Unternehmens hat in der Regel hinter den Auskunftsanspruch zurückzutreten. Im Einzelfall kann eine Abwägung zwischen den Interessen des Auskunftspflichtigen und des Unterhaltsberechtigten geboten sein (Strohal, Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen bei Selbständigen, 5. Aufl. 2017, Rdn. 157; BGH FamRZ 2005, 1986; FamRZ 1994, 28). Dies ist vom Auskunftsverpflichteten darzulegen. ..." (OLG Dresden, Beschluss vom 29.08.2019 - 20 WF 728/19).

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An die besonderen Umstände, auf Grund derer der Unterhaltsschuldner sich darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass der Unterhaltsgläubiger sein Recht nicht mehr durchsetzen werde, sind strenge Maßstäbe anzulegen, wenn die Verwirkung titulierter Ansprüche in Frage steht (OLG Stuttgart, FamRZ 1999, 859). Verspricht die Vollstreckung eines titulierten Anspruches keinen Erfolg, weil der Schuldner über pfändbares Einkommen nicht verfügt, muss das Umstandsmoment und damit die Verwirkung in aller Regel verneint werden (OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.03.2013 - 13 UF 66/12 - zur Verjährung siehe §§ 197 II, 195, 207 I, 212 I Nr. 2 BGB).

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§ 1606 Rangverhältnisse mehrerer Pflichtiger

(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.

(2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.

(3) Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

Leitsätze/Entscheidungen:

Das mietfreie Wohnen beeinflusst nicht die Höhe des Kindesunterhalts. Die kostenfreie Zurverfügungstellung von Wohnraum wird vorrangig im unterhaltsrechtlichen Verhältnis zwischen den Eltern ausgeglichen. Ein unterhaltsrechtlicher Ausgleich kann auch darin bestehen, dass der Betreuungselternteil keinen Anspruch auf Trennungsunterhalt geltend machen kann, weil nach der Zurechnung des vollen Wohnwerts keine auszugleichende Einkommensdifferenz zwischen den Eltern mehr besteht. Die Eltern können eine - nach den Umständen des Einzelfalls gegebenenfalls auch konkludente - Vereinbarung darüber treffen, dass die Wohnungskosten durch den Naturalunterhalt des Barunterhaltspflichtigen abgedeckt werden. Für die Erfüllung des Barunterhaltsanspruchs (§ 362 BGB) aufgrund einer solchen Vereinbarung trifft den Barunterhaltsschuldner die Darlegungs- und Beweislast. Bevor die Haftungsquote für den anteiligen Mehrbedarf bestimmt wird, ist von den Erwerbseinkünften des betreuenden Elternteils der Barunterhaltsbedarf der Kinder nach den gemeinsamen Einkünften der Eltern abzüglich des hälftigen auf den Barunterhalt entfallenden Kindergelds und abzüglich des vom Kindesvater geleisteten Barunterhalts abzusetzen. In der verbleibenden Höhe leistet der betreuende Elternteil neben dem Betreuungsunterhalt restlichen Barunterhalt in Form von Naturalunterhalt. Die andere Hälfte des Kindergelds, die der betreuende Elternteil erhält, ist nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 29. September 2021 - XII ZB 474/20, FamRZ 2021, 1965; (BGH, Beschluss vom 18.05.2022 - XII ZB 325/20).

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Schuldet ein Elternteil nach dem Tod des anderen Elternteils seinem fremduntergebrachten minderjährigen Kind neben dem Barunterhalt auch Betreuungsunterhalt, so ist der Betreuungsunterhalt grundsätzlich pauschal in Höhe des Barunterhalts zu bemessen. Für einen davon abweichenden Betreuungsbedarf trägt derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der sich darauf beruft (im Anschluss an Senatsurteil vom 30. August 2006 - XII ZR 138/04, FamRZ 2006, 1597). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige aus der höchsten Einkommensgruppe und der dritten Altersstufe (12 bis 17 Jahre) Unterhalt schuldet. 2. Steht eine vom Unterhaltspflichtigen bewohnte Immobilie in seinem Alleineigentum, ist ihm im Rahmen der Bemessung des Unterhalts für ein minderjähriges Kind ungeachtet etwaiger Unterhaltsansprüche Dritter grundsätzlich der gesamte Wohnwert zuzurechnen. Für die unterhaltsrechtliche Bewertung eines vom Arbeitgeber gewährten Zuschusses für die dienstliche Nutzung eines vom Arbeitnehmer selbst anzuschaffenden Pkw (sog. „Car Allowance") ist zu klären, ob der grundsätzlich unterhaltsrechtlich zu berücksichtigende Zuschuss für den dienstlichen Gebrauch des Pkw aufgebraucht wird. Von den konkret bzw. pauschal bemessenen Kosten sind nur diejenigen anteilig abzusetzen, die durch die dienstliche Nutzung veranlasst sind (BGH, Beschluss vom 21.10.2020 - XII ZB 201/19).

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Ein Auskunftsanspruch des Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil entfällt nicht allein aufgrund der Erklärung des Unterhaltspflichtigen, er sei „unbegrenzt leistungsfähig" (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. November 2017 - XII ZB 503/16, BGHZ 217, 24 = FamRZ 2018, 260). Eine begrenzte Fortschreibung der in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Bedarfsbeträge bis zur Höhe des Doppelten des höchsten darin (zur Zeit) ausgewiesenen Einkommensbetrags ist nicht ausgeschlossen (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 15. November 2017 - XII ZB 503/16; BGHZ 217, 24 = FamRZ 2018, 260 und vom 25. September 2019 - XII ZB 25/19, BGHZ 223, 203 = FamRZ 2020, 21; teilweise Aufgabe der Senatsurteile vom 13. Oktober 1999 - XII ZR 16/98, FamRZ 2000, 358 und vom 11. April 2001 - XII ZR 152/99, FamRZ 2001, 1603). Übersteigt das Einkommen des Unterhaltspflichtigen diesen Betrag, bleibt eine Einkommensauskunft bei Geltendmachung eines neben dem Tabellenbedarf bestehenden Mehrbedarfs erforderlich, um die jeweilige Haftungsquote der Eltern bestimmen zu können (BGH, Beschluss vom 16.09.2020 - XII ZB 499/19).


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Ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch gegen den anderen Elternteil auf - teilweise - Erstattung des an ein gemeinsames Kind gezahlten Unterhalts wird nicht ohne weiteres dadurch ausgeschlossen, dass der Elternteil mit der Unterhaltszahlung eine Verpflichtung aus einem gerichtlichen Vergleich erfüllt (Abgrenzung zu den Senatsurteilen vom 25. Mai 1994, XII ZR 78/93, FamRZ 1994, 1102 und vom 20. Mai 1981, IVb ZR 558/80, FamRZ 1981, 761: BGH, Beschluss vom 08.02.2017 - XII ZB 116/16):

„... I. Der Antragsteller macht einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch für Unterhaltszahlungen an die gemeinsame Tochter im Zeitraum von November 2010 bis einschließlich September 2011 geltend.

Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute. Aus ihrer Ehe ist neben zwei Söhnen die Tochter J., geboren am 14. August 1993, hervorgegangen, die nach Trennung und Scheidung der Beteiligten mit ihren Brüdern zunächst im Haushalt der Antragsgegnerin lebte. Die elterliche Sorge für ihre Tochter stand den Beteiligten gemeinsam zu. Durch einen am 8. November 2004 vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht geschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Antragsteller, für seine Tochter ab Januar 2005 Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 160 % des Regelbedarfs der zweiten Altersgruppe der Regelbetragsverordnung und ab August 2005 in Höhe von monatlich 160 % des Regelbedarfs der dritten Altersgruppe der Regelbetragsverordnung jeweils zuzüglich Krankenkassenbeitrag (derzeit 30,26 €) und abzüglich des nach § 1612 b BGB anrechenbaren Kindergeldes zu zahlen.

Nach einem Zerwürfnis mit der Antragsgegnerin zog die Tochter Ende Oktober 2010 aus dem Haushalt der Antragsgegnerin aus. Da sie unter keinen Umständen bereit war, dorthin zurückzukehren, obwohl sie weiterhin die dortige Schule besuchte, brachte der damals in Schwerin lebende Antragsteller sie bei seiner Freundin in Lübeck unter, wo sie bis Anfang Oktober 2011 lebte. Er richtete ein Konto ein, über das die Ausgaben für Kost und Logis bezahlt wurden und von dem die Tochter regelmäßig Barbeträge abheben konnte. Für den Zeitraum November 2010 bis einschließlich Juli 2011 sind Zahlungen des Antragstellers auf dieses Konto in Höhe von insgesamt 4.350 € belegt. In seiner Beschwerdebegründung hat der Antragsteller geltend gemacht, dass Zahlungen in Höhe von jeweils 278 € in den Monaten August und September 2011 zu Unrecht nicht berücksichtigt worden seien.

Anfang November 2010 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin zur Auskunftserteilung und anteiligen Zahlung von Barunterhalt auf. Die Antragsgegnerin, die weiterhin Naturalunterhalt in ihrem Haushalt gewähren wollte und daher zunächst keinen Barunterhalt leistete, nahm ab April 2011 Zahlungen an die Tochter auf. Im streitgegenständlichen Zeitraum hat sie in den Monaten April bis einschließlich Juli 2011 jeweils 300 € gezahlt und im August 2011 336 €. Ob im September eine weitere Zahlung von 336 € erfolgte, ist zwischen den Beteiligten umstritten. ...

c) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts entfaltet der gerichtliche Vergleich vom 8. November 2004 keine ‚Sperrwirkung', die der Geltendmachung des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs entgegen gehalten werden könnte.

aa) Zwar hat der Senat bereits entschieden, dass einem Elternteil, der eine ihm durch rechtskräftige Entscheidung auferlegte Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem gemeinsamen Kind erfüllt, kein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch auf - teilweise - Erstattung seiner Unterhaltszahlungen gegenüber dem anderen Elternteil zusteht (Senatsurteile vom 25. Mai 1994 - XII ZR 78/93 - FamRZ 1994, 1102, 1103 f. und vom 20. Mai 1981 - IVb ZR 558/80 - FamRZ 1981, 761, 762).

Der Senat hat hierzu ausgeführt, dass der Unterhaltsverpflichtete, der an sein unterhaltsberechtigtes Kind jeweils die Unterhaltsbeträge gezahlt hat, zu deren Leistung er ihm gegenüber rechtskräftig verurteilt worden ist, nur seiner eigenen rechtskräftig festgestellten Unterhaltspflicht nachgekommen ist, nicht aber eine Verbindlichkeit erfüllt hat, die sich im Verhältnis gegenüber dem Kind als Verpflichtung des anderen Elternteils darstellt. Bei dieser Sachlage entspricht die Zubilligung eines familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs nicht dem Sinn und Zweck dieses Anspruchs. Der Ausgleichsanspruch ist nämlich nicht dazu bestimmt, gerichtlich festgesetzte Unterhaltsverpflichtungen, die auf einer Abwägung der Leistungsfähigkeit beider Eltern beruhen, durch ‚Ausgleich' von Unterhaltsanteilen im Verhältnis der Eltern zueinander abzuändern (Senatsurteile vom 25. Mai 1994 - XII ZR 78/93 - FamRZ 1994, 1102, 1103 f. und vom 20. Mai 1981 - IVb ZR 558/80 - FamRZ 1981, 761, 762).

bb) Diese Erwägungen sind jedenfalls auf eine durch einen gerichtlichen Vergleich geregelte Unterhaltsverpflichtung nicht übertragbar.

Im Gegensatz zu der durch gerichtliche Entscheidung auferlegten Unterhaltsverpflichtung können Unterhaltsregelungen in gerichtlichen Vergleichen - wie in vollstreckbaren Urkunden - nicht in materielle Rechtskraft erwachsen. Soweit ein gerichtlicher Vergleich im Verfahren nach § 239 FamFG abgeändert werden kann, richtet sich der Umfang der Abänderung allein nach materiellem Recht (§ 239 Abs. 2 FamFG). Der Tatsachenvortrag in einem solchen Abänderungsverfahren unterliegt keiner zeitlichen Einschränkung, da die Präklusion aus § 238 Abs. 2 FamFG, die nur der Sicherung der Rechtskraftwirkung gerichtlicher Entscheidungen dient, keine entsprechende Anwendung findet (vgl. Senatsurteile BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 Rn. 23 (für den Fall einer Jugendamtsurkunde); BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 12; vom 23. November 1994 - XII ZR 168/93 - FamRZ 1995, 221, 223 und BGHZ (GSZ) 85, 64, 73 = FamRZ 1983, 22, 24 f.). Daher können grundsätzlich auch Tatsachen geltend gemacht werden, die schon im Zeitpunkt der Errichtung des Titels bestanden haben. Dabei ist - vorrangig gegenüber einer Störung der Geschäftsgrundlage - durch Auslegung zu ermitteln, ob und mit welchem Inhalt die Beteiligten eine bindende Regelung hinsichtlich einer möglichen Abänderung getroffen haben (vgl. Senatsurteile vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 - FamRZ 2012, 197 Rn. 15 und BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 12 f.). Ebenso wenig bestehen mangels Rechtskraft hinsichtlich des Zeitpunktes, ab dem eine Abänderung begehrt werden kann, verfahrensrechtliche Einschränkungen; § 238 Abs. 3 FamFG findet deswegen auch keine entsprechende Anwendung (vgl. Senatsurteil BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 Rn. 23).

cc) Mit seinen Zahlungen auf das Konto zum Unterhalt der gemeinsamen Tochter ist der Antragsteller im Verhältnis zur Tochter nicht einer eigenen rechtskräftig festgestellten Unterhaltspflicht nachgekommen. Vielmehr hat er - soweit die Antragsgegnerin ihrer Unterhaltsverpflichtung nicht nachgekommen ist - an ihrer Stelle eine Unterhaltsverbindlichkeit erfüllt, die ihr gegenüber der gemeinsamen Tochter oblegen hat.

Der gerichtliche Vergleich vom 8. November 2004 ist nach Ziff. 3 des Vergleichs bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse frei abänderbar. Da sich der Umfang der Abänderung allein nach materiellem Recht bestimmt, kann die Abänderbarkeit des Vergleichs auch inzident im Rahmen des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs überprüft werden. Wegen der fehlenden materiellen Rechtskraft des Vergleichs stehen auch Sinn und Zweck des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs einem Erstattungsanspruch des Antragstellers nicht entgegen.

Dass der Antragsteller die Antragsgegnerin unmittelbar nach Aufnahme der Zahlungen aufgefordert hatte, sich anteilig am Unterhalt für die gemeinsame Tochter zu beteiligen, ist zwischen den Eltern unstreitig. ..."

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Im Fall des Wechselmodells haben grundsätzlich beide Elternteile für den Barunterhalt des Kindes einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst außerdem die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 5. November 2014, XII ZB 599/13, FamRZ 2015, 236). Der dem Kind von einem Elternteil während dessen Betreuungszeiten im Wechselmodell geleistete Naturalunterhalt führt nicht dazu, dass ein Barunterhaltsanspruch nicht geltend gemacht werden kann. Der geleistete Naturalunterhalt ist vielmehr nur als (teilweise) Erfüllung des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen. Der Unterhaltsanspruch kann in zulässiger Weise vom Kind gegen den besser verdienenden Elternteil geltend gemacht werden. Dass er sich auf den Ausgleich der nach Abzug von den Eltern erbrachter Leistungen verbleibenden Unterhaltsspitze richtet, macht ihn nicht zu einem - nur zwischen den Eltern bestehenden - familienrechtlichen Ausgleichsanspruch. Das Kindergeld ist auch im Fall des Wechselmodells zur Hälfte auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen. Der auf die Betreuung entfallende Anteil ist zwischen den Eltern hälftig auszugleichen. Der Ausgleich kann in Form der Verrechnung mit dem Kindesunterhalt erfolgen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. April 2016, XII ZB 45/15, FamRZ 2016, 1053; BGH, Beschluss vom 11.01.2017 - XII ZB 565/15).

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Die Beteiligten eines Unterhaltsverhältnisses sind nicht daran gehindert, im gegenseitigen Einvernehmen einen bestehenden gerichtlichen oder urkundlichen Unterhaltstitel außergerichtlich durch einen neuen Vollstreckungstitel im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu ersetzen. Beruht die Erstellung einer vollstreckbaren Jugendamtsurkunde auf einer Unterhaltsvereinbarung der Beteiligten, sind diese an den Inhalt der Vereinbarung materiell-rechtlich gebunden; eine Abänderung der Urkunde kommt für beide Beteiligte grundsätzlich nur in Betracht, wenn dies wegen nachträglicher Veränderungen nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage geboten ist (Fortführung der Senatsurteile vom 4. Mai 2011, XII ZR 70/09, BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 und vom 2. Oktober 2002, XII ZR 346/00, FamRZ 2003, 304). Begehrt der früher allein barunterhaltspflichtige Elternteil nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes unter Hinweis auf die nunmehrige Mithaftung des früheren Betreuungselternteils Herabsetzung des zur Zeit der Minderjährigkeit titulierten Kindesunterhalts, muss grundsätzlich das volljährig gewordene Kind die gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB auf seine Eltern entfallenden jeweiligen Haftungsanteile im Abänderungsverfahren darlegen und beweisen (BGH, Beschluss vom 07.12.2016 - XII ZB 422/15):

„... Begehrt somit der während der Minderjährigkeit des Kindes allein barunterhaltspflichtige Elternteil nach Eintritt der Volljährigkeit unter Hinweis auf die Mithaftung des früheren Betreuungselternteils Herabsetzung des zur Zeit der Minderjährigkeit titulierten Kindesunterhalts, muss das volljährige Kind als Abänderungsantragsgegner nach den vorgenannten Grundsätzen alle diejenigen Tatsachen darlegen und beweisen, welche den Fortbestand des Unterhaltsanspruchs rechtfertigen sollen und auf die es bei der Erstellung des Ausgangstitels noch nicht angekommen war. Das volljährige Kind muss deshalb - trotz gleichbleibenden gesetzlichen Unterhaltstatbestands (§ 1601 BGB) - grundsätzlich erstmals den Nachweis erbringen, sich in einer unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Schul- oder Berufsausbildung zu befinden. Seine Darlegungs- und Beweislast umfasst folgerichtig auch die gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB auf seine Eltern jeweils entfallenden Haftungsanteile, denn die für den Unterhalt des volljährigen Kindes zu bildende Haftungsquote hängt auch von den Einkommensverhältnissen des früheren Betreuungselternteils ab, die bei der Erstellung des Ursprungstitels noch keine Prognose oder Würdigung erfahren haben. Anders ist es dann, wenn schon der abzuändernde Titel den Unterhalt des volljährigen Kindes und damit die - nunmehr abzuändernde - Haftungsquote zwischen den Eltern geregelt hat (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 6 Rn. 746).

(3) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Unterhaltsansprüche des minderjährigen und des volljährigen Kindes identisch sind, worauf das Beschwerdegericht an sich zutreffend hingewiesen hat. Gerade wegen der Identität der Unterhaltsansprüche ist es überhaupt erforderlich, mit einem Abänderungsantrag gegen den bestehenden Titel vorzugehen (vgl. Senatsurteil vom 21. März 1984 - IVb ZR 72/82 - FamRZ 1984, 682, 683).

(4) Der Senat teilt auch nicht den rechtlichen Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts, dem früher allein barunterhaltspflichtigen Elternteil im Abänderungsverfahren jedenfalls die Beweislast für die Höhe des eigenen unterhaltsrelevanten Einkommens aufzuerlegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einkommensverhältnisse des Antragsgegners im vorliegenden Fall bereits bei der Unterhaltsregelung im Zusammenhang mit der Erstellung der Jugendamtsurkunde vom 16. Juni 2008 zu den Grundlagen der Unterhaltsbemessung gehört haben, und zwar dergestalt, dass der Antragsgegner mit seinen erzielten oder erzielbaren Einkünften (möglicherweise nach einfacher Höherstufung) in die sechste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle einzuordnen war. Insoweit kann der ursprünglichen Unterhaltsregelung ein Element entnommen werden, an das die Beteiligten in materiell-rechtlicher Hinsicht weiterhin gebunden sind.

Daraus folgt, dass der früher allein barunterhaltspflichtige Elternteil insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist, als er ein gegenüber den Verhältnissen bei der Erstellung des Ausgangstitels über den Minderjährigenunterhalt rückläufiges Einkommen behauptet (zutreffend OLG Köln Beschluss vom 31. Juli 2012 - 4 UF 57/12 - juris Rn. 9). Solches ist hier aber gerade nicht der Fall. Vielmehr ist es der Antragsteller, der sich auf ein - gegenüber den bei Errichtung der Jugendamtsurkunde übereinstimmend zugrunde gelegten Verhältnissen - signifikant gestiegenes Einkommen des Antragsgegners beruft. Soweit sich der Antragsteller damit seinerseits von den materiell-rechtlichen Bindungen der ursprünglichen Unterhaltsregelung lösen will, trägt er im Abänderungsverfahren schon nach allgemeinen Grundsätzen für diese ihm günstige Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse die Darlegungs- und Beweislast. Insoweit muss sich der Antragsteller die erforderlichen Angaben zu den unterhaltsrelevanten Einkünften des Antragsgegners - gegebenenfalls auch innerhalb des Verfahrens im Wege des (Wider-)Widerantrags - durch Geltendmachung seines unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruchs verschaffen, sofern nicht das Gericht von sich aus Maßnahmen nach § 235 Abs. 1 FamFG für angezeigt hält.

cc) Die angefochtene Entscheidung erweist sich schließlich auch nicht deshalb als richtig, weil das von dem Antragsteller behauptete väterliche Nettoeinkommen von rund 7.000 € seit dem Jahr 2013 aus verfahrensrechtlichen Gründen als zugestanden (§ 113 Abs. 1 FamFG iVm § 138 Abs. 3 ZPO) gelten müsste.

Stellt das Kind in einem Abänderungsverfahren die substantiierte Behauptung auf, dass das Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils um einen bestimmten Betrag angestiegen sei, kann es unter Umständen Aufgabe des in Anspruch genommenen Elternteils sein, sich zu dieser Behauptung substantiiert im Sinne von § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 138 Abs. 2 ZPO mit Angaben über die Höhe seines jetzigen Einkommens zu erklären (Senatsurteil vom 15. Oktober 1986 - IVb ZR 78/85 - FamRZ 1987, 259, 260). Diesen Erfordernissen genügt der bisherige Vortrag des Antragsgegners, zumal es angesichts des Umstands, dass die unterhaltsrelevanten Einkünfte des Antragsgegners nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen in den Jahren 2009 bis 2011 zwischen 2.746 € und 3.059 € gelegen haben sollen, ohnehin kaum greifbare Anhaltspunkte für ein Einkommen in der von dem Antragsteller behaupteten Größenordnung gibt. ..."

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Für den Unterhaltsberechtigten besteht grundsätzlich die Obliegenheit zur Inanspruchnahme von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 ff. SGB XII); eine Verletzung dieser Obliegenheit kann zur Anrechnung fiktiver Einkünfte in der Höhe der entgangenen Leistungen führen. Die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist gemäß § 43 Abs. 3 Satz 6 SGB XII schon dann insgesamt ausgeschlossen, wenn bei einer Mehrzahl von unterhaltspflichtigen Kindern des Leistungsberechtigten nur eines der Kinder über steuerliche Gesamteinkünfte in Höhe von 100.000 € oder mehr verfügt (im Anschluss an BSG, 25. April 2013, B 8 SO 21/11 R, FamRZ 2014, 385). Erhält der Unterhaltsberechtigte aus diesem Grund nachrangige Hilfe zum Lebensunterhalt (§ 19 Abs. 2 Satz 2, 27 ff. SGB XII) und haften mehrere unterhaltspflichtige Kinder gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB anteilig für den Elternunterhalt, stellt der gesetzliche Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger für ein privilegiertes Kind mit einem unter 100.000 € liegenden steuerlichen Gesamteinkommen eine unbillige Härte im Sinne von § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII dar, wenn und soweit dieses Kind den unterhaltsberechtigten Elternteil nur wegen des Vorhandenseins nicht privilegierter Geschwister nicht auf die bedarfsdeckende Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen verweisen kann. In diesem Fall kann das privilegierte Kind der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs durch den unterhaltsberechtigten Elternteil den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegenhalten, und zwar sowohl wegen vergangener als auch wegen zukünftiger Unterhaltszeiträume (BGH, Beschluss vom 08.07.2015 - XII ZB 56/14).

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Die im Rahmen eines Wechselmodells von einem Elternteil geleistete Kinderbetreuung kann nicht zur Befreiung von seiner Barunterhaltspflicht führen. Im Fall des Wechselmodells haben beide Elternteile für den Barunterhalt einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst außerdem die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten (vor allem Wohn- und Fahrtkosten). Ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt und damit seine Unterhaltspflicht im Sinne des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB bereits durch Erziehung und Pflege erfüllt, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung. Dabei kommt der zeitlichen Komponente der von ihm übernommenen Betreuung zwar eine Indizwirkung zu, ohne dass sich allerdings die Beurteilung allein hierauf zu beschränken braucht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 12. März 2014, XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917; BGH, Beschluss vom 05.11.2014 - XII ZB 599/13).

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Nimmt der barunterhaltspflichtige Elternteil ein weit über das übliche Maß hinaus gehendes Umgangsrecht wahr, kann der Tatrichter die in diesem Zusammenhang getätigten außergewöhnlich hohen Aufwendungen, die als reiner Mehraufwand für die Ausübung des erweiterten Umgangsrechts dem Anspruch des Kindes auf Zahlung von Unterhalt nicht als bedarfsdeckend entgegengehalten werden können (vor allem Fahrt- und Unterbringungskosten), zum Anlass dafür nehmen, den Barunterhaltsbedarf des Kindes unter Herabstufung um eine oder mehrere Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle zu bestimmen. Der auf diesem Weg nach den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle ermittelte Unterhaltsbedarf kann (weitergehend) gemindert sein, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil dem Kind im Zuge seines erweiterten Umgangsrechts Leistungen erbringt, mit denen er den Unterhaltsbedarf des Kindes auf andere Weise als durch Zahlung einer Geldrente teilweise deckt (im Anschluss an Senatsurteile vom 21. Dezember 2005, XII ZR 126/03, FamRZ 2006, 1015 und vom 28. Februar 2007, XII ZR 161/04, FamRZ 2007, 707; BGH, Beschluss vom 12.03.2014 - XII ZB 234/13).

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Auch der betreuende Elternteil kann ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB sein, wenn der Kindesunterhalt von ihm unter Wahrung seines angemessenen Selbstbehalts gezahlt werden kann und ohne seine Beteiligung an der Barunterhaltspflicht ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern entstünde. Kann auch der an sich barunterhaltspflichtige Elternteil bei Zahlung des vollen Kindesunterhalts seinen angemessenen Selbstbehalt verteidigen, wird eine vollständige oder anteilige Haftung des betreuenden Elternteils für die Aufbringung des Barunterhalts nur in wenigen, besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen (im Anschluss an Senatsurteil vom 20. März 2002, XII ZR 216/00, FamRZ 2002, 742; BGH, Urteil vom 10.07.2013 - XII ZB 297/12).

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Leistet ein geschiedener Elternteil aus freien Stücken den vollen Ausbildungsunterhalt für sein volljähriges Kind, so ist er, solange er gegenüber dem anderen Elternteil keinen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch verfolgt, diesem gegenüber nicht zur Auskunft über seine Einkünfte verpflichtet (BGH, Beschluss vom 17.04.2013 - XII ZB 329/12).

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Für die Abänderung einer Jugendamtsurkunde über den Kindesunterhalt ist in Verfahren, die vor dem 1. September 2009 eingeleitet wurden, die Abänderungsklage nach § 323 Abs. 4 ZPO zulässig. Die vom Unterhaltsberechtigten begehrte Abänderung einer einseitig erstellten Jugendamtsurkunde setzt keine Änderung der ihr zugrunde liegenden Umstände voraus. Im Rahmen eines Abänderungsbegehrens durch den Unterhaltspflichtigen ist hingegen die Wirkung eines in der Urkunde liegenden Schuldanerkenntnisses zu berücksichtigen, was geänderte Umstände seit Abgabe des Schuldanerkenntnisses voraussetzt (im Anschluss an das Senatsurteil vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 - FamRZ 2009, 314 und den Senatsbeschluss vom 14. Februar 2007 - XII ZB 171/06 - FamRZ 2007, 715). Die Erstausbildung gehört zum eigenen Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen, den dieser grundsätzlich auch bei gesteigerter Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern vorrangig befriedigen darf (im Anschluss an das Senatsurteil vom 15. Dezember 1993 - XII ZR 172/92 - FamRZ 1994, 372). Auch der betreuende Elternteil i. S. von § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB kann ein anderer leistungsfähiger Verwandter i. S. von § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB sein. Dem barunterhaltspflichtigen Elternteil kann der angemessene Selbstbehalt belassen bleiben, wenn der Kindesunterhalt von dem betreuenden Elternteil unter Wahrung dessen angemessenen Selbstbehalts gezahlt werden kann und ohne seine Beteiligung an der Barunterhaltspflicht ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern entstünde (im Anschluss an das Senatsurteil vom 31. Oktober 2007 - XII ZR 112/05 - FamRZ 2008, 137; BGH, Urteil vom 04.05.2011 - XII ZR 70/09 zu BGB § 1603 Abs. 2; ZPO §§ 323 Abs. 1, 4; 522 Abs. 1 bis 3).

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Eine vom Unterhaltspflichtigen nach Erreichen der Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente ausgeübte Erwerbstätigkeit ist - entsprechend der Lage für den Unterhaltsberechtigten - sowohl hinsichtlich des Ehegattenunterhalts als auch des Kindesunterhalts regelmäßig überobligatorisch. Hierfür ist es unerheblich, ob der Unterhaltspflichtige abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist. Die Anrechnung eines aus überobligatorischer Tätigkeit erzielten Einkommens richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und hat der Überobligationsmäßigkeit Rechnung zu tragen. Eine danach eingeschränkte Anrechnung des Einkommens ist sowohl beim Ehegattenunterhalt als auch beim Kindesunterhalt schon bei der Ermittlung des vom Unterhaltspflichtigen abgeleiteten Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen. Zur Ermittlung der Haftungsanteile der Eltern beim Unterhalt so genannter privilegierter Volljähriger. Wenn eine Befristung des Ehegattenunterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB wegen aktuell bestehender ehebedingter Nachteile ausgeschlossen ist, darf das Familiengericht die Entscheidung über eine - teilweise - Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB nicht mit dem Hinweis auf eine nicht abgeschlossene wirtschaftliche Entflechtung der Verhältnisse zurückstellen, sondern muss hier-über insoweit entscheiden, als dies aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände möglich ist (BGH, Urteil vom 12.01.2011 - XII ZR 83/08 zu BGB §§ 242, 1571, 1573, 1577, 1578, 1578 b, 1603, 1606, 1610).

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Aus einer von den Eltern vereinbarten Begrenzung des Kindesunterhalts, die schon mangels Beteiligung der betroffenen Kinder für diese keine Wirkung entfaltet, kann auf ein - konkludentes - Freistellungsversprechen der die Kinder betreuenden Mutter zu Gunsten des Vaters (über die Differenz zum gesetzlichen Unterhalt) nicht allein deswegen geschlossen werden, weil es der Mutter bewusst war, dass der gesetzliche Unterhalt durch die Vereinbarung nicht ausgeschöpft wird (BGH, Urteil vom 04.03.2009 - XII ZR 18/08).

Ein Student, der im Haushalt eines Elternteils lebt, kann im Verhältnis zu dem anderen, auf Unterhalt in Anspruch genommenen Elternteil darauf verwiesen werden, am Studienort zu wohnen. Das kommt in Betracht, wenn hohe Fahrtkosten zum Studienort anfallen und dem Interesse des anderen Elternteils, die Unterhaltsbelastung in Grenzen zu halten, keine gewichtigen, gegen einen Umzug sprechenden Belange des Studenten gegenüberstehen. Zur Berechnung der anteiligen Haftung von Eltern für den Unterhalt eines volljährigen Kindes, wenn ein Elternteil seinem Ehegatten Familienunterhalt schuldet. Die für ein minderjähriges Kind gezahlte Halbwaisenrente ist auf seinen Barunterhaltsanspruch gegen den Elternteil, bei dem es lebt, nur zur Hälfte anzurechnen (im Anschluss an Senat, NJW 1981, 168 = FamRZ 1980, 1109 [1111]). Unterhaltsrechtlich anzuerkennende berufsbedingte Aufwendungen können nicht ohne nähere Prüfung mit den steuerlich anerkannten Werbungskosten gleichgesetzt werden (BGH, Urteil vom 21.01.2009 - XII ZR 54/06 zu BGB §§ 1602, 1603 I, 1606 III 1, 1610).

*** (OLG)

Der barunterhaltspflichtige Elternteil kann einen Auskunftsanspruch gegen den betreuenden Elternteil haben, wenn die Auskunft zur Feststellung eines möglichen Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Ein solcher kann sich bei Leistungsunfähigkeit des vorrangig haftenden Unterhaltspflichtigen aus der Ersatzhaftung nach § 1606 III 2 BGB ergeben (OLG München, Beschluss vom 27.01.2023 - 2 UF 813/22 e).

***

Die Haftungsquoten der Eltern eines privilegierten volljährigen Kindes können nach Abzug des angemessenen Selbstbehalts auch dann bestimmt werden, wenn nur ein Elternteil über Einkünfte oberhalb dieses Betrages verfügt, jedoch dieser nach seinen Einkünften insgesamt den Kindesunterhalt erbringen kann. Für die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung sind die steuerlichen Angaben aus der Anlage V zu geltend gemachten Werbungskosten unterhaltsrechtlich zu bereinigen, sodass u.a. erfolgte Pauschalabschreibungen unberücksichtigt bleiben, jedoch zugleich Zins- und Tilgungsleistungen auf Darlehen zur Finanzierung der Immobilie bis zur Höhe der erzielten Mieteinnahmen abzusetzen sind. Eine Verrechnung überschießender Tilgungsleistungen für verschiedene Immobilien erfolgt indessen nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2021- XII ZB 557/20, FamRZ 2022, 434 = NZFam 2022, 208). Die Zahlung einer Abgeltung für in den Vorjahren nicht in Anspruch genommenen Urlaub ist unterhaltsrechtlich nicht als überobligatorisches Einkommen anzusehen, wenn der Urlaub krankheitsbedingt sowie aufgrund einer nachfolgenden Freistellung im Rahmen einer Altersteilzeitregelung nicht in Anspruch genommen werden konnte (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 8. Juli 1992 - XII ZR 127/91, NJW-RR 1992, 1282; OLG Celle, Beschluss vom 21.12.2022 - 21 UF 129/22).

***

Zahlung des Mehrbedarfes beim Wechselmodell (OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.11. 2022 - 13 UF 24/21):

„ ... Die gemäß § 58 FamFG statthafte Beschwerde ist auch mit Blick auf das nach der erstinstanzlichen Entscheidung zwischen den Eltern geübte Wechselmodell zulässig.

Zwar ist in Fällen des paritätischen Wechselmodells kein Elternteil befugt, in alleiniger Vertretung des Kindes dessen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil geltend zu machen, denn in diesen Fällen betreuen beide das Kind und eine alleinige Obhut i.S.d. § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB besteht nicht (BGH, FamRZ 2006, S. 1015, Rn. 9; BGH FamRZ 2014, S. 917, Rn. 16), sodass die Mutter den Antragsteller in diesem Verfahren nicht mehr allein vertreten kann. Allerdings ist dieser Mangel in Folge des Beschlusses des Amtsgerichts Strausberg vom 14.10.2021 nunmehr durch die Vertretung des Antragstellers durch das Jugendamt als Ergänzungspfleger behoben. Auch Bedenken in Bezug auf die Postulationsfähigkeit gemäß §114 FamFG bestehen insoweit nicht, da der Antragsteller durchgängig durch einen postulationsfähigen Rechtsanwalt als Verfahrensbevollmächtigten vertreten wird. Die Beschwerde hat in der Sache allerdings nur teilweise Erfolg.

Soweit die Beschwerde die erstinstanzliche Unzuständigkeit des angerufenen Familiengerichts rügt, gilt § 65 Abs. 4 FamFG. Danach kann die Beschwerde nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

Ebenfalls unschädlich ist der Umstand, dass in den Schriftsätzen der Antragstellerseite nicht durchweg klar wird, dass nicht die Mutter, sondern das Kind Antragsteller im Verfahren ist. Maßgeblich ist die Parteienbezeichnung im Rubrum und der Antrag, der darauf gerichtet ist, Zahlung an den Antragsteller zu Händen seiner Mutter zu leisten.

Die hier streitigen Kosten eines privaten Schulbesuchs sind unterhaltsrechtlich als Mehrbedarf zu qualifizieren (BeckOGK/Wendtland, 1.8.2022, BGB § 1610 Rn. 138.1). Mehrbedarf ist der Teil des Lebensbedarfs, der regelmäßig während eines längeren Zeitraums anfällt und das Übliche derart übersteigt, dass er beim Kindesunterhalt mit den Tabellensätzen nicht oder nicht vollständig erfasst werden kann, andererseits aber kalkulierbar ist (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 17. Mai 2021 - 9 UF 174/20 -, Rn. 11, juris; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis.10. Auflage 2019, Rn. 232 -beck-online-).

Der Antrag auf Zahlung von Mehrbedarf ist - wie hier - als Leistungsantrag statthaft. Beim Kindesunterhalt ist der Zusatzantrag für einen Mehrbedarf neben der bestehenden Titulierung des Tabellenunterhalts zulässig, weil der Barunterhaltsbedarf des Kindes auch bei günstigen Einkommensverhältnissen von vornherein nicht den Betreuungs- und Erziehungsbedarf des Kindes erfasst, hierfür vielmehr zusätzliche Mittel zu veranschlagen sind (vgl. Wendl/Dose UnterhaltsR, § 10 Verfahrensrecht Rn. 169, beck-online).

Die Frage der Notwendigkeit des Besuchs einer Privatschule stellt sich entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht, denn mit der Unterzeichnung des Schulvertrages hat er dem Besuch bereits vorbehaltlos zugestimmt. Der mit dieser Grundentscheidung einverstandene Antragsgegner muss dann auch die Rechtsfolgen tragen, die losgelöst von der mangels Vertragspartnerschaft tatsächlich im Außenverhältnis nicht bestehenden Schuldverpflichtung gegenüber dem Schulträger einzig nach den dafür - unterhaltsrechtlich - geltenden Maßstäben zu beurteilen sind (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 17. Mai 2021 - 9 UF 174/20 -, Rn. 17, juris).

Der verfahrenseinleitende auf eine fortlaufende unbefristete monatliche Zahlung gerichtete Antrag ist dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller von Anfang an die Beteiligung nur am Schulgeld für das Schuljahr 2019/2020 begehrt hat, nachdem seine Mutter das sich auf 4.845,80 € belaufende Schulgeld für dieses Schuljahr (incl. Einschreibegebühr von einmalig 50 €) vollständig verauslagt hatte. Entsprechend hat der Antragsteller mit den Schriftsätzen vom 30.12.2019 und 31.01.2020 den Mehrbedarf mit dem einmaligen Jahresbetrag für das Schuljahr 2019/2020 abzüglich des Verpflegungsanteils von 780 € (vgl. hierzu BeckOGK/Wendtland, 1.8.2022, BGB § 1610 Rn. 134.1), geltend gemacht. Der Mehrbedarf beträgt danach im Schuljahr 2019/2020 4.065,80 €.

Am Mehrbedarf muss sich grundsätzlich auch der Elternteil beteiligen, der ein minderjähriges Kind betreut und dadurch regelmäßig nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB seine Unterhaltspflicht erfüllen würde, wenn er über Einkünfte verfügt, insbesondere, wenn er erwerbstätig ist oder ihn eine Erwerbsobliegenheit trifft (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 17. Mai 2021 - 9 UF 174/20 -, Rn. 12, juris). Nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB haften die Eltern insoweit nicht als Gesamtschuldner, sondern anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2022 - XII ZB 325/20 -, Rn. 43, juris; BGH, FamRZ 1998, 286, 287 f. mwN).

Für den in der Vergangenheit liegenden Mehrbedarf im Jahr 2019 ist mangels Prognosebedarfs der einjährige Jahresdurchschnitt der Einkommen der Eltern in diesem Jahr maßgeblich (vgl. Senat Beschluss vom 11. Februar 2020 - 13 UF 71/15 -, Rn. 17, juris; Wendl/Dose UnterhaltsR, 10. Aufl., § 1 Rn. 73). Für den Mehrbedarf in 2020 schreibt der Senat mangels anderweitiger Anhaltspunkte das Einkommen aus 2019 fort.

Entsprechend dem Hinweis der Berichterstatterin durch Verfügung vom 02.08.2022, dem die Beteiligten innerhalb der gesetzten Frist nicht entgegengetreten sind, stellt sich das Einkommen der Eltern des Antragstellers in 2019 wie folgt dar:

Einkommen der Mutter des Antragstellers:

Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit: 43.568 €
Einkünfte aus Kapitalerträgen: 5.923 €
Summe: 49.491 €
./. Versorgungswerk 6.911 €
./. KV 4.395 €
./. PV 376 €
./. KV 569 €
./. Allianz-RV 1.150 €
./. Steuern für 2018 1.728 €
Ergebnis: 34.362 € : 12 = 2.864 € monatlich (gerundet)

Einkommen Antragsgegner:

Einkünfte aus Photovoltaik: 15.035 €
Einkünfte aus Vermietung: 4.114 €
Einkünfte aus Vermietung: 58.852 €
Einkünfte aus Vermietung: 1.219 €
Summe: 79.220 €
./. KV 4.044 €
./. PV 341 €
./. KV 10 €
Ergebnis: 74.825 € : 12 = 6.235 € (gerundet)

Die Haftungsverteilung folgt den Grundsätzen für die Berechnung der Haftungsanteile des Volljährigenunterhalts. Vor der Gegenüberstellung der jeweiligen Einkommen ist bei jedem Elternteil ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts abzuziehen (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2013 - XII ZB 298/12 - FamRZ 2013, 1563 Rn. 12 mwN). Bei der Berechnung der jeweiligen Haftungsanteile ist zu beachten, dass das Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils bei der Ermittlung der vergleichbaren Einkünfte im Rahmen der Haftungsanteilsberechnung vorab um den geschuldeten Barunterhalt zu bereinigen ist (BeckOGK/ Winter, 1.5.2022, BGB § 1613 Rn. 221).

Entsprechend sind in die Berechnung der Quote auf Seiten der Mutter der in 2019 geltende Selbstbehalt von 1.300 € vom dargestellten Einkommen abzuziehen, sodass sich ein Betrag von 1.564 € ergibt.

Das Einkommen des Antragsgegners ist zusätzlich um den Barunterhalt der höchsten Einkommensstufe, den der Antragsgegner leistet, zu bereinigen. Der Zahlbetrag betrug in 2019 für den am 29.03.2013 geborenen Antragsteller bis einschließlich Februar 2019 in der ersten Altersgruppe 470 €, von März bis Juni 2019 in der zweiten Altersgruppe 553 € und ab Juli 2019 548 €. Entsprechend erfolgt die Quotierung im Januar und Februar 2019 nach einem Einkommen von 4.465 € (6.235 € - 1.300 € - 470 €), von März 2019 bis Juni 2019 von 4.382 € und ab Juli 2019 von 4.387 €.

Der Haftungsanteil des Antragsgegners beträgt in allen Zeitabschnitten gerundet 74 %. Zwar haben sich in 2020 der angemessene Selbstbehalt auf 1.400 € und der Kindesunterhalt in der höchsten Einkommensgruppe und 2. Altersstufe auf 577 € erhöht. Dies wirkt sich auf das rechnerisch ermittelte und auf volle Prozent gerundete Ergebnis aber nicht aus.

74 % vom Mehrbedarf in Höhe von 4.065,80 € ergeben einen Betrag von gerundet 3.009 €.

Mehrbedarf für die Vergangenheit - hier August und September 2019 - kann allerdings nur unter den Voraussetzungen von § 1613 BGB gefordert werden, also nur, wenn der Unterhaltspflichtige vor dem Anfall der Kosten zur Auskunft aufgefordert oder in Verzug gesetzt worden ist. Mangels vorgerichtlichen Auskunftsverlangens oder Mahnung kann der Antragsteller Zahlung erst ab Rechtshängigkeit, die mit Antragszustellung am 24.09.2019 erfolgt ist fordern, mithin ab September 2019, nicht hingegen für August 2019. 1/12 von 3.009 € betragen 250,75 €, sodass der Anspruch auf Mehrbedarf insgesamt 2.758,25 € (250,75 € x 11) beträgt.

Zur Zahlung dieses Betrags ist der Antragsgegner auf den erstmals in der zweiten Instanz gestellten Antrag des Antragstellers zu verpflichten. Nachdem das Amtsgericht den Antragsgegner nicht auf den tatsächlich gestellten, auf die Zahlung von insgesamt nur 2.485 € gerichteten Antrag, sondern unter Verletzung des aus § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO folgenden Grundsatzes auf einen lediglich angekündigten, in der Folge aber nicht gestellten Antrag verpflichtet hat, stellt der zweitinstanzliche Antrag des Antragstellers, die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners gleichwohl zurückzuweisen, eine - jedenfalls konkludente - Anschlussbeschwerde mit dem antragserweiternden Ziel dar, den Antragsteller über den erstinstanzlich gestellten Antrag hinaus nunmehr im zweiten Rechtszug zur Zahlung von insgesamt 3.659 € zu verpflichten. Dieser Antrag ist allerdings - wie vorstehend ausgeführt - lediglich in Höhe von 2.758,25 € begründet, sodass die Anschlussbeschwerde im Übrigen zurückzuweisen war.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 288, 291 BGB, §§ 113, 308 ZPO. Mit seinem Antrag hat der Antragsteller bereits fällig gewordenen Mehrbedarf für August und September 2019 in Höhe von insgesamt 435 € geltend gemacht. Wie dargestellt, bestand ein Anspruch auf Zahlung von Mehrbedarf mangels Verzugs für August 2019 nicht. Zinsen sind daher nur auf den für September 2019 geschuldeten Betrag zuzusprechen. Mangels anderweitigen Vortrags beträgt der vom Antragsteller für September geltend gemachte Betrag die Hälfte von 435 €, mithin 217,50 €. Gemäß §§ 113 FamFG, 308 ZPO waren Zinsen nur auf diesen Betrag auszusprechen. Zinsbeginn ist mangels vorherigen Verzugs erst der Tag nach Eintritt der Rechtshängigkeit. ..."

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Anrechnung fiktiver Einkünfte bei Mmindestunterhalt und gesteigerter Erwerbsobliegenheit: Dem für die nicht in seinem Haushalt lebenden Kinder barunterhaltspflichtigen Elternteil ist es im Rahmen der für diese Kinder vorzunehmenden Mangelverteilung nach Treu und Glauben versagt, sich für in der Vergangenheit liegende Unterhaltszeiträume auf die Ausfallhaftung für ein weiteres in seinem Haushalt lebendes Kind zu berufen, wenn und soweit er für dieses Kind nicht zurückzahlbare Leistungen nach dem SGB II bezogen hat (OLG Hamm, Beschluss vom 21.07.2022 - II-2 UF 88/21).

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Bei der Berechnung von Ehegattenunterhalt ist der Naturalunterhalt, den ein betreuender Elternteil aus eigenen Einkünften für die gemeinsamen, bei ihm lebenden Kinder aufbringt, vor der Berechnung der Unterhaltsquote von seinem bereinigten Nettoeinkommen in Abzug zu bringen. Die Höhe der Abzugsposition ergibt sich rechnerisch aus der Differenz zwischen dem aus den beiderseitigen Einkünften ermittelten Barbedarf der Kinder einerseits und dem vom barunterhaltspflichtigen Elternteil aufgebrachten Unterhalt andererseits (OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.06.2022 - 7 UF 77/21):

„ ... Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin für die Betreuung der Kinder in der Zeit von 2/2013 bis 1/2016 von dem Antragsgegner rückständigen Kindesunterhalt gemäß §§ 1601 ff. BGB im Wege des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs (vgl. hierzu Grüneberg/von Pückler, Bürgerliches Gesetzbuch, 81. Auflage 2022, Einführung vor § 1601 Rdnr. 26) nach Eintritt des Wechselmodells bzgl. des Sohnes und aus gemäß § 398 BGB abgetretenem Recht hinsichtlich der inzwischen volljährigen Tochter verlangen kann. Darüber hinaus hat die Vorinstanz zu Recht angenommen, dass der Antragsgegner der Antragstellerin dem Grunde nach Trennungsunterhalt aus § 1361 BGB schuldet. Nach dieser Vorschrift kann ein Ehegatte im Falle der Trennung von dem anderen Ehegatten den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen angemessenen Unterhalt verlangen.

Auf der Grundlage des von den Beteiligten im zweiten Rechtszug gehaltenen weiteren Vortrages und unter Berücksichtigung der teilweise von der Vorinstanz abweichenden Rechtsauffassung des Senates zu diversen Punkten gilt hinsichtlich der Unterhaltshöhen die folgende Aufstellung: ...

In Übereinstimmung mit dem Amtsgericht geht auch der Senat auf Seiten des Antragsgegners von Einkünften in Höhe von mtl. 2.849,00 € aus. Der hiergegen geführte Beschwerdeangriff greift im Ergebnis nicht. Die Problematik der bereits erstinstanzlich vorgetragenen Schenkung des Vaters des Antragsgegners in Höhe von 10.000,00 € und des Verkaufs der Wertpapiere mit einem Erlös von 23.898,52 € ist bereits erstinstanzlich thematisiert worden und war auch Gegenstand der Begutachtung. Insoweit hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28.12.2018 im Rahmen der Erläuterung seines Rechenwerkes auf S. 25 seines Gutachtens vom 29.9.2018 ausgeführt, dass er einerseits die Entnahmen für Sparbuch, Wertpapiere und Bausparen nicht als verfügbares Einkommen für den Lebensunterhalt berücksichtigt habe, wodurch der Unternehmerlohn entsprechend gemindert worden sei, und „umgekehrt … dann jedoch auch die Rückführung dieser Beträge in den Betrieb nicht als Einlagen berücksichtigt werden" dürften. Dies leuchtet dem Senat hinsichtlich der 23.898,52 € ein, nicht jedoch bezüglich der in Rede stehenden Schenkung von 10.000,00 €. Insoweit hat der Sachverständige angegeben, dass es sich hierbei „nicht um eine Einlage zuvor entnommener Beträge, sondern um eine Zahlung von dritter Seite" gehandelt habe, weshalb „der Betrag daher nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen" sei. Das ist zwar korrekt, allerdings sind die 10.000,00 € nach dem Rechenwerk des Sachverständigen ja gerade einkommenserhöhend verbucht worden. Auf der anderen Seite ist zu sehen, dass dies hinsichtlich des auf S. 25 aufgeführten Vierjahreszeitraumes einen Betrag von mtl. (brutto) 208,33 € ausmacht und es sich bei den Ausführungen des Sachverständigen auf S. 22 ff. seines Gutachtens lediglich um die „Gegenkontrolle des Ergebnisses" handelt. Dieses wurde auf S. 20 unter Nr. 3.7 mit - umgerechnet auf den einzelnen Monat - 4.117,44 € bewertet (es handelt sich hierbei nicht um den Gewinn vor Steuern, dieser ergibt sich aus S. 8 des Gutachtens und belief sich auf umgerechnet 5.422,65 € mtl.) Nimmt man hinzu, dass ausweislich S. 25 der „Kontrollrechnung" auf Grund der Formulierung des Beweisbeschlusses, den der Senat bei einem landwirtschaftlichen Betrieb für problematisch erachtet, aus dem Ergebnis des Wirtschaftsjahres 2012/2013 die Entnahmen und Einlagen für die Monate 7-12/2012 herausgerechnet worden sind, was nach der Berechnung des Sachverständigen zu einer Reduzierung des Unternehmerlohns für das erste Rumpfjahr von + 26.840,61 auf - 526,37 € geführt hat, hält der Senat dafür, dass der Antragsgegner durch die Veranschlagung eines Betrages von mtl. 2.849,00 € nicht benachteiligt worden ist.

Soweit das Amtsgericht den der Höhe nach unstreitigen Wohnvorteil von mtl. 500,00 € in Ansatz gebracht hat, ist dies aus den in dem angefochtenen Beschluss dargelegten Gründen nicht zu beanstanden. Die amtsgerichtlichen Ausführungen sind entgegen der Ansicht des Antragsgegners auch nicht in sich widersprüchlich; vielmehr ist die private Nutzung der Betriebsleiterwohnung durch den Antragsgegner aus unterhaltsrechtlicher Sicht ein ihm zugutekommender geldwerter Vorteil, der - anders als der PKW-Nutzungsvorteil - in dem Gutachten nicht als solcher berücksichtigt worden ist.

Hinsichtlich der sich aus dem bereinigten Nettoeinkommen ergebenden Kindesunterhaltsbeträge entsprechend der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle nach der Altersstufe zwei für beide Kinder bis einschließlich 10/2014 und drei ab 11/2014 bezüglich A ist für die Zeit bis 3/2014 eine Herabstufung nicht nur um eine Einkommensgruppe - weil insgesamt drei Unterhaltsberechtigte vorhanden waren - vorzunehmen, sondern um insgesamt zwei Einkommensgruppen. Der Antragsgegner hat nämlich nunmehr im zweiten Rechtszug unter Vorlage der Umgangsvereinbarung vom 14.3.2014 (Amtsgericht Kirchhain, Az. …) nebst „Anlage Kalender 2014" sowie des außergerichtlichen Schreibens des Rechtsanwalts E vom 7.11.2014 nebst „Anlage Kalender 2015" substantiiert und insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass jedenfalls ab März 2014 kein reines Residenzmodell mehr gelebt worden ist, vielmehr ergibt sich aus den Kalendern für die Zeit ab 3/2014 ein Betreuungsanteil des Antragsgegners von 42 % und für 2015 ein solcher von 44 %. Kosten, die dem Umgangsberechtigten durch die Ausübung eines solchen deutlich über das übliche Maß hinausgehenden Umgangs entstehen, schränken dessen Leistungsfähigkeit ein und sind daher für die Lebensstellung des Kindes bedeutsam. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (OLG Frankfurt a. M., FamRZ 2014, 46 ff., bestätigt durch BGH, FamRZ 2014, 917 ff.) rechtfertigt dies vorliegend unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls die Herabstufung um eine weitere Einkommensgruppe. Weil der Verwirkungseinwand des Antragsgegners, wie noch darzulegen sein wird, für die Zeit ab 3/2015 greift, entfällt ab diesem Zeitpunkt die auf Grund der Anzahl der Unterhaltsberechtigten erfolgte Herabstufung.

Bei der Berechnung des Erwerbstätigenbonus, den der Senat in Hinblick auf die Entscheidungen des BGH vom 13.11.2019 (Az.: XII ZB 3/19) und vom 15.12.2021 (Az. XII ZB 557/20) auch vorliegend mit 1/10 bemisst, ist zu berücksichtigen, dass der Erwerbsanreiz sich nur auf das Einkommen aus Arbeitstätigkeit bezieht (vgl. Unterhaltsgrundsatz Nr. 15.2 des OLG Frankfurt a. M.), weshalb insoweit zwischen dem Nettoeinkommen aus Erwerbstätigkeit einerseits und dem zuzurechnenden Wohnvorteil andererseits zu differenzieren ist.

Hinsichtlich des auf Seiten der Antragstellerin in die Berechnung einzustellenden Nettoeinkommens ist der Senat mit dem Amtsgericht der Auffassung, dass der Antragstellerin über die im fraglichen Zeitraum tatsächlich erzielten Einkünfte hinaus keine weiteren Einnahmen (fiktiv) zuzurechnen sind. Eine Erwerbsobliegenheitsverletzung ist der alleinerziehenden und halbschichtig tätigen Mutter angesichts des Alters der Kinder von seinerzeit 7 bis 10 Jahren (B) und 10 bis 13 Jahren (A) nicht vorzuwerfen, zumal, wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat, hinsichtlich des Sohnes kindbezogene Gründe (Ergo- und Psychotherapie) vorgetragen und belegt worden sind. Daran ändert auch der neue Vortrag des Antragsgegners hinsichtlich der erhöhten Betreuungsanteile ab 3/2014 nichts, weil die Hauptlast der Betreuung weiterhin bei der Antragstellerin lag. Soweit der Antragsgegner eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit der Antragstellerin daraus herzuleiten versucht, dass sie „aus der Ehe ausgebrochen" sei und alsbald ihre Beziehung zu ihrem neuen Freund verfestigt habe, handelt es sich um Gesichtspunkte, die in erster Linie im Rahmen der Verwirkung Bedeutung erlangen und hinsichtlich der Frage der Erwerbsobliegenheit allenfalls zu einer Annäherung der unterschiedlichen Maßstäbe bei Trennungs- und nachehelichem Unterhalt führen (vgl. Unterhaltsgrundsätze 17.1 und 17.2), wobei es für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum aus den dargelegten Gründen dabei bleibt, dass eine fiktive Veranlagung nicht gerechtfertigt erscheint.

Auch hinsichtlich des bei der Antragstellerin zu berücksichtigenden Erwerbstätigenbonus ist einer Differenzierung erforderlich, und zwar zwischen einerseits den Einkünften aus Erwerbstätigkeit und andererseits denjenigen aus Kapitalvermögen (Unterhaltsgrundsatz Nr. 10.2.1).

In Hinblick auf die inzwischen ergangene Entscheidung des BGH vom 29.9.2021 (Az. XII ZB 474/20) und die weitere Entscheidung vom 15.2.2017 (Az. XII ZB 201/16) ist, soweit vorliegend für die Zeit von 2/2013 bis 2/2014 von der Praktizierung eines Residenzmodells auszugehen ist, zu Gunsten des betreuenden Elternteils ein ungedeckter Naturalkindesunterhaltsbedarf in Abzug zu bringen, der ermittelt wird durch Bildung der Differenz des Zahlbetrages nach der Düsseldorfer Tabelle aus dem gemeinsamen Einkommen der Eltern und dem von dem barunterhaltspflichtigen Elternteil nach seinem eigenen Einkommen zu zahlenden geringeren Betrag (Berechnungsmethode beispielsweise nachzulesen bei Viehfues, FuR 2022, S. 15 ff.). Hieraus resultiert vorliegend ein Betrag von jeweils mtl. 135,00 € pro Kind (Unterschied zwischen dem tatsächlichen Zahlbetrag von 327,00 € und dem fiktiven Zahlbetrag aus dem gemeinsamen Elterneinkommen von 462,00 €). Entgegen der von dem Antragsgegner vertretenen Ansicht beschränkt sich die Anrechnung nicht auf Fälle außergewöhnlich guter Einkommensverhältnisse.

Der von dem Antragsgegner erhobene Verwirkungseinwand führt zu einer Versagung des Trennungsunterhaltsanspruchs für die Zeit ab 4/2015.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass jedenfalls seit dem Zusammenzug der Antragstellerin mit dem Zeugen D Mitte März 2015 von dem Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft im Sinne des Gesetzes, bei der die Partner ihre Lebensverhältnisse aufeinander abgestellt haben und eine auf Dauer angelegte Verbindung unterhalten, auszugehen ist. Der Verwirkungsgrund nach §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 BGB sanktioniert kein vorwerfbares Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten, sondern knüpft vielmehr an eine rein objektive Gegebenheit an und berücksichtigt eine Veränderung in den Lebensverhältnissen des Unterhaltsbedürftigen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung des getrenntlebenden Ehegatten unzumutbar erscheinen lässt, weil sich die neue Beziehung in einem solchen Maß verfestigt hat, dass sie als eheähnlich anzusehen ist (vgl. BT-Drucksache 16/1830, S. 21; BGH, FamRZ 2011, 1854 ff.). Dabei kommt es bei der Beurteilung, ob von einer verfestigten Lebensgemeinschaft ausgegangen werden kann, auf die Umstände des Einzelfalls an, wobei das Führen eines gemeinsamen Haushaltes zwar ein starkes Indiz, jedoch nicht unabdingbare Voraussetzung für das Vorliegen einer solchen Lebensgemeinschaft ist (BGH, FamRZ 2011, 1854 ff.; BGH, FamRZ 2002, 810 ff.; OLG Düsseldorf, FamRZ 2011, 225 f.: OLG Karlsruhe, NJW-RR 2011, 655 ff.; OLG Karlsruhe, FamRZ 2009, 351 ff.; OLGR Karlsruhe 2008, 792 ff.; OLGR Zweibrücken 2008, 474 f.). Vielmehr kann von einer verfestigten Lebensgemeinschaft auch dann ausgegangen werden, wenn die Partner zwar in getrennten Wohnungen leben und auch wirtschaftlich nicht miteinander verflochten sind, sie aber nach außen für jedermann erkennbar wie ein Paar auftreten und sich ihre Gemeinschaft nach dem Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit wie ein eheliches Zusammenleben darstellt. Indizien hierfür sind insbesondere gemeinsame Freizeitgestaltungen - zumal unter Einbeziehung der Kinder - und Urlaube (OLGR Bremen 2007, 223 ff.), gemeinsames Verbringen von Wochenenden, hohen Festtagen und Geburtstagen, gemeinsames Erscheinen im Freundeskreis und gemeinsames Erscheinen in öffentlichen Anzeigen (vgl. OLGR Frankfurt am Main 2002, 7 f. und OLG Koblenz, FamRZ 2006, 1540 [jeweils zur Benennung in der Todesanzeige für ein verstorbenes Familienmitglied]). Fest steht nunmehr, dass die Antragstellerin und der Zeuge D spätestens im September 2012 einander kennengelernt haben, der Zeuge sich wegen der Antragstellerin zum Schuljahr 2014/2015 nach Stadt1 hat versetzen lassen und beide spätestens am 15.3.2015 eine neu angemietete Wohnung in Stadt1 bezogen haben. Ab diesem Zeitpunkt war der Verwirkungstatbestand erfüllt. Damals waren die Antragstellerin und der Zeuge D seit über zwei Jahren ein Paar, hatten sie bereits Urlaube, auch mit den Kindern der Beteiligten, miteinander verbracht und ihre Lebensplanung, wie die Versetzung zeigt, auch in beruflicher Hinsicht aufeinander abgestimmt. Da man nicht täglich von Stadt3 nach Stadt1 pendeln kann und der Zeuge vor dem 12.3.2015 auch keine eigene Wohnung in Stadt1 angemeldet hatte, ist davon auszugehen, dass er spätestens ab Februar 2015 in der damaligen Mietwohnung der Antragstellerin in der Straße1 übernachtet hat. Ab dem Zusammenwohnen des Paares in der gemeinsam angemieteten Wohnung in Stadt4, Straße2, und somit seit dem 12.3.2015 und damit 2 ½ Jahren nach dem Kennenlernen, geht der Senat in Kombination mit der beruflichen Neuorientierung des Zeugen von einer hinreichenden Verfestigung der Beziehung, wie sie von der Rechtsprechung für die Bejahung des Verwirkungstatbestands gefordert wird, aus. Soweit der Antragsgegner sich in seiner Stellungnahme zur Zeugenvernehmung dahingehend geäußert hat, dass die Antragstellerin und der Zeuge D voneinander abweichende Angaben zum Kennenlernen gemacht hätten, weil es sich bei der fraglichen Geburtstagsfeier im Gebiet1 nach den Bekundungen des Zeugen D um die Feier seines besten Freundes gehandelt hat, während die Antragstellerin von der Feier einer Freundin berichtet hatte, schließen sich beide Schilderungen zum einen nicht unbedingt aus und gibt es im Übrigen Anhaltspunkte für einen früheren Beziehungsbeginn als September 2012 ohnehin nicht. Weil es sich vorliegend gemäß §§ 112 Nr. 1, 231 Abs. 1 Nr. 2 FamFG um eine Familienstreitsache handelt und demzufolge nicht der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, sondern der Beibringungsgrundsatz, sieht sich der Senat auch nicht gehalten, wie von dem Antragsgegner angeregt eine Auskunft beim staatlichen Schulamt einzuholen um herauszufinden, ob der Zeuge D entgegen seiner Aussage möglicherweise schon vor dem 1.2.2015 an die X-Schule versetzt worden war, zumal für den Senat in rechtlicher Hinsicht entscheidend die Kombination aus Versetzung plus Anmietung einer gemeinsamen Wohnung ist. Eine diesbezügliche Falschaussage des Zeugen wäre unterhaltsrechtlich unerheblich und allein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Aussagedelikts (§ 153 StGB), was ggf. von der hierfür zuständigen Strafverfolgungsbehörde, nicht aber von dem Senat, zu untersuchen wäre.

Im Rahmen der durchzuführenden Billigkeitsabwägung erscheint die Versagung weiterer Trennungsunterhaltszahlungen für die Zeit ab 4/2015 auch angesichts der beiderseitigen Einkommensverhältnisse angemessen, zumal die Antragstellerin durchweg über eigene (bereinigte) Einkünfte oberhalb ihres notwendigen Bedarfs (von damals mtl. 1.200,00 €) verfügte und sie zudem nunmehr einen leistungsfähigen Partner, der zumindest die hälftigen Mietkosten übernehmen konnte, an ihrer Seite hatte. Der Umstand, dass die Antragstellerin unter Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht eindeutig falschen Vortrag gehalten hat, indem sie schriftsätzlich zunächst angab, erst ab 2017 mit dem Zeugen in einer Beziehung gelebt zu haben, ist ein weiterer Aspekt, der für die Annahme von Unzumutbarkeit weiterer Unterhaltszahlungen ab 4/2015 streitet.

Aus diesem Grund bleibt es bei dem von dem Amtsgericht für den Zeitraum 2/2013 bis 3/2015 zugesprochenen Betrag von insgesamt 10.232,00 € (6.556,00 € für 2013 + 7.002,00 € für 2014 + 3 x 564,00 € für die ersten drei Monate des Jahres 2015 abzüglich 5.018,00 € (193,00 € x 26 Monate). Der Umstand, dass dieser Betrag auf Grund der zum Teil abweichenden Berechnungen des Amtsgerichts zur Anspruchshöhe und zusätzlich infolge eines Versehens bei der Ermittlung der Höhe der bereits titulierten Ansprüche (ausgehend von mtl. 193,00 € anstelle von mtl. 163,00 € entsprechend dem Teilanerkenntnisbeschluss vom 11.4.2014) hinter den nach Ansicht des Senats der Antragstellerin für den vorgenannten Zeitraum zustehenden Ansprüchen bleibt, führt nicht dazu, quasi „im Gegenzug" doch Ansprüche auch über 3/2015 hinaus als nicht verwirkt anzusehen (mit der weiteren Konsequenz, dass sich die Kindesunterhaltsansprüche wegen dann insgesamt drei Unterhaltsberechtigten reduzieren würden). Insoweit hält der Senat an seiner mit Verfügung vom 24.2.2022 geäußerten Rechtsansicht, dass im Rahmen der Billigkeitsprüfung eine entsprechende Korrektur dahingehend erfolgen könnte, dass die in der Zeit bis 3/2015 ermittelten Trennungsunterhaltsansprüche, die nicht voll zugesprochen worden sind, einer Verwirkung des Unterhalts in der Zeit ab 4/2015 entgegenstehen, nicht fest. Vielmehr erscheint bei genauer Betrachtung eine Korrektur der rechtlichen Ausführungen der Vorinstanz und des unterlaufenen Rechenfehlers hinsichtlich der Ansprüche für die Zeit von 2/2013 bis 3/2015 nicht angezeigt, weil dies darauf hinausliefe, ein Ergebnis zu verändern, welches durch Erhebung einer eigenen Beschwerde oder Anschlussbeschwerde hätte verhindert werden können. Hierzu sieht sich der Senat nicht veranlasst, weil die Voraussetzungen für eine Verwirkung ab 3/2015 auf der Hand liegen und die Antragstellerin bei wahrheitsgemäßem Vortrag von Anfang an nicht damit hätte rechnen können, nach dem Zusammenzug mit ihrem Lebensgefährten noch weiter Trennungsunterhalt zu erhalten. Hinsichtlich des vorhergehenden Zeitraums gilt demgegenüber, nachdem gegen die diesbezüglichen Festsetzungen des Amtsgerichts kein Rechtsmittel eingelegt worden ist, der Grundsatz ne ultra petita (§ 308 Abs. 1 ZPO). ..."

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Bei einer Betreuung des gemeinsamen Kindes durch beide Elternteile im Verhältnis von 45% zu 55% kann von einem unterhaltsrechtlichen paritätischen Wechselmodell, bei dem beide Elternteile quotal für den Unterhaltsbedarf des Kindes einzustehen haben, noch keine Rede sein. Der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Sorge- und Umgangssachen (Beschluss vom 1. Februar 2017 - XII ZB 601/15, BGHZ 214, 31) anerkannte Grundsatz, dass ein paritätisches Wechselmodell nur angeordnet werden kann, wenn zwischen den Eltern eine tragfähige Kommunikations- und Kooperationsbasis besteht, kann vom grundsätzlichen Denkansatz her als wertendes Element herangezogen werden, um die Frage zu entscheiden, ob ein spezifisches, von den Eltern praktiziertes Betreuungsmodell bereits als echtes Wechselmodell qualifiziert werden kann: Denn ohne eine gewisse Basis bei der Kommunikation und Kooperation der Eltern ist es auch aus unterhaltsrechtlicher Sicht nicht vorstellbar, wie die Eltern in der Lage sein wollen, die mit zunehmenden Alter des Kindes immer wichtiger werdenden organisatorischen Aspekte der Kinderbetreuung im Wechselmodell wahrzunehmen. Zur Frage, ob der vom pflichtigen Elternteil geschuldete Barunterhalt zu mindern ist, weil der betreffende Elternteil für das unterhaltsberechtigte Kind regelmäßig Bekleidung kauft, Reisen finanziert oder sonstige Ausgaben bestreitet (KG Berlin, Beschluss vom 15.04.2019 - 13 UF 89/16).

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Im Fall des Wechselmodells ist die Übertragung der Entscheidungsbefugnis zur Geltendmachung von Kindesunterhalt auf einen Elternteil gemäß § 1628 BGB vorzugswürdig gegenüber der Einsetzung eines Ergänzungspflegers, weil damit auch die Entscheidungsbefugnis über das Ob der Einleitung eines Unterhaltsverfahrens geklärt wird. Der Einsatz eines Ergänzungspflegers ist im Regelfall auch nicht erforderlich, um einen konkreten Interessenkonflikt zu vermeiden (§ 1796 BGB ); regelmäßig liegt nur ein abstrakter Interessengegensatz vor wie auch in allen anderen Fällen, in denen ein Haftungsanteil der Elternteile zu bilden ist oder wenn gleichzeitig Trennungsunterhalt begehrt wird (OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.10.2016 - 6 UF 242/16):

„... Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

1. Wenn Eltern wie im vorliegenden Fall die Sorge für ihre Kinder gemeinsam zusteht, sind sie gemäß § 1629 Abs. 1 S. 1 BGB auch gemeinsam zur Vertretung der Kinder bei der Geltendmachung von Ansprüchen befugt. Dagegen liegt im Fall der Geltendmachung von Kindesunterhalt den gesetzlichen Regelungen über die Vertretung des Kindes in Unterhaltsverfahren die Vorstellung der alleinigen Betreuung des Kindes durch einen Elternteil und die in § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB vorgesehene Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils zugrunde. Dem entspricht § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB , der vorsieht, dass der Obhutselternteil auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge befugt ist, das Kind bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen den anderen allein zu vertreten. Wie das Amtsgericht zutreffend ausführt, ist bei gemeinsamer elterlicher Sorge in Fällen des paritätischen Wechselmodells aber kein Elternteil befugt, in alleiniger Vertretung des Kindes dessen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil geltend zu machen, denn in diesen Fällen betreuen beide das Kind und eine alleinige Obhut i. S. des § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB besteht nicht (BGH, FamRZ 2006, 1015 Rz. 9, m. Anm. Luthin; BGH, FamRZ 2014, 917 Rz. 16, m. Anm. Schürmann). Im Grundsatz müsste dann das Kind vertreten durch beide Elternteile auf der einen Seite seinen Unterhaltsanspruch gegen einen der vertretenden Elternteile auf der anderen Seite geltend machen. Praktisch würde das regelmäßig am Widerstand des Elternteils scheitern, von dem Unterhalt beansprucht werden soll. Es ergeben sich aber auch rechtliche Hindernisse. Bei (noch) verheirateten Eltern besteht grundsätzlich ein Vertretungsverbot, weil es Eltern ebenso wie Vormündern gemäß § 1629 Abs. 2 S. 1 i. V. mit § 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB untersagt ist, als Vertreter des Kindes gerichtliche Verfahren gegen ihren Ehegatten zu führen (OLG Hamburg, FamRZ 2015, 859, juris Rz. 3; Beschluss des Senats v. 12.7.2016 - 6 UF 60/16). Wenn die Eltern wie vorliegend geschieden sind, können sie das Kind wegen des sich aus §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 2 und 181 BGB ergebenden Verbots der In-Sich-Vertretung im Rechtsstreit nicht gemeinsam bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen einen von ihnen vertreten.

2. Der BGH hat in zwei Entscheidungen in Fällen geschiedener Eltern in nicht tragenden Teilen der Gründe ohne nähere Erläuterung ausgeführt, bei gleichmäßiger Betreuung eines Kindes gemeinsam sorgeberechtigter Eltern müsse der Elternteil, der den anderen für barunterhaltspflichtig hält, entweder die Bestellung eines Pflegers für das Kind herbeiführen, der dieses bei der Geltendmachung seines Unterhaltsanspruchs vertritt, oder der Elternteil müsse beim FamG beantragen, ihm gemäß § 1628 BGB die Entscheidung zur Geltendmachung von Kindesunterhalt allein zu übertragen (BGH, FamRZ 2014, 917 Rz. 16, m. Anm. Schürmann; BGH, FamRZ 2006, 1015 Rz. 9, m. Anm. Luthin). Diese Ausführungen sind in der Literatur weitgehend unhinterfragt übernommen worden (Erman/Döll, BGB, 14. Aufl., § 1629 Rz. 19a; Hamdan, in: juris-PK, § 1629 BGB Rz. 70; Staudinger/Peschel-Gutzeit, BGB, 2015, § 1629 Rz. 336; MünchKomm/Huber, BGB, 6. Aufl., § 1629 Rz. 77; Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 6. Aufl., § 1629 BGB Rz. 6).

Der Senat hält den Lösungsweg über § 1628 BGB für vorzugswürdig, weil der BGH in seiner früheren Rechtsprechung die der Führung eines Unterhaltsverfahrens vorausgehende Entscheidung über das Ob seiner Einleitung als von der Vertretung des Kindes im Verfahren getrennt zu beurteilenden Teil der Ausübung der elterlichen Sorge angesehen hat (BGH, FamRZ 1975, 162 = NJW 1975, 345 Rz. 12-16; BGH, FamRZ 2009, 861 Rz. 30). Die Übertragung der alleinigen Entscheidungsbefugnis über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen den mitsorgeberechtigten Elternteil führt gemäß § 1629 Abs. 1 S. 3 BGB unmittelbar zur Alleinvertretungsbefugnis des anderen Elternteils. Die Einsetzung eines Ergänzungspflegers - so ihre noch anzusprechenden Voraussetzungen nach § 1629 Abs. 2 S. 3 i. V. mit § 1796 BGB überhaupt erfüllt sind - würde die Frage über das Ob der Einleitung eines Unterhaltsverfahrens noch ungeklärt lassen.

3. Der Beschwerde liegt die in jüngster Zeit in der Literatur vertretene Auffassung zugrunde, für die Geltendmachung von Unterhalt für durch gemeinsam sorgeberechtigte Eltern im Wechselmodell betreute Kinder sei zur Vermeidung von Interessenkonflikten immer ein Ergänzungspfleger einzusetzen (vgl. Götz, FF 2015, 146, 149; Seiler, FamRZ 2015, 1845, 1850). Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zwar ist zuzugestehen, dass ein abstrakter Interessengegensatz zwischen dem vertretenden Elternteil und dem Kind nicht von der Hand zu weisen ist. Wenn Kinder von beiden Eltern zu gleichen Teilen betreut werden, sind die zu ihrer Vertretung bei der Geltendmachung von Unterhalt berechtigten Elternteile immer auch in eigenen Interessen berührt. Wenn bei aufgeteilter Betreuung kein Elternteil seine Unterhaltspflicht gemäß § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB allein durch Betreuung erfüllt, steht den Kindern gegen beide ein Barunterhaltsanspruch zu, der sich nach dem gemeinsamen Elterneinkommen bemisst und für den diese gemäß § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB anteilig nach Maßgabe ihres den angemessenen Selbstbehalt übersteigenden Einkommens haften (BGH, FamRZ 2014, 917 Rz. 29, m. Anm. Schürmann; BGH, FamRZ 2006, 1015 Rz. 16, m. Anm. Luthin). Erst im Ergebnis der Saldierung der beiderseitigen Anteile ergibt sich eine Zahlungsverpflichtung nur eines Elternteils, weil derjenige, der im höheren Maße für den Bedarf des Kindes einzustehen hat, die Hälfte der Differenz zwischen dem auf ihn und den anderen Elternteil [entfallenden Anteil] als Ausgleichszahlung zu erbringen hat (vgl. Niepmann/Schwamb, Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 13. Aufl., Rz. 175a; Wendl/Dose/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., § 2 Rz. 450).

Der vertretende Elternteil mag deshalb geneigt sein, den eigenen Haftungsanteil möglichst gering anzusetzen. Ähnliche Interessengegensätze nimmt die unterhaltsrechtliche Praxis jedoch üblicherweise hin, ohne dass sie in abstrakter Form Anlass zu einem Eingriff in die elterliche Sorge über § 1629 Abs. 2 S. 3 i. V. mit § 1796 BGB gegeben hätten. Anzusprechen sind in diesem Zusammenhang die Fälle, in denen der vertretungsberechtigte Elternteil neben Unterhaltsansprüchen der Kinder auch eigene Unterhaltsansprüche erhebt und deshalb geneigt sein könnte, für sich auf Kosten der Kinder höheren Unterhalt zu erstreiten (vgl. Niepmann/Schwamb, a. a. O.). Vergleichbar sind auch die Fälle, in denen der vertretungsbefugte Elternteil wegen eines erheblichen Einkommensunterschieds (vgl. BGH, FamRZ 2013, 1558, m. Anm. Maurer) oder wegen der Gefährdung des angemessenen Selbstbehalts des in Anspruch genommenen Elternteils (vgl. BGH, FamRZ 2011, 1041, m. Anm. Hoppenz, S. 1045, sowie Anm. Volmer, S. 1647) mit für den Barunterhalt haftet. Im vorliegenden wie auch in den vergleichbar gelagerten Fällen hat nach Auffassung des Senats zu gelten, dass ein Vertretungsausschluss nach § 1796 BGB als Eingriff in die elterliche Sorge nicht ohne Weiteres wegen eines abstrakten Interessengegensatzes erfolgen darf, sondern einen im Einzelfall festzustellenden konkreten Interessengegensatz voraussetzt BGH, FamRZ 2008, 1156 Rz. 16, m. Anm. Zimmermann; OLG Frankfurt, NJW-RR 2005, 1382 Rz. 5; Palandt/Götz, BGB, 75. Aufl., § 1796 Rz. 2; Erman/Saar, BGB, 14. Aufl., § 1796 Rz. 1; Staudinger/Veit, BGB, 2014, § 1796 Rz. 6).

In den dargestellten unterhaltsrechtlichen Interessenkollisionen wird dem vertretenden Elternteil in der Regel verantwortungsbewusstes und die Interessen der Kinder vor die eigenen stellendes Handeln zugetraut. Anhaltspunkte für einen erheblichen Interessengegensatz zwischen der Mutter und den Kindern bestehen im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil das Einkommen der Mutter den angemessenen Selbstbehalt in sehr viel geringerem Maß überschreitet als das des gut verdienenden Vaters. ..."

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„... I. Die Beschwerde des Antragsgegners richtet sich gegen seine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten der Erstausstattung seines Sohnes sowie die Verpflichtung zur Bezahlung rückständigen und laufenden Unterhalts gemäß § 1615l BGB an die Kindsmutter.

Die jeweils verheirateten und sonst kinderlosen Beteiligten hatten eine außereheliche Beziehung, aus der der gemeinsame Sohn K., geboren am 4.7.2013, hervorging. Die Antragstellerin hatte sich vorübergehend (ab Mai 2011) wegen des Antragsgegners auch von ihrem Ehemann getrennt, wobei der Antragsgegner die außereheliche Beziehung nach Feststellen der Schwangerschaft aufgegeben hatte. Beide Elternteile leben mittlerweile (wieder) mit ihren jeweiligen Ehepartnern zusammen. Die Vaterschaft des Antragsgegners wurde nach Einholung eines Abstammungsgutachtens im Vaterschaftsanfechtungsverfahren 6 F 1274/13 vom AG Reutlingen festgestellt.

Die Antragstellerin war bis zur Geburt von K. und jetzt wieder seit 1.7.2015 berufstätig bei der K. GmbH & Co. KG, wo sie vor der Geburt des Sohnes rund 2.400,-- € netto monatsdurchschnittlich verdient hatte. Ihr Ehemann C. J. verfügt über ein geringeres monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen.

Der Antragsgegner hatte von Juni 2013 bis Mai 2014 seinen Angaben nach ein monatliches (Steuer-)bruttoeinkommen von rund 7.905,-- € (netto ca. 4.200,-- €) ohne Erfolgsprämie, ebenfalls bei der K. GmbH & Co. KG. Seine teilzeitbeschäftigte Ehefrau verdient bei der D. monatsdurchschnittlich netto ca. 900,-- €.

Die Antragstellerin lässt sich das Elterngeld in Höhe von 900,-- € in vollem Umfang auf ihren Bedarf anrechnen und macht von ihrem Restbedarf nur die Hälfte in Höhe von 750,-- € als Unterhaltsanspruch gegen die Antragsgegner geltend. Nach der erstinstanzlichen Entscheidung teilte sie dem Antragsgegner (Bl. 203) mit Schreiben vom 4.8.2015 mit, dass sie ab 1.7.2015 keine Unterhaltsansprüche mehr gegen den Antragsgegner geltend mache, da sie mittlerweile wieder einer vollschichtigen Berufstätigkeit nachgehe.

Das Familiengericht hat den Antragsgegner antragsgemäß zur Erstattung der Erstausstattungskosten und einem monatlichen Unterhalt in Höhe von 750,-- € sowie Unterhaltsrückständen für die Zeit von Juli 2013 bis Januar 2015 in Höhe von 3.540,-- € verpflichtet.

Dagegen richtet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde und beantragt die Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses und Zurückweisung der Anträge.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass der Ehemann der Antragstellerin im Hinblick auf den Familienunterhaltsanspruch gemäß § 1360 BGB vorrangig unterhaltsverpflichtet sei. Der Beschwerdeführer habe daher die bisherigen Unterhaltsleistungen überzahlt und insoweit auch einen Rückforderungsanspruch gegen die Antragstellerin gemäß § 812 BGB, mit dem er bezüglich der Erstausstattungsforderung aufrechne.

Im Übrigen sei der Antragsgegner im Hinblick auf den Unterhaltsbedarf seiner Ehefrau, der entsprechend § 1609 Ziff. 2 BGB gleichrangig zu befriedigen sei, nicht leistungsfähig. Aufgrund der langen Dauer seiner am 15.1.1999 geschlossenen Ehe sei demgegenüber der Unterhaltsanspruch der Beschwerdegegnerin nicht vorrangig. Der angefochtene Beschluss sei zeitlich zu begrenzen bis einschließlich 30.6.2015, da die Beschwerdegegnerin ab 1.7.2015 nicht mehr unterhaltsbedürftig sei.

Mit dem Beschwerdeabweisungsantrag beruft sich die Antragstellerin darauf, dass ein voriger Anspruch der Beschwerdegegnerin gegen ihren Ehemann auf Familienunterhalt daran scheitere, dass jener ein geringeres Einkommen erziele. Im Übrigen werde dem Zusammenleben mit ihrem Ehemann im Hinblick auf den Unterhaltsanspruch dadurch Rechnung getragen, dass lediglich die Hälfte des Bedarfs in Höhe von 750,-- € monatlich geltend gemacht werde. Der Beschwerdeführer sei auch leistungsfähig, da er bis einschließlich November 2014 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 630,-- € bezahlt habe.

Der Senat hat von einer weiteren mündlichen Verhandlung gemäß § 68 Abs. 3 FamFG mangels neuen Erkenntnisgewinnes abgesehen und die Beteiligten auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen.

II. Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig, jedoch unbegründet. Die Antragstellerin hat einen Unterhaltsanspruch gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB gegen den Antragsgegner, der weder aufgrund einer Vorrangigkeit des Familienunterhaltsanspruchs gemäß §§ 1360, 1360a BGB gegen den Ehemann der Antragstellerin noch wegen einer Gleichrangigkeit der unterhaltsberechtigten Ehefrau des Antragsgegners gemäß § 1609 Ziff. 2 oder dessen Leistungsunfähigkeit entfällt. Der Betreuungsunterhaltsanspruch wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes K. ist auch nicht durch die analoge Anwendung des § 1586 Abs. 1 BGB, eine entsprechende Anwendung des § 1608 BGB oder durch den Rechtsgedanken und die analoge Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB ausgeschlossen.

a) Ein Rangverhältnis der Unterhaltsansprüche in der Form, dass der Anspruch gegen den Ehemann gemäß § 1360 BGB der stärkere ist und der gegen den nichtehelichen Vater gemäß § 1615 l BGB dahinter zurücktritt, gibt es nicht. Vielmehr wird in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zur anteiligen Haftung analog § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB bei konkurrierenden Betreuungsunterhaltsansprüchen der Mutter ehelicher und nichtehelicher Kinder gegen den getrennt lebenden Ehemann einerseits und den nichtehelichen Vater andererseits (BGH FamRZ 1998, 541) von einem Grundsatz gleichrangiger Unterhaltspflicht ausgegangen (KG NZFam 2015, 721; BGH FamRZ 08, 1739). Anders als in dem vom KG entschiedenen Fall und den zitierten Entscheidungen des BGH zur Aufteilung der Verantwortlichkeit zwischen dem Ehemann und dem Vater sind die beteiligten Eltern hier in ihren jeweiligen Ehen kinderlos. Im vorliegenden Fall liegt es sogar so, dass, wenn die Antragstellerin kein Kind bekommen hätte, sie auch gegenüber ihrem Ehemann im Falle des Getrenntlebens nicht unterhaltsbedürftig und unterhaltsberechtigt geworden wäre, da sie weiterhin in vollem Umfang erwerbstätig und damit gegenüber ihrem Ehemann in höherem Maße leistungsfähig geblieben wäre. Gerade in diesem Fall ist eine Alleinhaftung des nichtehelichen Vaters sachgerecht (vgl. Viefhus in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., juris PK-BGB, 7. Auflage 2014, § 1615l BGB RZ 214 m.w.N.).

b) Der streitgegenständliche Unterhaltsanspruch der Antragstellerin scheidet auch nicht wegen ihrer nach der Schwangerschaft wieder aufgenommenen und bis heute bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann entsprechend § 1586 Abs. 1 BGB aus. Im Gegensatz zu der Anwendung des §1586 Abs. 1 BGB in Fällen, in denen das nichteheliche Kind in den Schutzbereich der Ehe durch eine spätere Heirat der Eltern einbezogen wird, liegt hier ein Fall vor, in dem das nichteheliche Kind gerade in eine weiterhin bestehende eheliche Beziehung drängt. Nach der insoweit zutreffenden Rechtsprechung des Kammergerichts( a.a.O.) würde die analoge Anwendung des § 1586 BGB auf Fälle, in denen ein Kind außerehelich gezeugt wird, dies aber gerade nicht zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft und Begründung einer neuen Lebensgemeinschaft mit dem Vater des außerehelich gezeugten Kindes führt, auf eine Doppelanalogie des § 1586 BGB hinauslaufen. § 1586 Abs. 1 BGB setzt nämlich nicht nur eine Wiederheirat voraus, an deren Stelle vorliegend die Fortsetzung der Ehe treten soll, sondern außerdem, dass ein anderweitiger Unterhaltsanspruch bereits besteht, der durch die Wiederheirat zum Erlöschen gebracht wird. Der Anspruch aus § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB wird hier aber nicht durch die Fortsetzung der Ehe der Antragstellerin mit dem Ehemann zum Erlöschen gebracht, sondern soll angesichts bestehender Ehe erst gar nicht zur Entstehung gelangen. Insoweit kommt es hier auch nicht nur auf die Interessen- und Versorgungslage der Mutter, sondern auch auf die Sicht des unstreitig nicht leistungsfähigen Ehemannes der Mutter an, der an der Zeugung des Kindes unbeteiligt war und die damit einhergehende finanziellen Belastungen hinnehmen muss, will er weitergehende Auswirkungen auf sein Familienleben - wie etwa die Trennung von der Kindesmutter - vermeiden (so KG a.a.O.).

c) Auch der in § 1608 Satz 1 BGB normierte grundsätzliche unterhaltsrechtliche Vorrang des Ehegattens der Antragstellerin ist hier aufgrund der in § 1615l Abs. 3 Satz 2 BGB lege specialiter festgelegten Vorrangstellung und primären Unterhaltsverpflichtung des nichtehelichen Vaters nachrangig.

d) Der im Verwirkungsgrund des § 1579 Nr. 2 BGB enthaltene Rechtsgedanke führt hier ebenfalls nicht zum Wegfall der Betreuungsunterhaltsanspruchs der Antragstellerin. Entgegen der Verwirkungsgründe im Ehegattenunterhaltsrecht setzt § 1615 l Abs. 2 BGB ein (früheres) Zusammenleben und eine daraus resultierende engere Verbundenheit der Eltern gerade nicht voraus (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2011, 735). Insbesondere fehlt es auch an einer groben Unbilligkeit im Sinne des § 1579 BGB, weil die beteiligten Eltern nach der Geburt des Kindes zu keinem Zeitpunkt in eheähnlicher Gemeinschaft zusammengelebt und ein solches Zusammenleben jedenfalls ab der Schwangerschaft der Antragstellerin auch nicht geplant hatten, so dass ein im Rahmen des § 1579 Nr. 2 BGB vorausgesetzten Herauslösen aus der ehelichen Solidarität durch eine neue bzw. hier die „alte" Lebensgemeinschaft gerade nicht vorliegt, weshalb sich eine analoge Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB verbietet (so auch OLG Nürnberg a.a.O.).

2. Mit dem Familiengericht (vgl. schon den Hinweisbeschluss vom 1.6.2015, Bl. 149) geht auch der Beschwerdesenat davon aus, dass der Unterhaltsanspruch der Ehefrau des Antragsgegners hier nachrangig ist, da die Voraussetzungen des § 1609 Ziff.2 BGB nicht vorliegen. Eine Gleichrangigkeit gemäß § 1609 Ziff. 2 BGB setzt sowohl das Bestehen einer Ehe von langer Dauer als auch die Feststellung von Nachteilen im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB voraus.

a) Nachdem, wie unter b) ausgeführt wird, ein ehebedingter Nachteil der Ehefrau des Antragsgegners hier weder dargetan noch ersichtlich ist, kann letztlich dahingestellt bleiben, ob es sich bei der am 15.1.1999 geschlossenen Ehe des Antragsgegners um eine solche von langer Dauer handelt, da sie bis zur Geburt von K. 14,5 Jahre lang dauerte und bis zur Entscheidung über den Unterhaltsanspruch 16,5 Jahre. Nach der Rechtsprechung (vgl. dazu OLG Celle FamRZ 2009, 348 m.w.N.) dürfte es sich bei der vorliegenden Ehe um eine im unteren Bereich der „langen Dauer" anzusiedelnden handeln, da eine Ehe erst ab etwa 15 Jahren als „lang" angesehen wird. Dies ist jedoch hier nicht entscheidungsrelevant, da der 2. Rang jedenfalls nur dann gewahrt ist, wenn über das Zeitmoment hinaus der unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingte Nachteile erlitten hat (so jedenfalls der BGH FamRZ 2008, 1911 im Fall eines gemäß §§ 1609 Nr. 2,3 nachrangigen -geschiedenen- Ehegatten).

b) Nichts anderes muss aber in dem Fall der konkurrierenden verheirateten und -wie hier- kinderlosen Ehefrau gelten. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Ehefrau selbst bei Vorliegen eines ehebedingten Nachteils, wie er jedoch gerade nicht dargelegt ist, im Gegensatz zur Antragstellerin mangels Kinderbetreuung in der Lage ist, einen möglichen Nachteil z.B. durch Ausweitung ihrer Berufstätigkeit auszugleichen. Bei der Feststellung des ehebedingten Nachteils soll die Rechtsprechung zu § 1578b BGB zu beachten sein und ein solcher Nachteil folglich vorliegen, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (vgl. Viefhus a.a.O. § 1609 RZ 49 und 53 m.w.N.).

Zum Bestehen eines ehelichen Nachteils bei seiner teilzeiterwerbstätigen Ehefrau hat der Beschwerdeführer nichts vorgetragen. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die 50jährige Ehefrau weder aus gesundheitlichen noch aus ehebedingten Gründen in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist. Nachdem somit die Voraussetzungen einer Gleichrangigkeit der Antragstellerin und der Ehefrau des Antragsgegners gemäß § 1609 Ziff. 2 BGB nicht vorliegen, kommt eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens des Antragsgegners auch nicht in Betracht, da eine solche nur im Fall der Gleichrangigkeit durchgeführt wird (vgl. Viefhus a.a.O. § 1615 l RZ 218 ff.).

3. Auch der Höhe nach gibt es keinen Anlass zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung, wobei die Zugrundelegung eines (nur hälftigen) Bedarfs in Höhe von 750,-- € in Anlehnung an das Einkommen der Antragstellerin vor der Geburt von K. und nicht entsprechend ihrer ehelichen Lebensverhältnisse sich zugunsten des Antragsgegners auswirkt. Darüber hinaus hat der Beschwerdesenat auch keine Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners und der Wahrung der erforderlichen Deckelung durch den Halbteilungsgrundsatz bei dem geltend gemachten Bedarf der Antragstellerin. Den eigenen Angaben des Antragsgegners nach verfügt er über monatsdurchschnittliche Nettoeinkünfte von 4.138,-- € (Bl. 92), abzüglich berufsbedingter

Aufwendungen somit in Höhe von 3.931,00 €
abzüglich Kindesunterhalt in Höhe von 390,00 €
zuzüglich Wohnwert in Höhe von 1.000,00 €
insgesamt 4.541,00 € monatlich.

Selbst bei der Berücksichtigung der behaupteten monatlichen Belastungen und Schulden des Antragsgegners in Höhe von 2.172,54 € ist der Antragsgegner damit noch leistungsfähig für den geltend gemachten Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 750,-- €.

4. Soweit der Antragsgegner die Zurückweisung des Unterhaltsanspruchs für den Zeitraum ab dem 1.7.2015 geltend macht, so hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren weder den Wegfall der Bedürftigkeit nach dem 1.7.2015 ausdrücklich geltend gemacht (Bl. 241) noch demgegenüber signalisiert, dass bei einem Wegfall des Bedarfs - wie behauptet - der titulierte Unterhaltsanspruch für diesen Zeitraum weiter verfolgt oder gar vollstreckt werden wird (vgl. Bl. 209). Insoweit besteht derzeit kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs. ..." (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.12.2015 - 18 UF 123/15)

***

Ein gegenüber einem minderjährigen, unverheirateten Kind zum Barunterhalt verpflichteter Unterhaltsschuldner, der einen über das "übliche" Maß hinausgehenden, erweiterten Umgang mit dem Kind wahrnimmt, ist unterhaltsrechtlich nicht berechtigt, aus diesem Grund seine Erwerbstätigkeit zu reduzieren und nur noch einer Teilzeitbeschäftigung nachzugehen, wenn dies dazu führt, dass er weniger als 100% des Mindestunterhalts leisten kann (KG Berlin, Beschluss vom 11.12.2015 - 13 UF 164/15):

„... 1. Das Rechtsmittel ist statthaft (§§ 117, 58 Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen zulässig; insbesondere wurde die Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 117, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 FamFG).

2. In der Sache selbst hat das Rechtsmittel hingegen keinen Erfolg.

a) Der Antragsgegner wurde vom Senat bereits mit dem Schreiben vom 16. Oktober 2015 unter ausführlicher Aufbereitung der Sach- und Rechtslage darauf hingewiesen, dass die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Erfolgsaussichten aufweist; hierauf ist vollumfänglich Bezug zu nehmen.

b) Der weitere (Sach-) Vortrag des Antragsgegners in den Schriftsätzen vom 24. November 2015 und vom 9. Dezember 2015 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Den im Hinweisschreiben vom 16. Oktober 2015 aufgezeigten Maßstäben bzw. Anforderungen wird er nicht gerecht, sondern der weitere Vortrag bleibt unverändert höchst lückenhaft:

(aa) Der Antragsgegner unterliegt bereits einem grundsätzlichen Irrtum: Er scheint davon auszugehen, dass er, weil er mit den beiden Kindern einen über das ‚übliche' Maß hinausgehenden Umgang pflegt, seine Arbeitszeit in mehr oder weniger beliebigem Ausmaß kürzen könnte. Das ist nicht der Fall. Bereits das Familiengericht hat ihn in der angegriffenen Entscheidung sehr deutlich, unter Anführung der aktuellen, höchstrichterlichen Rechtsprechung (Beschluss, dort S. 7 unter II.2.a) (aa) [I/174]) darauf hingewiesen, dass auch ein barunterhaltspflichtiger Elternteil, der den Umgang mit dem Kind in einem gesteigerten Maße wahrnimmt und für dieses in erhöhtem Umfang Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, gleichwohl uneingeschränkt barunterhaltspflichtig ist (bzw. bleibt). Der Antragsgegner ist daran zu erinnern, dass der Bundesgerichtshof wiederholt - u.a. in der vom Familiengericht zitierten Entscheidung vom 12. März 2014 (BGH, Beschluss vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917 [bei juris Rz. 37f.]) und zuletzt im Beschluss vom 5. November 2014 (BGH, Beschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 599/13, FamRZ 2015, 236 [bei juris Rz. 22]) - darauf hingewiesen hat, dass bei einem erweiterten Umgang lediglich eine Herabstufung in der ‚Düsseldorfer Tabelle' bis hinunter zum Mindestunterhalt vorgenommen werden kann. Eine weitergehende Herabstufung auf Unterhaltsbeträge unterhalb des Mindestunterhalts kommt nach der Rechtsprechung nicht in Betracht; das gilt, wie die beiden genannten Entscheidungen zeigen, insbesondere auch dann, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil einen erweiterten Umgang wahrnimmt. Soweit der barunterhaltspflichtige Elternteil über eine ausreichende Leistungsfähigkeit verfügt - die ggf., den allgemeinen Regeln entsprechend, auch fiktiv zugerechnet werden kann - ist eine weitere Reduzierung des Kindesunterhalts ausgeschlossen. Das ergibt sich zwingend aus dem Zusammenspiel der §§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB und § 1612a Abs. 1 BGB: Danach kann das minderjährige Kind von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt - das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder steht der Mutter alleine zu -, stets den Mindestunterhalt verlangen. Der Mindestunterhalt orientiert sich an dem nach statistischen Methoden in regelmäßigen Abständen ermittelten Existenzminimum, also demjenigen Betrag, den das Kind mindestens benötigt, um die wirtschaftlichen Grundlagen seiner Existenz zu gewährleisten (vgl. Büte/Poppen/Menne-Poppen, Unterhaltsrecht [3. Aufl. 2015], § 1612a BGB Rn. 1ff.). Der andere, betreuende Elternteil muss zum Barunterhalt des Kindes dagegen grundsätzlich nichts beitragen, weil er der ihm obliegenden Unterhaltspflicht bereits durch die Pflege und Erziehung des Kindes nachkommt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB sowie Büte/Poppen/Menne-Menne, Unterhaltsrecht [3. Aufl. 2015], § 1606 BGB Rn. 11). Anderes gilt - von hier nicht relevanten Sonderfällen abgesehen - nur dann, soweit das Kind im Wechselmodell betreut wird (vgl. nur Büte/Poppen/Menne-Menne, Unterhaltsrecht [3. Aufl. 2015], § 1606 BGB Rn. 16): Dieser Fall ist vorliegend jedoch, wie das Familiengericht bereits überzeugend dargelegt hat, nicht gegeben; hierzu hat der Senat bereits das erforderliche gesagt (Schreiben vom 16. Oktober 2015, dort Ziff. 1; II/48).

Konkret heißt das: Der gesamte Vortrag des Antragsgegners, wonach der Einzelfall zu würdigen bzw. zu berücksichtigen sei, dass er aufgrund des hohen Umfangs seiner Mithilfe bei der Kinderbetreuung nicht in der Lage sei, sich eine seinen Fähigkeiten entsprechende, angemessen entlohnte Arbeit zu suchen, kann dahingestellt bleiben. Hierauf kommt es rechtlich nicht weiter an, weil auch bei einem umfangreichen, einer Mitbetreuung sich annähernden Umgang eine Reduzierung des Barunterhalts auf Beträge unterhalb des Mindestunterhalts ausgeschlossen ist. Die Antragsteller weisen denn auch völlig zu Recht darauf hin (Schriftsatz vom 30. November 2015; II/74f.), dass sie, obwohl eigentlich ein Barunterhalt in Höhe von 105% des Mindestunterhalts rechnerisch zutreffend wäre, sich darauf beschränkt haben, lediglich 100% des Mindestunterhalts geltend zu machen. Mit ihrer Antragstellung tragen sie damit den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. November 2014; vom 12. März 2014, a.a.O. sowie ergänzend Büte/Poppen/Menne-Menne, Unterhaltsrecht [3. Aufl. 2015], § 1606 BGB Rn. 16 unter ‚erweiterter Umgang') vollumfänglich Rechnung.

(bb) Der Umstand, dass der Antragsgegner nach Erlass der familiengerichtlichen Entscheidung eine neue Arbeitsstelle angetreten hat und seit August 2015 1.700 € brutto als Anzeigenverkäufer bei einem Verlag verdient, ändert nichts daran, dass er sich - wie geschehen - fiktive Einkünfte zurechnen lassen muss:

Dem Antragsgegner als Vater von zwei minderjährigen Kindern, denen er barunterhaltspflichtig ist, obliegt eine gesteigerte Erwerbspflicht (§§ 1603 Abs. 2 Satz 1, 1606 Abs. 3, 1612a Abs. 1 BGB). Von ihm wird erwartet, dass er - ggf. unter Zurückstellung seines Rechts auf freie Berufswahl und freie Entfaltung seiner Persönlichkeit - alle zumutbaren Einkünfte erzielt und zu diesem Zweck seine Arbeitskraft so gut wie möglich einsetzt. Von ihm wird erwartet, dass er (mindestens) einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgeht und, falls der hierdurch erreichbare Erlös nicht ausreicht, um den Mindestunterhalt sicherzustellen, ggf. bis zur Grenze der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit und unter Berücksichtigung der für den Umgang erforderlichen Zeiten auch eine Nebentätigkeit ausübt (vgl. Büte/Poppen/Menne-Botur, Unterhaltsrecht [3. Aufl. 2015], § 1603 BGB Rn. 83, 85). Die diesbezügliche Darlegungs- und Beweislast liegt beim Unterhaltspflichtigen; von ihm ist vorzutragen und ggf. zu beweisen, dass er nicht in ausreichendem Maße leistungsfähig ist, um den geforderten Unterhalt zu bezahlen. Konkret heißt das, dass vom Unterhaltspflichtigen darzulegen ist, welche Schritte er unternommen hat, um einen auskömmlichen, seinen Fähigkeiten entsprechenden Arbeitsplatz zu finden (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB [75. Aufl. 2016], § 1603 Rn. 47; Büte/Poppen/Menne-Botur, Unterhaltsrecht [3. Aufl. 2015], § 1603 BGB Rn. 11f.).

Dieser Obliegenheit ist der Antragsgegner in keiner Weise nachgekommen. Trotz klarer, unmissverständlicher Hinweise im Schreiben vom 16. Oktober 2015 hat er sich noch nicht einmal dazu geäußert, in welchem zeitlichen Umfang er überhaupt tätig ist: Es bleibt offen, ob der Antragsgegner Vollzeit erwerbstätig ist oder lediglich stundenweise. Er hat sich darauf beschränkt, sein Bruttogehalt - 1.700 €/Monat - und die Art seiner Tätigkeit - Anzeigenverkäufer bei einem Verlag - mitzuteilen. Ob er daneben weitere Gehaltsbestandteile bezieht, Weihnachtsgeld oder Boni/Umsatzbeteiligung u.ä. erhält, ist völlig unbekannt. Auch die in verschiedenen Varianten von ihm wiederholt vorgetragene Behauptung, er habe keine Stelle finden können, die ihm eine ausreichende Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung erlaubt habe, wird in keiner Weise belegt oder sonst dokumentiert: Der Antragsgegner ist daran zu erinnern, dass es an ihm ist, in nachprüfbarer Weise vorzutragen, welche Schritte er im Einzelnen unternommen hat, um einen passenden Arbeitsplatz zu finden. Diese Bemühungen sind zu dokumentieren und in das Verfahren einzuführen (vgl. nur Büte/Poppen/Menne-Botur, Unterhaltsrecht [3. Aufl. 2015], § 1603 BGB Rn. 11). Die bloße Behauptung, der ‚Antragsgegner [habe] sich mehrfach online beworben' (Schriftsatz vom 9. Dezember 2015, dort S. 4) reicht hierfür in keiner Weise aus. Vielmehr sind die Bewerbungsschreiben, die Anzeigen, auf die die Bewerbung hin erfolgt sind sowie eventuelle Absageschreiben vorzulegen. Dass hierfür, wenn die Bewerbung über das Internet/auf elektronischem Weg erfolgt, keine Nachweise in Papierform zur Verfügung stünden, entspricht - entgegen dem Vortrag des Antragsgegners - ganz ersichtlich nicht den Tatsachen: Der entsprechende Mailwechsel kann ausgedruckt und vorgelegt werden. Im Übrigen ist es, worauf der Antragsgegner vorsorglich hinzuweisen ist, auch durchaus möglich, eine Excel-Tabelle vorzulegen, in die die Unternehmen, bei denen eine Bewerbung eingereicht wurde, mit Namen, Datum und Ausgang des Bewerbungsverfahren aufgeführt werden.

Dafür, dass es für den Antragsgegner keine reale Beschäftigungschance gegeben hätte, ist ebenfalls nichts ersichtlich: Ein erstes Indiz hierfür ergibt sich bereits aus dem umfangreichen, von den Antragstellern vorgelegten Konvolut von Stellenangeboten in Bereichen, die für den Antragsgegner nach seinen bisherigen Tätigkeitsfeldern - Marketing/Entertainment/Public Relations/Unternehmenskommunikation - grundsätzlich in Betracht kommen. Die Antragsteller haben hierzu mehrere hundert, überwiegend im B... Raum angebotene Stellen nachgewiesen. Letztlich kommt es darauf aber noch nicht einmal an. Denn es ist Sache des Antragsgegners, nachzuweisen, dass es für ihn keine reale Beschäftigungschance gibt. Dieser Nachweis kann praktisch nur durch die Vorlage des entsprechenden Schriftwechsels geführt werden; die fehlgeschlagenen Bewerbungen um entsprechende Stellen sind vorzulegen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 21. November 2006 - 4 WF 159/06, FamRZ 2007, 1475 [bei juris Rz. 6f.] sowie die entsprechenden, ausführlichen Hinweise im Anschreiben vom 16. Oktober 2015, dort S. 3 unten; II/54f.). ...

Die Verfahrensrüge des Antragsgegners, ihm sei kein rechtliches Gehör gewährt worden, weil das Familiengericht die Sache nicht mündlich erörtert habe, geht fehl. In der Akte befindet sich der Vermerk über die nichtöffentliche Sitzung des Familiengerichts vom 27. April 2015. Hier heißt es, dass der Antragsgegner persönlich anwesend war; für ihn ist seine Verfahrensbevollmächtigte aufgetreten. Dem Vermerk zufolge wurden nicht nur die Anträge gestellt - die Stellung der Anträge gilt als mündliche Verhandlung der Sache (§§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 137 Abs. 1 ZPO) -, sondern es wurde auch die Sach- und Rechtslage erörtert. Im Protokoll ist weiter vermerkt, dass eine gütliche Einigung nicht zu erzielen war. Bei dem Protokoll handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, die vollen Beweis des beurkundeten Vorgangs erbringt (§§ 415 Abs. 1, 165 ZPO). Anderslautende Behauptungen des Antragsgegners gehen daher fehl bzw. können, soweit er nicht den Nachweis einer Fälschung führt (§ 165 Satz 2 ZPO) - eine solche wird von ihm nicht behauptet - dahingestellt bleiben. Im Übrigen war es dem Antragsgegner unbenommen, den Vortrag, von dem er meint, im familiengerichtlichen Verfahren keine Möglichkeit des Vorbringens gehabt zu haben, im Beschwerdeverfahren nachzuholen. Hierzu bestand ausreichend Gelegenheit zumal bereits im Schreiben vom 16. Oktober 2015 auf die Absicht hingewiesen wurde, im schriftlichen Verfahren entscheiden zu wollen. ... " (KG Berlin, Beschluss vom 11.12.2015 - 13 UF 164/15)

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„... Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat teilweise Erfolg. Hinsichtlich des laufenden Kindesunterhalts ist sie aber im Wesentlichen unbegründet.

Der Antragsgegner ist verpflichtet, den Kindern seit September 2012 Barunterhalt zu leisten, §§ 1601 ff. BGB. Unstreitig leben die Kinder seit dem 19.08.2012 im paritätischen Wechselmodell. Von einem Wechselmodell kann dann ausgegangen werden, wenn die Eltern sich in der Betreuung eines Kindes abwechseln, so dass jeder von ihnen etwa die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungsaufgaben übernimmt (vgl. BGH Urteil vom 21.12.2005, Az.: XII ZR 126/03; BGH Beschluss vom 05.11.2014, Az.: XII ZB 599/13 in DNotZ 2015, 141). Dem Vorbringen der Beteiligten kann entnommen werden, dass die Kinder im wöchentlichen Wechsel von einem Elternteil betreut werden. Zwar übernimmt der Kindesvater die Betreuung nicht immer in Person - er hat die Abholfahrten und die Abendbetreuung an zwei Tagen der Woche auf seine Eltern delegiert -, jedoch ist er in der „Vaterwoche" vollumfänglich für die Betreuung verantwortlich, die er auch ohne Rückgriff auf die Kindesmutter organisiert.

a) Eine Befreiung vom Barunterhalt nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB ergibt sich nicht; dies gilt auch, wenn die Eltern ein Wechselmodell praktizieren. Denn bei einem Wechselmodell wird kein Elternteil vom Barunterhalt für das Kind befreit. Nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB erfüllt der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes. Die gesetzliche Regelung betrifft den Fall des sog. Residenzmodells und der damit verbundenen herkömmlichen Aufteilung von Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung. Sie stellt den kinderbetreuenden Elternteil in diesem Fall vom Barunterhalt frei. Entgegen einer verbreiteten Auffassung kann die im Rahmen eines Wechselmodells geleistete Kinderbetreuung indes nicht zur (vollständigen) Befreiung von der Barunterhaltspflicht führen. Dies muss schon deshalb gelten, weil andernfalls beide Elternteile vom Barunterhalt befreit wären, obwohl nur der Betreuungsbedarf des Kindes gedeckt wäre. Demgegenüber bliebe der in § 1612a Abs. 1 BGB und in den Unterhaltsleitlinien ausgewiesene sächliche (Regel-)Bedarf offen. Dem Familiengericht ist daher darin zuzustimmen, dass im Fall des Wechselmodells beide Elternteile für den Barunterhalt einzustehen haben.

b) Der Unterhaltsbedarf bemisst sich in diesem Fall nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst neben dem sich daraus ergebenden - erhöhten - Bedarf insbesondere die Mehrkosten des Wechselmodells (vor allem Wohn- und Fahrtkosten), so dass der von den Eltern zu tragende Bedarf regelmäßig deutlich höher liegt als beim herkömmlichen Residenzmodell (wie hier BGH Beschluss vom 05.01.2014, Az.: XII ZB 599/13 in DNotZ 2015, 141).

aa) Zu Recht wehrt sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde gegen die Bemessung des Unterhaltsbedarfs lediglich unter Heranziehung des Einkommens der Kindesmutter aus einer Teilzeitstelle. Das Vorbringen des Antragsgegners kann aber erst ab Januar 2013 (teilweise) zum Erfolg führen:

Die Beteiligten haben erst im August 2012 ein Wechselmodell vereinbart. Das Wechselmodell war und ist zwischen den Eltern nicht unstreitig. Es muss der Kindesmutter deshalb jedenfalls eine Übergangszeit eingeräumt werden, in der sie Gelegenheit hatte, ihre Arbeitszeit auf die neue Situation einzustellen, insbesondere entsprechende Schritte mit ihrem Arbeitgeber abzustimmen. Dies kann aber nur die Zeitspanne bis einschließlich Dezember 2012 umfassen. Damit verblieben der Kindesmutter 4 1/2 Monate, um sich auch in ihrem Erwerbsleben an die veränderten Verhältnisse anzupassen. Im Übrigen ist zu bedenken, dass im Hinblick auf das Alter der beiden Kinder beide Eltern grundsätzlich nicht mehr an der Ausübung einer Vollzeittätigkeit gehindert sind.

Die Zurechnung der Einkünfte aus einer Vollzeittätigkeit setzt mithin ab Januar 2013 ein. Tatsächlich war der Kindesmutter zwar nicht zuzumuten, ihre Tätigkeit (unter Aufrechterhaltung der Arbeitsbeziehung zu ihrem ehemaligen Partner) im Verein yyy fortzusetzen, in dem der Antragsgegner Geschäftsführer ist. Sie hat jedoch nicht dargetan, dass eine Ausweitung ihrer seinerzeit (bis heute) ausgeübten Tätigkeit in ihrem Beruf unmöglich ist. Auf der Basis ihrer vorgelegten Entgeltbescheinigungen hat der Senat deshalb das Einkommen der Kindesmutter auf eine Vollzeitbeschäftigung (40 Wochenarbeitsstunden) hochgerechnet und von dem dabei (fiktiv) zu erzielenden Erwerbseinkommen 5 % berufsbedingte Aufwendungen in Abzug gebracht. Der Senat geht danach davon aus, dass die Kindesmutter ab Januar 2013 ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 1.407,07 € erzielen könnte. Ein Wechsel des Arbeitsplatzes ist entgegen der Meinung des Antragsgegners der Kindesmutter nicht abzuverlangen. Die Kindesmutter arbeitet am Wohnort, ein Wegzug ist ihr im Hinblick auf das gelebte Wechselmodell nicht zumutbar. Andere Arbeitgeber in der Nähe der Kindesmutter zahlen vom Antragsgegner unwidersprochen ebenfalls keinen höheren Tariflohn. Soweit der Kindesmutter eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit beim konkreten Arbeitgeber nicht möglich sein sollte, hätte sie alternativ eine Nebentätigkeit an anderer Stelle aufnehmen müssen, wie sie sie bereits in der Vergangenheit bei der yyy tatsächlich ausgeübt hat, so dass sie auch auf diese Weise ab Januar 2013 das vom Senat angenommene Einkommen (1.407,07 €, s.o.) zu erzielen im Stande gewesen wäre.

bb) Unter Einbeziehung des durchschnittlichen bereinigten Nettoeinkommens des Vaters (s. Seite 3 unten) beträgt danach der Regelbedarf für J. von September 2012 bis März 2013 462,00 € (554,00 € - 92,00 €), von April 2013 bis Dezember 2014 556,00 € (648,00 € - 92,00 €), von Januar 2015 bis Juni 2015 522,00 € (614,00 € - 92,00 €). Der Regelbedarf für L. beträgt von September 2012 bis Januar 2013 390,00 € (482,00 € - 92,00 €), von Februar 2013 bis Dezember 2014 462,00 € (554,00 € - 92,00 €), von Januar 2015 bis Juni 2015 433,00 € (525,00 € - 92,00 €). Ab August 2015 erhöht sich wegen der veränderten Tabellenbedarfssätze der Regelbedarf für J. auf mtl. 542,00 € und für L. auf mtl. 450,00 €.

cc) Der Regelbedarf ist um den Mehrbedarf der Kinder zu erhöhen.

Mehrbedarf ist derjenige Teil des angemessenen Lebensbedarfs eines Kindes (§ 1610 Abs. 2 BGB), der von den pauschalierten Regelsätzen der Unterhaltsleitlinien nicht erfasst wird. Er ist grundsätzlich konkret darzulegen (BGH FamRZ 2001, 1603) und wird wie der Regelbedarf nach § 1606 Abs. 2 Satz 1 BGB zwischen den Eltern aufgeteilt (Wendl/Dose/Klinkhammer, 9. Aufl., § 2 Rdn. 435). Allerdings sind nur solche Mehrkosten beim Kindesunterhalt zu berücksichtigen, die dem Unterhaltsbedarf des Kindes und nicht der Lebensführung des Betreuenden zugerechnet werden können. Das ist bei Umgangskosten und dem sonstigen durch die wechselseitige Betreuung entstehenden Mehraufwand nicht anders zu beurteilen als bei den Kindergartenkosten, die der BGH (BGH FamRZ 2009, 962), indem er auf die Relevanz für das Kind abstellt, als dessen Mehrbedarf eingestuft hat. Mehrbedarf des Kindes liegt insbesondere in Wohnmehrkosten, Fahrtkosten und dem doppelten Erwerb persönlicher Gegenstände, nicht aber in Kosten einer Nachmittagsbetreuung, die es dem Betreuenden ermöglicht, seiner Erwerbstätigkeit nachzugehen. Diese Kosten haben nur für den Ehegattenunterhalt Bedeutung (vgl. Wohlgemuth, Die Berechnung des Kindesunterhalts beim Wechselmodell bei Barunterhaltspflicht beider Eltern in FPR 2013, 145). Berücksichtigungsfähig sind zudem nur solche Mehrkosten, deren Ansatz und Erstattung unter den gegebenen Umständen angemessen ist (BGH NJW 2005, 1493). Mit einer dem Kind geschuldeten Betreuung sind üblicherweise Naturalleistungen (z.B. Eintrittsgelder; Fahrten zum Kindergarten, zur Schule und zu Sportveranstaltungen etc.) verbunden, bei denen von dem betreuenden Elternteil nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) erwartet werden kann, für sie aufgrund der übernommenen Betreuungsverantwortlichkeit allein aufzukommen (BGH FamRZ 2009, 1300; FamRZ 2005, 706).

(1) Mit Rücksicht hierauf können die monatlichen Fahrtkosten, die durch den Großvater für die Kinder entstehen, nicht gegenüber der Mutter durch den mitbetreuenden Vater abgerechnet werden (vgl. Wohlgemuth, Die Berechnung des Kindesunterhalts beim Wechselmodell bei Barunterhaltspflicht beider Eltern in FPR 2013, 157). Darüber hinaus fehlt es bei den Kosten, die über Benzin und Abnutzungskosten des Fahrzeugs hinausgehen, an einer plausiblen Darstellung des erhöhten Aufwands durch den Kindesvater.

(2) Bei dem Mehrbedarf durch erhöhte Wohnkosten lässt der Senat aus Vereinfachungsgründen eine pauschalierte Berechnung zu (a.A. Wohlgemuth, Wechselmodell und Unterhalt in FamRZ 2014, Seite 85, dort spricht sich die Autorin für einen konkreten Nachweis der Wohnkosten für das Kind aus). Der Senat ermittelt die durch das Wechselmodell entstehenden Wohnmehrkosten durch einen Vergleich zwischen den Wohnkosten, die bei jedem Elternteil im Tabellenunterhalt nach seinem alleinigen Einkommen anteilig enthalten sind, und den im Tabellenunterhalt auf Grundlage der zusammengerechneten Einkommen anfallenden Wohnkosten (so auch Weinrich/Klein/Müting, Fachanwaltskommentar, Familienrecht, 5. Aufl., § 1606 Rdn. 34; Jokisch, Das Wechselmodell, Grundlagen und Probleme (Teil 2) in FuR 2014, 28). Der Wohnbedarf ist nach den Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Dresden Punkt 21.5.2 mit 20 % anzusetzen. Bei jedem Elternteil hat der Senat außerdem einen Verbrauchskostenanteil von rund 10 % wegen der hälftigen Betreuung in Abzug gebracht.

Der Wohnbedarf 2012 von J. aus dem zusammengerechneten Einkommen beträgt 110,80 €, aus dem Einkommen des Vaters allein abzüglich des Verbrauchkostenanteils 83,88 €, aus dem Einkommen der Mutter abzüglich des Verbrauchkostenanteils 65,52 €. Der Wohnbedarf von 149,40 € übersteigt den von 110,80 € um 38,60 €. Der Wohnbedarf von J. von Januar 2013 bis März 2013 aus dem zusammengerechneten Einkommen beträgt 110,80 €, aus dem Einkommen des Vaters unter Berücksichtigung des Verbrauchkostenanteils 78,66 €, aus dem Einkommen der Mutter 65,52 €, also insgesamt 144,18 €. Dies ergibt einen erhöhten Wohnbedarf von 33,38 €, ab April 2013 beträgt der Wohnbedarf aus den zusammengerechneten Einkommen 129,60 €, aus den einzelnen Einkommen 168,84 € (92,16 € und 76,68 €), so dass sich ein Mehrbedarf von 39,24 € errechnet. Im Jahr 2014 errechnet sich der erhöhte Wohnbedarf von J. erneut auf 39,24 €, von Januar 2015 bis Juni 2015 auf 46,04 €.

Der erhöhte Wohnbedarf von L. beträgt im Jahr 2012 33,74 € (73,08 € + 57,06 € - 94,40 €). Im Januar 2013 29,24 €, von Februar 2013 bis Dezember 2014 33,38 €, von Januar 2015 bis Juni 2015 39,18 €.

(3) Sonstiger Mehrbedarf:

Die Kinder müssen jeweils zu Kindergarten und Schule gebracht werden. Hierfür fallen unstreitig insgesamt 300,00 € Fahrtkosten an. Da der Transport jeweils gemeinsam erfolgt, rechnet der Senat in Abweichung vom Familiengericht bei jedem Kind nur mit einem Mehrbedarf von 150,00 €. Bis zu ihrer Einschulung im September 2013 fallen für L. Kindergartenkosten i.H.v. 100,00 € und ein Betrag für die Musikschule i.H.v. 29,00 € an. Außerdem besucht sie durchgängig einen Tanzkurs für 10,00 €. Nach dem RBEG (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz) sind für L. für Kunst und Kultur bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres 35,93 € vorgesehen, so dass, solange Tanzkurs und Musikschule gemeinsam besucht werden, bei L. insoweit ein den Regelbedarf übersteigender Mehrbedarf von 3,07 € entsteht. Ab September 2013 entfällt bei L. der Kindergartenbeitrag, es kommt jedoch der Hortbeitrag i.H.v. monatlich 40,00 € hinzu.

c) Gesamtbedarf:

aa) 2012

J. hat danach einen Gesamtbedarf von 650,60 € (38,60 € (Wohnen) + 150,00 € (Fahrtkosten) + 462,00 € (Regelbedarf).

L. hat einen Gesamtbedarf von 676,81 € (33,74 € (Wohnen) + 150,00 € (Fahrtkosten) + 100,00 € (Kindergarten) + 3,07 € (Kultur) + 390,00 € (Regelbedarf).

bb) 2013

Der Gesamtbedarf von J. von Januar bis März 2013 beträgt 645,38 € (33,38 € (Wohnen) + 150,00 € (Fahrtkosten) + 462,00 € (Regelbedarf).

Ab April 2013 beträgt der Gesamtbedarf von J. 745,24 € (39,24 € (Wohnen) + 150,00 € (Fahrtkosten) + 556,00 € (Regelbedarf).

Der Gesamtbedarf von L. beträgt im Januar 2013 672,31 € (29,24 € (Wohnen) + 150,00 € (Fahrtkosten) + 100,00 € (Kindergartenkosten) + 3,07 € (Kultur unter Berücksichtigung des RBEG-Betrags i.H.v. 35,93 €) + 390,00 € (Regelbedarf).

Von Februar 2013 bis August 2013 hat L. einen Gesamtbedarf von 748,45 € (33,38 € (Wohnen) + 150,00 € (Fahrtkosten) + 100,00 € (Kindergarten) + 3,07 € (Kultur) + 462,00 € Regelbedarf).

Ab September 2013 beträgt der Gesamtbedarf 685,38 € (33,38 € (Wohnen) + 150,00 € (Fahrtkosten) + 40,00 € (Hort) + 0,00 € Kultur (der Betrag nach dem RBEG deckt die gesamten verbleibenden Kosten) + 462,00 (Regelbedarf).

cc) 2014

Der Gesamtbedarf von J. beträgt 745,24 € (39,24 € (Wohnen) + 150,00 € (Fahrtkosten) + 556,00 € (Regelbedarf).

Der Gesamtbedarf von L. beträgt 685,38 € (33,38 € (Wohnen) + 150,00 € (Fahrtkosten) + 40,00 € (Hort) + 462,00 € (Regelbedarf).

dd) 2015

Der Gesamtbedarf von J. beträgt im Jahr 2015 mindestens 718,04 € (46,04 € (Wohnen) + 150,00 € (Fahrtkosten) + 522,00 € (Regelbedarf); ab August 2015 erhöht sich der Regelbedarf auf 542,00 €.

Der Gesamtbedarf von L. beträgt im Jahr 2015 zunächst 662,18 € (39,18 € Wohnen) + 150,00 € (Fahrtkosten) + 40,00 € (Hort) + 433,00 € (Regelbedarf); ab August 2015 erhöht sich der Regelbedarf auf 450,00 €.

2. Bei der anschließenden Berechnung des Haftungsanteils ist die Berücksichtigung des Kindergelds im paritätischen Wechselmodell strittig.

a) So wird die Auffassung vertreten, das Kindergeld sei in strikter Ausrichtung an § 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB in voller Höhe auf den zuvor errechneten Barbedarf anzurechnen und von dem das Kindergeld beziehenden Elternteil zur Hälfte an den anderen Elternteil auszukehren bzw. bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs durch entsprechende Verrechnung zu berücksichtigen (OLG Düsseldorf, FamRZ 2014, 567; Wohlgemuth FamRZ 2014, 84).

b) Im Gegensatz zu dieser Meinung steht der Vorschlag, den Kindergeldausgleich gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB so zu vollziehen, dass dem einkommensschwächeren Elternteil, in der Regel der Mutter, ein ihrem Einkommen entsprechender Prozentsatz angerechnet wird (zum Meinungsstand vgl. Wohlgemuth, Aufteilung des Kindergelds beim Wechselmodell, FamRZ 2015, 808).

c) Zu anderen Ergebnissen führen die Berechnungen, die das Kindergeld in die übrige Barunterhaltsaufteilung einbeziehen. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie das Kindergeld unter Anwendung von § 1612b Abs. 1 Satz 2 BGB ganz (so noch Wendl/Dose/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 2 Rdn. 450) oder zur Hälfte (Bausch/Gutdeutsch/Seiler, Unterhalt und Wechselmodell in FamRZ 2012, 258) bei der einkommensabhängigen Quotelung des Barunterhalts nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB abziehen. Sodann bringen sie mit einem weiteren Rechenschritt, mit dem die Differenz der jeweiligen Barunterhaltshaftung wegen der beiderseits erbrachten Versorgungsleistungen halbiert wird, das von den Bezugsberechtigten eingekommene Kindergeld im ersten Fall durch hälftige und im zweiten Fall mit voller Anrechnung ein (Wohlgemuth FamRZ 2015, 808 m.w.N.).

Der Senat entscheidet sich für die hälftige Anrechnung des Kindergeldes im Sinne des letztgenannten Berechnungsmodells. Die volle Anrechnung des Kindergeldes würde voraussetzen, dass keiner der Eltern seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt. Der Abzug des vollen Betrages setzt also voraus, dass § 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB (Halbanrechnung) deshalb nicht anwendbar ist, weil kein Elternteil seine gesamte Unterhaltspflicht durch Betreuung erfüllt. Diese Auslegung, die scheinbar durch die Bezugnahme auf § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB im Gesetz gestützt wird, erscheint allerdings nicht zwingend, zumal das Gesetz erkennbar vom Residenzmodell ausgeht und das Wechselmodell nicht bedacht hat (so Bausch/Gutdeutsch/Seiler, Unterhalt und Wechselmodell in FamRZ 2012, 259 und nun auch Klinkhammer in Wendl/Dose a.a.O., 9. Aufl., § 2 Rdn. 450). Diese Vorgehensweise trägt der in § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB ausdrücklich angeordneten Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt beim minderjährigen Kind, auf den § 1612b Abs. 1 Nr. 1 BGB ausdrücklich verweist, Rechnung (so auch Jokisch, Das Wechselmodell, Grundlagen und Probleme (Teil 2) in FuR 201, 27). Der auf den Barunterhalt entfallene Anteil wird nach der Beteiligungsquote beider Elternteile am zusammengerechneten Einkommen ausgeglichen, der auf die Betreuung entfallene Anteil hälftig (so auch Klinkhammer in Wendl/Dose a.a.O., 9. Aufl., § 2 Rdn. 450).

3. Berechnung der Haftungsanteile

a) September 2012 bis Dezember 2012

J.1. Aufteilung (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB):

vergleichbares Einkommen Vater: 3.171,90 € - 1.150,00 € = 2.021,90 €)
vergleichbares Einkommen Mutter: 1.211,82 € - 1.150,00 € = 61,82 €
Anteil Vater am Gesamtbedarf: 2.021,90 € : (2.021,90 € + 61,82 €) x 650,60 € = 631,29 €
Anteil Mutter am Gesamtbedarf: 61,82 € : (2.021,90 € + 61,82 €) x 650,60 € = 19,30 €
Eine wertende Veränderung des Verteilungsschlüssels ist wegen der gleichen Betreuungsanteile nicht erforderlich.

2. Anrechnung erbrachter Leistungen/Kindergeld:

Vater: 631,29 € - 0,00 € = 631,29 €
Mutter: 19,30 € - 150,00 € (Fahrtkosten) - 30,00 € (Essen) + 92,00 € (Kindergeld) = - 68,70 €

3. Ausgleichszahlung (631,29 € + 68,70 €) : 2 - 46,00 € = 303,99 € mtl.

L.1. Aufteilung (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB):

vergleichbares Einkommen Vater siehe oben: 2.091,90 €
vergleichbares Einkommen Mutter: siehe oben 61,82 €
Anteil Vater am Gesamtbedarf 2.021,90 € : (2.021,90 € + 61,82 €) x 676,81 € = 656,73 €
Anteil Mutter am Gesamtbedarf 61,82 € : (2.021,90 € + 61,82 €) x 676,81 € = 20,07 €

2. Anrechnung erbrachter Leistungen/Kindergeld

Vater: 656,73 € - 10,00 € (Tanzen) = 646,73 €
Mutter: 20,07 € - 150,00 € (Fahrtkosten) - 100,00 € (Kita) - 30,00 € (Essen) - 29,00 € (Musikschule) + 92,00 € (Kindergeld) = - 196,93 €

3. Ausgleichszahlung (646,73 € + 196,93 €) : 2 - 46,00 € = 375,83 € mtl.

b) 2013

J.1. Aufteilung (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB):

aa) Januar 2013 bis März 2013

vergleichbares Einkommen Vater: 2.928,90 € - 1.200,00 € = 1.728,90 €
vergleichbares Einkommen Mutter: 1.407,07 € - 1.200,00 € = 207,07 €
Anteil Vater am Gesamtbedarf: 1.728,90 € : (1.728,90 € + 207,07 €) x 645,38 € = 576,35 €
Anteil Mutter am Gesamtbedarf: 207,07 € : (1.728,90 € + 207,07 €) x 645,38 € = 69,02 €

bb) April 2013 bis Dezember 2013

vergleichbares Einkommen: siehe oben
Anteil Vater am Gesamtbedarf: 1.728,90 € : (1.728,90 € + 207,07 €) x 745,24 € = 665,52 €
Anteil Mutter am Gesamtbedarf: 207,07 € : (1.728,90 € + 207,07 €) x 745,24 € = 79,71 €

2. Anrechnung erbrachter Leistungen/Kindergeld

aa) Januar bis März 2013

Vater: 576,35 € - 0,00 € = 576,35 €
Mutter: 69,02 € - 30,00 € (Essen) - 150,00 € (Fahrtkosten) + 92,00 € = - 18,98 €

bb) April 2013 bis August 2013

Vater: 665,52 € - 0,00 € = 665,52 €
Mutter: 79,71 € - 150,00 € (Fahrtkosten) - 30,00 € (Essen) + 92,00 € (Kindergeld) = - 8,29 €

cc) September 2013 bis Dezember 2013

Vater: 665,52 € - 150,00 € (Fahrtkosten) = 515,52 €
Mutter: 79,71 € - 40,00 € (Essen) + 92,00 € (Kindergeld) = 131,71 €

3. Ausgleichszahlung

aa) Januar bis März 2013

(576,35 € + 18,98 €) : 2 - 46,00 € = 251,66 € mtl.

bb) April 2013 bis August 2013

(665,52 € + 8,29 €) : 2 - 46,00 € = 290,90 € mtl.

cc) September 2013 bis Dezember 2013

(515,52 € - 131,71 €) : 2 - 46,00 € = 145,90 € mtl.

L.1. Aufteilung

aa) Januar 2013

vergleichbares Einkommen Vater: siehe oben 1.728,90 €
vergleichbares Einkommen Mutter: siehe oben 207,07 €
Anteil Vater am Gesamtbedarf: 1.728,90 € : (1.728,90 € + 207,07 €) x 672,31 € = 600,40 €
Anteil Mutter am Gesamtbedarf: 207,07 € : (1.728,90 € + 207,07 €) x 672,31 € = 71,90 €

bb) Februar 2013 bis August 2013

Anteil Vater am Gesamtbedarf: 1.728,90 € : (1.728,90 € + 207,07 €) x 748,45 € = 668,39 €
Anteil Mutter am Gesamtbedarf: 207,07 € : (1.728,90 € + 207,07 €) x 748,45 € = 80,05 €

cc) September 2013 bis Dezember 2013

Anteil Vater am Gesamtbedarf: 1.728,90 € : (1.728,90 € + 207,07 €) x 685,38 € = 612,07 €
Anteil Mutter am Gesamtbedarf: 207,07 € : (1.728,90 € + 207,07 €) x 685,38 € = 73,30 €

2. Anrechnung erbrachte Leistungen/Kindergeld

aa) Januar 2013

Vater: 600,40 € - 100,00 € (Kita) - 30,00 € (Essen) - 10,00 € (Tanz) = 460,40 €
Mutter: 71,90 € - 29,00 € (Musikschule) - 150,00 € (Fahrtkosten) + 92,00 € (Kindergeld) = - 15,10 €

bb) Februar 2013 bis August 2013

Vater: 668,39 € - 100,00 € (Kita) - 30,00 € (Essen) - 10,00 € (Tanz) = 528,39 €
Mutter: 80,05 € - 150,00 € (Fahrtkosten) - 29,00 € (Musikschule) + 92,00 € (Kindergeld) = - 6,95 €

cc) September 2013 bis Dezember 2013

Vater: 612,07 € - 150,00 € (Fahrtkosten) - 10,00 € (Tanz) = 452,07 €
Mutter: 73,30 € - 40,00 € (Hort) - 40,00 € (Essen) + 92,00 € (Kindergeld) = 85,30 €

3. Ausgleichszahlung

aa) Januar 2013

(460,40 € + 15,10 €) : 2 - 46,00 € = 191,75 € mtl.

bb) Februar 2013 bis August 2013

(528,39 € + 6,95 €) : 2 - 46,00 € = 221,67 € mtl.

cc) September 2013 bis Dezember 2013

(452,07 € - 85,30 €) : 2 - 46,00 € = 137,38 € mtl.

c) 2014

J. 1. Aufteilung

aa) Januar bis Juli 2014

vergleichbares Einkommen Vater: 2.928,90 € - 1.200,00 € = 1.728,90 €
vergleichbares Einkommen Mutter: 1.407,07 € - 1.200,00 € = 207,07 €
Anteil Vater am Gesamtbedarf: 1.728,90 € : (1.728,90 € + 207,07 €) x 745,24 € = 665,52 €
Anteil Mutter am Gesamtbedarf: 207,07 € : (1.728,90 € + 207,07 €) x 745,24 € = 79,71 €

bb) August 2014 bis Dezember 2014

vergleichbares Einkommen Vater: 2.916,90 € - 1.200,00 € = 1.716,90 €
vergleichbares Einkommen Mutter: 1.407,07 € - 1.200,00 € = 207,07 €
Anteil Vater am Gesamtbedarf: 1.716,90 € : (1.716,90 € + 207,07 €) x 745,24 € = 665,03 €
Anteil Mutter am Gesamtbedarf: 207,07 € : (1.716,90 € + 207,07 €) x 745,24 € = 80,20 €

2. Anrechnung erbrachter Leistungen/Kindergeld

aa) Januar bis Juli 2014

Vater: 665,52 € - 150,00 € (Fahrtkosten) = 515,52 €
Mutter: 79,71 € - 40,00 € (Essen) + 92,00 € (Kindergeld) = 131,71 €

bb) August 2014 bis Dezember 2014

Vater: 656,03 € - 150,00 € (Fahrtkosten) = 515,03 €
Mutter: 80,20 € - 40,00 € (Essen) + 92,00 € (Kindergeld) = 132,20 €

3. Ausgleichszahlung:

aa) Januar bis Juli 2014

(515,52 € - 131,71 €) : 2 - 46,00 € = 145,90 € mtl.

bb) August 2014 bis Dezember 2014

(515,03 € - 132,20 €) : 2 - 46,00 € = 145,41 € mtl.

L. 1. Aufteilung:

aa) Januar 2014 bis Juli 2014

vergleichbares Einkommen Vater siehe oben: 1.728,90 €
vergleichbares Einkommen Mutter siehe oben: 207,07 €
Anteil Vater am Gesamtbedarf: 1.728,90 € : (1.728,90 € + 207,07 €) x 685,38 € = 612,07 €
Anteil Mutter am Gesamtbedarf: 207,07 € : (1.728,90 € + 207,07 €) x 685,38 € = 73,30 €

bb) August 2014 bis Dezember 2014

vergleichbares Einkommen Vater: siehe oben: 1.716,90 €
vergleichbares Einkommen Mutter: siehe oben: 207,07 €
Anteil Vater am Gesamtbedarf: 1.716,90 € : (1.716,90 € + 207,07 €) x 685,38 € = 611,61 €
Anteil Mutter am Gesamtbedarf: 207,07 € : (1.716,90 € + 207,07 €) x 685,38 € = 73,76 €

2. Anrechnung erbrachter Leistungen/Kindergeld

aa) Januar 2014 bis Juli 2014

Vater: 612,07 € - 150,00 € (Fahrtkosten) - 10,00 € (Tanz) = 452,07 €
Mutter: 73,30 € - 40,00 € (Hort) - 40,00 € (Essen) + 92,00 € (Kindergeld) = 85,30 €

bb) August 2014 bis Dezember 2014

Vater: 611,61 € - 150,00 € (Fahrtkosten) - 10,00 € (Tanz) = 451,61 €
Mutter: 73,76 € - 40,00 € (Hort) - 40,00 € (Essen) + 92,00 € (Kindergeld) = 85,76 €

3. Ausgleichszahlung

aa) Januar 2014 bis Juli 2014

(452,07 € - 85,30 €) : 2 - 46,00 € = 137,38 € mtl.

bb) August 2014 bis Dezember 2014

(451,61 € - 85,76 €) : 2 - 46,00 € = 136,92 € mtl.

d) 2015

J.1. Aufteilung

vergleichbares Einkommen Vater: 2.871,90 € - 1.300,00 € = 1.571,90 €
vergleichbares Einkommen Mutter: 1.407,07 € - 1.300,00 € = 107,07 €
Anteil Vater am Gesamtbedarf: 1.571,90 € : (1.571,90 € + 107,07 €) x 718,04 € = 672,24 €
Anteil Mutter am Gesamtbedarf: 107,07 € : (1.571,90 € + 107,07 €) x 718,04 € = 45,79 €

2. Anrechnung erbrachter Leistungen/Kindergeld

Vater: 672,24 € - 150,00 € (Fahrtkosten) = 522,24 €
Mutter: 45,79 € - 40,00 € (Essen) + 92,00 € (Kindergeld) = 97,79 €

3. Ausgleichszahlung: (522,24 € - 97,79 €) : 2 - 46,00 € = 166,22 € mtl.

Das liegt bereits ohne Berücksichtigung des ab August 2015 erhöhten Regelbedarfs über dem vom Familiengericht zuerkannten Zahlungsbetrag, so dass es, da nur der Antragsgegner Beschwerde erhoben hat, auf den veränderten Tabellenbedarfssatz nicht ankommt.

L. 1. Aufteilung

vergleichbares Einkommen Vater: siehe oben 1.571,90 €
vergleichbares Einkommen Mutter: siehe oben 107,07 €
Anteil Vater am Gesamtbedarf: 1.571,90 € : (1.571,90 € + 107,07 €) x 662,18 € = 619,95 €
Anteil Mutter am Gesamtbedarf: 107,07 € : (1.571,90 € + 107,07 €) x 662,18 € = 42,22 €

2. Anrechnung erbrachter Leistungen/Kindergeld

Vater: 619,95 € - 150,00 € (Fahrtkosten) - 10,00 € (Tanz) = 459,95 €
Mutter: 42,22 € - 40,00 € (Hort) - 40,00 € (Essen) + 92,00 € (Kindergeld) = 54,22 €

3. Ausgleichszahlung: (459,95 € - 54,22 €) : 2 - 46,00 € = 156,86 € mtl.

Ab August 2015 beliefe sich der Anteil des Vaters am gestiegenen Gesamtbedarf auf 635,87 €, der der Mutter auf 43,31 €. Nach Verrechnung der kindbezogenen Leistungen entfielen auf den Anteil des Vaters 475,87 €, auf den der Mutter 55,31 €. Das führt rechnerisch zu einer Ausgleichszahlung von 164,28 €. Auch hier ist der Senat aber auf den vom Familiengericht mit dem angefochtenen Beschluss zuerkannten Monatsbetrag (158,00 €) beschränkt.

Daraus ergeben sich folgende Unterhaltsrückstände bis einschließlich Mai 2015:

für J.:

2012:

1.215,96 € (4 x 303,99 €)

2013:

2.793,08 € (3 x 251,66 €, 5 x 290,90 €, 4 x 145,90 €)

2014:

1.748,35 € (7 x 145,90 €, 5 x 145,41 €)

2015:

831,11 € (5 x 166,22 €)

= 6.588,50 €

für L.:

2012:

1.503,32 € (4 x 375,83 €)

2013:

2.292,96 € (1 x 191,75 €, 7 X 221,67 €, 4 x 137,38 €)

2014: 1.646,26 € (7 x 137,38 €, 5 x 136,92 €)

2015:

784,30 € (5 x 156,86 €)

= 6.226,84 €

gezahlte Unterhaltsbeiträge:

für J.:

September 2012 bis Januar 2013: 555,00 €
Februar 2013 bis April 2013: 300,00 €
Mai 2013 bis Mai 2015: 4.100,00 €

= insgesamt 4.955,00 €

für L.:

September 2012 bis Januar 2013: 445,00 €
Februar 2013 bis April 2013: 300,00 €
Mai 2013 bis Mai 2015: 3.400,00 €

= 4.145,00 €

Daraus errechnet sich für die Zeit von September 2012 bis Mai 2015 für J. ein Unterhaltsrückstand i.H.v. 1.633,50 € und für L. i.H.v. 2.081,84 €.

Der laufende Unterhalt für J. beträgt mindestens 166,00 €, der von L. bis Juli 2015 mtl. 157,00 € und danach mtl. 158,00 €.

Der negative Feststellungsantrag des Antragsgegners ist unzulässig, weil ein eigenständiges Feststellungsinteresse - über die Abwehr des gegnerischen Leistungsantrags hinaus - nicht vorliegt. Darauf hat schon das Familiengericht zu Recht hingewiesen, und die Beschwerde setzt sich damit auch nicht auseinander.

Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit des Beschlusses beruht auf § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG. ..." (OLG Dresden, Beschluss vom 29.10.2015 - 20 UF 851/15, 20 UF 0851/15)

***

„... I. Die Antragstellerin ist die Mutter des am 5. Juni 1996 geborenen Antragsgegners, der seine allgemeine Schulausbildung abgeschlossen hat. In der vollstreckbaren Urkunde des Bezirksamtes ... von Berlin. ..., vom 4. Dezember 2007 verpflichtete sie sich, dem Antragsgegner 100 % des Regelbetrages der 2. und 3. Altersstufe abzüglich des nach § 1612 b Abs.1, Abs.5 BGB anzurechnenden Kindergeldes für ein 3. Kind zu zahlen. In der Vergangenheit sind auf der Grundlage dieses zeitlich unbefristeten Titels erhebliche Unterhaltsrückstände aufgelaufen. Mit Anwaltsschreiben vom 23. September 2014 bat die Antragstellerin den Antragsgegner um Auskunft über seinen Schulabschluss, seine Ausbildung, eine ggfl. nebenher betriebene Erwerbstätigkeit, sein Einkommen und das seines Vaters bis zum 10. Oktober 2014. Die Aufforderung blieb erfolglos. Mit ihrem nach vorangegangenem VKH-Verfahren am 4. Februar 2015 rechtshängig gewordenen Antrag hat sie beantragt, die Vollstreckung aus der Urkunde vom 4. Dezember 2006 ab Rechtshängigkeit für unzulässig zu erklären, hilfsweise hat sie Stufenantrag auf Auskunft und Abänderung der Unterhaltsurkunde erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, es bestünde derzeit keine Unterhaltspflicht. Im Übrigen ändere der Eintritt der Volljährigkeit auf Seiten des Antragsgegners die Rechtslage. Da der Antragsgegner die von ihr gewünschten Auskünfte nicht erteilt habe, könne sie nicht einschätzen, ob und aufgrund welcher rechtlichen Grundlage der Antragsgegner noch einen Anspruch auf Unterhalt habe.

Der Antragsgegner hat die Auffassung vertreten, die Antragstellerin habe die falsche Klageart gewählt. Für ihr Begehren sei ein Abänderungsantrag einschlägig. Für die Voraussetzungen einer Abänderung sei sie aber beweisbelastet. Er sei nicht gehalten, die "Vollstreckungsabwehrklage" rund zu machen.

Das Amtsgericht hat dem Vollstreckungsabwehrantrag mit Beschluss vom 24. April 2015 stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Unterhaltsanspruch des Antragsgegners entfalle, weil er der Antragstellerin keine Auskunft über die mit Schreiben vom 23. September 2014 an ihn gestellten Fragen erteilt habe. Es sei treuwidrig, die Antragstellerin insoweit darauf zu verweisen, ihn in einem Gerichtsverfahren auf Auskunft in Anspruch zu nehmen. Der Einwand der Verwirkung könne mit dem Vollstreckungsabwehrantrag geltend gemacht werden.

Der Beschluss ist dem Antragsgegner am 20. Mai 2015 zugestellt worden. Am 12. Juni 2015 hat er die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine hiergegen gerichtete Beschwerde beantragt.

Er hält weiterhin an seiner Auffassung fest, der Vollstreckungsabwehrantrag sei die falsche Antragsart. Der Eintritt seiner Volljährigkeit sei mittels Abänderungsantrages geltend zu machen, der aber einen Vollstreckungsabwehrantrag ausschließe. Die Nichtbeantwortung des Auskunftsantrages könne nicht zur Konsequenz haben, dass statt des Abänderungsantrages der Vollstreckungsabwehrantrag begründet sei. Wenn die Antragstellerin zur Begründung eines Abänderungsantrages nicht in der Lage sei, müsse sie eben von ihren rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch machen, ihn zu einer Auskunft zu zwingen. Im Rahmen des Vollstreckungsabwehrantrages könne es jedenfalls nicht zu einer Beweislastumkehr kommen, wie dies der angegriffene Beschluss vorsehe.

II. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist zurückzuweisen, da das vom Antragsgegner beabsichtigte Rechtsmittel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat i.S.d. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO. Der Senat geht dabei davon aus, dass die Verfahrenskostenhilfe für eine erst beabsichtigte Beschwerde beantragt wird, und diese mit Schriftsatz vom 11. Juni 2015 nur angekündigt und nicht unter der unzulässigen Bedingung der Verfahrenskostenhilfebewilligung bereits erhoben werden sollte, was deren Erfolgsaussichten und der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe entgegen stünde.

Das Amtsgericht hat allerdings zu Recht dem im Hauptantrag geltend gemachten Vollstreckungsabwehrantrag gemäß §§ 113 Abs.1 FamFG, 767 ZPO entsprochen. Es handelt sich hierbei nicht um die falsche Antragsart. Wie der Antragsgegner selbst ausführt, dient der Vollstreckungsabwehrantrag nach § 767 ZPO der Durchsetzung rechtsvernichtender, -hemmender und -beschränkender Einwendungen. Das Abänderungsverfahren nach §§ 238 f FamFG betrifft hingegen die anspruchsbegründenden Tatsachen, wie etwa die Bedürftigkeit oder Leistungsfähigkeit der Beteiligten, und damit den Anspruchsgrund als solchen (vgl. Wendl/Dose-Schmitz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage 2015, § 10 Rn.153). Zu den mit dem Vollstreckungsabwehrantrag geltend zu machenden rechtsvernichtenden bzw. rechtshemmenden Einwendungen gehört-wie der Antragsgegner ebenfalls zutreffend erkennt - diejenige der Verwirkung (vgl. BGH FamRZ 1987, 259; BGH FamRZ 1991, 1175) bzw. der unzulässigen Rechtsausübung (vgl. BGH FamRZ 1983, 355; BGHZ 42,1). Einen solchen Fall hat das Amtsgericht hierzu Recht angenommen.

Der Antragsgegner ist gemäß § 1605 Abs.1 BGB verpflichtet, der Antragstellerin über seine Einkünfte und sein Vermögen, wozu auch ein Anspruch auf Barunterhalt gegen den Vater gehört, der mit Volljährigkeit des Antragsgegners seiner Unterhaltspflicht nicht mehr gemäß § 1606 Abs.2 S.2 BGB durch Betreuung nachkommen kann, Auskunft zu erteilen. Die Auskunftspflicht bezieht sich gemäß § 242 BGB auch auf sonstige, für eine Unterhaltspflicht der Antragstellerin relevante Umstände, wie etwa die Frage, ob der Antragsgegner einer Ausbildung nachgeht oder ihn eine Erwerbsobliegenheit trifft, soweit die Antragstellerin hierüber in entschuldbarer Weise im Ungewissen ist (vgl. Palandt-Brudermüller, BGB, 74. Aufl. Rn. 2 zu § 1605 BGB; Palandt-Grüneberg, a.a.O., Rn. 4 zu § 260 BGB). Dieser mit Schreiben vom 23. September 2014 von Seiten der Antragstellerin geltend gemachten Auskunftsverpflichtung ist der Antragsgegner nicht nachgekommen. Er hat die Antragstellerin vielmehr auf die Einleitung gerichtlicher Schritte verwiesen. Anders lässt sich sein Hinweis auf "rechtliche Möglichkeiten, ihn zu einer Auskunft zu zwingen", nicht interpretieren. Er hat bisher auch nicht zu erkennen gegeben, dass er dem Auskunftsbegehren zumindest im Rahmen des hilfsweise gestellten Auskunftsantrages freiwillig Folge leisten werde. Verletzt aber ein volljähriges Kind seine gegenüber einem unterhaltspflichtigen Elternteil bestehende Auskunftspflicht, kann dies nach § 1611 Abs.1 BGB zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruches führen (vgl. OLG Hamm OLGR 1998, 174). Dies gilt nach Auffassung des Senates nicht nur für den Fall, dass etwa eigenes Einkommen verschwiegen wird, sondern auch dann, wenn überhaupt keine Auskunft über unterhaltsrelevante Umstände erteilt wird, obwohl sich diese - wie vorliegend - schon im Hinblick auf die mit Volljährigkeit einsetzende Mithaftung des anderen Elternteils nach § 1606 Abs.3 S.1 BGB, eine veränderte Kindergeldanrechnung nach § 1612 b Abs.1 Nr. 2 BGB sowie die unstreitig erfolgte Beendigung der allgemeinen Schulausbildung und den damit verbundenen Wegfall der Privilegierung i.S.d. § 1603 Abs.2 BGB geändert haben müssen.

Selbst wenn man in der schon als hartnäckig zu bezeichnenden Verweigerung einer Auskunftserteilung und dem Verweis der Antragstellerin auf den Klageweg noch keine zum Wegfall der Unterhaltsansprüche des Antragsgegners führende schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 BGB sehen will, stellt sich das Verhalten aus Sicht des Senates jedenfalls als eine derzeit der Vollstreckung entgegenstehende, gegen § 242 BGB verstoßende unzulässige Rechtsausübung dar, die dem Vollstreckungsabwehrantrag zu Recht zum Erfolg verhalf. Die Antragstellerin musste sich insoweit nicht auf die Möglichkeit der Erhebung eines erfahrungsgemäß mit einer wesentlich längeren Verfahrensdauer verbundenen Stufenantrages auf Auskunft und Abänderung verweisen lassen, denn der Antragsgegner hat aktiv die Zwangsvollstreckung auch des laufenden Unterhaltes aus der Unterhaltsurkunde vom 4. Dezember 2007 betrieben.

Mit ihrem Vollstreckungsabwehrantrag hat sich die Antragstellerin auch keinen Vorteil hinsichtlich der Beweislast verschafft. Der Antragsgegner verkennt nämlich die Darlegungs- und Beweislast für ein Abänderungsverfahren. Steht einem Unterhaltsberechtigten der titulierte Unterhalt jedenfalls mit der seinerzeit angestellten Begründung nicht mehr zu, trifft ihn, will er aus anderen Gründen an dem Unterhaltstitel festhalten, auch in seiner Eigenschaft als Antragsgegner im Abänderungsverfahren die Darlegungs- und Beweislast für die sein Begehren stützenden Tatsachen. Begehrt etwa der während der Minderjährigkeit des Kindes allein barunterhaltspflichtige Elternteil nach Eintritt der Volljährigkeit mit dem Hinweis auf eine Mithaftung des vormals betreuenden Elternteils Herabsetzung des titulierten Kindesunterhalts, ergibt sich eine wesentliche Veränderung der maßgebenden Verhältnisse allein schon aus dem Eintritt der jeweiligen Mithaftung beider Elternteile nach § 1606 Abs.3 S. 1 BGB. Demgemäß trägt das volljährige Kind als Antragsgegner die Darlegungs- und Beweislast für alle Umstände, die den Fortbestand des Titels rechtfertigen (vgl. OLG Köln FamRZ 2013, 793; OLG Bremen FamRZ 2012, 383; OLG Brandenburg FamRZ 2004, 553; OLG Köln FamRZ 2000, 1043; OLG Hamm FamRZ 2000, 904; KG FamRZ 1994, 765). Dies schließt die jeweiligen Haftungsquoten der Eltern, mithin auch das unterhaltswirksame Einkommen des anderen Elternteils, ein. Insoweit stand der Antragsgegner im Rahmen des Vollstreckungsabwehrantrages nicht schlechter, als er bei fortbestehender Verweigerung der gewünschten Auskunftserteilung im Falle eines Abänderungsantrages gestanden hätte.

Es bleibt dem Antragsgegner unbenommen, einen ihm als volljähriges, nicht mehr privilegiertes Kind zustehenden Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nach §§ 1601 ff, 1610 BGB im Rahmen eines Leistungsantrages unter Darlegung der diesbezüglichen Anspruchsvoraussetzungen durchzusetzen. Die mit der beabsichtigten Beschwerde angestrebte Aufrechterhaltung der Vollstreckbarkeit des auf den Minderjährigenunterhalt zugeschnittenen Alttitels ist jedenfalls nicht angezeigt und erscheint schon fast mutwillig. ..." (KG Berlin, Beschluss vom 13.07.2015 - 25 UF 57/15)

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Beim echten Wechselmodell steht den Kindeseltern das Kindergeld hälftig und es kann ein Ausgleich über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch erfolgen. Die isolierte Geltendmachung des Kindergeldausgleichs beim echten Wechselmodell ist zulässig (OLG Schleswig, Beschluss vom 21.01.2015 - 12 UF 69/14):

„... I. Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute; aus ihrer Ehe sind die drei Kinder M L, geb. am 20. Dezember 2000, N P, geb. am 8. Juni 2003, sowie R C, geb. am 16. März 2005, hervorgegangen. Die Kinder leben wöchentlich wechselnd in den Haushalten der Beteiligten, die sich gleichgewichtig die Erziehungs- und Versorgungsaufgaben teilen und sich einig sind, dass ein paritätisches Wechselmodell vorliegt. Keiner der Beteiligten zahlt Kindesunterhalt an den jeweils anderen.

Die Antragsgegnerin, die im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, bezieht für alle drei Kinder das Kindergeld iHv monatlich 184 €, 184 € und 190 €, zusammen 558 €.

Der Antragsteller, der die Antragsgegnerin entsprechend mit Schreiben vom 11. April 2013 aufgefordert hat, begehrt die Weiterleitung des hälftigen Kindergeldes durch die Antragsgegnerin an sich.

Der Antragsteller hat erstinstanzlich beantragt,

1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn 1.116,00 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 6. Dezember 2013 zu zahlen,
2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn ab August 2013 jeweils das hälftige Kindergeld für die Kinder M L E., geb. am 20. Dezember 2000, in Höhe von 92,00 €, für N P E., geb. am 8. Juni 2003, in Höhe von 92,00 € und für R C E., geb. am 16. März 2005, in Höhe von 95,00 € zu zahlen.

Die Antragsgegnerin hat erstinstanzlich beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Sie hat gemeint, dass keine Verpflichtung ihrerseits zur Weiterleitung des hälftigen Kindergeldes bestehe, weil die Unterhaltsfrage zwischen den Beteiligten noch nicht geklärt sei und das Kindergeld Teil dieses Unterhaltsanspruchs sei.

Darüber hinaus hat sie hilfsweise die Aufrechnung mit Zahlungen in Höhe von insgesamt 4.431,92 € im Zeitraum April 2013 bis Januar 2014 erklärt, welche sie für die Kinder aufgewandt habe; insoweit stehe ihr ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Antragsteller zu.

Das Familiengericht hat den Anträgen des Antragstellers in vollem Umfang stattgegeben. Der Anspruch folge aus §§ 430, 428 BGB, weil die Beteiligten als Gesamtgläubiger der Kindergeldansprüche anzusehen seien; im Verhältnis untereinander seien beide aufgrund hälftiger Kinderbetreuung und mangels anderweitiger Regelung je zur Hälfte berechtigt. Die Aufrechnung greife nicht durch, weil sich dem Vortrag der Antragsgegnerin - unabhängig von der fraglichen substantiierten Darlegung der Gegenforderungen - nicht entnehmen lasse, dass sie Leistungen erbracht habe, die über die von ihr ohnehin zu tragenden Leistungen hinausgegangen seien; außerdem sei sie hinsichtlich der Aufrechnungsforderungen - Anspruchsinhaber seien die Kinder, eine Verfahrensstandschaft nach § 1629 Abs. 3 BGB bestehe wegen des echten Wechselmodells nicht - nicht aktiv legitimiert.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Sie macht im Wesentlichen geltend:

Die Kosten für die Anschaffung von Kleidungsgegenständen und Schulbedarf sowie die Finanzierung der Hobbys der Kindern seien fast überwiegend von ihr bestritten worden, ohne dass eine Kostenerstattung stattgefunden habe. Diese Aufwendungen seien vom Kindergeld zu bestreiten.

Hilfsweise rechne sie weiterhin mit ihrer Erstattungsforderung gegenüber dem Antragsteller - im Zeitraum April 2013 bis Januar 2014 allein 4.431,92 € - auf. Die weiter anfallenden Lebenshaltungskosten der Kinder trage sie aufgrund des Wechselmodells im gleichen Umfang wie der Antragsteller.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts Schleswig vom 13. Januar 2014 abzuändern und den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.

Der Antragsteller hat keinen konkreten Antrag gestellt; aus seinem Schriftsatz vom 28. August 2014 ergibt sich aber, dass er den erstinstanzlichen Beschluss verteidigen will und konkludent beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung über die Beschwerde, die keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte, im schriftlichen Verfahren beabsichtigt sei, falls sie sich nicht einigen sollten, und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Einigung der Beteiligten ist nicht zustande gekommen.

II. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Familiengericht hat mit Recht den Anträgen des Antragstellers auf hälftigen Ausgleich der von der Antragsgegnerin empfangenen und von ihr künftig zu beziehenden Kindergeldbeträge stattgegeben.

a) Anspruchsgrundlage sind - anders als vom Familiengericht angenommen - allerdings nicht die §§ 428, 430 BGB, weil im Außenverhältnis zur Kindergeldstelle keine Gesamtgläubigerschaft des Antragstellers und der Antragsgegnerin besteht. Gemäß § 428 BGB setzt eine Gesamtgläubigerschaft voraus, dass mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt sind, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist; der Schuldner kann dann nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten. Das Kindergeld wird gemäß § 64 Abs. 1 EStG nur einem Berechtigten gezahlt. Abs. 2 dieser Vorschrift regelt, wer es bei Vorhandensein mehrerer Berechtigter erhält; danach bestimmen diese es untereinander, anderenfalls trifft auf Antrag das Familiengericht die Entscheidung. Es kann folglich bei Bestehen mehrerer Berechtigungen nicht jeder Berechtigte Leistung von der Kindergeldstelle verlangen, sondern nur derjenige, der - im Wege der Einigung oder durch das Gericht - bestimmt worden ist.

b) Der Anspruch eines Elternteils auf Ausgleich des dem anderen Elternteil gezahlten Kindergeldes ist aber ein Unterfall des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs, auch wenn hier nicht gezahlter Unterhalt, sondern eine vorweg genommene staatliche Sozialleistung ausgeglichen werden soll (vgl. Scholz in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 2 Rn. 769, 780 ff.; Bausch/Gutdeutsch/Seiler, FamRZ 2014, 258, 260).

aa) Auch wenn die bedarfsmindernde Anrechnung des Kindergeldes auf den Unterhalt nach § 1612 b Abs. 1 BGB seit 2008 einen besonderen Ausgleich des Kindergeldes regelmäßig entbehrlich macht (vgl. Scholz a.a.O. Rn. 769), gilt dies nicht für die vorliegende Fallkonstellation des echten Wechselmodells, bei dem sich beide Elternteile die Kinderbetreuung hälftig teilen, aber nur einer von ihnen das - volle - Kindergeld bezieht.

bb) Ein echtes Wechselmodell liegt nach der Rechtsprechung des BGH (zuletzt Beschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 599/13), der der Senat folgt, (nur) vor, wenn die Eltern sich in der Betreuung eines Kindes abwechseln, so dass jeder von ihnen etwa die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungsaufgaben wahrnimmt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend - unstreitig wöchentlicher Betreuungswechsel und gleichgewichtige Erziehung - gegeben.

cc) Zwar ist die Behandlung des Kindergeldes beim Wechselmodell im einzelnen umstritten; insbesondere besteht keine Einigkeit, ob bei minderjährigen Kindern gemäß § 1612 b Abs. 1 Nr. 2 BGB - es betreut nicht nur ein Elternteil, wie in § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB dem Wortlaut nach vorausgesetzt - das volle Kindergeld oder entsprechend § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB nur das hälftige Kindergeld zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu verwenden ist. Der Senat neigt der zweitgenannten Auffassung zu, weil keine Drittbetreuung stattfindet, sondern beide Elternteile hälftig betreuen (so z.B. auch Finke, FamFR 2013, 488; Bausch/Gutdeutsch/Seiler, FamRZ 2012, 258, 259; a.A. z.B. Klinkhammer in Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 2 Rdnr. 450). Diese Frage kann hier aber letztlich dahinstehen, weil Gegenstand des Verfahrens der isolierte Kindergeldausgleich und nicht die Berechnung des Gesamtunterhalts ist.

Bei dem Kindergeld handelt es sich um eine zweckgebundene staatliche Leistung für das Kind an die Eltern (BT-Drucks. 16/1830 S. 29); es kürzt den Bedarf des Kindes wie sonstiges Einkommen. Bei minderjährigen Kindern deckt es wegen der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsleistung gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB zur Hälfte den Barbedarf des Kindes und zur anderen Hälfte den Betreuungsbedarf (§ 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB). Das dem betreuenden Elternteil verbleibende Kindergeld ist deshalb z.B. in der Ehegattenunterhaltsberechnung nicht als dessen Einkommen anzusetzen, sondern ihm anrechnungsfrei zur Unterstützung seiner Betreuungsleistung zu belassen (vgl. nur Seiler in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 9. Aufl., 6. Kapitel Rn. 285 m.w.N.).

Da der Antragsteller die gemeinsamen Kinder hälftig betreut und auch Baraufwendungen durch die Unterhaltung der Kinder jedenfalls im Hinblick auf Wohn- und Verpflegungskosten hat, steht ihm die Hälfte des Kindergeldes, das entgegen § 1612 b BGB nur der Antragsgegnerin zugeflossen ist, intern zu und muss ein Ausgleich über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch erfolgen (vgl. Scholz a.a.O. Rn. 770).

Der Senat folgt nicht der Auffassung, es sei derjenige Kindergeldanteil durch den kindergeldberechtigten Elternteil an den einkommensstärkeren Elternteil zu überweisen, der prozentual dessen Unterhaltspflicht entspricht (so Schürmann in Sünderhauf, Vom starren Residenzmodell zum individuellen Wechselmodell, Schriftenreihe des ISUV, Band 7, 2013, S. 53, 60). Für die jeweils hälftige, nicht an Einkommen gebundene Anrechnung spricht nämlich der Sinn fingierter Gleichwertigkeit von Barunterhalt und Betreuung bei §§ 1606 Abs. 3 Satz 2, 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB; unterschieden durch pauschale Halbanrechnung wird nur zwischen den beiden Unterhaltsteilen Bar- und Betreuungsunterhalt, ohne dass das Einkommen Einfluss auf die Anrechnung hat (so auch Wohlgemuth a.a.O.).

c) Der Antrag des Antragstellers bleibt auch nicht deshalb ohne Erfolg, weil er den Kindergeldausgleich isoliert geltend macht. Die Zulässigkeit dieses Vorgehens ist umstritten:

aa) Nach einer Auffassung (OLG Dresden, FamRZ 2014, 1055 im Rahmen einer Beschwerdeentscheidung zu einer familiengerichtlichen Entscheidung über die Bestimmung des Kindergeldbezugsberechtigten nach § 64 EStG) ist die Frage, wer das Kindergeld ausgezahlt erhält, zwar im Rahmen eines die Aufwendungen beider Elternteile insgesamt berücksichtigenden Ausgleichs, der primär nach unterhaltsrechtlichen Maßstäben vorzunehmen sei, als Rechnungsposten in den Gesamtausgleich einzubeziehen; für eine Verpflichtung des kindergeldbezugsberechtigten Elternteils zur Auszahlung anteiligen Kindergeldes an den anderen Elternteil bestehe aber keine gesetzliche Grundlage.

bb) Die Gegenmeinung hält es für möglich, den Kindergeldausgleich auch isoliert, also ohne gleichzeitige Abrechnung des Gesamtunterhalts, geltend zu machen (so Wohlgemuth, FamRZ 2014, 84, 85; im Ergebnis auch OLG Düsseldorf, FamRZ 2014, 567, sowie auch Schürmann a.a.O.; für eine getrennte Abrechnung durch Weiterleitung des hälftigen Kindergeldes durch den Bezieher an den anderen Elternteil - ohne Abzug des Kindergeldes bei der Bedarfsermittlung - der 20. Deutsche Familiengerichtstag - Arbeitskreis 15).

cc) Der Senat folgt der zweitgenannten Auffassung. Die Bedenken der ersten Meinung hinsichtlich der nicht gegebenen Anspruchsgrundlage teilt der Senat nicht, weil der Ausgleich - wie auch der unterhaltsrechtliche Gesamtausgleich - über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch erfolgen kann. Zwar hält auch der Senat grundsätzlich einen Gesamtausgleich einschließlich des Kindergeldes für praktisch und sinnvoll; wenn aber - wie hier - ein Gesamtausgleich und damit eine unterhaltsrechtliche Abrechnung des Kindergeldes von beiden Elternteilen (jedenfalls bislang) nicht geltend gemacht wird, muss eine isolierte Durchsetzung möglich sein; anderenfalls würde das Verfahren unnötig erweitert. Ob dies auch gilt, wenn bereits ein Gesamtausgleich anhängig ist, braucht hier nicht entschieden zu werden.

Dem steht auch nicht der Gedanke des § 1612 b BGB, wonach das Kindergeld primär unterhaltsrechtlich abgerechnet wird, entgegen. Im Normalfall, dass ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung erfüllt und der andere barunterhaltspflichtig ist, stellt sich die Frage des Ausgleichs nicht, solange der betreuende Elternteil das Kindergeld bezieht, weil es hälftig auf die Barunterhaltspflicht des anderen Elternteils angerechnet wird. Es gibt aber in dieser Konstellation Ausnahmefälle, z.B. nach einem Obhutswechsel des Kindes, in denen ein Ausgleich des Kindergeldes zu erfolgen hat. Dies ist auch zulässig, weil das Kindergeld nicht Teil des Kindesunterhalts ist und daher auch keinen bloß unselbständigen Rechnungsposten in der möglichen Gesamtabrechnung darstellt.

Die isolierte Geltendmachung führt auch nicht zu einem unbilligen Ergebnis. Sollte der andere Elternteil im Anschluss an den isolierten Kindergeldausgleich noch einen Gesamtausgleich geltend machen, könnte und müsste die Entscheidung zum Kindergeldausgleich in der dortigen Abrechnung berücksichtigt werden und das Kindergeld bei beiden Elternteilen als erhaltene Leistung in die Abrechnung eingestellt werden.

d) Gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 258 ZPO ist eine Verpflichtung zum Ausgleich auch für die Zukunft möglich.

e) Die Berechnungen des Familiengerichts zur Höhe der Kindergeldausgleichsverpflichtung sind nicht angegriffen und lassen Fehler jedenfalls zu Lasten der beschwerdeführenden Antragsgegnerin nicht erkennen. Das Kindergeld beträgt für die beiden ersten Kinder monatlich 184 € und für das dritte Kind 190 €, woraus sich monatlich Ausgleichsbeträge von zweimal 92 € und einmal 95 € ergeben. Für die Vergangenheit, d.h. den Zeitraum Mai bis Juli 2013, sind, obwohl es sich eigentlich um fünf Monate handelt, lediglich viermal 279 € = 1.116 € geltend gemacht und auch zuerkannt.

f) Die Hilfsaufrechnung der Antragsgegnerin mit behaupteten monatlichen Mehraufwendungen greift nicht durch, weil trotz entsprechenden Hinweises nicht dargetan ist, in welchem Verhältnis die Kindeseltern zum Barunterhalt der Kinder beizutragen haben; es ist nämlich zu den Einkünften der Antragsgegnerin nicht vorgetragen. Schon aus diesem Grund kann von etwaigen Mehraufwendungen im Verhältnis zum Antragsteller, der nach den vorgelegten Einkommensunterlagen wohl nur knapp über dem notwendigen Selbstbehalt liegen dürfte, nicht auf eine Berechtigung geschlossen werden, das volle Kindergeld nach eigenem Belieben einzusetzen.

2. Der Senat hat nach entsprechendem Hinweis an die Beteiligten ohne erneute mündliche Verhandlung, von der hinsichtlich der entscheidungsrelevanten rechtlichen Fragen keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten waren, entschieden (§§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Wertfestsetzung auf § 51 FamGKG.

4. Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde zu, weil die Frage der Zulässigkeit des isolierten Kinderausgleichs im echten Wechselmodell zum einen grundsätzliche Bedeutung hat und zum anderen streitig und höchstrichterlich noch nicht geklärt ist (§ 70 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FamFG). ..."

***

Zum familienrechtlichen Ausgleichsanspruch eines Elternteils, der nach seiner Verpflichtung zur Leistung von Barunterhalt in einer Jugendamtsurkunde die Betreuung der Kinder übernommen hat. (OLG Nürnberg, Beschluss vom 24.10.2012 - 7 UF 969/12):

„... 1. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch gegenüber dem anderen Elternteil für Fälle anerkannt, in denen ein Elternteil (allein) für den Unterhalt eines gemeinsamen ehelichen Kindes aufgekommen ist, obwohl (auch) der andere Elternteil dem Kind unterhaltspflichtig war (vgl. etwa BGH FamRZ 1994, 1102, 1103).

Im vorliegenden Fall ist von der Antragsgegnerin nicht bestritten, dass der Antragsteller im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.10. bis 22.12.2011 für einen monatlichen Barunterhalt des Kindes S. von 334,-- € aufgekommen ist, der sich für den gesamten Zeitraum auf die beanspruchten 912,93 € beläuft.

2. Weitere Voraussetzung für das Bestehen des vom Antragsteller geltend gemachten Ausgleichsanspruchs ist nach der Rechtsprechung des BGH, dass der den Unterhalt leistende Elternteil, also der Antragsteller, mit seiner Leistung eine im Innenverhältnis der Eltern zueinander dem anderen Elternteil, also der Antragsgegnerin, gegenüber dem Kind obliegende Verpflichtung erfüllt hat (vgl. etwa BGH a.a.O.).

In seiner Rechtsprechung geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass diese Voraussetzung nicht gegeben ist, wenn der vom zahlenden Elternteil geleistete Barunterhalt einer in einem rechtskräftigen Urteil festgestellten Unterhaltsverpflichtung dieses Elternteils entspricht.

Der Bundesgerichtshof hat diese den Ausgleichsanspruch einschränkende Voraussetzung in einem Urteil vom 20.5.1981 (FamRZ 1981, 761) in einem Fall entwickelt, in dem es um die im Vorfeld der fraglichen Unterhaltsleistungen in einem Urteil rechtskräftig festgestellten Anteile der Haftung der Eltern für den Unterhalt volljähriger Kinder ging.

Er hat dazu ausgeführt, dass der Ausgleichsanspruch nicht dazu bestimmt sei, gerichtlich festgesetzte Unterhaltsverpflichtungen, die auf einer Abwägung der Leistungsfähigkeit beider Eltern beruhen, durch einen Ausgleich von Unterhaltsanteilen im Verhältnis der Eltern zueinander abzuändern. Sei über den Haftungsanteil eines Elternteils in einem Unterhaltsrechtsstreit zwischen diesem und dem unterhaltsberechtigten Kind rechtskräftig entschieden, solle dieser Anteil nach dem Willen des Gesetzgebers nur unter den Voraussetzungen einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO erneut zur Entscheidung gestellt werden. Es würde dem in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommenden Bestreben nach Wahrung der Rechtssicherheit widersprechen, wenn ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch zugelassen würde, mit Hilfe dessen der im Unterhaltsprozess zur Zahlung verurteilte Elternteil geltend machen könne, das Unterhaltsurteil sei von einer unrichtigen Bemessung der Haftungsanteile der Eltern an der gemeinsamen Unterhaltsschuld ausgegangen.

In einem weiteren Urteil vom 25.5.1994 (FamRZ 1994, 1102) hat sich der BGH zu einem Fall geäußert, in dem, wie im vorliegenden, ein minderjähriges Kind geschiedener Eltern seinen Aufenthalt von der Mutter zum Vater verändert hatte, der durch ein Urteil aus der Zeit, als das Kind noch bei der Mutter lebte, zur Leistung von Barunterhalt an das Kind verpflichtet worden war.

In den Gründen seiner Entscheidung hat der BGH auch in diesem Fall ausgeführt, dass im Verhältnis zu dem unterhaltsberechtigten Kind der Vater mit den erbrachten Barleistungen seiner eigenen rechtskräftig festgestellten Unterhaltsverpflichtung nachgekommen sei und deshalb insoweit nicht anstelle der Mutter eine Unterhaltsverbindlichkeit erfüllt habe, die dieser gegenüber der Tochter oblegen hätte.

Auch in dem zu entscheidenden Fall sei die Frage der Barunterhaltspflicht, die bereits Gegenstand des früheren Unterhaltsrechtsstreit zwischen dem Kind und dem Vater war, nur unter den Voraussetzungen und auf dem Weg des § 323 ZPO erneut zur Entscheidung zu stellen. Dies gelte auch für den Fall des Überwechselns des Kindes von einem zum anderen Elternteil. Berücksichtigt werden müsse in diesem Zusammenhang auch, dass ein Urteil gemäß § 323 Abs. 3 ZPO nur für die Zeit nach Rechtshängigkeit der Abänderungsklage abgeändert werden dürfe und diese Bestimmung leerliefe, wenn bereits eine wesentliche Änderung der Verhältnisse als solche zur Bejahung eines familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs des zu Barunterhaltsleistungen verurteilten Elternteils gegenüber dem anderen führen würde. Es hätte deshalb auch in dem vom BGH entschiedenen Fall zunächst einer Klage des Vaters auf Abänderung des früheren Urteils bedurft, wenn der Vater von der Mutter Ersatz für von ihm über die Betreuung hinaus erbrachte Barleistungen verlangen wolle.

Kritisiert wird diese Entscheidung etwa von Scholz in Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 2 RdNr. 785, der darauf hinweist, dass der Elternteil, zu dem das Kind wechselt, das damit verbundene Erlöschen seiner Barunterhaltspflicht durch einen Vollstreckungsgegenantrag nach § 767 ZPO geltend machen kann und muss, der nicht den Einschränkungen des § 238 Abs. 3 FamFG unterliege. Im Hinblick darauf bestehe keine Grund, dem Elternteil, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen und es unterhalten habe, den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch gegen den anderen Elternteil zu versagen.

Im vorliegenden Fall war die Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers gegen S. im Jahr 2010 abweichend von den vom BGH entschiedenen Fällen nicht durch eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung, sondern in einer Jugendamtsurkunde, festgelegt.

Zwar ist diese Jugendamtsurkunde - ebenso wie eine gerichtliche Entscheidung - ein vollstreckbarer Titel (vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO), der bei einer Veränderung der zugrundliegenden Umstände zu Gunsten des Unterhaltspflichtigen von diesem im Wege eines Antrages nach § 239 ZPO abzuändern ist (vgl. etwa BGH FamRZ 2011, 1041 ff.) bzw. gegen den, wohl auch bei dem hier vorliegenden Entfallen der Barunterhaltspflicht des Antragstellers wegen der Aufenthaltsnahme des Kindes bei ihm, im Wege eines Vollstreckungsgegenantrages vorzugehen ist.

Allerdings kommt dieser Urkunde, anders als einer gerichtlichen Entscheidung, keine Rechtskraftwirkung zu, um deren Schutz es dem BGH mit der wiedergegebenen Argumentation in den genannten Entscheidungen offensichtlich geht. Außerdem würde auch dann, wenn man, wie offenbar der BGH in seiner Entscheidung vom 25.5.1994, davon ausgehen würde, dass auch ein Entfallen der Barunterhaltspflicht aufgrund des Aufenthaltswechsels des Kindes im Wege eines Abänderungsantrages geltend zu machen ist, für diesen die Zeitschranke des § 238 Abs. 3 FamFG nicht gelten (vgl. dazu etwa Zöller/Lorenz, ZPO, 29. Aufl., § 239 FamFG Rdnr. 3), die der BGH in der genannten Entscheidung - bezogen auf § 323 Abs. 3 ZPO - ebenfalls als Argument für seine Auffassung herangezogen hat.

Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass die Existenz der Jugendamtsurkunde und auch der Umstand, dass die Antragsgegnerin vor oder auch während des streitgegenständlichen Zeitraums nicht zur Herausgabe der Jugendamtsurkunde, sondern (mit den Schreiben des Jugendamtes vom 19.9. und 17.11.2011) „nur" zu Unterhaltszahlungen bzw. entsprechender Auskunft aufgefordert wurde, der Annahme, dass der Antragsteller im vorliegenden Fall mit der - angesichts der ausbleibenden Zahlungen der Antragsgegnerin notgedrungenen - Übernahme des Barunterhalts für das Kind S. eine Verbindlichkeit erfüllt hat, die sich im Verhältnis zum Kind als Verpflichtung der Antragsgegnerin darstellt, nicht entgegensteht.

Dass die Antragsgegnerin im fraglichen Zeitraum für den Mindestunterhalt in Höhe von 334,-- € leistungsfähig und angesichts des Aufenthalts des Kindes beim Vater materiell-rechtlich damit gemäß §§ 1601, 1603 BGB unterhaltspflichtig war, wird von ihr ebenso wenig bestritten, wie die Bedürftigkeit von S.

3. Insbesondere im Termin vom 10.10.2012 hat der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin seine Beschwerde schwerpunktmäßig darauf gestützt, dass der Antragsteller seine Absicht, von der Antragsgegnerin für die von ihm erbrachten Unterhaltsaufwendungen für S. Ersatz verlangen, - auch durch die Schreiben des Jugendamtes vom 19.9. und 17.11.2011 - nicht hinreichend deutlich gemacht habe.

Auf der Grundlage des - gemäß § 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB auch für die Zeit der Trennung der Eheleute maßgeblichen - Regelung in § 1360 b BGB, dass dann, wenn ein Ehegatte zum Unterhalt der Familie einen höheren Betrag leistet, als ihm obliegt, im Zweifel anzunehmen ist, dass er nicht beabsichtigt, dafür vom anderen Ehegatten Ersatz zu verlangen, hat der BGH in einer Entscheidung vom 26.6.1968 (vgl. FamRZ 1968, 450, 451) für einen Fall zwischen noch verheirateten, getrenntlebenden Elternteile den Nachweis einer von vorneherein bestehenden Absicht, vom anderen Elternteil die Erstattung von erbrachten Kindesunterhalt zu verlangen, als Voraussetzung für einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch aufgestellt.

Ob der positive Nachweis einer entsprechenden Absicht und deren Kundgabe vor oder während der Übernahme der Unterhaltsleistungen durch den für den Unterhalt aufkommenden Elternteil auch dann erforderlich ist, wenn die Elternteile, wie im vorliegenden Fall, im fraglichen Zeitraum bereits geschieden waren und § 1360 b BGB deshalb nicht mehr (direkt) anwendbar ist, hat der BGH in der Folgezeit in Entscheidungen vom 20.5.1981 (unter II. 3, FamRZ 1981, 761, 762), vom 26.4.1989 (unter II. 4 a), FamRZ 1989, 850, 852) und vom 25.5.1994 (unter II. 2), FamRZ 1994, 1102, 1103) offengelassen.

Ob auch im vorliegenden Fall eine entsprechende Absicht und deren Kundgabe vorliegen muss, braucht nicht abschließend entschieden zu werden.

Nach Auffassung des Senats wird im vorliegenden Fall nämlich bereits aus dem Schreiben des Jugendamtes vom 19.9.2011 an die Antragsgegnerin, in dem im Hinblick auf einen Unterhaltsanspruch des - zwischenzeitlich beim Antragsteller lebenden - Kindes S. Auskunft über das Einkommen verlangt wird, deutlich, dass der Antragsteller das Jugendamt wegen des Unterhaltsanspruchs des Kindes gegen die Antragsgegnerin aufgesucht hat und das Jugendamt zur Unterstützung auch des Antragstellers gehandelt hat. Mit diesem Schreiben war für die Antragsgegnerin deutlich gemacht, dass nach dem Wechsel des Kindes zum Vater sie für den Kindesunterhalt in Anspruch genommen werden sollte und damit auch davon ausgegangen wurde, dass nicht mehr, wie in der Jugendamtsurkunde, der Vater, sondern sie als dem Grunde nach barunterhaltspflichtig angesehen wurde.

Bereits mit diesem Schreiben war damit nach Auffassung des Senates hinreichend klar gemacht, dass für den - dann tatsächlich eingetretenen - Fall, dass die Antragsgegnerin keinen Kindesunterhalt leisten würde, der Antragsteller diesen Unterhalt nicht mehr auf der Grundlage der Jugendamtsurkunde, sondern für die Antragsgegnerin erbringt.

Wird, wie im vorliegenden Fall, ein familienrechtlicher Anspruch für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum geltend gemacht, besteht ein solcher, wie ein Anspruch auf rückständigen Kindesunterhalt, nur in den Grenzen des § 1613 BGB (vgl. dazu Palandt/Brudermüller, BGB, 71. Aufl., § 1606 RdNr. 18 m.w.N.). Insoweit reicht es nach allgemeiner Meinung allerdings aus, dass die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB für den fraglichen Kindesunterhalt vorliegen (vgl. Palandt, a.a.O., BGH, NJW 1989, 2816, und Scholz, a.a.O., § 2 RdNr. 783).

Die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB sind im vorliegenden Fall für den gesamten maßgeblichen Zeitraum ab dem 1.10.2011 erfüllt, da davon ausgegangen werden kann, dass das insoweit tatbestandsmäßige Auskunftsbegehren des Jugendamtes vom 19.9.2011 der Antragsgegnerin noch im September 2011 zugegangen ist.

5. Da damit die Voraussetzungen des geltend gemachten Ausgleichsanspruchs vorliegen und auch die zugesprochene Zinsforderung begründet ist, war die Beschwerde der Antragsgegnerin als unbegründet zurückzuweisen. ..."

***

Ob eine auf den Kindesunterhalt gerichtete Leistungsklage mutwillig im Sinne von § 114 ZPO ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere danach, ob der Unterhaltsberechtigte dem Unterhaltsverpflichteten durch Erfüllung der ihn treffenden Auskunfts- und Belegpflichten gem. § 1605 BGB zeitlich vor der gerichtlichen Inanspruchnahme die Möglichkeit der kostenfreien Titulierung des Kindesunterhalts durch Errichtung einer Jugendamtsurkunde eröffnet hat (im Anschluss an OLG Hamm, 2. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 11. Dezember 2007, 2 WF 227/07, FamRZ 2008, 1260 f.; OLG Hamm, Beschluss vom 27.03.2012 - 9 WF 33/12):

„... Allerdings scheitert die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe nicht an den fehlenden Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung, sondern daran, dass das Vorgehen der Antragstellerin mutwillig erscheint. Mutwillig ist eine Rechtsverfolgung dann, wenn ein Verfahrensbeteiligter, die die Kosten der Verfahrensführung aus eigenen Mitteln aufzubringen hätte, seine Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 114 Rn. 30), insbesondere wenn er den erhobenen Anspruch, unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände des Einzelfalls, nicht oder nur zum Teil gerichtlich geltend machen würde. Das ist bei einer Leistungsklage auf den Kindesunterhalt zum Beispiel dann der Fall, wenn der Kindesunterhalt ganz oder teilweise freiwillig gezahlt wird und der Berechtigte nicht versucht, den Verpflichteten insoweit zu einer kostenfreien Titulierung in einer Jugendamtsurkunde gem. § 60 SGB VIII zu veranlassen, sondern unmittelbar den Rechtsweg vor dem Familiengericht beschreitet und damit Kosten verursacht, die bei vernünftiger Betrachtung nicht notwendig gewesen wären (vgl. OLG Hamm FamRZ 2008, 1260).

Das Verhalten der Antragstellerin erfüllt die Voraussetzungen, unter denen die Rechtsverfolgung mutwillig erscheint.

a) Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner den begehrten Kindesunterhalt während des gesamten Anspruchszeitraums ab Juli 2011 freiwillig gezahlt hat. Das folgt aus seiner mit Schriftsatz vom 24.2.2011 zu den Akten gereichten Kontenübersicht und aus der Erklärung der Antragstellerin vom 6.2.2012 mit dem Inhalt, dass Rückstände betreffend den Kindesunterhalt nicht bestehen.

b) Zwar hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 15.7.2011 vorgerichtlich Auskunft über die Höhe ihrer Ausbildungsvergütung erteilt und den Antragsgegner vergeblich zur Titulierung der von ihr geltend gemachten Unterhaltsforderung durch Errichtung einer kostenfreien Jugendamtsurkunde aufgefordert.

Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass der Antragsgegner vorgerichtlich von dem ihm gem. § 1605 I 2 BGB zustehenden Recht zur Belegvorlage Gebrauch gemacht und die Antragstellerin mit Schreiben vom 27.7.2011 vergeblich zur Vorlage ihres Ausbildungsvertrages zum Nachweis der Höhe ihrer Einkünfte aufgefordert hat. Unter diesen Umständen erscheint die Aufforderung der Antragstellerin zur Errichtung einer Jugendamtsurkunde nicht ausreichend, um dem Antragsgegner einen kostengünstigeren Weg zur Titulierung des Kindesunterhalts zu ermöglichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Titulierung der Unterhaltsschuld nur in Höhe des tatsächlich geschuldeten Kindesunterhalts besteht. Zur Feststellung der Höhe des geschuldeten Unterhalts ist die zuverlässige Kenntnis von der Höhe der bedarfsdeckenden Einkünfte des unterhaltsberechtigten Verwandten erforderlich. Diesem Zweck dient die Belegpflicht in § 1605 I 2 BGB, die dann entsteht, wenn der Unterhaltsverpflichtete von seinem damit korrespondierenden Recht Gebrauch macht. Gründe für die Nichterfüllung ihrer Verpflichtung zur Vorlage des vom Antragsgegner begehrten Ausbildungsvertrages hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass ihr die Vorlage des Ausbildungsvertrages nicht möglich war.

Ein Beteiligter, der die Kosten der Verfahrensführung aus eigenen Mitteln aufzubringen hätte, hätte daher seine Verpflichtung aus § 1605 I 2 BGB zur Vorlage der verlangten Einkommensbelege zeitlich vor der gerichtlichen Inanspruchnahme des Unterhaltsschuldners erfüllt, um ihn in die Lage zu versetzen, die Höhe des geschuldeten Unterhalts zuverlässig zu ermitteln und auf dieser Grundlage einen kostenfreien Titel zu errichten, ohne dass die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe erforderlich wird. Diesen Anforderungen genügt das Verhalten der Antragstellerin nicht, denn sie hat ihren Ausbildungsvertrag erst mit der Einreichung des Verfahrenskostenhilfegesuchs am 22.10.2011 vorgelegt, mithin zu einem Zeitpunkt, in welchem Kosten für die gerichtliche Inanspruchnahme des Antragsgegners bereits entstanden waren. ..."

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Im Mangelfall ist ein Mehrbedarf des Kindesunterhalts gegenüber dem Mindestbedarf subsidiär und findet daher zunächst keinen Eingang in eine Mangelfallberechnung. Beim Zusammentreffen von Unterhaltsansprüchen minderjähriger und privilegiert volljähriger Kinder errechnet sich auch im Mangelfall die Anteilshaftung für das privilegiert volljährige Kind ohne Vorwegabzug des den minderjährigen Kindern geschuldeten Unterhalts (OLG Stuttgart, Beschluss vom 07.03.2012 - 11 UF 331/11).

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Die Berechtigung zur Forderung rückständigen Unterhalts auf Grund eines Auskunftsverlangens nach § 1613 Abs. 1 BGB (sog. Verzugswirkung) tritt unabhängig davon ein, ob im Zeitpunkt des Auskunftsverlangens ein Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB bestand oder nicht. Der Einwand der Verwirkung nach § 1579 BGB führt grundsätzlich nicht zur Versagung der Verfahrenskostenhilfe für den Unterhaltsberechtigten, weil die Feststellung der Rechtsfolgen der Verwirkung eine umfassende Billigkeitsabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der Interessen eventuell vorhandener minderjähriger Kinder voraussetzt, die in der Regel schon im summarischen Verfahren vorgenommen werden kann (OLG Hamm, Beschluss vom 17.11.2011 - 2 WF 129/11 zu §§ 1361, § 1579 Nr 7, 1605, 1613 I BGB).

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Im Rahmen der Beurteilung der Frage, ob elternbezogene Gründe eine Fortdauer des Betreuungsunterhaltsanspruchs gebieten können, ist der Aufwand für die Erledigung der hauswirtschaftlichen Aufgaben durch den betreuenden Elternteil außer Betracht zu lassen, denn die Erfüllung dieser häuslichen Pflichten ist Teil des nach § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB vom betreuenden Elternteil dem Kind geschuldeten Naturalunterhalt, der das Gegenstück zum Barunterhalt ist, den der andere Elternteil dem Kind schuldet. Kosten für eine Berufsunfähigkeitsversicherung sind vom unterhaltsrelevanten Einkommen absetzbar, weil sie der Sicherung des Erwerbseinkommens des Unterhaltsverpflichteten im Falle der Krankheit - und damit in diesem Falle auch dem Unterhaltsberechtigten - dienen, ohne daß jener auf Kosten dieses eigenes Vermögen bildet (im Anschluß an BGH FamRZ 2009, 1207 = FuR 2009, 530). Die dem Unterhaltsverpflichteten obliegende Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts führen können, umfaßt auch den Umstand, daß dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 BGB entstanden sind. Allerdings erfährt diese Darlegungs- und Beweislast Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen (im Anschluß an BGH FamRZ 2010, 875 = FuR 2010, 398; OLG Saarbrücken, Urteil vom 12.05.2010 - 6 UF 132/09 zu BGB §§ 1570, 1578b, 1606 Abs. 3):

„... Die zulässige Berufung ist teilweise begründet und führt zur Herabsetzung bzw. zum Wegfall der erstinstanzlich titulierten Unterhaltsrenten für den Zeitraum von September 2008 bis Mai 2009. Für den Zeitraum ab Juni 2009 bleibt die Berufung hingegen ohne Erfolg.

Die Klägerin ist infolge der am 25. November 2009 erfolgten Rückübertragung ihrer zuvor teilweise auf die ARGE N. übergegangenen Unterhaltsansprüche nach dem sich zweitinstanzlich darbietenden Sachstand auch für den Zeitraum vor Rechtshängigkeit der Klage prozeßführungsbefugt und aktivlegitimiert. Daher kommt es nicht mehr darauf an, daß das Familiengericht die Klägerin zu Unrecht auch für die Zeit von März bis Mai 2009 bezüglich des vollen Unterhaltsanspruchs als prozeßführungsbefugt und aktivlegitimiert angesehen hatte, obwohl die Klage erst am 25. Mai 2009 rechtshängig geworden ist (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO), so daß im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung die Regelung des § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO erst für die Unterhaltsansprüche ab Juni 2009 Anwendung finden konnte (vgl. dazu BGH FamRZ 1995, 1131 = EzFamR ZPO § 265 Nr. 1 = BGHF 9, 1197).

Mit Erfolg beanstandet der Beklagte, daß das Familiengericht den Unterhaltsanspruch der Klägerin auf § 1570 BGB gestützt hat, weil es diese noch nicht zur Aufnahme einer Vollerwerbstätigkeit verpflichtet angesehen hat, denn der Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt beruht allein auf § 1573 Abs. 2 BGB.

Nach § 1570 BGB in der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung (BGBl 2007 I 3189) kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht; dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1570 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB). Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 2 BGB). Damit hat der Gesetzgeber einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann (BGH FamRZ 2010, 802 = FuR 2010, 401). Zugleich wird aber nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes regelmäßig kein abrupter Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollerwerbstätigkeit verlangt; vielmehr kann nach Maßgabe der im Gesetz genannten - und vorrangig zu prüfenden - kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 S. 3 BGB) und - nachrangig zu berücksichtigenden - elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründe ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich sein (BGH FamRZ 2009, 1391 = FuR 2009, 577 mwN; Senatsurteil ZFE 2010, 113 mwN).

Der Unterhaltsberechtigte trägt allerdings die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus. Er hat also darzulegen und zu beweisen, daß - vorrangig zu prüfende - kindbezogene Gründe einer Vollerwerbstätigkeit entgegen stehen, weil keine kindgerechte Einrichtung für die Betreuung des gemeinsamen Kindes zur Verfügung steht, oder aus besonderen Gründen eine persönliche Betreuung erforderlich ist. Auch Umstände, die aus elternbezogenen Gründen zu einer eingeschränkten Erwerbspflicht und damit zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts führen können, hat der Unterhaltsberechtigte darzulegen und zu beweisen (BGH FamRZ 2008, 1739 = FuR 2008, 485; 2009, 770 = FuR 2009, 391; 2009, 1391 = FuR 2009, 577, sowie - zu § 1615l BGB FamRZ 2010, 357 = FuR 2010, 217). Die Klägerin hat solche kind- oder elternbezogene Gründe, die der Aufnahme einer Vollerwerbstätigkeit durch sie entgegenstehen, schon nicht hinreichend substantiiert dargetan.

Der Gesetzgeber hat mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres grundsätzlich den Vorrang der persönlichen Betreuung und der ständigen Verfügbarkeit eines Elternteils gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben, weshalb die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten (Fremd-)Betreuungsmöglichkeit erst dort ihre Grenze findet, wo die Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist (BGH FamRZ 2009, 770 = FuR 2009, 391; 2010, 357 = FuR 2010, 217).

Unstreitig bestand für A. im letzten Grundschuljahr bis 16 Uhr und besteht seit seinem Wechsel auf das Gymnasium bis 16.30 Uhr eine Fremdbetreuungsmöglichkeit. Für die Zeit danach hat die Klägerin selbst vorgetragen, daß sie auf die Großmutter des Kindes oder den Beklagten als Betreuungsperson zurückgreifen kann. Außer Streit steht ferner, daß A. intellektuell und sozial gut entwickelt ist (vgl. dazu BGH FamRZ 2010, 357 = FuR 2010, 217). Daß eine begabungs- und entwicklungsgerechte Betreuung des Kindes in den Zeiten der berufsbedingten Abwesenheit der Klägerin nicht gesichert sei, hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen, zumal das Kind unstreitig auf dem Gymnasium erfreuliche Leistungen zeigt. Sie ist auch dem Vortrag des Beklagten nicht gehaltvoll entgegen getreten, daß das Kind alleine oder vom Beklagten begleitet zu sportlichen Aktivitäten gehen kann.

Auch elternbezogene Gründe, die eine Fortdauer des Betreuungsunterhaltsanspruchs der Klägerin jedenfalls über August 2008 hinaus gebieten könnten, liegen nicht vor. Zwar ist der Gedanke nachehelicher Solidarität zu berücksichtigen (vgl. dazu BGH FamRZ 2009, 1391 = FuR 2009, 577, und - zu § 1615l Abs. 2 S. 5 BGB - BGH FamRZ 2010, 357 = FuR 2010, 217). Auch darf die vom Unterhaltsberechtigten verlangte Vollerwerbstätigkeit neben dem nach der anderweitigen Erziehung und Betreuung des Kindes verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des Unterhaltsberechtigten führen (BGH FamRZ 2008, 1739 = FuR 2008, 485 = EzFamR BGB § 1570 Nr. 13; 2009, 770 = FuR 2009, 391; 2009, 1124 = FuR 2009, 44; 2009, 1391 = FuR 2009, 577).

Dabei ist nach der Rechtsprechung beider Familiensenate des Oberlandesgerichts Saarbrücken allerdings der Aufwand für die Erledigung der rein hauswirtschaftlichen Aufgaben durch den betreuenden Elternteil außer Betracht zu lassen, denn die Erfüllung dieser häuslichen Pflichten ist Teil des nach § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB vom betreuenden Elternteil dem Kind geschuldeten Naturalunterhalts, der das Gegenstück zum Barunterhalt ist, den der andere Elternteil dem Kind schuldet (Senatsurteil ZFE 2010, 113; OLG Saarbrücken [9. ZS], Urteil vom 14. April 2010 - 9 UF 117/09 - n.v.; vgl. dazu auch Viefhues, FamRZ 2010, 2249, 2252 mwN; ders. jurisPR-FamR 22/2009, Anm. 1). Stets zu beachten ist ferner, daß die gesetzliche Regel, wonach der Betreuungsunterhalt grundsätzlich nur für drei Jahre geschuldet ist, und eine Verlängerung über diesen Zeitraum hinaus ausdrücklich begründet werden muß, nicht in ihr Gegenteil verkehrt werden darf (BGH FamRZ 2008, 1739 = FuR 2008, 485 = EzFamR BGB § 1570 Nr. 13, und - zu § 1615l Abs. 2 S. 5 BGB - BGH FamRZ 2010, 357 = FuR 2010, 217).

Die Ehedauer betrug hier acht Jahre acht Monate und war daher nicht lang, wobei die räumliche Trennung der Parteien schon im November 2005 erfolgt ist. Die von der Klägerin verlangte Vollerwerbstätigkeit führt im Lichte des Vorgesagten und bei den hier gegebenen Umständen auch neben dem ihr verbleibenden Anteil an der Betreuung des Kindes nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung der Klägerin, zumal sie nur ein einziges Kind betreut, das bereits zu Beginn des Unterhaltszeitraums fast zehn Jahre alt war. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, daß das neue Unterhaltsrecht und die damit einhergehende Abkehr vom Altersphasenmodell erst am 1. Januar 2008 eingesetzt hat, besteht bei den vorliegenden Gegebenheiten kein Anlaß, der Klägerin eine längere Übergangsfrist als acht Monate zuzubilligen, um eine vollschichtige Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

Das Maß des hiernach bestehenden Aufstockungsunterhaltsanspruchs der Klägerin bestimmt sich nach den - wandelbaren - ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB, vgl. BGH FamRZ 2008, 968 = FuR 2008, 297 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 67; 2009, 411 = FuR 2009, 159; 2010, 111 = FuR 2010, 164; 2010, 802 = FuR 2010, 401 mwN). Diese sind hier von den Einkünften des Beklagten und dem Einkommen geprägt, das die Klägerin erzielen könnte, wenn sie ihrer Erwerbsobliegenheit ordnungsgemäß nachkäme (vgl. hierzu - grundlegend - BGH FamRZ 2001, 986 = FuR 2001, 306 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 53 = BGHF 12, 1105; vgl. auch BGH FamRZ 2008, 968 = FuR 2008, 297 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 67).

Im Rahmen der Einkommensermittlung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der der Senat folgt, bei abhängig Beschäftigten (wie hier dem Beklagten) auf das von diesem im jeweils (gegebenenfalls zuletzt) abgeschlossenen und vollständig dokumentierten Kalenderjahr erzielte Einkommen abzustellen (vgl. BGH FamRZ 1983, 996 = BGHF 3, 1182; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rdn. 50; Eschenbruch/Mittendorf, Unterhaltsprozeß 5. Aufl. Kap. 6 Rdn. 3 und 8). Hiernach sind für den Zeitraum September bis Dezember 2008 die im Gesamtjahr 2008, für den Zeitraum Januar bis Dezember 2009 und ab Januar 2010 fortschreibend die im Jahre 2009 vom Beklagten erzielten Einkünfte heranzuziehen.

Der Beklagte hat bei der Firma B. R. AG im Jahre 2008 ausweislich des in der Gehaltsbescheinigung für Dezember 2008 samt Rückrechnung enthaltenen Jahressammlers die folgenden monatlichen Nettoeinkünfte erzielt:

Bruttojahreseinkommen 35.188,40 €
./. Lohnsteuer 6.540,81 €
./. Solidaritätszuschlag 321,79 €
./. Kirchensteuer 468,13 €
./. Krankenversicherung 2.393,81 €
./. Rentenversicherung 3.242,37 €
./. Arbeitslosenversicherung 537,66 €
./. Pflegeversicherung 283,46 €
./. Arbeitskammer gemäß sämtlichen Monatsgehaltsbescheinigungen für 2008 samt Rückrechnungen, Summe 47,28 €
Summe netto 21.353,09 €, monatlich netto also 1.779,42 €.

Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen ist ferner das von dem Beklagten im Zeitraum vom 16. April bis zum 25. Juli 2008 bezogene Krankengeld, da es Lohnersatzfunktion hat (s. BGH FamRZ 1994, 372 = EzFamR BGB § 1603 Nr. 21 = BGHF 8, 1423; Wendl/Dose, aaO § 1 Rdn. 84). Der Bestätigung der B. BKK vom 15. Dezember 2008 zufolge wurde es in Höhe von 4.784,25 € - steuerfrei und bereits um Sozialabgaben bereinigt - an den Beklagten ausgezahlt; auf den Monat umgelegt ergeben sich 398,69 €. Bei der Firma Be. hat der Beklagte schließlich in 2008 gemäß dem in der Dezemberabrechnung ausgewiesenen Jahressammler ein Jahreseinkommen von 4.752 €, monatlich folglich 396 €, erhalten.

Im Jahre 2009 hat der Beklagte bei der Firma B. R. AG gemäß dem in der Dezemberabrechnung enthaltenen Jahressammler folgendes monatliches Nettoeinkommen bezogen:

Bruttojahreseinkommen 38.751,58 €
./. Lohnsteuer 5.830,96 €
./. Solidaritätszuschlag 271,40 €
./. Kirchensteuer 400,27 €
./. Krankenversicherung 2.685,15 €
./. Rentenversicherung 3.314,62 €
./. Arbeitslosenversicherung 466,39 €
./. Pflegeversicherung 324,79 €
./. Arbeitskammer gemäß sämtlichen Monatsgehalts-Bescheinigungen für 2009 samt Rückrechnungen, Summe 61,74 €
Summe netto 25.396,26 €, monatlich netto also 2.116,36 €.

Auch das dem Beklagten im Jahre 2009 zugeflossene Kurzarbeitergeld ist - weil Lohnersatz - unterhaltsrechtlich als Einkommen zu behandeln (s. OLG Saarbrücken [9. ZS], Urteil vom 1. April 2009 - 9 UF 92/08 - n.v.; LSG München InVo 2002, 157; Wendl/Dose, aaO § 1 Rdn. 86; Eschenbruch/Mittendorf, aaO Kap. 6 Rdn. 154). Vorliegend wird das Kurzarbeitergeld ausweislich der von dem Beklagten vorgelegten Gehaltsbescheinigungen und der - von den Parteien unbeanstandet gebliebenen - Aussage der Zeugin S. im Wege der Rückabrechnung zur Abrechnung des jeweiligen Vormonats berücksichtigt.

Zu Recht hat das Familiengericht auch die dem Beklagten im April 2009 gewährte Prämie einbezogen (BGH FamRZ 1980, 555 = BGHF 2, 10; Wendl/Dose, aaO § 1 Rdn. 55; jurisPK-BGB/Völker/Clausius, 4. Aufl. § 1577 Rdn. 17). Soweit der Beklagte geltend macht, diese Prämie werde künftig wegfallen, ist noch nicht absehbar, ob und in welchem Umfange dies der Fall sein wird, nachdem der Beklagte diesbezüglich keine Belege vorgelegt hat. Er ist daher auf die Möglichkeit zu verweisen, bei künftigem Absinken seiner Einkünfte Abänderungsantrag zu stellen (vgl. dazu Senatsurteil vom 30. April 2009 - 6 UF 80/08 - n.v.).

Insoweit, als der Beklagte zweitinstanzlich - von der Klägerin bekämpft - in diesem Zusammenhang den Abzug von 150 € monatlich begehrt, weil das Kurzarbeitergeld brutto für netto ausgezahlt werde und daher noch versteuert werden müsse, dringt er damit nicht durch. Unstreitig ist bislang kein Steuerbescheid ergangen; der Beklagte hat auch noch keine Steuererklärung für 2009 vorgelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der der Senat folgt (vgl. Senatsurteil FuR 2010, 235), ist die - grundsätzlich gebotene - Anwendung des In-Prinzips nur dann nicht gerechtfertigt, wenn offensichtlich ist, daß sich Verschiebungen zwischen dem Entstehen der Steuerschuld und ihrer Begleichung innerhalb eines repräsentativen Zeitraums nicht weitgehend ausgleichen (BGH FamRZ 1977, 1178; Eschenbruch/Klinkhammer, aaO Kap. 1 Rdn. 703). Sollte dem Beklagten, so er für 2009 eine Steuererklärung abgäbe, in 2010 eine entsprechende Steuernachzahlung aufgegeben werden, steht ihm frei, diese im Wege des Unterhaltsabänderungsantrages geltend zu machen. Hinzu kommt, daß der Beklagte seine übrigen steuerrelevanten Tatsachen nicht ansatzweise dargelegt hat, so daß dem Senat die von dem Beklagten begehrte fiktive Steuerberechnung auch aus diesem Grunde verschlossen ist.

Seine Einkünfte bei der Firma Be. haben sich in 2009 nach dem in der Dezemberabrechnung ausgewiesenen Jahressammler auf 3.556,80 €, monatlich folglich auf 296,40 €, belaufen.

Nach der unangegriffenen Handhabung des Familiengerichts ist den Einkünften des Beklagten eine Steuererstattung von monatlich 7,09 € hinzuzurechnen, und sind Fahrtkosten im Zeitraum September 2008 bis Mai 2009 von monatlich 275 € und ab Juni 2009 von monatlich 150 € sowie der monatliche Beitrag des Beklagten zur Lebensversicherung bei der V. Versicherung in Höhe von 39,49 € als ergänzende Altersvorsorge abzusetzen.

Mit Erfolg wendet sich der Beklagte dagegen, daß das Familiengericht seine Beiträge für seine beiden Berufsunfähigkeitsversicherungen bei der I. und der N. Versicherung in - unstreitig gezahlter - Höhe von 30,95 € bzw. 30,51 € nicht als abzugsfähig anerkannt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind grundsätzlich die Kosten für eine Berufsunfähigkeitsversicherung vom unterhaltsrelevanten Einkommen absetzbar, weil sie der Sicherung des Erwerbseinkommens des Unterhaltsverpflichteten im Falle der Krankheit - und damit in diesem Falle auch dem Unterhaltsberechtigten - dienen, ohne daß jener auf Kosten dieses eigenes Vermögen bildet (BGH FamRZ 2009, 1207 = FuR 2009, 530; ähnlich OLG Hamm OLGR 2001, 89), zumal die Beiträge vorliegend unstreitig eheprägend waren.

Zu Recht hat das Familiengericht es abgelehnt, die monatlichen Raten, die der Beklagte auf ein am 2. Oktober 2008 aufgenommenes Darlehen leistet, unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen. Ob und inwieweit unterhaltsrechtlich berücksichtigungswürdige Schulden vorliegen, ist im Einzelfall unter umfassender Interessenabwägung zu beurteilen, wobei es insbesondere auf den Zweck der Verbindlichkeiten, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis des Unterhaltsverpflichteten von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und andere Umstände - etwa die Möglichkeiten des Unterhaltsschuldners, seine Leistungsfähigkeit in zumutbarer Weise ganz oder teilweise wiederherzustellen oder gegebenenfalls schutzwürdige Belange des Drittgläubigers - ankommt (BGH FamRZ 1996, 160 = EzFamR BGB § 1603 Nr. 24 = BGHF 9, 1360; 2002, 536 = FuR 2002, 228 = EzFamR BGB § 1610 Nr. 34; 2002, 815 = FuR 2002, 236; OLG Saarbrücken [9. ZS], Urteil vom 1. April 2009 - 9 UF 92/08 - n.v.).

Nach diesen Maßstäben kann der Beklagte der Klägerin dieses Darlehen hier nicht entgegen halten: Es wurde nach Rechtskraft der Scheidung der Parteien und erst nach dem Verkauf des vormals ehegemeinsamen Hausanwesens aufgenommen. Der Beklagte hat den Zweck und die Verwendung des Darlehens nicht ansatzweise belegt. Soweit der Beklagte die Darlehensaufnahme in einen Zusammenhang mit seiner Erkrankung im Jahre 2008 stellt, ist dies nicht nachvollziehbar, denn der Beklagte hat - steuerfrei - Krankengeld in nicht unbeträchtlicher Höhe bezogen.

Von den Einkünften des Beklagten ist ferner nach der unangegriffenen Handhabung des Familiengerichts der vom Beklagten für A. geleistete Kindesunterhalt mit seinem Zahlbetrag (dazu - grundlegend - BGH FamRZ 2009, 1300 = FuR 2009, 567, und - dieses Urteil bestätigend und zwischenzeitlich in der Literatur geäußerte Kritik verwerfend - BGH FamRZ 2010, 802 = FuR 2010, 401; 2010, 869 = FuR 2010, 394; ebenso Senatsurteile ZFE 2010, 113; FuR 2010, 235) von 257 € abzusetzen.

Schließlich ist dem Beklagten auf seine Erwerbseinkünfte ein Anreizsiebtel gutzubringen, wobei der Senat bei den gegebenen Umständen - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - insoweit auch das in 2009 vom Beklagten bezogene und in den Gehaltsbescheinigungen ausgewiesene Kurzarbeitergeld einbezieht, weil er auf die Gesamteinkünfte des Jahres 2009 abstellt, und das Familiengericht - von den Parteien unangegriffen - bereits die Fahrtkosten des Beklagten ab Juni 2009 wegen der geringeren Arbeitszeiten erheblich herabgesetzt hat.

Mit Erfolg macht der Beklagte geltend, daß auf Seiten der Klägerin ein höheres als das ihr vom Familiengericht zugeschriebene fiktive Einkommen einzustellen ist.

Die Klägerin ist ihrer Eigenverantwortung, für ihren Unterhalt zu sorgen (§ 1569 S. 1 BGB), und der sich daraus ergebenden Obliegenheit nicht nachgekommen, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden. Angemessen ist nach § 1574 Abs. 2 BGB eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht, soweit eine solche Tätigkeit nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Mithin ist jedenfalls eine Tätigkeit der Klägerin in dem von ihr vorehelich ausgeübten Beruf als Bürogehilfin, aber auch - wie zur Zeit - als Verkäuferin eheangemessen.

Der Senat ist davon überzeugt, daß die Klägerin nach ihrem Alter, ihrer Ausbildung, ihrer längeren Berufspause, ihrem Gesundheitszustand und nach den derzeitigen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt (vgl. hierzu Senatsurteil ZFE 2010, 113 mwN) eine vollschichtige Anstellung als Bürogehilfin oder Verkäuferin schon zu Beginn des hier streitgegenständlichen Zeitraums hätte finden können. Die für das Fehlen einer realen Beschäftigungschance darlegungs- und beweisbelastete (BGH FamRZ 1993, 789 = EzFamR BGB § 1572 Nr. 5 = BGHF 8, 747; 2008, 2104 = FuR 2008, 597 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 68; 2009, 1300 = FuR 2009, 567) Klägerin hat das Gegenteil nicht substantiiert dargelegt, sich im übrigen auch bereits nicht ernsthaft um eine solche Vollzeitstelle bemüht; sie hat lediglich eine Aufstellung vorgelegt, aus der sieben Bewerbungen in 2008 und zehn Bewerbungen in 2009 hervorgehen, die der Beklagte zudem bestritten hat, ohne daß die Klägerin hierzu nachfolgend Beweis angetreten hat.

In Ansehung des Umstands, daß die Klägerin erst seit 2008 eine volle Erwerbsobliegenheit trifft - bis Ende 2007 galt noch das Altersphasenmodell -, hatte sie allerdings nach Einschätzung des Senats noch keine hinreichend realistische Möglichkeit, wieder eine Stelle zu finden, die ihrer zuletzt vorehelich ausgeübten und ausgesprochen gut vergüteten als Sekretärin entspräche. Daher würde die Klägerin mit einer Tätigkeit als Bürogehilfin oder Verkäuferin zwar derzeit ihrer Erwerbsobliegenheit genügen; sie ist aber gehalten, sich künftig intensiv um eine - besser vergütete - Anstellung in ihrem bis zur Geburt des Sohnes A. ausgeübten Beruf als Sekretärin zu bemühen, um so möglicherweise wieder an ihre früheren Erwerbschancen anknüpfen zu können.

Das von der Klägerin seit September 2008 erzielbare Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit als Bürogehilfin oder Verkäuferin schätzt der Senat nach § 287 ZPO (vgl. BGH FamRZ 1993, 789 = EzFamR BGB § 1572 Nr. 5 = BGHF 8, 747; 2008, 2104 = FuR 2008, 597 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 68; 2009, 1300 = FuR 2009, 567) unter Berücksichtigung der hier gegebenen Einzelfallumstände - nach Bereinigung um fiktive pauschale berufsbedingte Kosten (vgl. dazu BGH FamRZ 2009, 314 = FuR 2009, 95) - derzeit auf rund 1.200 € netto; dieses Einkommen ist bei der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage nach der Erfahrung des Senats im Saarland realistisch erzielbar (vgl. BVerfG FamRZ 2010, 793 mzwN; BGH FamRZ 1996, 345 = EzFamR BGB § 1581 Nr. 3 = BGHF 9, 1386; 2008, 2104 = FuR 2008, 597 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 68) und steht mit dem von der Klägerin selbst zugestandenen Stundensatz von 9 € in Einklang, den der Senat zugrunde legt. Hieraus errechnet sich unter Einbeziehung branchenüblicher Sonderzuwendungen ein Jahresbruttogehalt von rund 20.350 €, was nach Steuerklasse II mit einem halben Kinderfreibetrag nach Abzug der Sozialabgaben, Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer einem monatlichen Nettoeinkommen von rund 1.200 € entspricht.

Ferner sind nach der unangegriffenen Handhabung des Familiengerichts bis Juli 2009 (Ende der Grundschulzeit von A.) die Betreuungskosten von monatlich 55 € und ab August 2009 - mangels Darlegung höherer Aufwendungen durch die Klägerin - nur die von dem Beklagten selbst vorgetragenen Betreuungskosten von monatlich 40 € abzusetzen. Die hiernach verbleibenden Erwerbseinkünfte der Klägerin sind schließlich um ein Anreizsiebtel zu bereinigen. Hiernach ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung:

September bis Dezember 2008
Nettoeinkommen Beklagter B. R. AG 1.779,42 € + Nettoeinkommen Firma Be. 396 € + Steuererstattung 7,09 € = Zwischensumme 2.182,51 €
./. Fahrtkosten 275,00 €
./. V. Lebensversicherung 39,49 €
./. Berufsunfähigkeitsversicherung I. 30,95 €
./. Berufsunfähigkeitsversicherung N. 30,51 €
./. Zahlbetrag Kindesunterhalt 257,00 €
Zwischensumme 1.549,56 €
./. Anreizsiebtel x 6/7
Zwischensumme 1.328,19 €
+ Krankengeld 398,69 €
bereinigtes Einkommen Beklagter 1.726,88 €
fiktives bereinigtes Nettoeinkommen Klägerin 1.200,00 €
./. Betreuungskosten 55,00 €
Zwischensumme 1.145,00 €
./. Anreizsiebtel x 6/7
bereinigtes fiktives Einkommen Klägerin 981,43 €
Bedarf ½ x (1.726,88 € + 981,43 € =) 1.354,16 €
Bedürftigkeit (1.354,16 € ./. 981,43 € =) 372,73 €.

Nachdem die Klägerin im Senatstermin - vom Beklagten unbeanstandet - bestätigt hat, daß sie - unbeschadet der zweitinstanzlich erfolgten Rückübertragung des monatlich in Höhe von 331 € auf die ARGE übergegangenen Teils ihres Unterhaltsanspruchs - eine Teilklage erhoben hat, steht ihr für den Zeitraum September bis Dezember 2008 noch ein Unterhalt von monatlich 41,73 €, demnach insgesamt ein Betrag von 166,92 €, zu. Entsprechend ist das angefochtene Urteil abzuändern.

Januar bis Mai 2009 (Erwerbseinkommen Beklagter höher)

Nettoeinkommen Beklagter B. R. AG 2.116,36 € + Nettoeinkommen Firma Be. 296,40 € + Steuererstattung 7,09 € = 2.419,85 €
./. Fahrtkosten 275,00 €
./. V. Lebensversicherung 39,49 €
./. Berufsunfähigkeitsversicherung I. 30,95 €
./. Berufsunfähigkeitsversicherung N. 30,51 €
./. Zahlbetrag Kindesunterhalt 257,00 €
Zwischensumme 1.786,90 €
./. Anreizsiebtel x 6/7
bereinigtes Einkommen Beklagter 1.531,63 €
fiktives bereinigtes Nettoeinkommen Klägerin 1.200,00 €
./. Betreuungskosten 55,00 €
Zwischensumme 1.145,00 €
./. Anreizsiebtel x 6/7
bereinigtes fiktives Einkommen Klägerin 981,43 €
Bedarf ½ x (1.531,63 € + 981,43 € =) 1.256,53 €
Bedürftigkeit (1.256,53 € ./. 981,43 € =) 275,10 €.

Nach Maßgabe des Vorgesagten ist der Klägerin im Zeitraum Januar bis Februar 2009 über den nicht eingeklagten Teilbetrag von 331 € hinaus kein weiterer Unterhalt zuzuerkennen, während ihr Unterhaltsanspruch für den Zeitraum März bis Mai 2009 entsprechend herabzusetzen ist.

Juni bis Juli 2009 (geringere Fahrtkosten Beklagter)

Nettoeinkommen Beklagter B. R. AG 2.116,36 € + Nettoeinkommen Firma Be. 296,40 € + Steuererstattung 7,09 € = 2.419,85 €
./. Fahrtkosten 150,00 €
./. V. Lebensversicherung 39,49 €
./. Berufsunfähigkeitsversicherung I. 30,95 €
./. Berufsunfähigkeitsversicherung N. 30,51 €
./. Zahlbetrag Kindesunterhalt 257,00 €
Zwischensumme 1.911,90 €
./. Anreizsiebtel x 6/7
bereinigtes Einkommen Beklagter 1.638,77 €
fiktives bereinigtes Nettoeinkommen Klägerin 1.200,00 €
./. Betreuungskosten 55,00 €
Zwischensumme 1.145,00 €
./. Anreizsiebtel x 6/7
bereinigtes fiktives Einkommen Klägerin 981,43 €
Bedarf ½ x (1.638,77 € + 981,43 € =) 1.310,10 €
Bedürftigkeit (1.310,10 € ./. 981,43 € =) 328,67 €.

Das Familiengericht hat auf einen Unterhaltsanspruch von 300 € erkannt. Einer Abänderung des angefochtenen Urteils zugunsten der Klägerin steht § 528 ZPO entgegen.

Ab August 2009 (Betreuungskosten A. niedriger)

Nettoeinkommen Beklagter B. R. AG 2.116,36 € + Nettoeinkommen Firma Be. 296,40 € + Steuererstattung 7,09 € = 2.419,85 €
./. Fahrtkosten 150,00 €
./. V. Lebensversicherung 39,49 €
./. Berufsunfähigkeitsversicherung I. 30,95 €
./. Berufsunfähigkeitsversicherung N. 30,51 €
./. Kindesunterhaltszahlbetrag 257,00 €
Zwischensumme 1.911,90 €
./. Anreizsiebtel x 6/7
bereinigtes Einkommen Beklagter 1.638,77 €
fiktives bereinigtes Nettoeinkommen Klägerin 1.200,00 €
./. Betreuungskosten 40,00 €
Zwischensumme 1.160,00 €
./. Anreizsiebtel x 6/7
bereinigtes fiktives Einkommen Klägerin 994,29 €
Bedarf ½ x (1.638,77 € + 994,29 € =) 1.316,53 €
Bedürftigkeit (1.316,53 € ./. 994,29 € =) 322,24 €.

Das Familiengericht hat einen Unterhaltsanspruch von 300 € ausgeurteilt. Der Beklagte ist durch das angefochtene Urteil nicht benachteiligt (§ 528 ZPO).

Für die Zahlung dieser monatlichen Unterhaltsbeträge ist der Beklagte - unter Berücksichtigung der auf die ARGE entfallenden Beträge - in Ansehung des insoweit für ihn als Erwerbstätigen geltenden Selbstbehalts von 1.000 € (§ 1581 BGB, vgl. dazu BGH FamRZ 2006, 683 = FuR 2006, 266 = EzFamR BGB § 1581 Nr. 9; 2010, 802 = FuR 2010, 401) jeweils leistungsfähig.

Der Senat teilt die Auffassung des Familiengerichts, daß unter den hier gegebenen Umständen die Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin nach § 1578b Abs. 2 BGB - jedenfalls derzeit - nicht gegeben sind.

Nach der seit 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Regelung des § 1578b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre, wobei für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung gegeben sind, Absatz 1 Satz 2 und 3 entsprechend gilt. Nach § 1578b Abs. 1 S. 2 und 3 BGB ist hierbei insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, wobei sich solche Nachteile vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben können.

Hierbei trägt der Unterhaltsverpflichtete die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Beschränkung des nachehelichen Unterhalts führen können. In die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltspflichtigen fällt grundsätzlich auch der Umstand, daß dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile iSv § 1578b BGB entstanden sind. Allerdings erfährt die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen. Den Unterhaltsberechtigten trifft daher eine sekundäre Darlegungslast, deren Umfang sich nach den Einzelfallumständen richtet. Die Darlegungen müssen so konkret sein, daß der beweisbelasteten Partei eine Widerlegung möglich ist. Der Unterhaltsberechtigte muß daher die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (BGH FamRZ 2010, 875 = FuR 2010, 398 unter ausdrücklicher Aufgabe der in den Entscheidungen BGH FamRZ 2008, 134 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 32; 2008, 1325 = FuR 2008, 401 = EzFamR BGB § 1579 Nr. 50; 2009, 1990 = FuR 2010, 96 angenommenen Beweislastumkehr zu Lasten des Unterhaltsberechtigten).

Ist der Unterhaltsberechtigte (wie hier) verpflichtet und in der Lage, eine vollschichtige Tätigkeit in seinem vorehelich ausgeübten Beruf auszuüben, so spricht schon dieser Umstand gegen fortdauernde ehebedingte Nachteile (vgl. BGH FamRZ 2008, 1325 = FuR 2008, 401 = EzFamR BGB § 1579 Nr. 50), allerdings nur, wenn die Einkünfte des Unterhaltsberechtigten aus dieser Tätigkeit wenigstens die Einkünfte aus einer ehebedingt aufgegebenen Erwerbstätigkeit erreichen; in diesem Falle muß der Unterhaltsberechtigte substantiiert darlegen, daß gleichwohl ehebedingte Nachteile vorliegen, etwa weil mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehezeit Einbußen im beruflichen Fortkommen verbunden waren. Nur wenn das jetzt erzielbare Einkommen hinter dem Einkommen aus der früher ausgeübten Tätigkeit zurückbleibt, weil eine Wiederaufnahme der früheren Erwerbstätigkeit nach längerer Unterbrechung nicht mehr möglich ist, bleibt es insoweit bei einem ehebedingten Nachteil, den der Unterhaltsschuldner widerlegen muß (BGH FamRZ 2009, 1990 = FuR 2010, 96; 2010, 629 = FuR 2010, 342; Senatsurteile FuR 2010, 235; ZFE 2010, 113).

Vorliegend hat die Klägerin unstreitig vorehelich als Sekretärin zuletzt ein Jahresgehalt von rund 29.000 € erzielt, was einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2.416,67 € entspricht. Der Beklagte hat nicht ansatzweise substantiiert dargetan - und auch nicht unter Beweis gestellt -, daß die Klägerin derzeit ein solches Einkommen erzielen könnte, zumal aus dem in der beigezogenen Akte 12 F 78/07 befindlichen Versicherungsverlauf der Klägerin ersichtlich ist, daß sie in den Jahren 1987 bis 1997 erhebliche Einkommenszuwächse von rund 31.000 DM auf rund 57.000 DM erzielt hatte. Daher kommt eine Befristung oder Herabsetzung des Aufstockungsunterhalts der Klägerin - jedenfalls derzeit - nicht in Betracht. Aus welchen Gründen die Klägerin nach Vollendung des dritten Lebensjahres von A. nicht wieder in ihren früheren Beruf zurückgekehrt, und wie die von ihr erhaltene Abfindung von 40.000 DM verwendet worden ist, kann dahinstehen: Selbst wenn sie ihre Stelle - wie der Beklagte vorbringt - nur aus eigenem Wunsch und gegen den Willen des Beklagten aufgegeben hätte, wäre diese auch mit der Pflege und Erziehung von A. zusammenhängende Rollenwahl und der daraus zu Lasten der Klägerin entstandene - derzeit noch fortbestehende - berufliche Nachteil ehebedingt.

Nach alledem ist das erstinstanzliche Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Beklagten entsprechend abzuändern. ..."

***

§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB, der die Betreuung als Unterhaltsgewährung dem Barunterhalt gleichstellt mit der Folge, dass grundsätzlich Barunterhalt zusätzlich zur Betreuung nicht geschuldet wird, gilt nur im Verhältnis der Eltern zueinander, nicht aber im Verhältnis zu den nachrangig haftenden Großeltern. Eine Unterhaltspflicht der Großeltern kommt erst dann in Betracht, wenn feststeht, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht leistungsfähig ist und die ausschließliche Versorgung und Betreuung des Kindes durch den anderen Elternteil in dessen Interesse ausnahmsweise erforderlich ist, so dass eine Erwerbstätigkeit von ihm nicht erwartet werden kann (OLG Jena, Beschluss vom 10.12.2008 - 2 WF 449/08):

„... I. Die Antragstellerin ist die Mutter des minderjährigen Kindes J. F., geb. am 27.01.2005. Von dem Vater des Kindes, mit dem sie verheiratet ist, lebt sie seit 08.02.2007 getrennt. Mit der vorliegenden Stufenklage beabsichtigt sie, die Eltern ihres Ehemannes wegen Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen. Sie behauptet, ihr Ehemann sei nur in Höhe von 40,00 EUR an Kindesunterhalt leistungsfähig. Sie bezieht für das Kind Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von monatlich 85,00 EUR. Sie selbst ist nicht erwerbstätig und bezieht Leistungen nach dem SGB II.

Die Antragsgegner wurden bisher vergeblich zur Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisses aufgefordert.

Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 30.10.2008 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Stufenklage abgelehnt. Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.

Mit ihrer Beschwerde macht die Klägerin geltend, im Rahmen der Auskunftsstufe sei sie keineswegs verpflichtet nachzuweisen, dass sie selbst nicht in der Lage sei, für den Bedarf des minderjährigen Kindes aufzukommen. Welche Erwerbsbemühungen sie unternommen habe, um ggf. selbst für den Barunterhalt des Kindes aufzukommen, sei nicht in der Auskunfts- sondern in der Leistungsstufe zu ermitteln. Dass der Kindesvater nicht leistungsfähig sei, habe sie mit ihrem Vortrag dargelegt, gemäß den Ermittlungen des Jugendamtes könne der Vater nur verpflichtet werden, einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 40,00 EUR zu zahlen. Da die Leistungsunfähigkeit der Eltern des Kindes feststehe, hafteten die Antragsgegner dem Grunde nach nachrangig für den Kindesunterhalt gemäß § 1606 Abs. 2 BGB. Das Auskunftsverlangen sei daher begründet.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 25.11.2008 nicht abgeholfen und die Sache dem Thüringer Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ff. ZPO statthaft und fristgemäß eingelegt worden.

In der Sache hat sie keinen Erfolg. Der Antragstellerin steht ein Auskunftsanspruch gegen die Antragsgegner gemäß § 1605 BGB nicht zu. Nach dieser Vorschrift besteht eine Auskunftspflicht nur insoweit, als dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruches erforderlich ist. Eine Auskunftsanspruch ist dann ausgeschlossen, wenn die verlangte Auskunft den Unterhaltsanspruch unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen kann (vgl. BGH NJW 1982, 2771; Palandt/Diederichsen, 67. Auflage, § 1605, Rn. 9 m.w.N.).

Das Amtsgericht hat zu Recht darauf hinwiesen, dass die Antragstellerin nicht ausreichend schlüssig dargelegt hat, dass ihr ein Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zustehen könnte. Die Beklagten als Großeltern des unterhaltsbedürftigen Kindes, haften gemäß § 1606 Abs. 2 BGB nachrangig nach den Eltern des Kindes, d. h. es muss feststehen, dass diese nicht leistungsfähig sind. Wenn ein Elternteil nicht leistungsfähig ist oder sich der Unterhaltspflicht entzieht, erhöht sich zunächst gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB der Haftungsanteil des anderen Elternteils. Dies gilt auch dann, wenn ein Elternteil ein minderjähriges Kind betreut. § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB, der die Betreuung als Unterhaltsgewährung dem Barunterhalt gleichstellt mit der Folge, dass grundsätzlich Barunterhalt zusätzlich zur Betreuung nicht geschuldet wird, gilt nur im Verhältnis der Eltern zueinander, nicht aber im Verhältnis zu den nachrangig haftenden Großeltern (vgl. Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 7. Auflage, § 2, Rn. 545; OLG Frankfurt FamRZ 2004, 1745, 1746; OLG Jena, FamRZ, 2006, 569 ff.). Wenn der barunterhaltspflichtige Vater nicht leistungsfähig ist, muss daher die Mutter trotz der Betreuung kleiner Kinder eine Erwerbstätigkeit annehmen und für den Unterhalt der Kinder sorgen, soweit ihr dies möglich ist. Im Verhältnis zu ihren jeweiligen Eltern steht es nicht im Belieben des betreuenden Elternteils, ob er sein Kind selbst versorgen möchte. Voraussetzung ist vielmehr, dass die alleinige Betreuung und Versorgung des Kindes durch einen Elternteil in dessen Interesse erforderlich ist, weil eine Möglichkeit zu einer anderweitigen entgeltlichen oder unentgeltlichen Versorgung nicht besteht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Kind ab seinem 3 Lebensjahr Anspruch auf einen Kindergartenplatz hat (vgl. Wendl/Staudigl a.a.O., § 2, Rn. 52).

Der Vortrag der Antragstellerin, sie beziehe Leistungen nach dem SGB II und sei daher für den Barunterhaltsbedarf ihres Kindes nicht leistungsfähig, ist nicht ausreichend. Darauf hat das Amtsgericht bereits mit Schreiben vom 04.09.2008 hingewiesen. Zu berücksichtigen ist das Alter des Kindes von fast 4 Jahren sowie die Tatsache, dass die Antragstellerin nur ein Kind zu betreuen hat. Da sie zur Betreuung tagsüber einen Kindergartenplatz in Anspruch nehmen könnte, wäre ihr eine vollschichtige Erwerbstätigkeit, mit der sie ihren eigenen notwendigen Unterhalt sowie den Mindestunterhalt des Kindes sicherstellen könnte, grundsätzlich möglich. Sie hat weder vorgetragen, dass ihr eine Erwerbstätigkeit aus Gründen des Kindeswohls nicht zumutbar sei noch hat sie dargelegt, sich erfolglos um eine Arbeitsstelle bemüht zu haben.

Darüber hinaus ist auch ihr Vortrag, nach den Ermittlungen der Stadtverwaltung G. sei der Vater nur in Höhe eines Betrages von 40,00 EUR leistungsfähig, nicht ausreichend, um von dessen Leistungsunfähigkeit ausgehen zu können. Auch darauf hat das Amtsgericht in seiner Verfügung vom 04.09.2008 bereits hingewiesen. An die Feststellungen der unterhaltsvorschussleistenden Stadtverwaltung zur Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten ist das Gericht nicht gebunden. Vielmehr hat das Gericht anhand der Maßstäbe des § 1603 Abs. 1 und 2 BGB selbst Feststellungen zur Leistungsfähigkeit des vorrangig unterhaltsverpflichteten Vaters zu treffen. Dazu hätte die Antragstellerin vortragen müssen, über welches monatliche Nettoeinkommen der Vater des Kindes verfügt. Bei nichtausreichenden Erwerbseinkünften hätte überprüft werden müssen, ob fiktive Einkünfte zugerechnet werden könnten, sofern er schuldhaft seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit gegenüber einem minderjährigen Kind nicht nachkäme.

Da die Antragstellerin mithin zur eigenen Leistungsunfähigkeit sowie zu derjenigen des barunterhaltspflichtigen Vaters nicht ausreichend schlüssig vorgetragen hat, fehlt es an den Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch gegen die Antragsgegner. Dies hat zur Folge, dass von ihnen Auskunft nicht verlangt werden kann. Das Amtsgericht hat daher zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. ..."

*** (AG)

„ ... Ein Anspruch auf hälftige oder anteilige Übernahme der durch die Hortbetreuung der Kinder anfallenden Kosten besteht nicht, weil diese Kosten unterhaltsrechtlich als berufsbedingte Aufwendungen der Kindesmutter einzuordnen sind und keinen Mehrbedarf der grundsätzlich unterhaltsberechtigten gemeinsamen Kinder darstellen.

Soweit die Antragstellerin sich zur Begründung der Einordnung der Hortkosten auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beruft ist zwar festzustellen, dass sich in dieser tatsächlich Sätze dahingehend befinden, dass Hortkosten Mehrbedarf darstellen (vgl. BGH vom 04.10.2017, XII ZB 55/17 Rz. 13 m. w. N.). Tatsache ist aber, dass der Bundesgerichtshof in den durch die Beteiligten zitierten Entscheidungen nicht über die Einordnung konkreter Hortkosten entscheiden musste, vielmehr die entsprechenden Ausführungen über das Verfahren hinausgehende weitere Erläuterungen betrafen, welche im Zusammenhang mit den sonstigen Ausführungen jedenfalls kaum dahin zu verstehen sind, dass Hortkosten als Betreuungskosten generell und unabhängig vom Einzelfall Mehrbedarf des betreuten Kindes darstellen würden.

Der Bundesgerichtshof weist in seiner Rechtsprechung immer wieder darauf hin, dass Kosten, welche durch die Betreuung eines Kindes durch Dritte allein in Folge der Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils entstehen und erforderlich werden keinen Mehrbedarf des Kindes darstellen. Derartige Kosten gehören zur allgemeinen Betreuung, welche vom betreuenden Elternteil im Gegenzug zur Barunterhaltspflicht des anderen Elternteils zu leisten sei. Soweit diese Betreuung delegiert werde und hierdurch Kosten entstehen können derartige Kosten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich als berufsbedingte Aufwendungen des betreuenden Elternteils Berücksichtigung finden (vgl. hierzu Leitsatz BGH vom 04.10.2017 a. a. O.). Weiter wird ausgeführt, dass derartige Kosten für Fremdbetreuung nur ausnahmsweise über die den betreuenden Elternteil obliegende Betreuung hinausgehen und somit nur in Ausnahmefällen als Mehrbedarf des Kindes zu berücksichtigen seien (vgl. BGH a. a. O. Rz. 13).

Damit Kosten für Fremdbetreuung als Mehrbedarf des Kindes einzustufen sind soll es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlich sein, dass erzieherische Zwecke bei der Fremdbetreuung im Vordergrund stehen. Hierzu hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 26.11.2008 (XII ZR 65/07) betreffend der Betreuung im Kindergarten umfangreiche Ausführungen gemacht. Er hat hier deutlich gemacht, dass die Betreuung im Kindergarten in erster Linie erzieherischen Zwecken diene und der Kindergarten neben einer fürsorgenden Betreuung das Ziel der Förderung sozialer Verhaltensweisen habe und der Kindergarten zum anderen eine Bildungseinrichtung im elementaren Bereich darstelle. Durch die Einrichtung von Kindergärten werde eine Chancengleichheit der Kinder im Kindergartenalter in Bezug auf die Lebens- und Bildungsmöglichkeiten gewährleistet sowie sozialstaatlichen Belangen Rechnung getragen. Bereits in dieser Entscheidung verweist der Bundesgerichtshof auf aktuelle gesellschaftspolitische Diskussionen, welche unter Hinweis auf das Wächteramt des Staates zum Schutze des Kindeswohls fordern, dass Kinder Kindergärten oder vergleichbare Einrichtungen besuchten, damit sie selbst sowie das Erziehungsverhalten der Eltern einer Kontrolle unterläge. Der Bundesgerichtshof kommt hier zu dem Schluss, dass die erzieherischen Aufgaben beim Besuch eines Kindergartens im Vordergrund stehen und dem Gesichtspunkt, die Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils zu ermöglichen, beim Kindergartenbesuch nur eine untergeordnete Bedeutung zukomme.

Zwar verweist der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 11.01.2017 (XII ZB 565/15, dort Rz. 37) darauf, dass die für den Kindergarten aufgestellten Grundsätze auch für Hortkosten gelten sollen, dieses jedoch lediglich mit dem knappen Hinweis darauf, dass Hortkosten regelmäßig pädagogisch bedingt seien. Tatsächlich war die Einordnung und Behandlung der Hortkosten in der fraglichen Entscheidung unstreitig und somit nicht Gegenstand der zu treffenden Entscheidung.

Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zu der Einordnung von Kindergartenkosten als Mehrbedarf der Kinder unter Hinweis auf die besonderen erzieherischen Aufgaben eines Kindergartens und dessen Aufgaben zur frühkindlichen Bildung vermag das erkennende Gericht nicht pauschal und allgemein auf jeden Schülerhortbesuch zu übertragen. Ohne Zweifel ist nicht ausgeschlossen, dass der Besuch eines Schülerhorts pädagogisch besonders veranlasst sein kann, dass die pädagogischen Ziele im Vordergrund stehen und der entstehende Freiraum des betreuenden Elternteils nur ein Nebeneffekt mit untergeordneter Bedeutung ist. In einem solchen Fall ist es auch denkbar, dass die Kosten Mehrbedarf des betroffenen Kindes darstellen kann. Zu denken ist hier insbesondere an besondere pädagogische Bedürfnisse eines konkreten Kindes oder auch bei Einschränkungen der Erziehungsfähigkeit betreuender Eltern. Auch dem erkennenden Gericht sind Verfahren bekannt, in denen der Besuch eines Horts z. B. durch das Jugendamt angeregt oder sogar vom Familiengericht angeordnet wird.

Nicht nachvollziehbar ist jedoch die pauschale und generelle Einordnung der Kosten eines Hortbesuchs als Mehrbedarf für ein Kind, während die Kosten des Besuchs sonstiger Einrichtungen oder der Einbeziehung sonstiger Dritter in die Betreuung der Kinder nur ausnahmsweise als Mehrbedarf einzustufen sein soll.

Nach Überzeugung des Gerichts ist auch bei der Frage der Einordnung von Hortkosten entsprechend der sonstigen Ausführungen des Bundesgerichtshofs darauf abzustellen, wozu die Fremdbetreuung dient und welche Aufgaben die Fremdbetreuung übernimmt. Der Bundesgerichtshof hat selbst darauf hingewiesen, dass eine generelle Qualifizierung der Kosten einer Fremdbetreuung als Mehrbedarf eines Kindes dem Gesetz widerspräche. Grundsätzlich erfülle der betreuende Elternteil durch die von ihm veranlasste Fremdbetreuung der Kinder lediglich die ihm obliegende Betreuungspflicht, sodass er auch die hierfür erforderlichen Kosten zu tragen habe (vgl. BGH vom 04.10.2017, Rz. 16). Anderes kann auch für die Fremdbetreuung in einem Hort nicht gelten. Für die Einordnung der Kosten von Fremdbetreuung kommt es auf den konkreten Einzelfall an, dies gilt auch, wenn die Fremdbetreuung in einem staatlichen Schülerhort erfolgt.

In diesem Zusammenhang berücksichtigt das Gericht, dass die konkrete Art der Fremdbetreuung im Falle der Berufstätigkeit auch des betreuenden Elternteils entsprechend der eigenen Erfahrungen als Mutter in der Regel von einer Vielzahl Faktoren abhängig ist und somit in der Regel eher eine auf praktischen Erwägungen wenn nicht sogar auf zufälligen Gegebenheiten beruhende Entscheidung ist. Wie bei Berufstätigkeit der Eltern und einem bestehenden Bedarf nach Fremdbetreuung diese organisiert wird ist erster Linie davon abhängig, was vor Ort überhaupt verfügbar und mit den benötigten Zeiten verlässlich vorhanden ist. Weiter wird vorrangig die Kostenfrage eine Rolle spielen. Die private Tagesmutter, welche eine Betreuung zu Hause gewährleisten kann, ist in der Regel mit deutlich höheren Kosten verbunden, als ein staatliches Hort. Sofern überhaupt eine Wahl besteht werden auch Gesichtspunkte wie das Verhalten befreundeter Familien und Kinder eine Rolle spielen. Nur wenn überhaupt verschiedene praktisch umsetzbare Betreuungsmöglichkeiten bestehen, kann eine Familie bzw. ein betreuender Elternteil noch wählen, was aus pädagogischen Gründen die für das jeweilige Kind beste Lösung ist.

Vorliegend besuchen die gemeinsamen Kinder der Beteiligten unstreitig den Hort vorrangig um die Berufstätigkeit der Kindesmutter zu ermöglichen. Auch schon während des Zusammenlebens der Eltern war die Antragstellerin - wenn auch in geringerem Umfang - berufstätig. Auch die Antragstellerin hat dieses Erfordernis stets selbst angeführt. Die Kinder erhalten im Hort ein Mittagessen, weiter wird dort Hausaufgabenbetreuung gewährleistet. Soweit der Hort in diesem Rahmen die Betreuung gewährleistet und die Kinder außerdem beim Spielen beaufsichtigt und betreut und kleinere Angebote macht, werden durch den Hort aber gerade diejenigen Aufgaben erfüllt, welche üblicherweise durch ein betreuendes Elternteil erfolgen. Trotz Hinweises wurde vorliegend weder erläutert, welche zusätzlichen pädagogischen und erzieherischen Aufgaben der Hort hinsichtlich des jeweiligen Kindes erfüllt und warum diese für das jeweilige Kind erforderlich sind. Auch die Antragstellerin selbst hat zunächst darauf hingewiesen, dass die Hortbetreuung erforderlich sei, um ihre Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass hier die pädagogischen und erzieherischen Aufgaben und Zielsetzungen des Hort im Vordergrund stünden. Vielmehr ist mangels anderweitigen Vortrags davon auszugehen, dass die Fremdbetreuung durch den Hort vorrangig dazu dient, die Erwerbstätigkeit der Kindesmutter/Antragstellerin zu ermöglichen. In keiner Weise ist ersichtlich, dass die Entscheidung, die Kinder im Hort fremd betreuen zu lassen aufgrund besonderer, die Kinder betreffender Überlegungen oder Bedürfnissen getroffen wurde.

Nach alledem sind die Kosten als berufsbedingte Aufwendungen der Kindesmutter einzuordnen, ein eigener Anspruch der Kinder, geltend gemacht durch die Antragstellerin, auf anteilige bzw. hälftige Beteiligung an den Hortkosten gegen den Antragsgegner bestehen nicht. ..."

§ 1607 Ersatzhaftung und gesetzlicher Forderungsübergang

(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren.

(2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer nach Absatz 1 verpflichteter Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil geht, soweit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anstelle des Elternteils ein anderer, nicht unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt leistet, auf diesen über. Satz 1 gilt entsprechend, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt.

(4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.

Leitsätze/Entscheidungen:

Das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgende allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt mit der Privat- und Intimsphäre auch das Recht, selbst darüber zu befinden, ob, in welcher Form und wem Einblick in die Intimsphäre und das eigene Geschlechtsleben gewährt wird. Dies umschließt das Recht, geschlechtliche Beziehungen zu einem bestimmten Partner nicht offenbaren zu müssen. Die gerichtliche Verpflichtung einer Mutter, zur Durchsetzung eines Regressanspruchs des Scheinvaters (§ 1607 Abs. 3 BGB) Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, überschreitet die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, weil es hierfür an einer hinreichend deutlichen Grundlage im geschriebenen Recht fehlt (BVerfG, Beschluss vom 24.02.2015 - 1 BvR 472/14).

*** (BGH)

Beim Unterhaltsregress des Scheinvaters trifft diesen die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des übergegangenen Unterhaltsanspruchs des Kindes gegen den leiblichen Vater sowie für die von ihm dem Kind erbrachten Unterhaltsleistungen. Der jeweilige gesetzliche Mindestbedarf minderjähriger Kinder muss auch vom neuen Gläubiger nicht dargelegt werden. Der Schuldner hat eine etwa aufgehobene oder eingeschränkte unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit darzulegen und zu beweisen (BGH, Beschluss vom 19.09.2018 - XII ZB 385/17).

***

Zum Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter des Kindes auf Mitteilung des möglichen Erzeugers (im Anschluss an Senatsurteil, 9. November 2011, XII ZR 136/09, BGHZ 191, 259 = FamRZ 2012, 200 und Senatsbeschluss, 20. Februar 2013, XII ZB 412/11, BGHZ 196, 207 = FamRZ 2013, 939). Durch die Mitteilung der Mutter, der mögliche Erzeuger oder dessen Name sei ihr nicht bekannt, wird der Auskunftsanspruch nicht erfüllt. Eine fehlende Kenntnis kann von der Mutter aber als eine den Anspruch ausschließende Unmöglichkeit geltend gemacht werden. Dazu gehört auch der Vortrag und erforderlichenfalls der Beweis, dass sie die ihr unter den Umständen des Einzelfalls zumutbaren Erkundigungen eingeholt hat (BGH, Beschluss vom 02.07.2014 - XII ZB 201/13).

***

Weder ein von der Ehefrau begangener Ehebruch noch das bloße Verschweigen der hieraus folgenden möglichen Nichtvaterschaft gegenüber dem Ehemann führt zu einer Schadensersatzpflicht der (geschiedenen) Ehefrau hinsichtlich des von ihm geleisteten Unterhalts für das scheineheliche Kind (im Anschluss an Senatsurteil vom 19. Dezember 1989, IVb ZR 56/88, FamRZ 1990, 367; Abgrenzung zu Senatsurteilen vom 15. Februar 2012, XII ZR 137/09, FamRZ 2012, 779 und vom 27. Juni 2012, XII ZR 47/09, FamRZ 2012, 1363). Die Mutter ist nach Anfechtung der (ehelichen) Vaterschaft grundsätzlich verpflichtet, ihrem (geschiedenen) Ehemann Auskunft darüber zu erteilen, wer ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat (im Anschluss an Senatsurteil vom 9. November 2011, XII ZR 136/09, BGHZ 191, 259 = FamRZ 2012, 200). Ohne Erteilung der Auskunft kann ein Schadensersatzanspruch wegen nicht durchsetzbarer Regressforderung gegen den Erzeuger nicht geltend gemacht werden, weil dieser Schaden ohne die Auskunft nicht beziffert werden kann (BGH, Beschluss vom 20.02.2013 - XII ZB 412/11).

***

Die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB, wonach die Rechtswirkungen der Vaterschaft grundsätzlich erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können, kann im Regressprozess des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes in besonders gelagerten Einzelfällen auf die Weise durchbrochen werden, dass die Vaterschaft inzident festgestellt wird (im Anschluss an die Senatsurteile BGH, 16. April 2008, XII ZR 144/06, BGHZ 176, 327 = FamRZ 2008, 1424 und BGH, 22. Oktober 2008, XII ZR 46/07, FamRZ 2009, 32). Aus Treu und Glauben ergibt sich grundsätzlich ein Auskunftsanspruch, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der eine Teil in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und der andere Teil in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen (im Anschluss an die Senatsurteile BGH, 2. Juni 2010, XII ZR 124/08, BGHZ 186, 13 = FamRZ 2011, 21 und BGH, 7. Mai 2003, XII ZR 229/00, FamRZ 2003, 1836). Solches ist auch dann der Fall, wenn der Mann seine Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter anerkannt hatte. Die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters ihres Kindes berührt zwar das Persönlichkeitsrecht der Mutter nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. In Fällen, in denen die Mutter den Mann zur Abgabe eines Vaterschaftsanerkenntnisses veranlasst hatte, wiegt ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht aber regelmäßig nicht stärker als der Anspruch des Mannes auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG zur Durchsetzung seines Unterhaltsregresses nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung (BGH, Urteil vom 09.11.2011 - XII ZR 136/09 zu §§ 242, 1600d Abs 4, 1607 Abs 3, 1615l Abs 3 BGB, Art 1 Abs 1 GG u.a.).

*** (OLG)

Macht der frühere rechtliche Vater (sog. Scheinvater) auf ihn gemäß § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB übergegangene Ansprüche auf Kindesunterhalt gegen den rechtlichen Vater geltend, obliegt ihm die Darlegungs- und Beweislast anhand des konkret zu berechnenden Nettoeinkommens dafür, dass der Antragsgegner im Unterhaltszeitraum über Einkünfte verfügte, die einen Unterhaltsanspruch über den Mindestunterhalt hinaus rechtfertigen (so BGH vom 19. September 2018 - XII ZB 385/17, FamRZ 2019, 112, 114 [Rn. 28]). Die Inanspruchnahme für einen Zeitraum von rund 17 Jahren (1975 bis 1992) mehr als 23 Jahre nach der letzten Unterhaltszahlung kann auch in Höhe des insgesamt geschuldeten Mindestunterhalts für den Renteneinkünfte beziehenden unterhaltspflichtigen Vater eine unbillige Härte i.S.v. § 1613 Abs. 3 BGB darstellen, die es rechtfertigen kann, den Unterhaltsanspruch auf etwa die Hälfte des rechnerischen Mindestunterhalts zu reduzieren. Im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung nach § 1613 Abs. 3 BGB kommt es maßgeblich darauf an, ob und ggf. ab welchem Zeitraum der rechtliche Vater mit einer Inanspruchnahme auf Kindesunterhalt rechnen musste. Darüber hinaus ist in einer Gesamtbetrachtung auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Scheinvater mehr als die Hälfte des Unterhaltszeitraums mit dem unterhaltsberechtigten Kind und der Kindesmutter in familiärer Gemeinschaft zusammengelebt hat (vgl. BT-Drs. 18/10343, S. 16, 21 zur Reform des Scheinvaterregresses, OLG Celle, Beschluss vom 10.04.2019 - 21 UF 53/17).

***

„... Der Senat teilt die Auffassung der Erstgerichts, dass der Antragsgegner sich vorliegend nicht auf den Einwand des Forderungsübergangs gemäß § 1607 Abs. 3 BGB berufen kann.

Das Verfahren nach § 237 FamFG verfolgt den Zweck, dem unterhaltsbedürftigen Kind möglichst schnell einen Unterhaltstitel zur Verfügung zu stellen. Solange die Vaterschaft nicht rechtskräftig festgestellt beziehungsweise wirksam anerkannt worden ist, kann zwar grundsätzlich ein Unterhaltsverfahren nicht eingeleitet werden. Abweichend hiervon gibt jedoch die Vorschrift des § 237 FamFG dem Kind die Möglichkeit, schon vor der rechtskräftigen Feststellung bzw. wirksamen Anerkennung der Vaterschaft einen Unterhaltstitel gegen den potentiellen Vater zu beantragen. Die mit der Sperrwirkung des § 1600d Abs. 4 BGB verbundene Zeitverzögerung soll durch die Vorschrift des § 237 FamFG so gering wie möglich gehalten werden. Mit diesem Gesetzeszweck ist es nicht vereinbar, wenn dem auf Zahlung des Mindestunterhaltes klagenden Kind Einwendungen materieller oder formeller Art entgegengehalten werden könnten. Im Hinblick auf den Normzweck sind daher Einwendungen im Verfahren des § 237 FamFG nicht zuzulassen, sondern der Vater ist insoweit auf das Korrekturverfahren nach § 240 FamFG zu verweisen (vergleiche BGH FamRZ 2003,1095; OLG Köln FamRZ 2003, 1018; OLG Naumburg FamRZ 2006, 1395, jeweils noch ergangen zur Vorschrift des § 653 ZPO; Johannsen/Maier, Familienrecht, 5. Aufl., § 237 FamFG, Rn.7). Dass die Zulassung des Einwandes des Forderungsübergangs zu einer Zeitverzögerung führen würde, wird im hiesigen Verfahren insbesondere dadurch deutlich, dass die Mutter des Antragstellers erklärt hat, ihr Ehemann A... S... habe ab März 2011, dem Zeitpunkt der Trennung, keinerlei Barunterhaltszahlungen für den Antragsteller erbracht (Seite 2 des Anhörungsvermerks vom 12.02.2014). Da der Antragsgegner diesen Sachvortrag bestreitet, wäre eine, womöglich umfangreiche Beweisaufnahme vonnöten, da ein Forderungsübergang nach § 1607 Abs. 3 BGB nur in Höhe der tatsächlich erbrachten Unterhaltsleistungen stattfindet.

Unter diesen Umständen erübrigt sich auch eine Klärung der bisher nicht angesprochenen Frage, ob der Antragsteller Zahlungen nach dem UVG erhalten hat und es deswegen zu einem Forderungsübergang gekommen ist (vgl. OLG Naumburg a.a.O.). Bei der Entscheidung des Familiengerichts hat es daher zu verbleiben und die Beschwerde ist zurückzuweisen. ..." (OLG Nürnberg, Beschluss vom 05.08.2014 - 10 UF 416/14).

***

Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder gegen ihre Großeltern nach § 1607 Abs. 1 BGB (Ersatzhaftung) sind nach § 232 Abs. 1 Nr. 2 FamFG vor dem Amtsgericht geltend zu machen, in dessen Bezirk der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes liegt. Zur Begründung einer Ersatzhaftung der Großeltern reicht es nicht aus, dass nur der barunterhaltspflichtige Elternteil leistungsunfähig ist. Vielmehr muss hinzukommen, dass dem betreuenden Elternteil die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist (OLG Hamm, Beschluss vom 25.10.2012 - 6 WF 232/12).

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Der Anrechnung fiktiver Einkünfte bei der Berechnung eines Anspruchs auf Kindesunterhalt steht § 1611 II BGB auch dann entgegen, wenn das minderjährige Kind eine vorangegangene Ausbildung abgebrochen hat und es sich um die Ersatzhaftung nach dem nichtehelichen Vater gem. §§ 1615l III, 1607 BGB handelt. Die Ersatzhaftung der Eltern der nichtehelichen Mutter erstreckt sich nach Maßgabe des § 1615l I BGB auf die Zeit von sechs Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt des Kindes, weil wegen der Beschäftigungsverbote nach §§ 3 II, 6 MuSchG die Berechtigte eine Erwerbstätigkeit nicht ausüben muss. Die Ersatzhaftung der Eltern der nichtehelichen Mutter ist in der Regel auf den Zeitraum begrenzt, in der nach § 1615l II BGB der nichteheliche Vater auf Unterhaltszahlungen in Anspruch genommen werden könnte. Die Frage, wie lang Eltern einer nichtehelichen Mutter auf eine Ersatzhaftung in Anspruch genommen werden können, ist nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung des in § 1602 BGB normierten Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit des volljährigen Kindes zu entscheiden. Dabei ist unter anderem darauf abzustellen, welchen Ausbildungsstand die Unterhaltsberechtigte hat, welche Kinderbetreuungsmöglichkeiten tatsächlich zur Verfügung stehen und welchen Beitrag der Vater des nichtehelichen Kindes zu dessen Betreuung leisten kann (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 04.06.2009 - 2 UF 328/08 zu BGB §§ 1602 II, 1607, 1611, 1615l I bis III).

***

„... Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Mainz vom 25. August 2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Monate Oktober bis Dezember 2007 einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 1.458,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2008 zu zahlen. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab dem 1. Januar 2008 bis zur Beendigung des Studiums der Rechtswissenschaften einen monatlichen Unterhalt von 486,00 EUR zu zahlen, zahlbar im Voraus bis zum 1. eines jeweiligen Monats. Der Beklagte wird verurteilt, ab dem 15. Januar 2008 jeweils zum 15. Januar eines Jahres und zum 15. Juni eines Jahres bis Beendigung des Studiums der Rechtswissenschaften an die Klägerin allgemeine Studiengebühren nach dem Landeshochschulgebührengesetz zuzüglich des Beitrages für das Studentenwerk und des Verwaltungskostenbeitrags in der jeweils gültigen Höhe, derzeit zusammen 602,00 EUR, zu zahlen. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Verfahrenskosten von 546,69 EUR zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszugs tragen die Klägerin zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5. Von den Kosten der ersten Instanz trägt die Klägerin 1/3, der Beklagte 2/3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I. Die am ... Januar 1987 geborene Klägerin ist die Tochter des Beklagten. Dieser hat mit Jugendamtsurkunde vom 5. November 1987 die Vaterschaft anerkannt und sich verpflichtet, den Regelunterhalt bis zum vollendeten 18. Lebensjahres zu zahlen. Der Beklagte hat zunächst Kindesunterhalt geleistet und die Zahlungen nach Verlust seiner Arbeitsstelle eingestellt. In den letzten zehn Jahren hat er keinen Unterhalt gezahlt. Die Kindesmutter hat am 30. August 2005 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin geheiratet und lebt seit Oktober 2006 von diesem getrennt.

Die Klägerin hat ab April 2005 in einem Internat … gelebt und im Juni 2008 das Abitur gemacht. Zum Wintersemester 2007/2008 hat sie an der Universität T… das Studium der Rechtswissenschaften aufgenommen. Sie hat dafür monatliche Studiengebühren nach dem Landeshochschulgebührengesetz, einen Beitrag für das Studentenwerk und einen Verwaltungskostenbeitrag von derzeit insgesamt 602,00 EUR pro Semester zu entrichten, zu zahlen jeweils bei Rückmeldung zum 15. Januar bzw. 15. Juni des Jahres. Mit anwaltlichem Schreiben vom 3. Oktober 2007 hat die Klägerin den Beklagten über den Beginn des Studiums unterrichtet und ihn zur Vorbereitung eines Antrags auf Gewährung von BAföG-Leistungen um Angaben zu seinen finanziellen Verhältnissen aufgefordert.

Der Beklagte ist verheiratet und hat aus dieser Ehe einen am 10. Dezember 1992 geborenen Sohn. Er wohnt in einer im Eigentum seiner Ehefrau stehenden Eigentumswohnung, für die er die Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 900,00 EUR monatlich und die Nebenkosten von 131,14 EUR monatlich trägt. Seine Ehefrau übt eine Halbtagstätigkeit aus.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten rückständigen Ausbildungsunterhalt für die Zeit von Oktober 2007 bis Dezember 2007 sowie laufenden Unterhalt ab dem 1. Januar 2008. Sie begehrt ferner die Zahlung der jeweiligen Studiengebühren, des Beitrags für das Studentenwerk und des Verwaltungskostenbeitrags von insgesamt 602,00 EUR pro Semester und diesen Betrag als Rückstand für das Wintersemester 2007/2008 sowie die Erstattung vorgerichtlicher Kosten von 906,30 EUR.

Die Klägerin hat geltend gemacht, ihre Mutter sei nicht leistungsfähig. Sie habe nur ein Einkommen von 818,32 EUR netto aus ihrer Tätigkeit bei der B… GmbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist.

Das Amtsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Es ist von einem Nettoeinkommen des Beklagten von 2.638,87 EUR bzw. von 2.661,22 EUR von Juli 2007 bis Juni 2008 ausgegangen. Nach Abzug von Fahrtkosten für die kürzeste Wegstrecke von 400,00 EUR und 77,93 EUR für eine weitere Altersversorgung verblieben dem Beklagten 2.160,94 EUR. Damit sei er in jedem Fall in der Lage, den Unterhalt von 486,00 EUR an die Klägerin zu zahlen. Die Ehefrau des Beklagten sei unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen, da sie ihren Bedarf aus eigenen Einkünften decken könne. Der Wohnvorteil des Beklagten belaufe sich nach Abzug der Darlehensverbindlichkeiten auf Null. Die den Wohnwert übersteigenden Darlehensverbindlichkeiten seien nicht zu berücksichtigen, da sie der Vermögensbildung der Ehefrau dienten. Die verbrauchsabhängigen Nebenkosten seien aus dem Selbstbehalt zu erbringen. Ein fiktives Einkommen der Kindesmutter müsse sich die Klägerin nicht entgegenhalten lassen. Die auf Zahlung von 1.200,00 EUR für die Anschaffung eines Laptops nebst Zubehör erhobene Klage der Klägerin hat das Amtsgericht abgewiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte sein Begehren auf Abweisung der Klage insgesamt weiter. Er macht geltend, er sei seiner Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet, da diese aus ihrer Halbtagstätigkeit nur ein bereinigtes Einkommen von 956,63 EUR erziele. Von seinem Einkommen seien Fahrtkosten in Höhe von 550,00 EUR, 200,00 EUR für eine weitere Lebensversicherung, 343,00 EUR an Unterhalt für seinen Sohn, 75,00 EUR seines Sohnes für den Besuch des Konservatoriums, 900,00 EUR für Darlehensverbindlichkeiten und 131,14 EUR Nebenkosten monatlich in Abzug zu bringen. Die Klägerin habe die Einkünfte ihrer Mutter unzutreffend dargestellt. Selbst wenn sie lediglich Einkünfte aus einer Teilzeittätigkeit erziele, seien ihr ein Wohnwert für mietfreies Wohnen sowie der Unterhaltsanspruch gegen den von ihr getrennt lebenden Ehemann anzurechnen. Die Kindesmutter dürfte über monatliche Gesamteinkünfte von mindestens 2.400,00 EUR verfügen und sei gegenüber der Klägerin barunterhaltspflichtig.

Der Beklagte beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Mainz vom 25. August 2008 die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Ihre Anschlussberufung, mit der sie zunächst die Verurteilung des Beklagten auf Zahlung von 1.200,00 EUR für den Laptop nebst Zubehör beantragt hat, hat sie zurückgenommen.

Der Senat hat den Prozessbevollmächtigten der Klägerin als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 18. November 2008 (Bl. 386 bis 390 GA) verwiesen.

II. Das in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Rechtsmittel des Beklagten hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

Der Unterhaltsbedarf der volljährigen und studierenden Klägerin beläuft sich auf 640,00 EUR abzüglich des Kindergeldes von 154,00 EUR, mithin auf 486,00 EUR monatlich (vgl. Ziff. 13.2 der Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Koblenz, KoL; Stand: 1. Januar 2008).

Dieser Betrag deckt den gesamten Bedarf des studierenden Kindes ab. Nicht darin enthalten sind jedoch die Studiengebühren (Anm. A.9 der Düsseldorfer Tabelle; Stand: 1. Januar 2008). Es handelt sich dabei um Mehrbedarf (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rdn. 365). Dieser kann für die Vergangenheit nur unter den Voraussetzungen des Verzugs verlangt werden. Hier hat die Klägerin den Beklagten erst nach Aufnahme des Studiums und damit nach Zahlung der Studiengebühren für das Wintersemester 2007/2008 zur Auskunft aufgefordert. Damit kann die Klägerin von dem Beklagten von vornherein nicht die rückständigen Studiengebühren für das Wintersemester 2007/2008 in Höhe von 602,00 EUR verlangen.

Die Klägerin hat keine Einkünfte, sie erhält insbesondere keine BAföG-Leistungen. Sie kann sich an den allein leistungsfähigen Beklagten halten und muss nicht ihre - grundsätzlich gleichrangig zum Unterhalt verpflichtete Mutter - in Anspruch nehmen.

Die Mutter der Klägerin ist nicht leistungsfähig. Sie verfügt über ein Einkommen weit unterhalb des Selbstbehalts von 1.100,00 EUR. Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass sie von ihrem getrennt lebenden Ehegatten, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und Zeugen Dr. G…, Trennungsunterhalt erhält. Der Zeuge hat den dahingehenden Sachvortrag des Beklagten nicht bestätigt. Er hat glaubhaft bekundet, die Mutter der Klägerin unterhalte sich selbst und er zahle keinen Trennungsunterhalt. Vielmehr unterstütze er die Mutter der Klägerin gelegentlich mit darlehensweise zur Verfügung gestellten kleineren Geldbeträgen. Der Beklagte hat somit nicht ein den Selbstbehalt übersteigendes Einkommen der Kindesmutter zu beweisen vermocht.

Es kann dahin stehen, ob der Kindesmutter wegen Verletzung ihrer Erwerbsobliegenheit fiktiv ein höheres Einkommen zuzurechnen ist. Eine Mithaftung für die Unterhaltsansprüche der Klägerin aus Zurechnung fiktiver Einkünfte kommt nicht in Betracht, die Klägerin kann sich vielmehr allein an den leistungsfähigen Beklagten halten, § 1607 Abs. 2 BGB. Ist absehbar, dass der Gläubiger aus einem erlangten Titel gegen einen gleich nahen Verwandten nicht mit Erfolg vollstrecken kann, so kann der auf ihn entfallende Anteil gem. § 1607 Abs. 2 BGB von dem oder den Mitverpflichteten verlangt werden. Nach allgemeiner Ansicht gilt die Ersatzpflicht nach § 1607 Abs. 2 BGB auch dann, wenn der bisher betreuende, nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes barunterhaltspflichtige Elternteil allenfalls fiktiv zuzurechnende Einkünfte hat (OLG Hamm NJW-RR 2006, 509; OLG Nürnberg FamRZ 2000, 687, 688; Palandt/Diederichsen, BGB, 68. Aufl., § 1607 Rdn. 12; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 2 Rdn. 608). Denn auf solche lediglich fiktiven Einkünfte kann im Wege der Vollstreckung nicht zurückgegriffen werden. Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich nicht aus der von dem Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30. Juli 2008 (Az. XII ZR 126/06, FamRZ 2008, 2104, 2106). Lediglich im Rahmen der Bemessung des Ehegattenunterhalts und des vorweg abzuziehenden Unterhalts der volljährigen Kinder ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das fiktive Einkommen eines Ehegatten einzubeziehen. Im Verhältnis zwischen volljährigem Kind und Eltern verbleibt es jedoch bei Regelung des § 1607 Abs. 2 BGB. Soweit sich ein Elternteil fiktives Einkommen zurechnen lassen muss, findet ein Anspruchsübergang auf den leistenden Ehegatten statt, § 1607 Abs. 2 Satz 2 BGB.

Der Beklagte hat nach seinem eigenen Vorbringen ein Einkommen von 2.661,22 EUR. Davon sind Fahrtkosten von 400,00 EUR für die kürzeste Strecke in Abzug zu bringen. Als zusätzlicher Beitrag zur Altersversorgung ist ein Betrag von 77,93 EUR zu berücksichtigen. Damit ist insgesamt eine zusätzliche Altersversorgung in Höhe von 4 % des Bruttoeinkommens anerkannt. Weitere Beträge können nicht deswegen berücksichtigt werden, weil von dem Einkommen des Beklagten monatlich 127,82 EUR in eine Direktversicherung zur Altersvorsorge abgeführt werden. Der Beklagte ist unterhaltsrechtlich gehalten, seine private Rentenversicherung ruhend zu stellen.

Das Amtsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, die Darlehensverbindlichkeiten des Beklagten für die eheliche Wohnung könnten nur in Höhe des Wohnwerts berücksichtigt werden. Die monatlichen Zinsleistungen des Beklagten belaufen sich ausgehend von einem Zinssatz von 4,49 % und einer Darlehenssumme von 100.000,00 EUR (Darlehensvertrag vom 19. Juli 2006, Bl. 255 ff. GA) auf anfänglich 374,17 EUR. Die Tilgungsleistungen dienen der Vermögensbildung. Sie sind in Kenntnis der gegenüber der Klägerin grundsätzlich bestehenden Unterhaltspflicht begründet worden und können unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigt werden. Der Beklagte trägt auch die monatlichen verbrauchsunabhängigen Kosten von 131,14 EUR, was eine maximale monatliche Belastung von insgesamt 505,31 EUR ergibt. Dieser Betrag ist, da die Ehefrau des Beklagten ebenfalls Einkünfte aus Erwerbstätigkeit erzielt, im Verhältnis der beiden Einkommen und damit in einem Verhältnis von 2/3 zu 1/3 aufzuteilen. Er verbleibt eine monatliche Belastung für den Beklagten von 336,87 EUR. Da sich dieser Betrag unterhalb der in dem Selbstbehalt enthaltenen Kaltmiete von 350,00 EUR bewegt, scheidet eine Berücksichtigung weiterer Zinszahlungen aus.

Von dem verbleibenden Einkommen des Beklagten ist der um den Kindergeldanteil bereinigte Unterhalt von 288,00 EUR für den gegenüber der Klägerin vorrangigen minderjährigen Sohn M… in Abzug zu bringen, § 1609 Nr. 1 BGB. Bei der Bemessung des Unterhalts des minderjährigen Kindes ist, da dessen Mutter im Wesentlichen die Betreuungsleistung übernimmt, das Einkommen des Beklagten zu Grunde zu legen.

Die Kosten für den Besuch des Konservatoriums von 75,00 EUR sind nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei um Kosten für den Gitarrenunterricht des Sohnes des Beklagten. Dabei handelt es sich nicht um einen zusätzlichen Bedarf sondern um Kosten, die aus dem laufenden Kindesunterhalt zu decken sind.

Das ergibt folgende Berechnung des Einkommens des Beklagten:

2.661,22 EUR
- 400,00 EUR
- 79,93 EUR
- 288,00 EUR
1.893,29 EUR

Nach Abzug des Selbstbehalts von 1.100,00 EUR verbleibt dem Beklagten ein Einkommen von 793,29 EUR.

Davon kann er den Unterhaltsbedarf der Klägerin von 486,00 EUR sowie deren Mehrbedarf für die Studiengebühren ab dem Sommersemester 2008 in Höhe von 602,00 EUR pro Semester - entspricht 100,30 EUR pro Monat - sowie den vorrangigen Unterhaltsbedarf seiner Ehefrau (§ 1609 Nr. 3 BGB) decken. Nach Abzug des Unterhaltsbedarfs der Klägerin von insgesamt 586,30 EUR verbleibt dem Beklagten ein freies Einkommen von 206,99 EUR und seiner Ehefrau ein angemessener Unterhalt.

Dem Beklagten ist darin zuzustimmen, dass der Ehefrau des Unterhaltsverpflichteten grundsätzlich die Hälfte des gemeinsamen bereinigten Nettoeinkommens verbleiben muss (BGH FamRZ 2004, 24). Begehrt jedoch - wie hier - ein nicht privilegiertes volljähriges Kind (aus einer früheren Verbindung) des Verpflichteten Unterhalt, ist der anteilige Familienunterhalt des jetzigen Ehegatten des Schuldners grundsätzlich unter Vorwegabzug des Unterhalts des volljährigen Kindes zu berechnen, da die Unterhaltspflicht gegenüber diesem Kind die ehelichen Lebensverhältnisse prägt. Allerdings muss der Vorrang des jetzigen Ehegatten gewahrt bleiben. Zwischen dem Unterhalt des Ehegatten und dem Unterhalt des volljährigen Kindes darf kein Missverhältnis entstehen. Dem Ehegatten muss daher ein Mindestbedarf bleiben (BGH FamRZ 2003, 860, 865; Wendl/Staudigl, § 3 Rdn. 79). Der Ehegatte hat einen Anspruch auf einen angemessenen, nicht nur auf notwendigen Unterhalt, § 1360 Satz 1 BGB.

Vorliegend prägt die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin die ehelichen Verhältnisse. Dabei kommt es nicht maßgeblich darauf an, ob der Beklagte in der Vergangenheit regelmäßig Unterhalt an die Klägerin geleistet hat. Denn die Unterhaltspflicht bestand schon bei Eheschließung. Wenn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 2006, 683) ein nach der Scheidung geborenes Kind die ehelichen Verhältnisse prägt, dann ist erst recht ein bereits vor Eheschließung geborenes Kind eheprägend.

Der Ehefrau des Beklagten verbleibt ein angemessener Unterhalt. Sie verfügt über ein um das Kindergeld bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von 1.229,13 EUR (vgl. Gehaltsbescheinigung von Januar 2008, Bl. 409 GA). Davon sind Fahrtkosten von 70,00 EUR, ein Betrag von 49,07 EUR für eine Unfallversicherung und weitere 58,43 EUR für eine Lebensversicherung in Abzug zu bringen. Es verbleibt ein Einkommen von 1.051,63 EUR. Die Kosten für die Schülerjahreskarte des minderjährigen Sohnes M... von 55,00 EUR sind nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen sondern aus dem laufenden Kindesunterhalt zu decken.

Somit steht der Ehefrau des Beklagten aus dem Familieneinkommen insgesamt ein monatlicher Betrag von 1.258,62 EUR (1.051,63 EUR + 206,99 EUR) zur Verfügung. Sie kann damit weit mehr als ihren monatlichen notwendigen Eigenbedarf von 800,00 EUR (vgl. Anm. B.VII der Düsseldorfer Tabelle; Stand: 1. Januar 2008) decken und ist in ihrer Lebensführung durch die Unterhaltszahlungen des Beklagten an die Klägerin nicht unterhaltsrechtlich relevant eingeschränkt.

Nach alledem kann die Klägerin von dem Beklagten rückständigen Unterhalt für die Zeit von Oktober bis Dezember 2007 in Höhe von 1.458,00 EUR (3 x 486,00 EUR) und ab dem 1. Januar 2008 laufenden monatlichen Unterhalt von 486,00 EUR sowie 602,00 EUR pro Semester für die Dauer ihres Studiums der Rechtswissenschaften verlangen.

Der Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Verfahrenskosten ist unter dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß § 286 BGB begründet, jedoch nur in Höhe von 546,69 EUR. Anzusetzen ist eine 1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV-RVG aus einem Streitwert von 5.832,00 EUR (12 x 648,00 EUR), mithin 439,40 EUR. Zuzüglich der Auslagenpauschale von 20,00 EUR gem. Nr. 7001 VV-RVG und der Mehrwertsteuer von 87,29 EUR ergibt sich ein Ersatzanspruch von 546,69 EUR. Eine 1,8 Geschäftsgebühr ist nicht gerechtfertigt, denn es handelte sich um eine Angelegenheit durchschnittlichen Umfangs und Schwierigkeitsgrads. ... (OLG Koblenz, Urteil vom 23.12.2008 - 11 UF 519/08)

§ 1608 Haftung des Ehegatten oder Lebenspartners

(1) Der Ehegatte des Bedürftigen haftet vor dessen Verwandten. Soweit jedoch der Ehegatte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren, haften die Verwandten vor dem Ehegatten. § 1607 Abs. 2 und 4 gilt entsprechend. Der Lebenspartner des Bedürftigen haftet in gleicher Weise wie ein Ehegatte.

(2) (weggefallen)

Leitsätze/Entscheidungen:

„... I. Die Beschwerde des Antragsgegners richtet sich gegen seine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten der Erstausstattung seines Sohnes sowie die Verpflichtung zur Bezahlung rückständigen und laufenden Unterhalts gemäß § 1615l BGB an die Kindsmutter.

Die jeweils verheirateten und sonst kinderlosen Beteiligten hatten eine außereheliche Beziehung, aus der der gemeinsame Sohn K., geboren am 4.7.2013, hervorging. Die Antragstellerin hatte sich vorübergehend (ab Mai 2011) wegen des Antragsgegners auch von ihrem Ehemann getrennt, wobei der Antragsgegner die außereheliche Beziehung nach Feststellen der Schwangerschaft aufgegeben hatte. Beide Elternteile leben mittlerweile (wieder) mit ihren jeweiligen Ehepartnern zusammen. Die Vaterschaft des Antragsgegners wurde nach Einholung eines Abstammungsgutachtens im Vaterschaftsanfechtungsverfahren 6 F 1274/13 vom AG Reutlingen festgestellt.

Die Antragstellerin war bis zur Geburt von K. und jetzt wieder seit 1.7.2015 berufstätig bei der K. GmbH & Co. KG, wo sie vor der Geburt des Sohnes rund 2.400,-- € netto monatsdurchschnittlich verdient hatte. Ihr Ehemann C. J. verfügt über ein geringeres monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen.

Der Antragsgegner hatte von Juni 2013 bis Mai 2014 seinen Angaben nach ein monatliches (Steuer-)bruttoeinkommen von rund 7.905,-- € (netto ca. 4.200,-- €) ohne Erfolgsprämie, ebenfalls bei der K. GmbH & Co. KG. Seine teilzeitbeschäftigte Ehefrau verdient bei der D. monatsdurchschnittlich netto ca. 900,-- €.

Die Antragstellerin lässt sich das Elterngeld in Höhe von 900,-- € in vollem Umfang auf ihren Bedarf anrechnen und macht von ihrem Restbedarf nur die Hälfte in Höhe von 750,-- € als Unterhaltsanspruch gegen die Antragsgegner geltend. Nach der erstinstanzlichen Entscheidung teilte sie dem Antragsgegner (Bl. 203) mit Schreiben vom 4.8.2015 mit, dass sie ab 1.7.2015 keine Unterhaltsansprüche mehr gegen den Antragsgegner geltend mache, da sie mittlerweile wieder einer vollschichtigen Berufstätigkeit nachgehe.

Das Familiengericht hat den Antragsgegner antragsgemäß zur Erstattung der Erstausstattungskosten und einem monatlichen Unterhalt in Höhe von 750,-- € sowie Unterhaltsrückständen für die Zeit von Juli 2013 bis Januar 2015 in Höhe von 3.540,-- € verpflichtet.

Dagegen richtet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde und beantragt die Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses und Zurückweisung der Anträge.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass der Ehemann der Antragstellerin im Hinblick auf den Familienunterhaltsanspruch gemäß § 1360 BGB vorrangig unterhaltsverpflichtet sei. Der Beschwerdeführer habe daher die bisherigen Unterhaltsleistungen überzahlt und insoweit auch einen Rückforderungsanspruch gegen die Antragstellerin gemäß § 812 BGB, mit dem er bezüglich der Erstausstattungsforderung aufrechne.

Im Übrigen sei der Antragsgegner im Hinblick auf den Unterhaltsbedarf seiner Ehefrau, der entsprechend § 1609 Ziff. 2 BGB gleichrangig zu befriedigen sei, nicht leistungsfähig. Aufgrund der langen Dauer seiner am 15.1.1999 geschlossenen Ehe sei demgegenüber der Unterhaltsanspruch der Beschwerdegegnerin nicht vorrangig. Der angefochtene Beschluss sei zeitlich zu begrenzen bis einschließlich 30.6.2015, da die Beschwerdegegnerin ab 1.7.2015 nicht mehr unterhaltsbedürftig sei.

Mit dem Beschwerdeabweisungsantrag beruft sich die Antragstellerin darauf, dass ein voriger Anspruch der Beschwerdegegnerin gegen ihren Ehemann auf Familienunterhalt daran scheitere, dass jener ein geringeres Einkommen erziele. Im Übrigen werde dem Zusammenleben mit ihrem Ehemann im Hinblick auf den Unterhaltsanspruch dadurch Rechnung getragen, dass lediglich die Hälfte des Bedarfs in Höhe von 750,-- € monatlich geltend gemacht werde. Der Beschwerdeführer sei auch leistungsfähig, da er bis einschließlich November 2014 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 630,-- € bezahlt habe.

Der Senat hat von einer weiteren mündlichen Verhandlung gemäß § 68 Abs. 3 FamFG mangels neuen Erkenntnisgewinnes abgesehen und die Beteiligten auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen.

II. Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig, jedoch unbegründet. Die Antragstellerin hat einen Unterhaltsanspruch gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB gegen den Antragsgegner, der weder aufgrund einer Vorrangigkeit des Familienunterhaltsanspruchs gemäß §§ 1360, 1360a BGB gegen den Ehemann der Antragstellerin noch wegen einer Gleichrangigkeit der unterhaltsberechtigten Ehefrau des Antragsgegners gemäß § 1609 Ziff. 2 oder dessen Leistungsunfähigkeit entfällt. Der Betreuungsunterhaltsanspruch wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes K. ist auch nicht durch die analoge Anwendung des § 1586 Abs. 1 BGB, eine entsprechende Anwendung des § 1608 BGB oder durch den Rechtsgedanken und die analoge Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB ausgeschlossen.

a) Ein Rangverhältnis der Unterhaltsansprüche in der Form, dass der Anspruch gegen den Ehemann gemäß § 1360 BGB der stärkere ist und der gegen den nichtehelichen Vater gemäß § 1615 l BGB dahinter zurücktritt, gibt es nicht. Vielmehr wird in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zur anteiligen Haftung analog § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB bei konkurrierenden Betreuungsunterhaltsansprüchen der Mutter ehelicher und nichtehelicher Kinder gegen den getrennt lebenden Ehemann einerseits und den nichtehelichen Vater andererseits (BGH FamRZ 1998, 541) von einem Grundsatz gleichrangiger Unterhaltspflicht ausgegangen (KG NZFam 2015, 721; BGH FamRZ 08, 1739). Anders als in dem vom KG entschiedenen Fall und den zitierten Entscheidungen des BGH zur Aufteilung der Verantwortlichkeit zwischen dem Ehemann und dem Vater sind die beteiligten Eltern hier in ihren jeweiligen Ehen kinderlos. Im vorliegenden Fall liegt es sogar so, dass, wenn die Antragstellerin kein Kind bekommen hätte, sie auch gegenüber ihrem Ehemann im Falle des Getrenntlebens nicht unterhaltsbedürftig und unterhaltsberechtigt geworden wäre, da sie weiterhin in vollem Umfang erwerbstätig und damit gegenüber ihrem Ehemann in höherem Maße leistungsfähig geblieben wäre. Gerade in diesem Fall ist eine Alleinhaftung des nichtehelichen Vaters sachgerecht (vgl. Viefhus in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., juris PK-BGB, 7. Auflage 2014, § 1615l BGB RZ 214 m.w.N.).

b) Der streitgegenständliche Unterhaltsanspruch der Antragstellerin scheidet auch nicht wegen ihrer nach der Schwangerschaft wieder aufgenommenen und bis heute bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann entsprechend § 1586 Abs. 1 BGB aus. Im Gegensatz zu der Anwendung des §1586 Abs. 1 BGB in Fällen, in denen das nichteheliche Kind in den Schutzbereich der Ehe durch eine spätere Heirat der Eltern einbezogen wird, liegt hier ein Fall vor, in dem das nichteheliche Kind gerade in eine weiterhin bestehende eheliche Beziehung drängt. Nach der insoweit zutreffenden Rechtsprechung des Kammergerichts( a.a.O.) würde die analoge Anwendung des § 1586 BGB auf Fälle, in denen ein Kind außerehelich gezeugt wird, dies aber gerade nicht zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft und Begründung einer neuen Lebensgemeinschaft mit dem Vater des außerehelich gezeugten Kindes führt, auf eine Doppelanalogie des § 1586 BGB hinauslaufen. § 1586 Abs. 1 BGB setzt nämlich nicht nur eine Wiederheirat voraus, an deren Stelle vorliegend die Fortsetzung der Ehe treten soll, sondern außerdem, dass ein anderweitiger Unterhaltsanspruch bereits besteht, der durch die Wiederheirat zum Erlöschen gebracht wird. Der Anspruch aus § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB wird hier aber nicht durch die Fortsetzung der Ehe der Antragstellerin mit dem Ehemann zum Erlöschen gebracht, sondern soll angesichts bestehender Ehe erst gar nicht zur Entstehung gelangen. Insoweit kommt es hier auch nicht nur auf die Interessen- und Versorgungslage der Mutter, sondern auch auf die Sicht des unstreitig nicht leistungsfähigen Ehemannes der Mutter an, der an der Zeugung des Kindes unbeteiligt war und die damit einhergehende finanziellen Belastungen hinnehmen muss, will er weitergehende Auswirkungen auf sein Familienleben - wie etwa die Trennung von der Kindesmutter - vermeiden (so KG a.a.O.).

c) Auch der in § 1608 Satz 1 BGB normierte grundsätzliche unterhaltsrechtliche Vorrang des Ehegattens der Antragstellerin ist hier aufgrund der in § 1615l Abs. 3 Satz 2 BGB lege specialiter festgelegten Vorrangstellung und primären Unterhaltsverpflichtung des nichtehelichen Vaters nachrangig.

d) Der im Verwirkungsgrund des § 1579 Nr. 2 BGB enthaltene Rechtsgedanke führt hier ebenfalls nicht zum Wegfall der Betreuungsunterhaltsanspruchs der Antragstellerin. Entgegen der Verwirkungsgründe im Ehegattenunterhaltsrecht setzt § 1615 l Abs. 2 BGB ein (früheres) Zusammenleben und eine daraus resultierende engere Verbundenheit der Eltern gerade nicht voraus (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2011, 735). Insbesondere fehlt es auch an einer groben Unbilligkeit im Sinne des § 1579 BGB, weil die beteiligten Eltern nach der Geburt des Kindes zu keinem Zeitpunkt in eheähnlicher Gemeinschaft zusammengelebt und ein solches Zusammenleben jedenfalls ab der Schwangerschaft der Antragstellerin auch nicht geplant hatten, so dass ein im Rahmen des § 1579 Nr. 2 BGB vorausgesetzten Herauslösen aus der ehelichen Solidarität durch eine neue bzw. hier die „alte" Lebensgemeinschaft gerade nicht vorliegt, weshalb sich eine analoge Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB verbietet (so auch OLG Nürnberg a.a.O.).

2. Mit dem Familiengericht (vgl. schon den Hinweisbeschluss vom 1.6.2015, Bl. 149) geht auch der Beschwerdesenat davon aus, dass der Unterhaltsanspruch der Ehefrau des Antragsgegners hier nachrangig ist, da die Voraussetzungen des § 1609 Ziff.2 BGB nicht vorliegen. Eine Gleichrangigkeit gemäß § 1609 Ziff. 2 BGB setzt sowohl das Bestehen einer Ehe von langer Dauer als auch die Feststellung von Nachteilen im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB voraus.

a) Nachdem, wie unter b) ausgeführt wird, ein ehebedingter Nachteil der Ehefrau des Antragsgegners hier weder dargetan noch ersichtlich ist, kann letztlich dahingestellt bleiben, ob es sich bei der am 15.1.1999 geschlossenen Ehe des Antragsgegners um eine solche von langer Dauer handelt, da sie bis zur Geburt von K. 14,5 Jahre lang dauerte und bis zur Entscheidung über den Unterhaltsanspruch 16,5 Jahre. Nach der Rechtsprechung (vgl. dazu OLG Celle FamRZ 2009, 348 m.w.N.) dürfte es sich bei der vorliegenden Ehe um eine im unteren Bereich der „langen Dauer" anzusiedelnden handeln, da eine Ehe erst ab etwa 15 Jahren als „lang" angesehen wird. Dies ist jedoch hier nicht entscheidungsrelevant, da der 2. Rang jedenfalls nur dann gewahrt ist, wenn über das Zeitmoment hinaus der unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingte Nachteile erlitten hat (so jedenfalls der BGH FamRZ 2008, 1911 im Fall eines gemäß §§ 1609 Nr. 2,3 nachrangigen -geschiedenen- Ehegatten).

b) Nichts anderes muss aber in dem Fall der konkurrierenden verheirateten und -wie hier- kinderlosen Ehefrau gelten. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Ehefrau selbst bei Vorliegen eines ehebedingten Nachteils, wie er jedoch gerade nicht dargelegt ist, im Gegensatz zur Antragstellerin mangels Kinderbetreuung in der Lage ist, einen möglichen Nachteil z.B. durch Ausweitung ihrer Berufstätigkeit auszugleichen. Bei der Feststellung des ehebedingten Nachteils soll die Rechtsprechung zu § 1578b BGB zu beachten sein und ein solcher Nachteil folglich vorliegen, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (vgl. Viefhus a.a.O. § 1609 RZ 49 und 53 m.w.N.).

Zum Bestehen eines ehelichen Nachteils bei seiner teilzeiterwerbstätigen Ehefrau hat der Beschwerdeführer nichts vorgetragen. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die 50jährige Ehefrau weder aus gesundheitlichen noch aus ehebedingten Gründen in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist. Nachdem somit die Voraussetzungen einer Gleichrangigkeit der Antragstellerin und der Ehefrau des Antragsgegners gemäß § 1609 Ziff. 2 BGB nicht vorliegen, kommt eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens des Antragsgegners auch nicht in Betracht, da eine solche nur im Fall der Gleichrangigkeit durchgeführt wird (vgl. Viefhus a.a.O. § 1615 l RZ 218 ff.).

3. Auch der Höhe nach gibt es keinen Anlass zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung, wobei die Zugrundelegung eines (nur hälftigen) Bedarfs in Höhe von 750,-- € in Anlehnung an das Einkommen der Antragstellerin vor der Geburt von K. und nicht entsprechend ihrer ehelichen Lebensverhältnisse sich zugunsten des Antragsgegners auswirkt. Darüber hinaus hat der Beschwerdesenat auch keine Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners und der Wahrung der erforderlichen Deckelung durch den Halbteilungsgrundsatz bei dem geltend gemachten Bedarf der Antragstellerin. Den eigenen Angaben des Antragsgegners nach verfügt er über monatsdurchschnittliche Nettoeinkünfte von 4.138,-- € (Bl. 92), abzüglich berufsbedingter

Aufwendungen somit in Höhe von 3.931,00 €
abzüglich Kindesunterhalt in Höhe von 390,00 €
zuzüglich Wohnwert in Höhe von 1.000,00 €
insgesamt 4.541,00 € monatlich.

Selbst bei der Berücksichtigung der behaupteten monatlichen Belastungen und Schulden des Antragsgegners in Höhe von 2.172,54 € ist der Antragsgegner damit noch leistungsfähig für den geltend gemachten Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 750,-- €.

4. Soweit der Antragsgegner die Zurückweisung des Unterhaltsanspruchs für den Zeitraum ab dem 1.7.2015 geltend macht, so hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren weder den Wegfall der Bedürftigkeit nach dem 1.7.2015 ausdrücklich geltend gemacht (Bl. 241) noch demgegenüber signalisiert, dass bei einem Wegfall des Bedarfs - wie behauptet - der titulierte Unterhaltsanspruch für diesen Zeitraum weiter verfolgt oder gar vollstreckt werden wird (vgl. Bl. 209). Insoweit besteht derzeit kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs. ..." (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.12.2015 - 18 UF 123/15)

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§ 1609 Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:

1. minderjährige unverheiratete Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2,
2. Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen,
3. Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen,
4. Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen,
5. Enkelkinder und weitere Abkömmlinge,
6. Eltern,
7. weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.

Hinweis:

Diese Gesetzesänderung benachteiligt gezielt nachrangige Berechtigte. Der geschiedene Ehegatte des Schuldners, der keine Kinder mehr betreut und nicht lange verheiratet war, wird auf Hartz-IV-Leistungen verwiesen.

Eine zweistufige Mangelfallberechnung ist nicht mehr erforderlich.

Der Staat hält die Hand auf, weil sich in vielen Fällen kein steuerlich abzugsfähiger Ehegattenunterhalt mehr ergibt.

Leitsätze/Entscheidungen:

Schuldet ein Elternteil nach dem Tod des anderen Elternteils seinem fremduntergebrachten minderjährigen Kind neben dem Barunterhalt auch Betreuungsunterhalt, so ist der Betreuungsunterhalt grundsätzlich pauschal in Höhe des Barunterhalts zu bemessen. Für einen davon abweichenden Betreuungsbedarf trägt derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der sich darauf beruft (im Anschluss an Senatsurteil vom 30. August 2006 - XII ZR 138/04, FamRZ 2006, 1597). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige aus der höchsten Einkommensgruppe und der dritten Altersstufe (12 bis 17 Jahre) Unterhalt schuldet. 2. Steht eine vom Unterhaltspflichtigen bewohnte Immobilie in seinem Alleineigentum, ist ihm im Rahmen der Bemessung des Unterhalts für ein minderjähriges Kind ungeachtet etwaiger Unterhaltsansprüche Dritter grundsätzlich der gesamte Wohnwert zuzurechnen. Für die unterhaltsrechtliche Bewertung eines vom Arbeitgeber gewährten Zuschusses für die dienstliche Nutzung eines vom Arbeitnehmer selbst anzuschaffenden Pkw (sog. „Car Allowance") ist zu klären, ob der grundsätzlich unterhaltsrechtlich zu berücksichtigende Zuschuss für den dienstlichen Gebrauch des Pkw aufgebraucht wird. Von den konkret bzw. pauschal bemessenen Kosten sind nur diejenigen anteilig abzusetzen, die durch die dienstliche Nutzung veranlasst sind (BGH, Beschluss vom 21.10.2020 - XII ZB 201/19).

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Bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit für die Zahlung von Elternunterhalt ist ein von dem Unterhaltspflichtigen zusätzlich geschuldeter Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB als - gemäß § 1609 Nr. 2 BGB vorrangige - sonstige Verpflichtung i.S.d. § 1603 Abs. 1 BGB von dessen Einkommen abzuziehen. Auf einen Familienselbstbehalt kann sich der in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebende Unterhaltspflichtige nicht berufen. Ein elternbezogener Grund zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts kann auch darin liegen, dass ein Elternteil das gemeinsame Kind im weiterhin fortdauernden Einvernehmen mit dem anderen persönlich betreut und deshalb voll oder teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Die Mitwirkung an einer solchen Gestaltung der nichtehelichen Gemeinschaft ist dem Pflichtigen im Verhältnis zu seinen unterhaltsberechtigten Eltern nach Treu und Glauben nur dann verwehrt, wenn sie rechtsmissbräuchlich erscheint (im Anschluss an Senatsurteil vom 25. April 2007, XII ZR 189/04, FamRZ 2007, 1081; BGH, Beschluss vom 09.03.2016 - XII ZB 693/14).

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Soweit das Einkommen eines Ehegatten, der ein Kind betreut, als aus überobligatorischer Erwerbstätigkeit stammend unberücksichtigt zu bleiben hat, kommt ein Unterhaltsanspruch aus § 1570 BGB in Betracht. Besteht ein Teilunterhaltsanspruch auf Betreuungsunterhalt und ein weiterer Teilanspruch aufgrund eines anderen Unterhaltstatbestands, unterfällt der Gesamtanspruch dem Rang des § 1609 Nr. 2 BGB (BGH, Beschluss vom 01.10.2014 - XII ZB 185/13).

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Ist der neue Ehegatte des Unterhaltspflichtigen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nach § 1609 Nr. 3 BGB nachrangig, ist dessen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit grundsätzlich nicht als sonstige Verpflichtung zu berücksichtigen; der unterhaltsrechtliche Vorrang des geschiedenen Ehegatten wirkt sich bei der Billigkeitsabwägung nach § 1581 BGB vielmehr in Höhe des vollen Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, da die Rangvorschriften des § 1609 BGB selbst Ausdruck einer gesetzlichen Billigkeitswertung sind. Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden (im Anschluss an Senatsurteil vom 7. Dezember 2011, XII ZR 151/09, BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281). Steht der neue Ehegatte des Unterhaltspflichtigen im Bezug von Elterngeld, bleibt der nach § 11 Satz 1 BEEG geschonte Sockelbetrag des Elterngeldes bei der Ermittlung des für die Dreiteilung verfügbaren Gesamteinkommens unberücksichtigt (Fortführung von Senatsurteil vom 21. Juni 2006, XII ZR 147/04, FamRZ 2006, 1182). Übt der neue Ehegatte des Unterhaltspflichtigen wegen der Betreuung der im Haushalt lebenden gemeinsamen minderjährigen Kinder keine Erwerbstätigkeit aus, können ihm bei der Ermittlung des Gesamteinkommens fiktive Erwerbseinkünfte zugerechnet werden, wenn und soweit er im hypothetischen Fall einer Scheidung trotz der Kindesbetreuung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit verpflichtet wäre; während der ersten drei Lebensjahre des Kindes kommt dies aber auch dann nicht in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige als Rentner selbst keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgeht (BGH, Beschluss vom 07.05.2014 - XII ZB 258/13).

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Zur Anpassung einer Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt und Kindesunterhalt bei späterem Hinzutreten weiterer Unterhaltspflichten (Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt; BGH, Beschluss vom 19.03.2014 - XII ZB 19/13):

„... 3. Das Oberlandesgericht hat die Vereinbarungen dahin angepasst, dass es aufgrund des seinerzeit zugrunde gelegten Einkommens des Beklagten den Unterhalt sämtlicher Berechtigter - den Ehegattenunterhalt letztlich im Rahmen einer Billigkeitsbetrachtung nach § 1581 BGB - neu ermittelt hat. Im Anschluss daran hat es getrennt für die Zeit von März 2011 bis Februar 2012 und ab März 2012 bestimmt, in welcher Höhe der geschuldete Unterhalt zu zahlen ist und in welchem Umfang die Stundung eingreift.

Die Art und Weise der vom Oberlandesgericht durchgeführten Anpassung begegnet indessen Bedenken.

a) Noch zu Recht ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass die geschlossenen Vereinbarungen unter Berücksichtigung der hinzugetretenen Unterhaltspflichten insoweit einerseits unter Wahrung der vertraglichen Vereinbarungen, andererseits nach dem gesetzlichen Unterhalt anzupassen sind. In dieser Hinsicht ist es von einem aufgrund Herabstufung um zwei Gruppen der Düsseldorfer Tabelle reduzierten Kindesunterhalt des Antragstellers von 488 € (Einkommensgruppe 7 der Düsseldorfer Tabelle 2011) sowie dem vertraglich festgelegten Bedarf der Antragstellerin von 1.370 € ausgegangen. Es hat unter Einbeziehung der beiden Kinder aus der heutigen Ehe des Antragsgegners (ebenfalls aus Einkommensgruppe 7 der Düsseldorfer Tabelle 2011) und nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus ein verbleibendes Einkommen in Höhe von 2.969,70 € ermittelt sowie ein nach Abzug des Unterhaltsbedarfs der Antragstellerin für den Antragsgegner und seine Ehefrau verbleibendes Einkommen von 1.599,70 €. Aufgrund dessen hat es den Unterhalt der Antragstellerin gemäß § 1581 BGB auf 1.065 € gekürzt, um auch den "Mindestunterhalt" der Ehefrau von 840 € sicherzustellen. Einer weiteren Anpassung bedürfe es nicht, weil die Antragstellerin der Ehefrau des Antragsgegners vorrangig sei. Dies ergebe sich abweichend von der gesetzlichen Regelung in § 1609 Nr. 2 BGB aus der vertraglichen Regelung, nach welcher keine Berücksichtigung anderer Unterhaltsberechtigter erfolgen solle.

b) Die Rechtsbeschwerde rügt die fehlerhafte Einordnung der heutigen Ehefrau des Antragsgegners als gegenüber der Antragstellerin nachrangig. Die Rüge ist berechtigt.

Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Auslegung ist insoweit widersprüchlich. Dass die Vertragsparteien dem Unterhalt der Antragstellerin auch bei Wiederverheiratung des Antragsgegners Vorrang einräumen wollten, steht im Widerspruch zum eigenen Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts zum Grund der Vertragsanpassung. Dieser besteht (allein) darin, dass sich die Situation bei Vertragsschluss durch das Hinzutreten von drei weiteren Unterhaltsberechtigten unerwartet verändert hat. Damit ist die Auslegung der Vereinbarung in dem Sinne, dass der Unterhalt der Antragstellerin nach dem Willen der Vertragsparteien vorrangig gestellt werden sollte, aber ebenso wenig vereinbar wie die völlige Nichtberücksichtigung hinzugetretener Unterhaltspflichten. Die Auslegung des Oberlandesgerichts widerspricht überdies der von ihm durchgeführten Unterhaltsermittlung bezüglich des neu hinzugetretenen Kindesunterhalts. Insoweit hat das Oberlandesgericht den Kindesunterhalt des Antragstellers wegen der weiteren Unterhaltspflichten um zwei Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle herabgestuft und ist auch im Verhältnis des neu hinzugetretenen Unterhalts zum Unterhalt der Antragstellerin nach der gesetzlichen Rangfolge verfahren, was sich mit seiner Ansicht zum Vorrang der Antragstellerin nicht vereinbaren lässt.

Die Auslegung ist mithin auch nach dem im Rechtsbeschwerdeverfahren eingeschränkten Überprüfungsmaßstab nicht haltbar.

c) Demnach muss auch bei der Ermittlung der Unterhaltshöhe im Rahmen der Anpassung der Vereinbarungen die gesetzliche Regelung berücksichtigt werden. Eine Kürzung des Unterhalts wegen hinzutretender Unterhaltspflichten bestimmt sich nach der auch vom Oberlandesgericht herangezogenen Vorschrift des § 1581 BGB. Diese setzt nach der Rechtsprechung des Senats voraus, dass die hinzugetretene Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten vor- oder gleichrangig ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 38, 40, 48 f.).

Da die hinzugetretene Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau des Antragsgegners (neben dem hinzugetretenen Kindesunterhalt) die Anpassung der Vereinbarungen erst begründet, ist sie auch bei der Anpassung entsprechend den gesetzlichen Wertungen des § 1581 BGB zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Senats hat in dem durch Hinzutreten weiterer Unterhaltspflichten ausgelösten relativen Mangelfall eine Kürzung des Unterhalts des geschiedenen Ehegatten stattzufinden. Diese kann grundsätzlich im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens erfolgen (Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 42 mwN), wobei die nach § 1581 BGB gebotene Billigkeitsabwägung im Einzelfall auch davon abweichende Ergebnisse, die neben dem Rang auf weitere individuelle Umstände gestützt werden können, erlaubt (Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 50 mwN).

Soweit im Rahmen der Leistungsfähigkeitsprüfung gegenüber einem geschiedenen und einem gleichrangigen neuen Ehegatten bei der Billigkeitsabwägung eine Dreiteilung des vorhandenen Einkommens erfolgt, ist das gesamte Einkommen aller Beteiligten zu berücksichtigen (Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 44 mwN). Synergieeffekte durch das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen in einer neuen Ehe sind zu berücksichtigen. Der Vorteil des Zusammenwohnens ist nach der Senatsrechtsprechung für die Ehegatten der neuen Ehe mit 10 % ihres Gesamtbedarfs in Ansatz zu bringen (Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 46 mwN). Nach der neueren Senatsrechtsprechung ist zudem im Rahmen der Leistungsfähigkeitsprüfung ein Erwerbstätigenbonus nicht zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 26. Juni 2013 - XII ZR 133/11 - FamRZ 2013, 1366 Rn. 87).

Nach diesen Grundsätzen stellt sich ausgehend von der Einkommensberechnung des Oberlandesgerichts das für den Unterhalt der Ehefrau und den eigenen Unterhalt des Antragsgegners verfügbare Einkommen wie folgt dar: ...

Die Berechnung zeigt, dass für den Unterhalt des Antragsgegners und seiner Ehefrau jeweils mehr zur Verfügung steht als der zu leistende nacheheliche Unterhalt. Da - neben dem eigenen Einkommen der Ehefrau des Antragsgegners - wegen des Zusammenlebens in der neuen Ehe zudem noch Synergieeffekte zu berücksichtigen sind, bedarf es auch im Fall eines etwaigen Vorrangs der Ehefrau des Antragsgegners keiner weiteren Kürzung des vereinbarten Unterhalts der Antragstellerin.

Der fehlerhafte Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts beeinflusst somit die Anpassung der Unterhaltspflicht aus den geschlossenen Vereinbarungen im Ergebnis nicht zu Lasten des Antragsgegners.

d) Die Entscheidung kann indessen keinen Bestand haben, soweit das Oberlandesgericht die - nicht der Stundung unterfallenden - Zahlbeträge für den Unterhalt der Antragstellerin ermittelt hat. Das Oberlandesgericht ist für das ab März 2012 erzielte Einkommen des Antragsgegners (netto bereinigt 2.912,74 €/Monat) zu dem Ergebnis gelangt, dass dieses die Zahlung des angepassten Unterhalts überwiegend erlaubt und nur hinsichtlich des Spitzenbetrags bis zum angepassten Unterhalt der Antragstellerin - weiterhin - gestundet ist.

Die Berechnung ist insoweit zu beanstanden, weil das Oberlandesgericht die Ehefrau des Antragsgegners ohne Rücksicht darauf, dass ihr Unterhalt dem der Antragstellerin nach § 1609 Nr. 2 BGB zumindest gleichrangig ist, unberücksichtigt gelassen hat. Wie bereits ausgeführt, ist schon die vom Oberlandesgericht vorgenommene Auslegung zum Rangverhältnis nicht tragfähig. Demnach wäre ein etwaiger Vorrang der Ehefrau des Antragsgegners in der Weise zu berücksichtigen, dass der Zahlbetrag für die Antragstellerin entsprechend gekürzt wird. Im Fall des Gleichrangs wäre eine Mangelfallberechnung anzustellen.

Gegen die Einstufung des Kindesunterhalts hat die Rechtsbeschwerde schließlich keine Beanstandungen erhoben.

4. Da sich ein verbleibender Mindestbetrag des zu zahlenden Unterhalts nicht bestimmen lässt, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben, soweit der Antragsgegner zur Zahlung von Unterhalt an die Antragstellerin ab März 2012 verurteilt worden ist. Hinsichtlich des Kindesunterhalts ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. Die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bezieht sich schließlich auch auf die vom Antragsgegner angegriffene Zurückweisung der Unterhaltsanträge als derzeit unbegründet. Die von der Rechtsbeschwerde gegen die Stundung erhobenen Einwände vermögen die tatrichterliche Würdigung des Oberlandesgerichts nicht in Frage zu stellen. Diese orientiert sich insoweit in zulässiger Weise an der von den geschiedenen Ehegatten getroffenen Vereinbarung und weist keine Rechtsfehler auf.

Das Oberlandesgericht wird nach der entsprechend eingeschränkten Zurückverweisung anhand der oben dargestellten Grundsätze zu klären haben, in welcher Höhe der Antragsgegner ab März 2012 an die Antragstellerin Unterhalt zu zahlen hat. ..."

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Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB werden grundsätzlich durch die Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind. Nacheheliche Entwicklungen wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (im Anschluss an BVerfG, 25. Januar 2011, 1 BvR 918/10, FamRZ 2011, 437). Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB ist der Halbteilungsgrundsatz zu beachten, was zu einem relativen Mangelfall führen kann, wenn dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt weniger verbleibt, als der Unterhaltsberechtigte mit dem Unterhalt zur Verfügung hat. Sonstige Verpflichtungen gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten, die nicht bereits den Bedarf des Unterhaltsberechtigten beeinflusst haben, sind entsprechend ihrem Rang zu berücksichtigen (im Anschluss an das Senatsurteil 18. Oktober 1989, IIb ZR 89/88, BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260). Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leis-tungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das schließt eine Berücksichtigung weiterer individueller Billigkeitserwägungen nicht aus.(BGH, Urteil vom 07.12.2011 - XII ZR 151/09 zu §§ 1578 Abs 1 S 1, § 1581 S 1, § 1609, § 1615l BGB)

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Der aus einer neuen Ehe des Unterhaltspflichtigen resultierende Splittingvorteil ist sowohl bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs minderjähriger Kinder gemäß § 1610 Abs. 1 BGB als auch bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen im Sinne von § 1603 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn der neue Ehegatte wegen seines Nachrangs gemäß § 1609 BGB keinen Unterhalt beanspruchen kann (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189). Verringert sich der Splittingvorteil bei eigenem Einkommen des Ehegatten des Unterhaltspflichtigen, wirkt sich dies zu Lasten des für den Kindesunterhalt verfügbaren Einkommens aus (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189). Bei der Berechnung des Kindesunterhalts sind auch im Mangelfall für die unterhaltsberechtigten Kinder die jeweiligen Zahlbeträge als Einsatzbeträge einzustellen. Für die Abänderung eines Versäumnisurteils ist gemäß § 323 ZPO nicht auf die Änderung der fingierten, sondern der tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Nur in dem Umfang, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse inzwischen geändert haben, ist eine Abänderung des rechtskräftigen Versäumnisurteils zulässig (im Anschluss an Senatsurteil vom 12. Mai 2010 - XII ZR 98/08 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Urteil vom 02.06.2010 - XII ZR 160/08 zu BGB §§ 313, 1603 Abs. 2, 1609 Nrn. 1 u. 2, 1610 Abs. 1, 1612 b Abs. 1; ZPO § 323 a.F.).

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Der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten ist bei Wiederverheiratung des unterhaltspflichtigen Ehegatten zur gleichmäßigen Aufteilung des Einkommens der Beteiligten nach der so genannten Drittelmethode zu bemessen (im Anschluss an Senat, BGHZ 177, BGHZ Band 177 Seite 356 = NJW 2008, NJW Jahr 2008 Seite 3213 = FamRZ 2008, FAMRZ Jahr 2008 Seite 1911; NJW 2009, NJW Jahr 2009 Seite 145 = FamRZ 2009, FAMRZ Jahr 2009 Seite 23; BGHZ 179, BGHZ Band 179 Seite 196 = NJW 2009, NJW Jahr 2009 Seite 588 = FamRZ 2009, FAMRZ Jahr 2009 Seite 411; NJW 2009, NJW Jahr 2009 Seite 1271 = FamRZ 2009, FAMRZ Jahr 2009 Seite 579). Auf Seiten des neuen Ehegatten kommt es bei der Unterhaltsbemessung nicht auf dessen Anspruch auf Familienunterhalt an, sondern auf den hypothetischen Unterhaltsanspruch im Fall einer Scheidung. Kommt hierfür ein Anspruch wegen Kinderbetreuung in Frage, so haben elternbezogene Gründe nach § BGB § 1570 BGB § 1570 Absatz II BGB, die auf der Rollenverteilung in der neuen Ehe beruhen, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Im Abänderungsverfahren ist der Einwand der Befristung ausgeschlossen, wenn sich seit Schluss der mündlichen Verhandlung im vorausgegangenen Verfahren die für eine Befristung wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nicht geändert haben (im Anschluss an Senat, NJW 2004, NJW Jahr 2004 Seite 3106 = FamRZ 2004, FAMRZ Jahr 2004 Seite 1357; NJWE-FER 2001, NJWE-FER Jahr 2001 Seite 25 = FamRZ 2001, FAMRZ Jahr 2001 Seite 905). Beruht der Unterhaltsanspruch allein auf § BGB § 1573 BGB § 1573 Absatz II BGB (Aufstockungsunterhalt) und wurde dieser zuletzt im Jahr 2007 durch Urteil festgelegt, so ergibt sich aus dem Inkrafttreten des § BGB § 1578b BGB am 1. 1. 2008 für sich genommen noch keine Änderung der wesentlichen Verhältnisse. Auch § EGZPO § 36 Nr. 1 EGZPO bietet in diesem Fall gegenüber § ZPO § 323 ZPO keine eigenständige Abänderungsmöglichkeit (BGH, Urteil vom 18.11.2009 - XII ZR 65/09 zu BGB §§ BGB § 1578, BGB § 1578b, BGB § 1609; ZPO § ZPO § 323; EGZPO § EGZPO § 36).

*** (OLG)

Mehrbedarfskosten können bei erweitertem Umgangsrecht entweder als Herabstufung in der Einkommensgruppe oder als Bedarfs decken beim Unterhaltsbetrag abgezogen werden. Ein Abzug der Umgangskosten vom Einkommen des Pflichtigen kommt grundsätzlich nicht in Betracht, außer es liegt ein Mindestkinderunterhaltsfall vor (OLG Koblenz, Beschluss vom 27.05.2021 - 7 UF 689/20).

***

„... I. Die Beschwerde des Antragsgegners richtet sich gegen seine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten der Erstausstattung seines Sohnes sowie die Verpflichtung zur Bezahlung rückständigen und laufenden Unterhalts gemäß § 1615l BGB an die Kindsmutter.

Die jeweils verheirateten und sonst kinderlosen Beteiligten hatten eine außereheliche Beziehung, aus der der gemeinsame Sohn K., geboren am 4.7.2013, hervorging. Die Antragstellerin hatte sich vorübergehend (ab Mai 2011) wegen des Antragsgegners auch von ihrem Ehemann getrennt, wobei der Antragsgegner die außereheliche Beziehung nach Feststellen der Schwangerschaft aufgegeben hatte. Beide Elternteile leben mittlerweile (wieder) mit ihren jeweiligen Ehepartnern zusammen. Die Vaterschaft des Antragsgegners wurde nach Einholung eines Abstammungsgutachtens im Vaterschaftsanfechtungsverfahren 6 F 1274/13 vom AG Reutlingen festgestellt.

Die Antragstellerin war bis zur Geburt von K. und jetzt wieder seit 1.7.2015 berufstätig bei der K. GmbH & Co. KG, wo sie vor der Geburt des Sohnes rund 2.400,-- € netto monatsdurchschnittlich verdient hatte. Ihr Ehemann C. J. verfügt über ein geringeres monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen.

Der Antragsgegner hatte von Juni 2013 bis Mai 2014 seinen Angaben nach ein monatliches (Steuer-)bruttoeinkommen von rund 7.905,-- € (netto ca. 4.200,-- €) ohne Erfolgsprämie, ebenfalls bei der K. GmbH & Co. KG. Seine teilzeitbeschäftigte Ehefrau verdient bei der D. monatsdurchschnittlich netto ca. 900,-- €.

Die Antragstellerin lässt sich das Elterngeld in Höhe von 900,-- € in vollem Umfang auf ihren Bedarf anrechnen und macht von ihrem Restbedarf nur die Hälfte in Höhe von 750,-- € als Unterhaltsanspruch gegen die Antragsgegner geltend. Nach der erstinstanzlichen Entscheidung teilte sie dem Antragsgegner (Bl. 203) mit Schreiben vom 4.8.2015 mit, dass sie ab 1.7.2015 keine Unterhaltsansprüche mehr gegen den Antragsgegner geltend mache, da sie mittlerweile wieder einer vollschichtigen Berufstätigkeit nachgehe.

Das Familiengericht hat den Antragsgegner antragsgemäß zur Erstattung der Erstausstattungskosten und einem monatlichen Unterhalt in Höhe von 750,-- € sowie Unterhaltsrückständen für die Zeit von Juli 2013 bis Januar 2015 in Höhe von 3.540,-- € verpflichtet.

Dagegen richtet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde und beantragt die Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses und Zurückweisung der Anträge.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass der Ehemann der Antragstellerin im Hinblick auf den Familienunterhaltsanspruch gemäß § 1360 BGB vorrangig unterhaltsverpflichtet sei. Der Beschwerdeführer habe daher die bisherigen Unterhaltsleistungen überzahlt und insoweit auch einen Rückforderungsanspruch gegen die Antragstellerin gemäß § 812 BGB, mit dem er bezüglich der Erstausstattungsforderung aufrechne.

Im Übrigen sei der Antragsgegner im Hinblick auf den Unterhaltsbedarf seiner Ehefrau, der entsprechend § 1609 Ziff. 2 BGB gleichrangig zu befriedigen sei, nicht leistungsfähig. Aufgrund der langen Dauer seiner am 15.1.1999 geschlossenen Ehe sei demgegenüber der Unterhaltsanspruch der Beschwerdegegnerin nicht vorrangig. Der angefochtene Beschluss sei zeitlich zu begrenzen bis einschließlich 30.6.2015, da die Beschwerdegegnerin ab 1.7.2015 nicht mehr unterhaltsbedürftig sei.

Mit dem Beschwerdeabweisungsantrag beruft sich die Antragstellerin darauf, dass ein voriger Anspruch der Beschwerdegegnerin gegen ihren Ehemann auf Familienunterhalt daran scheitere, dass jener ein geringeres Einkommen erziele. Im Übrigen werde dem Zusammenleben mit ihrem Ehemann im Hinblick auf den Unterhaltsanspruch dadurch Rechnung getragen, dass lediglich die Hälfte des Bedarfs in Höhe von 750,-- € monatlich geltend gemacht werde. Der Beschwerdeführer sei auch leistungsfähig, da er bis einschließlich November 2014 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 630,-- € bezahlt habe.

Der Senat hat von einer weiteren mündlichen Verhandlung gemäß § 68 Abs. 3 FamFG mangels neuen Erkenntnisgewinnes abgesehen und die Beteiligten auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen.

II. Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig, jedoch unbegründet. Die Antragstellerin hat einen Unterhaltsanspruch gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB gegen den Antragsgegner, der weder aufgrund einer Vorrangigkeit des Familienunterhaltsanspruchs gemäß §§ 1360, 1360a BGB gegen den Ehemann der Antragstellerin noch wegen einer Gleichrangigkeit der unterhaltsberechtigten Ehefrau des Antragsgegners gemäß § 1609 Ziff. 2 oder dessen Leistungsunfähigkeit entfällt. Der Betreuungsunterhaltsanspruch wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes K. ist auch nicht durch die analoge Anwendung des § 1586 Abs. 1 BGB, eine entsprechende Anwendung des § 1608 BGB oder durch den Rechtsgedanken und die analoge Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB ausgeschlossen.

a) Ein Rangverhältnis der Unterhaltsansprüche in der Form, dass der Anspruch gegen den Ehemann gemäß § 1360 BGB der stärkere ist und der gegen den nichtehelichen Vater gemäß § 1615 l BGB dahinter zurücktritt, gibt es nicht. Vielmehr wird in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zur anteiligen Haftung analog § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB bei konkurrierenden Betreuungsunterhaltsansprüchen der Mutter ehelicher und nichtehelicher Kinder gegen den getrennt lebenden Ehemann einerseits und den nichtehelichen Vater andererseits (BGH FamRZ 1998, 541) von einem Grundsatz gleichrangiger Unterhaltspflicht ausgegangen (KG NZFam 2015, 721; BGH FamRZ 08, 1739). Anders als in dem vom KG entschiedenen Fall und den zitierten Entscheidungen des BGH zur Aufteilung der Verantwortlichkeit zwischen dem Ehemann und dem Vater sind die beteiligten Eltern hier in ihren jeweiligen Ehen kinderlos. Im vorliegenden Fall liegt es sogar so, dass, wenn die Antragstellerin kein Kind bekommen hätte, sie auch gegenüber ihrem Ehemann im Falle des Getrenntlebens nicht unterhaltsbedürftig und unterhaltsberechtigt geworden wäre, da sie weiterhin in vollem Umfang erwerbstätig und damit gegenüber ihrem Ehemann in höherem Maße leistungsfähig geblieben wäre. Gerade in diesem Fall ist eine Alleinhaftung des nichtehelichen Vaters sachgerecht (vgl. Viefhus in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., juris PK-BGB, 7. Auflage 2014, § 1615l BGB RZ 214 m.w.N.).

b) Der streitgegenständliche Unterhaltsanspruch der Antragstellerin scheidet auch nicht wegen ihrer nach der Schwangerschaft wieder aufgenommenen und bis heute bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann entsprechend § 1586 Abs. 1 BGB aus. Im Gegensatz zu der Anwendung des §1586 Abs. 1 BGB in Fällen, in denen das nichteheliche Kind in den Schutzbereich der Ehe durch eine spätere Heirat der Eltern einbezogen wird, liegt hier ein Fall vor, in dem das nichteheliche Kind gerade in eine weiterhin bestehende eheliche Beziehung drängt. Nach der insoweit zutreffenden Rechtsprechung des Kammergerichts( a.a.O.) würde die analoge Anwendung des § 1586 BGB auf Fälle, in denen ein Kind außerehelich gezeugt wird, dies aber gerade nicht zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft und Begründung einer neuen Lebensgemeinschaft mit dem Vater des außerehelich gezeugten Kindes führt, auf eine Doppelanalogie des § 1586 BGB hinauslaufen. § 1586 Abs. 1 BGB setzt nämlich nicht nur eine Wiederheirat voraus, an deren Stelle vorliegend die Fortsetzung der Ehe treten soll, sondern außerdem, dass ein anderweitiger Unterhaltsanspruch bereits besteht, der durch die Wiederheirat zum Erlöschen gebracht wird. Der Anspruch aus § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB wird hier aber nicht durch die Fortsetzung der Ehe der Antragstellerin mit dem Ehemann zum Erlöschen gebracht, sondern soll angesichts bestehender Ehe erst gar nicht zur Entstehung gelangen. Insoweit kommt es hier auch nicht nur auf die Interessen- und Versorgungslage der Mutter, sondern auch auf die Sicht des unstreitig nicht leistungsfähigen Ehemannes der Mutter an, der an der Zeugung des Kindes unbeteiligt war und die damit einhergehende finanziellen Belastungen hinnehmen muss, will er weitergehende Auswirkungen auf sein Familienleben - wie etwa die Trennung von der Kindesmutter - vermeiden (so KG a.a.O.).

c) Auch der in § 1608 Satz 1 BGB normierte grundsätzliche unterhaltsrechtliche Vorrang des Ehegattens der Antragstellerin ist hier aufgrund der in § 1615l Abs. 3 Satz 2 BGB lege specialiter festgelegten Vorrangstellung und primären Unterhaltsverpflichtung des nichtehelichen Vaters nachrangig.

d) Der im Verwirkungsgrund des § 1579 Nr. 2 BGB enthaltene Rechtsgedanke führt hier ebenfalls nicht zum Wegfall der Betreuungsunterhaltsanspruchs der Antragstellerin. Entgegen der Verwirkungsgründe im Ehegattenunterhaltsrecht setzt § 1615 l Abs. 2 BGB ein (früheres) Zusammenleben und eine daraus resultierende engere Verbundenheit der Eltern gerade nicht voraus (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2011, 735). Insbesondere fehlt es auch an einer groben Unbilligkeit im Sinne des § 1579 BGB, weil die beteiligten Eltern nach der Geburt des Kindes zu keinem Zeitpunkt in eheähnlicher Gemeinschaft zusammengelebt und ein solches Zusammenleben jedenfalls ab der Schwangerschaft der Antragstellerin auch nicht geplant hatten, so dass ein im Rahmen des § 1579 Nr. 2 BGB vorausgesetzten Herauslösen aus der ehelichen Solidarität durch eine neue bzw. hier die „alte" Lebensgemeinschaft gerade nicht vorliegt, weshalb sich eine analoge Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB verbietet (so auch OLG Nürnberg a.a.O.).

2. Mit dem Familiengericht (vgl. schon den Hinweisbeschluss vom 1.6.2015, Bl. 149) geht auch der Beschwerdesenat davon aus, dass der Unterhaltsanspruch der Ehefrau des Antragsgegners hier nachrangig ist, da die Voraussetzungen des § 1609 Ziff.2 BGB nicht vorliegen. Eine Gleichrangigkeit gemäß § 1609 Ziff. 2 BGB setzt sowohl das Bestehen einer Ehe von langer Dauer als auch die Feststellung von Nachteilen im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB voraus.

a) Nachdem, wie unter b) ausgeführt wird, ein ehebedingter Nachteil der Ehefrau des Antragsgegners hier weder dargetan noch ersichtlich ist, kann letztlich dahingestellt bleiben, ob es sich bei der am 15.1.1999 geschlossenen Ehe des Antragsgegners um eine solche von langer Dauer handelt, da sie bis zur Geburt von K. 14,5 Jahre lang dauerte und bis zur Entscheidung über den Unterhaltsanspruch 16,5 Jahre. Nach der Rechtsprechung (vgl. dazu OLG Celle FamRZ 2009, 348 m.w.N.) dürfte es sich bei der vorliegenden Ehe um eine im unteren Bereich der „langen Dauer" anzusiedelnden handeln, da eine Ehe erst ab etwa 15 Jahren als „lang" angesehen wird. Dies ist jedoch hier nicht entscheidungsrelevant, da der 2. Rang jedenfalls nur dann gewahrt ist, wenn über das Zeitmoment hinaus der unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingte Nachteile erlitten hat (so jedenfalls der BGH FamRZ 2008, 1911 im Fall eines gemäß §§ 1609 Nr. 2,3 nachrangigen -geschiedenen- Ehegatten).

b) Nichts anderes muss aber in dem Fall der konkurrierenden verheirateten und -wie hier- kinderlosen Ehefrau gelten. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Ehefrau selbst bei Vorliegen eines ehebedingten Nachteils, wie er jedoch gerade nicht dargelegt ist, im Gegensatz zur Antragstellerin mangels Kinderbetreuung in der Lage ist, einen möglichen Nachteil z.B. durch Ausweitung ihrer Berufstätigkeit auszugleichen. Bei der Feststellung des ehebedingten Nachteils soll die Rechtsprechung zu § 1578b BGB zu beachten sein und ein solcher Nachteil folglich vorliegen, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (vgl. Viefhus a.a.O. § 1609 RZ 49 und 53 m.w.N.).

Zum Bestehen eines ehelichen Nachteils bei seiner teilzeiterwerbstätigen Ehefrau hat der Beschwerdeführer nichts vorgetragen. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die 50jährige Ehefrau weder aus gesundheitlichen noch aus ehebedingten Gründen in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist. Nachdem somit die Voraussetzungen einer Gleichrangigkeit der Antragstellerin und der Ehefrau des Antragsgegners gemäß § 1609 Ziff. 2 BGB nicht vorliegen, kommt eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens des Antragsgegners auch nicht in Betracht, da eine solche nur im Fall der Gleichrangigkeit durchgeführt wird (vgl. Viefhus a.a.O. § 1615 l RZ 218 ff.).

3. Auch der Höhe nach gibt es keinen Anlass zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung, wobei die Zugrundelegung eines (nur hälftigen) Bedarfs in Höhe von 750,-- € in Anlehnung an das Einkommen der Antragstellerin vor der Geburt von K. und nicht entsprechend ihrer ehelichen Lebensverhältnisse sich zugunsten des Antragsgegners auswirkt. Darüber hinaus hat der Beschwerdesenat auch keine Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners und der Wahrung der erforderlichen Deckelung durch den Halbteilungsgrundsatz bei dem geltend gemachten Bedarf der Antragstellerin. Den eigenen Angaben des Antragsgegners nach verfügt er über monatsdurchschnittliche Nettoeinkünfte von 4.138,-- € (Bl. 92), abzüglich berufsbedingter

Aufwendungen somit in Höhe von 3.931,00 €
abzüglich Kindesunterhalt in Höhe von 390,00 €
zuzüglich Wohnwert in Höhe von 1.000,00 €
insgesamt 4.541,00 € monatlich.

Selbst bei der Berücksichtigung der behaupteten monatlichen Belastungen und Schulden des Antragsgegners in Höhe von 2.172,54 € ist der Antragsgegner damit noch leistungsfähig für den geltend gemachten Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 750,-- €.

4. Soweit der Antragsgegner die Zurückweisung des Unterhaltsanspruchs für den Zeitraum ab dem 1.7.2015 geltend macht, so hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren weder den Wegfall der Bedürftigkeit nach dem 1.7.2015 ausdrücklich geltend gemacht (Bl. 241) noch demgegenüber signalisiert, dass bei einem Wegfall des Bedarfs - wie behauptet - der titulierte Unterhaltsanspruch für diesen Zeitraum weiter verfolgt oder gar vollstreckt werden wird (vgl. Bl. 209). Insoweit besteht derzeit kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs. ..." (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.12.2015 - 18 UF 123/15)

***

Für die Bemessung der Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen gegenüber einem minderjährigen Kind ist die Höhe des Wohnvorteils grundsätzlich mit der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete, als dem so genannten objektiven Wohnwert, zu bemessen (Anschluss an BGH, NJW 2014, 1531 und BGH, NJW 2013, 2900 = FamRZ 2013, 1563; Abgrenzung zu OLG München, FamRZ 1999, 251; OLG Koblenz, Beschluss vom 14.05.2014 - 13 UF 107/14).

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Der Unterhaltsanspruch eines volljährigen nicht privilegierten Kindes ist zwar grundsätzlich ehe- und damit auch bedarfsprägend. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Ehegatte nicht den ihm zustehenden Selbstbehalt gegenüber dem volljährigen Kind von 920,- € (Thüringer Tabelle, Stand 01.01.2011, Ziffer 22.1.b. und 22.2.b.) verwirklichen kann, da ansonsten der in §§ 1609 Nr. 3, 1603 Abs. 2 Satz 1, 2 BGB geregelte Rangunterhalt unterlaufen würde. Den vorrangigen Bedarf eines Ehegatten gegenüber einem nach § 1609 Nr. 4 BGB nachrangigen volljährigen Kind bemessen die Thüringer Leitlinien(Ziffer 22.2.b.) spiegelbildlich mit dem Selbstbehalt des Pflichtigen von 1150,- €, vermindert um die beiderseitigen Vorteile des Zusammenlebens (von 10% + 10% = 20% =) auf 920,- €. Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt besteht dann nicht (mehr), wenn der Unterhaltsberechtigte nach Schulabbruch bis zur Aufnahme seiner Ausbildung drei Jahre weitgehend tatenlos hat (OLG Thüringen, Beschluss vom 17.08.2012 - 1 UF 219/12).

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Im Mangelfall sind alle gleichrangigen barunterhaltsberechtigten minderjährigen Kinder des Unterhaltsschuldners auch dann gleichmäßig zu berücksichtigen, wenn dieser einem bei ihm wohnenden Kind über die Betreuung auch Barunterhalt leistet (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11.01.2012 - 6 WF 1/12 zu §§ 1603 II 1, 1609 Nr 1 BGB):

„... Das Familiengericht hat unter Berücksichtigung des notwendigen Selbstbehalts des Antragstellers eine Leistungsfähigkeit in Höhe von monatlich 265 EUR angenommen. Dies ist unter den gegebenen Umständen nicht zu beanstanden und wird auch vom Antragsteller mit der Beschwerde im Grundsatz nicht in Zweifel gezogen. Von dem vom Familiengericht festgestellten Umfang der Leistungsfähigkeit ist für den gesamten hier maßgeblichen Antragszeitraum auszugehen. Dem steht nicht entgegen, dass mit Schreiben vom 11. November 2011 (Bl. 47 d.A.) das Arbeitsverhältnis des Antragstellers zum 15. Dezember 2011 gekündigt wurde und er seither Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 863,40 EUR bezieht, denn es kann nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um einen nachhaltigen Einkommensrückgang handelt, den sich die Antragsgegner unterhaltsrechtlich entgegenhalten lassen müssen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Antragsteller einer nach § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB gesteigerten Unterhaltsverpflichtung unterliegt und daher alle verfügbaren Mittel einzusetzen hat, um den Unterhalt der Antragsgegner nach Möglichkeit aufbringen zu können. Dazu genügt es nicht, dass sich der Antragssteller als arbeitssuchend gemeldet hat, vielmehr muss er sich darüber hinaus intensiv um eine neue Arbeitsstelle bemühen, und sei es auch nur zur Überbrückung der Zeit bis zu der in dem Kündigungsschreiben in Aussicht gestellten Wiedereinstellung. Dass er diesen Anforderungen gerecht geworden ist, ergibt sich aus seinem Sachvortrag nicht. Dies geht zulasten des für seine Leistungsunfähigkeit darlegungs- und beweisbelasteten Antragstellers (vgl. BGH, FamRZ 2010, 1418; FamRZ 2008, 1739; Saarländisches Oberlandesgericht, 9. Zivilsenat, Beschluss vom 28. Mai 2009 - 9 WF 53/09 -, m.w.N.; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 6, Rz. 722, m.w.N.), so dass ihm fiktive Einkünfte zuzurechnen sind, wobei keine Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich sind, wonach diese geringer anzusetzen wären, als bei der bisherigen Tätigkeit des Antragstellers.

Zu Recht hat das Familiengericht auch eine Mangelfallberechnung in der Form durchgeführt, dass es den Barunterhaltsbedarf aller drei gegenüber dem Antragsteller unterhaltsberechtigten Kinder gleichmäßig berücksichtigt hat. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Unterhaltsanspruch des Sohnes D. nicht deshalb vorrangig, weil er im Haushalt des Antragstellers lebt und dieser nicht nur die Betreuung leistet, sondern auch den Barbedarf des Kindes abdeckt. Denn nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 1609 Abs. 1 Nr. 1 BGB sind alle drei minderjährigen Kinder des Antragstellers gleichrangig; dies gilt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, auch dann, wenn infolge der dadurch notwendig werdenden Mangelfallberechnung der mit ihm in einem Haushalt zusammen lebende Sohn D. sozialhilfebedürftig würde (vgl. BGH, FamRZ 1996, 1272; Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2, Rz. 264).

Allerdings ist die Mangelfallberechnung des Familiengerichts insofern fehlerhaft, als beim Antragsgegner zu 1) ein monatlicher Bedarf von 222 EUR berücksichtigt worden ist, was offensichtlich darauf beruht, dass eine Einordnung in die Altersgruppe I der Düsseldorfer Tabelle erfolgt ist. Der am 11. April 2004 geborene Antragsgegner zu 1) unterfällt aber im hier maßgeblichen Antragszeitraum der Einkommensgruppe II. Richtigerweise ist daher beim Antragsgegner zu 1) von einem Mindestbedarf - nach Abzug des hälftigen Kindergeldes für ein drittes Kind - in Höhe von 269 EUR auszugehen. Daraus ergeben sich für die Zeit von April 2011 bis September 2011 ein Gesamtbedarf von 875 EUR und eine Quote von 30,29% sowie für die Zeit ab Oktober 2011 ein Gesamtbedarf von 937 EUR und eine Quote von 28,28%. Dementsprechend schuldet der Antragsteller der Antragsgegnerin zu 2) von April 2011 bis September 2011 monatlich rund 82 EUR (= 30,29 / 100 * 272 EUR) und für die Zeit danach rund 94 EUR (= 28,28 / 100 * 334 EUR). Im Übrigen wird der Antragsteller durch den angefochtenen Beschluss nicht benachteiligt.

Zu Recht hat das Familiengericht auch dem Feststellungsantrag des Antragstellers keine Erfolgsaussicht beigemessen, insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass keine Unterhaltsrückstände in Bezug auf die Antragsgegner mehr bestehen. Hierzu fehlt jeglicher nachvollziehbarer Sachvortrag, im Gegenteil ergeben sich aus der mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2011 vorgelegten, nicht infrage gestellten Rückstandsberechnung noch erhebliche Unterhaltsrückstände. ..."

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Der nacheheliche Ehegattenunterhalt einer vor dem 1. Juli 1977 geschiedenen Ehe richtet sich gemäß Art. 12 Nr. 3 Abs. 2 des Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976 - 1. EheRG - (BGBl. I S. 1421) weiterhin unverändert nach den Bestimmungen des EheG; daran hat sich auch durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 - UÄndG - (BGBl. I S. 3189) nichts geändert. Es finden daher weder die §§ 1569 ff. BGB - und damit etwa §§ 1578b oder 1609 BGB n. F. - noch die durch das UÄndG eingefügte und allein für diese Reform des Unterhaltsrechts geltende Übergangsvorschrift des § 36 EGZPO Anwendung (OLG Celle, Beschluss vom 13.10.2011 - 10 WF 280/11).

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Für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der geschiedenen Ehefrau ist nur auf deren Einkommensverhältnisse sowie auf die des Unterhaltspflichtigen abzustellen (§ 1578 BGB). Die zweite Ehefrau ist nicht im Wege der Dreiteilung in die Bedarfsermittlung aufzunehmen. Unterhaltszahlungen an sie finden daher bei Ermittlung des Bedarfs der geschiedenen Ehefrau keine Berücksichtigung. Erst bei Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist die zweite Ehefrau einzubeziehen. Fließen dem Unterhaltspflichtigen Realsplittingvorteile aus der zweiten Ehe zu, müssen diese dem Unterhaltspflichtigen zur Deckung des Bedarfs der zweiten Ehefrau verbleiben. Soweit der Unterhaltspflichtige nicht ohne Gefährdung seines angemessenen Selbstbehaltes den Bedarf beider Ehefrauen decken kann, ist dem Vorrang der zweiten Ehefrau dadurch Rechnung zu tragen, dass der ungedeckte Bedarf der vorrangigen Ehefrau sowohl aus dem Bedarf des Unterhaltspflichtigen als auch aus dem Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau zu bedienen ist, wobei sich die geschiedene Ehefrau entsprechend ihrer quotalen Teilhabe an dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen an dem Bedarf der zweiten Ehefrau zu beteiligen hat. Den die Abänderung Begehrenden trifft die Darlegungs- und Beweislast, dass er wegen unterbliebener Aufklärung über geänderte Umstände auf Seiten des Berechtigten gehindert war, im Ausgangsverfahren Tatsachen vorzutragen, die objektiv in die abzuändernde Entscheidung hätten einbezogen werden müssen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.05.2011 - II-7 UF 1/11 zu §§ 1573 Abs. 2, 1578, 1581, 1609 BGB, 238 Abs. 2 FamFG).

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Bei der Berechnung des Ehegattenunterhaltes sind die grundsätzlich ehe und bedarfsprägenden Unterhaltszahlungen an die nicht privilegierten volljährigen Kinder nicht vorweg abzuziehen, wenn dadurch der angemessene Selbstbehalt des unterhaltsberechtigten Ehegatten diesen gegenüber (derzeit 1.100 €) unterschritten würde (OLG Celle, Urteil vom 18.05.2010 - 10 UF 273/09):

„... I. Die Parteien streiten um die Abänderung der Verpflichtung des Klägers auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt an die Beklagte. Die Eheschließung erfolgte am … 1984 in T. Zum Zeitpunkt der Eheschließung war der deutsche Kläger 31 Jahre alt und Arzt. Das Alter der in T. geborenen Beklagten bei Ehescheidung ist streitig gewesen. Die Parteien haben sechs gemeinsame Kinder:

• N., geboren am … 1983
• Me., geboren am … 1986
• B., geboren am … 1987
• P., geboren am … 1989
• Be., geboren am … 1991
• Ma., geboren am … 1993.

Die Parteien zogen vor der Geburt von Me. nach Deutschland, wo sich der Kläger 1988 als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie niederließ. Die Beklagte verfügt über keine Berufsausbildung. Während der Ehezeit begann sie eine Ausbildung zur Heilpraktikerin, die sie nicht abschloss, und betrieb kurzfristig einen Weinhandel und einen Frisiersalon.

Nach Berufung gegen das erstinstanzliche Verbundurteil des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 25. Mai 2004 wurde der Kläger durch Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. März 2005 (5 UF 339/04) zur Zahlung von 838,00 € nachehelichen Unterhalt und Kindesunterhalt für B., Be. und Ma., die mit der bereits volljährigen Me. zum Haushalt der Beklagten gehörten, verurteilt. P. lebte zu diesem Zeitpunkt im Haushalt des Klägers, N. im Internat, das vom Kläger bezahlt wurde. Für die Einzelheiten der Unterhaltsberechnung wird auf das der Klageschrift als Anlage beigefügte Urteil des Oberlandesgerichts Hamm Bezug genommen.

Der Kläger ist seit dem … 2004 Vater einer weiteren Tochter namens L. A. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Abänderungsklage absolvierten die drei älteren Töchter N., Me. und B. ein Studium und der Sohn Be. ein Auslandsschuljahr, während P. ein Internat besuchte und lediglich Ma. dauerhaft im Haushalt der Beklagten lebte. Die Beklagte ist unregelmäßig als Model oder Werbedame tätig und erzielte daraus im Zeitraum Juli bis Oktober 2008 und von August bis Oktober 2009 Einkünfte in Höhe von 1.600,00 € und 270,00 €. im letztgenannten Zeitraum noch 500,00 € aus einer Übersetzertätigkeit. Weiter hat sie jeweils Anfang 2008 und 2009 als Vorschuss für zwei Bücher Honorare in Höhe von insgesamt 4.000,00 € erhalten. Ihr unregelmäßig gezahlter Krankenkassenbeitrag beträgt monatlich 146,00 €.

Der Kläger behauptet, dass sein Nettoeinkommen nach Steuer in den Jahren 2006 bis 2008 deutlich gesunken sei. Nach Abzug von unstreitigen Krankenversicherungsbeiträgen von 554,40 € (597,19 € ab 1. Juli 2009) für die … Krankenkasse (… K) sowie weiterer streitiger Zahlungen auf Versicherungen verbleibe ihm ein Betrag unter 3.506,00 €. Davon zahle er entsprechend einem am 23. Juni 2006 vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Hannover (603 F 680/06 UK) geschlossenen Vergleich an N., Me. und B. monatlich je 600,00 € Unterhalt, an P. 450,00 € Schul und 50,00 € Taschengeld, weiterhin für Be. sowie Ma. jeweils 303,50 € Unterhalt. Seit März 2009 zahle er auch Unterhalt für L. A. in Höhe des Mindestunterhalts.

Der Kläger vertritt die Ansicht, dass die Beklagte keinen Anspruch mehr auf Betreuungsunterhalt habe. Eine andere Anspruchsgrundlage sei nicht erkennbar. Die Beklagte sei auch in der Lage und verpflichtet, eigene Einkünfte in Höhe von 1.400,00 € netto zu verdienen. Der Kläger vertritt weiter die Ansicht, dass er allenfalls in Höhe von 158,06 € leistungsfähig sei. Insoweit seien nunmehr, entgegen der Rechtsprechung im Jahre 2005, auch die Zahlungen an die Tochter L. A. als bedarfsprägend zu berücksichtigen. Schließlich ist er der Ansicht, dass angesichts einer Ehedauer von 14 Jahren die Zahlung von nachehelichem Unterhalt über einen Zeitraum von 4 Jahren eine Befristung rechtfertige, zumal die Beklagte keine ehebedingten Nachteile erlitten habe.

Die Beklagte behauptet, dass sie erst am … 1970 geboren worden und bei der Geburt des ersten Kindes 12 sowie bei der Eheschließung 13 Jahre alt gewesen sei. Sie habe wegen der ersten Schwangerschaft die Schulausbildung im Internat in T. abbrechen müssen, obwohl in ihrer Herkunftsfamilie eine angemessene Schul und Berufsausbildung, u. a. mit Studium in Europa üblich gewesen sei. Während der Kinderbetreuung sei es ihr nicht möglich gewesen eine Ausbildung zu absolvieren. die 1996 begonnene Heilpraktikerausbildung habe sie auf Druck des Klägers abgebrochen. Die Beklagte behauptet weiter, dass sie seit 24 Jahren unter schweren Depressionen leide, die als Folge des jungen Alters bei den Schwangerschaften, des Umzugs nach Deutschland und der daraus resultierenden Überforderung ehebedingt seien und zu sieben Suizidversuchen geführt hätten. Sie sei aufgrund der Depressionen nicht in der Lage gewesen, sich beruflich zu etablieren und bis heute nicht in der Lage, auch nur einer Teilzeittätigkeit nachzugehen. Dies auch aufgrund der durch die frühen Schwangerschaften eingetretenen Schädigungen an der Wirbelsäule.

Die Beklagte behauptet schließlich, dass der Kläger für die älteren drei Kinder keinen Unterhalt zahle, vielmehr hätten diese ein Darlehen zur Finanzierung des Studiums aufgenommen. An P. zahle der Kläger nur ein Taschengeld in Höhe von 30,00 €, während sie selbst die Fahrtkosten und die Verpflegung für die Wochenend und Ferienbesuche bezahle.

Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass der Kläger leistungsfähig sei. Bei der Einkommensberechnung sei bezüglich der Fahrzeugkosten eine Reduzierung um 80 % vorzunehmen und eine gänzliche Streichung der privaten Fahrten des Klägers seit 2008, die sich aus dem Wohnort seiner Freundin in G. erklären würden, weiterhin eine Reduzierung der in die Gewinnberechnung eingestellten Mietkosten. Auch die Investitions und Personalkosten sowie seine Vorsorgeaufwendungen seien zu hoch. Die Beklagte ist weiter der Ansicht, dass ihr der Kläger aufgrund ehelicher Solidarität unbefristeten nachehelichen Unterhalt in der bisherigen Höhe schulde, da sie mit 838,00 € nicht einmal ihren angemessenen Lebensunterhalt decken könne.

Der Kläger trägt hierzu vor, dass seine Praxismiete 2004 erhöht worden sei. Daher sei seine Gewinnermittlung nicht zu korrigieren. Dies gelte auch hinsichtlich der Fahrtkosten, da er „den Hinweisen des Oberlandesgerichts Hamm Folge geleistet habe". Der Kläger behauptet weiter, dass die Beklagte ihren Schulbesuch bereits vor dem gegenseitigen Kennenlernen beendet gehabt habe.

Mit der am 4. November 2008 zugestellten Klage begehrte der Kläger die Abänderung seiner Unterhaltsverpflichtung dahingehend, dass er ab Klagzustellung keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet, sowie für den Fall des Erfolgs der Abänderungsklage die Verurteilung der Beklagten auf Rückzahlung der an sie gezahlten Unterhaltsbeträge ab Rechtshängigkeit. Die Beklagte beantragte Klagabweisung. Am 19. Februar 2009 erging klagabweisendes Versäumnisurteil, gegen das der Kläger Einspruch einlegte unter Aufrechterhaltung der zuvor genannten Anträge. Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2009 konkretisierte er den Hilfsantrag auf den Zeitraum von Oktober 2008 bis Oktober 2009 und Unterhaltszahlungen in Höhe von 10.894,00 €. Das Amtsgericht - Familiengericht - Hannover hat durch Urteil vom 26. November 2009 das Versäumnisurteil aufrechterhalten und die weitergehende Klage abgewiesen. Dabei ist das Amtsgericht von einem Anspruch der Beklagten auf Krankheitsunterhalt ausgegangen und einem für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehenden Einkommen des Klägers in Höhe von 3.300,00 €, von dem nach Abzug des Kindesunterhalts für Ma. und Be. noch 2.200,00 € für den Ehegattenunterhalt verblieben.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er die Abänderung seiner Unterhaltsverpflichtung auf 400,00 € und hilfsweise die entsprechende Rückzahlung der Unterhaltsbeträge im Zeitraum vom 4. November 2008 bis einschließlich Mai 2010 begehrt. Zur Begründung führt er aus, dass das Amtsgericht den vorgetragenen Sachverhalt nicht zutreffend gewürdigt habe, indem es von einem zu hohen Nettoeinkommen in den Jahren 2006 bis 2008 ausgegangen sei und nicht sämtliche in der Ausgangsentscheidung berücksichtigten Belastungen in Abzug gebracht habe. Weiter rügt er die rechtliche Bewertung des Amtsgerichts, soweit dieses auch seinen Hilfsantrag beschieden hat. Darüber hinaus habe das Amtsgericht im Rahmen der Unterhaltsberechnung keinen Vorwegabzug der Unterhaltsansprüche der nicht privilegierten volljährigen Kinder sowie der jüngsten Tochter vorgenommen, obwohl für die Bedarfsberechnung die Unterhaltsansprüche sämtlicher Kinder zu berücksichtigen seien, wodurch ein Aufstockungsbedarf der Beklagten entfalle. Schließlich wiederholt er den erstinstanzlichen Vortrag, wonach die Beklagte erwerbsfähig und in der Lage sei, vollschichtig einer Tätigkeit als Verkäuferin nachzugehen, und beruft sich erneut auf eine Befristung seiner Unterhaltsverpflichtung.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung. Sie beruft sich darauf, dass auf Seiten des Klägers lediglich die Kosten für die Krankenversicherung mit 597,19 €, für die U. Krankenversicherung (…) mit 53,20 € und für die Ärzteversorgung mit 285,90 € einkommensmindernd zu berücksichtigen seien, da er die weiteren Versicherungen erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz und damit verspätet vorgetragen habe. Die Beklagte hält es nicht für zulässig, bei der Bedarfsberechnung die Unterhaltszahlungen des Klägers an die nachrangigen Kinder zu berücksichtigen. Sie hält an ihrem erstinstanzlichen Vortrag, insbesondere zu einer ehebedingten Erkrankung und zu ehebedingten Nachteilen fest.

Gegenüber der Berufungserwiderung beruft sich der Kläger darauf, dass die Beklagte erstinstanzlich zugestanden habe, dass seine KFZKosten in vollem Umfang beruflich veranlasst seien. Bei einer Reduzierung sei ansonsten die Steuerlast fiktiv höher anzusetzen. Er trägt nunmehr vor, dass die Beklagte seit spätestens Anfang 2007 einen Lebensgefährten habe, mit dem sie verschiedentlich in einer Wohnung zusammengelebt und mehrere Urlaubsreisen unternommen habe, so dass von einer verfestigten Lebensgemeinschaft auszugehen sei, die es dem Kläger unzumutbar mache, die Beklagte weiter zu alimentieren.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger eingeräumt, dass er bei Eheschließung angenommen hat, dass die Beklagte 16 Jahre alt gewesen sei. Die Parteien haben klargestellt, dass der Kläger für die Töchter B. und Me., die Beklagte für Ma. das Kindergeld erhält und für die anderen Kinder zumindest derzeit kein Kindergeld bezogen wird. Weiter bestand Einigkeit, dass N. ihr Studium im September 2009 beendet hat und Me. voraussichtlich im Juni dieses Jahres ihr Studium abschließen wird.

II. Die form und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Mit der Rüge der Verletzung des Gebotes zur vollständigen und umfassenden Auseinandersetzung mit dem Streitstoff und dessen falscher rechtlicher Würdigung greift er das erstinstanzliche Urteil auch in beachtlicher Weise an.

Die Berufung ist jedoch unbegründet, da der Beklagten weiterhin ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zusteht und der Kläger nach den vorgelegten Einkommensnachweisen in der titulierten Höhe leistungsfähig ist.

Zwar ist aufgrund des Alters der Kinder, von denen bei Rechtshängigkeit der Abänderungsklage nur die damals 15jährige Ma. noch im Haushalt der Beklagten lebte, ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB entfallen. Weiter hat die Beklagte auch die Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1572 BGB nicht dargetan. Sie hat insoweit vorgetragen, durch erhebliche Rückenschmerzen und Depressionen an einer Erwerbstätigkeit gehindert zu sein, die jeweils von den frühen und zahlreichen Schwangerschaften, die Depressionen auch von dem Verlust der Heimat, herrühren sollen, und hat Beweis durch die Einholung von Sachverständigengutachten angeboten sowie zwei Atteste des Hausarztes vorgelegt, aus denen sich eine rezidivierende depressive Störung seit 2003 mit akuter Belastungssituation im Dezember 2008 und Zustand nach Suizid sowie Beschwerden im Skelettsystem mit Verdacht auf eine Stenose des Spinalkanals ergeben. Es ist jedoch offen geblieben, ob und bejahendenfalls in welchem Umfang und zu welchem Einsatzzeitpunkt die Beklagte durch diese Diagnosen in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist, zumal sie unstreitig immer wieder geringfügige Tätigkeiten ganz unterschiedlicher Art ausgeübt hat.

Der Beklagten steht jedoch ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zu. Denn das von der Beklagten erzielbare Monatseinkommen ist mit nicht mehr als 400,00 € netto anzusetzen. Angesichts des Fehlens jeglicher abgeschlossener Schulausbildung und jeglicher beruflicher Vorbildung sowie der weiteren konkreten Biographie kann nicht mit hinreichender Sicherheit angenommen werden, dass es ihr realistischerweise möglich ist, auf Dauer mehr als einen sogenannten Minijob zu finden oder durch die bereits in der Vergangenheit ausgeübten wechselnden Tätigkeiten im Bereich Promotion, Übersetzungen und Veröffentlichungen durchgehend ein höheres Einkommen zu erzielen. An dieser Einschätzung ergibt sich durch die abgeschlossenen Verträge über zwei von der Beklagten zu schreibende Bücher derzeit keine Änderung, da insoweit abzuwarten ist, ob diese überhaupt und mit welchem wirtschaftlichen Erfolg veröffentlicht werden.

Auch unter Berücksichtigung eines Verdienstes der Beklagten von monatlich 400,00 € besteht weiterhin ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt in der titulierten Höhe.

Dabei ist auf Seiten des Klägers unter Zugrundelegung der Einkünfte in den Jahren 2006 bis 2009 von einem durchschnittlichen Jahreseinkommen vor Steuer in Höhe von 88.068,78 € auszugehen. Denn sein Gewinn vor Steuer betrug

• 81.208,34 € im Jahr 2006,
• 72.252,27 € im Jahr 2007 ohne die dann aufgelöste Ansparrücklage,
• 75.273,57 € im Jahr 2008 und
• 96.968,09 € im Jahr 2009 nach der vom Kläger vorgelegten vorläufigen betriebswirtschaftlichen Auswertung für Dezember 2009

und damit insgesamt 325.702,27 € bzw. im Jahresdurchschnitt 81.425,57 €.

Dieses Einkommen ist entsprechend der Ausgangsentscheidung um die in der Gewinnermittlung erfassten KFZKosten zu erhöhen, die 4.346,19 € in 2006, 4.241,49 € in 2007, 11.351,97 € in 2008 und 6.633,22 € in 2009 und damit im genannten Zeitraum insgesamt 26.572,87 € betrugen und mit durchschnittlich 6.643,22 € dem Jahreseinkommen hinzuzurechnen sind, das sich dergestalt auf 88.068,79 € erhöht. Von einer weiteren Zurechnung auch eines Teils der Mietkosten, wie vom OLG Hamm für das Jahr 2003 vorgenommen, hat der Senat abgesehen, nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, dass sich die unterschiedlichen Mietkosten aus variierenden Stundungen und Rück bzw. Nachzahlungen ergeben. Ebenso sind sonstige Korrekturen, insbesondere zu den Personal oder Investitionskosten, nicht veranlasst. Schließlich ist zu Gunsten des Klägers die im Jahr 2008 für 2001 erfolgte Gewinnausschüttung in Höhe von 3.214,00 € aufgrund des Charakters einer einmaligen Zahlung für die Vergangenheit nicht einkommenserhöhend berücksichtigt worden.

In Abzug zu bringen sind 14.365 € Einkommensteuer, 482,79 € Solidaritätszuschlag und 790,02 € Kirchensteuer, insgesamt 15.637,81 € Steuern, die anhand des tatsächlich erzielten Einkommens von 81.425,57 € und nicht auch, wie der Kläger meint, hinsichtlich der unterhaltsrechtlich vorgenommenen Korrektur zu bemessen sind. Entsprechend der vorgelegten Einkommensteuerbescheide sind für die Steuerberechnung jedoch 5.069,00 € als Höchstbetrag für Vorsorgeaufwendungen, 10.056,00 € für den gezahlten Ehegattenunterhalt sowie, jeweils wie im Einkommensteuerbescheid 2008, für Ausbildungskosten 888,00 € und die Kinderfreibeträge einkommensmindernd zu berücksichtigen.


Nach Abzug der Steuer von dem Gesamteinkommen von 88.068,79 € verbleibt ein Jahreseinkommen von 72.430.98 € und damit ein Durchschnittseinkommen von 6.035,92 €, das unter dem in der Ausgangsentscheidung zugrunde gelegten Einkommen von 6.421,00 € liegt.

Dieses Einkommen mindert sich entsprechend der in der abzuändernden Entscheidung des OLG Hamm vorgenommenen Berechnung um 20 % der gesamten KFZKosten (betrieblich und privat erfasste) in Höhe von 40.256,87 €, die sich aus den aufgezeigten Kosten im Rahmen der Gewinnermittlung der Praxis in Höhe von 26.572,87 € zuzüglich privater KFZKosten von 5.076,00 € in 2006 und 2008 sowie von 3.532,00 € in 2008 addieren. Der Jahresdurchschnitt beträgt 10.064,22 €, so dass mit 20 % ein Betrag von 2.012,84 € jährlich bzw. 167,74 € monatlich vom Nettoeinkommen in Abzug zu bringen ist. Ein gänzlicher Wegfall der Fahrtkosten, wie von der Beklagten aufgrund des entfernten Wohnortes der Freundin des Klägers seit 2008 vertreten, ist nicht geboten, da die Fahrtkosten in etwa denen in der Ausgangsentscheidung mit monatlich 150,00 € entsprechen. Eine berücksichtigungswürdige Änderung der Buchhaltung zu den Fahrtkosten ist auf Seiten des Klägers entgegen dessen Vortrag allerdings auch nicht zu erkennen, ebenso wenig ein in der ersten Instanz geäußertes Einverständnis der Beklagten mit deren vollen Abzug. Weiter in Abzug zu bringen sind die Krankenversicherungskosten bei der … K mit 554,40 € bzw. 597,19 € ab Juli 2009 sowie der unveränderte Beitrag zur Zusatzkrankenversicherung bei der … KV in Höhe von 53,20 €. Da es sich um einen Pflichtbeitrag handelt, ist auch der geschuldete Beitrag für die Ärzteversorgung in Höhe von 14 % des durchschnittlichen und nicht korrigierten Einkommens von 81.425,57 € mit 949,96 € zu berücksichtigen, wenngleich der Kläger insoweit lediglich eine Zahlung von 285,90 € nachgewiesen hat. Unproblematisch ist weiter der Abzug der nachgewiesenen Kosten für die Krankenhaustagegeldversicherung in Höhe von 190,93 € und die Lebensversicherung bei der P. Versicherung Nr. … mit 93,02 €. Dagegen sind die Beiträge für die zweite Lebensversicherung bei der P. und die beiden Versicherungen bei der H. und eine Unfallversicherung des Klägers nicht belegt, während hinsichtlich der belegten neuen Verträge des Klägers über insgesamt monatlich 791,23 € für eine private Krankenversicherung, eine Haftpflichtversicherung und zwei (Lebens?)Versicherungen bei der A. nicht erkennbar ist, woraus sich ihre Berücksichtigungsfähigkeit ergeben soll. Selbst wenn man jedoch zugunsten des Klägers auch die nicht belegten weiteren Versicherungskosten, wie sie der abzuändernden Entscheidung mit 95,10 € für die Lebensversicherung H. … und 8,74 € für die Lebensversicherung H. …, mit 93,84 € für die Risikolebensversicherung bei der H. L. sowie mit nunmehr 49,24 € für die Unfallversicherung bei der D. zugrunde lagen, einkommensmindernd berücksichtigt, verbleibt für die Unterhaltsberechnung ein Einkommen in Höhe von 3.779,75 € bzw. ab Juli 2009 aufgrund der Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge von 3.736,96 €.

Die vom Kläger geleisteten Unterhaltszahlungen für die minderjährige Tochter Ma. in Höhe von 304,50 € und für das zunächst noch minderjährige und später privilegierte volljährige Kind Be. in Höhe von ebenfalls 304,50 € sowie für P. als privilegierte Volljährige mit den Zahlungen für das Internat und das Taschengeld in Höhe von 449,00 €, summieren sich auf 1.104,00 €. Der Kläger hat durch die Vorlage von Kontoauszügen die Zahlungen nachgewiesen. Dies gilt auch hinsichtlich der Zahlungen für L.A. ab April 2009, durch die sich der von ihm gezahlte Unterhalt für die minderjährigen bzw. privilegierten Kinder auf höchstens 1.329,00 € erhöht, unter Berücksichtigung des maximal für L.A. zu zahlenden Kindesunterhalts von 225,00 € ab 2010. Der Kläger ist mit der Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen für die vor der letzten mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren bereits geborene L.A. nicht nach § 323 Abs. 2 BGB präkludiert, da er unwidersprochen vorgetragen hat, dass deren Mutter bis Frühjahr 2009 keinen Unterhalt geltend gemacht hat. Mithin verbleiben vom Einkommen des Klägers für die Berechnung des Bedarfs der Beklagten im für ihn ungünstigsten Fall nach Erhöhung des Krankenkassenbeitrags und mit Unterhaltszahlungen für L.A. in Höhe von maximal 225,00 € noch 2.407,96 €.

Für die Berechnung des Bedarfs der Beklagten ist ein weiterer Vorwegabzug der Unterhaltszahlungen für die volljährigen Kinder nicht vorzunehmen. Deren Unterhaltsansprüche sind zwar grundsätzlich ehe und damit auch bedarfsprägend. Dies gilt jedoch nicht, wenn der berechtigte Ehegatte nicht den auch dem verpflichteten Ehegatten zustehenden Selbstbehalt gegenüber dem volljährigen Kind von derzeit 1.100,00 € verwirklichen kann, da ansonsten der in § 1603 BGB geregelte Rangunterhalt unterlaufen würde (Gutdeutsch in Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Auflage, § 5 Rz. 136. Göppinger/ Wax, Unterhaltsrecht, 8. Auflage, S. 607 Rz. 1569. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhaltsrechts, 10. Auflage, S.12 Rz. 40. OLG Nürnberg, FamRZ 1997, 445). So verhält es sich hier. Denn schon die vom Kläger nachgewiesenen Zahlbeträge von jeweils 600,00 € abzüglich des vollen Kindergelds für B. und Me. sowie von 450,00 € für N. führen zu weiteren Unterhaltszahlungen in Höhe von mindestens 1.282,00 € bei einem Kindergeld in Höhe von 184,00 € in 2010. Dadurch würde sogar bei der günstigsten Einkommensgestaltung, d. h. bei dem noch nicht erhöhten Krankenkassenbeitrag und ohne den Kindesunterhalt für L.A., das für den Ehegattenunterhalt zur Verfügung stehende Einkommen des Klägers von 3.779,75 nach Abzug von 1.104,00 € Minderjährigen und 1.282,00 € Volljährigenunterhalt für die Berechnung des Ehegattenunterhalts auf 1.393,75 € bzw. nach Abzug des Erwerbstätigenbonus in Höhe von 199,11 € auf 1.194,64 € reduziert.

Für die Bedarfsberechnung ist auf Beklagtenseite von dem erzielbaren Einkommen von 400,00 € der bisherige Krankenkassenbeitrag in Höhe von 146,00 € in Abzug zu bringen, den die Beklagte nach ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung zwar derzeit nicht zahlt, aber grundsätzlich zahlen müsste, weshalb diese genauso wie die vom Kläger zu zahlenden Beiträge zur Ärzteversorgung berücksichtigungsfähig sind. Folglich verbleibt ein Einkommen von 254,00 € und nach Abzug von 5 % berufsbedingten Aufwendungen (12,70 €) und des Erwerbstätigenbonus (34,47 €) von noch 206,83 €, das auf Beklagtenseite in die Bedarfsberechnung einzustellen ist. Dergestalt würde sich ein ungedeckter Bedarf der Beklagten von 493,91 € errechnen, der auch unter Hinzurechnung ihrer fiktiven Einkünfte zu einem Einkommen nicht nur unterhalb des angemessenen sondern auch des notwendigen Selbstbehalts führt. Der Kläger kann sich insoweit nicht auf die Wertung des OLG Hamm berufen, das in der abzuändernden Entscheidung auch den Unterhalt für die damals 21jährige und damit nicht mehr privilegierte volljährige Tochter N. vorweg abgezogen hat, da damals durch die Berücksichtigung sämtlicher Unterhaltsansprüche kein Mangelfall eingetreten ist. Dagegen verhält es sich inzwischen so, dass drei der Töchter als Volljährige einen wesentlich höheren Unterhaltsbedarf haben, dessen Vorwegabzug dazu führen würde, dass der angemessene Bedarf der Beklagten nicht mehr gedeckt wäre. Anders als der Kläger meint, ist die Beklagte insoweit auch nicht auf den notwendigen Selbstbehalt von 770,00 € zu verweisen, da ansonsten weder der ihr ebenso wie dem Kläger gegenüber den Unterhaltsansprüchen der volljährigen Töchtern zustehende erhöhte Selbstbehalt von 1.100,00 € noch der grundsätzlich gleiche Bedarf der Eheleute berücksichtigt würden. Außerdem betreibt der Kläger eine deutlich bessere Altersvorsorge als die Beklagte, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Kürzung des Unterhalts der Beklagten auf 770,00 € unbillig erscheint.

Ohne Vorwegabzug des Volljährigenunterhalts verbleibt auf Klägerseite für die Berechnung des ehelichen Bedarfs dagegen auch nach Erhöhung des Krankenkassenbeitrags ein Einkommen in Höhe von 3.736,96 € und bei Zahlung von Unterhalt für die minderjährigen bzw. privilegierten volljährigen Kinder, einschließlich des höchsten Betrages für L.A. in Höhe von 225,00 €, ein Einkommen von 2.407,96 €, das für die Berechnung des Bedarfs um den Erwerbstätigenbonus von 343,99 € auf 2.063,96 € zu reduzieren ist. Entsprechend beträgt der Gesamtbedarf der Eheleute ohne Vorwegabzug des Volljährigenunterhalts 2.270,79 €, so dass der hälftige ungedeckte Bedarf der Beklagten sogar bei Berücksichtigung der erhöhten Zahlungen des Klägers für die Krankenversicherung und L.A. sowie eines fiktiven Einkommens von 400,00 € über dem titulierten Betrag von 838,00 € liegt.

Jedoch verfügt die Beklagte auch unter Berücksichtigung eines fiktiven Einkommens von 241,30 € vor Abzug des Erwerbstätigenbonus und unter Hinzurechnung der Unterhaltszahlungen des Klägers von 838,00 € über kein Einkommen von mehr als 1.100,00 €, so dass der zwischenzeitliche Wegfall eines Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt der Tochter N. sowie die zukünftig zu erwartenden Änderungen durch die Beendigung des Studiums der Tochter Me. nicht zu einer veränderten Bewertung ihres Vorrangs führen. Darüber hinaus ist sie gegenüber den volljährigen Töchtern auch nicht unterhaltsrechtlich leistungsfähig, so dass eine Reduzierung ihres Unterhalts bis zum angemessenen Selbstbehalt nicht darstellbar ist.

Weiter kommt eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten nach § 1578 b BGB nicht in Betracht, da diese erhebliche ehebedingte Nachteile erlitten hat. Angesichts der Eheschließung im Alter von höchstens 16 Jahren, der bis dahin nicht abgeschlossenen Schulausbildung und der außergewöhnlich umfangreichen Einbindung in familiäre Aufgaben durch sechs Kinder, liegt es auf der Hand, dass die Beklagte in ihrer beruflichen Entwicklung durch die Ehe maßgeblich gehindert worden ist. Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem streitig gebliebenen Vortrag des Klägers, wonach die Beklagte ihre Schulausbildung bereits bei ihrer ersten Begegnung abgebrochen haben soll. Denn angesichts des noch sehr jungen Alters der Beklagten bei der Eheschließung von allenfalls 16 Jahren kann nicht angenommen werden, dass diese ohne die Eheschließung überhaupt keine berufliche Bildung erfahren hätte, die ihr aufgrund des familiären Hintergrunds (der Vater war t….ischer Außenminister) zumindest nicht verschlossen gewesen ist. Ebenso wenig kann sich der Kläger für einen Ausschluss ehebedingter Nachteile mit Erfolg darauf berufen, dass er der Beklagten bereits während der Ehe unterschiedliche Berufsmöglichkeiten eröffnet habe, denn dadurch sind die ehebedingten Nachteile auch nicht annähernd kompensiert worden.

Schließlich sind auch die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten nicht hinreichend substantiiert dargetan. Insoweit ist es nicht ausreichend, wenn die Beklagte, wie vom Kläger vorgetragen, in unbestimmten Zeiträumen der Vergangenheit mit einem Freund zusammengelebt und mehrere Urlaube verbracht hat. Voraussetzung für einen Unterhaltsausschluss nach § 1579 Ziffer 2 BGB a. F. ist vielmehr ein auf Dauer angelegtes Verhältnis, das nach außen erkennbar an die Stelle der Ehe getreten ist. Ein derartiges dauerhaftes Verhältnis ist bereits nach dem Vortrag des Klägers, bei einem nur zeitweisen Zusammenleben und mehreren Urlauben, nicht erkennbar.

Nach alledem kann das Abänderungsbegehren des Klägers keinen Erfolg haben. Folglich braucht sein Eventualantrag auf Rückzahlung von Unterhalt nicht beschieden zu werden. entsprechend ist der Tenor des angefochtenen Urteils klarzustellen. ..."

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Maßgeblich für die Zulässigkeit einer Abänderungsklage ist, wann die wesentliche Änderung tatsächlich eingetreten ist, nicht der frühere Zeitpunkt der Vorhersehbarkeit, wie dem eindeutigen Wortlaut des § 323 II ZPO („entstanden") zu entnehmen ist. Das Hineinwachsen in eine höhere Altersstufe z.B. kann, muss aber nicht als künftige Erhöhung in das Urteil des Vorprozesses aufgenommen werden. Reicht das Einkommen des barunterhaltspflichtigen Vaters, der eine Herabsetzung des titulierten Mindestunterhalts begehrt, gerade aus für den Mindestunterhalt von zwei minderjährigen Kindern, kommt es auf die Bedürftigkeit seiner neuen Ehefrau nicht an. Denn deren Unterhaltsanspruch ist seit dem 1. 1. 2008 gem. § 1609 Nr. 1 und 2 BGB nachrangig (OLG Jena, Beschluss vom 26.05.2009 - 1 WF 105/09 zu ZPO § 323 II; BGB §§ 1601, 1609 Nrn. 1, 2, NJW 2009, 2932 f - Volltext unter § 1601 BGB).

***

„... Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Mainz vom 25. August 2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Monate Oktober bis Dezember 2007 einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 1.458,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2008 zu zahlen. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab dem 1. Januar 2008 bis zur Beendigung des Studiums der Rechtswissenschaften einen monatlichen Unterhalt von 486,00 EUR zu zahlen, zahlbar im Voraus bis zum 1. eines jeweiligen Monats. Der Beklagte wird verurteilt, ab dem 15. Januar 2008 jeweils zum 15. Januar eines Jahres und zum 15. Juni eines Jahres bis Beendigung des Studiums der Rechtswissenschaften an die Klägerin allgemeine Studiengebühren nach dem Landeshochschulgebührengesetz zuzüglich des Beitrages für das Studentenwerk und des Verwaltungskostenbeitrags in der jeweils gültigen Höhe, derzeit zusammen 602,00 EUR, zu zahlen. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Verfahrenskosten von 546,69 EUR zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszugs tragen die Klägerin zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5. Von den Kosten der ersten Instanz trägt die Klägerin 1/3, der Beklagte 2/3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I. Die am ... Januar 1987 geborene Klägerin ist die Tochter des Beklagten. Dieser hat mit Jugendamtsurkunde vom 5. November 1987 die Vaterschaft anerkannt und sich verpflichtet, den Regelunterhalt bis zum vollendeten 18. Lebensjahres zu zahlen. Der Beklagte hat zunächst Kindesunterhalt geleistet und die Zahlungen nach Verlust seiner Arbeitsstelle eingestellt. In den letzten zehn Jahren hat er keinen Unterhalt gezahlt. Die Kindesmutter hat am 30. August 2005 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin geheiratet und lebt seit Oktober 2006 von diesem getrennt.

Die Klägerin hat ab April 2005 in einem Internat … gelebt und im Juni 2008 das Abitur gemacht. Zum Wintersemester 2007/2008 hat sie an der Universität T… das Studium der Rechtswissenschaften aufgenommen. Sie hat dafür monatliche Studiengebühren nach dem Landeshochschulgebührengesetz, einen Beitrag für das Studentenwerk und einen Verwaltungskostenbeitrag von derzeit insgesamt 602,00 EUR pro Semester zu entrichten, zu zahlen jeweils bei Rückmeldung zum 15. Januar bzw. 15. Juni des Jahres. Mit anwaltlichem Schreiben vom 3. Oktober 2007 hat die Klägerin den Beklagten über den Beginn des Studiums unterrichtet und ihn zur Vorbereitung eines Antrags auf Gewährung von BAföG-Leistungen um Angaben zu seinen finanziellen Verhältnissen aufgefordert.

Der Beklagte ist verheiratet und hat aus dieser Ehe einen am 10. Dezember 1992 geborenen Sohn. Er wohnt in einer im Eigentum seiner Ehefrau stehenden Eigentumswohnung, für die er die Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 900,00 EUR monatlich und die Nebenkosten von 131,14 EUR monatlich trägt. Seine Ehefrau übt eine Halbtagstätigkeit aus.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten rückständigen Ausbildungsunterhalt für die Zeit von Oktober 2007 bis Dezember 2007 sowie laufenden Unterhalt ab dem 1. Januar 2008. Sie begehrt ferner die Zahlung der jeweiligen Studiengebühren, des Beitrags für das Studentenwerk und des Verwaltungskostenbeitrags von insgesamt 602,00 EUR pro Semester und diesen Betrag als Rückstand für das Wintersemester 2007/2008 sowie die Erstattung vorgerichtlicher Kosten von 906,30 EUR.

Die Klägerin hat geltend gemacht, ihre Mutter sei nicht leistungsfähig. Sie habe nur ein Einkommen von 818,32 EUR netto aus ihrer Tätigkeit bei der B… GmbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist.

Das Amtsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Es ist von einem Nettoeinkommen des Beklagten von 2.638,87 EUR bzw. von 2.661,22 EUR von Juli 2007 bis Juni 2008 ausgegangen. Nach Abzug von Fahrtkosten für die kürzeste Wegstrecke von 400,00 EUR und 77,93 EUR für eine weitere Altersversorgung verblieben dem Beklagten 2.160,94 EUR. Damit sei er in jedem Fall in der Lage, den Unterhalt von 486,00 EUR an die Klägerin zu zahlen. Die Ehefrau des Beklagten sei unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen, da sie ihren Bedarf aus eigenen Einkünften decken könne. Der Wohnvorteil des Beklagten belaufe sich nach Abzug der Darlehensverbindlichkeiten auf Null. Die den Wohnwert übersteigenden Darlehensverbindlichkeiten seien nicht zu berücksichtigen, da sie der Vermögensbildung der Ehefrau dienten. Die verbrauchsabhängigen Nebenkosten seien aus dem Selbstbehalt zu erbringen. Ein fiktives Einkommen der Kindesmutter müsse sich die Klägerin nicht entgegenhalten lassen. Die auf Zahlung von 1.200,00 EUR für die Anschaffung eines Laptops nebst Zubehör erhobene Klage der Klägerin hat das Amtsgericht abgewiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte sein Begehren auf Abweisung der Klage insgesamt weiter. Er macht geltend, er sei seiner Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet, da diese aus ihrer Halbtagstätigkeit nur ein bereinigtes Einkommen von 956,63 EUR erziele. Von seinem Einkommen seien Fahrtkosten in Höhe von 550,00 EUR, 200,00 EUR für eine weitere Lebensversicherung, 343,00 EUR an Unterhalt für seinen Sohn, 75,00 EUR seines Sohnes für den Besuch des Konservatoriums, 900,00 EUR für Darlehensverbindlichkeiten und 131,14 EUR Nebenkosten monatlich in Abzug zu bringen. Die Klägerin habe die Einkünfte ihrer Mutter unzutreffend dargestellt. Selbst wenn sie lediglich Einkünfte aus einer Teilzeittätigkeit erziele, seien ihr ein Wohnwert für mietfreies Wohnen sowie der Unterhaltsanspruch gegen den von ihr getrennt lebenden Ehemann anzurechnen. Die Kindesmutter dürfte über monatliche Gesamteinkünfte von mindestens 2.400,00 EUR verfügen und sei gegenüber der Klägerin barunterhaltspflichtig.

Der Beklagte beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Mainz vom 25. August 2008 die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Ihre Anschlussberufung, mit der sie zunächst die Verurteilung des Beklagten auf Zahlung von 1.200,00 EUR für den Laptop nebst Zubehör beantragt hat, hat sie zurückgenommen.

Der Senat hat den Prozessbevollmächtigten der Klägerin als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 18. November 2008 (Bl. 386 bis 390 GA) verwiesen.

II. Das in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Rechtsmittel des Beklagten hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

Der Unterhaltsbedarf der volljährigen und studierenden Klägerin beläuft sich auf 640,00 EUR abzüglich des Kindergeldes von 154,00 EUR, mithin auf 486,00 EUR monatlich (vgl. Ziff. 13.2 der Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Koblenz, KoL; Stand: 1. Januar 2008).

Dieser Betrag deckt den gesamten Bedarf des studierenden Kindes ab. Nicht darin enthalten sind jedoch die Studiengebühren (Anm. A.9 der Düsseldorfer Tabelle; Stand: 1. Januar 2008). Es handelt sich dabei um Mehrbedarf (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rdn. 365). Dieser kann für die Vergangenheit nur unter den Voraussetzungen des Verzugs verlangt werden. Hier hat die Klägerin den Beklagten erst nach Aufnahme des Studiums und damit nach Zahlung der Studiengebühren für das Wintersemester 2007/2008 zur Auskunft aufgefordert. Damit kann die Klägerin von dem Beklagten von vornherein nicht die rückständigen Studiengebühren für das Wintersemester 2007/2008 in Höhe von 602,00 EUR verlangen.

Die Klägerin hat keine Einkünfte, sie erhält insbesondere keine BAföG-Leistungen. Sie kann sich an den allein leistungsfähigen Beklagten halten und muss nicht ihre - grundsätzlich gleichrangig zum Unterhalt verpflichtete Mutter - in Anspruch nehmen.

Die Mutter der Klägerin ist nicht leistungsfähig. Sie verfügt über ein Einkommen weit unterhalb des Selbstbehalts von 1.100,00 EUR. Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass sie von ihrem getrennt lebenden Ehegatten, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und Zeugen Dr. G…, Trennungsunterhalt erhält. Der Zeuge hat den dahingehenden Sachvortrag des Beklagten nicht bestätigt. Er hat glaubhaft bekundet, die Mutter der Klägerin unterhalte sich selbst und er zahle keinen Trennungsunterhalt. Vielmehr unterstütze er die Mutter der Klägerin gelegentlich mit darlehensweise zur Verfügung gestellten kleineren Geldbeträgen. Der Beklagte hat somit nicht ein den Selbstbehalt übersteigendes Einkommen der Kindesmutter zu beweisen vermocht.

Es kann dahin stehen, ob der Kindesmutter wegen Verletzung ihrer Erwerbsobliegenheit fiktiv ein höheres Einkommen zuzurechnen ist. Eine Mithaftung für die Unterhaltsansprüche der Klägerin aus Zurechnung fiktiver Einkünfte kommt nicht in Betracht, die Klägerin kann sich vielmehr allein an den leistungsfähigen Beklagten halten, § 1607 Abs. 2 BGB. Ist absehbar, dass der Gläubiger aus einem erlangten Titel gegen einen gleich nahen Verwandten nicht mit Erfolg vollstrecken kann, so kann der auf ihn entfallende Anteil gem. § 1607 Abs. 2 BGB von dem oder den Mitverpflichteten verlangt werden. Nach allgemeiner Ansicht gilt die Ersatzpflicht nach § 1607 Abs. 2 BGB auch dann, wenn der bisher betreuende, nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes barunterhaltspflichtige Elternteil allenfalls fiktiv zuzurechnende Einkünfte hat (OLG Hamm NJW-RR 2006, 509; OLG Nürnberg FamRZ 2000, 687, 688; Palandt/Diederichsen, BGB, 68. Aufl., § 1607 Rdn. 12; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 2 Rdn. 608). Denn auf solche lediglich fiktiven Einkünfte kann im Wege der Vollstreckung nicht zurückgegriffen werden. Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich nicht aus der von dem Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30. Juli 2008 (Az. XII ZR 126/06, FamRZ 2008, 2104, 2106). Lediglich im Rahmen der Bemessung des Ehegattenunterhalts und des vorweg abzuziehenden Unterhalts der volljährigen Kinder ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das fiktive Einkommen eines Ehegatten einzubeziehen. Im Verhältnis zwischen volljährigem Kind und Eltern verbleibt es jedoch bei Regelung des § 1607 Abs. 2 BGB. Soweit sich ein Elternteil fiktives Einkommen zurechnen lassen muss, findet ein Anspruchsübergang auf den leistenden Ehegatten statt, § 1607 Abs. 2 Satz 2 BGB.

Der Beklagte hat nach seinem eigenen Vorbringen ein Einkommen von 2.661,22 EUR. Davon sind Fahrtkosten von 400,00 EUR für die kürzeste Strecke in Abzug zu bringen. Als zusätzlicher Beitrag zur Altersversorgung ist ein Betrag von 77,93 EUR zu berücksichtigen. Damit ist insgesamt eine zusätzliche Altersversorgung in Höhe von 4 % des Bruttoeinkommens anerkannt. Weitere Beträge können nicht deswegen berücksichtigt werden, weil von dem Einkommen des Beklagten monatlich 127,82 EUR in eine Direktversicherung zur Altersvorsorge abgeführt werden. Der Beklagte ist unterhaltsrechtlich gehalten, seine private Rentenversicherung ruhend zu stellen.

Das Amtsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, die Darlehensverbindlichkeiten des Beklagten für die eheliche Wohnung könnten nur in Höhe des Wohnwerts berücksichtigt werden. Die monatlichen Zinsleistungen des Beklagten belaufen sich ausgehend von einem Zinssatz von 4,49 % und einer Darlehenssumme von 100.000,00 EUR (Darlehensvertrag vom 19. Juli 2006, Bl. 255 ff. GA) auf anfänglich 374,17 EUR. Die Tilgungsleistungen dienen der Vermögensbildung. Sie sind in Kenntnis der gegenüber der Klägerin grundsätzlich bestehenden Unterhaltspflicht begründet worden und können unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigt werden. Der Beklagte trägt auch die monatlichen verbrauchsunabhängigen Kosten von 131,14 EUR, was eine maximale monatliche Belastung von insgesamt 505,31 EUR ergibt. Dieser Betrag ist, da die Ehefrau des Beklagten ebenfalls Einkünfte aus Erwerbstätigkeit erzielt, im Verhältnis der beiden Einkommen und damit in einem Verhältnis von 2/3 zu 1/3 aufzuteilen. Er verbleibt eine monatliche Belastung für den Beklagten von 336,87 EUR. Da sich dieser Betrag unterhalb der in dem Selbstbehalt enthaltenen Kaltmiete von 350,00 EUR bewegt, scheidet eine Berücksichtigung weiterer Zinszahlungen aus.

Von dem verbleibenden Einkommen des Beklagten ist der um den Kindergeldanteil bereinigte Unterhalt von 288,00 EUR für den gegenüber der Klägerin vorrangigen minderjährigen Sohn M… in Abzug zu bringen, § 1609 Nr. 1 BGB. Bei der Bemessung des Unterhalts des minderjährigen Kindes ist, da dessen Mutter im Wesentlichen die Betreuungsleistung übernimmt, das Einkommen des Beklagten zu Grunde zu legen.

Die Kosten für den Besuch des Konservatoriums von 75,00 EUR sind nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei um Kosten für den Gitarrenunterricht des Sohnes des Beklagten. Dabei handelt es sich nicht um einen zusätzlichen Bedarf sondern um Kosten, die aus dem laufenden Kindesunterhalt zu decken sind.

Das ergibt folgende Berechnung des Einkommens des Beklagten:

2.661,22 EUR
- 400,00 EUR
- 79,93 EUR
- 288,00 EUR
1.893,29 EUR

Nach Abzug des Selbstbehalts von 1.100,00 EUR verbleibt dem Beklagten ein Einkommen von 793,29 EUR.

Davon kann er den Unterhaltsbedarf der Klägerin von 486,00 EUR sowie deren Mehrbedarf für die Studiengebühren ab dem Sommersemester 2008 in Höhe von 602,00 EUR pro Semester - entspricht 100,30 EUR pro Monat - sowie den vorrangigen Unterhaltsbedarf seiner Ehefrau (§ 1609 Nr. 3 BGB) decken. Nach Abzug des Unterhaltsbedarfs der Klägerin von insgesamt 586,30 EUR verbleibt dem Beklagten ein freies Einkommen von 206,99 EUR und seiner Ehefrau ein angemessener Unterhalt.

Dem Beklagten ist darin zuzustimmen, dass der Ehefrau des Unterhaltsverpflichteten grundsätzlich die Hälfte des gemeinsamen bereinigten Nettoeinkommens verbleiben muss (BGH FamRZ 2004, 24). Begehrt jedoch - wie hier - ein nicht privilegiertes volljähriges Kind (aus einer früheren Verbindung) des Verpflichteten Unterhalt, ist der anteilige Familienunterhalt des jetzigen Ehegatten des Schuldners grundsätzlich unter Vorwegabzug des Unterhalts des volljährigen Kindes zu berechnen, da die Unterhaltspflicht gegenüber diesem Kind die ehelichen Lebensverhältnisse prägt. Allerdings muss der Vorrang des jetzigen Ehegatten gewahrt bleiben. Zwischen dem Unterhalt des Ehegatten und dem Unterhalt des volljährigen Kindes darf kein Missverhältnis entstehen. Dem Ehegatten muss daher ein Mindestbedarf bleiben (BGH FamRZ 2003, 860, 865; Wendl/Staudigl, § 3 Rdn. 79). Der Ehegatte hat einen Anspruch auf einen angemessenen, nicht nur auf notwendigen Unterhalt, § 1360 Satz 1 BGB.

Vorliegend prägt die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin die ehelichen Verhältnisse. Dabei kommt es nicht maßgeblich darauf an, ob der Beklagte in der Vergangenheit regelmäßig Unterhalt an die Klägerin geleistet hat. Denn die Unterhaltspflicht bestand schon bei Eheschließung. Wenn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 2006, 683) ein nach der Scheidung geborenes Kind die ehelichen Verhältnisse prägt, dann ist erst recht ein bereits vor Eheschließung geborenes Kind eheprägend.

Der Ehefrau des Beklagten verbleibt ein angemessener Unterhalt. Sie verfügt über ein um das Kindergeld bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von 1.229,13 EUR (vgl. Gehaltsbescheinigung von Januar 2008, Bl. 409 GA). Davon sind Fahrtkosten von 70,00 EUR, ein Betrag von 49,07 EUR für eine Unfallversicherung und weitere 58,43 EUR für eine Lebensversicherung in Abzug zu bringen. Es verbleibt ein Einkommen von 1.051,63 EUR. Die Kosten für die Schülerjahreskarte des minderjährigen Sohnes M... von 55,00 EUR sind nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen sondern aus dem laufenden Kindesunterhalt zu decken.

Somit steht der Ehefrau des Beklagten aus dem Familieneinkommen insgesamt ein monatlicher Betrag von 1.258,62 EUR (1.051,63 EUR + 206,99 EUR) zur Verfügung. Sie kann damit weit mehr als ihren monatlichen notwendigen Eigenbedarf von 800,00 EUR (vgl. Anm. B.VII der Düsseldorfer Tabelle; Stand: 1. Januar 2008) decken und ist in ihrer Lebensführung durch die Unterhaltszahlungen des Beklagten an die Klägerin nicht unterhaltsrechtlich relevant eingeschränkt.

Nach alledem kann die Klägerin von dem Beklagten rückständigen Unterhalt für die Zeit von Oktober bis Dezember 2007 in Höhe von 1.458,00 EUR (3 x 486,00 EUR) und ab dem 1. Januar 2008 laufenden monatlichen Unterhalt von 486,00 EUR sowie 602,00 EUR pro Semester für die Dauer ihres Studiums der Rechtswissenschaften verlangen.

Der Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Verfahrenskosten ist unter dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß § 286 BGB begründet, jedoch nur in Höhe von 546,69 EUR. Anzusetzen ist eine 1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV-RVG aus einem Streitwert von 5.832,00 EUR (12 x 648,00 EUR), mithin 439,40 EUR. Zuzüglich der Auslagenpauschale von 20,00 EUR gem. Nr. 7001 VV-RVG und der Mehrwertsteuer von 87,29 EUR ergibt sich ein Ersatzanspruch von 546,69 EUR. Eine 1,8 Geschäftsgebühr ist nicht gerechtfertigt, denn es handelte sich um eine Angelegenheit durchschnittlichen Umfangs und Schwierigkeitsgrads. ... (OLG Koblenz, Urteil vom 23.12.2008 - 11 UF 519/08)

***

„... I. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts bietet die Rechtsverteidigung der Beklagten hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.

1. Nach dem bisherigen Akteninhalt ist davon auszugehen, dass der Kläger mit seinem Hauptantrag, gerichtet auf Wegfall der durch notarielle Vereinbarung vom 14.4.2004 titulierten Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts für die Zeit ab 10.2.2008, nicht durchdringen kann. Daher bietet der Antrag der Beklagten, die Klage abzuweisen, hinreichende Aussicht auf Erfolg.

a) Schon auf der Grundlage eines vom Amtsgericht festgestellten Einkommens des Klägers von 1.915 € monatlich bei gleichzeitiger Zurechnung eines fiktiven Einkommens auf Seiten der Beklagten ergibt sich ein vollständiger Wegfall der Unterhaltspflicht des Klägers nicht. Soweit das Amtsgericht ausführt, unter Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus von 1/7 stände der Beklagten ein maximaler Unterhaltsbedarf in Höhe von 820,71 € zu, den sie durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit selbst decken könne, verkennt das Amtsgericht den Halbteilungsgrundsatz (vgl. Nr. 15.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008). Unabhängig von der Frage, ob die Beklagte während der Ehe erwerbstätig war, ist ein (fiktives) Einkommen aus Erwerbstätigkeit jedenfalls unter dem Gesichtspunkt eines Surrogats der bisherigen Familienarbeit als eheprägend anzusehen (Wendl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4, Rz. 184 a). Nähme man daher auf Seiten der Beklagten ein fiktives Einkommen von 820,71 € an, wie durch den angefochtenen Beschluss geschehen, errechnete sich immer noch ein ungedeckter Unterhaltsbedarf der Beklagten von rund 469 € [= (1.915 € - 820,71 €) x 3/7].

b) Die Rechtsverteidigung der Beklagten bietet aber deshalb in vollem Umfang hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil der Kläger, den insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft (vgl. Wendl/Dose, a.a.O., § 6, Rz. 726), sein Abänderungsbegehren nicht schlüssig dargelegt hat.

Allerdings gelten für die Abänderung einer notariellen Vereinbarung, wie vorliegend, die Vorschriften des § 323 Abs. 1 bis 3 ZPO nicht. Vielmehr kommt es nach materiellem Recht darauf an, ob Veränderungen in den tatsächlichen wie auch rechtlichen Verhältnissen eingetreten sind, die eine Anpassung unter dem Gesichtspunkt der geänderten Geschäftsgrundlage, § 313 BGB, gebieten (vgl. Wendl/Schmitz, a.a.O., § 10, Rz. 158 e). Dessen ungeachtet muss aber auch im Falle einer solchen Abänderungsklage der Kläger im Einzelnen darlegen, dass sich die Verhältnisse wesentlich geändert haben. Nicht ausreichend ist insoweit, wenn geltend gemacht wird, ein einzelner Umstand, der für die Unterhaltsbemessung von Bedeutung ist, habe sich geändert. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob die für die Unterhaltsverpflichtung als solche und für die Bemessung der Unterhaltsleistung maßgebenden Verhältnisse insgesamt eine wesentliche Änderung erfahren haben (Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Schael, § 1, Rz. 401). Es bedarf einer Gesamtbeurteilung aller geänderten und unveränderten Umstände, zumal gegenläufige Veränderung einander aufheben können. Demgemäß hat der Abänderungskläger grundsätzlich alle für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Umstände dazulegen. Geschieht dies nicht, kann er mit der Abänderungsklage nicht durchdringen (vgl. zu der Frage, ob die Abänderungsklage dann schon unzulässig oder aber erst unbegründet ist, Hoppenz, Anm. zu BGH, FamRZ 2007, 1459, 1461).

Vorliegend hat sich der Kläger darauf beschränkt, auf eine Erwerbsobliegenheit der Beklagten sowie auf eine erneute Eheschließung und die Unterhaltspflicht gegenüber einem aus dieser neuen Ehe stammenden minderjährigen Kind hinzuweisen. Dies aber reicht nicht aus. Vielmehr muss der Kläger im Einzelnen, also auch unter Berücksichtigung eines der Beklagten zuzurechnenden Einkommens, rechnerisch darstellen, dass sich ein Unterhaltsanspruch der Beklagten nicht mehr ergibt.

Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte könne, auch wenn in der notariellen Vereinbarung vom 10.4.2004 ihre Schwerbehinderung Berücksichtigung gefunden habe, nunmehr einer Erwerbstätigkeit nachgehen, kann dies zwar dazu führen, dass ein Unterhaltsanspruch der Beklagten nach § 1572 BGB nicht mehr bzw. nicht mehr in vollem Umfang besteht. Soweit die Verpflichtung des Klägers zur Unterhaltszahlung auf Grund der notariellen Vereinbarung auch darauf beruht haben sollte, dass der damals 14-jährige Sohn der Parteien überwiegend von der Beklagten betreut worden ist, sodass diese möglicherweise noch einen (Teil-)An-spruch auf Unterhalt nach § 1570 BGB a. F. gehabt haben sollte, könnte dieser Anspruch im Hinblick darauf, dass der gemeinsame Sohn der Parteien nun volljährig ist, ebenfalls entfallen sein. Doch selbst wenn die beiden genannten Unterhaltstatbestände nicht mehr vorlägen, könnte sich immer noch ein Anspruch der Beklagten auf nachehelichen Unterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB ergeben. Dass der erforderliche Einsatzzeitpunkt für einen solchen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gegeben ist, kann angenommen werden (vgl. hierzu Wendl/Pauling, a.a.O., § 4, Rz. 124, 126).

Die Beweislast dafür, dass ein bei Errichtung des bestehenden Titels einschlägiger Unterhaltstatbestand nicht mehr gegeben ist, trägt der Abänderungskläger (vgl. Wendl/Dose, a.a.O., § 6, Rz. 726). Demnach ist es Sache des Klägers, seine Behauptung, die Beklagte sei an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht krankheitsbedingt gehindert, zu beweisen.

2. Die Rechtsverteidigung der Beklagten gegen den Hilfsantrag, mit dem der Kläger nach erfolgter Auskunfterteilung Abänderung des Unterhaltstitels im Wege der Stufenabänderungsklage (vgl. hierzu FamVerf/Schael, § 1, Rz. 383) begehrt, bietet Aussicht auf Erfolg, wobei es darauf angesichts der erfolgversprechenden Rechtsverteidigung gegen den Hauptantrag nicht abschließend ankommt.

a) Der vom Kläger im Wege der hilfsweise erhobenen Abänderungsstufenklage angekündigte Antrag begegnet schon unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit Bedenken. Zum einen wird dadurch, dass „Auskunft durch Vorlage" von bestimmen Unterlagen begehrt wird, dem Umstand nicht hinreichend Rechnung getragen, dass zwischen einem Auskunftsanspruch nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB und einen Anspruch auf Vorlage von Belegen nach § 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB zu unterscheiden ist (vgl. FamVerf/Schael, § 1, Rz. 374; Wendl/Dose, a.a.O., § 1, Rz. 677). Ferner ist der Zeitraum, für den Auskunft bzw. Belege verlangt werden, mit „in den letzten 12 Monaten erzielten Einkünften" nicht hinreichend beschrieben, zumal seit der Einreichung der Klage, die diesen Antrag enthält, bereits mehrere Monate verstrichen sind.

b) Darüber hinaus ist fraglich, ob die Beklagte nicht bereits hinreichend Auskunft erteilt hat durch ihre „eidesstattliche Erklärung" vom 26.6.2008, die dem Schriftsatz vom 16.7.2008 als Anlage B1 beigefügt war. Hierin erklärt die Beklagte, dass sie außer den Unterhaltszahlungen des Klägers über keine weiteren Einkünfte verfüge, allerdings im März 2008 eine Eigenheimzulage in Höhe von 3.050,88 € erhalten habe. Soweit es dem Kläger um Vorlage von Belegen, nämlich von Gehaltsbescheinigungen, Bankbestätigungen hinsichtlich etwaiger Einkünfte aus Kapitalerträgen und Einnahmen/Überschussrechnungen hinsichtlich Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geht, können diese angesichts der von der Beklagten erteilten Auskunft naturgemäß nicht beigebracht werden, da entsprechende Einkünfte danach nicht erzielt worden sind.

3. Für das weitere Verfahren wird, sofern die Abänderungsklage durch nachträglichen Vortrag schlüssig werden sollte, vorsorglich auf Folgendes hingewiesen:

a) Der Unterhaltsbedarf der Beklagten bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen, § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB. Hierzu sind die Einkünfte der Parteien im Einzelnen zu ermitteln, ebenso etwaige Verbindlichkeiten und Unterhaltslasten.

aa) Soweit ist das Einkommen des Klägers betrifft, wird sich dieser im Hinblick auf den Einwand der Beklagten dazu zu erklären haben, ob er Steuererstattungen erhalten hat. Soweit etwaige Steuererstattungen auch aus dem Splittingvorteil infolge der neuen Eheschließung herrühren sollten, sind diese jedenfalls dann, wenn die frühere Ehegattin, also die Beklagte und die jetzige Ehegattin, gleichrangig im Sinne von § 1609 BGB sind, auch zu Gunsten der Beklagten in vollem Umfang heranzuziehen (vgl. BGH, FamRZ 2008, 1911 ff., Rz. 46 ff.; BGH, FamRZ 2008, 1739 ff., Rz. 72).

bb) Auch zu einem etwaigen Wohnvorteil (vgl. hierzu Nr. 5 der genannten Unterhaltsleitlinien) wird sich der Kläger im Hinblick auf den Vortrag der Beklagten zu erklären haben. Der Hinweis allein darauf, dass der Beklagten ein solcher Wohnvorteil ebenfalls zugute komme, reicht insoweit nicht aus, zumal, da beide Parteien nicht in derselben Wohnung leben, kaum anzunehmen ist, dass die Wohnvorteile auf beiden Seiten in derselben Höhe vorhanden sind. Bei der Bemessung des Wohnvorteils sind auch etwa gezahlte Eigenheimzulagen zu berücksichtigen (Nr. 5 der genannten Leitlinien).

cc) Die ehelichen Lebensverhältnisse sind auch durch das gemeinsame Kind der Parteien geprägt. Ob der insoweit zu berücksichtigende Kindesunterhalt noch in derselben Höhe angesetzt werden kann, in der er durch die notarielle Vereinbarung vom 14.4.2004 tituliert worden ist, erscheint zweifelhaft. Das gemeinsame Kind der Parteien ist inzwischen volljährig, sodass beide Elternteile anteilig barunterhaltspflichtig sind, § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB. Hinzukommt, dass das Kind offenbar über Eigeneinkünfte in Form einer Ausbildungsvergütung verfügt. Auch ist das Kindergeld nun gemäß § 1612 b BGB bedarfsdeckend heranzuziehen (vgl. auch BGH, FamRZ 2006, 99). Soweit allerdings der Kindesunterhalt in der titulierten Höhe weitergezahlt worden ist, ist trotz des Grundsatzes, dass Unterhaltsansprüche so zu errechnen sind, als ob über alle Ansprüche zugleich entschieden würde, zu erwägen, es zumindest für die Vergangenheit bei dem entsprechenden Betrag zu belassen (vgl. auch Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2, Rz. 228; Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 4, Rz. 200).

dd) Unter dem Gesichtspunkt der wandelbaren ehelichen Lebensverhältnisse hat auch die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber dem Kind aus seiner jetzigen Ehe, auch wenn das Kind erst nach Rechtskraft der Scheidung der Ehe mit der Beklagten geboren worden ist, Einfluss auf die Höhe des Unterhaltsbedarfs (vgl. BGH, FamRZ 2008, 968 ff., Rz. 47 m. Anm. Maurer, S. 975, 976 f.). Insoweit sind aber auch Feststellungen zu der Frage zu treffen, ob der Kläger diesem Kind allein barunterhaltspflichtig ist, weil die Mutter, die jetzige Ehefrau des Klägers ihrer Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt, § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB.

ee) Bei der Bedarfsbemessung ebenfalls zu berücksichtigen ist eine etwaige Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seiner jetzigen Ehefrau, wobei er hierzu, insbesondere zu den Einkommensverhältnissen der Ehefrau, nichts vorgetragen hat. Soweit ein Unterhaltsanspruch gegenüber der Ehefrau besteht, kommt grundsätzlich, nach Abzug des vorrangigen Unterhalts für das minderjährige Kind, eine Bedarfsbemessung nach dem Dreiteilungsgrundsatz in Betracht (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2008, 1911 ff., Rz. 37 ff.).

ff) Soweit es das in die Unterhaltsberechnung einzustellende Einkommen der Beklagten betrifft, ist zunächst zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Gelangt das Amtsgericht zu dem Ergebnis, dass eine Erwerbstätigkeit nicht völlig ausscheidet, wird es, soweit die Beklagte keine ausreichenden Bemühungen um eine neue Arbeitsstelle darlegen sollte, ein fiktives Einkommen in Ansatz bringen. Dabei sind Alter, Gesundheitszustand, Vorbildung und beruflicher Werdegang der Beklagten zu berücksichtigen (vgl. Senat, FamRZ 2003, 48, 50; FamRZ 2006, 1701).

gg) Auch auf Seiten der Beklagten ist der Frage nachzugehen, ob sie sich einen Wohnvorteil zurechnen lassen muss. Dabei kommt es, ebenso wie beim Kläger, auf Größe, Lage, Ausstattung des Hauses und auf den für ein vergleichbares Objekt auf dem örtlichen Wohnungsmarkt erzielbaren Mietzins an. Anhaltspunkte für Letzteres können Mietspiegel der betreffenden Region geben.

hh) Soweit auf Seiten der Beklagten eine anteilige Barunterhaltspflicht für den gemeinsamen volljährigen Sohn der Parteien anzunehmen ist, hat dies bei der Bedarfsmessung ebenfalls Berücksichtigung zu finden.

b) Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Klägers ist die veränderte Rangfolge nach § 1609 BGB n. F. zu berücksichtigen. Im ersten Rang befindet sich allein das minderjährige Kind des Klägers aus der neuen Ehe. Das volljährige Kind der Parteien ist auch gegenüber der Beklagten und der jetzigen Ehefrau des Klägers nachrangig. Bei der Frage, ob die Beklagte und die neue Ehefrau des Klägers den gleichen Rang einnehmen, kommt es, einen Betreuungsunterhaltsanspruch der jetzigen Ehefrau gegenüber dem Kläger unterstellt, darauf an, ob die Ehe der Beklagten mit dem Kläger von aller Dauer war. Dabei ist entscheidend darauf abzustellen, ob und inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen (BGH, FamRZ 2008, 1911 ff., Rz. 63 ff.).

c) Soweit der Kläger mit einem weiteren Hilfsantrag eine Befristung des nachehelichen Unterhalts geltend macht, kommt es nach § 1578 Abs. 1, 2 BGB, eine auch ohne (Hilfs-)Antrag von Amts wegen zu beachtende Vorschrift, ebenfalls entscheidend darauf an, inwieweit ehebedingte Nachteile eingetreten sind. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Tatsachen, die für eine Befristung sprechen könnten, trägt grundsätzlich der Unterhaltsschuldner (vgl. BGH, FamRZ 2008, 134 ff., Rz. 22; Palandt/Brudermüller, BGB, Nachtrag zur 67. Aufl., § 1578 b, Rz. 19). Soweit ehebedingte Nachteile auf Seiten der Beklagten nicht oder nur in einem eingeschränkten Umfang eingetreten sein sollten, sind bei der Abwägung, welche Rechtsfolge dies nach sich zieht, alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Hierzu zählt auch die Dauer der Ehe. Insoweit wird sich der Kläger nicht auf eine Ehedauer von nur fünf Jahren zurückziehen können, sollte das Vorbringen der Beklagten mit der Beschwerdeschrift zutreffen, dass die Parteien vor Begründung der zuletzt geschiedenen Ehe schon einmal miteinander verheiratet waren.

II. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuweisen. Denn das Amtsgericht hat noch Feststellungen zu der Frage zu treffen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Beklagte nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen, § 114 ZPO. Mit Schriftsatz vom 16.7.2008 hat die Beklagte Prozesskostenhilfe beantragt und angekündigt, eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachzureichen. Eine solche Erklärung befindet sich bis heute nicht bei den Akten. Das Amtsgericht wird die Beklagte auffordern, eine entsprechende aktuelle Erklärung nebst Belegen vorzulegen und alsdann unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über den Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entscheiden. ..." (OLG Brandenburg Beschluss vom 02.12.2008 - 10 WF 227/08)

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„... Der Vorrang des Unterhalts minderjähriger Kinder gegenüber Ehegatten gilt auch im Mangelfall für das gesamte verfügbare Einkommen des Unterhaltspflichtigen und schließt den Splittingvorteil aus dessen neuer Ehe ein.

Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich mit grundlegenden Fragen des Kindesunterhaltsrechts zu befassen, die im Zusammenhang mit den am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen im Unterhaltsrecht größere Bedeutung erlangt haben.

Zu entscheiden war über einen sog. Mangelfall. Das Einkommen des unterhaltspflichtigen Vaters reichte nicht aus, um den Unterhalt seiner Kinder aus erster Ehe, seiner geschiedenen Ehefrau und - nach Wiederverheiratung - auch seiner neuen Ehefrau sicherzustellen. Die erste Ehe war im Jahr 2001 geschieden worden. In der Folgezeit wurde der Unterhalt der geschiedenen Ehefrau und der drei Söhne (geb. 1990, 1994 und 1999) vom zuständigen Familiengericht zuletzt im Jahr 2003 festgesetzt. Weil das Einkommen des Unterhaltspflichtigen für den Unterhalt aller Berechtigter nicht ausreichte, lagen die festgesetzten Unterhaltsbeträge für die Kinder (58 € für den ältesten Sohn und 49 € bzw. 41 € für die beiden jüngeren Söhne) unterhalb des Existenzminimums.

Die geschiedene Ehefrau und die drei Söhne verlangten eine Erhöhung des Unterhalts und machten geltend, dass frühere Kreditverbindlichkeiten des Unterhaltspflichtigen inzwischen weggefallen seien. Der Unterhaltspflichtige wandte sich dagegen und begehrte seinerseits den vollständigen Wegfall des Unterhalts. Er berief sich unter anderem darauf, dass er durch einen Arbeitsplatzwechsel und den Umzug zu seiner (jetzigen) Ehefrau nicht mehr leistungsfähig sei. Der Splittingvorteil aus der neuen Ehe (rund 250 €) könne nicht berücksichtigt werden, sondern sei mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der neuen Ehe vorzubehalten.

Das Amtsgericht ordnete den vollständigen Wegfall des Unterhalts an. Das Oberlandesgericht verringerte den Unterhalt auf monatlich 20 € pro Kind. Es berücksichtigte das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nur insoweit, wie es sich - ohne Splittingvorteil - bei (fiktiver) Einzelveranlagung des Unterhaltspflichtigen ergeben würde.

Der XII. Zivilsenat des BGH ist dem nicht gefolgt. Er hatte bereits in anderen Fallgestaltungen entschieden, dass der Unterhaltsbedarf eines Kindes unter Berücksichtigung des gesamten Einkommens seines Vaters einschließlich des in der neuen Ehe erzielten Splittingvorteils zu ermitteln ist.

Im vorliegenden Fall war erstmals zu entscheiden, ob dieser Grundsatz auch in einem Mangelfall gilt, wenn der aus der Wiederverheiratung stammende Splittingvorteil vollständig für den vorrangigen Kindesunterhalt verbraucht wird. Das ist zu bejahen.

Nach den am 1.1.2008 in Kraft getretenen Änderungen im Unterhaltsrecht steht der Kindesunterhalt minderjähriger Kinder gemäß § 1609 BGB an erster Rangstelle. Er ist somit allen anderen Unterhaltsansprüchen gegenüber vorrangig. Für den Einsatz des gesamten Einkommens des Unterhaltspflichtigen hat der XII. Zivilsenat eine schon seit dem Inkrafttreten des BGB am 1. Januar 1900 unverändert bestehende Gesetzesbestimmung (§ 1603 Abs. 2 S. 1 BGB) herangezogen, wonach Eltern im Mangelfall "alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden" haben (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht). Aus dieser Vorschrift ist ursprünglich hergeleitet worden, dass der Unterhaltspflichtige mit seinen Kindern sogar "sein letztes Hemd" teilen müsse. Die Gesetzesbestimmung ist allerdings nach ständiger Rechtsprechung dahin einzuschränken, dass dem Unterhaltspflichtigen von seinem Einkommen so viel verbleiben muss, wie er benötigt, um sein eigenes Existenzminimum zu sichern (sog. notwendiger Selbstbehalt; derzeit für Erwerbstätige nach Anm. 5 der Düsseldorfer Tabelle 2008: 900 €).

Der XII. Zivilsenat hat nunmehr klargestellt, dass das Einkommen, das über den Selbstbehalt hinausgeht, für den vorrangigen Kindesunterhalt vollständig zur Verfügung stehen muss. Ausnahmen nach dem jeweiligen Sinn und Zweck eines Einkommensbestandteils oder einer Steuervergünstigung sind entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts regelmäßig nicht veranlasst. Zur Begründung hat er vor allem darauf Bezug genommen, dass das Gesetz eine solche Einschränkung nicht vorsieht. Zum Vergleich hat er auf einzelne sozialrechtliche Vorschriften verwiesen, welche zwar Ausnahmen von der Einkommensanrechnung vorsehen, für die gesteigerte Unterhaltspflicht aber dennoch dem Existenzminimum der Kinder ein höheres Gewicht zumessen. Eine gesonderte unterhaltsrechtliche Zuweisung des Einkommensbestandteils an den neuen Ehegatten hat er demzufolge auch dann abgelehnt, wenn der Steuervorteil im Wesentlichen darauf beruht, dass der neue Ehegatte kein oder nur ein geringes steuerpflichtiges Einkommen erzielt und deswegen meistens unterhaltsbedürftig ist.

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folge nichts anderes, weil diese sich nur auf das Verhältnis von erster und zweiter Ehe beziehe. Würde dagegen der Splittingvorteil ausschließlich für den neuen Ehegatten reserviert, so wirke sich dies auch zulasten der Kinder aus der neuen Ehe aus und liefe auf einen sachwidrigen Gegensatz von Ehe einerseits und Familie (Kinder) andererseits hinaus. Über die Verteilung des verfügbaren Einkommens entscheidet somit nicht dessen Zweckbestimmung im Einzelfall, sondern die in § 1609 BGB gesetzlich angeordnete und vorwiegend am Grad der Bedürftigkeit orientierte Rangfolge.

Eine Einschränkung der Einkommensanrechnung ergibt sich nach dem Urteil allerdings dann, wenn der neue Ehegatte eigenes Einkommen erzielt und die Ehegatten - wie regelmäßig - die Steuerklassen III und V wählen. Dann verlagert sich wegen der ungünstigeren Steuerklasse V das Nettoeinkommen des weniger verdienenden Ehegatten auf den mehr verdienenden Unterhaltspflichtigen. In diesem Fall muss auch der neue Ehegatte einen seinem Eigeneinkommen entsprechenden Anteil am Splittingvorteil behalten. ..." (BGH, Urteil vom 17.09.2008 - XII ZR 72/06 - PM Karlsruhe, den 17.09.2008)

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Schuldet der Unterhaltspflichtige sowohl einem geschiedenen als auch einem neuen Ehegatten Unterhalt, so ist der nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB) zu bemessende Unterhaltsbedarf jedes Berechtigten im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und beider Unterhaltsberechtigter zu ermitteln. Ausnahmen von dieser Dreiteilung ergeben sich bei unterschiedlicher Rangfolge der Ansprüche (§ 1609 Nr. 2, 3 BGB) nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit, wenn ein Mangelfall vorliegt (§ 1581 BGB). Ist der Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten durch den hinzu gekommenen Unterhaltsbedarf eines neuen Ehegatten herabgesetzt, ist im Rahmen der dann gebotenen Dreiteilung das Gesamteinkommen einschließlich des Splittingvorteils aus der neuen Ehe zugrunde zu legen (Aufgabe der Senatsrechtsprechung BGHZ 163, 84, 90 f. = FamRZ 2005, 1817, 1819). Das gilt ebenso für einen Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 BBesG (Aufgabe der Senatsrechtsprechung BGHZ 171, 206, 223 f. = FamRZ 2007, 793, 797 f.). Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach geschiedener Ehe ist nur dann mit dem Anspruch eines neuen Ehegatten auf Betreuungsunterhalt gleichrangig, wenn nach langer Ehedauer auch ehebedingte Nachteile i.S. des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB vorliegen (§ 1609 Nr. 2 BGB). Auch insoweit ist darauf abzustellen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen (BGH, Urteil vom 30.07.2008 - XII ZR 177/06 zu BGB §§ 1578 Abs. 1, 1609 Nr. 2 und 3).

*** (OLG)

„... Laut Anerkenntnisurteil vom 9. 3. 2004 hat der Ast. an die Ag. nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Die Ag. betreut das gemeinsame 1996 geboren Kind J. Für ein weiteres Kind (Z) zahlt der Ast. 105 Euro monatlich. Der Ast. trägt vor, seine neue Ehefrau, die zwei Kinder aus früherer Ehe betreut, verdiene als Teilzeitbeschäftigte 520 Euro monatlich.

Der Ast. erstrebt eine Herabsetzung des für die Ag. titulierten nachehelichen Unterhalts. Das AG - FamG - hat sein Prozesskostenhilfegesuch wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückgewiesen, ebenso seinen Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung. Auf die sofortige Beschwerde wurde dem Ast. Prozesskostenhilfe bewilligt für eine Abänderungsklage auf Herabsetzung des titulierten nachehelichen Unterhalts auf 180 Euro monatlich. ...

Entgegen der Auffassung des Ast. kann für die Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage i.S. des § 114 ZPO von einer genauen Unterhaltsberechnung nicht deshalb abgesehen werden, weil es um die Prüfung der Berechtigung des Ast. geht, Prozesskostenhilfe zu erhalten. Es ist auch im Grundsatz der Berechnungsweise des FamG im angefochtenen Beschluss zu folgen, die - soweit es den Ehegattenunterhalt betrifft - auf der so genannten Drittelmethode basiert. Diese Berechnungsmethode legt der BGH nunmehr in konsequenter Umsetzung seiner neueren Rechtsprechung zu den „wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen" der Berechnung beim Ehegattenunterhalt zu Grunde, wenn der Unterhaltspflichtige zwei Ehegatten Unterhalt schuldet (BGH, NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566 = FamRZ 2008, 1911). Der erkennende Senat hat sich mit Beschluss vom 8. 10. 2008 (NJW 2009, 449 = FamRZ 2009, 343) dieser Berechnungsweise angeschlossen.

Im vorliegenden Fall ergibt sich bei Zugrundelegung der gegenwärtigen Sach- und Rechtslage folgende Berechnung:

Auf Seiten des Ast. ist vorläufig zu Grunde zu legen ein Nettoeinkommen von 2312,72 Euro. Der Ast. weist zu Recht darauf hin, dass die Ag. selbst mit diesem, also keinem höheren Einkommen rechnet, so dass seitens des Gerichts nicht ein höheres Einkommen angesetzt werden kann. Soweit der Ast. allerdings geltend macht, sein Einkommen sei deshalb niedriger, weil sich sein Einkommen gegenüber 2007 wegen Wegfalls von Urlaubsgeld reduziert habe, kann er damit keinen Erfolg haben. Denn den vorgelegten Einkommensunterlagen lässt sich eine solche Reduzierung nicht entnehmen.

Nach Abzug der im angefochtenen Beschluss angegebenen Belastungen für berufsbedingte Aufwendungen von 40 Euro, HPK von 52 Euro und VWL von 40 Euro verbleiben 2180,72 Euro. Ein pauschaler Abzug für (weitere) berufsbedingte Aufwendungen kommt nach ständiger Rechtsprechung des OLG nicht in Betracht.

Abzuziehen ist weiter der vorrangige (§ 1609 Nr. 1 BGB) Kindesunterhalt, und zwar für J auf der Grundlage der dritten Gruppe der Düsseldorfer Tabelle; eine Herabstufung in der Tabelle ist, obwohl der Ast. vier Personen unterhaltsverpflichtet ist, nicht geboten, weil das Einkommen sich im oberen Einkommensbereich der dritten Gruppe bewegt und der Ast. zwei Unterhaltsberechtigten nur relativ geringe Unterhaltsbeträge schuldet. Anzusetzen ist der Zahlbetrag, also (402 Euro abzgl. 77 Euro =) 325 Euro, für Z der gemäß Schriftsatz des Ast. vom 12. 12. 2008 geschuldete Zahlbetrag von 105 Euro. Es verbleibt ein bereinigtes Einkommen des Ast. von 1750,72 Euro. Nach Abzug des Erwerbstätigenbonus von 1/7 stehen davon für die Dreiteilung zur Verfügung (gerundet) 1501 Euro.

Zu Recht begehrt der Ast., dass der Ag. ein höheres als das vom FamG angenommene Einkommen zugerechnet wird. Dass die Ag. wegen der Betreuung des jetzt gut 12 ½ Jahre alten gemeinsamen Kindes J noch an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert ist, hat sie nicht dargetan. Umstände, die einer bei einem solchen Alter des Kindes nach § 1570 BGB n.F. grundsätzlich gegebenen Obliegenheit zu einer Ganztagstätigkeit entgegenstehen, hat sie nicht, zumindest nicht substanziiert, vorgetragen. Es ist daher davon auszugehen, dass ihr Unterhaltsanspruch sich nicht mehr aus § 1570 BGB, sondern aus § 1573 II BGB herleitet. Das hat zugleich zur Folge, dass mit dem FamG von einem Gleichrang der Ag. und der jetzigen Ehefrau des Ast. (jeweils 3. Rang gem. § 1609 Nr. 3 BGB) auszugehen ist. Umstände, die für eine lange Ehedauer i.S. von § 1609 Nr. 2 BGB sprechen könnten (vgl. dazu BGH, NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566 = FamRZ 2008, 1911 [1918]), hat die Ag. nicht vorgetragen. Nimmt man an, dass sie als ungelernte Kraft 38 Wochenstunden bei einem Stundenlohn von 7 Euro arbeiten könnte - vergebliche Bemühungen um eine vollschichtige Tätigkeit oder Umstände, die gegen die Möglichkeit sprechen könnten, einen Stundenlohn in der genannten Größenordnung zu erzielen, hat die Ag. nicht dargetan -, so ergibt sich ein Nettoeinkommen von etwa 860 Euro. Nach Abzug von 40 Euro Fahrtkosten verbleiben 820 Euro. Nach Abzug des Erwerbstätigenbonus stehen für die Dreiteilung zur Verfügung (gerundet) 703 Euro.

Legt man auf Seiten der jetzigen Ehefrau des Ast. vorläufig das in der Beschwerde für die Zukunft angegebene Teilzeiteinkommen von 520 Euro zu Grunde (das im Hauptsacheverfahren vom Ast. noch zu belegen sein wird, sofern es nicht unstreitig wird), so stehen hier nach Abzug des Erwerbstätigenbonus von 1/7 rund 446 Euro für die Halbteilung zur Verfügung. Abzüge für Kindesunterhalt erscheinen nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht gerechtfertigt, denn der Ast. hat nicht substanziiert vorgetragen, dass seine jetzige Ehefrau keinen Barunterhalt von dem barunterhaltspflichtigen Vater ihrer beiden Kinder erlangen kann.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass nach der Entscheidung des BGH vom 30. 7. 2008 (NJW 2008, 3213 = FPR 2008, 566 = FamRZ 2008, 1911 [1914]; ebenso OLG Düsseldorf, FamRZ 2008, 1254 = BeckRS 2008, 10940; Bömelburg, FF 2008, 332 [334]; Unterhaltsleitlinien des OLG Köln, Nr. 15.5) Zuschläge oder Abschläge im Hinblick auf eventuelle Vorteile des Zusammenlebens nicht gerechtfertigt sind.

Insgesamt stehen damit für die Dreiteilung 2650 Euro zur Verfügung. Der Bedarf der Ag. (und der der jetzigen Ehefrau des Ast.) beträgt davon 1/3, also gerundet 883 Euro. Ihr Anspruch beläuft sich auf (883 Euro abzgl. 703 Euro =) 180 Euro. Der Anspruch der jetzigen Ehefrau des Ast. beträgt (883 Euro abzgl. 446 Euro =) 437 Euro.

Bei einem bereinigten Einkommen von 1750,72 Euro (s. o.) ist der Ast. für diese Beträge leistungsfähig. Ihm verbleiben 1133,72 Euro. Damit ist auch der Bedarfskontrollbetrag der dritten Gruppe der Düsseldorfer Tabelle gewahrt. Für den Fall, dass sich im Hauptsacheverfahren ein geringeres verbleibendes Einkommen des Ast. als 1100 Euro ergeben sollte, wird der Kindesunterhalt für J der zweiten Gruppe der Düsseldorfer Tabelle zu entnehmen sein. Das würde auch dann gelten, wenn sich ein Mangelfall im zweiten Rang ergäbe (vgl. Wever, FamRZ 2008, 553 [559]).

2. Keinen Erfolg hat das Rechtsmittel des Ast., soweit es sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Anerkenntnisurteil vom 3. 9. 2004 richtet. Seit der Neuregelung des Beschwerderechts durch das ZPO-Reformgesetz vom 27. 7. 2001 (BGBl I, 1887, 1902) ist nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2004, 2224 = FamRZ 2004, 1191), der der Senat folgt (Beschl. v. 9. 9. 2004 - 4 WF 81/04), eine - wie hier - auf der Grundlage des § 769 ZPO ergangene Einstellungsentscheidung weder mit der sofortigen Beschwerde gem. § 793 ZPO noch als außerordentliche Beschwerde bei greifbarer Gesetzeswidrigkeit anfechtbar (vgl. dazu auch Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 769 Rdnr. 13). Das Rechtsmittel des Ast. insoweit ist daher unzulässig. Der Ast. mag gegebenenfalls einen neuen Einstellungsantrag beim FamG stellen, um dem FamG Gelegenheit zu geben, die Rechtsauffassung des Senats im vorliegenden Beschluss zu berücksichtigen. ..." (OLG Bremen, Beschluss vom 19.12.2008 - 4 WF 145/08, NJW 2009, 925 ff)

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„... I. In einem gerichtlichen Vergleich vom 3. Mai 2006 hatte sich der Antragsteller verpflichtet, der Antragsgegnerin, seiner geschiedenen Ehefrau, ab Mai 2006 einen monatlichen Unterhalt von 320 EUR zu zahlen. Zum damaligen Zeitpunkt war der Antragsteller, der in einem Beamtenverhältnis bei der ... steht, nur der Antragsgegnerin unterhaltspflichtig. Die Antragsgegnerin bezog Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der Zusatzversorgung der ...

Der Antragsteller hat Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Abänderungsklage begehrt, mit der er das Ziel verfolgt, der Antragsgegnerin ab Mai 2008 keinen Unterhalt mehr zu schulden. Er macht geltend, er sei seinem am 3. Mai 2007 geborenen Sohn L. sowie dessen Mutter, die nicht erwerbstätig sei, unterhaltspflichtig geworden. Deshalb sei er nicht mehr in der Lage, der Antragsgegnerin, die den beiden anderen Unterhaltsgläubigern im Range nachgehe, Unterhalt zu leisten.

Das Amtsgericht hat dem Antragsteller nur insoweit PKH bewilligt, als es um die Zeit von Mai bis Juli 2008 geht, in der der Antragsteller die väterliche Elternzeit in Anspruch genommen hat und lediglich über Elterngeld verfügte. Ab August 2008 hat das Amtsgericht PKH mangels hinreichender Erfolgsaussicht versagt. Es ist der Auffassung, dass die Antragsgegnerin und die Mutter des Kindes L. unterhaltsrechtlich gleichrangig seien und der Antragsteller der Antragsgegnerin im vorliegenden Mangelfall immer noch einen Unterhalt von monatlich 311,51 EUR schulde, womit keine wesentliche Veränderung gegenüber dem Zeitpunkt des Vergleichs vom 3. Mai 2006 vorliege.

II. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die beabsichtigte Abänderungsklage bietet auch für die Zeit ab August 2008 die zur Bewilligung von PKH ausreichende Erfolgsaussicht.

Es ist bereits zweifelhaft, ob die Auffassung des Amtsgerichts zutrifft, dass die Antragsgegnerin und die Mutter des Kindes L. unterhaltsrechtlich gleichrangig sind. Den minderjährigen unverheirateten und privilegierten volljährigen Kindern, die gemäß § 1609 Nr. 1 BGB unterhaltsrechtlich im ersten Rang stehen, folgen im zweiten Rang Elternteile, die wegen Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind - dazu gehört hier die Mutter des Kindes L. jedenfalls ab August 2008 - sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer (§ 1609 Nr. 2 BGB). Die Annahme des Amtsgerichts, dass die Antragsgegnerin die letztgenannte Voraussetzung erfüllt, begegnet Bedenken. Schon nach früherem Recht wurde eine Ehe erst ab etwa 15 Jahren als „lang" angesehen (vgl. BGH FamRZ 1983, 886, 888). Davon dürfte auch nach dem seit Januar 2008 geltenden Recht als Untergrenze auszugehen sein, jedenfalls wenn - wie im vorliegenden Fall - aus der Ehe keine Kinder hervorgegangen sind und keine reine „Hausfrauenehe" vorliegt (vgl. Wendl/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 5 Rn. 116. Palandt/Brudermüller, BGB, Nachtrag zur 67. Aufl., § 1609 Rn. 16). Darüber hinaus sind nach § 1609 Nr. 2 BGB bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer auch (ehebedingte) Nachteile i. S. des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass der zweite Rang nur dann gewahrt ist, wenn über das Zeitmoment hinaus der unterhaltsberechtigte (geschiedene) Ehegatte ehebedingte Nachteile erlitten hat (so ausdrücklich BGH Urteil vom 30. Juli 2008 XII ZR 177/06, Rn. 65). Solche Nachteile sind hier jedoch weder von der insoweit darlegungspflichtigen Antragsgegnerin (vgl. BGH a. a. O Rn. 66) vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Die Tatsache, dass die Antragsgegnerin während der Ehe erkrankt und infolge dessen erwerbsunfähig geworden ist, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Antragsgegnerin (i. S. des § 1578 b Abs. 1 S. 2 BGB) durch die Ehe Nachteile erlitten hat.

Letztlich braucht die Rangfrage aber im Rahmen dieser Entscheidung nicht abschließend beantwortet zu werden. Denn es bestehen unabhängig davon bisher hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der jetzige Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin durch ihr eigenes Renteneinkommen gedeckt ist und ihr aus diesem Grund kein Unterhaltsanspruch mehr gegen den Antragsteller zusteht. Wie der BGH mit dem bereits zitierten Urteil vom 30. Juli 2008 entschieden hat, verringert sich der Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten, wenn das für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehende Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehegatten durch das Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter sinkt (a. a. O. Rn. 31). Dabei wirkt sich nicht nur der Unterhaltsanspruch eines minderjährigen Kindes, sondern auch der Anspruch einer neuen Ehefrau des Unterhaltspflichtigen bereits auf die Berechnung des Unterhaltsbedarfs des geschiedenen Ehegatten aus (a. a. O. Rn. 33). Entsprechendes muss auch für den Anspruch einer nach § 1615 l BGB unterhaltsberechtigten Mutter gelten. Dem gemäß ist die vorliegend vom Amtsgericht vorgenommene Berechnung des Bedarfs der Antragsgegnerin ohne Einbeziehung des Unterhaltsanspruchs der Mutter des Kindes L. im Ansatz unzutreffend. Vielmehr muss schon bei der Bemessung des jetzigen Unterhaltsbedarfs der Antragsgegnerin auch die hinzugetretene Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Mutter des Kindes L. berücksichtigt werden.

Für den Fall des Zusammentreffens eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten des Unterhaltspflichtigen hat sich der BGH (a. a. O. Rn. 39) für eine Verteilung des nach Abzug des vorrangigen Kindesunterhalts verbleibenden Einkommens des Pflichtigen zu je 1/3 auf den Pflichtigen selbst und die unterhaltsberechtigten Ehegatten ausgesprochen. Diese Dreiteilung ist auch dann geboten, wenn einer oder beide unterhaltsberechtigte Ehegatten eigene Einkünfte haben (a. a. O. Rn. 40). In diesem Fall bemisst sich der den beiden unterhaltsberechtigten Ehegatten zustehende Unterhaltsbedarf aus einem Drittel aller verfügbaren Mittel (a. a. O. Rn. 41). Ob diese Grundsätze - und ggf. mit welchen Einschränkungen - auf den hier vorliegenden Fall des Zusammentreffens einer geschiedenen Ehefrau und eines nach § 1615 l BGB unterhaltsberechtigten Elternteils zu übertragen sind, kann nicht bereits im Rahmen der PKHEntscheidung abschließend entschieden werden, sondern muss dem Hauptverfahren vorbehalten bleiben. Es spricht allerdings einiges dafür, dass eine Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten jedenfalls dann angemessen ist, wenn der sich dabei ergebende Unterhaltsbedarf der nach § 1615 l BGB unterhaltsberechtigten Mutter ihr vor der Schwangerschaft erzieltes Einkommen oder - wenn sie nicht erwerbstätig war - den absoluten Mindestbedarf eines nicht erwerbstätigen Volljährigen nicht übersteigt. Auch die Frage, ob dieser im Regelfall mit monatlich 770 EUR anzusetzende Mindestbedarf noch abgesenkt werden kann, wenn die nach § 1615 l BGB unterhaltsberechtigte Mutter - wie offenbar im vorliegenden Fall - mit dem Unterhaltspflichtigen in Haushaltsgemeinschaft lebt, kann nicht bereits im Rahmen dieser PKHEntscheidung abschließend beantwortet werden.

Das Amtsgericht hat das anrechenbare Einkommen des Antragstellers zu hoch veranschlagt. Für die Zeit ab August 2008 ist von dem gleichen Einkommen auszugehen, das der Antragsteller vor der Elternzeit, also von Januar bis April 2008, erzielt hat. Das waren - ohne Kindergeld - monatlich 2.552,03 EUR netto (Bl. 60 - 62 Hauptakte, Bl. 5 PKHHeft). Sonderzahlungen haben Landes und Kommunalbeamte in Niedersachsen derzeit nicht zu erwarten. Vom Nettoeinkommen abzusetzen sind 6,65 EUR vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers, 238,26 EUR Kranken und Pflegeversicherungsbeiträge für den Antragsteller und das Kind L. (Bl. 6 PKHHeft) sowie 5 % als Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen (115,36 EUR). Dann verbleiben monatlich 2.191,76 EUR. Damit ergibt sich nach der Düsseldorfer Tabelle ein Barunterhaltsanspruch des Kindes L. von monatlich 230 EUR (279 EUR abzüglich des hälftigen Kindergeldes). Das nach Abzug des Kindesunterhalts verbleibende Einkommen beträgt monatlich rund 1.962 EUR. Die Antragsgegnerin verfügt über anrechenbare Renten von monatlich rund 982 EUR (wobei die Erhöhung der gesetzlichen Rente zum 1. Juli 2008 noch unberücksichtigt geblieben ist). Die Mutter des Kindes L. hat - soweit bisher ersichtlich - kein Einkommen. Das für die Parteien und die Mutter von L. zur Verfügung stehende unterhaltsrechtlich relevante Gesamteinkommen beträgt somit monatlich (1.962 EUR + 982 EUR =) 2.944 EUR.

Bei einer Dreiteilung des Gesamteinkommens ergibt sich ein Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin von monatlich (2.944 EUR : 3 =) 981 EUR. Da ihr eigenes anrechenbares Einkommen monatlich 982 EUR beträgt, wäre ihr Unterhaltsbedarf damit in voller Höhe gedeckt. Ein Unterhaltsanspruch ergäbe sich für sie nur dann noch, wenn der Unterhaltsbedarf der Mutter von L. geringer als mit monatlich 982 EUR anzusetzen wäre. Das ist jedoch bisher nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, insbesondere im Hinblick darauf, dass sie nach Darstellung des Antragstellers allein einen Krankenversicherungsbedarf von monatlich rund 231 EUR hat. ..." (OLG Celle, Beschluss vom 10.10.2008 - 10 WF 322/08)

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„... 6. Für die Zeit bis einschließlich Dezember 2007 ist der Bekl. unter Berücksichtigung seines bereinigten Einkommens vor Abzug des Kindesunterhalts und des Erwerbstätigenbonus angesichts eines billigen Selbstbehalts von 915 Euro (Nr. 21.4 der Unterhaltsleitlinien des OLG Brandenburg, Stand: 1. 7. 2005 und 1. 7. 2007) durchgängig in der Lage, sowohl den Unterhaltsbedarf der Kl. zu befriedigen als auch Kindesunterhalt in der geleisteten Höhe zu zahlen. Gleiches gilt im Ergebnis bis 9. 3. 2008. Für die Zeit ab 10. 3. 2008 hingegen ist der Bekl. bei einem billigen Selbstbehalt von 1000 Euro (Nr. 21.4 der Unterhaltsleitlinien des OLG Brandenburg, Stand: 1. 1. 2008) mit Rücksicht auf den nun gem. § 1609 Nr. 1 BGB n.F. vorrangigen Kindesunterhalt nur eingeschränkt leistungsfähig. Für den Ehegattenunterhalt verbleiben lediglich folgende Beträge:

- 478 Euro (= 1709 Euro bereinigtes Einkommen - 231 Euro Kindesunterhalt - 1000 Euro Selbstbehalt) in der Zeit vom 10. 3. 2008 bis Dezember 2008,
- 401 Euro (= 1632 Euro bereinigtes Einkommen - 231 Euro Kindesunterhalt - 1000 Euro Selbstbehalt) in den Monaten Januar bis März 2009,
- 75 Euro (= 1306 Euro bereinigtes Einkommen - 231 Euro Kindesunterhalt - 1000 Euro Selbstbehalt) ab April 2009.

Für März 2008 errechnet sich so ein Unterhaltsanspruch von insgesamt 426 Euro (= 300 Euro × 9 Tage : 31 Tage + 478 Euro × 22 Tage : 31 Tage). ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 07.10.2008 - 10 UF 3/08, NJW 2008, 3722 f zu BGB §§ 1573 II, 1578b I 1)

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Die Berechnung des Ehegattenunterhalts nach bloßem Abzug des Zahlbetrags des Kindesunterhalts führt im Nichtmangelfall dazu, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte trotz bedarfsdeckenden Unterhalts im Ergebnis 110 € vom Kindergeld, das nur im Mangelfall für das Kind dessen Einkommen ist (§ 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II), behalten darf, während dem Unterhaltsverpflichteten faktisch nur 44 € davon verbleiben. Im Mangelfall für den Ehegatten, d. h. wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte, der auch das Kind bzw. die Kinder erzieht, nicht einmal die ihm an sich zustehende Quote des um den auskömmlichen Kindesunterhalt bereinigten Einkommens des Verpflichteten erhalten kann, ist es demgegenüber auch vom Ergebnis her richtig, dem unterhaltsberechtigten Ehegatten wenigstens die Differenz zwischen dem nach Abzug des Zahlbetrags verbleibenden Einkommen des Verpflichteten und seinem gegenüber dem Ehegatten erhöhten Selbstbehalt von derzeit 1.000 € zuzusprechen, weil hier von einer ungerechten Verteilung des Kindergeldes nicht mehr ausgegangen werden kann (OLG Frankfurt, Urteil vom 30.04.2008 - 5 UF 67/07 zu BGB 1361, 1609, 1612b):

„... I. Die Klägerin begehrt, nachdem der Kindesunterhalt in der Berufungsverhandlung durch den dort geschlossenen Teilvergleich geregelt worden ist, noch den Trennungsunterhalt. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Offenbach am Main Bezug genommen. Allerdings ist die Trennung der Parteien entgegen den Feststellungen im angefochtenen Urteil - vom Beklagten in der Berufungsverhandlung auch nicht mehr ernsthaft bestritten - bereits im Februar 2005 erfolgt. Ab März 2005 hat er auch unstreitig bereits (Teil-)Unterhaltszahlungen wie aus dem Tenor ersichtlich geleistet. Nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens stellen sich die Einkommensverhältnisse des Beklagten ab 2006 auf Grund inzwischen vorliegeder Verdienstbescheinigungen für die Jahre 2006 und 2007 etwas abweichend von den noch auf der Basis des Jahres 2005 vorgenommenen Berechnungen des Amtsgerichts dar. Danach belief sich das Nettoeinkommen des Beklagten im Jahr 2006, ausgehend von 34.101,31 EUR brutto, auf 21.055,79 EUR (bereits nach Abzug des Arbeitgeberanteils für vermögenswirksame Leistungen) entsprechend monatlich 1.754,65 EUR. Zuzüglich möglicher 4 EUR Steuerersparnis beim Solidarzuschlag, die der Beklagte netto mehr erhielte, wenn er sich den ihm zustehenden halben Kinderfreibetrag pflichtgemäß hätte eintragen lassen, und abzüglich 5 % berufsbedingter Aufwendungen verblieben ihm netto aufgerundet monatlich 1.671 EUR im Jahr 2006. Im Jahr 2007 bezog er, ausgehend von brutto 36.219,57 EUR, netto 22.913,38 EUR oder monatlich 1.909,45 EUR zuzüglich 4 EUR möglicher Steuerersparnis und abzüglich 5 % berufsbedingter Aufwendungen, somit monatlich 1.818 EUR.

Das Amtsgericht hat der Klage auch hinsichtlich des Trennungsunterhalts überwiegend stattgegeben und den Beklagten hinsichtlich der Rückstände bis einschließlich Oktober 2006 unter Berücksichtigung wechselnder Einkommensverhältnisse und Abzugsbeträge für bestehende Schulden zu unterschiedlichen Beträgen nebst Zinsen wie aus dem Tenor des angefochtenen Urteils ersichtlich sowie ab November 2006 zu laufendem Trennungsunterhalt von 611,75 EUR monatlich verurteilt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Die Parteien haben in der Berufungsverhandlung einen Teilvergleich geschlossen und damit den Kindesunterhalt abschließend geregelt. Insoweit wird auf das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 16.04.2008 Bezug genommen. Allerdings hatte das Amtsgericht in dem mit dem Vergleich hinsichtlich des Kindesunterhalts bis 31.12.2007 rechtskräftig gewordenen Teil des Urteils offensichtlich versehentlich den laufenden Kindesunterhalt bereits ab 1.11.2005 ausgeurteilt, obwohl es zuvor bereits den Rückstand bis 31.12.2005 mit den bis Oktober verlangten 168 EUR und 2 x 199 EUR für November und Dezember 2005 (zusammen 566 EUR) ausgeurteilt hatte.

Der Beklagte beantragt nunmehr noch, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage hinsichtlich des Trennungsunterhalts abzuweisen. Er beruft sich insbesondere auf einen höheren Schuldenabtrag als vom Amtsgericht anerkannt, räumt allerdings auch ein, das im Sommer 2005 aufgenommene Darlehen bei der inzwischen mit Ersparnissen getilgt zu haben und neben einer behaupteten Steuernachforderung für das Jahr 2004 für einen späteren Zeitraum auch eine Steuererstattung erhalten zu haben. Soweit er höhere Zahlungen auf den Unterhalt behauptet, beruht dies darauf, dass er auch die auf Grund von Pfändungen abgezogenen Beträge als eigene Zahlungen in Ansatz bringt. Insoweit wurde in der Berufungsverhandlung eine differenzierte Forderungsaufstellung des Klägervertreters sowohl für den Kindes- als auch den Trennungsunterhalt erörtert.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die nach dem Teilvergleich über den Kindesunterhalt nur noch den Trennungsunterhalt betreffende zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet.

Zu Recht ist das Amtsgericht für das Jahr 2005 zu-nächst von einem monatlichen Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von 2.331,98 EUR abzüglich 5 % berufsbedingter Aufwendungen, mithin von 2.215,38 EUR, ausgegangen.

Auch die Bereinigung von Schulden gegenüber der von 50 EUR monatlich sowie weiterer 100 EUR monatlich an eine frühere Ver-mieterin ist - von der Klägerin nicht angegriffen - zu Recht erfolgt. Nach Auffassung des Senats sind allerdings auch die weiteren Altschulden des Beklagten, die er mit monatlich 47 EUR gegenüber der ... bedient, als eheprägend anzuerkennen und abziehbar, so dass ihm bereinigt netto 2.018,38 EUR monatlich für das Jahr 2005 verbleiben. Noch weitere Schuldenabzüge sind dagegen aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils nicht vorzunehmen, zumal der Beklagte auch in der Berufungsverhandlung entweder den jeweiligen Schuldgrund oder auch den tatsächlichen Abtrag nicht ausreichend zu belegen vermochte. Das gilt insbesondere auch für das im Jahr 2005 aufgenommene Darlehen über 3.000 EUR bei der, das er zudem - wie er nun einräumt - aus Ersparnissen wieder getilgt hat. Hinsichtlich des angeblichen Abtrags von weiteren Schulden an Rechtsanwälte ... sind Zahlungen nicht belegt. Ebenso sind angebliche Zahlungen im Zusammenhang mit einer früheren Straftat weder ausreichend belegt, noch sind diese Schulden als eheprägend anzuerkennen. Angeblichen Zahlungen auf eine Steuernachforderung steht eine Steuererstattung für einen späteren Zeitraum gegenüber. Von dem hiernach zugrunde zu legenden bereinigten Nettoeinkommen von monatlich 2.018,38 EUR sind die sich daraus ergebenden - bei nur zwei Unterhaltsberechtigten um eine Einkommensstufe erhöhten - Tabellenbeträge (nach dem für diesen Zeitraum noch geltenden bisherigen Recht unumstritten) des Kindesunterhalts von monatlich 283 EUR für die Zeit bis Juni 2005 bzw. 290 EUR ab Juli 2005 bis Dezember 2005 in Abzug zu bringen, so dass für die Berechnung des Trennungsunterhalts 1.735,38 EUR bis Juni 2005 bzw. 1.728,35 EUR bis Dezember 2005 verbleiben. Daraus errechnen sich als 3/7-Quote monatlich 744 EUR bis Juni 2005 bzw. monatlich 741 EUR bis Dezember 2005, die der Beklagte unter Berücksichti-gung des bis Juni 2005 für den Trennungsunterhalt noch geltenden Selbstbehalts von 920 EUR sowie auch bei einer zweistufigen Mangelfallberechnung nach altem Recht (BGH FamRZ 2003, 363 ff.) bei 1.000 EUR Selbstbehalt gegenüber der E-hefrau ab 01.07.2005 zahlen kann.

Unter Berücksichtigung des im Jahr 2006 gesunkenen und nach Steuerklasse 1 sowieso geringer ausfallenden Netto-einkommens von monatlich 1.671 EUR (s. o. unter I.) verbleiben dem Beklagten nach Abzug der bis September 2006 zunächst weiter anzuerkennenden monatlich 197 EUR für Schulden (50 EUR + 100 EUR + 47 EUR wie oben) noch monatlich 1.474 EUR; und nach Abzug des sich ergebenden Tabellen-betrags des Kindes-unterhalts von 233 EUR nur noch 1.241 EUR, so dass der Beklagte die 3/7- Quote von 532 EUR nicht mehr zahlen kann. Eine zweistufige Mangelfall-berechnung führt danach für den Trennungsunterhalt zu dem aus dem Tenor ersichtlichen Monatsbetrag von 362 EUR (Einsatzbeträge nach BGH FamRZ 2003, 363 ff.: 890 EUR Mindestbedarf für die Klägerin und 135 % des damaligen Regelbetrags, mit-hin 276 EUR, ergibt zusammen 1.166 EUR). Von den über 1.000 EUR (Selbstbe-halt gegenüber der Ehefrau) für Unterhaltszwecke insgesamt zur Verfügung ste-henden monatlich 474 EUR (s. o.) erhält die Klägerin danach anteilige 890/1166 = 362 EUR. (Der Kindesunterhalt wird in der hier nicht mehr erforderlichen zweiten Stufe der Berechnung aus dem niedrigeren notwendigen Selbstbehalt ge-genüber Kindern aufgefüllt.)

Im Oktober 2006 ermäßigt sich der Schuldenabtrag für die Mietrückstände auf 79,58 EUR, zuzüglich der 50 EUR und 47 EUR beträgt der gesamte berücksichtigungsfähige Schuldenabtrag nur noch 176,58 EUR.Es verbleiben von den 1.671 EUR netto nunmehr bereinigt 1.494,42 EUR. Die sich nach Abzug des Kindesunterhalts errechnende 3/7-Quote kann ebenfalls nicht gezahlt werden. Die Mangelfallberechnung nach dem obigen Muster führt zu dem Trennungsunterhalt von 377 EUR (494,42 EUR x 890 / 1166).

Im November und Dezember 2006 sind nur noch Schulden von insgesamt monatlich 97 EUR zu berücksichtigen. Von den 1.671 EUR verbleiben für Unterhaltszwecke nunmehr 1.574 EUR. Die auch insoweit notwendige Mangelfallberechnung führt zu monatlichem Trennungsunterhalt von 438 EUR (574 EUR x 890 / 1166).

Ab 2007 verbessern sich die Einkommensverhältnisse des Beklagten wieder. Sein Nettoeinkommen beträgt nach Abzug der berufsbedingten Aufwendungen, wie oben unter I. ausgeführt, nunmehr monatlich 1.818 EUR. Nach weiterem Abzug des anzuerkennenden Schuldenabtrags von monatlich 97 EUR verbleiben ihm für Unterhaltszwecke bereinigte 1.721 EUR. Sowohl nach Abzug des bis Juni 2007 maßgeblichen Tabellenbetrags für den Kindesunterhalt von 262 EUR als auch von 259 EUR bis Dezember 2007 kann der Beklagte die sich errechnende 3/7-Quote für den Trennungsunterhalt (625 EUR bzw. 627 EUR) unter Berücksich-tigung von 1.000 EUR Selbstbehalt nicht zahlen. Die Mangelfallberechnung nach dem obigen Muster führt zu den ausgeurteilten Beträgen von monatlich 550 EUR in der ersten Jahreshälfte (721 EUR in der ersten Stufe zur Verfügung x 890 / 1166 anteilig für die Ehefrau) und 552 EUR in der zweiten Jahreshälfte. Wegen der Absenkung der Regelbeträge für Kinder ab 01.07.2007 sind 135 % nur noch 273 EUR und der notwendige Mindestgesamtbedarf beider Berechtigter beträgt damit 1.163 EUR.

721 EUR x 890 / 1163 ergeben deswegen monatlich 552 EUR.

Ab Januar 2008 ist der Kindesunterhalt gemäß § 1609 BGB neuer Fassung vorrangig. Bei weiterhin monatlich 1.721 EUR bereinigtem Netto-einkommen des Beklagten verbleiben ihm nach Abzug des tatsächlichen Zahlbe-trags des Kindesunterhalts von 230 EUR, auf den sich die Parteien auch ver-gleichsweise geeinigt haben, noch 1.491 EUR. Der verbleibende Betrag über dem Selbstbehalt von 1.000 EUR, mithin nur noch 491 EUR, unterschreitet in jedem Fall die 3/7-Bedarfs-quote für die Ehefrau, und zwar ungeachtet dessen, ob man diese im vorliegenden Fall weiterhin nach Abzug des Tabellenbetrags für den Kin-desunterhalt von 307 EUR (Soyka, FuR 2008, 157 ff., 162, 163, wohl auch Schürmann, FamRZ 2008, 313 ff., 324) oder nur des Zahlbetrags von 230 EUR errechnet (so inzwischen BGH, Urteil vom 05.03.2008, XII ZR 22/06, in einem obi-ter dictum unter IV. 1. b im Anschluss an Dose, FamRZ 2007, 1289 ff., 1292 f., Klinkhammer FamRZ 2008, 193 ff., 199; Scholz FamRZ 2007, 2221 ff., 2224; Gerhardt FamRZ 2007, 945 ff., 948; Grundmann, forum familienrecht 2008, 134, 135). Die unterschiedliche Berechnungsweise (siehe auch die Übersicht unter www.hefam.de zu den Unterhaltsleitlinien bzw. Unterhaltsgrundsätzen der Ober-landesgerichte) führt zwar im Nichtmangelfall dazu, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte bei bloßem Abzug des Zahlbetrags trotz bedarfsdeckenden Unterhalts praktisch monatlich 33 EUR mehr erhält und damit vom Kindergeld im Ergebnis 110 EUR behalten darf, während dem Unterhaltsverpflichteten faktisch nur 44 EUR davon verbleiben (die dieses Ergebnis rechtfertigende Annahme der herr-schenden Meinung, das Kindergeld sei Einkommen des Kindes, trifft aber nur bei einem Mangelfall für das Kind zu, wie § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II zeigt, nämlich wenn das Kindergeld "zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt" wird).

Im Mangelfall für den Ehegatten, d. h. wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte, der auch das Kind bzw. die Kinder erzieht, wie hier nicht einmal die ihm an sich zustehende Quote des um den auskömmlichen Kindesunterhalt bereinig-ten Einkommens des Verpflichteten erhalten kann, ist es demgegenüber auch vom Ergebnis her richtig, dem unterhaltsberechtigten Ehegatten wenigstens die Differenz zwischen dem nach Abzug des Zahlbetrags verbleibenden Einkommen des Verpflichteten und seinem gegenüber dem Ehegatten erhöhten Selbstbehalt von derzeit 1.000 EUR zuzusprechen, weil hier von einer ungerechten Verteilung des Kindergeldes nicht mehr ausgegangen werden kann (anderer Ansicht unter Be-zugnahme auf die frühere Rechtsprechung des BGH auch insoweit Soyka a.a.O., u. a. mit weiteren Fallbeispielen, z. B. bei Leistung von Bar- und Betreuungsunterhalt für die Kinder durch den auch zum Ehegattenunterhalt Verpflichteten). Für den hier vorliegenden Fall, in dem die das Kind erziehende Klägerin wegen des Vorrangs des Kindesunterhalts nur einen unter der ihr an sich zustehenden Quote liegenden Unterhalt bekommen kann, folgt der Senat deshalb im Ergebnis der herrschenden Meinung, so dass der Klägerin ab 01.01.2008 monatlich 491 EUR Trennungsunterhalt zuzusprechen sind. Die weiter gehende Klage ist abzuweisen. Soweit der Beklagte die vollständige Klageabweisung weiter verfolgt hat, ist seine Berufung zurückzuweisen. Die Zinsentscheidung folgt aus § 291 BGB. ..."


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„... Der BGH hat die Einstufung in eine höhere oder niedrigere Einkommensgruppe (der Düsseldorfer Tabelle) je nach Anzahl der Unterhaltsberechtigten und die damit verbundene Veränderung des Unterhaltsanspruchs gebilligt. Er hat dies damit begründet, dass die Bestimmung der Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten im tatrichterlichen Ermessen liege (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1992, 539/541). Ferner hat der BGH den Bedarfskontrollbetrag in seiner Funktion gebilligt, eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhaltspflichtigen und den unterhaltsberechtigten Kindern zu gewährleisten (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2000, 1492/1493).

An diesen Grundsätzen ist unabhängig von der seit dem 01.01.2008 geltenden neuen Rangordnung nach § 1609 BGB jedenfalls dann festzuhalten, wenn - wie hier - kein Mangelfall vorliegt (vgl. hierzu Borth, Unterhaltsrechtsänderungsgesetz, Rdnr. 276 f.; Klinkhammer, FamRZ 2008, 193/197 f. sowie Ziffer 11.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen OLG, Stand 01.01.2008). ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 22.04.2008 - 10 UF 226/07)

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„... Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB schuldet. Wegen der guten wirtschaftlichen Verhältnisse ist der Bedarf der Antragsgegnerin gemäß § 1578 Abs. 1 BGB erst nach Abzug des Kindesunterhalts zu bestimmen. Das gilt hier nicht nur für die beiden minderjährigen Kinder des Antragstellers, sondern auch für den Unterhalt der volljährigen A…. Dem steht die neue Rangstufenregelung des § 1609 Nr. 4 BGB nicht entgegen, da unter den gegebenen guten Einkommensverhältnissen der angemessene Lebensbedarf der Antragsgegnerin nicht gefährdet wird (vgl. in diesem Zusammenhang auch Borth, a.a.O., Rdnr. 276). Ist der Kindesunterhalt bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts vorweg abgezogen worden, so beteiligt sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte bereits auf diese Weise am Kindesunterhalt. Denn der Vorwegabzug des Kindesunterhalts vom anrechnungsfähigen Einkommen des Unterhaltspflichtigen vermindert den Anspruch auf Ehegattenunterhalt. Müsste sich der unterhaltsberechtigte Elternteil unter Berücksichtigung seines Unterhaltsanspruchs als anrechenbares Einkommen am Volljährigenunterhalt beteiligen, so liefe das auf eine unzulässige Doppelbeteiligung hinaus (vgl. hierzu OLG Hamm, FamRZ 1996, 1234; Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rdnr. 151). ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 22.04.2008 - 10 UF 226/07)

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b) Bei einem unterhaltsrelevanten Einkommen der Klägerin von 300 € monatlich und des Beklagten von 2.516,95 € monatlich errechnet sich ein Unterhaltsanspruch der Klägerin in Höhe von 420 € monatlich.

aa) Bei der Berechnung des Ehegattenunterhaltsanspruchs der Klägerin ist zu berücksichtigen, dass sich infolge der Gesetzesänderung ab Januar 2008 die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten geändert hat. Während nach § 1609 Nr. 1 BGB n. F. die unterhaltsberechtigten Kinder des Beklagten vorrangig vor der Klägerin zu berücksichtigen sind, stehen die Klägerin und die zweite Ehefrau des Beklagten gem. den §§ 1582, 1609 Nr. 2 BGB n. F. dem Range nach gleich, weil beide aufgrund der Betreuung gemeinsamer minderjähriger Kinder dem Beklagten gegenüber unterhaltsberechtigt sind bzw. im Falle einer Scheidung unterhaltsberechtigt wären.

Der eheangemessene Bedarf der Klägerin beträgt daher nur noch 460 € monatlich. Er berechnet sich wie folgt:

Ermittlung der Unterhaltsansprüche auf dem 1. Rang:

anrechenbares Einkommen des Beklagten 2.516,95 €
abzgl. Zahlbetrag für K2 - 202,00 €
abzgl. Unterhalt weiteres Kind des Beklagten - 232,00 €
abzgl. Zahlbetrag für D - 202,00 €

Für den Unterhalt der Klägerin und der 2. Ehefrau verbleiben 1.880,95 € bereinigt

Ermittlung der Unterhaltsansprüche auf dem 2. Rang:

1. Bedarfsermittlung ohne Berücksichtigung des der Klägerin fiktiv zuzurechnenden Einkommens

auf den Beklagten entfallen 40% = 752,38 €
auf die Klägerin entfallen 33% = 620,71 € , bzw. 621,00 € (gerundet)
auf die 2. Ehefrau entfallen 27% = 507,86 € , bzw. 508,00 € (gerundet)

1.880,95 €

2. Bedarfsermittlung unter Berücksichtigung des der Klägerin fiktiv zuzurechnenden Einkommens

bereinigtes Einkommen des Beklagten 1.880,95 €
abzgl. Anspruch der 2. Ehefrau - 508,00 €
verbleiben: 1.372,95 €

6/7 verbleibendes Einkommen des Beklagten 1.176,81 €
abzgl. 6/7 fiktives Einkommen der Klägerin - 257,14 €
verbleibende Differenz: 919,67 €

davon 1/2 = eheangemessener Bedarf der Klägerin = 460,00 € (gerundet)

(1) Bei der Ermittlung des auf der zweiten Rangstufe verteilbaren Einkommens des Beklagten ist nach der Rechtsauffassung des Senats gem. § 1612b Abs. 1. Nr. 1 BGB n. F. der Unterhalt der minderjährigen Kinder nicht mit dem Tabellen-, sondern mit dem Zahlbetrag (Tabellenbetrag abzüglich hälftiges Kindergeld) vorweg in Abzug zu bringen (vgl. Senatsentscheidung vom 24.1.2008 - 2 UF 166/07 -; Gerhardt-Gutdeutsch, FamRZ 2007, 778, 779; Dose, FamRZ 2007, 1289, 1292; Scholz, FamRZ 2007, 2021, 2028; Lein, Das neue Unterhaltsrecht 2008, S. 196; Leitlinien der Oberlandesgerichte Bremen, Bamberg, Celle, Dresden, Hamburg, Karlsruhe, München, Nürnberg und Rostock vom 1.1.2008 jeweils zu Zi. 15.2, der Oberlandesgerichte Brandenburg und Koblenz vom 1.1.2008 jeweils zu Zi. 15.1 und des Oberlandesgerichts Düsseldorf - Düsseldorfer Tabelle - zu B. III).

Die Gegenmeinung (vgl. Leitlinien der Oberlandesgerichte Hamm vom 1.1.2008 zu Zi. 15.2.3, Naumburg und Stuttgart vom 1.1.2008 jeweils zu Zi. 15.2 und Oldenburg vom 1.1.2008 zu Zi. 15.1), die davon ausgeht, dass der Vorwegabzug nur mit dem Tabellenbetrag erfolgen dürfe, weil andernfalls der dem Unterhaltsschulder zustehende Kindergeldanteil den Unterhaltsberechtigten auf der zweiten Rangstufe zukomme, wird der geänderten Rechtslage nicht gerecht.

Abweichend von der bisherigen Regelung des § 1612b BGB a. F. mindert das Kindergeld nach § 1612b Abs. 1 BGB n. F. den Barbedarf des Kindes unmittelbar. Ihm kommt daher die gleiche unterhaltsrechliche Wirkung zu wie dem bereinigten Eigeneinkommen des Kindes, welches bei minderjährigen Kindern - wegen der Gleichwertigkeit von Bar- und Naturalunterhalt (§ 1606 Abs. 3, S. 2 BGB) - hälftig auf den Bar- und den Betreuungsunterhalt und bei volljährigen Kindern in vollem Umfang auf den Bedarf anzurechnen ist. Diese unterhaltsrechlichen Folgewirkungen der Bedarfsdeckung hat der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien erkannt und auch beabsichtigt. In der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 16/1830, S. 29) hat er ausgeführt, dass durch die Neuregelung eine Harmonisierung der unterhalts- und sozialrechtlichen Wirkungen des Kindergeldes herbeigeführt werden soll. Das Kindergeld wird im Sozialrecht nach Maßgabe des § 11 Abs. 1, S. 3 SGB II und des § 82 Abs. 1, S. 2 SGB XII dem Einkommen des minderjährigen Kindes zugerechnet und vermindert somit den Bedarf des Kindes. Als besonderen Vorteil der Neuregelung hat es der Gesetzgeber angesehen, dass durch die bedarfsdeckende Wirkung des Kindergeldes im Mangelfall eine höhere Verteilungsmasse für den betreuenden Elternteil zur Verfügung steht, was gleichzeitig zu einer höheren steuerlichen Entlastung aufgrund des Realsplittingvorteils führen kann (vgl. BT-Drucks., a. a. O.).

Wird das Kindergeld bedarfsdeckend angerechnet, stellt sich die Frage der ungerechtfertigten Partizipation des betreuenden Elternteils und gegebenenfalls weiterer Unterhaltsberechtigter auf der zweiten Rangstufe nicht. Wird das Kindergeld nämlich - wie im Regelfall (§ 64 Abs. 2 EStG, Obhutsprinzip) - an den betreuenden Elternteil ausgezahlt, hat er es in vollem Umfang für die Deckung des Bedarfs des Kindes zu verwenden (§ 1612b Abs. 1, S. 1 BGB n. F.). Damit wirkt sich das Kindergeld weder auf Seiten des Unterhaltsberechtigten noch auf Seiten des Unterhaltsverpflichteten Einkommenserhöhend aus. Die gem. §§ 1 BKKG, 62 Abs. 1 EStG bezweckte Entlastung der Eltern des minderjährigen Kindes wird dadurch erreicht, dass sich der Bedarf des unterhaltsberechtigten Kindes verringert und damit auch der zu leistende Barunterhalt.

Dass sich diese Entlastung auf Seiten des Unterhaltspflichtigen, der zugleich Ehegattenunterhalt schuldet, nicht bzw. nicht in vollem Umfang auswirkt, weil er sein bereinigtes Einkommen (nach Abzug des Kindesunterhalts) für die Deckung des Bedarfs der Unterhaltsberechtigten auf der zweiten Rangstufe zu verwenden hat, ist eine notwendige Konsequenz der gesetzlichen Neuregelung, die im Interesse der vom Gesetzgeber beabsichtigten Vereinfachung der Rechtsanwendung (vgl. BT-Drucks. 16/1830, S. 28) hinzunehmen ist. Die Gleichstellung von Kindergeld und Erwerbseinkommen im Rahmen der Bedarfsdeckung vermeidet Folgeprobleme bei der Behandlung steuerlicher Freibeträge (vgl. Borth, Unterhaltsrechtsänderungsgesetz, Rz. 341), bei der Frage, ob zwischen Bedarfsbestimmung und Leistungsfähigkeit zu unterscheiden ist und wie das Einkommen des Unterhaltspflichtigen bei der Feststellung der Einhaltung der Bedarfskontrollbeträge nach der Düsseldorfer Tabelle zu berechnen ist. Sie ist für den rechtssuchenden Bürger ohne weiteres verständlich und einfach nachvollziehbar, denn sie spiegelt das wider, was in einem funktionierenden Familienverband gelebt wird; auch dort wird nicht zwischen der Zweckbindung des Kindergeldes als vorweggenommene Steuervergütung (vgl. dazu Borth, a. a. O., Rz. 329) und den Unterhaltspflichten gegenüber den übrigen Familienmitgliedern unterschieden, sondern die durch das Kindergeld bewirkte finanzielle Entlastung kommt unmittelbar der gesamten Familie zugute, indem dadurch mehr verfügbares Einkommen generiert wird.

Die Anrechnung des Kindergeldes auf den Bedarf mit der Folge der Erhöhung des Ehegattenunterhalts führt auch nicht dazu, dass steuerrechtlich für das Kind bestimmte Mittel diesem vorenthalten werden, denn der primäre Verwendungszweck des Kindergeldes als Existenzsicherungsmittel des Kindes (vgl. BVerfG FamRZ 2003, 1370) ist dadurch gewahrt, dass das Kindergeld - wie oben ausgeführt - von dem betreuenden Elternteil zur Deckung des Bedarfs des Kindes zu verwenden ist.

Darüber hinaus bewirkt die Gleichstellung von Kindergeld und Einkommen des Kindes eine unterhaltsrechtliche Gleichbehandlung der minderjährigen mit den volljährigen Kindern. Für volljährige Kinder war schon nach altem Recht (vor Erlass des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes) anerkannt, dass dem Kindergeld eine bedarfsdeckende Wirkung zukommt (vgl. BGH FamRZ 2006, 99, 102 f.). Durchgreifende Gründe, volljährige und minderjährige Kinder bei der Anrechnung des Kindergeldes ungleich zu behandeln, bestehen aber nach der ab dem 1.1.2008 gültigen Rechtslage nicht mehr. Das Gesetz unterscheidet nur insofern zwischen volljährigen und minderjährigen Kindern, als bei minderjährigen Kindern nicht das volle, sondern nur das hälftige Kindergeld auf den Bedarf anzurechnen ist. Diese Unterscheidung beruht auf der Gleichwertigkeit von Bar- und Naturalunterhalt (§ 1606 Abs. 3, S. 2 BGB), die - wie auch beim Eigeneinkommen des minderjährigen Kindes - dazu führt, dass nur der auf den Barunterhalt entfallende Teil des Kindergeldes vom Barunterhaltsanspruch abgezogen wird. Mit der Volljährigkeit entfällt der Naturalunterhaltsanspruch und wird durch einen Anspruch auf Barunterhalt gegen beide Elternteile ersetzt, was die volle Anrechnung des Kindergeldes rechtfertigt. Der Umstand, dass sich beim minderjährigen Kind die Kindergeldanrechnung nur auf den Barunterhaltsanspruch auswirkt, während der auf die Betreuung entfallende Teil von der Anrechnung unberührt bleibt, stellt nach Auffassung des Senats keine verfassungsrechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung (i. S. v. Art. 3 Abs. 1 GG) dar, weil sie sich im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums hält (vgl. hierzu BVerfG, a. a. O.; DVBl 2007, 1435; FamRZ 2007, 1957).

(2) Bei dem Vorwegabzug des Kindesunterhalts für K2 und D ist der Senat von dem jeweiligen Mindestkindesunterhalt (§ 1612a Abs. 1 BGB n. F.) nach der 1. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle vom 1.1.2008 ausgegangen, da der darin festgelegte Bedarfskontrollbetrag, der eine ausgewogene Verteilung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen zwischen den unterhaltsberechtigten Kindern und den Ehegatten gewährleisten soll, nur gewahrt ist, wenn der Kindesunterhalt der 1. Einkommensgruppe entnommen wird.

(3) Bei der Ermittlung des Bedarfs der Klägerin ist der Senat der in Ziffer 24.2.3 HLL, Stand: 1.1.2008, vorgeschlagenen zweistufigen Berechnungsmethode gefolgt, nach der zunächst der Bedarf der Klägerin und der zweiten Ehefrau des Beklagten ohne Berücksichtigung des fiktiven Einkommens der Klägerin und sodann im zweiten Schritt der Unterhaltsanspruch der Klägerin unter Berücksichtigung des ihr im Verhältnis zum Beklagten zuzurechnenden fiktiven Einkommens nach Vorwegabzug des Bedarfs der zweiten Ehefrau des Beklagten zu ermitteln ist. Dadurch ist eine angemessene Verteilung des bereinigten Einkommens des Beklagten auf die im zweiten Rang (nunmehr) gleichrangig berechtigten Ehefrauen gewährleistet. Die Aufteilung des bereinigten Einkommens des Beklagten auf ihn, die Klägerin und seine Ehefrau im ersten Rechenschritt erfolgt im Verhältnis 4 / 3,3 / 2,7 (vgl. Zi. 24.2.2 HLL, Stand: 1.1.2008), wobei zu berücksichtigen ist, dass der Bedarf der Ehefrau des Beklagten infolge der bei ihr eintretenden Ersparnis aus der gemeinsamen Haushaltsführung mit dem Beklagen geringer ist, als der der Klägerin. Der Bedarf des Beklagten ist aufgrund des ihm zustehenden Erwerbstätigenbonus (der im zweiten Rechenschritt im Verhältnis zur Klägerin mit 1/7 zu veranschlagen ist) angemessen zu erhöhen.

bb) Wegen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Beklagten reduziert sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin auf 420 € monatlich.

Der Beklagte ist nicht in der Lage, mit dem ihm zur Verfügung stehenden Einkommen neben seinem eigenen Bedarf den Bedarf der Klägerin und seiner Ehefrau zu decken. Ihm verbleiben nach Abzug des ihm zu belassenden billigen Selbstbehalts von derzeit 1.000 € von seinem bereinigten Einkommen noch 880,95 €. Der zusammengerechnete Bedarf der Klägerin und der Ehefrau des Beklagten beträgt insgesamt 968 €. Es ist daher eine Mangelverteilung durchzuführen, wobei für die Ehefrau des Beklagten wegen der Ersparnis aus der gemeinsamen Haushaltsführung als Einsatzbetrag vom Existenzminimum von derzeit 560 € auszugehen ist (vgl. Zi. 23.2.3 HLL, Stand: 1.1.2008). Bei der Klägerin hat der Senat einen Mittelwert in Höhe von 810 € angesetzt, der zwischen dem Existenzminimum für Erwerbstätige (von 900 €) und dem für Nichterwerbstätige (von derzeit 770 €) liegt, weil die Klägerin aufgrund des relativ geringen Umfangs der ihr zuzurechnenden Erwerbstätigkeit nicht in gleicher Höhe zusätzliche Aufwendungen hätte, wie ein vollschichtig erwerbstätiger Unterhaltsberechtigter.

Ihr gegen den Beklagten zustehender Unterhaltsanspruch von 420 € berechnet sich für die Zeit ab Januar 2008 daher wie folgt:

Mangelfallberechnung

Einsatzbetrag für die 2. Ehefrau 560,00 € in % = 52,34%
Einsatzbetrag für die Klägerin (810 € / 300 € Eigeneinkommen) 510,00 €
gesamt: 1.070,00 € in % = 47,66%

Auf die Klägerin entfallen 47,66% von 880,95 € , das sind gerundet = 420,00 € ..." (OLG Hamm, Urteil vom 06.03.2008 - 2 UF 117/07)

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Im Unterhalt nach der RegelbetragVO sind weder Kosten für eine Krankenversicherung noch für eine Pflegeversicherung enthalten. Ist ein Kind schon vor der Trennung mit seinen Eltern privat krankenversichert, gehört die Prämie hierfür zum angemessen Unterhalt (OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.08.2006 - 4 UF 16/06).

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§ 1610 Maß des Unterhalts - Ausbildungsunterhalt - Volljährigenunterhalt

(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

Leitsätze/Entscheidungen:

Das mietfreie Wohnen beeinflusst nicht die Höhe des Kindesunterhalts. Die kostenfreie Zurverfügungstellung von Wohnraum wird vorrangig im unterhaltsrechtlichen Verhältnis zwischen den Eltern ausgeglichen. Ein unterhaltsrechtlicher Ausgleich kann auch darin bestehen, dass der Betreuungselternteil keinen Anspruch auf Trennungsunterhalt geltend machen kann, weil nach der Zurechnung des vollen Wohnwerts keine auszugleichende Einkommensdifferenz zwischen den Eltern mehr besteht. Die Eltern können eine - nach den Umständen des Einzelfalls gegebenenfalls auch konkludente - Vereinbarung darüber treffen, dass die Wohnungskosten durch den Naturalunterhalt des Barunterhaltspflichtigen abgedeckt werden. Für die Erfüllung des Barunterhaltsanspruchs (§ 362 BGB) aufgrund einer solchen Vereinbarung trifft den Barunterhaltsschuldner die Darlegungs- und Beweislast. Bevor die Haftungsquote für den anteiligen Mehrbedarf bestimmt wird, ist von den Erwerbseinkünften des betreuenden Elternteils der Barunterhaltsbedarf der Kinder nach den gemeinsamen Einkünften der Eltern abzüglich des hälftigen auf den Barunterhalt entfallenden Kindergelds und abzüglich des vom Kindesvater geleisteten Barunterhalts abzusetzen. In der verbleibenden Höhe leistet der betreuende Elternteil neben dem Betreuungsunterhalt restlichen Barunterhalt in Form von Naturalunterhalt. Die andere Hälfte des Kindergelds, die der betreuende Elternteil erhält, ist nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 29. September 2021 - XII ZB 474/20, FamRZ 2021, 1965; (BGH, Beschluss vom 18.05.2022 - XII ZB 325/20).
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Schuldet ein Elternteil nach dem Tod des anderen Elternteils seinem fremduntergebrachten minderjährigen Kind neben dem Barunterhalt auch Betreuungsunterhalt, so ist der Betreuungsunterhalt grundsätzlich pauschal in Höhe des Barunterhalts zu bemessen. Für einen davon abweichenden Betreuungsbedarf trägt derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der sich darauf beruft (im Anschluss an Senatsurteil vom 30. August 2006 - XII ZR 138/04, FamRZ 2006, 1597). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige aus der höchsten Einkommensgruppe und der dritten Altersstufe (12 bis 17 Jahre) Unterhalt schuldet. 2. Steht eine vom Unterhaltspflichtigen bewohnte Immobilie in seinem Alleineigentum, ist ihm im Rahmen der Bemessung des Unterhalts für ein minderjähriges Kind ungeachtet etwaiger Unterhaltsansprüche Dritter grundsätzlich der gesamte Wohnwert zuzurechnen. Für die unterhaltsrechtliche Bewertung eines vom Arbeitgeber gewährten Zuschusses für die dienstliche Nutzung eines vom Arbeitnehmer selbst anzuschaffenden Pkw (sog. „Car Allowance") ist zu klären, ob der grundsätzlich unterhaltsrechtlich zu berücksichtigende Zuschuss für den dienstlichen Gebrauch des Pkw aufgebraucht wird. Von den konkret bzw. pauschal bemessenen Kosten sind nur diejenigen anteilig abzusetzen, die durch die dienstliche Nutzung veranlasst sind (BGH, Beschluss vom 21.10.2020 - XII ZB 201/19).

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Ein Auskunftsanspruch des Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil entfällt nicht allein aufgrund der Erklärung des Unterhaltspflichtigen, er sei „unbegrenzt leistungsfähig" (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. November 2017 - XII ZB 503/16, BGHZ 217, 24 = FamRZ 2018, 260). Eine begrenzte Fortschreibung der in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Bedarfsbeträge bis zur Höhe des Doppelten des höchsten darin (zur Zeit) ausgewiesenen Einkommensbetrags ist nicht ausgeschlossen (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 15. November 2017 - XII ZB 503/16; BGHZ 217, 24 = FamRZ 2018, 260 und vom 25. September 2019 - XII ZB 25/19, BGHZ 223, 203 = FamRZ 2020, 21; teilweise Aufgabe der Senatsurteile vom 13. Oktober 1999 - XII ZR 16/98, FamRZ 2000, 358 und vom 11. April 2001 - XII ZR 152/99, FamRZ 2001, 1603). Übersteigt das Einkommen des Unterhaltspflichtigen diesen Betrag, bleibt eine Einkommensauskunft bei Geltendmachung eines neben dem Tabellenbedarf bestehenden Mehrbedarfs erforderlich, um die jeweilige Haftungsquote der Eltern bestimmen zu können (BGH, Beschluss vom 16.09.2020 - XII ZB 499/19).

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Wird die Betreuung eines Kindes durch Dritte allein infolge der Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils erforderlich, stellen die Betreuungskosten keinen Mehrbedarf des Kindes dar, sondern gehören zur allgemeinen Betreuung, die vom betreuenden Elternteil im Gegenzug zur Barunterhaltspflicht des anderen allein zu leisten ist. Dafür entstehende Betreuungskosten können mithin lediglich als berufsbedingte Aufwendungen des betreuenden Elternteils Berücksichtigung finden (im Anschluss an Senatsurteile vom 14. März 2007, XII ZR 158/04, FamRZ 2007, 882 und vom 5. März 2008, XII ZR 150/05, FamRZ 2008, 1152; BGH, Beschluss vom 04.10.2017 - XII ZB 55/17):

„... Wird die Betreuung eines Kindes durch Dritte allein infolge der Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils erforderlich, stellen die Betreuungskosten nach der Rechtsprechung des Senats deswegen keinen Mehrbedarf des Kindes dar, sondern gehören zur allgemeinen Betreuung, die vom betreuenden Elternteil im Gegenzug zur Barunterhaltspflicht des anderen allein zu leisten ist. Dafür entstehende Betreuungskosten können mithin lediglich als berufsbedingte Aufwendungen des betreuenden Elternteils Berücksichtigung finden (vgl. etwa Senatsurteile vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - FamRZ 2007, 882, 886 Rn. 42 und vom 5. März 2008 - XII ZR 150/05 - FamRZ 2008, 1152 Rn. 18). An diesem Grundsatz hält der Senat fest.

(3) Ein betreuungsbedingter Mehrbedarf des Kindes liegt deswegen nur dann vor, wenn es sich um einen Betreuungsbedarf handelt, der über den Umfang der von dem betreuenden Elternteil ohnehin geschuldeten Betreuung hinausgeht, etwa wenn die Kosten eine besondere Förderung im Sinne der genannten Rechtsprechung des Senats zu staatlichen Kindergärten, Kindertagesstätten oder Horten betreffen. Allerdings ist eine Qualifizierung der Betreuungskosten als Mehrbedarf nicht auf die besondere pädagogische Förderung in staatlichen Einrichtungen beschränkt. Auch die Förderung in vergleichbaren privaten Einrichtungen kann über den allgemeinen Betreuungsbedarf hinausgehen und damit einen Mehrbedarf des Kindes auslösen. Generell deckt eine Fremdbetreuung stets insoweit einen Mehrbedarf des Kindes ab, als sie über die üblichen Betreuungsleistungen eines Elternteils (einschließlich der üblichen Hausaufgabenbetreuung) hinausgehen oder die weitere Betreuung etwa pädagogisch veranlasst ist. Auch dann handelt es sich insoweit um Mehrbedarf des Kindes, für den beide Eltern nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB anteilig haften.

cc) Danach begründen die Kosten der Tagesmutter im vorliegenden Fall keinen Mehrbedarf.

Bei der Tätigkeit einer Tagesmutter, die - wie hier - Kinder im Haushalt eines Elternteils auf 450 € - Basis stundenweise betreut, handelt es sich nicht um eine pädagogisch veranlasste Betreuung von Kindern, die der Sache nach wie in einer staatlichen oder vergleichbaren privaten Einrichtung einen Mehrbedarf des Kindes abdeckt.

Auch der Umfang der Fremdbetreuung kann im vorliegenden Fall keinen Mehrbedarf der Kinder begründen. Denn der Arbeitsvertrag der Tagesmutter sieht lediglich vor, dass sie - über die Abholung der Kinder von der Schule und die Hausaufgabenbetreuung hinaus - auch die Zubereitung der Speisen übernimmt und leichte Hausarbeiten verrichtet. Soweit diese Tätigkeiten nicht der Erleichterung der Lebensführung der Mutter der Antragsteller, sondern auch der Betreuung der Kinder und damit der Ermöglichung einer Erwerbstätigkeit dienen, ist bereits nicht ersichtlich, dass sie über die übliche Betreuung (einschließlich der üblichen Hausaufgabenbetreuung) hinausgehen sollten. Die Fremdbetreuung umfasst somit lediglich Aufgaben, die dem betreuenden Elternteil persönlich obliegen, was einen Mehrbedarf der Kinder ausschließt. ..."

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Zum Ausbildungsunterhalt in den so genannten Abitur-Lehre-Studium-Fällen - hier: anästhesietechnische Assistentin - Medizinstudium (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 8. März 2017, XII ZB 192/16, NJW 2017, 1478; Senatsurteile vom 17. Mai 2006, XII ZR 54/04, FamRZ 2006, 1100 und vom 7. Juni 1989, IVb ZR 51/88, BGHZ 107, 376 = FamRZ 1989, 853). Die Leistung von Ausbildungsunterhalt für ein Studium des Kindes kann einem Elternteil unzumutbar sein, wenn das Kind bei Studienbeginn bereits das 25. Lebensjahr vollendet und den Elternteil nach dem Abitur nicht über seine Ausbildungspläne informiert hat, so dass der Elternteil nicht mehr damit rechnen musste, noch auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch genommen zu werden (BGH, Beschluss vom 03.05.2017 - XII ZB 415/16):

„... a) Gemäß § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der Unterhalt eines Kindes die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf.

aa) Geschuldet wird danach eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält. Eltern, die ihrem Kind eine solche Berufsausbildung gewährt haben, sind grundsätzlich nicht mehr verpflichtet, Kosten einer weiteren Ausbildung zu tragen. Ausnahmen hiervon bestehen nur unter besonderen Umständen, etwa wenn der Beruf aus gesundheitlichen oder sonstigen, bei Ausbildungsbeginn nicht vorhersehbaren Gründen nicht ausgeübt werden kann. Ferner kommt eine fortdauernde Unterhaltspflicht in Betracht, wenn die weitere Ausbildung zweifelsfrei als eine bloße in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehende Weiterbildung zu dem bisherigen Ausbildungsweg anzusehen ist und von vornherein angestrebt war, oder während der ersten Ausbildung eine besondere, die Weiterbildung erfordernde Begabung deutlich wurde (Senatsbeschluss vom 8. März 2017 - XII ZB 192/16 - juris Rn. 12 und Senatsurteil vom 17. Mai 2006 - XII ZR 54/04 - FamRZ 2006, 1100, 1101 mwN).

Mit Blick auf das zunehmend geänderte Ausbildungsverhalten der Studienberechtigten kann nach der Rechtsprechung des Senats auch dann ein einheitlicher Ausbildungsgang im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB gegeben sein, wenn ein Kind nach Erlangung der Hochschulreife auf dem herkömmlichen schulischen Weg (Abitur) eine praktische Ausbildung (Lehre) absolviert hat und sich erst danach zu einem Studium entschließt (sog. Abitur-Lehre-Studium-Fälle). Hierfür müssen die einzelnen Ausbildungsabschnitte in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen und die praktische Ausbildung und das Studium sich jedenfalls sinnvoll ergänzen. Es reicht jedoch aus, dass der Studienentschluss nicht bei Ausbildungsbeginn, sondern erst nach Beendigung der Lehre gefasst wird (Senatsbeschluss vom 8. März 2017 - XII ZB 192/16 - juris Rn. 12 mwN; Senatsurteile vom 17. Mai 2006 - XII ZR 54/04 - FamRZ 2006, 1100, 1101 mwN und BGHZ 107, 376, 381 ff. = FamRZ 1989, 853, 854 f.).

bb) Der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch ist vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Ermöglichung einer Berufsausbildung steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Zwar muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind. Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, die Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (Senatsbeschlüsse vom 8. März 2017 - XII ZB 192/16 - juris Rn. 17 und vom 3. Juli 2013 - XII ZB 220/12 - FamRZ 2013, 1375 Rn. 14 mwN).

cc) Allerdings gibt es keine feste Altersgrenze für die Aufnahme und die Beendigung einer Ausbildung, ab deren Erreichen der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfällt. Die Frage, bis wann es dem Unterhaltsberechtigten obliegt, seine Ausbildung aufzunehmen und abzuschließen, richtet sich vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich hierfür ist, ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Umstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit noch zumutbar ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. März 2017 - XII ZB 192/16 - juris Rn. 18 und vom 3. Juli 2013 - XII ZB 220/12 - FamRZ 2013, 1375 Rn. 16 mwN; Senatsurteile vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 17 und vom 23. Mai 2001 - XII ZR 148/99 - FamRZ 2001, 1601, 1602).

Dabei wird die Zumutbarkeit nicht nur durch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern bestimmt, sondern auch durch die Frage, ob und inwieweit sie damit rechnen müssen, dass ihr Kind weitere Ausbildungsstufen anstrebt. Denn die Elternverantwortung tritt dem Grundsatz nach immer mehr zurück, je älter ein Kind bei Aufnahme einer (weiteren) Ausbildung ist und je eigenständiger es seine Lebensverhältnisse gestaltet (Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 103; Kleffmann/Klein/Eder Unterhaltsrecht 2. Aufl. § 1610 Rn. 125; MünchKommBGB/Born 7. Aufl. § 1610 Rn. 231, 257). Hiervon geht ersichtlich auch der Gesetzgeber aus, wie etwa die Regelung in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BAföG belegt, wonach im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes Einkommen der Eltern außer Betracht bleibt, wenn das Kind bei Beginn des Ausbildungsabschnitts nach Abschluss einer vorhergehenden, zumindest dreijährigen berufsqualifizierenden Ausbildung drei Jahre oder im Falle einer kürzeren Ausbildung entsprechend länger erwerbstätig war.

Die Zumutbarkeitsprüfung gewinnt in den sog. Abitur-Lehre-Studium-Fällen besonderes Gewicht, weil die Eltern durch diesen Ausbildungsweg in ihren wirtschaftlichen Belangen stärker, insbesondere wesentlich längerfristig, betroffen sein können als bei einer herkömmlichen Ausbildung (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 107, 376 = FamRZ 1989, 853, 855). Da es zu den schützenswerten Belangen des Unterhaltspflichtigen gehört, sich in der eigenen Lebensplanung darauf einstellen zu können, wie lange die Unterhaltslast dauern wird, wird eine Unterhaltspflicht mithin umso weniger in Betracht kommen, je älter der Auszubildende bei Abschluss seiner praktischen Berufsausbildung ist (vgl. Senatsurteile vom 17. Mai 2006 - XII ZR 54/04 - FamRZ 2006, 1100, 1101 f.; vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671, 672 und vom 30. November 1994 - XII ZR 215/93 - FamRZ 1995, 416, 417). Auch wenn die Verpflichtung nach § 1610 Abs. 2 BGB als Teil der gesetzlichen Unterhaltspflicht keine Abstimmung des Ausbildungsplans mit dem Unterhaltspflichtigen erfordert, kann es deshalb gegebenenfalls der Zumutbarkeit entgegenstehen, wenn der Unterhaltspflichtige von dem Ausbildungsplan erst zu einem Zeitpunkt erfährt, zu dem er nicht mehr damit rechnen muss, zu weiteren Ausbildungskosten herangezogen zu werden (Senatsurteil vom 10. Oktober 1990 - XII ZR 111/89 - FamRZ 1991, 320, 321 f.; vgl. zum Ausbildungswechsel Senatsurteil vom 14. März 2001 - XII ZR 81/99 - FamRZ 2001, 757, 759).

Bedeutung kann in diesem Zusammenhang erlangen, ob es sich um Zeiträume handelt, in denen steuerliche Erleichterungen, Kindergeld oder kindbezogene Gehaltsbestandteile aufgrund des fortgeschrittenen Alters des Kindes unabhängig von seinem Ausbildungsstand wegfallen (Senatsbeschluss vom 3. Juli 2013 - XII ZB 220/12 - FamRZ 2013, 1375 Rn. 18 und Senatsurteil vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671, 672). Zu berücksichtigen kann zudem etwa sein, ob und inwieweit die Eltern ihr Kind im Rahmen einer vorhergehenden Berufsausbildung unterstützen mussten (Senatsbeschluss vom 8. März 2017 - XII ZB 192/16 - juris Rn. 27) oder ob sie in der gerechtfertigten Erwartung eines früheren Ausbildungsabschlusses anderweitige, sie wirtschaftlich belastende Dispositionen getroffen haben. Auch sonst kann sich aus den Verhältnissen der Eltern wie ihrem Alter oder ihrer Lebensplanung ein zu berücksichtigendes Interesse an einer Entlastung von der Unterhaltspflicht ergeben (Senatsurteil BGHZ 107, 376 = FamRZ 1989, 853, 855).

b) Diesen Rechtsgrundsätzen wird die angefochtene Entscheidung gerecht, indem sie einen Anspruch der Tochter des Antragsgegners auf Ausbildungsunterhalt, der nach § 37 Abs. 1 Satz 1 BAföG auf den Antragsteller übergegangen sein könnte, verneint.

aa) Zutreffend hat das Oberlandesgericht nicht im Hinblick auf die Abiturnote der Tochter des Antragsgegners Zweifel an der Angemessenheit des Medizinstudiums angemeldet. Entscheidet sich ein Kind für einen zulassungsbeschränkten Studiengang und entstehen aufgrund der Abiturnote Wartezeiten, so führt das für sich genommen nicht zur Unangemessenheit der angestrebten Ausbildung. Es kann lediglich zur Folge haben, dass das Kind seinen Bedarf während der Wartezeit durch eine eigene Erwerbstätigkeit sicherstellen muss (vgl. jurisPK-BGB/Viefhues [Stand: 3. April 2017] § 1610 Rn. 115, 119; vgl. auch OLG Karlsruhe FamRZ 2012, 1648 f.).

bb) Ebenso wenig trifft es auf rechtliche Bedenken, dass das Oberlandesgericht den erforderlichen Zusammenhang zwischen der Lehre als anästhesietechnische Assistentin und dem Medizinstudium bejaht hat. Der sachliche Zusammenhang liegt auf der Hand und wird auch von der Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht in Frage gestellt.

Aber auch der zeitliche Zusammenhang ist gewahrt. Dem steht nicht entgegen, dass die Tochter des Antragsgegners mehr als zweieinhalb Jahre in dem erlernten Beruf der anästhesietechnischen Assistentin gearbeitet hat, weil sie sich - ihrem ursprünglichen Ausbildungsziel entsprechend - durchgehend weiter für einen Medizin-Studienplatz beworben hat. Mit der Berufstätigkeit ist sie daher allein ihrer Verpflichtung gerecht geworden, bis zur Aufnahme des Studiums selbst ihren Bedarf zu decken. Die zwischen der praktisch-beruflichen Ausbildung und dem Studienbeginn vergangene Zeit ist auf zwangsläufige, dem Kind nicht anzulastende Umstände zurückzuführen (vgl. Senatsurteile vom 23. Mai 2001 - XII ZR 148/99 - FamRZ 2001, 1601, 1602 und BGHZ 107, 376 = FamRZ 1989, 853, 855). Anders als die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint, ist der Tochter des Antragsgegners ihr später Studienbeginn auch nicht insgesamt unterhaltsrechtlich vorzuwerfen. Das Oberlandesgericht hat insoweit keinen Verstoß gegen die sie treffenden Obliegenheiten festgestellt und dabei rechtlich tragfähig darauf abgestellt, dass durchgehende Bewerbungen bei der ZVS erfolgten. Soweit der Antragsgegner mit der Rechtsbeschwerdeerwiderung erstmals moniert, der Antragsteller habe weder zur Teilnahme der Tochter am direkten Auswahlverfahren der Universitäten für Medizinstudienplätze noch zu einem Bemühen um eine Ausbildung im Ausland (vgl. dazu OLG Hamm NJW-RR 2012, 970, 971) vorgetragen, handelt es sich um neuen, im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigenden Vortrag zu Obliegenheitsverletzungen des Unterhalt begehrenden Kindes.

cc) Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des Oberlandesgerichts, eine Unterhaltspflicht des Antragsgegners für die Zeit nach Studienaufnahme der Tochter sei im vorliegenden Einzelfall unzumutbar. Denn diese tatrichterliche Beurteilung ist nicht von Rechtsfehlern beeinflusst. Das Oberlandesgericht hat alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt und zutreffend gewichtet.

Es hat einerseits gesehen, dass der Antragsgegner bislang keinen Ausbildungsunterhalt leisten musste, und diesen Umstand zu Recht als gegen die Annahme einer Unzumutbarkeit der Unterhaltspflicht sprechend gewertet. Soweit das Oberlandesgericht anmerkt, es sei nicht dargelegt, ob während der Lehre überhaupt ein ungedeckter Unterhaltsbedarf bestanden habe, kommt dieser Erwägung keine eigenständige Bedeutung zu.

Das Oberlandesgericht hat andererseits das Alter der Tochter des Antragsgegners in den Blick genommen. Diese hatte bei Beginn des Studiums ihr 26. Lebensjahr annähernd vollendet und war damit kindergeldrechtlich nicht mehr als Kind berücksichtigungsfähig (vgl. §§ 63 Abs. 1 Satz 2 iVm 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG; § 2 Abs. 2 BKGG). Mithin hatte sie ein Alter erreicht, in dem Eltern typischerweise nicht mehr ohne Weiteres mit der Aufnahme eines Studiums ihres Kindes rechnen müssen. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, jedenfalls ein Studienabschluss sei zu diesem Zeitpunkt nicht der Normalfall, weshalb der Antragsgegner noch nicht davon habe ausgehen können, nicht mehr auf Unterhalt in Anspruch genommen zu werden. Dies verkennt, dass es für die Lebensplanung der Eltern einen entscheidenden Unterschied darstellt, ob das Kind mit fast 26 Jahren noch studiert oder das Studium erst aufnimmt, und sie ohne Anhaltspunkte gerade nicht mit einem derart späten Studienbeginn rechnen müssen.

In die Zumutbarkeitsprüfung des Oberlandesgerichts ist auch zutreffend eingeflossen, dass der Antragsgegner mit dem kreditfinanzierten Erwerb eines Eigenheims und der Inanspruchnahme verschiedener Konsumentenkredite finanzielle Dispositionen getroffen hat, die seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit schmälern. Dabei kommt es entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Ansicht nicht darauf an, ob hierdurch seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit im Sinne des § 1603 Abs. 1 BGB eingeschränkt oder gar aufgehoben war. Für die Frage der Zumutbarkeit ist vielmehr maßgeblich, dass sich der unterhaltspflichtige Elternteil im - berechtigten - Vertrauen darauf, nicht mehr für den Unterhalt des Kindes aufkommen zu müssen, finanziell gebunden und dadurch sein für die eigene Lebensführung zur Verfügung stehendes Einkommen verringert hat. Ohne Belang könnte dies nur bei außergewöhnlich guten finanziellen Verhältnissen des Elternteils sein, bei denen das Bestehen einer Unterhaltspflicht für langfristig wirkende finanzielle Entscheidungen keinen relevanten Gesichtspunkt darstellt. Dass dies beim Antragsgegner der Fall wäre, macht der Antragsteller jedoch nicht geltend.

Mit Blick auf diese Umstände hat das Oberlandesgericht zu Recht als entscheidend angesehen, dass der Antragsgegner von seiner Tochter zu keinem Zeitpunkt über ihre Ausbildungspläne in Kenntnis gesetzt worden ist (zur gegenteiligen Fallgestaltung OLG Hamm NJW-RR 2012, 970). Nach den getroffenen Feststellungen hat der Antragsgegner weder Informationen zum Schulabschluss noch zum angestrebten oder eingeschlagenen Ausbildungsgang seiner Tochter erhalten. Hinzu kommt, dass er sich selbst schriftlich wegen des Unterhalts an seine Tochter gewandt hatte, als er ihren Schulabschluss vermutete, ohne dass eine Reaktion hierauf erfolgte. Dem Antragsgegner ist daher nicht die Verletzung einer eigenen Nachfrageobliegenheit (vgl. dazu Senatsurteil vom 12. Mai 1993 - XII ZR 18/92 - FamRZ 1993, 1057, 1059) vorzuwerfen. Dieser dem Antragsgegner nicht anzulastende Informationsmangel führt im Zusammenspiel mit dem Lebensalter der Tochter dazu, dass sein Vertrauen darauf, keinen Ausbildungsunterhalt mehr leisten zu müssen, als rechtlich schützenswert anzusehen ist. ..."

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Zum Ausbildungsunterhalt in den so genannten Abitur-Lehre-Studium-Fällen (hier: Banklehre - Lehramtsstudium; im Anschluss an Senatsurteile vom 17. Mai 2006, XII ZR 54/04, FamRZ 2006, 1100 und vom 7. Juni 1989, IVb ZR 51/88, BGHZ 107, 376 = FamRZ 1989, 853; BGH, Beschluss vom 08.03.2017 - XII ZB 192/16):

„... a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts, wonach gemäß § 1610 Abs. 2 BGB der Unterhalt eines Kindes die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf umfasst.

aa) Geschuldet wird danach eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält. Eltern, die ihrem Kind eine solche Berufsausbildung gewährt haben, sind grundsätzlich nicht mehr verpflichtet, Kosten einer weiteren Ausbildung zu tragen. Ausnahmen hiervon bestehen nur unter besonderen Umständen, etwa wenn der Beruf aus gesundheitlichen oder sonstigen, bei Ausbildungsbeginn nicht vorhersehbaren Gründen nicht ausgeübt werden kann. Ferner kommt eine fortdauernde Unterhaltspflicht in Betracht, wenn die weitere Ausbildung zweifelsfrei als eine bloße in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehende Weiterbildung zu dem bisherigen Ausbildungsweg anzusehen ist und von vornherein angestrebt war, oder während der ersten Ausbildung eine besondere, die Weiterbildung erfordernde Begabung deutlich wurde (Senatsurteil vom 17. Mai 2006 - XII ZR 54/04 - FamRZ 2006, 1100, 1101 mwN).

bb) Diese Grundsätze hat der Senat wegen des zunehmend geänderten Ausbildungsverhaltens der Studienberechtigten für die Fälle modifiziert, in denen ein Kind nach Erlangung der Hochschulreife auf dem herkömmlichen schulischen Weg (Abitur) eine praktische Ausbildung (Lehre) absolviert hat und sich erst danach zu einem Studium entschließt (sog. Abitur-Lehre-Studium-Fälle). Wegen des aus § 1610 Abs. 2 BGB abzuleitenden Merkmals der Einheitlichkeit des Ausbildungsgangs ist allerdings auch dann erforderlich, dass die einzelnen Ausbildungsabschnitte in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen und die praktische Ausbildung und das Studium sich jedenfalls sinnvoll ergänzen müssen. Es reicht jedoch aus, dass der Studienentschluss nicht von vornherein, sondern erst nach Beendigung der Lehre gefasst wird, weil es gerade der Eigenart des vom herkömmlichen Bild abweichenden Ausbildungsverhaltens entspricht, dass sich der Abiturient bei Aufnahme der praktischen Ausbildung vielfach noch nicht über ein anschließendes Studium schlüssig ist (Senatsurteile vom 17. Mai 2006 - XII ZR 54/04 - FamRZ 2006, 1100, 1101 mwN und BGHZ 107, 376, 381 ff. = FamRZ 1989, 853, 854 f.). Bejaht hat der Senat einen derartigen engen sachlichen Zusammenhang etwa zwischen Bauzeichnerlehre und Architekturstudium (BGHZ 107, 376 = FamRZ 1989, 853, 855), landwirtschaftlicher Lehre und Studium der Agrarwirtschaft (Senatsurteil vom 27. September 1989 - IVb ZR 83/88 - FamRZ 1990, 149) oder Banklehre und Jurastudium (Senatsurteil vom 23. Oktober 1991 - XII ZR 174/90 - FamRZ 1992, 170, 171).

Für Ausbildungsabläufe, in denen nach einem Realschulabschluss zunächst eine Lehre, dann die Fachoberschule und später die Fachhochschule absolviert wird, sind die einzelnen Ausbildungsabschnitte hingegen nur dann als einheitliche, von den Eltern zu finanzierende Berufsausbildung anzusehen, wenn schon bei Beginn der praktischen Ausbildung erkennbar eine Weiterbildung einschließlich des späteren Studiums angestrebt wurde. Hinter dieser Differenzierung steht der Gedanke, dass die Unterhaltspflicht der Eltern von der Frage mitbestimmt wird, inwieweit sie damit rechnen müssen, dass ihr Kind nach einem Schulabschluss und einer zu Ende geführten, in sich geschlossenen Berufsausbildung noch eine berufsqualifizierende Ausbildung - gegebenenfalls über weitere Ausbildungsstufen hinweg - anstrebt. Denn die Belange der Unterhaltspflichtigen dürfen insoweit nicht unberücksichtigt bleiben. Die Eltern müssen sich in ihrer eigenen Lebensplanung in etwa darauf einstellen können, wie lange sie mit einer Unterhaltslast zu rechnen haben (vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 17. Mai 2006 - XII ZR 54/04 - FamRZ 2006, 1100, 1101 f. mwN).

cc) In anderen Fällen als denen einer gestuften Ausbildung müssen die Eltern ihrem Kind ausnahmsweise auch eine zweite Ausbildung finanzieren, wenn sie das Kind in einen unbefriedigenden, seinen Begabungen nicht hinreichend Rechnung tragenden Beruf gedrängt haben. Dem gleichgestellt sind die Fälle, in denen dem Kind eine angemessene Ausbildung verweigert worden ist und es sich aus diesem Grund zunächst für einen Beruf entschieden hat, der seiner Begabung und seinen Neigungen nicht entspricht. Nichts anderes gilt, wenn die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruht (Senatsurteil vom 17. Mai 2006 - XII ZR 54/04 - FamRZ 2006, 1100, 1102 mwN; vgl. auch Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 92 ff.).

Dabei begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Frage, ob der Erstausbildung des Kindes eine Fehleinschätzung seiner Begabung zugrunde lag, nach den Verhältnissen beurteilt wird, die sich erst nach Beendigung dieser Ausbildung ergeben haben. Zwar ist die Frage der beruflichen Eignung eines Kindes grundsätzlich aus der Sicht bei Beginn der Ausbildung und den zu dieser Zeit zutage getretenen persönlichen Anlagen und Neigungen zu beantworten. Um eine unangemessene Benachteiligung von so genannten Spätentwicklern zu vermeiden, gilt dies aber schon dann nicht, wenn sich später herausgestellt hat, dass die zunächst getroffene Entscheidung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruhte (Senatsurteil vom 17. Mai 2006 - XII ZR 54/04 - FamRZ 2006, 1100, 1102 mwN).

dd) Der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch ist vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Ermöglichung einer Berufsausbildung steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Zwar muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind. Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, die Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (Senatsbeschluss vom 3. Juli 2013 - XII ZB 220/12 - FamRZ 2013, 1375 Rn. 14 mwN).

Aus diesem Gegenseitigkeitsverhältnis folgt die Obliegenheit des Kindes, die Ausbildung in angemessener Zeit aufzunehmen. Auch ein Schulabgänger muss auf die Belange des Unterhaltspflichtigen Rücksicht nehmen und sich in angemessener Zeit darüber klar werden, welche Ausbildungsmöglichkeiten ihm nach seinem jeweiligen Schulabschluss zur Verfügung stehen. Er muss sich alsbald um einen entsprechenden Ausbildungsplatz bemühen und die Ausbildung zielstrebig beginnen. Zwar ist einem jungen Menschen eine gewisse Orientierungsphase zuzugestehen, deren Dauer von Fall zu Fall unterschiedlich ist und sich jeweils nach Alter, Entwicklungsstand und den gesamten Lebensumständen des Auszubildenden richtet. Je älter er indessen bei Schulabgang ist und je eigenständiger er seine Lebensverhältnisse gestaltet, desto mehr tritt an die Stelle der Elternverantwortung die Eigenverantwortung für seinen Berufs- und Lebensweg. Selbst wenn er bisher noch keine Berufsausbildung erfahren hat, kann eine lange Verzögerung dazu führen, dass sein Ausbildungsanspruch entfällt und er sich daher seinen Lebensunterhalt mit ungelernten Tätigkeiten oder aufgrund sonstiger Begabung und Fertigkeiten verdienen muss (Senatsbeschluss vom 3. Juli 2013 - XII ZB 220/12 - FamRZ 2013, 1375 Rn. 15 mwN). Allerdings gibt es keine feste Altersgrenze für die Aufnahme einer Ausbildung, ab deren Erreichen der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfällt. Die Frage, bis wann es dem Unterhaltsberechtigten obliegt, seine Ausbildung aufzunehmen, richtet sich vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist, ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Umstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit noch zumutbar ist (Senatsbeschluss vom 3. Juli 2013 - XII ZB 220/12 - FamRZ 2013, 1375 Rn. 16 mwN).

Im Rahmen dieser Orientierungsphase kann dem Kind ggf. auch ein Ausbildungswechsel unterhaltsrechtlich zuzugestehen sein, wenn er einerseits auf sachlichen Gründen beruht und andererseits unter Berücksichtigung der Gesamtumstände aus der Sicht des Unterhaltspflichtigen wirtschaftlich zumutbar ist. Für die Annahme eines hinreichenden Grundes kann etwa der Umstand sprechen, dass zwischen der abgebrochenen und der angestrebten Ausbildung ein sachlicher Zusammenhang besteht. Jedem jungen Menschen ist grundsätzlich zuzubilligen, dass er sich über seine Fähigkeiten irrt oder falsche Vorstellungen über den gewählten Beruf hat. Dabei wird ein Ausbildungswechsel umso eher zu akzeptieren sein, je früher er stattfindet. Dies folgt aus dem Gedanken, dass die schutzwürdigen Belange des Unterhaltspflichtigen es gebieten, sich möglichst frühzeitig darauf einrichten zu können, wie lange die Unterhaltslast dauern wird. Diese Belange erfordern es grundsätzlich auch, dass das Kind sich über seine geänderten Ausbildungspläne mit dem Unterhaltspflichtigen zu verständigen versucht (Senatsurteil vom 14. März 2001 - XII ZR 81/99 - FamRZ 2001, 757, 759).

b) Die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze durch das Oberlandesgericht auf den vorliegenden Einzelfall ist jedoch, wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt, rechtsfehlerhaft.

aa) Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde allerdings darauf, die Banklehre stelle schon deshalb keine angemessene Berufsausbildung dar, weil die Tochter des Antragsgegners aus Gewissensgründen nicht in dem erlernten Beruf habe arbeiten wollen und dieser daher nicht ihren Neigungen entspreche.

Damit ist zum einen nicht der Fall eines sog. Spätentwicklers dargetan, bei dem es anders als im Regelfall gerechtfertigt wäre, für die Beurteilung der Angemessenheit der Ausbildung nicht auf den Ausbildungsbeginn, sondern auf erst später zu Tage getretene Umstände abzustellen. Zum anderen ist auch nichts für einen vom Unterhaltsschuldner hinzunehmenden Ausbildungswechsel ersichtlich. Ganz abgesehen davon, dass völlig unklar ist, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Stadium der Ausbildung der Widerspruch zwischen Berufsbild und Neigungen der Tochter hervorgetreten sein soll, ist die Ausbildung abgeschlossen worden. Dann aber wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass die Orientierungsphase, binnen derer auch ein auf solche inneren Widerstände gestützter Ausbildungswechsel zu akzeptieren sein kann, ebenfalls längst beendet war (vgl. dazu Senatsurteil vom 17. Mai 2006 - XII ZR 54/04 - FamRZ 2006, 1100, 1103).

bb) Dass das Oberlandesgericht den daher erforderlichen engen sachlichen Zusammenhang zwischen der Banklehre und dem Lehramtsstudium der Tochter verneint hat, hält hingegen den Rügen der Rechtsbeschwerde nicht stand. Das Oberlandesgericht hat bei seiner entsprechenden Feststellung entscheidungserhebliches Vorbringen des Antragstellers unberücksichtigt gelassen.

Zwar ist die Annahme des Oberlandesgerichts, dass die beiden Ausbildungen nicht derselben Berufssparte angehören, rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Nach den insoweit getroffenen und von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen erfordert das von der Tochter des Antragsgegners angestrebte Berufsziel (Lehrerin an berufsbegleitenden Schulen) als Zwischenschritt den von ihr angetretenen Bachelor-Studiengang, um dann das ebenfalls erforderliche Master-Studium beginnen zu können. Für die Frage, welcher Berufssparte die Ausbildung zuzurechnen ist, sind diese beiden Abschnitte daher als einheitliche mehrstufige Ausbildung zum Lehramt einzuordnen (vgl. BFHE 251, 10 = NJW 2015, 3807 Rn. 16 ff.; OVG Hamburg FamRZ 2006, 1615; Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 82; wohl auch OLG Celle FamRZ 2010, 1456). Dass der Bachelor-Abschluss für sich genommen zu anderen Berufen als dem Lehramt befähigt, ist insoweit ohne Belang.

Trotz verschiedener Berufssparten kann jedoch ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen Banklehre und dem Lehramtsstudium der Tochter des Antragsgegners bestehen. Insoweit ist ausreichend, wenn praktische Ausbildung und Studium so zusammenhängen, dass das eine für das andere eine fachliche Ergänzung, Weiterführung oder Vertiefung bedeutet oder dass die praktische Ausbildung eine sinnvolle und nützliche Vorbereitung auf das Studium darstellt (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 107, 376 = FamRZ 1989, 853, 855; vom 23. Oktober 1991 - XII ZR 174/90 - FamRZ 1992, 170, 171 und vom 23. Mai 2001 - XII ZR 148/99 - FamRZ 2001, 1601, 1602). Soweit das Oberlandesgericht dies verneint, hat es den Verfahrensstoff nicht ausgeschöpft. Es hat im Wesentlichen darauf abgehoben, dass die Tochter des Antragsgegners im Schwerpunktfach katholische Theologie studiert, und sich dadurch den erforderlichen Blick auf die sonstigen Ausbildungsinhalte verstellt. Der Antragsteller hatte aber schon in erster Instanz - und durch Bezugnahme in das Beschwerdeverfahren eingeführt - hierzu vorgetragen und darauf hingewiesen, dass das Schwerpunktfach nur rund ein Drittel der im Bachelor-Studiengang enthaltenen Leistungspunkte ausmache, während auf Wirtschaftswissenschaften fast die Hälfte entfalle. Bei Letztgenannten seien Module in Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, in Grundlagen der Volkswirtschaftslehre und in methodischen Grundlagen zu belegen. Insoweit erscheint zumindest möglich, dass das durch die Banklehre vermittelte Wissen sich entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts nicht in letztlich für jeden nützliche Kenntnisse zu wirtschaftlichen Zusammenhängen erschöpft, sondern einen ganz konkreten, dem Studium dienlichen Nutzen entfaltet.

3. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben (§ 74 Abs. 5 FamFG) und die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 74 Abs. 6 Satz 1 und 2 FamFG). Dieses wird weitere Feststellungen dazu zu treffen haben, inwieweit sich die Banklehre als für das konkrete Studium nützliche und sinnvolle Vorbereitung darstellt. Dazu wird es auch den von der Rechtsbeschwerdeerwiderung zum Inhalt der Banklehre gehaltenen Tatsachenvortrag zu berücksichtigen sowie den Beteiligten ggf. vorab Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag hinsichtlich der einzelnen Ausbildungsinhalte von Lehre und Studium zu geben haben.

Sollte das Oberlandesgericht danach einen engen sachlichen Zusammenhang bejahen, wird es den von den Beteiligten im Rechtsbeschwerdeverfahren angesprochenen Fragen nachzugehen haben, ob und inwieweit der Antragsgegner im fraglichen Zeitraum leistungsfähig war und ihm die Unterhaltspflicht wirtschaftlich zumutbar ist (vgl. zu Letzterem etwa Senatsurteil BGHZ 107, 376 = FamRZ 1989, 853, 855). Zu berücksichtigen kann in diesem Zusammenhang auch sein, ob und in welchem Umfang der Antragsgegner seine Tochter bereits während der Banklehre finanziell unterstützen musste (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 103). ..."

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Im Fall des Wechselmodells haben grundsätzlich beide Elternteile für den Barunterhalt des Kindes einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst außerdem die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 5. November 2014, XII ZB 599/13, FamRZ 2015, 236). Der dem Kind von einem Elternteil während dessen Betreuungszeiten im Wechselmodell geleistete Naturalunterhalt führt nicht dazu, dass ein Barunterhaltsanspruch nicht geltend gemacht werden kann. Der geleistete Naturalunterhalt ist vielmehr nur als (teilweise) Erfüllung des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen. Der Unterhaltsanspruch kann in zulässiger Weise vom Kind gegen den besser verdienenden Elternteil geltend gemacht werden. Dass er sich auf den Ausgleich der nach Abzug von den Eltern erbrachter Leistungen verbleibenden Unterhaltsspitze richtet, macht ihn nicht zu einem - nur zwischen den Eltern bestehenden - familienrechtlichen Ausgleichsanspruch. Das Kindergeld ist auch im Fall des Wechselmodells zur Hälfte auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen. Der auf die Betreuung entfallende Anteil ist zwischen den Eltern hälftig auszugleichen. Der Ausgleich kann in Form der Verrechnung mit dem Kindesunterhalt erfolgen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. April 2016, XII ZB 45/15, FamRZ 2016, 1053; BGH, Beschluss vom 11.01.2017 - XII ZB 565/15).

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Die Beteiligten eines Unterhaltsverhältnisses sind nicht daran gehindert, im gegenseitigen Einvernehmen einen bestehenden gerichtlichen oder urkundlichen Unterhaltstitel außergerichtlich durch einen neuen Vollstreckungstitel im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu ersetzen. Beruht die Erstellung einer vollstreckbaren Jugendamtsurkunde auf einer Unterhaltsvereinbarung der Beteiligten, sind diese an den Inhalt der Vereinbarung materiell-rechtlich gebunden; eine Abänderung der Urkunde kommt für beide Beteiligte grundsätzlich nur in Betracht, wenn dies wegen nachträglicher Veränderungen nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage geboten ist (Fortführung der Senatsurteile vom 4. Mai 2011, XII ZR 70/09, BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 und vom 2. Oktober 2002, XII ZR 346/00, FamRZ 2003, 304). Begehrt der früher allein barunterhaltspflichtige Elternteil nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes unter Hinweis auf die nunmehrige Mithaftung des früheren Betreuungselternteils Herabsetzung des zur Zeit der Minderjährigkeit titulierten Kindesunterhalts, muss grundsätzlich das volljährig gewordene Kind die gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB auf seine Eltern entfallenden jeweiligen Haftungsanteile im Abänderungsverfahren darlegen und beweisen (BGH, Beschluss vom 07.12.2016 - XII ZB 422/15):

„... Begehrt somit der während der Minderjährigkeit des Kindes allein barunterhaltspflichtige Elternteil nach Eintritt der Volljährigkeit unter Hinweis auf die Mithaftung des früheren Betreuungselternteils Herabsetzung des zur Zeit der Minderjährigkeit titulierten Kindesunterhalts, muss das volljährige Kind als Abänderungsantragsgegner nach den vorgenannten Grundsätzen alle diejenigen Tatsachen darlegen und beweisen, welche den Fortbestand des Unterhaltsanspruchs rechtfertigen sollen und auf die es bei der Erstellung des Ausgangstitels noch nicht angekommen war. Das volljährige Kind muss deshalb - trotz gleichbleibenden gesetzlichen Unterhaltstatbestands (§ 1601 BGB) - grundsätzlich erstmals den Nachweis erbringen, sich in einer unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Schul- oder Berufsausbildung zu befinden. Seine Darlegungs- und Beweislast umfasst folgerichtig auch die gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB auf seine Eltern jeweils entfallenden Haftungsanteile, denn die für den Unterhalt des volljährigen Kindes zu bildende Haftungsquote hängt auch von den Einkommensverhältnissen des früheren Betreuungselternteils ab, die bei der Erstellung des Ursprungstitels noch keine Prognose oder Würdigung erfahren haben. Anders ist es dann, wenn schon der abzuändernde Titel den Unterhalt des volljährigen Kindes und damit die - nunmehr abzuändernde - Haftungsquote zwischen den Eltern geregelt hat (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 6 Rn. 746).

(3) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Unterhaltsansprüche des minderjährigen und des volljährigen Kindes identisch sind, worauf das Beschwerdegericht an sich zutreffend hingewiesen hat. Gerade wegen der Identität der Unterhaltsansprüche ist es überhaupt erforderlich, mit einem Abänderungsantrag gegen den bestehenden Titel vorzugehen (vgl. Senatsurteil vom 21. März 1984 - IVb ZR 72/82 - FamRZ 1984, 682, 683).

(4) Der Senat teilt auch nicht den rechtlichen Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts, dem früher allein barunterhaltspflichtigen Elternteil im Abänderungsverfahren jedenfalls die Beweislast für die Höhe des eigenen unterhaltsrelevanten Einkommens aufzuerlegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einkommensverhältnisse des Antragsgegners im vorliegenden Fall bereits bei der Unterhaltsregelung im Zusammenhang mit der Erstellung der Jugendamtsurkunde vom 16. Juni 2008 zu den Grundlagen der Unterhaltsbemessung gehört haben, und zwar dergestalt, dass der Antragsgegner mit seinen erzielten oder erzielbaren Einkünften (möglicherweise nach einfacher Höherstufung) in die sechste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle einzuordnen war. Insoweit kann der ursprünglichen Unterhaltsregelung ein Element entnommen werden, an das die Beteiligten in materiell-rechtlicher Hinsicht weiterhin gebunden sind.

Daraus folgt, dass der früher allein barunterhaltspflichtige Elternteil insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist, als er ein gegenüber den Verhältnissen bei der Erstellung des Ausgangstitels über den Minderjährigenunterhalt rückläufiges Einkommen behauptet (zutreffend OLG Köln Beschluss vom 31. Juli 2012 - 4 UF 57/12 - juris Rn. 9). Solches ist hier aber gerade nicht der Fall. Vielmehr ist es der Antragsteller, der sich auf ein - gegenüber den bei Errichtung der Jugendamtsurkunde übereinstimmend zugrunde gelegten Verhältnissen - signifikant gestiegenes Einkommen des Antragsgegners beruft. Soweit sich der Antragsteller damit seinerseits von den materiell-rechtlichen Bindungen der ursprünglichen Unterhaltsregelung lösen will, trägt er im Abänderungsverfahren schon nach allgemeinen Grundsätzen für diese ihm günstige Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse die Darlegungs- und Beweislast. Insoweit muss sich der Antragsteller die erforderlichen Angaben zu den unterhaltsrelevanten Einkünften des Antragsgegners - gegebenenfalls auch innerhalb des Verfahrens im Wege des (Wider-)Widerantrags - durch Geltendmachung seines unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruchs verschaffen, sofern nicht das Gericht von sich aus Maßnahmen nach § 235 Abs. 1 FamFG für angezeigt hält.

cc) Die angefochtene Entscheidung erweist sich schließlich auch nicht deshalb als richtig, weil das von dem Antragsteller behauptete väterliche Nettoeinkommen von rund 7.000 € seit dem Jahr 2013 aus verfahrensrechtlichen Gründen als zugestanden (§ 113 Abs. 1 FamFG iVm § 138 Abs. 3 ZPO) gelten müsste.

Stellt das Kind in einem Abänderungsverfahren die substantiierte Behauptung auf, dass das Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils um einen bestimmten Betrag angestiegen sei, kann es unter Umständen Aufgabe des in Anspruch genommenen Elternteils sein, sich zu dieser Behauptung substantiiert im Sinne von § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 138 Abs. 2 ZPO mit Angaben über die Höhe seines jetzigen Einkommens zu erklären (Senatsurteil vom 15. Oktober 1986 - IVb ZR 78/85 - FamRZ 1987, 259, 260). Diesen Erfordernissen genügt der bisherige Vortrag des Antragsgegners, zumal es angesichts des Umstands, dass die unterhaltsrelevanten Einkünfte des Antragsgegners nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen in den Jahren 2009 bis 2011 zwischen 2.746 € und 3.059 € gelegen haben sollen, ohnehin kaum greifbare Anhaltspunkte für ein Einkommen in der von dem Antragsteller behaupteten Größenordnung gibt. ..."

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Eine Vereinbarung, mit welcher ein Mann die Einwilligung zu einer heterologen künstlichen Befruchtung einer Frau mit dem Ziel erteilt, die Vaterstellung für das zu zeugende Kind einzunehmen, enthält regelmäßig zugleich einen von familienrechtlichen Besonderheiten geprägten Vertrag zugunsten des aus der künstlichen Befruchtung hervorgehenden Kindes, aus dem sich für den Mann dem Kind gegenüber die Pflicht ergibt, für dessen Unterhalt wie ein rechtlicher Vater einzustehen (im Anschluss an Senatsurteil vom 3. Mai 1995, XII ZR 29/94, BGHZ 129, 297 = FamRZ 1995, 861). Die Einwilligung des Mannes muss gegenüber der Frau erklärt werden und bedarf keiner besonderen Form (BGH, Urteil vom 23.09.2015 - XII ZR 99/14 zu § 1600 BGB).

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Liegt es im Verantwortungsbereich des Sozialhilfeträgers, dass der Unterhaltsberechtigte nicht pflegeversichert ist und deshalb im später eingetretenen Pflegefall kein Pflegegeld bezieht, kann der Übergang des Elternunterhaltsanspruchs gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII in Höhe des fiktiven Pflegegelds eine unbillige Härte bedeuten. Insoweit können allerdings fiktive Versicherungsbeiträge den Bedarf des Unterhaltsberechtigten erhöhen. Von den Unterkunftskosten des in einem Heim lebenden und Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung beziehenden Unterhaltsberechtigten unterliegen mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung 56 % nicht der Rückforderung und stehen damit einem Anspruchsübergang nach § 94 SGB XII entgegen. Ist der Elternunterhaltspflichtige verheiratet und bei Zusammenveranlagung in Steuerklasse III und sein Ehegatte in Steuerklasse V eingruppiert, ist für die Leistungsfähigkeit nicht von dessen tatsächlicher Steuerlast auszugehen. Vielmehr ist in Anlehnung an § 270 AO zunächst anhand der fiktiven Steuerlast bei einer Einzelveranlagung die Relation der individuellen Steuerlast zur gesamten Steuerlast zu ermitteln und anhand des entsprechenden Prozentsatzes die Steuerlast des Unterhaltspflichtigen am Maßstab der bei Zusammenveranlagung tatsächlich bestehenden Steuerschuld zu berechnen (im Anschluss an Senatsurteile vom 10. Juli 2013, XII ZB 298/12, FamRZ 2013, 1563; Urteil vom 17. September 2008, XII ZR 72/06, BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189 und vom 31. Mai 2006, XII ZR 111/03, FamRZ 2006, 1178; BGH, Beschluss vom 17.06.2015 - XII ZB 458/14).

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Zur Verlängerung des Unterhalts nach § 1615l Abs. 2 BGB bei Betreuung eines behinderten Kindes. Die Belastung des betreuenden Elternteils durch die Wiederaufnahme eines anlässlich der Geburt eines nichtehelichen Kindes unterbrochenen Studiums stellt keinen elternbezogenen Grund für die Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1615l Abs. 2 BGB dar. Die Lebensstellung des nach den §§ 1615l Abs. 2, 1610 Abs. 1 BGB Unterhaltsberechtigten richtet sich danach, welche Einkünfte er ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes hätte. Sie ist deshalb nicht auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes festgeschrieben, so dass sich später ein höherer Bedarf ergeben kann (teilweise Aufgabe der Senatsurteile vom 16. Dezember 2009, XII ZR 50/08, BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 und vom 13. Januar 2010, XII ZR 123/08, FamRZ 2010, 444; BGH, Beschluss vom 10.06.2015 - XII ZB 251/14).

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Bei der Bemessung des Unterhalts kann der Tatrichter zur Ermittlung des Kaufkraftunterschieds die vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" heranziehen (BGH, Beschluss vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12):

„... I. Die im Januar 1995 und Dezember 1996 geborenen und in Deutschland lebenden Antragsteller begehren von ihrem in der Schweiz lebenden, wiederverheirateten Vater, dem Antragsgegner, in Abänderung bereits bestehender Jugendamtsurkunden höheren Kindesunterhalt.

Ausweislich der Jugendamtsurkunden vom 6. Oktober 2005 ist der Antragsgegner verpflichtet, an die Antragsteller jeweils Kindesunterhalt in Höhe von 121 % des Regelbetrags zu zahlen. Seither zahlt er monatlich je Kind Unterhalt von 344 €. Die Antragsteller haben für die Zeit ab September 2010 Unterhalt in Höhe von jeweils 136 % des Mindestunterhalts nach der jeweils geltenden Düsseldorfer Tabelle abzüglich des anzurechnenden Kindergeldes begehrt.

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet. Auf dessen Beschwerde hat das Oberlandesgericht den für die Zeit ab Januar 2011 zu zahlenden Unterhalt auf 128 % des Mindestunterhalts reduziert und im Übrigen die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Das Beschwerdegericht ist zu Recht von seiner internationalen Zuständigkeit ausgegangen. Dabei kann dahinstehen, ob das Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 (ABl. EU 2009 Nr. L 147, S. 5 - dort Art. 5 Nr. 2 Buchstabe a) oder die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen vom 18. Dezember 2008 (ABl. EU 2009 Nr. L 7, S. 1 - dort Art. 3 Buchstabe b; s. hierzu MünchKomm FamFG/Lipp 2. Aufl. Art. 69 EG-UntVO Rn. 11) zur Anwendung gelangt, da die internationale Zuständigkeit des Beschwerdegerichts nach beiden Normen gegeben ist.

Ebenso zutreffend ist das Beschwerdegericht von der Anwendbarkeit deutschen Rechts gemäß Art. 3 Abs. 1 des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007 (ABl. EU 2009 Nr. L 331, S. 19) bzw. Art. 4 Abs. 1 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2. Oktober 1973 (BGBl. 1986 II S. 837) ausgegangen. Dabei kann die streitige Frage, welches der beiden vorgenannten Haager Übereinkommen im Verhältnis zur Schweiz Anwendung findet (vgl. zum Streitstand Senatsurteil vom 26. Juni 2013 - XII ZR 133/11 - FamRZ 2013, 1366 Rn. 31 ff.), unbeantwortet bleiben, weil nach beiden Normen jeweils deutsches Sachrecht zur Anwendung kommt.

2. Die angegriffene Entscheidung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand.

a) Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2013, 891 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

Soweit der Antragsgegner eine Reduzierung seiner Unterhaltsverpflichtung von 121 % des Regelbedarfs auf 115 % des Mindestkindesunterhalts begehre, habe er - ohne dies zu benennen - einen unzulässigen Widerantrag erhoben. Nach Umrechnung des Alttitels gemäß § 36 Ziff. 3 Abs. 3 a und d EGZPO und unter Berücksichtigung dessen, dass beide Antragsteller am 1. Januar 2008 in die 2. Altersgruppe einzustufen gewesen seien, ergebe sich ein prozentualer Mindestunterhalt von 116,1 %, weshalb der Antragsgegner eine Reduzierung der Jugendamtsurkunde um 1,1 % erstrebe. Mangels entsprechender Darlegung seitens des Antragsgegners sei dieser Widerantrag unzulässig.

Soweit das Familiengericht eine Zahlungsverpflichtung des Antragsgegners in Höhe von 136 % des Mindestkindesunterhalts angenommen habe, sei die angefochtene Entscheidung teilweise abzuändern. Der Antragsgegner schulde den Antragstellern zwar für den Zeitraum von September bis Dezember 2010 den zuerkannten Kindesunterhalt von 136 %; ab Januar 2011 schulde er demgegenüber lediglich jeweils 128 % des Mindestkindesunterhalts.

Zu dem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von 5.686,43 CHF seien die von dem Antragsgegner vereinnahmten ‚übrigen effektiven Spesen' (monatlich 445,17 CHF) als weitere unterhaltsrechtliche Einnahmen zu einem Drittel hinzuzurechnen. Da der Antragsgegner trotz Aufforderung keine Angaben dazu gemacht habe, wofür er die Spesen erhalte, und dies auch den Lohnabrechnungen nicht hinreichend zu entnehmen sei, müsse er sich die Spesenzahlungen seines Arbeitgebers zu einem Drittel, also in Höhe von 148,39 CHF, anrechnen lassen.

Von den Einnahmen des Antragsgegners seien lediglich die von ihm für seine gesetzliche und für seine private (Zusatz-)Krankenversicherung geleistete Prämie in Höhe von insgesamt 326,60 CHF in Abzug zu bringen. Soweit der Antragsgegner auch für seine Ehefrau durch Zahlung von Versicherungsprämien Krankheitsvorsorge betreibe, handle es sich hierbei um Unterhaltsleistungen an eine nachrangig Berechtigte, weshalb diese Leistungen nicht berücksichtigungsfähig seien. Demgegenüber sei die fondsgebundene Lebensversicherung des Antragsgegners in Höhe von 236,70 CHF einkommensmindernd als Altersvorsorge anzurechnen. Ebenso sei die Schuldenbereinigung in Höhe von monatlich 130 CHF zu berücksichtigen. Danach verbleibe ein bereinigtes Einkommen von 5.141,52 CHF.

Das Einkommen des Antragsgegners sei nicht um berufsbedingte Aufwendungen zu bereinigen. Diese würden durch den nicht als Einnahmen angerechneten Teil der vom Arbeitgeber gewährten Spesenzahlungen abgedeckt. Weitere Abzüge seien nicht gerechtfertigt.

Im Hinblick auf das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Antragsgegners sei eine Kaufkraftbereinigung vorzunehmen. Es müsse angesichts der im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland erhöhten Lebenshaltungskosten in der Schweiz an die deutschen Verhältnisse angepasst werden. Lebe der Unterhaltspflichtige im Ausland und könne er mit seinem tatsächlich erwirtschafteten Einkommen wegen der in diesem Land erhöhten Lebenshaltungskosten bei einem ebenfalls dort aufhältigen Unterhaltsberechtigten nur einen geringeren Bedarf bedienen, so müsse sich auch dies bei der Unterhaltsbemessung niederschlagen. Ein in Deutschland wohnhafter Berechtigter könne deshalb auch nur eine Unterhaltsleistung beanspruchen, welche seinem abgedeckten Lebensbedarf am Wohnort des Verpflichteten entspreche.

Der Kaufkraftunterschied sei nach den vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) ermittelten ‚vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern' für den Zeitraum September 2010 bis Dezember 2010 auf 1:0,707 und sodann auf 1:0,639 zu schätzen. Allein die Umrechnung der in Schweizer Franken erzielten Einkünfte nach dem Euro-Referenzkurs der Europäischen Zentralbank greife bei der vorzunehmenden Kaufkraftanpassung zum Ausgleich der unterschiedlichen Lebenshaltungskosten zu kurz. Ebenso wenig könne die Ländergruppeneinteilung der Steuerverwaltung für die Bemessung der Kaufkraftunterschiede herangezogen werden. Die Schweiz gehöre dort zu Gruppe 1, also zu denjenigen Ländern, in denen die Lebensverhältnisse in etwa denjenigen in Deutschland entsprächen. Eine differenzierte Betrachtung der Lebenshaltungskosten in der Schweiz einerseits und in Deutschland andererseits sei nach dieser Einteilung nicht möglich.

Für die Kaufkraftanpassung ebenfalls nur bedingt geeignet seien die gemäß § 55 Abs. 2 BBesG monatlich vom Statistischen Bundesamt verlautbarten Teuerungsziffern für den Kaufkraftausgleich der Auslandsbesoldung. Nach dieser Norm erhielten ins Ausland entsandte Beamte und Soldaten einen Kaufkraftausgleich, der dafür sorgen solle, dass sie sich an ihrem Dienstort mit den Dienstbezügen die gleiche Menge an Waren und Dienstleistungen kaufen könnten wie im Inland. Damit würden letztlich nur Preisunterschiede zwischen einzelnen Städten und nicht diejenigen zwischen den verschiedenen Ländern ermittelt. Überdies bezögen sich die Daten nicht auf den Durchschnitt privater Haushalte, sondern auf die Haushalte von entsandten Diplomaten, die zusätzliche Versorgungsmöglichkeiten oder besondere Vergünstigungen nutzen könnten. Zudem würden für knapp 40 % des Warenkorbes keine Teuerungsziffern berechnet, während hinsichtlich anderer Güter Pauschalen verwendet würden, welche zu überwiegend niedrigeren Gesamtteuerungsziffern führten, oder lediglich Transportkosten erfasst würden.

Nachdem das Statistische Bundesamt die Veröffentlichung der Daten zur Kaufkraft des Euros eingestellt habe, könne diese nicht mehr zur Kaufkraftanpassung angewendet werden. Deshalb seien die von Eurostat ermittelten ‚vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern' als geeigneter Anpassungsmaßstab zu erachten. Hiermit lasse sich ein mit den empfohlenen Werten des Statistischen Bundesamtes kompatibler Wert ermitteln. Durch Eurostat werde zunächst die Kaufkraftparität ermittelt, indem die in der jeweiligen Landeswährung erhobenen Preise erst in nationale Durchschnittswerte und hiernach in eine einheitliche Währung umgerechnet würden. Sodann würden für das vergleichende Preisniveau die auf dieser Basis auf einem einheitlichen Preisindex ausgedrückten Kaufkraftparitäten in Relation zu den Wechselkursen gesetzt. Auf diese Weise werde eine Messgröße ermittelt, die wiedergebe, welche Menge der jeweiligen Währungseinheit erforderlich sei, um die gleiche Anzahl einer Produktgruppe in jedem anderen erfassten Land zu kaufen. Mit dem vergleichenden Preisniveau des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern stehe ein Instrument zur Verfügung, das die tatsächlichen Preisunterschiede zwischen den einzelnen Ländern im Hinblick auf die Kosten der allgemeinen Lebensführung hinreichend widerspiegele.

Nach den für das Jahr 2010 von Eurostat mitgeteilten Daten habe in diesem Jahr das Preisniveau in der Schweiz um 147,6 % und dasjenige in der Bundesrepublik Deutschland um 104,3 % über dem für die Europäische Union ermittelten Mittelwert gelegen. Demnach habe das Kaufkraftverhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz 1:0,707 (104,3 : 147,6) betragen. Nach dem vorläufigen Ergebnis zu Kaufkraftparitäten und vergleichenden Preisniveaus, die Eurostat am 22. Juni 2012 für das Jahr 2011 veröffentlicht habe, habe das Verhältnis in diesem Jahr 1:0,639 betragen.

Die nach diesem Maßstab vorzunehmende Kaufkraftbereinigung habe entgegen der vom Oberlandesgericht Brandenburg vertretenen Auffassung (FamRZ 2008, 1279) nicht durch eine Anpassung der in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Unterhaltssätze, sondern durch eine entsprechende Korrektur des in der Währung des Heimatlandes des Antragsgegners ermittelten unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens zu erfolgen. Die Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle seien an deutschen Verhältnissen ausgerichtet. Sie würden den Lebensbedarf eines im Inland lebenden Kindes widerspiegeln. Deshalb sei es angemessen, die Umrechnung derart vorzunehmen, dass das Einkommen des Antragsgegners hinsichtlich der Kaufkraft verhältnismäßig bereinigt werde und sodann der Bedarf der Kinder aus der sich so ergebenden Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entnommen werde. Bei dieser Anrechnungsvariante würden nicht die Kinder mit ihrem inländischen Bedarf fiktiv in die Schweiz versetzt werden; vielmehr werde die Kaufkraft des Einkommens des Antragsgegners auf die deutschen Verhältnisse übertragen, an welchen die aus dem Mindestbedarf abgeleiteten Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle auch ausgerichtet seien.

Daraus folge, dass sich das Einkommen des Antragsgegners für das Jahr 2010 auf 3.635,05 € und ab Januar 2011 auf 3.285,43 € belaufe. Dementsprechend sei der Unterhaltsbedarf der Antragsteller für die Monate September 2010 bis Dezember 2010 aus der 7. Einkommensgruppe und sodann ab Januar 2011 aus der 6. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle zu entnehmen.

Eine Herabstufung wegen etwaiger Unterhaltsansprüche der Ehefrau des Antragsgegners sei nicht angezeigt. Soweit wegen der nicht nur gegenüber zwei Kindern, sondern auch gegenüber seiner Ehefrau bestehenden Unterhaltspflicht des Antragsgegners nach Ziff. 11.2 Satz 3 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien ein Abschlag durch Einstufung in eine niedrigere Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle in Betracht gekommen sei, sei ein solcher angesichts der gehobenen Einkommensverhältnisse des Antragsgegners und seiner erheblich über der unteren Grenze der 7. bzw. 6. Einkommensgruppe liegenden Einnahmen ebenfalls nicht gerechtfertigt.

b) Hiergegen ist im Ergebnis von Rechts wegen nichts zu erinnern.

aa) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts bedarf es allerdings für die vom Antragsgegner begehrte Reduzierung des Kindesunterhalts auf jeweils 115 % des Mindestunterhalts keines Widerantrags. Zutreffend hat die Rechtsbeschwerde darauf hingewiesen, dass sich der Antragsgegner mit diesem Verlangen lediglich (teilweise) gegen das Erhöhungsverlangen der Antragsteller verteidige, jedoch nicht eine Unterschreitung des in den abzuändernden Jugendamtsurkunden festgelegten Kindesunterhalts begehre. Denn die Umrechnung der Alttitel führt gemäß § 36 Nr. 3 EGZPO zu einem unterhalb dieses Wertes liegenden Prozentsatz, nämlich bei dem Antragsteller zu 1 zu 106,58 % und bei der Antragstellerin zu 2 zu 102,80 % des Mindestunterhalt statt der vom Oberlandesgericht für beide Kinder jeweils errechneten 116,1 % (vgl. Senatsurteil vom 18. April 2012 - XII ZR 66/10 - FamRZ 2012, 1048 Rn. 21). Dieser Fehler wirkt sich indessen nicht zu Lasten des Antragsgegners aus, weil das Beschwerdegericht eine entsprechende Herabsetzung auch aus materiellen Gründen in von Rechts wegen nicht zu beanstandender Weise abgelehnt hat.

bb) Die Feststellungen zum Jahresnettoeinkommen des Antragsgegners sind demgegenüber weder angegriffen noch sonst aus Rechtsgründen zu beanstanden. Das gilt auch für die Hinzurechnung der Spesen mit einem Anteil von einem Drittel (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 82).

Ebenso wenig ist im Ergebnis zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die Zahlungen, die der Antragsgegner für die Krankenversicherung seiner Ehefrau zu leisten hat, nicht von dessen Nettoeinkommen abgezogen hat. Bei solchen Zahlungen handelt es sich um einen Teil des Ehegattenunterhalts, der erst im Rahmen einer eventuellen Herabstufung Berücksichtigung finden kann.

cc) Die vom Oberlandesgericht verneinte Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen des Antragsgegners hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand.

(1) Nach Ziff. 10.2.1 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Oldenburg ist bei Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens - bei Vollzeittätigkeit mindestens 50 € und höchstens 150 € - anzusetzen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein solcher pauschaler Abzug für berufsbedingte Aufwendungen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Voraussetzung ist aber, dass konkrete Anhaltspunkte dargelegt sind, wonach der Unterhaltspflichtige überhaupt berufsbedingte Aufwendungen gehabt hat (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 861).

(2) Gemessen hieran ist gegen die Nichtberücksichtigung pauschaler berufsbedingter Aufwendungen im Ergebnis nichts zu erinnern.

(a) Die hierzu vom Beschwerdegericht gegebene Begründung, wonach die berufsbedingten Aufwendungen bereits durch den nicht als Einnahmen angerechneten Teil der vom Arbeitgeber gewährten Spesenzulagen abgedeckt würden, vermag indes nicht zu überzeugen.

Während Spesen durch Geschäfts- oder Dienstreisen veranlasste Aufwendungen sind, wie etwa der Aufwand für die Verpflegung, Übernachtungskosten sowie sonstige Nebenkosten (vgl. Wendl/Dose 8. Aufl. Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis § 1 Rn. 78), sind berufsbedingte Aufwendungen zur Einkommenserzielung notwendig, wie etwa die Kosten für die Fahrten zur Arbeitsstätte (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 122). Berufsbedingte Aufwendungen unterscheiden sich von den Spesen mithin dadurch, dass sie anfallen, damit der Arbeitnehmer überhaupt seiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann, während Spesen Kosten darstellen, die während der Ausführung der Erwerbstätigkeit oder im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit entstehen.

(b) Der Antragsgegner hat indes trotz Hinweises des Oberlandesgerichts, dass es wegen der Spesenzahlung die berufsbedingten Aufwendungen nicht berücksichtigen werde, keine konkreten Anhaltspunkte dargelegt, denen zu entnehmen wäre, dass berufsbedingte Aufwendungen tatsächlich anfallen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde reicht hierfür allein die Vorlage der Lohnabrechnungen für das Jahr 2011 nicht aus, auch wenn darin eine vom Arbeitgeber für den Antragsgegner monatlich gezahlte Garagenmiete von 100 CHF dokumentiert ist. Abgesehen davon, dass es nicht Aufgabe des Tatrichters ist, sich wesentlichen Vortrag der Beteiligten aus den eingereichten Anlagen zusammenzusuchen, lässt sich aus den Lohnabrechnungen auch nicht zwingend auf das Anfallen berufsbedingter Aufwendungen schließen.

dd) Die vom Oberlandesgericht durchgeführte Anpassung des vom Antragsgegner in der Schweiz erzielten Einkommens an die deutschen Verhältnisse wegen der erhöhten Lebenshaltungskosten ist von Rechts wegen ebenso wenig zu beanstanden.

(1) Nachdem das Statistische Bundesamt die Veröffentlichung der Verbrauchergeldparitäten zum Ende des Berichtsjahrs 2009 eingestellt hatte (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 91), deren Heranziehung zur Ermittlung der Kaufkraftunterschiede der Senat seinerzeit gebilligt hatte (Senatsurteil vom 1. April 1987 - IVb ZR 41/86 - FamRZ 1987, 682, 684; vgl. auch Unger FPR 2013, 19, 21), werden nunmehr zum einen die Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministeriums sowie eine Korrektur mittels Teuerungsziffern und schließlich die Heranziehung der Statistiken zu Kaufpreisparitäten von Eurostat erwogen (vgl. die Übersicht bei OLG Stuttgart FamRZ 2014, 850, 851 f.; Unger FPR 2013, 19, 21 ff.).

Dabei ist die Kaufkraftbereinigung Sache der tatrichterlichen Beurteilung. Das Rechtsbeschwerdegericht kann nur prüfen, ob der Tatrichter insoweit den Verfahrensstoff erschöpfend gewürdigt und einen rechtlich bedenkenfreien Weg eingeschlagen hat (Senatsurteil vom 1. April 1987 - IVb ZR 41/86 - FamRZ 1987, 682, 684).

(2) Dass das Oberlandesgericht, das die Vor- und Nachteile der jeweiligen Methoden nachvollziehbar begründet und abgewogen hat, seiner Umrechnung die von Eurostat ermittelten ‚vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern' als im vorliegenden Fall geeigneten Anpassungsmaßstab erachtet und damit der wohl überwiegenden Auffassung (Unger FPR 2013, 19, 22 f.; jurisPK-BGB/Viefhues [Stand 28. April 2014] § 1610 BGB Rn. 48.1; Deutscher Familiengerichtstag - Empfehlungen des Vorstands Arbeitskreis 5 zu A I 1d - FamRZ 2011, 1921) gefolgt ist, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffen.

(3) Ebenso wenig ist etwas dagegen zu erinnern, dass das Oberlandesgericht die sich im Rahmen der Kaufkraftbereinigung ergebende Anpassung schon beim unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen des Antragsgegners und nicht erst bei den in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Unterhaltssätzen der Antragsteller vorgenommen hat (so aber OLG Brandenburg FamRZ 2008, 1279).

Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen, § 1610 Abs. 1 BGB. Auch wenn diese sich bei minderjährigen Kindern, die noch keine eigene Lebensstellung erlangt haben, vom Barunterhaltspflichtigen ableitet, ändert das nichts daran, dass die Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle an den deutschen Verhältnissen ausgerichtet sind. Sie spiegeln den Lebensbedarf eines im Inland lebenden Kindes wider. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn das Oberlandesgericht das bereinigte Einkommen des Antragsgegners entsprechend der Kaufkraft umgerechnet und sodann den Bedarf der - im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht noch minderjährigen - Kinder aus der sich so ergebenden Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entnommen hat. Im Übrigen hat auch die Rechtsbeschwerde gegen diese Verfahrensweise keine Einwendungen erhoben.

ee) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht eine Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs der Antragsteller in eine niedrigere Einkommensgruppe wegen der zusätzlichen Unterhaltsverpflichtungen des Antragsgegners gegenüber seiner Ehefrau abgelehnt hat.

(1) Die Unterhaltsbedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle sind auf allgemeiner Erfahrung beruhende Richtsätze, die dem Rechtsanwender die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs des ‚angemessenen Unterhalts' erleichtern sollen. Der Höhe nach sind sie auf den Durchschnittsfall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige zwei Unterhaltsberechtigten ohne Rücksicht auf den Rang Unterhalt zu gewähren hat (Düsseldorfer Tabelle Stand 1. Januar 2010 und 2011 (jew.) Anm. 1). Weil die Werte nur Hilfsmittel für die Unterhaltsbemessung sind, ist das mit ihrer Hilfe gewonnene Ergebnis nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls stets auf seine Angemessenheit und Ausgewogenheit hin zu überprüfen (Senatsbeschluss vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13 - FamRZ 2014, 917 Rn. 37 mwN). Hierzu hält die Düsseldorfer Tabelle die Möglichkeit der Herauf- oder Herabstufung nach der Anzahl der Unterhaltsberechtigten bzw. mittels der Bedarfskontrollbeträge bereit. Liegt eine über- oder unterdurchschnittliche Unterhaltsbelastung mit mehr oder weniger Unterhaltsberechtigten vor, soll durch eine Höher- oder Niedrigergruppierung in den Gehaltsstufen oder durch Bildung von individuell geschätzten Zu- oder Abschlägen eine den Besonderheiten des Falls angemessene Unterhaltsbemessung erreicht werden (Senatsurteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493).

Die Einstufung in eine höhere oder niedrigere Gehaltsgruppe der Tabelle je nach Zahl der Unterhaltsberechtigten und der damit verbundenen Unterhaltslast liegt allerdings im tatrichterlichen Ermessen (vgl. Senatsurteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493).

(2) Gemessen hieran begegnet die Entscheidung des Oberlandesgerichts keinen rechtlichen Bedenken. Sie beruht auf keinen - der Überprüfung des Senats allein unterliegenden - Ermessensfehlern. Das Beschwerdegericht hat alle wesentlichen Punkte - wie namentlich die Unterhaltspflicht des Antragsgegners gegenüber seiner Ehefrau - in den Blick genommen. Wenn es dann zu dem Ergebnis gelangt, dass unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des Antragsgegners eine Herabsetzung nicht in Betracht kommt, ist die Entscheidung des Tatrichters aus Rechtsgründen hinzunehmen.

ff) Soweit die Rechtsbeschwerde einwendet, aufgrund der vom Oberlandesgericht titulierten Unterhaltsverpflichtungen sei das Existenzminimum des Antragsgegners nicht mehr gewahrt, bleibt ihr ebenfalls der Erfolg versagt. Denn der dem Antragsgegner gegenüber den Antragstellern zu belassende Selbstbehalt ist gewahrt.

Die tabellenmäßigen Selbstbehaltsbeträge beinhalten eine pauschalierte Betrachtung. Ob eine Anpassung des Selbstbehalts erforderlich ist, wenn der Unterhaltspflichtige, der sich im Ausland aufhält, einem von den Annahmen der Tabelle wesentlich abweichenden Preisniveau ausgesetzt ist, unterliegt ebenfalls der tatrichterlichen Beurteilung (Senatsbeschluss vom 3. Juli 2013 - XII ZB 220/12 - FamRZ 2013, 1375 Rn. 29).

Die dementsprechend vom Oberlandesgericht vorgenommene tatrichterliche Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Es hat das vom Antragsgegner in der Schweiz erzielte Einkommen nach den Eurostat-Tabellen umgerechnet und ist damit dem abweichenden Preisniveau gerecht geworden.

gg) Schließlich geht die Rüge der Rechtsbeschwerde fehl, wonach die Kostenentscheidung fehlerhaft sei, weil nicht bedacht worden sei, dass die Antragsteller in erster Instanz zunächst 144 % des Mindestunterhalts verlangt hätten.

Gemäß § 243 Satz 1 FamFG entscheidet das Gericht in Unterhaltssachen abweichend von den entsprechenden Vorschriften der Zivilprozessordnung nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Insgesamt soll die Kostenentscheidung in Unterhaltssachen flexibler und weniger formal gehandhabt werden können, um dem - von der Streitwertermittlung nicht hinreichend zu erfassenden - Dauercharakter der Verpflichtung Rechnung tragen zu können (Senatsbeschluss vom 28. September 2011 - XII ZB 2/11 - FamRZ 2011, 1933 Rn. 29).

Dass das Beschwerdegericht bei seiner Kostenentscheidung sein Ermessen in vom Rechtsbeschwerdegericht nachprüfbarer Weise verletzt hätte, hat die Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt. Sie hat vor allem nicht bedacht, dass das Oberlandesgericht den Antragstellern für die erste Instanz 1/3 der Gerichtskosten und 3/7 der außergerichtlichen Kosten auferlegt hat, obgleich diese zu einem wesentlichen Teil obsiegt haben. ..."

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Kosten für den längerfristigen Besuch von Förderunterricht bei einem privaten Lehrinstitut (hier: Therapie einer Lese-Rechtschreib-Schwäche) können unterhaltsrechtlichen Mehrbedarf begründen. Für berechtigten Mehrbedarf eines minderjährigen Kindes haben grundsätzlich beide Elternteile anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen und nach den Maßstäben des § 1603 Abs. 1 BGB aufzukommen, so dass vor der Gegenüberstellung der beiderseitigen unterhaltsrelevanten Einkünfte generell ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts abzuziehen ist (im Anschluss an Senatsurteil vom 26. November 2008, XII ZR 65/07, FamRZ 2009, 962; BGH, Beschluss vom 10.07.2013 - XII ZB 298/12).

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Das unterhaltsberechtigte Kind verliert den Ausbildungsunterhaltsanspruch gegenüber seinen Eltern nicht schon dann, wenn es ihm aufgrund eines notenschwachen Schulabschlusses erst nach drei Jahren vorgeschalteter Berufsorientierungspraktika und ungelernter Aushilfstätigkeiten gelingt, einen Ausbildungsplatz zu erlangen (BGH, Beschluss vom 03.07.2013 - XII ZB 220/12):

„... 1. Zutreffend ist das Oberlandesgericht für das in 2010 eingeleitete Verfahren auf der Grundlage des Art. 5 Nr. 2 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (Brüssel I-VO = EuGVVO) von der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ausgegangen. Die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen vom 18. Dezember 2008 (EuUnthVO) ist nach deren Art. 75 Abs. 1 auf das vor ihrem Inkrafttreten eingeleitete Verfahren nicht anwendbar.

Ebenfalls zutreffend hat das Oberlandesgericht das Verfahren nach deutschem Sachrecht beurteilt, was sich aus Art. 4 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (HUÜ 73) bzw. Art. 3 Abs. 1 des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (Haager Unterhaltsprotokoll - HUP) ergibt. Denn die Antragstellerin als Unterhaltsberechtigte hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.

2. Ebenfalls zu Recht hat das Oberlandesgericht entschieden, dass die Antragstellerin gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nach §§ 1601, 1610 Abs. 2 BGB hat.

a) Gemäß § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf.

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners auf Ermöglichung einer Berufsausbildung steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Zwar muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind. Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, die Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (Senatsurteile vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671 und vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 15).

bb) Aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis folgt auch die Obliegenheit des Kindes, die Ausbildung in angemessener Zeit aufzunehmen. Auch ein Schulabgänger muss auf die Belange des Unterhaltspflichtigen Rücksicht nehmen und sich in angemessener Zeit darüber klar werden, welche Ausbildungsmöglichkeiten ihm nach seinem jeweiligen Schulabschluss zur Verfügung stehen. Er muss sich alsbald um einen entsprechenden Ausbildungsplatz bemühen und die Ausbildung zielstrebig beginnen. Zwar ist einem jungen Menschen eine gewisse Orientierungsphase zuzugestehen, deren Dauer von Fall zu Fall unterschiedlich ist und sich jeweils nach Alter, Entwicklungsstand und den gesamten Lebensumständen des Auszubildenden richtet. Je älter er indessen bei Schulabgang ist und je eigenständiger er seine Lebensverhältnisse gestaltet, desto mehr tritt an die Stelle der Elternverantwortung die Eigenverantwortung für seinen Berufs- und Lebensweg. Selbst wenn er bisher noch keine Berufsausbildung erfahren hat, kann eine lange Verzögerung dazu führen, dass sein Ausbildungsanspruch entfällt und er sich daher seinen Lebensunterhalt mit ungelernten Tätigkeiten oder aufgrund sonstiger Begabung und Fertigkeiten verdienen muss (Senatsurteile vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671 und vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 16).

Allerdings gibt es keine feste Altersgrenze für die Aufnahme einer Ausbildung, ab deren Erreichen der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfällt. Die Frage, bis wann es dem Unterhaltsberechtigten obliegt, seine Ausbildung aufzunehmen, richtet sich vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist, ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Umstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit noch zumutbar ist (Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 17 mwN).

So ist einerseits anerkannt, dass subjektive Beeinträchtigungen des Unterhaltsberechtigten, die diesem nicht vorwerfbar sind, wie etwa eine psychische Erkrankung, die verzögerte Aufnahme eines Studiums rechtfertigen können (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 18 mwN).

Andererseits mutet § 1610 Abs. 2 BGB den Eltern nicht zu, sich gegebenenfalls nach Ablauf mehrerer Jahre, in denen sie nach den schulischen Ergebnissen und dem bisherigen Werdegang des Kindes nicht mehr mit der Nachholung etwa der Hochschulreife und der Aufnahme eines Studiums rechnen mussten, einem Ausbildungsanspruch des Kindes ausgesetzt zu sehen. Dabei kann auch ins Gewicht fallen, dass es sich um Zeiträume handelt, in denen steuerliche Erleichterungen, Kindergeld oder kindbezogene Gehaltsbestandteile aufgrund des fortgeschrittenen Alters des Kindes unabhängig von seinem Ausbildungsstand wegfallen (Senatsurteil vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671, 672).

b) Den vorstehenden Grundsätzen wird die angefochtene Entscheidung gerecht.

aa) Die Antragstellerin hat 2007 im Alter von 18 Jahren die mittlere Reife absolviert. Soweit das von der Rechtsbeschwerde aufgegriffene Wiederholen der siebten Klasse zu einem verzögerten Abschluss der allgemeinen Schulausbildung führte, muss der Verpflichtete dies nach Treu und Glauben hinnehmen. Unabhängig davon, dass dem Kind ein schulisches Versagen während seiner Minderjährigkeit ohnehin kaum vorgeworfen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 1997 - XII ZR 20/96 - FamRZ 1998, 367, 370 zu § 1611 Abs. 2 BGB), ist nach den getroffenen Feststellungen das Wiederholen der Schulklasse ebenso wie der vergleichsweise schlechte Notendurchschnitt des Abgangszeugnisses auch auf die von der Antragstellerin nicht zu vertretende familiäre Situation einschließlich des Aufenthaltswechsels von den Niederlanden nach Deutschland und den damit verbundenen Wechsel des Schulsystems zurückzuführen. Darin, dass die Antragstellerin diese negativen Einflüsse auf ihre schulische Entwicklung auch in den Folgejahren nach dem Wechsel nicht aus eigener Kraft mit der vorhandenen Begabung kompensieren konnte, liegt kein schuldhaftes Versagen des Kindes von unterhaltsrechtlicher Relevanz.

bb) Ebenfalls ist der Antragstellerin unterhaltsrechtlich nicht vorzuwerfen, dass sie nicht sofort nach der Erlangung des Schulabschlusses in ein Ausbildungsverhältnis eintrat. Dass das Oberlandesgericht ihr insoweit eine Übergangszeit zugestanden hat, liegt im tatrichterlichen Ermessen und ist im Rahmen der rechtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden.

Hierbei durfte das Oberlandesgericht berücksichtigen, dass es Bewerbern mit guter Ausgangsqualifikation, die sich vor allem durch gute Schulnoten ausdrücken kann, im ersten Zugriff grundsätzlich leichter gelingt, einen Ausbildungsplatz zu erlangen, als Bewerbern mit schwächerer Qualifikation. Letztere mögen verstärkt darauf angewiesen sein, durch Motivation und Interesse an dem Berufsbild zu überzeugen, was auch durch vorgeschaltete Berufsorientierungspraktika oder mittels eines Einstiegs über eine (zunächst) ungelernte Aushilfstätigkeit gelingen kann.

Nach den getroffenen Feststellungen bemühte sich die Antragstellerin seit 2007 um einen Ausbildungsplatz, indem sie in den Jahren bis 2009 mehrere Praktika absolvierte mit dem Ziel, im Anschluss hieran bei den jeweiligen Unternehmen einen Ausbildungsplatz zu erlangen. Zwar hat die Antragstellerin für 2008 keine konkreten Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz vorgetragen. Es hält sich jedoch in den Grenzen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums, wenn das Oberlandesgericht hierin nach den Umständen des Einzelfalls noch keine nachhaltige Obliegenheitsverletzung gesehen hat.

cc) Dass die angeordnete Unterhaltsverpflichtung den Antragsgegner unzumutbar belasten könnte, ist vor dem Hintergrund der tatrichterlich getroffenen Feststellungen auch unter Berücksichtigung des relativ langen Zeitraums bis zur Aufnahme der Ausbildung nicht ersichtlich. Denn in Anbetracht der schwierigen Ausbildungsmarktlage für Schulabsolventen mit schwacher Notenqualifikation musste der Antragsgegner damit rechnen, dass die Antragstellerin eine Ausbildungsstelle erst würde antreten können, nachdem sie sich in vorgeschalteten Berufsorientierungspraktika oder ähnlichen Tätigkeiten bewährt hatte. Auch liegt die gesamte Ausbildung noch innerhalb des Zeitraums vor der Vollendung des 25. Lebensjahres, für den Kindergeld beansprucht werden kann, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 BKGG). Durch die vorgenannte Regelung erkennt die Rechtsordnung eine Berufsausbildung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres unabhängig von ihrer Art als grundsätzlich förderungswürdig an. Es handelt sich um die erste Ausbildung der Antragstellerin, die der Antragsgegner zu finanzieren hat; zudem muss der Antragsgegner vergleichsweise niedrige Beträge zahlen, die sich innerhalb des Ausbildungszeitraums wegen der jährlich steigenden Ausbildungsvergütung sogar noch verringern.

3. Auch hinsichtlich der Höhe des angeordneten Unterhalts hält die angefochtene Entscheidung einer Überprüfung stand.

a) Der Bedarf der Antragstellerin steht nur insoweit im Streit, als der Antragsgegner Haushaltsersparnis und Synergie durch das Zusammenleben mit einem Partner geltend macht. Das Oberlandesgericht hat jedoch das Vorbringen, mit dem der Antragsgegner das Zusammenleben der Antragstellerin mit einem Partner behauptet, zu Recht als nicht hinreichend substanziiert erachtet.

b) Nach den zur Leistungsfähigkeit des Antragsgegners getroffenen Feststellungen verfügt dieser über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.782,50 € abzüglich 5% berufsbedingter Aufwendungen (89,15 €) und Krankenversicherungsbeitrag von 274,77 €. Unter Abzug des angemessenen Selbstbehalts, den das Oberlandesgericht unter Hinweis auf seine Leitlinien in tatrichterlicher Verantwortung mit 1.100 € bis Ende 2010 bzw. 1.150 € für die Zeit danach bemessen hat, war der Antragsgegner für den zugesprochenen Unterhalt leistungsfähig. Damit kann er den Unterhalt erbringen.

Etwas anderes folgt auch nicht aus den erhöhten Selbstbehalten, die der Senat gegenüber einem vormals wirtschaftlich selbstständigen Kind gebilligt hat (Senatsurteil vom 18. Januar 2012 - XII ZR 15/10 - FamRZ 2012, 530 Rn. 20). Denn ein Kind, das die Phase vor seiner Erstausbildung durch Berufsorientierungspraktika oder ähnliche Tätigkeiten überbrückt, ist noch nicht wirtschaftlich selbstständig im vorbezeichneten Sinne.

Soweit der Antragsgegner vorbringt, ihm müsse pauschal ein höherer als der tabellenmäßige Selbstbehalt verbleiben, um das in seinem Aufenthaltsstaat, den Niederlanden, bestehende höhere Preisniveau aufzufangen, ist dem nicht zu folgen. Die tabellenmäßigen Selbstbehaltsbeträge geben eine pauschalierte Betrachtung zur Hand, die bereits auf regionale Preisunterschiede innerhalb Deutschlands keine Rücksicht nimmt. Ob eine Anpassung des Selbstbehalts erforderlich ist, wenn der im Ausland aufhältige Unterhaltspflichtige einem von den Annahmen der Tabelle wesentlich abweichenden Preisniveau ausgesetzt ist, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung. Jedenfalls wenn sich die Kaufkraft des Euro in den einzelnen Staaten nur geringfügig unterscheidet, wie hier die Rechtsbeschwerde nur um 4,4 % erhöhte Lebenshaltungskosten für die Niederlande vorträgt, ist ein Kaufkraftausgleich regelmäßig nicht geboten (Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 35).

4. Schließlich ist es nicht zu beanstanden und von der Rechtsbeschwerde im Übrigen auch nicht gerügt, dass das Oberlandesgericht eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1611 BGB abgelehnt hat (vgl. dazu auch Senatsurteile vom 25. Januar 1995 - XII ZR 240/93 - FamRZ 1995, 475, 476 und vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 27). ..."

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Der Unterhaltsbedarf eines im Pflegeheim untergebrachten Elternteils richtet sich regelmäßig nach den notwendigen Heimkosten zuzüglich eines Barbetrags für die Bedürfnisse des täglichen Lebens. Ist der Elternteil im Alter sozialhilfebedürftig geworden, beschränkt sich sein angemessener Lebensbedarf in der Regel auf das Existenzminimum und damit verbunden auf eine - dem Unterhaltsberechtigten zumutbare - einfache und kostengünstige Heimunterbringung (im Anschluss an Senatsurteil vom 19. Februar 2003, XII ZR 67/00, FamRZ 2003, 860). Dem Unterhaltspflichtigen obliegt es in der Regel, die Notwendigkeit der Heimkosten substantiiert zu bestreiten (im Anschluss an Senatsurteil vom 23. Oktober 2002, XII ZR 266/09, BGHZ 152, 217 = FamRZ 2002, 1698). Kommt er dem nach, trifft die Beweislast den Unterhaltsberechtigten und im Fall des sozialhilferechtlichen Anspruchsübergangs den Sozialhilfeträger (im Anschluss an Senatsurteil vom 27. November 2002, XII ZR 295/00, FamRZ 2003, 444). Ausnahmsweise können auch höhere als die notwendigen Kosten als Unterhaltsbedarf geltend gemacht werden, wenn dem Elternteil die Wahl einer kostengünstigeren Heimunterbringung im Einzelfall nicht zumutbar war. Zudem kann sich der Einwand des Unterhaltspflichtigen, es habe eine kostengünstigere Unterbringungsmöglichkeit bestanden, im Einzelfall als treuwidrig erweisen. Verwertbares Vermögen eines Unterhaltspflichtigen, der selbst bereits die Regelaltersgrenze erreicht hat, kann in der Weise für den Elternunterhalt eingesetzt werden, als dieses in eine an der statistischen Lebenserwartung des Unterhaltspflichtigen orientierte Monatsrente umgerechnet und dessen Leistungsfähigkeit aufgrund des so ermittelten (Gesamt-)Einkommens nach den für den Einkommenseinsatz geltenden Grundsätzen bemessen wird (BGH, Urteil vom 21.11.2012 - XII ZR 150/10).

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Wegen der sich aus der Regelung des § 850d ZPO ergebenden rechtlichen Schwierigkeiten bei der Pfändung aus einem Unterhaltstitel ist es in der Regel erforderlich, einem Unterhaltsgläubiger, dem Prozesskostenhilfe für die Stellung eines Antrags auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gewährt wird, einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt beizuordnen (BGH, Beschluss vom 09.08.2012 - VII ZB 84/11).

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Für die Verwendung einer arbeitsrechtlichen Abfindung zur Aufstockung des für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs minderjähriger Kinder maßgeblichen Einkommens des Unterhaltspflichtigen gelten grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie beim Ehegattenunterhalt (im Anschluss an Senatsurteil vom 18. April 2012, XII ZR 65/10, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Die Umrechnung dynamisierter Titel über den Kindesunterhalt zum 1. Januar 2008 nach § 36 Nr. 3 Satz 4 lit. a EGZPO in einen Prozentsatz des Mindestunterhalts nach § 1612a BGB hat für jedes Kind gesondert zu erfolgen. Sie ergibt bezogen auf den 1. Januar 2008 nur einen einheitlichen Prozentsatz, der sodann auch Anwendung findet, wenn das Kind in eine höhere Altersstufe wechselt (BGH, Urteil vom 18.04.2012 - XII ZR 66/10 zu §§ 1610, 1612a BGB):

„... Das hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Abänderungsklage richtet sich nach § 323 Abs. 1, 4 ZPO aF und ist zulässig. Weitergehende als die vom Berufungsgericht berücksichtigten Veränderungen kann der Kläger nicht anführen.

1. Dass das Berufungsgericht bei der Bedarfsermittlung nach § 1610 BGB die Abfindung zur Aufstockung des ab September 2009 verringerten Einkommens herangezogen hat, hat im Ergebnis Bestand. Der Senat hat dies - in dem im Parallelverfahren ergangenen Urteil vom 18. April 2012 (XII ZR 65/10 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) - in Bezug auf den nachehelichen Unterhalt entschieden. Entsprechendes hat auch für den Kindesunterhalt zu gelten.

a) Allerdings sind bei der Behandlung einer Abfindung die Besonderheiten zu beachten, die sich daraus ergeben, dass es sich um Einkommen im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses handelt. Die Abfindung kann je nach ihrem arbeitsrechtlichen Hintergrund unterschiedlichen Zwecken dienen, so der zukunftsbezogenen Entschädigung für Lohneinbußen (etwa bei Sozialplanabfindungen), als Gegenleistung für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage oder als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und des mit diesem verbundenen sog. sozialen Besitzstandes (vgl. Kaiser Festschrift D. Schwab 2005 S. 495, 500 ff. mwN). Aus der arbeitsrechtlichen Qualifikation der Abfindung lässt sich indessen noch keine zwingende Vorgabe für deren unterhaltsrechtliche Behandlung entnehmen. Die Heranziehung der Abfindung ist vielmehr vorwiegend nach unterhaltsrechtlichen Regeln zu beurteilen.

Einer Heranziehung der Abfindung bedarf es demnach nicht, wenn der Unterhaltspflichtige im Anschluss an das beendete Arbeitsverhältnis sogleich eine neue Arbeitsstelle erlangt, die ihm ein der früheren Tätigkeit vergleichbares Einkommen einbringt. Für diesen Fall hat der Senat entschieden, dass eine nach Ehescheidung zusätzlich zu dem in unveränderter Höhe bezogenen Einkommen erhaltene Abfindung bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs unberücksichtigt bleibt (Senatsurteil vom 2. Juni 2010 - XII ZR 138/08 - FamRZ 2010, 1311 Rn. 28 f.). Ob dies auch für den Kindesunterhalt gilt, was allerdings in Anbetracht einer insoweit wohl zulässigen Vermögensbildung durch den Unterhaltspflichtigen naheliegen dürfte, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil die Abfindung hier lediglich zur Aufstockung auf das frühere Niveau herangezogen worden ist.

Kann der Unterhaltspflichtige sein früheres Einkommen nicht mehr erzielen, so ist die Abfindung grundsätzlich zur Aufstockung des verringerten Einkommens einzusetzen. Das gilt zum einen, wenn der Unterhaltspflichtige nur noch Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld bezieht, die erheblich hinter dem bisherigen Einkommen zurückbleiben. Dementsprechend hat der Senat entschieden, dass die Abfindung als Ersatz des fortgefallenen Arbeitseinkommens in solchen Fällen dazu diene, die bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum Eintritt in das Rentenalter aufrechterhalten zu können (Senatsurteil BGHZ 172, 22 = FamRZ 2007, 983; vgl. auch Senatsurteil vom 14. Januar 1987 - IVb ZR 89/85 - FamRZ 1987, 359, 360; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 29 f., 93). Für den Fall, dass der Unterhaltspflichtige zwar ein neues Arbeitsverhältnis erlangt hat, das daraus bezogene Einkommen aber hinter dem früheren zurückbleibt, hat der Senat hingegen zum Ehegattenunterhalt entschieden, dass eine Abfindung und die Erträge daraus nicht für den Unterhalt zu verwenden seien (Senatsurteil BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590 m. Anm. Graba FamRZ 2003, 746). Daran hat der Senat nicht festgehalten (Senatsurteil vom 18. April 2012 - XII ZR 65/10 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

Damit steht allerdings noch nicht fest, dass die Abfindung unabhängig von ihrer Höhe notwendig zur kompletten Aufstockung zu verwenden ist und stets das frühere Einkommens- und Unterhaltsniveau erreicht werden muss. Vielmehr kann je nach den Umständen des Falles, insbesondere bei dauerhafter Arbeitslosigkeit oder aber bei nicht bestehenden Aussichten auf eine künftige Steigerung des Einkommens, auch eine nur teilweise Aufstockung angemessen sein, um die Abfindung auf einen längeren Zeitraum zu verteilen. Auf welchen Zeitraum die Abfindung im Einzelfall umzulegen ist, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung.

b) Diese vornehmlich für den Ehegattenunterhalt aufgestellten Grundsätze gelten entsprechend auch für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs von Kindern nach der Düsseldorfer Tabelle. Denn vergleichbar mit dem Ehegattenunterhalt wird der Unterhaltsbedarf von wirtschaftlich nicht selbständigen Kindern regelmäßig vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abgeleitet (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 2 Rn. 200 ff.). Die für den Unterhaltspflichtigen im Verhältnis zu Kindern geltenden unterhaltsrechtlichen Obliegenheiten stehen jedenfalls bei minderjährigen Kindern nicht denjenigen im Verhältnis von Ehegatten nach (vgl. auch Senatsurteil BGHZ 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn. 18 ff.). Daher darf der Unterhaltspflichtige die Abfindung in diesen Fällen auch gegenüber seinen Kindern nicht zur Vermögensbildung verwenden, sondern muss sie als Einkommen für den Kindesunterhalt einsetzen.

Im Hinblick auf den konkreten Umfang muss durch die Abfindung - wie ausgeführt - nicht das frühere Einkommens- und Unterhaltsniveau erreicht werden, sondern ist die Abfindung nach den Umständen des Einzelfalls ggf. über eine längere Zeit zu strecken. Das ist bereits im Rahmen der Bedarfsermittlung nach § 1610 BGB zu berücksichtigen, zumal die gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB nur eingreift, wenn der Mindestunterhalt des Kindes nicht gewährleistet ist.

c) Das Berufungsurteil entspricht den genannten Maßstäben. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Einkommen des Klägers gegenüber seinem früheren Einkommen um etwa ein Drittel gesunken ist. Damit ist eine Aufstockung des gesunkenen Einkommens angezeigt. Auch der Umfang der Heranziehung hält sich im zulässigen Rahmen einer tatrichterlichen Angemessenheitsbetrachtung. Zwar erscheint der Zeitraum der Umlegung auf (nur) eineinhalb bis zwei Jahre und die dadurch bewirkte vollständige Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards als recht kurz bemessen. Indessen hat der Kläger auch in seinem neuen Arbeitsverhältnis die Möglichkeit einer künftigen Verbesserung seines Einkommens. Die Dauer der Aufstockung, über die im vorliegenden Verfahren nicht abschließend zu entscheiden ist, kann dann gegenüber dem vorläufig veranschlagten Zeitraum durchaus länger ausfallen. In Anbetracht des vom Berufungsgericht zu Recht angenommenen (jedenfalls) unterhaltsrechtlichen Zwecks der Abfindung, den Einkommensrückgang ganz oder teilweise aufzufangen, bewegt sich seine Unterhaltsbemessung insoweit noch im zulässigen Rahmen tatrichterlicher Beurteilung, die nach revisionsrechtlichen Maßstäben nicht zu beanstanden ist. Um den vollständigen Verbrauch der Abfindung geltend zu machen, steht dem Kläger ein Abänderungsantrag nach § 238 FamFG offen.

2. Das Berufungsgericht hat den Unterhaltsbedarf ausgehend von dem um die Abfindung aufgestockten Einkommen nach der Düsseldorfer Tabelle bemessen.

a) Es hat den Unterhalt für 2009 um eine Einkommensgruppe und ab 2010 um zwei Gruppen herabgestuft und sich dabei an seinen Unterhaltsleitlinien orientiert, die mit den Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle übereinstimmen. Diese gehen für 2009 noch von dem Leitbild aus, dass drei Unterhaltsberechtigte vorhanden sind, während seit 2010 vom Leitbild zweier Unterhaltsberechtigter ausgegangen wird.

Der Senat hat die dem Ziel einer gleichmäßigen Anwendung des Unterhaltsrechts zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs des "angemessenen Unterhalts" dienende Festlegung der Unterhaltsbemessung in Unterhaltstabellen und -leitlinien grundsätzlich als in tatrichterlicher Verantwortung liegend gebilligt (vgl. Senatsurteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492 mwN). Dazu gehört neben der Bestimmung der Bedarfssätze auch die damit im Zusammenhang stehende Festlegung, auf welchen Durchschnittsfall diese zugeschnitten sind, sofern gewährleistet ist, dass die Besonderheiten des Einzelfalls beachtet werden (vgl. auch Senatsurteil BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189 Rn. 17 ff.).

b) Die sich aus Einkommensgruppe 9 der Düsseldorfer Tabelle 2009 und Einkommensgruppe 8 der Düsseldorfer Tabelle 2010 ergebenden Beträge hat das Berufungsgericht mit den umgerechneten (auf 190 % der damaligen Regelbeträge dynamisierten) Beträgen der Jugendamtsurkunden verglichen. Es hat diese gemäß § 36 Nr. 3 a EGZPO für die beiden älteren Kinder, die zum 1. Januar 2008 schon in die dritte Altersstufe fielen, auf je 150,1 % des Mindestunterhalts umgerechnet. Für den jüngsten Sohn, der erst seit September 2009 in die dritte Altersstufe fällt, hat es für die Zeit zuvor einen Prozentsatz von 144,7 errechnet und diesen für die Zeit ab September 2009 ebenfalls auf 150,1 % bemessen (ebenso OLG Dresden FamRZ 2011, 42; Knittel FamRZ 2010, 1349).

Letzteres begegnet allerdings rechtlichen Bedenken. Nach § 36 Nr. 3 Satz 1, 2 EGZPO gelten auf einen Prozentsatz des jeweiligen Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung lautende Titel auch nach Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 fort. An die Stelle des Regelbetrags tritt der Mindestunterhalt. An die Stelle des bisherigen Prozentsatzes tritt ein neuer Prozentsatz. Dieser ergibt sich gemäß § 36 Nr. 3 Satz 4 lit. a EGZPO bei Titeln, die die Anrechnung des hälftigen Kindergelds vorsehen, indem dem bisher zu zahlenden Unterhaltsbetrag das hälftige Kindergeld hinzugerechnet wird und der sich so ergebende Betrag in Verhältnis zu dem bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts geltenden Mindestunterhalt gesetzt wird.

Schon der Wortlaut der Vorschrift legt nahe, dass es sich um einen einheitlichen Prozentsatz handelt, der sodann auch für weitere Altersstufen gilt. Die Umrechnung dient nur der Anpassung an die neue gesetzliche Systematik in § 1612 a Abs. 1 BGB. Auch dieser entspricht es, dass der Prozentsatz für alle Altersstufen einheitlich festgelegt wird und sich nicht beim Wechsel von einer Altersstufe zur nächsten verändert. Dass danach - wie auch im vorliegenden Fall - in den Unterhaltssätzen mehrerer Kinder aufgrund des Altersstufenwechsels Differenzen entstehen können, liegt in den zum 1. Januar 2008 durch § 36 Nr. 4 EGZPO für eine Übergangszeit abweichend von der Staffelung des § 1612 a Abs. 1 BGB festgelegten Beträgen begründet (vgl. Klinkhammer FamRZ 2008, 193, 195). Demnach hat die Umrechnung bestehender dynamisierter Titel zum 1. Januar 2008 nicht nur nach dem jeweils am 31. Dezember 2007 gültigen Zahlbetrag, sondern auch nach der seinerzeit gültigen Altersstufe zu erfolgen (so bereits AG Kamenz FamRZ 2010, 819; Vossenkämper FamFR 2011, 73 mwN; Wendl/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 8 Rn. 293; Wendl/Klinkhammer aaO § 2 Rn. 225).

Der Fehler wirkt sich indessen im Ergebnis nicht aus. Denn der für den jüngsten Sohn nach dem richtigen Prozentsatz (144,7 %) ermittelte Unterhalt beträgt 522 € (= 144,7 % x 426 € Mindestunterhalt = 617 € ./. 95 € hälftiges Kindergeld für ein drittes Kind) und liegt noch geringfügig über dem vom Berufungsgericht festgelegten Unterhalt von 519 €. Dass das Berufungsgericht den Unterhalt wie das Amtsgericht nicht dynamisiert festgesetzt hat, beschwert den Kläger als Revisionskläger schließlich nicht. ..."

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Der Unterhaltsberechtigte verliert den Ausbildungsunterhaltsanspruch gegenüber seinen Eltern nicht deshalb, weil er infolge einer Schwangerschaft und der anschließenden Kindesbetreuung seine Ausbildung verzögert beginnt. Das gilt jedenfalls insoweit, als der Unterhaltsberechtigte seine Ausbildung nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes - gegebenenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung einer angemessenen Übergangszeit - aufnimmt (BGH, Urteil vom 29.06.2011 - XII ZR 127/09 zu BGB §§ 1601, 1610, 1611, 1615 l; BAföG §§ 36, 37; ZPO § 265).

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Eine vom Unterhaltspflichtigen nach Erreichen der Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente ausgeübte Erwerbstätigkeit ist - entsprechend der Lage für den Unterhaltsberechtigten - sowohl hinsichtlich des Ehegattenunterhalts als auch des Kindesunterhalts regelmäßig überobligatorisch. Hierfür ist es unerheblich, ob der Unterhaltspflichtige abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist. Die Anrechnung eines aus überobligatorischer Tätigkeit erzielten Einkommens richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und hat der Überobligationsmäßigkeit Rechnung zu tragen. Eine danach eingeschränkte Anrechnung des Einkommens ist sowohl beim Ehegattenunterhalt als auch beim Kindesunterhalt schon bei der Ermittlung des vom Unterhaltspflichtigen abgeleiteten Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen. Zur Ermittlung der Haftungsanteile der Eltern beim Unterhalt so genannter privilegierter Volljähriger. Wenn eine Befristung des Ehegattenunterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB wegen aktuell bestehender ehebedingter Nachteile ausgeschlossen ist, darf das Familiengericht die Entscheidung über eine - teilweise - Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB nicht mit dem Hinweis auf eine nicht abgeschlossene wirtschaftliche Entflechtung der Verhältnisse zurückstellen, sondern muss hier-über insoweit entscheiden, als dies aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände möglich ist (BGH, Urteil vom 12.01.2011 - XII ZR 83/08 zu BGB §§ 242, 1571, 1573, 1577, 1578, 1578 b, 1603, 1606, 1610).

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Der Unterhaltsbedarf wegen Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes bemisst sich jedenfalls nach einem Mindestbedarf in Höhe des Existenzminimums, der unterhaltsrechtlich mit dem notwendigen Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen (zur Zeit 770 €) pauschaliert werden darf (im Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 177, 272, 287 = FamRZ 2008, 1738, 1743). Hat der Unterhaltsberechtigte keine kind- oder elternbezogenen Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus vorgetragen, können solche nur insoweit berücksichtigt werden, als sie auf der Grundlage des sonst festgestellten Sachverhalts auf der Hand liegen (BGH, Urteil vom 16.12.2009 - XII ZR 50/08 zu BGB §§ 1615 l Abs. 2, 1610, 1570, 1578 Abs. 1 Satz 1).

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Der aus einer neuen Ehe des Unterhaltspflichtigen resultierende Splittingvorteil ist sowohl bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs minderjähriger Kinder gemäß § 1610 Abs. 1 BGB als auch bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen im Sinne von § 1603 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn der neue Ehegatte wegen seines Nachrangs gemäß § 1609 BGB keinen Unterhalt beanspruchen kann (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189). Verringert sich der Splittingvorteil bei eigenem Einkommen des Ehegatten des Unterhaltspflichtigen, wirkt sich dies zu Lasten des für den Kindesunterhalt verfügbaren Einkommens aus (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189). Bei der Berechnung des Kindesunterhalts sind auch im Mangelfall für die unterhaltsberechtigten Kinder die jeweiligen Zahlbeträge als Einsatzbeträge einzustellen. Für die Abänderung eines Versäumnisurteils ist gemäß § 323 ZPO nicht auf die Änderung der fingierten, sondern der tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Nur in dem Umfang, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse inzwischen geändert haben, ist eine Abänderung des rechtskräftigen Versäumnisurteils zulässig (im Anschluss an Senatsurteil vom 12. Mai 2010 - XII ZR 98/08 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Urteil vom 02.06.2010 - XII ZR 160/08 zu BGB §§ 313, 1603 Abs. 2, 1609 Nrn. 1 u. 2, 1610 Abs. 1, 1612 b Abs. 1; ZPO § 323 a.F.).

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Ein Student, der im Haushalt eines Elternteils lebt, kann im Verhältnis zu dem anderen, auf Unterhalt in Anspruch genommenen Elternteil darauf verwiesen werden, am Studienort zu wohnen. Das kommt in Betracht, wenn hohe Fahrtkosten zum Studienort anfallen und dem Interesse des anderen Elternteils, die Unterhaltsbelastung in Grenzen zu halten, keine gewichtigen, gegen einen Umzug sprechenden Belange des Studenten gegenüberstehen. Zur Berechnung der anteiligen Haftung von Eltern für den Unterhalt eines volljährigen Kindes, wenn ein Elternteil seinem Ehegatten Familienunterhalt schuldet. Die für ein minderjähriges Kind gezahlte Halbwaisenrente ist auf seinen Barunterhaltsanspruch gegen den Elternteil, bei dem es lebt, nur zur Hälfte anzurechnen (im Anschluss an Senat, NJW 1981, 168 = FamRZ 1980, 1109 [1111]). Unterhaltsrechtlich anzuerkennende berufsbedingte Aufwendungen können nicht ohne nähere Prüfung mit den steuerlich anerkannten Werbungskosten gleichgesetzt werden (BGH, Urteil vom 21.01.2009 - XII ZR 54/06 zu BGB §§ 1602, 1603 I, 1606 III 1, 1610).

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Kindergartenbeiträge bzw. vergleichbare Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in einer kindgerechten Einrichtung sind in den Unterhaltsbeträgen, die in den Unterhaltstabellen ausgewiesen sind, unabhängig von der sich im Einzelfall ergebenden Höhe des Unterhalts nicht enthalten. Das gilt sowohl für die Zeit vor dem 31. 12. 2007 als auch für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Unterhaltsänderungsgesetzes 2007 am 1. 1. 2008 (Aufgabe von Senat, NJW 2007, 1969 = FamRZ 2007, 882 [886]; NJW 2008, 2337 = FPR 2008, 299 = FamRZ 2008, 1152 [1154]). Die in einer Kindereinrichtung anfallenden Verpflegungskosten sind dagegen mit dem Tabellenunterhalt abgegolten (BGH, Urteil vom 26.11.2008 - XII ZR 65/07).

Der aus einer neuen Ehe des Unterhaltspflichtigen resultierende Splittingvorteil ist sowohl bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs minderjähriger Kinder gemäß § 1610 Abs. 1 BGB als auch bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen im Sinne von § 1603 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen, soweit er auf seinem alleinigen Einkommen beruht (BGH, Urteil vom 17.09.2008 - XII ZR 72/06 zu BGB §§ 1603 Abs. 2, 1610 Abs. 1).

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„... Der Vorrang des Unterhalts minderjähriger Kinder gegenüber Ehegatten gilt auch im Mangelfall für das gesamte verfügbare Einkommen des Unterhaltspflichtigen und schließt den Splittingvorteil aus dessen neuer Ehe ein.

Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich mit grundlegenden Fragen des Kindesunterhaltsrechts zu befassen, die im Zusammenhang mit den am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen im Unterhaltsrecht größere Bedeutung erlangt haben.

Zu entscheiden war über einen sog. Mangelfall. Das Einkommen des unterhaltspflichtigen Vaters reichte nicht aus, um den Unterhalt seiner Kinder aus erster Ehe, seiner geschiedenen Ehefrau und - nach Wiederverheiratung - auch seiner neuen Ehefrau sicherzustellen. Die erste Ehe war im Jahr 2001 geschieden worden. In der Folgezeit wurde der Unterhalt der geschiedenen Ehefrau und der drei Söhne (geb. 1990, 1994 und 1999) vom zuständigen Familiengericht zuletzt im Jahr 2003 festgesetzt. Weil das Einkommen des Unterhaltspflichtigen für den Unterhalt aller Berechtigter nicht ausreichte, lagen die festgesetzten Unterhaltsbeträge für die Kinder (58 € für den ältesten Sohn und 49 € bzw. 41 € für die beiden jüngeren Söhne) unterhalb des Existenzminimums.

Die geschiedene Ehefrau und die drei Söhne verlangten eine Erhöhung des Unterhalts und machten geltend, dass frühere Kreditverbindlichkeiten des Unterhaltspflichtigen inzwischen weggefallen seien. Der Unterhaltspflichtige wandte sich dagegen und begehrte seinerseits den vollständigen Wegfall des Unterhalts. Er berief sich unter anderem darauf, dass er durch einen Arbeitsplatzwechsel und den Umzug zu seiner (jetzigen) Ehefrau nicht mehr leistungsfähig sei. Der Splittingvorteil aus der neuen Ehe (rund 250 €) könne nicht berücksichtigt werden, sondern sei mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der neuen Ehe vorzubehalten.

Das Amtsgericht ordnete den vollständigen Wegfall des Unterhalts an. Das Oberlandesgericht verringerte den Unterhalt auf monatlich 20 € pro Kind. Es berücksichtigte das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nur insoweit, wie es sich - ohne Splittingvorteil - bei (fiktiver) Einzelveranlagung des Unterhaltspflichtigen ergeben würde.

Der XII. Zivilsenat des BGH ist dem nicht gefolgt. Er hatte bereits in anderen Fallgestaltungen entschieden, dass der Unterhaltsbedarf eines Kindes unter Berücksichtigung des gesamten Einkommens seines Vaters einschließlich des in der neuen Ehe erzielten Splittingvorteils zu ermitteln ist.

Im vorliegenden Fall war erstmals zu entscheiden, ob dieser Grundsatz auch in einem Mangelfall gilt, wenn der aus der Wiederverheiratung stammende Splittingvorteil vollständig für den vorrangigen Kindesunterhalt verbraucht wird. Das ist zu bejahen.

Nach den am 1.1.2008 in Kraft getretenen Änderungen im Unterhaltsrecht steht der Kindesunterhalt minderjähriger Kinder gemäß § 1609 BGB an erster Rangstelle. Er ist somit allen anderen Unterhaltsansprüchen gegenüber vorrangig. Für den Einsatz des gesamten Einkommens des Unterhaltspflichtigen hat der XII. Zivilsenat eine schon seit dem Inkrafttreten des BGB am 1. Januar 1900 unverändert bestehende Gesetzesbestimmung (§ 1603 Abs. 2 S. 1 BGB) herangezogen, wonach Eltern im Mangelfall "alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden" haben (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht). Aus dieser Vorschrift ist ursprünglich hergeleitet worden, dass der Unterhaltspflichtige mit seinen Kindern sogar "sein letztes Hemd" teilen müsse. Die Gesetzesbestimmung ist allerdings nach ständiger Rechtsprechung dahin einzuschränken, dass dem Unterhaltspflichtigen von seinem Einkommen so viel verbleiben muss, wie er benötigt, um sein eigenes Existenzminimum zu sichern (sog. notwendiger Selbstbehalt; derzeit für Erwerbstätige nach Anm. 5 der Düsseldorfer Tabelle 2008: 900 €).

Der XII. Zivilsenat hat nunmehr klargestellt, dass das Einkommen, das über den Selbstbehalt hinausgeht, für den vorrangigen Kindesunterhalt vollständig zur Verfügung stehen muss. Ausnahmen nach dem jeweiligen Sinn und Zweck eines Einkommensbestandteils oder einer Steuervergünstigung sind entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts regelmäßig nicht veranlasst. Zur Begründung hat er vor allem darauf Bezug genommen, dass das Gesetz eine solche Einschränkung nicht vorsieht. Zum Vergleich hat er auf einzelne sozialrechtliche Vorschriften verwiesen, welche zwar Ausnahmen von der Einkommensanrechnung vorsehen, für die gesteigerte Unterhaltspflicht aber dennoch dem Existenzminimum der Kinder ein höheres Gewicht zumessen. Eine gesonderte unterhaltsrechtliche Zuweisung des Einkommensbestandteils an den neuen Ehegatten hat er demzufolge auch dann abgelehnt, wenn der Steuervorteil im Wesentlichen darauf beruht, dass der neue Ehegatte kein oder nur ein geringes steuerpflichtiges Einkommen erzielt und deswegen meistens unterhaltsbedürftig ist.

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folge nichts anderes, weil diese sich nur auf das Verhältnis von erster und zweiter Ehe beziehe. Würde dagegen der Splittingvorteil ausschließlich für den neuen Ehegatten reserviert, so wirke sich dies auch zulasten der Kinder aus der neuen Ehe aus und liefe auf einen sachwidrigen Gegensatz von Ehe einerseits und Familie (Kinder) andererseits hinaus. Über die Verteilung des verfügbaren Einkommens entscheidet somit nicht dessen Zweckbestimmung im Einzelfall, sondern die in § 1609 BGB gesetzlich angeordnete und vorwiegend am Grad der Bedürftigkeit orientierte Rangfolge.

Eine Einschränkung der Einkommensanrechnung ergibt sich nach dem Urteil allerdings dann, wenn der neue Ehegatte eigenes Einkommen erzielt und die Ehegatten - wie regelmäßig - die Steuerklassen III und V wählen. Dann verlagert sich wegen der ungünstigeren Steuerklasse V das Nettoeinkommen des weniger verdienenden Ehegatten auf den mehr verdienenden Unterhaltspflichtigen. In diesem Fall muss auch der neue Ehegatte einen seinem Eigeneinkommen entsprechenden Anteil am Splittingvorteil behalten. ..." (BGH, Urteil vom 17.09.2008 - XII ZR 72/06 - PM Karlsruhe, den 17.09.2008)

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Die für die Höhe des Unterhaltsbedarfs nach § 1615 l Abs. 2, 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB relevante Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten ergibt sich auch dann, wenn er schon vor der Geburt des gemeinsamen Kindes mit dem anderen Elternteil zusammen gelebt hat, aus den Einkünften, die er ohne die Geburt des Kindes hätte. Auch in einem solchen Fall ist nicht ein Quotenunterhalt nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen innerhalb der nichtehelichen Lebensgemeinschaft geschuldet. Elternbezogene Gründe, die neben kindbezogenen Gründen für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1615 l Abs. 2 BGB sprechen können, kommen insbesondere dann in Betracht, wenn die Eltern mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und deswegen ein evtl. Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieser Familie zu berücksichtigen ist. Bei der Bemessung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils ist zu beachten, ob der ihm neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes in Verbindung mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde (BGH, Urteil vom 16.07.2008 - XII ZR 109/05 zu BGB §§ 1615 l Abs. 2, 1610, 1570).

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Die für den Kindergartenbesuch anfallenden Kosten sind unabhängig davon, ob die Einrichtung halb- oder ganztags besucht wird, zum Bedarf eines Kindes zu rechnen. Einen Mehrbedarf des Kindes begründeten diese Kosten für die Zeit bis zum 31. Dezember 2007 grundsätzlich aber nur insoweit, als sie den Aufwand für den halbtägigen Kindergartenbesuch überstiegen. Im übrigen waren die Kosten regelmäßig in dem laufenden Kindesunterhalt enthalten, falls dieser das Existenzminimum für ein Kind dieses Alters deckte (im Anschluss an Senatsurteil vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - FamRZ 2007, 882 ff.). Diese Beurteilung ist jedenfalls vorerst auch für Alttitel gerechtfertigt, bei denen die Berechnung nach der Übergangsregelung des Art. 36 Nr. 3 lit. a EGZPO den bisherigen Zahlbetrag sichert (BGH, Versäumnisurteil vom 05.03.2008 - XII ZR 150/05):

„... Hinsichtlich des Kindergartenbeitrags hat der Senat entschieden, dass der Beitrag für einen halbtägigen Kindergartenbesuch grundsätzlich keinen Mehrbedarf des Kindes begründet. Der halbtägige Besuch des Kindergartens ist heutzutage die Regel, so dass es sich bei dem hierfür zu zahlenden Beitrag um Kosten handelt, die üblicherweise ab Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes anfallen. Diese Kosten wurden durch die Sätze der damaligen Düsseldorfer Tabelle gedeckt, bei denen es sich um Pauschalen handelt, mit denen die durchschnittlichen, über einen längeren Zeitraum anfallenden Lebenshaltungskosten eines Kindes der betreffenden Altersstufe bestritten werden können. Der Tabellenbetrag der Gruppe 6 der Düsseldorfer Tabelle, bei dem das Existenzminimum eines Kindes als gesichert anzusehen war, schloss den Aufwand für den üblichen Kindergartenbesuch jedenfalls ein. In den niedrigeren Einkommensgruppen bewirkte die bis zum 31. Dezember 2007 unterbleibende Anrechnung des Kindergeldanteils gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB a.F., dass die Lücken beim Kindesunterhalt geschlossen wurden, weshalb auch dieses Kind faktisch über den gleichen Betrag wie in der Gruppe 6 verfügte (Senatsurteil vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - FamRZ 2007, 882, 886).

c) An dieser Beurteilung, die sich auf sozialverträglich gestaltete Kindergartenbeträge bezieht, hält der Senat für Fälle fest, in denen der nach der früheren Düsseldorfer Tabelle titulierte Unterhalt die Kosten für den halbtägigen Kindergartenbesuch bis zu einer Höhe von etwa 50 € monatlich umfasst. Sie kann im vorliegenden Fall auch für die Zeit ab 1. Januar 2008 Geltung beanspruchen. Denn durch die Übergangsregelung des § 36 Nr. 4 EGZPO ist der in § 1612 a BGB n.F. vorgesehene Mindestunterhalt angehoben worden. Ohne diese Anhebung hätte das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz mit der Anknüpfung des Mindestunterhalts an den jeweiligen steuerlichen Freibetrag für das sächliche Existenzminimum zu niedrigeren Zahlbeträgen (West) geführt, als sie sich bislang aus den Regelbeträgen in Verbindung mit der eingeschränkten Kindergeldanrechnung gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB a.F. ergeben haben. Die Regelung bewirkt unterhaltsrechtlich eine vorgezogene Anhebung des (seit 2003 unveränderten) sächlichen Existenzminimums (Klinkhammer FamRZ 2008, 193, 195). Sie führt im vorliegenden Fall zu einem unveränderten Zahlbetrag.

Der Beklagte, der sich zur Zahlung von 100 % des Regelbetrags verpflichtet hat, hatte unter Berücksichtigung der Regelung des § 1612 b Abs. 5 BGB zuletzt (bis zum 31. Dezember 2007) monatlichen Unterhalt für die Klägerin in Höhe von 196 € zu entrichten (Regelbetrag: 202 € x 135 % = 273 € abzüglich hälftiges Kindergeld von 77 €). Die Berechnung nach der Übergangsregelung des Art. 36 Nr. 3 a EGZPO sichert diesen Zahlbetrag bei vorliegenden Titeln oder Unterhaltsvereinbarungen, aufgrund derer Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Regelbetrags nach der Regelbetrag-VO zu leisten ist (vgl. die Berechnung von Vossenkämper FamRZ 2008, 201, 204), auch wenn das Kindergeld nunmehr gemäß § 1612 b BGB n.F. auf den Barbedarf hälftig anzurechnen ist. In diesem Zahlbetrag sind aber Kindergartenkosten bis zu einer Höhe von etwa 50 € als üblicherweise anfallende Kosten enthalten.

b) Mehrbedarf stellen deshalb hier allein diejenigen Kosten dar, die den Aufwand für den halbtägigen Kindergartenbesuch bzw. einen Betrag von etwa 50 € monatlich übersteigen. Insofern ist allerdings dem Grunde nach ein Anspruch der Klägerin gegeben, für den aber grundsätzlich nicht der barunterhaltspflichtige Elternteil allein, sondern beide Elternteile anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen aufzukommen haben (vgl. hierzu etwa Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 136). ..."

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Die Rechtsprechung zum Ausbildungsunterhalt in den so genannten Abitur-Lehre-Studium-Fällen ist nicht auf Ausbildungsabläufe übertragbar, in denen nach einem Realschulabschluss zunächst eine Lehre, dann die Fachoberschule und später die Fachhochschule absolviert wird. In solchen Fällen ist nur dann von einer einheitlichen, von den Eltern zu finanzierenden Berufsausbildung auszugehen, wenn schon bei Beginn der praktischen Ausbildung erkennbar eine Weiterbildung einschließlich des späteren Studiums angestrebt wurde (im Anschluss an die Senatsurteile vom 10. Oktober 1990 - XII ZR 111/89 - FamRZ 1991, 320, 321 und vom 30. November 1994 - XII ZR 215/93 - FamRZ 1995, 416, 417 f.). Die Eltern schulden ihrem Kind aber jedenfalls Unterhalt für eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich dabei in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hält. Die Unterhaltspflicht der Eltern dauert deswegen auch dann fort, wenn die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruht (Fortführung des Senatsurteils vom 12. Mai 1993 - XII ZR 18/92 - FamRZ 1993, 1057, 1058 f.). Im Einzelfall kann der Unterhaltsschuldner auch eine nicht unerhebliche Verzögerung in der Ausbildung des Kindes hinnehmen müssen, wenn diese unter Berücksichtigung aller Umstände nur auf ein leichteres, vorübergehendes Versagen des Kindes zurückzuführen ist (BGH, Urteil vom 17.05.2006 - XII ZR 54/04):

„... Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts schuldet der Beklagte dem Kläger Ausbildungsunterhalt bis zum Abschluss seines Architekturstudiums. Allerdings komme ein Unterhaltsanspruch nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs "wohl nicht in Betracht". Indes begegne diese Rechtsprechung erheblicher Kritik, die letztlich dazu führe, dass ihr jedenfalls im vorliegenden Fall nicht zu folgen sei.

Angesichts des komplexen Bildungssystems in Deutschland, das auch vorzeitigen Schulabbrechern vielfältige Möglichkeiten eröffne, das Versäumte später nachzuholen, erscheine das starre Festhalten an einer vorgegebenen Ausbildungsreihenfolge auch im Hinblick auf § 1610 Abs. 2 BGB nicht mehr vertretbar und sei jedenfalls nicht mehr mit den Realitäten vereinbar. Insbesondere könne vom Unterhaltsberechtigten nicht verlangt werden, dass er schon mit Verlassen der Schule feste Vorstellungen über seinen künftigen Bildungsweg habe und diese den Eltern bekannt gebe. Den sich stetig ändernden Anforderungen des aktuellen Arbeitsmarktes könne nur derjenige gerecht werden, der "flexibel bleibe und sich von den überkommenen Ausbildungsvorstellungen löse". Vor diesem Hintergrund erscheine auch die Forderung, zwischen den einzelnen Bildungsmaßnahmen müsse ein enger zeitlicher Zusammenhang bestehen, als anachronistisch. Wegen der sich aus § 1610 Abs. 2 BGB ergebenden Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, welche finanzielle Belastung der Eltern mit der Ausbildung ihrer Kinder bislang verbunden gewesen sei. Dem komme hier besondere Bedeutung zu, weil der Beklagte seit dem Jahre 1994 nicht mehr zum Ausbildungsunterhalt herangezogen worden sei. Vor diesem Hintergrund müsse dem Kläger "die Chance des Irrtums gegeben werden". Indem der Kläger das Fachabitur abgelegt, die Aufnahmeprüfung zum Polizeidienst bestanden und das Architekturstudium bislang mit großem Erfolg betrieben habe, habe er gezeigt, dass seine Fähigkeiten durch die Maurerlehre nicht hinreichend gefordert seien.

Dem Beklagten sei allerdings ein gewisser Vertrauensschutz zuzubilligen, soweit er durch den Erwerb seiner Eigentumswohnung weitere Verpflichtungen eingegangen sei. Deswegen sei von seinem Nettoeinkommen der hälftige Betrag der den Mietwert seiner Eigentumswohnung übersteigenden Hausbelastungen mit 125 € monatlich abzusetzen. Weiter hat das Oberlandesgericht den vorrangigen Unterhalt des minderjährigen Sohnes S. - gestaffelt nach Alter des Kindes - mit 135 % des Regelbetrags der Düsseldorfer Tabelle berücksichtigt und dem Kläger das hälftige Kindergeld unabhängig von der Befristung nach § 2 Abs. 2 BKGG dauerhaft angerechnet.

Auf der Grundlage der Einkommensverhältnisse beider Eltern ergebe sich deswegen ein Unterhaltsanspruch des Klägers, der den vom Amtsgericht ausgeurteilten Betrag jedenfalls nicht unterschreite.

II. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision nur teilweise stand.

1. Das Oberlandesgericht ist davon ausgegangen, dass dem Kläger kein vertraglicher Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten zusteht. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Beklagte dem Kläger dem Grunde nach gesetzlichen Ausbildungsunterhalt schuldet.

a) Nach § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der Unterhalt eines Kindes die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Geschuldet wird danach eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält. Eltern, die ihrem Kind eine solche Berufsausbildung gewährt haben, sind daher nicht mehr verpflichtet, Kosten einer weiteren Ausbildung zu tragen.

Ausnahmen hat der Senat nur unter besonderen Umständen angenommen, etwa wenn der Beruf aus gesundheitlichen oder sonstigen, bei Ausbildungsbeginn nicht vorhersehbaren Gründen nicht ausgeübt werden kann. Ferner kommt eine fortdauernde Unterhaltspflicht in Betracht, wenn die weitere Ausbildung zweifelsfrei als eine bloße in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehende Weiterbildung zu dem bisherigen Ausbildungsweg anzusehen ist und von vornherein angestrebt war, oder während der ersten Ausbildung eine besondere, die Weiterbildung erfordernde Begabung deutlich wurde (Senatsurteil vom 30. November 1994 - XII ZR 215/93 - FamRZ 1995, 416 f. m.w.N.; BGHZ 69, 190, 194 = FamRZ 1977, 629 f.).

b) Diese Grundsätze hat der Senat für die Fälle modifiziert, in denen ein Kind nach Erlangung der Hochschulreife auf dem herkömmlichen schulischen Weg (Abitur) eine praktische Ausbildung (Lehre) absolviert hat und sich erst danach zu einem Studium entschließt (sog. Abitur-Lehre-Studium-Fälle). Grund für die Modifizierung war das zunehmend geänderte Ausbildungsverhalten der Studienberechtigten, die sich durch eine praktische Berufsausbildung eine sichere Lebensgrundlage schaffen, ein anschließendes Studium aber nicht von vornherein ausschließen wollen. Dabei hat der Senat allerdings wegen des aus § 1610 Abs. 2 BGB abzuleitenden Merkmals der Einheitlichkeit des Ausbildungsganges daran festgehalten, dass die einzelnen Ausbildungsabschnitte in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen und die praktische Ausbildung und das Studium sich jedenfalls sinnvoll ergänzen müssen. Er hat es jedoch genügen lassen, dass der Studienabschluss nicht von vornherein, sondern erst nach Beendigung der Lehre gefasst wird, weil es gerade der Eigenart des vom herkömmlichen Bild abweichenden Ausbildungsverhaltens entspricht, dass sich der Abiturient bei Aufnahme der praktischen Ausbildung vielfach noch nicht über ein anschließendes Studium schlüssig ist (Senatsurteile BGHZ 107, 376, 381 ff. = FamRZ 1989, 853, 854 f. und vom 23. Mai 2001 - XII ZR 148/99 - FamRZ 2001, 1601 f.).

c) Eine Übertragung dieser für die so genannten Abitur-Lehre-Studium-Fälle entwickelten Grundsätze auf Ausbildungsabläufe, in denen nach einem Realschulabschluss zunächst eine Lehre, dann die Fachoberschule und später die Fachhochschule absolviert wird, hat der Senat stets abgelehnt. In solchen Fällen hat er die einzelnen Ausbildungsabschnitte nur dann als einheitliche, von den Eltern zu finanzierende Berufsausbildung angesehen, wenn schon bei Beginn der praktischen Ausbildung erkennbar eine Weiterbildung einschließlich des späteren Studiums angestrebt wurde (Senatsurteil vom 10. Oktober 1990 - XII ZR 111/89 - FamRZ 1991, 320, 321). Denn auch insoweit können die Eltern nicht für die Kosten einer zweiten oder weiteren Ausbildung herangezogen werden, wenn sie ihre Unterhaltspflicht durch Finanzierung einer begabungsgerechten abgeschlossenen Berufsausbildung in rechter Weise erfüllt haben. Dahinter steht der Gedanke, dass die Unterhaltspflicht der Eltern von der Frage mitbestimmt wird, inwieweit sie damit rechnen müssen, dass ihr Kind nach einem Schulabschluss und einer zu Ende geführten, in sich geschlossenen Berufsausbildung noch eine berufsqualifizierende Ausbildung - gegebenenfalls über weitere Ausbildungsstufen hinweg - anstrebt. Denn die Belange der Unterhaltspflichtigen dürfen insoweit nicht unberücksichtigt bleiben. Die Eltern müssen sich in ihrer eigenen Lebensplanung in etwa darauf einstellen können, wie lange sie mit einer Unterhaltslast zu rechnen haben. Das Ausbildungsunterhaltsverhältnis zwischen Eltern und Kindern ist auch insoweit von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt, als einerseits die Eltern leichtere Verzögerungen oder ein zeitweiliges Versagen hinnehmen müssen, andererseits das Kind seine Ausbildung mit Fleiß und Zielstrebigkeit anzugehen hat.

Vor diesem Hintergrund ergeben sich wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Ausbildungsvarianten nach Abschluss des Abiturs einerseits oder der Realschule andererseits, die es rechtfertigen, jeweils auf andere Kriterien abzustellen. Während der Abiturient insbesondere in der Oberstufe mehr an das theoretische Denken herangeführt und damit auf das Hochschulstudium vorbereitet wird, gewährt der Realschulabschluss dem Absolventen eine Vorbildung, die Grundlage für eine praxisorientierte Berufsausbildung sein soll. Hat ein Kind auf dem herkömmlichen schulischen Weg das Abitur und damit die allgemeine Zugangsberechtigung zum Studium erlangt, müssen die Eltern regelmäßig von vornherein mit einer Hochschulausbildung rechnen. Aufgrund der allgemeinen Entwicklung des Ausbildungsverhaltens von Abiturienten müssen sie dabei allerdings gewärtigen, dass eine praktische Ausbildung vorgeschaltet und der Entschluss zu dem fachlich darauf aufbauenden Studium erst anschließend gefasst wird. Eine solche Vorhersehbarkeit ergibt sich demgegenüber nicht ohne weiteres in den Fällen, in denen ein Kind, nachdem es aufgrund seiner Fähigkeiten und seines Leistungswillens einen Haupt- oder Realschulabschluss erreicht hat, im Anschluss an eine Lehre zunächst durch Wiederaufnahme der schulischen Ausbildung die Fachhochschulreife zu erlangen sucht, um sodann ein Fachhochschulstudium anzuschließen (Senatsurteil vom 30. November 1994 aaO, 417 f. m.w.N.).

Das spricht dafür, in den letztgenannten Fällen die Einheitlichkeit der Ausbildung jedenfalls dann zu verneinen, wenn das Kind nicht von vornherein die Absicht geäußert hatte, nach der Lehre die Fachoberschule zu besuchen und anschließend zu studieren und die Eltern mit einem derartigen beruflichen Werdegang des Kindes auch nicht aufgrund sonstiger besonderer Anhaltspunkte zu rechnen brauchten. Solche Anhaltspunkte können sich etwa aus der bisherigen schulischen Entwicklung ergeben oder auch in der anschließenden Lehre zeigen, indem sie eine deutliche Begabung, insbesondere in theoretischer Hinsicht, für einen Fachbereich und für eine Weiterbildung auf diesem Gebiet erkennen lassen. Auch wenn sich ein allgemein geändertes Ausbildungsverhalten feststellen ließe, wonach Kinder mit Realschulabschluss in zunehmendem Maße nach einer praktischen Ausbildung die Fachoberschule besuchen und alsdann studieren, kann nichts anderes gelten. Denn wenn sich die schulische Ausbildung (zunächst) auf den Realschulabschluss beschränkt und beim Eintritt in die praktische Ausbildung weder die Absicht besteht, nach deren Abschluss die Fachoberschule zu besuchen und zu studieren, noch sonst nach der erkennbar gewordenen Begabung oder nach der Leistungsbereitschaft und dem Leistungsverhalten des Kindes eine entsprechende Weiterbildung nach Abschluss der Lehre zu erwarten ist, braucht der Unterhaltspflichtige nicht damit zu rechnen, nach dem Abschluss der berufsqualifizierenden praktischen Ausbildung des Kindes zu weiteren Unterhaltsleistungen herangezogen zu werden (Senatsurteil vom 30. November 1994 aaO, 418).

3. Auch in anderen Fällen als einer gestuften Ausbildung hat der Senat stets betont, dass die Eltern ihrem Kind jedenfalls Unterhalt für eine Berufsausbildung schulden, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich dabei in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hält (Senatsurteil vom 23. Mai 2001 aaO, 1601).

a) Der Senat hat insoweit ausgeführt, dass die Eltern ihrem Kind ausnahmsweise auch eine zweite Ausbildung finanzieren müssen, wenn sie es in einen unbefriedigenden, seinen Begabungen nicht hinreichend Rechnung tragenden Beruf gedrängt haben (Senatsurteile vom 24. Oktober 1990 - XII ZR 124/89 - FamRZ 1991, 322 f. und vom 24. September 1980 - IVb ZR 506/80 - FamRZ 1980, 1115 f.). Dem hat der Senat Fälle gleichgestellt, in denen dem Kind eine angemessene Ausbildung verweigert worden ist und es sich aus diesem Grund zunächst für einen Beruf entschieden hat, der seiner Begabung und seinen Neigungen nicht entspricht. Dabei hat der Senat ausdrücklich ausgeführt, dass die in der bisherigen Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen von dem Grundsatz der Verpflichtung zur Finanzierung nur einer Ausbildung keineswegs als abschließender, andere Fallgruppen ausschließender Katalog verstanden werden können (Senatsurteil vom 24. Oktober 1990 aaO, 323).

Eine fortdauernde Unterhaltspflicht der Eltern hat der Senat deswegen auch für die Fälle angenommen, in denen die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruht. Auch in solchen Fällen haben die Eltern ihre Verpflichtung zur Finanzierung einer angemessenen Berufsausbildung noch nicht in rechter Weise erfüllt und sind im Einzelfall verpflichtet, dem Kind ausnahmsweise eine angemessene zweite Ausbildung zu finanzieren (Senatsurteile vom 14. Juli 1999 - XII ZR 230/97 - FamRZ 2000, 420 und vom 12. Mai 1993 - XII ZR 18/92 - FamRZ 1993, 1057, 1058 f.).

b) Dabei begegnet es nach ständiger Rechtsprechung des Senats keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Frage, ob der Erstausbildung des Kindes eine Fehleinschätzung seiner Begabung zugrunde lag, nach den Verhältnissen beurteilt wird, die sich erst nach Beendigung dieser Ausbildung ergeben haben. Zwar ist die Frage der beruflichen Eignung eines Kindes grundsätzlich aus der Sicht bei Beginn der Ausbildung und den zu dieser Zeit zutage getretenen persönlichen Anlagen und Neigungen zu beantworten (Senatsurteil vom 25. Februar 1981 - IVb ZR 547/80 - FamRZ 1981, 437, 438). Um eine unangemessene Benachteiligung von so genannten Spätentwicklern zu vermeiden, gilt dies aber schon dann nicht, wenn sich später herausgestellt hat, dass die zunächst getroffene Entscheidung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruht (Senatsurteile vom 24. Oktober 1990 aaO und vom 14. Juli 1999 aaO). Nur auf diese Weise lässt sich eine unangemessene Benachteiligung des im Rahmen der späteren Ausbildung besonders erfolgreichen Kindes vermeiden.

c) Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners, dem Unterhaltsberechtigten eine Berufsausbildung zu ermöglichen, steht zwar dessen Obliegenheit gegenüber, die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu absolvieren. Nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) kann der Unterhaltsschuldner jedoch Verzögerungen in der Ausbildung des Kindes hinnehmen müssen, die auf ein leichteres, nur vorübergehendes Versagen des Kindes zurückzuführen sind (Senatsurteile vom 12. Mai 1993 aaO, 1059 und vom 14. Juli 1999 aaO, 421). Deswegen steht der Verpflichtung der Eltern zur Zahlung von Ausbildungsunterhalt nicht entgegen, dass ein Kind die später zu finanzierende Ausbildung ohne gewichtiges Verschulden nicht sogleich nach Abschluss des vorangegangenen Ausbildungsabschnitts begonnen und zielstrebig fortgeführt hat. In solchen Fällen hat eine Obliegenheitsverletzung des Kindes jedenfalls kein solches Gewicht, dass sie die schwerwiegende Folge eines Verlustes des Unterhaltsanspruchs nach sich ziehen muss.

d) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer begabungsgerechten Ausbildung jedoch auch dann nicht schrankenlos gewährleistet.

Je älter ein Kind bei Aufnahme einer Ausbildung ist und je eigenständiger es seine Lebensverhältnisse gestaltet, desto mehr tritt die Elternverantwortung für seinen Berufs- und Lebensweg zurück. Die hinsichtlich der Angemessenheit der weiteren Ausbildung zu stellenden Anforderungen bedürfen deshalb mit zunehmendem Alter des Kindes der besonders sorgfältigen Prüfung (Senatsurteil vom 14. Juli 1999 aaO, 421 f.).

Auch wenn das Kind noch keine oder keine angemessene Berufsausbildung erfahren hat, kann eine besonders lange Verzögerung dazu führen, dass sein Ausbildungsanspruch entfällt und es sich daher seinen Lebensunterhalt mit ungelernten Tätigkeiten oder aufgrund sonstiger Begabungen und Fertigkeiten verdienen muss (Senatsurteil vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671, 672).

4. Im Ergebnis zu Recht hat das Oberlandesgericht dem Grunde nach eine fortdauernde Unterhaltspflicht des Beklagten angenommen, ohne dass dies der Rechtsprechung des Senats widerspricht.

a) Das Studium der Architektur bildet allerdings auch unter Berücksichtigung der weiteren Ausbildungsabschnitte des Klägers keine einheitliche Berufsausbildung mit der zuvor abgeschlossenen Maurerlehre. Dabei kann dahinstehen, ob der im Interesse des Vertrauensschutzes des Unterhaltspflichtigen von der Rechtsprechung des Senats verlangte sachliche Zusammenhang beider Ausbildungen gegeben ist. Der unmittelbar an die Lehre anschließende Besuch der Fachoberschule bis zur Fachhochschulreife ist als Voraussetzung des aufbauenden Ausbildungsgangs unverzichtbarer Bestandteil einer einheitlichen Ausbildung. Auch der im Anschluss daran absolvierte Zivildienst hat die Ausbildung zwar unterbrochen, steht ihrer Einheitlichkeit aber nicht entgegen, weil der Kläger damit lediglich seine gesetzliche Verpflichtung erfüllt hat, wenngleich er dieser Pflicht mit einem früheren Eintritt in den Polizeidienst hätte entgehen können.

Um einen einheitlichen Ausbildungsgang im Sinne der Rechtsprechung des Senats handelt es sich hier aber deswegen nicht, weil der Kläger eine derart gestufte Ausbildung mit einem Studium der Architektur als Abschluss nicht seit Beginn der praktischen Ausbildung bis zum Beginn des Studiums kontinuierlich verfolgt hat. Dabei kann ebenfalls dahinstehen, ob der Kläger bei Beginn seiner Maurerlehre eine solch gestufte Ausbildung einschließlich des späteren Studiums der Architektur oder jedenfalls des - artverwandten - Studiums zum Bauingenieur angestrebt hatte und ob dieses auch erkennbar geworden ist (vgl. Senatsurteil vom 10. Oktober 1990 aaO). Denn spätestens mit Aufnahme der Ausbildung zum gehobenen Polizeidienst im Jahre 1999 hat der Kläger eine solche Absicht aufgegeben und eine andersartige Ausbildung begonnen, für die er wegen der im Polizeidienst erzielten eigenen Einkünfte keiner Unterhaltsleistungen des Beklagten mehr bedurfte.

b) Das Oberlandesgericht ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass es eine Fehleinschätzung war, die Maurerlehre würde für den Kläger eine angemessene Berufsausbildung im Sinne von § 1610 Abs. 2 BGB darstellen. Zum einen berücksichtigte diese Ausbildung seine Begabung und Fähigkeiten nicht hinreichend. Auch der Beklagte hatte ihm ursprünglich selbst empfohlen, später noch ein Studium aufzunehmen. Andererseits hat auch die hier ausnahmsweise zu berücksichtigende weitere Entwicklung unzweifelhaft gezeigt, dass der Kläger mit seiner Maurerlehre und einer Berufstätigkeit auf dieser Grundlage unterfordert gewesen wäre. Er hat in der Folgezeit erfolgreich die Fachoberschule besucht und die Fachhochschulreife erworben. Außerdem hat er die Einstellungsprüfung zum gehobenen Polizeidienst bestanden. Dass der Kläger die Zwischenprüfung in diesem Dienst zweimal nicht bestanden hat, steht dem nicht entgegen, weil er unstreitig intellektuell dazu in der Lage gewesen wäre und mit den Prüfungsergebnissen lediglich eine freiwillige Beendigung des Polizeidienstes mit der Folge einer Rückzahlung des Ausbildungsentgeltes vermeiden wollte. Für seine besonderen Fähigkeiten und seinen Einsatzwillen, denen der Abschluss einer Maurerlehre nicht annähernd gerecht wird, spricht aber insbesondere der Umstand, dass der Kläger sein Architekturstudium nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jetzt "mit großem Erfolg" betreibt.

c) Einer Fortdauer der Unterhaltspflicht des Beklagten steht auch nicht entgegen, dass der Kläger vor Beginn des Studiums für mehr als zwei Jahre im gehobenen Polizeidienst tätig war, bevor er diesen Berufsweg nach den nicht bestandenen Zwischenprüfungen beendete. Wie schon ausgeführt, steht der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Ermöglichung einer Berufsausbildung auf Seiten des Unterhaltsberechtigten zwar die Obliegenheit gegenüber, die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu absolvieren. Abhängig von Alter und Einsichtsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten muss der Unterhaltspflichtige aber Verzögerungen der Ausbildung hinnehmen, die nur auf einem vorübergehenden leichten Versagen des Kindes beruhen. So liegt der Fall hier:

Der Kläger, der im Alter von 16 Jahren nach dem Realschulabschluss zunächst eine Maurerlehre durchgeführt hatte, sah nach Erreichen der Fachhochschulreife den gehobenen Polizeidienst als den seinen Neigungen am Besten entsprechenden Ausbildungsgang an. Wenn er sich dabei mangels hinreichender Kenntnisse von diesem Berufsbild geirrt hat, liegt darin kein so gravierendes Verschulden, dass es den vollständigen Wegfall seines Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt rechtfertigen könnte. Insbesondere ist dem Kläger unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbar, dass er den Dienst nicht früher abgebrochen, sondern erst nach den nicht bestandenen Zwischenprüfungen beendet hat (vgl. auch Senatsurteil vom 15. Juni 1994 - XII ZR 38/93 - NJW 1994, 2362, 2363). Bei der Bewertung dieser Fehleinschätzung seiner Neigungen kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in der Vergangenheit stets bemüht hatte, den Beklagten nicht übermäßig finanziell zu belasten. Der Kläger hat lediglich im ersten Jahr seiner Maurerlehre bei dem Beklagten gewohnt und ihn in der Folgezeit bis zum Beginn des Studiums nicht mehr auf Unterhalt in Anspruch genommen. Zwar kann ein Kind, das eine seinen Anlagen entsprechende Ausbildung erhalten hatte, von seinen Eltern nicht deswegen die Kosten für eine weitere, bessere Ausbildung beanspruchen, weil die Eltern für die erste Ausbildung keine finanziellen Beiträge geleistet haben (Senatsurteil vom 25. Februar 1981 aaO). Die Verpflichtung zur Gewährung von Ausbildungsunterhalt ist deshalb grundsätzlich unabhängig von der Höhe der Kosten einer vorangegangenen Ausbildung oder eines vorangegangenen Ausbildungsabschnitts. Die fehlende Unterhaltsbedürftigkeit in der Vergangenheit spricht aber gegen ein grobes Verschulden des Klägers im Rahmen seiner Fehleinschätzung beim Eintritt in den gehobenen Polizeidienst.

Hinzu kommt hier, dass der Beklagte mit dem Kläger und seiner Mutter über Unterhaltszahlungen für die weitere Ausbildung verhandelt hat. Dabei ist nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts zwar keine Einigung über die Höhe des Unterhalts zustande gekommen. Der Beklagte hat die weitere Ausbildung des Klägers durch Aufnahme eines Studiums aber auch nicht abgelehnt. Daran muss er sich jetzt festhalten lassen, was einer Obliegenheitsverletzung durch den Kläger entgegensteht.

Dem Grunde nach schuldet der Beklagte dem Kläger deswegen noch eine angemessene Berufsausbildung im Sinne von § 1610 Abs. 2 BGB, die seiner Begabung, seinen Fähigkeiten, seinem Leistungswillen und seinen beachtenswerten Neigungen entspricht.

5. Das Berufungsurteil kann aber keinen Bestand haben, weil es zur Höhe des Unterhaltsanspruchs des Klägers von der Rechtsprechung des Senats abweicht.

Das Oberlandesgericht hat den entsprechend seinen Leitlinien nach einem festen Satz bemessenen Unterhaltsbedarf des studierenden Klägers anteilig nach den Einkommensverhältnissen auf den Beklagten und die Mutter des Klägers verteilt. Von der sich daraus ergebenden Unterhaltslast des Beklagten hat es das für den Kläger gezahlte hälftige Kindergeld abgesetzt. Diese Berechnung widerspricht der neueren Rechtsprechung des Senats zur Anrechnung des staatlichen Kindergelds auf den Unterhaltsbedarf volljähriger Kinder.

a) Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings von einem festen Unterhaltsbedarf des volljährigen Klägers aus, für den die Eltern anteilig einzustehen haben (Leitlinien der Oberlandesgerichte Ziff. 13.1.1 und 13.1.2; vgl. auch Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 368 ff., 383 ff.; zur anteiligen Haftung vgl. auch Senatsurteil vom 9. Januar 2002 - XII ZR 34/00 - FamRZ 2002, 815, 816 f.).

b) Auf diesen Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes ist nach der neueren Rechtsprechung des Senats das staatliche Kindergeld allerdings in voller Höhe anzurechnen (Senatsurteil vom 26. Oktober 2005 aaO, 101 ff.). Das Kindergeld entlastet damit den unterhaltspflichtigen Beklagten nicht lediglich hälftig, sondern entsprechend seines sich aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen beider Eltern ergebenden Anteils an der Unterhaltslast. Der ungedeckte Unterhaltsbedarf des Klägers, für den der Beklagte und die Mutter des Klägers nach ihren Einkommensverhältnissen anteilig haften, betrug während der Zeit des Bezugs von Kindergeld bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres (§ 2 Abs. 2 BKGG) mithin nur noch 446 € monatlich (600 € - 154 €).

6. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil die notwendig gewordene Neuermittlung des vom Beklagten geschuldeten Unterhalts weitere tatsächliche Feststellungen erfordert. Weil mit der Unterhaltsklage ein auch in die Zukunft fortwirkender Unterhaltstitel begehrt wird, beruht die Festsetzung des geschuldeten Unterhalts auf einer Prognose der künftigen Einkommensverhältnisse (vgl. insoweit Senatsurteil vom 3. November 2004 - XII ZR 120/02 - FamRZ 2005, 101, 102 f.). Dem Unterhaltsanspruch des Klägers für die Zeit ab Februar 2003 bis zum voraussichtlichen Abschluss seines Studiums im Jahre 2006 tragen die Feststellungen des Berufungsgerichts auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2004 nicht hinreichend Rechnung, weil es noch auf die Einkommensverhältnisse im Jahre 2002 abstellt. Soweit das Einkommen des Beklagten und der Mutter des Klägers konkret feststeht, ist dieses der Einkommensberechnung zugrunde zu legen, was eine Prognoseentscheidung ausschließt.

Im Übrigen fehlen Feststellungen des Oberlandesgerichts zu dem wirklichen Wohnwert der Eigentumswohnung des Beklagten, zumal dieser nicht mit dem im angemessenen Selbstbehalt enthaltenen Wohnvorteil übereinstimmen muss. Auch den vom Beklagten vor dem Tod seiner zweiten Ehefrau im Rahmen des Familienunterhalts zu tragenden Anteil an der durch den Kauf der Wohnung übernommenen monatlichen Belastung hat das Oberlandesgericht nicht individuell festgestellt.

7. Bei seiner neuen Entscheidung wird das Berufungsgericht folgendes zu beachten haben:

Das Kindergeld kann den Unterhaltsbedarf des Klägers nur für den Zeitraum decken, in dem es auch tatsächlich gezahlt wird. Eine fiktive Anrechnung kommt hingegen nicht in Betracht. Weil der Kläger im Oktober 2003 das 27. Lebensjahr vollendet hat, dürfte sein Anspruch auf Kindergeld in diesem Monat erloschen sein.

Der Beklagte hat nachgewiesen, dass seine zweite Ehefrau am 23. April 2005 verstorben ist. Seit diesem Zeitpunkt muss der Beklagte die unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Kosten für die Finanzierung der Eigentumswohnung allein aufbringen und sich im Gegenzug den vollen Mietwert der Wohnung anrechnen lassen.

Ebenfalls seit dieser Zeit muss der Beklagte einerseits die Erziehung und Beaufsichtigung und andererseits den Barunterhalt seines vorrangigen minderjährigen Kindes S. sicherstellen (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Denn ab dem Tod seiner zweiten Ehefrau haftet der Beklagte seinem minderjährigen Kind im Wege der Ausfallhaftung sowohl für den Betreuungsunterhalt als auch für den Barunterhalt, was im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen ist (vgl. insoweit Weinreich/Klein Familienrecht 2. Aufl. § 1606 Rdn. 17 ff.). Auch das wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben. ..."

***

Eltern schulden in entsprechender Anwendung des § 1360a Abs. 4 BGB auch ihren volljährigen Kindern einen Vorschuß für die Kosten eines Rechtsstreits in persönlichen Angelegenheiten, wenn die Kinder wegen der Fortdauer ihrer Ausbildung noch keine eigene Lebensstellung erreicht haben (BGH, Beschluss vom 23.03.2005 - XII ZB 13/05):

„... 2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, weil das Beschwerdegericht der Klägerin die begehrte Prozeßkostenhilfe zu Recht mangels Bedürftigkeit versagt hat. Nach § 115 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO hat eine Partei für die Prozeßkostenhilfe zunächst alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert einzusetzen, wozu nach einhelliger Auffassung auch ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß gehört (Senatsbeschluß vom 4. August 2004 aaO, 1635). Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts steht der Klägerin ein solcher - vorrangiger - Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß jedenfalls gegen den Beklagten als ihrem Vater zu.

a) Die Verpflichtung zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses ist im Gesetz ausdrücklich nur für verheiratete (§ 1360 a Abs. 4 BGB) und für getrennt lebende Ehegatten (§ 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB) geregelt. Andere Vorschriften, wie z.B. § 127 a ZPO, § 620 Nr. 10 ZPO oder § 621 f. Abs. 1 ZPO regeln lediglich verfahrensrechtliche Möglichkeiten zur Durchsetzung des Anspruches auf einen Prozeßkostenvorschuß und können nicht als Anspruchsgrundlage für den Anspruch selbst dienen.

aa) Gleichwohl schulden Eltern ihren minderjährigen unverheirateten Kindern nach einhelliger Auffassung einen Prozeßkostenvorschuß für erfolgversprechende Rechtsstreitigkeiten in persönlichen Angelegenheiten (Senatsbeschluß vom 4. August 2004 aaO S. 1634; Dose Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen 2. Aufl. Rdn. 106 m.w.N.). Diese Verpflichtung findet ihren Grund in den besonders engen unterhaltsrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern und der sich daraus ergebenden besonderen Verantwortung des Unterhaltspflichtigen, die hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit in § 1603 Abs. 2 BGB Ausdruck gefunden hat.

bb) Ob auch volljährigen Kindern ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß zusteht, ist seit langem in Rechtsprechung und Literatur umstritten (vgl. BFH DStZ 1997, 791).

Teilweise wird volljährigen Kindern ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß gegenüber ihren Eltern generell versagt. Nach der gesetzlichen Regelung komme für die Annahme einer solchen Verpflichtung lediglich eine analoge Anwendung des § 1360 a Abs. 4 BGB in Betracht, was allerdings eine besonders enge Verbundenheit und eine daraus resultierende besondere Verantwortung des Unterhaltspflichtigen für den Unterhaltsberechtigten voraussetze. Eine solche besonders enge Beziehung bestehe zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern nicht mehr (OLG Hamm FamRZ 1995, 1008; KG KGR 1997, 32; Heiß/Heiß Unterhaltsrecht Stand Juli 2004 3. Kap. Rdn. 429).

Andererseits wird im Hinblick auf die zum 1. Juli 1998 in Kraft getretene Neuregelung des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB vertreten, Eltern seien jedenfalls auch den dort erfaßten volljährigen unverheirateten Kindern (sog. privilegierte Volljährige) zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses verpflichtet. Zwar spreche die ausdrückliche Regelung des Anspruchs auf Prozeßkostenvorschuß in den §§ 1360 a Abs. 4, 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB für eine entsprechende Beschränkung des Anspruchs nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers. Der Anspruch lasse sich deswegen jedenfalls nicht allgemein aus § 1610 Abs. 3 BGB herleiten. Gleichwohl sei eine entsprechende Anwendung des § 1360 a Abs. 4 Satz 1 BGB auf den Kindesunterhalt möglich. Diese müsse sich aber auf privilegierte volljährige Kinder beschränken, weil zu sonstigen volljährigen Kindern keine entsprechend enge Verantwortung und Verbundenheit bestehe (Göppinger/Wax/Vogel Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 2591 f.; Scholz/Stein/Kühner Praxishandbuch Familienrecht Stand September 2004 Teil K Rdn. 114 f. unter Hinweis auf BT-Drucks. 13/7338 S. 21).

Andere Stimmen in Rechtsprechung und Literatur leiten den Anspruch eines volljährigen Kindes auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses allgemein aus der Regelung zum Unterhaltsbedarf in § 1610 Abs. 2 BGB her. Der Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß sei Teil des allgemeinen Lebensbedarfs und deswegen von § 1610 Abs. 2 BGB erfaßt, was eine Analogie zu § 1360 a Abs. 4 BGB ausschließe (OLG Hamm FamRZ 1982, 1073; OLG Köln FamRZ 1986, 1031; OLG Hamburg FamRZ 1990, 1141; OLG München FamRZ 1991, 347; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 379; Weinreich/Klein Kompaktkommentar Familienrecht § 1360 a Rdn. 29; AnwK-BGB/Kaiser § 1360 a Rdn. 43; wohl auch Luthin/Schumacher Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 3054).

Überwiegend wird hingegen vertreten, daß sich ein Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses nicht schon allgemein aus der Vorschrift über das Maß des Unterhalts in § 1610 Abs. 2 BGB ergebe. Das schließe es allerdings nicht aus, einen solchen Anspruch in entsprechender Anwendung des § 1360 a Abs. 4 BGB anzunehmen. Nach einhelliger Auffassung sei jedenfalls die Situation des unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindes der des noch nicht geschiedenen Ehegatten vergleichbar. Wegen der Identität des Unterhaltsanspruchs volljähriger Kinder mit dem Minderjähriger (vgl. Senatsbeschluß vom 26. Januar 1983 - IVb ZA 8/82 - FamRZ 1983, 582) müsse dies im Grundsatz auch für volljährige Kinder gelten. Jedenfalls dann, wenn diese noch keine eigene Lebensstellung haben, sei die Situation mit derjenigen minderjähriger Kinder vergleichbar. Aus der Vorschrift des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB über privilegierte Volljährige lasse sich keine weitere Einschränkung herleiten, weil diese Norm lediglich die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und nicht den Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtigten betreffe (OLG Celle OLGR 1994, 223; OLG Nürnberg FamRZ 1996, 814; OLG Zweibrücken FamRZ 1996, 891; OLG Braunschweig OLGR 1999, 307; OLG Hamm FamRZ 2000, 255; OLG Köln FamRZ 2000, 757; OLG Bremen OLGR 2001, 321; KG KGR 2002, 184; OLG München FamRZ 2002, 1219; im Ergebnis ebenso BSG NJW 1970, 352 m. Anm. Lange NJW 1970, 830 und BVerwG FamRZ 1974, 370; Dose aaO Rdn. 107; Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 6 Rdn. 24; Eschenbruch/Klinkhammer Der Unterhaltsprozeß 3. Aufl. Rdn. 5172; Johannsen/Henrich/Thalmann Eherecht 4. Aufl. § 115 ZPO Rdn. 67; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Teil IV Rdn. 65 f.; FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. 6. Kap. Rdn. 194).

b) Der Senat folgt der zuletzt genannten Auffassung.

Auch dem volljährigen Kind steht ein Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses gegen seine Eltern zu, wenn es sich noch in der Ausbildung befindet und noch keine selbständige Lebensstellung erreicht hat.

Allerdings folgt dieser Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses nicht schon aus § 1610 Abs. 2 BGB, der den Anspruch auf Verwandtenunterhalt nach dem gesamten Lebensbedarf bemißt. Denn auch das Maß des Anspruchs auf nachehelichen Ehegattenunterhalt nach § 1578 BGB umfaßt grundsätzlich den gesamten Lebensbedarf. Gleichwohl schuldet ein geschiedener Ehegatte nach der Rechtsprechung des Senats seinem früheren Ehegatten keinen Prozeßkostenvorschuß (Senatsurteil BGHZ 89, 33, 35 ff.). Obwohl auch der Anspruch auf Familienunterhalt nach § 1360 a Abs. 1 BGB den gesamten Lebensbedarf umfaßt, ist dem Ehegatten in § 1360 a Abs. 4 BGB ausdrücklich ein über diesen allgemeinen Lebensbedarf hinausgehender Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenhilfevorschusses zugebilligt worden. Nach dem Gesetzeswortlaut ist diese Regelung allerdings auf den Familienunterhalt (und durch die Bezugnahme in § 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB auf den Trennungsunterhalt) beschränkt. Für den nachehelichen Unterhalt ist § 1360 a Abs. 4 BGB auch nicht entsprechend anwendbar, weil diese unterhaltsrechtliche Beziehung nicht in gleichem Umfang Ausdruck einer besonderen Verantwortung des Verpflichteten für den Berechtigten ist, die derjenigen von Ehegatten vergleichbar ist (Senatsurteil BGHZ 89 aaO, 39 f.).

Daß im Verwandtenunterhalt eine Regelung zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses fehlt, schließt allerdings eine entsprechende Anwendung des § 1360 a Abs. 4 BGB für solche Fälle nicht aus, die der besonderen Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten vergleichbar ist (Senatsunterhalt BGHZ 89 aaO, 40). Das ist nach inzwischen einhelliger Auffassung für die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren minderjährigen unverheirateten Kindern der Fall (vgl. Senatsbeschluß vom 4. August 2004 aaO, 1634 m. Anm. Viefhues FamRZ 2004, 1635 f.). Die dem gesetzlichen Zweck vergleichbare Situation ist jedoch nicht auf den Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder beschränkt, sondern im wesentlichen darauf zurückzuführen, daß die Kinder wegen ihres Alters und Ausbildungsbedarfs noch keine eigene Lebensstellung erreicht haben und sich deswegen noch nicht selbst unterhalten können. Das allerdings gilt für volljährige Kinder vor Erreichen einer eigenen Lebensstellung entsprechend, zumal ihr Unterhaltsanspruch mit dem Anspruch auf Minderjährigenunterhalt identisch ist (Senatsbeschluß vom 28. Januar 1983 aaO; Wendl/Scholz aaO § 3 Rdn. 17 und 339).

Zwar sind durch die zum 1. Juli 1998 in Kraft getretene Neuregelung des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB nur solche volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres den minderjährigen Kindern völlig gleichgestellt worden, die noch im Haushalt eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Das kann eine Beschränkung des Anspruchs auf Prozeßkostenvorschuß auf diese privilegierten Volljährigen aber nicht rechtfertigen. Denn § 1603 BGB verhält sich nicht zum Unterhaltsbedarf, sondern betrifft die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und kommt somit erst im Mangelfall zum Tragen (Eschenbruch/Klinkhammer aaO Rdn. 5172).

Das Gesetz enthält deswegen mit der unvollständigen Regelung des § 1610 BGB eine unbewußte Regelungslücke, die durch entsprechende Anwendung des § 1360 a Abs. 4 BGB geschlossen werden kann, wenn die Situation des bedürftigen volljährigen Kindes derjenigen eines unterhaltsberechtigten Ehegatten vergleichbar ist. Das ist hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs volljähriger Kinder dann der Fall, wenn sie wegen der Fortdauer ihrer Ausbildung noch keine eigene Lebensstellung erworben haben und deswegen übergangsweise wie minderjährige Kinder der Unterstützung durch ihre Eltern bedürfen. Das Berufungsgericht hat die noch in Berufsausbildung befindliche volljährige Klägerin somit zu Recht auf einen Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß gegen ihre Eltern verwiesen.

Zwar besteht der Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses, der die Bedürftigkeit der Klägerin entfallen läßt, nur für solche Rechtsstreitigkeiten, die persönliche Angelegenheiten des Unterhaltsberechtigten betreffen (vgl. insoweit Dose aaO Rdn. 110 f.). Um eine solche Angelegenheit handelt es sich allerdings bei der hier beabsichtigten Klage auf Kindesunterhalt (vgl. BGH vom 18. Dezember 1959 - IV ZR 145/59 - FamRZ 1960, 130).

c) Auch sonst hält die Versagung der Prozesskostenhilfe für die Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs der volljährigen Klägerin den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.

Ob der Rechtsstreit in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg hat, konnte das Oberlandesgericht hier dahinstehen lassen. Zwar schuldet der Beklagte der Klägerin nur dann einen Prozeßkostenvorschuß, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Insoweit entsprechen die Anforderungen an einen Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses denen der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gemäß § 114 ZPO (Senatsbeschluß vom 7. Februar 2001 - XII ZB 2/01 - FamRZ 2001, 1363, 1364). Fehlt der Hauptsache die erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht, entfällt zwar ein Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses; dann fehlt es aber auch an der hinreichenden Erfolgsaussicht für die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe. Liegt hingegen hinreichende Erfolgsaussicht vor, steht der Klägerin ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß zu, der die Bedürftigkeit für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entfallen läßt.

Nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses ist jedenfalls die Leistungsfähigkeit des Beklagten für einen Prozeßkostenvorschuß "zweifelsfrei gegeben". Weil somit der unterhaltsrechtlich geltende angemessene Selbstbehalt gegenüber volljährigen Kindern gewahrt bleibt (vgl. insoweit Senatsbeschluß vom 4. August 2004 aaO S. 1634), entspricht die Verpflichtung zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses auch der Billigkeit. Der Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entfällt aber schon dann, wenn wenigstens ein unterhaltspflichtiger Elternteil des volljährigen Kindes zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses in der Lage ist. ..."

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Zum Anspruch eines Kindes, das bereits eine Lehre absolviert hat, auf Ausbildungsunterhalt für ein nach späterer Erlangung der Hochschulreife aufgenommenes Studium ( BGH, Urteil vom 14.07.1999 - XII ZR 230/97):

„... a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts: Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 69, 190, 192 f sowie zuletzt Senatsurteil vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671) schulden Eltern im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowohl ihren minderjährigen als auch den volljährigen Kindern nach § 1610 Abs. 2 BGB eine optimale begabungsbezogene Berufsausbildung, d.h. eine Ausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten, nicht nur vorübergehenden Neigungen des einzelnen Kindes am besten entspricht. Die Wahl der in diesem Sinn angemessenen Ausbildung haben die Eltern in gemeinsamer verantwortlicher Entscheidung mit dem Kind zu treffen, wobei den individuellen Umständen, vor allem den bei dem Kind vorhandenen persönlichen Voraussetzungen, maßgebliche Bedeutung zukommt (BGHZ aaO 194). Haben Eltern die ihnen hiernach obliegende Pflicht, ihrem Kind eine angemessene Ausbildung zu gewähren, in rechter Weise erfüllt und hat das Kind einen Abschluß einer Ausbildung erlangt, dann sind die Eltern ihrer Unterhaltspflicht aus § 1610 Abs. 2 BGB in ausreichender Weise nachgekommen. Sie sind unter diesen Umständen grundsätzlich nicht verpflichtet, noch eine weitere, zweite Ausbildung zu finanzieren, der sich das Kind nachträglich nach Beendigung der ersten Ausbildung unterziehen will.

Eine andere Entscheidung kann - neben weiteren, hier nicht in Betracht kommenden Gründen - ausnahmsweise dann geboten sein, wenn die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruhte oder wenn die Eltern das Kind gegen seinen Willen in einen unbefriedigenden, seiner Begabung und Neigung nicht hinreichend Rechnung tragenden Beruf gedrängt haben. Einem solchen Fall steht gleich, wenn dem Kind die angemessene Ausbildung versagt worden ist, und es sich aus diesem Grund zunächst für einen Beruf entschieden hat, der seiner Begabung und seinen Neigungen nicht entspricht (Senatsurteil vom 24. Oktober 1990 - XII ZR 124/89 - FamRZ 1991, 322, 323). In diesen Fällen haben die Eltern ihre Verpflichtung zur Finanzierung einer angemessenen Ausbildung noch nicht in rechter Weise erfüllt (BGHZ aaO).

b) Die Annahme des Oberlandesgerichts, die Voraussetzungen, unter denen eine weitere Ausbildung geschuldet werde, seien vorliegend erfüllt, wird durch die von ihm getroffenen Feststellungen indessen nicht getragen.

aa) Es begegnet allerdings keinen rechtlichen Bedenken, daß das Oberlandesgericht die Frage, ob der Ausbildung des Klägers zum Dekorateur eine Fehleinschätzung seiner Begabung zugrunde lag, nach den Verhältnissen beurteilt hat, die sich nach der Beendigung der Ausbildung ergeben haben. Zwar ist die Frage der beruflichen Eignung eines Kindes regelmäßig aus der Sicht bei Beginn der Ausbildung und den zu dieser Zeit zutage getretenen Anlagen zu beantworten. Davon sind aber Ausnahmen bei sogenannten Spätentwicklern zu machen, bei denen auf das Ende der Erstausbildung oder erst den Beginn der Zweitausbildung abgestellt werden kann, um eine unangemessene Benachteiligung zu vermeiden (Senatsurteil vom 24. Oktober 1990 aaO S. 323; Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 6. Aufl. Rdn. 326).

bb) Das Oberlandesgericht stützt seine Auffassung, die Ausbildung zum Dekorateur habe den Fähigkeiten und Neigungen des Klägers nicht entsprochen, maßgebend auf den Umstand, daß es diesem durch den Besuch des Saarland-Kollegs gelungen sei, das Abitur nachzuholen und damit die allgemeine Hochschulreife zu erwerben. Der gezogene Schluß ist in dieser allgemeinen Form indessen nicht berechtigt. Ob der erlernte Beruf den Fähigkeiten des Klägers bereits hinreichend Rechnung trägt oder ob sein geistiges Leistungsvermögen auch den Anforderungen einer höherqualifizierten Tätigkeit genügt, läßt sich nicht allein mit Rücksicht auf das Bestehen des Abiturs beurteilen. Vielmehr hängt die Beantwortung der Frage entscheidend davon ab, welche schulischen Leistungen der Kläger während des Besuchs des Saarland-Kollegs erbracht und insbesondere welchen Notendurchschnitt er im Abiturzeugnis erreicht hat. Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Deshalb entzieht es sich auch der Beurteilung, ob der Kläger das Kolleg ohne Schwierigkeiten absolviert hat oder ob er etwa eine Klasse wiederholen mußte, was sich daraus ergeben könnte, daß der Besuch des Kollegs vier Jahre und damit ein Jahr länger dauerte als der Besuch der Oberstufe eines Gymnasiums. Aus dem Nachholen des Abiturs allein können sich allenfalls Zweifel ergeben, ob die Begabung des Klägers zutreffend beurteilt worden ist.

cc) Auch die vom Berufungsgericht weiter getroffenen Feststellungen rechtfertigen die erfolgte Beurteilung nicht.

Danach wuchs der Kläger in schwierigen häuslichen Verhältnissen auf, die unter anderem durch Unverständnis des Beklagten für die Probleme seines Sohnes in der Schule und während der Ausbildungen sowie dadurch geprägt waren, daß er dem Kläger erzieherisch mit Züchtigungsmaßnahmen begegnete und ihn - etwa durch die Zuweisung eines nicht abgeschlossenen Raums im Untergeschoß des Hauses, in dem zugleich Waschmaschine und Wäschetrockner standen - unangemessen und lieblos behandelte. Während der Ausbildung zum Dekorateur mußte der Kläger sich erstmals im April 1983 für eine Woche in stationäre psychotherapeutische Behandlung sowie in der Zeit vom 11. Mai bis 22. Juli 1983 in teilstationäre Behandlung begeben. Zu einem erneuten stationären Aufenthalt in dem Zentrum für Psychologische Medizin kam es in der Zeit vom 19. Oktober bis 20. November 1984. Im Jahr 1983 wurden eine neurotische Entwicklung sowie eine Adoleszenzkrise diagnostiziert, 1984 ein depressives Syndrom bei neurotischer Persönlichkeit und verzögerter geistig-seelischer Reifung. Während der 1984 erfolgten Therapie konnten Einsichten in die bestehenden Autoritätskonflikte und das Ausweichen in Leistungsverweigerung erreicht werden. Bei der Entlassung wurde die Aufnahme einer ambulanten Psychotherapie zur weiteren Problembewältigung empfohlen.

Nach der Lebenserfahrung wirken sich gestörte häusliche Verhältnisse vielfach nachteilig auf die schulische Entwicklung eines Kindes aus (vgl. Senatsurteil vom 25. Februar 1981 - IVb ZR 547/80 - FamRZ 1981, 437, 439). Für derartige Auswirkungen könnte auch die später zutage getretene Notwendigkeit einer psychotherapeutischen Behandlung des Klägers sprechen. Diese Umstände vermögen aber ebenfalls nur Zweifel daran zu begründen, ob die Begabung des Klägers richtig eingeschätzt worden ist. Daß er tatsächlich über weitergehende Fähigkeiten verfügte, als sie der erlernte Beruf erfordert, ergibt sich daraus noch nicht. Auch hierzu hätte es weiterer Feststellungen bedurft. Wenn die häuslichen Schwierigkeiten, die eingetreten sein sollen, als der Kläger etwa 15 Jahre alt war, dazu geführt haben, daß seine schulische Entwicklung behindert worden ist, müßte z.B. eine Verschlechterung der Leistungen zu verzeichnen gewesen sein. Zu den früheren schulischen Leistungen des Klägers, insbesondere während des Besuchs des Gymnasiums, sind tatrichterliche Feststellungen indessen nicht getroffen worden. Ob den in den letzten Schuljahren aufgetretenen schulischen Schwierigkeiten Zeiten vorausgingen, in denen sich der Schulbesuch des Klägers problemlos gestaltete und er insbesondere gute oder jedenfalls befriedigende Leistungen erbrachte, ist demzufolge offen. Auch aus dem späteren Verlauf der Dinge sind keine Erkenntnisse gewonnen worden, die die erforderlichen Schlußfolgerungen auf das Vorhandensein einer weitergehenden Begabung zuließen. Das ist hinsichtlich des Besuchs des Saarland-Kollegs und des im Abiturzeugnis erreichten Notendurchschnitts bereits dargelegt worden. Das gilt aber gleichermaßen bezüglich des aufgenommenen Studiums bis zu dessen Abbruch. Daß und gegebenenfalls welche Leistungen der Kläger insofern erbracht hat, ist ebenfalls nicht festgestellt worden.

dd) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe bisher keine seiner Begabung hinreichend Rechnung tragende und deshalb angemessene Berufsausbildung erlangt, erweist sich danach nicht als gerechtfertigt. Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben. Die Sache ist zur weiteren Aufklärung und Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

a) Falls das Berufungsgericht erneut zu der Annahme gelangen sollte, daß der Kläger bisher keine seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechende Berufsausbildung erlangt hat, weil seine Begabungen falsch eingeschätzt worden sind, begegnet die Zuerkennung von Ausbildungsunterhalt nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil der Kläger nach dem Abschluß der Lehre im Jahr 1985 nicht sogleich den später eingeschlagenen Weg des Erwerbs der Hochschulreife beschritten hat. Die für diese Auffassung vom Berufungsgericht im einzelnen dargelegten Gründe, insbesondere die noch im Jahr 1987 bestehende Notwendigkeit, die psychotherapeutische Behandlung fortzusetzen, rechtfertigen auch nach Auffassung des Senats die Beurteilung, daß sich aus dem zeitlichen Verlauf keine nachteiligen Auswirkungen auf den Anspruch auf Ausbildungsunterhalt ergeben. Auch wenn der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners auf Ermöglichung einer Berufsausbildung auf seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenübersteht, die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu absolvieren, muß der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Verzögerungen der Ausbildung hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind (Senatsurteil vom 4. März 1998 aaO S. 671). Das muß erst recht gelten, wenn ein zwischen der Beendigung einer Lehre und dem weiteren Schulbesuch verstrichener Zeitraum nicht allein dem Kind anzulasten ist, sondern die Unterbrechung maßgeblich auch auf erzieherischem Fehlverhalten der Eltern und den daraus entstandenen psychischen Folgen für das Kind beruht (vgl. auch Senatsurteil vom 27. September 1989 - IVb ZR 83/88 - FamRZ 1990, 149, 150). In einem solchen Fall, in dem den Unterhaltsverpflichteten eine erkennbare Mitverantwortung an der Ausbildungsverzögerung trifft, ist es ihm nach Treu und Glauben verwehrt, diese dem Unterhaltsbegehren entgegenzuhalten.

b) Das Berufungsgericht ist mit Rücksicht auf seine Annahme, der Kläger habe bis zum Beginn des Studiums keine angemessene Ausbildung erhalten, ohne weiteres davon ausgegangen, daß ihm während des Studiums ein Unterhaltsanspruch zustehe. Diese Beurteilung berücksichtigt nicht, daß nur eine Ausbildung geschuldet wird, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht (s.o. unter 2. a)). Die genannten Kriterien muß nicht nur eine von dem Unterhaltsverpflichteten zu gewährende Erstausbildung eines Kindes erfüllen, sondern erst recht eine etwa geschuldete weitere Ausbildung. Denn je älter ein Kind bei Aufnahme einer Ausbildung ist und je eigenständiger es seine Lebensverhältnisse gestaltet, desto mehr tritt die Elternverantwortung für seinen Berufs- und Lebensweg zurück (Senatsurteil vom 4. März 1998 aaO S. 672). Die hinsichtlich der Angemessenheit einer weiteren Ausbildung zu stellenden Anforderungen bedürfen deshalb mit zunehmendem Alter des Kindes der besonders sorgfältigen Prüfung. Allein das Bestehen des Abiturs verpflichtet die Eltern ohnehin nicht zwangsläufig dazu, ein Hochschulstudium zu finanzieren (Kalthoener/Büttner aaO Rdn. 296; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 3. Aufl., Kap. V Rdn. 82; Göppinger/Strohal, Unterhaltsrecht, 6. Aufl. Rdn. 678; Staudinger/Kappe/Engler, BGB, 13. Bearb. 1997 § 1610 Rdn. 137; Palandt/Diederichsen, BGB, 58. Aufl. § 1610 Rdn. 43; Oelkers/Kreutzfeldt, FamRZ 1995, 136, 140 f; OLG Koblenz, NJW 1991, 300; OVG Bremen, NJW-RR 1986, 430, 431). Anderenfalls würde jede im ersten oder zweiten Bildungsweg erlangte formelle Berechtigung zum Studium die Verpflichtung zur Finanzierung dieser Ausbildung nach sich ziehen, ohne daß es - wie es § 1610 Abs. 2 BGB verlangt - auf die Angemessenheit der Ausbildung im Einzelfall ankäme (Göppinger/Strohal aaO; OVG Bremen aaO). Das Berufungsgericht wird deshalb auch der Frage nachzugehen haben, ob ein Studium im allgemeinen und dasjenige der Erziehungswissenschaften im besonderen eine für den Kläger angemessene Ausbildung darstellt, die seinen intellektuellen Fähigkeiten und seinem Leistungswillen entspricht. ..."

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Der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfällt bei Verletzung des dem BGB § 1610 Abs 2 innewohnenden Gegenseitigkeitsverhältnisses, ohne daß es der besonderen Verwirkungsgründe des BGB § 1611 Abs 1 bedarf. Der Auszubildende hat sich nach Abgang von der Schule binnen einer angemessenen Orientierungsphase um die Aufnahme einer seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechenden Berufsausbildung zu bemühen (BGH, Urteil vom 04.03.1998 - XII ZR 173/96):

„... a) Der Revision kann indessen nicht darin gefolgt werden, daß der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt ausschließlich unter den Voraussetzungen der Verwirkung nach § 1611 Abs. 1 BGB wegfallen kann.

Der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung ist vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners auf Ermöglichung einer Berufsausbildung steht auf seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Unterhaltsleistungen nach § 1610 Abs. 2 BGB sind zweckgebunden und werden nur insoweit geschuldet, als sie für eine angemessene Vorbildung zu einem Beruf erforderlich sind. Zwar muß der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind. Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muß sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (st.Rspr. vgl. Senatsurteile vom 23. Mai 1984 - IVb ZR 39/83 - FamRZ 1984, 777; vom 11. Februar 1987 - IVb ZR 23/86 - FamRZ 1987, 470; und vom 12. Mai 1993 - XII ZR 18/92 - FamRZ 1993, 1057, 1059 m.w.N.). Die Verletzung des dem § 1610 Abs. 2 BGB innewohnenden Gegenseitigkeitsverhältnisses führt also von selbst zum Wegfall des Unterhaltsanspruchs, ohne daß dies an die besonderen Verwirkungsvoraussetzungen des § 1611 Abs. 1 BGB gebunden wäre. Der von der Revision in diesem Zusammenhang gebrachte Hinweis auf die Senatsentscheidung in BGHZ 84, 280 f., nach der die allgemeinen Regeln der Verwirkung für das Unterhaltsrecht als Beendigungsgrund keine eigenständige Bedeutung haben, ist unerheblich; die angeführte Entscheidung betrifft nicht die vorliegende Fallgestaltung.

b) Auch im übrigen ist die Entscheidung des Berufungsgerichts aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis folgt nicht nur die Obliegenheit des Kindes, die einmal gewählte Ausbildung, z.B. ein Hochschulstudium, zügig und - jedenfalls im Grundsatz - entsprechend den maßgeblichen Studienplänen durchzuführen. Die Rücksichtnahme auf die Belange der mit der Unterhaltszahlung belasteten Eltern erfordert es vielmehr auch, daß sich das Kind nach dem Abgang von der Schule binnen einer angemessenen Orientierungsphase für die Aufnahme einer seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechenden Ausbildung entscheidet.

Wie der Senat bereits für die sogenannten "Abitur-Lehre- Studium-Fälle" entschieden hat, muß neben dem sachlichen auch ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Lehre und Studium derart bestehen, daß der Auszubildende nach dem Lehrabschluß das Studium baldmöglichst mit der gebotenen Zielstrebigkeit aufnimmt. Übt er im Anschluß an die Lehre den erlernten Beruf aus, obwohl er mit dem Studium beginnen könnte, wird der erforderliche zeitliche Zusammenhang aufgehoben (Senat BGHZ 107, 376, 382; Senatsurteil vom 27. September 1989 - IVb ZR 83/88 - FamRZ 1990, 149, 150). Dahinter steht der Gedanke, daß die Reichweite der Unterhaltspflicht der Eltern von der Frage mitbestimmt wird, inwieweit sie damit rechnen müssen, daß ihr Kind nach Schulabschluß und nach einer Lehre noch weitere Ausbildungsstufen anstrebt. Da es zu den schützenswerten Belangen des Unterhaltspflichtigen gehört, sich in der eigenen Lebensplanung darauf einstellen zu können, wie lange die Unterhaltslast dauern wird, wird eine Unterhaltspflicht um so weniger in Betracht kommen, je älter der Auszubildende bei Abschluß seiner praktischen Berufsausbildung ist. Denn um so weniger müssen die Eltern damit rechnen, daß er daran noch den Besuch einer weiterführenden Schule und ein Studium anschließen wird. Diese aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis folgenden Gesichtspunkte wirken sich nicht erst bei der Prüfung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für die Eltern aus, sondern beeinflussen bereits die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der eingeschlagene Ausbildungsweg noch Bestandteil der geschuldeten einheitlichen Vorbildung zu einem Beruf ist (Senatsurteil vom 30. November 1994 - XII ZR 215/93 - FamRZ 1995, 416, 417). Daher hat der Senat einen weiteren Ausbildungsanspruch in der Regel für solche Fälle verneint, in denen dem Realschulabschluß zunächst eine Lehre, sodann die Fachoberschule und die Fachhochschule nachfolgen. Denn der Unterhaltspflichtige braucht hier - im Unterschied zu den Fällen, in denen die Eltern wegen des Abiturs des Kindes grundsätzlich von vornherein mit einem Hochschulstudium rechnen müssen - nicht davon auszugehen, daß ihn das Kind nach Abschluß der praktischen Berufsausbildung zu weiteren Unterhaltsleistungen heranzieht (Senatsurteil vom 30. November 1994 aaO).

Die geschilderten Fälle unterscheiden sich vom vorliegenden zwar dadurch, daß der Sohn des Beklagten nach Schulabgang im April 1982 bisher überhaupt keine Ausbildung durchlaufen hat. Indessen gelten die aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis folgenden Grundsätze hier erst recht. Auch ein Schulabgänger muß sich im Verhältnis zum Unterhaltspflichtigen in angemessener Zeit darüber klar werden, welche Ausbildungsmöglichkeiten ihm nach seinem jeweiligen Schulabschluß zur Verfügung stehen. Er muß sich alsbald um einen entsprechenden Ausbildungsplatz bemühen und die Ausbildung zielstrebig angehen (vgl. OLG Schleswig FamRZ 1986, 201 f.). Zwar ist einem jungen Menschen eine gewisse Orientierungsphase zuzugestehen, deren Dauer von Fall zu Fall unterschiedlich ist und sich jeweils nach Alter, Entwicklungsstand und den gesamten Lebensumständen des Auszubildenden richtet. Je älter er indessen bei Schulabgang ist und je eigenständiger er seine Lebensverhältnisse gestaltet, desto mehr tritt an die Stelle der Elternverantwortung die Eigenverantwortung für seinen Berufs- und Lebensweg. Selbst wenn er bisher noch keine Berufsausbildung erfahren hat, kann eine zu lange Verzögerung dazu führen, daß sein Ausbildungsanspruch entfällt und er sich daher seinen Lebensunterhalt mit ungelernten Tätigkeiten oder aufgrund sonstiger Begabungen und Fertigkeiten verdienen muß (vgl. OLG Hamm FamRZ 1989, 1219, 1220; FamRZ 1995, 1007, 1008; Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 3. Aufl. § 2 Rdn. 65). § 1610 Abs. 2 BGB mutet den Eltern nicht zu, sich gegebenenfalls nach Ablauf mehrerer Jahre, in denen sie nach den schulischen Ergebnissen und dem bisherigen Werdegang des Kindes nicht mehr mit der Nachholung der Hochschulreife und der Aufnahme eines Studiums rechnen mußten, einem Ausbildungsanspruch des Kindes ausgesetzt zu sehen. Dabei fällt auch ins Gewicht, daß es sich dabei um Zeiträume handelt, in denen steuerliche Erleichterungen, Kindergeld oder kindbezogene Gehaltsbestandteile aufgrund des fortgeschrittenen Alters des Kindes unabhängig von seinem Ausbildungsstand wegfallen (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 1994, 1611, das bei einer Orientierungsphase von 31 Monaten den Unterhaltsanspruch versagt hat; abweichend OLG Köln FamRZ 1986, 382; OLG Stuttgart FamRZ 1996, 181; Griesche in FamGb § 1610 Rdn. 53 unter Hinweis auf OLG Köln aaO).

c) Die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts trägt diesen Grundsätzen Rechnung.

Dabei mag dahinstehen, ob man vom Sohn des Beklagten bereits ab Eintritt der Volljährigkeit die nötige Einsicht in seine Ausbildungsobliegenheit erwarten und ihm ansinnen konnte, mit dem erreichten Realschulabschluß die Schule zu verlassen und eine praktische Ausbildung zu beginnen. Das Berufungsgericht hat jedenfalls auch entscheidend darauf abgehoben, daß dem endgültigen Abgang vom Gymnasium zunächst 1 ß Jahre teilweiser Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit, sodann rund 1 ß Jahre Zivildienst und danach wiederum 1 Jahr mit wechselnden Zeiten der Erwerbstätigkeit folgten, ohne daß der Sohn des Beklagten in dieser Zeitspanne eine klare Planung oder Zielstrebigkeit dahingehend erkennen ließ, eine Berufsausbildung aufzunehmen. Er stand bei Beginn des Abendgymnasiums bereits im 24. Lebensjahr und bei Beginn des Studiums im 27. Lebensjahr und damit in einem Alter, in dem Eltern im Normalfall nicht mehr damit rechnen müssen, noch auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch genommen zu werden. Daß das Berufungsgericht bei diesem Sachverhalt von einer nicht mehr hinzunehmenden Überschreitung der Orientierungsphase ausgegangen ist und im Verhalten des Sohnes eine Verletzung seiner Ausbildungsobliegenheit gesehen hat, liegt im Rahmen der rechtlich möglichen tatrichterlichen Würdigung und ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Bei der gebotenen Interessenabwägung hat das Berufungsgericht im übrigen zutreffend berücksichtigt, daß es nicht nur um die klageweise geltend gemachte Forderung für die ersten 4 Semester geht, sondern um den Unterhaltsanspruch als solchen, der die gesamte Studiendauer umfaßt (vgl. Senatsurteil vom 27. September 1989 aaO S. 150). ..."

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Zur Berücksichtigung von Vermögenswerten des volljährigen Kindes im Rahmen des Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt (BGH, Urteil vom 05.11.1997 - XII ZR 20/96).

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Schulden Eltern ihrem Kind Ausbildungsunterhalt für die Aufnahme eines Studiums, das einer Zulassungsbeschränkung unterliegt, und weist die Zentrale Vergabestelle für Studienplätze (ZVS) dem Kind entgegen dessen Wunsch, am Wohnort der Eltern zu studieren, einen Studienplatz an einer weit entfernten Hochschule zu, ist die Unterhaltsgewährung durch Naturalunterhalt am Wohnort der Eltern aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht durchführbar. Eine dahingehende Unterhaltsbestimmung der Eltern gegenüber dem unverheirateten Kind ist daher unwirksam und steht dem gesetzlichen Übergang des Barunterhaltsanspruches des Kindes auf den Träger der Ausbildungsförderung nach BAföG § 37 Abs 1 S 1 nicht entgegen ( BGH, Urteil vom 20.03.1996 - XII ZR 45/95).

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„... Die im Jahre 1969 geborene Klägerin ist die Tochter des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Nach ihrem Abitur im Sommer 1989 absolvierte sie in der Zeit vom 1. September 1989 bis 28. Februar 1991 in der Absicht, Fremdsprachenassistentin zu werden, eine Ausbildung zur Bürogehilfin (Büroassistentin) bei der Firma H.. Diese Ausbildung war nach den Ausbildungsgrundsätzen der Firma H. Voraussetzung dafür, zur firmeninternen Weiterbildung als Fremdsprachenassistentin zugelassen zu werden. Bei den sich an die Ausbildung anschließenden Sprachentests erreichte die Klägerin in Englisch "sehr gut", in Französisch "befriedigend". Sie wurde deshalb nicht in die weiterführende Ausbildung der Firma übernommen. Sie arbeitete bei ihr noch bis zum 30. September 1991 zu einem monatlichen Bruttogehalt von 2.900 DM und begann mit dem Wintersemester 1991/92 ein Studium der Anglistik, Germanistik und Soziologie.

Der Beklagte hatte an die Klägerin bis zu deren Abitur monatlich 500 DM Unterhalt gezahlt, diese Zahlungen dann auf 300 DM monatlich herabgesetzt und sie später ganz eingestellt. In dem von der Klägerin daraufhin eingeleiteten Unterhaltsverfahren 76 F 1821/90 vor dem Familiengericht Kassel haben die Parteien am 20. Dezember 1990 in einem Vergleich den Unterhalt der Klägerin in der Weise geregelt, daß der Beklagte zur Abgeltung ihrer bereits entstandenen und bis einschließlich Februar 1991 noch entstehenden Unterhaltsansprüche sich verpflichtete, an die Klägerin einen Betrag von 825 DM zu zahlen. Ferner haben sie erklärt, daß zwischen den Parteien Einigkeit darüber bestehe, "daß der Beklagte ab 01.03.1991 keinen Unterhalt mehr zu zahlen hat". ...

2. a) Nach § 1610 Abs. 2 BGB umfaßt der Unterhalt eines Kindes die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Darunter ist eine Berufsausbildung zu verstehen, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und die sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält. Geschuldet wird die den Eltern wirtschaftlich zumutbare Finanzierung einer optimalen begabungsbezogenen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes entsprechende Berufsausbildung (BGHZ 69, 190, 192; 107, 376, 379 ff., jeweils m.w.N.). Haben Eltern ihrem Kind eine angemessene Berufsausbildung in dem dargelegten Sinn zukommen lassen, so sind sie nach der ständigen Rechtsprechung des Senats im allgemeinen nicht verpflichtet, die Kosten einer weiteren Ausbildung zu tragen. Ausnahmen sind nur unter besonderen Umständen angenommen worden, etwa wenn sich nachträglich herausstellte, daß die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruhte. Ferner ist eine Unterhaltspflicht der Eltern in Betracht gezogen worden, wenn die weitere Ausbildung zweifelsfrei als eine bloße Weiterbildung anzusehen ist und die Weiterbildung von vornherein angestrebt war oder während der ersten Ausbildung eine besondere, die Weiterbildung erfordernde Begabung des Kindes deutlich wurde (BGHZ 107 aaO S. 380 m.N.).

Für die Fälle, in denen das Kind nach Erlangung der Hochschulreife zunächst eine praktische Ausbildung durchlaufen hat und es sodann darum geht, ob die Eltern ein sich hieran anschließendes Hochschulstudium zu finanzieren haben, hat der Senat in dem Urteil vom 7. Juni 1989 (BGHZ 107, 376 ff.) entschieden, daß der Unterhalt in diesen Fällen auch die Kosten des Hochschulstudiums umfaßt, wenn dieses mit den vorangegangenen Ausbildungsabschnitten in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht und die Finanzierung des Ausbildungsgangs den Eltern wirtschaftlich zumutbar ist.

b) Das Oberlandesgericht hat diese Voraussetzungen hier für gegeben erachtet und dazu ausgeführt:

Die von der Klägerin absolvierte Ausbildung zur Bürogehilfin könne nicht als die ihr angemessene Vorbildung zu einem Beruf angesehen werden. Zwar handele es sich bei dieser Ausbildung um einen anerkannten Ausbildungsberuf. Er schöpfe aber die Möglichkeiten der Klägerin entsprechend ihren Fähigkeiten und ihrem Leistungswillen als Abiturientin nicht aus. Die Ausbildung sei nur auf die Dauer von zwei Jahren angelegt; sie weise damit eine erheblich geringere Qualifikation als die meisten Ausbildungsberufe auf. Wegen des Abiturs der Klägerin sei die Ausbildung darüber hinaus auf eineinhalb Jahre verkürzt worden. Der berufliche Status werde durch die Verrichtung eher untergeordneter Tätigkeiten bestimmt, die das Begabungspotential der Klägerin nicht ausschöpften. Nachdem der Klägerin die Aufnahme in die firmeninterne Weiterbildung zur Fremdsprachenassistentin nicht gelungen sei, könne die Aufnahme des Hochschulstudiums, das die Klägerin als Magister abschließen wolle, unterhaltsrechtlich nicht beanstandet werden. Nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Ausbildungsgang Abitur-Lehre-Studium wäre der Entschluß zum Studium u.U. selbst dann anzuerkennen, wenn die Klägerin in der Firma H. mit dem Abschluß als Fremdsprachenassistentin eine angemessene Ausbildung erreicht hätte. Allerdings erscheine es zweifelhaft, ob hier der erforderliche sachliche Zusammenhang bejaht werden könne. Im vorliegenden Fall könne jedoch diesem Erfordernis nicht die gleiche Bedeutung wie in den bisher entschiedenen Fällen beigemessen werden. Die Situation der Klägerin sei eher mit derjenigen zu vergleichen, in der sich ein Kind befinde, das zunächst den Ausbildungsweg Abitur-Lehre-Studium begehe, vor Abschluß der Lehre diesen Ausbildungsgang aber aus nachvollziehbaren Gründen beende, um sich schon früher dem Studium zuzuwenden. Gegen den geforderten zeitlichen Zusammenhang bestünden keine Bedenken, auch wenn die Klägerin nach Abschluß ihrer Ausbildung noch ein halbes Jahr bei der Firma H. bis zur Aufnahme ihres Studiums gearbeitet habe. Der Klägerin sei zuzugestehen, daß sie zunächst versucht habe, die finanziellen Voraussetzungen für ein Studium zu klären, nachdem sie nicht in die betriebliche Fortbildung übernommen worden sei. Der Beklagte sei aufgrund seiner Einkommensverhältnisse auch in der Lage, den verlangten Anteil an den Ausbildungskosten zu bezahlen.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.

3. Die Beurteilung des Oberlandesgerichts, die Ausbildung zur Bürogehilfin sei keine für die Klägerin angemessene Vorbildung zu einem Beruf im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Nach dem unstreitigen Sachvortrag hatte die Klägerin schon bei Beginn ihrer Ausbildung die Absicht, Fremdsprachenassistentin zu werden. Mangels abweichenden Vortrags der Parteien ist davon auszugehen, daß dieses Ausbildungsziel der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen der Klägerin entsprach. Diese Ausbildung hat die Klägerin bisher nicht erhalten. Die im Rahmen des Ausbildungsplans lediglich als Vorstufe zur Ausbildung als Fremdsprachenassistentin vermittelte Ausbildung als Bürogehilfin ist keine "angemessene Ausbildung" der Klägerin. Denn sie wurde nicht als die von den Parteien für die Klägerin als angemessen angesehene Ausbildung angestrebt und schöpft auch deren Fähigkeiten ersichtlich nicht aus. Entgegen der Ansicht der Revision ist insoweit unerheblich, ob die Klägerin vor Abschluß des Vergleichs vom 20. Dezember 1990 erklärt hat, sie verfüge ab 1. März 1991 über einen gut bezahlten Arbeitsplatz. Ihr erwartetes Einkommen nach dem ersten Ausbildungsabschnitt konnte zwar die Unterhaltspflicht des Beklagten mindern oder ganz entfallen lassen; das Ziel der Klägerin, Fremdsprachenassistentin zu werden, blieb davon aber unberührt. Das Berufungsgericht war deshalb nicht verpflichtet, dem entsprechenden Beweisantritt des Beklagten nachzugehen.

Der damit weiterhin bestehende Anspruch der Klägerin auf eine angemessene Berufsausbildung entfiel nicht dadurch, daß die beabsichtigte Ausbildung zur Fremdsprachenassistentin bei der Firma H. an der deren Anforderungen nicht genügenden Leistung der Klägerin in Französisch scheiterte. Angesichts der besonderen Leistungsanforderung der Firma H., der die Klägerin in Englisch entsprochen hat, handelt es sich insoweit um ein nicht vorwerfbares leichteres Versagen der Klägerin, das nicht zur schwerwiegenden Folge eines Unterhaltsverlustes führt (vgl. Senatsurteil vom 27. September 1989 - IVb ZR 83/88 - FamRZ 1990, 149, 150 re.Sp.). Entgegen der Meinung der Revision hat das Berufungsgericht nicht unterstellt, daß die Klägerin die Möglichkeit gehabt habe, durch eine Wiederholung des Sprachentests die betriebliche Fortbildung doch noch zu erreichen; es hat diese Frage vielmehr nicht klären können. Das geht entgegen den Ausführungen der Revision in der mündlichen Verhandlung zu Lasten des Beklagten, der sich auf die Möglichkeit einer Testwiederholung berufen hat.

Die Klägerin hat ihren Anspruch auf Ausbildungsunterhalt auch nicht dadurch verloren, daß sie nach Abschluß ihrer Ausbildung in der Zeit von Anfang März bis Ende September 1991 bei der Firma H. gearbeitet hat. Wird ein erlernter Beruf über längere Zeit ausgeübt, obwohl das Kind mit der beabsichtigten Weiterbildung beginnen könnte, und wird der Entschluß zur Weiterbildung auch sonst nicht erkennbar, so kann dies zwar ein Anhalt dafür sein, daß es die erhaltene Ausbildung als ihm angemessen akzeptiert (vgl. zum zeitlichen Zusammenhang bei den Abitur-Lehre-Studium-Fällen Senatsurteil BGHZ 107 aaO S. 382). So ist es aber hier nicht. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Klägerin nach Abschluß ihrer Lehre zunächst versuchte, eine Finanzierung ihres Studiums nach dem BAföG und durch den Beklagten zu erreichen, den sie durch das Schreiben ihres Anwalts vom 2. April 1991 von der Absicht zu studieren, unterrichtet hat. Dieses Verhalten steht der Annahme, die Klägerin habe sich mit der Ausbildung zur Bürogehilfin zufrieden gegeben, entgegen.

Die bisherige Ausbildung ist hiernach für sie noch keine angemessene Ausbildung zu einem Beruf im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB. Der Beklagte ist damit seiner Pflicht, der Klägerin eine angemessene Berufsausbildung zu gewähren, noch nicht in rechter Weise nachgekommen. Hingegen ist das von der Klägerin aufgenommene Studium der Anglistik geeignet, das von ihr angestrebte Ziel, Fremdsprachenassistentin zu werden, zu erreichen, und entspricht - wie der Beklagte nicht in Zweifel zieht - den Fähigkeiten und beachtenswerten Neigungen der Klägerin. Die Firma H. hat der Klägerin nahegelegt, Anglistik und Germanistik zu studieren, weil es sich um ein für den Beruf einer Fremdsprachenassistentin geeignetes Studium handele, und ihr in Aussicht gestellt, sie bei erfolgreichem Studienabschluß als Fremdsprachenassistentin zu übernehmen. Der Beklagte ist deshalb nach § 1610 Abs. 2 BGB i.V. mit § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB weiterhin verpflichtet, zu den Ausbildungskosten der Klägerin beizutragen (vgl. Senatsurteil vom 12. Mai 1993 - XII ZR 18/92 - FamRZ 1993, 1057, 1058 ff). Es kann deshalb dahinstehen, ob der Ansicht des Berufungsgerichts gefolgt werden könnte, der Entschluß der Klägerin zu studieren, sei unter Heranziehung der Grundsätze zu den Abitur-Lehre-Studium-Fällen selbst dann anzuerkennen, wenn die Klägerin in der Firma H. mit dem Abschluß Fremdsprachenassistentin eine angemessene Ausbildung erreicht hätte.

4. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, den vom Beklagten angebotenen Beweis zu seiner Behauptung zu erheben, die Klägerin habe nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bei der Firma H. für mindestens ein Jahr Arbeitslosengeld erhalten.

Nicht zutreffend ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe seine dahingehende Behauptung nach Schluß der mündlichen Verhandlung aufgestellt. Der Beklagte hat bereits in seinem Schriftsatz vom 30. Dezember 1992, der am 31. Dezember 1992 beim Oberlandesgericht eingegangen ist, vorgetragen und unter Beweis gestellt, die Klägerin habe nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bei der Firma H. für mindestens ein Jahr Arbeitslosengeld erhalten, während die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil ergangen ist, erst am 6. Januar 1993 stattgefunden hat. Die Ablehnung des Beweisantrags ist jedoch im Ergebnis deshalb nicht zu beanstanden, weil nicht dargelegt ist, weshalb die Klägerin als Studentin Arbeitslosengeld erhalten haben soll. Bei Studenten kommt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nur ausnahmsweise in Betracht, wenn sie - neben der Erfüllung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen - trotz des Studiums bereit und in der Lage sind, eine mehr als kurzzeitige Tätigkeit auszuüben (vgl. Steinmeyer in Gagel, AFG § 103 Rdn. 118 m.N.; vgl. auch BVerfGE 74, 9, 24 ff.). Daß die Klägerin hierzu während der in Rede stehenden Zeit bereit und in der Lage gewesen wäre, hat der Beklagte nicht vorgetragen und versteht sich nicht von selbst. ..." (BGH, Urteil vom 15.06.1994 - XII ZR 38/93)

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Wer den Zivildienst bei einer Beschäftigungsstelle leistet, die ihm keine dienstliche Unterkunft gewährt, kann wegen des Wohnbedarfs unter Umständen Unterhalt von den Eltern beanspruchen (BGH, Urteil vom 01.12.1993 - XII ZR 150/92).

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Ein Schulabgänger mit allgemeiner Hochschulreife erwirbt durch zweijährigen Dienst als Soldat auf Zeit keine angemessene Vorbildung zu einem Beruf. Zwischen dem Studium der Rechtswissenschaften und einer vorausgegangenen Banklehre besteht ein enger sachlicher Zusammenhang im Sinne der durch das Urteil BGH, 1989-06-07, IVb ZR 51/88, BGHZ 107, 376 begründeten Senatsrechtsprechung (BGH, Urteil vom 23.10.1991 - XII ZR 174/90).

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Zwischen einer Berufsausbildung zum Holzbildhauer und dem Studium der Architektur kann je nach Ausgestaltung im Einzelfall ein derart enger sachlicher Zusammenhang bestehen, dass es sich hierbei um eine einheitliche Erstausbildung des unterhaltsberechtigten Kindes handelt (OLG Nürnberg, Beschluss vom 22.06.2023 - 10 UF 1043/22).

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Ein „automatischer" Abzug von geleistetem Naturalunterhalt vom Einkommen des betreuenden Elternteils beim Ehegattenunterhalt ist entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht gerechtfertigt. Erforderlich ist die Darlegung eines tatsächlich geleisteten zusätzlichen Aufwandes nach den üblichen Regeln zur Darlegungs- und Beweislast bei zu berücksichtigenden Belastungen beim Berechtigten wie auch Verpflichteten. Berücksichtigungsfähig sind nur tatsächlich erbrachte Leistungen. Erforderlich ist ferner eine entsprechende Rechtspflicht zu dem zu leistenden Naturalunterhalt, da freiwillige Leistungen das Unterhaltsverhältnis in der Regel unberührt lassen. Jedenfalls verbietet sich eine „automatische" Berücksichtigung, sofern beim betreuenden Elternteil der angemessene Selbstbehalt unterschritten ist (OLG Oldenburg, Beschluss vom 16.05.2023 - 3 UF 32/23).

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Zahlung des Mehrbedarfes beim Wechselmodell (OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.11. 2022 - 13 UF 24/21):

„ ... Die gemäß § 58 FamFG statthafte Beschwerde ist auch mit Blick auf das nach der erstinstanzlichen Entscheidung zwischen den Eltern geübte Wechselmodell zulässig.

Zwar ist in Fällen des paritätischen Wechselmodells kein Elternteil befugt, in alleiniger Vertretung des Kindes dessen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil geltend zu machen, denn in diesen Fällen betreuen beide das Kind und eine alleinige Obhut i.S.d. § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB besteht nicht (BGH, FamRZ 2006, S. 1015, Rn. 9; BGH FamRZ 2014, S. 917, Rn. 16), sodass die Mutter den Antragsteller in diesem Verfahren nicht mehr allein vertreten kann. Allerdings ist dieser Mangel in Folge des Beschlusses des Amtsgerichts Strausberg vom 14.10.2021 nunmehr durch die Vertretung des Antragstellers durch das Jugendamt als Ergänzungspfleger behoben. Auch Bedenken in Bezug auf die Postulationsfähigkeit gemäß §114 FamFG bestehen insoweit nicht, da der Antragsteller durchgängig durch einen postulationsfähigen Rechtsanwalt als Verfahrensbevollmächtigten vertreten wird. Die Beschwerde hat in der Sache allerdings nur teilweise Erfolg.

Soweit die Beschwerde die erstinstanzliche Unzuständigkeit des angerufenen Familiengerichts rügt, gilt § 65 Abs. 4 FamFG. Danach kann die Beschwerde nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

Ebenfalls unschädlich ist der Umstand, dass in den Schriftsätzen der Antragstellerseite nicht durchweg klar wird, dass nicht die Mutter, sondern das Kind Antragsteller im Verfahren ist. Maßgeblich ist die Parteienbezeichnung im Rubrum und der Antrag, der darauf gerichtet ist, Zahlung an den Antragsteller zu Händen seiner Mutter zu leisten.

Die hier streitigen Kosten eines privaten Schulbesuchs sind unterhaltsrechtlich als Mehrbedarf zu qualifizieren (BeckOGK/Wendtland, 1.8.2022, BGB § 1610 Rn. 138.1). Mehrbedarf ist der Teil des Lebensbedarfs, der regelmäßig während eines längeren Zeitraums anfällt und das Übliche derart übersteigt, dass er beim Kindesunterhalt mit den Tabellensätzen nicht oder nicht vollständig erfasst werden kann, andererseits aber kalkulierbar ist (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 17. Mai 2021 - 9 UF 174/20 -, Rn. 11, juris; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis.10. Auflage 2019, Rn. 232 -beck-online-).

Der Antrag auf Zahlung von Mehrbedarf ist - wie hier - als Leistungsantrag statthaft. Beim Kindesunterhalt ist der Zusatzantrag für einen Mehrbedarf neben der bestehenden Titulierung des Tabellenunterhalts zulässig, weil der Barunterhaltsbedarf des Kindes auch bei günstigen Einkommensverhältnissen von vornherein nicht den Betreuungs- und Erziehungsbedarf des Kindes erfasst, hierfür vielmehr zusätzliche Mittel zu veranschlagen sind (vgl. Wendl/Dose UnterhaltsR, § 10 Verfahrensrecht Rn. 169, beck-online).

Die Frage der Notwendigkeit des Besuchs einer Privatschule stellt sich entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht, denn mit der Unterzeichnung des Schulvertrages hat er dem Besuch bereits vorbehaltlos zugestimmt. Der mit dieser Grundentscheidung einverstandene Antragsgegner muss dann auch die Rechtsfolgen tragen, die losgelöst von der mangels Vertragspartnerschaft tatsächlich im Außenverhältnis nicht bestehenden Schuldverpflichtung gegenüber dem Schulträger einzig nach den dafür - unterhaltsrechtlich - geltenden Maßstäben zu beurteilen sind (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 17. Mai 2021 - 9 UF 174/20 -, Rn. 17, juris).

Der verfahrenseinleitende auf eine fortlaufende unbefristete monatliche Zahlung gerichtete Antrag ist dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller von Anfang an die Beteiligung nur am Schulgeld für das Schuljahr 2019/2020 begehrt hat, nachdem seine Mutter das sich auf 4.845,80 € belaufende Schulgeld für dieses Schuljahr (incl. Einschreibegebühr von einmalig 50 €) vollständig verauslagt hatte. Entsprechend hat der Antragsteller mit den Schriftsätzen vom 30.12.2019 und 31.01.2020 den Mehrbedarf mit dem einmaligen Jahresbetrag für das Schuljahr 2019/2020 abzüglich des Verpflegungsanteils von 780 € (vgl. hierzu BeckOGK/Wendtland, 1.8.2022, BGB § 1610 Rn. 134.1), geltend gemacht. Der Mehrbedarf beträgt danach im Schuljahr 2019/2020 4.065,80 €.

Am Mehrbedarf muss sich grundsätzlich auch der Elternteil beteiligen, der ein minderjähriges Kind betreut und dadurch regelmäßig nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB seine Unterhaltspflicht erfüllen würde, wenn er über Einkünfte verfügt, insbesondere, wenn er erwerbstätig ist oder ihn eine Erwerbsobliegenheit trifft (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 17. Mai 2021 - 9 UF 174/20 -, Rn. 12, juris). Nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB haften die Eltern insoweit nicht als Gesamtschuldner, sondern anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2022 - XII ZB 325/20 -, Rn. 43, juris; BGH, FamRZ 1998, 286, 287 f. mwN).

Für den in der Vergangenheit liegenden Mehrbedarf im Jahr 2019 ist mangels Prognosebedarfs der einjährige Jahresdurchschnitt der Einkommen der Eltern in diesem Jahr maßgeblich (vgl. Senat Beschluss vom 11. Februar 2020 - 13 UF 71/15 -, Rn. 17, juris; Wendl/Dose UnterhaltsR, 10. Aufl., § 1 Rn. 73). Für den Mehrbedarf in 2020 schreibt der Senat mangels anderweitiger Anhaltspunkte das Einkommen aus 2019 fort.

Entsprechend dem Hinweis der Berichterstatterin durch Verfügung vom 02.08.2022, dem die Beteiligten innerhalb der gesetzten Frist nicht entgegengetreten sind, stellt sich das Einkommen der Eltern des Antragstellers in 2019 wie folgt dar:

Einkommen der Mutter des Antragstellers:

Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit: 43.568 €
Einkünfte aus Kapitalerträgen: 5.923 €
Summe: 49.491 €
./. Versorgungswerk 6.911 €
./. KV 4.395 €
./. PV 376 €
./. KV 569 €
./. Allianz-RV 1.150 €
./. Steuern für 2018 1.728 €
Ergebnis: 34.362 € : 12 = 2.864 € monatlich (gerundet)

Einkommen Antragsgegner:

Einkünfte aus Photovoltaik: 15.035 €
Einkünfte aus Vermietung: 4.114 €
Einkünfte aus Vermietung: 58.852 €
Einkünfte aus Vermietung: 1.219 €
Summe: 79.220 €
./. KV 4.044 €
./. PV 341 €
./. KV 10 €
Ergebnis: 74.825 € : 12 = 6.235 € (gerundet)

Die Haftungsverteilung folgt den Grundsätzen für die Berechnung der Haftungsanteile des Volljährigenunterhalts. Vor der Gegenüberstellung der jeweiligen Einkommen ist bei jedem Elternteil ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts abzuziehen (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2013 - XII ZB 298/12 - FamRZ 2013, 1563 Rn. 12 mwN). Bei der Berechnung der jeweiligen Haftungsanteile ist zu beachten, dass das Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils bei der Ermittlung der vergleichbaren Einkünfte im Rahmen der Haftungsanteilsberechnung vorab um den geschuldeten Barunterhalt zu bereinigen ist (BeckOGK/ Winter, 1.5.2022, BGB § 1613 Rn. 221).

Entsprechend sind in die Berechnung der Quote auf Seiten der Mutter der in 2019 geltende Selbstbehalt von 1.300 € vom dargestellten Einkommen abzuziehen, sodass sich ein Betrag von 1.564 € ergibt.

Das Einkommen des Antragsgegners ist zusätzlich um den Barunterhalt der höchsten Einkommensstufe, den der Antragsgegner leistet, zu bereinigen. Der Zahlbetrag betrug in 2019 für den am 29.03.2013 geborenen Antragsteller bis einschließlich Februar 2019 in der ersten Altersgruppe 470 €, von März bis Juni 2019 in der zweiten Altersgruppe 553 € und ab Juli 2019 548 €. Entsprechend erfolgt die Quotierung im Januar und Februar 2019 nach einem Einkommen von 4.465 € (6.235 € - 1.300 € - 470 €), von März 2019 bis Juni 2019 von 4.382 € und ab Juli 2019 von 4.387 €.

Der Haftungsanteil des Antragsgegners beträgt in allen Zeitabschnitten gerundet 74 %. Zwar haben sich in 2020 der angemessene Selbstbehalt auf 1.400 € und der Kindesunterhalt in der höchsten Einkommensgruppe und 2. Altersstufe auf 577 € erhöht. Dies wirkt sich auf das rechnerisch ermittelte und auf volle Prozent gerundete Ergebnis aber nicht aus.

74 % vom Mehrbedarf in Höhe von 4.065,80 € ergeben einen Betrag von gerundet 3.009 €.

Mehrbedarf für die Vergangenheit - hier August und September 2019 - kann allerdings nur unter den Voraussetzungen von § 1613 BGB gefordert werden, also nur, wenn der Unterhaltspflichtige vor dem Anfall der Kosten zur Auskunft aufgefordert oder in Verzug gesetzt worden ist. Mangels vorgerichtlichen Auskunftsverlangens oder Mahnung kann der Antragsteller Zahlung erst ab Rechtshängigkeit, die mit Antragszustellung am 24.09.2019 erfolgt ist fordern, mithin ab September 2019, nicht hingegen für August 2019. 1/12 von 3.009 € betragen 250,75 €, sodass der Anspruch auf Mehrbedarf insgesamt 2.758,25 € (250,75 € x 11) beträgt.

Zur Zahlung dieses Betrags ist der Antragsgegner auf den erstmals in der zweiten Instanz gestellten Antrag des Antragstellers zu verpflichten. Nachdem das Amtsgericht den Antragsgegner nicht auf den tatsächlich gestellten, auf die Zahlung von insgesamt nur 2.485 € gerichteten Antrag, sondern unter Verletzung des aus § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO folgenden Grundsatzes auf einen lediglich angekündigten, in der Folge aber nicht gestellten Antrag verpflichtet hat, stellt der zweitinstanzliche Antrag des Antragstellers, die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners gleichwohl zurückzuweisen, eine - jedenfalls konkludente - Anschlussbeschwerde mit dem antragserweiternden Ziel dar, den Antragsteller über den erstinstanzlich gestellten Antrag hinaus nunmehr im zweiten Rechtszug zur Zahlung von insgesamt 3.659 € zu verpflichten. Dieser Antrag ist allerdings - wie vorstehend ausgeführt - lediglich in Höhe von 2.758,25 € begründet, sodass die Anschlussbeschwerde im Übrigen zurückzuweisen war.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 288, 291 BGB, §§ 113, 308 ZPO. Mit seinem Antrag hat der Antragsteller bereits fällig gewordenen Mehrbedarf für August und September 2019 in Höhe von insgesamt 435 € geltend gemacht. Wie dargestellt, bestand ein Anspruch auf Zahlung von Mehrbedarf mangels Verzugs für August 2019 nicht. Zinsen sind daher nur auf den für September 2019 geschuldeten Betrag zuzusprechen. Mangels anderweitigen Vortrags beträgt der vom Antragsteller für September geltend gemachte Betrag die Hälfte von 435 €, mithin 217,50 €. Gemäß §§ 113 FamFG, 308 ZPO waren Zinsen nur auf diesen Betrag auszusprechen. Zinsbeginn ist mangels vorherigen Verzugs erst der Tag nach Eintritt der Rechtshängigkeit. ..."

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Die Eltern schulden ihrem Kind Unterhalt für eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich dabei in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hält. In den Fällen, in denen nach einem Realschulabschluss zunächst eine Lehre, dann die Fachoberschule und später die Fachhochschule absolviert wird („Realschul-Lehre-Fachoberschule-Fachhochschul-Fälle"), ist jedenfalls dann von einer einheitlichen, von den Eltern zu finanzierenden Berufsausbildung auszugehen, wenn schon bei Beginn der praktischen Ausbildung erkennbar eine Weiterbildung einschließlich des späteren Studiums angestrebt wurde. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen den einzelnen Ausbildungsstufen erfordert zwar, dass der Auszubildende nach dem Abschluss einer Ausbildungsstufe die nächste Ausbildungsstufe mit der gebotenen Zielstrebigkeit aufnimmt. Der enge zeitliche Zusammenhang kann aber auch dann gewahrt sein, wenn die Zeit zwischen zwei Ausbildungsstufen auf zwangsläufige, dem Kind nicht anzulastende Umstände zurückzuführen ist, z.B. auf Entwicklungsstörungen infolge von familiären Schwierigkeiten oder bei leichterem, nur vorübergehendem Versagen des Kindes (hier: zwischenzeitlicher Abbruch der Fachoberschule auf Grund familiärer Konflikte; OLG Bremen, Beschluss vom 19.10.2021 - 4 UF 59/21).

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„ ... a) Die Auskunftsverpflichtung beruht auf § 1605 Abs. 1 S. 1 BGB und erfasst nicht nur eigene Einkünfte und Vermögen des Antragstellers selbst, sondern auch Einkünfte und Vermögen der Kindesmutter, in deren Haushalt er lebt. Die Auskunftspflicht des Kindes erstreckt sich auf seine Einkünfte und sein Vermögen, wozu auch ein Anspruch auf Barunterhalt gegen jeden Elternteil gehört (alle Zitate nach juris: Viefhues in jurisPK-BGB Band 4, 9. Auflage 2020 Rz 46). Der Antragsteller gehört als Vater des Antragsgegners zu den Verwandten in gerader Linie. Die Auskunftsverpflichtung richtet sich formal nach §§ 1605 Abs. 1 S. 3, 260, 261 BGB. Vorzulegen ist ein geordnetes Verzeichnis. Nach § 1605 Abs. 1 Satz 3 BGB sind die Regelungen der §§ 260, 261 BGB entsprechend anzuwenden. Daraus folgt, dass die Auskunftspflicht durch Vorlage einer in sich geschlossenen schriftlichen, systematischen Aufstellung der erforderlichen Angaben zu erfüllen ist, die dem Berechtigten ohne übermäßigen Arbeitsaufwand ermöglicht, den Unterhaltsanspruch zu berechnen (BGH, Beschluss vom 22.10.2014, XII ZB 385/13, FamRZ 2015, 127).

b) Ob im Hinblick auf eine nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich gegebene anteilige Haftung beider Elternteile für den Unterhalt ihres volljährigen Kindes jeder Elternteil einen aus § 242 BGB (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen im Einzelfall BGH, Beschluss vom 02.07.2014, XII ZB 201/13, FamRZ 2014, 1440) abgeleiteten direkten Auskunftsanspruch gegen den anderen Elternteil hat, kann offen bleiben. Ob ein Auskunftsanspruch zwischen den beiden Elternteilen eines volljährigen Kindes besteht, ist in der Rechtsprechung umstritten (vgl. ausführlich Viefhues a.a.O. Rz 48 ff.) und vom BGH bei einem volljährigen Kind bejaht worden (vgl. Urteil vom 09.12.1987, IVb ZR 5/87, NJW 1988, 1906; a.A. OLG Hamm als Vorinstanz, FamRZ 1987, 744; ebenso BGH, Beschluss vom 17.04.2013, XII ZB 329/12, FamRZ 2013, 1027 unter geschiedenen Ehegatten, wenn der Unterhalt für ein volljähriges Kind Leistende einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend macht; bejahend ebenfalls OLG Köln, Beschluss vom 25.11.1992, 25 WF 239/91, FamRZ 1992, 469 sowie OLG Zweibrücken, Beschluss vom 15.12.1999, 5 WF 114/99, FamRZ 2001, 249 bei einem volljährigen Kind; verneinend OLG Bremen, Beschluss vom 07.09.2011, 5 UF 52/11, FamRZ 2012, 316, weil das Kind die Darlegungs- und Beweislast trage). Das OLG Karlsruhe (Urteil vom 09.01.2009, 18 UF 207/08, FamRZ 2009, 1497) hat einen solchen Auskunftsanspruch abgelehnt, weil das (volljährige) Kind ein Auskunftsrecht habe. Das Amtsgericht hatte jedoch bereits in einem Vorverfahren nach unstreitigem Vorbringen einen solchen direkten Auskunftsanspruch im Elternverhältnis untereinander verneint. Daher kann und muss sich der hiesige Antragsteller nicht auf einen solchen Weg verweisen lassen. Dieser ist ihm aufgrund rechtskräftiger Entscheidung abgeschnitten.

c) Die Auskunft erstreckt sich auch auf einen etwaigen Familienunterhaltsanspruch der Kindesmutter gegenüber ihrem Ehemann. Zum Vermögen des unterhaltsberechtigten Kindes gehören auch Ansprüche, insbesondere Unterhaltsansprüche. Diese berechnen sich wiederum nach dem Einkommen und Vermögen beider Elternteile (vgl. Viefhues, a.a.O. Rz 46). Der an den kindesunterhaltspflichtigen Elternteil wiederum durch dessen (neuen) Ehegatten zu erbringende Familienunterhalt ist schon nach dem Wortlaut des § 1605 Abs. 1 S. 1 BGB unter die zu offenbarenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu fassen (vgl. Klinkhammer in Staudinger (2018) § 1605 Rz 26). Denn ein solcher Anspruch hat Vermögenswert, auch wenn der Anspruch auf Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360 a BGB grundsätzlich - ggf. mit der Ausnahme eines Taschengeldanspruchs - nicht auf Gewährung einer frei verfügbaren und laufenden Geldrente gerichtet ist. Zu seiner Darlegung und Berechnung sind deshalb die ihn beeinflussenden Einkünfte (des Ehegatten des unterhaltspflichtigen Elternteils) mitzuteilen. Allerdings besteht kein Auskunftsanspruch gegenüber Dritten, hier also im Verhältnis des Antragstellers und des Ehegatten der Kindesmutter, so dass über diesen "Umweg" (Auskunft durch den ggf Unterhaltsberechtigten) auch solche Ansprüche erfasst werden können und müssen (so auch Klinkhammer a.a.O. Rz 26). Dieser Teil der Auskunftspflicht ist daher von § 1605 Abs. 1 S. 1 BGB erfasst (Viefhues, a.a.O. Rz 83 ff.).

d) Die Belegverpflichtung ergibt sich aus § 1605 Abs. 1 S. 2 BGB. Ob bezogen auf den Familienunterhaltsanspruch der Kindesmutter gegen ihren jetzigen Ehemann auch grundsätzlich die Vorlage von Belegen geschuldet ist, bedarf keiner Entscheidung; denn nach dem titulierten Anspruch werden keine Drittunterlagen erfasst. Vielmehr ergibt sich anhand des Wortlauts zu Ziffer 2. des amtsgerichtlichen Tenors eindeutig, dass der Antragsgegner nur Belege der Kindesmutter selbst vorzulegen hat ("ihre"), allerdings auch soweit sie gemeinsame Einkünfte etc. erfassen. Der BGH hat überdies bereits entschieden, dass unter Ehegatten keine Belege geschuldet werden (bei Inanspruchnahme eines Ehegatten auf Elternunterhalt, vgl. BGH, Urteil vom 02.06.2010, XII ZR 124/08, FamRZ 2011, 21).

e) Ein Ausschluss des Auskunftsanspruchs wegen Rechtsmissbrauchs ist ebenfalls nicht ersichtlich. § 242 BGB steht der geltend gemachten Auskunft in der titulierten Fassung nicht entgegen. Für jeden Auskunftsanspruch als vorbereitenden Anspruch für die Berechnung von Unterhalt gilt, dass eine Auskunft nur dann nicht geschuldet ist, wenn feststeht, dass die Auskunft den Unterhaltsanspruch bzw. die Verpflichtung unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen kann (BGH, Beschluss vom 15.11.2017, XII ZB 503/16 unter Aufzählung einiger Beispiele; Beschluss vom 17.04.2013, XII ZB 329/12, FamRZ 2013, 1027 zur Auskunftspflicht unter Eltern nach § 242 BGB, Urteil vom 22.06.1994, XII ZR 100/93, FamRZ 1994, 1169). Die Erforderlichkeit ist nicht nur Voraussetzung für das grundsätzliche Bestehen der Auskunftspflicht, sondern sie bestimmt nach dem Gesetzeswortlaut auch ihren Umfang und den Zeitraum, über den Auskunft zu geben ist. Rückforderungsansprüche sowie der Entreicherungseinwand können indes erst nach Erteilung der begehrten Auskünfte beurteilt werden. Die Mitteilung, dass der Antragsgegner entreichert ist, reicht so nicht. Hier steht zwar der Entreicherungseinwand im Raum, worauf der Antragsgegner eindringlich hinweist. Allerdings reicht die überdies nicht formal ordnungsgemäß erteilte - isolierte - Auskunft des Antragsgegners, er sei eindeutig entreichert, so ersichtlich nicht aus. Eine solche Beurteilung ist gerade erst nach ordnungsgemäßer Erteilung der Auskunft möglich. Die erfassten Zeiträume sind ersichtlich zumindest teilweise kongruent (s.o.), so dass auch aus diesem Gesichtspunkt ein Rechtsmissbrauch derzeit nicht ersichtlich ist. ..." (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2019 - 3 UF 96/19)

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Bedürftigkeit eines Volljährigen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.10.2019 - 4 UF 209/18):

„ ... Einem volljährigen Kind, dass sich nicht in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, steht ein Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern nur dann zu, wenn es nicht in der Lage ist, seinen Unterhaltsbedarf durch eigene Mittel, insbesondere durch eigenes Erwerbseinkommen zu decken. Für seinen Unterhaltsbedarf und seine Unterhaltsbedürftigkeit trägt es die volle Darlegungs- und Beweislast. Daran ändert auch ein Übergang des Unterhaltsanspruchs auf einen Träger öffentlicher Leistungen nichts (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 2002, 854).

Der Bedarf leitet sich bei volljährigen Kindern, die noch keine eigene Lebensstellung erreicht haben, von den Einkommensverhältnissen der Eltern ab und wird auf der Grundlage der Düsseldorfer Tabelle berechnet (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 2002, 854; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 2, Rdnr. 203 und 534). Er beläuft sich bei volljährigen Kindern mit eigenem Hausstand auf den sich aus Ziffer 13.1.2 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (veröffentlicht unter www.hefam.de) ergebenden Betrag, den auch der Antragsteller seiner Unterhaltsberechnung zu Grunde gelegt hat. Er belief sich im hier streitgegenständlichen Zeitraum auf 670,- Euro monatlich bis einschließlich Dezember 2015 und auf 735,- Euro monatlich ab Januar 2016, jeweils zuzüglich der monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung (113,31 Euro im August 2015, 172,94 Euro ab September 2015).

Hat ein volljähriges Kind durch eine Berufsausbildung oder eine längere Ausübung einer ungelernten Tätigkeit bereits eine eigene Lebensstellung erlangt, ist diese für die Bemessung seines Bedarfs maßgebend. Seine Eltern kann ein volljähriges Kind allerdings auch dann nur auf Unterhalt in Anspruch nehmen, wenn es ihm trotz aller Bemühungen nicht gelingt, das Existenzminimum zu sichern, welches mit dem sich aus der Düsseldorfer Tabelle ergebenden notwendigen Selbstbehalt für nicht Erwerbstätige in Ansatz zu bringen ist (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 2, Rdnr. 535; für den Unterhaltsanspruch der Mutter eines nichtehelichen Kindes BGH, FamRZ 2010, 357). Dieser belief sich im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß Ziffer 21.2 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf 880,- Euro monatlich und beinhaltet grundsätzlich bereits die Kosten einer Krankenversicherung; bei Anhaltspunkten für unterhaltsrechtlich bedeutsame zusätzliche Kosten kann er allerdings angemessen erhöht werden. Eine Erwerbstätigkeit wirkt sich nicht bedarfserhöhend aus, denn der Unterhaltsberechtigte ist ohnehin gehalten, den eigenen Lebensbedarf im Rahmen seiner Möglichkeiten sicherzustellen (vgl. BGH, FamRZ 2010, 357, Rdnr. 38; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 2, Rdnr. 535).

An die Beurteilung der Bedürftigkeit eines nicht in der Ausbildung befindlichen volljährigen Kindes sind strenge Anforderungen zu stellen. Das Kind muss, wenn es gesundheitlich dazu in der Lage ist, jede Arbeitsmöglichkeit ausnutzen. Für die Nutzung seiner Arbeitskraft gelten ähnliche Maßstäbe wie für die Haftung der Eltern gegenüber minderjährigen Kindern (vgl. BGH, FamRZ 1985, 1245; FamRZ 1987, 1230; Wendl/Dose, das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 2, Rdnr. 57 und 484), d.h. das Kind muss darlegen und beweisen, dass es sich im Rahmen seiner gesundheitlichen Fähigkeiten hinreichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat oder dass es auch im Falle entsprechender Bemühungen keine realistische Beschäftigungschance hätte (vgl. Ziffer 9 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main; BGH, FamRZ 2009, 314; FamRZ 2014, 637; FamRZ 2014, 1992). Kommt der Volljährige einer sich danach ergebenden Erwerbsobliegenheit nicht nach, entfällt seine Bedürftigkeit in Höhe des durch die ihm obliegende Erwerbstätigkeit erzielbaren Erwerbseinkommens (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 2, Rdnr. 57 und 484).

Auch wenn der vom Amtsgericht bestellte Sachverständige mit Ausnahme der ihm vorgelegten Arztberichte keine tatsächlichen Anknüpfungspunkte für eine Erwerbsunfähigkeit des Sohnes des Antragsgegners im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.2.2015 bis zum 30.4.2016 feststellen konnte, muss davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller eine gesundheitsbedingte Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit bereits durch die Berufung auf den Bezug von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII hinreichend dargelegt hat (vgl. zur Darlegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit beim Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung BGH, FamRZ 2017, 109). Leistungsberechtigte der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII sind nämlich nur Hilfesuchende, die keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II haben. Das sind nur Hilfesuchende, die auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 8 Abs. 1 SGB II).

Unabhängig von der Frage, ob sich eine entsprechende Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Sohnes des Antragsgegners im streitgegenständlichen Zeitraum zum jetzigen Zeitpunkt noch feststellen lässt, traf den Sohn des Antragsgegners im Hinblick auf die zum 1.11.2014 wirksam gewordene Einstellung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II ab diesem Zeitpunkt keine Obliegenheit mehr zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit von drei oder mehr Stunden täglich (vgl. zur Erwerbsobliegenheit des Beziehers einer Rente wegen voller Erwerbsminderung BGH, FamRZ 2017, 109).

Eine vollständige Unfähigkeit zur Erzielung jeglichen Erwerbseinkommens ergibt sich aus dem Bezug von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII hingegen nicht. Vielmehr hat der Unterhaltsberechtigte darzulegen und zu beweisen, weshalb er nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Bereich von bis zu drei Stunden täglich in der Lage ist. Dass er in Folge seiner Erwerbsminderung nicht auf die Vermittlung durch die Agentur für Arbeit zurückgreifen kann, reicht für die gebotene Darlegung nicht aus. Er ist vielmehr gehalten, sich auch durch eigene Initiative über Stellenangebote zu informieren und sich um geeignete Stellen zu bewerben (vgl. BGH, FamRZ 2017, 109).

Der sich hieraus für die Annahme einer vollständigen Erwerbsunfähigkeit des Sohnes des Antragsgegners ergebenden Darlegungslast genügt der Vortrag des Antragstellers nicht. Insbesondere reicht es nicht aus vorzutragen, der Sohn des Antragsgegners sei im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.2.2015 bis zum 30.4.2016 auf Grund seiner psychischen Erkrankung erwerbsunfähig gewesen. Im genannten Zeitraum ist der Sohn des Antragsgegners nämlich vom 4.5.2015 bis zum 21.5.2015 einer Aushilfstätigkeit nachgegangen. Es fehlt jeglicher Vortrag dazu, wie er an diese Beschäftigung gelangt ist und weshalb er im streitgegenständlichen Zeitraum im Übrigen nicht in der Lage war, entsprechende Bemühungen um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu entfalten bzw. weshalb etwaige Bemühungen im Übrigen erfolglos blieben. Dass die Aushilfstätigkeit von vornherein befristet war und dass keine weiteren Tätigkeiten aufgenommen wurden, genügt für die Darlegung des Fehlens einer darüber hinausgehenden Beschäftigungschance nicht. Hierfür hätte der Antragsteller vielmehr darlegen müssen, welche Bemühungen um Aushilfstätigkeiten der Sohn des Antragsgegners im gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraum unternommen hat oder auf Grund welcher konkreter Beeinträchtigungen er lediglich zur Erlangung der ausgeübten Beschäftigung, nicht jedoch zu weiter gehenden Bewerbungsbemühungen in der Lage war. Der pauschale Vortrag einer psychischen Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis genügt insoweit im Hinblick auf die zumindest in einem Fall erfolgreichen Bewerbungsbemühungen nicht. Auch das Gutachten der Deutschen Rentenversicherung Hessen vom 16.9.2014 und das vom Amtsgericht eingeholte Gutachten vom 18.7.2018 tragen insoweit nicht zur Aufklärung des Sachverhalts bei, lässt sich doch auch ihnen nicht entnehmen, weshalb der Sohn des Antragsgegners im Mai 2015 zur Ausübung einer Aushilfstätigkeit in der Lage war und im übrigen streitgegenständlichen Zeitraum nicht.

Auch wenn den Sohn des Antragsgegners gemäß oben stehender Ausführungen nur eine Erwerbsobliegenheit im Umfang von weniger als drei Stunden werktäglich traf und davon auszugehen ist, dass Aushilfstätigkeiten - noch dazu für einen psychisch kranken Menschen mit der Erwerbsbiografie des Sohnes des Antragsgegners - in der Regel befristet sind, hat der Antragsteller nicht dargelegt, weshalb der Sohn des Antragsgegners nicht jeden Monat in der Lage war, Aushilfstätigkeiten im Rahmen geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB IV nachzugehen. Die Annahme des Amtsgerichts, bereits aus der diagnostizierten chronifizierten Schizophrenie und den wiederholten stationären Klinikaufenthalten könne gefolgert werden, dass der Sohn des Antragsgegners nicht imstande gewesen sei, den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarkts gerecht zu werden, ist auf Grund der tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit jedenfalls teilweise widerlegt und lässt sich nicht in dieser Allgemeinheit aufrechterhalten. Es hätte deshalb ergänzenden Sachvortrags des Antragstellers bedurft, worauf dieser wiederholt hingewiesen worden ist.

Dem Sohn des Antragsgegners ist daher für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum ein fiktives Einkommen aus einer nicht steuer- und sozialversicherungspflichtigen geringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB IV anzurechnen. Trotz des im Mai 2015 erzielten Einkommens von 796,- Euro ist dabei lediglich ein noch um berufsbedingte Aufwendungen zu bereinigendes monatliches Nettoeinkommen von 450,- Euro anzurechnen, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Sohn des Antragsgegners aus der ihm obliegenden Ausübung einer (ungelernten) Erwerbstätigkeit im Umfang von weniger als drei Stunden täglich dauerhaft ein höheres monatliches Bruttoeinkommen als 450,- Euro hätte erzielen können. Dass der Sohn des Antragsgegners im Mai 2015 mehr als 450,- Euro verdiente, war lediglich dem Umstand geschuldet, dass er im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum im Übrigen keiner Beschäftigung nachging, weshalb die Beschäftigung gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV trotz des 450,- Euro übersteigenden Verdienstes als steuer- und sozialversicherungsfreie geringfügige Beschäftigung einzuordnen war. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass sich aus einer Aushilfstätigkeit im Umfang von weniger als drei Stunden werktäglich im Jahresdurchschnitt ein Einkommen oberhalb der für geringfügige Beschäftigungen geltenden Verdienstgrenze von 450,- Euro brutto monatlich hätte erzielen lassen, sind nicht ersichtlich.

Ein den Betrag von 450,- Euro monatlich dauerhaft übersteigendes Bruttoeinkommen wäre im Übrigen steuer- und sozialversicherungspflichtig gewesen und hätte zum Wegfall des Kindergeldanspruchs des Sohnes des Antragsgegners geführt, weshalb dem Sohn des Antragsgegners auch im Falle einer durchgängigen Anrechnung eines monatlichen Bruttoeinkommens von 796,- Euro im Ergebnis keine nennenswerten zusätzlichen Mittel zur Bedarfsdeckung zur Verfügung gestanden hätten.

Bereinigt man das dem Sohn des Antragsgegners anzurechnende Nettoeinkommen um eine fünfprozentige Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen (vgl. Ziffer 10.2.1 der Unterhaltsgrundsätze), verbleibt ein für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum anzurechnendes bereinigtes Nettoeinkommen von 427,50 Euro.

Rechnet man dem Sohn des Antragsgegners lediglich ein Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung im Umfang von weniger als drei Stunden werktäglich an, kann im Hinblick auf den Umfang der (fiktiven) Beschäftigung und der zuvor ausgeübten Beschäftigungen, die fehlende Berufsausbildung und den auch seit dem Eintritt in die Volljährigkeit ununterbrochenen Bezug von Kindergeld nicht davon ausgegangen werden, dass der Sohn des Antragsgegners im streitgegenständlichen Zeitraum bereits eine eigene Lebensstellung erlangt hatte. Sein Bedarf ist daher gemäß obiger Ausführungen mit dem auch vom Antragsteller veranschlagten Bedarf eines in der Ausbildung befindlichen volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand in Ansatz zu bringen. Dieser belief sich im streitgegenständlichen Zeitraum - wie dargestellt - bis Dezember 2015 auf 670,- Euro monatlich und ab Januar 2016 auf 735,- Euro monatlich, jeweils zuzüglich der Kosten der Krankenversicherung.

Nach Anrechnung des Kindergelds (§ 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 BGB) und des anzurechnenden bereinigten Nettoeinkommens verbleibt damit folgender ungedeckter Bedarf, wobei es für den Zeitraum von August bis Dezember 2015 trotz der Erhöhung des Kindergelds auf 188,- Euro zum 1.8.2015 bei der Anrechnung eines Betrags von 184,- Euro bleibt (vgl. Ziffer 14 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in ihrer ab dem 1.8.2015 geltenden Fassung):

Februar bis Juli 2015: 670 - 427,50 - 184 = je 58,50 Euro
August 2015: 670 + 113,31 - 427,50 - 184 = 171,81 Euro
September bis Dezember 2015: 670 + 172,94 - 427,50 - 184 = je 231,44 Euro
Januar bis April 2016: 735 + 172,94 - 427,50 - 190 = je 290,44 Euro

Da die vom Antragsteller gewährten Leistungen die genannten Beträge überschritten, ist der Unterhaltsanspruch des Sohnes des Antragsgegners gegen seine Eltern in dieser Höhe auf den Antragsteller übergegangen. Die vom Antragsteller errechnete Haftungsquote des Antragsgegners ist insoweit zu berichtigen, als der Antragsteller für den Zeitraum von Februar bis Juli 2015 noch von einem angemessenen monatlichen Selbstbehalt von 1.200,- Euro ausgegangen ist, obwohl sich dieser gemäß Ziffer 21.3.1 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in ihrer ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung bereits auf 1.300,- Euro belief. Unter Zugrundelegung der aus der Antragsschrift ersichtlichen, mit der Beschwerde nicht angegriffenen Höhe des bereinigten Nettoeinkommens beider Eltern ergibt sich daraus folgende auf den Antragsgegner entfallende Haftungsquote:

Februar bis Juli 2015: 58,50 x 1.055,88 : 1.138,66 = je 54,25 Euro
August 2015: 171,81 Euro x 1.055,88 : 1.138,66 = 159,32 Euro
September bis Dezember 2015: 231,44 Euro x 1.055,88 : 1.138,66 = je 214,61 Euro
Januar bis April 2016: 290,44 Euro x 1.055,88 : 1.138,66 = je 269,33 Euro

Für den gesamten Zeitraum von Februar 2015 bis einschließlich April 2016 beläuft sich der vom Antragsgegner geschuldete Unterhalt damit auf 2.420,58 Euro.

Eine unbillige Härte im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII steht der Annahme eines Anspruchsübergangs auf den Antragsteller in dieser Höhe nicht gegenüber. Der Antragsgegner selbst geht nicht von einer chronischen Erkrankung seines Sohnes, einer daraus resultierenden dauerhaften Erwerbsunfähigkeit und einer damit einher gehenden zeitlich unbeschränkten Unterhaltspflicht seinerseits aus. Soweit der Antragsgegner sich in seinen Heiratsabsichten dadurch beeinträchtigt sieht, dass sein Sohn wieder bei ihm wohnt, ist nicht ersichtlich, weshalb dieser Umstand zu einer mit der Geltendmachung rückständiger Unterhaltsansprüche aus den Jahren 2015 und 2016 für den Antragsgegner verbundenen unbilligen Härte führen sollte. ..."

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Der Antrag des Unterhaltsschuldners auf Abänderung eines Unterhaltsvergleichs über Kindesunterhalt ist nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes ohne weiteres zulässig (§ 239 Abs. 1 Satz 2 FamFG), wenn nach übereinstimmenden Parteiverständnis die Unterhaltspflicht nach Volljährigkeit des Antragsgegners nach den gesetzlichen Maßstäben frei abänderbar sein sollte (OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.05.2019 - 13 UF 11/19).

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Gehören zum angemessenen Unterhalt (§ 1610 Abs. 1 BGB) Kosten für eine Internatsunterbringung sowie hierbei anfallende Nebenkosten für Lehrmittel, Ausflüge, Kopien, Bastelbedarf sowie Materialien für eine Legasthenietherapie, handelt es sich nicht um Sonderbedarf, sondern um Mehrbedarf, der aus dem Elementarunterhalt aufzubringen ist. Zur Frage, ob bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse während des Beschwerdeverfahrens für den Unterhaltsgläubiger eine Wahlmöglichkeit zwischen Anschlussbeschwerde und Abänderungsantrag besteht, wenn der Unterhaltsverpflichtete als Beschwerdeführer lediglich seine Verpflichtung zur Zahlung von rückständigem Kindesunterhalt, nicht jedoch auch zu laufendem Kindesunterhalt angegriffen hat (hier: offen gelassen). Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Beteiligung an den durch die Internatsunterbringung verursachten Mehrkosten (im konkreten Fall verneint; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.05.2019 - 20 UF 105/18).

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Erwerbsobliegenheit eines nicht mehr schulpflichtigen minderjährigen Kindes (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.01.2019 - 2 WF 2/19):

„... Entgegen der Auffassung des Antragsgegners wird die Frage, ob ein Minderjähriger, der nicht mehr schulpflichtig ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen hat, in der neueren familienrechtlichen Rechtsprechung und Literatur nicht mehr kontrovers diskutiert. Gemäß § 1602 Abs. 1 BGB ist unterhaltsberechtigt nur, wer außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten. Ist ein minderjähriges Kind nicht mehr schulpflichtig und befindet es sich auch nicht in Ausbildung, so ist es trotz der Minderjährigkeit verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sofern die Arbeitsaufnahme mit dem Jugendarbeitsschutzgesetz zu vereinbaren ist und keine gesundheitlichen Gründe einer Arbeitsaufnahme entgegenstehen (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 78. Aufl., § 1602 Rn. 5 m.w.N., Klinkhammer in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl., § 2 Rn. 55; Viefhues in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 1602 Rn. 85 ff.; Bamberger/Roth/Reinken, BGB, 3. Aufl., § 1602 Rn. 50; OLG Frankfurt NJW 2015, 3105; OLG Rostock FamRZ 2007, 1267; OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 2082; OLG Brandenburg FamRZ 2005, 2094; OLG Köln FuR 2005, 570).

Soweit in älteren Entscheidungen, insbesondere den vom Antragsgegner zitierten Entscheidungen des OLG Stuttgart vom 10.05.1996 (FamRZ 1997, 447 ff.) und des OLG Saarbrücken vom 07.04.1999 (FamRZ 2000, 40) und in der Literatur (Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 7. Aufl., Kap. V Rn. 114) eine Zurechnung fiktiver Einkünfte bei Minderjährigen verneint wird, wird diese Rechtsauffassung auf § 1611 Abs. 2 BGB gestützt. Nach § 1611 Abs. 2 BGB sind die Vorschriften des § 1611 Abs. 1 BGB betreffend die Verwirkung der Unterhaltspflicht bei minderjährigen Kindern nicht anzuwenden. Wenn - so die Argumentation - selbst ein schwerwiegendes Fehlverhalten bei minderjährigen Kindern sanktionslos bleibe, müsse dies erst recht für eine weniger schwerwiegende Verletzung der Erwerbsobliegenheit gelten. Das OLG Stuttgart hat allerdings zwischenzeitlich seine bisherige Rechtsauffassung aufgegeben und bejaht nunmehr in Übereinstimmung mit der weit überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur eine Erwerbsobliegenheit und eine Zurechnung fiktiver Einkünfte auch für Minderjährige (OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.03.2008, 15 UF 28/08,- juris Rn. 3).

Bei der Frage der Zurechnung fiktiver Einkünfte geht es nicht um die - auch für die Zukunft geltende - Verwirkung eines Unterhaltsanspruches, sondern um die aktuelle Bedürftigkeit (Staudinger/Klinkhammer, BGB, Neubearbeitung 2018, § 1602 Rn. 165). Die Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern ist Ausfluss der familieninternen Solidarität, die aber keine Einbahnstraße ist, sondern in einem Gegenseitigkeitsverhältnis steht. Auch Kinder müssen die notwendigen und ihnen persönlich zuzumutenden Schritte unternehmen, im Laufe der Jahre wirtschaftlich auf eigene Beine zu kommen. Andernfalls sind ihnen - angepasst an die allgemeinen unterhaltsrechtlichen Grundsätze - ihrem Alter entsprechende erzielbare hypothetische Einkünfte anzurechnen (Herberger, a.a.O. Rn. 88).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt ein Wegfall des Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt nicht zwingend voraus, dass die Voraussetzungen einer Verwirkung gemäß § 1611 Abs. 1 BGB vorliegen. Der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung sei vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners auf Ermöglichung einer Berufsausbildung stehe auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Die Verletzung des Gegenseitigkeitsverhältnisses führe von selbst zum Wegfall des Unterhaltsanspruchs, ohne dass dies an die besonderen Verwirkungsvoraussetzungen gebunden sei (grundlegend BGH in FamRZ 1998, 671 Rn. 9). Ob die Verwirkungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind oder aber eine Berufung hierauf gemäß § 1611 Abs. 2 BGB nicht zulässig ist, kann in rechtlicher Hinsicht keinen Unterschied machen. Es ist auch nicht einzusehen, dass ein Kind, das seine Ausbildung nicht zielstrebig betreibt, seinen Unterhaltsanspruch verliert, während ein Kind, das erst gar keine Ausbildung beginnt, keine ganztägige Schule besucht und auch nicht schulpflichtig ist, nach wie vor einen Anspruch auf Kindesunterhalt haben soll. Der Senat schließt sich daher der überwiegenden Auffassung an, nach der auch bei Minderjährigen in der Zeit, in der sie nicht zur Schule gehen, eine Zurechnung fiktiver Einkünfte in Betracht zu ziehen ist.

3. Das Amtsgericht geht deshalb zutreffend davon aus, dass der Antragsgegner im Hinblick auf die ihm fiktiv zuzurechnenden Einkünfte nicht als bedürftig anzusehen ist.

Der Antragsgegner ist bereits im Beschluss des Senats vom 15.05.2018 im Verfahren 2 WF 79/18 auf seine Erwerbsobliegenheit nach dem Ende seiner Schulpflicht hingewiesen worden. Erwerbsbemühungen sind von ihm weder behauptet noch unter Beweis gestellt worden. Der Antragsgegner besucht nach seinen eigenen Angaben lediglich an drei Abenden (dienstags, mittwochs und donnerstags) in der Zeit von 18.00 Uhr bis 21.15 Uhr die Abendschule. Bislang hat er lediglich eine Anmeldebestätigung der Volkshochschule vorgelegt. Dass er tatsächlich regelmäßig die Abendschule besucht, ist vom Antragsteller bestritten worden. Selbst bei einem regelmäßigen Schulbesuch wäre der Antragsgegner aber in der Lage, seinen Bedarf mit Hilfe eines ihm fiktiv zuzurechnenden Einkommens selbst zu decken. Der geschuldete Mindestbedarf des Antragsgegners beläuft sich ab dem 01.01.2019 auf monatlich 379,00 €. Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn von derzeit 9,19 € pro Stunde gilt zwar nicht für Minderjährige. Nach Einschätzung des Senats ist jedoch ein Stundenlohn von 8,00 € durchaus von dem 17-jährigen Antragsgegner zu erzielen. Seinen Unterhaltsbedarf kann der Antragsgegner mithin durch einen monatlichen Arbeitseinsatz von rund 50 Stunden decken. Ihm bleibt selbst bei einer derartigen beruflichen Tätigkeit noch genügend Zeit, um den Unterrichtsstoff nachzuarbeiten und sich auf etwaige Prüfungen vorzubereiten. ..."

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Die zu den sogenannten Abitur-Lehre-Studium entwickelte Rechtsprechung zum Anspruch auf Ausbildungsunterhalt ist nicht entsprechend auf den Fall der Aufnahme eines Studiums nach Mittlerer Reife und anschließender Berufsausbildung anzuwenden. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund einer Entscheidung der Kultusministerkonferenz die Erlangung der Fachhochschulreife oder eine praktische Berufserfahrung für das aufgenommene Studium nicht erforderlich ist (OLG Stuttgart, Beschluss vom 22.11.2018 - 11 UF 159/18).

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Haben die Eltern ihrem Kind eine angemessene Ausbildung finanziert, welche seinen Begabungen und Neigungen entspricht, und findet das Kind in diesem erlernten Beruf nach Abschluss der Ausbildung keine Arbeitsstelle, sind die Eltern auch bei guter wirtschaftlicher Lage grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Kind eine weitere Berufsausbildung zu gewähren (OLG Hamm, Beschluss vom 15.05.2018 - 7 UF 18/18).

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Die Unterbringung der sozialhilfebedürftigen Unterhaltsberechtigten in einem psychiatrischen Fachpflegeheim aus dem obersten Preissegment muss der Unterhaltspflichtige nicht bereits deswegen hinnehmen, weil die Unterhaltsberechtigte an einer Psychose erkrankt ist. Insoweit genügt der Unterhaltspflichtige seiner Obliegenheit zum substantiierten Bestreiten dadurch, dass er konkrete, kostengünstigere Heime mit einer gerontopsychiatrischen Abteilung und die dafür anfallenden Kosten benennt oder darlegt, dass ein konkretes, kostengünstigeres einfaches Pflegeheim die Unterhaltsberechtigte trotz ihres Krankheitsbildes aufgenommen hätte (OLG Celle, Beschluss vom 03.05.2018 - 10 UF 160/17).

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Die durch den Besuch eines sogenannten "pädagogischen Mittagstisches" durch ein Schulkind entstehenden Aufwendungen stellen keinen unterhaltsrechtlichen Mehrbedarf des Kindes dar, wenn sich die pädagogische Förderung auf den Erwerb sozialer Kompetenzen beschränkt, da deren Vermittlung üblicherweise zu den ureigenen Elternaufgaben gehören (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 4. Oktober 2017, XII ZB 55/17, NJW 2017, 3786; OLG Bremen, Beschluss vom 23.11.2017 - 5 UF 54/17).

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Ein schweizerischer Unterhaltsvertrag, der wie vorliegend in Deutschland anerkannt würde, kann hier abgeändert werden (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2014, XII ZB 662/13).(Rn.17). Dass der Antragsgegner, das unterhaltsberechtigte Kind, von der Schweiz nach Deutschland ungezogen ist, wo er jetzt dauerhaft lebt, hat einen Wechsel des Unterhaltsstatuts nach sich gezogen. Vom Zeitpunkt des Aufenthaltswechsels an ist deutsches Sachrecht als neues Unterhaltsstatut anzuwenden, wobei dem berechtigten Vertrauen eines Beteiligten in den Bestand einer rechtskräftigen (ausländischen) Unterhaltsentscheidung auch auf dem Boden des neuen Unterhaltsstatuts angemessen Rechnung getragen werden kann (vgl. BGH, a.a.O.).(Rn.27). Dass die Lebenshaltungskosten in der Schweiz erheblich von denen in Deutschland abweichen, reicht für die Zulässigkeit des Abänderungsbegehrens gem. § 239 Abs. 1 S. 2 FamFG aus. Nach Auffassung des Senats lässt sich eine Berücksichtigung nicht nur der Preis-, sondern auch der Währungsunterschiede Deutschlands und des beteiligten Auslands sowie eine zutreffende Ermittlung des Unterhaltsbedarfs eines minderjährigen Kindes nur dadurch erreichen, dass das in ausländischer Währung um Steuern usw. bereinigte Einkommen zunächst nach dem mittleren jährlichen Wechselkurs in Euro umgerechnet und dann zusätzlich entsprechend den Preisindizes nach der Eurostat-Tabelle um die Preisunterschiede bereinigt wird (OLG Hamm, Beschluss vom 06.06.2017 - 11 UF 206/16, juris-Orientierungssatz).

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Das Studium an der Bethel School of Supernational Ministry begründet keinen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt. Es steht einem Praktikum gleich, das nicht als angemessene Vorbildung zu einem angestrebten Beruf erforderlich ist (OLG Hamm, Beschluss vom 03.11.2016 - II-13 UF 109/16):

„... Der Antragsgegner hat keinen Anspruch auf Weiterzahlung von Unterhalt gemäß § 1610 Abs. 2 BGB. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus der Tatsache, dass der Antragsteller dem Bruder des Antragsgegners für dessen Aufenthalt an der Bethel School of Supernational Ministry weitergezahlt hat. Ein Anerkenntnis einer Unterhaltspflicht im Verhältnis zum Antragsgegner liegt hierin nicht.

Der Begriff der "Berufsausbildung" umfasst grundsätzlich nicht nur Ausbildungsmaßnahmen im engeren Sinne wie z.B. einen Unterricht oder die Teilnahme an Kursen. Unter dem Begriff sind vielmehr alle Maßnahmen zu verstehen, die dem Ziel dienen, Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen zu sammeln, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (OLG Rostock FuR 2007, 546; G. Möller, FPR 2008, 347 m.w.N.).

Auch unter Berücksichtigung der mit Schriftsatz vom 25.08.2016 eingereichten Unterlagen, handelt es sich bei der Ausbildung in der Bethel School of Supernatural Ministry nicht um eine Ausbildung handelt, für die der Antragsgegner Unterhalt verlangen kann.

aa. Es ist unstreitig, dass es sich bei der Bethel School of Supernatural Ministry nicht um eine anerkannte Schule handelt. Ferner ist unstreitig, dass der Besuch nicht zu einem allgemeinen Abschluss führt.

Der Senat verkennt nicht, dass der Antragsgegner ein Zertifikat eingereicht hat, das bescheinigt, dass er das erste Studienjahr vollständig absolviert hat. Der Senat verkennt ebenfalls nicht, dass der Antragsgegner Unterlagen eingereicht hat, nach denen er das zweite Studienjahr von September 2016 bis Mai 2017 absolvieren wird.

Entscheidend ist, dass dieser Abschluss den Antragsgegner nicht weitergehend qualifiziert. Der Antragsgegner hat behauptet, er könne nach Abschluss seines Studiums als Pfarrer in einer freikirchlichen Gemeinde arbeiten und seinen Lebensunterhalt verdienen. Als Beweis hat er eine einzuholende Auskunft bei der D Gemeinde F angeboten. Ausweislich der Bescheinigung der D Gemeinde F vom 02.03.2016 (Bl. 112 GA) gibt es eine solche Möglichkeit der Tätigkeit aber gerade nicht. Vielmehr wird dort Folgendes ausgeführt: "Mit der im christlichen Bereich anerkannten und geschützten Ausbildung bei der Bethel School können wir uns auch einen hauptamtlichen Einsatz in unserer Gemeinde, z.B. als Jugendleiter, vorstellen." Der Unterschied zwischen einer Tätigkeit als Pfarrer und der als Jugendleiter liegt auf der Hand. Hinzu kommt, dass senatsbekannt ist, dass eine Tätigkeit als Jugendleiter in kirchlichen Einrichtungen nicht zwingend von einem vorangegangenen Studium abgehängt.

Der Umstand, dass in dieser Bescheinigung angeführt ist, die Ausbildung diene auch zur Charakterbildung der jungen Leute, führt nicht dazu, dass ein Unterhaltsanspruch begründet werden kann. Auch z.B. eine Weltreise mag der Charakterbildung dienen. Eine Unterhaltsverpflichtung der Eltern besteht hierfür aber nicht.

bb. Damit ist dieses "Studium" nach Auffassung des Senats mit einem Praktikum vergleichbar.

Insoweit gilt, dass das Praktikum als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sein muss. Auch insoweit gilt nämlich, dass Unterhaltsleistungen nach § 1610 Abs. 2 BGB zweckgebunden sind und nur insoweit geschuldet werden, als sie für eine angemessene Vorbildung zu einem Beruf erforderlich sind (vergleiche G. Möller, a.a.O.). Wenn die Tätigkeit nicht der Vorbereitung zu einem Studium oder als Voraussetzung für eine andere Ausbildung dient, besteht kein Unterhaltsanspruch, (vgl. G.Möller, a.a.O. m.w.N.).

Nach den obigen Ausführungen ist das Studium gerade nicht als angemessene Vorbildung zu einem Beruf erforderlich.

cc. Dieses Studium ist auch nicht mit einem freiwilligen sozialen Jahr vergleichbar.

Bei dem freiwilligen sozialen Jahr wird von der wohl h.M. (vgl. OLG Celle FamRZ 2012, 995, vgl. auch G.Möller, a.a.O. mit Nachweisen zur Gegenauffassung, wobei die Entscheidungen im Wesentlichen noch zur alten Gesetzeslage ergangen sind) nicht gefordert, dass das freiwillige soziale Jahr zwingende Voraussetzung für einen bereits beabsichtigten weiteren Ausbildungsweg ist. Hintergrund ist, dass in § 1 des Jugendfreiwilligendienstegesetz - JFDG davon ausgegangen wird, dass Jugendfreiwilligendienste die "Bildungsfähigkeit" der Jugendlichen erhöhen. Deswegen ist eine pädagogische Begleitung eines anerkannten Trägers erforderlich. Eine solche Begleitung eines anerkannten Trägers liegt gerade nicht vor. Deswegen verbleibt es bei den allgemeinen Grundsätzen. Hiernach kann nur Ausbildungsunterhalt verlangt werden, wenn die Ausbildung im weitesten Sinn berufsvorbereitend ist. Dies ist bei einer Bibelschule und einem sich ggfls. anschließenden Studium im betriebswirtschaftlichen Bereich gerade nicht der Fall. ..."

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Hat der Vater eines volljährigen Kindes keine Kenntnis über dessen Absicht, ein Studium aufzunehmen, hat das Kind, das nach Erlangung der Hochschulreife eine studiennahe Berufsausbildung absolviert und über einen nicht unerheblich langen Zeitraum (hier über zwei Jahre) in dem erlernten Beruf gearbeitet hat, keinen Anspruch auf weitergehenden Unterhalt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.07.2016 - 5 UF 370/15).

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„... Zu Recht begehrt die Antragstellerin Unterhalt auf der Grundlage einer konkreten Bedarfsberechnung, weil die Einkünfte des Antragsgegners deutlich über dem in der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle zugrunde gelegten unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen von bis zu 5.100 € liegen. ... Der Unterhaltsberechtigte, der einen den Höchstbedarf gemäß Düsseldorfer Tabelle übersteigenden Bedarf geltend macht, muss besondere oder besonders kostenintensive Bedürfnisse und die zu ihrer Deckung notwendigen Mittel darlegen. Übertriebene Anforderungen an seine Darlegungslast dürfen nicht gestellt werden, um zu verhindern, dass der Kindesunterhalt auch bei einem das Höchsteinkommen nach Düsseldorfer Tabelle übersteigenden Elterneinkommen faktisch auf den Tabellenhöchstbedarf beschränkt wird. Es ist danach zu differenzieren, welche Bedürfnisse des Kindes auf der Grundlage einer Lebensführung, die der besonders günstigen wirtschaftlichen Situation seiner Eltern entspricht, zu befriedigen sind und welche Wünsche des Kindes als bloße Teilhabe am Luxus nicht erfüllt werden müssen (vgl. BGH, FamRZ 2000, 358 f., juris Rn. 30). In der Regel ist der Unterhalt auch bei Einkünften deutlich über dem Bereich der Düsseldorfer Tabelle nur maßvoll anzuheben (vgl. Wendl/Dose/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage, § 2 Rn. 341). Denn die Lebensstellung der Kinder wird in erster Linie durch ihr Kindsein geprägt. Auch in besten Verhältnissen lebende Eltern schulden dem Kind nicht, was es wünscht, sondern was es nach seinem Lebensstandard braucht. Die Unterhaltsbemessung darf weder einem gedeihlichen Eltern-Kind-Verhältnis entgegenwirken noch dazu führen, die Lebensstellung des betreuenden Elternteils anzuheben. Ein erhöhter Bedarf des Kindes kann sich insbesondere aus besonderen Betätigungen wie Teilnahme an Musikunterricht oder Reiten ergeben (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2010, 2080 f., juris Rn. 30 ff.). Soweit keine besonderen Bedarfspositionen dargelegt werden, ist davon auszugehen, dass die Bedürfnisse des Kindes angemessen vom Höchstbedarf gemäß Düsseldorfer Tabelle abgedeckt werden. ...

Die Kosten für die Kinderfrau sind kein Mehrbedarf der Kinder im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmen Betreuungskosten für das Kind nicht den Bedarf des Kindes (als Kosten der Erziehung), sondern stellen berufsbedingte Aufwendungen des betreuenden Elternteils dar, wenn die fragliche Betreuung in erster Linie nicht aus pädagogischen Gründen erfolgt, sondern um dem betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen (BGH, FamRZ 2007, 882 ff., Rn. 42; 2008, 1152 ff., Rn. 19). Auch wenn der Bundesgerichtshof im Rahmen seiner Rechtsprechung zur unterhaltsrechtlichen Zuordnung von Kosten des Kindergartenbesuchs ausgeführt hat, die Kosten der Kinderbetreuung seien bei der Unterhaltsbemessung angemessen zu berücksichtigen, was über den Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils nicht in allen Fällen möglich sei (BGH, FamRZ 2008, 1152 ff., Rn. 23), ändert dies nichts an der nach dem Hauptzweck der Betreuungsmaßnahme differenzierenden Zuordnung der Betreuungskosten entweder zum Bedarf des Kindes oder zum Bedarf des betreuenden Elternteils, weil eine solche Differenzierung, die der Bundesgerichtshof im Fall des Kindergartens im Einzelnen unter Herausarbeitung der pädagogischen und bildungsmäßigen Aufgaben der Einrichtung vornimmt (vgl. BGH, FamRZ 2008, 1152 ff., Rn. 20 ff.; 2009, 962 ff., Rn. 14 ff.), im Fall einer generellen Zuordnung dieser Kosten zum Bedarf des Kindes überflüssig wäre. Aufgrund dieser differenzierenden Betrachtung sind Kosten der Hortunterbringung eines Kindes nicht dem Mehrbedarf des Kindes zuzurechnen, sondern als Aufwendungen zu werten, die in erster Linie die Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils ermöglichen oder erleichtern und daher im Rahmen des Ehegattenunterhalts zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 2007, 1353 f., juris Rn. 5).

bb) Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung begründen die Kosten für die Kinderfrau keinen Mehrbedarf der Kinder, sondern berufsbedingte Aufwendungen der Antragstellerin. Die - wenn auch pädagogisch wertvolle - Tätigkeit der Kinderfrau, einer ausgebildeten Kinderkrankenschwester, dient ihrer Hauptzweckrichtung nach nicht pädagogischen Zwecken, sondern der Ermöglichung der ausgeübten Erwerbstätigkeit der Antragstellerin, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat. Aus dem Vortrag der Antragstellerin ergibt sich, dass sie sich einzig aufgrund der Betreuung der Kinder durch die Kinderfrau imstande sieht, ihrer Erwerbstätigkeit im Umfang von 34 Wochenstunden nachzugehen, und dass der Umfang der Aufwendungen für die Kinderfrau insbesondere auf der langen Anfahrzeit zur Erreichung des Arbeitsplatzes der Antragstellerin beruht. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, dass die Kinderfrau primär mit dem Ziel der pädagogischen oder bildungsmäßigen Förderung der Kinder beschäftigt wird; hierfür ist die Kinderfrau - trotz aller vorhandenen praktischen Begabung - auch nicht ausgebildet. Vielmehr dient sie offensichtlich dem Auffüllen erwerbsbedingter Lücken in der persönlichen Betreuung der Kinder durch die Antragstellerin. Wäre die Antragstellerin - so die Einschätzung des Senats - nicht aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit gehindert, selbst nach Schulschluss die Betreuung der Kinder zu übernehmen, würde sich die Antragstellerin nicht veranlasst sehen, die Kinder in die Obhut einer Kinderfrau zu geben. Hierin unterscheidet sich diese Betreuungsform maßgeblich von pädagogischen Betreuungsangeboten in Kindergärten, die typischerweise auch unabhängig von der Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils in Anspruch genommen werden. ...

Im Hinblick auf die Kosten für die Kinderfrau hat die Antragstellerin jedoch - in hälftiger Höhe - aus § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich, und zwar für den rückwärtigen Zeitraum bis einschließlich Juni 2016 in Form eines Zahlungsanspruchs, der in Höhe von insgesamt 12.871,04 € entstanden ist, und mit Blick auf die künftig fällig werdenden Zahlungen an die Kinderfrau in Form eines Freistellungsanspruchs (entsprechend § 257 BGB) in Höhe monatlicher 247,52 € je Kind = insgesamt monatlich 495,04 € für beide Kinder. ...

aa) Es ist von einer Gesamtschuldnerschaft betreffend die Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts an die Kinderfrau auszugehen, weil beide Beteiligte den Arbeitsvertrag mit der Kinderfrau M P geschlossen haben, wie dem insoweit weiterhin nicht konkret bestrittenen Vortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 19.06.2015 zu entnehmen ist. Auf welchen Namen die Angestellte bei der Minijob-Zentrale angemeldet wurde, ist im Hinblick auf die Frage, wer mit ihr den Arbeitsvertrag abgeschlossen hat, rechtlich unerheblich.

bb) Eine Beendigung der insoweit begründeten vertraglichen (Mit-)Verpflichtung des Antragsgegners - beispielsweise im Rahmen der Kündigung des diesbezüglichen Dauerauftrags im April 2014 mit der Folge, dass die Antragstellerin fortan das Arbeitsentgelt zahlen musste - lässt sich nicht feststellen. Entscheidend ist, ob das Arbeitsverhältnis mit der Kinderfrau wirksam beendet bzw. unter Ausschluss des Antragsgegners als Vertragspartner abgeändert worden ist. Dies kann der Senat schon mit Blick auf die Formbedürftigkeit einer gegenüber der Kinderfrau zu erklärenden Vertragskündigung oder einer mit dieser einvernehmlich vereinbarten Vertragsauflösung (§ 623 BGB), die im Zweifel auch nur gemeinsam mit der Antragstellerin rechtlich möglich gewesen wäre, nicht feststellen.

Unerheblich ist auch in diesem Zusammenhang, wer im Rahmen der Anmeldung des Beschäftigungsverhältnisses gegenüber der Minijob-Zentrale im Formular "Haushaltsscheck" als Arbeitgeber eingetragen ist. Denn die Angaben im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Anmeldung des Beschäftigungsverhältnisses sind keine auf die Begründung, inhaltliche Änderung oder Beendigung eines privaten Rechtsverhältnisses abzielende Willensäußerung und damit keine Willenserklärung im Sinne der §§ 116 ff. BGB, sondern knüpfen an eine solche an. Maßgeblich sind daher allein die Erklärungen der Beteiligten gegenüber der Kinderfrau. Solche - auf eine Vertragsbeendigung oder Vertragsänderung gerichteten, der Schriftform genügenden - Erklärungen ergeben sich auch nicht aus dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 13.05.2016, in dem dieser auf die Angaben im Formular "Haushaltsscheck" verwiesen hat.

cc) Die somit fortbestehende gesamtschuldnerische Haftung des Antragsgegners im Außenverhältnis kann die Antragstellerin diesem auch im Innenverhältnis entgegenhalten, ohne möglicherweise treuwidrig zu handeln. Sie hat sich auch mit der Ummeldung der Kinderfrau bei der Minijob-Zentrale auf ihren - der Antragstellerin - Namen lediglich den äußeren Umständen, insbesondere der einseitigen Beendigung des Dauerauftrags durch den Antragsgegner im April 2014 gebeugt, schon zu dieser Zeit aber auch die Kosten für die Kinderfrau gegenüber dem Antragsgegner - wenn auch zunächst ausschließlich als Mehrbedarf der Kinder - geltend gemacht. Damit hat sie von Anfang an - also seit Mai 2014, seitdem sie die Kinderfrau bezahlte - nach außen und damit auch gegenüber dem Antragsgegner deutlich gemacht, dass sie von einer fortbestehenden Zahlungspflicht des Antragsgegners ausging. Im Übrigen will ersichtlich auch der Antragsgegner nicht behaupten, dass für die werktägliche Zeit zwischen Schulschluss der Kinder und Rückkehr der Antragstellerin von ihrer Arbeitsstelle eine weitere Kinderbetreuung nicht notwendig sei. Eine unter anderen Umständen denkbare, konkludent getroffene abweichende Bestimmung im Innenverhältnis der Beteiligten, wonach die Antragstellerin seit der Trennung der Beteiligten die Kosten der Kinderfrau allein tragen sollte, ist daher nicht erkennbar.

b) Der Ausgleichsanspruch besteht gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB in hälftiger Höhe, weil sich auch insoweit eine andere Bestimmung der Beteiligten nicht feststellen lässt. Angesichts der Höhe der eigenen Einkünfte der Antragstellerin spricht nichts dafür, für den Gesamtschuldnerausgleich die konkrete Relation zwischen den beiderseitigen regelmäßigen Einkommen entscheiden zu lassen, zumal dies vor der Trennung der Beteiligten ersichtlich auch keine Rolle gespielt hat.

c) Bemessungsgrundlage ist der von der Antragstellerin vorgetragene monatliche Zahlungsbetrag von insgesamt 495,04 € je Kind, woraus ein Ausgleichsanspruch in Höhe monatlicher 247,52 € je Kind resultiert. Nachdem der Antragsgegner zwischenzeitlich von geringeren Kosten für die Kinderfrau ausgegangen war, hat die Antragstellerin die vorgetragenen Entgeltansprüche der Kinderfrau mit Schriftsatz vom 21.08.2015 spezifiziert. Dem ist der Antragsgegner nicht konkret entgegengetreten. Auch mit Schriftsatz vom 13.05.2016 hat er die Kostenansätze nicht im Einzelnen angegriffen.

d) Daraus ergibt sich wegen der von der Antragstellerin in der Zeit von Mai 2014 bis einschließlich Juni 2016 geleisteten Entgeltzahlungen für beide Kinder insgesamt ein Ausgleichsanspruch in Höhe von (2 x 26 x 247,52 € =) 12.871,04 €. In Anlehnung an die Regelung des § 257 BGB kommt für die Zukunft allerdings nur ein monatlicher Freistellungsanspruch in Betracht, der sich dann ggf. - sollte der Antragsgegner die Antragstellerin nicht rechtzeitig freistellen - jeweils in einen Zahlungsanspruch umwandelt.

3. Aufgrund der Zahlungen des Antragsgegners, die sich aus dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten in den Schriftsätzen vom 13.05.2016 und vom 20.05.2016 ergeben, schuldet der Antragsgegner rückständigen Kindesunterhalt je Kind bis einschließlich Mai 2016 in Höhe von insgesamt 1.360 € sowie restlichen Gesamtschuldnerausgleich wegen der Kosten für die Kinderfrau bis einschließlich Juni 2016 in Höhe von insgesamt 5.087,04 €.

a) Für Mai 2014 ist kein offener Anspruch auf Kindesunterhalt festzustellen, weil die Beteiligten auch nach dem Vortrag der Antragstellerin bis zum 24./25.05.2014 zusammen in der Wohnung gelebt haben und der Antragsgegner der Antragstellerin für diesen Monat insgesamt 2.000 € gezahlt hat. In der Zeit von Juni 2014 bis einschließlich Juli 2015 hat der Antragsgegner auf den Elementar-Kindesunterhalt monatlich insgesamt 982 € gezahlt, somit je Kind 491 €. Angesichts eines monatlichen Anspruchs in Höhe von 838 € ist insoweit zunächst ein Gesamtrückstand je Kind von 14 x (838 € - 491 €) = 4.858 € aufgelaufen. In der Zeit von August bis einschließlich Dezember 2015 hat der Antragsgegner auf den Elementar-Kindesunterhalt monatlich insgesamt 1.020 € gezahlt, somit je Kind 510 €. Angesichts eines monatlichen Anspruchs in Höhe von 853 € ist insoweit zunächst ein Gesamtrückstand je Kind von 5 x (853 € - 510 €) = 1.715 € aufgelaufen. Damit summieren sich die Rückstandsbeträge für die Zeit von Juni 2014 bis einschließlich Dezember 2015 je Kind auf einen Betrag von (4.858 € + 1.715 € =) 6.573 €. Dieser Rückstand ist mit der Zahlung des Antragsgegners vom 11.12.2015 in Höhe von 10.300 € je Kind, die unter Angabe des Verwendungszwecks "Nachzahlung Unterhalt H 10.300 EUR K 10.300 EUR" und damit mit einer entsprechenden Tilgungsbestimmung geleistet worden ist, abgegolten (auch unter Berücksichtigung der später erklärten Rückforderung, denn nach der Regelung des § 366 Abs. 1 BGB muss der Senat davon ausgehen, dass der Antragsgegner spätestens seit der umfänglichen Erörterung der Sach- und Rechtslage im Senatstermin vom 3. Mai 2016 mit dieser Zahlung jedenfalls den von ihm dem Grunde nach anerkannten, lediglich in der Höhe teilweise bestrittenen Unterhaltsanspruch der Kinder im Umfang seines tatsächlichen Bestandes erfüllen wollte). Im Januar 2016 hat der Antragsgegner je Kind Elementarunterhalt in Höhe von 1.025 € gezahlt, so dass insoweit angesichts eines Anspruchs in Höhe von 860 € kein Rückstand aufgelaufen ist. In der Zeit von Februar bis einschließlich Mai 2016 hat der Antragsgegner auf den Elementar-Kindesunterhalt monatlich insgesamt 1.040 € gezahlt, somit je Kind 520 €. Angesichts eines monatlichen Anspruchs in Höhe von 860 € ist insoweit ein Rückstandsbetrag je Kind von 4 x (860 € - 520 €) = 1.360 € offen.

b) Soweit der Antragsgegner über den Elementar-Kindesunterhalt hinausgehende Zahlungen von insgesamt 2 x (10.300 - 6.573 € + 1.025 € - 860 € =) 7.784 € geleistet und nachfolgend auch in diesem Umfang einen Rückforderungsanspruch zum Ausdruck gebracht hat, kann der Senat zwar keine ausdrückliche Tilgungsbestimmung des Antragsgegners feststellen (eine Erklärung hierzu ist auch nach dem Hinweis im Beschluss vom 4. Mai 2016 ausgeblieben). Es ist aber auch insoweit von einer konkludent zum Ausdruck gebrachten Bestimmung auszugehen, wonach er jedenfalls nachträglich und spätestens seit der Senatserörterung von einer Rückforderung der "Überzahlung" absehen und diese auf den - wenn auch weiterhin von ihm bestrittenen - Anspruch auf anteilige Erstattung der Kinderfraukosten angerechnet wissen will, um so Hin-und-Her-Zahlungen zwischen ihm und der Antragstellerin oder auch eine ausdrückliche Aufrechnungserklärung zu vermeiden. Daher ist die sich insoweit - aus dem Gesichtspunkt des Gesamtschuldnerausgleichs - ergebende Forderung für die Zeit von Mai 2014 bis einschließlich Juni 2016 von insgesamt 12.871,04 € in Höhe der Zahlungen von 7.784 € durch Erfüllung erloschen, so dass insoweit eine Restforderung von 5.087,04 € verbleibt. ..." (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.06.2016 - II-1 UF 12/16)

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Jenseits der Verpflichtung zur Sicherstellung des Mindestkindesunterhalts und der damit einhergehenden gesteigerten Unterhaltspflicht ist die Berücksichtigung überobligatorischen Einkommens beim Unterhaltspflichtigen auch im Kindesunterhalt an den Grundsätzen von Treu und Glauben zu messen. Im Rahmen der vorzunehmenden Billigkeitsabwägung kann als maßgeblicher Gesichtspunkt gegen eine Heranziehung des aus einer überobligatorischen Nebentätigkeit stammenden Einkommens sprechen, dass der Unterhaltspflichtige seine Nebentätigkeit erst nach Trennung bzw. nach der Scheidung der Ehe mit der Mutter der unterhaltsberechtigten Kinder aufgenommen hat. Die Kostentragungspflicht wegen der vorprozessualen Verletzung einer unterhaltsrechtlichen Auskunftspflicht setzt die Ursächlichkeit der Auskunftspflichtverletzung für den Ausgang des nachfolgenden Unterhaltsverfahrens voraus (OLG Koblenz, Beschluss vom 04.04.2016 - 13 UF 44/16).

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Ein volljähriges Kind hat zur Deckung seines Unterhalts vorrangig seinen Vermögensstamm zu verwerten, bevor es seine Eltern in Anspruch nimmt. Jedoch muss dem Volljährigen ein Notgroschen verbleiben, wenn nicht auf Seiten des Unterhaltsschuldners enge wirtschaftliche Verhältnisse vorliegen. Das volljährige Kind muss somit auch die Substanz seines Vermögens einsetzen. Dabei ist das anzurechnende Vermögen um einen Schonbetrag zu bereinigen, der etwa in Anlehnung an den "Notgroschen" des Sozialhilferechts festzusetzen ist (§ 12 SGB II). Inwieweit ein volljähriges Kind sein Vermögen für die Ausbildung einsetzten muss, ist nach einer umfassenden Zumutbarkeitsabwägung zu entscheiden, die alle bedeutsamen Umstände und insbesondere auch die Lage des Unterhaltsverpflichteten berücksichtigt. Die in Kenntnis des Ausbildungsunterhalts erfolgten Ausgaben (Sprachreise, Computer), die zu einer Verringerung dieses Vermögens geführt haben, sind mit Blick auf das zum Zeitpunkt der Anschaffung vorhandene Vermögen der Antragstellerin und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern gerechtfertigt, da sie der Ausbildung dienten (OLG Thüringen, Beschluss vom 03.03.2016 - 1 UF 340/15):

„... Die Beschwerde ist erfolgreich, soweit der zugesprochene Unterhalt den Mehrbedarf für Mietkosten betrifft. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet. Die Antragstellerin muss das geerbte Vermögen nicht zur Deckung des Ausbildungsbedarfs einsetzen.

Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin aus §§ 1601, 1610 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt in Höhe des bis 31.12.2015 nach der Düsseldorfer Tabelle geltenden Regelsatzes von 670 € sowie des Krankenkassenbeitrags als Mehrbedarf in Höhe von 34,22 €, insgesamt somit gerundet 705 €. Der Unterhalt des Studierenden oder des volljährigen Kindes mit eigenem Haushalt wird nach Nr. 13.1.2 der Unterhaltsleitlinien mit einem Festbetrag von 670 € angesetzt. Hinzu kommt der Mehrbedarf für Krankenkassenbeiträge, die im Regelbedarf nicht enthalten sind.

Der beanspruchte Mehrbedarf für Unterkunft und Heizung ist nicht anzuerkennen. Der angemessen Bedarf des volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand beträgt nach den vorgenannten Leitlinien in der Regel 670 €. Darin enthalten sind Kosten für Unterkunft und Heizung bis zu 280 €. Dieser Betrag kann im Einzelfall angesichts der Mietkosten in Universitätsstätten zu knapp bemessen sein, so dass eine Anhebung des Regelunterhalts im oberen Einkommensbereich in Betracht kommt (Wendl/Dose/Klinkhammer, 9. Auflage, § 2 Rn. 228). Vorliegend ist jedoch nicht von überdurchschnittlichen Mietkosten auszugehen. Zu Recht rügt die Beschwerdeführerin, die Antragstellerin habe sich bei ihrer Suche nach Wohnraum auf angebotene Wohnungen beschränkt und nicht um ein Zimmer bemüht. Wer - wie die Antragstellerin - über den Normalbedarf hinausgehenden Mehrbedarf geltend macht, muss im Einzelnen darlegen und beweisen, worin der Mehrbedarf besteht. Die unter Anlage A 3 aufgelisteten Anschriften belegen Mietangebote für Wohnungen, jedoch nicht für Zimmer. Es ist für einen Studierenden nicht unzumutbar, sich um Zimmer in einer Wohngemeinschaft oder in einem Studentenwohnheim zu bewerben, sondern allgemein üblich. Gründe, warum das im Fall der Antragstellerin anders sein soll, werden nicht vorgetragen.

Die Einkommensverhältnisse der Kindeseltern bieten keinen Anlass, von dem in den Unterhaltsleitlinien vorgesehenen Regelbedarf abzuweichen. Zwar betragen die Gesamteinkünfte der Eltern 7.713,73 € (3.786,73 € + 3.927,00 €). Jedoch ist zu berücksichtigen, dass jeder von ihnen einen eigenen Haushalt führen muss. Ihre Lebensstellung ist daher niedriger, als wenn sie kostensparend in einem Haushalt zusammenleben. Ihre unterdurchschnittliche Unterhaltslast wird durch die kostensteigernde doppelte Haushaltsführung aufgewogen (vgl. BGH, Urteil vom 06. November 1985 - IVb ZR 45/84 -, Rn. 14, juris). Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Unterhaltsgewährung für Kinder nach § 1610 Abs. 2 BGB die Befriedigung ihres Lebensbedarfs, nicht aber Teilhabe am Luxus sicherstellen soll. Auch in besten Lebensverhältnissen lebende Eltern schulden dem Kind nicht was es wünscht, sondern was es braucht (BGH FamRZ 2000, 358).

Nach der Düsseldorfer Tabelle erhöht sich der Grundbedarf für Studierende ab 1.1.2016 auf 735,00 €, das Kindergeld erhöht sich auf 190 €. Der Bedarf der Antragstellerin beläuft sich somit ab 1.1.2016 auf 735 € + 34,22 € Krankenversicherung ./. 190 € = 579,22 €.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist das geerbte Vermögen der Antragstellerin nicht zur Deckung des Unterhaltsbedarfs zu verwenden.

Allerdings ist das Erbe aus dem Nachlass der Urgroßmutter keine freiwillige Leistung eines Dritten. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass freiwillige Zuwendungen Dritter nur dem Zuwendungsempfänger allein zugutekommen, sich aber auf ein Unterhaltsrechtsverhältnis nicht auswirken sollen. Anders ist dies nur dann, wenn sich dem Willen des Zuwendenden Abweichendes entnehmen lässt. Leistungen eines Dritten an den Unterhaltsberechtigten, die an sich geeignet wären, dessen Unterhalt zu decken, führen im Verhältnis zum Unterhaltsverpflichteten nur dann zu einer Minderung seiner Bedürftigkeit, wenn der Dritte damit zugleich bezweckt, den Unterhaltsverpflichteten zu entlasten. Geht sein Wille dagegen dahin, nur den Begünstigten selbst zu unterstützen, berührt dies dessen Bedürftigkeit im Verhältnis zum Unterhaltsverpflichteten im Allgemeinen nicht (BGH, Urteil vom 22.2.1995 - XII ZR 80/94, NJW 1995, 1486, 1487; OLG Hamm, Beschluss vom 20. November 2013 - II-2 WF 190/13, 2 WF 190/13 -, Rn. 21, juris). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Antragstellerin hat das Erbe ohne Zweckbindung und auch nicht als Vermächtnis erhalten. In einem solchen Falle ist nicht von einer freiwilligen Leistung des Erblassers auszugehen (OLG München FamRZ 1996, 1433; Wendl/Dose/Klinkhammer, 9. Auflage, § 2 Rn. 121; Büttner, FamRZ 2003, 1445, 1447). Eine Zweckbindung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin enterbt wurde. Allenfalls lässt sich daraus eine besondere Bevorzugung der Urenkel ableiten.

Inwieweit ein volljähriges Kind sein Vermögen für die Ausbildung einsetzten muss, ist nach einer umfassenden Zumutbarkeitsabwägung zu entscheiden, die alle bedeutsamen Umstände und insbesondere auch die Lage des Unterhaltsverpflichteten berücksichtigt.

Der BGH hat zu der Frage, inwieweit ein volljähriges Kind für seinen Unterhalt die Substanz seines Vermögens einzusetzen hat, ausgeführt:

„Bei der Frage, inwieweit ein volljähriges Kind für seinen Unterhalt den Stamm seines Vermögens angreifen muss (Umkehrschluß aus § 1602 Abs. 2 BGB), scheint das Oberlandesgericht einer entsprechenden Anwendung des § 1577 Abs. 3 BGB zuzuneigen, einer Vorschrift aus dem Bereich des nach-ehelichen Unterhalts. Vor der Schaffung der Norm durch das 1. EheRG hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass das Vorhandensein von Vermögen eines volljährigen Kindes zwar dem Grundsatz nach die Bedürftigkeit ausschließt, dass aber die Vermögensverwertung im Einzelfall unzumutbar sein kann, insbesondere im Falle der Unwirtschaftlichkeit, auf die nunmehr auch § 1577 Abs. 3 BGB abstellt (vgl. Urteile vom 5. Dezember 1956 - IV ZR 215/56 - FamRZ 1957, 120 und vom 9. November 1965 - VI ZR 260/63 - FamRZ 1966, 28, 29). In Bezug auf den Obliegenheitsmaßstab des Unterhaltsverpflichteten hat der Senat bereits ausgesprochen, dass das Gesetz im Bereich des Verwandtenunterhalts eine allgemeine Billigkeitsgrenze wie beim nachehelichen Unterhalt nicht vorsehe (Urteil vom 23. Oktober 1985 - IVb ZR 52/84 - FamRZ 1986, 48, 50). Die Grenze der Unzumutbarkeit wird daher etwas enger als bei § 1577 Abs. 3 BGB zu ziehen sein, angenähert etwa dem Begriff der groben Unbilligkeit. Der Tatrichter hat darüber im Einzelfall im Rahmen einer umfassenden Zumutbarkeitsabwägung zu entscheiden, die alle bedeutsamen Umstände und insbesondere auch die Lage des Unterhaltsverpflichteten berücksichtigt (vgl. dazu etwa OLG Hamburg FamRZ 1980, 912, 913; OLG Hamm FamRZ 1982, 1099, 1100; OLG Frankfurt FamRZ 1987, 1179, 1180; s.a. MünchKomm/Köhler 3. Aufl. § 1602 Rdn. 8; BGB-RGRK/Mutschler aaO § 1602 Rdn. 21). Soweit im Schrifttum auf die Frage einer entsprechenden Anwendung des § 1577 Abs. 3 BGB eingegangen wird, wird dies überwiegend verneint (vgl. Soergel/Häberle BGB 12. Aufl. § 1602 Rdn. 4; Staudinger/Kappe BGB - 1993 - § 1602 Rdn. 118; Wendl/Scholz Unterhaltsrecht 3. Aufl. § 2 Rdn. 107; Kalthoener/Büttner Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 6. Aufl. Rdn. 506); a.A. Griesche in FamGb § 1602 Rdn. 50; Schwab/Barth Handbuch des Scheidungsrechts 3. Aufl. Teil V Rdn. 124).

Ob dem Unterhaltsberechtigten insbesondere ein sog. Notgroschen für Fälle plötzlich auftretenden (Sonder-) Bedarfs zu belassen ist, wird ebenfalls nicht einheitlich beurteilt (dagegen etwa Staudinger/Kappe aaO Rdn. 122; Göppinger/Strohal aaO Rdn. 310). Der Senat schließt sich insoweit der bejahenden Auffassung an, die wohl als herrschend zu bezeichnen ist (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1990, 1137; MünchKomm/Köhler aaO; Erman/Holzhauer BGB 9. Aufl. § 1602 Rdn. 26; Wendl/Scholz aaO; Gernhuber/Coester- Waltjen aaO § 45 II 2 S. 667; s.a. für den Trennungsunterhalt Senatsurteil vom 16. Januar 1985 - IVb ZR 60/83 - FamRZ 1985, 360, 361)." (BGH, Urteil vom 05. November 1997 - XII ZR 20/96 -, Rn. 26, juris, Wendl/Dose/Dose, 9. Auflage, § 1 Rn. 621).

Das volljährige Kind muss somit auch die Substanz seines Vermögens einsetzen. Dabei ist das anzurechnende Vermögen um einen Schonbetrag zu bereinigen, der etwa in Anlehnung an den „Notgroschen" des Sozialhilferechts festzusetzen ist (BGH v. 05.11.1997 - XII ZR 20/96 - FamRZ 1998, 367; OLG Düsseldorf v. 26.03.1990 - 7 UF 220/89 - FamRZ 1990, 1137). Das Schonvermögen würde sich danach gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II auf jeweils 150 € je vollendetes Lebensjahr, mindestens aber 1.300 €, hier also auf 3.100 € (OLG Karlsruhe v. 09.12.2011 - 16 UF 212/10 - FamRZ 2012, 1573, 1575, Wendl/Dose/Klinkhammer, 9. Auflage, § 2 Rn. 134) belaufen. Vertretbar erscheint auch, bei einem Studenten den nach den Bestimmungen des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BAföG vorgesehenen Betrag von 5.200 € anrechnungsfrei zu belassen. Eine Entscheidung zur Höhe des „Notgroschens" kann indes dahinstehen, da die Antragstellerin aufgrund der im Einzelfall vorzunehmenden Zumutbarkeitsabwägung nicht verpflichtet ist, das nach Abzug des von der Antragsgegnerin angenommenen Schonbetrages von 3.100 € verbleibende Vermögen für den Ausbildungsbedarf einzusetzen.

Im Hinblick auf die für volljährige Kinder nach der Rechtsprechung enger zu ziehende Grenze der Unzumutbarkeit als für den Unterhaltsberechtigten nach § 1577 Abs. 3 BGB, muss das volljährige Kind ein vorhandenes Vermögen nur dann nicht einsetzen, wenn dies grob unbillig wäre. Der Tatrichter hat darüber im Einzelfall nach einer umfassenden Zumutbarkeitsabwägung zu entscheiden, die alle bedeutsamen Umstände und insbesondere auch die Lage des Unterhaltspflichtigen berücksichtigt (Wendl/Dose a. a. O. § 1 Rn. 621).

Zu prüfen ist auch, ob die Ausgaben, die zu einer Verringerung des Vermögens geführt haben, fiktiv anzurechnen sind. Bei unvernünftigem Vermögensverbrauch in Kenntnis der (künftigen) Unterhaltsbedürftigkeit kommt die fiktive Anrechnung von verbrauchbaren Vermögenswerten in Betracht (Wendl/Dose/Wönne, a. a. O., § 2 Rn. 933).

Nach diesen Grundsätzen ist zunächst von dem nach Eintritt der Volljährigkeit am 23.7.2012 vorhandenen Vermögen, das nach Anlage A 10, Bl. 182, am 28.12.2012 noch 12.766,43 € betragen hat, auszugehen. Das volljährige Kind hat - im Gegensatz zum minderjährigen Kind - vorrangig den Vermögensstamm zu verwerten, bevor es seine Eltern auf Unterhalt in Anspruch nimmt. Dies gilt auch für das privilegiert volljährige Kind im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB, da § 1602 Abs. 2 BGB nicht entsprechend anwendbar ist (Wendl/Dose/Klinkhammer, 9. Auflage, § 2 Rn. 133, 589).

Die in Kenntnis des Ausbildungsunterhalts erfolgten Ausgaben, die zu einer Verringerung dieses Vermögens geführt haben, sind überwiegend gerechtfertigt. Die Ausgabe für eine Sprachreise vom 30.7.2012 - 24.8.2012 (2.028 €) entsprach vernünftigem Vermögensverbrauch, da sie der Ausbildung diente. Gleiches gilt für die weiteren vom Vater vorfinanzierten Ausgaben für den Computer (529 €), der nach der allgemeinen Schulausbildung beschafft wurde und den Fotoapparat (793,30 €). Mit Blick auf das zum Zeitpunkt der Anschaffung vorhandene Vermögen der Antragstellerin und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern handelte es sich nicht um leichtfertig für luxuriöse Zwecke oder ohne verständlichen Grund eingegangene unvernünftige Vermögensausgaben.

Die vorgenannten Ausgaben sind auch tatsächlich angefallen. Die Angaben des Zeugen M. (Bl. 261f) waren ergiebig (Bl. 185 f). Die Ausgaben in Höhe von insgesamt 3.350,30 € sind außerdem durch Rechnungen belegt. Der Senat sieht daher keinen Anlass, den Zeugen erneut zu vernehmen.

Die getilgten Anwaltskosten in Höhe von 670,57 € sind als fällige Verbindlichkeiten abzusetzen.

Auch hinsichtlich der Ausgaben von 890,97 € für Möbel, Küche, Lattenrost und 261,52 € für den Einkauf bei IKEA ist kein unvernünftiger Vermögensverbrauch zu erkennen. Die Antragstellerin musste kurzfristig eine Unterkunft in Augsburg beziehen und diese auch einrichten. Die Ausgaben waren für die Einrichtung eines eigenen Hausstandes nicht unverhältnismäßig. Es war ihr auch nicht verwehrt, Möbel und Hausrat zu kaufen, anstatt ihre Mutter um Überlassung gebrauchter Gegenstände zu bitten. Das Verhältnis der Beteiligten ist hoch streitig. Die Kindesmutter hat die Antragstellerin aus ihrer Wohnung verwiesen, der Unterhalt wurde nicht vollständig gezahlt. Unter diesen Umständen durfte die Antragstellerin nach § 242 BGB davon absehen, die Kindesmutter zur Überlassung gebrauchter Haushaltsgegenstände aufzufordern.

Nicht zu berücksichtigen ist die Position Kaution in Höhe von 600 €, da die Antragstellerin diese zurückerhalten hat.

Die behauptete Ausgabe für Maklerprovision, die in Höhe von 750 € bar gezahlt worden sein soll, ist nicht nach § 286 Abs. 1 ZPO bewiesen. Danach muss für die Überzeugung von der Wahrheit einer Behauptung ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit erreicht werden, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 23. November 2011 - IV ZR 70/11 -, Rn. 16, juris). Vorliegend bestehen Zweifel. Einziger Beleg ist die im Kontoauszug (Anlage A 15) ausgewiesene Barabhebung. Die Barabhebung lässt keinen eindeutigen Rückschluss auf die Verwendung des bar erhaltenen Betrages von 750 € zu. Die Antragstellerin hätte zumindest eine Rechnung vorlegen oder angeben müssen, welcher Makler die Provision erhalten haben soll. Diesen naheliegende Vortrag hat sie unterlassen.

Somit ist folgendes Vermögen anzusetzen:

Vermögen am 23.7.2012: 12.766,43 €
- Auslagen Vater 3.350,30 €
- Anwalt 670,57 €
- Küche + Lattenrost 890,97 €
- IKEA ... 261,52 €

7.593,07 €

Hiervon ist der Schonbetrag abzuziehen, wobei es wie oben ausgeführt dahinstehen kann, ob in entsprechender Anwendung von § 29 Abs. 1 Nr. 1 BAföG in der bis 1.8.2016 geltenden Fassung ein Vermögen von 5.200 € anrechnungsfrei zu bleiben hat. Denn auch bei Ansatz eines Schonbetrages von 3.100 € erscheint es grob unbillig, den dann verbleibenden Vermögensstock von 4.493,07 € gleichmäßig auf 63 Monate (Januar 2013 bis September 2013 + 54 Monate Regelstudienzeit, Bl. 321) = 71,32 € zur Deckung des Bedarfs der Antragstellerin (670,00 € + 34,22 € Krankenkasse) einzusetzen.

Inwieweit ein volljähriges Kind sein Vermögen für die Ausbildung einsetzten muss, ist nach einer umfassenden Zumutbarkeitsabwägung zu entscheiden, die alle bedeutsamen Umstände und insbesondere auch die Lage des Unterhaltsverpflichteten berücksichtigt.

Bei Abwägung des zumutbaren Vermögenseinsatzes ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin ihre berechtigten Ansprüche auf Ausbildungsunterhalt gegen die Antragsgegnerin teilweise mit ihren finanziellen Reserven überbrücken musste. Selbst der nach Auffassung der Antragsgegnerin zu zahlende Unterhalt wurde teilweise verzögert geleistet. Um die Rückstände abzudecken, wurde das Vermögen der Antragstellerin nahezu aufgebraucht (Bl. 227). Schon aufgrund dieses Umstandes erscheint es grob unbillig, die Antragstellerin auf eine verringerte Vermögensreserve zu verweisen, auf die sie in der Vergangenheit zur Absicherung ihres eigenen Unterhalts angewiesen war.

Auch im Hinblick auf die Lage der Unterhaltsverpflichteten ist es nicht erforderlich, das Vermögen der Unterhaltsverpflichteten um den theoretischen Anteil der Antragstellerin von 71,32 € pro Monat zu entlasten. Beide Eltern sind - anders als die Antragstellerin - nicht auf den anteiligen Betrag zu Sicherung des eigenen Unterhalts angewiesen. Der Entlastungsanteil des Kindesvaters würde 36,60 € (71,32 € x 2.727,00 €: 5.313,73 €), der Entlastungsanteil der Kindesmutter nur 34,72 € (71,32 € x 2.586,73 € : 5.313,73 €) betragen. Angesichts der guten Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern, die beide als Berufsrichter besoldet werden, ist ihnen zuzumuten, den Ausbildungsunterhalt ungekürzt zu tragen und das vorgenannte Vermögen der Antragstellerin für zusätzliche Ausgaben und als Notreserve zu belassen.

Etwas anderes folgt nicht aus dem Verzicht des Pflichtteils der Antragsgegnerin. Das Vorbringen ist widersprüchlich. Eine Anrechnung würde der Antragstellerin nehmen, was ihr nach dem Verzicht belassen werden soll. Außerdem verbliebe ihr nach Abzug des Pflichtteils ein noch geringerer Vermögensrest.

Die Antragstellerin hat keine Zinseinnahmen. Aus dem vorgelegten Kontoauszug vom 28.12.2012 (Bl. 259) folgt, dass die Zinsen in Höhe von 317,43 € aus dem Erbschaftsvermögen von 26.053,00 € im Laufe eines Jahres angefallen sind. Fortgesetzte Zinseinnahmen sind nicht ersichtlich, nachdem das Erbe aufgeteilt und auch weitgehend verbraucht ist.

Auch die im Termin genannten 750 €, die aus dem Verkauf der zuvor angeschafften Küche von der Antragstellerin erzielt wurden, sind nicht unterhaltsrelevant. Der Wert ihres Vermögens hat sich durch den Verkauf der Küche nicht verändert. Der Verkaufserlös ist nicht höher als der Anschaffungspreis der Küche. Insbesondere einscheint es grob unbillig, ihr zur Abdeckung ihres Unterhalts den Verkauf der Küche zuzumuten, was bei einer Anrechnung der Fall wäre.

Die Antragstellerin hat folgende Unterhaltsansprüche: ...

Der Bedarf ist nach dem Verhältnis der Einkünfte der Kindeseltern wie folgt abzudecken:

Einkommen der Kindesmutter 3.786,73 €/Monat abzüglich 1.200 € Selbstbehalt = 2.586,73 €

Einkommen des Kindesvaters 3.927,00 €/Monat abzüglich 1.200 Selbstbehalt = 2.727,00 €

Gesamteinkommen 5.313,73 €

Anteil Kindesvater: 597,00 € x 2.727,00 € : 5.313,73 € = 306,38 €
Anteil Kindesmutter: 597,00 € x 2.586,73 € : 5.313,73 € = 290,55 € - aufgerundet, § 1612a Abs. 2 S. 2 BGB, 291,00 €

Unterhaltsrückstand - 9 Monate: 291 € x 9 = 2.619,00 €

Anteil des Kindesvaters 520,22 € x 2.727,00 € : 5.313,73 € = 266,97 €
Anteil der Kindesmutter 520,22 € x 2.586,73 € : 5.313,73 € = 253,24 € - aufgerundet 254 €

Unterhaltanspruch ab Januar 2015

Einkommen Kindesmutter 3.786,73 € abzüglich Selbstbehalt 1.300 € = 2.486,73 €
Einkommen Kindesvater 3.927,00 € abzüglich Selbstbehalt 1.300 € = 2.627,00 €

Gesamteinkommen 5.113,73 €

Anteil des Kindesvaters 520,22 € x 2.627,00 : 5.113,73 € = 267,24 €
Anteil der Kindesmutter 520,22 € x 2.486,73 : 5.113,73 € = 252,98 € - aufgerundet 253,00 €

Unterhaltsanspruch ab Januar 2016 ...

Nach der Düsseldorfer Tabelle erhöht sich der Grundbedarf für Studierende ab 1.1.2016 auf 735,00 €, das Kindergeld erhöht sich auf 190 €. Der Bedarf der Antragstellerin beläuft sich somit auf 735 € + 34,22 € Krankenversicherung ./. 190 € = 579,22 €.

Der Anteil der Kindesmutter beträgt 579,22 € x 2.453,73 € (2.486,73 € - 33 € Unterhaltserhöhung für F.) : 5.080,73 € (2.627,00 € + 2.453,73) = 279,73 € - aufgerundet 280 €.

Beantragt wurden indes 278 €, woran der Senat gemäß § 308 Abs. 1 ZPO gebunden ist.

Hiervon in Abzug zu bringen sind die im Tenor genannten unstreitigen Zahlungen.

Die Unterhaltsansprüche sind nicht gemäß § 1611 Abs. 1 BGB verwirkt. Der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung ist vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners, eine Berufsausbildung zu ermöglichen, steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Zwar muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind. Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (vgl. BGH, FamRZ 2001, 757 ff.; OLG Jena, NJW-RR 2009, 651-653, Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 17. August 2012 - 1 UF 219/12 -, Rn. 64, juris).

Die Antragstellerin hat ihre Ausbildungsobliegenheit nicht nachhaltig verletzt. Sie hat eine Studienbescheinigung für das Wintersemester 2015/2016 vorgelegt sowie im Termin vom 1.10.2015 Auskunft über den Stand ihrer Ausbildung erteilt. Danach war zwar das Nichtbestehen von vier Grundkursen zu erkennen, jedoch keine nachhaltige Verletzung ihrer Ausbildungsobliegenheit, da neun Leistungsnachweise erbracht wurden. Zudem hat sie im Termin vom 3.3.2016 eine Lehrveranstaltungsbestätigung vorgelegt.

Es besteht kein Zurückbehaltungsrecht, § 273 Abs. 1 BGB. Der Unterhaltsverpflichtete ist zu einer gewissen Kontrolle der Ausbildung aus § 242 BGB berechtigt und kann die Vorlage von Zeugnissen über Zwischenprüfungen, erfolgreiche Teilnahme an Übungen, Studienbescheinigungen usw. verlangen (OLG Celle, FamRZ 1980, 914). Wie oben ausgeführt, hat die Antragstellerin durch Vorlage der Studienbescheinigung und Aufstellung ihrer Ausbildungsergebnisse Auskunft erteilt, dass sie ihrer Ausbildungsobliegenheit derzeit genügt. Anhaltspunkte für eine unzutreffende Auskunft waren nicht ersichtlich.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 S. 1 und S. 2 Nr. FamFG. Die Kostenentscheidung I. Instanz berücksichtigt den Erfolg und die Zuvielforderung der Antragstellerin. Entsprechendes gilt für die Kostentscheidung II. Instanz.

Die Abänderung des Verfahrenswertes I. Instanz folgt aus § 55 Abs. 3 Nr. 2 FamGKG und errechnet sich gemäß § 51 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 FamGKG wie folgt:

Rückstand ab Januar 2013 bei Einreichung des Stufenantrages April 2013: 4 x 313 € = 1.252 €
laufender Unterhalt ab Mai 2013 bis April 2014: 5 x 313 € + 7 x 333 € = 3.896 €
Gesamt 5.148 €

Der Verfahrenswert der Beschwerde richtet sich nach § 40 Abs. 1 S. 1 FamGKG nach der Beschwer aus den Anträgen:

Januar 2013 bis September (2628 € - 1944 € =) 684 €
Oktober 2013 bis April 2014: 7 x (311 - 179 =) 132 € = 924 €
Gesamt 1.608 €

IV. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe der Antragstellerin war zurückzuweisen. Sie ist nicht bedürftig im Sinne der §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 115 ZPO. Eltern schulden in entsprechender Anwendung des § 1360a Abs. 4 BGB auch ihren volljährigen Kindern einen Vorschuss für die Kosten eines Rechtsstreits in persönlichen Angelegenheiten, wenn die Kinder wegen der Fortdauer ihrer Ausbildung noch keine eigene Lebensstellung erreicht haben (BGH, Beschluss vom 23. März 2005 - XII ZB 13/05 -, juris). Soweit dem Unterhaltsberechtigten ein Anspruch auf Kostenvorschuss zusteht, ist er nicht bedürftig. Der Anspruch gehört zu seinem Vermögen, das er nach § 115 Abs. 3 ZPO zur Finanzierung des Verfahrens einzusetzen hat (BGH FamRZ 2004, 1633, 1635). So liegt es hier. Die Antragstellerin hat gegen ihre leistungsfähigen Eltern einen Anspruch auf Vorschuss für die Kosten des Verfahrens. Sie ist daher nicht bedürftig.

V. Der Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§ 70 Abs. 1 und 2 FamFG). Der Senat folgt zu der Frage, inwieweit ein volljähriges Kind für seinen Unterhalt die Substanz seines Vermögens einzusetzen hat, uneingeschränkt der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH v. 05.11.1997 - XII ZR 20/96). Im Übrigen handelt es sich bei der Abwägung der Zumutbarkeit des einzusetzenden Vermögens um eine Einzelfallentscheidung, die zu den entscheidungserheblichen Voraussetzungen keine grundsätzlichen Fragen aufwirft. ..."

***

Auch wenn das um Ausbildungsunterhalt nachsuchende volljährige Kind seine Obliegenheit vernachlässigt, die Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und zu betreiben, entfällt der Unterhaltsanspruch jedenfalls dann nicht, wenn dem volljährigen Kind auf Grund einer Erkrankung - hier: seit dem 3. Lebensjahr bestehende, komplexe Aufmerksamkeitsdefizit- und Aktivitätsstörung schwerer Form, verbunden mit einem reaktiven depressiven Syndrom - die Einsicht fehlt, dass es vor Aufnahme einer Ausbildung zunächst der fachärztlichen Therapie bedarf und es krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, der Erkrankung gegenzusteuern und die notwendigen Maßnahmen zu deren Behandlung zu ergreifen (KG Berlin, Beschluss vom 10.10.2015 - 13 UF 12/15).

***

„... I. Die Antragstellerin ist die Mutter des am 5. Juni 1996 geborenen Antragsgegners, der seine allgemeine Schulausbildung abgeschlossen hat. In der vollstreckbaren Urkunde des Bezirksamtes ... von Berlin. ..., vom 4. Dezember 2007 verpflichtete sie sich, dem Antragsgegner 100 % des Regelbetrages der 2. und 3. Altersstufe abzüglich des nach § 1612 b Abs.1, Abs.5 BGB anzurechnenden Kindergeldes für ein 3. Kind zu zahlen. In der Vergangenheit sind auf der Grundlage dieses zeitlich unbefristeten Titels erhebliche Unterhaltsrückstände aufgelaufen. Mit Anwaltsschreiben vom 23. September 2014 bat die Antragstellerin den Antragsgegner um Auskunft über seinen Schulabschluss, seine Ausbildung, eine ggfl. nebenher betriebene Erwerbstätigkeit, sein Einkommen und das seines Vaters bis zum 10. Oktober 2014. Die Aufforderung blieb erfolglos. Mit ihrem nach vorangegangenem VKH-Verfahren am 4. Februar 2015 rechtshängig gewordenen Antrag hat sie beantragt, die Vollstreckung aus der Urkunde vom 4. Dezember 2006 ab Rechtshängigkeit für unzulässig zu erklären, hilfsweise hat sie Stufenantrag auf Auskunft und Abänderung der Unterhaltsurkunde erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, es bestünde derzeit keine Unterhaltspflicht. Im Übrigen ändere der Eintritt der Volljährigkeit auf Seiten des Antragsgegners die Rechtslage. Da der Antragsgegner die von ihr gewünschten Auskünfte nicht erteilt habe, könne sie nicht einschätzen, ob und aufgrund welcher rechtlichen Grundlage der Antragsgegner noch einen Anspruch auf Unterhalt habe.

Der Antragsgegner hat die Auffassung vertreten, die Antragstellerin habe die falsche Klageart gewählt. Für ihr Begehren sei ein Abänderungsantrag einschlägig. Für die Voraussetzungen einer Abänderung sei sie aber beweisbelastet. Er sei nicht gehalten, die "Vollstreckungsabwehrklage" rund zu machen.

Das Amtsgericht hat dem Vollstreckungsabwehrantrag mit Beschluss vom 24. April 2015 stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Unterhaltsanspruch des Antragsgegners entfalle, weil er der Antragstellerin keine Auskunft über die mit Schreiben vom 23. September 2014 an ihn gestellten Fragen erteilt habe. Es sei treuwidrig, die Antragstellerin insoweit darauf zu verweisen, ihn in einem Gerichtsverfahren auf Auskunft in Anspruch zu nehmen. Der Einwand der Verwirkung könne mit dem Vollstreckungsabwehrantrag geltend gemacht werden.

Der Beschluss ist dem Antragsgegner am 20. Mai 2015 zugestellt worden. Am 12. Juni 2015 hat er die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine hiergegen gerichtete Beschwerde beantragt.

Er hält weiterhin an seiner Auffassung fest, der Vollstreckungsabwehrantrag sei die falsche Antragsart. Der Eintritt seiner Volljährigkeit sei mittels Abänderungsantrages geltend zu machen, der aber einen Vollstreckungsabwehrantrag ausschließe. Die Nichtbeantwortung des Auskunftsantrages könne nicht zur Konsequenz haben, dass statt des Abänderungsantrages der Vollstreckungsabwehrantrag begründet sei. Wenn die Antragstellerin zur Begründung eines Abänderungsantrages nicht in der Lage sei, müsse sie eben von ihren rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch machen, ihn zu einer Auskunft zu zwingen. Im Rahmen des Vollstreckungsabwehrantrages könne es jedenfalls nicht zu einer Beweislastumkehr kommen, wie dies der angegriffene Beschluss vorsehe.

II. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist zurückzuweisen, da das vom Antragsgegner beabsichtigte Rechtsmittel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat i.S.d. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO. Der Senat geht dabei davon aus, dass die Verfahrenskostenhilfe für eine erst beabsichtigte Beschwerde beantragt wird, und diese mit Schriftsatz vom 11. Juni 2015 nur angekündigt und nicht unter der unzulässigen Bedingung der Verfahrenskostenhilfebewilligung bereits erhoben werden sollte, was deren Erfolgsaussichten und der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe entgegen stünde.

Das Amtsgericht hat allerdings zu Recht dem im Hauptantrag geltend gemachten Vollstreckungsabwehrantrag gemäß §§ 113 Abs.1 FamFG, 767 ZPO entsprochen. Es handelt sich hierbei nicht um die falsche Antragsart. Wie der Antragsgegner selbst ausführt, dient der Vollstreckungsabwehrantrag nach § 767 ZPO der Durchsetzung rechtsvernichtender, -hemmender und -beschränkender Einwendungen. Das Abänderungsverfahren nach §§ 238 f FamFG betrifft hingegen die anspruchsbegründenden Tatsachen, wie etwa die Bedürftigkeit oder Leistungsfähigkeit der Beteiligten, und damit den Anspruchsgrund als solchen (vgl. Wendl/Dose-Schmitz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage 2015, § 10 Rn.153). Zu den mit dem Vollstreckungsabwehrantrag geltend zu machenden rechtsvernichtenden bzw. rechtshemmenden Einwendungen gehört-wie der Antragsgegner ebenfalls zutreffend erkennt - diejenige der Verwirkung (vgl. BGH FamRZ 1987, 259; BGH FamRZ 1991, 1175) bzw. der unzulässigen Rechtsausübung (vgl. BGH FamRZ 1983, 355; BGHZ 42,1). Einen solchen Fall hat das Amtsgericht hierzu Recht angenommen.

Der Antragsgegner ist gemäß § 1605 Abs.1 BGB verpflichtet, der Antragstellerin über seine Einkünfte und sein Vermögen, wozu auch ein Anspruch auf Barunterhalt gegen den Vater gehört, der mit Volljährigkeit des Antragsgegners seiner Unterhaltspflicht nicht mehr gemäß § 1606 Abs.2 S.2 BGB durch Betreuung nachkommen kann, Auskunft zu erteilen. Die Auskunftspflicht bezieht sich gemäß § 242 BGB auch auf sonstige, für eine Unterhaltspflicht der Antragstellerin relevante Umstände, wie etwa die Frage, ob der Antragsgegner einer Ausbildung nachgeht oder ihn eine Erwerbsobliegenheit trifft, soweit die Antragstellerin hierüber in entschuldbarer Weise im Ungewissen ist (vgl. Palandt-Brudermüller, BGB, 74. Aufl. Rn. 2 zu § 1605 BGB; Palandt-Grüneberg, a.a.O., Rn. 4 zu § 260 BGB). Dieser mit Schreiben vom 23. September 2014 von Seiten der Antragstellerin geltend gemachten Auskunftsverpflichtung ist der Antragsgegner nicht nachgekommen. Er hat die Antragstellerin vielmehr auf die Einleitung gerichtlicher Schritte verwiesen. Anders lässt sich sein Hinweis auf "rechtliche Möglichkeiten, ihn zu einer Auskunft zu zwingen", nicht interpretieren. Er hat bisher auch nicht zu erkennen gegeben, dass er dem Auskunftsbegehren zumindest im Rahmen des hilfsweise gestellten Auskunftsantrages freiwillig Folge leisten werde. Verletzt aber ein volljähriges Kind seine gegenüber einem unterhaltspflichtigen Elternteil bestehende Auskunftspflicht, kann dies nach § 1611 Abs.1 BGB zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruches führen (vgl. OLG Hamm OLGR 1998, 174). Dies gilt nach Auffassung des Senates nicht nur für den Fall, dass etwa eigenes Einkommen verschwiegen wird, sondern auch dann, wenn überhaupt keine Auskunft über unterhaltsrelevante Umstände erteilt wird, obwohl sich diese - wie vorliegend - schon im Hinblick auf die mit Volljährigkeit einsetzende Mithaftung des anderen Elternteils nach § 1606 Abs.3 S.1 BGB, eine veränderte Kindergeldanrechnung nach § 1612 b Abs.1 Nr. 2 BGB sowie die unstreitig erfolgte Beendigung der allgemeinen Schulausbildung und den damit verbundenen Wegfall der Privilegierung i.S.d. § 1603 Abs.2 BGB geändert haben müssen.

Selbst wenn man in der schon als hartnäckig zu bezeichnenden Verweigerung einer Auskunftserteilung und dem Verweis der Antragstellerin auf den Klageweg noch keine zum Wegfall der Unterhaltsansprüche des Antragsgegners führende schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 BGB sehen will, stellt sich das Verhalten aus Sicht des Senates jedenfalls als eine derzeit der Vollstreckung entgegenstehende, gegen § 242 BGB verstoßende unzulässige Rechtsausübung dar, die dem Vollstreckungsabwehrantrag zu Recht zum Erfolg verhalf. Die Antragstellerin musste sich insoweit nicht auf die Möglichkeit der Erhebung eines erfahrungsgemäß mit einer wesentlich längeren Verfahrensdauer verbundenen Stufenantrages auf Auskunft und Abänderung verweisen lassen, denn der Antragsgegner hat aktiv die Zwangsvollstreckung auch des laufenden Unterhaltes aus der Unterhaltsurkunde vom 4. Dezember 2007 betrieben.

Mit ihrem Vollstreckungsabwehrantrag hat sich die Antragstellerin auch keinen Vorteil hinsichtlich der Beweislast verschafft. Der Antragsgegner verkennt nämlich die Darlegungs- und Beweislast für ein Abänderungsverfahren. Steht einem Unterhaltsberechtigten der titulierte Unterhalt jedenfalls mit der seinerzeit angestellten Begründung nicht mehr zu, trifft ihn, will er aus anderen Gründen an dem Unterhaltstitel festhalten, auch in seiner Eigenschaft als Antragsgegner im Abänderungsverfahren die Darlegungs- und Beweislast für die sein Begehren stützenden Tatsachen. Begehrt etwa der während der Minderjährigkeit des Kindes allein barunterhaltspflichtige Elternteil nach Eintritt der Volljährigkeit mit dem Hinweis auf eine Mithaftung des vormals betreuenden Elternteils Herabsetzung des titulierten Kindesunterhalts, ergibt sich eine wesentliche Veränderung der maßgebenden Verhältnisse allein schon aus dem Eintritt der jeweiligen Mithaftung beider Elternteile nach § 1606 Abs.3 S. 1 BGB. Demgemäß trägt das volljährige Kind als Antragsgegner die Darlegungs- und Beweislast für alle Umstände, die den Fortbestand des Titels rechtfertigen (vgl. OLG Köln FamRZ 2013, 793; OLG Bremen FamRZ 2012, 383; OLG Brandenburg FamRZ 2004, 553; OLG Köln FamRZ 2000, 1043; OLG Hamm FamRZ 2000, 904; KG FamRZ 1994, 765). Dies schließt die jeweiligen Haftungsquoten der Eltern, mithin auch das unterhaltswirksame Einkommen des anderen Elternteils, ein. Insoweit stand der Antragsgegner im Rahmen des Vollstreckungsabwehrantrages nicht schlechter, als er bei fortbestehender Verweigerung der gewünschten Auskunftserteilung im Falle eines Abänderungsantrages gestanden hätte.

Es bleibt dem Antragsgegner unbenommen, einen ihm als volljähriges, nicht mehr privilegiertes Kind zustehenden Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nach §§ 1601 ff, 1610 BGB im Rahmen eines Leistungsantrages unter Darlegung der diesbezüglichen Anspruchsvoraussetzungen durchzusetzen. Die mit der beabsichtigten Beschwerde angestrebte Aufrechterhaltung der Vollstreckbarkeit des auf den Minderjährigenunterhalt zugeschnittenen Alttitels ist jedenfalls nicht angezeigt und erscheint schon fast mutwillig. ..." (KG Berlin, Beschluss vom 13.07.2015 - 25 UF 57/15)

***

„... Der Anspruch der Antragstellerin auf Übernahme der Kosten ihrer Krankenversicherung durch die Antragsgegnerin folgt aus § 1610 BGB. In den Tabellensätzen finden Krankenversicherungsbeiträge für Kinder keine Berücksichtigung, weil diese in der gesetzlichen Familienversicherung gemäß § 10 Abs. 2 SGB V gegen Krankheit mitversichert sind; ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, wie etwa bei Selbständigen oder Beamten, hat der Barunterhaltsschuldner für die Kosten der Krankenversicherung des Kindes zusätzlich einzustehen (vgl. etwa: Klinkhammer in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage, § 2 Rn. 327, S. 508; Brudermüller in Palandt, BGB, 74. Auflage, § 1610 Rn. 12; siehe auch Kölner Unterhaltsleitlinien Stand 01.01.2013 Nr. 11.1).

Allerdings kann der Barunterhaltspflichtige gemäß § 1612 Abs. 1 S. 2 BGB verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhalts ganz oder teilweise in anderer Weise, etwa in Form von Sachleistungen gestattet wird, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen. Ein solcher Grund kann etwa dann bestehen, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil - wie hier die Antragstellerin - beamtet und deswegen beihilfeberechtigt ist (Scholz in Wendl/Dose, a. a. O., § 2 Rn. 16, S. 418). Die Antragsgegnerin kann die Antragstellerin wegen des von der Beihilfe nicht getragenen Krankenversicherungsanteils von 20 % in ihrer Privatversicherung zum Preis von monatlich 30,00 EUR mitversichern. Ihre finanzielle Belastung ist im Vergleich zu der Situation, wenn die Antragstellerin bei der Privatversicherung ihres Vaters mit einem Preiszuschlag von 169,05 EUR monatlich mitversichert ist und die Antragsgegnerin diese erstatten müsste, wesentlich geringer. Bei der gebotenen Abwägung kommt wirtschaftlichen Gründen ein besonderes Gewicht zu (Brudermüller, a. a. O., § 1612 Rn. 11).

Die Antragstellerin hat keine überzeugenden Gründe gegen die Feststellung des Amtsgerichts anzuführen vermocht, dass es sachgerecht erscheine, sie auf die günstigere Möglichkeit der Versicherung bei der Antragsgegnerin zu verweisen und die Antragsgegnerin deswegen an den weit höheren Kosten der Mitversicherung in der privaten Krankenversicherung des Kindesvaters nicht zu beteiligen. Die Gründe, die die Antragstellerin gegen eine Krankenmitversicherung über die Antragsgegnerin anführt, nämlich, bereits in der Vergangenheit (Ende 2012/Anfang 2013) habe sich die Antragsgegnerin als unzuverlässig erwiesen und sei auch im Übrigen nach wie vor nicht kooperativ, wie sich unter anderem bei der Auskunftserteilung über ihre Einkommensverhältnisse zwecks Geltendmachung des Kindesunterhalts und im Rahmen der Ausübung der gemeinsamen Umgangskontakte gezeigt habe, rechtfertigt nicht die Annahme, im Rahmen von Erstattungsabrechnungen mit der Beihilfestelle der Antragsgegnerin und ihrer ergänzenden Privatversicherung könne es im Einzelnen zu Abwicklungsschwierigkeiten kommen.

Zu Recht hat das Amtsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, die Antragstellerin könne mit der Beihilfestelle und der Privatversicherung der Antragsgegnerin unmittelbar abrechnen, weil dieser Umstand erstinstanzlich unstreitig gewesen ist. Soweit die Antragstellerin nunmehr eine andere Auffassung bezogen auf die Beihilfe vertritt, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Denn sie kann sich, wie gerichtsbekannt ist, bei formaler Handhabung durch die Abrechnungsstelle von der Antragsgegnerin eine Vollmacht zur unmittelbaren Abrechnung der sie betreffenden medizinischen Leistungen geben lassen und diese vorlegen. Aber selbst dann, wenn man eine unmittelbare Abrechnungsbefugnis generell verneinen wollte, ist ein vernünftiger Grund für eine Verweigerungshaltung der Antragsgegnerin nicht ersichtlich, würde diese sich doch anderenfalls über den Krankenversicherungsbeitrag hinaus in Höhe der Rechnungsbeträge haftbar machen.

Die Zeit bis Frühjahr 2013 betreffend, als die Antragstellerin noch über die Antragsgegnerin krankenversichert war, führt die Antragstellerin einen Vorfall von Ende 2012/Anfang 2013 an, in der sie in eine therapeutische Maßnahme bei der B Q aufgenommen werden sollte, was aber zunächst an der unzureichenden Mitwirkung der Antragsgegnerin gescheitert sei. Verifizierbar ist insoweit anhand des von der Antragsgegnerin mit der Beschwerdeerwiderung vorgelegten Schreibens vom 26.01.2013 (Bl. 148 GA) und der von der Seite 6 des Hilfeplans vom 27.02.2013 vorgelegten Kopie (Bl. 31 GA) lediglich, dass sich die Antragsgegnerin um eine Kostenübernahmezusage bemühte, diese aber aus formalen Gründen, auf die die Antragsgegnerin keinen Einfluss hatte, zunächst scheiterte, sie dies dem damals zuständigen Jugendamt mit dem vorbezeichneten Schreiben mitteilte und um entsprechende Veranlassung unter Beteuerung ihrer weiteren Mitwirkungsbereitschaft bat, diese Vorgehensweise einer Mitarbeiterin des Jugendamtes allerdings zu langwierig erschien und diese deswegen die Aufnahme der Antragstellerin in die private Krankenversicherung des Kindesvaters initiierte. Ungeachtet dessen handelte es sich - dessen grundsätzliche Beachtlichkeit einmal unterstellt - um ein einmaliges Ereignis, das zudem rund zwei Jahre lang zurückliegt. Eine Unzuverlässigkeit der Antragsgegnerin bei der Mitwirkung im Rahmen der Abwicklung eines Krankenversicherungsfalls der Antragstellerin über die bei ihr bestehende Mitversicherung lässt sich daraus nicht herleiten.

Auch der von der Antragstellerin dargelegte Umstand der unzulänglichen Kommunikations- und Kompromissbereitschaft zwischen dem Kindesvater und der Antragsgegnerin lässt nicht den Schluss auf eine unzulängliche Mitwirkung der Antragsgegnerin bei der Abwicklung von Leistungsfällen den Krankenversicherungsschutz ihrer Tochter betreffend zu. Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin auf Umgangskontakte verweist, deren Verlauf nicht "rund" war. ..." (OLG Köln, Beschluss vom 20.02.2015 - 4 UF 168/14)

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Dient eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme nach § 51 SGB III nicht der Vorbereitung auf einen Schulabschluss, sondern allein der allgemeinen Verbesserung vorhandener Fähigkeiten, ist die Maßnahme einer allgemeinen Schulausbildung im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht gleichzusetzen (OLG Hamm, Beschluss vom 03.12.2014 - 2 WF 144/14).

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Zwar kann das Kind trotz der generellen Bindung an die Entscheidung des Sorgeberechtigten Mehrbedarf nicht unbeschränkt geltend machen. Die kostenverursachende Maßnahme muss vielmehr sachlich begründet sein, das heißt es müssen wichtige Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, die Mehrkosten zulasten des Unterhaltspflichtigen anzuerkennen. Ein wichtiger Grund kann sich auch aus der ursprünglich gemeinsamen Entscheidung der Eltern ergeben, dem Kind ein Hobby - hier Reiten - zu ermöglichen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.06.2014 - 6 UF 323/13):

„... I. Die Antragstellerin verlangt vom Antragsgegner im Wege der Abänderung erhöhten Mehrbedarf im Hinblick auf ihre stark gestiegenen Ausgaben für ihr Hobby Reiten. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Beschlusses wird zunächst auf dessen Gründe Bezug genommen, die wie folgt ergänzt werden:

Die Mutter der Antragstellerin und der Antragsgegner waren miteinander verheiratet und trennten sich im Jahre 2007. Im Jahre 2006 begann die Antragstellerin mit dem Reitsport im Einverständnis des Antragsgegners. Mittlerweile übt die Antragstellerin das Hobby des Reitsports im Hinblick auf das ihr bescheinigte überdurchschnittliche Talent mit hohem zeitlichen und finanziellen Aufwand aus. Sie hat eine Jahresturnierlizenz der FN, nimmt regelmäßig an Reitturnieren (in den Sommermonaten bis zu 3-mal im Monat) teil und wurde im November 2009 in die Turnierfördergruppe aufgenommen. Aufgrund ihrer exzellenten Leistungen wurde sie mittlerweile in den Landeskader aufgenommen und kann erste Erfolge bei Turnieren vorweisen. Seit dem Jahre 2010 reitet sie ihr eigenes Pony, dieses steht in ihrem Eigentum. Zudem hat sie seit dem Jahre 2013 ein Pferd geleast, welches speziell für den Reitsport ausgebildet ist. Die Notwendigkeit zweier Pferde ergibt sich daraus, dass X ständig ein Pferd zur Verfügung stehen muss, um die Anforderungen des Leistungssportes zu bewältigen und der krankheitsbedingte Ausfall eines Pferdes nur mit einem Ersatzpferd aufgefangen werden kann. Die Kosten des Reitsports beliefen sich im Jahre 2012 auf durchschnittlich monatlich 827,95 € und im Jahre 2013 auf durchschnittlich monatlich 827,95 €. Insofern wird auf die Aufstellung der Antragstellerin Bezug genommen, die als Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 17. September 2013 nebst Belegen zur Akte gereicht wurden (Bl. 211 ff. d. A.). Neben den Reitkosten macht sie Kosten für ...unterricht, Geigenunterricht, verschiedene Lehrgänge, Unfall- und Haftpflichtversicherungsbeiträge, ‚Lernzeit ...' sowie Sprachreisen nach Frankreich als Mehrbedarf geltend.

Die Mutter der Antragstellerin ist für die Antragstellerin allein sorgeberechtigt. Der Antragsgegner hat sich für unbegrenzt leistungsfähig erklärt und ausdrücklich auf eine Beteiligung der Kindesmutter an den Mehrbedarfskosten, deren Übernahme er aber dem Grunde nach ablehnt, verzichtet.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht sowohl den Abänderungsantrag der Antragstellerin auf Erhöhung des Mehrbedarfs als auch den Widerantrag des Antragsgegners auf Reduzierung des Mehrbedarfs auf 0 zurückgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Beschluss vom 27.09.2013 Bezug genommen.

Gegen den Beschluss haben beide Beteiligte Beschwerde eingelegt. Mit ihren Beschwerden verfolgen beide Beteiligte ihre erstinstanzlichen Anträge weiter, wobei sie im Wesentlichen ihre erstinstanzlichen Vorträge wiederholen. Die Antragstellerin verweist auf ihr besonderes Talent im Reitsport und beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bensheim vom 27.09.2013 abzuändern und ihrem erstinstanzlichen Antrag stattzugeben sowie den Widerantrag zurückzuweisen.

Der Antragsgegner beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bensheim vom 27.09.2013 dahingehend abzuändern, dass das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bensheim vom 14.12.2009, Az: 72 F 587/08 UK dahingehend abgeändert wird, dass mit Wirkung ab September 2011 eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung eines Mehrbedarfs für Ballettunterricht in Höhe von monatlich 53,00 €, für den Besuch der betreuten Grundschule in Höhe von monatlich 121,00 € und für die Teilnahme an einem dem Grundschulenglischunterricht ergänzenden Englischunterricht in Höhe von monatlich 90,00 € entfallen ist. Er beantragt ferner, die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss hinsichtlich der Abweisung des Antrags der Antragstellerin und verfolgt mit seiner eigenen Beschwerde seinen erstinstanzlich gestellten Widerantrag weiter. Er wendet sich gegen die Inanspruchnahme für die Kosten des Reitsports soweit sie monatlich 110,-- € übersteigen, da sein Einverständnis mit der Aufnahme des Reitsports im Jahre 2006 nicht mit einem Einverständnis einer exzessiven Ausweitung dieses Hobbys einhergegangen sei.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen.

II. Beide Beschweren sind gemäß den §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64, 117 Abs. 1 FamFG i.V.m. den §§ 520 ff. ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache selbst hat das Rechtsmittel der Antragstellerin überwiegend, hingegen das Rechtsmittel des Antragsgegners keinen Erfolg.

1. Antrag der Antragstellerin
a. Der Abänderungsantrag der Antragstellerin ist zulässig. Die Voraussetzungen des § 238 Abs. 1 S. 2 FamFG liegen vor. Die Antragstellerin trägt vor, ihr Mehrbedarf habe sich seit Errichtung des Titels im Jahre 2009 im Hinblick auf die gestiegenen Kosten für den Reitsport erhöht, ferner sind nach ihrem Vortrag Kosten für ...- und Geigenunterricht hinzu gekommen, andere Kosten (Englisch- und Ballettunterricht, Grundschulbetreuung) sind weggefallen.

b. Der Abänderungsantrag der Antragstellerin ist auch teilweise begründet. Die Verhältnisse, die der Titulierung im Jahre 2009 zugrunde lagen, haben sich wesentlich geändert (§ 238 Abs. 4 FamFG). Die Kosten des Reitsports haben sich in den Jahren nach Erlass des Urteils, dessen Abänderung die Antragstellerin begehrt, kontinuierlich und insbesondere im Jahre 2013 im Hinblick auf die Aufnahme von X in den Landeskader erheblich erhöht. Hingegen sind die Kosten für den Englischunterricht, den Ballettunterricht sowie für die Grundschulbetreuung weggefallen. Hinzugekommen sind dagegen Kosten für ‚Lernzeit ...' (im Jahre 2012) sowie Kosten für ...- und Geigenunterricht. Der Anspruch der Antragstellerin auf monatlichen - über den unter Zugrundelegung der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle und durch notarielle Urkunde vom 02.02.2006 titulierten Unterhalt hinausgehenden - Unterhaltsmehrbedarf folgt aus den §§ 1601, 1603, 1610 BGB.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners sind die von der Antragstellerin geltend gemachten Kosten nicht durch den durch die notarielle Urkunde aus dem Jahre 2006 festgelegten Kindesunterhalt abgedeckt. Im Hinblick darauf, dass X monatlicher Kindesunterhalt nach der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle zuzüglich des gesamten Kindergeldes zusteht, könnte dies zumindest hinsichtlich der Kosten für den ... Unterricht, den Geigenunterricht und ‚Lernzeit ...' erwogen werden, da diese Kosten mit monatlich 9,16 € (für den ...unterricht), 15,00 € (für den Geigenunterricht) sowie 8,33 € (‚Lernzeit ...') relativ gering ausfallen und als dem Bedarf nach der Düsseldorfer Tabelle unterfallend angesehen werden könnte. Jedoch - und hieran sind die Beteiligten gebunden (§ 238 Abs. 4 FamFG) - hat das Amtsgericht im Ausgangsurteil im Jahre 2009 entschieden, dass Schulbetreuungskosten, Kosten für regelmäßigen Sprachunterricht (damals Englischunterricht) und Ballett- und Reitunterricht nicht durch den titulierten Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle abgegolten sind, sondern Mehrbedarf darstellen. Die Antragstellerin kann daher berechtigterweise die Kosten für ihren Reitsport, Sprach- und Musikunterricht sowie für die Schulbetreuung als einen über den in der Scheidungsfolgenvereinbarung aus dem Jahre 2006 titulierten Unterhalt hinausgehenden Bedarf als Mehrbedarf geltend machen.

Mehrbedarf ist ein ständig erhöhter Bedarf, der über den im normalen Unterhalt enthaltenen regelmäßigen Bedarf eines minderjährigen Kindes hinausgeht. Wie bereits dargelegt, wurde im Ausgangsurteil, dessen Abänderung von beiden Beteiligten begehrt wird, festgelegt, dass es sich bei dem von der Antragstellerin geltend gemachten Positionen um einen erhöhten Bedarf handelt, der nicht im titulierten Tabellenunterhalt enthalten ist. In Abgrenzung zum Sonderbedarf handelt es sich bei Mehrbedarf um voraussehbare, regelmäßig anfallende Mehrkosten (Wendel/Dose-Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 2 Rdnr. 451). Die als Mehrbedarf geltend gemachten Positionen Reiten, Geige, ‚Lernzeit ...' und … unterricht fallen zweifelsohne hierunter. Da die Mutter der Antragstellerin das alleinige Sorgerecht besitzt, kommt es auch nicht darauf an, ob der Antragsgegner mit der Aufnahme der Aktivitäten, insbesondere aber mit der Ausweitung des Reitsports einverstanden war. Zwar kann das Kind trotz der generellen Bindung an die Entscheidung des Sorgeberechtigten Mehrbedarf nicht unbeschränkt geltend machen (Wendel/Dose-Klinkhammer, a.a.O., Rdnr. 456). Die kostenverursachende Maßnahme muss vielmehr sachlich begründet sein, d.h. es müssen wichtige Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, die Mehrkosten zu Lasten des Unterhaltspflichtigen anzuerkennen (Wendel/Dose-Klinghammer, a.a.O., Rdnr. 456). Der wichtige Grund ergibt sich vorliegend nach Auffassung des Senats aber aus der ursprünglich gemeinsamen Entscheidung der Eltern, der Antragstellerin, das Hobby des Reitens zu ermöglichen. So wurde die Antragstellerin bereits im Jahre 2006 im Alter von … Jahren im …sportzentrum, in dem sie auch heute noch ausgebildet wird, an den Reitsport herangeführt. Bis zur Trennung ihrer Eltern im Jahre 2007 wurde die Antragstellerin im Rahmen ihrer kindlichen Entwicklung bewusst von beiden Elternteilen unterstützt und gefördert, wobei die Antragstellerin auch unwidersprochen vorgetragen hat, dass der Antragsgegner damals stolz auf die Reitkünste seiner Tochter gewesen sei. Die besondere Entwicklung, die seine Tochter im Hinblick auf den Reitsport genommen hat, war demnach bereits in der anfänglich vom Antragsgegner noch unterstützten Ausübung des Kinderreitsports angelegt, weshalb die Antragstellerin weiterhin einen Anspruch darauf hat, dass sie ihr Hobby in dem ihren Fähigkeiten entsprechenden Umfang weiterführen darf. Bei der Prüfung des wichtigen Grundes ist ferner zu berücksichtigen, in welchen Einkommens- und Vermögensverhältnissen die Eltern leben. Der Antragsgegner hat sich für unbeschränkt leistungsfähig erklärt und auf eine finanzielle Beteiligung der Mutter der Antragstellerin ausdrücklich verzichtet. Daraus folgt zum einen, dass ihm die Übernahme des Mehrbedarfs wirtschaftlich ohne weiteres zumutbar ist, zum anderen, dass er unabhängig davon, wie hoch die Einkünfte der Mutter der Antragstellerin sind, auf 100 % für den geltend gemachten Mehrbedarf haftet. Nicht zuletzt im Hinblick auf die unbeschränkte Leistungsfähigkeit des Antragsgegners sind die von der Antragstellerin geltend gemachten Kosten für den Reitsport angemessenen und stellen eine berechtigte Teilhabe an dem hohen Lebensstandard ihrer Eltern, die in den ersten 7 Lebensjahren der mittlerweile 14jährigen Antragstellerin zusammengelebt hatten, dar.

Der Mehrbedarf der Antragstellerin ist nach § 287 ZPO (i.V.m. § 113 FamFG) zu bestimmen. Die Vorschrift gilt auch im Unterhaltsrecht und ermöglicht die Schätzung von Bedarfspositionen auf Seiten des Unterhaltsberechtigten (BGH, FamRZ 2001, 1603). Für das Jahr 2013 und den laufenden Unterhalt ist der Mehrbedarf auf der Grundlage der von der Antragstellerin vorgelegten Aufstellung und Belege und unter Berücksichtigung der in der Antragsschrift aufgeschlüsselten Beträge zu schätzen. Für das Jahr 2012 (August bis Dezember 2012) kann er aufgrund der vorgelegten Unterlagen konkret berechnet werden, wobei auch hier eine Deckelung in Höhe der eigenen Angaben in der Antragsschrift zu erfolgen hat. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners hat die Antragstellerin noch in erster Instanz substantiiert zu den Mehrbedarfskosten vorgetragen und alle, in ihren nach Jahren unterteilten Auflistungen aufgeführten Positionen durch entsprechende Kontoauszüge belegt. Im Jahre 2013 nicht mehr geltend gemacht wurden die Ausgaben für die Schulbetreuung (‚Lernzeit ...'). Diese Kosten können im Jahr 2012 nur mit 4,16 € monatlich berücksichtigt werden, da laut Aufstellung und auch laut Überweisungsträger für das Jahr 2012 nur einmal 50,00 € gezahlt wurden. Der Geigenunterricht wird mit 15,00 € monatlich veranschlagt. Dieser Betrag liegt unter dem sich ihrer Aufstellung entnehmenden und durch entsprechende Kontoauszüge belegten Ausgaben und ist deshalb in dieser Höhe zu berücksichtigen. Ebenso verhält es sich mit den für die … Schule geltend gemachten 9,60 € monatlich, was einem Jahresbetrag von 110,00 € gerundet entspricht.

Nicht zu berücksichtigen sind die Positionen ‚Lehrgänge', da es hier bereits an einem substantiierten Vortrag, was unter dieser Position zu verstehen ist, fehlt, ferner die Position ‚Haftpflicht- und Unfallversicherung', da diese Kosten durch den titulierten Tabellenunterhalt, der den allgemeinen Lebensbedarf von X abdeckt, abgedeckt sind. Mangels substantiiertem Vortrag zur Position ‚Internet-Schule ...' kann auch diese Position mit 16,74 € monatlich nicht berücksichtigt werden. Die Kosten für den Französischsprachurlaub wurden nur für 2013 und nur in Höhe von 378,00 € nachgewiesen, das sind 31.50 € monatlich. Diese Kosten sind ebenfalls aus dem Tabellenunterhalt zu decken; eine Bindung an den Ausgangstitel ergibt sich nicht.

Bezüglich der Position Reiten sind im Jahre 2012 Kosten in der Höhe, wie mit der Antragsschrift geltend gemacht, noch nicht angefallen. Dies ergibt sich aus der eigenen Aufstellung der Antragstellerin nebst den vorgelegten Kontoauszügen bzw. Quittungen. Danach sind Ausgaben angefallen für Reitzubehör in Höhe von 84,94 € monatlich (1.019,29 € : 12) sowie Kosten für Reitstunden, Reiterpass, Turniergebühr, Tierarztkosten, Reitstunden und ein Pony in Höhe von monatlich 743,01 € (8.916,18 € : 12), mithin Kosten für den Reitsport in Höhe von insgesamt 827,95 € monatlich. Die Antragstellerin kann daher Mehrbedarfskosten für den Zeitraum August bis Dezember 2012 in Höhe von monatlich 856,71 € geltend machen.

Im Jahre 2013 sind die Kosten für ‚Lernzeit ...' weggefallen. Hinsichtlich der Kosten für den ...unterricht und den Geigenunterricht gilt das für das Jahr 2012 Gesagte. Die Kosten für den Reitsport haben sich im Hinblick auf die Aufnahme von X in den Landeskader erhöht. Die Antragstellerin hat substantiiert und nachvollziehbar dargelegt, dass bei dem Umfang, in dem sie den Reitsport nunmehr betreibt und der verbunden ist mit einer Turnierteilnahme mit einer Häufigkeit von ca. 3-mal im Monat, der Besitz von einem Pony und einem Pferd notwendig ist. Die Antragstellerin hat ferner durch Vorlage einer Bestätigung ihrer Reitlehrerin substantiiert dargelegt, dass eine Aufnahme in den Landeskader nur erfolgen kann, wenn man zwei eigene Ponys/Pferde besitzt. Die Ausübung des Reitsports mit Schulpferden oder Schulponys ist dann nicht mehr möglich, denn das Training muss mit dem eigenen Pferd erfolgen und ein Ersatz für einen möglichen krankheitsbedingten Ausfall eines Tieres zur Verfügung stehen.

Die Kosten für den Reitsport belaufen sich nach dem eben Gesagten sowie unter Zugrundelegung der Aufstellung der Antragstellerin, in der sie alle Positionen für den Zeitraum Januar bis August 2013 einzeln aufgeführt und jeweils durch Kontoauszüge bzw. Quittungen belegt hat und unter Herausnahme der geltend gemachten Kosten für die Versicherungen auf monatlich 1.596,10 € allein für Tierarzt, Unterbringung der Pferde, Leasing eines Pferdes, Hufschmied etc. Hinzu kommen nochmal monatlich 195,92 € an Reitgebühren, somit insgesamt 1.792,00 €. Geltend gemacht hat die Antragstellerin nur 1.549,83 €, so dass sich insgesamt - unter Berücksichtigung der Kosten für den Geigen- und den ...unterricht ein Mehrbedarf im Jahre 2013 und sodann fortlaufend ab 01.01.2014 im Wege der Schätzung in Höhe von 1.574,00 € ergibt.

2. Widerantrag
Der nur teilweise zulässige Widerantrag des Antragsgegners bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Unzulässigkeit für den Zeitraum vor dem 01.07.2012 ergibt sich aus § 238 Abs. 3 S. 4 FamFG. Nachdem die Antragstellerin weder am Englischunterricht teilnimmt, noch Ballettunterricht nimmt und auch nicht mehr die Grundschulbetreuung in Anspruch nehmen muss, kann sie diese Kosten dem Antragsgegner selbstverständlich nicht entgegenhalten. Die fehlende Begründetheit seines Widerantrages ergibt sich jedoch daraus, dass er - einen inzwischen höheren - Mehrbedarf an die Antragstellerin zahlen muss, wobei auf die Ausführung unter Ziffer 1 verwiesen wird. ..."

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Je nach Lage des Einzelfalls kann auch bei einem Abbruch der Berufsausbildung nach Ablauf der Hälfte der Ausbildungszeit ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt für eine danach begonnene zweite Ausbildung gegeben sein (OLG Brandenburg, Beschluss vom 21.03.2014 - 10 WF 30/14).

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Es ist Sache des im Studium befindlichen volljährigen Kindes darzutun und zu belegen, dass ihm bei rechtzeitiger Antragstellung keine Ausbildungsförderung gewährt worden wäre. Solange ein Antrag des Kindes auf BAföG-Leistungen nicht von vornherein aussichtslos ist, ist eine solche Antragstellung auch zumutbar (OLG Hamm, Beschluss vom 27.09.2013 - 2 WF 161/13):

„... I. Die Antragstellerin begehrt vom Antragsgegner die Zahlung von Kindesunterhalt. Die am 29.01.1992 geborene Antragstellerin ist ein Kind des Antragsgegners und seiner geschiedenen Ehefrau (im Folgenden: Mutter). Die Antragstellerin ist Studentin an der Universität E. Sie lebt im Haushalt ihrer Mutter und deren jetzigen Ehemann. Leistungen nach dem BAföG hat die Antragstellerin nicht beantragt; der Antragsgegner leistete jedenfalls bis März 2013 212,00 EUR an Kindesunterhalt.

Die Antragstellerin hat beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, für sie laufenden Kindesunterhalt in Höhe von 378,00 EUR und rückständigen Kindesunterhalt zu zahlen. Zugleich hat sie die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ihren entsprechenden Zahlungsantrag begehrt.

Mit Verfügung vom 16.05.2013 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Bottrop der Antragstellerin aufgegeben, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der ihr ebenfalls unterhaltsverpflichteten Mutter darzutun und darzulegen, warum offensichtlich kein BAföG-Antrag gestellt worden sei.

Die Antragstellerin hat vorgetragen, einen BAföG-Antrag habe sie deswegen nicht gestellt, weil sie keine eigene Wohnung habe und sie sich überdies nicht schon zu Beginn ihres Berufslebens habe verschulden wollen.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 13.06.2013 den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, dass sie nicht bedürftig sei und es an der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung fehle. Nach ganz gefestigter Rechtsprechung seien erreichbare Leistungen nach den BAföG dann bedarfsdeckend auf einen Unterhaltsanspruch anzurechnen, auch soweit solche Leistungen nur darlehnsweise gewährt würden. Ob die Antragstellerin gegen den Antragsgegner danach noch einen höheren verbleibenden Anspruch hätte als die von diesem laufend freiwillig gezahlten 212,00 EUR, könne aber wegen ihrer fehlenden Bedürftigkeit offen bleiben.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie rügt, sie habe deswegen keine BAföG-Leistungen beantragt, weil sie eine Verschuldung zu Beginn ihres Berufslebens habe vermeiden wollen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 19.07.2013 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die nach den §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Zutreffend hat das Amtsgericht die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung verneint.

1. Voraussetzung eines Unterhaltsanspruchs ist, dass eine Unterhaltsbedürftigkeit nach § 1602 Abs. 1 BGB gegeben ist. Eine solche Unterhaltsbedürftigkeit hat die Antragstellerin nicht dargetan.

a) Zutreffend hat das Amtsgericht darauf verwiesen, dass die Antragstellerin mit ihrem Vortrag zu der unterlassenen Stellung eines Antrags auf Bewilligung von Leistungen nach dem BAföG ihrer Darlegungspflicht nicht genügt hat.

BAföG-Leistungen sind nach Ziffer 2.4 der Hammer Leitlinien hinsichtlich der Bedürftigkeit unterhaltsrechtliches Einkommen, soweit sie nicht Vorausleistungen nach § 36 BAföG darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 1985 - IVb ZR 30/84 - FamRZ 1985, 916; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. Februar 2011 - 2 UF 45/09 - FamRZ 2011, 1303; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 2 WF 6/09 - NJW-RR 2010, 8; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 22. Januar 2008 - 10 UF 95/97; Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 10. September 2012 - 4 UF 94/12 - FamRZ 2013, 1050; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. August 2005 - 15 UF 75/05 - FamRZ 2006, 571; OLG Köln, Beschluss vom 10. November 2004 - 27 WF 219/04 - OLGR Köln 2005, 204; OLG Köln, Urteil vom 23. August 1985 - 4 UF 93/85 - FamRZ 1985, 1166; Clausius in: jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 1577 BGB Rn. 16; OLG Hamm, Urteil vom 07. Dezember 1993 - 9 UF 130/93 - FamRZ 1994, 1343; vgl. zum Stipendium: OLG Bamberg, Beschluss vom 03. Januar 1986 - 7 UF 102/85 - FamRZ 1986, 1028).

Das gilt nach Ziffer 2.4 der Hammer Leitlinien grundsätzlich auch für BAföG-Darlehen nach § 17 Abs. 2 BAföG (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 17. Dezember 1990 - 15 UF 116/90 - FamRZ 1991, 977; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. August 2005 - 15 UF 75/05 - FamRZ 2006, 571; OLG Hamm, Urteil vom 07. Dezember 1993 - 9 UF 130/93 - FamRZ 1994, 1343; OLG Dresden, Urteil vom 30. Oktober 1998 - 22 UF 234/98 - FuR 1999, 479; vgl. aber für Minderjährigen: OLG Hamm, Urteil vom 30. Juli 1986 - 5 UF 41/86 - FamRZ 1987, 91). Ob die Antragstellerin alternativ zur Aufnahme eines Bildungsdarlehens verpflichtet wäre (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 10. September 2012 - 4 UF 94/12 - FamRZ 2013, 1050) kann mithin dahinstehen.

b) Im Unterhaltsrecht obliegt es unter Umständen dem Verpflichteten, zur Erhaltung seiner Leistungsfähigkeit einen Kredit aufzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 1985 - IVb ZR 30/84 - FamRZ 1985, 916; BGH, Urteil vom 20. Januar 1982 - IVb ZR 651/80 - FamRZ 1982, 365). Für den Unterhaltsberechtigten gilt Entsprechendes (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 1985 - IVb ZR 30/84 - FamRZ 1985, 916). Er hat die Möglichkeit zur Kreditaufnahme auszunutzen, um nicht unterhaltsbedürftig zu werden. Diese Obliegenheit zur Selbsthilfe besteht freilich nur im Rahmen des Zumutbaren (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 1985 - IVb ZR 30/84 - FamRZ 1985, 916).

c) Vorliegend ist die Inanspruchnahme von BAföG-Leistungen zumutbar (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 2 WF 6/09 - NJW-RR 2010, 8). Soweit die Darlehensbedingungen betroffen sind, gestalten sich diese als günstig und begründen daher die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. August 2005 - 15 UF 75/05 - FamRZ 2006, 571; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. Februar 2011 - 2 UF 45/09 - FamRZ 2011, 1303; Viefhues in: jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 1602 BGB Rn. 56). Im vorliegenden Fall würde der Antragstellerin die Ausbildungsförderung zur Hälfte als Zuschuss, zur anderen Hälfte als Darlehen gewährt. Das Darlehen ist unverzinslich; es ist in monatlichen Raten von mindestens 105,00 EUR, beginnend mit dem 5. Jahr nach dem Ende der Förderung zu tilgen, § 18 Abs. 3 BAföG. Auf Antrag kann der Schuldner von der Rückzahlung ganz oder teilweise freigestellt werden; auch besteht bei guten Leistungen in der Abschlussprüfung die Möglichkeit des Teilerlasses, §§ 18 a, 18 b BAföG. Letztlich ist das Darlehen auch nur bis zu einem Höchstbetrag von 10.000,00 EUR zurückzuzahlen.

Wegen dieser günstigen Darlehensbedingungen ist einem Studierenden in der Regel die Inanspruchnahme von BAföG zumutbar. Bei dieser Zumutbarkeitsprüfung sind die beiderseitigen Interessen zu berücksichtigen. Hierbei gelten die Eltern nach dem System der Einkommens- und Vermögensanrechnung (§§ 21 ff. und 26 ff. BAföG) in Höhe der als Ausbildungsförderung in Betracht kommenden Darlehensbeträge als nicht leistungsverpflichtet, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass ihnen die Unterhaltsgewährung leicht fällt (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. August 2005 - 15 UF 75/05 - FamRZ 2006, 571). Außerdem haben sie im Allgemeinen ihre Kinder bereits über die übliche Ausbildungszeit hinaus bis zur Erlangung der Hochschulreife unterhalten (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. August 2005 - 15 UF 75/05 - FamRZ 2006, 571).

Das Vorliegen besonderer Umstände müsste - als Abweichung vom Regelfall - der Studierende behaupten und nachweisen. Hierzu ist nichts mit Substanz vorgetragen. Dass die Antragstellerin zu Beginn ihres Berufslebens nicht mit einem Darlehen - von maximal 10.000,00 EUR - belastet sein will, begründet nicht die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme entsprechender Leistungen nach dem BAföG. Die Inanspruchnahme von BAföG ist für den Studierenden immer mit dem Nachteil verbunden, dass dieser das Darlehen bis zu einem Höchstbetrag von 10.000,00 EUR zurückzuzahlen hat, es sei denn, dass die besonderen Voraussetzung für eine Stundung oder einen Teilerlass vorliegen.

2. Da die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem BAföG im vorliegenden Fall zu bejahen ist, ist der Antragstellerin, da sie es bewusst unterlassen hat, einen BAföG-Antrag zu stellen, in Höhe der BAföG-Leistungen ein fiktives Einkommen zu unterstellen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 2 WF 6/09 - NJW-RR 2010, 8).

Insofern ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin, wenn sie BAföG beantragt hätte, in Zusammenschau mit den seitens des Antragsgegners gewährten 212,00 EUR nicht ihren Mindestbedarf selbst decken kann.

Die Antragstellerin ist aber für ihre Bedürftigkeit und nicht umgekehrt der Antragsgegner für das Fehlen der Bedürftigkeit darlegungs- und beweisbelastet (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 2 WF 6/09 - NJW-RR 2010, 8). Es ist deshalb Sache der Antragstellerin darzutun und zu belegen, dass ihr bei rechtzeitiger Antragstellung keine Ausbildungsförderung gewährt worden wäre. Solange ein Antrag der Antragstellerin auf BAföG-Leistungen nicht von vornherein aussichtslos ist, ist eine solche Antragstellung auch zumutbar. Dass die Leistungen nach dem BAföG nicht ausreichend gewesen wären, um ihren Mindestbedarf zu decken, wird von der Antragstellerin selbst nicht behauptet (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 2 WF 6/09 - NJW-RR 2010, 8). Hierbei ist zu ergänzend zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin auch einen Anspruch auf Kindergeld hat (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. August 2005 - 15 UF 75/05 - FamRZ 2006, 571). ..."

***

Der Bedarf eines volljährigen Kindes, das bei seiner Großmutter und deren Ehemann lebt, ist wie derjenige eines volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand zu bemessen (OLG Hamm, Beschluss vom 28.05.2013 - 2 WF 98/13):

„... I. Der am 2.9.1994 geborene Antragsteller beabsichtigt, den Antragsgegner, seinen Vater, auf Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 486,- EUR ab Erreichen der Volljährigkeit im September 2012 in Anspruch zu nehmen und sucht um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nach. Der Antragsteller lebt seit Jahren bei seiner Großmutter und deren Ehemann. Kosten für Verpflegung und Wohnen hat er nicht zu tragen. Er ist Schüler und besucht ein Berufskolleg im Bildungsgang zweijährige Berufsfachschule (Höhere Handelsschule). Ein Antrag auf Bewilligung von BAföG-Leistungen ist zurückgewiesen worden. Der Antragsteller hat gegen den ablehnenden Bescheid Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Die Mutter des Antragstellers bezieht SGB II-Leistungen. Der Antragsgegner erzielt ein unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen von 1.894,38 EUR monatlich und ist einem weiteren Kind, das der ersten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle unterfällt, unterhaltspflichtig. Er hat für den Zeitraum ab September 2012 Kindesunterhalt in Höhe von fortlaufend 304,- EUR monatlich an den Antragsteller gezahlt und hat am 28.1.2013 für den Zeitraum ab dem 1.2.2013 eine Jugendamtsurkunde über monatlich 304,- EUR errichten lassen.

Der Antragsteller ist der Auffassung, sein Bedarf richte sich nicht gem. Nr. 13.1.1 der Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht (HLL) nach der Düsseldorfer Tabelle, sondern es sei gem. Nr. 13.1.2 HLL ein Bedarf von 670,- EUR monatlich zugrunde zu legen. Abzüglich des Kindergeldes von 184,- EUR verbleibe ein offener Bedarf in Höhe von 486,- EUR.

Das Amtsgericht hat den Verfahrenskostenhilfeantrag des Antragstellers mangels Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Der Antragsteller habe keinen eigenständigen, auswärtigen Haushalt. Vielmehr sei seine Lebenssituation vergleichbar mit derjenigen eines volljährigen Kindes, das bei dem anderen Elternteil, hier der Mutter, lebt. Die Großeltern treffe eine Unterhaltspflicht. I. Ü. bestünde bei auswärtiger Unterbringung ein Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren unter Modifizierung seines ursprünglich angekündigten Antrags weiter. Die Großmutter sei nicht leistungsfähig; deren Ehemann, mit dem er nicht verwandt sei, erbringe an ihn freiwillige Leistungen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 8.5.2013 nicht abgeholfen. Der Antragsteller erspare durch das Zusammenleben mit der Großmutter Aufwendungen; die Situation sei vergleichbar mit derjenigen, dass er mit seiner Mutter und deren neuem Lebenspartner zusammenlebt.

II. 1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Bedarf des Antragstellers ist nach Nr. 13.1.2 HLL mit 670,- EUR zu bemessen. Der volljährige Antragsteller unterfällt nicht der Regelung in Nr. 13.1.1 HLL, da er nicht mehr im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils lebt. Vielmehr entspricht seine Lebenssituation derjenigen eines Kindes mit eigenem Hausstand. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller bei seiner Großmutter und deren Ehemann lebt und keine Zahlungen für Verpflegung und Wohnen zu leisten hat. Eine Unterhaltspflicht der - ohnehin leistungsunfähigen - Großmutter besteht jedenfalls im Umfang der Leistungsfähigkeit der Kindeseltern nicht. Die Gewährung von Verpflegung und Unterkunft durch sie und ihren Ehemann stellt sich daher als freiwillige Leistung Dritter dar, die keinen Einfluss auf den Bedarf des Antragstellers hat. Auszugehen ist daher von einem Bedarf von 670,- EUR (vgl. zum Bedarf des volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand auch Wendl/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl. § 2 Rn. 515 m. w. N. sowie OLG Düsseldorf, Urteil vom 7.12.2006, Az. 9 UF 67/06, NJW-RR 2007, 794 für ein bei den Pflegeeltern lebendes volljähriges Kind).

Abzüglich des Kindergeldes von 184,- EUR verbleibt damit ein offener Bedarf in Höhe von monatlich 486,- EUR. BAföG-Leistungen (vgl. Nr. 2.4 HLL) bezieht der Antragsteller jedenfalls derzeit noch nicht; über seine Klage ist noch nicht entschieden.

Auf Seiten des Antragsgegners ist nach bisheriger Aktenlage von einem unterhaltsrelevanten Nettoeinkommen von 1.894,38 EUR monatlich auszugehen, von dem nach Abzug der Unterhaltspflicht gegenüber dem vorrangigen minderjährigen weiteren Kind in Höhe von 241,- EUR ein monatlicher Betrag von 1.653,38 EUR verbleibt.

Bei einem Selbstbehalt von 1.150,- EUR gegenüber dem volljährigen, nicht privilegierten Kind im Jahr 2012 (Nr. 21.3.1 HLL a. F.) war der Antragsteller danach in jenem Jahr in Höhe von 503,- EUR und somit in vollem Umfang leistungsfähig. Für die Monate September bis November 2012 (Antrag aus dem Schriftsatz vom 3.12.2012) ergibt sich danach unter Berücksichtigung der für diese Monate geleisteten Zahlungen von jeweils 304,- EUR eine offene Forderung in Höhe von monatlich (486 - 304 =) 182,- EUR, für die drei Monate mithin insgesamt 546,- EUR.

Im Jahr 2013 besteht aufgrund des auf 1.200,- EUR erhöhten Selbstbehalts (Nr. 21.3.1 HLL) lediglich noch eine Leistungsfähigkeit des Antragsgegners in Höhe von (1.653,38 - 1.200 =) gerundet 453,- EUR. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 28. Mai 2013 - 2 WF 98/13)

***

Einer gestuften Ausbildung (Fallgruppe Lehre-Abitur-Studium) fehlt es am sachlichen Zusammenhang, wenn im Anschluss an eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann mit Weiterbildung zum Handelsassistenten im Möbelhandel ein Studium zum Wirtschaftsingenieur im Schwerpunkt Elektrotechnik folgt. Selbst wenn die Voraussetzungen für eine gestufte Ausbildung oder eine Zweitausbildung aus persönlichen Gründen nicht vorliegen, kann sich ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt ergeben, wenn bislang eine angemessene Ausbildung noch nicht gewährt worden ist (OLG Celle, Beschluss vom 18.04.2013 - 17 UF 17/13).

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„... A. Die Beteiligten streiten (jetzt noch) um den vollständigen Wegfall eines durch gerichtlichen Vergleich vom 27.10.2005 - 5 F 465/02 AG Wetter - titulierten Kindesunterhaltes (200 %).

Der 1949 geborene Antragsteller, Beamter des Auswärtigen Amtes, ist Vater der am 06.01.1988 geborenen Antragsgegnerin. Sie stammt aus der 2005 geschiedenen Ehe der Eltern und hat neben einem Zwillingsbruder noch eine am 10.12.1989 geborene Schwester. Derzeit studiert sie Journalistik an der X in E.

Der Antragsteller war international berufstätig, u. a. in J, in L und in H, wo die Antragsgegnerin englischsprachig eingeschult wurde.

1995 wechselte die Familie nach C4, wo sie bis 1998 lebte. Es folgte eine Versetzung des Antragstellers nach X1. Dort musste die Antragsgegnerin ein Schuljahr wiederholen. Die Eltern trennten sich im Jahre 2001 und die Mutter zog mit den Kindern nach E. Während die Antragsgegnerin in X1 das Gymnasium besucht hatte, ging sie in E zunächst zur Real- und dann zur Gesamtschule.

Der Antragsteller wurde im Jahre 2003 von X1 nach L1 versetzt. Dort wurde er später von den Kindern besucht, was auf Seiten der Antragsgegnerin zu Irritationen führte, weil die Kinder die neue Gefährtin ihres Vaters kennenlernten und mit ihr für eine Woche zusammenlebten. Seither gab es keinen persönlichen, sondern nur noch schriftlichen Kontakt zwischen den Beteiligten.

Im Sommer 2008 absolvierte die Antragsgegnerin das Abitur mit der Note 3,2.

Sie entschloss sich dann, in den Niederlanden (auf Englisch) Tourismus- und Freizeitmanagement zu studieren. Mit dem Vater korrespondierte sie darüber, der sie auch darauf hinwies, dass sie nach Möglichkeit, wie der Bruder, etwas hinzuverdienen solle, was dann auf den Bedarf anzurechnen sei. Ferner forderte der Vater zeitnah Leistungsnachweise.

In diesem Zusammenhang kam es in 2008/2009 zu einer Korrespondenz darüber, welche Leistungen die Antragsgegnerin erbracht habe. Der Vater verwies darauf, dass das Studienziel nicht erreicht oder erreichbar sei. Tatsächlich hatte die Antragsgegnerin zwar die Berechtigung zum Beginn des zweiten Studienjahres (3. Sem.) erhalten, die nachzuholenden Leistungsnachweise (Nachprüfung) erbrachte sie jedoch nicht, gab vielmehr nach eigenen Angaben das Studium zum Jahresanfang 2010 auf. Sie begann dann noch ein mehrmonatiges Praktikum in L, das sie nach ihren Angaben auch erfolgreich absolvierte. Über den Verdienst von monatlich 400 € unterrichtete sie den Antragsteller erst nach Aufforderung im März 2010. Dabei drohte sie dem Antragsteller die Einschaltung von Anwälten an und forderte ultimativ weiteren Unterhalt. Daraufhin stellte der Antragsteller ab dem 01.04.2010 die Zahlungen entsprechend seiner Ankündigung ein und verwies die Antragsgegnerin darauf, den Unterhalt selbst zu verdienen oder andere Familienmitglieder ‚anzupumpen'.

Die Antragsgegnerin suchte nach ihren Angaben einen Ausbildungsplatz als Reisekauffrau, fasste aber schließlich den Entschluss, Journalistik zu studieren. Sie war dann von Ende 2010 bis Mitte 2011 für 7 Monate in Australien, um nach ihren Angaben per ‚work and travel' ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Leistungsnachweise oder Ähnliches bezüglich dieses Auslandaufenthaltes sind nicht vorhanden.

Mitte 2011 absolvierte die Antragsgegnerin ein 6wöchiges Praktikum bei den R-Nachrichten; dort hatte sie sich von Australien aus beworben. Ein Praktikum dieser Art ist Voraussetzung für die Aufnahme des Studiums der Journalistik. Ende Oktober 2011 nahm die Antragsgegnerin dieses Studium auf; den Studienplatz hatte sie aufgrund von Wartezeiten im Nachrückverfahren (bei einem NC von 1,6) erhalten.

Der Antragsteller hat im Februar 2012 um Wegfall der Unterhaltspflicht ab März 2010 nachgesucht und sich dabei auf fehlende Bedürftigkeit, mangelnde Eignung zum Studium, Obliegenheitsverstöße und Verwirkung berufen.

Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten, soweit Unterhalt für März 2010 und ab Oktober 2011 von monatlich 391 € tituliert ist. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin den Antrag anerkannt.

Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss auf Wegfall der Unterhaltspflicht (nach den Gründen) bis einschließlich September 2011 erkannt , für die Zeit von Oktober bis Dezember 2011 hat es den Unterhalt auf monatlich 356 € und für die Zeit danach auf monatlich 351 € reduziert.

Es hat ausgeführt, für März 2010 sei der Anspruch wegen des Verschweigens mehrerer eigener Monatsbezüge der Antragsgegnerin verwirkt. Ab Oktober 2011 müsse aber nach den anteiligen Einkünften der Eltern der errechnete Unterhalt geleistet werden.

Der Anspruch folge aus § 1610 Abs. 1 + 2 BGB. Es handele sich um eine Erstausbildung. Nach dem Abbruch des ersten Studiums sei das neue Studium angesichts der Gesamtumstände noch innerhalb einer angemessenen Orientierungsphase aufgenommen worden. Für dieses Studium sei die Antragsgegnerin auch als geeignet anzusehen. Der Anspruch sei nicht wegen Verletzung von Informationsobliegenheiten der Antragsgegnerin erloschen. Jedenfalls im Juni 2012 habe die Antragsgegnerin die erforderlichen Informationen erteilt. Eine weitergehende Verwirkung wegen des Fehlverhaltens Anfang 2010 sei nicht anzunehmen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der den vollen Wegfall seiner Unterhaltspflicht (auch) ab Oktober 2011 begehrt.

Er verweist auf unrichtige und unvollständige Informationen zu den Studienverhältnissen in den Niederlanden. Die Antragsgegnerin möge durch die Gestaltung der Familienverhältnisse zwar belastet gewesen sein, es fehle aber an der Darlegung konkreter Auswirkungen. Er meint, das Familiengericht habe der Antragsgegnerin eine zu lange Orientierungsphase zugebilligt. Abgestimmt habe sich die Antragsgegnerin mit ihm zu keinem Zeitpunkt. Es müsse bestritten werden, dass die Antragsgegnerin den Aufenthalt in Australien sinnvoll genutzt habe. Nachweise lägen nicht vor. Weiterhin fehle ein sachlicher Zusammenhang zwischen Erst- und Zweitstudium. Mit ihrer Note sei die Antragsgegnerin für das gewählte Studium ohnehin ungeeignet. Auch sei es nicht sachgerecht und angemessen, die Verwirkung gemäß § 1611 BGB auf einen Monat (März 2010) zu begrenzen.

Die Antragsgegnerin macht geltend, sie habe die Voraussetzzungen für das zweite Studienjahr in den Niederlanden grundsätzlich erfüllt und den Antragsteller im März 2010 auch von dem Praktikum nebst Einkommen informiert. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Praktikums habe sie auf Anraten ihrer ‚Praktikumsbegleiter' einen 7monatigen Sprachaufenthalt in Australien unternommen. Nach der Absolvierung des notwendigen Praktikums bei den R-Nachrichten sei sie dann aufgrund ihrer Mitte 2011 abgegebenen Bewerbung im Nachrückverfahren Ende Oktober 2011 angenommen worden. Sie habe alle Scheine erworben, nur nicht die Kurse ‚Einführung in die Journalistik' und den Englischkurs, weil diese Plätze nach dem verspäteten Studienantritt schon vergeben gewesen seien. Die Kurse werde sie in diesem Semester (WS 2012/2013) nachholen. Unter dem Streit der Eltern und deren Trennung habe sie sehr gelitten. Der Beschluss des Familiengerichts sei mithin richtig.

Der Senat hat die Beteiligten persönlich angehört. Wegen des Anhörungsergebnisses wird auf den Berichterstattervermerk und wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B. Die Beschwerde hat mit der Maßgabe, dass der Senat die unstreitig vorhandenen offenbaren Unrichtigkeiten im Tenor des angefochtenen Beschlusses berichtigt hat, keinen Erfolg. Der Anspruch der Antragsgegnerin folgt aus § 1610 BGB.

Danach hat die Antragsgegnerin Anspruch auf angemessenen Unterhalt für den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten für eine angemessene Ausbildung zu einem Beruf.

I. In Übereinstimmung mit dem Familiengericht hält der Senat die Antragsgegnerin für ausbildungsgeeignet.

Grundsätzlich ist das Abitur die ‚Eintrittskarte' zum Studium an einer Hochschule, das gilt auch für einen Abschluss mit 3,2 an einer Gesamtschule in NRW. Auf den (hohen) NC stellt der Antragsteller zu Unrecht ab, denn dieser dient lediglich dazu, die begrenzte Zahl von Studienplätzen unter den Bewerbern zu verteilen. Ansonsten gibt es keine ‚Graduierung' durch die Abiturnote, kein Abitur erster und zweiter Klasse.

Die von der Antragsgegnerin nach dem Abiturzeugnis gezeigten Leistungen disqualifizieren sie nicht für das absolvierte Studium. So hat die Antragsgegnerin im sprachlichen Bereich (Deutsch) deutlich besser abgeschnitten als in Mathematik und Naturwissenschaften. Auch die bisher im Studium gezeigten Leistungen indizieren die Geeignetheit der Antragsgegnerin.

Nur bei - hier nicht vorliegenden - beengten wirtschaftlichen Verhältnissen sind eher strenge Maßstäbe anzulegen, wenn, wie hier, ein längerwährendes Studium (8 Semester Regelstudienzeit) aufgenommen wird (Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, § 6, Rn. 241).

Auffällig ist allein, dass die Antragsgegnerin zwei Kurse für das erste Semester nicht absolviert hat, weil diese schon belegt gewesen seien. Insoweit bestehen Bedenken, denn das Fach ist ja zugangsbegrenzt, weshalb jeder Student Anspruch auf Teilnahme haben muss. Auf Vorhalt hat die Antragsgegnerin aber glaubhaft erklärt, dass man ihr, als sie verspätet nachgerückt sei, gesagt habe, die Kurse seien schon belegt. Die Antragsgegnerin muss sich insoweit also, wie von ihr auch eingeräumt, allenfalls vorwerfen lassen, nicht mit dem gebotenen Nachdruck auf ihren Anspruch auf Teilnahme hingewirkt zu haben. Dies allein begründet aber keineswegs die Ungeeignetheit der Antragsgegnerin für das gewählte Studienfach.

Auf die Einholung des angebotenen Sachverständigengutachtens kommt es nicht an, denn maßgeblich für die zu treffende Prognoseentscheidung sind immer die gesamten Umstände des Einzelfalles, die sich in ihrer Komplexität der abschließenden Beurteilung durch einen Gutachter entziehen. Es handelt sich vielmehr um eine vom Senat zu beantwortende Rechtsfrage.

II. Die Antragsgegnerin hat nach Abwägung aller Umstände auch nicht gegen die sie treffende Ausbildungsobliegenheit verstoßen. Sie befindet sich in der Erstausbildung, die der Antragsteller entsprechend seinen wirtschaftlichen Verhältnissen anteilig zu alimentieren hat.

Im Ausgangspunkt hat jedes Kind grundsätzlich Anspruch auf eine Berufsausbildung; das gilt insbesondere für die hier vorliegende Erstausbildung. Der Ausbildungsanspruch kann daher nur dann versagt werden, wenn das Kind nachhaltig über einen längeren Zeitraum seine Ausbildungsobliegenheit verletzt und den Eltern - nach deren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen - weitere Unterhaltsleistungen nicht mehr zugemutet werden können. Danach hat ein Kind, das nach dem Schulabschluss nicht sogleich eine Ausbildung begonnen hat, um bspw. zur ‚Selbstfindung' eine Weltreise zu unternehmen, mangels Bedürftigkeit zunächst keinen Unterhaltsanspruch. Es ist vielmehr darauf zu verweisen, seinen Bedarf durch eigene (ungelernte) Arbeit oder aus eigenem Vermögen zu decken. Dadurch verliert das Kind aber nicht ohne weiteres den Anspruch auf eine (dann später noch begonnene) angemessene Ausbildung. So kann auch ein 24-jähriges Kind jedenfalls dann eine Ausbildung oder ein Studium beginnen, wenn die Eltern unter Abwägung aller Umstände noch damit rechnen mussten, auf Unterhalt in Anspruch genommen zu werden.

Von einem jungen Menschen kann nicht unbedingt von Beginn an eine zielgerichtet richtige Entscheidung in der Frage der Berufswahl erwartet werden. Dem Kind ist deshalb in der Regel eine Orientierungsphase zuzubilligen, deren Dauer unterschiedlich ist und sich nach Alter, Entwicklungsstand und den gesamten Lebensumständen richtet (W/S-Scholz, § 2, Rn. 77, 88; Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, § 6, Rn. 255 u Fn 970: 3 Semester). Die Kasuistik setzt beim Studium eine Grenze nach zwei, höchstens drei Semestern, wobei aber auch hier die besonderen Umstände des Einzelfalles zu beachten sind.

Soweit die Antragsgegnerin vor dem Familiengericht beklagt hat, man werde ‚von der Gesellschaft gedrängt, etwas zu machen', ist das in diesem Zusammenhang nicht stichhaltig. Denn es hätte ja auch die Möglichkeit eines sozialen/ökologischen Jahres oder einer ‚Probearbeit' bestanden, so dass zunächst einmal keine Unterhaltsbedürftigkeit gegeben gewesen wäre.

Nach dem Ergebnis der Anhörung der Beteiligten geht der Senat davon aus, dass der Abbruch des ersten Studienganges während des dritten Semesters, jedenfalls aber zu Beginn des 4. Semesters erfolgte. Die im 3. Semester erforderliche Nachprüfung, um ausreichende ‚Credits' zu erlangen, ist nicht gemacht worden, stattdessen hat die Antragsgegnerin nur noch ein Praktikum bei einer L2 Fernsehproduktionsfirma (Produktionen für das Z1) absolviert. Dieses Praktikum gehörte formal noch zum Studium in den Niederladen, die Teilnahme war allerdings, bezogen auf dieses Studium, sinnlos, denn der Entschluss, das Studium aufzugeben, fiel nach den glaubhaften Angaben der Antragsgegnerin im 3. Semester (irgendwann im Winter 2010). Dass die Antragsgegnerin dieses Praktikum gleichwohl absolviert hat, kann ihr aber im Hinblick auf die Zeitspanne bis zur Aufnahme des jetzigen Studiums nicht zum Nachteil gereichen, denn durch die Tätigkeit bei einer Medienproduktionsfirma ist ein gewisser Bezug zum Journalismus zu erkennen.

Zwar war das anschließende Verhalten der Antragsgegnerin im Hinblick auf das jetzige Studium nicht sehr zielgerichtet. Angebliche Bewerbungen für eine Lehrstelle sind unbelegt; es erschließt sich auch nicht, warum die Antragsgegnerin meinte, ausgerechnet nach Australien fahren zu müssen, um dort die Englischkenntnisse aufzubessern. An sich hätte es der Antragsgegnerin gut angestanden, sich mit dem Antragsteller abzustimmen, ob er z. B. einer Sprachqualifikation zustimmt und diese gar mitfinanziert. Seine Verärgerung, erst über seine Krankenversicherung von dem Australienaufenthalt seiner Tochter erfahren zu haben, ist für den Senat bestens nachvollziehbar.

Zugunsten der Antragsgegnerin ist aber zu berücksichtigen, dass sie es, worauf schon das Familiengericht zutreffend abgestellt hat, in ihrer Kindheit/Jugend nicht einfach hatte und der Wechsel von Wohn- sowie sozialem und schulischem Umfeld ihren Entwicklungsjahren immanent war. Sie hat daher durchaus die Erfahrung gemacht, dass ein Wechsel nicht unüblich und im Ergebnis zu bewältigen ist. Die Antragsgegnerin hat ersichtlich schon von Australien aus Aktivitäten unternommen, die auf eine (neue) universitäre Erstausbildung ausgerichtet waren. So hat sie sich für das dann später auch absolvierte Praktikum bei den R-Nachrichten erfolgreich beworben, ferner auch um Studienplätze in Sprachwissenschaften, die, falls das eigentlich angestrebte Journalistikstudium nicht erreichbar gewesen wäre, ihr ebenfalls einen Zugang zur Tätigkeit als Journalistin hätten eröffnen können. Weiter entspricht es allgemeiner Lebenserfahrung, dass sich die Trennung/Scheidung der Eltern für die Kinder in aller Regel sehr belastend auswirkt. Auch hat der Antragsteller in seiner früheren Korrespondenz mit seiner Tochter zwar zutreffend Leistungsnachweise gefordert und darauf hingewiesen, dass etwaige Nebeneinkünfte anzurechnen seien. Der Senat hat in diesem Zusammenhang aber auch nicht übersehen, dass der Antragsteller die Korrespondenz nicht immer mit der gebotenen Empathie geführt hat.

Stellt man weiter in Rechnung, dass die Unterbrechung nach 3 Semestern erfolgte, auch nur gut 3 Semester andauerte und es immer noch um die Erstausbildung der Antragsgegnerin geht, ist insgesamt ein Obliegenheitsverstoß nicht festzustellen.

III. Im Ergebnis liegt auch kein unterhaltsrelevanter Verstoß gegen Informationsobliegenheiten vor. Zwar ist der Auszubildende gehalten, den Unterhaltspflichtigen zeitnah über zurückgelegte Ausbildungsabschnitte und absolvierte Prüfungen sowie deren Ergebnis zu informieren. Diese Obliegenheit hat die Antragsgegnerin während des Studiums in den Niederlanden nur schlecht und teilweise falsch sowie während des jetzigen Studiums nur jeweils unter Druck erfüllt. Immerhin liegen die erforderlichen Angaben jedoch nun vor. Damit hat es nun sein Bewenden, denn ein Obliegenheitsverstoß führt nicht zum vollständigen Wegfall der Unterhaltspflicht, sondern allenfalls dazu, dass der Schuldner ein Zurückbehaltungsrecht hat (W/S-Scholz, § 2, Rn. 90).

IV. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist eine Verwirkung für die Zeit ab Oktober 2011 nicht anzunehmen. Die Annahme einer Verwirkung gemäß § 1611 BGB würde voraussetzen, dass eine vorsätzliche schwere Verfehlung gegenüber dem Antragsteller vorliegt und seine Inanspruchnahme grob unbillig wäre.

Das Verhalten der Antragsgegnerin Anfang 2010 stellt sicherlich eine so schwere vorsätzliche Verletzung dar, dass dadurch Unterhaltsansprüche in Verbindung mit dem Erststudium entfallen sind. Die Antragsgegnerin hat ihren Vater belogen, soweit es um die Studienerfolge ging, denn das Studium hat sie nicht mehr ernsthaft betrieben. Auch hat sie ihre eigenen Bezüge zunächst verschwiegen, obwohl der Vater sie schon früher aufgefordert hatte, teilbedarfsdeckend Einkommen zu erzielen Diese Umstände können ihr auch nicht verborgen geblieben sein.

Der Senat hält aber dafür, dass mit der Aufnahme des jetzigen Studiums eine neue Situation eingetreten und es der Antragsgegnerin zuzubilligen ist, nun das Studium zügig zu Ende zu führen, wozu es dann auch einer Alimentation durch den Antragsteller bedarf. In diesem Zusammenhang darf insbesondere auch nicht übersehen werden, dass der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung zur Aufnahme einer Zweitausbildung immer großzügigere Maßstäbe zugunsten des Unterhaltsberechtigten entwickelt hat (Scholz in Wendl/Dose § 2 Rdnr. 93). ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 05.02.2013 - 7 UF 166/12)

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Die erforderliche Kaufkraftbereinigung von der in der Schweiz erzieltem Einkommen kann einschließlich der Berücksichtigung der Währungsparitäten anhand der vom Statistischen Amt der Europäischen Uniion (Eurostat) ermittelten "vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" erfolgen. Das danach umgerechnete Einkommen bestimmt den Bedarf des unterhaltsberechtigten Kindes (OLG Oldenburg, Beschluss vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12).

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Ein aus § 242 BGB herzuleitender Auskunftsanspruch des gegenüber einem volljährigen Kind unterhaltspflichtigen Elternteils gegen den anderen Elternteil ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn das gemeinsame Kind bereits in die Auseinandersetzung der Eltern einbezogen ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der auskunftbegehrende Elternteil ein (Unterhalts)Abänderungsverfahren gegen das gemeinsame Kind eingeleitet hat (OLG Hamm, Beschluss vom 13.09.2012 - 6 UF 49/12).

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Bei der Frage, ob und inwieweit sich ein Student überobligatorische Nebeneinkünfte auf seinen Unterhaltsbedarf gegenüber einem Elternteil anrechnen lassen muss, kann es im Rahmen der Billigkeitsabwägung entsprechend § 1577 Abs. 2 Satz 2 BGB (vgl. BGH FamRZ 1995, 475, Juris-Rn. 30ff.) einen für die Anrechnung sprechenden Gesichtspunkt darstellen, wenn der Student noch zuhause (= bei dem anderen Elternteil) wohnt und dadurch einen im Zweifel geringeren Lebenshaltungsaufwand hat als ein Student mit eigenem Studienortwohnsitz, sein Bedarfssatz nach der Düsseldorfer Tabelle aufgrund der hohen maßgeblichen Einkommensgruppe jedoch höher ist als der Regelsatz von 670 € für einen auswärts wohnenden Studenten (OLG Hamm, Beschuss vom 10.09.2012 - 14 UF 165/12).

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Der Unterhaltsanspruch eines volljährigen nicht privilegierten Kindes ist zwar grundsätzlich ehe- und damit auch bedarfsprägend. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Ehegatte nicht den ihm zustehenden Selbstbehalt gegenüber dem volljährigen Kind von 920,- € (Thüringer Tabelle, Stand 01.01.2011, Ziffer 22.1.b. und 22.2.b.) verwirklichen kann, da ansonsten der in §§ 1609 Nr. 3, 1603 Abs. 2 Satz 1, 2 BGB geregelte Rangunterhalt unterlaufen würde. Den vorrangigen Bedarf eines Ehegatten gegenüber einem nach § 1609 Nr. 4 BGB nachrangigen volljährigen Kind bemessen die Thüringer Leitlinien(Ziffer 22.2.b.) spiegelbildlich mit dem Selbstbehalt des Pflichtigen von 1150,- €, vermindert um die beiderseitigen Vorteile des Zusammenlebens (von 10% + 10% = 20% =) auf 920,- €. Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt besteht dann nicht (mehr), wenn der Unterhaltsberechtigte nach Schulabbruch bis zur Aufnahme seiner Ausbildung drei Jahre weitgehend tatenlos hat (OLG Thüringen, Beschluss vom 17.08.2012 - 1 UF 219/12).

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Auch der Tabellenunterhalt nach der höchsten Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle deckt keinen zum Mindestunterhalt wesensverschiedenen Aufwand, sondern zielt auf eine Bedarfsdeckung auf höherem Niveau (Anschluss an BGH FamRZ 2009, 962). Monatliche freiwillige Zusatzleistungen des Barunterhaltspflichtigen für Reit- und Klavierunterricht in Höhe von 305,- € können nur teilweise als bedarfsdeckend im Hinblick auf den Elementarbedarf angesehen werden; überwiegend decken sie einen Mehrbedarf des Kindes (OLG Hamm, Urteil vom 11.07.2012 - 12 UF 319/11).

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Semesterbeiträge als Mehrbedarf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.05.2012 - 3 UF 97/12):

„... Mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht den Antrag des Antragstellers auf Zahlung von Studierendenschafts- und Sozialbeiträgen in Höhe von 206,91 € pro Semester gegen seinen Vater, den Antragsgegner, zurückgewiesen, weil es sich dabei nicht um Mehrbedarf handelt, sondern diese Beiträge aus dem Unterhaltsbedarf des studierenden Kindes zu zahlen sind.

Soweit das OLG Koblenz in der Entscheidung vom 23.12.2008 (11 UF 519/08) in den Semesterbeiträgen einen zusätzlich zum Regelunterhalt zu zahlenden Mehrbedarf gesehen hat, überzeugt dies nicht, weil dort nicht zwischen Studiengebühren und Semesterbeiträgen differenziert wird. Die Begründung des OLG Koblenz ist nur für die Studiengebühren einschlägig, nicht aber für die Semesterbeiträge, die nach damaliger ganz überwiegender Rechtsprechung aus dem Regelunterhalt zu zahlen waren. Aufgrund dessen ist Schürmann (jurisPR-FamR 16/2009 Anm. 1; so auch Heiß, FPR 2008, 356, 357) der Auffassung des OLG Koblenz insoweit mit zutreffender Begründung entgegengetreten. Die Semesterbeiträge, die im Wesentlichen das Semesterticket, den Asta-Beitrag und den Sozialbeitrag umfassen, dienen der Finanzierung von im Interesse der Studierenden unterhaltenen Einrichtungen und sind einkommensunabhängig zu zahlen. Die Sozialbeiträge sind - anders als Studiengebühren - dem laufenden Lebensbedarf eines Studenten zuzurechnen sind, denn sie dienen der Finanzierung einer Reihe von Einrichtungen, die den Studierenden zur Erleichterung der Studiensituation zur Verfügung gestellt werden. Es besteht auch kein Anlass, Unterhaltsberechtigte gegenüber BAföG-Empfängern besser zu stellen, die diese Beiträge aus ihren BAfög-Leistungen erbringen müssen. ..."

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Die Aufnahme eines Studiums (erst) 5 Jahre nach dem Abitur steht der Verpflichtung zum Ausbildungsunterhalt nicht zwingend entgegen. Ein eventuell einem (neuen) Ehegatten geschuldeter Familienunterhalt wird bei der Berechnung der Haftungsquoten der Eltern nicht berücksichtigt, sondern erst bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit (OLG Hamm, Beschluss vom 12.03.2012 - 4 UF 232/11):

„... 1. Der Antragstellerin steht dem Grunde nach aus §§ 1601 ff., 1610 Abs. 2 BGB nach wie vor ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt gegen den Antragsgegner zu.

a) Allerdings umfasst der gemäß § 1610 Abs. 2 BGB geschuldete Unterhalt eines Kindes in der Regel nur die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Wenn das Kind bereits einen Beruf erlernt hat und insbesondere, wenn die Eltern ihrem Kind diese finanziert haben, sind sie grundsätzlich nicht mehr verpflichtet, die Kosten einer weiteren Ausbildung zu tragen (vgl. zB. BGH in FamRZ 2006,1100). Ausnahmsweise gilt die Unterhaltspflicht der Eltern aber fort, wenn eine weitere Ausbildung sich als in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehende Weiterbildung zu dem bisherigen Ausbildungsweg darstellt und von vorneherein angestrebt war ( BGH a.a.O.). Diese Konstellation liegt in der Regel vor, wenn das Kind nach Erlangung der Hochschulreife auf dem herkömmlichen schulischen Weg eine praktische Ausbildung absolviert hat und danach ein schon früher angestrebtes Studium anschließt (sogenannte Abitur-Lehre-Studium-Fälle; BGH a.a.O).

b) Im Streitfall wollte die Antragstellerin nach Erlangung der allgemeinen Hochschulreife im Jahr 2005 ein Studium der Zahnmedizin aufnehmen. Das hat sie dem Antragsgegner im Schreiben vom 21.07.2005 ausdrücklich mitgeteilt. Dass sich die vorangestellte Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten angesichts der mit ihr einhergehenden Praxis- und Patientenerfahrung im Bereich der Zahnheilkunde zumindest als sinnvolle Ergänzung des intendierten Studiums darstellt und zu diesem sachlichen Bezug aufweist, liegt auf der Hand ; es ist auch von dem Direktor der Zahnklinik 2 der Universität F bestätigt worden (Bl. 133 GA).

Der vom Bundesgerichtshof geforderte zeitliche Zusammenhang zwischen der Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten und dem Zahnmedizinstudium ist im Streitfall ebenfalls gegeben. Das liegt allerdings nicht von vorneherein auf der Hand, weil die Antragstellerin eben nicht unmittelbar nach dem erfolgreichen Abschluss ihrer Ausbildung am 13.07.2007 das Studium antrat, sondern erst knapp drei Jahre später. Diese durchaus beachtliche "Zeitlücke" ist allerdings nicht von der Antragstellerin zu vertreten und ihr unterhaltsrechtlich nicht vorzuwerfen. Die Verzögerung beruht allein darauf, dass die Antragstellerin trotz regelmäßiger Bewerbung von der ZVS keinen Studienplatz zugewiesen erhielt. Sie hat nach Aktenlage alles ihr Zumutbare getan, um zeitnah studieren zu können. Sie hat nachgewiesen, sich durchgängig und ortsoffen bei der ZVS beworben zu haben. Darüber hinaus hat sie nachweislich - erfolglos - versucht, im angrenzenden Ausland einen Studienplatz zu erhalten. Sie hat die Zeit zwischen dem Ende der Ausbildung und dem Studienbeginn nicht tatenlos verstreichen lassen, sondern im erlernten Beruf gearbeitet und damit das in der Ausbildung Erarbeitete weiter ausgebaut. Gerade auch die durchgehende Beschäftigung der Antragstellerin in dem studienvorbereitenden Beruf der zahnmedizinischen Fachangestellten schlägt nach Auffassung des Senats eine Brücke zwischen Lehre und Studium und führt dazu, dass der zeitliche Zusammenhang im Streitfall (noch) zu bejahen ist.

2. Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin besteht auch in der geltend gemachten Höhe.

a) Im Unterhaltszeitraum lebt(e) die Antragstellerin durchgängig in einer eigenen Wohnung. Ihr steht daher der feste Bedarfssatz nach Ziffern 13.1.2 der Hammer Leitlinien zu, der seit 2011 durchgehend 670 €/Monat beträgt.

b) Auf den Bedarf ist grundsätzlich das Einkommen des unterhaltsberechtigten Kindes anzurechnen, weil es seine Bedürftigkeit mindert (Wendl/Staudigl: Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage 2011, Rn. 107 zu § 2 (Scholz)).

aa) Die Antragstellerin arbeitet neben dem Studium in einer Zahnarztpraxis. Sie verdient - ausgehend von den eingereichten Belegen aus dem Jahr 2011 - monatsdurchschnittlich aufgerundet 392 € brutto, die nicht zu versteuern sind. Dieses grundsätzlich auf den Bedarf anrechenbare Einkommen reduziert sich nicht um berufsbedingte Aufwendungen, da diese nicht konkret dargelegt sind (HLL Ziffer 10.2.1) und auch nicht um einen - dem Ehegattenunterhalt vorbehaltenen (vgl. Wendl/Staudigl , a.a.O, Rn. 773 zu § 4 (Gerhardt)) - Erwerbstätigenbonus .

Allerdings beschränkt der Senat das anrechenbare Nebeneinkommen der Antragstellerin auf 2/3 des Monatsverdienstes. Denn eine allgemeine Verpflichtung des Studenten, durch eigene Erwerbstätigkeit zu seinem Unterhalt beizutragen, besteht nicht (Wendl/Staudigl , a.a.O, Rn. 490 zu § 2 (Klinkhammer)). Deshalb sind gleichwohl erzielte Einnahmen in der Regel überobligatorisch und nur unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten mit dem Prüfungsmaßstab des § 1577 Abs. 2 BGB anzurechnen (BGH in FamRZ 1995,475). Weil im Streitfall die Besonderheit vorliegt, dass die Antragstellerin schon seit 2007 der jetzigen Erwerbstätigkeit im erlernten Beruf nachgeht und bei ihrem jetzigen Arbeitgeber vor Studienbeginn bereits beschäftigt war, ist es ihr zuzumuten, diese Tätigkeit auch während des Studiums mit reduzierter Stundenzahl weiterzuführen und so ihren Bedarf teilweise zu reduzieren. Der besonderen Belastung, die eine Erwerbstätigkeit neben dem (Vollzeit-)Studium gleichwohl mit sich bringt, wird angemessen Rechnung getragen, wenn der Antragstellerin 1/3 des erzielten Verdienstes anrechnungsfrei verbleibt.

bb) Über weiteres Einkommen verfügt die Antragstellerin nicht. Kindergeld erhält sie aus Altersgründen nicht (mehr). Ein Anspruch auf Leistungen nach dem BaföG steht ihr nicht zu, so dass sie entgegen der Auffassung des Antragsgegners auch keinen Antrag auf Bewilligung stellen musste. Die Voraussetzungen für eine elternunabhängige Förderung (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BaföG - dreijährige Ausbildung und drei Jahre Berufstätigkeit bzw bei kürzerer Ausbildung entsprechend längere Berufstätigkeit) liegen nicht vor. Ein Anspruch auf elternabhängiges BaföG scheitert am Einkommen der Eltern.

cc) Soweit der Antragsgegner sich auf sonstige bedürftigkeitsmindernde Umstände beruft - konkret die Versorgung der Antragstellerin durch ihren nichtehelichen Lebenspartner - fehlt seinem Vortrag die erforderliche Substanz. Zwar ist grundsätzlich die Antragstellerin darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass, warum und in welchem Umfang sie bedürftig ist (Wendl/Staudigl , a.a.O, Rn. 716 zu § 6 (Dose)). Sie hat aber die negative Tatsache vorgetragen, von ihrem Partner weder versorgt, noch finanziell unterstützt zu werden. Wenn der Antragsgegner diese bei Studenten nicht unübliche Konstellation in Abrede stellen will, hat er seine Annahme mit Tatsachen zu untermauern und konkret darzulegen. Daran fehlt es. Sein Vortrag zur "Rundumversorgung" der Antragstellerin durch ihren Partner muss vor allem deshalb dem Bereich der Spekulation zugeordnet werden, wenn als zutreffend unterstellt wird, dass der Antragsgegner nach seinen Angaben seit Jahren keinen Kontakt zur Antragstellerin unterhalten hat und bis vor kurzem nicht einmal über ihre Anschrift im Bilde gewesen sein will.

dd) Die Antragstellerin kann ihren Bedarf auch nicht aus eigenem Vermögen decken. Zwar muss das volljährige Kind vorrangig sein Vermögen - auch den Vermögensstamm - verwerten, bevor es seine Eltern auf Unterhalt in Anspruch nimmt (Wendl/Staudigl , a.a.O, Rn. 132 f. zu § 2 (Scholz)). Es darf aber einen "Notgroschen" behalten, dessen Höhe im Streitfall bei dem von der Antragstellerin nachgewiesenen Sparvermögen in Höhe von 1.839,42 € (Bl. 157 GA) nicht überschritten ist. Dass die Antragstellerin während der Zeit der vollschichtigen Erwerbstätigkeit aus ihrem Verdienst, der nach den eingereichten Belegen aus dem Jahr 2010 rund 1.250 €/netto betragen hat, signifikant höhere Rücklagen hätte bilden können, aus denen sie auch ab März 2011 ihren Bedarf ganz oder teilweise hätte decken können, ist nicht feststellbar. Die erste Zeit des Studiums von Oktober 2010 bis einschließlich Februar 2011 hat die Antragstellerin bereits aus eigenen Mitteln überbrückt.

ee) Der ungedeckte Bedarf der Antragstellerin beläuft sich unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen nach Abzug von 1/3 ihres Nebenverdienstes auf (670 € abzgl. 261 € =) 409 €.

c) Für den Bedarf des volljährigen, nicht privilegierten Kindes haften in der Regel beide Eltern anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen. Die Anteile bestimmen sich nach dem Verhältnis ihrer Einkommen abzüglich des angemessenen Selbstbehaltes von aktuell 1150 € (HLL Ziffer 13.3.1).

aa) Der Antragsgegner hat ausweislich seiner Verdienstabrechnung aus Dezember 2011 und den Bescheiden der DRV vom 06.10.2011 im Jahr 2011 einen monatsdurchschnittlichen Nettoverdienst in Höhe von 2.993,43 € erzielt. Darin enthalten ist der Anteil an der Privatnutzung des Dienstwagens, soweit dieser zur Verfügung gestellt wurde, im Auszahlungsbetrag aber nicht enthalten ist. Enthalten ist auch der auf den Antragsgegner entfallende Anteil an der im Jahr 2011 ausweislich des Einkommenssteuerbescheides vom 18.08.2011 an ihn und seine Ehefrau geleisteten Steuererstattung (69 % = monatlich 163,00 €).

Das Einkommen reduziert sich um die unterhaltsrechtlich als sekundäre Altersvorsorge zu wertende Erbringung vermögenswirksamer Leistungen in Höhe von 26,59 €/Monat. Auch die vom Amtsgericht im angefochtenen Beschluss als weiterer Abzug im Rahmen der sekundären Altersvorsorge akzeptierten Beiträge für eine Lebensversicherung (31,85 €/Monat) und eine zusätzliche private Altersvorsorge (100 €/Monat) reduzieren das Einkommen des Antragsgegners.

Gleiches gilt für den unstreitig vom Antragsgegner für seine nichteheliche Tochter gezahlten Kindesunterhalt, der nach seinen aktuellen Angaben 380 €/Monat beträgt.

Dann verbleibt ein bereinigtes Einkommen des Antragsgegners in Höhe von 2.454,90 €, wobei ein Wohnvorteil für die in seinem Eigentum stehende Immobilie zugunsten des Antragsgegners unter Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten Belastungen nicht angesetzt wird.

Vom Einkommen des Antragsgegners ist an dieser Stelle nicht der zu monetarisierende Familienunterhaltsanspruch abzuziehen, der seiner jetzigen Ehefrau gemäß §§ 1360, 1360 a BGB zusteht (hierzu grundsätzlich BGH in FamRZ 2009,762). Dieser ist nicht bei der Berechnung der Haftungsanteile der Eltern, sondern erst bei der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners zu prüfen. Denn tatsächliche Zahlungen werden auf den nicht auf eine Geldleistung gerichteten Familienunterhaltsanspruch der jetzigen Ehefrau des Antragsgegners (Wendl/Staudigl , a.a.O, Rn. 2 zu § 3 (Scholz)) gerade nicht erbracht. In der Regel sind aber nur diese bei der Ermittlung des vergleichbaren Einkommens der Ehegatten und damit der Haftungsquoten zu berücksichtigen (Wendl/Staudigl , a.a.O, Rnrn. 425, 573 zu § 2 (Klinkhammer)). Auch die Betreuungsleistung für ein im Haushalt des Unterhaltspflichtigen lebendes minderjähriges Kind ist ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht zu monetarisieren und reduziert - anders als Barunterhaltspflichten - das Vergleichseinkommen des Pflichtigen nicht (Wendl/Staudigl , a.a.O., m.w.N.; Erman: BGB, 13. Auflage 2011, Rn. 25 zu § 1606 BGB (Hammermann)).

bb) Die Mutter der Antragstellerin hat im Jahr 2011 ausweislich der eingereichten Bezügemitteilungen eine Nettodurchschnittspension von 1.499,31 €/Monat erhalten. Dieses Einkommen erhöht sich bei der Berechnung der Quote im Rahmen des § 1606 BGB entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht durch fiktive Einkünfte für eine zumutbare teilschichtige Erwerbstätigkeit. Die volljährige Antragstellerin muss sich nicht auf erzielbare Einkünfte der Mutter verweisen lassen; eine etwaige Verletzung ihrer Erwerbspflichten hat allein die Mutter, nicht aber die Antragstellerin zu verantworten (Wendl/Staudigl , a.a.O, Rn. 567 zu § 2 (Klinkhammer)), der daraus im Verhältnis zum Antragsgegner kein Nachteil erwachsen darf.

Die wiederverheiratete Kindesmutter hat mit ihrem jetzigen Ehemann im Jahr 2010 eine Steuererstattung in Höhe von 3.592,93 € erhalten, die mangels anderer Erkenntnisse auch für das Jahr 2011 unterstellt wird. Der Anteil der Kindesmutter daran beträgt - mangels entgegenstehender Anhaltspunkte aufgeteilt entsprechend der beiderseitigen zu versteuernden Einkünfte in der neuen Ehe - 25 %; ihr Einkommen erhöht sich bei monatsanteiliger Umlage hierdurch um 74,85 € .

Soweit der Antragsgegner meint, die Kindesmutter sei Eigentümerin einer oder mehrerer Immobilien und damit impliziert, sie erziele Einkünfte aus Vermietung/Verpachtung oder könne diese erzielen, kann er mit dieser Behauptung nicht gehört werden. Die Antragstellerin hat entsprechende Einkünfte ihrer Mutter explizit verneint; der von ihr eingereichte Einkommenssteuerbescheid der Mutter und ihres Ehemannes vom 22.7.2010 (Bl. 186 GA) bestätigt ihren Vortrag. In dieser Konstellation wäre es Sache des Antragsgegners, den Tatsachenvortrag der Antragstellerin im Einzelnen konkret zu widerlegen - daran fehlt es.

Zu bereinigen ist das Einkommen der Kindesmutter um die nachgewiesenen Monatsbeiträge für die private Kranken- und Pflegeversicherung, wobei allerdings nur der aus den eingereichten Beitragsrechnungen ersichtliche, auf die Kindesmutter entfallende Anteil und nicht der für ihren minderjährigen, mitversicherten Sohn gezahlte Anteil unterhaltsrechtlich relevant ist. Der berücksichtigungsfähige Abzug für die Krankenversicherung beträgt dann im Jahr 2011 246,47 € und im Jahr 2012 254,79 € ; der Beitrag für die Pflegeversicherung beläuft sich durchgängig auf 13,15 € monatlich.

Das Einkommen der Kindesmutter ist darüber hinaus nicht um den zu monetarisierenden Betreuungsunterhalt für den minderjährigen Sohn zu bereinigen, weil - wie oben dargestellt - keine Barunterhaltspflicht besteht (Wendl/Staudigl , a.a.O, Rn. 425 zu § 2 (Klinkhammer)).

Im Ergebnis verbleibt auf Seiten der Kindesmutter ein bereinigtes Einkommen in Höhe von 1.314,54 € im Jahr 2011 und in Höhe von 1.306,22 € im Jahr 2012.

cc) Von dem bereinigten Einkommen der Eltern muss zur Ermittlung des Verteilungsschlüssels nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB in der Regel der angemessene Selbstbehalt von 1.150 €/Monat als Sockelbetrag abgezogen werden (Wendl/Staudigl , a.a.O, Rn. 574 zu § 2 (Klinkhammer)).

Dieser wird auf Seiten beider Eltern durch den Umstand, dass sowohl der Antragsgegner wie auch die Kindesmutter jeweils in Gemeinschaft mit einem verdienenden Ehepartner leben, reduziert. Beide ersparen durch das Zusammenleben mit einem leistungsfähigen Partner Wohn- und Haushaltskosten, so dass der Selbstbehalt um 10 % zu kürzen ist (HLL Ziffern 21.5 und 6.2.).

Eine weitere Reduzierung des Selbstbehalts ist nur auf Seiten der Kindesmutter durchzuführen.

Denn aus den von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen ergibt sich, dass der Selbstbehalt der Kindesmutter durch ihren jetzigen Ehemann teilweise gesichert ist. Das hat die Konsequenz, dass ihr Einkommen zu einem höheren Anteil für den Kindesunterhalt eingesetzt werden muss (Wendl/Staudigl, a.a.O, Rn. 555 zu § 2 (Klinkhammer)).

Im Streitfall ergibt sich aus dem von der Antragstellerin eingereichten und die Kindesmutter sowie deren jetzigen Ehemann betreffenden Einkommenssteuerbescheid vom 22.07.2010 - den der Senat mangels besserer Erkenntnisse für die Folgezeit fortschreibt - , dass der jetzige Ehemann der Kindesmutter dieser rechnerisch einen Familienunterhalt in Höhe von höchstens 475,94 € schuldet. Ausgangspunkt dieser Berechnung ist ein aus dem Einkommenssteuerbescheid errechenbares Nettofamilieneinkommen von 39.022,47 €/Jahr bzw 3.251,87 €/Monat, von dem - ausgehend vom Verhältnis des zu versteuernden Einkommens der Kindesmutter und ihres jetzigen Ehemannes - 25 % und damit 819,19 €/Monat auf die Kindesmutter entfällt. Ihr rechnerischer Bedarf nach dem Halbteilungsgrundsatz beläuft sich auf 1.625,94 €/Monat (3.251,87 € : 2) ; nach Abzug des Eigeneinkommens verbleibt ein offener Bedarf von 806,74 €. Da der Ehemann der Kindesmutter allerdings ausgehend von seinem angemessenen Selbstbehalt von 1.150 € - unterstellt, dass sein Einkommen nicht weiter zu bereinigen ist - lediglich in Höhe von 475,94 € leistungsfähig ist, schuldet er auch nur in höchstens dieser Höhe der Kindesmutter Familienunterhalt.

Wird der - bereits um 10 % des Selbstbehaltes auf 1.035 €/Monat, s.o. - abgesenkte Selbstbehalt der Kindesmutter in Höhe von 475,94 € als durch den Familienunterhalt gedeckt angesehen, reduziert sich ihr Selbstbehalt auf 559,06 €/Monat. Das in die Quotenberechnung einzustellende Einkommen der Kindesmutter beträgt dann noch 755,48 € im Jahr 2011 und auf 747,16 €/Monat im Jahr 2012.

Dass die Kindesmutter gegen ihren Ehemann einen den vorstehend errechneten Betrag übersteigenden Anspruch auf Familienunterhalt hat, ist nicht feststellbar.

Die für die Haftungsanteile ihrer Eltern darlegungs- und beweisbelastete Antragstellerin hat zum Einkommen des jetzigen Ehegatten der Mutter Angaben gemacht, die zu dem obigen Rechenergebnis führen. Dann ist es Sache des eine darüber hinausgehende Deckung des angemessenen Selbstbehaltes der Mutter behauptenden Antragsgegners, seine Darstellung im Einzelnen und gegebenenfalls nach ergänzender Inanspruchnahme der Kindesmutter auf Auskunft zu konkretisieren (Wendl/Staudigl, a.a.O, Rn. 578 zu § 2 (Klinkhammer)). Erst dann muss das antragstellende Kind die Behauptung des Vaters ausräumen und den Beweis führen, dass sie nicht zutrifft (Wendl/Staudigl , a.a.O.). Im Streitfall lässt der Vortrag des Antragsgegners zu einem vollständig gedeckten Selbstbehalt der Kindesmutter die geforderte Substanz vermissen.

dd) Das nach Abzug des reduzierten Sockelbetrages von 1.035 € auf Seiten des Antragsgegners und von 755,48 € (2011) bzw 747,16 € (2012) auf Seiten der Kindesmutter verbleibende vergleichbare Einkommen führt zu Haftungsquoten von 66 % (Antragsgegner) bzw 34 % (Kindesmutter).

Vom ungedeckten Bedarf der Antragstellerin in Höhe von rund 409 € hat der Antragsgegner damit rechnerisch einen Unterhaltsanteil von rund 267 €/Monat (2011) bzw 268 €/Monat (2012) zu tragen, der den vom Amtsgericht titulierten Betrag von 230 €/Monat übersteigt.

d) Der Antragsgegner ist für den vorstehend ermittelten Unterhalt - und erst recht für den geringeren, vom Amtsgericht titulierten Unterhalt - auch unter Berücksichtigung des vorrangigen Familienunterhaltsanspruchs seiner jetzigen Ehefrau leistungsfähig.

Bei einem bereinigten Nettoeinkommen des Antragsgegners in Höhe von 2.454,99 €, von dem der die jetzigen Lebensverhältnisse in der "neuen" Ehe prägende Unterhaltsanspruch der Antragstellerin in Höhe von gerundet 268 € abzuziehen ist (Wendl/Staudigl , a.a.O, Rn. 100 zu § 3 (Scholz)) und bei einem Einkommen der jetzigen Ehefrau des Antragsgegners in Höhe von 1.313,34 € errechnet sich nach dem Halbteilungsgrundsatz ein ungedeckter Familienunterhaltsanspruch der Ehefrau in Höhe von gerundet 436 €.

Diesen kann der Antragsgegner neben dem Unterhaltsanspruch der Antragstellerin leisten, ohne dass sein angemessener Selbstbehalt von 1.150 € gefährdet wäre (2.454,99 € abzgl. 268 € abzgl. 436 € abzgl. 1.150 € = 600 €).

3. Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin entfällt auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die sie treffende Ausbildungsobliegenheit.

Es gilt, dass das unterhaltsberechtigte volljährige Kind als Ausfluss des Gegenseitigkeitsprinzips seinen Berufsweg eigenverantwortlich zu gestalten und die begonnene Ausbildung mit Fleiß und Zielstrebigkeit in angemessener Zeit zu beenden hat (Wendl/Staudigl, a.a.O., Rn. 77 ff. zu § 2 (Scholz)). Verletzt das Kind nachhaltig diese Obliegenheit, dann büßt es den Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (BGH in FamRZ 1998,671).

Wie dargestellt sind die zeitlichen Verzögerungen, die zur Aufnahme des Studiums geführt haben, der Antragstellerin im Streitfall nicht anzulasten. Der Antragsgegner kann insbesondere auch nicht damit gehört werden, dass die Antragstellerin die zeitliche Verzögerung deshalb zu verantworten habe, weil sie ihren Studienwunsch nicht an ihren Fähigkeiten ausgerichtet habe und sich bei "mäßigem" Abiturnotendurchschnitt für das Studium der Zahnmedizin schlicht nicht eigne. Der im Abitur erreichte Notendurchschnitt lässt bekanntlich keinen sicheren Rückschluss auf eine spätere fachliche Eignung des unterhaltsberechtigten Kindes im gewünschten Beruf zu. Die Antragstellerin hat außerdem belegt, ihr Studium mit Erfolg und - so jedenfalls das Zeugnis über die Naturwissenschaftliche Vorprüfung vom 7.10.2011 (Bl. 144 GA) - bislang sehr guten Noten zu absolvieren.

Im Übrigen muss bei der Gesamtbetrachtung, die vor einem möglichen Wegfall des Unterhaltsanspruchs anzustellen ist, gewürdigt werden, dass das Studium der Antragstellerin die erste Ausbildung ist, die der Antragsgegner anteilig bezahlen soll. Zuvor ist er nach Volljährigkeit der Antragstellerin von ihr nicht in Anspruch genommen worden. Auch deshalb misst der Senat dem Umstand, dass die Antragstellerin den Antragsgegner zwischen 2005 und 2011 nicht über den Stand ihrer Ausbildung informiert hat keine überragende Bedeutung bei. Angesichts der trotz der Belastungen für die Renovierung seiner Immobilie bestehenden finanziellen Leistungsfähigkeit des Antragsgegners ist es ihm im Ergebnis zumutbar, sich am Unterhalt für seine Tochter zu beteiligen. ..."

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Erholungsphase des Volljährigen nach Abschluss der Schulausbildung und Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.03.2012 - 2 WF 174/11)

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Zur Zulässigkeit eines Feststellungsantrags bei drohender Verjährung von titulierten Unterhaltsansprüchen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 23.02.2012 - 9 WF 38/12 zu § 207 I 2 Nr 2 BGB, § 256 ZPO):

„... Aber auch ein Feststellungsantrag ist hier aus im Ergebnis demselben Grunde unzulässig. Gemäß § 256 ZPO bedarf es insoweit eines besonderen Feststellungsinteresses, das heißt es muss eine Gefahr der Unsicherheit betreffs eines Rechtes oder der Rechtslage des Antragstellers gegeben sein (BGH NJW 2010, 1877, 1878).

Ein solches besonderes und nur ausnahmsweise auftretendes Feststellungsinteresse ist seitens der Antragstellerin bereits nicht ausreichend dargetan worden, wozu sie aber auch im Rahmen der Feststellung der Zulässigkeitsvoraussetzungen aufgrund der sie treffenden Darlegungslast im Grundsatz verpflichtet ist. Soweit sie allein im Rahmen des Beschwerdevorbringens auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg unter Nennung des Az. 11 WF 12/09 Bezug genommen hat, ist zunächst nicht erkennbar, in welchem Zusammenhang diese Entscheidung mit dem hiesigen Verfahren stehen soll.

Selbst wenn man sich der so in den Raum gestellten Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg aber nähert, ergibt sich nichts anderes hinsichtlich der Unzulässigkeit des hiesigen Verfahrens.

Gegenstand der zitierten Entscheidung war eine Feststellungsklage wegen rückständigen Kindesunterhalts bei drohender Verjährung der titulierten Ansprüche (OLG Oldenburg, FamRZ 2009, 997). Möglicherweise meint die Antragstellerin insoweit, dass allein aufgrund der drohenden Verjährung ihr ein Feststellungsinteresse zusteht; diese Ansicht schlägt indes fehl. Zwar indiziert eine Verjährungsgefahr zugleich ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO (BGH NJW 2005, 3275, 3276). Gleichwohl bleibt die Feststellungsklage unzulässig, wenn eine anderweitige Möglichkeit der Hemmung oder eines Neubeginns der Verjährung dem Antragsteller zur Verfügung steht (vgl. im Einzelnen Musielak/Foerste, ZPO, 8. Auflage 2011, § 256 Rn. 33 mit Beispielen). Dies ist insbesondere dann der Fall und führt zur Unzulässigkeit der Feststellungsklage, wenn durch Vollstreckung die Verjährung eines titulierten Anspruches vermeidbar ist (BGH NJW-RR 2003, 1076, 1077; ebenso dass von der Antragstellerin zitierte OLG Oldenburg a.a.O.; vgl. ferner Musielak/Foerste, a.a.O. mit weiteren Beispielen).

Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass wegen der noch zur Zeit der Minderjährigkeit der Antragstellerin titulierten Unterhaltsansprüche gemäß § 207 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB (in der bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung) jedenfalls bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres der Antragstellerin gehemmt war. Da die Antragstellerin am 24.04.2009 volljährig geworden ist, konnte frühestens ab diesem Zeitpunkt die Verjährung zu laufen beginnen. Der weiteren Frage, ob nicht aufgrund der zum 01.01.2010 eingetretenen Rechtsänderung des § 207 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB sogar bis zum 21. Lebensjahr der Antragstellerin eine Hemmung erfolgt ist, braucht hier nicht weiter nachgegangen zu werden. Es ist nichts seitens der Antragstellerin dargetan oder anhand der Aktenlage erkennbar, dass die Antragstellerin nicht durch entsprechende Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsgegner einen Neubeginn der Verjährung gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB herbeiführen könnte. Anders als im Falle der zitierten Entscheidung des OLG Oldenburg a.a.O. ist insbesondere der Aufenthalt des Antragsgegners nicht unbekannt, vielmehr hier der Antragstellerin - soweit erkennbar - durchgängig bekannt gewesen. Auch hat die Antragstellerin selbst vorgebracht, dass außergerichtlich hinsichtlich des rückständigen Unterhaltes mit dem Antragsgegner kommuniziert worden ist. Weshalb nunmehr Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsgegner nicht eingeleitet werden könnten bzw. weshalb diese dann nicht zu einem Neubeginn der Verjährung führen würden, ist in keiner Weise ersichtlich. Nur in einem derartigen Falle wäre aber ein außerordentliches Feststellungsinteresse zugunsten der Antragstellerin für einen entsprechenden Feststellungsantrag zu bejahen. ..."

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Es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass mit der Verweisung auf § 238 Abs. 3 Satz 4 FamFG in § 240 Abs. 2 Satz 3 FamFG die Abänderung eines Titels im Sinn des § 240 Abs. 1 FamFG auch dann auf den Zeitraum bis ein Jahr vor Rechtshängigkeit des Abänderungsantrages beschränkt ist, wenn die in § 240 Abs. 2 Satz 1 FamFG genannte Monatsfrist für einen Herabsetzungsantrag eingehalten ist ( OLG Nürnberg, Beschluss vom 06.02.2012 - 7 WF 17/12):

„... Angesichts des Umstandes, dass im vereinfachten Verfahren nach § 249 ff. FamFG eine sachliche Überprüfung der Höhe des geltend gemachten Anspruchs nicht vorgesehen ist und damit insoweit auch Fehler hingenommen werden, würden im Übrigen gegen einen absoluten Ausschluss einer Herabsetzung des Unterhalts vor dem in § 238 Abs. 3 Satz 4 FamFG genannten Zeitpunkt liegenden Zeitraum auch bei Einhaltung der Monatsfrist des § 240 Abs. 2 Satz 1 FamFG rechtsstaatliche Bedenken bestehen (so auch Hutter/Kodal, FamRZ 2009, 917, 922). Unter anderem auch deshalb hält Lorenz (in Zöller, a.a.O., § 240 RdNr. 11 und 12), der von einer "generellen Begrenzung des Rückwirkungszeitraums" durch § 240 Abs. 2 Satz 4 FamFG i. V. mit § 238 Abs. 3 Satz 4 FamFG ausgeht, im Anschluss an eine entsprechende Entscheidung des KG vom 25.3.2010 - 17 WF 66/10 - zu der ebenfalls in § 240 FamFG geregelten Abänderung eines (bei Feststellung der Vaterschaft ergangenen) Unterhaltstitels nach § 237 FamFG zur Vermeidung grob unbilliger Ergebnisse im Einzelfall eine teleologische Reduktion des § 238 Abs. 3 Satz 4 FamFG für geboten (so auch Bömelburg in Prütting/Helms, FamFG 2. Aufl., § 240 RdNr. 21).

Angesichts dieses Meinungsstandes und des Umstandes, dass auch aus der Sicht des Senats gute Gründe gegen eine Anwendung des § 240 Abs. 2 Satz 4 FamFG i. V. mit § 238 Abs. 3 Satz 4 FamFG bei Einhaltung der in § 240 Abs. 2 Satz 1 FamFG genannten Monatsfrist sprechen, können die genannten Regelungen einer hinreichenden Erfolgsaussicht des Abänderungsantrages insgesamt nicht entgegenstehen.

Nach dem derzeitigen Sachstand kann eine hinreichende Erfolgsaussicht für das Herabsetzungsverlangen des Antragstellers für die Zeit ab Oktober 2007 auch nicht aus anderen Gründen versagt werden.

Da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass sich an den vom Amtsgericht zugrunde gelegten wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers zwischenzeitlich etwas geändert hat, war die angefochtene Entscheidung wie beantragt abzuändern. ..."

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Reicht das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht aus, um den Unterhaltsbedarf seiner minderjährigen und privilegiert volljährigen Kinder zu decken, ist in die Mangelfallberechnung in der Regel nur der Mindestunterhalt der Kinder einzustellen. Der Mehrbedarf eines Kindes ist in der Regel nachrangig zu befriedigen. Ist der Mindestunterhalt der minderjährigen oder privilegiert volljährigen Kinder nicht gewahrt, sind Beiträge zu einer privaten Unfallversicherung nicht vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzugsfähig (OLG Schleswig, Beschluss vom 04.01.2012 - 10 WF 254/11 zu §§ 1601, 1602, 1603, 1610 BGB).

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Volljährige Kinder können während des freiwilligen sozialen Jahres auch dann einen Unterhaltsanspruch haben, wenn dies nicht zwingende Voraussetzung für einen bereits beabsichtigten weiteren Ausbildungsweg ist (OLG Celle, Beschluss vom 06.10.2011 - 10 WF 300/11):

„...1. Zwar wird die vom Amtsgericht vertretene Auffassung, während der Absolvierung eines freiwilligen sozialen Jahres bestehe nur dann ein Unterhaltsanspruch, wenn es sich dabei um die notwendige Voraussetzung für ein beabsichtigtes Studium oder eine beabsichtigte Ausbildung (zu einem sozialen Beruf) handelt (vgl. OLG Naumburg FamRZ 2008, 86; OLG Schleswig OLGR 2008, 196; OLG München FamRZ 2002, 1425 (Leitsatz) = OLGR 2002, 142; Wendl/Dose/ Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 2 Rn. 489; Palandt/Brudermüller BGB 70. Aufl. § 1610 Rn. 19; Seiler in: Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 8. Aufl. 6. Kapitel Rn. 239; Botur in: Büte/Poppen/Menne Unterhaltsrecht 2. Aufl. § 1610 BGB Rn. 40) oder die Eltern einverstanden gewesen seien (OLG Stuttgart FamRZ 2007, 1353), in Rechtsprechung und Literatur allgemein geteilt. Zur Begründung wird dabei darauf verwiesen, dass ein nicht zur weiteren Ausbildung erforderliches freiwilliges soziales Jahr selbst keine angemessene Vorbildung zu einem Beruf im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB darstelle.

2. Diese Rechtsauffassung kann jedoch nach Ansicht des Senats angesichts der geltenden Rechtslage nicht aufrecht erhalten werden.

a) Gemäß § 1610 Abs. 2 BGB erstreckt sich der Unterhaltsanspruch eines Kindes auf die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Die Eltern schulden dem Kind eine seiner Begabung angemessene Ausbildung, die die Perspektive einer späteren eigenständigen Finanzierung des Lebensunterhalts bietet (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2001, 440; Palandt/Brudermüller a.a.O. Rn. 18). Die einzelnen Ausbildungsschritte müssen dabei grundsätzlich aufeinander folgen und in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Dies hat der BGH z. B. für die aufeinander bezogenen Ausbildungsschritte Lehre-Abitur-Studium bejaht (BGHZ 107, 376; FamRZ 2001, 1601). Über die konkrete Gestaltung der Ausbildung kann das volljährige Kind grundsätzlich selbst entscheiden, sofern es dabei auf die berechtigten Belange seiner Eltern Rücksicht nimmt (vgl. Wendl/Dose/Klinkhammer a.a.O. Rn. 481 f.; Botur a.a.O. Rn. 37). Danach kommt es entscheidend darauf an, ob die Absolvierung eines freiwilligen sozialen Jahres überhaupt als Abschnitt einer angemessenen Gesamtausbildung anzusehen ist und ob die Finanzierung (auch) dieses Abschnitts und der damit u. U. verbundenen Verlängerung der Gesamtausbildung den Unterhaltspflichtigen zuzumuten ist.

b) Die bisher veröffentlichte Rechtsprechung, auf die die zitierten Literaturstimmen Bezug nehmen, ist noch zu den früher geltenden gesetzlichen Regelungen über den Jugendfreiwilligendienst ergangen. Zuletzt galt das Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Juli 2002 (BGBl. I S. 2596). Danach war das freiwillige soziale Jahr als überwiegend praktische Hilfstätigkeit in gemeinwohlorientierten Einrichtungen konzipiert, die pädagogisch begleitet wurden und dem Ziel dienten, Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl zu stärken sowie soziale und interkulturelle Erfahrungen zu vermitteln. Der Ausbildungsgedanke trat danach noch nicht in den Vordergrund.

Die bisherigen rechtlichen Vorschriften sind indessen durch das Gesetz vom 16. Mai 2008 (BGBl. I S. 842) aufgehoben und durch das Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten (Jugendfreiwilligendienstegesetz - JFDG) ersetzt worden. Nach § 1 dieses Gesetzes fördern Jugendfreiwilligendienste die "Bildungsfähigkeit" der Jugendlichen. Das freiwillige soziale Jahr wird zwar weiterhin als überwiegend praktische Hilfstätigkeit in gemeinwohlorientierten Einrichtungen geleistet. Es wird aber ausdrücklich im Gesetz hervorgehoben, dass die ausgeübte Tätigkeit "an Lernzielen orientiert" ist. Außerdem wird die - weiterhin vorgesehene - pädagogische Begleitung der Tätigkeit von einer zentralen Stelle eines zugelassenen Trägers sichergestellt, womit das Ziel verfolgt wird, "soziale, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln und das Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl zu stärken" (§ 3 des Gesetzes). Noch stärker kommt der Ausbildungszweck in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck: So wird in der Gesetzesbegründung der Bundesregierung hervorgehoben, dass die Jugendfreiwilligendienste "Orte informeller Bildung" sind und dass die Freiwilligen "neben beruflicher Orientierung und Arbeitserfahrung … wichtige personale und soziale Kompetenzen (erwerben), die als Schlüsselkompetenzen auch die Arbeitsmarktchancen verbessern können" (BT-Drs. 16/6519 S. 11). Der Jugendfreiwilligendienst wird als "ein an Lernzielen ausgerichteter Bildungsdienst" angesehen (a.a.O. S. 12). Auch in der Stellungnahme des Bundesrats wird betont, die Freiwilligendienste dienten der Verbesserung sozialer Kompetenzen und zur Förderung der Bildungs- und Beschäftigungsfähigkeit. Der Schwerpunkt der Durchführung dieser Maßnahme liege auf der Jugendbildung (BT-Drs. 16/6967 S. 3 f.). In den Ausschussberatungen wurde als Ziel der neuen Regelungen genannt, den Freiwilligendienst stärker als Lerndienst auszugestalten und die Selbstbestimmung, die Selbstverantwortung und das Selbstbewusstsein junger Menschen zu stärken sowie die beruflichen Chancen gerade von benachteiligten Jugendlichen (z. B. mit Migrationshintergrund) zu verbessern (BT-Drs. 16/8256 S. 21). Diese Ziele fanden ihren Niederschlag in den letztlich Gesetz gewordenen Beschlüssen des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Vor diesem Hintergrund kann nach Auffassung des Senats die Absolvierung eines freiwilligen sozialen Jahres nunmehr im Rahmen einer Gesamtausbildung zu einem Beruf auch dann als ein angemessener Ausbildungsschritt anzusehen sein, wenn - wie im vorliegenden Fall - bei Beginn dieses Ausbildungsabschnitts noch nicht feststeht, ob die Ausbildung später tatsächlich in einen sozialen Beruf münden und das freiwillige soziale Jahr sich somit konkret "auszahlen" wird. Es spricht viel dafür, dass das freiwillige soziale Jahr schon deshalb grundsätzlich als angemessener Ausbildungsabschnitt angesehen werden kann, weil es geeignet ist, die Bildungsfähigkeit Jugendlicher zu fördern und ihre Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nach Abschluss ihrer Ausbildung zu verbessern. Hinzu kommt, dass die pädagogisch begleitete praktische Tätigkeit in einer sozialen Einrichtung auch geeignet ist, den Jugendlichen Klarheit darüber zu verschaffen, ob sie sich für einen sozialen Beruf eignen. Das freiwillige soziale Jahr stellt sich damit auch als eine Orientierungsphase dar. Es ist allgemein anerkannt, dass ein Kind seinen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt während einer gewissen Orientierungsphase nicht verliert (vgl. BGH FamRZ 1998, 671, 672; im Hinblick auf ein freiwilliges soziales Jahr ausdrücklich BGH Beschluss vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 -).

3. Danach kommt ein Anspruch des Antragstellers auch für die Zeit der Absolvierung des freiwilligen sozialen Jahres grundsätzlich in Betracht. Eine Inanspruchnahme des Antragsgegners ist auch nicht mit Rücksicht auf seine wirtschaftliche Situation unbillig, zumal der Bedarf des Antragstellers teilweise durch die Fortzahlung des Kindergeldes (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 d EStG) sowie die im Pflegedienstvertrag vorgesehenen Leistungen (Taschengeld und Sozialversicherungsbeiträge) gedeckt wird und der Antragsteller noch im Haushalt seiner Mutter lebt, so dass sich sein Bedarf noch nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle bemisst.

Der Bedarf des Antragstellers richtet sich - was das Amtsgericht übersehen hat - ab Mai 2011 nur noch nach den Einkünften des Antragsgegners, weil die Mutter des Antragstellers ab Beginn ihres Ruhestandes nicht mehr leistungsfähig ist. Der Antragsgegner fällt mit seinem Einkommen von monatlich 2.084 € in die 3. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle. Damit ist von einem Unterhaltsbedarf des Antragstellers von monatlich 537 € auszugehen. Darauf ist jedenfalls das volle Kindergeld anzurechnen. Dann verbleiben monatlich 353 €. Inwieweit auch das vom Antragsteller bezogene Taschengeld von monatlich 198 € - insbesondere unter Berücksichtigung eines ausbildungsbedingten Mehrbedarfs - anzurechnen ist, wird im Hauptsacheverfahren zu klären sein. Die über den Monatsbetrag von 353 € hinausgehende Forderung des Antragstellers bietet dagegen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. ..."

***

„... a) Der Bedarf der Antragstellerin nach den §§ 1601, 1610 BGB beträgt monatlich nicht mehr als 85,00 € bis einschließlich Dezember 2010, bzw. 115,00 € ab Januar 2011.

Da sich die Antragstellerin noch in der Ausbildung befindet und einen eigenen Hausstand hat, bemisst sich ihr Bedarf gem. Zi. 13.1.2 der Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht (kurz: HLL) - Stand: 1.1.2010 und 1.1.2011 - nach den Regelsätzen für einen auswärtig untergebrachten Studenten in Höhe von monatlich 640 €, bzw. 670 € ab Januar 2011. Ihr Bedarf ist teilweise gedeckt durch das ihr zustehende Kindergeld in Höhe von 184 € monatlich sowie durch die von ihr bezogenen Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in Höhe von 371 € monatlich. Eine Anrechnung von ausbildungsbedingten Aufwendungen auf die zuletzt genannten Leistungen (vgl. Zi. 13.2 HLL) kommt nicht in Betracht, denn ihre ausbildungsbedingten Aufwendungen sind bis zu einem Betrag von 90 € monatlich in dem Regelbedarf von 640 €, bzw. 670 € ab Januar 2011 bereits enthalten (vgl. Zi. 10.2.3 und 13.1.2 HLL).

b) Der Antragsgegner haftet mit seinem Einkommen für den Bedarf der Antragstellerin alleine, denn die Antragstellerin hat dargelegt und durch Vorlage des Bescheides über die Grundsicherung für Arbeitslose der Stadt H vom 20.9.2010 belegt, dass ihre Mutter nicht leistungsfähig zur Zahlung von Barunterhalt ist, weil ihre Einkünfte geringer als der ihr zu belassende angemessenen Selbstbehalt von 1.100 €, bzw. 1.150 € ab Januar 2011 sind (vgl. Zi. 13.3.1 HLL).

c) Die Antragstellerin hat auch dargelegt, dass der Antragsgegner zur Zahlung des geschuldeten Barunterhalts in der Lage ist. Sein Nettoeinkommen beträgt, ausweislich der von ihm zu den Akten gereichten Verdienstnachweise, rund 1.938 € monatlich. Hinzu kommen gegebenenfalls noch zu belegende Einkommensteuererstattungen in den Jahren 2010 und 2011. Nach Abzug der von ihm behaupteten Fahrtkosten in Höhe von 157,30 € und des ihm zu belassenden angemessenen Selbstbehalts verbleiben ihm monatlich noch mindestens 680 €, bzw. 630 € für Unterhaltsleistungen.

Soweit das Familiengericht meint, die Antragstellerin müsse auch darlegen und beweisen, dass keine vorrangigen Unterhaltsverpflichtungen des Antragsgegners gegenüber seiner Ehefrau bestehen, hat es die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast der Antragstellerin überspannt.

Die Antragstellerin trifft die Darlegungs- und Beweislast für die ihren Anspruch begründenden Tatsachen. Dazu gehört, neben der Darlegung ihres Bedarfs, die Darlegung der Höhe des Einkommens ihrer Eltern für die Berechnung der Haftungsquoten und zur Ermittlung der Höhe des ihr zustehenden Unterhaltsanspruchs gegen den Antragsgegner.

Die Darlegungs- und Beweislast für seine Leistungsunfähigkeit trifft dagegen den Antragsgegner als Unterhaltsschuldner selbst. Das folgt aus der - als Einwendung ausgestalteten - Regelung in § 1603 I BGB, die nicht nur den Mindestunterhalt minderjähriger Kinder betrifft, sondern auf alle Unterhaltsansprüche von Verwandten nach § 1601 BGB Anwendung findet (vgl. Wendl/Staudigl-Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 6 Rz. 710 ff. m. w. N.). Zur Darlegung seiner Leistungsunfähigkeit gehört auch die vom Antragsgegner eingewandte Unterhaltsbedürftigkeit seiner gem. § 1609 Nr. 3 BGB vorrangig berechtigten Ehefrau. Das bedeutet, dass der Antragsgegner diejenigen Umstände darlegen und beweisen muss, die einen Unterhaltsanspruch seiner Ehefrau gegen ihn begründen. Sein Vortrag, dass seine Ehefrau kein laufendes Einkommen bezieht, reicht vor dem Hintergrund des Bestreitens durch die Antragstellerin für die Feststellung der Unterhaltsbedürftigkeit und für die Bemessung des Bedarfs der Ehefrau des Antragsgegners nicht aus. ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 24.06.2011 - 2 WF 146/11).

***

Befindet sich das unterhaltsberechtigte Kind in einer Erstausbildung, lässt auch eine Unterbrechung der Ausbildung um 4 Jahre, die nicht auf einem leichten vorübergehenden Versagen des Kindes beruht, den Anspruch auf Ausbildungsunterhalt dann nicht entfallen, wenn eine Einzelfallabwägung dazu führt, dass dem Verpflichteten die weitere Zahlung des Ausbildungsunterhalts zumutbar ist (OLG Koblenz, Beschluss vom 06.04.2011 - 13 UF 88/11):

„... I. Der Antragsteller macht gegenüber dem Antragsgegner Ansprüche auf Zahlung von Kindesunterhalt für die Monate Januar 2010 bis Juli 2010 aus übergegangenem Recht geltend.

Der Antragsgegner ist der Vater der am … 1986 geborenen ...[A]. Frau ...[A] wuchs im Haushalt der Kindesmutter auf. Sie besuchte von Juli 1999 bis Juli 2004 die Hauptschule in ...[X]. Hiernach hat sie nach den - insoweit bestrittenen - Behauptungen des Antragstellers im August 2004 ein Freiwilliges Soziales Jahr begonnen, von Oktober 2004 bis Februar 2005 ein Praktikum in einem Kindergarten absolviert und in dem Zeitraum von März 2005 bis Oktober 2005 an einem berufsvorbereitenden Lehrgang der Deutschen Angestellten Akademie teilgenommen. Im Anschluss daran war ...[A] sodann bis Juli 2008 als Zimmermädchen in einem Hotel tätig. In der Zeit von August 2008 bis Juli 2009 holte sie ihren Realschulabschluss nach und begann mit der Ausbildung zur Sozialhelferin am …[B) Berufskolleg. Die Ausbildung wird - das Bestehen der Abschlussprüfung vorausgesetzt - im Juli 2011 beendet sein.

Die Kindesmutter ist aufgrund ihrer tatsächlichen Einkünfte nicht dazu in der Lage, Kindesunterhalt für ihre in einem eigenen Hausstand lebende Tochter zu zahlen. Der Antragsgegner hatte für ...[A] bis Oktober 2005 Kindesunterhalt gezahlt, diese Zahlungen sodann jedoch eingestellt. Mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 18. Dezember 2009 hat er gegenüber Frau ...[A] die Zahlung von Kindesunterhalt für die Ausbildung zur Sozialhelferin abgelehnt. Der Antragsteller zahlt auf Antrag von Frau ...[A] für die Zeit ab Januar 2010 Kindesunterhalt von 455,00 € als Vorausleistung gemäß § 36 BAföG. Im vorliegenden Verfahren erstrebt er die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erstattung der für die Monate Januar 2010 bis Juli 2010 geleisteten Zahlungen von insgesamt 3.185,00 €.

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner durch Beschluss vom 17. Dezember 2010 verpflichtet, an den Antragsteller 3.185,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Februar 2010 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsgegner sei zur Zahlung des Kindesunterhalts gemäß § 1610 BGB aufgrund seiner Einkommensverhältnisse in der Lage und hierzu auch verpflichtet. Dies ergebe sich im Wesentlichen daraus, dass Frau ...[A] nunmehr ihre Erstausbildung absolviere und der Antragsgegner bisher für eine solche Unterhalt noch nicht gezahlt habe. Die Unterbrechung der Ausbildung bis Juli 2008 könne ihr nicht maßgeblich vorgeworfen werden, da der Antragsgegner seine Unterhaltszahlungen nach dem Hauptschulabschluss eingestellt habe und Frau ...[A] daher ihren Unterhalt zunächst als ungelernte Kraft im Hotel selbst verdient habe. Seit dem Zeitpunkt der Fortsetzung ihrer Ausbildung im August 2008 habe sie mit der nötigen Zielstrebigkeit den Realschulabschluss nachgeholt und lasse auch im Rahmen der weiteren Ausbildung erkennen, dass sie nunmehr darum bemüht sei, einen qualifizierten Berufsabschluss zu erreichen.

Mit der gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde macht der Antragsgegner geltend, der Anspruch auf Zahlung von Ausbildungsunterhalt sei durch die Unterbrechung der Ausbildung über einen Zeitraum von 3 1/2 Jahren zwischen Hauptschulabschluss und Beginn der weiteren Ausbildungsmaßnahme verloren gegangen. Insoweit sei es auch unerheblich, dass er bislang für seine Tochter die Erstausbildung noch nicht bezahlt habe.

Frau ...[A] habe im Übrigen einen etwaigen Unterhaltsanspruch gemäß § 1611 BGB verwirkt, weil sie im Jahre 2004 mit der unzutreffenden Behauptung, sie absolviere ein Freiwilliges Soziales Jahr, weiteren Unterhalt verlangt habe.

Der Antragsteller macht geltend, die Unterbrechung in der Ausbildung von Frau ...[A] während eines Zeitraums von 3 1/2 Jahren sei noch hinzunehmen. Der Unterhaltsanspruch sei auch nicht verwirkt. Frau ...[A] habe gegenüber ihrem Vater keine falschen Angaben zu ihrer Ausbildung gemacht. Vielmehr habe sie die Stelle für die Absolvierung eines Freiwilligen Sozialen Jahres am 1. August 2004 angetreten; die Maßnahme sei jedoch abgebrochen worden, weil Frau ...[A] am 19. Oktober 2004 einen Praktikumsplatz in einem Kindergarten erhalten habe.

II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Der Anspruch des Antragstellers ergibt sich aus § 37 BAföG in Verbindung mit § 1610 BGB. Das antragstellende Land hat für den hier maßgeblichen Zeitraum an Frau ...[A] als Vorausleistung gemäß § 36 BAföG Zahlungen von 455,00 € monatlich insgesamt also 3.185,00 € gezahlt. Der Antragsgegner ist verpflichtet, dem Antragsteller diesen Betrag zu erstatten, da er für den hier maßgeblichen Zeitraum seinem Kind Ausbildungsunterhalt gemäß § 1610 BGB in Höhe von 455,00 € monatlich schuldete.

Ohne Erfolg macht er geltend, der Anspruch des Kindes auf Zahlung von Ausbildungsunterhalt sei erloschen, weil zwischen dem Hauptschulabschluss und dem Beginn der Nachholung des Realschulabschlusses ein Zeitraum von vier Jahren liegt.

Gemäß § 1610 Abs. 2 BGB schulden Eltern ihren Kindern grundsätzlich eine begabungsangemessene Ausbildung. Das Ausbildungsunterhaltsverhältnis zwischen Eltern und Kindern ist allerdings von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt, weshalb das Kind seine Ausbildung mit Fleiß und Zielstrebigkeit durchzuführen hat. Gewisse Ausbildungsverzögerungen sind je nach den Umständen des Einzelfalles jedoch hinzunehmen (vgl. Thüringer Oberlandesgericht Urteil vom 8. Januar 2009 Az. 1 UF 245/08, FamRZ 2009, 1075, recherchiert in Juris Rn. 43 f., OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26. Oktober 1999 Az. 3 WF 142/99, FamRZ 2001, 440, recherchiert in Juris Rn. 4 f., BGH Urteil vom 4. März 1998, Az. XII ZR 173/96 FamRZ 98, 671, recherchiert in Juris Rn. 9 f.; OLG Köln Urteil vom 20. April 2004 Az. 4 UF 229/03, FamRZ 2005, 301, recherchiert in Juris Rn. 6 f.; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 8. März 2010 Az. 10 UF 56/09, NJR-RR 2010, 1589, recherchiert in Juris Rn. 7 f.; BGH Urteil vom 17. Mai 2006 Az. XII ZR 54/04 FamRZ 2006, 1100, recherchiert in Juris Rn. 20 f.). Der Senat vertritt die Auffassung, dass die Tochter des Antragsgegners ihren Unterhaltsanspruch durch die Unterbrechung der Ausbildung in der Zeit zwischen Erreichen des Hauptschulabschlusses und dem Beginn der Maßnahme zur Nachholung des Realschulabschlusses noch nicht verloren hat, obwohl es sich hierbei um einen Zeitraum von vier Jahren handelt.

Allerdings wird in der Rechtsprechung teilweise angenommen, dass der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt wegen Verletzung des dem § 1610 BGB inne wohnenden Gegenseitigkeitsverhältnisses entfällt, wenn sich der Auszubildende nach Beendigung der allgemeinen Schulausbildung nicht innerhalb einer angemessenen Orientierungsphase um die Aufnahme einer seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechenden Berufsausbildung bemüht; den Eltern könne nicht zugemutet werden, sich gegebenenfalls nach Ablauf mehrerer Jahre, in denen sie nach den schulischen Ergebnissen und den bisherigen Werdegang des Kindes nicht mehr mit der Aufnahme einer Ausbildung rechnen mussten, einem Ausbildungsanspruch des Kindes ausgesetzt zu sehen (vgl. BGH Urteil vom 4. März 1998, a. a. O. Rn. 13). In Anwendung dieser Grundsätze wäre im vorliegenden Fall der Unterhaltsanspruch zu versagen, weil zwischen dem Hauptschulabschluss im Juni 2004 und dem Beginn der Nachholung des Realschulabschlusses im August 2008 ein Zeitraum von vier Jahren liegt und das den Antrag stellende Land auch nicht dargetan hat, dass die Verzögerung in der Ausbildung des Kindes nur auf ein leichteres vorübergehendes Versagen des Kindes zurückzuführen ist, etwa deshalb, weil dieses im Unterbrechungszeitraum krank oder in seiner geistigen und/oder seelischen Entwicklung erheblich verzögert war.

Tatsächlich kann nach Auffassung des Senats jedoch der Unterhaltsanspruch trotz einer nicht unerheblichen Verzögerung bei der Ausbildung im Einzelfall noch fortbestehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn in den Fällen der Erstausbildung der Unterhaltspflichtige durch die Zuerkennung des Unterhaltsanspruchs wirtschaftlich nicht übermäßig belastet wird, die Versagung des Unterhaltsanspruchs für das Kind jedoch gravierende Folgen für dessen Lebensstellung haben würde. Die Abwägung der beiderseitigen Interessen führt vorliegend zu der Annahme, dass der Unterhaltsanspruch von Frau ...[A] nicht entfallen ist. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Der Antragsgegner hatte seine Unterhaltszahlungen für Frau ...[A] im Oktober 2005, also mit dem Abschluss des berufsvorbereitenden Lehrganges bei der Deutschen Angestelltenakademie in …[Y] eingestellt. Demgegenüber hat Frau ...[A] mit der Nachholung des Realschulabschlusses zwar bereits im August 2008 begonnen; ihre Ausbildung zur Sozialhelferin wird voraussichtlich im Juli 2011, also innerhalb eines Gesamtzeitraums von drei Jahren beendet sein. Tatsächlich wird der Antragsgegner jedoch nur für den Unterhaltszeitraum ab Januar 2010, also für einen Zeitraum von voraussichtlich nur 1 1/2 Jahren auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch genommen. Der Antragsgegner mag sich demgegenüber faktisch darauf eingestellt haben, auf Zahlung von Kindesunterhalt nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Er hat allerdings nicht dargetan, dass er etwa im Vertrauen darauf, zur Zahlung von Kindesunterhalt nicht mehr verpflichtet zu sein, Vermögensdispositionen irgendwelcher Art vorgenommen hat, die es ihm nunmehr tatsächlich erschweren würden, den geforderten Kindesunterhalt zu zahlen. Demgegenüber musste er nach Absolvierung des Hauptschulabschlusses noch über einen längeren Zeitraum damit rechnen, dass seine Tochter noch eine Ausbildung absolviert; dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Frau ...[A] allein mit dem Hauptschulabschluss erkennbar keine Erwerbstätigkeit finden konnte, die sie in die Lage versetzen würde, ein einigermaßen auskömmliches Einkommen zu erzielen. Die Versagung des Unterhaltsanspruchs hätte demgegenüber - sofern nicht der Antragsteller Zahlungen leisten würde - gravierende Folgen für die wirtschaftliche Lebensstellung von Frau ...[A]. Die vor der Fortsetzung der Ausbildung ausgeübte Tätigkeit als Zimmermädchen in einem Hotel, die regelmäßig mit Nettoeinkünften von circa 800 - 900 € monatlich verbunden ist, belegt, dass die Tochter des Antragsgegners auch mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit ihren notwendigen Lebensbedarf dauerhaft kaum sicherstellen konnte. Schließlich bleibt festzustellen, dass Frau ...[A] ihre Berufsausbildung seit dem Jahre 2005 offensichtlich mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit fortsetzt.

Unter Abwägung all dieser Gesichtspunkte ist der Antragsgegner verpflichtet, für die Zeit ab Januar 2010 Ausbildungsunterhalt zu zahlen (vgl. zu einen ähnlichen Fall auch Hanseatisches Oberlandesgericht a. a. O.; siehe auch Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt a. a. O.).

Ohne Erfolg macht der Antragsgegner geltend, seine Tochter habe den Unterhaltsanspruch gemäß § 1611 BGB verwirkt, da sie in ihrem Anspruchschreiben vom 23. September 2004 unzutreffende Angaben zu ihrer aktuellen Tätigkeit gemacht habe. Die damalige Verfahrensbevollmächtigte von Frau ...[A] hatte in jenem Schreiben mitgeteilt, dass die Tochter des Antragsgegners derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr ableistet. Dass diese Behauptung unzutreffend war, vermag der Senat nicht festzustellen. Der Antragsteller hat insoweit eine Bescheinigung des Städtischen Kindergarten …[Z] vorgelegt, die belegt, dass Frau ...[A] dort eine Praktikumsstelle für ein Freiwilliges Soziales Jahr vom 1. August 2004 bis 31. Juli 2005 hatte. Aus den weiteren mit Schriftsatz vom 2. März 2011 vorgelegten Bescheinigungen ergibt sich überdies, dass die Ableistung des Freiwilligen Sozialen Jahres erst im Oktober 2004 abgebrochen wurde, und zwar deshalb, weil Frau ...[A] durch Vertrag vom 19. Oktober 2004 eine Praktikantenstelle in einer Kindertagesstätte in …[W] erhalten hatte.

Über die Beschwerde des Antragsgegners war mithin in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Sinne zu entscheiden. Der Senat hat jedoch die Rechtsbeschwerde im Hinblick auf die oben zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 4. März 1998 zugelassen. ..."

***

Soweit ein Auslandssemester für die Berufsausbildung (hier: Studiengang Sinologie bzw. Ostasienwissenschaften) sinnvoll ist, ist dieses bei guten Einkommensverhältnissen der Eltern auch bei einer Verlängerung der Studienzeit zu finanzieren. Die von einem niedergelassenen Arzt nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze fortgesetzte freiberufliche Tätigkeit ist unterhaltsrechtlich überobligatorisch. Das hieraus erzielte Erwerbseinkommen kann nach den Umständen des Einzelfalls bei der Berechnung des Kindesunterhalts zu 50 % anzurechnen sein.(OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.2.2011, 2 UF 45/09):

„... I. Die Parteien streiten um die Abänderung eines Titels über Kindesunterhalt.

Der am ...1943 geborene Kläger ist Arzt mit eigener Praxis. Der am ...1984 geborene Beklagte ist das eheliche Kind des Klägers aus seiner Ehe mit B. M.-P.. Nach der Trennung seiner Eltern im Jahr 1994 lebte der Beklagte bei seiner Mutter. Die Ehe des Klägers mit Frau M.-P. wurde 2007 geschieden.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Karlsruhe-Durlach hat den Kläger mit Urteil vom 13.01.2000 - 3 F 86/99 - verurteilt, für den Beklagten ab dem 01.06.1999 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 180 % des Regelbetrages nach der Regelbetragsverordnung der jeweiligen Altersstufe zu bezahlen, abzüglich des an die Kindesmutter gezahlten hälftigen Kindergeldes. Dabei ging das Amtsgericht von einem monatlichen Nettoeinkommen des Klägers aus seiner Arztpraxis von 6.900,00 DM aus, das im Trennungsunterhaltsverfahren zwischen dem Kläger und Frau M.-P. unstreitig war.

Der Beklagte nahm im Alter von 23 Jahren zum Wintersemester 2005/2006 ein Studium der Sinologie an der Universität Heidelberg auf. Er begann sein Studium als Magisterstudent mit den Hauptfächern Sinologie und Philosophie, wobei er in den ersten beiden Semestern zunächst nur Sinologie belegte. Nach dem 2. Semester begab sich der Beklagte für zwei Auslandssemester an die Universität Shanghai. Zum Wintersemester 2007/2008 setzte der Beklagte sein Studium in Heidelberg fort, wobei er erstmals Philosophie belegte. Das Studium der Philosophie lag dem Beklagten nicht, weshalb er zum Wintersemester 2008/2009 das zweite Hauptfach von Philosophie zu Computerlinguistik wechselte. Da Computerlinguistik nur als Bachelorstudiengang angeboten wurde, wechselte der Beklagte zugleich im ersten Hauptfach das Abschlussziel von Magister/Sinologie (Regelstudienzeit: 9 Semester) auf Bachelor/Ostasienwissenschaften (Regelstudienzeit: 6 Semester, für den darauf aufbauenden Masterabschluss weitere 4 Semester). Seit Mitte Dezember 2010 arbeitet der Beklagte an seiner Bachelorarbeit im Fach Computerlinguistik. Ab Sommer 2011 beabsichtigt der Beklagte die Aufnahme des Masterstudiums für Computerlinguistik.

Für den Bedarf des Beklagten legen beide Parteien den Grundbedarf für ein volljähriges Kind mit eigenem Hausstand abzüglich des vollen Kindergeldes zuzüglich Krankenversicherung (von 15,30 EUR bis 30.06.2010, von 25,97 EUR von 01.07.2010 bis 30.09.2010 und von 38,49 EUR ab 01.10.2010) zuzüglich Studiengebühr von 98,83 EUR zugrunde.

Der Kläger ist niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin und auch nach Vollendung seines 65. Lebensjahres noch tätig. Seine Praxis führt er in dem Anwesen … in K., das in seinem Eigentum steht und in dem er auch wohnt. Der Kläger musste sich im November 2009 mehreren Hautkrebsoperationen unterziehen.

Der Kläger erzielte mit seiner Praxistätigkeit Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit für das Jahr:

2005 in Höhe von brutto 122.569,00 EUR,
2006 in Höhe von brutto 179.400,00 EUR,
2007 in Höhe von brutto 169.676,00 EUR und
2008 in Höhe von brutto 204.849,00 EUR.

Für 2009 ist die Steuererklärung des Vaters noch nicht erstellt. Das von seinem Steuerberater unter dem 11.01.2011 errechnete vorläufige Ergebnis der Praxis für 2009 beläuft sich auf 122.891,15 EUR.

Seit 2005 bezieht der Kläger daneben Rente in Höhe von
2005: 23.925,00 EUR brutto,
2006: 24.137,00 EUR brutto,
2007: 24.471,00 EUR brutto und
2008: 21.715,00 EUR brutto.

Einkommen aus Kapitalvermögen hat der Kläger erzielt:

2005 in Höhe von 210,00 EUR brutto (I, 175) und
2006 in Höhe von 3.623,00 EUR brutto (I, 595).

Der Kläger ist an den Firmen Bo. Me. und H. beteiligt. Das negative Einkommen hieraus belief sich

2005 auf - 12.255,00 EUR,
2006 auf - 14.351,00 EUR,
2007 auf - 17.521,00 EUR und
2008 auf - 12.558,00 EUR.

Der Kläger war neben dem Haus … in Karlsruhe-Durlach Eigentümer von zwei weiteren Immobilien. Es handelt sich zum einen um die Wohnung … in Karlsruhe-Durlach, die der Kläger im April 1994 erworben hat. Die Wohnung war vermietet und der Kläger bezahlte Schuldzinsen. Diese Eigentumswohnung hat der Kläger im September 2009 veräußert. Die zweite Immobilie liegt in Stollberg, …, wurde vom Kläger 1998 erworben und befindet sich weiterhin in seinem Eigentum. Aus dieser Immobilie erzielt der Kläger weiterhin Mieterträge und bezahlt Schuldzinsen. Unter Berücksichtigung auch der Abschreibungen hatte er negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung:

2005 in Höhe von -27.983,00 EUR,
2006 in Höhe von -37.743,00 EUR (davon für Stollberg - 34.305,06 EUR, die sich ergeben aus Mieteinnahmen von 33.776,82 EUR, abzüglich Darlehenszinsen von 33.886,43, AfA von 12.633,00 EUR und sonstigen Werbungskosten von 21.562,45 EUR; vgl. Steuererklärung 2006, I, 107),
2007 in Höhe von -36.926,00 EUR (davon für Stollberg - 26.601,95 EUR, die sich ergeben aus Mieteinnahmen von 39.372,24 EUR, abzüglich Darlehenszinsen von 35.102,65 EUR, AfA von 12.633,00 EUR und sonstigen Werbungskosten von 18.238,54 EUR; vgl. Steuererklärung 2007, AH II, 33),
2008 in Höhe von -27.068,00 EUR (davon für Stollberg -33.820,00 EUR, die sich ergeben aus Mieteinnahmen von 39.741,00 EUR, abzüglich Darlehenszinsen von 40.333,00 EUR, AfA von 12.431,00 EUR und sonstigen Werbungskosten von 20.797,00 EUR; vgl. Steuererklärung 2008, AH II, 247).

Versicherungsbeiträge des Klägers für Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sind angefallen in Höhe von

2005: 13.145,00 EUR,
2006: 7.033,18 EUR (II, 121, 4.972,00 EUR für Kranken- und Pflegeversicherung, 2.061,18 EUR für Rentenversicherung)
2007: 5.490,00 EUR (II, 123, 3.428,00 EUR für Kranken- und Pflegeversicherung, 2.062,00 EUR für Rentenversicherung) und
2008: 11.574,00 EUR (gemäß Steuererklärung des Klägers für 2008, Anlagenheft = AH II, S. 227, 9.214,00 EUR für Kranken- und Pflegeversicherung, 2.360,- EUR für Rentenversicherung).

Der Kläger bewohnt die Wohnungen im 1. und 2. Obergeschoss des Anwesens ... mit einer Wohnfläche von insgesamt 185 m². Für das Anwesen bestehen drei Darlehen bei der Commerzbank. Das Darlehen Nr. ... ...53675/20, das aus der Ehezeit herrührt und sich auf den Wohnbereich bezieht, war zum 31.12.2007 noch mit 93.335,90 EUR valutiert. Der Kläger erbrachte Ende 2007 hierauf monatlich Zinsen von 363,00 EUR und Tilgung von 546,00 EUR. Ein zweites Darlehen (Nr. ... ...54111/22), das zum 07.06.2008 noch mit 16.035,00 EUR valutiert war, bezieht sich auf den Praxisbereich. Der Kläger bezahlt hierauf monatlich Zinsen von 78,79 EUR und Tilgungsraten von 501,77 EUR. Das dritte Darlehen Nr. ...7388027 hat der Kläger 2001 für einen Anbau bzw. Ausbau des Treppenhauses aufgenommen; es war 2008 noch mit 31.549,71 EUR valutiert (Anlage A 37, As. I, 693) und ist halbjährlich mit 346,81 EUR zu verzinsen und mit 3.131,66 EUR zu tilgen.

Die Mutter des Beklagten ist als beamtete Fachoberlehrerin in Teilzeit mit 26 von 28 Stunden tätig und erzielte hieraus ein Einkommen

2008 von 29.177,31 EUR netto im Jahr = 2.431,44 EUR netto im Monat,
2009 von 32.991,05 EUR netto im Jahr = 2.749,25 EUR netto im Monat und
2010 von 29.921,74 EUR netto im Jahr = 2.493,48 EUR netto im Monat.

Die monatlichen Krankenversicherungsbeiträge der Mutter des Beklagten beliefen sich

vom 01.10.2007 bis 31.01.2009 auf 277,15 EUR (ab 10/07, I, 35),
vom 01.02.2009 bis 31.12.2009 auf 272,63 EUR (ab 01.02.09 AH II, 323) und
seit 01.01.2010 auf 312,64 EUR (ab 01.01.10 AH II 325).

Zudem bedient die Mutter des Beklagten eine Lebensversicherung mit 197,74 EUR im Monat.

Die Mutter des Beklagten erhielt Steuerrückerstattungen

2009: 903,07 EUR und
2010: 474,65 EUR.

Der Kläger und die Mutter des Beklagten schlossen im Verfahren über Zugewinnausgleichsansprüche am 21.01.2008 einen Vergleich, wonach der Kläger an die Mutter des Beklagten 90.000,00 EUR bezahlt, zahlbar in einer Teilzahlung von 30.000,00 EUR zum 01.03.2008 und in Folgeraten von monatlich je 2.000,00 EUR ab 01.04.2008. Diese Zahlungen hat der Kläger geleistet.

Aus der Anlage dieser Beträge hatte die Mutter des Beklagten folgende Zinseinkünfte:

2008 in Höhe von 604,87 EUR und
2009 in Höhe von 4,14 EUR.

Im September 2008 erwarb die Mutter des Beklagten mit den vom Kläger auf den Zugewinnausgleich bezahlten Beträgen eine Eigentumswohnung. Die Mutter des Beklagten bewohnt die Eigentumswohnung mit einer Größe von 72 m² selbst. Der Wohnwert beträgt 468,00 EUR (72 m² x 6,50 EUR). Für den Erwerb der Wohnung nahm sie zusätzlich ein Darlehen auf. Die Darlehenszinsen betrugen:

2008: 431,00 EUR,
2009: 3.070,64 EUR und
2010: 2.029,40 EUR.

Aufwendungen für die Wohnung hatte die Mutter des Beklagten 2009 in Höhe von 996,31 EUR (Erneuerung Sanitärinstallationen). Für Verwaltung und Instandhaltungsrücklage bezahlt sie 50,00 EUR monatlich.

Die Mutter des Beklagten bezog bis Mai 2010 und danach noch einmalig für August 2010 das Kindergeld für den Beklagten. Seither erhält sie kein Kindergeld mehr.

Der Beklagte erhielt Leistungen des Studentenwerks Heidelberg, Amt für Ausbildungsförderung, wie folgt:

für Oktober 2007 bis Dezember 2007: monatlich 234,52 EUR (I, 131)
für Januar 2008 bis August 2008: monatlich 522,17 EUR (I, 137)
für September 2008: 563,65 EUR (II, 145)
für Oktober 2008 bis August 2009 monatlich 558,34 EUR (II, 145).

Gesamt: 11.586,31 EUR.

Das Land Baden-Württemberg nahm den Kläger in Höhe der bezahlten Beträge aus gemäß § 37 BAföG übergegangenem Recht in Anspruch. Der Kläger leistete auf die Hauptforderung Zahlungen an das Land Baden-Württemberg in Höhe von

1.172,60 EUR am 13.02.2008 (3 x 234,52 EUR = 703,56 EUR für Oktober 2007 bis Dezember 2007 und 469,04 EUR für Januar 2008)
3.708,32 EUR am 08.01.2010 (restliche 53,13 EUR für Januar 2008, 7 x 522,17 EUR für Februar bis August 2008),
6.705,39 EUR am 09.01.2011 (1 x 563,65 EUR für September 2008, 11 x 558,34 EUR für Oktober 2008 bis August 2009)

Gesamt: 11.586,31 EUR.

Unterhaltszahlungen des Klägers direkt an den Beklagten sind seit Juni 2008 nicht mehr erfolgt.

Von September 2009 bis Februar 2010 wurde dem Beklagten Ausbildungsförderung nur noch in der Form eines verzinslichen Bankdarlehens nach § 18c BAföG in Höhe von monatlich 598,00 EUR mit einem effektiven Jahreszins von 2,05 % bewilligt. Dieses hat der Beklagte nicht in Anspruch genommen.

Der Kläger hat zur Begründung des Abänderungsbegehrens vorgetragen, seine vollschichtige Tätigkeit sei überobligatorisch. Er sei aus Krankheits- und Altersgründen in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt und aus ärztlicher Sicht deshalb nur noch zu einer 75%-Tätigkeit in der Lage. Er leide an ständigen Kopfschmerzen und Schlafstörungen, die eine abendliche Einnahme von Schmerz- und Schlafmitteln erforderlich machten. Nach zwei Bandscheibenoperationen und einem Bandscheibenvorfall sei der Kläger in der Beweglichkeit eingeschränkt und könne häufig nicht stehen oder längere Strecken gehen. Der Kläger leide unter einem Erschöpfungssyndrom und müsse deshalb in jedem Quartal seine Praxis für drei Wochen schließen, um sich erholen zu können. Der Kläger könne seine vollschichtige Berufstätigkeit nur unter weiterer Beeinträchtigung seiner bereits jetzt massiv angegriffenen Gesundheit ausüben. Seine Berufstätigkeit in vollschichtigem Umfang halte er nur wegen seiner ganz erheblichen Darlehensverpflichtungen aufrecht. Seine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit könnten daher für die Unterhaltsberechnung höchstens mit 75% angesetzt werden.

Die Beteiligungen an den Firmen H. und Bo. Me. dienten dem Kläger zur Gewinnerzielung. Die Firma H. sei bis 2003 von St. Ba. mit Gewinn betrieben worden. Auch die Firma Bo. Me. sei von Frau B. zunächst mit Gewinn betrieben worden. Bo. Me. stelle eine wirtschaftlich sinnvolle Ergänzung zur Praxis des Klägers dar. Gegenstand von Bo. Me. sei im wesentlichen der Vertrieb von hochwertigen Nahrungsergänzungsmitteln, der vom Kläger als Arzt aus rechtlichen Gründen nicht selbst erfolgen könne. Der Kläger unterstütze und berate die Geschäftsführung von Bo. Me. in medizinischer Hinsicht. Auf Einladung der Geschäftsführung halte er im Monat ein bis zwei Vorträge und veranstalte drei- bis viermal im Jahr Heilfastenkurse. Die Leistungen der Firma Bo. Me. seien mit der Praxis des Klägers zu einer hochqualifizierten und ganzheitlichen Gesundheitsvorsorge und Heilungsmethode verzahnt. Durch die Angebote der Fa. Bo. Me. habe der Kläger einen zusätzlichen Zulauf insbesondere an Privatpatienten erfahren, so dass die Firma Bo. Me. zu erhöhten Praxiseinkünften des Klägers führe. Der steuerlich bei Bo. Me. abgesetzte BMW X 5 sei erforderlich und angemessen für Werbezwecke, für die Vorträge und Heilfastenkurse und für die Abholung und Auslieferung der Produkte.

Ebenfalls zu berücksichtigen seien seine negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Jedenfalls seien sie in Höhe von 4% der Bruttoerwerbseinkünfte als zusätzliche Altersvorsorgeleistung in Abzug zu bringen.

Sofern einzelne Einkommensarten nicht berücksichtigt würden, könne nicht auf die tatsächlich bezahlte Einkommenssteuer abgestellt werden, sondern sei eine fiktive Steuerberechnung vorzunehmen.

Der Wohnwert der von ihm bewohnten Immobilie belaufe sich allenfalls auf 5,00 EUR pro m², für 185 m² also auf 925,00 EUR monatlich. Hiervon abzuziehen seien Zins und Tilgung für das auf den Wohntrakt entfallende Darlehen Nr. ... ...53675/20. Auch Zins und Tilgung für das Darlehen Nr. ...7388027 seien abzuziehen. Das Darlehen betreffe den Anbau bzw. den Ausbau des Treppenhauses ... als Reparatur- bzw. Instandhaltungsmaßnahme. Zu berücksichtigen seien daneben die Betriebskosten, die sich 2005 auf 1.794,88 EUR, 2006 auf 1.906,12 EUR und 2007 auf 1.490,01 EUR belaufen hätten. Abzuziehen seien weiterhin durchschnittliche Reparaturkosten von 515,22 EUR pro Monat für den Wohnbereich. Daher bleibe kein positiver Wohnvorteil mehr übrig.

Die Mutter des Beklagten müsse vollschichtig tätig sein. Für die Unterhaltsberechnung seien ihr die bei vollschichtiger Tätigkeit erzielbaren Einkünfte anzurechnen. Für die Rentenversicherung könnten allenfalls 4% ihrer Gesamtbruttoeinkünfte berücksichtigt werden.

Der Unterhaltsanspruch des Beklagten, zumindest aber sein Ausbildungsunterhaltsanspruch sei zu befristen auf das Ende der Regelstudienzeit des Beklagten. Anzusetzen sei höchstens eine Regelstudienzeit von acht Semestern. Innerhalb dieser Zeit habe bei Fortführung des zunächst begonnenen Magisterstudiums das gesamte Studium des Klägers abgeschlossen werden können. Zur Verlängerung des Studiums komme es nur durch den Wechsel des zweiten Hauptfachs durch den Beklagten. Nach Änderung des Ausbildungsziels wäre vom Kläger allenfalls noch das Bachelorstudium mit einer Regelstudiendauer von 6 Semestern zu finanzieren. Das Auslandsstudium des Beklagten führe nicht zu einer Verlängerung des Unterhaltszeitraums. Der Auslandsaufenthalt sei nicht erforderlich für das Studium der chinesischen Sprache sondern stelle eine extreme Ausnahme dar. Eine Anrechnung als Studiensemester in Deutschland erfolge nicht. Der Beklagte habe den Kläger bezüglich seines Auslandsstudiums falsch informiert. Er habe mitgeteilt, das Auslandsstudium in China sei für sein Studium erforderlich und den Eindruck erweckt, die Gesamtsemesterzahl erhöhe sich dadurch nicht. Nur unter diesen Voraussetzungen habe sich der Kläger mit dem Auslandsstudium einverstanden erklärt. Die Änderung des Studiengangs von Philosophie auf Computerlinguistik habe der Beklagte mit dem Kläger nicht abgesprochen. Der Kläger sei nicht verpflichtet, diese zusätzliche, weitergehende Ausbildung zu finanzieren.

Der Beklagte habe vorrangig BAföG-Leistungen in Anspruch zu nehmen, auch wenn diese in Form eines verzinslichen Darlehens gewährt würden. Da er das BAföG-Darlehen nicht in Anspruch genommen habe, seien ihm die entsprechenden Beträge als fiktive Einkünfte anzurechnen. Da er dies nicht getan habe, bestehe schon deshalb ab September 2009 kein Unterhaltsanspruch mehr.

Der Kläger hat beantragt,

1. Das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe-Durlach, Familiengericht, vom 13.01.2000, 3 F 86/99, wird dahingehend abgeändert, dass der Kläger dem Beklagten ab dem Monat Mai 2008 lediglich einen Unterhaltsbetrag von monatlich 409,43 EUR schuldet.

2. Unterhaltsrückstände für die Zeit ab Rechtshängigkeit sind mit schuldbefreiender Wirkung zu zahlen an das Land Baden-Württemberg, Studentenwerk Heidelberg, Amt für Ausbildungsförderung. Zukünftige Unterhaltszahlungen sind, soweit und solange sie auf das Land Baden-Württemberg übergegangen sind, zu zahlen an das Land Baden-Württemberg, Studentenwerk Heidelberg, Amt für Ausbildungsförderung.

3. Jegliche Unterhaltsansprüche des Beklagten werden befristet bis längstens 28.02.2009 und enden mit diesem Datum.

4. Hilfsanträge:

(1) Jegliche Unterhaltsansprüche des Beklagten werden befristet bis längstens 28.02.2010 und enden mit diesem Datum.

(2) Die Ausbildungsunterhaltsansprüche des Beklagten werden befristet bis längstens 28.02.2009 und enden mit diesem Datum.

(3) Jegliche Ausbildungsunterhaltsansprüche des Beklagten werden befristet bis längstens 28.02.2010 und enden mit diesem Datum.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, das Erwerbseinkommen des Klägers sei voll anzusetzen. Die Einkommensentwicklung beim Kläger zeige, dass er ohne weiteres in der Lage sei, ein entsprechendes Einkommen zu erzielen. Der Kläger sei vollschichtig arbeitsfähig.

Die negativen Einkünfte des Klägers aus seinen Beteiligungen an den Firmen H. und Bo. Me. seien nicht zu berücksichtigen, da sie nur dem Zweck dienten, den Lebensunterhalt von Bekannten des Klägers zu finanzieren und nicht auf Gewinnerzielung gerichtet seien. Die Firma Bo. Me. benötige keinen BMW X5, sondern diesen benutze ausschließlich der Kläger. Auch die negativen Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung seien nicht zu berücksichtigen, da sie ausschließlich der Vermögensbildung dienten.

Ein Wohnwert des Klägers sei in Höhe von 1.202,50 EUR (185 m² x 6,50 EUR) anzusetzen.

Der Mutter des Beklagten könne aus gesundheitlichen Gründen keine vollschichtige, sondern allenfalls eine 75%-ige Tätigkeit zugemutet werden. Sie habe ihr Deputat nur deswegen auf 26 von 28 Stunden erhöht, weil der Kläger seit November 2006 keinen Unterhalt mehr für den Beklagten bezahlt habe und sie für den Unterhalt habe aufkommen müssen.

Der Beklagte habe beim Kläger nicht den Eindruck erweckt, dass sein Auslandsstudium in Deutschland als Studiensemester angerechnet würde. Ein Auslandsaufenthalt sei im Studiengang des Beklagten dringend empfohlen und nicht unüblich. Die Regelstudienzeit für den Masterabschluss betrage zwar 10 Semester, üblich sei aber eine Studiendauer von 12 Semestern. Danach wäre das Studium des Klägers unter Berücksichtigung des einjährigen Auslandsaufenthalts im Sommersemester 2012 beendet.

Mit Urteil vom 20.02.2009 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Karlsruhe-Durlach das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe-Durlach vom 13.01.2000, Az. 3 F 86/99, dahingehend abgeändert, dass der Kläger dem Beklagten ab Juni 2008 lediglich einen Unterhaltsbetrag von monatlich 409,43 EUR schuldet. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ab Erreichen des 65. Lebensjahrs durch den Kläger im Juni 2008 seien die Einkünfte des Klägers zumindest insoweit überobligatorisch, als sie dazu führten, dass er für den Bedarf des Beklagten mehr als 2/3 zu tragen hätte. Soweit die Einkünfte des Klägers ihn in die Lage versetzten, 2/3 des Bedarfs des Beklagten zu decken, bestehe eine Erwerbsobliegenheit des Klägers. Daher habe der Kläger ab Juni 2008 2/3 des Bedarfs des Beklagten von 613,00 EUR, mithin 409,43 EUR zu tragen. Der Beklagte habe seinen Unterhaltsanspruch nicht wegen eines Verstoßes gegen das zielstrebige Durchlaufen seiner Ausbildung verloren. Weder der Wechsel des zweiten Studienfachs nach dem ersten belegten Semester noch der Auslandsaufenthalt von zwei Semestern seien zu beanstanden. Eine zeitliche Befristung des Unterhalts sei nicht möglich, da diese in jedem Fall einer sicheren Prognose im Hinblick auf die Ausbildung des Beklagten bedürfe, wofür die Regelstudienzeit nicht ausreiche. Die Zustellung des Urteils an den Beklagten erfolgte am 26.02.2009.

Am 26.03.2009 hat der Beklagte Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens gegen das Urteil vom 20.02.2009 beantragt. Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 14.07.2009 hat der Beklagte am 27.07.2009 Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist beantragt. Am 04.08.2009 hat der Beklagte die Berufung begründet und Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist beantragt. Dem Beklagten wurde am 04.08.2009 Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Berufungsfrist und am 04.02.2010 Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt.

Der Beklagte macht geltend, das erstinstanzliche Urteil sei fehlerhaft, da es die berücksichtigungsfähigen Einkommen beider Elternteile nicht ermittelt habe. Dass der Kläger eine Quote von 2/3 des Unterhaltsbedarfs decken solle, sei nicht begründet worden und nicht nachvollziehbar.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens trägt der Beklagte vor, das Einkommen des Klägers aus selbständiger Tätigkeit sei für die Unterhaltsberechnung voll zu berücksichtigen. Tatsächlich arbeite der Kläger weiterhin vollschichtig. Er könne als Selbständiger den Umfang seiner Tätigkeit selbst bestimmen. Die Weiterführung der Praxistätigkeit des Klägers im bisherigen Umfang werde durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers nicht beeinträchtigt. Auch die ständig steigenden Einnahmen aus der Praxis des Klägers sprächen gegen eine Einschränkung seiner Arbeitsfähigkeit. Ein Bandabriss an der rechten Schulter und ein Bandscheibenvorfall würden bestritten.

Vom Wohnwert für die Wohnung des Klägers könnten allenfalls die Zinsen für das Darlehen Nr. ...5367520 in Abzug gebracht werden. Das Darlehen Nr. ...7388027 betreffe nicht die Wohnung des Klägers. Selbst wenn von einem Anbau bzw. Ausbau des Treppenhauses ausgegangen würde, handele es sich nicht um Reparaturmaßnahmen, sondern um Wertverbesserungsmaßnahmen. Die vom Kläger geltend gemachten verbrauchsunabhängigen Betriebskosten seien nicht abzuziehen, weil es sich um umlagefähige Kosten im Sinne der Betriebskostenverordnung handele. Es werde bestritten, dass die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für Reparaturmaßnahmen entstanden seien und die Wohnung beträfen. Die einzelnen Arbeiten seien nicht erforderlich gewesen. Es habe sich um Verschönerungs- oder Ausbaumaßnahmen gehandelt.

Unglaubwürdig sei, dass der Kläger 2007 kein Einkommen aus Kapitalvermögen gehabt habe.

Der Wechsel des zweiten Studienfachs durch den Beklagten wirke sich nicht auf die Unterhaltspflicht des Klägers aus. Der Beklagte habe wie üblich im 3. Semester mit dem Studium des zweiten Hauptfachs begonnen. Er habe sehr schnell festgestellt, dass Philosophie für ihn nicht das richtige Studium gewesen sei. Einen Wechsel zu Computerlinguistik habe er zwar erst zum Wintersemester 08/09 (seinem 5. Semester) vornehmen können. Er habe aber schon im 4. Semester Kurse für Computerlinguistik besucht und auf diese Weise vorgearbeitet. Durch den Wechsel habe sich die Gesamtdauer seines Studiums nur um ein Semester verlängert. Von Anfang an habe er ein zweites Hauptfach absolvieren müssen.

Ab März 2010 habe er - der Beklagte - keinen Anspruch mehr auf ein zinsbegünstigtes Darlehen des Amts für Ausbildungsförderung. Im Hinblick auf die guten Einkommensverhältnisse seiner Eltern sei er auch nicht verpflichtet, vorrangig ein BAföG-Darlehen zu beantragen.

Der Beklagte beantragt:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe-Durlach vom 20.02.2009 - 2 F 110/08 - aufgehoben und wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragt der Kläger,

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Familiengerichts Karlsruhe-Durlach vom 20.02.2009, 2 F 110/08, wie folgt abgeändert: Jegliche Unterhaltsansprüche des Beklagten werden befristet bis längstens 28.02.2009 und enden mit diesem Datum.

Hilfsantrag 1: Jegliche Unterhaltsansprüche des Beklagten werden befristet bis längstens 28.02.2010 und enden mit diesem Datum.

Hilfsantrag 2: Die Ausbildungsunterhaltsansprüche des Beklagten werden befristet bis längstens 28.02.2009 und enden mit diesem Datum.

Hilfsantrag 3: Jegliche Ausbildungsunterhaltsansprüche des Beklagten werden befristet bis längstens 28.02.2010 und enden mit diesem Datum.

2. Es wird festgestellt, dass Unterhaltsrückstände für die Zeit ab Rechtshängigkeit mit schuldbefreiender Wirkung zu zahlen sind an das Land Baden-Württemberg, Studentenwerk Heidelberg, Amt für Ausbildungsförderung; zukünftige Unterhaltszahlungen sind, soweit und solange sie auf das Land Baden-Württemberg übergegangen sind, zu zahlen an das Land Baden-Württemberg, Studentenwerk Heidelberg, Amt für Ausbildungsförderung.

Mit Schriftsatz vom 09.12.2009, an den Beklagten zugestellt am 14.12.2009 beantragt der Kläger hilfsweise für den Fall, dass dem Hauptantrag der Anschlussberufung (Befristung der Unterhaltsansprüche zum 28.02.2009) nicht stattgegeben wird, weiterhin,

die Urteile des Amtsgerichts Karlsruhe-Durlach vom 13.01.2000, 3 F 86/99, und vom 20.02.2009, 2 F 110/08, werden dahingehend abgeändert, dass der Kläger/Berufungsbeklagte dem Beklagten/Berufungsführer ab dem 01.09.2009 keinerlei Unterhalt mehr schuldet,

und hilfsweise, soweit der Abänderungsklage stattgegeben wird,

der Beklagte/Berufungsführer wird verurteilt, ab Rechtshängigkeit dieses Antrags für die Zeit ab 01.03.2009 bis zur Rechtskraft des Abänderungsurteils gegen den Kläger/Berufungsgegner vollstreckte Unterhaltsbeträge in voller Höhe und für die Zeit von 01.06.2008 bis 28.02.2009 gegen den Kläger/Berufungsgegner vollstreckte Unterhaltsbeträge, soweit diese einen monatlichen Betrag von 409,43 EUR übersteigen, an den Kläger/Berufungsgegner zurückzuerstatten.

Der Beklagte beantragt,

Zurückweisung der Anschlussberufung.

Der Kläger führt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags aus, für notwendige Instandhaltungsarbeiten in den vom Kläger bewohnten Räumlichkeiten seien von 2006 bis 2008 folgende Kosten angefallen, die sich ganz überwiegend auf reine Materialien bezögen:

2006: 7.297,87 EUR,
2007: 4.910,63 EUR und
2008: 6.339,57 EUR.

Die Beträge seien vom Steuerberater erfasst worden (Anlage A49), aus ihren errechne sich ein monatlicher Durchschnittsbetrag von 515,22 EUR. Dabei seien insbesondere folgende Maßnahmen berücksichtigt: 2006 sei der defekte Kamin repariert worden, in den Sanitärräumen seien die mindestens 15 Jahre alten abgenutzten Toiletten, Waschbecken und Fußböden ersetzt worden, die Heizung repariert und eine Gasarmatur ausgetauscht worden. 2007 seien ebenfalls Sanitärräume instand gesetzt worden, im Ankleideraum die mindestens 15 Jahre alten Decken in Ordnung gebracht und das defekte Fußbodenparkett wieder hergestellt worden. 2007 seien im Wohnzimmer und Esszimmer die abgenutzten Tapeten entfernt, der Untergrund neu gespachtelt, die Wände verputzt und lackiert, der abgenutzte PVC-Boden in der Küche erneuert und Wasserschäden in der Küche repariert worden, der gebrochene Fliesenboden des Wintergartens erneuert, die Stuckdecken in allen Zimmern aufgefrischt und einzelne defekte Leitungen saniert worden. Weiterhin seien eine defekte Jalousie ersetzt und Fenster und Türen lackiert worden. 2008 seien eine zerbrochene Glasscheibe im Wintergarten ersetzt und der Kamin ausgebessert worden. In diesem Zusammenhang seien auch Dachdeckerarbeiten angefallen. Weiterhin seien Räume neu gestrichen worden.

Zusätzlich sei 2006 eine Gasarmatur bezüglich der Wohnung des Klägers für 280,64 EUR ausgetauscht worden (Anlage A 87).

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers hätten sich verstärkt. Infolge der Hautkrebsoperation leide der Kläger unter erheblichen Wundheilungsstörungen. Im orthopädischen Bereich seien weitere Beschwerden hinzugekommen. Er habe einen Bandabriss der rechten Schulter erlitten, der dazu führe, dass er seinen Arm nur sehr eingeschränkt heben könne. Dies beeinträchtige bei allen Schreibtischarbeiten. Ferner bestehe ein operationsbedürftiger Bandscheibenvorfall L1/L2. Nach der jetzt indizierten Operation sei eine mehrmonatige Rehabilitation durchzuführen, damit keine Lähmungen riskiert würden. Aufgrund der aktuellen Belastungssituation leide der Kläger, der bereits 1993 einen Herzinfarkt erlitten habe, wieder unter Herzsymptomen. Die Praxis sei jedes Jahr viele Wochen krankheitsbedingt geschlossen gewesen, nämlich 2008 für ca. 9 Wochen, 2009 für ca. 12 Wochen und 2010 für ca. 9 Wochen (Zeiten der Arbeitsunfähigkeit: As. II, 603). Ab Dezember 2009 sei jegliche weitere Berufstätigkeit lebensgefährlich und für unabsehbare Zeit überobligatorisch. Lediglich aufgrund seiner drückenden Schuldenlast müsse der Kläger seine Erwerbstätigkeit fortsetzen. Der Kläger sei jedoch bemüht, seine Praxis zu veräußern und befinde sich schon in konkreten Verhandlungen. Insgesamt sei seine gesamte weitere Erwerbstätigkeit inzwischen vollumfänglich überobligatorisch.

Beim Studium des Beklagten habe sich durch den Wechsel des zweiten Hauptfachs und das zwei Semester dauernde Auslandsstudium eine erhebliche Verlängerung der ursprünglich vorgesehenen Studiendauer ergeben. Ein zweites Studienfach neben Sinologie sei von Anfang an nicht notwendig gewesen und sei dem Kläger auch nicht mitgeteilt worden. Außerdem studiere der Beklagte ohne konkreten Berufswunsch. Angesichts des fortgeschrittenen Alters des Klägers sei eine zeitliche Befristung der Unterhaltsansprüche zu Ende Februar 2009 angemessen.

Da der Beklagte das BAföG-Darlehen nicht in Anspruch genommen habe, bestehe jedenfalls ab September 2009 kein Unterhaltsanspruch mehr. Der Beklagte habe den Verlängerungsantrag verspätet gestellt. Die darlehensweise BAföG-Bewilligung wäre bei rechtzeitiger Antragstellung durch den Beklagten unproblematisch über Februar 2010 hinaus verlängert worden. Jedenfalls für die Abschlussphase seines Bachelorstudiums bestehe, gegebenenfalls darlehensweise, wieder ein Anspruch auf Ausbildungsförderung unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 3a BAföG (Hilfe zum Studienabschluss). Spätestens seit September 2010 bestehe unter diesem Gesichtspunkt kein Unterhaltsanspruch mehr.

Mit seinem letzten Schriftsatz vom 01.02.2011 ändert der Kläger seinen Vortrag teilweise. Erstmals bestreitet der Kläger die Größe und die Höhe des Wohnwerts der Wohnung der Mutter des Beklagten. Der Wohnwert ihrer Wohnung sei auf 7,50 EUR pro Quadratmeter zu veranschlagen. In Bezug auf den Bedarf des Beklagten bestreitet der Kläger die monatliche Studiengebühr von 98,83 EUR sowie die über einen Monatsbetrag von 25,97 EUR hinausgehenden Beiträge des Beklagten für Kranken- und Pflegeversicherung. Zu seinem eigenen Einkommen trägt er ergänzend vor, 2008 seien neben den bereits geltend gemachten Abzugspositionen negative Einkünfte aus der ärztlichen Laborgemeinschaft Baden-Baden in Höhe von - 4.242,00 EUR zu berücksichtigen. Für 2009 ergebe sich aus der unter Vorbehalt stehenden Gewinnermittlung des Steuerberaters ein Praxiseinkommen von 134.126,00 EUR

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Auf den Rechtsstreit findet nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das bis zum 31.08.2009 geltende Verfahrensrecht Anwendung.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Insbesondere hat er das Rechtsmittel nach Gewährung von Wiedereinsetzung rechtzeitig eingelegt und begründet. Die Berufung des Beklagten ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Abweisung der Klage, da der vom Kläger geschuldete Unterhalt nicht unter dem bislang titulierten Unterhalt liegt. Die auf Befristung des Unterhaltsanspruchs gerichtete Anschlussberufung des Klägers ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Der im Wege der Anschlussberufung verfolgte Feststellungsanspruch des Klägers ist unzulässig.

1. Zulässigkeit der Abänderungsklage

Die Abänderungsklage nach § 323 Abs. 1 ZPO ist überwiegend, für den Zeitraum ab 01.03.2009, zulässig. Insbesondere richtet sich die Abänderungsklage zutreffend gegen den Beklagten, nachdem die Prozessstandschaft seiner Mutter durch die Volljährigkeit des Beklagten weggefallen ist (FA-FamR/Gerhardt, 6. Aufl., 6. Kapitel Rn. 647).

Unzulässig ist die Abänderungsklage allerdings für den Zeitraum von Mai 2008 bis 28.02.2009. Als besondere Prozessvoraussetzung verlangt die Abänderungsklage die Behauptung, dass eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess eingetreten sei (BGH FamRZ 2001, 1687, 1689). Dabei kommt es nicht auf das Ausmaß eines veränderten Einzelumstandes an, sondern ob die für die Bemessung der Unterhaltsleistung maßgebenden Verhältnisse insgesamt eine wesentliche Änderung erfahren haben. Die Grenze für die Wesentlichkeit wird dabei in der Regel bei 10% des Unterhaltsanspruchs gezogen (Wendl/Schmitz, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 10 Rn. 158; Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Aufl., § 323 ZPO Rn. 77 f.).

Vorliegend hat der Kläger für den Zeitraum bis 28.02.2009 nicht behauptet, dass sich bei einer Gesamtbeurteilung eine Abweichung von mindestens 10% von dem früheren Titel ergibt. Der Kläger hat für den Zeitraum bis 28.02.2009 eine Reduzierung des Kindesunterhalts auf 409,43 EUR beantragt. Demgegenüber belief sich der titulierte Unterhaltsanspruch aus dem Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe-Durlach vom 13.01.2000 im Jahr 2008 auf den Zahlbetrag von 442,00 EUR . Dies errechnet sich aus 180% des Regelbetrages nach § 1 Nr. 3 der Regelbetragsverordnung in der Fassung ab 01.07.2007 (180% x 288 EUR = 518,40 EUR, gerundet gemäß § 1612a Abs. 2 S. 2 BGB i. d. F. bis 31.12.2007 auf 519,00 EUR). Hiervon ist nach dem Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe-Durlach vom 13.01.2000 das hälftige Kindergeld, also im Jahr 2008 77,00 EUR in Abzug zu bringen, so dass sich der Zahlbetrag von 442,00 EUR errechnet. Bei Umrechnung des Prozentsatzes des Regelbetrages nach § 36 Nr. 3a EGZPO ergibt sich ein neuer Prozentsatz von 142% (Zahlbetrag 442,00 EUR zuzüglich hälftiges Kindergeld von 77,00 EUR = 519,00 EUR geteilt durch den Mindestunterhalt nach der 3. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle 2008 in Höhe von 365,00 EUR = 142%). Für 2009 errechnet sich daher ein neuer Zahlbetrag von 449,00 EUR (142% des Mindestunterhalts der 3. Altersstufe ab 2009 in Höhe von 377,00 EUR = 535,34 EUR, gerundet gemäß § 1612 Abs. 2 S. 2 BGB auf 536,00 EUR abzüglich hälftiges Kindergeld von 87,00 EUR). Für 2010 und 2011 beläuft sich der titulierte Betrag auf 513,00 EUR (142% des Mindestunterhalts der 3. Altersstufe ab 2010 in Höhe von 426,00 EUR = 604,92 EUR, gerundet auf 605,00 EUR abzüglich hälftiges Kindergeld von 92,00 EUR). Mit seinem Antrag auf Herabsetzung auf einen Betrag von 409,43 EUR liegt der Kläger weniger als 10% unter dem titulierten Betrag für 2008 und 2009.

Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Kläger der Auffassung war, er müsse Unterhalt nach der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle abzüglich hälftigen Kindergeldes bezahlen, weshalb er bis 2007 519,00 EUR an den Beklagten bezahlt hat (180% des Mindestbetrages nach der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle 2007 = 596,00 EUR abzüglich hälftiges Kindergeld von 77,00 EUR). Denn bei einem dynamischen Unterhaltstitel nach § 1612a Abs. 1 BGB in der Fassung bis 31.12.2007 steigt das Kind mit Vollendung des 18. Lebensjahres nicht in die 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle auf. Es behält vielmehr bis zu einer Abänderung den Unterhalt der 3. Altersstufe nach der Regelbetragsverordnung (Wendl/Klinkhammer, a. a. O., § 2 Rn. 246c).

Erst für den Zeitraum ab 01.03.2009 hat der Kläger geltend gemacht, dass der Unterhaltsanspruch des Beklagten entfallen sei. Für diesen Zeitraum ist die Abänderungsklage daher zulässig.

2. Begründetheit der Abänderungsklage auf Herabsetzung des Unterhalts auf 409,43 EUR

Die Abänderungsklage auf Herabsetzung des Unterhalts ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet.

a) Zeitpunkt einer möglichen Abänderung, richtiger Beklagter

Eine Abänderung scheidet von vornherein aus, soweit sie für die Zeit vor Zustellung der Klage am 09.06.2008 begehrt wird, § 323 Abs. 3 S. 1 ZPO. Im Ergebnis kommt es hierauf jedoch nicht an, da die Klage für den Zeitraum bis 29.02.2009 ohnehin unzulässig ist.

Soweit der Beklagte bis August 2009 BAföG-Leistungen bezogen hat, ist der Unterhaltsanspruch auf das Land Baden-Württemberg übergegangen, § 37 Abs. 1 BAföG. Die Abänderungsklage für den Zeitraum ab 09.06.2008 war gleichwohl gegen den Beklagten zu richten, da der Anspruchsübergang nach Rechtshängigkeit unerheblich ist (§ 265 Abs. 2 S. 1 ZPO).

b) Maßstab der Abänderungsentscheidung

Die Abänderung des Urteils kann gemäß § 323 Abs. 1, Abs. 2 ZPO verlangt werden, wenn nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse eingetreten ist, die für die Verurteilung und die Bestimmung der Höhe der Leistungen maßgebend waren. Ein Abänderungsgrund liegt in der nach Abschluss des vorangegangenen Verfahrens eingetretenen Volljährigkeit des Beklagten.

Nach § 323 Abs. 1 ZPO kann bei einem Unterhaltstitel jede Partei eine entsprechende Abänderung des Urteils verlangen, wenn eine wesentliche Änderung derjenigen Verhältnisse eintritt, die für die Verurteilung zum Unterhalt, für die Bestimmung der Höhe der Unterhaltsleistungen oder der Dauer maßgebend waren. Dabei eröffnet § 323 ZPO nur eine Anpassung des Unterhalts an veränderte Verhältnisse unter Wahrung der Grundlagen des abzuändernden Titels. Das Abänderungsverfahren ermöglicht dagegen weder eine freie Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung derjenigen Verhältnisse, die bereits im Ersturteil eine Bewertung erfahren haben (BGH, ständige Rechtsprechung, FamRZ 1994, 1100; FamRZ 2007, 882 Rz. 25; 1460 Rz. 14). Die Abänderungsklage gibt weder die Möglichkeit zur neuerlichen Wertung des alten Sachverhalts noch dazu, diesen bei Gelegenheit einer - gerechtfertigterweise erfolgenden - Abänderung abweichend zu beurteilen (BGH, FamRZ 2001,1364; vgl. ferner Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 323 Rn. 41; MünchKommZPO/Gottwald, § 323 Rn. 91 ff; Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Aufl., § 323 Rz. 80; FA-FamR/Gerhardt, 6. Kap. Rn. 931; Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess, 5. Aufl. Kap. 5, Rn. 380).

Vorliegend waren im Ausgangsverfahren nur die Praxiseinkünfte des Klägers, nicht aber weitere Einkommensbestandteile oder -arten berücksichtigt. Gleichwohl ist daraus keine Bindungswirkung dahingehend abzuleiten, dass auch bei Ermittlung der Haftungsanteile nur die Praxiseinkünfte des Klägers zu berücksichtigen wären. Dies ergibt sich zum einen aus den Umständen des Ausgangsverfahrens. Die Mutter des Beklagten hatte dort unter Zugrundelegung der im Trennungsunterhaltsverfahren unstreitigen Praxiseinkünfte des Klägers ausgeführt, dass mindestens ein Kindesunterhalt in Höhe von 180% des Regelsatzes zu zahlen sei und diesen beantragt. Da der Kläger - damals als Beklagter - dem nicht entgegen getreten ist, hat das Amtsgericht für die Ausgangsentscheidung den unstreitigen Vortrag zugrundegelegt. Die Auseinandersetzung mit weiteren Einkommensarten des Klägers oder seinem Wohnwert war nicht erforderlich und ist daher nicht erfolgt. Im Übrigen würde eine Bindungswirkung im Hinblick auf die mittlerweile eingetretene Volljährigkeit des Beklagten zu unbilligen Ergebnissen führen. Denn bis zum 18. Lebensjahr des Beklagten richtete sich die Höhe des Barunterhalts aufgrund der Gleichwertigkeit von Bar- und Naturalunterhalt gemäß § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB allein nach den Einkommensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils. Für das volljährig gewordene Kind haften die Eltern hingegen nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB anteilig nach ihren jeweiligen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Für die - für den Barunterhalt des Minderjährigen unerheblichen - Einkommensverhältnisse des früher betreuenden Elternteils kann das Ausgangsurteil keine Bindungswirkung, insbesondere keine Einschränkung auf bestimmte Einkommensbestandteile enthalten. Daher wäre es unbillig, solche Einschränkungen im Abänderungsverfahren beim bereits früher barunterhaltspflichtigen Elternteil zu berücksichtigen. Bei dieser Sachlage besteht im Abänderungsverfahren keine Bindung an die der Ausgangsentscheidung zugrunde gelegte Einkommensart. Vielmehr ist das gesamte Einkommen des Klägers, wie das der Mutter des Beklagten, neu zu berechnen.

Zwar obliegt grundsätzlich dem Abänderungskläger die Darlegungs- und Beweislast für eine wesentliche Veränderung der Umstände, die für die Unterhaltsfestsetzung im vorausgegangenen Verfahren maßgeblich waren. Dieser Grundsatz kommt aber nicht zur Anwendung, wenn der abzuändernde Titel Minderjährigenunterhalt regelt, das unterhaltsberechtigte Kind inzwischen aber volljährig geworden ist und nunmehr als Volljähriger Ausbildungsunterhalt verlangt. Dann muss das Kind dartun und beweisen, dass der Unterhaltsanspruch fortbesteht, insbesondere welche Haftungsquote auf den jeweiligen Elternteil entfällt (OLG Karlsruhe, FamRZ 2009, 1497; OLG Brandenburg, FamRZ 2004, 552).

c) Unterhaltstatbestand

Der Beklagte hat gegen den Kläger einen Unterhaltsanspruch aus § 1601 BGB. Der Unterhaltsanspruch umfasst nach § 1610 Abs. 2 BGB auch die Kosten einer angemessenen Berufsausbildung. Der Anspruch auf eine angemessene Ausbildung bemisst sich nach der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes. Ihre Finanzierung muss sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern halten. Geschuldet wird von den Eltern also eine ihnen wirtschaftlich zumutbare, begabungsbezogene Berufsausbildung (BGH FamRZ 2000, 420). Der Verpflichtung der Eltern steht die Obliegenheit des Kindes gegenüber, seine Ausbildung mit dem gehörigen Fleiß und gebotener Zielstrebigkeit zu betreiben, um sie innerhalb angemessener und üblicher Dauer zu beenden und sich danach selbst zu unterhalten. Bei einem Studium werden über die Regelstudienzeit hinaus noch ein bis zwei Examenssemester zugestanden, im Einzelfall noch mehr, wenn die durchschnittliche Studienzeit des betreffenden Studiengangs erheblich über der Regelstudienzeit liegt. Soweit ein Auslandssemester für die Berufsausbildung sinnvoll ist, ist dieses bei guten Einkommensverhältnissen der Eltern auch bei Verlängerung der Studienzeit zu finanzieren (BGH FamRZ 1992, 1064; FA-FamR/Seiler, 8. Aufl., 6. Kapitel Rn. 244).

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Beklagte seinen Obliegenheiten nachgekommen. Der Beklagte steht nun, gut fünf Jahre nach Beginn seines Studiums, vor dem Bachelor-Abschluss. Sein Auslandsaufenthalt war - beim Studiengang Sinologie bzw. Ostasienwissenschaften ohne weiteres nachvollziehbar - nach der Stellungnahme der Fachstudienberaterin vom 03.02.2010 (As. II, 457) seitens der Universität dringend angeraten, möglichst für die Dauer eines Jahres. Der einjähriger Auslandaufenthalt war daher für die Berufsausbildung sinnvoll und von den Eltern, auch in Anbetracht ihrer keineswegs beengten Einkommensverhältnisse, zusätzlich zur Studiendauer in Deutschland zu finanzieren. Auch das Studium eines zweiten Hauptfachs, dessen Wechsel von Philosophie zu Computerlinguistik und der Zeitpunkt des Wechsels sind nicht zu beanstanden. Dass ein zweites Fach obligatorisch ist, dessen Leistungen für den Abschluss ebenfalls erbracht sein müssen, ergibt sich aus den Ausführungen der Fachstudienberaterin. Der Beklagte bemerkte bereits im Wintersemester 2007/2008, seinem ersten Semester Philosophie und damit innerhalb der ihm zuzubilligenden Orientierungsphase (FAKomm-FamR/Klein, 4. Aufl, § 1610 BGB Rn. 92), dass ihm dieses Fach nicht zusagte. Obwohl ein Wechsel zum Sommersemester 2008 nicht möglich war, belegte er bereits Kurse in Computerlinguistik, so dass er durch den Fachwechsel tatsächlich nur ein Semester verlor. Der Wechsel zum Wintersemester 2008/2009 erfolgte frühestmöglich. Dass der Beklagte nicht bereits in seinen ersten beiden Semestern Kurse im zweiten Hauptfach Philosophie belegte, entsprach nach der Stellungnahme der Fachstudienberaterin vom 03.02.2010 den Empfehlungen der Universität. Soweit der Beklagte - unter Abzug des Auslandsjahres - jetzt im 9. Semester des Bachelorstudiums seine Bachelorarbeit fertigt, führt dies auch im Hinblick auf die Regelstudienzeit von 6 Semestern nicht zu einem anderen Ergebnis. Insofern hat die Fachstudienberaterin in ihrer Stellungnahme vom 03.02.2010 ausgeführt, dass der Beklagte damit im Durchschnitt seines Jahrgangs, der als zweiter Jahrgang in der Erprobungsphase des Studiengangs begann, liegt.

d) Bedarf des Beklagten

Für den Bedarf des Beklagten ist der Grundbedarf für ein volljähriges Kind mit eigenem Hausstand abzüglich des vollen Kindergeldes zuzüglich Krankenversicherung zuzüglich Studiengebühr zugrunde zu legen (SüdL 13.1.2, 13.2). Die Krankenversicherungsbeiträge des Beklagten betrugen bis 30.06.2010 15,30 EUR, von 01.07.2010 bis 30.09.2010 25,97 EUR und ab 01.10.2010 38,49 EUR. Da die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge durch die Nachträge zum Versicherungsschein der Central Krankenversicherung vom 01.12.2008 und vom November 2009 (Anlage zum Beklagtenschriftsatz vom 04.03.2010, AH II, S. 323, 325) belegt ist, dringt der Kläger mit seinem Bestreiten nicht durch. Soweit der Kläger zuletzt die Studiengebühren von 98,83 EUR pro Monat bestritten hat, ist dies ebenfalls nicht beachtlich. Die Höhe der Studiengebühren von 593,60 EUR pro Semester, Stand Mai 2008, hat der Kläger mit Anlage A 5 (As. I, 37) selbst belegt und hieraus monatliche Gebühren von 98,83 EUR errechnet. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass sich die Studiengebühren des Beklagten reduziert haben. Vielmehr belaufen sie sich ausweislich der Homepage der Universität Heidelberg (www.uni-heidelberg.de) mittlerweile auf 606,50 EUR im Semester. Für die monatliche Höhe der Studiengebühren legt der Senat den von den Parteien bis zum letzten Schriftsatz des Klägers übereinstimmend vorgetragenen Betrag von 98,83 EUR zugrunde, auch wenn der Betrag vom Kläger mutmaßlich infolge eines Schreibversehens etwas zu niedrig mitgeteilt wurde (zutreffend wären 593,60 EUR : 6 = 98,93 EUR).

Dies ergibt einen Bedarf des Beklagten

für 2009 von 590,13 EUR

(640,00 EUR gemäß SüdL 13.1.2 abzüglich 164,00 EUR Kindergeld zuzüglich 15,30 EUR Krankenversicherung zuzüglich 98,83 EUR Studiengebühren),

für 2010 von durchschnittlich 670,60 EUR

dies errechnet sich wie folgt:

für Januar bis Mai 2010 (5 Monate) von 570,13 EUR (640,00 EUR abzüglich 184,00 EUR Kindergeld zuzüglich 15,30 EUR Krankenversicherung zuzüglich 98,83 EUR Studiengebühren),
für Juni 2010 (1 Monat) von 754,13 EUR (640,00 EUR zuzüglich 15,30 EUR Krankenversicherung zuzüglich 98,83 EUR Studiengebühren),
für Juli und September 2010 (2 Monate) von 764,80 EUR (640,00 EUR zuzüglich 25,97 EUR Krankenversicherung zuzüglich 98,83 EUR Studiengebühren),
für August 2010 (1 Monat) von 580,80 EUR (640,00 EUR abzüglich 184,00 EUR Kindergeld zuzüglich 25,97 EUR Krankenversicherung zuzüglich 98,83 EUR Studiengebühren),
von Oktober 2010 bis Dezember 2010 (3 Monate) von 777,32 EUR (640,00 EUR zuzüglich 38,49 EUR Krankenversicherung zuzüglich 98,83 EUR Studiengebühren),
ab Januar 2011 von 807,32 EUR (670,00 EUR gemäß SüdL 2011, 13.1.2 zuzüglich 38,49 EUR Krankenversicherung zuzüglich 98,83 EUR Studiengebühren).

Dieser Bedarf des Beklagten wurde im Zeitraum von Januar 2008 bis August 2009 nicht teilweise durch die gewährten BAföG-Leistungen gedeckt. Bis August 2009 hat der Beklagte, wie sich aus der Mitteilung des Amts für Ausbildungsförderung vom 16.09.2009 (Anlage A 48, As. II, 145) ergibt, die Ausbildungsförderung als Vorausleistung nach § 36 BAföG erhalten. Eine solchermaßen gewährte Ausbildungsförderung stellt eine subsidiäre Sozialleistung dar, die nach § 37 Abs. 1 BAföG vom Unterhaltsverpflichteten zurückgefordert werden kann. Die als Vorausleistung gewährte Ausbildungsförderung deckt den Unterhaltsbedarf des Beklagten nicht (BGH FamRZ 1985, 263; FAKomm-FamR/Michael Klein, a. a. O., § 1602 BGB Rn. 33).

Eine Bedarfsminderung beim Beklagten ist auch nicht dadurch eingetreten, dass er das ihm für den Zeitraum 01.09.2009 bis 28.02.2010 bewilligte Bankdarlehen nach § 17 Abs. 3 BAföG nicht in Anspruch genommen hat. Zwar sind endgültig festgesetzte BAföG-Leistungen unterhaltsrechtliches Einkommen, die den Bedarf des Kindes mindern; das Kind ist gehalten, Ausbildungsförderung in Anspruch zu nehmen, auch wenn und soweit diese nur als unverzinsliches Darlehen gewährt wird (BGH FamRZ 1989, 499). Vorliegend erfolgte die Bewilligung von Ausbildungsförderung ab 01.09.2009 jedoch nicht mehr nach § 17 Abs. 1, Abs. 2 BAföG, wonach die Förderung zur Hälfte als Zuschuss, zur anderen Hälfte als unverzinsliches Darlehen gewährt wird. Vielmehr wurde dem Beklagten nur noch ein verzinsliches Bankdarlehen nach §§ 17 Abs. 3, 18c BAföG bewilligt. Dies beruhte ausweislich des Bescheids des Amts für Ausbildungsförderung vom 05.11.2009 (Anlage A 60, As. II, 301) darauf, dass der Beklagte nach Wechsel des zweiten Hauptfachs im Sinne von § 7 Abs. 3 BAföG eine „andere" Ausbildung durchführte und ab September 2009 die Förderungshöchstdauer abzüglich der Fachsemesterzahl der vorangegangenen Hochschulzeiten erreicht bzw. überschritten war. Ein verzinsliches Bankdarlehen nach § 17 Abs. 3 BAföG entspricht im Wesentlichen einem Kredit, der auf dem freien Markt aufgenommen werden kann. Es ist daher kein Einkommen im Sinne des Unterhaltsrechts und nicht auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen (Wendl/Scholz, a. a. O., § 8 Rn. 286; Kasenbacher NJW-Spezial 2009, 660). Diesem Ergebnis stehen auch Zumutbarkeitsgesichtspunkte im konkreten Fall nicht entgegen. Der Kläger hat zwar 2008 sein 65. Lebensjahr vollendet. Er verfügt jedoch weiterhin über ein Einkommen, das die Freibeträge nach § 25 BAföG um ein Vielfaches übersteigt. Der Beklagte hingegen hat sein Studium in unterhaltsrechtlich nicht zu beanstandender Weise betrieben. Bei dieser Sachlage ist die Anwendung des Grundsatzes, dass ein verzinsliches Bankdarlehen gemäß § 17 Abs. 3 BAföG auf den Unterhaltsanspruch nicht angerechnet wird, für den Kläger nicht unzumutbar.

Auch ab März 2010 hat der Beklagte im Hinblick auf die Beantragung von Ausbildungsförderung keine Obliegenheiten verletzt. Für den Zeitraum von März 2010 bis Februar 2011 hat der Beklagte am 26.04.2010 Ausbildungsförderung beantragt. Ein Anspruch stand ihm jedoch ausweislich des Bescheides des Amts für Ausbildungsförderung vom 11.08.2010 (II, 555) bereits dem Grunde nach nicht zu. Der ablehnende Bescheid stützt sich darauf, dass die Förderungshöchstdauer für den Studiengang des Beklagten mit Ablauf des Februar 2010 erreicht war. Soweit, wie vom Kläger vorgetragen, die Beantragung der Ausbildungsförderung verspätet erfolgt sein sollte, war dies für die Ablehnung des Antrags auf Ausbildungsförderung jedenfalls nicht von Bedeutung.

Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Beklagte im Hinblick auf den bevorstehenden Bachelorabschluss nun möglicherweise Ausbildungsförderung nach § 15 Abs. 3a BAföG (Hilfe zum Studienabschluss) beantragen könnte. Denn eine solche würde nach §§ 17 Abs. 3 Nr. 3, 15 Abs. 3a BAföG nur als verzinsliches Bankdarlehen nach § 18c BAföG bewilligt werden. Dies mindert - wie dargelegt - den Bedarf des Beklagten nicht.

e) Unterhaltsbemessung, Haftungsanteile

Die Eltern des Beklagten haften gemäß § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB anteilig für den Barunterhalt des Beklagten. Zur Ermittlung der Haftungsanteile ist das bereinigte Nettoeinkommen eines Elternteils abzüglich des angemessenen Selbstbehalts mit dem Bedarf des Kindes zu multiplizieren und durch die Summe der bereinigten Nettoeinkommen beider Eltern abzüglich des zweifachen angemessenen Selbstbehalts zu teilen (SüdL 13.3).

(1) Bereinigtes Nettoeinkommen des Klägers

Der Kläger ist als niedergelassener Arzt selbständig. Bei Selbständigen wird das bereinigte Nettoeinkommen in der Regel aus dem Durchschnitt der letzten drei Jahre errechnet. Da es beim laufenden Unterhalt um eine Prognose der künftigen Einkommensverhältnisse geht, sind möglichst realitätsnahe Einkommensverhältnisse zu ermitteln, d. h. bei längerer Verfahrensdauer ist das Einkommen zu aktualisieren (BGH FamRZ 2006, 1182). Für die Vergangenheit sind die in diesem aktuellen Zeitraum erzielten Einkünfte maßgebend, wobei bei mehrjährigem Unterhaltsrückstand ein Mehrjahresschnitt gebildet werden kann (BGH FamRZ 2007, 1532). Vorliegend bezieht sich die zulässige Abänderungsklage auf den Zeitraum ab März 2009. Steuererklärungen und Steuerbescheide des Klägers liegen jedoch nur bis einschließlich 2008 vor. Für 2009 hat der Kläger seine Steuererklärung noch nicht erstellt. Er hat für 2009 zwar ein vorläufiges, noch veränderliches Ergebnis der Praxis vom 11.01.2011 in Höhe von 122.891,15 EUR (AH II, 419) und (zuletzt mit Schriftsatz vom 01.02.2011) eine unter Vorbehalt stehende Gewinnermittlung für die Praxis in Höhe von 134.126,00 EUR vorgelegt. Diese vorläufigen Ergebnisberechnungen für 2009 zieht der Senat für die Entscheidung nicht heran. Die Aussagekraft der vorläufigen Berechnungen ist bereits angesichts der Schwankungen zwischen beiden Ergebnissen zweifelhaft. Soweit der Kläger dargelegt hat, dass sich seine Praxiseinkünfte wegen längerer krankheitsbedingter Schließzeiten und eingeschränkter Arbeitsfähigkeit 2009 und 2010 verringert haben, ist dies zwar nicht ausgeschlossen und scheint durch die vorläufigen Ergebnisberechnungen für 2009 bestätigt. Allerdings hat der Kläger auch für 2008 eine Arbeitsunfähigkeit von 9 Wochen vorgetragen und 2008 gleichwohl ein Einkommen erzielt, das deutlich über dem der Vorjahre lag. Daher können lediglich auf Basis der vorläufigen Berechnung zum Praxiseinkommen des Jahres 2009 keine niedrigeren Einkommenswerte prognostiziert werden. Auch kann noch nicht abgesehen werden, wie sich das Einkommen des Klägers entwickeln wird, wenn seine Praxis verkauft ist. Daher legt der Senat für sämtliche Unterhaltsansprüche seit 2009 und die Zukunftsprognose den Dreijahreszeitraum 2006 bis 2008 zugrunde.

Das Einkommen aus seiner Praxistätigkeit rechnet der Senat dem Kläger im Hinblick darauf, dass der Kläger im Juni 2008 sein 65. Lebensjahr vollendet und damit die Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente erreicht hat, nicht in voller Höhe, sondern nur zu 50% an.

Die vom Kläger nach Erreichen der Regelaltersgrenze fortgesetzte freiberufliche Tätigkeit als Arzt ist unterhaltsrechtlich überobligatorisch. Für die Erwerbsobliegenheit eines Unterhaltspflichtigen - jedenfalls wenn er nicht gemäß § 1603 Abs. 2 BGB gesteigert unterhaltspflichtig ist - sind die Bestimmungen der Rechtsordnung zur Regelaltersgrenze heranzuziehen. Dabei macht es grundsätzlich keinen Unterschied, ob der Unterhaltspflichtige in einem abhängigen Arbeits- oder Dienstverhältnis steht oder ob er gewerblich oder freiberuflich tätig. Denn das Ausmaß der unterhaltsrechtlichen Obliegenheiten kann nicht davon abhängen, in welcher konkreten Form die Berufstätigkeit im Einzelfall ausgeübt wird (BGH, Urteil vom 12.01.2011 - XII ZR 83/08 - Rn. 22).

Aus der grundsätzlichen Überobligationsmäßigkeit der Erwerbstätigkeit folgt aber noch nicht, dass das daraus erzielte Einkommen für die Unterhaltsbemessung beim Kindesunterhalt außer Betracht zu lassen ist. In welchem Umfang das Einkommen aus überobligatorischer Tätigkeit für den Unterhalt heranzuziehen ist, ist vielmehr nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu beurteilen. Eine Anrechnung des Erwerbseinkommens aus überobligatorischer Tätigkeit eines zum Verwandtenunterhalt Verpflichteten ist nur insoweit zulässig, als diese mit Treu und Glauben nach § 242 BGB zu vereinbaren ist. Erforderlich ist demnach eine umfassende Würdigung der Einzelfallumstände, die der Überobligationsmäßigkeit der Tätigkeit angemessen Rechnung trägt. Eine regelmäßig vollständige Heranziehung des Einkommens aus einer gemessen an § 1603 Abs. 1 BGB überobligatorischen Erwerbstätigkeit ist nur dann angezeigt, wenn die gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB eingreift (BGH a. a. O. Rn. 53 - 54). Als Einzelfallumstände bei der Frage der Anrechnungsfähigkeit überobligatorischen Einkommens bei der Berechnung von Ehegattenunterhalt können vor allem das Alter und die mit der fortgesetzten Erwerbstätigkeit zunehmende körperliche und geistige Belastung, ergänzend auch die ursprüngliche Planung der Eheleute und die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse herangezogen werden (BGH a. a. O Rn. 23). Ob in Bezug auf den Kindesunterhalt die für den Ehegattenunterhalt geltenden Grundsätze der Einkommensanrechnung übertragen werden können, haben die Tatsachengerichte unter Berücksichtigung der Besonderheiten im jeweiligen Unterhaltsverhältnis zu prüfen (BGH a. a. O. Rn. 56). Vorliegend zieht der Senat insbesondere die gesundheitliche Situation des Klägers sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse und das Alter des Klägers und der Mutter des Beklagten als Abwägungskriterien heran.

Der Kläger ist gesundheitlich erheblich beeinträchtigt. Er hat mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten, davon zwei seit 2008, und musste sich zwei Bandscheibenoperationen unterziehen, zuletzt im August 2009. Ende 2009 trat bei ihm eine Hautkrebserkrankung auf, weswegen er operiert werden musste und in deren Folge sich Wundheilungsstörungen zeigten. Ende 2009 wurde weiterhin eine Arthrose des rechten Schultereckgelenks (AC-Arthrose) mit einer Schleimbeutelentzündung (Bursitis) diagnostiziert, die zu einer eingeschränkten Beweglichkeit seines rechten Armes führt. Daneben hatte der Kläger wegen eines Erschöpfungssyndroms, seine Praxis jedes Jahr für mehrere Wochen geschlossen. Diese Beeinträchtigungen des Klägers sind durch Untersuchungsbefunde verschiedener Ärzte belegt (Anlage A 64, II, 335; Anlage A 65, II, 339; Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 14.01.2011, AH II, 439). Insgesamt war die Praxis des Klägers wegen Erschöpfungssyndroms, Bandscheibenvorfalls und -operation sowie seiner Hautkrebserkrankung in den Jahren 2008 bis 2010 jeweils zwischen neun und zwölf Wochen geschlossen. Soweit der Beklagte geltend gemacht hat, dass die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers nicht so gravierend seien, dass daraus eine Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit resultiere, ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich. Für die Abwägung nach Treu und Glauben kommt es nicht auf einen exakten Grad der Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Klägers an. Vielmehr spielt dabei eine Rolle, dass der Kläger trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen weiterhin überobligatorisch erwerbstätig und dadurch entsprechend belastet ist.

Weiterhin sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers und der Mutter des Beklagten zu sehen. Der Kläger verfügte in den Jahren 2006 bis 2008 über ein weit überdurchschnittliches Bruttoeinkommen aus seiner Praxis in Höhe von durchschnittlich 15.386,80 EUR im Monat. Seit 2005 bezieht er daneben Rente in Höhe von mindestens 1.800,00 EUR brutto monatlich. Seine Einkommensverhältnisse liegen damit weit über denen der 62-jährigen, noch regulär erwerbstätigen Mutter des Beklagten. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der mittlerweile 26-jährige Beklagte bereits seit Herbst 2005 studiert, spielt angesichts des vom Kläger erzielten Einkommens sein Haftungsanteil für den Kindesunterhalt des Beklagten eine eher untergeordnete Rolle.

Auch steht nicht zu befürchten, dass das Auskommen des Klägers ohne seine weitere Erwerbstätigkeit nicht gesichert wäre. Nach Beendigung seiner ärztlichen Tätigkeit steht dem Kläger weiterhin die bisher bereits bezogene Rente zu. Zudem bezahlte er - jedenfalls bis 2008 - noch Beiträge von über 2.000,00 EUR im Jahr für eine weitere Rentenversicherung ein, aus der auch noch Leistungen zu erwarten sind. Der Kläger ist Eigentümer des Anwesens … in Karlsruhe-Durlach, in dem sich seine Praxisräume und zwei Wohnungen mit insgesamt 185 m² Wohnfläche befinden. Das Anwesen war 2007/2008 noch mit ca. 141.000,00 EUR belastet (Darlehen Nr. ...53675/20 mit 93.335,90 EUR, Darlehen Nr. ... ...54111/22 mit 16.035,00 EUR, Darlehen Nr. ...7388027 mit 31.549,71 EUR; vgl. As. II, 131, Anlage A 37, I, 693). Dies ist nur noch ein Bruchteil von 43% der 2000/2001 bestehenden Belastung mit insgesamt ca. 327.000,00 EUR (Darlehen Nr. ...53675/20 mit 150.850,75 EUR, Darlehen Nr. ... ...54111/22 mit 51.129,19 EUR, Darlehen Nr. ...7388027 mit 125.266,51 EUR; vgl. As. II. 131). Die Immobilie weist also nach Abzug der Schulden noch einen beträchtlichen Wert auf. Auch nach Einschätzung des Klägers in der mündlichen Verhandlung wäre für das Anwesen ... ein Verkaufspreis von 400.000,00 bis 450.000,00 EUR zu erzielen. Die Immobilie in Stollberg ist zwar - wie schon seit dem Erwerb durch den Kläger im Jahr 1998 - mit ca. 603.000,00 EUR verschuldet (Anlage A 82, Darlehens Nr. ...2214027, ...7388018 und ...7388027), so dass der Kläger in den Jahren 2006 bis 2008 durchschnittliche Jahreszinsen von 36.440,69 EUR bezahlte. Dem stehen jedoch Mieteinnahmen in nahezu gleicher Höhe, nämlich für die Jahre 2006 bis 2008 von durchschnittlich 37.630,02 EUR gegenüber. Der Umstand, dass der Kläger die Immobilie in Stollberg nach seinem Vortrag derzeit nicht zu einem angemessenen Preis veräußern kann, zwingt ihn daher nicht zur Aufrechterhaltung seiner Praxistätigkeit. Hinzu kommt, dass der Kläger, wie er erstmals in der letzten mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, seit 2008 Eigentümer einer weiteren Immobilie in Weingarten ist, die er sich derzeit als Alterssitz errichtet.

Schließlich ist zu sehen, dass der jetzt 67-jährige Kläger noch nicht in einem Alter ist, in dem eine Erwerbstätigkeit schlechterdings nicht mehr zu erwarten wäre.

Unter Abwägung aller Umstände hält es der Senat im Hinblick auf Treu und Glauben für billig, die Praxiseinkünfte des Klägers mit 50% bei der Berechnung des Kindesunterhalts einzubeziehen. Damit wird einerseits der gesundheitlichen Situation des Klägers Rechnung getragen, andererseits sind die wirtschaftlichen Verhältnisse ausreichend berücksichtigt. Bei der konkreten Einkommensermittlung ist zu beachten, dass Steuern und Vorsorgeaufwendungen insoweit auszuscheiden sind, als sie auf den nicht angerechneten Teil des Einkommens entfallen (BGH a. a. O. Rn. 61).

Die vom Kläger bereits bezogene Altersrente stellt sich nicht als überobligatorisch dar und findet daher in voller Höhe Berücksichtigung. Dem steht im Hinblick auf die nur hälftige Anrechnung des Praxiseinkommens insbesondere der Grundsatz nicht entgegen, dass sich eine kumulative Berücksichtigung von Altersrente und ungeschmälertem Erwerbseinkommen verbietet (BGH a. a. O. Rn. 60).

Das negative Einkommen aus den Beteiligungen des Klägers an den Firmen Bo. Me. und H. bleibt hingegen unberücksichtigt. Aus den Beteiligungen hat der Kläger seit 2005 durchgehend negative Einkünfte von durchschnittlich ca. 14.000,00 EUR erzielt. Wenn er die Beteiligungen gleichwohl weiterhin hält, verstößt er gegen seine unterhaltsrechtliche Obliegenheit, sein Vermögen so gut wie möglich einzusetzen. Soweit der Kläger behauptet hat, die Beteiligung an der Firma Bo. Me. erhöhe mittelbar seine Praxiseinkünfte, ist dieser Vortrag nicht ausreichend konkret.

Die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bleiben ebenfalls unberücksichtigt. Es handelt sich um Abschreibungsmodelle, die Aufwendungen dienen der Vermögensbildung des Klägers. Hierfür anfallende Zins- und Tilgungsleistungen dürfen grundsätzlich nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden (Wendl/Gerhardt, a. a. O., § 1 Rn. 302). Allerdings ergibt sich etwas anderes, soweit vermögensbildende Aufwendungen wie Tilgungen für Immobilien der Altersvorsorge dienen (BGH FamRZ 2008, 963, 966). Insofern hat sich der Kläger darauf berufen, dass die Zahlungen in Höhe von 4% des Gesamterwerbseinkommens als Altersvorsorge anzuerkennen sind (As. I, 211). Dies wird im Rahmen der Ermittlung des bereinigten Nettoeinkommens entsprechend berücksichtigt.

Im Hinblick auf die fehlende Abzugsfähigkeit der negativen Einkünfte kann der Beklagte allerdings nicht an den hieraus resultierenden Steuervorteilen des Klägers teilhaben. Da die Steuervorteile aus den Verlusten dem Unterhaltsverpflichteten allein verbleiben, ist auch insofern eine fiktive Steuerberechnung vorzunehmen (Wendl/Gerhardt, a. a. O., § 1 Rn. 593). Bei der fiktiven Steuerberechnung sind ausgehend von den vorgenannten Umständen die in den Steuerbescheiden des Klägers der Jahre 2006 bis 2008 (AH II, S. 405, S. 411, S. 415) genannten Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, die Einnahmen aus Kapitalvermögen und der Jahresbetrag der Rente heranzuziehen.

Für die fiktive Steuerberechnung für 2006 ist von einem fiktiven Einkommen von 117.460,00 EUR (hälftige Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit: 179.400,00 EUR : 2 = 89.700,00 EUR, aus Kapitalvermögen: 3.623,00 EUR und Jahresbetrag der Rente: 24.137,00 EUR) auszugehen. Fiktiv steuerpflichtig wären hieraus 103.110,00 EUR (Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit: 89.700,00 EUR, aus Kapitalvermögen: 2.202,00 EUR, aus Leibrente: 11.208,00 EUR). Hiervon in Abzug zu bringen sind die Sonderausgaben und der Kinderfreibetrag für ein Kind von insgesamt 14.061,00 EUR (gezahlte Kirchensteuer 6.088,00 EUR, Abzugsfähige Sonderausgaben: 5.069,00 EUR und Kinderfreibetrag für ein Kind 2.904,00 EUR), so dass sich ein fiktiv zu versteuerndes Einkommen von 89.049,00 EUR ergibt. Nach der Grundtabelle wären hierauf Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag von 31.107,73 EUR sowie Kirchensteuer von 2.358,88 EUR zu zahlen gewesen. Nach Abzug der Steuer hätte der Kläger also 2006 fiktiv ein Nettoeinkommen von 83.993,39 EUR (117.460,00 EUR abzüglich 31.107,73 EUR abzüglich 2.358,88) gehabt.

Für die fiktive Steuerberechnung für 2007 ist von einem fiktiven Einkommen von 109.309,00 EUR (hälftige Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit: 169.676,00 EUR : 2 = 84.838,00 EUR und Jahresbetrag der Rente: 24.471,00 EUR) auszugehen. Fiktiv steuerpflichtig wären hieraus 96.254,00 EUR (Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit: 84.838,00 EUR und aus Leibrente: 11.416,00 EUR). Hiervon in Abzug zu bringen sind die Sonderausgaben und der Kinderfreibetrag für ein Kind von insgesamt 11.823,00 EUR (gezahlte abzüglich erstattete Kirchensteuer 4.038,00 EUR, Abzugsfähige Sonderausgaben: 4.881,00 EUR und Kinderfreibetrag für ein Kind 2.904,00 EUR), so dass sich ein fiktiv zu versteuerndes Einkommen von 84.431,00 EUR ergibt. Nach der Grundtabelle wären hierauf Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag von 29.062,08 EUR sowie Kirchensteuer von 2.203,76 EUR zu zahlen gewesen. Nach Abzug der Steuer hätte der Kläger also 2007 fiktiv ein Nettoeinkommen von 78.043,16 EUR (109.309,00 EUR abzüglich 29.062,08 EUR abzüglich 2.203,76 EUR) gehabt.

Für die fiktive Steuerberechnung für 2008 ist von einem fiktiven Einkommen von 124.139,50 EUR (Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit: 204.849,00 EUR : 2 = 102.424,50 EUR und Jahresbetrag der Rente: 21.715,00 EUR) auszugehen. Fiktiv steuerpflichtig wären hieraus 112.718,50 EUR (Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit: 102.424,50 EUR und aus Leibrente: 10.294,00 EUR). Hiervon in Abzug zu bringen sind die Sonderausgaben, der Altersentlastungsbetrag und der Kinderfreibetrag für ein Kind von insgesamt 11.322,00 EUR (gezahlte Kirchensteuer 1.677,00 EUR, abzugsfähige Sonderausgaben 5.069,00 EUR, Altersentlastungsbetrag 1.672,00 EUR und Kinderfreibetrag 2.904,00 EUR), so dass sich ein fiktiv zu versteuerndes Einkommen von 101.396,50 EUR ergibt. Nach der Grundtabelle wären hierauf Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag von 36.578,96 EUR sowie Kirchensteuer von 2.773,76 EUR zu zahlen gewesen. Nach Abzug der Steuer hätte der Kläger also 2008 fiktiv ein Nettoeinkommen von 84.786,78 EUR (124.139,50 EUR abzüglich 36.578,96 EUR abzüglich 2.773,76 EUR) gehabt.

Schließlich ist dem Kläger ein Wohnwert für das mietfreie Wohnen in seiner Wohnung … zuzurechnen. Dabei schätzt das Gericht die ersparte Miete gemäß § 287 ZPO in Übereinstimmung mit dem Vortrag des Beklagten auf 6,50 EUR je Quadratmeter. Grundlage der Schätzung ist die mit den Parteien erörterte Internetrecherche unter www.immobilienscout.de. Diese ergab, dass für Wohnungen in zentraler Lage von Karlsruhe-Durlach derzeit Mietangebote mit einem Preis von zwischen 7,40 EUR und 10,80 EUR je Quadratmeter vorhanden sind. Im Hinblick auf die Größe der Wohnung des Klägers kann hiervon ein Abschlag auf 6,50 EUR gemacht werden. Von dem Wohnwert in Abzug zu bringen sind die Zinsen für die Darlehen Nr. ... ...53675/20 (monatlich 363,00 EUR) und Nr. ...7388027 (halbjährlich 346,81 EUR) von insgesamt monatlich 420,80 EUR, die auf den Wohnbereich des Klägers entfallen. Unberücksichtigt bleiben hingegen die klägerseits geltend gemachten verbrauchsunabhängigen Kosten, da es sich um umlagefähige Kosten handelt (BGH NJW 2009, 1300). Nicht abzugsfähig ist auch der Großteil der vom Kläger behaupteten Reparaturkosten. Ausweislich der Kontierung durch seinen Steuerberater (Anlage A 49, As. II, 201 ff.) bezogen sich mit einer Ausnahme sämtliche vorgelegten Rechnungen auf die „Instandhaltung betrieblicher Räume". Dementsprechend sind die vorgelegten Rechnungen mit einer Belegnummer versehen und tragen den Stempel „Gebucht". Der Kläger hat die Maßnahmen daher bereits zur Reduzierung seiner Praxiseinkünfte herangezogen. Eine nochmalige Geltendmachung beim Wohnwert ist - unabhängig davon, dass dann die Angaben des Klägers in seiner Steuererklärung falsch gewesen wären - nicht möglich. Im Übrigen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch angegeben, dass die Kosten teilweise für Arbeiten an seiner zwar in der Wohnung gelegenen, aber betrieblich genutzten Bibliothek entstanden sind. Abzugsfähig ist allein die Rechnung über den Austausch einer Gasarmatur in der Wohnung des Klägers über 280,64 EUR (Anlage A 87), die 2006 zu einem monatlichen Abzugsbetrag von 23,39 EUR (280,64 EUR : 12) führt. Daher ergibt sich für das Jahr 2006 ein Wohnwert von monatlich 758,31 EUR (6,50 EUR x 185 m² = 1.202,50 EUR abzüglich 420,80 EUR Zinsen abzüglich 23,39 EUR Reparaturkosten) = 9.099,72 im Jahr , für die Zeit ab 2007 von monatlich 781,70 EUR (6,50 EUR x 185 m² = 1.202,50 EUR abzüglich 420,80 EUR Zinsen) = 9.380,40 EUR im Jahr .

Von seinem Einkommen abzuziehen sind die Vorsorgeaufwendungen des Klägers (Kranken-/Pflege- und Rentenversicherung).

Das bereinigte Nettoeinkommen des Klägers errechnet sich daher wie folgt:

für 2006:

fiktiv 83.993,39 EUR + Wohnwert 9.099,72 - Kranken-/Pflegeversicherung 4.972,00 EUR - Rentenversicherung 2.061,18 EUR - Altersvorsorge von 4% des Bruttoerwerbseinkommens 3.588,00 EUR (4% der hälftigen Bruttopraxiseinkünfte in Höhe von 89.700,00 EUR)

= 82.471,93 EUR

für 2007:

fiktiv 78.043,16 EUR + Wohnwert von 9.380,40 EUR - Kranken-/Pflegeversicherung 3.428,00 EUR - Rentenversicherung 2.062,- EUR - Altersvorsorge von 4% des Bruttoerwerbseinkommens 3.393,52 EUR (4% der hälftigen Bruttopraxiseinkünfte in Höhe von 84.838,00 EUR)

= 78.540,04 EUR

für 2008:

fiktiv 84.786,78 EUR + Wohnwert von 9.380,40 EUR - Kranken-/Pflegeversicherung 9.214 EUR - Rentenversicherung 2.360,- EUR - Altersvorsorge von 4% des Bruttoerwerbseinkommens 4.096,98 (4% der hälftigen Bruttopraxiseinkünfte in Höhe von 102.424,50 EUR)

= 78.496,20 EUR

Das fiktive durchschnittliche bereinigte Nettoeinkommen des Klägers für die Jahre 2006 bis 2008 beläuft sich daher auf 79.836,06 EUR im Jahr = 6.653,00 EUR im Monat.

(2) Bereinigtes Nettoeinkommen der Mutter des Beklagten

Die Mutter des Beklagten arbeitet als Fachoberschullehrerin mit einem Deputat von 26 von 28 Stunden. Für die Ermittlung ihres Haftungsanteils sind ihr jedoch Einkünfte aus einer Vollerwerbstätigkeit (28 Stunden) zuzurechnen.

Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners wird nicht nur durch sein tatsächlich vorhandenes Vermögen und Einkommen bestimmt, sondern auch durch seine Arbeits- und Erwerbsfähigkeit. Er hat die unterhaltsrechtliche Obliegenheit, die ihm zumutbaren Einkünfte zu erzielen, insbesondere seine Arbeitsfähigkeit so gut wie möglich einzusetzen. Die Erwerbsobliegenheit verpflichtet grundsätzlich zur Aufnahme einer Vollerwerbstätigkeit (Wendl/Dose, a. a. O., § 1 Rn. 489)

Soweit der Beklagte geltend macht, seine Mutter sei allenfalls zur Ausübung einer 75%-igen Erwerbstätigkeit in der Lage, bezieht er sich hierbei auf ein psychiatrisches Gutachten aus dem Jahr 2001. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass zum damaligen Zeitpunkt der Mutter des Beklagten nur die Ausübung eines ¾ Deputats zumutbar war. Dabei stellte das Gutachten darauf ab, dass der damals 17-jährige Beklagte noch bei seiner Mutter lebte, die sich in Psychotherapie befand. Die Mutter des Beklagten war 2001 in einer Schule in Bruchsal beschäftigt und erlitt auf den Fahrten von ihrer Wohnung zur Schule Panikattacken.

Mittlerweile haben sich jedoch die dem Gutachten zugrunde gelegten Umstände verändert. Die Mutter des Beklagten arbeitet nun an der Friedrich-Realschule in Karlsruhe-Durlach, zu der sie keinen Anfahrtsweg mehr hat. Ein Fortbestehen der früheren Beschwerden, insbesondere Panikattacken und die Notwendigkeit psychotherapeutischer Behandlung, wird vom Beklagten nicht geltend gemacht. Seit Mitte 2007 ist die Mutter des Beklagten mit 26 von 28 Unterrichtsstunden, also nahezu in Vollzeit tätig. Dass sie weiterhin ein um 2 Stunden reduziertes Deputat ausübt, hat sie gegenüber dem Amtsgericht Karlsruhe-Durlach im Verfahren 2 F 85/08 über Nachscheidungsunterhalt damit begründet, dass ihre Tätigkeit ein „Knochenjob" sei und sie mit ihren Kräften haushalten wolle. Daher ist auch das Amtsgericht Karlsruhe-Durlach im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren 2 F 85/08 davon ausgegangen, dass der Mutter des Beklagten eine Vollzeittätigkeit zuzumuten ist. Diese Einschätzung teilt der Senat. Die Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens zum Frage der Erwerbsfähigkeit der Mutter des Beklagten ist im Hinblick darauf, dass der Beklagte keine konkreten fortbestehenden Beschwerden behauptet hat, nicht veranlasst.

Die Mutter des Beklagten verfügte nach ihren Bezügemitteilungen für die Jahre 2009 und 2010 über folgende Bruttobezüge (Grundgehalt, Familienzuschlag, allgemeine Stellenzulage und vermögensbildende Leistungen), die auf 28 Stunden umgerechnet werden können:

2009: Grundgehalt von 35.067,08 EUR (4 x 2.839,95 EUR, 8 x 2.963,41 EUR)

Familienzuschlag von 1.056,89 EUR (Januar bis April: 4 x 94,28 EUR, Mai bis November: 7 x 97,11 EUR; die Gehaltsmitteilung für Dezember 2009 weist keinen Familienzuschlag aus)

Allgemeine Stellenzulage von 867,76 EUR (4 x 70,90 EUR, 8 x 73,02 EUR)

Vermögensbildende Leistung von 74,04 EUR (12 x 6,17 EUR)

Gesamt: 37.065,77 EUR Brutto für 26 Stunden

Bei einer Tätigkeit von 28 Stunden ergäbe sich ein Gesamtbrutto von 39.916,98 EUR (37.065,77 : 26 x 28). Nach Abzug des Beihilfebeitrags von 156,00 EUR (13,00 EUR x 12) ergäbe sich ein Bruttobetrag von 39.760,98 EUR im Jahr bzw. von 3.313,42 EUR im Monat. Hierfür wäre nach der besonderen Lohnsteuertabelle Lohnsteuer von 640,08 EUR, Solidaritätszuschlag von 30,54 EUR und Kirchensteuer von 44,43 EUR zu zahlen. Nach Abzug der vermögenswirksamen Anlage von 39,88 EUR ergäbe sich ein fiktiver Auszahlungsbetrag von 2.558,49 EUR im Monat. Unter Hinzurechnung der anteiligen Steuerrückerstattung von auf den Monat umgerechnet 75,26 EUR ergibt sich ein Nettoeinkommen bei vollschichtiger Tätigkeit von 2.633,75 EUR. Nach Abzug der pauschalen berufsbedingten Aufwendungen von 5% errechnet sich ein berücksichtigungsfähiges Erwerbseinkommen von 2.502,06 EUR.

2010: Grundgehalt von 35.916,52 EUR (2 x 2.963,41 EUR, 10 x 2.998,97 EUR)

Familienzuschlag von 684,41 EUR (Januar und Februar: 3 x 97,11 EUR, davon zweimal im Januar 2010 und einmal im Februar; März bis Mai und August: 4 x 98,27 EUR)

Allgemeine Stellenzulage von 885,04 EUR (2 x 73,02 EUR, 10 x 73,90 EUR)

Vermögensbildende Leistung von 74,04 EUR (12 x 6,17 EUR)

Gesamt: 37.560,01 EUR Brutto für 26 Stunden

Bei einer Tätigkeit von 28 Stunden ergäbe sich ein Gesamtbrutto von 40.449,24 EUR (37.560,01 : 26 x 28). Nach Abzug des Beihilfebeitrags von 156,00 EUR (13,00 EUR x 12) ergäbe sich ein Bruttobetrag von 40.293,24 EUR im Jahr bzw. von 3.357,77 EUR im Monat. Hierfür wäre nach der besonderen Lohnsteuertabelle Lohnsteuer von 637,00 EUR, Solidaritätszuschlag von 29,64 EUR und Kirchensteuer von 43,12 EUR zu zahlen. Nach Abzug der vermögenswirksamen Anlage von 39,88 EUR ergäbe sich ein fiktiver Auszahlungsbetrag von 2.608,13 EUR im Monat. Unter Hinzurechnung der anteiligen Steuerrückerstattung von auf den Monat umgerechnet 39,55 EUR ergibt sich ein Nettoeinkommen bei vollschichtiger Tätigkeit von 2.647,68 EUR. Nach Abzug der pauschalen berufsbedingten Aufwendungen von 5% errechnet sich ein berücksichtigungsfähiges Erwerbseinkommen von 2.515,30 EUR.

Den Wohnwert der Wohnung der Mutter des Beklagten schätzt der Senat - entsprechend der Wohnung des Klägers - auf 6,50 EUR je Quadratmeter. Die Wohnung der Mutter des Beklagten ist zwar kleiner als die des Klägers, was grundsätzlich zu einem höheren Mietpreis führt. Sie befindet sich jedoch nicht in so guter, zentraler Lage in Karlsruhe-Durlach wie die Wohnung des Klägers. Die Größe der von der Mutter des Beklagten bewohnten Wohnung ist durch die vom Beklagten vorgelegte Wohnflächenberechnung (AH II, 461) belegt. Der Mutter des Beklagten ist daher ein Wohnwert von 468,00 EUR (72 m² x 6,50 EUR) im Monat zuzurechnen. Hiervon sind die Darlehenszinsen von 255,89 EUR im Monat (2009) bzw. 169,12 EUR im Monat (2010) abzuziehen. Die Aufwendungen für die Erneuerung der Sanitärinstallationen von 996,31 EUR in 2009 werden nicht gesondert berücksichtigt, da sie in Zusammenhang mit dem Erwerb der Wohnung im September 2008 stehen dürften und daher bei den Erwerbsaufwendungen berücksichtigt sind. Auch die Zahlungen für Verwaltung und Instandhaltungsrücklage kann nicht abgezogen werden, da die Verwaltungskosten umlagefähig sind und nicht dargelegt ist, welcher Betrag auf die Instandhaltungsrücklage entfällt. Der Wohnwert nach Abzug der Darlehenszinsen beläuft sich daher für 2009 auf 212,11 EUR und für 2010 auf 298,88 EUR.

Abzuziehen sind beim Einkommen die Aufwendungen für die Krankenversicherung der Mutter des Beklagten sowie weitere Vorsorgeaufwendungen. Die Krankenversicherungsbeiträge beliefen sich 2009 durchschnittlich auf 273,01 EUR , 2010 auf 312,64 EUR . Ihre zusätzliche Rentenversicherung, für die sie 197,74 EUR im Monat bezahlt, ist jedoch nur in Höhe von 4% des Gesamtbruttoeinkommens anzusetzen (BGH FamRZ 2006, 387). Auszugehen ist dabei von dem fiktiven Gesamtbrutto, so dass sich für 2009 ein monatlich abzugsfähiger Betrag von 133,06 EUR (4% von 39.916,98 EUR : 12) und für 2010 von 134,83 EUR (4% von 40.449,24 EUR : 12) ergibt.

Das berücksichtigungsfähige bereinigte Nettoeinkommen der Mutter des Beklagten errechnet sich mithin wie folgt:

für 2009 pro Monat:

2.502,06 EUR fiktives Erwerbseinkommen + Wohnwert 212,11 EUR + Kapitaleinkünfte 0,35 EUR - Krankenversicherung 273,01 EUR - Rentenversicherung 133,06 EUR

= 2.308,45 EUR

für 2010 pro Monat:

2.515,30 EUR fiktives Erwerbseinkommen + Wohnwert 298,88 EUR - Krankenversicherung 312,64 EUR - Rentenversicherung 134,83 EUR

= 2.366,71 EUR

(3) Ermittlung des Haftungsanteils des Klägers nach der Formel SüdL 13.3

2009:

Bereinigtes Nettoeinkommen des Klägers (6.653,00 EUR) abzüglich 1.100 EUR x Bedarf des Beklagten (590,13 EUR) geteilt durch die Summe der bereinigten Nettoeinkommen beider Eltern abzüglich 2.200 EUR (hier: 6.653,00 EUR + 2.308,45 EUR - 2.200 EUR = 6.761,45 EUR) = 484,66 EUR

2010:

Bereinigtes Nettoeinkommen des Klägers (6.653,00EUR) abzüglich 1.100 EUR x Bedarf des Beklagten (670,60 EUR) geteilt durch die Summe der bereinigten Nettoeinkommen beider Eltern abzüglich 2.200 EUR (hier: 6.653,00 EUR + 2.366,71 EUR - 2.200 EUR = 6.819,71 EUR) = 546,04 EUR

ab 2011:

Bereinigtes Nettoeinkommen des Klägers (6.653,00 EUR) abzüglich 1.100 EUR x Bedarf des Beklagten (807,32 EUR) geteilt durch die Summe der bereinigten Nettoeinkommen beider Eltern abzüglich 2.200 EUR (hier: 6.653,00 EUR + 2.366,71 EUR - 2.200 EUR = 6.819,71 EUR) = 657,37 EUR

f) Ergebnis

Tituliert ist ein Kindesunterhalt für das Jahr 2009 von monatlich 449,00 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 von monatlich 513,00 EUR. Da der Haftungsanteil des Klägers für die Vergangenheit und die derzeit abzusehende Zukunft über dem titulierten Betrag liegt, ist die Abänderungsklage - soweit sie für den Zeitraum ab März 2009 zulässig ist - unbegründet.

Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 01.02.2011 für das Jahr 2008 negative Einkünfte aus der ärztlichen Laborgemeinschaft Baden-Baden in Höhe von - 4.242,00 EUR geltend gemacht hat, kann offen bleiben, ob diese für die Ermittlung des Kindesunterhalts beachtlich sind. Denn auch bei Berücksichtigung dieser Position würde der Haftungsanteil des Klägers sich nur um einige Euro verändern und jedenfalls nicht unter die titulierten Beträge sinken.

Damit ist das gesamte neue Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 01.02.2011 nicht entscheidungserheblich. Der Einräumung eines Schriftsatzrechts für den Beklagten hierauf bedurfte es daher nicht (Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 283 Rn. 2a).

3. Anträge des Klägers auf Befristung jeglichen Unterhalts bis 28.02.2009, hilfsweise bis 28.02.2010, hilfsweise auf Befristung des Ausbildungsunterhalts bis 28.02.2009, hilfsweise bis 28.02.2010, hilfsweise dass ab 01.09.2009 keinerlei Unterhalt mehr geschuldet ist.

Die Anträge sind zulässig, aber nicht begründet. Eine Befristung des Kindesunterhalts ist gesetzlich nicht vorgesehen. Wie ausgeführt hat der Beklagte seine Ausbildung bislang ausreichend zügig betrieben. Auch hatte die unterbliebene Inanspruchnahme des verzinslichen BAföG-Darlehens keine Auswirkung auf seinen Unterhaltsanspruch. Soweit der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nach Beendigung der zu finanzierenden Ausbildung und einer sich daran anschließenden Bewerbungsfrist endet, ist dieser Zeitpunkt noch nicht erreicht. Eine hinreichend sichere Prognose, wann die Bachelorausbildung beendet sein wird und ob dem Beklagten anschließend ein Masterstudium unterhaltsrechtlich zuzubilligen ist, lässt sich derzeit nicht treffen.

4. Antrag des Klägers auf Feststellung, dass Unterhaltsrückstände mit schuldbefreiender Wirkung an das Land Baden-Württemberg zu zahlen sind, soweit und solange sie auf das Land Baden-Württemberg übergegangen sind.

Der Feststellungsantrag ist unzulässig, da kein Feststellungsinteresse besteht.

§ 256 Abs. 1 ZPO erfordert ein rechtliches Interesse daran, dass das Rechtsverhältnis festgestellt wird. Dieses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr oder Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Bei einer positiven Feststellungsklage liegt eine solche Gefährdung schon darin, dass der Beklagte das Recht des Klägers ernstlich bestreitet (Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 256 Rn. 7).

Vorliegend hat der Beklagte nach Ankündigung des Feststellungsantrags durch den Kläger ausgeführt, er sei selbstverständlich damit einverstanden, dass der Kläger den an den Beklagten zu zahlenden Unterhalt in Höhe des auf das Land Baden-Württemberg übergegangenen Betrages an das Land Baden-Württemberg bezahlt (As. I, 647). Auch hat er für die Zeiträume der BAföG-Zahlungen weder eine Vollstreckung aus dem bestehenden Titel angekündigt noch irgendwelche darauf gerichteten Maßnahmen unternommen. Eine gegenwärtige Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme des Klägers in Bezug auf die gemäß § 37 BAföG übergegangenen Ansprüche besteht daher nicht.

5. Antrag des Klägers auf Rückzahlung von vollstreckten Unterhaltsbeträgen, die monatlich 409,43 EUR übersteigen

Eine Entscheidung über den Antrag ergeht nicht, da der Antrag nur hilfsweise für den Fall gestellt ist, dass der Abänderungsklage stattgegeben wird.

6. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO ist nicht veranlasst. Im Hinblick auf die Anrechnung der nach dem 65. Lebensjahr erzielten Erwerbseinkünfte des Klägers hat der Senat gemäß den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätzen (BGH Urteil vom 12.01.2011 - XII ZR 83/08 -) eine Wertung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vorgenommen. Eine über den vorliegenden Fall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist damit nicht verbunden.

Der Streitwert richtet sich gemäß §§ 47, 42 Abs. 1 GKG nach der in der Berufungsinstanz erstrebten Abänderung des erstinstanzlichen Urteils für die ersten zwölf Monate, die noch im Streit sind. Danach beträgt der Streitwert für die Berufung des Beklagten 425,84 EUR. Denn die vom Beklagten begehrte Abänderung beläuft sich für Juni bis Dezember 2008 auf 32,57 EUR (442,00 EUR - 409,43 EUR) und für Januar bis Mai 2009 auf 39,57 EUR (449,00 EUR - 409,43 EUR), woraus sich ein Streitwert von 425,84 EUR errechnet (7 x 32,57 EUR + 5 x 39,57 EUR). Der Streitwert für die Anschlussberufung des Klägers beläuft sich auf 4.913,16 EUR (409,43 x 12). Eine wirtschaftliche Identität der beiden Rechtsmittel ist nicht gegeben, da sie eine Abänderung des im angefochtenen Urteil festgesetzten Unterhaltsbetrags nach oben bzw. nach unten begehren. Der Streitwert für beide Rechtsmittel ist daher gemäß § 45 Abs. 2, Abs. 1 S. 1, S. 3 GKG zusammenzurechnen und beträgt 5.339,00 EUR. ..."

***

„... I. Der Antragsteller nimmt den Antragsgegner aus übergegangenem Recht auf Ausbildungsunterhalt für die Zeit von 11/2008 bis 9/2009 in Anspruch.

Der Antragsgegner ist der Vater des am ….12.1980 geborenen Studenten S… S…. Dieser legte in 6/2000 das Abitur ab und leistete von 12/2000 bis 10/2001 seinen zivilen Ersatzdienst. Zum Wintersemester 2001/2002 nahm S… das Studium der Informationstechnik an der … Universität … auf, das er im Sommersemester 2002 abbrach. Ab 8/2002 absolvierte S… eine Berufsausbildung zum IT-Systemkaufmann, die er in 7/2005 mit Erfolg abschloss. Zum Wintersemester 2005/2006 begann S… an der … Fachhochschule … mit dem Bachelor-Studium im Studiengang Medieninformatik. Er schloss dieses nach sechs Semestern erfolgreich ab. Ausweislich seines Bachelorzeugnisses hat S… die Bachelor-Prüfung am 23.9.2008 mit dem Gesamtprädikat „sehr gut" bestanden.

Nachdem der Antragsgegner die Zahlung von Ausbildungsunterhalt für das im Wintersemester 2005/2006 an der … Fachhochschule … begonnene Studium der Medieninformatik abgelehnt hatte, wurden S… antragsgemäß Vorausleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe des gegen den Vater errechneten Unterhaltsanspruchs gewährt. Der übergegangene Unterhaltsanspruch ist vom Antragsteller zunächst für den Bewilligungszeitraum von 10/2005 bis 7/2006 gerichtlich geltend gemacht worden. Im Rahmen des damaligen Berufungsverfahrens - 10 UF 51/07 - hat der Senat durch Urteil vom 10.7.2007 einen Anspruch von S… gegen den Vater auf Ausbildungsunterhalt nach § 1610 Abs. 2 BGB bejaht. Für den Bewilligungszeitraum von 10/2006 bis 9/2007 erhielt S… ebenfalls Vorausleistungen nach dem BAföG. Auf die nach erneuter Ablehnung von Zahlungen vom Antragsteller erhobene Klage hin wurde der Antragsgegner durch Urteil des Amtsgerichts Strausberg vom 17.2.2009 - 2 F 491/08 - antragsgemäß zur Rückzahlung des voraus geleisteten Unterhalts in Höhe von insgesamt rd. 3.745 € verurteilt. Gegen diese Entscheidung hat der Vater keine Berufung eingelegt.

Seit dem Wintersemester 2008/2009 ist S… im Master-Studiengang Technische Informatik an der … Universität … immatrikuliert. Nach der Notenbescheinigung der … Universität … vom 11.8.2010 hatte S… zu diesem Zeitpunkt im Rahmen der abgelegten Modulprüfungen 91 Leistungspunkte erreicht. Die Einreichung seiner Master-Arbeit war für Anfang 12/2010 vorgesehen. Da der Antragsgegner den von S… geforderten Ausbildungsunterhalt für das in 10/2008 begonnene Master-Studium ablehnte, hat der Antragsteller ihm antragsgemäß Vorausleistungen nach dem BAföG in Höhe des gegen den Vater errechneten Unterhaltsanspruchs gewährt. Der Übergang des Unterhaltsanspruchs wurde dem Antragsgegner mitgeteilt. Gleichwohl zahlte er keinen Unterhalt. Gegen den vom Antragsteller erwirkten Mahnbescheid hat der Antragsgegner Widerspruch eingelegt, der zu dem vorliegenden Verfahren geführt hat.

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner durch Versäumnisbeschluss vom 23.2.2010 antragsgemäß zur Zahlung von übergegangenem Ausbildungsunterhalt in Höhe von insgesamt rund 2.601 € nebst Zinsen für die Zeit von 11/2008 bis 9/2009 verpflichtet. Auf den dagegen eingelegten Einspruch des Antragsgegners hat es durch Beschluss vom 29.6.2010 den Versäumnisbeschluss aufrechterhalten. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, Bachelor- und Master-Studiengang seien als einheitlicher Ausbildungsgang zu werten. Der hinreichend leistungsfähige Antragsgegner schulde deshalb seinem Sohn dem Grunde und der Höhe nach den geltend gemachten Ausbildungsunterhalt in Höhe der vom Antragsteller erbrachten Vorausleistungen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, der seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Zur Begründung beruft er sich vor allem darauf, der Unterhaltsanspruch von S… sei mit dem erfolgreichen berufsqualifizierenden Abschluss seines Bachelor-Studiums weggefallen, zumal es an der zielgerichteten und planmäßigen Durchführung des neuen an der … Universität … begonnenen Master-Studiums fehle. Hierdurch habe sein Sohn etwaige Unterhaltsansprüche verwirkt. Ferner verfüge S… über Nebeneinkünfte, die in voller Höhe bedarfsdeckend anzurechnen seien, sodass kein ungedeckter Restbedarf verbleibe.

Der Antragsgegner beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg, Familiengericht, vom 8.6.2010 zum Az: 2.2 F 354/09 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen. Der Antragsteller beantragt die Zurückweisung der Beschwerde und beruft sich darauf, dass es sich bei der Bachelor-Master-Studiengangskombination um einen einheitlichen Ausbildungsgang handele, für den der Antragsgegner seinem Sohn Ausbildungsunterhalt schulde. Ferner seien die Nebeneinkünfte von S… nach ausbildungsförderungsrechtlichen Grundsätzen berücksichtigt und dementsprechend zum Teil bedarfsdeckend angerechnet worden. ...

II. Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist nicht begründet. Das Amtsgericht hat dem Zahlungsantrag des Antragstellers zu Recht in vollem Umfang stattgegeben und den entsprechenden Versäumnisbeschluss durch den angefochtenen Beschluss aufrechterhalten. Der leistungsfähige Antragsgegner schuldet seinem Sohn nach Abschluss des Bachelor-Studiengangs auch für den nachfolgenden Studiengang Technische Informatik mit dem angestrebten Master-Abschluss den für die Zeit von 11/2008 bis 9/2009 geltend gemachten Ausbildungsunterhalt nach § 1610 Abs. 2 BGB. Dieser Anspruch ist aufgrund der dem Studenten im Wege der Vorausleistung gewährten Ausbildungsförderung nach § 37 Abs. 1 BAföG auf den Antragsteller übergegangen.

Nach § 37 Abs. 1 BAföG geht der bürgerlich-rechtliche Unterhaltsanspruch des Auszubildenden kraft Gesetzes auf das Land als Träger der Ausbildungsförderung über. Einwendungen betreffend den Übergang des Ausbildungsunterhaltsanspruchs von S… hat der Antragsgegner nicht geltend gemacht.

2. Im Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilungen ist an die in dem ersten Verfahren getroffene Feststellung anzuknüpfen , dass der Antragsgegner seinem Sohn Ausbildungsunterhalt nach § 1610 Abs. 2 BGB für das von S… vom Wintersemester 2005/2006 bis September 2009 an der … Fachhochschule … erfolgreich durchlaufene Bachelor-Studium im Studiengang Medieninformatik schuldete.

Der Senat hat diesen Anspruch in seinem Urteil vom 10.7.2007 unter Zugrundelegung der ständigen BGH-Rechtsprechung zu den „Abitur-Lehre-Studium-Fällen" (vgl. hierzu z. B. BGH, FamRZ 2006, 1100) bejaht. Daran ist festzuhalten. Es besteht keine Veranlassung, die vorangegangene Wertung des Senats im Rahmen des vorliegenden Verfahrens in Frage zu stellen. Die unterhaltsrechtliche Berechtigung des Bachelor-Studienganges und die Verpflichtung des Antragsgegners, diesen zu finanzieren, bilden daher die rechtliche Grundlage und den Ausgangspunkt für die Streitfrage, ob der Antragsgegner seinem Sohn auch noch für den nachfolgenden Master-Studiengang Ausbildungsunterhalt schuldet.

Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Unterhaltspflicht des Antragsgegners nach § 1610 Abs. 2 BGB für den Master-Studiengang fortdauert. Der von S… im Oktober 2009 aufgenommene sogenannte konsekutive Master-Studiengang Technische Informatik bildet mit dem im September 2009 erfolgreich abgeschlossenen Bachelor-Studiengang Medieninformatik unterhaltsrechtlich eine einheitliche Ausbildung. Der gemäß § 1610 Abs. 2 BGB zu fordernde fachliche und zeitliche Zusammenhang ist gegeben.

Nach § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Ziel der begabungsbezogenen Ausbildung ist es, das unterhaltsberechtigte Kind in die Lage zu versetzen, künftig seinen Unterhalt und gegebenenfalls den seiner Familie sicherzustellen. Nach erfolgreichem Abschluss einer angemessenen Ausbildung hat das Kind grundsätzlich keinen Anspruch auf eine zweite Ausbildung (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2006, 1100). Im Streitfalle handelt es sich bei der Bachelor-Master-Studiengangskombination von S… unterhaltsrechtlich jedoch nicht um eine Aneinanderreihung zweier Ausbildungen (Doppelstudium), sondern um einen einheitlichen Ausbildungsgang. Entgegen seiner Auffassung endete die Unterhaltspflicht des Antragsgegners deshalb hier nicht mit dem Bachelor-Abschluss im September 2009.

a) Der sogenannte Bologna-Prozess, der im Jahr 1999 in Gang gesetzt worden ist, um ein europaeinheitliches Konzept für effektive Ausbildungsgänge durchzusetzen, hat in Deutschland zur Einführung gestufter Studiengänge und -abschlüsse geführt, insbesondere zu neuen Bachelor- und Master-Studiengängen. Diese führen zusammen zu einer dem Abschluss eines herkömmlichen grundständigen Diplomstudienganges vergleichbaren Qualifikation (vgl. hierzu Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Aufl., § 7, Rn. 18). Es ist dabei zwischen sogenannten konsekutiven und weiterbildenden Master-Studiengängen zu unterscheiden . Ein Master-Studiengang ist insbesondere dann als konsekutiv einzuordnen, wenn er dem Bachelor-Studiengang zeitlich unmittelbar nachfolgt und inhaltlich darauf aufbaut, indem er die dort erworbenen Kenntnisse vertieft oder erweitert. Der sogenannte weiterbildende Master-Studiengang entspricht hinsichtlich der Anforderungen dem konsekutiven Master-Studiengang und führt zum gleichen Qualifikationsniveau und zu denselben Berechtigungen. Er setzt jedoch eine qualifizierte berufspraktische Erfahrung von in der Regel nicht unter einem Jahr voraus. Im Rahmen der Bachelor-Master-Studiengangskombination besitzt der Studienabschluss des Bachelors für sich genommen eine „Doppelnatur". Zum einen vermittelt er eine (erste eigenständige) Berufsbefähigung (§ 19 Abs. 2 Hochschulrahmengesetz). Zum anderen bildet der Bachelor-Abschluss (ggf. neben weiteren besonderen Zugangserfordernissen) die grundsätzliche Voraussetzung für die Zulassung zum Master-Studiengang.

Ziel des Gesetzgebers war es, den sogenannten Bologna-Prozess durch eine Neuregelung des BAföG ausbildungsförderungsrechtlich zu unterstützen und gerade die Kombination von Bachelor- und Master-Studiengängen zu fördern (vgl. hierzu z. B. OVG Lüneburg, FamRZ 2008, 930; OVG Hamburg, FamRZ 2007, 1920). Deshalb wurde durch die Sonderregelung des § 7 Abs. 1 a BAföG der Grundanspruch auf Ausbildungsförderung erweitert und insbesondere auf die neuen Master-Studiengänge im Sinne des § 19 Hochschulrahmengesetz erstreckt (vgl. hierzu BVerwG vom 17.10.2006 - 5 B 78.06, bei juris; Ramsauer/Stallbaum/Sternal, a.a.O., § 7, Rn. 18). Ungeachtet seines berufsqualifizierenden Abschlusses sind danach der erfolgreich abgeschlossene Bachelor-Studiengang und der darauf aufbauende Master-Studiengang nach der Systematik des § 7 BAföG nicht isoliert zu betrachtende Ausbildungsabschnitte (Doppelstudium), sondern ausbildungsförderungsrechtlich als eine einheitliche (einzige) Ausbildung zu beurteilen (vgl. hierzu OVG Lüneburg, FamRZ 2008, 930; FamRZ 2006, 1486).

b) Die Voraussetzungen der staatlichen Ausbildungsförderung und der privatrechtlichen Unterhaltspflicht stimmen zwar nicht überein. Auch greifen die Vorschriften und Richtlinien der staatlichen Ausbildungsförderung nicht in die privatrechtliche Unterhaltspflicht ein (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1977, 629; Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Aufl., § 1610, Rn. 22). Insbesondere müssen Eltern ihrem Kind eine weitere Ausbildung nicht schon deshalb finanzieren, weil und wenn dem Kind hierfür eine staatliche Ausbildungsförderung zuteil wird (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1977, 629). Die unterhaltsrechtliche Behandlung des Bachelor- und Master-Abschlusses muss daher nicht zwingend mit der BAföG-Förderung übereinstimmen. Der Senat hält es jedoch für sachgerecht, den modernisierungs- und förderungsfreundlichen Ansatz der Sonderregelung des § 7 Abs. 1 a BAföG als Ausgangspunkt für die unterhaltsrechtlich Beurteilung des Bachelor-Master-Ausbildungsweges zugrunde zu legen. Hiervon ausgehend kann der auf einem vorherigen Bachelor-Studiengang aufbauende konsekutive Master-Studiengang auch unterhaltsrechtlich als ein einheitlicher (einziger) Ausbildungsgang zu werten sein. Der Anspruch des Kindes auf Ausbildungsunterhalt nach § 1610 Abs. 2 BGB, der die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf umfasst, wird dann - ungeachtet des damit verbundenen berufsqualifizierenden Abschlusses - nicht schon in jedem Fall durch den erfolgreich abgeschlossenen Bachelor-Studiengang ausgeschöpft. Vielmehr kann dem Kind gegen seine Eltern ein Anspruch gemäß § 1610 Abs. 2 BGB auf Finanzierung auch des Master-Studiengangs zustehen (so auch im Ergebnis z.B. OLG Celle, FamRZ 2010, 1456; Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 2, Rn. 68).

Allerdings stellen der Bachelor- und der Master-Studiengang nicht notwendig eine Einheit dar, weil bereits der Bachelor-Abschluss eine Berufsbefähigung vermittelt. Der Studierende kann sein Master-Studium auch erst später, nach einer zwischenzeitlichen Berufstätigkeit, aufnehmen. Nach Auffassung des Senats ist deshalb mit Blick auf das aus § 1610 Abs. 2 BGB abzuleitende Merkmal der Einheitlichkeit des Ausbildungsgangs (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1995, 416) daran festzuhalten, dass die einzelnen Ausbildungsabschnitte in einem engen Zusammenhang stehen. In Anlehnung an die Fälle „Abitur-Lehre-Studium" ist unterhaltsrechtlich zum einen zu fordern, dass zwischen dem Bachelor- und dem Master-Studiengang ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht. Zum anderen muss sich die Fortsetzung des Studiums nach dem erfolgreichen Bachelor-Abschluss als eine fachliche Ergänzung und Weiterführung oder Vertiefung erweisen. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

S… hat am 1.10.2005 an der … Fachhochschule … mit dem Studium der Medieninformatik begonnen und nach einer nur 6-semestrigen Regelstudienzeit am 23.9.2008 die Bachelor-Prüfung mit dem Gesamtprädikat „sehr gut" bestanden. Er hat sodann zum nächstmöglichen Termin - nämlich bereits zum Wintersemester 2008/2009, das am 1.10.2009 begonnen hat, - das Studium im Master-Studiengang an der … Universität … aufgenommen, sodass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen beiden Ausbildungsabschnitten vorliegt.

Der notwendige fachliche Zusammenhang zwischen dem Studiengang Medieninformatik und Technische Informatik ist ebenfalls zu bejahen. Im Übrigen hat die … Universität … in ihrer „Studienordnung für den 4-semestrigen konsekutiven Master-Studiengang Technische Informatik" vom 10.12.2008 unter Ziffer 2. Abs. 1 die fachlichen Zugangsvoraussetzungen zum Master-Studiengang ausdrücklich geregelt. Danach ist Zugangsvoraussetzung für den forschungsorientierten Master-Studiengang, dass der zuvor erlangte berufsqualifizierende Bachelor-Abschluss im Fach Technische Informatik mit einem Umfang von mindestens 180 Leistungspunkten und mit Elektrotechnik- und Informatik-Anteilen, die denen des Bachelor-Studienganges Technische Informatik der Fakultät für Elektronik und Informatik der …Universität … entsprechen, erworben wurde. Alternativ können Hochschulabschlüsse in verwandten Fächern anerkannt werden, wenn sie „gleichwertig" sind. Die Zulassung von S… zum Master-Studiengang im Wintersemester 2008/2009 belegt, dass die … Universität … die fachliche Gleichwertigkeit im Hinblick auf den von S… absolvierten Studiengang Medieninformatik anerkannt hat. Das stützt die Auffassung des Senats hinsichtlich des Vorliegens eines fachlichen Zusammenhangs des Bachelor-Master-Studienganges von S….

Die sukzessive Entscheidung von S… zur Fortsetzung seines Studiums im Master-Studiengang ist unschädlich. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass S… das Bachelor-Studium an der … Fachhochschule … durchgeführt hat, und er den Master-Studiengang an der … Universität … absolviert. Im Übrigen ist dieser Umstand für den Antragsgegner günstig, weil das entsprechende Bachelor-Studium im Studiengang Technische Informatik laut Studienordnung der … Universität … vom 5.1.2005 (§ 2 Abs. 2) sogar eine Regelstudienzeit von 7 Semestern vorsieht.

4. Einwände zur Höhe seines vom Antragsteller errechneten Haftungsanteiles (§ 1606 Abs. 3 S. 1 BGB) von monatlich 236,45 € hat der Antragsgegner nicht erhoben. Ausgehend von einem Unterhaltsbedarf von mindestens 640 € monatlich (zuzüglich Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung) und einem nicht in Frage gestellten bereinigten monatlichen Nettoeinkommen des Antragsgegners von rd. 4.700 € sowie einem solchen der Mutter von rd. 1.200 € und unter Berücksichtigung des den Eltern zustehenden angemessenen Selbstbehaltes in Höhe von seinerzeit 1.100 € monatlich bestehen gegen die vom Antragsteller geltend gemachte Haftungsquote des Antragsgegners keine Bedenken. Sie beläuft sich jedenfalls auf 97 %.

Die tatsächlich bezogenen BAföG-Leistungen sind im Streitfall subsidiär, weil sie vom Antragsteller als Vorausleistungen im Sinne von § 36 BAföG erbracht wurden. Unstreitig stand S… im Unterhaltszeitraum dem Grunde nach keine staatliche Ausbildungsförderung zu. Sein Kindergeldanspruch war altersbedingt bereits ausgelaufen.

5. Der vom Antragsgegner erhobene Verwirkungseinwand, den er damit begründet, dass von seinem Sohn „kein ordnungsgemäßes zeitgemäßes Studium absolviert" werde, führt nicht zum Erfolg.

a) Die mit Umwegen verlaufene schulische/berufliche Entwicklung von S…, die längere Zeit als üblich in Anspruch nimmt, führt entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht dazu, dass Bachelor-Studiengang und der seit dem Wintersemester 2008/2009 darauf aufbauende Master-Studiengang von S… als „nicht ordnungsgemäß und zeitgemäß absolvierte Ausbildung" zu beurteilen wären. Wie der Senat in seinem Urteil vom 10.7.2007 festgestellt hat, schuldete der Antragsgegner seinem Sohn Ausbildungsunterhalt nach § 1610 Abs. 2 BGB für das von diesem vom Wintersemester 2005/2006 bis September 2009 an der … Fachhochschule … erfolgreich durchlaufene Bachelor-Studium im Studiengang Medieninformatik. An diese Feststellung müssen alle unterhaltsrechtlichen Folgebewertungen anknüpfen.

b) Entgegen der Behauptung des Antragsgegners ist S… im Rahmen seines Master-Studiums seiner aus dem Gegenseitigkeitsprinzip (§ 1618 a BGB) folgenden Ausbildungsobliegenheit - d.h. das Studium ernsthaft, zielstrebig und ordnungsgemäß durchzuführen - uneingeschränkt nachgekommen.

In diesem Zusammenhang sind die sich für die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge ergebenden Besonderheiten des Studienverlaufs in die Beurteilung einzubeziehen. Das Studium ist in sogenannte Module gegliedert, die aufeinander aufbauen. Hierbei handelt es sich um inhaltlich und zeitlich abgeschlossene Lehr- und Lerneinheiten. Ein Modul fasst eine oder mehrere Lehrveranstaltungen mit einem Lernziel zusammen und ist die Einheit, für die Leistungspunkte - sog. Credit Points nach dem European Credit Transfer System (ECTS) - vergeben werden. Pro Semester sind durchschnittlich 30 Leistungspunkte (Credit Points) zu erwerben. Bei einem Bachelor-Studium mit einer Regelstudienzeit von sechs Semestern ergeben sich so für das gesamte Studium 180 Leistungspunkte, die S… ausweislich seines Bachelor-Zeugnisses vom 23.9.2008 auch erreicht hat. Bei einer Regelstudienzeit des von S… aufgenommenen Master-Studiengangs von vier Semestern umfasst das Studium bis zum Master-Abschluss Studienleistungen im Umfang von 120 Leistungspunkten. Entsprechendes ergibt sich auch aus Ziffer 3 Abs. 1 und 2 der vorgelegten Studienordnung der … Universität … für den Master-Studiengang. Diese besondere Struktur verschafft den unterhaltspflichtigen Eltern im Rahmen der ihnen zustehenden Kontrollrechte (§ 242 BGB) eine bessere Möglichkeit, sich durch die geschuldeten Informationen und Nachweise über die Anzahl der in jedem Semester erworbenen Leistungspunkte ein genaues Bild über die Studienerfolge ihres Kindes und die Wahrnehmung seiner Ausbildungsobliegenheit zu machen, und lässt auch im Streitfall eine leichtere Beurteilung zu.

Nach der Notenbescheinigung der … Universität … vom 11.8.2010 hat S… bis zu diesem Termin 91 Leistungspunkte erworben. Die Master-Arbeit, an der S… ab 4.6.2010 gearbeitet hat, geht bei erfolgreichem Abschluss mit 30 Leistungspunkten in die Bewertung ein. Für den Senat steht damit fest, dass S… sein Master-Studium jedenfalls bis zum Ende des streitbefangenen Unterhaltszeitraums ernsthaft, zielstrebig und ordnungsgemäß durchgeführt hat.

Der Antragsgegner kann sich ebenfalls nicht mit Erfolg auf einen Wegfall seiner Unterhaltspflicht wegen der fehlenden Vorlage von Leistungs- und Studiennachweisen berufen.

Wird die Erfüllung der Kontroll- und Auskunftsansprüche der Eltern seitens des Kindes grundlos verweigert, kann sich die Frage stellen, inwieweit den Eltern im Hinblick auf ihre Unterhaltszahlungen ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, bis die entsprechenden Informationen erteilt und Nachweise vorgelegt sind (so z.B. OLG Celle, EzFamR 2001, 167; Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rn. 72.). Eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs bei Verletzung der Informationspflicht scheidet aus. Folglich erlischt ein etwaiges Zurückbehaltungsrecht mit der Vorlage der geschuldeten Nachweise. Ein einbehaltener Unterhalt wäre von den Eltern unverzüglich nachzuzahlen. Im Übrigen muss das Kind im Rahmen eines Rechtsstreits darlegen und ggfls. beweisen, dass es seiner Ausbildung pflichtbewusst und zielstrebig nachgeht. Gelingt der Nachweis nicht, büßt das Kind seinen Unterhaltsanspruch ein. Entsprechendes gilt für den Anspruchsinhaber im Fall des gesetzlichen Forderungsüberganges.

Ungeachtet etwaiger früherer Versäumnisse von S… haben jedenfalls im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat die geschuldeten Leistungsnachweise in Form der Bescheinigung der … Universität … über die abgelegten Modul-Prüfungen vom 11.8.2010 vorgelegen. Daher kann der Antragsgegner wegen des hinreichend dargelegten Anspruchs von S… auf Ausbildungsunterhalt nach § 1610 Abs. 2 BGB aus dem früheren Fehlen der Nachweise nichts für sich herleiten.

7. Schließlich stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die von S… tatsächlich erzielten Nebeneinkünfte bedarfsdeckend anzurechnen sind. Die vom Antragsteller vorgenommene ausbildungsförderungsrechtliche Anrechnung ist unterhaltsrechtlich nicht bindend. Vorliegend bedarf es dabei keiner abschließenden Entscheidung des Senats über die genaue Höhe der auch unterhaltsrechtlich allenfalls zum Teil auf seinen Unterhaltsbedarf anzurechnenden Eigeneinkünfte von S…. Jedenfalls würde sein Unterhaltsanspruch gegen den Antragsgegner durch eine Anrechnung nicht unter den vom Amtsgericht zugesprochenen Unterhaltsbetrag von 236,46 € monatlich sinken.

a) Im Ausgangspunkt dieser unterhaltsrechtlichen Beurteilung sind folgende Grundsätze zu beachten:

Wird die Ausbildung - wie im Regelfall - in Vollzeitform durchgeführt, muss das Kind grundsätzlich seine volle Arbeitskraft für sie einsetzen. Eine volle Inanspruchnahme der Arbeitskraft für das Studium oder die berufliche Ausbildung ist anzunehmen, wenn sich die Arbeitsbelastung des Auszubildenden für seine Ausbildung (Präsenszeit in Unterricht, Seminaren, Praktika u. Ä. sowie Vor- und Nachbereitungszeit) auf etwa insgesamt 40 Wochenstunden beläuft (vgl. hierzu BVerwG, FamRZ 1989, 216.). Eine solche Arbeitsbelastung (bei sechs Wochen Urlaub im Jahr) liegt rechnerisch auch der Grundkonzeption der neuen Bachelor-Master-Studiengänge zugrunde. Die vorgesehenen 30 Leistungspunkte pro Semester sind regelmäßig nur im Rahmen eines Vollzeitstudiums zu erreichen.

Ein Student ist neben dem Studium nicht zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1995, 475; Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2, Rn. 350). Es liegt auch im Interesse der unterhaltspflichtigen Eltern, dass der Student nicht durch eine eigene Erwerbstätigkeit von seiner Ausbildung abgehalten wird. Er soll sich mit ganzer Kraft sowie dem gehörigen Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit der Ausbildung widmen sowie in angemessener und üblicher Dauer einen Beruf erlernen, der den Auszubildenden nachhaltig befähigt, seinen angemessenen Unterhalt selbst zu verdienen (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1995, 475; Göppinger/Macco, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., Rn. 359). Das gilt auch für die Semesterferien. Insbesondere die Zeit der Semesterferien dient neben der notwendigen Erholung auch der Wiederholung und Vertiefung des Stoffes, soweit sie nicht ohnehin durch studienbedingte Aufgaben (z. B. Hausarbeiten) ausgefüllt ist (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1995, 475).

Da während der Zeit einer Ausbildung keine Erwerbsobliegenheit besteht, stammt gleichwohl erzieltes Einkommen eines Studenten aus überobligationsmäßiger Tätigkeit (vgl. hierzu Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2, Rz. 350; Ehinger/Griesche/Rasch, Handbuch Unterhaltsrecht, 6. Aufl., Rn. 213 f.). Folglich kann eine tatsächlich ausgeübte Nebentätigkeit jederzeit reduziert oder vollständig aufgegeben werden .

Soweit der Student neben seiner Ausbildung einer Erwerbstätigkeit nachgeht, bleibt das dadurch erzielte Einkommen allerdings nicht schon deshalb vollständig unberücksichtigt, weil es als überobligationsmäßig zu qualifizieren ist (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2006, 683). Die Anrechnung solcher Einkünfte aus unzumutbarer Tätigkeit bestimmt sich auch beim Volljährigenunterhalt im Einzelfall nach dem entsprechend heranzuziehenden Rechtsgedanken des § 1577 Abs. 2 BGB (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1995, 475). Soweit der Student nicht die vollen oder keine Unterhaltsleistungen erhält, bleiben seine Einkünfte anrechnungsfrei (§ 1577 Abs. 2 Satz 1 BGB). Darüber hinaus kommt eine Anrechnung insoweit in Betracht (§ 1577 Abs. 2 Satz 2 BGB), als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht (vgl. hierzu BGH, a.a.O.).

Ausgehend von dem von S… an der … Universität … zu leistenden Vollzeitstudium hält der Senat die von ihm im Unterhaltszeitraum von 11/2008 bis 9/2009 ausgeübte Nebentätigkeit von unstreitig 17 Stunden pro Woche insgesamt für überobligationsmäßig. Dass der Fortgang des Master-Studiums unter der Nebentätigkeit nicht gelitten hat, belegen die zwischenzeitlich dokumentierten Studienleistungen von S…. Seine Leistungsbeurteilungen liegen (bereits seit Studienbeginn im Wintersemester 2005/2006) bis zum Ende des streitbefangenen Unterhaltszeitraumes überwiegend zwischen „gut" und „sehr gut", mit Tendenz zum „sehr gut".

b) Vor diesem rechtlichen und tatsächlichen Hintergrund sind die Eigeneinkünfte von S… im Unterhaltszeitraum allenfalls in Höhe von monatlich bis zu 300 € bedarfsdeckend anzurechnen.

Nach den Gehaltsabrechnungen für den Monat Dezember und den jeweils ausgewiesenen Jahressummen hat S… im Kalenderjahr 2008 ein monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen in Höhe von

[(9.841,76 € - 5,50 € - 979,26 €) : 12 =] rd. 738 €
und im Kalenderjahr 2009 ein solches in Höhe von

[(11.050,56 € - 11,30 € - 1.099,56 €) : 12 =] rd. 828 €

erzielt.

Der Antragsgegner zahlt bereits seit dem Wintersemester 2005/2006 freiwillig keinen Ausbildungsunterhalt mehr. Zudem datiert der BAföG-Bescheid im streitbefangenen Zeitraum erst vom 20.1.2009. S… war also überwiegend auf Unterstützung durch Dritte angewiesen bzw. er musste in der Vergangenheit immer wieder und auch die Zeit ab Beginn des Wintersemesters 2008/2009 und Aufnahme seines Master-Studiums bis zur Auszahlung der Vorausleistungen des Amtes für Ausbildungsförderung durch eigene Einkünfte überbrücken. Anders hätte er seinen Lebensunterhalt nicht sicherstellen können.

S… hat nach § 1610 Abs. 2 BGB Anspruch auf Unterhalt für eine angemessene Berufsausbildung, die sich in den Grenzen der Leistungsfähigkeit der Eltern hält. Die Finanzierung des Ausbildungsganges muss den unterhaltspflichtigen Eltern zumutbar sein (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2001, 1601). Auf deren Beruf und gesellschaftliche Stellung kommt es dabei nicht an (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2006, 1100; FamRZ 2000, 420). Unter Einbeziehung des Kriteriums der wirtschaftlichen Zumutbarkeit, insbesondere des unstreitigen monatlichen Nettoeinkommens des Antragsgegners in Höhe von rd. 4.700 €, ist im Streitfall nach dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 1577 Abs. 2 BGB und auch unter allgemeinen Billigkeitsgesichtspunkten das vorstehend festgestellte eigene Einkommen von S… aus seiner überobligationsmäßigen Nebentätigkeit unterhaltsrechtlich allenfalls in Höhe eines Betrages zwischen 250 € und 300 € monatlich bedarfsdeckend anzurechnen.

Geht man zugunsten des Antragsgegners von einem nach entsprechender Anrechnung verbleibenden ungedeckten Restbedarf von S… in Höhe von (640 € - 300 € =) 340 € aus, den er in Höhe von rd. 97 % zu decken hat, müsste der Antragsgegner nach den Einkommensverhältnissen beider Eltern einen Anteil von rd. 330 € monatlich zahlen. Demgegenüber hat das Amtsgericht antragsgemäß nur einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 236,46 € zuerkannt. Danach bleibt das Rechtsmittel des Antragsgegners im vollen Umfang ohne Erfolg. ...

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 2 FamFG zuzulassen, da gegensätzliche Auffassungen zur Frage der Einheitlichkeit des Bachelor-Master-Studienganges vorliegen und diese Frage höchstrichterlich noch ungeklärt ist.

Gegen diesen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde zulässig. Diese muss durch Einreichung einer Beschwerdeschrift innerhalb von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, eingelegt werden. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde, enthalten. Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.

Die Rechtsbeschwerdeschrift ist durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt einzureichen. Allerdings können sich Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse durch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen die zur Vertretung berechtigten Personen aber die Befähigung zum Richteramt haben. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 18.01.2011 - 10 UF 161/10)

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„... I. Der minderjährige Antragsteller beabsichtigt, den Antragsgegner, seinen Vater, u. a. auf Zahlung eines Betrages von 1.052,50 € als Sonderbedarf in Anspruch zu nehmen und sucht hierfür mit seinem im Mai 2010 bei Gericht eingegangenen Antrag um Verfahrenskostenhilfe nach. Insoweit handelt es sich um die Hälfte der Kosten, die für Klassenfahrten nach Österreich und zum Biggesee sowie für Schüleraustauschprojekte in England und in China entstanden und von der Kindesmutter, die Inhaberin der alleinigen elterlichen Sorge ist, getragen worden sind.

Das Amtsgericht hat (auch) insoweit den Verfahrenskostenhilfeantrag des Antragstellers zurückgewiesen. Bezüglich der Fahrt nach Österreich, die vom 29.1.bis zum 6.2.2009 stattfand, sei die Jahresfrist des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB verstrichen. Hinsichtlich der Fahrt nach China sei eine Notwendigkeit nicht vorgetragen. Hinsichtlich der Klassenfahrt zum Biggesee und des Englandaustausches handele es sich nicht um Sonderbedarf.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. Er macht geltend, bei den Kosten für Klassenfahrten handele es sich um Sonderbedarf, und zwar auch dann, wenn, wie hier, Unterhalt nach der fünften Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle gezahlt werde.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da der beabsichtigten Rechtverfolgung die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt, §§ 113 Abs. 1 S. 1 FamFG, 114 S. 1 ZPO.

1. Hinsichtlich der hälftigen Kosten der Skifreizeit in Österreich im Januar/Februar 2009 in Höhe von 187,50 € sowie der hälftigen Kosten für den China-Austausch in Höhe von 700 € ist die sofortige Beschwerde aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die der Senat Bezug nimmt, nicht begründet. Der Antragsteller hat sich in seiner Beschwerdebegründung mit diesem Teil des angefochtenen Beschlusses nicht auseinandergesetzt.

Ergänzend weist der Senat hinsichtlich der Kosten für die China-Reise darauf hin, dass Sonderbedarf Teil des Lebensbedarfs im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB ist und nicht der Finanzierung unnötiger Aufwendungen dient. Es muss sich um die Deckung notwendiger Lebensbedürfnisse handeln, wobei auf die Sicht eines objektiven Betrachters unter Berücksichtigung der konkreten Lebensumstände abzustellen ist (Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 6 Rn. 2, Büttner/Niepmann/Schwamb, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 11. Aufl., Rn. 325 m. w. N.). Dass diese Voraussetzungen hier zu bejahen wären, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Denn der erstmalig von der Schule angebotene Austausch mit China stellte, wie sich nicht zuletzt aus dem Schreiben der Schule vom 3.5.2010 ergibt, ein zusätzliches Angebot zu den bestehenden Schüleraustauschprojekten, etwa mit England, dar. Dieses Angebot ging deutlich über eine übliche Schulveranstaltung hinaus, was sich sowohl aus dem Angebotsinhalt (eine Woche Austausch, eine Woche touristische Rundreise) als auch aus dem Preis von 1.400 € ergab, so dass sich das Angebot von vorneherein nur an einen Teil der Schüler richtete und eine Teilnahme nicht als notwendig angesehen werden kann. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Antragsgegners, der als Beamter Bezüge nach der Besoldungsgruppe A 10 erhält, also nicht über ein außergewöhnlich hohes Einkommen verfügt. Eine Kostenbeteiligung des Antragsgegners wäre daher nur auf einvernehmlichem Weg zu erreichen gewesen.

2. Hinsichtlich der hälftigen Kosten für den Englandaustausch 2010 in Höhe von 100,- € und für die Fahrt zum Biggesee in Höhe von 65,- € folgt der Senat ebenfalls den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss. Es handelt sich insoweit nicht um Sonderbedarf i. S. v. § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB, da die Voraussetzungen dieser Vorschrift, nämlich das Vorliegen eines unregelmäßigen hohen Bedarfs, nicht gegeben sind.

Nach den gesetzlichen Voraussetzungen ist Sonderbedarf nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen geschuldet. Es muss sich hierbei um einen Bedarf handeln, der überraschend und der Höhe nach nicht abschätzbar auftritt. Unregelmäßig i. S. v. § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist dabei nur der Bedarf, der nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war und deswegen bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden konnte (BGH, Urteil vom 15.2.2006, XII ZR 4/04, FamRZ 2006, 612 ff.).

Hier fehlt es bereits am Merkmal des überraschenden Auftretens. Dies ist weder hinsichtlich des Englandaustausches noch hinsichtlich der Fahrt zum Biggesee der Fall. Der Englandaustausch ist an dem vom Antragsteller besuchten Gymnasium Bestandteil des regelmäßigen Schulprogramms für die jeweilige Klassenstufe. Entsprechendes gilt für die Klassenfahrt, hier zum Biggesee, die, als regelmäßig in der jeweiligen Klassenstufe stattfindend, vorhersehbar und damit nicht überraschend ist. Nach dem diesbezüglichen Schreiben der Schule aus September 2010 findet die Jahrgangsstufenfahrt 10 seit sieben Jahren statt. Der Anspruch auf den geltend gemachten Sonderbedarf scheidet daher - unabhängig von der Frage der außergewöhnlichen Höhe des Bedarfs - bereits deswegen aus, weil die geltend gemachten zusätzlichen Kosten mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen waren (vgl. BGH a. a. O., S. 613).

Auf die Frage, ob es sich bei den Kosten für den Englandaustausch 2010 in Höhe von insgesamt 200,- € und für die Fahrt zum Biggesee in Höhe von insgesamt 130,- € um einen außergewöhnlich hohen Bedarf i. S. v. § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB handelte, kommt es danach nicht an. Wann dies der Fall ist, ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der Höhe der laufenden Unterhaltsrente und der sonstigen Einkünfte des Berechtigten, dem Lebenszuschnitt der Beteiligten sowie dem Anlass und dem Umfang der besonderen Aufwendungen. Letztlich richtet sich die Frage, ob ein Bedarf außergewöhnlich hoch ist, danach, ob und inwieweit dem Berechtigten, wenn der Verpflichtete an sich leistungsfähig ist, bei einer Gesamtbetrachtung zugemutet werden kann, den Bedarf selbst zu bestreiten (BGH a. a. O.). Angesichts des nach der fünften Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle gezahlten Unterhalts und der Gesamtkosten von 330,- € neigt der Senat dazu, es für zumutbar zu halten, aus den laufenden Unterhaltszahlungen monatliche Rücklagen in Höhe von jeweils 27,50 € zu bilden.

3. Schließlich können die Kosten für die Fahrten hier auch nicht als Mehrbedarf geltend gemacht werden. Hinsichtlich der Skifreizeit Österreich und des Austausches England scheitert dies bereits an der rechtzeitigen Geltendmachung (vgl. § 1613 Abs. 1 S.1 BGB). Die Kosten von 130,- € für die Klassenfahrt Biggesee sind so gering, dass das Übliche nicht um ein Maß überschritten ist, dass eine Erfassung mit den Regelsätzen, hier nach der Einkommensgruppe 5 der Düsseldorfer Tabelle, nicht möglich wäre (vgl. Wendl/Klinkhammer, a. a. O. § 2 Rn. 1). ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 21.12.2010 - II-2 WF 285/10)

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Minderjährige Kinder, die nicht mehr den Einschränkungen des JugArbSchG und der vollzeitigen Schulpflicht unterliegen, sind auch dann von einer Erwerbspflicht nicht gänzlich entbunden, wenn sie sich in einer Teilzeitausbildung befinden. (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.06.2010 - II-8 WF 117/10 - Erwerbsobliegenheit minderjähriger Kinder):

„ ... Die sofortige Beschwerde, mit der sich die minderjährige Antragstellerin gegen die Teilversagung der Verfahrenskostenhilfe für eine gegen ihren Vater gerichtete Unterhaltsklage wendet, ist unbegründet.

Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichts, dass die über 17 Jahre alte Antragstellerin neben dem Besuch eines VHS - Kurses zur Erlangung des mittleren Schulabschlusses, der an drei Wochentagen von 18.30 Uhr bis 21.30 Uhr stattfindet, ihren Bedarf teilweise durch die Ausübung einer geringfügigen Erwerbstätigkeit decken kann.

1) Im Schrifttum und der obergerichtlichen Rechtsprechung besteht weitgehend Einigkeit, dass minderjährige Kinder, die - wie die Antragstellerin - nicht mehr den Einschränkungen des JugArbSchG und der vollzeitigen Schulpflicht unterliegen, von einer Erwerbspflicht jedenfalls nicht grundsätzlich entbunden sind (OLG Karlsruhe, Urteil vom 26.11.1987 - 16 UF 58/87; OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.08.1989 - 5 UF 4/89, FamRZ 1990, 194; OLG Brandenburg, Beschluss vom 23.8.2004 - 9 WF 157/04; OLG Koblenz, Urteil vom 24.11.2003 - 13 UF 522/03, JAmt 2004, 153; OLG Köln, Beschluss vom 04.08.2005 - 26 WF 135/05, FUR 2005, 570; OLG Rostock, Beschluss vom 18.10.2006 - 10 WF 103/06 FamRZ 2007, 1267; Palandt - Diedrichsen, BGB, 69. Aufl., § 1602, Rn. 7; Wendl/Staudigl - Scholz, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 2 Rn. 47). Die vereinzelt vertretene gegenteilige Auffassung, nach der § 1611 Abs. 2 BGB der Zurechnung fiktiver Einkünften bei Minderjährigen entgegenstehen soll (OLG Saarbrücken, Urteil vom 07.04.1999 - 9 UF 147/98, FamRZ 2000, 40; OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.05.1996 - 17 UF 159/96, FamRZ 1997, 447, Hanseatisches OLG, Beschluss vom 22.12.1994 - 15 WF 205/94), verkennt, dass Unterhaltsleistungen nach § 1610 Abs. 2 BGB nur zweckgebunden geschuldet werden und die nachhaltige Verletzung der Ausbildungsobliegenheit deshalb unabhängig von den besonderen Verwirkungsvoraussetzungen des § 1611 Abs. 1 BGB bereits den Unterhaltsanspruch entfallen lässt (so BGH, Urteil vom 04.03.1998 - XII ZR 173/96) oder zumindest die Bedürftigkeit des Berechtigten mindert. Folglich kann bei minderjährigen Kindern auch § 1611 Abs. 2 BGB der Zurechnung fiktiver Einkünfte nicht entgegenstehen.

2) Zwar weist die Beschwerde zutreffend darauf hin, dass in den bekannten obergerichtlichen Entscheidungen nur minderjährigen Unterhaltsberechtigten, die keiner Schul- oder Berufsausbildung nachgehen, ein fiktives Einkommen zugerechnet wurde. Für Berechtigte, die sich - wie die Antragstellerin - nur in einer Teilzeitausbildung befinden, kann nach Überzeugung des Senats jedoch nichts abweichendes gelten.

Aufgrund der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgenden Zweckbindung des Ausbildungsunterhalts ist der in Ausbildung befindliche Unterhaltberechtigte von der nach § 1602 Abs. 1 BGB grundsätzlich bestehenden Erwerbsobliegenheit nur befreit, soweit er durch die Ausbildung daran gehindert ist, sich selbst zu unterhalten. Dem in Teilzeitausbildung befindlichen Berechtigten muss deshalb zugemutet werden, seine verbleibenden zeitlichen Ressourcen zur Deckung seines Bedarfs zu nutzen. Dies gilt auch für minderjährige Unterhaltsberechtigte, weil die in § 1602 Abs. 1 BGB verankerte Verpflichtung, sich vorrangig selbst zu unterhalten, mit den in § 1602 Abs. 2 BGB normierten Einschränkungen auch bei minderjährigen Unterhaltsberechtigten Geltung beansprucht.

3) Gegen die Bemessung des zugerechneten fiktiven Einkommens ist nichts zu erinnern. Die Antragstellerin, die im Oktober 2010 bereits ihr achtzehntes Lebensjahr vollendet und sich noch um die Erlangung der Fachoberschulreife bemüht, hat nur an drei Wochentagen in den Abendstunden - von 18.30 Uhr bis 21.30 Uhr - Unterricht. Wenn das Amtsgericht ihr das Entgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung im Umfang von 10 Wochenstunden zurechnet, ist dies nicht zu beanstanden. Die Tätigkeit kann problemlos an den zwei schulfreien Arbeitstagen absolviert werden. Für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichtsstoffs bleibt somit noch ausreichend Zeit.

4) Das erzielbare Entgelt aus der fiktiven Nebentätigkeit hat das Amtsgericht zutreffend nur hälftig auf den Bedarf der Antragstellerin angerechnet.

5) Ob bei einer Ausweitung des Unterrichts auf fünf Wochentage à drei Zeitstunden eine abweichende Beurteilung geboten wäre, muss vorliegend noch nicht entschieden werden, weil die Antragstellerin ihre - vom Antragsgegner bestrittene - Behauptung, dass sich das Unterrichtspensum ab August 2010 erhöhen werde, weder belegt noch unter Beweis gestellt hat. ..."

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„... I. Die am [...] 1995 geborene Antragstellerin ist die Tochter der Antragsgegnerin und lebt bei ihrem allein sorgeberechtigten Vater. Im Zeitraum vom 06.06.2008 bis 13.02.2009 lebte sie vorübergehend bei der Antragsgegnerin. In dieser Zeit erwarb die Antragsgegnerin auf Bitten der Antragstellerin einen Hund. Diesen Hund behielt die Antragstellerin mit Einverständnis der Antragsgegnerin nach ihrer Rückkehr in den Haushalt des Kindesvaters. Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin die Zahlung der Hundehaltungskosten in Höhe von monatlich € 70,00 zusätzlich zum nach der dritten Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle gezahlten Regelunterhalt als Mehrbedarf. Das Amtsgericht hat den hierauf gerichteten Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 10.12.2009 zurückgewiesen, weil die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist statthaft (§§ 127 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden. Sie ist jedoch unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin zurückgewiesen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet (§ 114 S. 1 ZPO). Allerdings hat die Antragstellerin entgegen der Ansicht des Amtsgerichts grundsätzlich einen Anspruch gem. §§ 1601, 1610, 1612a BGB gegen die Antragsgegnerin auf Zahlung eines Teils der Hundehaltungskosten als Kindesunterhalt in Form von Mehrbedarf, weil Tierhaltungskosten nicht in den Unterhaltssätzen der Düsseldorfer Tabelle enthalten sind.

1. Der Bedarf eines minderjährigen Kindes wird üblicherweise unter Zugrundelegung der Düsseldorfer Tabelle ermittelt. Die Richtsätze der ersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entsprechen dem Mindestbedarf gemäß § 1612a Abs. 1 S. 1 BGB, dem wiederum gem. § 1612a Abs. 1 S. 2 BGB nach Altersstufen gestaffelte Prozentsätze des steuerrechtlichen sächlichen Existenzminimums zugrunde liegen. Die Frage, welche Aufwendungen das sächliche Existenzminimum abdeckt, ist unter Heranziehung der §§ 27 ff. SGB XII sowie der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII (Regelsatzverordnung - RSV) zu beantworten (BGH, FamRZ 2009, 962, 964 f.). Zwar ist die RSV verfassungswidrig, sie ist jedoch noch bis zum 31.12.2010 anzuwenden (BVerfG, FamRZ 2010, 429 ff.). In der RSV sind Aufwendungen für Haustiere nicht berücksichtigt (vgl. BR-DRs. 206/04 S. 9). Daraus folgt, dass auch die Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle die Kosten für ein Haustier nicht enthalten (vgl. BGH, a.a.O.). Dies gilt grundsätzlich nicht nur für den Mindestunterhalt, sondern auch für die im Falle günstigerer Einkommensverhältnisse geschuldeten höheren Tabellenbeträge, denn diese decken grundsätzlich keinen wesensverschiedenen Aufwand ab, sondern zielen aufgrund der abgeleiteten Lebensstellung des Kindes auf eine Bedarfsdeckung auf höherem Niveau (BGH, a.a.O.).

2. Allerdings lassen es die Tabellenunterhaltssätze ab Einkommensgruppe 2 zu, dass daraus Beträge für andere Zwecke, also auch für Tierhaltungskosten, abgezweigt werden können. Der Senat geht davon aus, dass pro Einkommensstufe € 10,00 veranschlagt werden können (vgl. Wendl/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Auflage, § 2 Rn. 325; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2005, 1529). Die Antragsgegnerin zahlt derzeit unstreitig Unterhalt nach der dritten Einkommensstufe, so dass vom Tabellenunterhalt für einen etwaigen Mehrbedarf € 20,00 abgezweigt werden könnten.

3. Ein über die Tabellensätze hinausgehender Mehrbedarf kann bedarfserhöhend angesetzt werden, wenn die kostenverursachende Maßnahme sachlich begründet ist oder der auf Unterhalt in Anspruch genommene Elternteil mit der Maßnahme einverstanden war (Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rn. 320c; FA-FamR/Seiler, 7. Auflage, 6. Kapitel Rn. 287; vgl. auch OLG Naumburg, FamRZ 2008, 177 zum Fall eines seit längerem ausgeübten Reitsports).

a) Die Antragsgegnerin war mit der Hundehaltung durch die Antragstellerin einverstanden, denn sie hat den Hund für die Antragstellerin angeschafft und war auch damit einverstanden, dass diese den Hund nach Rückkehr in den Haushalt des Kindesvaters behält.


b) Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie der Antragstellerin den Hund lediglich geliehen habe und das Leihverhältnis nunmehr beenden wolle. Die Antragstellerin beruft sich - jedenfalls konkludent - auf Schenkung. Ihr kommt hierbei als Besitzerin des Hundes die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB zugute (Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Auflage, § 516 Rn. 18; Baumgärtel/Becker, Handbuch der Beweislast, 3. Auflage, § 516 Ziff. 2 b)). Die Antragsgegnerin, die sich auf Leihe beruft, trägt daher die Beweislast für ihre Behauptung, hat jedoch keinen Beweis angetreten. Auch aus der Gesamtheit der Umstände ergeben sich keine Anhaltspunkte, die gegen eine Schenkung sprechen und die Vermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB widerlegen könnten. Vielmehr hat die Antragsgegnerin selbst vorgetragen, dass sie den Hund auf Bitten der Antragstellerin angeschafft habe, was in Verbindung mit dem Umstand, dass die Antragstellerin den Hund bei ihrem Wechsel in den Haushalt des Vaters behalten durfte, eher für eine Schenkung spricht.

4. Für Mehrbedarf haften die Kindeseltern grundsätzlich anteilig nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB (Ziff. 12.4. der Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen). Der Kindesvater ist allerdings unstreitig nicht leistungsfähig, so dass die barunterhaltspflichtige Antragsgegnerin auch für den Mehrbedarf allein haftet.

5. Es ist nach dem gegenwärtigen Sachstand ein monatlicher Mehrbedarf von aufgerundet € 18,00 für die Hundesteuer und die Haftpflichtversicherung anzuerkennen ((€ 122,64 + € 93,21) / 12). Den darüber hinausgehenden Bedarf für Futter- und Tierarztkosten, welcher der Höhe nach von der Antragsgegnerin bestritten wird, hat die Antragstellerin nicht substantiiert dargelegt. Der Senat sieht sich insofern auch zu einer Schätzung gemäß § 287 ZPO nicht in der Lage, weil keinerlei Einzelheiten zum konkreten Futterbedarf des Hundes und zu den üblichen Tierarztkosten vorgetragen worden sind. Der angetretene Sachverständigenbeweis zu den Kosten der Hundehaltung ersetzt keinen substantiierten Vortrag.

6. Der Mehrbedarf in Höhe von € 18,00 kann aus dem nach der dritten Einkommensstufe gezahlten Tabellenunterhalt abgezweigt werden (s.o. Ziff. II.2), so dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung letztlich keine Aussicht auf Erfolg bietet. ..." (OLG Bremen, Beschluss vom 29.04.2010 - 4 WF 41/10)

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Die Kosten für die private Krankenversicherung eines Kindes sind in den Unterhaltsbeträgen, die in den Unterhaltstabellen ausgewiesen sind, nicht enthalten. Die Kosten für die private Krankenversicherung sind als angemessener Unterhalt des Kindes im Sinne des § 1610 BGB anzusehen, wenn das Kind seit seiner Geburt - wie auch seine Eltern während des ehelichen Zusammenlebens - privat krankenversichert war und der in guten wirtschaftlichen Verhältnissen lebende unterhaltspflichtige Elternteil auch nach der Trennung privat krankenversichert bleibt. Wenn die gesetzliche Krankenversicherung in Kombination mit einer privaten Zusatzversicherung beinhaltet, kann das Kind auf einen Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung mit privater Zusatzversicherung verwiesen werden, sofern dies die wirtschaftlich sinnvollere Alternative ist. (OLG Koblenz, Urteil vom 19.01.2010 - 11 UF 620/09):

„... Die Klägerin kann von dem Beklagten Zahlung eines monatlichen Krankenvorsorgeunterhalts in Höhe von 180,46 € für die private Krankenversicherung ab Juni 2009 verlangen, §§ 1601, 1610 BGB. Die Prämie für die private Krankenversicherung gehört zum angemessenen Unterhalt des Sohnes der Parteien.

Der Beklagte zahlt für M... einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 160 % des jeweiligen Mindestunterhalts abzüglich des hälftigen Kindergeldes, nämlich derzeit 439,00 €. Eine entsprechende Jugendamtsurkunde über die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung wurde unter dem 31.3.2008 erstellt.

Kosten für eine private Krankenversicherung sind in den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle grundsätzlich nicht enthalten, weil davon ausgegangen wird, dass das minderjährige Kind nach § 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB in der gesetzlichen Familienversicherung gegen Krankheit mitversichert ist.

Der Beklagte ist verpflichtet, die Kosten für die Privatversicherung seines Sohnes aufzubringen, da es sich dabei um angemessenen Unterhalt im Sinne von § 1610 Abs. 1 BGB handelt. Nach dieser Vorschrift bestimmt sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt). Der angemessene Unterhalt eines Kindes richtet sich nach seiner unter Umständen wechselnden Lebensstellung, gewöhnlich leiten Minderjährige ihren angemessenen Lebensbedarf von den Eltern ab (Palandt/Diederichsen, BGB, 69. Aufl., § 1610 Rn. 3).

Eine private Krankenversicherung gehört vorliegend zu einem angemessenen Unterhalt. M... ist seit seiner Geburt privat krankenversichert; auch der Beklagte, der monatlich mindestens 5.000 € netto verdient, ist auf diese Art krankenversichert.

Die Klägerin ist nach der Trennung lediglich aus Kostengründen in die gesetzliche Krankenversicherung gewechselt; es kommt daher nicht mehr darauf an, ob die Klägerin unter Berücksichtigung der ehelichen Lebensverhältnisse - zumindest vorübergehend - gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der Kosten für ihre private Krankenversicherung gehabt hätte, mit der Folge, dass beide Eltern von M... weiterhin privat krankenversichert wären und somit auch M... weiter privat krankenversichert wäre.

M... ist nicht auf den jetzt möglichen Wechsel in die gesetzliche Familienversicherung der Klägerin in Kombination mit einer privaten Zusatzversicherung zu verweisen. Denn der Beklagte hat nicht substantiiert dargelegt, dass unter Offenlegung der bei M... bestehenden ADS-Problematik eine Zusatzversicherung möglich ist, die zum einen keine Leistungsnachteile gegenüber der bestehenden privaten Krankenversicherung aufweist und zum anderen die wirtschaftlich sinnvollere Alternative gegenüber der bisherigen privaten Krankenversicherung ist. Die mit Schriftsatz vom 30.11.2009 dargelegte Zusatzversicherung bei der I… Krankenversicherung a.G., die nach der Darstellung des Beklagten 7,46 € monatlich kostet, umfasst eine uneingeschränkte freie Arztwahl nicht. Offen bleibt, welche Kosten entstehen würden, wenn der Tarif zusätzlich die Behandlung als Privatpatient auch bei ambulanten und zahnärztlichen Leistungen umfasst und die ADS-Problematik offengelegt wird.

Soweit der Beklagte im Termin ein Produktinformationsblatt der H… Versicherungsgruppe übergeben hat, fehlt es auch hier an einer Darlegung, welche Kosten für M... entstehen würden, wenn keine Leistungsnachteile gegenüber der bestehenden privaten Krankenversicherung erzielt werden sollen. Zu der Behauptung der Klägerin, wegen der bestehenden ADS-Symptomatik sei unabhängig von der aktuellen Behandlungssituation von M... entweder kein Anbieter zum Abschluss einer entsprechenden Zusatzversicherung bereit oder es entstünden derart hohe Beiträge, dass die Kombinationslösung unwirtschaftlich sei, hat der Beklagte nicht Stellung genommen. Es oblag dem insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten auf diesen Einwand substantiiert zu erwidern.

Die von dem Beklagten gemachte Zusage, er werde gegebenenfalls die Kosten eines Arztes, der nur Privatpatienten behandele, persönlich tragen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Unterhaltsanspruch nach §§ 1601, 1610 BGB richtet sich auf die Zahlung von Krankenvorsorgeunterhalt, der Anspruch beinhaltet also die Zahlung der Kosten für eine angemessene Krankenversicherung. Ohne das Einverständnis des Unterhaltsberechtigten kann dieser Anspruch nicht - auch nicht teilweise - durch eine Zusage des Unterhaltsverpflichteten ersetzt werden, für bestimmte nicht abgedeckte Kosten persönlich aufzukommen.

Für die Monate Juni und Juli 2009 hat der Beklagte unstreitig 75,00 € Krankenvorsorgeunterhalt gezahlt. Für die Zeit danach hat der in Bezug auf den Erfüllungseinwand darlegungspflichtige Beklagte keine Zahlungen vorgetragen. Entsprechende Zahlungen sind gegebenenfalls von dem für die Zeit ab August 2009 tenorierten Betrag in Abzug zu bringen.

Die Ausführungen des Beklagten in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 28.12.2009 geben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, § 156 ZPO. Die Klägerin hat wiederholt vorgetragen, dass Leistungsnachteile gegenüber der bestehenden privaten Krankenversicherung (auch) darin bestehen, dass durch eine Zusatzversicherung die Kosten einer ambulanten privatärztlichen Behandlung nicht abgedeckt sind (Schriftsatz vom 21.11.2008, 19.12.2008 und vom 4.12.2009). Die freie Arztwahl war damit erkennbar für die Frage, ob und zu welchen Bedingungen ein vergleichbarer Versicherungsschutz erreicht werden kann, von Bedeutung.

Die Tatsache, dass nach Auffassung der Kinderärztin und Kinder- und Jugendpsychiaterin Dr. S… (entsprechend deren Schreiben vom 29.08.2008) bei M... eine typische ADS-Symptomatik besteht, ist gegenüber dem Anbieter einer Zusatzversicherung in jedem Fall zu offenbaren. Dies gilt unabhängig davon, dass der Beklagte behauptet, eine ADS-Erkrankung sei bei dem Kind nicht diagnostiziert. ..."

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Ein volljähriges Kind hat für eine Übergangszeit auch nach Abbruch eines Studiums einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt, wenn es seine Obliegenheit, die von ihm avisierte Ausbildung zielstrebig und planvoll aufzunehmen und durchzuführen, nicht nachhaltig verletzt hat. Eine nachhaltige Verletzung der Ausbildungsobliegenheit liegt insbesondere dann nicht vor, wenn sich das Kind immer wieder um Ausbildungsplätze in dem von ihm ins Auge gefassten Ausbildungsbereich bemüht hat und diese Bemühungen letztendlich auch von Erfolg gekrönt gewesen sind. Erst wenn derartige Bemühungen unterlassen worden wären, hätte das Kind das unterhaltsrechtliche Gegenseitigkeitsprinzip verletzt (OLG Naumburg, Beschl. v. 12.01.2010 - 8 WF 274/09).

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Ausbildungsunterhalt gemäß § 1610 Abs. 1, 2 BGB wird auch für das Berufsgrundbildungsjahr geschuldet, da es zu einer Verkürzung der Lehrzeit führt und zudem die Chancen zur Erlangung eines Ausbildungsplatzes erhöht (OLG Braunschweig, Beschluss vom 04.01.2010 - 2 UF 38/09):

„... I. Die Berufung des Klägers hat nach der Überzeugung des Senats keine Aussicht auf Erfolg. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers in der Berufungsinstanz ist davon auszugehen, dass der Kläger in der Lage ist, den vom Amtsgericht nur noch für den Zeitraum vom 01.05.2007 bis zum 22.07.2007 ausgeurteilten Ausbildungsunterhalt, §§ 1601 ff. BGB, für seinen volljährigen Sohn zu zahlen.

Soweit der Kläger der Ansicht ist, seine Verurteilung zur Zahlung von Kindesunterhalt für den noch fraglichen Zeitraum stelle eine überraschende Entscheidung des Amtsgerichts dar, ist dies nicht zutreffend, da der Kläger bereits mit Beschluss des Senats vom 17.12.2008 darauf hingewiesen worden ist, dass der Beklagte während des Berufsgrundbildungsjahres grundsätzlich noch unterhaltsberechtigt war. Auch hat der Senat in diesem Beschluss darauf hingewiesen, dass die Frage des Bezuges von SGB II Leistungen - anders als vom Amtsgericht zunächst dargelegt - keine Rolle spielt, da im vorliegenden Verfahren der Kläger die Abänderung eines zugunsten des Beklagten bestehenden Titels begehrt.

Entgegen der Ansicht des Klägers hat ein volljähriges Kind nach den allgemeinen Regeln des Verwandtenunterhalts, §§ 1601 ff. BGB, einen Anspruch auf Unterhalt, solange und soweit es unterhaltsbedürftig ist. Ein volljähriges Kind ist unterhaltsbedürftig, solange es sich berechtigter Weise einer Berufsausbildung unterzieht. Ausbildungsunterhalt wird insoweit geschuldet, als er für eine angemessene Vorbildung zu einem Beruf erforderlich ist. Der Beklagte hat im Juli 2006 die allgemein bildende Schule mit dem Hauptschulabschluss verlassen und daran anschließend ein Berufsgrundbildungsjahr in der Fachrichtung Landwirtschaft absolviert. Dieses Berufsgrundbildungsjahr wird ausweislich des Berufsausbildungsvertrages auf die daran anschließend von dem Beklagten begonnene Ausbildung zum Landwirt dergestalt angerechnet, dass sich die Ausbildungszeit von drei Jahren auf zwei Jahre verkürzt hat. Da das Berufsgrundbildungsjahr die Chancen auf einen Ausbildungsplatz erhöht und auf die Ausbildungszeit angerechnet wird, war der Beklagte zum Besuch des Berufsgrundbildungsjahrs berechtigt, so dass die Kindeseltern zumindest für diese Zeit, in der der Beklagte keine Ausbildungsvergütung erhalten hat, Ausbildungsunterhalt schulden.

Volljährigen Kindern gegenüber sind grundsätzlich beide Eltern barunterhaltspflichtig. Der Bedarf des volljährigen Kindes bestimmt sich an sich nach den zusammengerechneten Einkünften beider Elternteile und ist von den Eltern anteilig nach ihrem jeweiligen Einkommen zu decken. Vorliegend ist jedoch zwischen den Parteien unstreitig, dass die Kindesmutter nicht leistungsfähig ist, da sie von Sozialhilfeleistungen lebt. Damit verbleibt es bei der alleinigen Barunterhaltspflicht des Klägers, nach dessen Einkommen allein sich der Bedarf des Beklagten richtet.

Da der Kläger die Abänderung seiner Unterhaltspflicht aus dem Schluss-Versäumnisurteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Helmstedt vom 15.09.2000 - Az.: 12 F 2287/99 - wegen fehlender Leistungsfähigkeit begehrt, ist er für seine mangelnde Leistungsfähigkeit im vollen Umfang darlegungs- und beweispflichtig. Obgleich der Kläger bereits mehrfach mit gerichtlichen Verfügungen u. a. vom 21.06.2007, 02.07.2007 und 28.11.2008 darauf hingewiesen worden ist, dass sein bisheriges Vorbringen zu seinen Einkommensverhältnissen nicht nachvollziehbar und nicht glaubhaft ist, hat der Kläger auch mit der Berufungsbegründung seinen Vortrag nicht weiter substantiiert. Abgesehen davon, dass deshalb nach wie vor nicht verständlich ist, wovon der Kläger in den letzten Jahren gelebt haben will, ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger bis April 2007 in der Lage war, den titulierten Kindesunterhalt in Höhe von 135 % zu zahlen, sich nunmehr aber für die Zeit von Mai bis Juli 2007 auf Leistungsunfähigkeit beruft.

Allerdings weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass - anders als mit Urteil vom 15.09.2000 für den Minderjährigenunterhalt tituliert - bei einem volljährigen Kind nicht nur das hälftige Kindergeld, sondern das ganze Kindergeld vom Unterhaltsbedarf abzusetzen ist. Allein dieser Gesichtspunkt führt jedoch nicht zum Erfolg der Berufung, da auch bei Abzug des ganzen Kindergelds von seinerzeit monatlich 154,00 Euro die Wesentlichkeitsgrenze im Sinne des § 323 Abs. 1 ZPO für eine Abänderung des Urteils vom 15.09.2000 nicht erreicht ist. Nach dem Tenor dieses Urteils schuldete der Kläger Minderjährigenunterhalt in Höhe von 135% des jeweiligen Regelbetrages und damit vor der Volljährigkeit des Beklagten nach der Düsseldorfer Tabelle Stand 01.07.2005 in Höhe von monatlich 393,00 Euro und ab dem 01.07.2007 in Höhe von monatlich 389,00 Euro. Nach Abzug des hälftigen Kindergeldes verblieben danach monatliche Unterhaltsbeträge von 316,00 Euro bzw. 312,00 Euro. Tatsächlich schuldete der Kläger Volljährigenunterhalt aus der 4. Altersstufe und 6. Einkommensgruppe in Höhe von 453,00 Euro monatlich bis Juni 2007 und auf Grund der Änderung der Düsseldorfer Tabelle zum 01.07.2007 in Höhe von 447,00 Euro monatlich. Die Zahlbeträge nach Abzug des vollen Kindesgelds beliefen sich danach auf monatlich 299,00 Euro bzw. 293,00 Euro. Die Differenz zwischen dem titulierten und dem tatsächlich geschuldeten Kindesunterhalt beträgt damit für die Monate Mai und Juni 2007 je 17,00 Euro und für den Monat Juli 2007 anteilig 13,48 Euro. Damit ist jedoch die Wesentlichkeitsgrenze für eine Abänderung, die jedenfalls im Rahmen von 7% bis 10% angenommen wird, nicht erreicht (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 323 RNr. 32 m. w. N.).

Da die Berufung des Klägers aus den vorgenannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzlich Bedeutung hat und die Entscheidung weder der Fortbildung des Rechts noch der Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung dienen kann, beabsichtigt der Senat, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. ..."

***

„... 2. Ein Anspruch der Klägerin auf Ausbildungsunterhalt gemäß § 1610 Abs. 2 BGB besteht aber nicht für die gesamte Zeit der Ausbildung der Klägerin, also bis zum Abschluss des Studiums im Februar 2009. Vielmehr reicht der Unterhaltsanspruch nicht über September 2007 hinaus.

a) Der Beklagte ist gemäß 1601 BGB seiner Tochter, der Klägerin, gegenüber verpflichtet, Unterhalt zu gewähren. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, § 1610 Abs. 2 BGB. Geschuldet wird danach eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält (BGH, FamRZ 2006, 1100, 1101). Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners, dem Unterhaltsberechtigten eine Berufsausbildung zu ermöglichen, steht dessen Obliegenheit gegenüber, die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu absolvieren. Nach Treu und Glauben, § 242 BGB, kann der Unterhaltsschuldner jedoch gehalten sein, Verzögerungen in der Ausbildung des Kindes hinzunehmen, die auf ein leichteres, nur vorübergehendes Versagen des Kindes zurückzuführen sind (BGH, FamRZ 2006, 1100, 1102). Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen besteht ein Anspruch der Klägerin auf Ausbildungsunterhalt grundsätzlich nur bis September 2007.

b) Die Klägerin hat in der Zeit vom 1.9.2002 bis zum 28.2.2009 die Fachhochschule E…, Studiengang Dipl.-FH Sozialwesen, besucht. Damit ergibt sich eine Studiendauer von 14 Semestern. Einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt hat die Klägerin jedoch nicht bis zum Ende des Fachhochschulstudiums am 28.2.2009. Dass die Regelstudienzeit im Oktober 2006 abgelaufen ist, hat sie nicht bestritten. Für die Gründe, die zu einer Verzögerung des Studiums geführt haben, ist sie darlegungs- und beweispflichtig (Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rz. 68 b). Der Hinweis auf eine Knieoperation im Jahr 2005 reicht insoweit nicht. Denn dazu hat die Klägerin nur vorgetragen, sie habe ein Praktikum im Frühjahr 2006 nachholen müssen. Weitere Verzögerungen des Studiums lassen sich damit nicht erklären. Wenn dann im Juli 2006 der gemeinsame Hausstand mit dem Lebensgefährten begründet und gleichzeitig eine Nebentätigkeit in einem Umfang von 30 Wochenstunden aufgenommen wurde, spricht das dagegen, dass das Studium noch zügig weiterbetrieben worden ist. Im Hinblick auf die Operation im Jahr 2005 kann eine Überschreitung der üblichen Studiendauer um zwei Semester toleriert werden (vgl. auch Wendl/Scholz, a. a. O.). Stichhaltige Gründe für eine darüber hinaus notwendige Verlängerung der Studienzeit sind nicht ersichtlich. Die Klägerin kann daher allenfalls bis zum 30.9.2007 Ausbildungsunterhalt vom Vater verlangen. Das Urlaubssemester wegen Mutterschutzes vom 1.3. bis 31.8.2008 liegt nach diesem Zeitpunkt und kann für vorangegangene Verzögerungen nicht verantwortlich gemacht werden.

c) Da die Klägerin nach alledem für die Zeit ab Oktober 2007 einen Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten nicht mehr hat, kommt es für die Zeit ab der Geburt des Sohnes D… am ….5.2008 auf die Frage des vorrangigen Unterhaltsanspruchs der Klägerin gegen ihren Lebensgefährten nach § 1615 l Abs. 3 Satz 2 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 21.1.2009, Rz. 61) nicht an. Deshalb ist es ohne Bedeutung, dass die Klägerin entgegen der zweimaligen Aufforderung durch den Senat die Einkommensverhältnisse ihres Lebensgefährten und Vaters von D… nicht dargelegt hat.

3. Für die Bemessung des Bedarfs der Klägerin ist durchgängig auf den Bedarf eines Volljährigen mit eigenem Hausstand abzustellen (vgl. Nr. 13.1.2 der Unterhaltsleitlinien des Thüringer OLG, Stand 1.7.2005).

a) Allerdings lebte die Klägerin seit Aufnahme des Studiums in E… und damit seit Beginn des Unterhaltszeitraums bei ihrer Mutter in B…, sodass an sich zunächst von einem Bedarf in Höhe des Tabellenbetrages der 4. Altersstufe, der sich aus dem zusammengerechneten bereinigten Einkommen beider Elternteile ergibt, auszugehen wäre (vgl. Nr. 13.1.1 der Unterhaltsleitlinien des Thüringer Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2005 sowie Nr. 13.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2005). Die Klägerin macht aber mit Rücksicht auf die Entfernung zwischen ihrem Wohnort und dem Studienort hohe Fahrtkosten geltend, die, wie im Urteil des Senats vom 3.11.2005 näher ausgeführt, bei voller Berücksichtigung, zu einem höheren Unterhaltsbedarf führen würden als bei Begründung des Wohnsitzes am Studienort in E…. Die Klägerin muss sich daher im Verhältnis zum Beklagten darauf verweisen lassen, am Studienort zu wohnen (vgl. auch BGH, Urteil vom 21.1.2009, Rz. 27 ff.). Dies gilt auch für die Zeit ab Juli 2006, dem Monat der Gründung eines eigenen Hausstands seitens der Klägerin durch Wohnungnahme gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten in G…. Denn auch insoweit hat sie keine Gründe dargelegt, die gegen die Begründung des Wohnsitzes am Studienort in E… gesprochen hätten.

b) Der feste Bedarfsbetrag für im eigenen Haushalt lebende volljährige Kinder, der für die Klägerin danach für den gesamten Unterhaltszeitraum anzusetzen ist, beläuft sich auf:

- 575 € von Oktober 2002 bis Juni 2005 (Nr. 13.1.2 der Unterhaltsleitlinien des Thüringer Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2003),
- 590 € für die Zeit ab Juli 2005 (vgl. Nr. 13.1.2 der Unterhaltsleitlinien des Thüringer Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2005 und 1.7.2007).

Darauf, dass sich der Unterhaltsbedarf ab Januar 2008 auf 640 € erhöht hat (vgl. Nr. 13.1.2 der Unterhaltsleitlinien des Thüringer Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008), kommt es nicht an, da, wie ausgeführt, ein Unterhaltsanspruch der Klägerin dem Grunde nach längstens bis September 2007 besteht.

4. Bedürftig ist die Klägerin nur, soweit ihr Unterhaltsbedarf nicht durch eigene Einkünfte gedeckt ist. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 08.12.2009 - 10 UF 17/05)

***

„... Der Antragsteller hat weder dem Grund noch der Höhe nach einen Unterhaltsanspruch gegen den Antragsgegner schlüssig dargetan.

1. Grundsätzlich sind Eltern allerdings verpflichtet, gemäß §§ 1601, 1610 BGB Ausbildungsunterhalt zu leisten. Nach § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der Unterhalt die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Geschuldet wird mithin die Finanzierung einer Ausbildung, die der Begabung, den Fähigkeiten und Neigungen des Kindes entspricht. Die Klagschrift enthält keine Angaben darüber, welchen Beruf der Antragsteller zu ergreifen gedenkt, so dass der Senat nicht zu beurteilen vermag, ob der begehrte Schulabschluss erforderlich oder zumindest geeignet ist, um dem begehrten Berufsziel näher zu kommen. Grundsätzlich muss ein Kind ein konkretes Berufsziel anstreben. Ein Schulbesuch darf nicht nur erfolgen, um die Zeit zu überbrücken, bis das Kind eine passende Stelle gefunden oder weil es mit seinen anderweitigen Bewerbungen keinen Erfolg gehabt hat (Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess, 5. Aufl., Kap. 3 Rn. 454). Die Eltern sind nicht in jedem Fall verpflichtet, eine Schulbildung über die gesetzliche Schulpflicht hinaus zu finanzieren, vielmehr wird insoweit eine erforderliche Begabung und ein entsprechender Leistungswillen auf Seiten des Kindes vorausgesetzt (Palandt/Diederichsen, BGB, 68. Aufl., § 1610 Rn. 20). Leben die Eltern in guten wirtschaftlichen Verhältnissen, so kann dabei ein großzügiger Maßstab angelegt werden, da im Allgemeinen der Erwerb eines qualifizierten Schulabschlusses die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessert. Sind die Einkommensverhältnisse jedoch wie im vorliegenden Fall schlecht und sind die Eltern nicht in der Lage, den Unterhaltsbedarf aller Kinder zu decken, so hat das Kind grundsätzlich auch auf die finanzielle Belange seiner Eltern und seiner Geschwister bzw. Halbgeschwister Rücksicht zu nehmen.

Der Antragsteller hat trotz richterlichen Hinweises keine Bescheinigung seiner Schule vorgelegt, aus der sich ergibt, dass er nach wie vor das Gymnasium besucht. Soweit er sich darauf beruft, dass das Amtsgericht eine Auskunft der Schule einholen könne, überzeugt dieser Einwand nicht. Nach § 118 Abs. 2 ZPO hat der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft zu machen. Wenn der Antragsteller tatsächlich die von ihm angegebene Schule besucht, wäre es ihm ein Leichtes, im Sekretariat vorzusprechen und sich eine Schulbescheinigung ausstellen zu lassen.

Nach dem Gegenseitigkeitsprinzip steht der Verpflichtung der Eltern, dem Kind eine angemessene Berufsausbildung zu ermöglichen, die Pflicht des Kindes gegenüber, diese Ausbildung zielstrebig und mit dem nötigen Eifer zu verfolgen. Die Eltern sind aufgrund dieses Gegenseitigkeitsprinzips zu einer gewissen Kontrolle der Ausbildung berechtigt und können die Vorlage von Zeugnissen über Zwischenprüfungen, erfolgreiche Teilnahme an Übungen oder Studienbescheinigungen verlangen. Dieser Verpflichtung ist der Antragsteller bislang nicht nachgekommen. Er hat zuletzt das Jahreszeugnis der Jahrgangsstufe 11 des Schuljahres 2007/2008 vorgelegt, obgleich zwischenzeitlich auch das Zwischenzeugnis sowie das Jahreszeugnis der Jahrgangsstufe 12 (Schuljahr 2008/2009) längst vorliegen müssten. Der Antragsgegner hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich im letzten Schulzeugnis Hinweise darauf finden, dass Unterricht versäumt worden ist.

2. Auch die Höhe eines ihm zustehenden Unterhaltsanspruchs hat der Antragsteller nicht schlüssig dargetan. Einen Anspruch auf Dynamisierung seines Unterhalts nach § 1612a BGB hat das Kind nur, solange es minderjährig ist. Eine entsprechende Anwendung auf das privilegierte volljährige Kind kommt nicht in Betracht (Eschenbruch/Klinkhammer/Wohlgemuth, a.a.O., 5. Aufl., 3. Kap. Rn. 274). Bereits aus diesem Grunde ist der beabsichtigte Klagantrag fehlerhaft. Zudem muss sich das volljährige Kind auf seinen Unterhaltsbedarf das von ihm bezogene Kindergeld in voller Höhe anrechnen lassen. Nach § 1606 Abs. 3 BGB haften Verwandte anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Ist das Kind volljährig, ist grundsätzlich auch der andere Elternteil verpflichtet, zum Barunterhalt beizutragen. Der Antragsteller kann sich nicht darauf berufen, dass seine Mutter nicht leistungsfähig sei. Er hat dargetan, dass er sich noch in der allgemeinen Schulausbildung befindet, so dass er gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB einem minderjährigen Kind gleichsteht. Damit trifft die Mutter jedoch gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB eine gesteigerte Unterhaltsverpflichtung, die auf ihrer besonderen Verantwortung für einen angemessenen, nicht nur notwendigen Unterhalt ihres Kindes beruht. Sie ist verpflichtet, alle ihr zumutbaren Erwerbsmöglichkeiten auszuschöpfen und ihre Arbeitskraft zum Wohl ihres Kindes bestmöglich einzusetzen. Ihre Leistungsfähigkeit wird deshalb nicht allein durch das tatsächlich erzielte, sondern auch durch das bei gutem Willen erzielbare Einkommen bestimmt. Kommen die Eltern ihrer gesteigerten Erwerbspflicht nicht nach, können ihnen erzielbare Einkünfte fiktiv zugerechnet werden. Die Kindesmutter kann sich nicht darauf berufen, dass sie die minderjährigen Halbgeschwister des Antragstellers betreut. Bei Geschwistertrennung erfüllt jeder Elternteil nur gegenüber dem bei ihm befindlichen Kind seine Unterhaltspflicht durch die Betreuung und Versorgung des Kindes. Wegen des Gleichrangs aller minderjährigen Kinder besteht eine Beschäftigungspflicht beider Eltern nach den Grundsätzen der sogenannten Hausmann-Rechtsprechung (BGH, NJW 2006, 2404 ff, Schwab-Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., V. Rn. 38).

Zwar braucht sich ein volljähriges Kind grundsätzlich nicht auf fiktive Einkünfte eines Elternteils verweisen zu lassen. Eine etwaige Verletzung der Erwerbsobliegenheit hat allein der betreffende Elternteil, nicht aber das Kind zu verantworten. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht, wenn es im Haushalt dieses Elternteils lebt und dieser Elternteil wie im vorliegenden Fall trotz Leistungsunfähigkeit den Bedarf des Kindes durch Naturalunterhalt deckt (Wendl/Staudigl/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 2 Rn. 440). In diesem Fall greift nämlich der Rechtsgedanke des § 1607 Abs. 2 BGB, dass den leistungsfähigen Elternteil eine Ausfallhaftung trifft, nicht.

Der Antragsteller hat nicht dargetan, weshalb seine Mutter nicht in der Lage sein soll, trotz der Betreuung der beiden Kinder zumindest eine Halbtagsbeschäftigung auszuüben und welche Anstrengungen sie unternommen hat, um einen Arbeitsplatz zu finden. Nachdem die Klagschrift auch keine Angaben zur Berufsausbildung der Mutter enthält, vermag der Senat auch etwaige fiktive Einkünfte nicht zu schätzen. Die Leistungsfähigkeit der Kindesmutter wird ferner dadurch bestimmt, dass sie zwischenzeitlich wieder verheiratet ist. In solchen Fällen ist entscheidend darauf abzustellen, dass der Unterhaltsschuldner gegen seinen neuen Ehegatten nach § 1360a BGB einen Anspruch auf Familienunterhalt hat, der - im Falle der Leistungsfähigkeit des neuen Ehegatten - seinen Selbstbehalt ganz oder teilweise deckt. Darauf hat der BGH insbesondere im Rahmen seiner Hausmann-Rechtsprechung abgestellt (vgl. BGH FamRZ 2006, 1010, 1013 f, BGH FamRZ 2008, 594 Rn. 36). Angaben zu den Einkünften des Ehemannes seiner Mutter enthält die Klagschrift indessen nicht, so dass es auch insoweit an einem schlüssigen Vortrag fehlt. ..." (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.09.2009 - 2 WF 96/09)

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Dem in Berufsausbildung befindlichen volljährigen Kind ist die Inanspruchnahme von BAföG zumutbar. Ändert sich die finanzielle Situation der Eltern, so kann das Kind verpflichtet sein, eine Abänderung des zunächst ablehnenden BAföG-Bescheids nach § 53 BAföG zu beantragen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.02.2009 - 2 WF 6/09).

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Gegenüber einem volljährigen Unterhaltsberechtigten sind grundsätzlich beide Elternteile barunterhaltspflichtig; befindet sich die Kindesmutter im Erziehungsurlaub und erhält lediglich Erziehungsgeld in Höhe von 230,00 € monatlich, ist sie nicht leistungsfähig, aber auch nicht zu einer Nebenerwerbstätigkeit verpflichtet. Der Unterhaltsschuldner, der eine Abänderung des bisherigen Titels begehrt, trägt die Darlegungs- und Beweislast für sein derzeitiges Einkommen, für seine Leistungsunfähigkeit, für alle Umstände, die seine Leistungsfähigkeit ausschließen oder mindern, für den Wegfall bestimmter Einkünfte und dafür, dass sie nicht mehr in zumutbarer Weise erzielt werden können. Bewohnt der Unterhaltsschuldner ein in seinem Eigentum stehendes Haus, ist der gegenüber minderjährigen Kindern geltende notwendige Selbstbehalt um einen Mietanteil zu kürzen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.01.2009 - 13 WF 29/08 zu § 114 ZPO, § 1601 BGB, § 1603 Abs 2 BGB, § 1610 BGB):

Der seit dem ….02.2008 volljährigen Beklagten steht gegenüber ihrem leistungsfähigen Vater, dem Kläger, dem Grunde nach weiterhin ein Unterhaltsanspruch gem. §§ 1601, 1602, 1603 BGB zu. Der Höhe nach beläuft sich jedoch der verbleibende monatliche Bedarf der Beklagten im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2007 auf 173,00 €, im Jahre 2008 auf 228,00 € und ab dem 01.01.2009 auf 218,00 €, sodass die Abänderungsklage wegen des weitergehenden Betrages Erfolg verspricht.

Der angemessene Bedarf eines nicht im Haushalt eines Elternteils lebenden Kindes beträgt derzeit regelmäßig 640,00 € monatlich (vgl. Nr. 13.1 der aktuellen Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts sowie Palandt-Diederichsen, BGB, 68. Aufl., Einf. v. § 1601 Rdnr. 21 und OLG Düsseldorf NJW-RR 2007, 794 ff). Hierauf sind die BAföG-Leistungen, die die Beklagte seit Oktober 2007 in Höhe von monatlich 348,00 € erhält, nach Abzug von ausbildungsbedingten Kosten in Höhe von monatlich 90,00 € als Einkommen des unterhaltsberechtigten Kindes voll anzurechnen (vgl. Nr. 13.2 und 10.2.3 der aktuellen Unterhaltsleitlinien). Ferner ist das staatliche Kindergeld voll anzurechnen, das sich bis zum 31.12.2008 auf 154,00 € und seit dem 01.01.2009 auf 164,00 € beläuft, sodass ein offener monatlicher Bedarf der Beklagten im Jahr 2008 in Höhe von 228,00 € und ab 01.01.2009 in Höhe von 218,00 € verbleibt. Für den streitgegenständlichen Zeitraum des Jahres 2007 beläuft sich der monatliche Bedarf auf 590,00 €, sodass sich bei einem staatlichen Kindergeld in Höhe von 154,00 € und bei einer monatlichen BAföG-Leistung in Höhe von 348,00 € nach Abzug von ausbildungsbedingten Kosten in Höhe von 85,00 € ein offener monatlicher Bedarf der Beklagten in Höhe von 173,00 € errechnet.

Gegenüber der nunmehr volljährigen Beklagten sind zwar beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Ihr Haftungsanteil bestimmt sich nach den Verhältnissen ihrer den jeweiligen Selbstbehalt übersteigenden Einkommen. Vorliegend befindet sich jedoch die Kindesmutter im Erziehungsurlaub und erhält lediglich Erziehungsgeld in Höhe von 230,00 € monatlich, sodass sie nicht leistungsfähig ist. Auch eine Verpflichtung zu einer Nebenerwerbstätigkeit entfällt in der Regel während des Bezuges von Erziehungsgeld.

Der am ….05.1967 geborene Kläger, der von Beruf Altenpfleger ist, in der früheren DDR eine Ausbildung zum Werkzeugmacher und Lagerist absolvierte und darüber hinaus auch als Kraftfahrer tätig gewesen ist, kann sich gegenüber seiner Tochter insoweit nicht auf eine mangelnde Leistungsfähigkeit berufen. Ihm trifft als Unterhaltspflichtigen die Obliegenheit, im Interesse der Unterhaltsberechtigten, seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen. Tut er dies nicht, muss er sich fiktive Einkünfte anrechnen lassen, die er durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit erzielen könnte. Die Einkommensfiktion knüpft in erster Linie an die Arbeitslosigkeit bzw. an eine die unterhaltsrechtlich geforderte Leistungsfähigkeit nicht voll gewährleistende Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen an. Bei unterhaltsrechtlich unzureichenden Erwerbseinkünften ist ggf. eine Nebentätigkeit aufzunehmen. Der Unterhaltspflichtige muss alles Zumutbare unternehmen, um durch Finden eines Arbeitsplatzes seine Leistungsfähigkeit wieder herzustellen. Vom Unterhaltsschuldner müssen die unternommenen Anstrengungen nicht nur konkretisiert werden, sondern er trägt für die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen auch die Darlegungs- und Beweislast. Zur Konkretisierung bedarf es der Auflistung der Bewerbungen sowie des nachprüfbaren Vortrages der im Einzelnen berufsspezifisch unternommenen Schritte, wobei sogenannte Blindbewerbungen grundsätzlich nicht zählen. Unter Berücksichtigung eines Umgangsrechts hat der Unterhaltspflichtige auch überregionale Anstrengungen zu unternehmen, um einen Arbeitsplatz zu erlangen. Insoweit kann auch ein Wohnortwechsel zumutbar sein (vgl. Palandt-Diederichsen, a. a. O., § 1603, RdNr. 35 ff. m.w.N.).

Er hat die Pflicht, alle verfügbaren Mittel heranzuziehen, um für den angemessenen Unterhalt des Kindes aufzukommen und, wenn der eigene Unterhalt anderweitig sichergestellt ist, auf den Selbstbehalt ganz oder teilweise zu verzichten. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners bestimmt sich nicht nach seinem tatsächlichen Einkommen, sondern nach den in zumutbarer Weise erzielbaren Einkünften. So muss er Zugeständnisse bei den Arbeitsmodalitäten machen und z. B. bereit sein, auch zu ungünstigen Zeiten, wie nachts, in den frühen Morgenstunden sowie an Wochenenden zu arbeiten. Auch die Beweislast für die Unmöglichkeit einer Nebentätigkeit trägt der Unterhaltspflichtige. Er ist zu intensiven Bemühungen um einen geeigneten Arbeitsplatz gezwungen. Hierbei kann für die Anstrengungen die Zeit aufzuwenden sein, die ein Erwerbstätiger für seinen Beruf aufbringt. Der Schuldner muss ggf. einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf nehmen und notfalls auch Beschäftigungen annehmen, die seinem bisherigen Werdegang nicht entsprechen, wobei auch ein Ortswechsel zumutbar sein kann.

Zur Sicherung des Unterhaltsbedarfs seines Kindes ist der Beklagte daher verpflichtet, alle verfügbaren Mittel für den Unterhalt zu verwenden, alle Erwerbsmöglichkeiten auszuschöpfen und auch einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf zu nehmen. Dabei ist er auch zur Aufnahme von Nebentätigkeiten verpflichtet, um ein zumutbares Einkommen zu erzielen.

Eine mangelnde Leistungsfähigkeit hat der Kläger vorliegend nicht dargelegt. Er trägt als Unterhaltsschuldner, der eine Abänderung des bisherigen Titels begehrt, die Darlegungs- und Beweislast für sein derzeitiges Einkommen, für seine jetzige Leistungsunfähigkeit, für alle Umstände, die seine Leistungsfähigkeit ausschließen oder mindern, für den Wegfall bestimmter Einkünfte sowie dafür, dass sie nicht mehr in zumutbarer Weise erzielt werden können.

Vorliegend hat der 1967 geborene Kläger, der von Beruf Altenpfleger, Werkzeugmacher und Lagerist ist sowie als Kraftfahrer tätig gewesen ist und gesundheitlich uneingeschränkt in der Lage ist, die genannten Tätigkeiten auszuüben, derart ausreichende Erwerbsbemühungen um einen geeigneten Arbeitsplatz nicht dargelegt. Das hat das Amtsgericht bereits zutreffend ausgeführt. Seine Erwerbs- und Bewerbungsbemühungen entsprechen nicht dem von der Rechtsprechung geforderten Umfang.

In dem streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 31.03.2008 ist er auch nicht etwa vollschichtig, sondern lediglich als geringfügig Beschäftigter tätig gewesen und hat ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 399,75 € erzielt, sodass nach Abzug des Krankenversicherungsbeitrages in Höhe von 188,42 € zunächst ein Nettoeinkommen in Höhe von 281,33 € verblieb (vgl. Anlagen K 4 und 11, Bl. 34 und 116 d.A.). Hinzu kommen zunächst monatliche Mieteinnahmen in Höhe von 250,00 €, sodass sich eine Nettoeinkommen von 531,33 € ergibt. Außerdem übt er eine Nebentätigkeit bei einem Taxiunternehmen aus. Dabei muss sich der Kläger im Regelfall und so auch vorliegend darauf verweisen lassen, sein Einkommen auf andere zumutbare Weise zu erhöhen, insbesondere durch die Aufnahme von Nebentätigkeiten, etwa als Zeitungs- oder Werbezettelausträger, Kellner, Bote, Reinigungskraft, bei einem Umzugsunternehmen oder als Taxifahrer und zwar auch zu ungünstigen Arbeitszeiten, insbesondere an Wochenenden. Bei derartigen Nebentätigkeiten ist durchaus ein weiteres Nettoeinkommen von monatlich 200,00 € erzielbar und zwar grundsätzlich auch neben einer Vollzeitbeschäftigung im Schichtdienst bis zu max. 48 Stunden wöchentlich. Dies gilt vorliegend erst recht und umso mehr im Zeitraum bis zum 31.03.2008. Denn der Kläger hat hauptberuflich lediglich eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt, neben der durchaus ein weiteres Nettoeinkommen von jedenfalls monatlich 300,00 € erzielbar ist und zwar entweder bei einer umfangreicheren Nebentätigkeit oder bei mehreren solchen Nebentätigkeiten, jeweils zusammen mit der Haupttätigkeit bis zu max. 48 Stunden wöchentlich. Diese Obliegenheit kann zwar im Einzelfall unzumutbar sein, wenn es nach Abwägung der Bedarfslage des Berechtigten mit der konkreten Lebens- und Arbeitssituation des Verpflichteten unbillig erscheint, ihn auf die Ausübung von Nebentätigkeiten zu verweisen. An die äußeren Umstände, die eine Unzumutbarkeit einer Nebentätigkeit begründen, sind dann, wenn es um die Sicherstellung des anderweitig nicht zu befriedigenden Bedarfs des Kindes geht, hohe Anforderungen zu stellen. Die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür hat der Unterhaltspflichtige darzulegen und zu beweisen. Konkrete Anhaltspunkte hierfür sind vorliegend weder dargetan noch in sonstiger Weise ersichtlich. Vielmehr übt der Kläger tatsächlich auch eine Nebentätigkeit als Taxifahrer aus. Es errechnet sich in dieser Zeit ein Einkommen von mindestens 831,33 € monatlich.

In dem sich anschließenden Zeitraum seiner Tätigkeit bei der V. Personaldienstleistungen GbR hat der Kläger nach eigenen Angaben ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 850,00 € erzielt, sodass mangels anderweitigem konkretem Vortrag von einem Nettoeinkommen in Höhe von mindestens 600,00 € auszugehen ist. Hinzu kommen monatliche Mieteinnahmen in Höhe von 250,00 € und ein aus den genannten Nebentätigkeiten in zumutbarer Weise weiterhin erzielbares monatliches Nettoeinkommen in Höhe von jedenfalls 200,00 €, zumal der Kläger in diesem Zeitraum lediglich 35 Stunden in der Woche tätig gewesen ist. Es ergibt sich für diesen Zeitraum ein Einkommen jedenfalls in Höhe von 1.050,00 €.

Seit dem 23.05.2008 ist der Kläger bei der D. Arbeit GmbH tätig. Das sein hierbei erzieltes monatliches Nettoeinkommen zusammen mit den monatlichen Mieteinnahmen in Höhe von 250,00 € und einem aus den genannten Nebentätigkeiten in zumutbarer Weise erzielbaren monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 200,00 € die zuvor genannte Summe von 1.050,00 € unterschreitet, hat der Kläger weder dargetan noch ist dies in sonstiger Weise ersichtlich.

Da der Kläger ein in seinem Eigentum stehendes Haus auch selbst bewohnt, ist der im Jahre 2007 gegenüber minderjährigen Kindern geltende notwendige Selbstbehalt in Höhe von 820,00 € um den darin enthaltenen Mietanteil auf 570,00 € zu kürzen. Der ab dem 01.01.2008 generell für Erwerbstätige hierfür vorgesehene Betrag in Höhe von 900,00 € ist ebenfalls angemessen zu kürzen und zwar um einen Kaltmietanteil in Höhe von ca. 300,00 €, sodass sich hierfür ein Betrag in Höhe von 600,00 € ergibt und der Kläger auch unter Berücksichtigung seines Selbstbehaltes zur Deckung des Bedarfes der Beklagten leistungsfähig ist. ..."

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Bei der Auswahl eines Heimes ist der unterhaltsberechtigte pflegebedürftige Elternteil bzw. sein Betreuer frei, solange nicht angemessene Kosten überschritten werden. Ein Umzug in ein anderes Heim, nur um mit Eintritt in die Pflegestufe III Kosten zu sparen, ist einem Demenzkranken in der Regel nicht zuzumuten.(OLG Schleswig Urteil vom 19.01.2009, 15 UF 187/07 zu §§ 1601, 1610, 528, 529 BGB):

„... I. Die Klägerin macht Ansprüche auf Zahlung von Elternunterhalt aus übergegangenem Recht für die Zeit von Mai 2004 bis einschließlich April 2007 geltend. Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen. Ergänzend gilt Folgendes:

Der am 10.6.1939 geborene Beklagte, der als Oberstudiendirektor am Gymnasium in N tätig war, ist der älteste Sohn der Frau S. Nach dem Tod ihres Ehemannes und Vaters des Beklagten, J, im Sommer 1940 lebte sie mit ihrem späteren Ehemann S zusammen, den sie 1948/49 heiratete. Aus dieser Verbindung sind die Halbbrüder des Beklagten R (geboren 1943) und G (geboren 1947) hervorgegangen.

Das Verhältnis zwischen dem Beklagten und seiner Mutter sowie zwischen ihm und seinen Halbbrüdern war nach seiner Behauptung von Anfang an deswegen belastet, weil seine Mutter ihre Söhne aus zweiter Ehe vorgezogen und ihn als Belastung im neuen Familienverband empfunden habe. Nach dem Tod von S im Jahre 1987 gab es praktisch keine privaten Kontakte mehr zwischen dem Beklagten und seiner Mutter. Allerdings war er derjenige, dem Frau S die Verwaltung ihres Sparvermögens anvertraute. Der Grund dafür lag darin, dass R lange Zeit als Auslandslehrer berufstätig und G an Multipler Sklerose erkrankt war.

Im August 1993 begehrte Frau S die Auflösung ihres Wertpapierdepots mit einem Bestand von 41.846,00 DM bei der Commerzbank …. Über die Verwendung dieses Vermögens besteht Streit. Die Behauptung des Beklagten, seine Mutter habe den oben genannten Bestand auf ihre Söhne R und G übertragen, und zwar zum Teil dem Sohn G geschenkt, der mit diesem Geld ein Darlehen zurückgeführt habe, das zur Finanzierung seines Eigenheims gedient habe, und einen Anteil von 8.000,00 DM an R gegeben (Beweis: Zeugnis R und G), hat die Klägerin ausdrücklich mit Nichtwissen bestritten. Sie hat behauptet, die Mutter des Beklagten habe den Erlös über die Jahre hinweg für sich verbraucht.

Unter dem 21.3.2003 erhielt R als Betreuer für seine Mutter einen Betreuerausweis des Amtsgerichts … (Az. …). Am 10.6.2003 vereinbarte er als gesetzlicher Betreuer seiner Mutter einen Kurzzeitpflegevertrag für vollstationäre Pflege mit Wirkung vom 6.6.2003 bis 19.6.2003. Am 7.7.2003 wurde der Heimvertrag (Bl. 13ff) für die dauerhafte Pflege abgeschlossen. Zu der Zeit bezog die Mutter des Beklagten ein monatliches Renteneinkommen in Höhe von insgesamt 925,40 Euro (Witwenrente 805,35 Euro zuzüglich Betriebsrente 120,06 Euro) sowie Leistungen der Pflegekasse für die Pflegestufe II in Höhe von 1.279,00 Euro. Die Kosten für das für sie ausgesuchte Heim ‚…' beliefen sich unter Berücksichtigung der Pflegestufe II auf insgesamt 2.563,19 Euro. Das … Alten- und Pflegeheim ‚…' kostete zu der Zeit für Bewohner mit der Pflegestufe II 2.730,81 Euro. Wegen der Kosten vergleichbarer weiterer Heime wird auf die von der Klägerin eingereichten Anlagen K 23 und K 24 verwiesen (Bl. 526f). Die Klägerin erbrachte allein in der Zeit seit Mai 2004 für die Mutter des Beklagten Leistungen in Höhe von monatlich zunächst 884,45 Euro, seit November 2004 in Höhe von 1.172,24 Euro und seit Januar 2005 fortlaufend monatlich mehr als 1.300,00 Euro. Wegen der - unbestrittenen - Einzelheiten zur Leistungshöhe wird auf den Klägervortrag, insbesondere auf die Klageschrift und die Klageerhöhungsschriftsätze, verwiesen.

Die Klägerin macht mit der Berufung geltend, das Familiengericht habe die unzutreffende Auffassung vertreten, es sei ihre Aufgabe gewesen, für eine kostengünstige Unterbringung der Hilfeempfängerin Sorge zu tragen. Dabei verkenne das Familiengericht ein Mehrfaches:

Die Klägerin sei nicht diejenige gewesen, die die Heimunterbringung veranlasst habe. Ihre Aufgabe sei es ausschließlich, ihre Verantwortung als (Teil-)Kostenträgerin wahrzunehmen. Die Entscheidung des gerichtlich bestellten Betreuers hätte sie zu akzeptieren gehabt; jedenfalls insoweit, wie es nicht offensichtlich auf der Hand gelegen habe, dass die Entscheidung rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Insoweit sei die Bedürftigkeit der Hilfeempfängerin entgegen der Auffassung des Beklagten ausreichend dargetan.

Zu Unrecht meine das Familiengericht, sie sei verpflichtet, im Einzelnen darzulegen, dass es keine kostengünstigere Alternative zu dem Heim, in dem die Unterhaltsberechtigte untergebracht ist, gegeben habe. Außerdem verkenne das Familiengericht, dass es eine Ermessensentscheidung sei, in welchem Heim die Unterbringung erfolge. Von Ermessensfehlgebrauch könne keine Rede sein. Außerdem habe sie mit Schriftsatz vom 17.10.07 ausführlich dargelegt, dass eine etwaige marginale Differenz sich nicht für den unterhaltsverpflichteten Beklagten, sondern allein entlastend für sie auswirken würde, da sie den überwiegenden Teil der ungedeckten Heimkosten wegen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Beklagten ohnehin trage.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Familiengerichts Neumünster den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin wie folgt zu zahlen:
a) 6.916,00 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz auf 6.010,00 Euro seit dem 1.10.2005,
b) sowie weitere 1.510,00 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.5.2006,
c) sowie weitere 3.020,00 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 5.3.2007,
d) sowie weitere 320,00 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.4.2007;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte erwidert , die Berufungsbegründung entspreche nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 - 4 ZPO und sei deshalb unzulässig.

Sie sei auch unbegründet. Der Betreuungsbedarf sei vor Ablauf der 10-Jahres-Frist aus § 528 Abs. 1 BGB aufgetreten. Die Pflegebedürftigkeit seiner Mutter habe sich schon 1996 herausgestellt. Seine Tochter habe bereits damals festgestellt, dass seine Mutter ihre drei Söhne vergessen hatte und sie als Enkelin auch nicht mehr erkannt hatte. R habe in seiner Eigenschaft als Betreuer bereits am 10.6.2003 einen Kurzzeitpflegevertrag geschlossen. Der Beklagte rügt erneut unter Bezugnahme auf diesen Kurzzeitpflegevertrag - wie im ersten Rechtszug -, dass es die Klägerin pflichtwidrig unterlassen habe, die Voraussetzungen für einen Schenkungswiderruf hinsichtlich des Wertpapierdepots zu prüfen.

Mit dem Pflegeheim ‚…' hätte in nächster Umgebung der früheren Wohnung seiner Mutter ein angemessenes Heim zur Verfügung gestanden, das auch die besondere Betreuung von Demenzkranken anbiete. Tatsächlich sei aber niemand auf Seiten der Mutter auf die Idee verfallen, insoweit überhaupt nur eine kostengünstigere Unterbringungsmöglichkeit zu suchen oder ihn zu kontaktieren. Der Vortrag der Klägerin zur Leistungs(un)fähigkeit seiner Halbbrüder sei unsubstantiiert. Die Klage sei unschlüssig mangels ausreichender Darlegung der Leistungsfähigkeit seiner Halbbrüder.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung ist zulässig, aber im Ergebnis unbegründet.

1. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie ordnungsgemäß - insbesondere den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genügend - begründet, worden.

Nach dieser Vorschrift muss die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt.

Zur Darlegung der Rechtsverletzung gehört die aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche Gründe er ihnen entgegensetzt. Erforderlich und ausreichend ist die Mitteilung der Umstände, die aus der Sicht des Berufungsklägers den Bestand des angefochtenen Urteils gefährden; die Vorschrift stellt keine besonderen formalen Anforderungen hierfür auf. Die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm ist entbehrlich, soweit aus den mitgeteilten Rechtsansichten deutlich wird, worin der Rechtsfehler gesehen wird (BGH NJW 2003, 3345 ff.; Juris Rn. 17 m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung. Bei Auslegung und Anwendung der formalen Voraussetzungen dürfen die Anforderungen ‚nicht überspannt werden' (Zöller-Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 522 ZPO Rn. 2 a m.w.N.).

Als Obersatz benennt die Berufungsbegründung den Streit über die (Rechts)Frage, ob die vom Betreuer gewählte Unterbringung von dem Beklagten als dem Grunde nach unterhaltspflichtigem Sohn zumindest zum Teil mit zu finanzieren ist. Mit dem Satz ‚insoweit ist die Bedürftigkeit der Hilfeempfängerin entgegen der Auffassung des Beklagten ausreichend dargetan,' macht sie deutlich, dass sie die gegenteilige, im angefochtenen Urteil genannte Ansicht angreift, und sie greift in diesem Zusammenhang die Auffassung des Familiengerichts an, sie sei verpflichtet darzulegen, dass es keine kostengünstigere Alternative zu dem Heim gebe. Das Familiengericht verkenne, dass es eine ‚Ermessensentscheidung' sei, in welchem Heim die Unterbringung erfolge. Von Ermessensfehlgebrauch könne keine Rede sein. Damit nennt die Klägerin zugleich ihre Rechtsauffassung.

Zur Bezeichnung des Umstands, aus dem sich die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung materiellen Rechts ergibt, genügt regelmäßig die Darlegung einer Rechtsansicht, die dem Berufungskläger zufolge zu einem anderen Ergebnis als dem des angefochtenen Urteils führt (BGH a.a.O., Juris Rn. 19). Der BGH hat die Berufungsbegründung in der zitierten Entscheidung ‚gerade noch' als genügend bezeichnet, und zwar hat es ihm im Rahmen der Entscheidungserheblichkeit ausgereicht, dass die vom Kläger für richtig gehaltene Rechtsauffassung dem landgerichtlichen Urteil ‚konträr' war (Juris Rn. 20). Vergleichbar verhält es sich mit der Berufungsbegründung hier.

Die Tatsache, dass die Klägerin dem Amtsgericht zum Teil eine Auffassung vorwirft, die es im Urteil nicht vertreten hat (so z.B. 3. Absatz der Berufungsbegründung), steht der Annahme einer formal ordnungsgemäßen Berufungsbegründung nicht entgegen. Das formale Begründungserfordernis setzt nicht die Schlüssigkeit der Berufungsgründe voraus (BGH a.a.O. Juris Rn. 19).

2. Die Berufung ist unbegründet, denn ein Anspruch der Mutter des Beklagten, Frau S, auf Elternunterhalt gemäß § 1601 BGB besteht gegenüber dem Beklagten für die Zeit von Mai 2004 bis April 2007 nicht. Ein Unterhaltsanspruch scheitert an der dafür erforderlichen Bedürftigkeit der Mutter.

a) Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Amtsgerichts steht dem Elternunterhaltsanspruch nicht entgegen, dass nicht ein kostengünstigeres Heim ausgesucht wurde. Diese Frage betrifft den Bedarf. Der Bedarf für die Unterbringung in dem ausgesuchten Heim ist zu bejahen. Dabei ist die sich aus § 1601 BGB ergebende Unterhaltspflicht des Beklagten dem Grunde nach zwischen den Parteien nicht streitig. Der Bedarf der Mutter als Heimbewohnerin wird durch ihre Unterbringung im Heim - d.h., durch die Heimkosten - bestimmt. Hinzu kommt die in Form der Hilfe zur Pflege gewährte Hilfe in besonderen Lebenslagen in Höhe eines angemessenen Barbetrags zur persönlichen Verfügung (so genanntes Taschengeld) für Kleinigkeiten des täglichen Lebens gem. § 27 Abs. 1 i.V.m. §§ 21 Abs. 3, 27 Abs. 3 BSHG bzw. nach Einführung des SGB XII gem. §§ 35, 61 Abs. 2 Satz 1 SGB XII (vgl. BGH FamRZ 2004, 1370 - 72, Juris-Druck Rn. 13).

Der unterhaltsrechtliche Bedarf von Eltern allgemein richtet sich gemäß § 1610 Abs. 1 BGB nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt). Die eigene Lebensstellung der Eltern bestimmt sich in erster Linie nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Sie passt sich auch nachteiligen Veränderungen, z.B. durch Eintritt in den Ruhestand, an. Entstehen für pflegebedürftige Eltern ungedeckte Heimkosten, handelt es sich um einen von dem unterhaltsverpflichteten Verwandten zu tragenden Unterhaltsbedarf. Soweit solche Kosten notwendigerweise entstehen, betreffen sie als existenzielle Bedürfnisse des Berechtigten dessen Bedarf, für den der Pflichtige im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit einstehen muss (Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 2 Rn. 635 f. m.w.N.). Die Unterbringungskosten müssen im Verhältnis zur Lebensstellung des Elternteils angemessen sein (OLG Schleswig, Urteil vom 24.06.2003 - 8 UF 153/02 - OLGR 2003, 407f). Gehobene Heime können unterhaltsrechtlich zu kostenintensiv sein (Palandt/Diederichsen, 68. Aufl., § 1601 Rn. 6 mit Nachweis auf die oben genannte Entscheidung des OLG Schleswig NJW-RR 2004, 866).

Die Auswahl des Heimes ‚….' in H, durch R als Betreuer ist nicht zu beanstanden. Jedenfalls zur entscheidungserheblichen Zeit der Auswahl und des Vertragsabschlusses im Juni/Juli 2003 waren die Kosten dieser Einrichtung angemessen. Im Ansatz stimmt der Senat der Klägerin zu, dass der Unterhaltsberechtigte bzw. sein Betreuer oder Vertreter bei der Auswahl eines Heimes bis zu einer gewissen Grenze frei ist. Diese Grenze liegt dort, wo angemessene Kosten überschritten werden. Falsch und im Übrigen widersprüchlich ist allerdings die Auffassung der Klägerin, die Hilfeempfängerin habe unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde einen Anspruch auf bestmögliche Betreuung. Das würde mehr als eine angemessene Betreuung bedeuten. Zu vergleichbaren Heimkosten im ehemaligen Wohnumfeld der Mutter, die im … Stadtteil … lebte, hat die Klägerin vorgetragen. Zur Zeit der Notwendigkeit der Heimunterbringung hätten im unmittelbaren Umfeld der bisherigen Wohnung die aus der Anlage K23 ersichtlichen Pflegeeinrichtungen zur Verfügung gestanden, wobei von diesen 10 Einrichtungen nur 2 (das ausgesuchte und das Pflegeheim A) ein - medizinisch gebotenes - Demenzprogramm angeboten hätten. Das Pflegeheim A kostete unstreitig insgesamt monatlich 2.551,94 Euro und das tatsächlich ausgesuchte 2.563,19 Euro, und zwar jeweils bei Pflegestufe II nach dem Stand laut Tabelle der Klägerin vom 1.07.2003. Zu dieser Zeit traf der Sohn R als Betreuer die Heimentscheidung. Angesichts dieses für die Umgebung zum ehemaligen Wohnumfeld der Mutter im Rahmen liegenden Preises ist die Angemessenheit der Kosten zu bejahen. Unter den zehn genannten Heimen war es - zu der Zeit - sogar das zweitgünstigste. Für die Zeit nach dem Stand des 10.08.2007, und zwar jetzt unter Berücksichtigung der Pflegestufe III, die die Mutter des Beklagten seit Oktober 2004 hatte, sieht der Preisvergleich anders aus. Jetzt betragen die Gesamtkosten in dem Heim ‚….' 3.968,59 Euro. Dieses Heim ist damit das teuerste im Vergleich zu den anderen in der Anlage K24 genannten. Das günstigste kostet 3.382,39 Euro und das nächst günstige 3.497,08 Euro.

Entscheidend für die Angemessenheit in Hinblick auf die Lebensstellung ist zunächst die Zeit, zu der die Heimaufnahme anstand. Zu dieser Zeit war das ausgesuchte Heim jedenfalls im Wohnumfeld eines der günstigen. Die Nähe zur ehemaligen Wohnung der Mutter ist - anders als der Beklagte und das Amtsgericht meinen - ein wichtiges Kriterium, denn auch wenn die demente Frau S das Heim nicht mehr verlassen konnte, so bestand bei räumlicher Nähe eher die Möglichkeit, Besuche von Nachbarn zu bekommen und durch vertraute Ärzte behandelt zu werden. Im nördlichen Teil von …. - wohnte und wohnt außerdem der Sohn R.

Das vom Beklagten als angemessen angesehene Heim ‚…' in … war in der Pflegestufe II ausweislich der unbestrittenen Angaben der Klägerin mit rund 2.730 Euro sogar teurer. Das änderte sich erst, als ab Oktober 2004 mit Pflegestufe III zu rechnen war. Danach kostete dieses Heim nach dem Stand 1.09.2004 nur rund 3139,00 Euro .

Ein Umzug in ein anderes Heim, nur um mit Eintritt in die Pflegestufe III Kosten zu sparen, war der Mutter des Beklagten nicht zuzumuten. Dem Umzug steht nach der Auffassung des Senats entgegen, dass gerade für alte Menschen, die an Demenz leiden, Gewohntes positiv wirkt und Veränderungen möglichst zu vermeiden sind, um die ohnehin durch die Beeinträchtigung des Erinnerungsvermögens bestehende Unsicherheit nicht zu verstärken. Die Kosten sind deswegen auch seit Beginn der neuen Pflegestufe als angemessen anzusehen. Der Senat ist nicht der Ansicht, dass von Anfang an die Entwicklung hin zur Pflegestufe III hätte prognostiziert werden müssen; jedenfalls war nicht schon vor Einzug ins Heim ein Kostenvergleich auch für die Pflegestufe III anzustellen.

b) Der Senat kann allerdings nicht von einer Bedürftigkeit der Mutter ausgehen.

Gemäß § 1602 Abs. 1 BGB ist unterhaltsbedürftig nur, wer außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten. An Unterhaltsbedürftigkeit fehlt es, soweit Einkünfte oder verwertbares Vermögen vorhanden sind (Wendl/Pauling, a.a.O., § 2 Rn. 630).

Unter bloßer Berücksichtigung des Einkommens der Mutter, das sie in der fraglichen Zeit seit Mai 2004 in Form einer - um den Taschengeldanspruch bereinigten - Witwenrente i.H.v. zunächst monatlich 722,18 Euro (seit Juli 2005 geringfügig weniger) sowie einer Betriebsrente in Höhe von 120,06 Euro und einer Pflegekassenleistung in Höhe von 1.279,00 Euro bezog, lag Bedürftigkeit vor.

Nach dem Vortrag des Beklagten zur Verwendung des Wertpapierbestandes in Höhe von 41.846,00 DM im August 1993 ist aber von ausreichendem verwertbarem Vermögen in Form eines Schenkungsrückgewähranspruchs der Mutter aus § 528 Abs. 1 BGB gegenüber den Söhnen G und R auszugehen. Dieser Anspruch gehört zum einzusetzenden Vermögen (vgl. Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 2 Rn. 631 f. m.w.N.).

Der Senat geht von der als unstreitig anzusehenden Behauptung des Beklagten aus, seine Mutter habe den in der Erklärung vom 24.8.1993 erwähnten Vermögensbetrag von 41.846,00 DM auf ihre Söhne R und G übertragen. Der pauschale Vortrag der Klägerin - sie bestreite dies mit Nichtwissen, die Mutter des Beklagten habe den Erlös über die Jahre hinweg für sich verbraucht - stellt kein erhebliches Bestreiten dar. Darauf ist die Klägerin vor dem Termin durch gerichtliches Schreiben vom 18.12.2008 ausdrücklich hingewiesen worden. Die Klägerin als Neugläubigerin des geltend gemachten Elternunterhaltsanspruchs hätte zu der detaillierten Behauptung des Beklagten zur Verwendung des ursprünglichen Vermögens substantiiert vortragen müssen. Das hat sie auch durch den - im Wesentlichen wiederholenden - Vortrag im Schriftsatz vom 19.12.2008 nicht getan. Unzutreffend ist im Übrigen insbesondere der dortige Vortrag, der Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt substantiiert vorgetragen, wem die Schenkungen zugewandt worden sein sollen, denn die beiden Söhne R und G sind ausdrücklich benannt. Die Tatsache, dass die Klägerin als Neugläubigerin diesbezüglich nicht über originär eigenes Wissen verfügt, entbindet sie nicht von ihrer Darlegungslast. Das ist ihr Prozessrisiko. Die vom Beklagten als Beschenkte Benannten waren und sind für die Klägerin erreichbar, und sie haben ihr sogar jeweils u. a. im Januar 2004 Auskunft über ihre Einkommen erteilt, woraus die Klägerin unbereinigte Nettoeinkommen in Höhe von 2.701,41 Euro (G) und 3.694,25 Euro (R) errechnete. Die Klägerin hätte von beiden Erklärungen zu den Behauptungen des Beklagten betreffend die Verwendung der 41.846,00 DM einholen und diese vortragen können.

Nach der Aktenlage ist von einem Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gegen die jeweils beschenkten Söhne gemäß § 528 Abs. 1 BGB auszugehen. Mit dieser Vorschrift kann der Schenker die Herausgabe des Geschenkes fordern, soweit er nach der Vollziehung der Schenkung z.B. außer Stande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten. In diesem Sinne war Frau S jedenfalls in dem hier entscheidungserheblichen Zeitraum von Mai 2004 bis April 2007 außer Stande, denn ihre Renten und die Leistungen der Pflegekasse reichten zur Deckung ihres Bedarfs, insbesondere der Heimkosten, nicht aus.

Auf § 529 Abs. 1 BGB (10-Jahres-Frist) kommt es hier nicht an. Nach dieser Vorschrift ist der Anspruch ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Eintritts der Bedürftigkeit seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind. Wann genau die Bedürftigkeit der Frau S eintrat, ist nicht vorgetragen; unter dem 9.12.2002 beantragte sie jedenfalls bei der Klägerin Sozialhilfe, und R gab in Vertretung für sie dazu eine Erklärung ab, worauf verwiesen wird (Anlagenkonvolut K 15; Bl. 409ff). Der genaue Zeitpunkt der Bedürftigkeit kann dahinstehen, denn § 529 BGB enthält eine rechtshemmende Einrede, so dass es dem Beschenkten überlassen ist, sie geltend zu machen (Palandt/Weidenkaff, 68. Aufl., § 529 Rn 1). Es ist nicht ersichtlich, dass Schenkungsrückgewähransprüche der Mutter gegenüber R und G geltend gemacht wurden. Ein solcher Anspruch des Schenkers kann vom Sozialhilfeträger gemäß § 93 SGB XII bis zur Höhe der Aufwendungen für den Schenker übergeleitet werden (Wendl/Pauling aaO, § 2 Rn 633). ..."

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Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt kann auch dann noch bestehen, wenn zwischen Schulabbruch (hier: Nichtbestehen des Abiturs) und der Aufnahme der Ausbildung (nach dem Ausbildungswechsel) vier Jahre liegen, wenn der Unterhaltsberechtigte zwischenzeitlich ein Jahr krank war und während eines weiteren Jahres seinen Realschulabschluss nachgeholt hat (OLG Jena, Urteil vom 08.01.2009 - 1 UF 245/08):

„... I. Der Beklagte wird in Abänderung des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Mühlhausen vom 27.06.2008, Az. 2 F 327/07, verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen durch Vorlage einer systematischen Aufstellung über das Nettoeinkommen des Beklagten im Zeitraum vom 01.04.2006 bis 30.06.2007 durch Vorlage
- der Gehaltsabrechungen des Arbeitgebers im Auskunftszeitraum,
- des Steuerbescheides für das Jahr 2006, sofern dieser noch nicht vorliegt, für das Jahr 2005,
- sowie der Steuererklärung für das Jahr 2006,
- sofern der Beklagte Einkünfte aus Arbeitslosengeld, Krankengeld, Rente wegen altersverminderter Erwerbstätigkeit, Rente nach BVG und BEG im vorgenannten Zeitraum erhalten hat, durch Vorlage der für das Jahr 2006 ergangenen Bescheide der zuständigen Versicherungsträgrer,
- sofern der Beklagte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat, durch Vorlage der Einnahmenüberschussrechnung für das Jahr 2006 und der Anlage V (Vermietung und Verpachtung zur Einkommensteuererklärung) sowie der Anlage FW (selbstgenutztes Wohnungseigentum) zur Steuerklärung für das Jahr 2006 und hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen durch Vorlage der KAP (Kapitaleinkünfte zur Steuererklärung für das Jahr 2006 und durch Vorlage einer Bankbestätigung).

II. Im Übrigen wird das Verfahren zur Entscheidung über den Antrag zu 2) der Klägerin auf Zahlung von Volljährigenunterhalt ab dem 01.07.2007 an das Amtsgericht - Familiengericht - Mühlhausen zurückverweisen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat. Das Urteil ist zu Ziffer I. vorläufig vollstreckbar.

Gründe: Die Klägerin, die am 15.03.1983 geboren ist, nimmt den Beklagten im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung und Zahlung des sich daraus ergebenden Unterhaltsbetrages ab dem 01.06.2007 in Anspruch.

Der Klägerin wurde mit Bescheid vom 30.04.2007 ab 11/2006 Bafög verweigert, weil das einzusetzende Einkommen des Vaters in Höhe von 414,79 € ihren Bedarf übersteige. Die Klägerin hat zu ihrem Werdegang angegeben:

5/02: Schulabbruch
9/02 - 11/02: Ausbildung zur Zahnarzthelferin in München
11/02 - 2/03: Suche nach Ausbildungsplatz als Zahnarzthelferin in Berlin Minijob bei M. P. in Berlin
3/03: Umzug nach Mühlhausen, Ausbildungsstelle ab Ausbildungsjahr 2003/04 in Geismar gefunden, Vorstellungsgespräch
18.05.2003: schwerer Verkehrsunfall, arbeitsunfähig bis 4/04
9/04 - 7/05: Erwerb der Realschulreife
5/04 - 9/06: Nebenjob bei R. Treuhand GmbH
7/05 - 10/06 Suche nach einem Ausbildungsplatz
2/06 - 4/06: 7 Ablehnungsschreiben für Ausbildung als Zahnarzthelferin
Klägerin kann 2005 die Ausbildung zur Logopädin nicht antreten (S-Laut fehlt); diese VS ist 2006 behoben.
11/06: Beginn der Ausbildung zur Logopädin an einer Privatschule in Erfurt. Das Ausbildungsende ist 10/09. Das Schulgeld beträgt 300,- €/Monat.

Wegen der näheren Einzelheiten des Vortrages der Parteien und der Antragstellung wird Bezug genommen auf die Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil, das von einem Beginn der geltend gemachten Unterhaltspflicht ab dem 01.07.2007 ausgeht (Bl. 68 - 70 d A).


Das Amtsgericht hat eine Entscheidung durch Endurteil getroffen, weil schon die Prüfung des Auskunftsanspruches ergebe, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehle (BGH, NJW 2002, 1042). Die Klägerin könne keinen materiell-rechtlichen Anspruch auf Unterhaltszahlung geltend machen, weshalb der Beklagte nicht verpflichtet sei, Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen.

Der Berechtigte sei im Verhältnis zum Verpflichteten gehalten, die Ausbildung mit Fleiß und Zielstrebigkeit zu fördern, damit er sie innerhalb einer angemessenen und üblichen Zeit beenden könne. Zugestanden werde zwar eine Überlegungsfrist nach der Beendigung der allgemeinen Schullaufbahn. Die Klägerin habe ihre Ausbildungsobliegenheit vernachlässigt, indem sie von München nach Berlin gezogen sei, um demselben Ausbildungsberuf zu ergreifen, und dies erneut in Kenntnis der auch in Berlin überdurchschnittlichen Lebenshaltungskosten. Nach ihrem Umzug nach Mühlhausen habe sie sich erneut und offenbar erfolgreich in Mühlhausen um eine Ausbildung als Zahnarzthelferin bemüht. Sie habe damit eine ihr obliegende Pflicht zumindest nachlässig nicht erfüllt, ihre Ausbildung zügig und mit der gebotenen Anstrengung zu absolvieren. Auch wenn man zugestehe, dass die Klägerin - einem Bekunden zufolge - wohlwollend unter Umständen als ‚Spätstarterin' eingestuft werden könne, sei seit den missglückten Bemühungen, die Abiturprüfung zu bestehen, bis zu ihrem Unfall im Mai 2005 unverhältnismäßig viel Zeit vergangen, bevor die Klägerin sicher und offenbar auch in der Lage war, ihre Ausbildung zu beginnen und erfolgreich zu beenden.

Die Voraussetzungen der ‚Abitur-Lehre-Studium-Fälle' lägen erkennbar nicht vor, so dass der Klägerin ein Unterhaltsanspruch nicht zustehe.

Die Klägerin greift das Urteil I. Instanz mit der Berufung an.

Die Klägerin trägt vor, eine Auskunftspflicht bestehe nur dann nicht, wenn die begehrten Angaben den Unterhaltsanspruch unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen können, etwa weil eine Barunterhaltspflicht sowieso entfalle, weil es von vorn herein keine Bedürftigkeit gebe oder weil die Leistungsfähigkeit nicht gegeben sei bzw. weil diese mit dem bereits geleisteten Unterhalt erschöpft sei.

Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, die Klägerin habe ihre Ausbildung nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit betrieben.

Die von dem Gericht I. Instanz zitierte Entscheidung (BGH, NJW 2002, 1042, 1044) betreffe nicht ansatzweise eine familiengerichtliche Entscheidung; es gehe dort um Aufklärungspflichten des Veräußerers beim Unternehmenskauf.

Der Beklagte habe gegenüber der Klägerin seine Verpflichtung zu einer Ausbildung bisher noch nicht erfüllt (§ 1610 Abs. 2 BGB); die Klägerin habe noch keine abgeschlossene Ausbildung.

Hinzu komme, dass die Klägerin durch den im Jahr 2003 erlittenen Verkehrsunfall in eine unverschuldete Notlage gekommen sei, die ihren Unterhaltsanspruch gegenüber dem Beklagten wieder aufleben lasse. Auch habe der Beklagte an die Klägerin bis heute keinen Ausbildungsunterhalt gezahlt; er habe seine Zahlungen unmittelbar nach Abschluss des Abiturs eingestellt.

Lt. BGH (FamRZ 2006, 1100) habe ein Unterhaltsschuldner auch eine nicht unerhebliche Verzögerung in der Ausbildung des Kindes hinzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller Umstände nur auf ein leichteres, vorübergehendes Versagen des Kindes zurückzuführen sei.

Demnach schulde der Beklagte Unterhalt, solange das Kind noch keine oder keine angemessene Berufsausbildung erfahren habe, es sei denn, es liege eine besonders lange Verzögerung vor, dann müsse sich das Kind seinen Lebensunterhalt mit ungelernten Tätigkeiten oder aufgrund sonstiger Begabung und Fertigkeiten verdienen (BGH, FamRZ 1998, 571, 672).

Eine besonders lange Verzögerung könne nur dann angenommen werden, wenn die Verzögerung ausschließlich auf Verletzung von Obliegenheiten des Unterhaltsgläubigers zurückzuführen sei.

Das Amtsgericht habe die ‚Spätentwicklerrechtsprechung' nicht beachtet. Hinzu komme, dass wesentlicher Umstand der Verzögerung des Beginns der Berufsausbildung als Logopädin die Beteiligung der Klägerin an einem Verkehrsunfall gewesen sei, bei dem sie unverschuldet als Sozius auf einem Motorrad so schwer verletzt worden sei, dass sie über längere Zeit krankheitsbedingt ausgefallen sei und somit die zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls bereits innegehaltene Ausbildung als ZA-Helferin in Westthüringen nicht habe beginnen können.

Der Beklagte habe die Unterhaltszahlungen im Mai 2002 eingestellt. Die Klägerin habe im Jahre 2001 die Abiturprüfung nicht bestanden. Sie habe aufgrund ihrer Leistungen im Mai 2002 das Abitur abgebrochen. Zum damaligen Zeitpunkt habe die Regelung, dass mit Absolvierung des 10. Schuljahres eine Realschulprüfung geschrieben werde, nicht existiert; die Klägerin habe somit im Mai 2002 die Schule ohne Abschluss verlassen.

Die Klägerin habe im November 2002 die Ausbildung zur ZA-Helferin abgebrochen, da der Beklagte trotz Mahnung keinen Unterhalt mehr gezahlt habe. In der Zeit von 11/02 bis 2/03 habe sie sich um einen Ausbildungsplatz in Berlin bemüht. Sie habe einen Minijob bei M. P. in Berlin angenommen und sich zu ZA-Praxen begeben und dort einen Ausbildungsplatz gesucht. Die Bewerbungen hätten insofern Erfolg gehabt, als sie in einer ZA-Praxis habe ‚probearbeiten' können. Die hygienischen Bedingungen seien so schlecht gewesen, dass sie die Ausbildung nicht begonnnen habe.

Im März 2003 sei sie nach Mühlhausen verzogen. Sie habe im Mai 2003 ein Vorstellungsgespräch und ein Probearbeitsverhältnis bei einer Zahnärztin in Geismar gefunden und habe zum Ausbildungsjahr 2003/04 eine Ausbildung als Zahnarzthelferin beginnen können.

Am 18.05.2003 habe sie einen schweren Verkehrsunfall erlitten und sei bis April 2004 arbeitsunfähig gewesen. Von 9/04 bis 7/05 habe sie mit Erfolg im Rahmen eines Abendkurses ihren Realschulabschluss erreicht. Von 5/04 bis 9/06 habe sie bei der R. Treuhand GmbH auf der Basis einer geringfügigen Beschäftigung einen Nebenjob bekleidet.

In der Zeit von 7/05 bis 10/06 habe sie einen Ausbildungsplatz als Arzthelferin, Zahnarzthelferin und Logopädin gesucht. Im Jahre 2005 habe sie noch keine Ausbildung als Logopädin beginnen können, da sie den ‚S-Laut' noch nicht entsprechend dem Berufsbild einer Logopädin herausgebildet habe.

Die angestrebte Ausbildung als Zahnarzthelferin habe auf einer Fehleinschätzung beruht. Für den Zeitraum 2003/04 habe keine Obliegenheit für die Klägerin bestanden, da sie arbeitsunfähig gewesen sei. Für den nachfolgenden Zeitraum lägen Arbeitsbemühungen vor.

Wegen der Antragstellung der Klägerin im Rahmen des Auskunftsantrages wird auf den Schriftsatz vom 06.10.2008 Bezug genommen (Bl. 98, 99 d A).

Die Klägerin beantragt weiter hinsichtlich des unbezifferten Zahlungsantrages Zurückverweisung an das Amtsgericht.

Der Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen und hat zuletzt den Auskunftsanspruch der Klägerin anerkannt.

Der Beklagte führt an, die Klägerin sei mittlerweile 25 Jahre alt. Sie habe es versäumt, eine kontinuierliche Ausbildung für einen entsprechenden Abschluss zu erlangen. Der Klägerin fehle es an der notwendigen Ernsthaftigkeit und dem notwendigen Verantwortungsbewusstsein. Die Klägerin habe das Abitur im Mai 2002 unmittelbar vor der Wiederholungsprüfung abgebrochen. Die Ausbildung in München habe nur zwei Monate gedauert. Dass die Klägerin Berlin als möglichen neuen Ausbildungsort ausgesucht habe, wo die Lebenshaltungskosten nicht minder hoch seien, spreche gegen ihre Ver-pflichtung, die Ausbildung mit Fleiß und Zielstrebigkeit zu betreiben. Der Rückzug der Klägerin aus Berlin sei quasi wie ein Zweitabbruch der Ausbildung zu werten. Die Ausbildung zur ZA-Helferin 2003/04 wäre dann der dritte Versuch der Klägerin gewesen, die Ausbildung als ZA-Helferin neu zu beginnen, wiederum verbunden mit einem Zeitverlust von 6 Monaten.

Die Klägerin sei eine konkrete Aussage und Beweisführung schuldig geblieben. Bezogen auf die Tätigkeit in Berlin (11/02 bis 2/03) sei kein schlüssiger Vortrag erfolgt. Es fehle jeglicher Vortrag, welche Bemühungen die Klägerin im Zeitraum nach dem Unfall (5/03 bis 4/04) unternommen habe, hier eine neue Ausbildung aufnehmen zu wollen. Eine einjährige Arbeitsunfähigkeit werde bestritten. Auch für den Zeitraum 5/04 bis 8-9/04, 7/05 - 10/06 fehle es an substantiellem Vortrag, was die Klägerin in dieser Zeit unternommen habe, um eine Ausbildung aufzunehmen bzw. fortzusetzen. Die Tätigkeit bei der Firma R. werde bestritten. Absagen seien nur für 2/06 bis 4/06 vorgelegt worden und nur für die Ausbildung als ZA-Helferin. Dass die Klägerin in diesen Zeiträumen ausreichende Bemühungen unternommen habe, einen Ausbildungsplatz zu finden, müsse bestritten werden. Die mit Schriftsatz der Gegenseite vom 10.01.2008 vorgelegten Absagen dürften im Rahmen einer so langen Zeitspanne nicht ausreichend sein.

Es sei nicht nachvollziehbar, was die Klägerin in der Zeit von 7/05 bis 9/07 in einer möglichen Erwerbstätigkeit geleistet habe. Es werde bestritten, dass sie an der Ausbildung des ‚S-Lautes' gearbeitet habe. Sie hätte ihre ursprüngliche Ausbildung als ZA-Helferin weiterführen können. Hier liege nur die klägerische Bewertung vor, sie habe sich um einen neuen Ausbildungsplatz bemüht. Das jetzige Ausbildungsverhältnis habe wohl erst im September 2007 begonnen.

Es sei nicht nachvollziehbar, wieso die begonnene Ausbildung als ZA-Helferin auf einer Fehleinschätzung beruhen solle. Von daher sei die Kontinuität bezogen auf eine Ausbildung und deren Abschluss nicht ersichtlich.

Die Ausbildung als Logopädin werde an einer Privatschule absolviert. Es gebe die Ausbildung auch im Rahmen einer staatlichen Ausbildung. In dieser Ausbildungsform werde entweder Ausbildungsvergütung oder zumindest Ausbildungsbeihilfe gezahlt. Die Klägerin habe es damit versäumt, die Ausbildungsart den finanziellen Möglichkeiten der Eltern anzupassen.

Die Klägerin sei verpflichtet, Auskunft über ihre eigenen Vermögensverhältnisse zu erteilen und für die Kindesmutter die Steuerbescheide für 2005 - 2007 vorzulegen.

II. Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthaft und im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt (§ 517 ZPO) und begründet (§ 520 Abs. 2 ZPO) worden. Sie führt auch im Rahmen der Antragstellung zum Erfolg.

Das Amtsgericht hat den Auskunftsanspruch der Klägerin zu Unrecht verneint und die Klage insgesamt abgewiesen. Dem Auskunftsantrag ist nach dem Anerkenntnis des Beklagten stattzugeben und der Rechtsstreit ist im übrigen auf Antrag der Klägerin in entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO an das Amtsgericht zurückzuverweisen (BGH, NJW 2006, 2626; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Auflage, § 538, Rdnr. 48).

Der Beklagte hat seine Auskunftsverpflichtung vor dem Senat im beantragten Umfange anerkannt; insoweit war ein Anerkenntnisurteil zu erlassen.

Der Auskunftsanspruch ist das Mittel, Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse, die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und die Bedürftigkeit des Berechtigten bestimmenden Verhältnisse zu erlangen. Er soll die Beteiligten in die Lage versetzen, einen Rechtsstreit zu vermeiden oder in ihm die Forderungen richtig zu berechnen und begründete Einwendungen vorzubringen. Der Auskunftsanspruch erstreckt sich auf alle Umstände, die erforderlich sind, um die Bestimmtheit des Leistungsanspruches herbeizuführen (Kalthoe-ner/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Auflage, Rdnr. 682).

Der im Grundsatz uneingeschränkte Auskunftsanspruch entfällt, wenn feststeht, dass die Auskunft die Unterhaltsverpflichtung unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen kann (BGH, FamRZ 1982, 996 und 1189). Kein Auskunftsanspruch besteht daher bei uneingeschränkter Leistungsfähigkeit des Pflichtigen, wenn dieser also in der Lage ist, den geltend gemachten Bedarf aus dem zugestandenen Einkommen zu decken (BGH, FamRZ 1994, 1169) oder wenn der Unterhaltsanspruch unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Schuldners ausgeschlossen ist (OLG Düsseldorf, FamRZ 1998, 1191).

Das Vorgericht hat hier ein Entfallen des Unterhaltsanspruches angenommen. Der Senat weist darauf hin, dass das Amtsgericht im Ansatz zutreffend davon ausgegangen ist, dass der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt ist. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners, eine Berufsausbildung zu ermöglichen, steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Zwar muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind. Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (vgl. BGH, FamRZ 2001, 757 ff.).

Aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis folgt nicht nur die Obliegenheit des Kindes, die gewählte Ausbildung zügig durchzuführen. Die Rücksichtnahme auf die Belange der mit der Unterhaltszahlung belasteten Eltern erfordert es viel-mehr auch, dass sich das Kind nach dem Abgang von der Schule innerhalb einer angemessenen Orientierungsphase für die Aufnahme einer seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechenden Ausbildung entscheidet (BGH, a.a.O.; FamRZ 2006, 1100).

Die Anwendung dieser Grundsätze führt im vorliegenden Fall nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht dazu, dass die Klägerin keinen Ausbildungsunterhalt beanspruchen kann.

Die Klägerin ist am 15.03.1983 geboren und war, als sie durch das Abitur gefallen ist, erst 18 Jahre alt. Dass sie den Versuch unternommen hat, die Nachprüfung zu schaffen, ist unterhaltsrechtlich nicht zu beanstanden.

Wie die einem jungen Menschen zuzugestehende Orientierungsphase zu bemessen ist, muss von Fall zu Fall beurteilt werden. Maßgebende Kriterien sind dabei Alter, Entwicklungsstand und die gesamten Lebensumstände des Auszubildenden (BGH, a.a.O.). Der Umstand, dass die Klägerin sich nach dem Abitur nicht sogleich für eine Berufsausbildung entscheiden konnte, sondern zunächst in verschiedenen Bereichen arbeitete, um daraus Erkenntnisse für ihre Berufswahl zu gewinnen, steht einem Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nicht entgegen. Die Orientierungsphase dient gerade dazu, einem in der Frage der Berufswahl unsicheren jungen Menschen die Entscheidung für einen Beruf zu erleichtern. Die hier etwa einjährige Dauer dieser Phase kann angesichts der gesamten Verhältnisse nicht als unangemessen lang angesehen werden, zumal der Kindesvater ihr unstreitig keinen Kindesunterhalt während des Zeitraums der Ausbildungssuche gezahlt hat.

Zum Herbst 2003/04, als die Klägerin etwa ein Jahr nach dem Abitur am 09.05.2003 (Bl. 43 d A) eine Ausbildungsstelle gefunden hatte, hat sie am 18.05.2003 als Sozius einen schweren Motorradunfall erlitten und konnte die Ausbildungsstelle nicht antreten; sie war im Anschluss ein Jahr arbeitsunfähig.

Die Klägerin hat sodann die Realschulreife in einer Abendschule erworben und ein weiteres Jahr mit der Suche nach einer Lehrstelle bzw. der Vorbereitung auf die Ausbildung als Logopädin verbracht. Während dieser Zeit hat sie ihren Lebensunterhalt mit einem Nebenjob bei der R. Treuhand GmbH finanziert.

Für das weitere Verfahren sollte das Amtsgericht darauf hingewiesen werden, dass es vorliegend nicht um die Frage einer Weiter- oder Zweitausbildung, sondern um die Erstausbildung der Klägerin geht, nachdem sie die Ausbildung zur Zahnarzthelferin abgebrochen und die Ausbildung zur Logopädin begonnen hat.

Ein solcher Wechsel der Ausbildung ist unbedenklich, wenn er einerseits auf sachlichen Gründen beruht und andererseits unter Berücksichtigung der Gesamtumstände aus der Sicht des Unterhaltspflichtigen wirtschaftlich zumutbar ist. Für die Annahme eines hinreichenden Grundes kann etwa der Umstand sprechen, dass zwischen der abgebrochenen und der angestrebten Ausbildung ein sachlicher Zusammenhang besteht. Jedem jungen Menschen ist grundsätzlich zuzubilligen, dass er sich über seine Fähigkeiten irrt oder falsche Vorstellungen über den gewählten Beruf hat. Dabei wird ein Ausbildungswechsel um so eher zu akzeptieren sein, je früher er stattfindet. Dies folgt aus dem Gedanken, dass die schutzwürdigen Belange des Unterhaltspflichtigen es gebieten, sich möglichst frühzeitig darauf einrichten zu können, wie lange die Unterhaltslast dauern wird (BGH, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall ist eine Unterbrechung durch den Verkehrsunfall und die sich anschließende längere Behandlungsbedürftigkeit der Klägerin eingetreten, so dass der Beklagte nicht ohne weiteres darauf vertrauen durfte, die Klägerin werde keine Ausbildung mehr anstreben.

Das OLG Köln (FamRZ 2005, 301 f.) hat in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden, dass ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt auch dann noch bestehen kann, wenn der Unterhaltsberechtigte nach Schulabbruch bis zur Aufnahme seiner Ausbildung mehr als 2,5 Jahre weitgehend tatenlos hat verstreichen lassen.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin sogar vier Jahre vergehen lassen; sie ist aber - wie vorstehend ausgeführt - ein Jahr krank gewesen und hat während eines weiteren Jahres ihren Realschulabschluss nachgeholt, nachdem sie zuvor das Gymnasium nach der zwölften Klasse ohne Abschluss verlassen hat. Auch hat die Klägerin bei dem Realschulabschluss gute bis sehr gute Noten erzielt (sehr gut in Englisch, Mathematik und Geschichte), so dass berechtigte Aussicht besteht, dass sie die Fachschulausbildung als Logopädin erfolgreich abschließen wird.

Die Ausbildung zur Logopädin erfordert den Besuch einer Fachschule; eine Ausbildungsvergütung erhält die Klägerin nicht (vgl. www.mefa.uni-jena.de/logopaede.htm). ..."

***

Die Rücksichtnahme auf die Belange der mit der Unterhaltszahlung belasteten Eltern gebietet es, die Ausbildung zielstrebig durchzuführen. Wenn der Kläger dieser Obliegenheit nicht nachkommt, büßt er seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, selbst für seinen Lebensunterhalt aufzukommen (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 30.07.2008 - 5 UF 46/08 zu BGB §§ 1610 II):

„... Die Mutter des Kl. und der Bekl. sind geschiedene Eheleute. Aus der Ehe sind der 1989 geborene Kl. und ein weiterer 16-jähriger Sohn, der im Haushalt der Kindesmutter lebt, hervorgegangen. Der Kl. lebte nach der Trennung seiner Eltern zunächst ebenfalls bei der Kindesmutter, zog jedoch mit deren Zustimmung im Jahr 2003 zum Bekl., der gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau und deren Tochter in einem Haushalt lebt. Im Frühjahr 2007 kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien, die ihren Ursprung unter anderem darin hatten, dass sich die schulischen Leistungen des Kl. erheblich verschlechtert hatten. Er besuchte zu diesem Zeitpunkt die 12. Jahrgangsstufe der X-Schule und sein Halbjahreszeugnis wies für das erste Schulhalbjahr unentschuldigte Fehltage auf. Der Kl. verließ in der Folgezeit den Haushalt des Bekl. und war auch durch gemeinsame Gespräche mit den Kindeseltern unter Mitwirkung des Jugendamtes nicht zu bewegen, zum Bekl. zurückzukehren. Er bezog vielmehr eine eigene Wohnung und nahm den Bekl. ab Mai 2007 auf Barunterhalt in Anspruch. Der Bekl. ist ungelernter Arbeiter und war bis 1995 als Produktionsarbeiter tätig. In der Folgezeit war er im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses bis zu einer betriebsbedingten Kündigung wegen erheblicher Umsatzeinbußen zum 31. 8. 2007 im Betrieb seiner jetzigen Ehefrau tätig. Diese betreibt einen Frühstücksservice und erzielte dort im Jahr 2007 einen Gewinn von 15358 Euro. Von Oktober bis Dezember 2007 übte der Bekl. verschiedene Tätigkeiten im Rahmen geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse mit einem Durchschnittseinkommen von 930 Euro aus. Seit 1. 1. 2008 ist er krankgeschrieben und musste sich im Jahr 2008 bereits zweimal operieren lassen. Die Kindesmutter ist kaufmännische Angestellte, war jedoch von März 2007 bis April 2008 arbeitslos. Sie bezog in dieser Zeit monatlich Arbeitslosengeld in Höhe von 900 Euro. Ihre Einkünfte vor ihrer Arbeitslosigkeit und seit der Wiederbeschäftigung im Mai 2008 sind nicht bekannt.

Das AG hat den Bekl. ein fiktives Einkommen aus mehreren geringfügigen Beschäftigungen zugerechnet und ihn verurteilt, für die Zeit von Mai bis Dezember 2007 an den Kl. einen Unterhaltsrückstand von 1572 Euro und ab 1. 1. 2008 Ausbildungsunterhalt in Höhe von 486 Euro monatlich zu zahlen. Mit seiner Berufung trägt der Bekl. vor, er sei nicht leistungsfähig. Das Urteil des AG sei auch deshalb falsch, weil die Einkommensverhältnisse der Kindesmutter seitens des Kl. nicht dargelegt seien. Im Rahmen der Berufungsbegründung berief sich der Bekl. auch darauf, dass eine Barunterhaltsverpflichtung dem Grunde nach nicht bestehe. Er bestreite jetzt auch, dass der Kl. überhaupt eine Schulausbildung absolviert. Nach seinen Informationen sei der Kl. der Schule zu einem ihm nicht bekannten Zeitpunkt verwiesen worden. Er habe ihn mehrfach aufgefordert, Zeugnisse oder Schulbescheinigungen vorzulegen, ohne dass eine Reaktion erfolgt sei. Insoweit trägt der Kl. vor, soweit der Bekl. die Berufung auf neue Tatsachen stütze, sei dies verspätet, da entsprechender Vortrag bereits erstinstanzlich hätte erfolgen können. Der Kl. hat trotz entsprechender gerichtlicher Auflage keine Schulbescheinigungen bzw. Zeugnisse zum Nachweis seiner schulischen Ausbildung vorgelegt und ist auch zum Verhandlungstermin ohne Entschuldigung nicht erschienen, obwohl sein persönliches Erscheinen angeordnet war. Die Berufung des Bekl. hatte Erfolg.

„... Der Kl. hat gegen den Bekl. keinen Anspruch auf Kindesunterhalt. Ob und inwieweit der Bekl. leistungsfähig ist und inwieweit die Kindesmutter anteilig für den Bedarf des Kl. haftet, kann vorliegend dahinstehen, da ein Unterhaltsanspruch dem Grunde nach nicht besteht.

Grundsätzlich haben zwar auch volljährige Kinder gem. §§ 1601ff. BGB Unterhaltsansprüche gegen ihre Eltern, wenn sie bedürftig sind. Bedürftig im Sinne dieser Vorschrift ist jedoch nur derjenige, der außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten. Dies ist beim Ausbildungsunterhalt zu bejahen, da das Kind wegen der Ausbildung seinen Unterhalt nicht durch eigene Erwerbstätigkeit sicherstellen kann und dies wegen des Rechts auf eine angemessene Ausbildung (§ 1610 III BGB) auch nicht muss.

Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Bekl. in der Berufungsinstanz hat der Kl. jedoch zwischenzeitlich seine Schulausbildung abgebrochen, so dass er seinen Unterhalt künftig durch Erwerbstätigkeit selbst sicherstellen muss. Ein volljähriges Kind, das sich nicht in einer Ausbildung befindet, muss selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen. Für diese Erwerbsobliegenheit gelten strenge Maßstäbe, d.h. der Volljährige muss jede Arbeitsmöglichkeit ausnutzen und auch Arbeiten annehmen, die unter seiner gewohnten Lebensstellung liegen (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 29. 3. 1999 - 5 WF 129/98). Der für seine Bedürftigkeit darlegungs- und beweisbelastete Kl. hat insoweit nichts vorgetragen, was zur Begründung dafür herangezogen werden könnte, dass er trotz Abbruchs seiner Schulausbildung nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt selbst sicherzustellen.

Auch für die Zeit vor Abbruch der Schulausbildung steht dem Kl. kein Ausbildungsunterhaltsanspruch zu.

Ein Unterhaltsanspruch nach § 1610 II BGB auf Unterhaltsleistungen für eine angemessene, der Begabung, Neigung und Leistungsfähigkeit entsprechende Ausbildung eines Kindes setzt nämlich im Gegenseitigkeitsverhältnis gem. § 1618a BGB voraus, dass der Unterhaltsberechtigte die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit durchführt und beendet. Hieran fehlt es nach der Überzeugung des Gerichts auf der Seite des Kl. Er hat bereits vor seinem Auszug aus dem Haushalt des Bekl. die ihm obliegende Verpflichtung, die Schulausbildung zielstrebig zu verfolgen, nicht erfüllt, da er seiner Schulpflicht nicht nachkam und daher den schulischen Leistungsanforderungen nicht gerecht werden konnte. Dieses Verhalten, das zu dem Zerwürfnis mit dem Bekl. maßgeblich beitrug, hat er nach seinem Auszug nach dem unwidersprochenen Vortrag des Bekl. in der Berufungsinstanz fortgesetzt und damit die Bedingung dafür gesetzt, dass er nicht versetzt und letztlich auch von der Schule verwiesen wurde.

Dieser Verstoß des Kl. gegen seine Ausbildungsobliegenheit führt auch zu einem Wegfall der Unterhaltsverpflichtung des Bekl.

Zwar ist der Unterhaltsverpflichtete gehalten, Verzögerungen in der Ausbildung hinzunehmen. Auch ein zwischenzeitliches leichtes Versagen des Unterhaltsberechtigten in der schulischen Ausbildung führt nicht dazu, dass ein Unterhaltsanspruch sofort entfällt, denn jungen Menschen sind gewisse Orientierungsphasen zuzugestehen (OLG Frankfurt a. M., FuR 2002, 546). Der Zeitraum, in dem der Kl. seine schulische Ausbildung nicht mit dem gebotenen Fleiß und Ernsthaftigkeit betreibt, erstreckt sich hier schon über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr und die Versäumnisse haben jetzt zum Schulverweis geführt. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit hier Abhilfe seitens des Kl. zu erwarten ist. Er hat die Vorlage von Leistungsnachweisen, zu denen er gegenüber dem Bekl. schon aus dem Gegenseitigkeitsprinzip verpflichtet wäre, verweigert und hat auch keinerlei Angaben zu Ursachen seines Schulversagens oder Perspektiven des weiteren Ausbildungsgangs gemacht. Angesichts der engen wirtschaftlichen Verhältnisse der Kindeseltern war der Kl. spätestens ab seinem Auszug aus dem Haushalt des Bekl. verpflichtet, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln dafür zu sorgen, dass er das Jahrgangsziel erreicht. Mit dem Auszug hat er sich nämlich dem Einflussbereich des Bekl. entzogen und musste damit in verstärktem Maße die Verantwortung für seine schulischen Angelegenheiten selbst wahrnehmen. Die Rücksichtnahme auf die Belange der mit der Unterhaltszahlung belasteten Eltern hätte es geboten, die Ausbildung nun zielstrebig durchzuführen. Da der Kl. dieser Obliegenheit nicht nachgekommen ist, hat er seinen Unterhaltsanspruch eingebüßt und muss sich darauf verweisen lassen, selbst für seinen Lebensunterhalt aufzukommen (vgl. BGH, NJW 1998, 1555 = FamRZ 1998, 671; OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 29. 3. 1999 - 5 WF 129/98; OLG Hamm, NJOZ 2005, 437 = FamRZ 2005, 1005).

Der Bekl. ist auch nicht mit seinem Vorbringen, der Kl. betreibe seine Ausbildung nicht oder nicht ordnungsgemäß, wegen Verspätung ausgeschlossen.



Selbst wenn man diesen Vortrag als neues Verteidigungsmittel im Rahmen der Berufungsbegründung bewerten würde, wäre dieser gemäß der in Familiensachen allein für die Zurückweisung verspäteten Vorbringens maßgeblichen Vorschrift des § 615 ZPO (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl. [2007], § 615 Rdnr. 2) zuzulassen. Es beruhte nicht auf Nachlässigkeit, dass seitens des Bekl. ein entsprechender Vortrag in der ersten Instanz unterblieb. Anhaltspunkte für die Fortdauer der Schulversäumnisse und den Schulabbruch haben sich nämlich erst im Verlauf des Berufungsverfahrens ergeben, so dass dieser Gesichtspunkt auch nicht früher in das Verfahren eingebracht werden konnte. ..."

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„... Der Kläger ist auch nicht von der Verpflichtung zur Zahlung von Ausbildungsunterhalt frei geworden, weil die Beklagte im Wintersemester 2006 ein Studium aufgenommen hat und er diese Ausbildung nicht (mehr) finanzieren muss. Denn die Klage ist auch als Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO, in die sie gegebenenfalls umzudeuten ist (vgl. dazu OLG Bremen, OLGR 2000, 7 f.; OLG Bamberg, FamRZ 1980, 617 f.; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 323, Rz. 16), unbegründet. Der Anspruch der Beklagten auf Ausbildungsunterhalt gemäß § 1610 Abs. 2 BGB besteht für das im Wintersemester 2006/2007 aufgenommene Studium fort.

Der Anspruch der Beklagten auf Ausbildungsunterhalt wurde durch den Wechsel vom Studium zu einer beruflichen Ausbildung im September 2003 nicht in Frage gestellt, was der Kläger durch den Abschluss des Vergleichs vom 9.6.2004 auch zu Recht akzeptiert hat.

Die Beklagte hat nach dem Abitur zum Wintersemester 2002/2003 das Studium der Stadt- und Regionalplanung aufgenommen, es im Frühjahr abgebrochen und im September 2003 die Ausbildung zur Diätassistentin aufgenommen. Sie hat also etwa ein Jahr nach Studienbeginn den Ausbildungswechsel vollzogen. Eine Orientierungsphase von bis zu einem Jahr kann regelmäßig nicht als unangemessen lang angesehen werden (vgl. Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rz. 71; Eschenbruch/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozess, 4. Auflage, Rz. 3256).

Auf die Gründe des Abbruchs, die von der Beklagten mit mangelnder Neigung und nicht zu bewältigenden Anforderungen angegeben worden sind, kommt es für die Entscheidung nicht maßgeblich an. Denn jedem jungen Menschen ist zuzubilligen, dass er falsche Vorstellungen über den angestrebten Beruf hat oder sich über seine Fähigkeiten irrt. Aus diesem Grund steht ihm eine angemessene Orientierungsphase zu, bis zu deren Ablauf er seine Ausbildungspläne ändern kann, ohne seinen Unterhaltsanspruch einzubüßen. Daher umfasste der Anspruch der Beklagten auf Ausbildungsunterhalt auch die Zeit ihrer praktischen Berufsausbildung von September 2003 bis August 2006.

Für das nach dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung aufgenommene Studium muss der Kläger seiner Tochter weiterhin Unterhalt zahlen. Denn das Studium stellt sich als Teil einer einheitlichen Ausbildung und damit als Weiterbildungsmaßnahme dar, deren Finanzierung dem Beklagten zuzumuten ist.

Haben Eltern ihrem Kind eine Ausbildung zukommen zu lassen, sind sie grundsätzlich ihrer Unterhaltspflicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Ein weitergehender Anspruch auf Ausbildungsunterhalt kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die weitere Ausbildung als eine bloße Weiterbildung anzusehen ist und von vornherein angestrebt war (vgl. dazu Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rz. 78). Ein weitergehender Anspruch auf Ausbildungsunterhalt besteht allerdings auch dann, wenn ein Kind nach Erlangung der Hochschulreife auf herkömmlichem schulischem Weg (Abitur) eine praktische Ausbildung (Lehre) absolviert und sich erst danach zu einem Studium entschließt (so genannte Abitur-Lehre-Studium-Fälle). Grund für die Modifizierung ist, dass ein zunehmend geändertes Verhalten der Studienberechtigten festzustellen ist, die sich durch eine praktische Berufsausbildung zunächst eine sichere Lebensgrundlage schaffen, ohne damit ein anschließendes Studium von vornherein ausschließen zu wollen (vgl. dazu BGH, FamRZ 2006, 1100 ff.; FamRZ 1995, 416 f.). Dabei ist es wegen des aus § 1610 Abs. 2 BGB abzuleitenden Merkmals der Einheitlichkeit der Ausbildung und mit Rücksicht darauf, dass Eltern ihren Kindern grundsätzlich nur eine angemessene Berufsausbildung (nicht mehrere) zu gewähren haben, allerdings erforderlich, dass die einzelnen Ausbildungsabschnitte in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen. Ferner müssen die praktische Ausbildung und das Studium derselben Berufssparte angehören oder jedenfalls so zusammenhängen, dass das eine für das andere eine fachliche Ergänzung, Weiterführung oder Vertiefung bedeutet oder dass die praktische Ausbildung eine sinnvolle Vorbereitung auf das Studium darstellt (vgl. BGH, FamRZ, 1993, 1057; FamRZ 1989, 842). Ein von vornherein bestehender Gesamtplan wird nicht verlangt. Es reicht aus, wenn der Wille zur Weiterbildung und Studienaufnahme erst während oder auch nach Beendigung der Lehre gefasst wird (vgl. BGH, FamRZ 2006, 1100 ff.; FamRZ 1990, 149). Diese Voraussetzungen sind entgegen der Auffassung des Klägers erfüllt.

Ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Ausbildung zur Diätassistentin und dem anschließenden Studium der Lebensmittel-, Ernährungs- und Hauswirtschaftswissenschaften mit dem Ziel der Befähigung zum Lehramt in einer Berufsschule liegt vor. Auch wenn jetzt der Schwerpunkt der Ausbildung darauf liegen mag, dass die Klägerin ein Lehramt anstrebt, so stellt sich die praktische Ausbildung doch als Vorstufe der jetzigen Studieninhalte dar, Kenntnisse, die den in der Ausbildung erworbenen entsprechen, sollen durch Lehrtätigkeit weiter vermittelt werden (s.a. OLG Köln, Urteil vom 17.9.2003, 4 UF 148/02, veröffentlicht in Juris).

Ein enger zeitlicher Zusammenhang ist ebenfalls zu bejahen. Denn die Beklagte hat unmittelbar nach Abschluss ihrer Ausbildung im August 2006 im nachfolgenden Wintersemester 2006/2007 das Studium aufgenommen.

Da ein von vornherein bestehender Gesamtplan nicht erforderlich ist, genügt es, dass die Beklagte gegen Ende ihrer Berufsausbildung den Entschluss zur Aufnahme des Studiums gefasst hat, wovon sie den Kläger durch die beiden Schreiben vom 20.6. und 4.9.2006 auch unterrichtet hat.

An der Qualifizierung des Studiums als Weiterbildungsmaßnahme, die den Anspruch auf Ausbildungsunterhalt fortbestehen lässt, ändert auch der Umstand nichts, dass die Beklagte nach dem Abitur zunächst das Studium der Stadt- und Regionalplanung aufgenommen, sodann abgebrochen und danach die praktische Ausbildung zur Diätassistentin durchlaufen und abschlossen hat. Mit diesem Ausbildungswechsel hat sie sich nicht endgültig festgelegt, es bei der praktischen Ausbildung bewenden lassen zu wollen und auf ein späteres weiterführendes Studium zu verzichten.

Dies wirkt sich im Übrigen auch auf die Belastung des Klägers als unterhaltspflichtigem Elternteil nicht aus. Denn diese besteht unabhängig davon, ob die Beklagte von einer Lehre in die andere wechselt und dann studiert oder, wie geschehen, zunächst ein Studium abbricht und dann in den Ausbildungsweg Lehre - Studium eintritt (vgl. dazu auch Senat, FuR 2007, 570 ff.). Dass ihm der Ausbildungsgang wirtschaftlich unzumutbar wäre, hat der Kläger selbst nicht behauptet.

Die Beklagte ist auch weiterhin bedürftig. Da sie im eigenen Haushalt wohnt, liegt ihr Bedarf bei 590 Euro und ist ab 1.1.2008 auf 640 Euro gestiegen (Nr. 13.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2005 und 1.1.2008). Davon ist bedarfsdeckend das Kindergeld von 154 Euro sowie die Waisenrente von knapp 185 Euro monatlich abzuziehen. Es bleibt ein offener Bedarf von 251 Euro bzw. 301 Euro.

Weitere eigene Einkünfte muss sich die Beklagte nicht anrechnen lassen. Sie hat zwar eine ‚geringfügig Beschäftigung' ausgeübt und damit monatlich 250,30 Euro bzw. im Dezember 2007 letztmalig 202,64 Euro erhalten. Da der Kläger aber keinen Unterhalt mehr gezahlt hat, war sie, wie sie geltend macht, zur Deckung ihres täglichen Bedarfs gezwungen, eigene Einkünfte zu erzielen. Ihre eigenen Einkünfte sind daher entsprechend § 1577 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht anrechenbar (vgl. BGH, FamRZ 1995, 475 ff.; Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rz. 530).

Die Beklagte muss sich auch die Einnahmen aus dem Studentenkredit nicht anrechnen lassen. Denn sie hat ihn, wie ihre ‚geringfügige Beschäftigung', aufgenommen, um die vom Kläger nicht gewährten Unterhaltszahlungen auszugleichen und ihren Bedarf zu decken.

Nach alledem ist der oben ermittelte Bedarf der Beklagten nicht gedeckt, sodass der Kläger jedenfalls den durch den Vergleich titulierten Unterhalt von 175 Euro zahlen muss. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 04.03.2008 - 10 UF 132/07)

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Der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt umfasst eine nach Abschluss der Berufsausbildung durchgeführte Weiterbildungsmaßnahme nur, wenn diese vom ursprünglich geplanten Ausbildungsgang mit erfasst ist (OLG Rostock, Beschluss vom 26.02.2008 - 10 WF 36/08, NJW-RR 2008, 1174).

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Kein Unterhalt für volljähriges Kind bei nicht planvoll und zielstrebiger Aufnahme einer Ausbildung (OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.08.2007 - 15 WF 225/07):

„... Jedenfalls besteht kein Unterhaltsanspruch aus § 1610 Abs. 2 BGB wegen einer nicht mehr hinzunehmenden Überschreitung der Orientierungsphase und damit der Verletzung der Ausbildungsobliegenheit. Insoweit ist auch keine hinreichende Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Stufenklage gegeben.

Der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung ist vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners auf Ermöglichung einer Berufsausbildung steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit aufzunehmen und zu beenden. Zwar muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind. Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. z.B. FamRZ 98, 671 m.w.N.). Diese Grundsätze gelten auch hier.

Mag man es auch mit dem Antragsteller möglicherweise noch hinnehmen, dass er erst im 4. Semester seines Studiums bemerkt hat, dass der eingeschlagene Ausbildungs- und der sich daran anknüpfende Berufsweg nicht seine Sache war, ist es jedenfalls unterhaltsrechtlich nicht zu akzeptieren, dass er eine seinen Neigungen entsprechende Ausbildung erst drei Jahre später aufgenommen hat. Der Antragsteller war zum Zeitpunkt des Abbruchs seines Studiums bereits 22 Jahre alt. Er hatte seinerzeit den Antragsgegner wissen lassen, dass er wegen Abbruchs der Ausbildung keinen Unterhalt mehr von ihm fordere (Schreiben vom 22. Juni 2004). Zum Zeitpunkt der Aufnahme der jetzigen Ausbildung am 31. August 2006 war der Antragsteller bereits 25 1/2 Jahre alt und damit in einem Alter, in dem Eltern im Normalfall nicht mehr damit rechnen müssen, noch auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch genommen zu werden.

Der Antragsgegner weist in diesem Zusammenhang auch zu Recht darauf hin, dass der Antragsteller seinerzeit den Zivildienst in einem Kindergarten abgeleistet habe, ohne damals offensichtlich die Neigung verspürt zu haben, den Beruf eines Erziehers zu ergreifen. Es spricht für die mangelnde Entschlusskraft und Zielstrebigkeit des Antragstellers, wenn er erst nach einer mehr als zweijährigen nicht näher beschriebenen Orientierungsphase wieder an das Berufsfeld anknüpft, das er bereits während seines Zivildienstes kennen gelernt hat. ..."

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„... Ab März 2006 bis einschließlich März 2007 ist der Kläger der Beklagten gegenüber nicht gemäß den §§ 1601, 1610 Abs. 1 und Abs. 2 BGB zur Unterhaltszahlung verpflichtet. Danach schulden die Eltern zwar im Rahmen des Unterhalts auch die Kosten für eine angemessene Vorbildung zu einem Beruf. Bis zum April dieses Jahres befand sich die Beklagte jedoch nicht in einer Berufsausbildung. Als angemessene Vorbildung zu einem Beruf ist eine Berufsausbildung zu verstehen, die der Begabung und den Fähigkeiten sowie den beachtenswerten Neigungen des Kindes entspricht und die sich hinsichtlich ihrer Finanzierung an den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält. Nach dem Abschluss der Schule ist dem Unterhaltsberechtigten eine so genannte Orientierungsphase zuzubilligen. Nachdem die Beklagte im Sommer 2005 ihr Abitur bestanden hat, war diese Orientierungsphase spätestens jedoch im März 2006 abgeschlossen. Der gemäß § 1610 Abs. 2 BGB zu gewährende Unterhalt umfasst nicht die Wartezeit bis zur Erlangung eines Studien- oder Ausbildungsplatzes. Während einer solchen Wartezeit muss das volljährige Kind selbst für seinen Unterhalt sorgen (OLG Zweibrücken , NJW-RR 1994, 1225).

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass sie seit September 2005 ein freiwilliges soziales Jahr absolviert hat. Wenn die soziale Tätigkeit nicht als Voraussetzung für eine andere Ausbildung gefordert wird, kann sie unterhaltsrechtlich nicht als Ausbildung anerkannt werden. Schon deshalb kann das volljährige Kind während dieses Jahres keinen Unterhalt verlangen ( Scholz, in: Wendl/Staudigl , Das Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Praxis, 6. Aufl., 2004, § 2 Rdnr. 348). Dem Vortrag der Beklagten, das freiwillige soziale Jahr habe der Vorbereitung eines beabsichtigten Medizinstudiums gedient, kann nicht gefolgt werden. Denn die Beklagte hat sich nicht nur für ein Studium der Medizin, sondern auch für ein Studium der Sport-, Sozial- und Erziehungswissenschaften beworben. Letztendlich hat sie zum 01.04.2007 eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin in G. angetreten. Da damit das freiwillige soziale Jahr lediglich zur Überbrückung der Wartezeit auf einen Studien- bzw. Ausbildungsplatz diente, muss die Beklagte während der Wartzeit selbst für ihren Unterhalt sorgen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Parteien sich auch nicht konkludent darüber verständigt, dass der Kläger während der Dauer des freiwilligen sozialen Jahres an die Beklagte monatlich 126,-- Euro zahlt. Eine solche Zahlung ist zwar vom Kläger bis einschließlich Februar 2006 erbracht worden. Dies ist aber dem Umstand geschuldet, dass der Beklagten nach dem bestandenen Abitur eine so genannte Orientierungsphase zuzubilligen war.

Nach dem Beginn der Berufsausbildung im April 2007 ist der Kläger der Beklagten gegenüber nicht mehr gemäß den §§ 1601, 1610 Abs. 1 und 2 BGB zur Unterhaltszahlung wegen Wegfalls ihrer Bedürftigkeit verpflichtet. Von ihrem Unterhaltsbedarf in Höhe von 590,-- Euro ist das von ihr bezogene staatliche Kindergeld in Höhe von 154,-- Euro als eigenes Einkommen abzuziehen, sodass ein ungedeckter Bedarf von 436,-- Euro verbleibt. Da die Beklagte selbst ihrer Unterhaltsberechnung eine Nettoausbildungsvergütung von 500,-- Euro zugrunde legt, ist somit ihr Bedarf gedeckt ist. Entgegen ihrer Auffassung sind keine Fahrtkosten in Höhe von 336,60 Euro monatlich in Ansatz zu bringen. Die Beklagte absolviert seit dem 01.04.2007 eine Ausbildung zur Krankenschwester in G. , sodass ihr zumutbar ist, ihren Wohnsitz nach G. zu verlegen. Daher ist ihr Bedarf bei einem Umzug nach G. durch ihr eigenes Einkommen gedeckt. ..." (OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.05.2007 - 4 UF 94/07)

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„... Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Ausbildungsunterhalt gemäß §§ 1601, 1603, 1610 Abs. 2 BGB.

Der Besuch der Fachoberschule Sozialwesen in … ab August 2005 stellt sich nicht als eine Zweitausbildung dar, sondern ist vielmehr als Teil einer einheitlichen Ausbildung im Ausbildungsgang Realschulabschluss, Lehre, Fachoberschule und Fachhochschule anzusehen.

Der inhaltliche und zeitliche Zusammenhang der Ausbildung ist gewahrt. Zwar hat die Klägerin nach dem Realschulabschluss 2001 eine Ausbildung zur Physiotherapeutin begonnen und nach einem Jahr abgebrochen, weil sie nicht den Neigungen und Interessen der Klägerin entsprochen hat. Dies bleibt aber unterhaltsrechtlich ohne Auswirkung, weil der Klägerin eine berufliche Orientierung zuzubilligen war.

Im Sommer/Herbst 2002 hat die Klägerin eine Ausbildung zur Kinderpflegerin begonnen und am 7. Juli 2004 mit dem Abschluss als staatlich geprüfte Kinderpflegerin beendet. Der geplante Besuch der Fachoberschule in … war ihr nicht sogleich möglich, weil die Bewerbungsfrist bereits im März 2004 abgelaufen war. Seit dem 25. August 2005 ist sie nun Schülerin der Fachoberschule in … , um nach dem Abitur Sozialpädagogik zu studieren.

Der nach der Rechtsprechung des BGH erforderliche Wille zur einheitlichen Ausbildung (BGH FamRZ 1991, 321) war auf Seiten der Klägerin bei Beginn des ersten Ausbildungsabschnittes (Ausbildung zur Kinderpflegerin) vorhanden und ist von der Klägerin bereits im Jahre 2001 ihrer Mutter gegenüber geäußert worden.

Hiervon ist der Senat durch die Aussage der Mutter der Klägerin, der Zeugin … , in der Sitzung vom 24. Mai 2006 überzeugt. Die Zeugin … hat ausgesagt, dass die Klägerin ihr, der Zeugin, und ihrer älteren Tochter erklärt habe, dass sie auch studieren wolle. Für den Fall, dass sie das Studium nicht schaffen sollte, habe sie erst eine Lehre machen wollen, damit ‚sie etwas in der Hand habe'.

Die Klägerin habe ‚etwas Soziales' studieren wollen und ‚etwas mit Kindern' machen wollen. Einer entsprechenden Willensäußerung gegenüber dem Beklagten bedurfte es nicht (vgl. BGH a. a. O.).

Es kann - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht festgestellt werden, dass die Klägerin für den vorgesehenen Ausbildungsgang nicht geeignet ist. Zwar befürchtet sie selbst, dass sie wegen unzureichender Leistungen das laufende Schuljahr wiederholen muss. Abgesehen davon, dass die Klägerin nach ihren Angaben durch ihre angespannte finanzielle Situation in ihrer schulischen Leistungsfähigkeit möglicherweise tatsächlich beeinträchtigt gewesen ist, würde eine einmalige Wiederholung eines Schuljahres nicht ausreichen, um die Ungeeignetheit der Klägerin für den Ausbildungsgang annehmen zu können.

Der Bedarf der Klägerin als volljähriges nicht bei einem Elternteil wohnendes Kind beträgt nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Senate des Oberlandesgerichts Celle 640,00 Euro. Der Bedarf ist durchgehend durch das Kindergeld in Höhe von monatlich 154,00 Euro gedeckt gewesen, so dass für August 2005 ein Restbedarf von 486,00 Euro bestanden hat.

In der Zeit von September 2005 bis Dezember 2005 ist der Bedarf der Klägerin weiter durch eine Bafög-Zahlung von monatlich 481,00 Euro reduziert worden, so dass sich für diesen Zeitraum ein ungedeckter Bedarf von monatlich 5,00 Euro ergibt.

Ab Januar 2006 bezieht die Klägerin nur noch Bafög-Leistungen von monatlich 248,00 Euro, so dass sich ihr ungedeckter Bedarf ab diesem Zeitpunkt auf monatlich 238,00 Euro beläuft (486,00 Euro - 248,00 Euro).

Für diesen Unterhaltsbedarf haften die Eltern grundsätzlich anteilig, § 1606 Abs. 3 BGB. Die Mutter der Klägerin ist allerdings unstreitig hierzu nicht in der Lage.

Der Beklagte ist hingegen leistungsfähig. Nach der Verdienstabrechnung für Dezember 2005 hat der Beklagte ein Jahresnettoeinkommen von 18.150,31 Euro erzielt. Hinzuzuziehen ist das im Zeitraum vom 27. Oktober 2005 bis 21. November 2005 als Lohnersatzleistung bezogene Krankengeld in Höhe von 1.247,48 Euro. Damit ergibt sich ein Gesamteinkommen von 19.397,79 Euro bzw. monatlich durchschnittlich 1.616,48 Euro. Abzuziehen sind 11,16 Euro monatlich für Betriebskasse und Arbeitskleidung (48,00 Euro + 85,92 Euro = 133,92 Euro : 12) und Fahrtkosten von 132,00 Euro (12 km x 2 x 0,30 Euro x 220 Tage : 12 Monate). Danach bleibt ein Einkommen von 1.473,32 Euro übrig.

Es kann letztlich dahinstehen, ob die von dem Beklagten geleistete Schuldentilgung für Euler Hermes unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen ist. Selbst wenn die im Jahre 2005 für zehn Monate geleisteten Zahlungen von je 100,00 Euro, insgesamt also 1.000,00 Euro, mithin in Höhe eines durchschnittlichen Betrages von 83,33 Euro abgezogen werden, bleiben noch 1.389,99 Euro übrig, so dass unter Berücksichtigung des Selbstbehalts von 1.100,00 Euro eine Leistungsfähigkeit von monatlich 289,99 Euro besteht. Damit ist nicht nur Leistungsfähigkeit hinsichtlich der Zeit ab September 2005 gegeben, sondern auch für den Monat August 2005. Insoweit ist der Beklagte zur Zahlung von 286,42 Euro verurteilt und das Urteil seitens der Klägerin nicht angegriffen worden.

Soweit der Beklagte vorgetragen hat, zur Rückzahlung privater Schulden bei seiner Lebensgefährtin monatlich 606,00 Euro zu zahlen, kann hieraus nicht auf eine Verminderung seiner Leistungsfähigkeit geschlossen werden. Aus dem Vortrag des Beklagten ergibt sich nicht, wann das Darlehen aufgenommen worden ist und ob der mit dem Darlehen finanzierte Kauf eines Pkw erforderlich war. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die monatliche Rate von 606,00 Euro für den angeblich geschuldeten Betrag von 7.771,27 Euro übersetzt ist. Schließlich war zu berücksichtigen, dass durch die berücksichtigten Fahrtkosten bereits der Finanzierungsaufwand für das Fahrzeug abgedeckt ist. ..." (OLG Celle, Urteil vom 23.06.2006 - 12 UF 282/05)

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„... Die Klage ist insgesamt als Abänderungsklage auszulegen, da sich die Klägerin auf ihre Volljährigkeit und damit auf einen entsprechenden Abänderungsgrund beruft. Die Wesentlichkeitsschwelle des § 323 ZPO ist ebenfalls erreicht. Da sich die Abänderungsklage gegen einen einseitigen Titel, hier die Jugendamtsurkunde, richtet, ist die Abänderung frei möglich (BGH FamRZ 2004 Seite 24 ff). Mit Ausnahme des Zeitraums August bis November 2005 ist das Erhöhungsbegehren der Klägerin auch begründet, sodass die weitergehende Berufung und die weitergehende Widerklage erfolglos bleiben. Entgegen der Auffassung des Beklagten schuldet dieser der Klägerin Ausbildungsunterhalt gemäß § 1610 Abs. 2 BGB. Soweit sich der Beklagte zunächst darauf berufen hat, die Klägerin habe ihm keine vollständigen Informationen über ihre Ausbildung zukommen lassen, ist dieser Einwand, der ohnehin nur ein Zurückbehaltungsrecht begründen könnte, zwischenzeitlich durch die Vorlage sämtlicher Zeugnisse obsolet geworden. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch der von der Klägerin gewählte Ausbildungsweg nicht zu beanstanden. Da die Klägerin volljährig ist, ist sie berechtigt, ihre Ausbildung selbst zu wählen unter Berücksichtigung der sich aus § 1618 a BGB ergebenden Pflichten. Daraus folgt, dass das volljährige Kind grundsätzlich über seine Ausbildung allein entscheiden kann, und zwar eventuell auch gegen einen anders lautenden Wunsch der Eltern. Damit ist nicht zu beanstanden, dass die Klägerin zunächst einen höherwertigen Schulabschluss und sodann eine Ausbildung als Werbekauffrau anstrebte bzw. anstrebt. Zwar ist dem Beklagten darin zuzustimmen, dass die Ausbildung der Klägerin nicht stringent verlaufen ist. Die Klägerin hat jedoch, wenn auch mit erheblicher zeitlicher Verzögerung und nach einem erfolglosen Versuch zwischenzeitlich die Mittlere Reife absolviert und auch das anschließende Berufskolleg erfolgreich abgeschlossen. Der Beklagte selbst hat im laufenden Verfahren mehrfach auf seine herausgehobene berufliche Position und seine herausgehobene berufliche Leistungen verwiesen und betont, wie wichtig eine gute Ausbildung in der heutigen Zeit ist. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sowie der Tatsache, dass der Beklagte unstreitig über ein monatliches Nettoeinkommen von mindestens 12.000,-- Euro verfügt, verstößt es nicht gegen die Grundsätze des § 1618 a BGB, wenn die Klägerin nach Absolvierung der Hauptschule einen qualifizierteren Schulabschluss anstrebt und durch einen erfolgreichen Schulabschluss auch belegt, dass sie die entsprechenden Fähigkeiten dafür besitzt, selbst wenn dies in einem Alter geschieht, in dem üblicherweise die Schulausbildung längst abgeschlossen ist. Der Beklagte kann der Klägerin in diesem Zusammenhang weder ihr schulisches Versagen bei der ersten Prüfung zur Mittleren Reife noch ihre Umorientierung hinsichtlich des Schwerpunktes ihrer Ausbildung entgegenhalten. Vielmehr ist dies von den Eltern hinzunehmen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des sich aus den Akten ergebenden problematischen Verhältnis zwischen dem Vater und der Klägerin sowie ihren Geschwistern, das auch in den zahlreichen Gerichtsverfahren zum Ausdruck kommt. Das Amtsgericht hat diesen Aspekt zurecht zugunsten der Klägerin berücksichtigt. Der Beklagte schuldet damit den ausgeurteilten Unterhaltsbetrag bis zum Abschluss des Berufskollegs, d.h. bis Juli 2005 unter dem Gesichtspunkt der Schulausbildung.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Berufswunsch der Klägerin, Werbekauffrau, maßgeblich und von den Eltern zu akzeptieren ist, ist auch nicht zu beanstanden, dass die Klägerin ab Dezember 2005 ein unbezahltes Praktikum absolviert. Dieses Praktikum ist bei der hier gegebenen Sachlage Voraussetzung, um einen Ausbildungsplatz als Werbekauffrau zu erhalten. Die Klägerin wird einen entsprechenden Ausbildungsplatz auch aller Voraussicht nach in der Firma, in der sie ihr Praktikum ableistet, erhalten. Da sie während des Praktikums keine Entschädigung oder Vergütung irgendwelcher Art erhält, ist sie auch für diesen Zeitraum in vollem Umfang bedürftig. Damit schuldet der Beklagte weiterhin Ausbildungsunterhalt für den Zeitraum ab Dezember 2005 und damit ab dem Zeitpunkt, ab dem fest stand, dass das Praktikum als Vorbereitung für die spätere Ausbildung absolviert wird. Ergänzend wird auf die Hinweise der Einzelrichterin im Termin vom 30.1.2006 und die ausdrücklichen in Bezug genommenen Entscheidungen verwiesen.

Für den Zeitraum ab August bis einschließlich November 2005 besteht jedoch kein Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten. Hier ist nicht ersichtlich, was einer Aushilfstätigkeit der Klägerin, die es ihr ermöglicht hätte, ihren Unterhaltsbedarf sicherzustellen, entgegengestanden hätte. Die Klägerin hat ihrerseits mehrfach betont, dass sie an einer Ausbildung als Werbekauffrau und insbesondere an einer Ausbildung in ihrer jetzigen Firma interessiert sei. Für sie war daher erkennbar, dass sie nicht nahtlos in ein Ausbildungsverhältnis wechseln konnte. Es hätte ihr daher oblegen, in der Zwischenzeit eine Aushilfstätigkeit anzunehmen. Eine solche Aushilfstätigkeit ist im Wohnortbereich der Klägerin auch mit großer Wahrscheinlichkeit vorhanden. Die Klägerin mußte durch eine solche Tätigkeit lediglich ihren bedarfsdeckenden Unterhalt erwirtschaften. Im Hinblick darauf, dass nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, auf die die Einzelrichterin ebenfalls hingewiesen hat, das Kindergeld als bedarfsdeckend bei Volljährigen zu werten ist, hätte es der Klägerin daher lediglich oblegen, den Fehlbetrag zu ihrem vollen Unterhaltsbedarf durch Aushilfstätigkeiten selbst sicherzustellen. Dies hätte ihr jedoch auch ausreichend Zeit gelassen, sich weiterhin um einen Praktikumsplatz bzw. notfalls um anderweitige Ausbildungsstellen zu bemühen.

Zwar ist es im Regelfall durchaus angemessen, den Volljährigen nach erfolgreicher Beendigung ihrer Schulausbildung eine Erholungsphase zuzugestehen, in der sie noch nicht die Verpflichtung trifft, ihren Unterhalt durch Aushilfstätigkeiten selbst sicherzustellen. Im vorliegenden Fall ist dies jedoch im Hinblick auf die lange Dauer bis zum Erreichen eines Schulabschlusses nicht angezeigt. Vielmehr traf die Klägerin hier die Obliegenheit, nach Beendigung der Schule unverzüglich eine Aushilfstätigkeit aufzunehmen bis zum offiziellen Beginn des Praktikums. Insoweit sind die Berufung und die Widerklage erfolgreich.

Soweit der Beklagte in zweiter Instanz zunächst auf den von der Großmutter mütterlicherseits der Klägerin zur Verfügung gestellten Betrag abgestellt und daraus die fehlende Bedürftigkeit der Klägerin abgeleitet hat, kann dahingestellt bleiben, ob eine ausdrückliche Zweckbestimmung für dieses Geld getroffen wurde. Diese Zweckbestimmung diente nicht dazu, den Beklagten zu entlasten. Soweit die Großmutter mütterlicherseits und die Klägerin, d.h. also die ursprüngliche Schenkerin und die Beschenkte, eine Vereinbarung über die Darlehensgewährung und die daraus entstehende Rückzahlungsverpflichtung getroffen haben, stellt sich dies als einvernehmliche Aufhebung der Zweckbestimmung zur Schenkung, sollte es eine solche gegeben haben, dar. Damit hat die Klägerin eine ihr dem Beklagten gegenüber obliegende Verpflichtung durch die Darlehensrückzahlung an ihre Großmutter nicht verletzt.

Insgesamt schuldet der Beklagte der Klägerin somit auch noch fortlaufend Ausbildungsunterhalt in der ausgeurteilten Höhe, und zwar auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH vom 26.10.2005, FamRZ 2006, 99 f, da das Amtsgericht das Kindergeld entgegen der zum Zeitpunkt der amtsgerichtlichen Entscheidung geltenden Rechtslage bereits vollständig vom Bedarf in Abzug gebracht hat.

Da die Klägerin keine Anschlussberufung eingelegt hat, verbleibt es der Höhe nach bei dem erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag, obgleich sich eine Verschiebung zu Lasten des Beklagten durch die fehlende Leistungsfähigkeit der Mutter der Klägerin auch im Hinblick auf die erhöhten Selbstbehaltssätze ergeben könnte. Dies kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben, da jedenfalls eine Reduzierung des vom Beklagten zu zahlenden Betrages nicht in Betracht kommt. ..." (OLG Frankfurt, Urteil vom 10.04.2006 - 1 UF 80/05)

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Allein der Abbruch von 2 Berufsausbildungen führt noch nicht zu einer Verwirkung des Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt. Zur Frage der Privilegierung eines volljährigen Kindes im Sinne von § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB, welches nach Abbruch der Erstausbildung den Hauptschulabschluss nachholt. Eine volle Anrechnung des Kindergeldes beim Volljährigenunterhalt steht dann nicht entgegen, wenn ein an sich barunterhaltspflichtiger Elternteil mangels Leistungsfähigkeit keinen Unterhalt leistet, aber dennoch das volle Kindergeld bezieht (OLG Thüringen, Beschluss vom 10.12.2004 - 1 UF 122/03):

„... Nach dieser Vorschrift besteht ein Anspruch des Kindes gegen seine Eltern auf eine ‚angemessene Vorbildung' zu einem Beruf. Angemessen ist diejenige Vorbildung zu einem Beruf, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht (BGH, FamRZ 1977, 629).

Der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung ist jedoch vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners, eine Berufsausbildung zu ermöglichen, steht auf seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Zwar muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind. Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (std. Rspr. des BGH, vgl. Senatsurteile v. 23. 5. 1984 - IVb ZR 39/83 -, FamRZ 1984, 777; v. 11. 2. 1987 - IVb ZR 23/86 -, FamRZ 1987, 470, 471; v. 12.5.1993 - XII ZR 18/92 -, FamRZ 1993, 1057, 1059, und v. 4.3.1998 - XII ZR 173/96 -, FamRZ 1998, 671, 672).

Aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis folgt nicht nur die Obliegenheit des Kindes, die gewählte Ausbildung zügig durchzuführen. Die Rücksichtnahme auf die Belange der mit der Unterhaltszahlung belasteten Eltern erfordert es vielmehr auch, dass sich das Kind nach dem Abgang von der Schule innerhalb einer angemessenen Orientierungsphase für die Aufnahme einer seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechenden Ausbildung entscheidet (BGH Urteil v. 4.3.1998, a. a. O., S. 672). Der Senat geht jedoch davon aus, dass eine nachhaltige Obliegenheitsverletzung noch nicht vorliegt.

Der Abbruch der Erstausbildung im Alter von 17 Jahren ist aus unterhaltsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Jedem jungen Menschen ist grundsätzlich zuzubilligen, dass er sich über seine Fähigkeiten irrt, falsche Vorstellungen über den gewählten Beruf hat oder mit der Ausbildung aus anderen Gründen nicht klar kommt. Dabei wird ein Ausbildungswechsel um so eher zu akzeptieren sein, je früher er stattfindet. Dies folgt aus dem Gedanken, dass die schutzwürdigen Belange des Unterhaltspflichtigen es gebieten, sich möglichst frühzeitig darauf einrichten zu können, wie lange die Unterhaltslast dauern wird (vgl. BGH, FamRZ 2001, 757; FamRZ 1981, 344, 346; FamRZ 1981, 437, 439; Göppinger/Strohal, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., Rz. 424; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl., Kap. V Rz. 85; Scholz in Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 2 Rz. 71). Die Klägerin hat unverzüglich nach Abbruch der Erstausbildung eine neue Lehre zur Kauffrau aufgenommen, so dass es letztlich zu keiner wesentlichen Verzögerung gekommen ist und sie insoweit ihrer Obliegenheit, zielstrebig eine neue Ausbildung zu beginnen, nachgekommen ist.

Auch führt allein der weitere Abbruch der Ausbildung zur Kauffrau noch nicht zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs. Dem Beklagten ist zwar darin zuzustimmen, dass die Klägerin die neue Ausbildung ohne Energie begleitet hat und die Ursachen für die erneute Beendigung der Ausbildung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme wohl nicht nur beim Arbeitgeber lagen. In der Rechtsprechung wird teilweise anerkannt, dass nach dem Abbruch der 2. Ausbildung ohne triftigen Grund die Eltern von der Verpflichtung zur Zahlung von Ausbildungsunterhalt frei werden (vgl. OLG Hamm, FamRZ 1989, 1219), wobei es jedoch stets auf den Einzelfall ankommt.

Im Hinblick darauf, dass die Klägerin ihre Erstausbildung bereits nach knapp 2 Monaten als Minderjährige abgebrochen, jedoch nahtlos eine neue Ausbildung begonnen hat, sind dem Beklagten dadurch keinerlei Nachteile aus unterhaltsrechtlicher Sicht entstanden, da sich die zu finanzierende Ausbildungsdauer wohl nicht verlängert hätte. Aus diesem Grund ist der erneute Abbruch der Ausbildung aus den Gesamtumständen heraus nicht als nachhaltige Obliegenheitsverletzung zu charakterisieren. Aus der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ist vielmehr zu schließen, dass zwischen dem Ausbilder und der Klägerin erhebliche Differenzen bestanden, ohne dass letztlich die Ursachen deutlich wurden. Es ist zugunsten der Klägerin nicht auszuschließen, dass hier eine gegenseitige Antipathie gegeben war, die letztlich das Verhalten der Klägerin geprägt hat. Jedenfalls zeigt das weitere Verhalten der Klägerin, dass sie nunmehr offensichtlich zielstrebig versucht, eine angemessene Berufsausbildung zu erhalten. Es ist aus unterhaltsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass sie zunächst das Berufsvorbereitungsjahr absolviert hat, um ihren Hauptschulabschluss nachzuholen und somit bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Das Abschlusszeugnis vom 19.09.2002 belegt zumindest, dass die Klägerin bestrebt war, diesen Abschluss auch zu erhalten. Fast nahtlos schließt sich nach bestandenem Hauptschulabschluss dann die Berufsausbildung zur Verkäuferin an.

Das Amtsgericht ist - entgegen der Ansicht des Beklagten - auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin, die sich noch im Haushalt der Kindesmutter befindet, während der Zeit vom 09.08.2001 bis 19.06.2002 als privilegierte Volljährige im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gilt.

Durch das Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 (BGBl. I 666) ist die gesteigerte Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern unter bestimmten Voraussetzungen auf volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres erstreckt worden. Nach der am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Neufassung des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB stehen den minderjährigen unverheirateten Kindern volljährige unverheiratete Kinder gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden.

Nach Ansicht des BGH (FamRZ 2001, 1068 m. w. N.) erscheint es im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung sachgerecht, den Begriff der allgemeinen Schulausbildung des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB unter Heranziehung der zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG entwickelten Grundsätze auszulegen.

Nach diesen Grundsätzen ist der Begriff der allgemeinen Schulausbildung in drei Richtungen einzugrenzen, nämlich nach dem Ausbildungsziel, der zeitlichen Beanspruchung des Schülers und der Organisationsstruktur der Schule (vgl. Scholz in Wendl/Staudigl, a. a. O., § 2 Rdn. 457 ff.).

Ziel des Schulbesuchs muss der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses als Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder den Besuch einer Hochschule oder Fachhochschule sein, also jedenfalls der Hauptschulabschluss, der Realschulabschluss, die fachgebundene oder die allgemeine Hochschulreife.

Der Besuch des schulischen Berufsvorbereitungsjahres ist jedenfalls dann eine allgemeine Schulausbildung im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB, wenn das volljährige Kind den - bisher nicht erzielten - Hauptschulabschluss erwerben kann (allgemein bejahend: OLG Celle, FamRZ 2004, 301; OLG Koblenz MDR 2000, 1016; Scholz in: Wendl/Staudigl, a. a. O., Rn. 459 zu § 2), was vorliegend der Fall ist. Der Besuch des Berufsvorbereitungsjahres vermittelt keine auf ein bestimmtes Berufsbild bezogene Kenntnisse, denn nach § 8 Abs. 3 ThürSchulG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 ThürBSO soll diese Bildungsmaßnahme den Jugendlichen den Erwerb eines dem Hauptschulabschluss gleichwertigen Abschluss ermöglichen. Damit war das Ziel des Berufsvorbereitungsjahrs der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses, den die Klägerin auch erfolgreich erlangt hat.

Was die zeitlichen Voraussetzungen des Unterrichts anbelangt, ist zu fordern, dass die Schulausbildung die Zeit und die Arbeitskraft des Kindes voll oder zumindest überwiegend in Anspruch nimmt, eine Erwerbstätigkeit, durch die der Schüler seinen Lebensunterhalt verdienen könnte, neben der Schulausbildung also nicht möglich ist (vgl. BGH, a. a. O).

Dieses Erfordernis ist jedenfalls erfüllt, wenn die Unterrichtszeit 20 Wochenstunden beträgt, weil sich unter Berücksichtigung der für die Vor- und Nacharbeit erforderlichen Zeiten sowie eventueller Fahrtzeiten eine Gesamtbelastung ergibt, die die Arbeitskraft im wesentlichen ausfüllt (Scholz in Wendl/Staudigl a. a. O.).

Ausweislich des vorgelegten Abschlusszeugnisses besuchte die Klägerin das BVJ 1. Diese Organisationsform wird gemäß § 8 Nr. 1 Bst. a ThürBSO für Schüler ohne Hauptabschluss als Vollzeitunterricht geführt, wobei gemäß § 6 Abs. 2 ThürBSO sich der Unterricht in der Regel auf 5 Unterrichtstage je Woche erstreckt, so dass auch die zeitlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Schließlich setzt die Annahme einer Schulausbildung die Teilnahme an einem kontrollierten Unterricht voraus. Diese Bedingung ist grundsätzlich gegeben, wenn die Schule - wie hier - in einer Weise organisiert ist, dass eine Stetigkeit und Regelmäßigkeit der Ausbildung gewährleistet ist, wie sie dem herkömmlichen Schulbesuch entspricht, die Teilnahme also nicht etwa der Entscheidung des Schülers überlassen ist.

Der Privilegierung steht entgegen der Ansicht des Beklagten nicht entgegen, dass die Klägerin den Schulbesuch erst nach Eintritt der Volljährigkeit und nach dem Abbruch zweier Ausbildungen wieder aufgenommen hat. Für die Annahme einer Privilegierung nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB kommt es nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2001, 1068) nicht darauf an, dass der Schulbesuch über den Eintritt der Volljährigkeit des Kindes hinaus ununterbrochen andauert. Das Gesetz stellt vielmehr ohne weitere Differenzierungen darauf ab, ob sich ein Kind in der allgemeinen Schulausbildung befindet. Das kann auch nach einer Unterbrechung der früher begonnenen schulischen oder beruflichen Ausbildung anzunehmen sein.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Kindesmutter auch kein höheres Einkommen fiktiv anzurechnen.

Ob sie unterhaltsrechtlich gehalten war, sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen und sich wegen etwa unterlassener Bemühungen ein fiktives Einkommen zurechnen lassen muss, kann dahinstehen. Denn bei anteiliger Haftung der Eltern nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB braucht sich das Kind auf fiktive Einkünfte eines Elternteils nicht verweisen zu lassen (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 1993, 231; Brandenburgisches OLG, FamRZ 2004, 396; Scholz in Wendl/Staudigl, a. a. O., § 2, Rz. 440).

Die Unterhaltsberechnung des Amtsgerichts hält einer rechtlichen Überprüfung jedoch aus anderen Gründen nicht stand. ..."

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Ein Anspruch gegen den leiblichen Vater auf Finanzierung einer Zweitausbildung besteht nicht, wenn das Kind die fehlende Neigung zum Erstberuf bereits zu Beginn der Erstausbildung erkannt und diese nur deswegen zu Ende geführt hat, weil es den Stiefvater nicht enttäuschen und Ärger mit der Mutter vermeiden wollte (OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.10.1996 - 6 WF 187/96).

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Anspruch des volljährigen Kindes auf Ausbildungsunterhalt für ein nach Abschluß einer praktischen Ausbildung aufgrund eines nachträglichen Studienentschlusses aufgenommenes Studium (OLG Frankfurt, Urteil vom 28.06.1994 - 4 UF 183/93).

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Zur Frage, wann ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfallen kann (hier: mehr als 30monatige Lücke zwischen den Ausbildungsabschnitten). § 1610 II BGB mutet Eltern nicht zu, sich gegebenenfalls noch nach Jahren Ausbildungsunterhaltsansprüchen ihrer - volljährigen - Kinder ausgesetzt zu sehen und sich noch wegen derartiger Unterhaltsansprüche wirtschaftlich einschränken zu müssen. Für Eltern eines Sohnes ist es nicht mehr hinzunehmen, wenn die ohne Ausbildung (mit Ausnahme von drei Monaten eines Versuchs einer Schreinerlehre) vergangene Zeit nach dem Zivildienst bis zum Beginn des Besuchs eines Abendgymnasiums insgesamt 31 Monate gedauert hat. Eine derartig lange "Orientierungszeit" ist dem Sohn nicht zuzubilligen.(OLG Frankfurt, Urteil vom 08.02.1994 - 4 UF 30/92 - juris).

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„... Der Beklagte ist der Klägerin als seiner volljährigen Tochter für die Zeit vom 1.11.1983 bis 30.4.1984 zum Unterhalt verpflichtet (§§ 1601, 1602 Abs. 1, 1610 Abs. 1 u. 2 BGB). Da die Klägerin in dieser Zeit die Oberstufe des Gymnasiums in …-Straße, Stadt1 besuchte, war sie außerstande, sich selbst zu unterhalten. Dieser Schulbesuch ist auch als eine angemessene Ausbildung anzusehen.

Nach dem angefochtenen Urteil ist auf Seiten des Beklagten von einem bereinigten Nettoeinkommen von 2.311,18 DM monatlich auszugehen, während das monatliche Nettoeinkommen der Mutter der Klägerin 2.556,53 DM beträgt. Diese Feststellungen wurden von den Parteien nicht angegriffen. Es ergibt sich ein Monatseinkommen beider Eltern von 4.867,-- DM, das für die Unterhaltsbemessung maßgeblich ist. Ihm entspricht abzüglich des Kindergeldes nach der Düsseldorfer Tabelle ein Unterhaltsbedarf der Klägerin von 740,-- DM monatlich (Höherstufung wegen nur eines Unterhaltsberechtigten). Hiervon entfallen auf den Beklagten entsprechend seinem Einkommensanteil 47,78 %, so dass er jedenfalls verpflichtet ist, den ausgeurteilten Betrag von 302,63 DM monatlich zu zahlen.

Der Senat ist allerdings der Ansicht, dass ein Unterhaltsanspruch nur bis zum 30.4.1984 besteht, weil die Klägerin, die nunmehr eine Privatschule besucht, sich zum 25.4.1984 aus der Klassenstufe 11 des staatlichen Gymnasiums …-Straße in Stadt1 abgemeldet hat.

Der Unterhaltsanspruch soll eine angemessene Berufsausbildung sicherstellen (§ 1610 Abs. 2 BGB), wobei die Klägerin dafür darlegungspflichtig ist, dass die angestrebte Hochschulreife ihrer Begabung und ihren Fähigkeiten, ihrem Leistungswillen und ihren beachtenswerten Neigungen entspricht (vgl. BGH NJW 1977, 1774, Göppinger-Wenz, Unterhaltsrecht, 4. Auflage 1981, Rand-Nr. 923).

Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass der weitere Besuch eines privaten Gymnasiums unter den gegebenen Umständen der für sie angemessenen Vorbildung zu einem Beruf dient. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sie in dem zuvor besuchten staatlichen Gymnasium offenbar nicht den an sie gestellten Anforderungen gerecht werden konnte. Sie musste die Jahrgangsstufe 10 wiederholen und nach dem ersten Halbjahr der Jahrgangsstufe 11 hatte sie in den Fächern Deutsch, Chemie, Erdkunde, Englisch und im Ergänzungskurs Physik weniger als 5 Punkte. Da nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung der gymnasialen Oberstufe in Stadt1 ein Schüler nur dann in die Studienstufe versetzt wird, wenn insgesamt höchstens 3 Jahrespunktzahlen geringer als 5 sind, trägt das Zeugnis den Vermerk, die Versetzung erscheine nach dem jetzigen Leistungsstand ausgeschlossen. Das 8 Wochen vor dem Schuljahresende erteilte Abgangszeugnis zeigt keine Leistungssteigerung. In Deutsch und Chemie ist die Bewertung von 4 bzw. 3 Punkten auf 2 Punkte gesunken, auch in Biologie sind nunmehr nur noch 4 Punkte ausgewiesen, während sich die Klägerin lediglich in Erdkunde und in dem Ergänzungskurs Physik auf 5 Punkte verbessert hat. Unter diesen Umständen ist nicht anzunehmen, dass die Klägerin versetzt worden wäre, wenn sie sich nicht vorzeitig von der Schule abgemeldet hätte. Weil sie bereits die Jahrgangsstufe 10 wiederholen musste, hat der Abgang aus der Jahrgangsstufe 11 zur Folge, dass die Klägerin nicht in eine staatliche Schule zurückkehren könnte (§ 9 Abs. 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung der gymnasialen Oberstufe).

Zwar ist die Kontinuität eines einmal eingeschlagenen Ausbildungsganges nach Möglichkeit zu wahren, und ein Schulbesuch kann auch fortgesetzt werden, wenn sich Schulprobleme ergeben, die die Wiederholung einer Jahrgangsstufe erforderlich machen. Führt jedoch ein wiederholtes Versagen dazu, dass ein Schüler aus dem bisherigen Schulsystem ausscheiden muss, so kann er das selbe Bildungsziel nur dann auf Kosten der Unterhaltspflichtigen auf einem anderen Weg weiterverfolgen, wenn besondere Umstände vorliegen, die dies rechtfertigen.

Das heißt, dass ein Scheitern im staatlichen Schulsystem keineswegs immer bedeuten muss, dass es für den Betreffenden unangemessen ist, den Schulabschluss künftig in einer Privatschule anzustreben. Gerade für Scheidungskinder kann sich eine Situation ergeben, die spezifische Entwicklungsschwierigkeit zur Folge hat und es auch erforderlich macht, für eine besondere schulische Förderung zu sorgen, wie sie in bestimmten Privatschulen möglich sein mag. Solche Umstände hat die Klägerin jedoch nicht substantiiert vorgetragen. Den Wechsel auf eine Privatschule hat sie allein damit begründet, der Beklagte habe das Gymnasium …-Straße mit Briefen geradezu ‚bombardiert', so dass sie sich ihren Lehrern und Mitschülern gegenüber geschämt habe. Zu den daraufhin vorgelegten Schreiben des Direktors des Gymnasiums, er habe vom Beklagten nur zwei Anfragen, datiert vom 4.8.1982 und 17.4.1984 erhalten, von denen er niemandem Mitteilung gemacht habe, hat sich die Klägerin nicht geäußert.

Lediglich durch Vorlage ihrer Zeugnisse hat die Klägerin nicht den Nachweis dafür erbracht, dass trotz ihres Scheiterns im staatlichen Gymnasium der jetzige Besuch einer Privatschule eine für sie i.S. des § 1610 Abs. 2 BGB angemessene Ausbildung vermittelt. Die im letzten der vorgelegten Zeugnisse der Privatschule ausgewiesenen Noten der Klägerin sind zwar teilweise etwas besser als im Gymnasium …-Straße, keine Punktzahl liegt unter 5, in den Fächern Deutsch, Englisch, Französisch und Biologie werden allerdings auch nicht mehr als 5 Punkte erreicht.

Es ist zu bedenken, dass ein Zeugnis mit solchen Schwächen insgesamt nur knapp ausreicht, dass der Bewertungsmaßstab in beiden Schulen nicht unbedingt identisch ist und es der Klägerin nicht möglich ist, an der von ihr besuchten Privatschule die staatliche Reifeprüfung abzulegen, weil diese Schule nur auf ein externes Abitur vorbereiten kann. Der Senat vermag nach alledem nicht festzustellen, dass ihr derzeitiger Schulbesuch der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen der Klägerin angemessen ist. Diese Schlussfolgerung entspricht der prozessualen Situation, in welcher es Sache der Klägerin gewesen wäre, substantiiert die vom Beklagten bestrittenen Anspruchsbegründenden Voraussetzungen darzulegen, ohne dass der Senat ein objektives Urteil über die Qualifikation der Klägerin fällen muss.

Da der weitere Schulbesuch nicht als angemessene Vorbildung zu einem Beruf (§ 1610 Abs. 2 BGB) anzusehen ist, ist der Beklagte der Klägerin während dieser Zeit nicht zum Unterhalt verpflichtet. Der Unterhaltsanspruch kann aufleben, sobald die Klägerin mit einer entsprechenden Berufsausbildung beginnt. Diese könnte später durchaus auch in einem Hochschulstudium bestehen, wenn die Klägerin zuvor durch ein Abiturzeugnis nachweist, dass sie für ein Studium geeignet ist und die derzeitige Beurteilung nicht aufrechterhalten werden kann. ..." (OLG Frankfurt, Urteil vom 15.07.1985 - 5 UF 107/84)

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„... Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung: Hätte die Antragstellerin ihr ursprünglich aufgenommenes Germanistik-Studium nicht unterbrochen und durch einen vertretbaren Mehraufwand an Arbeitseinsatz im Rahmen eines Begleitkurses das sog. ‚Große Latinum' nachgeholt, hätte sie das zunächst aufgenommene Studium mit dem beabsichtigten Magisterabschluß zum Zeitpunkt der Einreichung des Prozeßkostenhilfeantrags im August 1982 beendet haben können. Sie hat offensichtlich mit dem Wintersemester 1977, wie es sich aus dem ablehnenden BAFöG-Bescheid vom 31.3.1978 ergibt, das 1. Studium aufgenommen, das nach ihrem eigenen Vorbringen 10 Semester dauern sollte. Bei einem Studienbeginn im Wintersemester 1977/1978 endet ein 10-semestriges Studium mit Ende des Sommersemesters 1982.

Für eine Unterbrechung des Studiums und eine spätere Neuaufnahme eines im Hauptgebiet anderen Studiums, nachdem im 1. Studium bereits 5 Semester absolviert waren, bestanden keine zwingenden Gründe.

Im übrigen ist der Antragsgegner auch deshalb nicht verpflichtet, ab Wintersemester 1982/1983 weiterhin Unterhalt zu leisten, da die Antragstellerin mit ihm weder die Aufgabe des 1. Studiums abgesprochen, noch ihn vor Aufnahme des 2. Studiums entsprechend informiert hat. Jedenfalls fehlt es hier an einem entsprechenden Sachvortrag.

Von einem volljährigen Kind, das mit Zustimmung des Barunterhaltsverpflichteten ein Studium aufgenommen hat, ist unter Beachtung von § 1618 a BGB zu erwarten, daß es bei einem Studienabbruch bzw. einer Studienunterbrechung und einer späteren Fortführung des Studiums mit anderen Fächern bzw. einer anderen Fachrichtung sich mit dem Barunterhaltsverpflichteten insoweit berät (vgl. OLG Celle, FamRZ 80/914). ..." (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.10.1983 - 1 WF 26/83)

*** (AG)

„ ... Ein Anspruch auf hälftige oder anteilige Übernahme der durch die Hortbetreuung der Kinder anfallenden Kosten besteht nicht, weil diese Kosten unterhaltsrechtlich als berufsbedingte Aufwendungen der Kindesmutter einzuordnen sind und keinen Mehrbedarf der grundsätzlich unterhaltsberechtigten gemeinsamen Kinder darstellen.

Soweit die Antragstellerin sich zur Begründung der Einordnung der Hortkosten auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beruft ist zwar festzustellen, dass sich in dieser tatsächlich Sätze dahingehend befinden, dass Hortkosten Mehrbedarf darstellen (vgl. BGH vom 04.10.2017, XII ZB 55/17 Rz. 13 m. w. N.). Tatsache ist aber, dass der Bundesgerichtshof in den durch die Beteiligten zitierten Entscheidungen nicht über die Einordnung konkreter Hortkosten entscheiden musste, vielmehr die entsprechenden Ausführungen über das Verfahren hinausgehende weitere Erläuterungen betrafen, welche im Zusammenhang mit den sonstigen Ausführungen jedenfalls kaum dahin zu verstehen sind, dass Hortkosten als Betreuungskosten generell und unabhängig vom Einzelfall Mehrbedarf des betreuten Kindes darstellen würden.

Der Bundesgerichtshof weist in seiner Rechtsprechung immer wieder darauf hin, dass Kosten, welche durch die Betreuung eines Kindes durch Dritte allein in Folge der Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils entstehen und erforderlich werden keinen Mehrbedarf des Kindes darstellen. Derartige Kosten gehören zur allgemeinen Betreuung, welche vom betreuenden Elternteil im Gegenzug zur Barunterhaltspflicht des anderen Elternteils zu leisten sei. Soweit diese Betreuung delegiert werde und hierdurch Kosten entstehen können derartige Kosten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich als berufsbedingte Aufwendungen des betreuenden Elternteils Berücksichtigung finden (vgl. hierzu Leitsatz BGH vom 04.10.2017 a. a. O.). Weiter wird ausgeführt, dass derartige Kosten für Fremdbetreuung nur ausnahmsweise über die den betreuenden Elternteil obliegende Betreuung hinausgehen und somit nur in Ausnahmefällen als Mehrbedarf des Kindes zu berücksichtigen seien (vgl. BGH a. a. O. Rz. 13).

Damit Kosten für Fremdbetreuung als Mehrbedarf des Kindes einzustufen sind soll es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlich sein, dass erzieherische Zwecke bei der Fremdbetreuung im Vordergrund stehen. Hierzu hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 26.11.2008 (XII ZR 65/07) betreffend der Betreuung im Kindergarten umfangreiche Ausführungen gemacht. Er hat hier deutlich gemacht, dass die Betreuung im Kindergarten in erster Linie erzieherischen Zwecken diene und der Kindergarten neben einer fürsorgenden Betreuung das Ziel der Förderung sozialer Verhaltensweisen habe und der Kindergarten zum anderen eine Bildungseinrichtung im elementaren Bereich darstelle. Durch die Einrichtung von Kindergärten werde eine Chancengleichheit der Kinder im Kindergartenalter in Bezug auf die Lebens- und Bildungsmöglichkeiten gewährleistet sowie sozialstaatlichen Belangen Rechnung getragen. Bereits in dieser Entscheidung verweist der Bundesgerichtshof auf aktuelle gesellschaftspolitische Diskussionen, welche unter Hinweis auf das Wächteramt des Staates zum Schutze des Kindeswohls fordern, dass Kinder Kindergärten oder vergleichbare Einrichtungen besuchten, damit sie selbst sowie das Erziehungsverhalten der Eltern einer Kontrolle unterläge. Der Bundesgerichtshof kommt hier zu dem Schluss, dass die erzieherischen Aufgaben beim Besuch eines Kindergartens im Vordergrund stehen und dem Gesichtspunkt, die Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils zu ermöglichen, beim Kindergartenbesuch nur eine untergeordnete Bedeutung zukomme.

Zwar verweist der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 11.01.2017 (XII ZB 565/15, dort Rz. 37) darauf, dass die für den Kindergarten aufgestellten Grundsätze auch für Hortkosten gelten sollen, dieses jedoch lediglich mit dem knappen Hinweis darauf, dass Hortkosten regelmäßig pädagogisch bedingt seien. Tatsächlich war die Einordnung und Behandlung der Hortkosten in der fraglichen Entscheidung unstreitig und somit nicht Gegenstand der zu treffenden Entscheidung.

Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zu der Einordnung von Kindergartenkosten als Mehrbedarf der Kinder unter Hinweis auf die besonderen erzieherischen Aufgaben eines Kindergartens und dessen Aufgaben zur frühkindlichen Bildung vermag das erkennende Gericht nicht pauschal und allgemein auf jeden Schülerhortbesuch zu übertragen. Ohne Zweifel ist nicht ausgeschlossen, dass der Besuch eines Schülerhorts pädagogisch besonders veranlasst sein kann, dass die pädagogischen Ziele im Vordergrund stehen und der entstehende Freiraum des betreuenden Elternteils nur ein Nebeneffekt mit untergeordneter Bedeutung ist. In einem solchen Fall ist es auch denkbar, dass die Kosten Mehrbedarf des betroffenen Kindes darstellen kann. Zu denken ist hier insbesondere an besondere pädagogische Bedürfnisse eines konkreten Kindes oder auch bei Einschränkungen der Erziehungsfähigkeit betreuender Eltern. Auch dem erkennenden Gericht sind Verfahren bekannt, in denen der Besuch eines Horts z. B. durch das Jugendamt angeregt oder sogar vom Familiengericht angeordnet wird.

Nicht nachvollziehbar ist jedoch die pauschale und generelle Einordnung der Kosten eines Hortbesuchs als Mehrbedarf für ein Kind, während die Kosten des Besuchs sonstiger Einrichtungen oder der Einbeziehung sonstiger Dritter in die Betreuung der Kinder nur ausnahmsweise als Mehrbedarf einzustufen sein soll.

Nach Überzeugung des Gerichts ist auch bei der Frage der Einordnung von Hortkosten entsprechend der sonstigen Ausführungen des Bundesgerichtshofs darauf abzustellen, wozu die Fremdbetreuung dient und welche Aufgaben die Fremdbetreuung übernimmt. Der Bundesgerichtshof hat selbst darauf hingewiesen, dass eine generelle Qualifizierung der Kosten einer Fremdbetreuung als Mehrbedarf eines Kindes dem Gesetz widerspräche. Grundsätzlich erfülle der betreuende Elternteil durch die von ihm veranlasste Fremdbetreuung der Kinder lediglich die ihm obliegende Betreuungspflicht, sodass er auch die hierfür erforderlichen Kosten zu tragen habe (vgl. BGH vom 04.10.2017, Rz. 16). Anderes kann auch für die Fremdbetreuung in einem Hort nicht gelten. Für die Einordnung der Kosten von Fremdbetreuung kommt es auf den konkreten Einzelfall an, dies gilt auch, wenn die Fremdbetreuung in einem staatlichen Schülerhort erfolgt.

In diesem Zusammenhang berücksichtigt das Gericht, dass die konkrete Art der Fremdbetreuung im Falle der Berufstätigkeit auch des betreuenden Elternteils entsprechend der eigenen Erfahrungen als Mutter in der Regel von einer Vielzahl Faktoren abhängig ist und somit in der Regel eher eine auf praktischen Erwägungen wenn nicht sogar auf zufälligen Gegebenheiten beruhende Entscheidung ist. Wie bei Berufstätigkeit der Eltern und einem bestehenden Bedarf nach Fremdbetreuung diese organisiert wird ist erster Linie davon abhängig, was vor Ort überhaupt verfügbar und mit den benötigten Zeiten verlässlich vorhanden ist. Weiter wird vorrangig die Kostenfrage eine Rolle spielen. Die private Tagesmutter, welche eine Betreuung zu Hause gewährleisten kann, ist in der Regel mit deutlich höheren Kosten verbunden, als ein staatliches Hort. Sofern überhaupt eine Wahl besteht werden auch Gesichtspunkte wie das Verhalten befreundeter Familien und Kinder eine Rolle spielen. Nur wenn überhaupt verschiedene praktisch umsetzbare Betreuungsmöglichkeiten bestehen, kann eine Familie bzw. ein betreuender Elternteil noch wählen, was aus pädagogischen Gründen die für das jeweilige Kind beste Lösung ist.

Vorliegend besuchen die gemeinsamen Kinder der Beteiligten unstreitig den Hort vorrangig um die Berufstätigkeit der Kindesmutter zu ermöglichen. Auch schon während des Zusammenlebens der Eltern war die Antragstellerin - wenn auch in geringerem Umfang - berufstätig. Auch die Antragstellerin hat dieses Erfordernis stets selbst angeführt. Die Kinder erhalten im Hort ein Mittagessen, weiter wird dort Hausaufgabenbetreuung gewährleistet. Soweit der Hort in diesem Rahmen die Betreuung gewährleistet und die Kinder außerdem beim Spielen beaufsichtigt und betreut und kleinere Angebote macht, werden durch den Hort aber gerade diejenigen Aufgaben erfüllt, welche üblicherweise durch ein betreuendes Elternteil erfolgen. Trotz Hinweises wurde vorliegend weder erläutert, welche zusätzlichen pädagogischen und erzieherischen Aufgaben der Hort hinsichtlich des jeweiligen Kindes erfüllt und warum diese für das jeweilige Kind erforderlich sind. Auch die Antragstellerin selbst hat zunächst darauf hingewiesen, dass die Hortbetreuung erforderlich sei, um ihre Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass hier die pädagogischen und erzieherischen Aufgaben und Zielsetzungen des Hort im Vordergrund stünden. Vielmehr ist mangels anderweitigen Vortrags davon auszugehen, dass die Fremdbetreuung durch den Hort vorrangig dazu dient, die Erwerbstätigkeit der Kindesmutter/Antragstellerin zu ermöglichen. In keiner Weise ist ersichtlich, dass die Entscheidung, die Kinder im Hort fremd betreuen zu lassen aufgrund besonderer, die Kinder betreffender Überlegungen oder Bedürfnissen getroffen wurde.

Nach alledem sind die Kosten als berufsbedingte Aufwendungen der Kindesmutter einzuordnen, ein eigener Anspruch der Kinder, geltend gemacht durch die Antragstellerin, auf anteilige bzw. hälftige Beteiligung an den Hortkosten gegen den Antragsgegner bestehen nicht. ..."

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Kindesunterhalt im Freiwilligen Sozialen Jahr (AG Waldshut-Tiengen, Beschluss vom 13.07.2018 - 6 F 74/18):

„... Zwar besteht kein Auskunftsanspruch, wenn die Auskunft die Unterhaltsverpflichtung unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen kann, etwa wenn ein Unterhaltsanspruch eindeutig und offensichtlich nicht besteht. Hier liegt jedoch ein Unterhaltstatbestand nach § 1610 Abs. 2 BGB vor.

A. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der aus 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt (BGH FamRZ 1998,671). Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners auf Ermöglichung einer Berufsausbildung steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Zwar muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ § BGB § § 242 BGB) Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind. Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen. Allerdings gibt es keine feste Altersgrenze für die Aufnahme einer Ausbildung, ab deren Erreichen der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfällt (OLG Stuttgart, NJW-RR 1996, 2). Die Frage, bis wann es dem Unterhaltsberechtigten obliegt, seine Ausbildung aufzunehmen, richtet sich vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls (BGH aaO) Maßgeblich ist, ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Einzellfallumstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit noch zumutbar ist.

Ein Kind verliert dem Grunde seinen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt dabei während einer gewissen Orientierungsphase nicht (vergleiche BGH FamRZ 1998, 672). Eine solche Orientierungsphase hat der BGH implizit auch im Hinblick auf ein freiwilliges soziales Jahr angenommen (BGH NJW 2011, 2884). Dem schließt sich das Gericht für die hier streitgegenständliche Phase der Ableistung des FSJ an.

Daher kommt es aus Sicht des Gerichts nicht darauf an, ob das freiwillige soziale Jahr als Zugangsvoraussetzung für eine bestimmte weitergehende Ausbildung oder ein Studium gefordert wird, oder ob dies wünschenswert ist.

Vielmehr ist gerade aufgrund des jüngeren Abgangsalters der Schulabgänger durch die Verkürzung des Gymnasiums in Baden-Württemberg ("G8 - achtjähriges Gymnasium") so, dass die Schulabgänger ein Jahr früher als in der Vergangenheit, in der Regel schon mit 18 Jahren vor der Berufswahl im Anschluss an die Gymnasialzeit stehen. Diese landesgesetzlich beschlossene gewollte Verkürzung der Schuldurchlaufzeit führt freilich dazu, dass die Persönlichkeitsbildung der Gymnasiasten noch nicht in dem Maße gefestigt und abgeschlossen sein kann, wie dies früher der Fall war; vielmehr wird aufgrund der Drängung des Stoffes die zeitliche Beanspruchung der Schüler in einer Art und Weise hochgeschraubt, die es diesen nur mit Mühen erlaubt, neben der Schule z. B. durch Engagement im sozialen Bereich oder in Vereinen eine Orientierung, einen Horizont und eine Perspektive für die Zeit nach der Schule zu finden. Wenn aufgrund einer - zumindest auch - fiskalisch begründeten landesgesetzgeberischen Entscheidung eine Orientierungsphase daher nunmehr vermehrt erst nach dem Abgang von der Schule stattfindet, kann dies den Abgängern unterhaltsrechtlich nicht als Obliegenheitsverletzung zum Nachteil gereichen.

Die Interessen der Unterhaltspflichtigen werden durch eine Anerkennung des FSJ im Rahmen der Abwägung nicht unzumutbar beeinträchtigt. Vielmehr handelt es sich bei den Unterhaltsberechtigten während des FSJ im Regelfall um nicht privilegierte Volljährige, während sie als Schüler vor Einführung des G8 gemäß § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB privilegiert waren, so dass die Unterhaltspflicht schwächer ausgeprägt ist. Zudem wird zumindest dann, wenn während des FSJ eine Unterkunft gestellt wird, der gesamte Bedarf - wie früher bei Zivildienstleistenden - in der Regel durch die Leistungen des Trägers des FSJ gedeckt. Darüber hinaus gehender Bedarf ist von den Unterhaltsberechtigten konkret darzulegen. (vergleiche zu diesem Aspekt BeckOK BGB/Reinken § 1602 Rn. 57f).

B. Der Auskunftsantrag wurde in Ziffer 1, Ziffer 3 und Ziffer 4 des ursprünglichen Antrags bereits von der Antragsgegnerseite durch ihre persönliche Erklärung erfüllt (§ 362 BGB).

Sofern der Vortrag der Antragstellerin insoweit als Bestreiten der Erfüllung anzusehen wäre, ist dieses nicht hinreichend substantiiert. Es ist nicht ersichtlich, welche Auskünfte die Antragsgegnerseite über ihre abgegebene Erklärung hinaus in Erfüllung des Auskunftsanspruchs in Bezug auf ihr Einkommen zusätzlich noch abgeben sollte.

Ziffer 2 des ursprünglichen Antrags auf Belegvorlage, der gemäß § 1605 Abs. 1 S. 2 BGB dem Grunde nach besteht, ist ebenfalls erfüllt (§ 362 BGB).

Die Antragstellerseite moniert zwar, dass im Rahmen des Beleganspruchs keine Entscheidung des schweizerischen Bundesverwaltungsgerichts vorgelegt werde, sondern lediglich eine prozessleitende Verfügung. Der Anspruch auf Belegvorlage kann jedoch nur dahin gehen, dass der Auskunftsverpflichtete die Belege vorlegt, die er zum Zeitpunkt der Auskunfterteilung selbst vorliegen hat, wobei er alle ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen haben, um sich diese Belege zu verschaffen (vgl. Palandt/Grüneberg § 259 Rn. 9, BGH NJW 2014, 2571). Der Antragsteller hat jedoch nicht dargetan, welche Bemühungen seitens des Antragsgegners möglich wären, um ein Verfahren vor einem Schweizer Obergericht zu beschleunigen, genauso wenig, wie dies bei einem deutschen Obergericht der Fall wäre.

3. A. Für Ziffer 1 der ergänzenden Auskunftsanträge zum Vermögen des Antragsgegners ergibt sich ein Auskunftsanspruch aus § 1605 BGB.

Wie sich aus § 252 Abs. 4 S. 1 FamFG für das vereinfachte Unterhaltsverfahren ab 01.01.2017 erschließt, ist ein Anspruch auf Vermögensauskunft im Rahmen des § 1605 BGB dann gegeben, wenn vom Unterhaltsschuldner - wie hier - der Einwand eingeschränkter oder fehlender Leistungsfähigkeit erhoben wird. Da die Nutzungen des Vermögens Einkünfte sind, geht es bei der Vermögensauskunft grundsätzlich nur um die Verwertung des Vermögensstamms, in Einzelfällen um eine Vermögensumschichtung (vergleiche Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Kintzel Kap 6 Rn. 989).

Es kann hier nicht a priori ausgeschlossen werden, dass ein Unterhaltsanspruch gem. § 1603 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verwertung des Vermögensstammes des Antragsgegners besteht.

Einschränkungen der Obliegenheit zum Einsatz des Vermögensstammes im Rahmen des § 1603 Abs. 1 BGB ergeben sich bei fehlender Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners aus Einkommen allein daraus, dass nach dem Gesetz auch die sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährden muss (vergleiche Wendl/Dose 9. Aufl. § 1 Rn. 619). Allgemein muss der Schuldner, sofern es nicht um Unterhalt gegenüber Minderjährigen oder privilegierten Volljährigen im Sinne des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB geht, im Rahmen des Verwandtenunterhalts den Stamm seines Vermögens nicht verwerten, wenn dies für ihn mit einem wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Nachteil verbunden wäre (BGH FamRZ 1988, 607). Dies würde letztlich auch den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf des Unterhaltspflichtigen in Mitleidenschaft ziehen. Dazu ist auf der Leistungsstufe eine umfassende Zumutbarkeitsabwägung erforderlich, zu der die Kenntnis des Vermögensstammes erforderlich ist.

Bezüglich der unter Ziffer 1 des ergänzenden Antrags beantragten Auskunft zum Vermögen ist eine in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 260 Abs. 1 BGB entsprechende Auskunft bisher noch nicht erteilt worden, so dass dieser noch nicht gem. § 362 BGB erfüllt ist; die Angaben hierzu in der persönlichen Erklärung des Antragsgegners entsprechen nicht den gesetzlichen Vorgaben, dass Aktiva und Passiva des Vermögens getrennt zum Stichtag des Zugangs der Aufforderung aufzuführen sind.

B. Ziffer 2 des ergänzenden Antrags zur Auskunft zum Vermögen des Antragsgegners ist unbegründet. Wie sich aus der abgegebenen persönlichen Erklärung des Antragsgegners bereits ergibt, verfügt dieser als Vermögen nur über Geldvermögen. Für Geld ist aber die Angabe wertbildender Faktoren nicht erforderlich. Mangels Erfordernis für die Berechnung des Unterhalts besteht diesbezüglich kein Anspruch (vgl. Handbuch FA Familienrecht/Kintzel 11. Aufl. Kap. 6 Rn. 984).

C. Ziffer 3 des ergänzenden Antrags zur Auskunft über das Vermögen des Antragsgegners ist unbegründet, da im Rahmen des Auskunftsanspruchs gem. § 260 Abs. 1 BGB im Rahmen des § 1605 BGB grundsätzlich kein Anspruch auf Wertermittlung besteht (vgl. Palandt/Grüneberg § 260 Rn. 15. Anknüpfungstatsachen dafür, dass der Berechtigte darauf angewiesen ist, dass der Wert von Gegenständen sachverständig und objektiv ermittelt wird, um ausnahmsweise einen Wertermittlungsanspruch zu begründen (vgl. BGHZ 108,395), sind nicht vorgetragen. ..."

***

„... I. Der am 17.04.1989 geborene Antragsteller ist der leibliche Sohn des Antragsgegners.

Im Jahr 2009 erreichte der Antragsteller in Form des Besuchs der Volkshochschule seinen Hauptschulabschluss. Die dabei nicht gerade guten Schulnoten (vgl. Abschlusszeugnis Bl. 85 der Akte) sieht der Antragsteller in der damaligen familiären Situation in Folge der Trennung und Scheidung seiner Eltern. Bereits im Vorfeld des Schulabschlusses versuchte der Antragsteller über Praktika, eine Ausbildungsstelle zu finden. Er war zunächst arbeitslos. Dann arbeitete er kurze Zeit für eine Zeitfirma. Er bewarb sich auf verschiedene Ausbildungsstellen, zum Beispiel bei der Stadt Essen, als Gas- und Wasserinstallateur, als Tischler oder auch beim Hoch- und Tiefbau. Er bezog dann Hartz IV. Dann fand er eine Anstellung im Krankenhaus Sankt Josef bei einer Dienstleistungsfirma. Dort arbeitete er 3 Jahre im hauswirtschaftlichen Dienst. Über einen dort arbeitenden Arzt und ein Praktikum fand er beginnend mit dem 01.08.2013 schlussendlich seine jetzige Ausbildungsstelle zum Maler und Lackierer. Voraussichtliches Ende der Berufsausbildung wird der 31.07.2016 sein. Im 1. Ausbildungsjahr verdient der Antragsteller monatlich 358,08 EUR netto (vgl. Verdienstabrechnung, Bl. 7 der Akte), im 2. Ausbildungsjahr netto 399,12 EUR und im 3. Ausbildungsjahr netto 498,90 EUR. Insoweit wird auf die zu den Akten gereichte Kopie des Berufsausbildungsvertrages (Bl. 118 der Akte) und den Lebenslauf Bl. 84 der Akte verwiesen.

Kindergeld erhält der Antragsteller nicht. Sein Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe wurde mit Bescheid vom 04.12.2013 (Bl. 8 ff. der Akte) negativ beschieden mit dem Argument, auf Seiten des Antragsgegners sei anzurechnendes Einkommen vorhanden.

Zuletzt mit Schreiben vom 18.12.2013 (Bl. 12 f. der Akte) forderte der Antragsteller den Antragsgegner vergeblich zur Zahlung von Volljährigenunterhalt auf. Er trägt vor, wirtschaftlich auf die Unterhaltszahlungen angewiesen zu sein. Ihm sei bereits das Wohnraummietverhältnis fristlos gekündigt worden, da er nicht in der Lage gewesen sei, seine Miete zu zahlen.

Der Antragsgegner verfüge über ausreichend finanzielle Möglichkeiten, ihn zu unterstützen (vgl. Jahresabschluss zum 31.10.2010 und 31.12.2011, Bl. 14 ff. und 28 ff. der Akte). Die Kindesmutter verdiene kein wesentliches Einkommen oberhalb ihres Selbstbehaltes (vgl. Verdienstabrechnungen Bl. 56 ff. der Akte). Sein Bedarf belaufe sich auf 670 EUR. Anzurechnen sei sein eigenes Einkommen bereinigt um den ausbildungsbedingten Mehrbedarf i.H.v. 90 EUR, so dass sich im 1. Ausbildungsjahr ein Bedarf von 402 EUR ergebe, im 2. Ausbildungsjahr von 360,88 EUR und im 3. Ausbildungsjahr von 261,10 EUR.

Zur Glaubhaftmachung seiner Angaben bezieht der Antragsteller sich auf seine eidesstattliche Versicherung vom 05.02.2014 (Bl. 80 der Akte).

Der Antragsteller beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an ihn beginnend mit Rechtshängigkeit jeweils im Voraus einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 402 EUR für die Monate bis einschließlich August 2014, i.H.v. 361 EUR für die Monate September 2014 bis August 2015 und i.H.v. 262 EUR ab September 2015 zu zahlen. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Zahlung eines Ausbildungsunterhalts, da er die Ausbildung nicht zielgerichtet und mit dem erforderlichen Engagement betrieben habe. Der Antragsteller habe sich offenbar 5 Jahre fruchtlos um einen Ausbildungsplatz bemüht, so dass dem Antragsgegner nun nicht mehr zugemutet werden könne, weiter mit Ausbildungsunterhaltszahlungen belastet zu werden. In den Jahren 2009-2013 habe der Antragsteller sich nach eigenem Vortrag ohne Sozialleistungen über Wasser halten können. Er habe seinen eigenen Lebensbedarf damit nachhaltig gesichert. Ohne Vorlage der vorgerichtlich angeforderten Erwerbsbiografie sei dem Antragsgegner auch nicht nachvollziehbar, in welchem Bereich der Antragsteller seinen Neigungen am besten hätte nachgehen können und ob er seine Ausbildung mit dem nötigen Fleiß und Ehrgeiz betrieben habe.

Im übrigen habe der volljährige Antragsteller einen Anspruch auf Quotenunterhalt gegen beide Kindeseltern. Insoweit komme es auch auf die Einkommenssituation des Ehemannes der Kindesmutter an, wobei unter Umständen auch fiktive Einkünfte bei der Verletzung von Erwerbsobliegenheiten zuzurechnen wären. Durch das Zusammenleben mit ihrem Ehemann habe die Kindesmutter eine Ersparnis auf der Ausgabenseite, so dass von einem reduzierten Selbstbehalt von allenfalls 1080 EUR auszugehen sei. Die Ausbildungsvergütung des Antragstellers sei nicht durch einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf zu kürzen, weil der Antragsteller nicht im Haushalt der Eltern wohne.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst der überreichten Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 24.02.2014 (Bl. 82 f. der Akte) verwiesen.

II. Gemäß § 246 Abs. 1 FamFG kann das Gericht durch einstweilige Anordnung abweichend von § 49 FamFG auf Antrag die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt regeln. Der Antrag im Sinne von § 246 FamFG ist zu begründen, die Anordnungs- bzw. Anspruchsvoraussetzungen sind glaubhaft zu machen, § 51 Abs. 1 Satz 2 FamFG. In Unterhaltssachen richtet sich die Glaubhaftmachung nach § 113 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit § 294 ZPO. Welche Anforderungen an die Begründung eines Antrags genau zu stellen sind, kann nur im Einzelfall bestimmt werden. Auch bei der Glaubhaftmachung gibt es kein festes Beweismaß. Zu fordern ist ein den konkreten Umständen angepasstes Maß an Glaubhaftigkeit (Zöller-Lorenz, 28. Auflage FamFG, § 246 RdNr. 6).

Der Antragsteller hat danach gegen den Antragsgegner einen hinreichend glaubhaft gemachten Anspruch auf Ausbildungsunterhalt in ausgesprochener Höhe gemäß §§ 1601, 1610 Abs. 2 BGB.

Gemäß § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Der Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechende Berufsausbildung ist vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners auf Ermöglichung einer Berufsausbildung steht auf seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Aus dem Gegenseitigkeit Verhältnis folgt auch die Obliegenheit des Kindes, die Ausbildung in angemessener Zeit aufzunehmen. Je älter er bei Schulabgang ist und je eigenständiger er seine Lebensverhältnisse gestaltet, desto mehr tritt an die Stelle der Elternverantwortung die Eigenverantwortung für seinen Berufs- und Lebensweg. Allerdings gibt es keine feste Altersgrenze für die Aufnahme einer Ausbildung, ab deren Erreichen der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfällt. Die Frage, bis wann es dem Unterhaltsberechtigten obliege, seine Ausbildung aufzunehmen, richtet sich vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist, ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Umstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit noch zumutbar ist (BGH, Beschluss vom 03.07.2013, Az. VII ZB 220/12, NJW 2013, 2751 f.)

Es sind folgende Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen:

Die jetzige Ausbildungsstelle des Antragstellers zum Maler und Lackierer ist die erste Ausbildung des Antragstellers. Zwar war es ihm gelungen, über immerhin 3 Jahre und zuletzt unbefristet im hauswirtschaftlichen Dienst Vollzeit beschäftigt zu werden und zwischen 700 und 1000 EUR netto monatlich zu verdienen, je nach wahrgenommener Schicht. Eine Ausbildung konnte er dort jedoch nicht absolvieren. Eine berufliche Laufbahn ohne abgeschlossene Berufsausbildung ist in der heutigen Zeit mit erheblichen Armutsrisiken verbunden. Der Antragsteller hat daher ein anzuerkennendes Interesse daran, unter Zurückschaltung seines monatlichen Verdienstes eine Ausbildung in einem anerkannten Handwerksberuf zu absolvieren. Hätte er diese Ausbildung sofort nach seinem Hauptschulabschluss beginnen können, wäre der Antragsgegner gleichermaßen unterhaltspflichtig gewesen. Durch den Zeitverlust auf Antragstellerseite entsteht ihm also finanziell und rechnerisch kein Nachteil. Es handelt sich um die 1. Ausbildung des Antragstellers, die der Antragsgegner zu finanzieren hat. Zudem muss der Antragsgegner vergleichsweise niedrige Beträge zahlen, die sich innerhalb des Ausbildungszeitraums wegen der jährlich steigenden Ausbildungsvergütung sogar noch verringern. In Anbetracht der schwierigen Ausbildungsmarktlage für Schulabsolventen mit schwacher Notenqualifikation musste der Antragsgegner auch damit rechnen, dass der Antragsteller eine Ausbildungsstelle erst nach längerer Zeit würde antreten können. Auch liegt zumindest der Ausbildungsbeginn noch innerhalb des Zeitraums vor der Vollendung des 25. Lebensjahres, für den Kindergeld beansprucht werden kann, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird. Durch die vorgenannte Regelung erkennt die Rechtsordnung eine Berufsausbildung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres unabhängig von ihrer Art als grundsätzlich förderungswürdig an.

Der Bedarf des Antragstellers als Kind mit eigenem Hausstand ist mit 670 EUR (darin sind Kosten für Unterkunft und Heizung bis zu 280 EUR enthalten) anzunehmen. In dem Bedarfssatz sind ausbildungs- bzw. berufsbedingte Aufwendungen bis zu einem Betrag von monatlich 90 EUR enthalten (Ziffer 13.1.2 der Hammer Leitlinien). Dass der Antragsteller höhere Aufwendungen hätte, ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich. Von seinem Bedarf i.H.v. 670 EUR ist daher seine Ausbildungsvergütung ungekürzt in Abzug zu bringen, was in Anbetracht der sich steigernden Ausbildungsvergütung zu den ausgesprochenen Beträgen gestaffelt nach Ausbildungsjahren führt.

Der Antragsgegner ist unstreitig leistungsfähig.

Eine quotenmäßige Beteiligung der Kindesmutter am Ausbildungsunterhalt vermag das Gericht in Anbetracht der vorgetragenen Einkommensverhältnisse nicht anzunehmen. Aus der Jahresbescheinigung für das Jahr 2012 ergibt sich ein durchschnittlicher Nettolohn der Kindesmutter in Höhe von 1205,83 EUR. Die vorgetragenen Abzüge für Altersvorsorge i.H.v. 164 EUR monatlich (4 % pauschal) und Fahrtkosten i.H.v. 91,46 EUR sind unstreitig. Auch die weiteren Nachfragen gemäß Beschluss vom 24.02.2014 (Bl. 86 der Akte), beantwortet mit Schriftsatz des Antragstellers vom 11.03.2014 (Bl. 105 ff. der Akte) haben nicht zu einem anderen Ergebnis geführt. Zwar gab es eine Steuererstattung der Eheleute für das Jahr 2012 i.H.v. 890,66 EUR, also monatlich 74,22 EUR. Auch eine Herabsetzung des Selbstbehaltes auf 1080 EUR wegen ersparter Aufwendungen durch Zusammenleben mit ihrem Ehemann (Zusammenleben in einer häuslichen Gemeinschaft; Ziffer 6.2 der Hammer Leitlinien) führt jedoch nicht zu einem berücksichtigungsfähigen Einkommen oberhalb dieses Selbstbehaltes. Eine Verletzung von Erwerbsobliegenheiten sieht das Gericht bei der vollschichtigen Tätigkeit der Kindesmutter sowie ihres Ehemannes nicht. ..." (AG Hattingen, Beschluss vom 19.03.2014 - 69 F 9/14)

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Eine Bachelor-Master-Studienkombination ist entsprechend den sog. Abitur-Lehre-Studium-Konstellationen dann als einheitliche Ausbildung im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB zu werten, wenn zwischen dem Bachelor- und dem Master-Studium ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht. Für einen engen sachlichen Zusammenhang ist ausreichend, dass es sich um verwandte bzw. gleichwertige Studiengänge handelt. Hiervon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn nach den Zulassungsregeln der Hochschule mit dem Bachelor-Abschluss das Master-Studium aufgenommen werden darf (vergleiche OLG Brandenburg, 18. Januar 2011, 10 UF 161/10, NJW-RR 2011, 725; AG Frankfurt, Beschluss vom 16.11.2011 - 454 F 3056/11 UK):

„... Die Antragsgegnerin hat auch während des von ihr im Wintersemester 2010/2011 begonnenen Master-Studiums „Master of International Business" Anspruch auf Unterhalt gegen den Antragsteller. Insoweit dauert der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin fort.

Zwischen den Beteiligten unstreitig geblieben, ist, dass die Antragsgegnerin bedürftig im Sinne des § 1602 Abs. 1 BGB ist. Sie ist außerstande, sich während ihres Studiums selbst zu versorgen. Zudem ist der Antragsteller leistungsfähig im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB. Zwar hat sein Verfahrensbevollmächtigter im Schriftsatz vom 12.04.2011 (Bl. 26 d. A.) vorgetragen, dass der Antragsteller nicht willens und auch nicht in der Lage sei, seine Tochter hier weiter zu alimentieren. Eine fehlende Leistungsfähigkeit ist allein mit diesem allgemeinen Vorbringen indes nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden. Weiterer Vortrag erfolgte von Seiten des Antragstellers zu seiner Leistungsfähigkeit nicht.

Gemäß § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der geschuldete Unterhalt den gesamten Lebensbedarf, einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Die Vorschrift bezweckt, dass unterhaltsberechtigte Kinder durch die Unterhaltszahlungen in die Lage versetzt werden, einen angemessenen Beruf zu erlernen, um künftig allein für ihren Unterhalt sorgen zu können. Insofern beinhaltet § 1610 Abs. 2 BGB sowohl ein Recht des Kindes auf eine den Begabungen und Fähigkeiten entsprechende Ausbildung (vgl. BGH, NJW 2006, 2984, 2986) - und zwar unabhängig davon, ob ein Bachelor-Abschluss bereits zur Ausübung irgendeines Berufs befähigt - sowie eine unterhaltsrechtliche Verpflichtung der Kindseltern, die damit einhergehenden finanziellen Belastungen zu tragen (vgl. Born, in: MüKo, § 1610 Rn. 208, 210 m. w. N.).

Nach § 1610 Abs. 2 BGB haben die unterhaltsverpflichteten Eltern jedoch nur eine Ausbildung zu finanzieren. D. h. nach erfolgreichem Abschluss einer angemessenen Ausbildung hat das Kind keinen Anspruch auf Unterhaltszahlungen während einer weiteren Ausbildung (vgl. OLG Celle, NJW-RR 2010, 1229).

Ob und wann die Einheitlichkeit einer aus Bachelor- und Master-Studium bestehenden Ausbildung gemäß § 1610 Abs. 2 BGB gegeben ist, ist bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden worden. Jedoch bestehen nach Auffassung des Gerichts keine begründeten Einwände dagegen, auf die vorliegende Bachelor-Master-Konstellation die ständige Rechtsprechung zu den sog. Abitur-Lehre-Studium-Fällen zu übertragen (vgl. dazu: BGH, NJW-RR 1992, 1060ff.). Für eine solche Übertragung der entwickelten Grundsätze spricht einerseits, dass durch die Umsetzung des sog. Bologna-Prozesses eine Studienkombination Bachelor-Master geschaffen wurde, die insbesondere im Hinblick auf die Studiendauer den herkömmlichen Diplom- und Magister-Studiengängen vergleichbar sind (so auch: Liceni-Kierstein, FamRZ 2011, 526, 527). Dies kommt auch in § 7 Abs. 1a BAföG zum Ausdruck, wonach Ausbildungsförderung auch für einen Masterstudiengang gezahlt wird, wenn er auf einem Bachelor-Studium aufbaut (vgl. hierzu: OLG Brandenburg, NJW-RR 2011, 725, 726). Außerdem gibt es bei der Kombination Lehre-Studium wie bei Aufeinanderfolgen von Bachelor-Master-Studium die Möglichkeit, dass eine Weiterbildung begonnen wird, die auf der Lehre bzw. dem Bachelor-Studium aufbaut oder eben nicht.

Daher ist die Einheitlichkeit gemäß § 1610 Abs. 2 BGB von Bachelor- und Master-Studium dann gegeben, wenn die beiden Ausbildungsschritte in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, wovon regelmäßig auszugehen ist (Brudermüller, in: Palandt, § 1610 Rn. 33), und die Kosten für die unterhaltsverpflichteten Eltern nicht wirtschaftlich unzumutbar sind (vgl. BGH, NJW-RR 1992, 1060ff.).

Danach handelt es sich im vorliegenden Fall um eine einheitliche Ausbildung im Sinne von § 1610 Abs. 2 BGB.

Ein enger zeitlicher Zusammenhang ist gegeben. Die Antragsgegnerin hat das Master-Studium zum nächstmöglichen Zeitpunkt nach dem Bachelor-Abschluss begonnen.

Für einen sachlichen Zusammenhang muss es sich nicht um denselben Studiengang handeln. Ausreichend ist, dass es sich um verwandte bzw. gleichwertige Studiengänge handelt. Von der Gleichwertigkeit ist bereits dann auszugehen, wenn nach den Zulassungsregeln der Hochschule mit dem Bachelor-Abschluss das Master-Studium aufgenommen werden darf (vgl. OLG Brandenburg, NJW-RR 2011, 725, 727). Dies ist vorliegend der Fall. Die Antragsgegnerin ist von der […] mit ihrem Bachelor-Abschluss in Sinologie und Politologie zu dem Studium „Master of International Business" zugelassen worden. Der sachliche Zusammenhang ergibt sich dabei auch aus der vorgelegten Erklärung des Programmdirektors des Master-Studienganges vom 17.10.2011 (Bl. 72 d. A.), wonach sich das Master-Studium besonders an Absolventen der Sinologie richtet.

Tatsachen, aus denen sich die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Kosten ergeben könnte, sind nicht ersichtlich. ..."

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„... Verbleibender Gegenstand des Rechtsstreits ist alleine die Zahlungspflicht des Beklagten hinsichtlich des Krankenvorsorgeunterhalts, der bei dem Kind M in Form einer privaten Krankenversicherung besteht. Krankenvorsorgeunterhalt ist in den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle grundsätzlich nicht enthalten (vgl. unterhaltsrechtliche Leitlinien des OLG Koblenz Ziffer 11.1). Vielmehr sind für den Fall, dass eine beitragsfreie gesetzliche Krankenversicherung nicht besteht, von dem Unterhaltspflichtigen auch die Kosten für eine private Krankenversicherung zu entrichten.

Zwar besteht für den Sohn der Parteien M unstreitig die Möglichkeit, nach Rechtskraft der Scheidung in die gesetzliche Krankenversicherung der Klägerin zu wechseln und bei dieser beitragsfrei familienkrankenversichert zu sein. Auch könnte das Kind M nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten mit einem verminderten Beitrag im Rahmen einer freiwilligen gesetzlichen Versicherung krankenversichert sein.

Dennoch hat das Kind gegen den Beklagten einen Anspruch auf fortwährende Zahlung der Prämien für die bestehende private Krankenversicherung aus §§ 1601, 1610 BGB. Eine Pflicht des Kindes zum Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung besteht demgegenüber nicht.

Gemäß § 1610 Abs. 1 BGB bestimmt sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt). Während der angemessene Unterhalt von Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bewerten ist, richtet sich der angemessene Unterhalt des Kindes nach seiner unter Umständen wechselnden Lebensstellung. Minderjährige und in der Ausbildung befindliche Kinder leiten ihren angemessenen Lebensbedarf hierbei von den Eltern ab (Palandt/Diederichsen, § 1610 BGB RN. 2; OLG Naumburg FamRZ 2007, 1116).

Errechnet sich die Höhe des Barunterhaltes nach den Einkünften des barunterhaltspflichtigen Elternteils unter Berücksichtigung der Düsseldorfer Tabelle, sind in den danach zu ermittelnden Beträgen die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht enthalten (Unterhaltsrechtliche Leitlinien des OLG Koblenz Ziffer 11.1). Besteht demgemäß eine private Krankenversicherung des Kindes, ist neben dem Barunterhalt auch die Versicherungsprämie im Rahmen der Barunterhaltspflicht zu leisten.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist bei der Bestimmung der Krankenvorsorge nicht davon auszugehen, dass im Rahmen des Unterhaltes eine solche alleine in Form der gesetzlichen Krankenversicherung geschuldet ist. Weder § 1610 BGB noch die unterhaltsrechtlichen Leitlinien geben hierüber Aufschluss. Vielmehr regelt Ziffer 11.1 der Leitlinien des OLG Koblenz lediglich, dass die Krankenvorsorge in dem Tabellenunterhalt nicht enthalten ist. Weitere Erkenntnisse zur Form der Krankenvorsorge lassen sich hieraus nicht gewinnen.

Soweit in der Rechtssprechung hierzu Entscheidungen vorliegen, betrafen diese überwiegend Sachverhalte, in denen eine beitragsfreie Familienkrankenversicherung für die Kinder nicht möglich war, weil beispielsweise beide Elternteile privat krankenversichert waren. Hieraus lässt sich jedoch entgegen der Ansicht des Beklagten nicht zwingend der Schluss ziehen, dass ein Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung für das Kind dann notwendig ist, wenn ein solcher Wechsel überhaupt möglich ist. Eine solche pauschale Betrachtung lässt unberücksichtigt, dass sich der Unterhaltsbedarf eines Kindes gerade aus seiner Lebensstellung und derjenigen der Eltern ableitet. Dann aber muss anhand des Einzelfalles beurteilt werden, welche Form der Krankenvorsorge für das unterhaltsbedürftige Kind nach seiner konkreten Lebensstellung als angemessen zu bewerten ist.

Es verbleibt daher dabei, dass sich gemäß § 1610 Abs. 1 BGB der Umfang des zu leistenden Kindesunterhaltes und Krankenvorsorgeunterhaltes nicht pauschal bestimmen lässt, sondern nach seiner Lebensstellung bemisst. Diese wiederum leitet sich aus der Lebensstellung und den Einkünften der Eltern, insbesondere des barunterhaltspflichtigen Elternteils ab.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände besteht vorliegend ein Anspruch des Kindes M gegen den Beklagten auf Entrichtung der privaten Krankenversicherungsprämie in Höhe von derzeit 180,46 Euro monatlich. Denn das Bestehen einer privaten Krankenversicherung ist als angemessener Unterhalt des Kindes zu werten, § 1610 Abs. 1 BGB.

Beide Elternteile wie auch das Kind M waren während der bestehenden Ehe der Parteien privat krankenversichert. Die Parteien als Eltern von M bestimmten damit die private Krankenversicherung als dessen angemessene Krankenversorgung. Diesen Unterhaltsbedarf des Kindes, der bereits während der Ehe der Parteien bestand, muss der Beklagte auch nach der Trennung gegen sich geltend lassen.

Hierbei ist weiterhin zu berücksichtigen, dass sich das Kind unstreitig seit längerer Zeit in ärztlicher Behandlung bei Ärzten befindet, die alleine Privatpatienten behandeln. Ein Wechsel des Kindes in die gesetzliche Krankenversicherung würde dazu führen, dass auch die bereits begonnene ärztliche Behandlung wegen ADS abgebrochen und ggf. bei einem anderen Arzt fortgesetzt werden müsste. Im Hinblick darauf, dass eine ADS-Erkrankung auch einer psychischen Behandlung bedarf, ist das Vertrauensverhältnis des Kindes als Patient zu dem behandelnden Arzt als besonders gewichtig anzusehen. Ein Wechsel der Behandlungsperson würde für die Behandlung einen erheblichen Einschnitt bedeuten. Haben die Parteien als Eltern aber eine privatärztliche Behandlung des Kindes wie geschehen vorgesehen und begonnen, bestimmten sie diese Behandlungsmöglichkeiten für ihr Kind als angemessenen Krankenvorsorge und angemessenen Unterhalt, der auch nach Beendigung der Ehe der Parteien fortbestehen muss.

Dies gilt jedenfalls solange, wie sich die Einkommensverhältnisse der Eltern, die auch die Lebensstellung des Kindes prägen, nicht wesentlich ändern. Da jedoch auch der Beklagte als barunterhaltspflichtiger Elternteil privat krankenversichert ist und seine Einkünfte unstreitig jedenfalls 5000,- Euro übersteigen, besteht die gute Lebensstellung des Beklagten fort, der auch einen unveränderten Bestand der privaten Krankenversicherung des Kindes M rechtfertigt.

Eine Pflicht des Kindes M zum Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung ergibt sich auch nicht aus § 242 BGB. Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt auch bei bestehenden Unterhaltspflichten.

Eine solche Verpflichtung kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn durch einen Wechsel von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung die finanzielle Belastung des barunterhaltspflichtigen Elternteils gemindert werden kann (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 396). Besteht bereits ein Versicherungsschutz und ist dieser, wie oben dargelegt, als angemessener Unterhalt anzusehen, besteht eine Verpflichtung zum Wechsel der Krankenversicherung nur dann, wenn es sich bei der gesetzlichen Krankenversicherung um eine gleichwertige Versicherung handelt und dem Unterhaltsberechtigten durch den Wechsel der Versicherung keine Nachteile entstehen (OLG Düsseldorf a. a. O.; BGH FamRZ 1983, 576).

Danach besteht eine Verpflichtung des Kindes M. zum Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung nicht. Wie bereits dargelegt befindet sich das Kind bereits seit längerem in ärztlicher Behandlung bei Ärzten, die alleine Privatpatienten behandeln. Durch einen Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung müsste die Behandlung abgebrochen und ggf. bei einem anderen Arzt fortgesetzt werden. Hierdurch würden dem Kind M jedoch Nachteile entstehen. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit Bezug genommen.

Es verbleit daher dabei, dass die Klägerin von dem Beklagten die Begleichung der privaten Krankenversicherungsprämie verlangen kann. ..." (AG Mainz, Urteil vom 10.08.2009 - 31 F 61/08)

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An einer nicht kindeswohlgerechten Entscheidung zur Schul- und Berufsausbildung muss sich der barunterhaltspflichtige Elternteil auch festhalten lassen, wenn er an der Entscheidungsfindung vom betreuenden Elternteil infolge des fortbestehende Konflikts zwischen den Eltern nicht beteiligt worden ist (AG Landau (Pfalz), Urteil vom 09.07.2007 - 1 F 20/07).

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§ 1610 a Deckungsvermutung bei schadensbedingten Mehraufwendungen

Werden für Aufwendungen infolge eines Körper oder Gesundheitsschadens Sozialleistungen in Anspruch genommen, wird bei der Feststellung eines Unterhaltsanspruchs vermutet, dass die Kosten der Aufwendungen nicht geringer sind als die Höhe dieser Sozialleistungen.

§ 1611 Beschränkung oder Wegfall der Verpflichtung

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen unverheirateten Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

Leitsätze/Entscheidungen:

Eine schwere Verfehlung gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB kann regelmäßig nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Pflichtigen angenommen werden (im Anschluss an Senatsurteil vom 19. Mai 2004, XII ZR 304/02, FamRZ 2004, 1559). Ein vom unterhaltsberechtigten Elternteil ausgehender Kontaktabbruch stellt regelmäßig eine Verfehlung dar. Sie führt indes nur ausnahmsweise bei Vorliegen weiterer Umstände, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten auch als schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB erscheinen lassen, zur Verwirkung des Elternunterhalts (BGH, Beschluss vom 12.02.2014 - XII ZB 607/12):

„... a) Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht, wenn sich der Unterhaltsberechtigte vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat. Die Unterhaltspflicht entfällt vollständig, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten im Hinblick darauf grob unbillig wäre, § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB.

aa) Eine schwere Verfehlung gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB kann regelmäßig nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Pflichtigen angenommen werden. Als Begehungsformen kommen aktives Tun und Unterlassen in Betracht, letzteres allerdings nur, wenn der Berechtigte dadurch eine Rechtspflicht zum Handeln verletzt. Daher kann sich auch eine - durch Unterlassen herbeigeführte - Verletzung elterlicher Pflichten, wie etwa der Pflicht zu Beistand und Rücksicht im Sinne von § 1618 a BGB, der auch auf das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern Anwendung findet (Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1618 a Rn. 1), als Verfehlung gegen das Kind darstellen (Senatsurteile vom 15. September 2010 - XII ZR 148/09 - FamRZ 2010, 1888 Rn. 32 und vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559, 1560).

Eine ‚schwere Verfehlung' im vorgenannten Sinn ist nicht auf einzelne, schwerwiegende Übergriffe gegen den Unterhaltspflichtigen oder dessen nahe Angehörige beschränkt. Bereits in den Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuch wurde eingeräumt, dass erhebliche Gründe dafür sprechen, die Unterhaltspflicht in Fällen, in denen der Bedürftige durch unwürdiges Verhalten das Familienband zerrissen hat, nicht nur zu beschränken, sondern ganz wegfallen zu lassen (BT-Drucks. V/2370 S. 41). Ein solches Verhalten kann sich zum einen in einzelnen besonders schwerwiegenden Verfehlungen zeigen; eine schwere Verfehlung im Sinne des § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB kann sich zum anderen aber auch aus einer Gesamtschau des Verhaltens des Unterhaltsberechtigten ergeben. Selbst wenn die einzelnen Verfehlungen dabei nicht besonders schwer wiegen, kommt es maßgeblich darauf an, ob sie zusammengenommen zeigen, dass sich der Unterhaltsberechtigte in besonders vorzuwerfender Weise aus der familiären Solidarität gelöst und damit letztlich bezogen auf seine familiären Verpflichtungen eine schwere Verfehlung begangen hat.

bb) Eine vom Unterhaltsberechtigten ausgehende Kontaktverweigerung kann, wenn nicht weitere Umstände hinzutreten, nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen eine Verwirkung des Unterhalts gemäß § 1611 Abs. 1 BGB begründen.

Beim Kindesunterhalt vermag allerdings die Ablehnung jeder persönlichen Kontaktaufnahme zu dem unterhaltspflichtigen Elternteil durch das (volljährige) Kind allein oder auch in Verbindung mit unhöflichen und unangemessenen Äußerungen diesem gegenüber eine Herabsetzung oder den Ausschluss des Unterhalts nach § 1611 Abs. 1 BGB nicht zu rechtfertigen (Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - XII ZR 240/93 - FamRZ 1995, 475, 476). Beim Elternunterhalt kann eine Verwirkung demgegenüber dann gerechtfertigt sein, wenn der Elternteil sein Kind, das er später auf Elternunterhalt in Anspruch nimmt, schon im Kleinkindalter bei den Großeltern zurückgelassen und sich in der Folgezeit nicht mehr in nennenswertem Umfang um es gekümmert hat. Dann offenbart das Unterlassen des Elternteils einen so groben Mangel an elterlicher Verantwortung und menschlicher Rücksichtnahme, dass nach Abwägung aller Umstände von einer schweren Verfehlung ausgegangen werden kann (Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559, 1560).

b) Gemessen an den vorstehenden Anforderungen hält die Beschwerdeentscheidung den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand.

Zwar stellt der vom Tatrichter festgestellte, vom Vater des Antragsgegners ausgegangene Kontaktabbruch eine Verfehlung i.S.v. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB dar. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts handelt es sich indes nicht um eine schwere Verfehlung im Sinne dieser Vorschrift.

aa) Indem der Vater des Antragsgegners eine Beziehung zu seinem Sohn vermieden und dadurch den Antragsgegner nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts nachhaltig belastet hat, hat der Vater gegen seine Verpflichtung verstoßen, seinem Sohn beizustehen und auf seine Belange Rücksicht zu nehmen. Diese Verpflichtung hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1. Januar 1980 mit § 1618 a auch im Verhältnis zu volljährigen Kindern in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen (Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge vom 18. Juli 1979, BGBl. I 1061). Auch wenn diese Norm zu dem Zeitpunkt, als der Vater den Kontakt zum Antragsgegner im Jahr 1972 abgebrochen hatte, noch nicht galt, begründete sie jedenfalls für die Zeit ab 1980 das Eltern-Kind-Verhältnis prägende Rechtspflichten, deren künftige Verletzung unter den Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. BGB Bedeutung zukommt (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559, 1560).

Die in Form der Kontaktverweigerung begangene Verfehlung hat der Vater nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts noch dadurch dokumentiert, dass er seinen Sohn im Jahr 1998 enterbt hat. Die Errichtung dieses Testaments selbst stellt allerdings keine Verfehlung dar. Vielmehr hat der Vater lediglich von seinem Recht auf Testierfreiheit Gebrauch gemacht (vgl. §§ 2064 ff., 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Zu Recht hat das Beschwerdegericht darauf hingewiesen, dass dieses Verhalten des Vaters seinem Sohn gegenüber nicht durch die seinerzeit langjährig bestehenden Ehekonflikte relativiert wurde. Denn die persönlichen Konflikte haben unmittelbar nur die Eheleute betroffen und den Vater nicht dazu berechtigt, sich auch gegenüber seinem Sohn zurückzuziehen.

bb) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts handelt es sich jedoch nicht um eine schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB.

Zwar mag der Vater durch sein Verhalten das familiäre Band zu seinem Sohn aufgekündigt haben. Sein Verhalten offenbart jedoch nicht einen so groben Mangel an elterlicher Verantwortung und menschlicher Rücksichtnahme, dass von einer schweren Verfehlung ausgegangen werden könnte (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559, 1560 mwN). Denn bis zur Trennung der Eltern im Jahr 1971 und mithin in den ersten 18 Lebensjahren des Antragsgegners war der Vater Teil des Familienverbands und hat sich um den Antragsgegner gekümmert. Der Vater hat daher gerade in den regelmäßig eine besonders intensive elterliche Fürsorge erfordernden Lebensphasen seines Sohnes bis zum Erreichen der Volljährigkeit im Wesentlichen den aus seiner Elternstellung folgenden Rechtspflichten genügt. Als es im Jahr 1972 zum Kontaktabbruch kam, war der damals fast 19-jährige Antragsgegner zwar nach damaliger Rechtslage noch nicht volljährig, hatte jedoch bereits erfolgreich das Abitur abgelegt und damit eine gewisse Selbständigkeit erlangt. Das in die Zeit ab dem 19. Lebensjahr des Antragsgegners fallende Verhalten des Vaters stellt sich im Hinblick darauf nicht als eine schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB dar. Insoweit unterscheidet sich dieser Fall maßgeblich von der vom Senat im Jahr 2004 entschiedenen Konstellation, in der die (unterhaltsberechtigte) Mutter ihr Kind im Kleinkindalter verlassen hatte (Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559).

3. Danach ist der Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben, § 74 Abs. 5 FamFG. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG.

a) Der von der Antragstellerin geltend gemachte Unterhaltsanspruch aus übergegangenem Recht ist zwischen den Beteiligten dem Grunde und der Höhe nach unstreitig. Danach hat der Antragsgegner den vom Amtsgericht festgesetzten Betrag von 9.022,76 € zu zahlen.

b) Nach den weiteren, von Rechts wegen nicht zu beanstandenden und von dem Antragsgegner auch nicht angegriffenen Ausführungen des Beschwerdegerichts liegen die Voraussetzungen der übrigen Alternativen des § 1611 Abs. 1 Satz 1 BGB für eine Verwirkung des Unterhalts hier nicht vor. Der Vater des Antragsgegners ist mithin weder durch eigenes Verschulden bedürftig geworden, noch hat er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Antragsgegner gröblich verletzt.

c) Ebenso wenig steht § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII einem Anspruchsübergang auf die Antragstellerin entgegen.

Nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII geht der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch eines Sozialhilfeberechtigten bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII geht der Anspruch nicht über, soweit dies eine unbillige Härte bedeuten würde.

Die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Übergangs des Unterhaltsanspruchs (s. hierzu Senatsurteil vom 15. September 2010 - XII ZR 148/09 - FamRZ 2010, 1888 Rn. 44 ff. mwN) liegen ersichtlich nicht vor.

Soweit es die vom Antragsgegner geltend gemachte Verfehlung anbelangt, werden die entsprechenden Umstände abschließend von § 1611 BGB erfasst. Nach dem unstreitigen Sachverhalt sind auch keine sozialen Belange ersichtlich, die einen Übergang des Anspruchs nach öffentlich-rechtlichen Kriterien ausschließen könnten, wie sich nicht zuletzt auch aus dem Beschluss des Amtsgerichts ergibt. Weder hat der Antragsgegner seinen Vater betreut oder gepflegt, noch erscheint die Inanspruchnahme des Antragsgegners angesichts der festgestellten Einkommensverhältnisse unzumutbar, zumal die Unterhaltspflicht ohnehin zeitlich begrenzt ist. Schließlich sind auch keine Belange der Familie zu erkennen, die eine Heranziehung zum Unterhalt in Frage stellen könnten. ..."

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Der Unterhaltsberechtigte verliert den Ausbildungsunterhaltsanspruch gegenüber seinen Eltern nicht deshalb, weil er infolge einer Schwangerschaft und der anschließenden Kindesbetreuung seine Ausbildung verzögert beginnt. Das gilt jedenfalls insoweit, als der Unterhaltsberechtigte seine Ausbildung nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes - gegebenenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung einer angemessenen Übergangszeit - aufnimmt (BGH, Urteil vom 29.06.2011 - XII ZR 127/09 zu BGB §§ 1601, 1610, 1611, 1615 l; BAföG §§ 36, 37; ZPO § 265).

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Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB setzt die Verwirkung wegen einer schweren Verfehlung ein Verschulden des Unterhaltsberechtigten voraus. Es genügt nicht, wenn er in einem natürlichen Sinne vorsätzlich gehandelt hat. Eine Störung familiärer Beziehungen im Sinne des § 1611 BGB genügt grundsätzlich nicht, um eine unbillige Härte im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII zu begründen und damit einen Anspruchsübergang auf den Träger der Sozialhilfe auszuschließen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der nach § 1611 BGB zu beurteilende Le-benssachverhalt aus Sicht des Sozialhilferechts auch soziale Belange erfasst, die einen Übergang des Anspruches nach öffentlich-rechtlichen Kriterien aus-schließen (Klarstellung zum Senatsurteil vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - FamRZ 2004, 1097; BGH, Urteil vom 15.09.2010 - XII ZR 148/09 zu BGB §§ 242 Cc, 1611; SGB XII § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2).

*** (OLG)

Verschweigen eines Abbruchs der Ausbildung und Verwirkung (OLG Brandenburg, Beschluss vom 01.12.2021 - 13 UF 166/20)

„... I. 1. Die Antragsbeteiligten sind Vater und Sohn. Im Beschwerderechtszug streiten sie zuletzt noch über eine Verpflichtung des Antragstellers zur Zahlung von Ausbildungsunterhalt an den Antragsgegner im Zeitraum vom 01.03.2016 bis zum 31.08.2016 und vom 01.06.2017 bis zum 31.07.2018.

Mit Urkunde des Jugendamts des Landkreises …, Beurk.-Reg.-Nr. …, vom 08.01.2015 (Bl. 11) hat sich der Antragsteller unter Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung verpflichtet, ab 01.10.2014 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe unter Anrechnung des jeweiligen hälftigen Kindergelds zu zahlen. Durch Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 18.07.2017 - 6 F 646/15 - (Bl. 12) in Verbindung mit der Entscheidung des Senats vom 14.04.2020 - 13 UF 128/17- (Bl. 37) wurde dieser Titel für den - hier nicht verfahrensgegenständlichen - Zeitraum von Oktober 2015 bis November 2015 dahingehend abgeändert, dass der Antragsteller zur Zahlung von 105 % des Mindestunterhalts verpflichtet war.

Der seit dem 08.02.2016 volljährige Antragsgegner lebte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum im Haushalt seiner Mutter, die das staatliche Kindergeld für ihn bezog. Er beendete seine allgemeine Schulbildung im Sommer 2016 und nahm am 01.09.2016 eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker auf, die er am 20.06.2017 abbrach (Bl. 127). Von diesem Zeitpunkt bis zum 14.11.2017 ging er keiner Ausbildung nach. Vom 15.11.2017 bis zum 31.07.2018 absolvierte er einen von der Agentur für Arbeit in Zusammenarbeit mit dem Bildungsträger „Qualifizierungsverein …" durchgeführten Vollzeitlehrgang (Bl. 131) auf der Grundlage von §§ 51, 53 SGB III (Bl. 72), für den er eine Berufsbildungsbeihilfe in Höhe von monatlich 296,- € bezog (Bl. 132). Vom 01.03.2019 bis zum 31.08.2019 nahm er an einer Einstiegsqualifizierungsmaßnahme der IHK … nach § 54 a SGB III teil, für die er eine Vergütung in Höhe von monatlich 325,- € erhielt (Bl. 147), und begann am 01.09.2019 eine bedarfsdeckend entlohnte Berufsausbildung zum Verkäufer (Bl. 147). Aus dem Unterhaltstitel hat der Antragsgegner mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Zossen vom 30.01.2019 (Bl. 23ff.) Unterhalt für den Zeitraum vom 01.10.2015 bis zum 01.07.2018 in Höhe von insgesamt 5.019,86 € (Bl. 28) vollstreckt.

Der Antragsteller erzielte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ein Erwerbseinkommen aus vollschichtiger Tätigkeit als Angestellter in Höhe von monatlich 1.850,- € nach Abzug von Steuern und Sozialversicherung sowie Einnahmen aus Vermietung in Höhe von 40,- € monatlich (Bl. 121, 144). Weiter war er bis April 2019 (Bl. 159) als … tätig, wofür er eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 315,- € monatlich bezog (145). Der Antragsteller wohnte in einem in seinem Alleineigentum stehenden, abbezahlten Haus mit 135 qm Wohnfläche, an dem sein mit ihm darin lebender Vater ein dingliches Wohnrecht hat. Weiter bediente er Kreditverbindlichkeiten in Höhe von monatlich 44,- € (Bl. 121). Vom 01.02.2018 bis zum 31.07.2018 zahlte er monatlich 120,- € Trennungsunterhalt an die Mutter des Antragsgegners (Bl. 330). Über eine darüber hinaus gehende, zwischen dem Antragsteller und der Mutter des Antragsgegners streitige Verpflichtung zur Zahlung von Trennungsunterhalt hat der Senat im Beschwerderechtszug (13 UF 81/20) noch nicht entschieden. Der Antragsteller ist aufgrund der Entscheidung des Senats vom 14.04.2020 - 13 UF 128/17 - (Bl. 37) und des Beschlusses des Amtsgerichts Zossen vom 18.07.2017 (Bl. 12) seiner am 06.10.2000 geborenen Tochter P… W… ab Dezember 2015 zur Zahlung eines monatlichen Kindesunterhalts in Höhe von 110 % des Mindestunterhalts der dritten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle abzüglich des anrechenbaren Kindergelds verpflichtet, was im Jahr 2016 einem Zahlbetrag von monatlich 400,- € und in 2017 von monatlich 410,- € entsprach. Seit Dezember 2017 beansprucht P… keine Unterhaltszahlungen mehr vom Antragsteller (Bl. 336).

Die Mutter des Antragsgegners erzielte im Jahr 2016 ein Bruttoerwerbseinkommen in Höhe von 30.369 €, abzüglich Steuern und Sozialversicherung 21.632,- €, mithin monatlich 1.802,66 € (Bl. 159). Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 vom 22.02.2018 (Bl. 134) wurden ihr Fahrtkosten in Höhe von 1.518,- € sowie Fortbildungs- und weitere Werbungskosten in Höhe von 379,- € angerechnet und eine Steuererstattung in Höhe von 1.375,80 € festgesetzt. Sie hatte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Kapitalerträge in Höhe von 2,42 € monatlich.

2. Mit verfahrenseinleitendem Antrag vom 06.05.2020 (Bl. 6) hat der Antragsteller vorgetragen, seit dem 01.03.2016 habe der Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 18.07.2017 wegen der mit der Volljährigkeit des Antragsgegners einhergehenden Barunterhaltsverpflichtung beider Eltern nach Haftungsanteilen keinen vollstreckungsfähigen Inhalt mehr. Seit dem 01.06.2017 sei der Antragsgegner darüber hinaus verpflichtet, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, da er seine erste Ausbildung am 20.06.2017 grundlos abgebrochen (Bl. 10, 103, 106, 149) und nicht nahtlos daran anschließend eine weitere Ausbildung begonnen habe (Bl. 150). Der am 15.11.2017 aufgenommene Lehrgang sei nicht als Teil einer Ausbildung anzuerkennen. Mit der Ausbildung zum Verkäufer, die der Antragsgegner seit 01.09.2019 absolviere, hätte er bereits im Sommer 2017 beginnen müssen (Bl. 152). Infolge der Vollstreckung aus dem Titel trotz Nichtbestehens einer Unterhaltsberechtigung habe der Antragsgegner einen Unterhaltsanspruch verwirkt. Zur Höhe seines Einkommens hat der Antragsteller vorgetragen, die Aufwandsentschädigung aus seiner Tätigkeit als Gemeinderat sei unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen (Bl. 159). Sein Wohnvorteil sei wegen der Belastung der Immobilie mit einem Altenteil nur mit 600,- € zu bewerten (Bl. 160). Weiter hat er die Berücksichtigungsfähigkeit von Fahrtkosten als berufsbedingte Aufwendungen bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens der Mutter des Antragsgegners sowie einen Abzug von 77,- € wegen Schulden bestritten (Bl. 159). ...

Der Antragsgegner hat sich auf eine Unterhaltsberechtigung im titulierten Umfang bis zum 31.08.2019 berufen und vorgetragen, nur fälligen, noch nicht bezahlten rückständigen Unterhalt vollstreckt zu haben. Seine erste Ausbildung habe er mangels Eignung abbrechen müssen (Bl. 120). Die sich daran anschließenden Berufsbildungsmaßnahmen hätte er nicht früher antreten und, aufgrund der Beratung durch die Jugendberufsagentur …, ohne diese Maßnahmen keine zweite Ausbildung beginnen können, da bei ihm eine Entwicklungsverzögerung und ein komplexer Förderbedarf zur Erlangung der Ausbildungsreife festgestellt worden sei (Bl. 123, 187f.). Dem Einkommen des Antragstellers sei die Aufwandsentschädigung für die Tätigkeit als Gemeinderat sowie ein Wohnvorteil in Höhe von monatlich 1.000,- € anzurechnen (Bl. 121). Das Erwerbseinkommen seiner Mutter sei um monatliche Fahrtkosten mit dem PKW zur 22 km von der Wohnung entfernten Arbeitsstelle in Höhe von 250,80 € und um Aufwendungen für Schulden und Belastungen in Höhe von 77,- € monatlich zu bereinigen (Bl. 121).

Das Amtsgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung vom 30.09.2020 (Bl. 200) in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom 05.11.2020 (Bl. 242) die Vollstreckungsabwehranträge des Antragstellers abgewiesen. Weiter hat es ausgesprochen, dass der Antragsteller im Zeitraum vom 20.06.2017 bis zum 14.11.2017 (zwischen Abbruch der ersten Ausbildung und Aufnahme des Vollzeitlehrgangs) und dem Zeitraum zwischen dem 01.08.2018 bis zum 28.02.2019 (zwischen Ende des Vollzeitlehrgangs und Beginn der Einstiegsqualifizierungsmaßnahme) nicht zum Unterhalt verpflichtet sei, weil der Antragsgegner in diesen Zeiträumen keiner Ausbildung nachgegangen sei. Im Übrigen hat das Amtsgericht die Verpflichtung des Antragstellers zur Zahlung von Ausbildungsunterhalt bejaht und eine Abänderung der Höhe des titulierten Unterhalts unter Hinweis auf eine dem Antragsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast abgelehnt. Mit seiner Beschwerde vom 14.10.2020 (Bl. 219, 275) verfolgt der Antragsteller seine erstinstanzlich geltend gemachten Anträge unter Vertiefung seines bisherigen Vortrags weiter. ...

II. 1. a) Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässigen Beschwerden der Antragsbeteiligten sind jeweils im Umfang des Ausspruchs begründet. Soweit der Antragsteller die erstinstanzliche Abweisung seiner Vollstreckungsabwehranträge beanstandet, ist seine Beschwerde unbegründet.

Die Vollstreckungsabwehranträge sind unzulässig. Zwar steht der Zulässigkeit nicht entgegen, dass der Antragsteller in einem Verfahren des Amtsgerichts Zossen (6 F 646/15) identische Anträge erhoben und sodann deren Erledigung erklärt hat. Da Erledigungserklärungen der materiellen Rechtskraft nicht zugänglich sind (vgl. BGH NJW 1991, 2280; BeckOK ZPO/Jaspersen, 41. Ed. Stand 01.07.2021 § 91 a Rn. 36), steht der Zulässigkeit einer erneuten Antragstellung im hiesigen Verfahren eine anderweitige formelle oder materielle Rechtskraft nicht entgegen, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 322 Abs. 1 ZPO.

Die Vollstreckungsabwehranträge sind indes unzulässig, soweit der Antragsteller sich zur Begründung auf die Volljährigkeit, eine seitdem bestehende anteilige Barunterhaltspflicht beider Eltern nach Haftungsanteilen und eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Aufnahme einer bedarfsdeckenden Erwerbstätigkeit beruft. Der Wegfall der Minderjährigkeit führt nicht zur Unzulässigkeit der Vollstreckung aus einem - wie vorliegend - nicht auf den Zeitraum der Minderjährigkeit des Berechtigten begrenzten Unterhaltstitel, § 244 FamFG (Schlünder in BeckOK FamFG, Hahne/Schlögel/Schlünder, 40. Ed. Stand 01.10.2021, § 244 FamFG Rn. 5). Auch die weiteren Einwände des Antragstellers betreffen nicht die Vollstreckbarkeit, sondern den Unterhaltsanspruch als solchen und können daher nur im Wege der Titelabänderung geltend gemacht werden. Vollstreckungsabwehr kann gegenüber einem Unterhaltstitel in zulässiger Weise nur mit Umständen begründet werden, die sich gegen die Vollstreckbarkeit richten, wozu die anteilige Barunterhaltspflicht des anderen Elternteils und eine eigene Erwerbsobliegenheit des Titelgläubigers nicht zählen (BGH FamRZ 2011, 1041; Senat, Beschluss vom 14.04.2020, 13 UF 128/17; Klinkhammer in Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 10. Aufl. 2019, § 2 Rn. 478; Schmitz in Wendl/Dose, a. a. O., § 10 Rn. 152 ff.). Einwendungen gegen den Anspruch als solchen können nur im Wege der Abänderung geltend gemacht werden; ein Wahlrecht zwischen diesen beiden Verfahrensarten besteht nicht (Senat, a. a. O.; Klinkhammer in Wendl/Dose a. a. O.; Schmitz in Wendl/Dose a. a. O. Rn. 158).

b) Soweit der Antragsteller im Umfang der seit Eintritt der Volljährigkeit des Antragsgegners anzurechnenden zweiten Kindergeldhälfte Erfüllung des Unterhaltsanspruchs einwendet, ist ein Vollstreckungsabwehrantrag zwar zulässig, in der Sache indes unbegründet. Die Anrechenbarkeit des vollen Kindergelds mit Eintritt der Volljährigkeit führt nicht zur Erfüllung des titulierten Unterhalts (BGH FamRZ 2011, 1041; Senat, a. a. O.; Schmitz in Wendl/Dose a. a. O. § 10 Rn. 154). Die vom Antragsteller im hiesigen Verfahren herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.04.1977 (IV ZR 125/76, FamRZ 1977, 461) betrifft eine andere Fallkonstellation, in deren Folge - ausnahmsweise nach ergänzender Auslegung eines von den Verfahrensbeteiligten geschlossenen Vergleichs - eine Erfüllung des Unterhaltsanspruchs durch den Kindergeldbezug anerkannt wurde.

c) Der Antragsteller kann auch nicht erfolgreich eine Abwehr der Zwangsvollstreckung erreichen, soweit der Antragsgegner mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 30.01.2019 Unterhalt in einer Höhe vollstreckt hat, die über die geschuldeten Unterhaltsbeträge im verfahrensgegenständlichen Zeitraum, also bis zum 31.07.2018, hinausgeht. Zwar kann im Wege des Vollstreckungsabwehrantrags in zulässiger Weise die Erfüllung einer titulierten Forderung geltend gemacht werden (vgl. Schmitz in Wendl/Dose a. a. O. § 10 Rn. 154). Jedoch fehlt einer Abwehr der Zwangsvollstreckung wegen der bereits im Wege der Erfüllung untergegangenen Unterhaltsbeträge das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Vollstreckungsmaßnahmen wegen der verfahrensgegenständlichen Unterhaltsbeträge durch den Antragsgegner bereits erfolgreich vorgenommen worden sind. Wie der Antragsteller zuletzt vorträgt (Bl. 342), sind die aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Zossen vom 30.01.2019 zu vollstreckenden Beträge vom Arbeitgeber des Antragstellers einbehalten worden.

d) Umstände für eine der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Unterhaltstitel entgegen stehende Verwirkung - worauf die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung grundsätzlich gestützt werden kann (Schmitz in Wendl/Dose, a. a. O. § 10 Rn. 154) - hat der Antragsteller nicht hinreichend dargelegt.

Eine Beschränkung oder ein Wegfall der Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem volljährigen Kind kann nach § 1611 Abs. 1 BGB in Betracht kommen, wenn das Kind seine Bedürftigkeit durch sittliches Verschulden selbst verursacht hat, seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Verpflichteten verletzt oder sich einer schweren Verfehlung gegenüber dem Verpflichteten schuldig gemacht hat. Der Vortrag des Antragstellers, wonach der Antragsgegner den Antragsteller über den Ausbildungsabbruch, den Zeitraum bis zur Aufnahme der zweiten Ausbildung, den dazwischen liegenden Lehrgang und eine Erwerbstätigkeit ab 01.08.2018 verspätet in Kenntnis gesetzt habe (Bl. 344) ist zur Rechtfertigung einer Herabsetzung oder eines Wegfalls des Unterhaltsanspruchs nicht geeignet. Der - hier allein in Betracht kommende - Verwirkungsgrund der schweren Verfehlung setzt einen vorsätzlichen und schuldhaften Verstoß des Unterhaltsberechtigten gegen gewichtige, ihm auferlegte Pflichten und/oder Rechte des Unterhaltspflichtigen selbst voraus (BGH FamRZ 2010, 1888). Es genügt nicht jede Verfehlung, sondern es muss sich um eine schwerwiegende, tiefgreifende Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher oder persönlicher Belange des Unterhaltspflichtigen handeln (Reinken in BeckOK BGB, Hau/Poseck, 59. Ed. Stand 01.08.2021, § 1611 BGB Rn. 4). Das Unterlassen der Mitteilung eines Schulabbruchs eines Volljährigen gegenüber dem unterhaltsverpflichteten Elternteil kann eine vorsätzliche schwere Verfehlung im Sinne des §1611 Abs. 1 BGB darstellen mit der Folge einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs, wenn dieses Unterlassen den Unterhaltsverpflichteten dazu veranlasst hat, den zuvor gezahlten Unterhalt weiterhin an das Kind zu zahlen, obwohl er dazu nicht mehr verpflichtet war, und das Kind davon ausgehen musste, der Unterhaltsverpflichtete hätte zu Recht seine weiteren Zahlungen eingestellt, wenn er rechtzeitig über den Schulabbruch in Kenntnis gesetzt worden wäre (OLG Köln, FamRZ 2005, 301; Reinken a. a. O. § 1611 BGB Rn. 4). So liegt der Fall vorliegend aber nicht. Der Antragsteller hat den titulierten Unterhalt ab dem Zeitpunkt des Ausbildungsabbruchs des Antragsgegners, dem 20.06.2017, gerade nicht ununterbrochen weiterhin gezahlt, weil er auf das Andauern der Ausbildung des Antragsgegners vertraut hat. Vielmehr ist der Antragsteller nach seinem eigenen Vortrag (Bl. 10) vom Antragsgegner bereits am 22.07.2017 über den Abbruch der ersten Ausbildung in Kenntnis gesetzt worden.

e) Schließlich kann der Antragsteller die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung des Antragsgegners auch nicht erfolgreich auf unzulässige Rechtsausübung, § 242 BGB stützen. Sein Vortrag, der Antragsgegner habe im Parallelverfahren vor dem Amtsgericht Zossen ein ursprüngliches Abänderungsbegehren ausdrücklich für erledigt erklärt, vermag schon dem Grunde nach kein sogenanntes „venire contra factum proprium" zu rechtfertigen, da die Erledigungserklärungen - wie bereits oben unter 1. a) dargelegt - keine prozessuale Bindungswirkung entfalten (Schulz in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020 § 91 a ZPO Rn. 39). Insbesondere aber könnte eine Erklärung des Titelgläubigers, von einem Antrag auf Erhöhung des bestehenden Titels abzusehen, auch keinen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf den Verzicht auf eine weitere Vollstreckung aus dem Titel in seiner bisherigen Höhe begründen, so dass der Antragsteller für eine unzulässige Rechtsausübung schon keine hinreichenden Umstände vorträgt.

2. Die mit der Beschwerde hilfsweise beantragte Abänderung der Urkunde des Jugendamts vom 08.01.2015 ist für den Zeitraum vom 01.03.2016 bis zum 31.08.2016 im Umfang des Ausspruchs begründet. Da die Antragsbeteiligten übereinstimmend die Beendigung der allgemeinen Schulausbildung des Antragsgegners, die grundsätzlich mit dem Schuljahr endet, in dem der Schulabschluss erworben wird, (Klinkhammer in Wendl/Dose a. a. O. § 2 Rn. 588), auf den Sommer 2016 datieren, ist vom 31.08.2016 als Schuljahrsende auszugehen.

Die titulierte Unterhaltsverpflichtung in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle 2016 abzüglich des hälftigen Kindergelds, Zahlbetrag 421,- €, ist auf für den Zeitraum vom 01.03.2016 bis zum 31.08.2016 auf einen Unterhaltsbetrag in Höhe von monatlich 404,- € herabzusetzen.

Die Höhe des Unterhalts, den der Antragsteller dem in diesem Zeitraum gemäß § 1603 Abs. 2 BGB privilegiert unterhaltsberechtigten Antragsgegner schuldet, ist aufgrund des verfügbaren Einkommens des Antragstellers zu ermitteln, das sich aus dem Verhältnis des sogenannten notwendigen Selbstbehalts von 1.080 € bei privilegiert volljährigen Kindern (Ziffer 5. der Düsseldorfer Tabelle 2016, im Folgenden DT) übersteigenden unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens des Antragstellers im Verhältnis zu dem gleichermaßen zu ermittelnden Einkommen der Mutter des Antragsgegners (Ziffer 13.3 der Leitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, im Folgenden LL) ergibt (Wendtland in BeckOGK Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand 01.11.2021, § 1610 BGB Rn. 168).

Gegenüber einem auf die Volljährigkeit des Berechtigten gestützten Abänderungsbegehren eines Unterhaltsverpflichteten, der aufgrund eines Unterhaltstitels zur Zahlung von Tabellenminderjährigenunterhalt verpflichtet ist, ist der Berechtigte umfassend für das Fortbestehen seiner Bedürftigkeit und den Haftungsanteil des Verpflichteten, mithin für den Fortbestand des unbegrenzt titulierten Minderjährigenunterhalt darlegungs- und beweisbelastet (BGH FamRZ 2017, 370; Wendtland in BeckOGK BGB, a. a. O. § 1610 BGB Rn. 208; Meyer-Holz in Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020 § 238 Rn. 14, 90; Schmitz in Wendl/Dose, a. a. O. § 10 Rn. 247).

Bei der Ermittlung des verfügbaren Einkommens des Antragstellers ist dem Erwerbseinkommen aus unselbständiger Arbeit in Höhe von 1.850,- € monatlich nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben der Zufluss aus der Tätigkeit als Gemeinderat in Höhe von 315,- € monatlich hinzuzurechnen. Da es sich um eine regelmäßige Einnahme von Geldeswert handelt, die grundsätzlich unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen ist (Wendtland in BeckOGK BGB, a. a. O. § 1610 BGB Rn. 18.1), ist eine Aufwandsentschädigung eines Gemeindevertreters als Einkommen zu behandeln, soweit sie nicht durch einen konkreten Aufwand aufgezehrt wird (Dose in Wendl/Dose a. a. O. § 1 Rn. 154), wozu der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Antragsteller nichts im Einzelnen vorgetragen hat.

Anzurechnen ist weiter ein Betrag in Höhe von 40,- € monatlich für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und ein Betrag in Höhe von 600,- € für das Wohnen im eigenen Haus (vgl. Wendtland in BeckOGK BGB, a. a. O. § 1610 BGB Rn. 26). Von dem - im Wege der Schätzung nach §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 287 ZPO - zugrunde zu legenden objektiven Wohnwert von 7,50 €/qm (vgl. Mietspiegel Teltow 2018, https://www.teltow.de/fileadmin/user_uploadMietspiegel), mithin von einem Mietwert von 1.000,- €, ist zugunsten des Antragstellers ein im Wege der Schätzung (§ 287 ZPO) zu ermittelnder Abzug in Höhe von 400,- € wegen der Nießbrauchsbelastung abzusetzen.

Eine etwaige Verpflichtung des Antragstellers zur Zahlung von Trennungsunterhalt bleibt bei der Ermittlung des Bedarfs des Antragsgegners sowohl während der Zeit seiner allgemeinen Schulausbildung als auch danach außer Betracht. Da sowohl privilegierte als auch nachrangige Kindesunterhaltsverpflichtungen gegenüber gemeinsamen Kindern eheprägend sind (BGH FamRZ 1997, 1272; Viefhues in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, § 1361 BGB, Stand 31.08.2021, Rn. 241), ist bei der Bedarfsermittlung des Kindesunterhalts ein Trennungsunterhaltsanspruch nicht vorab abzusetzen.

Da der Antragsgegner gegen die Unterhaltsberechnung des Antragstellers im Übrigen nichts einwendet, ist für den Unterhaltszeitraum vom 01.03.2016 bis zum 31.08.2016 von folgender Berechnung auszugehen:
...

Die in Höhe von 4.367,75 € den Tabellenbedarf des Antragsgegners bestimmende Summe der zusammengerechneten Einkommen seiner Eltern (2.652,75 € + 1.715,- €) führt zu einem Bedarf von 595,- € nach der 4. Altersstufe der 9. Einkommensgruppe der DT 2016, bereinigt um das anzurechnende volle Kindergeld.

Aus der Differenz zwischen dem Selbstbehalt von 1.080,- € und dem jeweiligen unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen errechnet sich ein verfügbares Einkommen der Eltern des Antragsgegners in Höhe von 1.572,75 € für den Antragsteller (2.652,75 € minus 1.080,- €) und in Höhe von 635,- € für die Mutter des Antragsgegners (1.715,- € minus 1.080,- €). Dem entspricht eine Haftungsquote des Antragstellers von 71 %, so dass sich eine Unterhaltsverpflichtung von 422,45 € errechnet (595,- € x 71 %). Da ein Elternteil aber höchstens den Unterhalt zu leisten hat, der sich bei Zugrundelegung seiner alleinigen Barunterhaltspflicht aus der Tabelle ergeben würde (BGH FamRZ 2006, 99; Klinkhammer in Wendl/Dose a. a. O. § 2 Rn. 523), besteht vorliegend bei einem Tabellenunterhalt nach der 4. Einkommensgruppe der DT eine Unterhaltspflicht des Antragstellers nur in Höhe von 404,- € (4. Altersstufe der 4. Einkommensgruppe der DT abzüglich des vollen Kindergelds).

Eine weitere Herabsetzung des bis zum 31.08.2016 geschuldeten Barunterhalts kommt nicht in Betracht, da der Antragsteller zur Zahlung des Unterhaltsbetrags von 404,- € auch unter Berücksichtigung der gegenüber seiner minderjährigen, dem Antragsgegner gleichrangigen Tochter bestehenden Barunterhaltspflicht in Höhe von 400,- € ohne Unterschreitung seines Selbstbehalts von 1.080,- € zu zahlen in der Lage bleibt und der Unterhaltsanspruch der Mutter des Antragsgegners gegenüber diesen Kindesunterhaltsverpflichtungen nachrangig (§ 1609 Nr. 1 BGB) und daher bei der Leistungsfähigkeit des Antragstellers hier nicht zu berücksichtigen ist (vgl. Klinkhammer in Wendl/Dose a. a. O. § 2 Rn. 263).

3. a) Die Beschwerde des Antragstellers hat weiter teilweise Erfolg, soweit der Antragsteller für den Zeitraum vom 01.06.2017 bis zum 25.06.2017 und vom 15.11.2017 bis zum 31.07.2018 eine Herabsetzung des vollstreckbaren monatlichen Unterhaltsbetrags in Höhe von 431,- € im Jahr 2017 (527,- € minus 96,- € hälftiges Kindergeld) und in Höhe von 430,- € im Jahr 2018 (527,- € minus 97,- € hälftiges Kindergeld) im Umfang des Ausspruchs verlangen kann.

In diesem Umfang ist auch die Beschwerde des Antragsgegners erfolgreich, mit der er das Fortbestehen seiner Unterhaltsberechtigung während des Zeitraums vom 20.06.2017 bis zum 15.11.2017 - zwischen Abbruch der Ausbildung und Beginn des Vollzeitlehrgangs - geltend macht.

Anders als der Antragsteller meint, kommt ein Wegfall des Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt des Antragsgegners für den Zeitraum vom 01.06.2017 bis zum 31.07.2018 nicht in Betracht. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegner hat den Fortbestand seiner Unterhaltsberechtigung ab dem 01.06.2017 bis zur Beendigung des am 15.11.2017 beginnenden, bis zum 31.07.2018 andauernden Vollzeitlehrgangs durch seinen Vortrag, in diesem Zeitraum einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf nachzugehen (§ 1610 Abs. 2 BGB), substantiiert dargelegt, ohne dass dem der Antragsteller in der Folge in erheblicher Weise entgegen getreten ist.

Der Abbruch der ersten Ausbildung am 20.06.2017 führt nicht zum Wegfall der Unterhaltsberechtigung. Eltern schulden im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ihren Kindern nach § 1610 Abs. 2 BGB eine optimale begabungsbezogene Berufsausbildung, mithin eine Ausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten, nicht nur vorübergehenden Neigungen des einzelnen Kindes am besten entspricht (BGH NJW-RR 2000, 593). Wegen des Gegenseitigkeitsprinzips (§ 1618 a BGB) steht dem Anspruch des Kindes auf Finanzierung einer seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechende Berufsausbildung durch seine Eltern aber die Obliegenheit gegenüber, die Ausbildung mit Fleiß und gebotener Zielstrebigkeit in angemessener Zeit zu beenden (BGH NJW 1998, 1555; OLG Karlsruhe NJW 2012 1599; Wendtland in BeckOGK BGB, a. a. O. § 1610 BGB Rn. 70). Dabei müssen die unterhaltsverpflichteten Eltern allerdings nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gewisse, auf vorübergehendem leichterem Versagen beruhende Ausbildungsverzögerungen des Kindes hinnehmen. Jedem jungen Menschen ist grundsätzlich zuzubilligen, dass er sich über seine Fähigkeiten irrt, falsche Vorstellungen über den gewählten Beruf hat oder mit der Ausbildung aus anderen Gründen nicht klarkommt (OLG Jena, NJOZ 2005, 2967; Wendtland in BeckOGK BGB, a. a. O. § 1610 BGB Rn. 74).

Den Einwand des Antragstellers, der Antragsgegner habe die erste Ausbildung grundlos und mutwillig abgebrochen, hat der Antragsgegner durch den Hinweis auf eine bei ihm bestehende Entwicklungsverzögerung, deretwegen er mit den technischen Anforderungen der Ausbildung zum Mechatroniker überfordert war und zur Erlangung der Ausbildungsreife einen 8,5 Monate andauernden Vollzeitlehrgang durchlaufen musste, erfolgreich entkräftet. Die Notwendigkeit, vor der erfolgreichen Absolvierung einer Ausbildung einen berufsvorbereitenden Vollzeitlehrgang zur Erlangung der Ausbildungsreife zu absolvieren, hat der Antragsgegner mit dem Hinweis auf die Beratung durch die Jugendberufsagentur des Jobcenters …, nach der der Antragsgegner für eine übliche Ausbildung nicht geeignet war, sondern einer besonderen Förderung zum Zweck der Erlangung der Berufsbildungsreife bedurfte, hinreichend dargelegt, ohne dass dem der Antragsteller in der Folge noch substantiiert entgegengetreten ist. Dem Antragsteller ist die Zahlung von Ausbildungsunterhalt während der Dauer des berufsbildenden Lehrgangs vom 15.11.2017 bis zum 31.07.2018 insbesondere auch deswegen zuzumuten, weil der Antragsgegner in diesem Zeitraum durch ein eigenes Einkommen seinen Bedarf zum Teil selbst erwirtschaftet hat.

Während des Zeitraums zwischen dem Abbruch der Ausbildung am 20.06.2017 und dem Beginn der berufsvorbereitenden Maßnahme am 15.11.2017 besteht die Unterhaltsberechtigung fort, da dem Antragsgegner dieser Zeitraum als Orientierungsphase zuzubilligen ist (vgl. Wendtland in BeckOGK BGB, a. a. O. § 1610 BGB Rn. 74.2). Nachdem der Antragsgegner die erste Ausbildung bereits nach neun Monaten abgebrochen hat, war ihm zuzugestehen, sich im Anschluss daran über einen Zeitraum von vier Monaten hinweg unter Zuhilfenahme der Beratung der Jugendberufsagentur des Jobcenters zu überlegen, auf welche Weise er seine Berufsbildung vorantreibt, so dass den Antragsgegner während dieses Zeitraums keine Verpflichtung zu einer Erwerbstätigkeit traf.

b) Für den Zeitraum zwischen Abbruch der Ausbildung am 20.06.2017 und Aufnahme des Vollzeitlehrgangs am 15.11.2017 ist der Antragsgegner zur Zahlung eines Unterhaltsbetrags in Höhe von 388,- € monatlich verpflichtet.

Ausgehend von dem - für das Jahr 2017 fortzuschreibenden - unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen des Antragstellers von 2.652,75 € und der Mutter des Antragsgegners von 1.715,- € ist bei der Bedarfsermittlung der vorrangige Unterhaltsanspruch der minderjährigen Tochter P. des Antragstellers in Höhe von 410,- € abzusetzen, da der Antragsgegner als nicht privilegiert Volljähriger dem Kindesunterhalt seiner Schwester im Rang nachgeht, § 1609 BGB (vgl. Klinkhammer in Wendl/Dose, a. a. O. § 2 Rn. 556). Es ist somit von einem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen des Antragstellers in Höhe von 2.242,75 € auszugehen (2.652,75 € minus 410,- €). Bei einem zusammenzurechnenden Einkommen der Eltern des Antragsgegners von 3.957,75 € (2.242,75 € + 1.715,- €) ergibt sich ein Bedarf des Antragsgegners in Höhe von 567,- € (8. Einkommensgruppe der 4. Altersstufe der DT abzüglich des vollen Kindergelds).

Unter Zugrundelegung des sogenannten angemessenen Selbstbehalts bei nicht privilegierten volljährigen Kindern (vgl. Wendtland BeckOGK BGB, a. a. O. § 1610 BGB Rn. 169), der in den Jahren 2017 und 2018 jeweils bei 1.300,- € lag (Anm. 5 DT), errechnet sich für den Antragsteller ein verfügbares Einkommen von 942,75 (2.242,- € minus 1.300,- €) und für die Mutter des Antragsgegners in Höhe von 415,- € (1.715,- € minus 1.300,- €). Dies entspricht einer Haftungsquote des Antragstellers von 69 %, mithin einer Unterhaltsverpflichtung in Höhe von 391,- € (567,- € x 69 %). Da der Antragsteller bei einer alleinigen Barunterhaltsverpflichtung gegenüber dem Antragsgegner Tabellenunterhalt in Höhe von 388,- € schulden würde (3. Einkommensgruppe der 4. Altersstufe der DT abzüglich des vollen Kindergelds), ist er nur zur Zahlung eines Unterhalts in Höhe von 388,- € verpflichtet.

c) Ab dem 15.11.2017 bis zum 31.07.2018 ist die Berufsbildungsbeihilfe, die der Antragsgegner in Höhe von monatlich 296,- € erlangt hat, bedarfsdeckend anzurechnen (vgl. Ziffer 13.2 LL). Für die zweite Monatshälfte des Novembers 2017 errechnet sich daher der Unterhaltsbetrag unter Berücksichtigung einer Berufsbildungsbeihilfe in Höhe von 148,- € (1/2 von 296,- €) wie folgt: Von dem eine Monatshälfte umfassenden Bedarf von 283,50 € (1/2 von 567,- €) verbleibt nach Abzug von 148,- € ein ungedeckter Bedarf in Höhe von 135,50 €, für den der Antragsteller zu 69 % haftet, mithin in Höhe von 93,50 €. Für den Monat November 2017 errechnet sich mithin ein Unterhaltsbetrag in Höhe von 194,- € (1/2 von 388,- € für die erste Monatshälfte) plus 93,50,- € (Haftungsanteil für die zweite Monatshälfte), insgesamt 287,50 €. Da der Antragsteller ab Dezember 2017 keinen Unterhalt mehr zugunsten seiner Tochter P. entrichtet hat, ist für den Zeitraum von 01.12.2017 bis zum 31.07.2018 ein geschuldeter Kindesunterhalt nicht bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs des Antragsgegners zu berücksichtigen. Der darüber hinaus vom Antragsteller seit Januar 2018 gezahlte Trennungsunterhalt in Höhe von 120,- € bleibt bei der Bedarfsermittlung des Ausbildungsunterhalts ebenfalls unberücksichtigt, zumal der Antragsteller zur Zahlung beider Unterhaltsbeträge ohne Tangierung seines Selbstbehalts in der Lage bleibt. Ab Dezember 2017 errechnet sich der Unterhalt wie folgt:

Die in Höhe von 4.367,75 € den Tabellenbedarf des Antragsgegners bestimmende Summe der zusammengerechneten Einkommen seiner Eltern (2.652,75 € + 1.715,- €) führt zu einem Tabellenbedarf von 610,- € nach der 4. Altersstufe der 9. Einkommensgruppe der DT 2017 und von 565,- € nach der 4. Altersstufe der DT 2018 im Jahr 2018, jeweils bereinigt um das anzurechnende volle Kindergeld. Abzüglich der monatlichen Ausbildungsbeihilfe in Höhe von 296,- € verbleibt im Dezember 2017 ein ungedeckter Bedarf in Höhe von 314,- € (610,- € minus 296,- €) und ab Januar 2018 in Höhe von 269,- € (565,- € minus 296,- €).

Das aus der Differenz zwischen dem Selbstbehalt von 1.300,- € und dem jeweiligen unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen ermittelte verfügbare Einkommen des Antragstellers beträgt 1.352,75 € (2.652,75 € minus 1.300,- € = 1.352,75 €), und das der Mutter des Antragsgegners beträgt 415,- € (1.715,- € minus 1.300,- € = 415,- €), woraus sich für den Antragsteller eine Haftungsquote von 76,5 % errechnet. Für Dezember 2017 ergibt sich mithin ein Barunterhalt in Höhe von 240,21 € (314,- € x 76,5 %) und ab Januar 2018 monatlich gerundet 206,- € (269,- € x 76,5 %). Bei alleiniger Barunterhaltspflicht ergäbe sich im Jahr 2017 ein Tabellenbedarf des Antragsgegners in Höhe von 415,- € (4. Einkommensgruppe DT 2017) und im Jahr 2018 in Höhe von 386,- € (3. Einkommensgruppe DT 2018), was nach Anrechnung der Ausbildungsbeihilfe zu einem verbleibenden ungedeckten Bedarf im Dezember 2017 in Höhe von 119,- € (415,- € minus 296,- €) und ab Januar 2018 in Höhe von 90,- € (386,- € minus 296,- €) führt, den zu zahlen der Antragsteller mithin verpflichtet ist.

III. 1. Die Entscheidungen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge beruhen jeweils auf § 243 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 FamFG und entsprechen dem jeweiligen Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Antragsbeteiligten. Soweit der Antragsgegner die vom Antragsteller beantragte Herabsetzung des Unterhaltstitels auf Null ab dem 01.08.2018 mit Schriftsatz vom 27.09.2021 (Bl. 336) anerkennt, ist dies als Erledigungserklärung zu werten (vgl. Zöller/Althammer a. a.O., § 91 a ZPO Rn. 10). Da der Antragsteller mit Schriftsatz vom 15.10.2021 (Bl. 341) seine Anträge in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, soweit es den Unterhalt ab dem 01.08.2018 betrifft, und es auf die Reihenfolge übereinstimmender Erledigungserklärungen nicht ankommt (MüKoZPO/Schulz, 6. Aufl. § 91 a ZPO Rn. 32 m. w. N.), ist angesichts des Wegfalls des Verfahrensgegenstands in diesem Umfang nur noch über die Kosten des Verfahrens beider Instanzen insoweit gemäß § 243 Satz 1, 2 Nr. 1 FamFG unter Berücksichtigung des zu erwartenden Obsiegens und Unterliegens zu entscheiden, § 91 a ZPO. Da die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Herabsetzung des titulierten Unterhalts auf Null für den Zeitraum vom 01.08.2018 bis zum 31.08.2019 wegen seiner bedarfsdeckenden Erwerbstätigkeit und ab 01.03.2019 wegen der Vergütung der Einstiegsqualifizierungsmaßnahme in Höhe von 325,- € voraussichtlich ohne Erfolg geblieben wäre, sind dem Antragsgegner insoweit die Kosten des Verfahrens beider Instanzen vollumfänglich aufzuerlegen.

Bei der Ermittlung der Kostenquote des ersten Rechtszugs sind die wertbestimmenden Beträge der Abänderungsanträge des Antragstellers zugrunde zulegen, da sie gegenüber den jeweils denselben Verfahrensgegenstand betreffenden Vollstreckungsabwehranträgen die höheren Werte haben, § 39 Abs. 1 Satz 2, 3 FamGKG. Sämtliche Abänderungsanträge betreffen Unterhaltsforderungen aus der Zeit vor der erstinstanzlichen Antragstellung, so dass die Wertermittlung § 51 Abs. 2 FamGKG folgt. Da der Wegfall der Unterhaltsberechtigung des Antragsgegners ab dem 01.09.2019 außer Streit stand, sind die wertbestimmenden Unterhaltsbeträge für die Zeiträume vom 01.03.2016 bis zum 31.08.2016 sowie vom 01.06.2017 bis zum 31.08.2019 maßgeblich. Ausgehend von einem Abänderungsinteresse des Antragstellers in Höhe von 13.110,- € und einem - dem Ausspruch der Beschwerdeentscheidung folgenden - Unterliegen in Höhe von 4.374,50 €, nämlich in Höhe der Unterhaltsverpflichtung für 6 Monate (01.03.2016 bis 31.08.2016) von 233,- € (Differenz zwischen 404,- € und 171,- €) = 1.398,- €, zuzüglich des für den Zeitraum vom 01.06.2017 bis zum 31.07.2018 geschuldeten Unterhalts in Höhe von 2.976,- € (5 Monate x 388,- € plus 287,50 € plus 119,- € plus 7 Monate x 90,- €) errechnet sich ein Unterliegen von 33 %.

Bei der Ermittlung der Kostenquote des Beschwerderechtszugs ist das Beschwerdeinteresse des Antragstellers in Höhe von 7.204,- € (6 Monate vom 01.03.2016 bis 31.08.2016 in Höhe von 1.398,- € plus Zeitraum vom 15.11.2017 bis 31.07.2018 in Höhe von 3.656,50 € (1/2 x 431,- € für November 2017, 431,- € für Dezember 2017, 430,- € x 7 für Januar bis Juli 2018) plus Zeitraum vom 01.03.2019 bis 31.08.2019 in Höhe von 2.150,- € (5 Monate x 430,- €) zugrunde zu legen. Unter Hinzurechnung des Beschwerdeinteresses des Antragsgegners in Höhe von 5.165,- € (5 Monate x 431,- € plus 7 Monate x 430,- €) ergibt sich für den Antragsteller ein Maß des Unterliegens von insgesamt 6.602,- € (4.374,- € = seine eigene Beschwerde; 2.227,50 = Beschwerde des Antragsgegners), da der Antragsgegner mit seiner Beschwerde im Umfang von 2.227,50 € (5 Monate x 388,- € plus 287,50 €) obsiegt. Das Maß des Unterliegens des Antragsgegners entspricht einer Quote von 53 %.

2. Die Wertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren beruht auf §§ 55 Abs. 3 Ziffer 2, 39 Abs. 1, 51 Abs. 2 FamGKG und für den Beschwerderechtszug auf §§ 55 Abs. 2, 39 Abs. 2, 51 Abs. 2 FamGKG. Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, §§ 70 Abs. 2 FamFG. ..."

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1. Der Umstand, dass ein Elternteil dem volljährigen, privilegierten und unterhaltsberechtigten Kind ein dingliches Wohnrecht an dem von beiden bewohnten Familienheim einräumt, führt nicht dazu, dass deshalb die gesteigerte Unterhaltsobliegenheit des anderen Elternteils nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB entfiele, weil das unterhaltsberechtigte Kind nicht mehr "im Haushalt eines Elternteils" (im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) lebt.
2. Zur fiktiven Zurechnung von Vermögen - Ertrag und Stamm - beim Unterhaltsberechtigten.
3a. Dem gesteigert Unterhaltspflichtigen sind Einkünfte aus einer Nebentätigkeit jedenfalls dann nicht fiktiv zuzurechnen, wenn ihm bereits die Einkünfte aus einer ausbildungs- und fähigkeitsgerechten Vollzeiterwerbstätigkeit zugerechnet werden, kein Mangelfall vorliegt und Unterhalt oberhalb des Mindestunterhalts geschuldet ist.
3b. Zur "logischen Folgerichtigkeit" bei der Zurechnung fiktiver Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, wenn der Unterhaltspflichtige in dem Unterhaltszeitraum, für den ihm Erwerbseinkünfte fiktiv zugerechnet werden, für einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt.
3c. Bei der Unterhaltsbemessung ist bei einem Unterhaltspflichtigen, dem bereits fiktiv Einkünfte aus einer ausbildungs- und fähigkeitsgerechten Vollzeiterwerbstätigkeit zugerechnet werden, die zu einer Unterhaltsverpflichtung oberhalb des Mindestunterhalts führen, zwar der Zinsertrag, aber nicht das Kapital der von einem früheren Arbeitgeber für den Verlust des bisherigen Arbeitsplatzes gezahlten Abfindung zu berücksichtigen, weil der Abfindung in diesem Fall unterhaltsrechtlich keine Lohnersatzfunktion zukommt.
4. Zu den Rücksichtnahmepflichten im wirtschaftlichen Bereich im Eltern-Kind-Verhältnis.
5a. Zur Verwirkung des Unterhaltsanspruchs eines volljährigen, privilegierten Kindes, das ein ihm zur Deckung des eigenen Unterhaltsbedarfs zugewandtes, nicht unerhebliches Vermögen dazu einsetzt, ein dingliches Wohnrecht in dem Familienheim zu erwerben, das er mit dem ihn während der Minderjährigkeit betreuenden Elternteil bewohnt.
5b. Bei der Billigkeitsabwägung im Rahmen der Unterhaltsverwirkung nach § 1611 BGB ist der Umstand, dass das unterhaltsberechtigte, volljährige Kind sich noch in der allgemeinen Schulausbildung befindet, besonders zu berücksichtigen (KG Berlin, Beschluss vom 27.01.2016 - 13 UF 234/14)

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Berufsorientierungsjahr und Ausbildungsunterhalt (OLG Köln, Beschluss vom 20.04.2012 - 25 WF 64/12):

„... I. Die Antragstellerin ist die am x. März 1992 geborene, im Haushalt der Mutter lebende Tochter des Antragsgegners. Sie hat die Realschule im Schuljahr 2009/2010 ohne Abschluss verlassen und besucht seit dem 7. September 2011 das Städtische Berufskolleg für Technik, Hauswirtschaft und Sozialpädagogik in M.; dort leistet sie ein Berufsorientierungsjahr in der Fachrichtung Ernährung und Hauswirtschaft, Körperpflege, Soziales ab. Der Antragsgegner bezieht Renteneinkünfte in Höhe von jedenfalls 1.247,87 €. Die Mutter der Antragstellerin ist mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt und verdient brutto 723,05 €.

Die Antragstellerin beabsichtigt, den Antragsgegner auf Unterhalt für die Zeit des Berufsorientierungsjahres in Anspruch zu nehmen und begehrt hierfür Verfahrenskostenhilfe. Sie vertritt die Auffassung, sie befinde sich in der allgemeinen Schulausbildung im Sinne von § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB. Der Selbstbehalt des Antragsgegners sei daher mit 770,-- € anzusetzen, weshalb er für den geforderten Unterhaltsbetrag (Mindestunterhalt) leistungsfähig sei.

Der Antragsgegner tritt dem insbesondere im Hinblick auf die Frage der allgemeinen Schulausbildung entgegen. Darüber hinaus meint er, ein eventuell bestehender Unterhaltsanspruch sei verwirkt. Jedenfalls aber sei die Kindesmutter gleichfalls zum Barunterhalt heranzuziehen.

Das Amtsgericht - Familiengericht -, auf dessen Entscheidung wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Antragstellerin die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe verweigert und zur Begründung ausgeführt, die Teilnahme am Berufsorientierungsjahr erfülle nicht die Anforderungen, die an den Begriff der allgemeinen Schulausbildung im Sinne des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB zu stellen sei.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, der das Amtsgericht - Familiengericht - mit Beschluss vom 8. März 2012 nicht abgeholfen hat.

Die Beteiligten hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.

II. Die gemäß §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 127 Abs. 2 S. 2, 567 ff. ZPO an sich statthafte, rechtzeitig innerhalb der Frist des § 127 Abs. 3 S. 3 ZPO eingelegte und damit insgesamt zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Leverkusen vom 7. Februar 2012 (31 F 384/11) hat auch in der Sache Erfolg. Das Amtsgericht hat der Antragstellerin die begehrte Verfahrenskostenhilfe mit Erwägungen verweigert, die der Senat nicht zu teilen vermag.

1. Die unverheiratete, volljährige, im Haushalt ihrer Mutter lebende Antragstellerin befindet sich - im Gegensatz zur Rechtsmeinung des Amtsgerichts - noch in allgemeiner Schulausbildung im Sinne von § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB.

Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend geht das Amtsgericht allerdings davon aus, dass der Begriff der ‚allgemeinen Schulausbildung' in § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB in drei Richtungen einzugrenzen ist, nämlich nach dem Ausbildungsziel, der zeitlichen Beanspruchung des Schülers und der Organisationsstruktur der Schule. Ziel des Schulbesuchs muss der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses als Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder den Besuch einer Hochschule oder Fachschule sein. Diese Voraussetzung ist beim Besuch der Hauptschule, der Gesamtschule, der Realschule, des Gymnasiums und der Fachoberschule immer erfüllt. Anders zu beurteilen ist der Besuch einer Schule, die neben allgemeinen Ausbildungsinhalten bereits eine auf ein konkretes Berufsbild bezogene Ausbildung vermittelt. Auf die Rechtsform der Schule kommt es dagegen nicht an. Einer Schulausbildung steht es daher gleich, wenn ein Kind, ohne einen Beruf auszuüben, allgemeinbildenden Schulunterricht in Form von Privat- und Abendkursen erhält, der diesem Ziel dient, eine staatlich anerkannte allgemeine Schulabschlussprüfung abzulegen (BGH FamRZ 2001, 1068 - zitiert nach Juris; SenE v. 17.05.2002 - 25 UF 269/01 = FamRZ 2003, 179 [L] - zitiert nach Juris; Wendl/Dose-Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage 2011, § 2 Rz. 584). Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist danach, ob die Ausbildung bereits auf eine bestimmte Berufstätigkeit vorbereitet, oder ob dem Absolventen nach Durchlaufen der Ausbildung und Erwerb des Abschlusses noch mehrere Berufsfelder offen stehen.

Gemessen hieran ist das von der Antragstellerin absolvierte Berufsorientierungsjahr als ‚allgemeine Schulausbildung' im Sinne von § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB anzusprechen. Ausweislich einer Information des Schulministeriums NRW (www.berufsbildung.nrw.de) dient das Berufsorientierungsjahr der Vorbereitung auf die Aufnahme einer Berufsausbildung und vermittelt Kenntnisse und Fertigkeiten aus mehreren Berufsfeldern. Der Erwerb des Hauptschulabschlusses wird ermöglicht. Die Schülerinnen und Schüler, die - wie hier die Antragstellerin - nicht in einem Berufsausbildungsverhältnis stehen, erhalten ein Abschlusszeugnis, wenn sie die Leistungsanforderungen erfüllt haben. Mit dem Abschlusszeugnis erwerben die Schülerinnen und Schüler (scil.: automatisch) den Hauptschulabschluss, wenn sie in den Fächern Deutsch/Kommunikation, Politik/Gesellschaftslehre, Mathematik sowie in einem der Fächer Naturwissenschaft oder Englisch mindestens ausreichende Leistungen erzielt und eine Durchschnittsnote von mindestens 4,0 in allen Fächern der Stundentafel erreicht haben. Hieraus wird deutlich, dass das erfolgreiche Durchlaufen des Berufsorientierungsjahres - das angesichts der bislang gezeigten Leistungen der Antragstellerin durchaus erwartet werden darf - die Antragstellerin noch nicht konkret auf ein bestimmtes Berufsziel (hier: aus dem - für sich genommen bereits recht weitgefächerten - Bereich Ernährung und Hauswirtschaft, Körperpflege, Soziales) hin qualifiziert; vielmehr stehen der Antragstellerin nach dem - automatisch mit ausreichenden Leistungen in den genannten Fächern verbundenen - Erwerb des Hauptschulabschlusses weitere, mit den genannten Berufsfeldern u.U. gar nicht in Zusammenhang stehende Ausbildungsberufe oder aber auch eine schulische Weiterqualifizierung offen.

Auch die weiteren von der Rechtsprechung für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der ‚allgemeinen Berufsausbildung' im Sinne des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB verlangten Voraussetzungen zur zeitlichen Beanspruchung des Schülers sowie zur Organisationsstruktur der Schule (vgl. BGH und SenE a.a.O.) liegen vor. Die Antragstellerin ist mit der Schulausbildung ausweislich des vorgelegten Stundenplans 35 Wochen(schul)stunden beschäftigt. Das vorgelegte Halbjahreszeugnis für das Schuljahr 2011/2012 zeigt, dass die Anwesenheit der Antragstellerin regelmäßig kontrolliert wird, der Schulbesuch mithin nicht in ihrem Belieben steht.

2. Soweit der Antragsgegner sich darauf beruft, der Unterhaltsanspruch sei wegen ihm gegenüber begangener vorsätzlicher schwerer Verfehlungen der Antragstellerin gemäß § 1611 Abs. 1 BGB verwirkt, gilt Folgendes: Nach der genannten Vorschrift schuldet der Verpflichtete im Falle einer ihm gegenüber begangenen schweren Verfehlung des Berechtigten nur einen der Billigkeit entsprechenden Beitrag zum Unterhalt. Die Verpflichtung fällt (nur dann) ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre. Wegen der tiefgreifenden Rechtsfolgen ist die Annahme einer Anspruchsverwirkung nach anerkannter Auffassung auch bei volljährigen Kindern auf besonders schwere Ausnahmefälle zu beschränken, zu deren Feststellung überdies eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene, umfassende Abwägung unter Einbeziehung der Umstände von Trennung und Scheidung der Kindeseltern und der sich hieraus ergebenden Eltern-Kind-Beziehung zu erfolgen hat. Eine vorsätzlich schwere Verfehlung gegen den unterhaltspflichtigen Elternteil kann nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Verpflichteten angenommen werden (vgl. OLG Hamm NJW-RR 2006, 509; Wendl/Dose-Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rz. 603).

a) Die Antragstellerin hatte zum 1. Oktober 2010 eine Ausbildung begonnen; der Ausbildungsvertrag ist allerdings seitens des Arbeitgebers bereits per 15. Dezember 2010 wieder gekündigt worden. Ausbildungsvergütung hat die Antragstellerin daher nur für diesen - relativ kurzen - Zeitraum bezogen. In der Rechtsprechung wird aber eine - und dann auch nur teilweise - Verwirkung des Unterhaltsanspruchs lediglich für Fälle längeren verschwiegenen Einkommensbezugs erwogen (OLG Hamm FamRZ 1996, 809; OLG Koblenz FamRZ 1999, 402 - beide zitiert nach Juris: mehr als ein Jahr). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

b) Eine Verwirkung des Ausbildungsunterhalts gemäß § 1611 Abs. 1 BGB kommt aber dadurch in Betracht, dass die Antragstellerin dem Antragsgegner nicht mitteilte, dass sie im Juli 2010 - also nach Eintritt der Volljährigkeit - die Schule abbrach und ihn dadurch veranlasste, weiter an sie Unterhalt zu zahlen, obwohl er hierzu nicht mehr verpflichtet war. Die schwere Verfehlung der Antragstellerin gegenüber ihrem Vater läge dann darin begründet, dass sie diesem einen nicht unerheblichen Schaden durch diese schuldhafte Pflichtverletzung zugefügt hat (vgl. OLG Köln FamRZ 2005, 301 - zitiert nach Juris). Bei pflichtgemäßer Aufklärung des Antragsgegners über den Schulabbruch hätte dieser nach Überzeugung des Senats sicherlich seine Unterhaltszahlungen eingestellt. Hiervon musste auch die Antragstellerin ausgehen, weil sie mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners vom 22. April 2010 zur Vorlage von Nachweisen über die Schulausbildung aufgefordert worden war.

Wie vorstehend dargelegt ist aber die Frage, ob und bejahendenfalls in welcher Höhe der Unterhaltsanspruch verwirkt ist, im Wege einer auf den jeweiligen Einzelfall bezogenen, umfassenden Abwägung unter Einbeziehung der Umstände von Trennung und Scheidung der Kindeseltern und der sich hieraus ergebenden Eltern-Kind-Beziehung zu beantworten. Zu den in diese Abwägung einzustellenden tatsächlichen Umständen ist bislang seitens der Beteiligten nicht vorgetragen worden. Es kann vor diesem Hintergrund nicht Aufgabe des Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahrens sein, diese Abwägung vorwegzunehmen. Anderenfalls würde dieses summarische Verfahren an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten (vgl. BVerfG FamRZ 2010, 867 - zitiert nach Juris).

3. Auch die Kindesmutter ist der Antragstellerin grundsätzlich barunterhaltspflichtig; § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB gilt nicht (Wendl/Dose-Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rz. 594). Allerdings ist von ihrem Einkommen regelmäßig ein Sockelbetrag in Höhe (jedenfalls) des notwendigen Selbstbehalts abzuziehen (Wendl/Dose-Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rz. 595). Dieser ist angesichts eines Bruttoeinkommens der Kindesmutter in Höhe von 723,05 € unterschritten.

a) Auf fiktives Einkommen der Kindesmutter muss die Antragstellerin sich - entgegen der von dem Antragsgegner geäußerten Rechtsmeinung - nicht verweisen lassen. Sie kann entsprechend dem Rechtsgedanken des § 1607 Abs. 2 BGB allein den leistungsfähigen Elternteil in Anspruch nehmen. Ihr tatsächlich vorhandener Lebensbedarf kann nicht dadurch gedeckt werden, dass sie auf fiktive Einkünfte ihrer Mutter verwiesen wird. Die Gleichsetzung von realen und fiktiven Einkünften im Unterhaltsverhältnis rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass der unter Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit handelnde Unterhaltsgläubiger oder -schuldner sich so behandeln lassen muss, als erziele er die ihm möglichen Einkünfte wirklich. Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um eine Obliegenheitsverletzung der unterhaltsberechtigten Antragstellerin sondern um die eines Dritten, ihrer Mutter, deren Verhalten ihr nicht zurechenbar ist (OLG Nürnberg MDR 2000, 34; s. weiter Büttner/Niepmann/Schwamb, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 11. Auflage 2010, Rz. 180; Wendl/Dose-Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rz. 435, 567).

b) Die Frage, ob und bejahendenfalls in welcher Größenordnung eine Herabsetzung dieses Selbstbehalts der Kindesmutter mit Rücksicht auf einen von ihrem neuen Ehemann zur Verfügung gestellten, den Selbstbehalt ganz oder teilweise deckenden Familienunterhalt angesichts des Umstands in Betracht kommt, dass die Kindesmutter ihrerseits erwerbstätig ist (hierzu vgl. Wendl/Dose-Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rz. 555, 574, 291 ff., 279; s. auch BGH FamRZ 2008, 594 - zitiert nach Juris, dort Tz. 36) stellt eine komplexe Rechtsfrage dar, zu der ggf. noch weiterer tatsächlicher Vortrag der Beteiligten erforderlich ist und die - ebenso wie diejenige der Verwirkung - nicht im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren abschließend beurteilt werden kann. ..."

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Wenn ein im Ausland lebendes Kind vor einem international zuständigen inländischen Gericht Kindesunterhalt geltend macht, ist darauf deutsches Recht anzuwenden. Die Vorfrage der Abstammung bestimmt sich dann ebenfalls nach inländischem Recht. Deshalb ist es unbedeutend, ob neben der nach deutschem Recht bestehenden Vaterschaft des Beklagten im Heimatland des Kindes ein Dritter als Vater gilt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.04.2012 - 5 UF 66/11).

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Der Anspruch auf Elternunterhalt kann zu kürzen sein (hier um 25%), wenn zwischen dem unterhaltspflichtigen Kind und dem Elternteil, dessen Unterhaltsanspruch auf den Sozialleistungsträger übergegangen ist, über einen sehr langen Zeitraum (hier 30 Jahre) keinerlei Kontakt bestanden hat (OLG Celle, Urteil vom 26.05.2010 - 15 UF 272/09).

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Der Anrechnung fiktiver Einkünfte bei der Berechnung eines Anspruchs auf Kindesunterhalt steht § 1611 II BGB auch dann entgegen, wenn das minderjährige Kind eine vorangegangene Ausbildung abgebrochen hat und es sich um die Ersatzhaftung nach dem nichtehelichen Vater gem. §§ 1615l III, 1607 BGB handelt. Die Ersatzhaftung der Eltern der nichtehelichen Mutter erstreckt sich nach Maßgabe des § 1615l I BGB auf die Zeit von sechs Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt des Kindes, weil wegen der Beschäftigungsverbote nach §§ 3 II, 6 MuSchG die Berechtigte eine Erwerbstätigkeit nicht ausüben muss. Die Ersatzhaftung der Eltern der nichtehelichen Mutter ist in der Regel auf den Zeitraum begrenzt, in der nach § 1615l II BGB der nichteheliche Vater auf Unterhaltszahlungen in Anspruch genommen werden könnte. Die Frage, wie lang Eltern einer nichtehelichen Mutter auf eine Ersatzhaftung in Anspruch genommen werden können, ist nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung des in § 1602 BGB normierten Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit des volljährigen Kindes zu entscheiden. Dabei ist unter anderem darauf abzustellen, welchen Ausbildungsstand die Unterhaltsberechtigte hat, welche Kinderbetreuungsmöglichkeiten tatsächlich zur Verfügung stehen und welchen Beitrag der Vater des nichtehelichen Kindes zu dessen Betreuung leisten kann (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 04.06.2009 - 2 UF 328/08 zu BGB §§ 1602 II, 1607, 1611, 1615l I bis III).

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Verschweigt ein volljähriges Kind die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit neben dem Studium, kann darin eine schwere Verfehlung liegen, die zur Beschränkung des Unterhaltsanspruches nach § 1611 Abs. 1 BGB führt (OLG Jena, Beschluss vom 10.10.2008 1 UF 121/08):

„... Der Senat vermag eine schwere Verfehlung der Klägerin gegen den Beklagten, da sie die Aufnahme ihrer weiteren Nebentätigkeit nicht zu einem früheren Zeitpunkt offenbart hat, nicht zu erkennen. Verschweigt ein volljähriges, studierendes Kind dem unterhaltsverpflichteten Vater die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit neben dem Studium und verlangt es dann vollen Unterhalt, kann darin eine schwere Verfehlung liegen, die zur Beschränkung des Unterhaltsanspruches nach § 1611 Abs. 1 BGB führt, liegen (vgl. OLG Hamm, OLGR 1998, 174). In dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall hat der Unterhaltsbedürftige im Verfahren erster Instanz die Nebeneinkünfte nicht offenbart, sondern erst in der mündlichen Verhandlung vor dem dortigen Senat.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Klägerin im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum eine Nebentätigkeit in der Unibibliothek ausgeübt hat, die bekannt war und aus der sie ca. 60,- EUR monatlich erzielt hat. Die Klägerin hat dann am 19.02.2007 eine Tätigkeit in dem "Coffee-Shop" aufgenommen und vor dem Termin am 23.03.2007, in dem sie nicht persönlich anwesend war, zwar im Februar 2007 120,- EUR "verdient", der Betrag wurde aber ausweislich des Kontoauszuges vom 29.05.2007 (Bl. 270 d A) erst am 04.04.2007 an sie gezahlt. Die März-Vergütung in Höhe von 165,- EUR hat die Klägerin am 03.04.2007 erhalten. Die Klägerin hat auch im weiteren Termin vom 30.11.2007 genaue Angaben zur Höhe ihres Nebenverdienstes gemacht. Bis einschließlich Oktober 2007 hat die Klägerin 173,19 EUR/Monat verdient. Die Verhaltensweise der Klägerin lässt nicht von vorneherein den Schluss zu, es sei ihr darauf angekommen, den Beklagten insoweit über ihre tatsächlichen Einkünfte im Unklaren zu lassen. Sie hat auch eine plausible Erklärung für ihre Verhaltensweise abgegeben, da die Arbeitsaufnahme am 19.02.2008 unmittelbar vor dem Termin vom 23.03.2008 lag, in dem sie nur durch ihren Prozessbevollmächtigten vertreten war, ihr die Höhe ihrer zukünftigen Einkünfte noch nicht bekannt war und sie auch noch kein Geld erhalten hatte. Eine "Offenbarungsverpflichtung" musste sich ihr zum damaligen Zeitpunkt nicht ohne weiteres aufdrängen. ..."

§ 1612 Art der Unterhaltsgewährung

(1) Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Der Verpflichtete kann verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es rechtfertigen.

(2) Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll, sofern auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wird. Ist das Kind minderjährig, kann ein Elternteil, dem die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, eine Bestimmung nur für die Zeit treffen, in der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen ist.

(3) Eine Geldrente ist monatlich im Voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt.

Hinweis:

Das gesonderte FGG-Verfahren ist abgeschafft. Vorgesehen ist jetzt eine einheitliche Entscheidung durch das Familiengericht.

Leitsätze/Entscheidungen:

Das mietfreie Wohnen beeinflusst nicht die Höhe des Kindesunterhalts. Die kostenfreie Zurverfügungstellung von Wohnraum wird vorrangig im unterhaltsrechtlichen Verhältnis zwischen den Eltern ausgeglichen. Ein unterhaltsrechtlicher Ausgleich kann auch darin bestehen, dass der Betreuungselternteil keinen Anspruch auf Trennungsunterhalt geltend machen kann, weil nach der Zurechnung des vollen Wohnwerts keine auszugleichende Einkommensdifferenz zwischen den Eltern mehr besteht. Die Eltern können eine - nach den Umständen des Einzelfalls gegebenenfalls auch konkludente - Vereinbarung darüber treffen, dass die Wohnungskosten durch den Naturalunterhalt des Barunterhaltspflichtigen abgedeckt werden. Für die Erfüllung des Barunterhaltsanspruchs (§ 362 BGB) aufgrund einer solchen Vereinbarung trifft den Barunterhaltsschuldner die Darlegungs- und Beweislast. Bevor die Haftungsquote für den anteiligen Mehrbedarf bestimmt wird, ist von den Erwerbseinkünften des betreuenden Elternteils der Barunterhaltsbedarf der Kinder nach den gemeinsamen Einkünften der Eltern abzüglich des hälftigen auf den Barunterhalt entfallenden Kindergelds und abzüglich des vom Kindesvater geleisteten Barunterhalts abzusetzen. In der verbleibenden Höhe leistet der betreuende Elternteil neben dem Betreuungsunterhalt restlichen Barunterhalt in Form von Naturalunterhalt. Die andere Hälfte des Kindergelds, die der betreuende Elternteil erhält, ist nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 29. September 2021 - XII ZB 474/20, FamRZ 2021, 1965; (BGH, Beschluss vom 18.05.2022 - XII ZB 325/20).

***

Im Fall des Wechselmodells haben grundsätzlich beide Elternteile für den Barunterhalt des Kindes einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst außerdem die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 5. November 2014, XII ZB 599/13, FamRZ 2015, 236). Der dem Kind von einem Elternteil während dessen Betreuungszeiten im Wechselmodell geleistete Naturalunterhalt führt nicht dazu, dass ein Barunterhaltsanspruch nicht geltend gemacht werden kann. Der geleistete Naturalunterhalt ist vielmehr nur als (teilweise) Erfüllung des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen. Der Unterhaltsanspruch kann in zulässiger Weise vom Kind gegen den besser verdienenden Elternteil geltend gemacht werden. Dass er sich auf den Ausgleich der nach Abzug von den Eltern erbrachter Leistungen verbleibenden Unterhaltsspitze richtet, macht ihn nicht zu einem - nur zwischen den Eltern bestehenden - familienrechtlichen Ausgleichsanspruch. Das Kindergeld ist auch im Fall des Wechselmodells zur Hälfte auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen. Der auf die Betreuung entfallende Anteil ist zwischen den Eltern hälftig auszugleichen. Der Ausgleich kann in Form der Verrechnung mit dem Kindesunterhalt erfolgen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. April 2016, XII ZB 45/15, FamRZ 2016, 1053; BGH, Beschluss vom 11.01.2017 - XII ZB 565/15).

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Verletzt der Unterhaltspflichtige die Obliegenheit, Vermögenswerte zu realisieren, ist er unterhaltsrechtlich so zu behandeln, als habe er die Obliegenheit erfüllt. Ein einklagbarer Anspruch auf Rückforderung einer Schenkung oder Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs besteht dagegen nicht (BGH, Urteil vom 28.11.2012 - XII ZR 19/10 - mehr Text unter § 1601).

*** (OLG/OVG)

Kindesunterhalt und private Krankenversicherung (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.02.2020 - 6 UF 237/19):

„ ... Die Beschwerde ist unbegründet, soweit der Beschwerdeführer den Wegfall der Verpflichtung zur Zahlung der Krankenversicherungskosten für Mai und Juni 2019 erstrebt. Nach § 238 Abs. 3 FamFG ist die Abänderung einer gerichtlichen Entscheidung über Unterhalt erst ab Rechtshängigkeit des Abänderungsantrags bzw. ab dem Ersten des auf ein Verzichtsverlangen folgenden Monats zulässig. Der Abänderungsantrag wurde erst im August 2019 gestellt. Ein vorgerichtliches Verzichtsverlangen hat der Beschwerdeführer erstmals in der E-Mail vom 14.6.2019 formuliert. Für ein Verzichtsverlangen i.S.d. § 238 Abs. 3 S. 3 FamFG ist es ausreichend, dass der Unterhaltsverpflichtete zum Ausdruck bringt, dass nur noch geringerer Unterhalt geschuldet sei, und er den Unterhaltsgläubiger auffordert, die Herabsetzung zu akzeptieren (OLG Hamburg, Beschluss vom 5.12.2012, 7 WF 117/12, Rn. 4 - juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 15.10.2013, 3 WF 98/13, Rn. 10 - juris; Bumiller/Harders/Schwamb, 12. Aufl., Rn 19 zu § 238 FamFG; Keidel/Meyer-Holz, 20. Aufl., Rn. 77 zu § 238 FamFG). In der e-mail hat der Beschwerdeführer zu erkennen gegeben, dass der Beschwerdegegnerin aus seiner Sicht keine Rechte aus dem Unterhaltstitel über Krankenkassenbeiträge mehr zustanden. Das Verlangen nach Rückerstattung dennoch gezahlter Beträge ist als hinreichende Aufforderung zu verstehen, die Herabsetzung zu akzeptieren.

Die Beschwerde hat auch keinen Erfolg, soweit das Amtsgericht den auf die Krankenversicherung entfallenden Unterhalt für Mai und Juni 2019 von 67,07 € auf 120,23 € erhöht hat. Der Abänderungsantrag der Beschwerdegegnerin war gemäß § 238 Abs. 1 FamFG zulässig. Mit der Verdoppelung des für 2019 zu entrichtenden Beitrags gegenüber dem Beitrag im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im vorangegangenen Unterhaltsverfahren hat sie eine wesentliche Veränderung der der damaligen Entscheidung zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse angeführt. Der Abänderungsantrag war für die beiden Monate auch begründet. Die Beschwerdegegnerin hat mit dem Mahnschreiben vom 12.2.2019 die Voraussetzungen einer auf die Zeit vor der Rechtshängigkeit ihres Abänderungsantrags rückwirkenden Erhöhung des Unterhalts nach § 238 Abs. 3 S. 2 FamFG und § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB erfüllt. In der Sache ist ihr Abänderungsbegehren begründet, weil der barunterhaltspflichtige Elternteil den Krankenkassenbeitrag in jeweils anfallender Höhe zu tragen hat. Der Anspruch auf eine angemessene Krankenversicherung zählt zum angemessenen Lebensbedarf eines Kindes. Besteht keine beitragsfreie Mitversicherung in einer gesetzlichen Krankenkasse nach § 10 SGB V, sind die Beiträge zu einer privaten Krankenversicherungsbeiträge allein vom barunterhaltspflichtigen Elternteil zu tragen sind (BGH, Beschluss von 7. 2. 2018, XII ZB 338/17, Rn. 28). Wie noch darzulegen sein wird, ist die Unterhaltsverpflichtung des Beschwerdeführers durch Eintritt der Mitversicherung zwar entfallen. Die Durchbrechung der Rechtskraft des alten Unterhaltsbeschlusses scheitert aber für den Beschwerdeführer für Mai und Juni 2019 an der Zeitschranke des § 238 Abs. 3 FamFG. Solange die Rechtskraft für den Beschwerdeführer noch wirkt, ist die Beschwerdegegnerin ihrerseits nicht gehindert, eine ihr günstige Abänderung zu verlangen.

Der Widerantrag auf Abänderung des Unterhaltstitels hinsichtlich der Krankenversicherungskosten ist für die Zeit ab Juli 2019 zulässig und auch begründet. Der Unterhaltsanspruch der Beschwerdegegnerin erstreckt sich infolge des Wechsels des Beschwerdeführers in die gesetzliche Krankenversicherung und ihre dadurch nach § 10 SGB V entstandene beitragsfreie Mitversicherung nicht mehr auf die Kosten einer privaten Krankenversicherung.

Der Unterhaltsbedarf eines Kindes umfasst Krankenversicherungsschutz. Der barunterhaltspflichtige Elternteil muss die Kosten einer privaten Krankenversicherung tragen, wenn ein Kind nicht mit einem Elternteil mitversichert ist. Ist es privat versichert und ergibt sich erst danach die Möglichkeit der beitragsfreien Mitversicherung mit einem Elternteil, kann der Barunterhaltsverpflichtete das Kind nach § 1612 Abs. 1 S. 2 BGB in der Regel auf die gesetzliche Krankenversicherung verweisen (OLG Köln, Beschluss vom 20.2.2015, 4 UF 168/14, Rn. 4 - juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.2.1993, 4 UF 208/92, Rn. 12 ff - juris). Das gilt immer, wenn der im Einzelfall vereinbarte Tarif in der privaten Versicherung keine besseren Leistungen vorsieht, als sie die gesetzliche Krankenversicherung bietet (OLG Brandenburg, Beschluss vom 24.6.2016, 13 UF 1/13, Rn. 97 - juris). Die Verweisung ist aber nicht ohne weiteres möglich, wenn die nach § 1610 Abs. 1 BGB maßgebliche Lebensstellung des Kindes zu einem Unterhaltsbedarf führt, der eine private Krankenversicherung mit einem Tarif umfasst, der Leistungen über dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung vorsieht. Nach bisheriger Rechtsprechung war insoweit darauf abzustellen, ob das Kind schon immer privat versichert war und ob der barunterhaltspflichtige Elternteil selbst privat versichert ist (OLG Naumburg, Urteil vom 17.8.2006, 4 UF 16/06, Rn. 25 - juris; OLG Koblenz, Urteil 19. 1. 2010, 11 UF 620/09, Rn. 12 - juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.4.2012, 3 UF 279/11 - BeckRS 2012, 14891; BeckOGK BGB Wendtland § 1610, Rn. 66). Ob im Hinblick auf die sich abzeichnende Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Abhängigkeit der Lebensstellung des in Ausbildung befindlichen minderjährigen Kindes von beiden Elternteilen (BGH, Beschluss vom 15.2.2017, XII ZB 201/16, Rn. 11; vgl. auch Staudinger/Klinkhammer (2018), Rn. 262 zu § 1610 BGB), auch künftig noch entscheidend darauf abgestellt werden kann, wie der Barunterhaltspflichtige versichert ist, erscheint als fraglich, kann im vorliegenden Fall aber dahinstehen. Umfasst der Bedarf Gesundheitsleistungen nach dem Niveau einer privaten Krankenversicherung mit gegenüber der gesetzlichen Versicherung besserem Leistungsspektrum, ist die Verweisung auf eine beitragsfreie Mitversicherung jedenfalls nur möglich, wenn deren Minderleistungen durch eine private Zusatzversicherung kompensiert werden, was im Hinblick auf die nicht eben seltene Bevorzugung von Privatpatienten bei der Terminvergabe aber kaum zu erreichen sein dürfte.

Bei Übertragung der dargelegten Maßstäbe auf den hier in Rede stehenden Fall ergibt sich, dass eine private Krankenversicherung seit dem Wechsel des Beschwerdeführers in die gesetzliche Versicherung nicht mehr zum angemessenen Unterhalt der Beschwerdegegnerin zählt. Ihre Lebensstellung ist dadurch bestimmt, dass nur ein Elternteil privat krankenversichert ist und dass die beiden Halbgeschwister sich mit einer gesetzlichen Krankenversicherung bescheiden müssen. Der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin in der Vergangenheit lange als Privatpatientin behandelt wurde, hat entgegen der Auffassung des Amtsgerichts keine ausschlaggebende Bedeutung. Ihre von den Eltern abgeleitete Lebensstellung ist nicht statisch, sondern dem Wandel der Lebensverhältnisse der Eltern unterworfen. ..."

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Bei einer Betreuung des gemeinsamen Kindes durch beide Elternteile im Verhältnis von 45% zu 55% kann von einem unterhaltsrechtlichen paritätischen Wechselmodell, bei dem beide Elternteile quotal für den Unterhaltsbedarf des Kindes einzustehen haben, noch keine Rede sein. Der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Sorge- und Umgangssachen (Beschluss vom 1. Februar 2017 - XII ZB 601/15, BGHZ 214, 31) anerkannte Grundsatz, dass ein paritätisches Wechselmodell nur angeordnet werden kann, wenn zwischen den Eltern eine tragfähige Kommunikations- und Kooperationsbasis besteht, kann vom grundsätzlichen Denkansatz her als wertendes Element herangezogen werden, um die Frage zu entscheiden, ob ein spezifisches, von den Eltern praktiziertes Betreuungsmodell bereits als echtes Wechselmodell qualifiziert werden kann: Denn ohne eine gewisse Basis bei der Kommunikation und Kooperation der Eltern ist es auch aus unterhaltsrechtlicher Sicht nicht vorstellbar, wie die Eltern in der Lage sein wollen, die mit zunehmenden Alter des Kindes immer wichtiger werdenden organisatorischen Aspekte der Kinderbetreuung im Wechselmodell wahrzunehmen. Zur Frage, ob der vom pflichtigen Elternteil geschuldete Barunterhalt zu mindern ist, weil der betreffende Elternteil für das unterhaltsberechtigte Kind regelmäßig Bekleidung kauft, Reisen finanziert oder sonstige Ausgaben bestreitet (KG Berlin, Beschluss vom 15.04.2019 - 13 UF 89/16).

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Die durch den Besuch eines sogenannten "pädagogischen Mittagstisches" durch ein Schulkind entstehenden Aufwendungen stellen keinen unterhaltsrechtlichen Mehrbedarf des Kindes dar, wenn sich die pädagogische Förderung auf den Erwerb sozialer Kompetenzen beschränkt, da deren Vermittlung üblicherweise zu den ureigenen Elternaufgaben gehören (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 4. Oktober 2017, XII ZB 55/17, NJW 2017, 3786; OLG Bremen, Beschluss vom 23.11.2017 - 5 UF 54/17).

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Im Rahmen der Anwendung von § 36 Abs 3 BAföG hat das Ausbildungsförderungsamt selbst umfassend zu prüfen, ob eine Unterhaltsbestimmung, die die Eltern des Auszubildenden gemäß § 1612 Abs 2 S 1 BGB getroffen haben, deshalb unwirksam ist, weil sie nicht die gebotene Rücksicht auf die Belange des Kindes nimmt. Eine Unterhaltsbestimmung der Eltern nimmt nicht die gebotene Rücksicht auf die Belange des Kindes, wenn sie darauf angelegt ist, die familiäre Lebensgemeinschaft, die zwischen dem unterhaltsberechtigten volljährigen Kind sowie dessen Partner und dem gemeinsamen Kind der beiden besteht, auseinanderzureißen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.05.2015 - 4 ME 61/15).

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„... Der Anspruch der Antragstellerin auf Übernahme der Kosten ihrer Krankenversicherung durch die Antragsgegnerin folgt aus § 1610 BGB. In den Tabellensätzen finden Krankenversicherungsbeiträge für Kinder keine Berücksichtigung, weil diese in der gesetzlichen Familienversicherung gemäß § 10 Abs. 2 SGB V gegen Krankheit mitversichert sind; ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, wie etwa bei Selbständigen oder Beamten, hat der Barunterhaltsschuldner für die Kosten der Krankenversicherung des Kindes zusätzlich einzustehen (vgl. etwa: Klinkhammer in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage, § 2 Rn. 327, S. 508; Brudermüller in Palandt, BGB, 74. Auflage, § 1610 Rn. 12; siehe auch Kölner Unterhaltsleitlinien Stand 01.01.2013 Nr. 11.1).

Allerdings kann der Barunterhaltspflichtige gemäß § 1612 Abs. 1 S. 2 BGB verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhalts ganz oder teilweise in anderer Weise, etwa in Form von Sachleistungen gestattet wird, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen. Ein solcher Grund kann etwa dann bestehen, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil - wie hier die Antragstellerin - beamtet und deswegen beihilfeberechtigt ist (Scholz in Wendl/Dose, a. a. O., § 2 Rn. 16, S. 418). Die Antragsgegnerin kann die Antragstellerin wegen des von der Beihilfe nicht getragenen Krankenversicherungsanteils von 20 % in ihrer Privatversicherung zum Preis von monatlich 30,00 EUR mitversichern. Ihre finanzielle Belastung ist im Vergleich zu der Situation, wenn die Antragstellerin bei der Privatversicherung ihres Vaters mit einem Preiszuschlag von 169,05 EUR monatlich mitversichert ist und die Antragsgegnerin diese erstatten müsste, wesentlich geringer. Bei der gebotenen Abwägung kommt wirtschaftlichen Gründen ein besonderes Gewicht zu (Brudermüller, a. a. O., § 1612 Rn. 11).

Die Antragstellerin hat keine überzeugenden Gründe gegen die Feststellung des Amtsgerichts anzuführen vermocht, dass es sachgerecht erscheine, sie auf die günstigere Möglichkeit der Versicherung bei der Antragsgegnerin zu verweisen und die Antragsgegnerin deswegen an den weit höheren Kosten der Mitversicherung in der privaten Krankenversicherung des Kindesvaters nicht zu beteiligen. Die Gründe, die die Antragstellerin gegen eine Krankenmitversicherung über die Antragsgegnerin anführt, nämlich, bereits in der Vergangenheit (Ende 2012/Anfang 2013) habe sich die Antragsgegnerin als unzuverlässig erwiesen und sei auch im Übrigen nach wie vor nicht kooperativ, wie sich unter anderem bei der Auskunftserteilung über ihre Einkommensverhältnisse zwecks Geltendmachung des Kindesunterhalts und im Rahmen der Ausübung der gemeinsamen Umgangskontakte gezeigt habe, rechtfertigt nicht die Annahme, im Rahmen von Erstattungsabrechnungen mit der Beihilfestelle der Antragsgegnerin und ihrer ergänzenden Privatversicherung könne es im Einzelnen zu Abwicklungsschwierigkeiten kommen.

Zu Recht hat das Amtsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, die Antragstellerin könne mit der Beihilfestelle und der Privatversicherung der Antragsgegnerin unmittelbar abrechnen, weil dieser Umstand erstinstanzlich unstreitig gewesen ist. Soweit die Antragstellerin nunmehr eine andere Auffassung bezogen auf die Beihilfe vertritt, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Denn sie kann sich, wie gerichtsbekannt ist, bei formaler Handhabung durch die Abrechnungsstelle von der Antragsgegnerin eine Vollmacht zur unmittelbaren Abrechnung der sie betreffenden medizinischen Leistungen geben lassen und diese vorlegen. Aber selbst dann, wenn man eine unmittelbare Abrechnungsbefugnis generell verneinen wollte, ist ein vernünftiger Grund für eine Verweigerungshaltung der Antragsgegnerin nicht ersichtlich, würde diese sich doch anderenfalls über den Krankenversicherungsbeitrag hinaus in Höhe der Rechnungsbeträge haftbar machen.

Die Zeit bis Frühjahr 2013 betreffend, als die Antragstellerin noch über die Antragsgegnerin krankenversichert war, führt die Antragstellerin einen Vorfall von Ende 2012/Anfang 2013 an, in der sie in eine therapeutische Maßnahme bei der B Q aufgenommen werden sollte, was aber zunächst an der unzureichenden Mitwirkung der Antragsgegnerin gescheitert sei. Verifizierbar ist insoweit anhand des von der Antragsgegnerin mit der Beschwerdeerwiderung vorgelegten Schreibens vom 26.01.2013 (Bl. 148 GA) und der von der Seite 6 des Hilfeplans vom 27.02.2013 vorgelegten Kopie (Bl. 31 GA) lediglich, dass sich die Antragsgegnerin um eine Kostenübernahmezusage bemühte, diese aber aus formalen Gründen, auf die die Antragsgegnerin keinen Einfluss hatte, zunächst scheiterte, sie dies dem damals zuständigen Jugendamt mit dem vorbezeichneten Schreiben mitteilte und um entsprechende Veranlassung unter Beteuerung ihrer weiteren Mitwirkungsbereitschaft bat, diese Vorgehensweise einer Mitarbeiterin des Jugendamtes allerdings zu langwierig erschien und diese deswegen die Aufnahme der Antragstellerin in die private Krankenversicherung des Kindesvaters initiierte. Ungeachtet dessen handelte es sich - dessen grundsätzliche Beachtlichkeit einmal unterstellt - um ein einmaliges Ereignis, das zudem rund zwei Jahre lang zurückliegt. Eine Unzuverlässigkeit der Antragsgegnerin bei der Mitwirkung im Rahmen der Abwicklung eines Krankenversicherungsfalls der Antragstellerin über die bei ihr bestehende Mitversicherung lässt sich daraus nicht herleiten.

Auch der von der Antragstellerin dargelegte Umstand der unzulänglichen Kommunikations- und Kompromissbereitschaft zwischen dem Kindesvater und der Antragsgegnerin lässt nicht den Schluss auf eine unzulängliche Mitwirkung der Antragsgegnerin bei der Abwicklung von Leistungsfällen den Krankenversicherungsschutz ihrer Tochter betreffend zu. Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin auf Umgangskontakte verweist, deren Verlauf nicht "rund" war. ..." (OLG Köln, Beschluss vom 20.02.2015 - 4 UF 168/14)

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Auseinandersetzungen zwischen dem Kind und den Eltern über Mithilfe und gegenseitige Rücksichtnahme im elterlichen Haushalt stellen typische Konflikte im Rahmen des familiären Zusammenlebens dar. Sie rechtfertigen es allein noch nicht, die Bestimmung der Eltern, dem volljährigen Kind den Kindesunterhalt in Form von Naturalleistungen zu gewähren, als unwirksam anzusehen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.01.2015 - 2 UF 276/14).

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Der Kindesunterhaltsanspruch eines Minderjährigen, der eine Ausbildung aufnimmt, gegenüber dem barunterhaltspflichtigen Elternteil entfällt oder reduziert sich für den gesamten Monat nach der Auslegung des § 1602 Abs. 1 BGB ab dem Beginn desjenigen Monats, in dessen Verlauf die erste Ausbildungsvergütung tatsächlich ausgezahlt wird. Auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Ausbildungsvertrages oder Beginns der Arbeitsaufnahme kommt es demgegenüber nicht entscheidend an. Die Zahlung der ersten Ausbildungsvergütung - nicht aber bereits der Abschluss des Ausbildungsvertrages oder die Arbeitsaufnahme - begründet für den Monat der Auszahlung eine nach der Errichtung des bestehenden Kindesunterhaltstitels liegende zulässige Einwendung im Sinne der §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 767 Abs. 1 und 2 ZPO (OLG Hamm, Beschluss vom 08.01.2013 - 3 UF 245/12).

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Einem volljährigen, nicht BAföG-berechtigten Studenten, der von seinen leistungsfähigen Eltern Unterhalt erhält, obliegt diesen gegenüber in der Regel nicht die Verpflichtung, ein sogenanntes Bildungsdarlehen aufzunehmen. Die Rechtsprechung hinsichtlich der Verpflichtung zur Aufnahme eines BAföG-Darlehens lässt sich auf ein sogenanntes Bildungsdarlehen nicht übertragen (OLG Bremen, Beschluss vom 10.09.2012 - 4 UF 94/12).

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Die Belange des volljährigen Kindes haben gegenüber dem elterlichen Bestimmungsrecht nur im Ausnahmefall Vorrang. Das volljährige Kind trägt die vollständige Darlegungs- und Beweislast dafür, dass schwerwiegende Gründe (z. B. ein tiefgreifendes Zerwürfnis) einem Zusammenleben mit den Eltern entgegenstehen. Die wirksame Ausübung des elterlichen Bestimmungsrechts setzt voraus, dass dargestellt wird, wie der gesamte Bedarf des Kindes gedeckt werden soll (OLG Brandenburg, Beschluss vom 21.05.2008 - 9 WF 116/08 zu § 1612 II BGB, NJW 2008, 2722 f).

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Im Unterhalt nach der RegelbetragVO sind weder Kosten für eine Krankenversicherung noch für eine Pflegeversicherung enthalten. Ist ein Kind schon vor der Trennung mit seinen Eltern privat krankenversichert, gehört die Prämie hierfür zum angemessen Unterhalt (OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.08.2006 - 4 UF 16/06).

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„... 2. Die Abänderungsklage ist auch begründet, da der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagten hat, von der ihnen angebotenen Möglichkeit einer Mitversicherung in der ... Gebrauch zu machen.

a) Dieser Anspruch folgt aus § 1612 Abs. 1 S. 2 BGB. Nach dieser Bestimmung kann der Verpflichtete verlangen, daß ihm die Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es rechtfertigen. Die Formulierung des Gesetzes ist sehr weit und erfordert nicht, daß die andere Art der Unterhaltsgewährung nur die Leistung von Naturalunterhalt ist. Die Mitversicherung der Kinder aus erster Ehe in einer Familienversicherung des wieder verheirateten Elternteils ist daher eine andere Art der Gewährung des (Krankenvorsorge-) Unterhalts im Sinne des § 1612 Abs. 1 S. 2 BGB.

Erforderlich ist, daß für das Verlangen des Klägers ‚besondere Gründe' vorliegen. Hier sind die beiderseitigen Interessen gegeneinander abzugrenzen. Die Beklagten haben Anspruch auf einen gleichwertigen Versicherungsschutz. Der Kläger hat insoweit vorgetragen, daß die Leistungen der ... denen der ... zumindest gleichwertig seien (Bl. 34, 90). Die Beklagten haben dem nicht widersprochen und lediglich eingewendet, daß ihnen ein Wechsel der Krankenkasse nicht zuzumuten sei, weil sie bei der Abwicklung der Versicherungsfälle Schwierigkeiten mit dem Kläger befürchteten (Bl. 74). Dieser unterhalte nämlich schon seit zwei Jahren keinen Kontakt mehr zu ihnen; bei früheren Kontakten habe es jedesmal ‚Streitereien' gegeben (Bl. 116).

Dieses Vorbringen ist unsubstantiiert und daher unbeachtlich. Der Kläger hat derartige Streitereien mit seinen minderjährigen Kindern ausdrücklich bestritten und die Beklagten aufgefordert mitzuteilen, ‚bei welcher Gelegenheit er sie beschimpft haben soll' (Bl. 91). Irgendwelche gravierenden Vorfälle haben die Beklagten weder nach Zeit und Ort individualisiert noch unter Beweis gestellt. Es ist auch nicht ersichtlich, daß die Beklagten bei der Abwicklung des Versicherungsschutzes persönlich mit dem Kläger zusammenwirken müßten.

Dem fehlenden schutzwürdigen Interesse der Beklagten steht das berechtigte Interesse des Klägers gegenüber, nicht Monat für Monat 264,- DM für einen Krankenversicherungsschutz aufwenden zu müssen, den seine Krankenkasse ohne zusätzliche Kosten leisten will.

b) Die Abänderungsklage ist aber auch dann begründet, wenn man Bedenken gegen die Anwendung des § 1612 Abs. 1 S. 2 BGB hat und die Ansicht vertritt, daß diese Bestimmung nur die teilweise Gewährung von Naturalunterhalt regele. In diesem Fall folgt die Verpflichtung der Beklagten, den ihnen angebotenen Krankenversicherungsschutz bei der ... in Anspruch zu nehmen, aus § 242 BGB. Daß gerade in dem Unterhaltsrechtsverhältnis aus § 242 BGB folgende Nebenpflichten bestehen, ist anerkannt (vgl. Palandt, BGB, 52. Aufl., § 242 Rdn. 23). Der BGH vertritt hierzu die Ansicht, daß ‚der Unterhaltsberechtigte grundsätzlich gehalten ist, bei Maßnahmen mitzuwirken, die die finanzielle Belastung des Unterhaltsverpflichteten vermindern und damit seine Leistungsfähigkeit erhöhen, soweit dem Unterhaltsgläubiger keine Nachteile hieraus erwachsen' (BGH FamRZ 1983, 576 rechte Spalte). Daß diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben sind, ist bereits ausgeführt worden.

3. Der Einwand der Beklagten, das Einkommen des Klägers habe sich in der Zwischenzeit so erhöht, daß ihr gestiegener Anspruch auf Elementarunterhalt den vom Kläger geltend gemachten Wegfall des Krankenvorsorgeunterhalts ausgleiche, ist nicht begründet.

Der Kläger hat durch Vorlage seiner Gehaltsabrechnungen (Bl. 97 bis 107) nachgewiesen, daß er im Jahre 1992 ein durchschnittliches monatliches (bereinigtes) Nettoeinkommen von 10.052,- DM erzielt hat. Bei einem Einkommen über monatlich 7.000,- DM bestimmt sich die Höhe des Kindesunterhalts nach der seinerzeit geltenden Düsseldorfer Tabelle ‚nach den Umständen des Falles' (FamRZ 1988, 911). Das OLG Köln ist in der abzuändernden Entscheidung von einem bereinigten Nettoeinkommen des Klägers von 9.150,- DM ausgegangen, hat eine ‚an der Systematik der Tabelle orientierte Fortschreibung' vorgenommen (Beiakte 25 F 177/90 AG Aachen Bl. 108) und ist so zu einem Elementarunterhalt von 1.000,- DM für ein Kind in der dritten Altersstufe gelangt. Das OLG Köln hat die alte Düsseldorfer Tabelle fortgeschrieben, die bei einem Einkommen von monatlich 7.000,- DM endete. Die ab 01.07.1992 geltende neue Düsseldorfer Tabelle (FamRZ 1992, 398) endet bei einem Einkommen von 8.000, DM, bei dem ein Kind in der dritten Altersstufe einen regelmäßigen Unterhaltsanspruch von 860,- DM hat. Selbst wenn man die neue Düsseldorfer Tabelle ähnlich wie das OLG Köln fortschreibt, ergibt sich bei einer Einkommensteigerung auf 10.052,- DM kein höherer Unterhaltsanspruch als 1.000,- DM für die dritte Altersgruppe. Das Amtsgericht hat daher zu Recht entschieden, daß der Kläger den Beklagten nicht mehr den Krankenkassenbeitrag von je 132,- DM monatlich zahlen muß.

4. Für die Beklagte zu 2) (geboren 19.01.1991) ergibt sich die Besonderheit, daß sie einen Tag vor dem Senatstermin das 12. Lebensjahr vollendet hat und in die dritte Altersgruppe aufgestiegen ist. Ihr steht daher ebenso wie ihrem Bruder ein regelmäßiger Unterhaltsanspruch von (1.000,- DM + 11,88 DM Zusatzversicherung - 45,- DM Kindergeldausgleich =) 966,88 DM zu. Nachdem der Senat auf diesen Umstand hingewiesen hat, hat der Kläger den erhöhten Unterhalt sofort anerkannt (Bl. 127). Der Kläger war daher entsprechend seinem Anerkenntnis zu verurteilen, an die Beklagte zu 2) ab 19.01.1993 einen monatlichen Unterhalt von 966,88 DM zu zahlen (§ 307 ZPO). ..." (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.02.1993 - 4 UF 208/92)

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§ 1612 a Mindestunterhalt minderjähriger Kinder

(1) Ein minderjähriges Kind kann von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen. Der Mindestunterhalt richtet sich nach dem doppelten Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes (Kinderfreibetrag) nach § 32 Abs. 6 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes. Er beträgt monatlich entsprechend dem Alter des Kindes

1. für die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahrs (erste Altersstufe) 87 Prozent,
2. für die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahrs (zweite Altersstufe) 100 Prozent und
3. für die Zeit vom 13. Lebensjahr an (dritte Altersstufe) 117 Prozent

eines Zwölftels des doppelten Kinderfreibetrags.

(2) Der Prozentsatz ist auf eine Dezimalstelle zu begrenzen; jede weitere sich ergebende Dezimalstelle wird nicht berücksichtigt. Der sich bei der Berechnung des Unterhalts ergebende Betrag ist auf volle Euro aufzurunden.

(3) Der Unterhalt einer höheren Altersstufe ist ab dem Beginn des Monats maßgebend, in dem das Kind das betreffende Lebensjahr vollendet.

(4) u. (5) (weggefallen)

Hinweis:

Für die Verwendung einer arbeitsrechtlichen Abfindung zur Aufstockung des für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs minderjähriger Kinder maßgeblichen Einkommens des Unterhaltspflichtigen gelten grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie beim Ehegattenunterhalt (im Anschluss an Senatsurteil vom 18. April 2012, XII ZR 65/10, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Die Umrechnung dynamisierter Titel über den Kindesunterhalt zum 1. Januar 2008 nach § 36 Nr. 3 Satz 4 lit. a EGZPO in einen Prozentsatz des Mindestunterhalts nach § 1612a BGB hat für jedes Kind gesondert zu erfolgen. Sie ergibt bezogen auf den 1. Januar 2008 nur einen einheitlichen Prozentsatz, der sodann auch Anwendung findet, wenn das Kind in eine höhere Altersstufe wechselt ((BGH, Urteil vom 18.04.2012 - XII ZR 66/10 zu §§ 1610, 1612a BGB).

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Die Bestimmung begründet einen einheitlichen Mindestunterhalt für minderjährige Kinder. Die Regelbetragverordnung ist entfallen. Abänderungsklagen wegen Erreichens einer höheren Alterstufe sollen vermieden werden. Das Existenzminimum wird alle zwei Jahre in einem entsprechenden Bericht ermittelt.

Siehe unter § 36 EGZPO - Übergangsvorschriften.

Leitsätze/Enscheidungen:

Im Fall des Wechselmodells haben grundsätzlich beide Elternteile für den Barunterhalt des Kindes einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst außerdem die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 5. November 2014, XII ZB 599/13, FamRZ 2015, 236). Der dem Kind von einem Elternteil während dessen Betreuungszeiten im Wechselmodell geleistete Naturalunterhalt führt nicht dazu, dass ein Barunterhaltsanspruch nicht geltend gemacht werden kann. Der geleistete Naturalunterhalt ist vielmehr nur als (teilweise) Erfüllung des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen. Der Unterhaltsanspruch kann in zulässiger Weise vom Kind gegen den besser verdienenden Elternteil geltend gemacht werden. Dass er sich auf den Ausgleich der nach Abzug von den Eltern erbrachter Leistungen verbleibenden Unterhaltsspitze richtet, macht ihn nicht zu einem - nur zwischen den Eltern bestehenden - familienrechtlichen Ausgleichsanspruch. Das Kindergeld ist auch im Fall des Wechselmodells zur Hälfte auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen. Der auf die Betreuung entfallende Anteil ist zwischen den Eltern hälftig auszugleichen. Der Ausgleich kann in Form der Verrechnung mit dem Kindesunterhalt erfolgen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. April 2016, XII ZB 45/15, FamRZ 2016, 1053; BGH, Beschluss vom 11.01.2017 - XII ZB 565/15).

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Macht der Gläubiger (hier: Kreis Paderborn - Unterhaltsvorschusskasse) einen Schadensersatzanspruch aus vorsätzlicher Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern geltend, kann er sich hinsichtlich des Unterhaltsbedarfs und der Unterhaltsbedürftigkeit eines minderjährigen Kindes in Höhe des Mindestunterhalts auf § 1612a BGB berufen, wenn bereits ein Titel aufgrund eines streitigen Urteils vorliegt, der den Schuldner für die Zeiträume zu Unterhalt verurteilt, für die der Gläubiger Schadensersatz wegen Verletzung der Unterhaltspflicht verlangt. Unter diesen Voraussetzungen trifft den Schuldner eine sekundäre Darlegungslast für die Umstände, die Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit begründen können. Der Anspruch aus vorsätzlicher Verletzung der Unterhaltspflicht steht hinsichtlich des durch Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz entstandenen Schadens dem jeweiligen Land zu. Die Anmeldung einer fremden Forderung im eigenen Namen eines Dritten ist unwirksam. Dieser Mangel kann nur durch eine Neuanmeldung behoben werden (BGH, Beschluss vom 03.03.2016 - IX ZB 65/14).

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Zur Haftung des Jugendamtes bei Ausübung einer unterhaltsrechtlichen Beistandschaft (BGH, Urteil vom 04.12.2013 - XII ZR 157/12):

„... Die angegriffene Entscheidung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.

1. Das Kammergericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass als Anspruchsgrundlagen für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch zum einen § 839 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG und zum anderen § 1716 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 1833 Abs. 1 Satz 1, 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht kommen (vgl. BGH Urteil vom 17. Juni 1999 - III ZR 248/98 - FamRZ 1999, 1342, 1344; OLG Saarbrücken FamRZ 2012, 801; MünchKommBGB/Wagenitz 6. Aufl. § 1833 BGB Rn. 2). Eine Pflichtverletzung liegt danach in jedem Verstoß gegen das Gebot treuer und gewissenhafter Amtsführung (MünchKommBGB/Wagenitz 6. Aufl. § 1833 BGB Rn. 3). Die Frage, ob der mit der Ausübung der Aufgaben der Beistandschaft betraute Amtsträger seine dem Kind gegenüber bestehenden Pflichten verletzt hat, ist maßgeblich danach zu beantworten, wie der Wirkungskreis der Beistandschaft beschaffen ist (vgl. BGH Urteil vom 17. Juni 1999 - III ZR 248/98 - FamRZ 1999, 1342, 1344).

Da dem Jugendamt gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegend die Aufgabe zugewiesen ist, im Rahmen der Beistandschaft Unterhaltsansprüche für minderjährige Kinder geltend zu machen, können diese darauf vertrauen, dass das Jugendamt diese Aufgabe fachkundig erledigt. Grundsätzlich obliegt es der Behörde, durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass ihre mit der Sachbearbeitung betrauten Mitarbeiter die für die Erfüllung ihrer täglichen Aufgaben benötigten Rechtskenntnisse erwerben oder die Vorgänge in Zweifelsfällen einem Beschäftigten vorgelegt werden, der über die erforderlichen Rechtskenntnisse verfügt (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Februar 2013 - XII ZB 6/13 - FamRZ 2013, 779 Rn. 8).

2. Diesen Anforderungen wird das Berufungsurteil nur teilweise gerecht.

a) Soweit es allerdings die Frage anbelangt, ab wann das Jugendamt von dem Streithelfer erneut Auskunft hätte verlangen müssen, sind die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nicht erfüllt.

Dabei kann dahinstehen, ob dem Berufungsgericht dahin zu folgen ist, dass die zweijährige Sperrfrist des § 1605 Abs. 2 BGB auch dann anzuwenden ist, wenn die frühere Auskunft nur den Zeitraum des Beginns einer selbständigen Tätigkeit umfasste. Ebenso kann die Frage unbeantwortet bleiben, ob das Jugendamt als Beistand seinerzeit verpflichtet gewesen wäre, die anders lautende Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLGR 2000, 284) zu beachten, wonach die zweijährige Sperrfrist des § 1605 Abs. 2 BGB nicht anzuwenden sei, wenn die frühere Auskunft nur den Zeitraum des Beginns einer selbständigen Tätigkeit umfasst habe (vgl. insoweit Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 1174). Denn selbst wenn das Jugendamt verpflichtet gewesen wäre, den Streithelfer unbeschadet der an sich gegebenen Sperrfrist des § 1605 Abs. 2 BGB erneut auf Auskunft in Anspruch zu nehmen, fehlte es für den Unterhaltszeitraum von Januar 2005 bis Dezember 2005 an einem Schaden. Für den nachfolgenden - ebenfalls noch im Streit stehenden - Zeitraum von Januar 2006 bis einschließlich April 2006 wäre die Nichtbeachtung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe nicht für den von den Klägerinnen geltend gemachten Schaden kausal.

aa) Hätte der Streithelfer im Jahr 2005 auf entsprechende Anforderung des Jugendamtes Auskunft erteilt, hätte sich für ihn nach den von der Revision nicht angegriffenen und auch sonst revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen für das Jahr 2004 ein Jahresgewinn von 53.646,90 € (statt 71.151,90 € im Jahr 2003) und damit ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen von monatlich 2.746,89 € (statt 3.164,69 € im Jahr 2003) ergeben. Einen höheren Unterhalt als den auf der Grundlage der Einkünfte im Jahr 2003 urkundlich anerkannten hätten die Klägerinnen mit diesen Auskünften mithin für das Jahr 2005 nicht beanspruchen können.

bb) Anderes gilt zwar für die Unterhaltsansprüche der Klägerinnen in der Zeit von Januar bis April 2006 unter Berücksichtigung des Einkommens des Streithelfers, das er im Jahr 2005 erzielt hat. Insoweit hat das Kammergericht aufgrund der im Nachhinein erteilen Auskünfte einen Jahresgewinn von 108.558,68 € und damit ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen von monatlich 5.670,51 € ermittelt.

Jedoch wäre eine etwaige Pflichtverletzung durch die unterlassene Aufforderung zu einer aktuellen Auskunft unter Nichtbeachtung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe für einen im hier maßgeblichen Unterhaltszeitraum bis einschließlich April 2006 möglicherweise eingetretenen Schaden nicht kausal. Denn das Jugendamt wäre auch ohne die Sperrfrist des § 1605 Abs. 2 BGB vor Ablauf des ersten Halbjahres 2006 nicht verpflichtet gewesen, den Streithelfer zur erneuten Auskunft aufzufordern.

Nach wohl einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte kommt ein Selbständiger seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung, über sein Erwerbseinkommen Auskunft zu erteilen, rechtzeitig nach, wenn er den für die Ermittlung seines Einkommens erforderlichen Jahresabschluss innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres dem Auskunftsberechtigten übermittelt (OLG Bamberg FamRZ 1989, 423; OLG München FamRZ 1992, 1207, 1208). Hieraus wird der Schluss gezogen, dass für sechs Monate nach Ablauf des letzten Geschäftsjahres noch keine Auskunftspflicht besteht (Wendl/Kemper Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 427) und der Auskunftsanspruch mithin noch nicht fällig ist (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 591, 592).

Ob dem zu folgen ist, kann hier dahin stehen. Denn jedenfalls kann dem Jugendamt angesichts dieser Rechtsprechung keine Pflichtwidrigkeit vorgeworfen werden, wenn es davon abgesehen hat, vor Ablauf eines halben Jahres Auskunft zu verlangen und damit sogar möglicherweise ein Kostenrisiko einzugehen (vgl. BGH Urteil vom 5. Februar 1962 - III ZR 218/60 - BayVbl. 1962, 186).

b) Erfolg hat die Revision indes mit ihrer in der mündlichen Verhandlung erhobenen Rüge, wonach das Jugendamt nicht darauf hingewirkt hat, dass die Klägerin zu 1 mit Vollendung ihres sechsten Lebensjahres im April 2005 Unterhalt gemäß der zweiten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle erhält und dass beide Klägerinnen ab Juli 2005 mit der Geltung der Düsseldorfer Tabelle 2005 einen höheren Unterhalt verlangen konnten.

aa) Ausweislich der von den Klägerinnen zur Akte gereichten Geburtsurkunde ist die Klägerin zu 1 am 9. April 1999 geboren. Damit hatte sie am 9. April 2005 ihr sechstes Lebensjahr vollendet, so dass sie gemäß § 1612 a Abs. 3 BGB bereits für diesen Monat Unterhalt aus der zweiten Altersgruppe hätte verlangen können (bei der Einkommensstufe 10 der Düsseldorfer Tabelle 2003 also 410 € statt 339 €).

Dabei kann dahin stehen, ob die Pflichtverletzung schon darin zu sehen ist, dass sich das Jugendamt mit den vom Streithelfer erstellten, statischen Urkunden begnügt hat, statt auf dynamische Titel zu bestehen. Jedenfalls hätte es rechtzeitig darauf hinwirken müssen, dass der Streithelfer den mit Vollendung des sechsten Lebensjahres der Klägerin zu 1 zustehenden erhöhten Unterhalt zahlt.

Dem steht eine etwaige Bindung aufgrund der bereits erstellten Urkunde nicht entgegen. Denn im Falle einer - wie hier - einseitig vom Unterhaltspflichtigen erstellten Urkunde kann der Unterhaltsberechtigte ohne Bindung hieran einen höheren Unterhalt verlangen (Senatsurteil BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 Rn. 24 f.).

Unschädlich ist insoweit auch, dass der Streithelfer im Jahr 2004 ein gegenüber dem Jahr 2003 geringeres Einkommen erzielt hatte. Denn der Streithelfer hätte sich nicht mit Erfolg auf diesen - wie sich im Nachhinein gezeigt hat - nur kurzfristigen Einbruch seiner Einnahmen berufen können, zumal der nach der Rechtsprechung für die Bewertung des Einkommens Selbständiger erforderliche Dreijahresdurchschnitt zu diesem Zeitpunkt noch nicht ermittelt werden konnte.

bb) Ebenso wenig hat das Berufungsgericht beachtet, dass die Düsseldorfer Tabelle zum 1. Juli 2005 geändert worden ist und die Unterhaltsbeträge erhöht worden sind. Demnach konnte die Klägerin zu 1 für die Zeit ab Juli 2005 (unter Berücksichtigung der zweiten Altersgruppe) einen Unterhalt von 420 € (statt 410 €) und die Klägerin zu 2 von 347 € (statt 339 €) beanspruchen.

Auch insoweit trifft das Jugendamt eine Pflichtverletzung. Der Schaden liegt in der nicht gezahlten Differenz, die sich für die Klägerin zu 1 bezogen auf den noch im Streit stehenden Zeitraum bis April 2006 auf 1.023 € (410 € - 339 € = 71 € x 3 Monate [April bis Juni 2005] = 213 € zzgl. 420 € - 339 € = 81 € x 10 Monate [Juli 2005 bis April 2006] = 810 €). Die Differenz für die Klägerin zu 2 beläuft sich wegen der Änderung der Düsseldorfer Tabelle zum Juli 2005 auf 80 € (347 € - 339 € = 8 € x 10 Monate [Juli 2005 bis April 2006]). ..."

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Gemäß § 33 Abs. 1 SGB II in der bis Ende 2008 geltenden Fassung findet ein Anspruchsübergang nur insoweit statt, als der Unterhaltsberechtigte Leistungen nach dem SGB II empfangen hat. § 33 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der seit Anfang 2009 geltenden Fassung, wonach ein Anspruch auch übergeht, soweit Kinder unter Berücksichtigung von Kindergeld keine Leistungen empfangen haben und bei rechtzeitiger Leistung des anderen keine oder geringere Leistungen an die Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft erbracht worden wären, gilt nicht für Leistungen nach dem SGB II, die vor Inkrafttreten der Neuregelung erbracht worden sind (BGH, Urteil vom 01.12.2010 - XII ZR 19/09 zu SGB II §§ 9, 11, 28, 33).

*** (OLG)

Wird in einem Übergangsfall im Jahr 2021 vor Bekanntgabe der Düsseldorfer Tabelle 2022 und ohne konkrete Darlegung des Unterhaltsbedarfs, allein auf Basis der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. September 2020 - XII ZB 499/19, BGHZ 227, 41, eine familiengerichtliche Entscheidung über Kindesunterhalt in einer Höhe von mehr als 200% des Mindestunterhalts erwirkt, so ist die Unterhaltshöhe im Beschwerdeverfahren auf 200% des Mindestunterhalts und damit auf den höchsten, in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Prozentsatz des Mindestunterhalts zu begrenzen. Ein höherer Anspruch besteht nur, wenn ein höherer Unterhaltsbedarf konkret dargelegt wird. Wird in einem Übergangsfall mit der Beschwerde allein die Überschreitung eines Unterhaltssatzes von mehr als 200% des Mindestunterhalts gerügt und ist der entsprechende, erhöhte Unterhaltsbedarf auch nicht konkret dargelegt, so entspricht es gemäß § 243 Satz 1 FamFG billigem Ermessen, dass von der Erhebung von gerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren abgesehen wird und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von demjenigen Beteiligten getragen werden, bei dem sie angefallen sind (KG Berlin, Beschluss vom 10.06.2022 - 16 UF 9/22 - juris-Orientierungssatz).

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Hoher Betreuungsanteil, hohes Einkommen und Kindesunterhalt (OLG Dresden, Beschluss 30.09.2021 - 20 UF 421/21):

„... I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin für das gemeinsame Kind A. E., geboren am ...2015, beginnend ab Januar 2021 jeweils monatlich im Voraus, fällig zum 3. eines jeden Monats, laufenden Kindesunterhalt i.H.v. 160 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen staatlichen Kindergeldes für ein erstes Kind und zuzüglich der Kosten der Krankenversicherung i.H.v. monatlich 181,31 € und der hälftigen Kosten des Kindergartens i.H.v. monatlich117,79 € zu zahlen (Ziffer 1 des Beschlusstenors). Außerdem hat es den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin für A. einen rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit von April bis Dezember 2020 i.H.v. insgesamt 6.903,54 € zu zahlen (Ziffer 2 des Beschlusstenors).

Gegen die am 05.05.2021 zugestellte Entscheidung hat der Antragsgegner durch Anwaltsschriftsatz vom 01.06.2021 am selben Tag Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 24.06.2021 fristgerecht begründet. Er ist der Auffassung, das Familiengericht sei bei der Ermittlung des Unterhalts zu Unrecht davon ausgegangen, dass A. ihren Lebensmittelschwerpunkt bei ihrer Mutter habe. Dies sei tatsächlich nicht der Fall, weil A. im Wechselmodell mit nahezu gleichen Zeitanteilen von beiden Eltern betreut werde.

Zudem habe das Familiengericht nicht berücksichtigt, dass der Antragsgegner noch vier weiteren Kindern zum Unterhalt verpflichtet sei. Infolgedessen hätte es prüfen müssen, ob nicht eine ‚Abgruppierung' bei der Bemessung des Tabellenunterhalts vorzunehmen gewesen wäre. Darüber hinaus habe das Familiengericht fälschlicherweise festgelegt, dass der Antragsgegner die Kosten für die Krankenversicherung des Kindes in voller Höhe zu tragen habe. Aufgrund der nahezu paritätischen gemeinsamen Betreuung sei hingegen die Antragstellerin hieran zu beteiligen.

Gleiches gelte für den Kindergartenbeitrag, den das Familiengericht überdies zu hoch angesetzt habe. Nachweise für die Zahlung der Beiträge seien von der Antragstellerin nicht vorgelegt worden. Außerdem hätte die Antragstellerin zur Berechnung ihres Anteils Auskunft über die eigenen Einkommensverhältnisse erteilen müssen. ...

II. Die zulässige Beschwerde ist nur begründet, soweit sie sich gegen die titulierte Höhe des Kindergartenbeitrags wendet. Im Übrigen hat sie keinen Erfolg.

1. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners wird das gemeinsame Kind der Beteiligten nicht im paritätischen Wechselmodell betreut. Vielmehr befindet sich A. in der Obhut der Antragstellerin i.S.v. § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB.

a) Betreuen beide Eltern das Kind trotz ihrer Trennung weiter, so kommt es für die Beurteilung, ob ein paritätisches Wechselmodell vorliegt, darauf an, bei wem der Schwerpunkt der Pflege und Erziehung des Kindes liegt. Nach den - vom Antragsgegner nicht angefochtenen - Feststellungen des Familiengerichts findet der Umgang des Antragsgegners mit seiner Tochter A. aufgrund einer Zwischenvereinbarung der Eltern vom 13.07.2020 14tägig jeweils von Mittwoch nach dem Kindergarten (ca. 15:30 Uhr) bis zum darauffolgenden Dienstag (Verbringung zum Kindergarten) statt. Nach dieser Regelung betreut der Antragsgegner A. an sechs von 14 Tagen. Insoweit hat das Familiengericht den Schwerpunkt der Betreuung mit Recht auf Seiten der Mutter gesehen. Auch wenn der Antragsgegner nunmehr vorträgt, dass er statt des sich hieraus ergebenden rechnerischen Anteils von 43 % A. mit einem Anteil von 45 % betreut, gibt dies dem Senat im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH FamRZ 2014, 917 Rdn. 14 f.) keinen Anlass zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Denn diese Rechtsprechung setzt keinen deutlich überwiegenden Betreuungsanteil eines Elternteils, sondern nur einen (noch) feststellbaren Schwerpunkt voraus, der jedenfalls bei einer 6:8 - Verteilung ohne einzelfallspezifische Besonderheiten, für die hier nichts ersichtlich ist, gegeben ist.

b) Die Antragstellerin ist somit befugt, den Unterhalt für das gemeinsame Kind der Beteiligten im Wege der Verfahrensstandschaft gemäß § 1603 Satz 1 BGB geltend zu machen. Die Verfahrensstandschaft dauert über die Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses bis zum Abschluss des Unterhaltsverfahrens fort, solange - wie hier - der antragstellende Elternteil die elterliche Sorge hat. Bei dieser Sachlage ist die Antragstellerin lediglich hinsichtlich des Mehrbedarfs des Kindes (Kindergartenbeitrag) am Kindesunterhalt zu beteiligen.

2. Der Antragsgegner beruft sich zudem ohne Erfolg darauf, dass der Unterhalt nach einer niedrigeren Einkommensgruppe zu bemessen sei. Vielmehr sind die Beteiligten bislang übereinstimmend davon ausgegangen, dass beide über ein Einkommen über dem Höchstbetrag der Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts verfügen, ohne dies im Einzelnen genauer darzulegen. Darüber hinaus hat der Antragsgegner erstinstanzlich Unterlagen vorgelegt, wonach er allein aus abhängiger Beschäftigung ein monatliches Einkommen i.H.v. 7.274,95 € bezieht. Selbst wenn man die vom Antragsgegner für seine volljährigen Kinder S. (geboren am ...1999) und J. (geboren am ...2001) behaupteten monatlichen Zahlungen i.H.v. insgesamt 752,50 € als auch für das minderjährige Kind R. (geboren am ...2008) i.H.v. 115,00 € in Ansatz brächte, wäre der Einkommensbetrag der höchsten Einkommensgruppe nicht unterschritten. Für das minderjährige Kind L. (geboren am ...2005) ist die Unterhaltsgestaltung nach dem Beschwerdevorbringen noch nicht geklärt, so dass auch dieser Gesichtspunkt keine Berücksichtigung finden kann. Insoweit vermag das nicht näher konkretisierte Vorbringen des Antragsgegners keine Herabstufung zu rechtfertigen.

Demnach verbleibt es bei der Verpflichtung des Antragsgegners, 160 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen staatlichen Kindergeldes für ein erstes Kind zu zahlen. Der rechnerische Wert für den monatlichen Zahlbetrag (519,50 €) wäre zwar nach § 1612a Abs. 2 Satz 2 BGB auf den nächsten vollen Eurobetrag aufzurunden. Einer entsprechenden Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung steht jedoch das Verschlechterungsverbot entgegen, so dass es bei dem vom Familiengericht titulierten Zahlbetrag (519,50 €) verbleibt.

3. Die Antragstellerin hat die vom Antragsgegner zu erstattenden Beiträge für die Krankenversicherung (von April bis Dezember 2020: 160,27 €; ab 01.01.2021: 181,31 €) hinreichend dargelegt und belegt. Ausweislich der Mitteilung der xxx vom 20.11.2020 werden die Beiträge vom Konto der Antragstellerin eingezogen. Die Kosten für die private Krankenversicherung gehören zum Bedarf des Kindes und sind allein vom Antragsgegner zu tragen. Auch insoweit kann sich der Antragsgegner nicht auf die Voraussetzungen für ein paritätisches Wechselmodell berufen.

4. Lediglich die Kosten des Mehrbedarfs (Kindergartenbeitrag) sind der Höhe nach zu korrigieren. Die Antragstellerin zahlte -entgegen den Feststellungen in dem angefochtenen Beschluss (monatlich 235,57) - ausweislich der ihr vorgelegten Bescheinigung der Kindereinrichtung vom 04.03.2021 im April 2020 nur einen Beitrag i.H.v. 85,76 € und ab Mai 2020 190,57 €. Folglich ist der vom Familiengericht titulierte Rückstand wie folgt neu zu berechnen:

Mehrbedarf im April 2020: 85,76 € : 2 = 42,88 €
Mehrbedarf Mai bis Dezember 2020: 190,57 € : 2 = 95,29 € x 8 Monate = 762,28 €
Unterhaltsrückstand von April bis Dezember 2020: 489,00 € x 9 Monate = 4.401,00 €
Krankenversicherung von April bis Dezember 2020: 160,27 € x 9 Monate = 1.442,43 €
Rückstand insgesamt: 6.648,59 €.

Die vom Familiengericht vorgenommene hälftige Aufteilung des Mehrbedarfs ist dabei nicht zu beanstanden. Der Senat folgt dem Antragsgegner im Ausgangspunkt darin, dass beide Elternteile für den Mehrbedarf anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen aufzukommen zu haben (BGH, FamRZ 2008, 1152 ff., Rdn. 28, zitiert nach juris). Angesichts des bisherigen Sachvortrags der Beteiligten vermag der Senat jedoch nicht zu erkennen, dass sich die Antragstellerin zu einem größeren Anteil als der Antragsgegner an den Mehrbedarfskosten zu beteiligen hat. Denn nach dem erstinstanzlichen - und vom Antragsgegner nicht bestrittenen - Vortrag der Antragstellerin verfügen beide Elternteile jeweils über ein Einkommen über dem Höchstbetrag der Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts. Hierauf gestützt hat die Antragstellerin den Mehrbedarf berechnet, indem sie diesen zu gleichen Anteilen festgelegt hat. Demnach ist das Vorbringen der Antragstellerin dahingehend auszulegen, dass beide Eltern über ein nahezu gleiches Einkommen (und jedenfalls nicht sie über ein höheres als der Antragsgegner) verfügen. Nunmehr wäre der Antragsgegner gehalten gewesen darzulegen, dass die Antragstellerin entgegen ihrer Aussage über ein deutlich höheres Einkommen als er selbst verfüge, mithin mehr als die Hälfte der Kindergartenkosten zu tragen habe. Dies ist jedoch nicht geschehen, so dass es bei der hälftigen Verteilung dieser Kosten zu verbleiben hat. ..."

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Ein minderjähriges Kind hat einen Anspruch auf die Errichtung eines unbefristeten Titels über zu zahlenden Kindesunterhalt, also eines Titels, der nicht auf die Zeit der Minderjährigkeit begrenzt ist (OLG Bamberg, Beschluss vom 14.05.2018 - 2 UF 14/18).

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Auch der Tabellenunterhalt nach der höchsten Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle deckt keinen zum Mindestunterhalt wesensverschiedenen Aufwand, sondern zielt auf eine Bedarfsdeckung auf höherem Niveau (Anschluss an BGH FamRZ 2009, 962). Monatliche freiwillige Zusatzleistungen des Barunterhaltspflichtigen für Reit- und Klavierunterricht in Höhe von 305,- € können nur teilweise als bedarfsdeckend im Hinblick auf den Elementarbedarf angesehen werden; überwiegend decken sie einen Mehrbedarf des Kindes (OLG Hamm, Urteil vom 11.07.2012 - 12 UF 319/11).

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Sieht ein dynamischer Unterhaltstitel die Anrechnung von Kindergeld vor, muss der Anteil des anzurechnenden Kindergeldes aus dem Titel heraus berechenbar sein (z.B.: die Hälfte des staatlichen Kindergeldes für ein erstes Kind). Ein Betrag muss nicht aufgeführt sein (OLG Dresden, Beschluss vom 15.02.2011 - 23 WF 576/10)..

***

„... Für den im Land Brandenburg wohnenden Kläger, der den Regelbetrag bzw. den Mindestunterhalt abzüglich hälftigen Kindergelds gemäß § 1612 a BGB in der ab 1.1.2008 geltenden Fassung verlangt, ist zunächst der Regelbetrag der 2. Altersstufe von 228 €, und ab Juli 2007 von 226 € (Anlage I zu den Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2005 bzw. 1.7.2007) in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Da der Kläger am …11.2007 das 12. Lebensjahr vollendet hat, erhöht sich der Regelbetrag gemäß § 1612 a Abs. 3 Satz 2 BGB in der bis 31.12.2007 geltenden Fassung von November 2007 an auf 267 €. Der Mindestunterhalt der 3. Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergelds beträgt gemäß § 1612 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BGB in der ab 1.1.2008 geltenden Fassung i. V. m. § 36 Nr. 4 c EGZPO 288 € (= 365 € - 77 e).

Bei der Unterhaltsberechnung ist nur noch der am ... 1989 geborene Sohn Ma… M… zu berücksichtigen. Die Söhne S… und M… S… sind im Unterhaltszeitraum von Anfang an volljährig, der Beklagte hat selbst nicht behauptet, für sie weiterhin unterhaltspflichtig zu sein. Ma… M… ist am ...4.2007 volljährig geworden, sodass mangels gegenteiligen Vorbringens des Beklagten eine Fortdauer der Unterhaltsverpflichtung nicht angenommen werden kann. Für den Sohn J… L… muss der Beklagte nach eigenem Vortrag im Hinblick auf anderweitige Leistungen keinen Barunterhalt zahlen.

Somit sind in der Zeit von August 2006 bis zum 9.4.2007 die für den Unterhalt zur Verfügung stehenden 210 € auf Ma… und den Kläger aufzuteilen. Der Regelbetrag für den in Niedersachsen, einem der alten Bundesländer, lebenden Ma… beträgt 291 €, derjenige für den im Land Brandenburg lebenden Kläger 228 €. Es ergibt sich ein Gesamtbedarf von 519 €. Bei der vorzunehmenden Mangelverteilung entfällt auf den Kläger ein Betrag von 92,25 € (= 228 € x 210 € : 519 €), der gemäß § 1612 a Abs. 2 Satz 2 BGB auf 93 € aufzurunden ist.

In der Zeit vom 10.4.2007 bis Juni 2007 entfallen die vom Einkommen des Beklagten verbleibenden 210 € allein auf den Kläger. Im Juli 2007 sind es die 200 €. Von August 2007 an stehen vom Einkommen des Beklagten 704 € für den Unterhalt zur Verfügung, sodass der Beklagte den vom Kläger verlangten Unterhalt in Höhe von 226 € bis Oktober 2007, von 267 € für November und Dezember 2007 sowie den Mindestunterhalt nach Kindergeldabzug von 288 € ab 1.1.2008 ohne weiteres zahlen kann und muss. Die dem Beklagten zu zahlenden Unterhaltsbeträge sind konkret festzulegen, da sie bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Mindestunterhalt im Sinne des § 1612 a Abs. 1 BGB in der ab 1.1.2008 geltenden Fassung den Betrag von 365 € (abzüglich hälftigen Kindergelds) übersteigt, beziffert werden können. Erst von da an ist der Unterhalt dynamisiert als Mindestunterhalt der 3. Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergelds zu bezeichnen. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 06.05.2008 - 10 UF 222/07)

§ 1612 b Deckung des Barbedarfs durch Kindergeld

(1) Das auf das Kind entfallende Kindergeld ist zur Deckung seines Barbedarfs zu verwenden:

1. zur Hälfte, wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2);
2. in allen anderen Fällen in voller Höhe.

In diesem Umfang mindert es den Barbedarf des Kindes.

(2) Ist das Kindergeld wegen der Berücksichtigung eines nicht gemeinschaftlichen Kindes erhöht, ist es im Umfang der Erhöhung nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen.

Hinweis:

Nun gilt ein bedarfsmindernder Vorwegabzug des Kindergeldes. Eine Anrechnung des Kindergeldes auf den Barunterhaltsanspruch des Kindes erfolgt nicht mehr.

Die komplizierten Verrechnungsbestimmungen sind entfallen.

Leitsätze/Entscheidungen:

Die Neuregelung der Kindergeldanrechnung in § 1612 b BGB sowie die aus ihr folgende Berechnung nachrangig geschuldeten Unterhalts verletzen nicht Art. 3 I GG. Es stellt daher keine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte dar, wenn gem. § 1612 b BGB n.F. das Kindergeld bereits auf den Unterhaltsbedarf des Kindes angerechnet und demzufolge bei der Ermittlung des nachrangigen Ehegattenunterhalts vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen lediglich der Zahlbetrag an Kindesunterhalt abgesetzt wird (BVerfG, Beschluss vom 14.07.2011 - 1 BvR 932/10, NJW 2011, 3215 ff).

*** (BGH)

Der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG ist unterhaltsrechtlich in voller Höhe als Einkommen des Kindes zu behandeln. Eine Aufteilung in einen Barunterhalts- und einen Betreuungsunterhaltsteil findet nicht statt. Im Rahmen der Bemessung des Selbstbehalts des Kindesunterhaltspflichtigen sind die von diesem für seinen Familienverband getragenen Wohnkosten nur anteilig zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. März 2016 - XII ZB 693/14, BGHZ 209, 243 = FamRZ 2016, 887; BGH, Beschluss vom 28.10.2020 - XII ZB 512/19):

„... A. Das antragstellende Land macht als Träger der Unterhaltsvorschusskasse Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht gegen den Antragsgegner geltend.

Der Antragsgegner ist der Vater des im November 2005 geborenen, aus erster Ehe hervorgegangenen Sohnes D. Der Antragsgegner hat im Jahre 2014 erneut geheiratet und mit seiner neuen, nicht erwerbstätigen Ehefrau zwei - im Januar 2010 und im Februar 2015 geborene - Kinder. Er ist als Lkw-Fahrer im Nahverkehr mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 45 Stunden erwerbstätig und erzielt ein jährliches Nettoeinkommen von 22.963,68 €, in dem ein Verpflegungskostenzuschuss von 1.710 € enthalten ist.

Von September 2018 bis einschließlich Februar 2019 erhielt der Antragsgegner für die beiden Kinder aus zweiter Ehe einen monatlichen Kinderzuschlag (§ 6 a BKGG) von 150 € pro Kind; nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts beläuft sich der Kinderzuschlag seit März 2019 auf jeweils 167,50 €. Als Monatsmiete für die Wohnung der vierköpfigen Familie hat der Antragsgegner 555,72 € inklusive der Nebenkostenvorauszahlungen zu entrichten. Bis einschließlich November 2018 bezog er zusätzlich zu seinem Erwerbseinkommen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch von monatlich 37,59 €.

Der Antragsteller erbringt seit Juli 2018 für D. monatliche Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von 273 €. Mit Schreiben vom 10. Juli 2018 erfolgte gegenüber dem Antragsgegner die Rechtswahrungsanzeige mit der Aufforderung zur Auskunftserteilung.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, den Antragsgegner ab Juli 2018 zur Zahlung von Kindesunterhalt für D. in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts abzüglich des vollen Kindergelds zu verpflichten. Der Antragsgegner hat den Anspruch in Höhe von 51 € anerkannt. Das Amtsgericht hat den Antragsgegner mit Teilanerkenntnis- und Schluss-Beschluss zur Zahlung von monatlich 198 € ab Juli 2018 verpflichtet. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht den Unterhalt teilweise herabgesetzt, nämlich für Juli und August 2018 auf Zahlung von monatlich 144 €, für September bis Dezember 2018 von monatlich 192 € sowie für Januar und Februar 2019 von monatlich 165 €. Für den Zeitraum ab März 2019 hat es die Beschwerde insgesamt zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, soweit sich der monatliche Unterhalt für Juli bis Dezember 2018 auf über 53 €, für Januar bis Juni 2019 auf über 68 € und für den Zeitraum ab Juli 2019 auf über 80 € beläuft.

B. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I. Die Rechtsbeschwerde ist in vollem Umfang zulässig; sie ist insbesondere unbeschränkt vom Oberlandesgericht zugelassen worden. Dieses hat zwar in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses die Behandlung des Kinderzuschlags als die Rechtsfrage benannt, die Anlass für die Rechtsbeschwerdezulassung war. Dem lässt sich jedoch nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen, dass es sich dabei nicht nur um die Darlegung der Zulassungsmotivation handelt, sondern die Zulassung auf den Unterhaltszeitraum ab September 2018 beschränkt werden sollte (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 223, 203 = FamRZ 2020, 21 Rn. 20 ff. mwN).

II. Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2020, 30 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

Das Nettoeinkommen des Antragsgegners sei um zwei Drittel des darin enthaltenen Verpflegungskostenzuschusses und mithin um jährlich 1.140 € zu bereinigen, weil lediglich von einer häuslichen Ersparnis in Höhe von einem Drittel auszugehen sei. Die bis Dezember 2018 bezogenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkten nicht bedarfsdeckend und seien daher nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen. Auch der Kinderzuschlag stelle kein Einkommen des Antragsgegners dar. Sozialrechtlicher Sinn und Zweck sei es zu vermeiden, dass die Eltern allein aufgrund der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder Arbeitslosengeld II und Sozialgeld in Anspruch nehmen müssten. Der Kinderzuschlag ziele darauf ab, den Kindesbedarf zu decken, weshalb es sich um eine zweckgebundene Leistung und entsprechend der sozialrechtlichen Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 5 SGB II auch unterhaltsrechtlich um Einkommen des Kindes handele. Dem Antragsgegner sei mit Blick auf seine regelmäßige Arbeitszeit von 45 Wochenstunden und den Umgang mit seinen Kindern kein fiktives Einkommen aus einer Nebentätigkeit zuzurechnen. Unter Berücksichtigung von Fahrtkosten und Steuererstattungen ergebe sich daher für 2018 ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.440,21 € und ab Januar 2019 in Höhe von 1.455,87 €.

Der vom Antragsgegner bezogene Kinderzuschlag sei in voller Höhe für den Unterhalt der beiden Kinder aus zweiter Ehe einzusetzen, weil der Antragsgegner mit seiner Ehefrau und den Kindern, für die der Kinderzuschlag gezahlt werde, zusammenlebe. In einem solchen Fall habe keine Aufteilung des Zuschlagsbetrags auf die beiden Eltern zu erfolgen. Daher sei der insgesamt gezahlte Zuschlag je zur Hälfte auf den Bedarf der beiden Kinder aus zweiter Ehe anzurechnen, wobei die Anrechnung dadurch begrenzt werde, dass die beim Antragsgegner lebenden Kinder durch die Unterhaltsberechnung nicht (wieder) sozialhilfebedürftig werden dürften. Der notwendige Selbstbehalt des Antragsgegners sei nicht wegen der 380 € übersteigenden Wohnkosten zu erhöhen. Bereits die hälftige Aufteilung der Mietkosten auf die Ehegatten führe nämlich zur Wahrung des notwendigen Selbstbehalts.

Die vorzunehmende Mangelfallberechnung ergebe für D. einen monatlichen Kindesunterhalt von 144 € für Juli und August 2018, von 214 € für September bis Dezember 2018, von 221 € für Januar und Februar 2019, von 234 € für März bis Juni 2019 und von 236 € ab Juli 2019, wobei - weil der Antragsteller keine Beschwerde führe - der vom Amtsgericht ausgesprochene Betrag von 198 € die Obergrenze darstelle. Aus einer diesen Unterhalt für D. sowie das Kindergeld und den Kinderzuschlag für die beiden Kinder aus zweiter Ehe einbeziehenden sozialhilferechtlichen Kontrollberechnung für die aus dem Antragsgegner, seiner Ehefrau und den beiden Kindern bestehende Bedarfsgemeinschaft folge für die Zeit von September bis Dezember 2018 eine monatliche Unterdeckung von rund 6 € sowie für Januar und Februar von rund 33 €. Um diese Beträge sei der Unterhalt für D. nach unten zu korrigieren, so dass er sich statt auf 198 € für September bis Dezember 2018 auf 192 € sowie für Januar und Februar 2019 auf 165 € belaufe.

III. Die angefochtene Entscheidung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Der Antragsgegner ist seinem Sohn D. jedenfalls im vom Oberlandesgericht zugesprochenen Umfang gemäß § 1601 BGB zum Barunterhalt verpflichtet. Die Unterhaltsansprüche sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG kraft Gesetzes auf den Antragsteller übergegangen.

1. Der Antragsteller hat lediglich den Mindestunterhalt nach § 1612 a Abs. 1 BGB geltend gemacht, so dass der Unterhaltsbedarf des Kindes gemäß § 1610 BGB keine besondere Darlegung erfordert (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 599/13 - FamRZ 2015, 236 Rn. 13; Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 2 Rn. 224). Die Unterhaltsbedürftigkeit von D. im Sinne von § 1602 BGB steht außer Streit. Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 UVG kann der Antragsteller den Unterhaltsanspruch des Kindes auch für die Zukunft geltend machen (vgl. auch Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 8 Rn. 275).

2. Der Antragsgegner ist jedenfalls in dem vom Oberlandesgericht angenommenen Umfang für die Zahlung des Unterhalts leistungsfähig im Sinne des § 1603 BGB. Die Beschwerdeentscheidung enthält keinen Rechtsfehler zum Nachteil des die Rechtsbeschwerde führenden Antragsgegners.

a) Zu Unrecht macht die Rechtsbeschwerde geltend, der dem Antragsgegner zuzubilligende notwendige Selbstbehalt sei wegen höherer als den in den Leitlinien des Oberlandesgerichts vorgesehenen Wohnkosten heraufzusetzen.

Allerdings kann im Einzelfall eine Erhöhung des Selbstbehalts in Frage kommen, wenn der darin enthaltene Wohnkostenanteil - nach den Umständen nicht vermeidbar - überschritten wird (Senatsbeschluss BGHZ 209, 243 = FamRZ 2016, 887 Rn. 19; vgl. auch Wendl/Dose/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 469; Wendl/Dose/Guhling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 5 Rn. 23). Das Oberlandesgericht hat dies hier jedoch zu Recht verneint. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen stand dem Antragsgegner im Rahmen seines notwendigen Selbstbehalts für Wohnkosten ein Betrag von 380 € zu (vgl. Ziffer 21.2 der Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht). Die vom Antragsgegner angeführten Wohnkosten von monatlich 557 € fallen aber nicht nur für ihn an, sondern decken auch den Wohnbedarf seiner Ehefrau und der beiden gemeinsamen Kinder, was grundsätzlich durch eine nur anteilige Berücksichtigung der anfallenden Wohnkosten beim unterhaltspflichtigen Antragsgegner abzubilden ist (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 209, 243 = FamRZ 2016, 887 Rn. 19; Wendl/Dose/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 469; Wendl/Dose/Guhling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 5 Rn. 27). Bereits die vom Oberlandesgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise vorgenommene Aufteilung der Wohnkosten auf den Antragsgegner und seine gegenüber D. nach § 1606 Abs. 1 BGB unterhaltsrechtlich nachrangige Ehefrau führt dazu, dass für den Antragsgegner 380 € deutlich unterschritten werden.

Im Übrigen weist der Antragsteller - wie schon in der Vorinstanz - mit der Rechtsbeschwerdeerwiderung zu Recht darauf hin, dass dem Antragsgegner - jedenfalls für den Zeitraum ab Ende des Bezugs von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WoGG) - die Beantragung von Wohngeld möglich ist. Den Unterhaltsschuldner trifft die Obliegenheit, sich ihm mögliche und zumutbare Einkommensquellen zu erschließen, was in erhöhtem Maße im Mangelfall gilt. Daher ist er gehalten, seine Wohnkosten durch die Inanspruchnahme von Wohngeld zu senken (vgl. Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 2 Rn. 392; Wendl/Dose/Guhling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 5 Rn. 26). Da es insoweit um die Frage der eingeschränkten Leistungsfähigkeit im Sinne des § 1603 BGB geht, hat der Unterhaltsschuldner darzulegen und zu beweisen, dass er dieser Obliegenheit nachgekommen ist (vgl. Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 2 Rn. 392). Entsprechenden Vortrag hat der Antragsgegner aber nicht gehalten.

b) Gegen die Erwägungen, die das Oberlandesgericht zu dem vom Antragsgegner für seine beiden Kinder aus zweiter Ehe bezogenen Kinderzuschlag angestellt hat, wendet sich die Rechtsbeschwerde ebenfalls ohne Erfolg.

aa) Das gilt zum einen, soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, ab März 2019 habe sich der Kinderzuschlag nicht - wie vom Oberlandesgericht festgestellt - auf insgesamt monatlich 335 €, sondern lediglich auf 230 € belaufen und zudem sei eine Bewilligung nur bis einschließlich August 2019 erfolgt, so dass der Kinderzuschlag nur insoweit in die Unterhaltsberechnung einfließen könne.

Der Einwand zur Höhe des bewilligten Kinderzuschlags ist unbeachtlich, weil es sich dabei um eine - in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses erfolgte (vgl. BGH Beschluss vom 19. März 2015 - I ZR 139/14 - TranspR 2016, 485 Rn. 10 mwN) - tatbestandliche Feststellung des Oberlandesgerichts im Sinne von § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 314 ZPO handelt. Solche Feststellungen eines Berufungsgerichts können nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mit der Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO angegriffen, sondern allein mit einem - hier nicht erfolgten - Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 320 ZPO beseitigt werden. Entsprechendes gilt in Familienstreitsachen, wie sich aus §§ 74 Abs. 3 Satz 3, 71 Abs. 3 Nr. 2 lit. b FamFG und § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 320 ZPO ergibt (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 198, 242 = FamRZ 2013, 1958 Rn. 28 f. mwN).

Rechtlich nicht zu beanstanden ist weiterhin, dass das Oberlandesgericht den Kinderzuschlag auch über den 31. August 2019 hinaus berücksichtigt hat, obwohl im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung eine Bewilligung - der gesetzlichen Vorgabe des § 6 a Abs. 7 BKGG entsprechend - nur für sechs Monate und damit bis Ende August 2019 erfolgt war. Denn die Bemessung künftigen Unterhalts erfordert eine Prognose der dem Unterhaltsanspruch zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Mai 2019 - XII ZB 613/16 - FamRZ 2019, 1415 Rn. 39), für die das Oberlandesgericht von einer weiteren Bewilligung des Kinderzuschlags in gleichbleibender Höhe ausgehen durfte.

bb) Zum anderen begegnet auch die durch das Oberlandesgericht vorgenommene Behandlung des vom Antragsgegner für seine beiden Kinder aus zweiter Ehe bezogenen Kinderzuschlags als deren Einkommen, das im Rahmen der Unterhaltsermittlung für D. in vollem Umfang auf den für sie zu berücksichtigenden Kindesunterhaltsanspruch anzurechnen ist, keinen rechtlichen Bedenken.

(1) Der Kinderzuschlag ist zum 1. Juli 2019 durch das Gesetz zur zielgenauen Stärkung von Familien und ihren Kindern durch die Neugestaltung des Familienzuschlags und die Verbesserung der Leistungen für Bildung und Teilhabe vom 29. April 2019 (Starke-Familien-Gesetz - StaFamG; BGBl. I S. 530) neu geregelt worden. Nach § 6 a Abs. 1 BKGG erhalten Personen - wie bereits zuvor - für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete oder nicht verpartnerte Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, einen Kinderzuschlag, wenn sie für diese Anspruch auf Kindergeld oder andere Leistungen im Sinne des § 4 BKGG haben (Nr. 1), ihr Einkommen bestimmte Grenzen übersteigt (vgl. Nr. 2) und bei Bezug von Kinderzuschlag keine - bzw. nur eine stark eingeschränkte (vgl. § 6 a Abs. 1a BKGG) - Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II besteht (vgl. Nr. 3). Der Höhe nach beläuft sich der Kinderzuschlag aktuell auf bis zu 185 € pro Kind (vgl. §§ 6 a Abs. 2 und 3, 20 Abs. 3 BKGG; bis 30. Juni 2019 bis zu 170 € monatlich, § 6 a Abs. 2 Satz 1 BKGG aF); die Summe der einzelnen Kinderzuschläge bildet gemäß § 6 a Abs. 4 BKGG den Gesamtkinderzuschlag (§ 6 a Abs. 2 Satz 2 BKGG aF), über den nach § 6 a Abs. 7 Satz 1 BKGG (zuvor als Soll-Vorschrift in § 6 a Abs. 2 Satz 3 BKGG aF) für einen Bewilligungszeitraum von jeweils sechs Monaten zu entscheiden ist (vgl. zum Ganzen etwa Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 684). Gezahlt wird der Kinderzuschlag an den Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt (§ 3 Abs. 1 und 2 Satz 1, § 6 a Abs. 1 BKGG).

(2) Die unterhaltsrechtliche Einordnung des Kinderzuschlags ist streitig.

Teilweise wird vertreten, es handele sich beim Kinderzuschlag um Einkommen der Eltern, auf die er hälftig zu verteilen sei (OLG Brandenburg Beschluss vom 4. März 2013 - 9 UF 188/12 - juris Rn. 7 f.), bzw. um Einkommen desjenigen Elternteils, an den der Kinderzuschlag gezahlt wird (Klinkhammer FamRZ 2004, 1909, 1912; Scholz FPR 2006, 329, 333). Eine andere Meinung will den Kinderzuschlag unterhaltsrechtlich zwar als Einkommen des Kindes behandeln, aber jedenfalls dann, wenn die unterhaltspflichtigen Eltern getrennt leben, wie beim Kindergeld eine Aufteilung in einen Barunterhalts- und einen Betreuungsunterhaltsteil vornehmen, wobei im Falle des Nichterreichens des Mindestunterhalts eine Anrechnung unterbleiben soll (Borth FamRZ 2019, 853, 855 f.; BeckOGK/Kliebisch [Stand: 1. August 2020] BGB § 1612 b Rn. 54.1; jurisPK-BGB/Viefhues [Stand: 28. September 2020] § 1612 b Rn. 5).

Nach überwiegender Auffassung ist der Kinderzuschlag hingegen unterhaltsrechtlich Einkommen des Kindes, das im gesamten Umfang seiner Zahlung einem Unterhaltsanspruch entgegensteht (Conradis in Eschenbruch/Schürmann/Menne Der Unterhaltsprozess 6. Aufl. Kap. 5 Rn. 126; Ehinger in Ehinger/Rasch/Schwonberg/Siede Handbuch Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rn. 1.289; FA-FamR/Gerhardt 11. Aufl. Kap. 6 Rn. 148; Götsche jurisPR-FamR 22/2019 Anm. 6; Margraf in Koch Handbuch Unterhaltsrecht § 1 Rn. 251; Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1602 Rn. 67; Weinreich/Klein/Kleffmann Familienrecht 6. Aufl. Grundlagen der Einkommensermittlung Rn. 174; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 686 f.; im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf JAmt 2013, 659; Schürmann FF 2005, 10, 11 f.).

(3) Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend.

(a) Allerdings steht der Anspruch auf Kinderzuschlag nur demjenigen Kindergeldberechtigten zu, in dessen Haushalt das Kind lebt. Ein dem Kindergeld vergleichbarer Ausgleich zwischen den Eltern ist vom Gesetz nicht angeordnet, weil der Kinderzuschlag weder Kindergeld im Sinne des § 1612 b BGB ist noch eine der von § 1612 c BGB erfassten kindbezogenen, den Anspruch auf Kindergeld ausschließenden Leistungen (vgl. Klinkhammer FamRZ 2004, 1909, 1912).

Gleichwohl handelt es sich im Ergebnis nicht um unterhaltsrechtlich zu berücksichtigendes Einkommen des beziehenden Elternteils, sondern - der sozialrechtlichen Einordnung des § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II entsprechend - um dem jeweiligen Kind zuzurechnendes Einkommen. Denn der Kinderzuschlag ist eine zweckgebundene Leistung, mit der der Gesetzgeber Eltern, deren eigener Bedarf durch ihr Einkommen oder Vermögen zumindest im Wesentlichen (vgl. § 6 a Abs. 1a BKGG) gedeckt ist, davor bewahren will, Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld beantragen zu müssen, um den notwendigen Lebensunterhalt ihrer minderjährigen Kinder sicherstellen zu können (vgl. BSG FamRZ 2018, 1898 Rn. 17; Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1602 Rn. 67; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 684; BT-Drucks. 15/1516 S. 83). Der Kinderzuschlag soll nach der gesetzgeberischen Intention zusammen mit dem Kindergeld den durchschnittlichen Bedarf eines Kindes in Höhe des steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimums mit Ausnahme der von § 6 b BKGG gesondert geregelten Leistungen für Bildung und Teilhabe abdecken (vgl. BT-Drucks. 19/7504 S. 2, 22; BT-Drucks. 15/1516 S. 83). Mithin soll gerade nicht der durch Eigeneinkünfte bereits gedeckte Bedarf der Eltern, sondern gezielt ein sonst ungedeckter Unterhaltsbedarf des Kindes sichergestellt werden, so dass ein gezahlter Kinderzuschlag auch für diesen Bedarf verwendet werden und daher dem Kind unterhaltsrechtlich zukommen muss (vgl. Heiß/Born Unterhaltsrecht [Stand: Januar 2020] Kap. 3 Rn. 293; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 686). Bestätigt wird das im Übrigen dadurch, dass die Höhe des Kinderzuschlags ab dem 1. Januar 2021 gemäß § 6 a Abs. 2 Satz 2 BKGG hilfsweise an den Mindestunterhalt gekoppelt ist.

Nicht zu entscheiden ist hier allerdings über die Behandlung des Kinderzuschlags bei der Bemessung der Barunterhaltspflicht eines Elternteils, der nicht dem Familienverband des Kindes angehört, für das der Kinderzuschlag gezahlt wird. Auch wenn der Gesetzgeber mit dem Starke-Familien-Gesetz eine gezielte Förderung des Familienverbands bezweckt hat, dürfte insoweit keine andere rechtliche Beurteilung geboten sein (so aber Borth FamRZ 2019, 853, 855). Denn die gesetzliche Regelung zielt nach wie vor auf die Deckung des sächlichen Existenzminimums des Kindes. Hierfür sind nach der gesetzgeberischen Konzeption aber Kinderzuschlag und Kindesunterhalt nicht kumulativ erforderlich. Mit § 6 a Abs. 3 Satz 3 BKGG, wonach Einkommen des Kindes - zu dem auch gezahlter Kindesunterhalt gehört (vgl. jurisPK-SGB II/Kühl [Stand: 15. April 2020] § 6 a BKGG Rn. 67) - den Kinderzuschlag um 45 % mindert, ist zwar inzwischen angeordnet, dass dem Unterhalt beziehenden Kind sozialrechtlich mehr als das sächliche Existenzminimum verbleibt. Auf die unterhaltsrechtliche Einordnung des Kinderzuschlags als den Bedarf des Kindes deckendes Einkommen hat das jedoch keinen Einfluss.

(b) Für die teilweise geforderte Aufteilung des Kinderzuschlags in einen Barunterhalts- und einen Betreuungsunterhaltsteil besteht keine rechtliche Grundlage. Beim Kindergeld beruht die nur hälftige Anrechnung auf den Barbedarf des minderjährigen Kindes, wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB), auf der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB, mit der keine Regelung für den Kinderzuschlag getroffen wird. Aber auch die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung (vgl. dazu etwa Senatsbeschlüsse BGHZ 220, 58 = FamRZ 2018, 1919 Rn. 16 mwN und vom 22. April 2020 - XII ZB 383/19 - FamRZ 2020, 1009 Rn. 36 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) dieser Norm auf den Kinderzuschlag liegen nicht vor.

(aa) Zweifelhaft ist schon das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke. Der Kinderzuschlag gemäß § 6 a BKGG ist mit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) mit Wirkung ab 1. Januar 2005 eingeführt worden. Obwohl der Gesetzgeber sich in der Folgezeit immer wieder mit § 6 a BKGG befasst hat, hat er den Kinderzuschlag weder in § 1612 b BGB aufgenommen noch für ihn anderweitig eine vergleichbare Regelung getroffen. Ebenso wenig hat er die grundlegende Neukonzeption des § 1612 b BGB durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) zum Anlass genommen, den zu diesem Zeitpunkt bereits im Bundeskindergeldgesetz normierten Kinderzuschlag in die Bestimmung einzubeziehen.

(bb) Jedenfalls aber ist die für eine Analogie erforderliche Vergleichbarkeit nicht gegeben, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht nicht so weit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Denn die Situation stellt sich für den Kinderzuschlag auch dann anders als beim Kindergeld dar, wenn im Rahmen der Unterhaltsberechnung für den nicht dem Familienverband angehörenden D. ein Getrenntleben des Antragsgegners von seiner jetzigen Ehefrau fingiert wird, um den Barunterhaltsanspruch der beiden gemeinsamen Kinder zu ermitteln, oder wenn die Eltern tatsächlich getrennt leben.

Beim Kindergeld sind gemäß § 1 BKGG grundsätzlich beide Elternteile anspruchsberechtigt und § 3 Abs. 2 Satz 1 BKGG stellt lediglich für die Frage der Gewährung darauf ab, welcher Elternteil das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Demgegenüber ist für den Kinderzuschlag bereits die Anspruchsberechtigung gemäß § 6 a Abs. 1 BKGG daran gekoppelt, dass das Kind im Haushalt des Elternteils wohnt. Mangels Anspruchsberechtigung desjenigen Elternteils, in dessen Haushalt das Kind nicht wohnt, bedarf es schon nicht des unterhaltsrechtlichen Ausgleichs zwischen mehreren Anspruchsberechtigten, dem § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB dient (vgl. Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1602 Rn. 67). Darüber hinaus zielt der Kinderzuschlag allein auf die Sicherung des sächlichen Existenzminimums des Kindes, nicht jedoch auf eine Hilfe zur Erbringung des Betreuungsunterhalts ab. Deshalb ergibt sich aus § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht das Erfordernis, eine Hälfte des Kinderzuschlags für diesen zu reservieren und den Kinderzuschlag lediglich hälftig auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen (so aber Borth FamRZ 2019, 853, 855).

Eine lediglich hälftige Berücksichtigung des Kinderzuschlags als Einkommen des Kindes ist unterhaltsrechtlich auch nicht geboten. Allerdings beeinflussen sich Kinderzuschlag und Kindesunterhalt wechselseitig. Soweit ein Kinderzuschlag gezahlt wird, ist der Unterhaltsbedarf des Kindes gedeckt und sein Unterhaltsanspruch daher reduziert (vgl. zu Einzelheiten Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 687). Umgekehrt führt das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs dem Grundsatz nach dazu, dass sich der Kinderzuschlag bei der nach § 6 a Abs. 7 Satz 1 BKGG jeweils für sechs Monate erfolgenden Bewilligung gemäß § 6 Abs. 3 BKGG mindert, weil es sich beim Kindesunterhalt um geltend zu machendes Einkommen des Kindes handelt (vgl. etwa BSG Urteil vom 7. Dezember 2017 - B 14 AS 8/17 R - juris Rn. 19 ff. mwN). Bis zum 30. Juni 2019 wurde der Kinderzuschlag in voller Unterhaltshöhe (§ 6 a Abs. 3 Satz 1 BKGG aF), seit dem 1. Juli 2019 wird er gemäß § 6 a Abs. 3 Satz 3 BKGG um 45 % dieses Einkommens des Kindes gemindert. Die volle Berücksichtigung des Kinderzuschlags als bedarfsdeckendes Einkommen des Kindes kann aber nicht dazu führen, dass der Mindestunterhalt für das Kind nicht erreicht wird (so aber Borth FamRZ 2019, 853, 856 Fn. 22). Vielmehr beruht eine solche Unterdeckung stets darauf, dass die Leistungsfähigkeit des Barunterhaltspflichtigen nicht ausreicht, um die nach Abzug von Kinderzuschlag und hälftigem Kindergeld verbleibende Differenz zum Mindestunterhalt - die sich bei nur hälftigem Abzug des Kinderzuschlags zudem vergrößern würde - zu schließen. Dies gilt selbst ohne Berücksichtigung des Umstands, dass über § 6 b BKGG ergänzende Leistungen zur Deckung des sozialhilferechtlichen Bedarfs des Kindes möglich sind.

cc) Ob das Oberlandesgericht zu Recht eine sozialrechtliche Kontrollberechnung angestellt hat, erscheint zwar zweifelhaft (kritisch hierzu Götsche jurisPR-FamR 22/2019 Anm. 6). Das kann aber dahinstehen, weil es zu einer Verringerung des Unterhaltsanspruchs des nicht der Bedarfsgemeinschaft angehörenden (weiteren) unterhaltsberechtigten Kindes geführt hat und den allein die Rechtsbeschwerde führenden unterhaltspflichtigen Antragsgegners daher nicht beschwert.

c) Schließlich trifft die - von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogene - tatrichterliche Behandlung des dem Antragsgegner gezahlten Verpflegungskostenzuschusses als zu einem Drittel als Einkommen anzusetzende häusliche Ersparnis (vgl. dazu auch Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 82 mwN) nicht auf rechtsbeschwerderechtliche Bedenken. Insbesondere ist der Ansatz eines - die Leistungsfähigkeit (§ 1603 BGB) des Antragsgegners vermindernden - geringeren Bruchteils als einem Drittel nicht aus Rechtsgründen geboten. ..."

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Im Fall des Wechselmodells haben grundsätzlich beide Elternteile für den Barunterhalt des Kindes einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst außerdem die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 5. November 2014, XII ZB 599/13, FamRZ 2015, 236). Der dem Kind von einem Elternteil während dessen Betreuungszeiten im Wechselmodell geleistete Naturalunterhalt führt nicht dazu, dass ein Barunterhaltsanspruch nicht geltend gemacht werden kann. Der geleistete Naturalunterhalt ist vielmehr nur als (teilweise) Erfüllung des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen. Der Unterhaltsanspruch kann in zulässiger Weise vom Kind gegen den besser verdienenden Elternteil geltend gemacht werden. Dass er sich auf den Ausgleich der nach Abzug von den Eltern erbrachter Leistungen verbleibenden Unterhaltsspitze richtet, macht ihn nicht zu einem - nur zwischen den Eltern bestehenden - familienrechtlichen Ausgleichsanspruch. Das Kindergeld ist auch im Fall des Wechselmodells zur Hälfte auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen. Der auf die Betreuung entfallende Anteil ist zwischen den Eltern hälftig auszugleichen. Der Ausgleich kann in Form der Verrechnung mit dem Kindesunterhalt erfolgen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. April 2016, XII ZB 45/15, FamRZ 2016, 1053; BGH, Beschluss vom 11.01.2017 - XII ZB 565/15).

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„... I. Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute. Aus ihrer Ehe sind die drei gemeinsamen minderjährigen Kinder M. (geboren im Dezember 2000), N. (geboren im Juni 2003) und R. (geboren im März 2005) hervorgegangen. Die Kinder halten sich im wöchentlichen Wechsel im jeweiligen Haushalt des einen und des anderen Beteiligten auf. Es besteht auch im Übrigen Einigkeit darüber, dass die Beteiligten ihre Kinder paritätisch und somit in einem Wechselmodell betreuen. Keiner der Beteiligten leistet aufgrund seiner Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern bislang Zahlungen an den anderen Teil. Die im öffentlichen Dienst beschäftigte Antragsgegnerin bezieht das gesetzliche Kindergeld für alle drei Kinder.

Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin in dem vorliegenden Verfahren auf Auskehrung des hälftigen Kindergelds für den Zeitraum ab April 2013 in Anspruch. Die Antragsgegnerin ist dem Anspruch unter anderem mit der Begründung entgegengetreten, dass sie in diesem Zeitraum die erforderlichen Aufwendungen insbesondere für Bekleidung, Schulutensilien, Mobilität und Versicherungen für die drei Kinder allein getragen habe und eine unterhaltsrechtliche Berücksichtigung dieser Leistungen insoweit noch ausstehe. Hilfsweise hat sie wegen dieser Aufwendungen die Aufrechnung mit Gegenforderungen in einer Gesamthöhe von 4.431,92 € erklärt. Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin antragsgemäß dazu verpflichtet, für den Zeitraum ab August 2013 laufend das hälftige Kindergeld für die Kinder M. und N. in monatlicher Höhe von 92 € und für das Kind R. in Höhe von 95 € sowie für den Zeitraum von April bis Juli 2013 einen Rückstandsbetrag in Höhe von 1.116 € nebst Zinsen an den Antragsteller zu zahlen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie weiterhin eine Abweisung der Zahlungsanträge erstrebt. ...

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Mit Recht und mit zutreffender Begründung hat das Beschwerdegericht allerdings erkannt, dass sich ein etwaiger Anspruch des Antragstellers auf Ausgleich des hälftigen Kindergelds nicht - wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint - auf § 430 BGB stützen kann.

Ein Anspruch nach § 430 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn der Tatbestand einer Gesamtgläubigerschaft nach § 428 BGB vorliegt, mithin mehrere Personen eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt sind, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist. Ein solcherart ausgestaltetes Forderungsrecht beider kindergeldberechtigter Elternteile gegenüber der Familienkasse besteht nicht. Das auf der Grundlage des Einkommensteuergesetzes gewährte staatliche Kindergeld wird gemäß §§ 31 Satz 3, 62 ff. EStG als vorweggenommene Steuervergütung an die Eltern gezahlt. Auch wenn beide Elternteile - jeder für sich genommen - die Voraussetzungen der §§ 62 f. EStG für die Gewährung von Kindergeld erfüllen, wird nach § 64 Abs. 1 EStG nur an einen der beiden Anspruchsberechtigten die Auszahlung des (gesamten) Kindergelds vorgenommen. § 64 Abs. 2 EStG enthält Bestimmungen dazu, welcher der beiden Berechtigten das Kindergeld bekommt. Ist das Kind überwiegend im Haushalt eines Berechtigten aufgenommen und hat es dort seinen Lebensmittelpunkt, erhält dieser Berechtigte nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG das Kindergeld. Ist das Kind in einen gemeinsamen Haushalt aufgenommen, bestimmen die Berechtigten nach § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG untereinander, wer das Kindergeld erhält; können sie sich nicht einigen, trifft das Familiengericht eine für die Familienkasse bindende Entscheidung (§ 64 Abs. 2 Satz 3 EStG). § 64 Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG sind entsprechend anwendbar, wenn das Kind - wie bei einem Wechselmodell - in den getrennten Haushalten beider Berechtigter nahezu gleichwertig aufgenommen worden ist (vgl. BFH Beschluss vom 15. Januar 2014 - V B 31/13 - juris Rn. 4 und FamRZ 2005, 1173, 1174). Kindergeld kann daher bei konkurrierenden Berechtigungen nur derjenige Elternteil beziehen, der nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 64 Abs. 2 EStG hierzu berufen ist; dies schließt die Annahme einer Gesamtgläubigerschaft der Eltern gegenüber der Familienkasse aus (vgl. bereits Senatsurteil vom 11. Mai 1988 - IVb ZR 89/87 - FamRZ 1988, 834 zu § 3 BKGG 1964).

b) Ebenfalls im Ausgangspunkt zutreffend ist die Auffassung des Beschwerdegerichts, dass sich ein Anspruch des Antragstellers auf Auskehrung des hälftigen Kindergelds aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs ergeben kann.

aa) Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich für solche Fälle anerkannt, in denen ein Elternteil für den Unterhalt eines gemeinsamen Kindes aufgekommen ist und dadurch dessen Unterhaltsanspruch erfüllt hat, obwohl (auch) der andere Elternteil ganz oder teilweise unterhaltspflichtig war. Der Anspruch beruht auf der Unterhaltspflicht beider Eltern gegenüber ihrem Kind und ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Unterhaltslast im Verhältnis zwischen ihnen entsprechend ihrem Leistungsvermögen gerecht zu verteilen (vgl. Senatsurteile vom 25. Mai 1994 - XII ZR 78/93 - FamRZ 1994, 1102, 1103 mwN und vom 26. April 1989 - IVb ZR 42/88 - FamRZ 1989, 850, 851).

bb) Der Anspruch eines Elternteils auf Ausgleich des dem anderen Elternteil gezahlten Kindergelds ist ein Unterfall des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs (Senatsurteile BGHZ 150, 12, 29 = FamRZ 2002, 536, 541 und vom 16. April 1997 - XII ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806, 809; vgl. bereits Senatsurteil vom 11. Mai 1988 - IVb ZR 89/87 - FamRZ 1988, 834), obwohl in diesem Fall nicht geleisteter Unterhalt, sondern eine vorweggenommene Steuervergütung bzw. eine staatliche Sozialleistung im Rahmen des Familienlastenausgleichs ausgeglichen werden soll. Über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch können auch solche staatlichen Leistungen ausgeglichen werden, die beiden Eltern zur Erleichterung des Kindesunterhalts zugutekommen sollen, aber nur einem Elternteil tatsächlich zugeflossen sind (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 770). Ein diesbezüglicher familienrechtlicher Ausgleichsanspruch wegen des staatlichen Kindergelds wird freilich nur in seltenen Fällen in Betracht kommen, weil die in § 1612 b Abs. 1 BGB geregelte bedarfsmindernde Anrechnung des Kindergelds auf den Unterhalt einen besonderen Ausgleich zwischen den Eltern regelmäßig entbehrlich macht. Auch bei der Praktizierung eines Wechselmodells wird das von einem Elternteil bezogene staatliche Kindergeld meistens im Rahmen des unterhaltsrechtlichen Gesamtausgleichs zwischen den Elternteilen angerechnet oder verrechnet werden können.

Dies ändert jedoch nichts daran, dass es bei dem Anspruch auf Familienlastenausgleich um ein eigenes Recht des jeweiligen Elternteils geht, der den anderen Elternteil auch unmittelbar auf Auszahlung des - gegebenenfalls anteiligen - Kindergelds in Anspruch nehmen kann (vgl. Senatsurteile BGHZ 150, 12, 29 = FamRZ 2002, 536, 541 und vom 16. April 1997 - XII ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806, 809). Ein unbedingter und in jeder denkbaren Fallgestaltung zu wahrender Vorrang einer möglichen unterhaltsrechtlichen Abwicklung des Kindergeldausgleichs besteht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht (vgl. bereits Senatsurteil vom 11. Mai 1988 - IVb ZR 89/87 - FamRZ 1988, 834). Es gibt deshalb auch keinen ausreichenden Grund, den Eltern beim Vorliegen eines Wechselmodells in jedem Einzelfall eine - von ihnen möglicherweise gar nicht gewünschte - unterhaltsrechtliche Gesamtabrechnung unter Einschluss des Kindergeldausgleichs aufzuzwingen; es ist vielmehr nicht von vornherein ausgeschlossen, einen Anspruch auf Auskehrung des Kindergelds selbständig geltend zu machen, wenn und solange es an einem unterhaltsrechtlichen Gesamtausgleich zwischen den unterhaltspflichtigen Eltern fehlt (zu weiteren möglichen Anwendungsfällen für einen gesonderten Kindergeldausgleich vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 781).

c) Die hier obwaltenden Umstände rechtfertigen es allerdings entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts nicht, die Hälfte des gesetzlichen Kindergelds für die drei gemeinsamen minderjährigen Kinder an den Antragsteller auszukehren.

aa) Der Senat hat bereits mehrfach ausgeführt, dass bei einem strengen Wechselmodell beide Elternteile für den Barunterhaltsbedarf des Kindes einzustehen haben. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich in diesem Fall nach den beiderseitigen zusammengerechneten Einkünften der Eltern und umfasst neben dem sich daraus ergebenden Regelbedarf insbesondere die nach den Umständen angemessenen Mehrkosten, die durch die Aufteilung der Betreuung im Rahmen eines Wechselmodells entstehen (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2014 - XII ZB 599/13 - FamRZ 2015, 536 Rn. 18 und vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13 - FamRZ 2014, 917 Rn. 29). Hierzu können neben den Fahrtkosten insbesondere erhöhte Unterkunftskosten gehören, weil der im Tabellenbetrag enthaltene - und in einigen unterhaltsrechtlichen Leitlinien (z.B. Ziff. 21.5.2. der Süddeutschen Leitlinien) mit 20 % des Barunterhaltsanspruchs angesetzte - Anteil für die Deckung des Wohnbedarfs des Kindes möglicherweise nicht auskömmlich ist, um die Kosten für die Vorhaltung von zwei eingerichteten Kinderzimmern in den Wohnungen der beiden Elternteile vollständig abzubilden (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 449).

Für den so ermittelten Bedarf (Regelbedarf und etwaiger Mehrbedarf) haben die Eltern anteilig aufzukommen, wobei auf den Verteilungsmaßstab der Einkommens- und Vermögensverhältnisse (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB) zurückzugreifen ist. Weil zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass die Eltern beim Wechselmodell einen Teil des Unterhalts in Natur decken (vgl. Senatsbeschluss vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13 - FamRZ 2014, 917 Rn. 29 und Senatsurteil vom 21. Dezember 2005 - XII ZR 126/03 - FamRZ 2006, 1015, 1017), findet ein unterhaltsrechtlicher Ausgleich zwischen den Eltern typischerweise nur in Form einer den Tabellenunterhalt nicht erreichenden Ausgleichszahlung statt (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 449).

bb) Umstritten ist beim Vorliegen eines Wechselmodells die Aufteilung des gesetzlichen Kindergelds zwischen den Elternteilen.

(1) Hierzu werden im Wesentlichen die folgenden Auffassungen vertreten (vgl. zur Darstellung des Streitstandes auch Wohlgemuth FamRZ 2015, 808 f. mit Berechnungsbeispielen):

Mit dem Beschwerdegericht geht eine Auffassung davon aus, dass das Kindergeld getrennt von der übrigen unterhaltsrechtlichen Gesamtabrechnung in Ansatz zu bringen und jedem Elternteil - ohne Rücksicht auf seine Einkommensverhältnisse - zur Hälfte gutzubringen sei (OLG Düsseldorf FamRZ 2014, 567, 569; Poppen in Büte/Poppen/Menne Unterhaltsrecht 3. Aufl. § 1612 b BGB Rn. 11; Wohlgemuth FamRZ 2015, 808, 809 und FamRZ 2014, 84, 85; Ehinger in Ehinger/Griesche/Rasch Handbuch Unterhaltsrecht 7. Aufl. Kap. A Rn. 269; vgl. auch Thesen des Arbeitskreises 15 des 20. Deutschen Familiengerichtstages, Brühler Schriften zum Familienrecht S. 136).

Nach einer anderen Auffassung kann der gesamte Kindergeldausgleich zwar ebenfalls außerhalb einer unterhaltsrechtlichen Gesamtabrechnung vorgenommen werden, allerdings nach dem Maßstab des § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB, so dass jedem Elternteil derjenige Anteil am Kindergeld zugerechnet wird, welcher der aus seinen Einkommensverhältnissen hergeleiteten prozentualen Beteiligung am Unterhalt entspricht (Schürmann in Sünderhauf u.a. Vom starren Residenzmodell zum individuellen Wechselmodell Schriftenreihe des ISUV Band 7 S. 53, 60).

Nach einer weiteren Meinung soll grundsätzlich die Hälfte des Kindergelds bedarfsmindernd bei der Berechnung des Barunterhalts berücksichtigt und dadurch bewirkt werden, dass der auf den Barunterhalt entfallende Anteil des Kindergelds nach der einkommensabhängigen Beteiligungsquote der Eltern am Barunterhalt und der auf die Betreuung entfallende Anteil des Kindergelds hälftig zwischen den Eltern ausgeglichen wird (vgl. OLG Dresden FamRZ 2016, 470, 472 f.; Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 450; FA-FamR/Seiler 10. Aufl. Kap. 6 Rn. 352 f.; Bausch/Gutdeutsch/Seiler FamRZ 2012, 258, 259; Finke FamFR 2013, 488; Knittel JAmt 2014, 289, 290).

(2) Die letztgenannte Auffassung trifft zu.

(a) Nach § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB ist das auf das Kind entfallende Kindergeld zur Hälfte zur Deckung seines Barbedarfs zu verwenden, wenn ein Elternteil im Sinne von § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt. In allen anderen Fällen erfolgt die Anrechnung des Kindergelds gemäß § 1612 b Abs. 1 Nr. 2 BGB in voller Höhe auf den Barbedarf. Die Anrechnungsregel des § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB ist auf Fälle getrennt lebender Eltern zugeschnitten, in denen (nur) einer der beiden Elternteile das minderjährige Kind betreut, während der andere zur Zahlung des Barunterhalts verpflichtet ist. Mit der Auffangvorschrift des § 1612 b Abs. 1 Nr. 2 BGB wollte der Gesetzgeber ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs hingegen solche Fälle in den Blick nehmen, in denen das Kind entweder wegen Volljährigkeit einer Betreuung nicht mehr bedarf oder die Betreuung eines minderjährigen Kindes (etwa bei Fremdunterbringung) nicht wenigstens durch einen der beiden Elternteile erfolgt und deshalb von ihnen nur Barunterhalt zu leisten ist (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 30; vgl. auch Senatsbeschluss vom 7. Mai 2014 - XII ZB 258/13 - FamRZ 2014, 1138 Rn. 37).

Keine dieser beiden Konstellationen, die der Gesetzgeber den beiden Anrechnungsregeln des § 1612 b Abs. 1 BGB zugrunde gelegt hat, liegt bei einem Wechselmodell vor. Indessen beruht die gemäß § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB vorgesehene Halbanrechnung des Kindergelds auf der grundlegenden gesetzgeberischen Erwägung, dass betreuende Elternteile mit der anderen Hälfte des Kindergelds bei der Erbringung ihrer Betreuungsleistungen unterstützt werden sollen (BT-Drucks. 16/1830 S. 30; vgl. auch Senatsbeschluss vom 7. Mai 2014 - XII ZB 258/13 - FamRZ 2014, 1138 Rn. 38). Dieser Zweck wird, was letztlich auch das Beschwerdegericht nicht anders sieht, bei der gleichwertigen Betreuung des Kindes durch beide Elternteile im Rahmen eines Wechselmodells nicht verfehlt. Eine Vollanrechnung des gesetzlichen Kindergelds auf den Barunterhaltsbedarf würde zudem dazu führen, dass der Kindergeldausgleich im Hinblick auf die im Wechselmodell gleichwertig erbrachten Betreuungsleistungen zu Gunsten des besserverdienenden Elternteils verzerrt würde (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 450; Bausch/Gutdeutsch/Seiler FamRZ 2012, 258, 259; FAKomm-FamR/Müting 5. Aufl. § 1606 BGB Rn. 34a; Finke FamFR 2013, 488; Wohlgemuth FPR 2013, 157; Knittel JAmt 2014, 289, 290).

(b) Die Anrechnung des staatlichen Kindergelds auf den Barbedarf des Kindes nach Maßgabe des § 1612 b Abs. 1 BGB ist auch bei beiderseitiger Barunterhaltspflicht im Wechselmodell zwingend. Wie sich bereits aus seinem Wortlaut ergibt ("in allen anderen Fällen"), liegt dem Gesetz die Konzeption zugrunde, dass das gezahlte Kindergeld stets - je nach Sachverhaltsgestaltung entweder zur Hälfte oder vollständig - zweckgebunden als Einkommen des Kindes zu behandeln ist und deshalb ein bedarfsmindernder Vorwegabzug des Kindergelds vom Barunterhalt stattzufinden hat (vgl. insoweit bereits Senatsurteil BGHZ 164, 375, 382 ff. = FamRZ 2006, 99, 101 ff.). Eine Kindergeldverteilung, die sich - wie die vom Beschwerdegericht für richtig befundene einkommensunabhängige Halbteilung zwischen den Elternteilen - von jeder Anrechnung des Kindergelds auf den Barunterhaltsbedarf des Kindes löst, lässt sich mit dem Gesetz insoweit nicht in Einklang bringen.

Etwas anderes kann auch nicht aus § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB hergeleitet werden. Nach dieser Vorschrift erfüllt der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes. Diese Regelung betrifft den Fall des sogenannten Residenzmodells und der damit verbundenen herkömmlichen Aufteilung von Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung. Die im Rahmen eines Wechselmodells geleistete Kinderbetreuung kann demgegenüber für keinen Elternteil zur Befreiung von der Barunterhaltspflicht führen; dies muss schon deshalb gelten, weil anderenfalls beide Elternteile vom Barunterhalt befreit wären, obwohl nur der Betreuungsbedarf des Kindes gedeckt wäre. § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB ist deshalb beim Wechselmodell generell unanwendbar (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 599/13 - FamRZ 2015, 236 Rn. 17). Die Vorschrift beruht auf der grundsätzlichen Annahme, dass die Eltern die ihnen ursprünglich gemeinsam obliegende Verpflichtung zur Leistung von Barunterhalt einerseits und Betreuungsunterhalt andererseits funktional vollständig zwischen sich aufgeteilt haben. Ausschließlich für diesen Fall ist die Gleichwertigkeit der beiderseitigen Unterhaltsleistungen fingiert worden, so dass sich der Vorschrift kein Rechtsgedanke dahingehend entnehmen lässt, die von den Eltern erbrachten Unterhaltsleistungen müssten auch dann in jeder Hinsicht als gleichwertig angesehen werden, wenn es - wie beim Wechselmodell - an einer solchen vollständigen funktionalen Aufteilung fehlt. Als gleichwertig sind deshalb beim Wechselmodell ohne weiteres nur die von den Eltern erbrachten paritätischen Betreuungsleistungen anzusehen. Soweit es den von beiden Elternteilen geschuldeten Barunterhalt betrifft, verbleibt es bei dem Grundsatz des § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB, dass die Eltern nach Maßgabe ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse zum Unterhalt des Kindes beizutragen haben und ihre diesbezüglichen Beiträge daher auch unterschiedlich bewertet werden müssen.

(c) Die hälftige Anrechnung des Kindergelds auf den Barbedarf des Kindes nach § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB hat beim Wechselmodell zur notwendigen Folge, dass der besser verdienende Elternteil durch das Kindergeld in einem größerem Umfang entlastet wird. Ist der schlechter verdienende Elternteil unterhaltsrechtlich nicht leistungsfähig, kommt der auf den Barunterhalt entfallende Anteil des Kindergelds infolge der Anrechnung allein dem leistungsfähigen Elternteil zu Gute. Dem kann auch nicht ohne weiteres entgegengehalten werden, dass beim Wechselmodell auch der leistungsunfähige Elternteil - worauf das Beschwerdegericht hingewiesen hat - in der Zeit, in der sich das Kind in seinem Haushalt aufhält, jedenfalls durch Wohnungsgewährung und Verpflegung Naturalunterhaltsleistungen erbringt. Denn Wohnungsgewährung und Verpflegung, die dem Kind beim Wechselmodell durch einen Elternteil erbracht werden, erfassen nur einen (relativ) geringen Teil des - im Übrigen allein vom leistungsfähigen Elternteil aufzubringenden - sächlichen Gesamtbedarfs des Kindes. Es erscheint deshalb ebenfalls nicht angemessen, den in einem deutlich größeren Umfang zum Barunterhalt herangezogenen Elternteil wirtschaftlich lediglich durch die Hälfte des auf den Barunterhalt entfallenden Anteils am Kindergeld zu entlasten. Die sich daraus ergebenden Wertungskonflikte hat das Gesetz durch die Anrechnungsregel des § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB zugunsten des Elternteils aufgelöst, der sich aufgrund seines höheren Einkommens in größerem Umfang am Barunterhalt für das Kind beteiligen muss.

cc) Gemessen an den vorstehenden Ausführungen gilt für den hier verfahrensgegenständlichen Kindergeldausgleich das Folgende:

(1) Die auf den Barunterhalt entfallende Hälfte des Kindergelds ist nach dem Maßstab der elterlichen Einkommensverhältnisse (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB) zu verteilen. Verlangt der nicht kindergeldbezugsberechtigte Elternteil insoweit die Hälfte des auf den Barunterhalt entfallenden Kindergeldanteils, ist es grundsätzlich seine Sache, die Haftungsanteile der Eltern am Barunterhalt darzulegen und zu beweisen. Eine solche Darlegung wird zudem in der Regel einen gesonderten Kindergeldausgleich entbehrlich machen, weil dann eine Gesamtabrechnung über den unterhaltsrechtlichen Ausgleich zwischen den Eltern unter An- und Verrechnung des an einen Elternteil gezahlten Kindergelds möglich ist. Ein Anspruch auf hälftige Auskehrung des auf den Barunterhalt entfallenden Kindergeldanteils wird beim Wechselmodell auch dann in Betracht kommen, wenn beide Elternteile nicht leistungsfähig sind.

Insoweit fehlt es an hinreichenden Feststellungen des Beschwerdegerichts. Der Antragsteller behauptet im Übrigen schon selbst nicht, dass er in gleichem Umfang wie die Antragsgegnerin zur Tragung des Barunterhalts für die Kinder verpflichtet wäre. Denn während er selbst vorträgt, aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit keine (nennenswert) über dem notwendigen Selbstbehalt liegenden Einkünfte zu erwirtschaften, geht er andererseits davon aus, dass die Antragsgegnerin bei Ausschöpfung ihrer Erwerbsmöglichkeiten und Ausweitung ihrer Tätigkeit bei der Post ein deutlich höheres Nettoeinkommen erzielen könne.

(2) Anders verhält es sich mit dem auf den Betreuungsunterhalt entfallenden Anteil am Kindergeld. Dieser steht den Elternteilen beim Wechselmodell aufgrund der von ihren gleichwertig erbrachten Betreuungsleistungen hälftig zu.

Auch wenn ein Elternteil nur über Einkünfte unterhalb des notwendigen Selbstbehalts verfügt und sich deshalb an der Aufbringung des Barunterhalts nicht beteiligen muss, kann er von dem anderen Elternteil im Wege des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs jedenfalls die Auskehrung eines Viertels des Kindergelds - nämlich die Hälfte des auf den Betreuungsunterhalt entfallenden Anteils am Kindergeld - verlangen (vgl. Volker FuR 2013, 550, 554). Diesen Anspruch kann auch der Antragsteller geltend machen.

(3) Mit Recht und mit zutreffender Begründung hat das Beschwerdegericht der Hilfsaufrechnung der Antragsgegnerin mit den von ihr geltend gemachten Eigenaufwendungen für den Bedarf der Kinder - etwa Bekleidung, Schulutensilien oder Taschengeld - den Erfolg versagt. Da es an Feststellungen zu den Einkommensverhältnissen der Beteiligten - gerade auch mangels Vortrags der Antragsgegnerin zu den eigenen Einkommensverhältnissen - fehlt, lässt sich nicht beurteilen, in welchem Umfang die Antragsgegnerin ohnehin zur Tragung des Barbedarfs der Kinder verpflichtet gewesen wäre. Insoweit wäre es Sache der Antragsgegnerin gewesen, im Rahmen einer unterhaltsrechtlichen Gesamtabrechnung darzulegen, dass dem Antragssteller nach Anrechnung der von der Antragsgegnerin für die Kinder erbrachten Eigenleistungen auch unter Berücksichtigung des Betreuungsanteils des an die Antragsgegnerin gezahlten Kindergelds kein Ausgleichsanspruch mehr verbleibt.

d) Somit kann der Antragsteller im Wege des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs die Auskehrung eines Viertels des gesetzlichen Kindergelds für die Kinder an sich verlangen. Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch unterliegt zwar der Schranke des § 1613 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2013 - XII ZB 329/12 - FamRZ 2013, 1027 Rn. 14 mwN), was auch für den Anspruch eines Elternteils auf Ausgleich des dem anderen Elternteil gewährten Kindergelds gilt (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1988 - IVb ZR 89/87 - FamRZ 1988, 834 und vom 3. April 1996 - XII ZR 86/95 - FamRZ 1996, 725, 726). Die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB liegen entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde aber schon seit April 2013 vor, weil dem Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 11. April 2013 ein hinreichend deutliches Verlangen nach Auskehrung des hälftigen Kindergelds zu entnehmen ist. ..." (BGH, Beschluss vom 20.04.2016 - XII ZB 45/15)

***

„... cc) Soweit das OLG vom Einkommen des unterhaltspflichtigen Ast. Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit dem gemeinsamen Kind in Höhe von monatlich 30 Euro abgesetzt hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

Seit dem Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung in § 1612b BGB zum 1. 1. 2008 mindert das hälftige Kindergeld den Barbedarf des minderjährigen Kindes und entlastet in diesem Umfang den barunterhaltspflichtigen Elternteil (§ 1612b I 2 BGB). Diese Entlastung ist bei einer anschließenden Bemessung des nachehelichen Unterhalts auf die Weise zu berücksichtigen, dass als Kindesunterhalt nur noch der Zahlbetrag abgesetzt werden kann (vgl. Senat, NJW 2009, 2523 mit Anm. Born). Die Entlastung der Barunterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern durch das hälftige Kindergeld (§ 1612b I 1 Nr. 1 BGB) kann sich deswegen im Rahmen eines Anspruchs auf Ehegattenunterhalt auf bis zu (164 : 2 x 55% =) 45,10 Euro vermindern. Kosten der Ausübung des Umgangsrechts, die deutlich über den verbleibenden Anteil hinausgehen, können nach der Rspr. des Senats durch einen - teilweisen - Abzug vom Einkommen oder eine Erhöhung des Ehegattenselbstbehalts berücksichtigt werden (vgl. Senat, NJW 2005, 1493 = FamRZ 2005, 706 [708]; und NJW 2008, 1373 = FamRZ 2008, 594 [599], sowie Wendl/Klinkhammer, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 2 Rdnr. 169).

Hier hat das OLG zu Recht berücksichtigt, dass die Ag. nach der Trennung mit dem Kind nach M. verzogen ist und der Ast. deswegen zur Ausübung seines 14-tägigen Umgangsrechts mehrere Hundert Kilometer fahren muss. Wenn das BerGer. auf der Grundlage dieses Sachverhalts einen Teil der Umgangskosten von 30 Euro monatlich vom Einkommen des Ast. abgesetzt hat, hält sich dies im Rahmen der Rspr. des Senats.

dd) Damit ergibt sich folgende Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Ast.:

Nettoeinkommen des Ast. 3292,91 Euro
abzgl. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung - 507,66 Euro
abzgl. berufsbedingte Fahrtkosten - 287,10 Euro
abzgl. anteilige Fachliteratur - 24,64 Euro
abzgl. Höchstbetrag zusätzlicher Altersvorsorge - 162 Euro
abzgl. anteiliger Umgangskosten - 30 Euro
verbleibendes Nettoeinkommen 2281,51 Euro

ee) Zutreffend hat das OLG von diesem Einkommen des unterhaltspflichtigen Ast. den Barunterhalt für die gemeinsame Tochter abgesetzt. Dabei hat es im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats für die hier relevante Zeit ab Januar 2008 auf den Zahlbetrag nach Abzug des Kindergeldes und nicht auf einen geschuldeten Tabellenbetrag abgestellt (vgl. Senat, NJW 2009, 2523 mit Anm. Born). Wenn es bei dem unterhaltsrelevanten Monatseinkommen des Ast. von (richtig) 2281,51 Euro für die Zeit ab Januar 2008 unter Berücksichtigung der erhöhten Umgangskosten eine Unterhaltspflicht aus der dritten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle angenommen hat, ist auch dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. Das ergibt für die Zeit von Januar bis März 2008 (1. Altersstufe) einen Zahlbetrag von (307 Euro - 77 Euro =) 230 Euro, für die Zeit von April bis Dezember 2008 einen solchen von (355 Euro - 77 Euro =) 278 Euro und für die Zeit ab Januar 2009 (Anstieg des Kindergeldes) einen solchen in Höhe von (355 Euro - 82 Euro =) 273 Euro.

Unter Berücksichtigung dieses Kindesunterhalts ergibt sich folgende Berechnung des für den Ehegattenunterhalt relevanten Einkommens: ...

b) Soweit das BerGer. ein unterhaltsrelevantes Einkommen der Ag. in Höhe von rund 638 Euro berücksichtigt hat, ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. Es ist zutreffend von einer halbschichtigen Erwerbspflicht der Ag. und ihren daraus erzielbaren Einkünften ausgegangen. Die darüber hinausgehenden Einkünfte hat es - wie ausgeführt - im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats als überobligatorisch unberücksichtigt gelassen (vgl. Senat, BGHZ 162, 384 [391f.] = NJW 2005, 2145 = FamRZ 2005, 1154 [1156]). Unter Berücksichtigung dieser eigenen Einkünfte der Ag. ergibt sich - abweichend von der Berechnung des OLG - folgende Unterhaltsberechnung: ..." (BGH, Urteil vom 17.06.2009 - XII ZR 102/08 zu BGB §§ 1570, 1578b)

***

Im Rahmen der Bedarfsermittlung beim Ehegattenunterhalt gem. § 1578 I 1 BGB ist nach der seit dem 1. 1. 2008 geltenden Rechtslage auch ein vom Unterhaltspflichtigen geschuldeter Minderjährigenunterhalt nicht mehr mit dem so genannten Tabellenbetrag, sondern mit dem sich nach Abzug des (hälftigen) Kindergeldes gem. § 1612b I BGB ergebenden Zahlbetrag zu berücksichtigen. § 1612b I BGB verstößt auch mit dieser Wirkung nicht gegen Art. 3 I GG. Wenn einem Ehegatten zwei Wohnungen gehören, können seinem Einkommen entsprechende Wohnvorteile zugerechnet werden. Allerdings kommt eine Kürzung unter Angemessenheitsgesichtspunkten in Betracht. Vom Eigentümer zu tragende verbrauchsunabhängige Kosten können grundsätzlich nur dann von seinem Wohnvorteil abgezogen werden, wenn es sich um nicht umlagefähige Kosten i.S. von § 556 I BGB, §§ 1, 2 BetrKV handelt (Aufgabe von Senat seit NJW 2000, 284 = FamRZ 2000, 351). Die Darlegungs- und Beweislast für ehebedingte Nachteile i.S. von § 1578b BGB ist im Hinblick auf die dem Unterhaltsberechtigten gegenwärtig fehlende Möglichkeit, eine seiner Ausbildung und früheren beruflichen Stellung entsprechende Tätigkeit zu erlangen, vorgreiflich nach § 1577 BGB zu beurteilen und obliegt dem Unterhaltsberechtigten. Gelangt das Familiengericht hier zu der Überzeugung, dass der Unterhaltsgläubiger kein adäquates Einkommen erzielen kann, erübrigt sich insoweit eine erneute Prüfung im Rahmen von § 1578b BGB (BGH, Urteil vom 27.05. 2009 - XII ZR 78/08 zu BGB §§ 1578, 1578b, 1612b, 100).

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„... Hinsichtlich des Kindergartenbeitrags hat der Senat entschieden, dass der Beitrag für einen halbtägigen Kindergartenbesuch grundsätzlich keinen Mehrbedarf des Kindes begründet. Der halbtägige Besuch des Kindergartens ist heutzutage die Regel, so dass es sich bei dem hierfür zu zahlenden Beitrag um Kosten handelt, die üblicherweise ab Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes anfallen. Diese Kosten wurden durch die Sätze der damaligen Düsseldorfer Tabelle gedeckt, bei denen es sich um Pauschalen handelt, mit denen die durchschnittlichen, über einen längeren Zeitraum anfallenden Lebenshaltungskosten eines Kindes der betreffenden Altersstufe bestritten werden können. Der Tabellenbetrag der Gruppe 6 der Düsseldorfer Tabelle, bei dem das Existenzminimum eines Kindes als gesichert anzusehen war, schloss den Aufwand für den üblichen Kindergartenbesuch jedenfalls ein. In den niedrigeren Einkommensgruppen bewirkte die bis zum 31. Dezember 2007 unterbleibende Anrechnung des Kindergeldanteils gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB a.F., dass die Lücken beim Kindesunterhalt geschlossen wurden, weshalb auch dieses Kind faktisch über den gleichen Betrag wie in der Gruppe 6 verfügte (Senatsurteil vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - FamRZ 2007, 882, 886).

c) An dieser Beurteilung, die sich auf sozialverträglich gestaltete Kindergartenbeträge bezieht, hält der Senat für Fälle fest, in denen der nach der früheren Düsseldorfer Tabelle titulierte Unterhalt die Kosten für den halbtägigen Kindergartenbesuch bis zu einer Höhe von etwa 50 € monatlich umfasst. Sie kann im vorliegenden Fall auch für die Zeit ab 1. Januar 2008 Geltung beanspruchen. Denn durch die Übergangsregelung des § 36 Nr. 4 EGZPO ist der in § 1612 a BGB n.F. vorgesehene Mindestunterhalt angehoben worden. Ohne diese Anhebung hätte das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz mit der Anknüpfung des Mindestunterhalts an den jeweiligen steuerlichen Freibetrag für das sächliche Existenzminimum zu niedrigeren Zahlbeträgen (West) geführt, als sie sich bislang aus den Regelbeträgen in Verbindung mit der eingeschränkten Kindergeldanrechnung gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB a.F. ergeben haben. Die Regelung bewirkt unterhaltsrechtlich eine vorgezogene Anhebung des (seit 2003 unveränderten) sächlichen Existenzminimums (Klinkhammer FamRZ 2008, 193, 195). Sie führt im vorliegenden Fall zu einem unveränderten Zahlbetrag.

Der Beklagte, der sich zur Zahlung von 100 % des Regelbetrags verpflichtet hat, hatte unter Berücksichtigung der Regelung des § 1612 b Abs. 5 BGB zuletzt (bis zum 31. Dezember 2007) monatlichen Unterhalt für die Klägerin in Höhe von 196 € zu entrichten (Regelbetrag: 202 € x 135 % = 273 € abzüglich hälftiges Kindergeld von 77 €). Die Berechnung nach der Übergangsregelung des Art. 36 Nr. 3 a EGZPO sichert diesen Zahlbetrag bei vorliegenden Titeln oder Unterhaltsvereinbarungen, aufgrund derer Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Regelbetrags nach der Regelbetrag-VO zu leisten ist (vgl. die Berechnung von Vossenkämper FamRZ 2008, 201, 204), auch wenn das Kindergeld nunmehr gemäß § 1612 b BGB n.F. auf den Barbedarf hälftig anzurechnen ist. In diesem Zahlbetrag sind aber Kindergartenkosten bis zu einer Höhe von etwa 50 € als üblicherweise anfallende Kosten enthalten.

b) Mehrbedarf stellen deshalb hier allein diejenigen Kosten dar, die den Aufwand für den halbtägigen Kindergartenbesuch bzw. einen Betrag von etwa 50 € monatlich übersteigen. Insofern ist allerdings dem Grunde nach ein Anspruch der Klägerin gegeben, für den aber grundsätzlich nicht der barunterhaltspflichtige Elternteil allein, sondern beide Elternteile anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen aufzukommen haben (vgl. hierzu etwa Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 136). ..." (BGH, Versäumnisurteil vom 05.03.2008 - XII ZR 150/05)

*** (OLG)

Besteht wegen fehlender Bedürftigkeit kein Unterhaltsanspruch eines volljährigen Kindes gegen seine Eltern, so steht diesem auch kein unterhaltsrechtlicher Anspruch auf Auskehrung des von den Eltern bezogenen Kindergeldes zu. Die einschlägigen steuer- und sozialrechtlichen Regelungen legen es nahe, dass das Kindergeld bei fehlender Bedürftigkeit des Kindes auch familienrechtlich den Eltern zusteht, so dass keine Grundlage für einen aus § 242 BGB hergeleiteten Auskehrungsanspruch ersichtlich ist (OLG Braunschweig, Beschluss vom 27.04.2023 - 1 UF 13/23).

***

Bezugskontinuität und Kindeswohl sind Kriterien der Berechtigtenbestimmung für den Kindergeldbezug bei gemeinsamer elterlicher Sorge und paritätischem Wechselmodell, nicht jedoch die finanziellen Verhältnisse oder erbrachten Leistungen eines Elternteils. Ein Ausgleich solcher Leistungen ist Unterhaltsverfahren vorbehalten. Die seit 1. Januar 2018 verkürzte Rückwirkungsdauer von Kindergeldanträgen ist bei Änderungen der Bezugsberechtigung zu beachten (OLG Celle, Beschluss vom 25.05.2018 - 19 UF 24/18):

„... I. Die Beteiligten sind rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus der Ehe sind die gemeinsamen Kinder J., geboren am 5. September 2012, und L., geboren am 20. Oktober 2008, hervorgegangen. Seit der Trennung der Eltern im Jahr 2014 werden die Kinder in einem paritätischen Wechselmodell von beiden Eltern in zeitlich gleichem Umfang betreut. Der Antragsgegner lebt weiterhin in der Ehewohnung. Kindesunterhalt wird wechselseitig nicht gezahlt. Jeder Elternteil kommt für den Unterhalt der Kinder vollständig alleine auf, solange sich diese bei ihm aufhalten.

Während der Dauer des ehelichen Zusammenlebens und auch nach der Trennung bis einschließlich März 2015 bezog die Antragstellerin aufgrund gemeinsamer Berechtigungsbestimmung das Kindergeld für beide Kinder. Die Kindergeldfestsetzung wurde gegenüber der Kindesmutter mit Bescheid der Kindergeldkasse vom 22. April 2015 ab April 2015 aufgrund des Widerrufes der Berechtigtenbestimmung durch den Kindesvater aufgehoben. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass die Kinder in den Haushalt des Vaters aufgenommen worden seien, der damit den vorrangigen Anspruch auf Kindergeld habe. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Antragstellerin wurde durch Einspruchsentscheidung vom 17. November 2015 als unbegründet zurückgewiesen. Im Zeitraum April 2015 bis einschließlich Juni 2015 erhielt der Antragsgegner aufgrund seines Antrages das Kindergeld. Auf den Widerspruch der Kindesmutter wurde die Zahlung des Kindergeldes mit Bescheid vom 18. August 2015 eingestellt. Seit Juli 2015 besteht somit grundsätzlich ein weiterer Anspruch auf Kindergeld für beide Kinder in Höhe von insgesamt ca. 12.000 €. Die Bestimmung eines Bezugsberechtigten ist zwischen den Beteiligten nicht möglich, sodass dieser Betrag bislang nicht zur Auszahlung gelangt ist. Mit E-Mail vom 20. November 2015 schlug die Antragstellerin vor, die Bezugsberechtigung einvernehmlich dahingehend zu regeln, dass das Kindergeld für jeweils ein Kind an einen Elternteil ausgezahlt werden soll. Dies lehnte der Antragsgegner mit E-Mail vom 26. November 2015 ab und verlangte die Auszahlung des Kindergeldes für beide Kinder an sich. Mit anwaltlichen Schreiben des Antragstellervertreters vom 24. November 2017 wurde der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass aufgrund einer Gesetzesänderung ab dem 1. Januar 2018 Kindergeld nur noch maximal 6 Monate rückwirkend beantragt werden könne und im Übrigen wegen der Rückstände seit April 2015 der Verlust von mehreren tausend Euro drohe, wenn nicht bis zum Jahresende ein Antrag mit Berechtigtenbestimmung bei der Familienkasse eingehe. Der Antragsgegner wurde diesbezüglich um Mitwirkung ersucht und die hälftige Auszahlung des Kindergeldes an ihn zugesichert.

Auf den Antrag der Kindesmutter vom 23. November 2017 hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 27. Dezember 2017 die Kindesmutter zur Kindergeldberechtigten im Sinne von § 64 EStG ab dem 1. April 2015 bestimmt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Kindesmutter unter Abwägung und umfassender Berücksichtigung aller konkreten Umstände die Kindergeldberechtigung zuzusprechen sei, da dies dem Kindeswohl am besten entspreche. Zum einen habe der Antragsgegner verkannt, dass aufgrund der Neuregelung des § 66 EStG mit Wirkung vom 1. Januar 2018 Kindergeld nur noch rückwirkend für die letzten 6 Monate vor Beginn des Monats gezahlt werde, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. Entgegen der Ansicht des Kindesvaters sei es somit tatsächlich erforderlich gewesen, dass noch bis zum 31. Dezember 2017 ein Antrag auf Kindergeld unter Beifügung einer entsprechenden Bestimmung des Bezugsberechtigten bei der Kindergeldkasse eingeht. Die Kindesmutter biete vor diesem Hintergrund insgesamt die größere Gewähr dafür, dass das Kindergeld den Kindern unmittelbar zugutekomme, da sie einen entsprechenden Antrag gestellt und somit den Verfall der Kindergeldbeträge verhindert habe. Ferner sei die Kindesmutter bereit gewesen, im Rahmen einer pragmatischen Lösung ihre Zustimmung dahingehend zu erklären, dass je ein Elternteil pro Kind als Bezugsberechtigter bestimmt werde. Der Antragsgegner sei hierauf nicht eingegangen und habe weiterhin die Auszahlung an sich verlangt. Die Antragstellerin verfüge auch über das geringere Einkommen, und sei damit der wirtschaftlich schwächere Elternteil, erbringe aber gleichwertige wirtschaftliche Leistungen für die Kinder. Zugleich wirke auch der Grundsatz der Kontinuität zu Gunsten der Antragstellerin, da sie das Kindergeld für beide Kinder bis März 2015 ausgezahlt bekommen habe. Zu einer einseitigen Aufkündigung der Bezugsberechtigung durch den Antragsgegner habe daher keine Veranlassung bestanden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Zur Begründung führt er an, dass sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei, da er keine ausreichende Möglichkeit gehabt habe, im Rahmen der Anhörung auf den Antrag der Antragstellerin zu reagieren. Die gesetzte Frist von 10 Tagen sei zu kurz bemessen gewesen. Seinem Fristverlängerungsantrag vom 9. Dezember 2017 sei nicht entsprochen worden. Weiter gehe das Amtsgericht von einer falschen Tatsachengrundlage aus. Zwar habe die Kindesmutter das Kindergeld tatsächlich bis März 2015 erhalten. Von April bis Juni 2015 habe er jedoch das Kindergeld bezogen. Die Antragstellerin habe die Kindergeldfestsetzung zugunsten des Antragsgegners angefochten. Die Entscheidung sei mit Einspruchsentscheidung vom 18. August 2015 aufgehoben worden. Somit sei der Antragsgegner derjenige, der zuletzt die Bezugsberechtigung für das Kindergeld innegehabt habe. Schließlich habe er am 18. August 2015 erneut einen Antrag auf Kindergeld gestellt. Hätte die Antragstellerin keinen Antrag auf Bezugsberechtigung gestellt, hätte die Kindergeldkasse dem Antragsgegner das Kindergeld rückwirkend und laufend gezahlt. Es habe daher nicht die Gefahr bestanden, dass die Ansprüche auf Auszahlung des Kindergeldes erloschen wären. Weiter habe der Antragsgegner aufgrund der Kinderbetreuung im Wechselmodell im Juli 2015 seine Arbeitszeit von 35 Stunden auf 25 Stunden reduziert. Er verfüge daher ebenso wie die Antragstellerin über ein monatliches Einkommen in Höhe von ca. 2.000 €. Die Kindergeldberechtigung sei dem Antragsgegner ferner deswegen zuzusprechen, da dieser die fortlaufenden monatlichen Kosten für den Kindergarten von J. und für die Schule von L. sowie die Schulbücher und die Schulausstattung übernommen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die Beschwerdeschrift vom 29. Januar 2018 Bezug genommen. Aufgrund des zwischen den Kindeseltern praktizierten Wechselmodells sei es die fairste Lösung, wenn beide Elternteile jeweils für ein Kind das Kindergeld erhielten.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag der Antragstellerin abzuweisen und den Antragsgegner zum Kindergeldberechtigten für die Kinder J. W. , geboren am 5. September 2012, und L. W. , geboren am 20. Oktober 2008 zu bestimmen. Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragstellerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Hierzu trägt sie vor, dass die Zahlung des Kindergeldes im Zeitraum April bis Juni 2015 nur deswegen an den Antragsgegner erfolgt sei, da er wahrheitswidrig behauptet habe, die Kinder in seinen Haushalt aufgenommen zu haben. Die letzte einvernehmliche Auszahlung des Kindergeldes sei daher tatsächlich, wie zutreffend vom Amtsgericht angenommen, an sie erfolgt. Soweit der Antragsgegner darauf verweise, Kindergartengebühren und Schulkosten zu übernehmen, könne nicht unerwähnt bleiben, dass der Antragsgegner 2015 eine Beteiligung der Antragstellerin hieran verlangt habe. Die Forderung des Antragsgegners sei daraufhin mit ihrem Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die von ihm seit der Trennung allein bewohnte und im hälftigen Miteigentum der Beteiligten stehende Immobilie aufgerechnet worden. Der Antragsgegner trage daher mitnichten die Kosten allein. Weiter sei auffällig, dass der Antragsgegner sich über die tatsächliche Höhe seines Einkommens ausschweige. Schließlich habe sie unter Vorlage des angegriffenen Beschlusses noch fristgerecht vor Jahreswechsel Kindergeldanträge gestellt und so die rückständigen Ansprüche der Kinder gerettet. Mit Bescheid vom 3. Januar 2018 sei ihr das laufende Kindergeld ab Januar 2018 und die aufgelaufenen Kindergeldbeträge für die Zeit von November 2015 bis Dezember 2017 in Höhe von 9.544 € bewilligt und ausgezahlt worden. Würde die Entscheidung nunmehr geändert werden, könnte der Antragsgegner mit einem künftigen Antrag nur noch für 6 Monate rückwirkend Kindergeld erhalten, was den Verlust aller weiteren Ansprüche auf rückständigen Kindergeld ab November 2015 bedeuten würde.

II. ... 1. Soweit der Antragsgegner rügt, dass das Verfahren beim Amtsgericht wegen Verstoßes gegen die Gewährung rechtlichen Gehörs verfahrensfehlerhaft geführt worden sei, da die ihm gewährte Stellungnahmefrist auf den Antrag der Antragstellerin mit 10 Tagen zu kurz bemessen gewesen sei, verhilft dies der Beschwerde nicht zum Erfolg.

Selbst wenn dem Antragsgegner dahingehend Recht gegeben werden würde, dass die begehrte Fristverlängerung hätte gewährt werden müssen, und somit eine Verletzung von Verfahrensvorschriften in erster Instanz vorgelegen hätte, wäre dieser prozessuale Fehler nicht kausal für das gerichtliche Ergebnis, wie nachfolgende Begründung zeigt. Darüber hinaus wäre dieser Verfahrensfehler durch Gewährung des rechtlichen Gehörs im Rahmen der Beschwerdeinstanz entsprechend geheilt (Abramenko in Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl. 2018 § 59 Rz. 4).

2. Zu Recht und von keinem der Beteiligten beanstandet ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die gemeinsamen Kinder nach der Trennung aufgrund des gelebten paritätischen Wechselmodells in beiden Haushalten gleichermaßen aufgenommen worden sind und eine übereinstimmende Bestimmung der Bezugsberechtigung seit dem Widerruf der Berechtigungsbestimmung durch den Antragsgegner im April 2015 nicht vorlag. Damit waren die Voraussetzungen für eine Bestimmung durch das Familiengericht nach § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG gegeben (vgl. hierzu OLG Celle, FamRZ 2012, 1963; OLG München FamRZ 2006, 1567).

3. Auch die vom Amtsgericht getroffene Auswahl des Kindergeldbezugsberechtigten erweist sich als zutreffend.

§ 64 EStG enthält keine Vorgaben, nach welchen Grundsätzen das Familiengericht die Bezugsberechtigungsbestimmung zu treffen hat. Es ist daher in seiner Entscheidung frei. Dies bedeutet, dass die Bestimmung nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen hat (OLG Celle, a.a.O..; OLG München, a.a.O.; OLG Dresden, FamRZ 2014, 1055 ff.). Dabei besteht Einigkeit in der Rechtsprechung, dass sich die zu treffende Ermessensentscheidung an dem Sinn des Kindergeldes zu orientieren hat, dass der Sicherung des Existenzminimums von Kindern durch Entlastung der Familie dient, also am Wohl des Kindes (OLG Celle, a.a.O..; OLG München, a.a.O.; OLG Dresden, a.a.O.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 13. Januar 2010, 15 UF 225/09; OLG Köln, Beschluss vom 29 Mai 2012, 4 UF 78/12). Diesen Prüfungsmaßstab hat das Amtsgericht zutreffend erkannt. Die auf dieser Grundlage getroffene Ermessensentscheidung des Amtsgerichts ist nicht zu beanstanden.

a) Dabei kann die Frage, ob das Amtsgericht tatsächlich von unzutreffenden Einkommensverhältnissen der Beteiligten ausgegangen ist und hierbei die von dem Antragsgegner behaupteten Zahlungen für den Kindergarten und die Schule unberücksichtigt gelassen hat, im Ergebnis dahingestellt bleiben.

Insoweit wird teilweise die Auffassung vertreten, das Kindergeld stehe vorrangig demjenigen zu, der die höheren wirtschaftlichen Leistungen zur Erfüllung des Kindesunterhalts erbringe (OLG Stuttgart, a.a.O., OLG Schleswig Holstein, Beschluss vom 1. Dezember 2003, 13 WF 187/03). Nach anderer Auffassung ist es hingegen gerade nicht der Zweck der Norm, einen Ausgleich unter den Eltern wegen verschieden hoher Unterhaltsleistungen herzustellen. Letzteres sei Sache des Unterhaltsrechts. Dem § 64 Abs. 3 Satz 2 EStG lasse sich auch keine Einschränkung des Ermessens dahingehend herleiten, dass derjenige das Kindergeld erhalten solle, der den größeren Unterhaltsbeitrag leiste. Dies gelte nämlich nur dann, wenn das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen ist. In diesem Fall sei durch die Bezugsberechtigung des Kindergeldes das Kindeswohl nämlich nicht berührt, so dass andere Kriterien entscheidend sein müssten. Daher sei auch unerheblich, welcher Elternteil nach seinen Einkommensverhältnissen in höherem Maße leistungsfähig sei (OLG München, a.a.O., OLG Dresden a.a.O.).

Selbst wenn im vorliegenden Fall die nicht durch Verdienstabrechnungen belegte Behauptung des Antragsgegners zutreffen würde, dass er ein ähnlich hohes Einkommen erzielt, wie die Antragstellerin, rechtfertigt dieses Kriterium indessen weder eine Bevorzugung der Kindesmutter noch eine Bevorzugung des Kindesvaters, so dass es einer Entscheidung zu der aufgeworfenen Rechtsfrage im vorliegenden Fall nicht bedarf.

Denn soweit der Antragsgegner vorträgt, allein für die Kosten der Schule und des Kindergartens aufzukommen, hat die Antragstellerin durch Vorlage des anwaltlichen Schreibens vom 13. Juli 2015 nachgewiesen, dass sie sich jedenfalls durch Aufrechnung mit ihren Forderungen auf Nutzungsentschädigung wegen des mietfreien Wohnens des Antragsgegners in der im ideellen Miteigentumsanteil stehenden Immobilie der Beteiligten auch an diesen Kosten beteiligt. Im Übrigen haben die Beteiligten wechselseitig keine Unterhaltsforderungen gestellt und leisten den täglichen Bedarf der Kinder im Rahmen des paritätischen Wechselmodells jeweils auf eigene Kosten, so dass mangels weiteren Vortrages mit Substanz davon auszugehen ist, dass die Beteiligten etwa gleichwertige Unterhalts- und Betreuungsleistungen für die gemeinsamen Kinder erbringen.

b) Im Weiteren hat das Amtsgericht zurecht darauf abgestellt, dass unter Kindeswohlgesichtspunkten derjenige Elternteil zum Kindergeldbezugsberechtigten zu bestimmen ist, der die Gewähr dafür bietet, dass das Kindergeld zum Wohl der Kinder verwendet wird (OLG Celle, a.a.O..; OLG München, a.a.O.; OLG Dresden, a.a.O.; OLG Köln a.a.O.). Die auf dieser Grundlage getroffene Entscheidung des Amtsgerichts, die Antragstellerin als Bezugsberechtigte zu bestimmen, erweist sich als ermessensfehlerfrei.

Aufgrund gemeinsamer Entscheidung der Beteiligten hat die Antragstellerin sowohl während des ehelichen Zusammenlebens als auch nach der Trennung bis einschließlich März 2015 das staatliche Kindergeld für beide Kinder bezogen. Der Antragsgegner hat auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens keine Beanstandungen hinsichtlich der Verwendung dieses Geldes vorgebracht. Gleichwohl hat er, ohne Rücksprache mit der Antragstellerin und mit der unzutreffenden Behauptung, dass die Kinder nunmehr in seinen Haushalt gewechselt seien (vergleiche hierzu Seite 2 1. Absatz der Einspruchsentscheidung vom 17. November 2015), die Einwilligung zur Bezugsberechtigung der Kindesmutter widerrufen und die Auszahlung des Kindergeldes an sich für 3 Monate (April bis Juni 2015) veranlasst. Soweit er sich erstmals im Beschwerdeverfahren damit einverstanden erklärt, dass jeder Elternteil die Kindergeldbezugsberechtigung für je ein Kind erhalten solle, ist er einer entsprechenden außergerichtlichen Anfrage der Kindesmutter diesbezüglich, nachgewiesen durch vorgelegte E-Mail vom 22. November 2015, gerade nicht nähergetreten, sondern hat mit Antwort-E-Mail ohne nähere Begründung die weitere Auszahlung an sich begehrt. Einen nachvollziehbaren Anlass für diese Verhaltensweise oder für den Wechsel der Bezugsberechtigung entgegen der bisherigen Vereinbarung hat der Antragsgegner hingegen auch im Beschwerdeverfahren nicht vorgetragen. Dabei bedeutet die Bestimmung des Kindergeldberechtigten als solche gerade nicht die wirtschaftliche Zuweisung des auszuzahlen Kindergeldes an den Berechtigten (OLG Celle a.a.O.). Im Wege der Verrechnung oder Ausgliederung würde die Hälfte des etwa an ihn ausgezahlten Kindergeldes ohnehin der Kindesmutter zufließen. Bei Auszahlung an die Kindesmutter hat der Antragsgegner entsprechende Ansprüche.

Dem Antragsgegner kommt es damit in erster Linie auf seine - formale - rechtliche Stellung als Bezugsberechtigter an, ohne dass dahinter die Sorge über die Verwendung des Kindergeldes zum Wohl der Kinder erkennbar wird. Das Verhalten des Antragsgegners, die Bezugsberechtigung der Kindesmutter einseitig und ohne nachvollziehbare Begründung zu widerrufen und die Auszahlung mit unzutreffenden Behauptungen an sich zu veranlassen, hat dazu geführt, dass die Kindergeldkasse die weitere Auszahlung des Kindergeldes seit Juli 2015 nicht weiter angewiesen hat. Damit konnte das Geld auch nicht zweckentsprechend zu Gunsten der Kinder verwendet werden. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner ausweislich des im Beschwerdeverfahren vorgelegten anwaltlichen Schreibens vom 13. Juli 2015 ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass der Verlust des rückständigen Kindergeldbetrages aufgrund der Gesetzesänderung im Einkommensteuerrecht (§ 66 Abs. 3 EStG) drohe, wenn nicht noch im Jahr 2017 ein entsprechender Antrag auf Kindergeld gestellt wird. Hierauf hat der Antragsgegner nicht reagiert, sondern vielmehr trotz Kenntnis der Sachlage auch in diesem Verfahren trotz gewährter Stellungnahmefrist von immerhin 10 Tagen weitere Fristverlängerung beantragt und damit den Verlust einer Summe von jedenfalls 10.000 € riskiert. Denn tatsächlich hätten die Beteiligten bei einem Antrag nach dem 31. Dezember 2017 nach der genannten Vorschrift das Kindergeld nur noch rückwirkend für die letzten 6 Monate vor Beginn des Monats der Antragstellung erhalten können (vgl. hierzu Avvento in: Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 17. Aufl. 2018, § 66 EStG Rz. 5). Soweit der Antragsgegner hier behauptet, bereits 2015 einen weiteren Antrag auf Kindergeld gestellt zu haben, hat er diese bestrittene Behauptung nicht durch entsprechende Unterlagen belegt.

Letztlich war es die Antragstellerin, die durch ihren erneuten Antrag in 2017 das Kindergeld für die gemeinsamen Kinder sichergestellt hat. Eine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung würde dazu führen, dass sie verpflichtet wäre, die an sie gezahlten Beträge zurückzuerstatten. Der Antragsgegner müsste dann als Bezugsberechtigter einen neuen Antrag stellen, wobei wegen der neu eingeführten Regelung des § 66 Abs. 3 EStG die Gefahr bestünde, dass er nur noch einen deutlich geringeren Kindergeldrückstand verlangen könnte. Bei einer Gesamtbetrachtung dieser Umstände bietet die Antragstellerin damit die bessere Gewähr dafür, dass das Kindergeld letztlich zugunsten der Kinder zur Verfügung steht und verwendet wird.

Zugleich wirkt sich der Kontinuitätsgrundsatz zugunsten der Antragstellerin aus, denn sie hat während des gesamten ehelichen Zusammenlebens bis einschließlich März 2015 das Kindergeld erhalten, während der Antragsgegner lediglich einen 3-monatigen Bezug verzeichnen kann.

Die Ausführungen des Familiengerichts erweisen sich damit als im Ergebnis beanstandungsfrei. Die Beschwerde konnte damit keinen Erfolg haben. ..."

***

Beim echten Wechselmodell steht den Kindeseltern das Kindergeld hälftig und es kann ein Ausgleich über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch erfolgen. Die isolierte Geltendmachung des Kindergeldausgleichs beim echten Wechselmodell ist zulässig (OLG Schleswig, Beschluss vom 21.01.2015 - 12 UF 69/14):

„... I. Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute; aus ihrer Ehe sind die drei Kinder M L, geb. am 20. Dezember 2000, N P, geb. am 8. Juni 2003, sowie R C, geb. am 16. März 2005, hervorgegangen. Die Kinder leben wöchentlich wechselnd in den Haushalten der Beteiligten, die sich gleichgewichtig die Erziehungs- und Versorgungsaufgaben teilen und sich einig sind, dass ein paritätisches Wechselmodell vorliegt. Keiner der Beteiligten zahlt Kindesunterhalt an den jeweils anderen.

Die Antragsgegnerin, die im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, bezieht für alle drei Kinder das Kindergeld iHv monatlich 184 €, 184 € und 190 €, zusammen 558 €.

Der Antragsteller, der die Antragsgegnerin entsprechend mit Schreiben vom 11. April 2013 aufgefordert hat, begehrt die Weiterleitung des hälftigen Kindergeldes durch die Antragsgegnerin an sich.

Der Antragsteller hat erstinstanzlich beantragt,

1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn 1.116,00 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 6. Dezember 2013 zu zahlen,
2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn ab August 2013 jeweils das hälftige Kindergeld für die Kinder M L E., geb. am 20. Dezember 2000, in Höhe von 92,00 €, für N P E., geb. am 8. Juni 2003, in Höhe von 92,00 € und für R C E., geb. am 16. März 2005, in Höhe von 95,00 € zu zahlen.

Die Antragsgegnerin hat erstinstanzlich beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Sie hat gemeint, dass keine Verpflichtung ihrerseits zur Weiterleitung des hälftigen Kindergeldes bestehe, weil die Unterhaltsfrage zwischen den Beteiligten noch nicht geklärt sei und das Kindergeld Teil dieses Unterhaltsanspruchs sei.

Darüber hinaus hat sie hilfsweise die Aufrechnung mit Zahlungen in Höhe von insgesamt 4.431,92 € im Zeitraum April 2013 bis Januar 2014 erklärt, welche sie für die Kinder aufgewandt habe; insoweit stehe ihr ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Antragsteller zu.

Das Familiengericht hat den Anträgen des Antragstellers in vollem Umfang stattgegeben. Der Anspruch folge aus §§ 430, 428 BGB, weil die Beteiligten als Gesamtgläubiger der Kindergeldansprüche anzusehen seien; im Verhältnis untereinander seien beide aufgrund hälftiger Kinderbetreuung und mangels anderweitiger Regelung je zur Hälfte berechtigt. Die Aufrechnung greife nicht durch, weil sich dem Vortrag der Antragsgegnerin - unabhängig von der fraglichen substantiierten Darlegung der Gegenforderungen - nicht entnehmen lasse, dass sie Leistungen erbracht habe, die über die von ihr ohnehin zu tragenden Leistungen hinausgegangen seien; außerdem sei sie hinsichtlich der Aufrechnungsforderungen - Anspruchsinhaber seien die Kinder, eine Verfahrensstandschaft nach § 1629 Abs. 3 BGB bestehe wegen des echten Wechselmodells nicht - nicht aktiv legitimiert.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Sie macht im Wesentlichen geltend:

Die Kosten für die Anschaffung von Kleidungsgegenständen und Schulbedarf sowie die Finanzierung der Hobbys der Kindern seien fast überwiegend von ihr bestritten worden, ohne dass eine Kostenerstattung stattgefunden habe. Diese Aufwendungen seien vom Kindergeld zu bestreiten.

Hilfsweise rechne sie weiterhin mit ihrer Erstattungsforderung gegenüber dem Antragsteller - im Zeitraum April 2013 bis Januar 2014 allein 4.431,92 € - auf. Die weiter anfallenden Lebenshaltungskosten der Kinder trage sie aufgrund des Wechselmodells im gleichen Umfang wie der Antragsteller.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts Schleswig vom 13. Januar 2014 abzuändern und den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.

Der Antragsteller hat keinen konkreten Antrag gestellt; aus seinem Schriftsatz vom 28. August 2014 ergibt sich aber, dass er den erstinstanzlichen Beschluss verteidigen will und konkludent beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung über die Beschwerde, die keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte, im schriftlichen Verfahren beabsichtigt sei, falls sie sich nicht einigen sollten, und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Einigung der Beteiligten ist nicht zustande gekommen.

II. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Familiengericht hat mit Recht den Anträgen des Antragstellers auf hälftigen Ausgleich der von der Antragsgegnerin empfangenen und von ihr künftig zu beziehenden Kindergeldbeträge stattgegeben.

a) Anspruchsgrundlage sind - anders als vom Familiengericht angenommen - allerdings nicht die §§ 428, 430 BGB, weil im Außenverhältnis zur Kindergeldstelle keine Gesamtgläubigerschaft des Antragstellers und der Antragsgegnerin besteht. Gemäß § 428 BGB setzt eine Gesamtgläubigerschaft voraus, dass mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt sind, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist; der Schuldner kann dann nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten. Das Kindergeld wird gemäß § 64 Abs. 1 EStG nur einem Berechtigten gezahlt. Abs. 2 dieser Vorschrift regelt, wer es bei Vorhandensein mehrerer Berechtigter erhält; danach bestimmen diese es untereinander, anderenfalls trifft auf Antrag das Familiengericht die Entscheidung. Es kann folglich bei Bestehen mehrerer Berechtigungen nicht jeder Berechtigte Leistung von der Kindergeldstelle verlangen, sondern nur derjenige, der - im Wege der Einigung oder durch das Gericht - bestimmt worden ist.

b) Der Anspruch eines Elternteils auf Ausgleich des dem anderen Elternteil gezahlten Kindergeldes ist aber ein Unterfall des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs, auch wenn hier nicht gezahlter Unterhalt, sondern eine vorweg genommene staatliche Sozialleistung ausgeglichen werden soll (vgl. Scholz in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 2 Rn. 769, 780 ff.; Bausch/Gutdeutsch/Seiler, FamRZ 2014, 258, 260).

aa) Auch wenn die bedarfsmindernde Anrechnung des Kindergeldes auf den Unterhalt nach § 1612 b Abs. 1 BGB seit 2008 einen besonderen Ausgleich des Kindergeldes regelmäßig entbehrlich macht (vgl. Scholz a.a.O. Rn. 769), gilt dies nicht für die vorliegende Fallkonstellation des echten Wechselmodells, bei dem sich beide Elternteile die Kinderbetreuung hälftig teilen, aber nur einer von ihnen das - volle - Kindergeld bezieht.

bb) Ein echtes Wechselmodell liegt nach der Rechtsprechung des BGH (zuletzt Beschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 599/13), der der Senat folgt, (nur) vor, wenn die Eltern sich in der Betreuung eines Kindes abwechseln, so dass jeder von ihnen etwa die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungsaufgaben wahrnimmt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend - unstreitig wöchentlicher Betreuungswechsel und gleichgewichtige Erziehung - gegeben.

cc) Zwar ist die Behandlung des Kindergeldes beim Wechselmodell im einzelnen umstritten; insbesondere besteht keine Einigkeit, ob bei minderjährigen Kindern gemäß § 1612 b Abs. 1 Nr. 2 BGB - es betreut nicht nur ein Elternteil, wie in § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB dem Wortlaut nach vorausgesetzt - das volle Kindergeld oder entsprechend § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB nur das hälftige Kindergeld zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu verwenden ist. Der Senat neigt der zweitgenannten Auffassung zu, weil keine Drittbetreuung stattfindet, sondern beide Elternteile hälftig betreuen (so z.B. auch Finke, FamFR 2013, 488; Bausch/Gutdeutsch/Seiler, FamRZ 2012, 258, 259; a.A. z.B. Klinkhammer in Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 2 Rdnr. 450). Diese Frage kann hier aber letztlich dahinstehen, weil Gegenstand des Verfahrens der isolierte Kindergeldausgleich und nicht die Berechnung des Gesamtunterhalts ist.

Bei dem Kindergeld handelt es sich um eine zweckgebundene staatliche Leistung für das Kind an die Eltern (BT-Drucks. 16/1830 S. 29); es kürzt den Bedarf des Kindes wie sonstiges Einkommen. Bei minderjährigen Kindern deckt es wegen der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsleistung gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB zur Hälfte den Barbedarf des Kindes und zur anderen Hälfte den Betreuungsbedarf (§ 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB). Das dem betreuenden Elternteil verbleibende Kindergeld ist deshalb z.B. in der Ehegattenunterhaltsberechnung nicht als dessen Einkommen anzusetzen, sondern ihm anrechnungsfrei zur Unterstützung seiner Betreuungsleistung zu belassen (vgl. nur Seiler in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 9. Aufl., 6. Kapitel Rn. 285 m.w.N.).

Da der Antragsteller die gemeinsamen Kinder hälftig betreut und auch Baraufwendungen durch die Unterhaltung der Kinder jedenfalls im Hinblick auf Wohn- und Verpflegungskosten hat, steht ihm die Hälfte des Kindergeldes, das entgegen § 1612 b BGB nur der Antragsgegnerin zugeflossen ist, intern zu und muss ein Ausgleich über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch erfolgen (vgl. Scholz a.a.O. Rn. 770).

Der Senat folgt nicht der Auffassung, es sei derjenige Kindergeldanteil durch den kindergeldberechtigten Elternteil an den einkommensstärkeren Elternteil zu überweisen, der prozentual dessen Unterhaltspflicht entspricht (so Schürmann in Sünderhauf, Vom starren Residenzmodell zum individuellen Wechselmodell, Schriftenreihe des ISUV, Band 7, 2013, S. 53, 60). Für die jeweils hälftige, nicht an Einkommen gebundene Anrechnung spricht nämlich der Sinn fingierter Gleichwertigkeit von Barunterhalt und Betreuung bei §§ 1606 Abs. 3 Satz 2, 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB; unterschieden durch pauschale Halbanrechnung wird nur zwischen den beiden Unterhaltsteilen Bar- und Betreuungsunterhalt, ohne dass das Einkommen Einfluss auf die Anrechnung hat (so auch Wohlgemuth a.a.O.).

c) Der Antrag des Antragstellers bleibt auch nicht deshalb ohne Erfolg, weil er den Kindergeldausgleich isoliert geltend macht. Die Zulässigkeit dieses Vorgehens ist umstritten:

aa) Nach einer Auffassung (OLG Dresden, FamRZ 2014, 1055 im Rahmen einer Beschwerdeentscheidung zu einer familiengerichtlichen Entscheidung über die Bestimmung des Kindergeldbezugsberechtigten nach § 64 EStG) ist die Frage, wer das Kindergeld ausgezahlt erhält, zwar im Rahmen eines die Aufwendungen beider Elternteile insgesamt berücksichtigenden Ausgleichs, der primär nach unterhaltsrechtlichen Maßstäben vorzunehmen sei, als Rechnungsposten in den Gesamtausgleich einzubeziehen; für eine Verpflichtung des kindergeldbezugsberechtigten Elternteils zur Auszahlung anteiligen Kindergeldes an den anderen Elternteil bestehe aber keine gesetzliche Grundlage.

bb) Die Gegenmeinung hält es für möglich, den Kindergeldausgleich auch isoliert, also ohne gleichzeitige Abrechnung des Gesamtunterhalts, geltend zu machen (so Wohlgemuth, FamRZ 2014, 84, 85; im Ergebnis auch OLG Düsseldorf, FamRZ 2014, 567, sowie auch Schürmann a.a.O.; für eine getrennte Abrechnung durch Weiterleitung des hälftigen Kindergeldes durch den Bezieher an den anderen Elternteil - ohne Abzug des Kindergeldes bei der Bedarfsermittlung - der 20. Deutsche Familiengerichtstag - Arbeitskreis 15).

cc) Der Senat folgt der zweitgenannten Auffassung. Die Bedenken der ersten Meinung hinsichtlich der nicht gegebenen Anspruchsgrundlage teilt der Senat nicht, weil der Ausgleich - wie auch der unterhaltsrechtliche Gesamtausgleich - über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch erfolgen kann. Zwar hält auch der Senat grundsätzlich einen Gesamtausgleich einschließlich des Kindergeldes für praktisch und sinnvoll; wenn aber - wie hier - ein Gesamtausgleich und damit eine unterhaltsrechtliche Abrechnung des Kindergeldes von beiden Elternteilen (jedenfalls bislang) nicht geltend gemacht wird, muss eine isolierte Durchsetzung möglich sein; anderenfalls würde das Verfahren unnötig erweitert. Ob dies auch gilt, wenn bereits ein Gesamtausgleich anhängig ist, braucht hier nicht entschieden zu werden.

Dem steht auch nicht der Gedanke des § 1612 b BGB, wonach das Kindergeld primär unterhaltsrechtlich abgerechnet wird, entgegen. Im Normalfall, dass ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung erfüllt und der andere barunterhaltspflichtig ist, stellt sich die Frage des Ausgleichs nicht, solange der betreuende Elternteil das Kindergeld bezieht, weil es hälftig auf die Barunterhaltspflicht des anderen Elternteils angerechnet wird. Es gibt aber in dieser Konstellation Ausnahmefälle, z.B. nach einem Obhutswechsel des Kindes, in denen ein Ausgleich des Kindergeldes zu erfolgen hat. Dies ist auch zulässig, weil das Kindergeld nicht Teil des Kindesunterhalts ist und daher auch keinen bloß unselbständigen Rechnungsposten in der möglichen Gesamtabrechnung darstellt.

Die isolierte Geltendmachung führt auch nicht zu einem unbilligen Ergebnis. Sollte der andere Elternteil im Anschluss an den isolierten Kindergeldausgleich noch einen Gesamtausgleich geltend machen, könnte und müsste die Entscheidung zum Kindergeldausgleich in der dortigen Abrechnung berücksichtigt werden und das Kindergeld bei beiden Elternteilen als erhaltene Leistung in die Abrechnung eingestellt werden.

d) Gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 258 ZPO ist eine Verpflichtung zum Ausgleich auch für die Zukunft möglich.

e) Die Berechnungen des Familiengerichts zur Höhe der Kindergeldausgleichsverpflichtung sind nicht angegriffen und lassen Fehler jedenfalls zu Lasten der beschwerdeführenden Antragsgegnerin nicht erkennen. Das Kindergeld beträgt für die beiden ersten Kinder monatlich 184 € und für das dritte Kind 190 €, woraus sich monatlich Ausgleichsbeträge von zweimal 92 € und einmal 95 € ergeben. Für die Vergangenheit, d.h. den Zeitraum Mai bis Juli 2013, sind, obwohl es sich eigentlich um fünf Monate handelt, lediglich viermal 279 € = 1.116 € geltend gemacht und auch zuerkannt.

f) Die Hilfsaufrechnung der Antragsgegnerin mit behaupteten monatlichen Mehraufwendungen greift nicht durch, weil trotz entsprechenden Hinweises nicht dargetan ist, in welchem Verhältnis die Kindeseltern zum Barunterhalt der Kinder beizutragen haben; es ist nämlich zu den Einkünften der Antragsgegnerin nicht vorgetragen. Schon aus diesem Grund kann von etwaigen Mehraufwendungen im Verhältnis zum Antragsteller, der nach den vorgelegten Einkommensunterlagen wohl nur knapp über dem notwendigen Selbstbehalt liegen dürfte, nicht auf eine Berechtigung geschlossen werden, das volle Kindergeld nach eigenem Belieben einzusetzen.

2. Der Senat hat nach entsprechendem Hinweis an die Beteiligten ohne erneute mündliche Verhandlung, von der hinsichtlich der entscheidungsrelevanten rechtlichen Fragen keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten waren, entschieden (§§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Wertfestsetzung auf § 51 FamGKG.

4. Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde zu, weil die Frage der Zulässigkeit des isolierten Kinderausgleichs im echten Wechselmodell zum einen grundsätzliche Bedeutung hat und zum anderen streitig und höchstrichterlich noch nicht geklärt ist (§ 70 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FamFG). ..."

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Sieht ein dynamischer Unterhaltstitel die Anrechnung von Kindergeld vor, muss der Anteil des anzurechnenden Kindergeldes aus dem Titel heraus berechenbar sein (z.B.: die Hälfte des staatlichen Kindergeldes für ein erstes Kind). Ein Betrag muss nicht aufgeführt sein (OLG Dresden, Beschluss vom 15.02.2011 - 23 WF 576/10).

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Die Berechnung des Ehegattenunterhalts nach bloßem Abzug des Zahlbetrags des Kindesunterhalts führt im Nichtmangelfall dazu, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte trotz bedarfsdeckenden Unterhalts im Ergebnis 110 € vom Kindergeld, das nur im Mangelfall für das Kind dessen Einkommen ist (§ 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II), behalten darf, während dem Unterhaltsverpflichteten faktisch nur 44 € davon verbleiben. Im Mangelfall für den Ehegatten, d. h. wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte, der auch das Kind bzw. die Kinder erzieht, nicht einmal die ihm an sich zustehende Quote des um den auskömmlichen Kindesunterhalt bereinigten Einkommens des Verpflichteten erhalten kann, ist es demgegenüber auch vom Ergebnis her richtig, dem unterhaltsberechtigten Ehegatten wenigstens die Differenz zwischen dem nach Abzug des Zahlbetrags verbleibenden Einkommen des Verpflichteten und seinem gegenüber dem Ehegatten erhöhten Selbstbehalt von derzeit 1.000 € zuzusprechen, weil hier von einer ungerechten Verteilung des Kindergeldes nicht mehr ausgegangen werden kann (OLG Frankfurt, Urteil vom 30.04.2008 - 5 UF 67/07 zu BGB 1361, 1609, 1612b):

„... I. Die Klägerin begehrt, nachdem der Kindesunterhalt in der Berufungsverhandlung durch den dort geschlossenen Teilvergleich geregelt worden ist, noch den Trennungsunterhalt. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Offenbach am Main Bezug genommen. Allerdings ist die Trennung der Parteien entgegen den Feststellungen im angefochtenen Urteil - vom Beklagten in der Berufungsverhandlung auch nicht mehr ernsthaft bestritten - bereits im Februar 2005 erfolgt. Ab März 2005 hat er auch unstreitig bereits (Teil-)Unterhaltszahlungen wie aus dem Tenor ersichtlich geleistet. Nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens stellen sich die Einkommensverhältnisse des Beklagten ab 2006 auf Grund inzwischen vorliegeder Verdienstbescheinigungen für die Jahre 2006 und 2007 etwas abweichend von den noch auf der Basis des Jahres 2005 vorgenommenen Berechnungen des Amtsgerichts dar. Danach belief sich das Nettoeinkommen des Beklagten im Jahr 2006, ausgehend von 34.101,31 EUR brutto, auf 21.055,79 EUR (bereits nach Abzug des Arbeitgeberanteils für vermögenswirksame Leistungen) entsprechend monatlich 1.754,65 EUR. Zuzüglich möglicher 4 EUR Steuerersparnis beim Solidarzuschlag, die der Beklagte netto mehr erhielte, wenn er sich den ihm zustehenden halben Kinderfreibetrag pflichtgemäß hätte eintragen lassen, und abzüglich 5 % berufsbedingter Aufwendungen verblieben ihm netto aufgerundet monatlich 1.671 EUR im Jahr 2006. Im Jahr 2007 bezog er, ausgehend von brutto 36.219,57 EUR, netto 22.913,38 EUR oder monatlich 1.909,45 EUR zuzüglich 4 EUR möglicher Steuerersparnis und abzüglich 5 % berufsbedingter Aufwendungen, somit monatlich 1.818 EUR.

Das Amtsgericht hat der Klage auch hinsichtlich des Trennungsunterhalts überwiegend stattgegeben und den Beklagten hinsichtlich der Rückstände bis einschließlich Oktober 2006 unter Berücksichtigung wechselnder Einkommensverhältnisse und Abzugsbeträge für bestehende Schulden zu unterschiedlichen Beträgen nebst Zinsen wie aus dem Tenor des angefochtenen Urteils ersichtlich sowie ab November 2006 zu laufendem Trennungsunterhalt von 611,75 EUR monatlich verurteilt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Die Parteien haben in der Berufungsverhandlung einen Teilvergleich geschlossen und damit den Kindesunterhalt abschließend geregelt. Insoweit wird auf das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 16.04.2008 Bezug genommen. Allerdings hatte das Amtsgericht in dem mit dem Vergleich hinsichtlich des Kindesunterhalts bis 31.12.2007 rechtskräftig gewordenen Teil des Urteils offensichtlich versehentlich den laufenden Kindesunterhalt bereits ab 1.11.2005 ausgeurteilt, obwohl es zuvor bereits den Rückstand bis 31.12.2005 mit den bis Oktober verlangten 168 EUR und 2 x 199 EUR für November und Dezember 2005 (zusammen 566 EUR) ausgeurteilt hatte.

Der Beklagte beantragt nunmehr noch, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage hinsichtlich des Trennungsunterhalts abzuweisen. Er beruft sich insbesondere auf einen höheren Schuldenabtrag als vom Amtsgericht anerkannt, räumt allerdings auch ein, das im Sommer 2005 aufgenommene Darlehen bei der inzwischen mit Ersparnissen getilgt zu haben und neben einer behaupteten Steuernachforderung für das Jahr 2004 für einen späteren Zeitraum auch eine Steuererstattung erhalten zu haben. Soweit er höhere Zahlungen auf den Unterhalt behauptet, beruht dies darauf, dass er auch die auf Grund von Pfändungen abgezogenen Beträge als eigene Zahlungen in Ansatz bringt. Insoweit wurde in der Berufungsverhandlung eine differenzierte Forderungsaufstellung des Klägervertreters sowohl für den Kindes- als auch den Trennungsunterhalt erörtert.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die nach dem Teilvergleich über den Kindesunterhalt nur noch den Trennungsunterhalt betreffende zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet.

Zu Recht ist das Amtsgericht für das Jahr 2005 zu-nächst von einem monatlichen Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von 2.331,98 EUR abzüglich 5 % berufsbedingter Aufwendungen, mithin von 2.215,38 EUR, ausgegangen.

Auch die Bereinigung von Schulden gegenüber der von 50 EUR monatlich sowie weiterer 100 EUR monatlich an eine frühere Ver-mieterin ist - von der Klägerin nicht angegriffen - zu Recht erfolgt. Nach Auffassung des Senats sind allerdings auch die weiteren Altschulden des Beklagten, die er mit monatlich 47 EUR gegenüber der ... bedient, als eheprägend anzuerkennen und abziehbar, so dass ihm bereinigt netto 2.018,38 EUR monatlich für das Jahr 2005 verbleiben. Noch weitere Schuldenabzüge sind dagegen aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils nicht vorzunehmen, zumal der Beklagte auch in der Berufungsverhandlung entweder den jeweiligen Schuldgrund oder auch den tatsächlichen Abtrag nicht ausreichend zu belegen vermochte. Das gilt insbesondere auch für das im Jahr 2005 aufgenommene Darlehen über 3.000 EUR bei der, das er zudem - wie er nun einräumt - aus Ersparnissen wieder getilgt hat. Hinsichtlich des angeblichen Abtrags von weiteren Schulden an Rechtsanwälte ... sind Zahlungen nicht belegt. Ebenso sind angebliche Zahlungen im Zusammenhang mit einer früheren Straftat weder ausreichend belegt, noch sind diese Schulden als eheprägend anzuerkennen. Angeblichen Zahlungen auf eine Steuernachforderung steht eine Steuererstattung für einen späteren Zeitraum gegenüber. Von dem hiernach zugrunde zu legenden bereinigten Nettoeinkommen von monatlich 2.018,38 EUR sind die sich daraus ergebenden - bei nur zwei Unterhaltsberechtigten um eine Einkommensstufe erhöhten - Tabellenbeträge (nach dem für diesen Zeitraum noch geltenden bisherigen Recht unumstritten) des Kindesunterhalts von monatlich 283 EUR für die Zeit bis Juni 2005 bzw. 290 EUR ab Juli 2005 bis Dezember 2005 in Abzug zu bringen, so dass für die Berechnung des Trennungsunterhalts 1.735,38 EUR bis Juni 2005 bzw. 1.728,35 EUR bis Dezember 2005 verbleiben. Daraus errechnen sich als 3/7-Quote monatlich 744 EUR bis Juni 2005 bzw. monatlich 741 EUR bis Dezember 2005, die der Beklagte unter Berücksichti-gung des bis Juni 2005 für den Trennungsunterhalt noch geltenden Selbstbehalts von 920 EUR sowie auch bei einer zweistufigen Mangelfallberechnung nach altem Recht (BGH FamRZ 2003, 363 ff.) bei 1.000 EUR Selbstbehalt gegenüber der E-hefrau ab 01.07.2005 zahlen kann.

Unter Berücksichtigung des im Jahr 2006 gesunkenen und nach Steuerklasse 1 sowieso geringer ausfallenden Netto-einkommens von monatlich 1.671 EUR (s. o. unter I.) verbleiben dem Beklagten nach Abzug der bis September 2006 zunächst weiter anzuerkennenden monatlich 197 EUR für Schulden (50 EUR + 100 EUR + 47 EUR wie oben) noch monatlich 1.474 EUR; und nach Abzug des sich ergebenden Tabellen-betrags des Kindes-unterhalts von 233 EUR nur noch 1.241 EUR, so dass der Beklagte die 3/7- Quote von 532 EUR nicht mehr zahlen kann. Eine zweistufige Mangelfall-berechnung führt danach für den Trennungsunterhalt zu dem aus dem Tenor ersichtlichen Monatsbetrag von 362 EUR (Einsatzbeträge nach BGH FamRZ 2003, 363 ff.: 890 EUR Mindestbedarf für die Klägerin und 135 % des damaligen Regelbetrags, mit-hin 276 EUR, ergibt zusammen 1.166 EUR). Von den über 1.000 EUR (Selbstbe-halt gegenüber der Ehefrau) für Unterhaltszwecke insgesamt zur Verfügung ste-henden monatlich 474 EUR (s. o.) erhält die Klägerin danach anteilige 890/1166 = 362 EUR. (Der Kindesunterhalt wird in der hier nicht mehr erforderlichen zweiten Stufe der Berechnung aus dem niedrigeren notwendigen Selbstbehalt ge-genüber Kindern aufgefüllt.)

Im Oktober 2006 ermäßigt sich der Schuldenabtrag für die Mietrückstände auf 79,58 EUR, zuzüglich der 50 EUR und 47 EUR beträgt der gesamte berücksichtigungsfähige Schuldenabtrag nur noch 176,58 EUR.Es verbleiben von den 1.671 EUR netto nunmehr bereinigt 1.494,42 EUR. Die sich nach Abzug des Kindesunterhalts errechnende 3/7-Quote kann ebenfalls nicht gezahlt werden. Die Mangelfallberechnung nach dem obigen Muster führt zu dem Trennungsunterhalt von 377 EUR (494,42 EUR x 890 / 1166).

Im November und Dezember 2006 sind nur noch Schulden von insgesamt monatlich 97 EUR zu berücksichtigen. Von den 1.671 EUR verbleiben für Unterhaltszwecke nunmehr 1.574 EUR. Die auch insoweit notwendige Mangelfallberechnung führt zu monatlichem Trennungsunterhalt von 438 EUR (574 EUR x 890 / 1166).

Ab 2007 verbessern sich die Einkommensverhältnisse des Beklagten wieder. Sein Nettoeinkommen beträgt nach Abzug der berufsbedingten Aufwendungen, wie oben unter I. ausgeführt, nunmehr monatlich 1.818 EUR. Nach weiterem Abzug des anzuerkennenden Schuldenabtrags von monatlich 97 EUR verbleiben ihm für Unterhaltszwecke bereinigte 1.721 EUR. Sowohl nach Abzug des bis Juni 2007 maßgeblichen Tabellenbetrags für den Kindesunterhalt von 262 EUR als auch von 259 EUR bis Dezember 2007 kann der Beklagte die sich errechnende 3/7-Quote für den Trennungsunterhalt (625 EUR bzw. 627 EUR) unter Berücksich-tigung von 1.000 EUR Selbstbehalt nicht zahlen. Die Mangelfallberechnung nach dem obigen Muster führt zu den ausgeurteilten Beträgen von monatlich 550 EUR in der ersten Jahreshälfte (721 EUR in der ersten Stufe zur Verfügung x 890 / 1166 anteilig für die Ehefrau) und 552 EUR in der zweiten Jahreshälfte. Wegen der Absenkung der Regelbeträge für Kinder ab 01.07.2007 sind 135 % nur noch 273 EUR und der notwendige Mindestgesamtbedarf beider Berechtigter beträgt damit 1.163 EUR.

721 EUR x 890 / 1163 ergeben deswegen monatlich 552 EUR.

Ab Januar 2008 ist der Kindesunterhalt gemäß § 1609 BGB neuer Fassung vorrangig. Bei weiterhin monatlich 1.721 EUR bereinigtem Netto-einkommen des Beklagten verbleiben ihm nach Abzug des tatsächlichen Zahlbe-trags des Kindesunterhalts von 230 EUR, auf den sich die Parteien auch ver-gleichsweise geeinigt haben, noch 1.491 EUR. Der verbleibende Betrag über dem Selbstbehalt von 1.000 EUR, mithin nur noch 491 EUR, unterschreitet in jedem Fall die 3/7-Bedarfs-quote für die Ehefrau, und zwar ungeachtet dessen, ob man diese im vorliegenden Fall weiterhin nach Abzug des Tabellenbetrags für den Kin-desunterhalt von 307 EUR (Soyka, FuR 2008, 157 ff., 162, 163, wohl auch Schürmann, FamRZ 2008, 313 ff., 324) oder nur des Zahlbetrags von 230 EUR errechnet (so inzwischen BGH, Urteil vom 05.03.2008, XII ZR 22/06, in einem obi-ter dictum unter IV. 1. b im Anschluss an Dose, FamRZ 2007, 1289 ff., 1292 f., Klinkhammer FamRZ 2008, 193 ff., 199; Scholz FamRZ 2007, 2221 ff., 2224; Gerhardt FamRZ 2007, 945 ff., 948; Grundmann, forum familienrecht 2008, 134, 135). Die unterschiedliche Berechnungsweise (siehe auch die Übersicht unter www.hefam.de zu den Unterhaltsleitlinien bzw. Unterhaltsgrundsätzen der Ober-landesgerichte) führt zwar im Nichtmangelfall dazu, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte bei bloßem Abzug des Zahlbetrags trotz bedarfsdeckenden Unterhalts praktisch monatlich 33 EUR mehr erhält und damit vom Kindergeld im Ergebnis 110 EUR behalten darf, während dem Unterhaltsverpflichteten faktisch nur 44 EUR davon verbleiben (die dieses Ergebnis rechtfertigende Annahme der herr-schenden Meinung, das Kindergeld sei Einkommen des Kindes, trifft aber nur bei einem Mangelfall für das Kind zu, wie § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II zeigt, nämlich wenn das Kindergeld "zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt" wird).

Im Mangelfall für den Ehegatten, d. h. wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte, der auch das Kind bzw. die Kinder erzieht, wie hier nicht einmal die ihm an sich zustehende Quote des um den auskömmlichen Kindesunterhalt bereinig-ten Einkommens des Verpflichteten erhalten kann, ist es demgegenüber auch vom Ergebnis her richtig, dem unterhaltsberechtigten Ehegatten wenigstens die Differenz zwischen dem nach Abzug des Zahlbetrags verbleibenden Einkommen des Verpflichteten und seinem gegenüber dem Ehegatten erhöhten Selbstbehalt von derzeit 1.000 EUR zuzusprechen, weil hier von einer ungerechten Verteilung des Kindergeldes nicht mehr ausgegangen werden kann (anderer Ansicht unter Be-zugnahme auf die frühere Rechtsprechung des BGH auch insoweit Soyka a.a.O., u. a. mit weiteren Fallbeispielen, z. B. bei Leistung von Bar- und Betreuungsunterhalt für die Kinder durch den auch zum Ehegattenunterhalt Verpflichteten). Für den hier vorliegenden Fall, in dem die das Kind erziehende Klägerin wegen des Vorrangs des Kindesunterhalts nur einen unter der ihr an sich zustehenden Quote liegenden Unterhalt bekommen kann, folgt der Senat deshalb im Ergebnis der herrschenden Meinung, so dass der Klägerin ab 01.01.2008 monatlich 491 EUR Trennungsunterhalt zuzusprechen sind. Die weiter gehende Klage ist abzuweisen. Soweit der Beklagte die vollständige Klageabweisung weiter verfolgt hat, ist seine Berufung zurückzuweisen. Die Zinsentscheidung folgt aus § 291 BGB. ..."


*** (OLG)

„... Fahrtkosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit den Söhnen in L. sind ebenfalls nicht abzugsfähig. Die frühere Rechtsprechung des BGH (NJW 2005, 1493 = FamRZ 2005, 706), wonach diese Kosten abzugsfähig sein sollten, wenn dem Unterhaltspflichtigen in Anwendung des § 1612b V BGB a.F. das anteilige Kindergeld ganz oder teilweise nicht zugute kommt und er die Kosten nicht aus dem ihm nach Abzug des Selbstbehalts verbleibenden Einkommen bestreiten kann, ist durch die Neufassung des § 1612b I Nr. 1 BGB seit dem 1. 1. 2008 teilweise überholt. Das Kindergeld wird jetzt wieder hälftig auf den Bedarf des Kindes angerechnet, so dass der Unterhaltspflichtige zur Hälfte daran teilhat. Demgemäß können Umgangskosten nur in Ausnahmefällen Berücksichtigung finden, wenn sie dem Umgangsberechtigten schlechthin unzumutbar sind und dazu führen, dass er das Umgangsrecht nicht oder nur eingeschränkt ausüben könnte (BGH, NJW 1995, 717 = FamRZ 1995, 215; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rspr. zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl. [2008], Rdnr. 1037). Solche Umstände sind nicht ersichtlich, da der Ast. über ausreichendes Einkommen verfügt und die Umgangskosten sowohl aus dem Steuervorteil hinsichtlich des Kinderfreibetrags als auch aus dem hälftigen Kindergeld bestreiten kann.

Auch ist sein Selbstbehalt nicht zu erhöhen wegen erhöhter Mietkosten. Zwar überschreiten seine Wohnkosten inklusive umlagefähiger Neben- und Heizkosten den im kleinen Selbstbehalt enthaltenen Anteil von bis zu 400 Euro (Nr. 21.1. der hiesigen unterhaltsrechtlichen Leitlinien, Stand: 1. 1. 2008) um 90 Euro (40 Euro + 50 Euro Heizkosten ohne Stromkosten). Eine Erhöhung des Selbstbehalts kommt aber nur im Falle erheblicher und unvermeidbarer erhöhter Wohnkosten in Betracht (Wendl/Staudigl, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl. [2008], § 1 Rdnr. 310b). Der Ast. hat zum einen nicht dargelegt, dass es in M. nicht möglich sei, eine kostengünstigere Wohnung anzumieten. Zum anderen ist die Wohnkostenüberschreitung unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des Ast. nicht als erheblich zu erachten.

Vom Einkommen des Ast. ist der prägende Kindesunterhalt abzusetzen. Er ist mit den im Urteil vom 28. 5. 2008 titulierten Beträgen anzusetzen, also monatlich 115% des Mindestunterhalts abzüglich hälftiges Kindergeld, mithin derzeit 420 Euro - 77 Euro = 343 Euro monatlich je Kind. Soweit die Kinder nach dem Einkommen des Ast. eigentlich höhere Unterhaltsbeträge verlangen könnten, sind diese nicht zu Grunde zu legen, da der Ast. diese Beträge nicht zahlt. ..." (OLG Schleswig, Urteil vom 22.12.2008 - 13 UF 100/08, NJW 2009, 1216 ff).

***

„... Die 17-jährige S… ist der dritten Altersstufe zuzuordnen. Ihr Unterhaltsbedarf beläuft sich danach auf monatlich 555 €. Hierauf ist gemäß § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB das Kindergeld zur Hälfte anzurechnen. Der Unterhaltsanspruch von S… beträgt daher gegenwärtig (555 € - 77 € =) 478 € monatlich.

bb) Für den einjährigen F… errechnet sich dementsprechend ein monatlicher Unterhaltsanspruch in Höhe von (425 € - 77 € =) 348 €.

cc) Der Bedarf der im Haushalt der Antragsgegnerin lebenden volljährigen (nicht privilegierten) A… bemisst sich an sich nach den zusammengerechneten Einkünften beider Eltern und der vierten Altersstufe (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2007, 542/543; FamRZ 2006, 99/100). Das zusammengerechnete Elterneinkommen ist jedoch nur dann für den Bedarf des volljährigen Kindes maßgebend, wenn beide Eltern leistungsfähig sind. Seit dem 01.01.2008 beträgt der angemessene Selbstbehalt gegenüber volljährigen Kindern nach Ziffer 21.3.1 der neuen Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen OLG 1.100 € monatlich. Da der Antragsgegnerin nur ein fiktives Einkommen in Höhe von 1.000 € zuzurechnen ist sowie ihre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei monatlich 42 € liegen, muss der Antragsteller allein für den Barunterhalt der volljährigen Tochter aufkommen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB schuldet. Wegen der guten wirtschaftlichen Verhältnisse ist der Bedarf der Antragsgegnerin gemäß § 1578 Abs. 1 BGB erst nach Abzug des Kindesunterhalts zu bestimmen. Das gilt hier nicht nur für die beiden minderjährigen Kinder des Antragstellers, sondern auch für den Unterhalt der volljährigen A…. Dem steht die neue Rangstufenregelung des § 1609 Nr. 4 BGB nicht entgegen, da unter den gegebenen guten Einkommensverhältnissen der angemessene Lebensbedarf der Antragsgegnerin nicht gefährdet wird (vgl. in diesem Zusammenhang auch Borth, a.a.O., Rdnr. 276). Ist der Kindesunterhalt bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts vorweg abgezogen worden, so beteiligt sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte bereits auf diese Weise am Kindesunterhalt. Denn der Vorwegabzug des Kindesunterhalts vom anrechnungsfähigen Einkommen des Unterhaltspflichtigen vermindert den Anspruch auf Ehegattenunterhalt. Müsste sich der unterhaltsberechtigte Elternteil unter Berücksichtigung seines Unterhaltsanspruchs als anrechenbares Einkommen am Volljährigenunterhalt beteiligen, so liefe das auf eine unzulässige Doppelbeteiligung hinaus (vgl. hierzu OLG Hamm, FamRZ 1996, 1234; Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rdnr. 151).

Der Unterhalt für A… ist daher nur nach dem Einkommen des Antragstellers zu bemessen. Ihr monatlicher Bedarf beläuft sich nach Einkommensgruppe 9, Altersstufe 4 auf 621 €. Bedarfsdeckend anzurechnen ist gemäß § 1612 b Abs. 1 Nr. 2 BGB das volle Kindergeld. Es errechnet sich ein vom Antragsteller geschuldeter Volljährigenunterhalt in Höhe von (621 € - 154 € =) 467 € monatlich. ..." (OLG Brandenburg, Urteil vom 22.04.2008 - 10 UF 226/07)

***

„... (1) Bei der Ermittlung des auf der zweiten Rangstufe verteilbaren Einkommens des Beklagten ist nach der Rechtsauffassung des Senats gem. § 1612b Abs. 1. Nr. 1 BGB n. F. der Unterhalt der minderjährigen Kinder nicht mit dem Tabellen-, sondern mit dem Zahlbetrag (Tabellenbetrag abzüglich hälftiges Kindergeld) vorweg in Abzug zu bringen (vgl. Senatsentscheidung vom 24.1.2008 - 2 UF 166/07 -; Gerhardt-Gutdeutsch, FamRZ 2007, 778, 779; Dose, FamRZ 2007, 1289, 1292; Scholz, FamRZ 2007, 2021, 2028; Lein, Das neue Unterhaltsrecht 2008, S. 196; Leitlinien der Oberlandesgerichte Bremen, Bamberg, Celle, Dresden, Hamburg, Karlsruhe, München, Nürnberg und Rostock vom 1.1.2008 jeweils zu Zi. 15.2, der Oberlandesgerichte Brandenburg und Koblenz vom 1.1.2008 jeweils zu Zi. 15.1 und des Oberlandesgerichts Düsseldorf - Düsseldorfer Tabelle - zu B. III).

Die Gegenmeinung (vgl. Leitlinien der Oberlandesgerichte Hamm vom 1.1.2008 zu Zi. 15.2.3, Naumburg und Stuttgart vom 1.1.2008 jeweils zu Zi. 15.2 und Oldenburg vom 1.1.2008 zu Zi. 15.1), die davon ausgeht, dass der Vorwegabzug nur mit dem Tabellenbetrag erfolgen dürfe, weil andernfalls der dem Unterhaltsschulder zustehende Kindergeldanteil den Unterhaltsberechtigten auf der zweiten Rangstufe zukomme, wird der geänderten Rechtslage nicht gerecht.

Abweichend von der bisherigen Regelung des § 1612b BGB a. F. mindert das Kindergeld nach § 1612b Abs. 1 BGB n. F. den Barbedarf des Kindes unmittelbar. Ihm kommt daher die gleiche unterhaltsrechliche Wirkung zu wie dem bereinigten Eigeneinkommen des Kindes, welches bei minderjährigen Kindern - wegen der Gleichwertigkeit von Bar- und Naturalunterhalt (§ 1606 Abs. 3, S. 2 BGB) - hälftig auf den Bar- und den Betreuungsunterhalt und bei volljährigen Kindern in vollem Umfang auf den Bedarf anzurechnen ist. Diese unterhaltsrechlichen Folgewirkungen der Bedarfsdeckung hat der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien erkannt und auch beabsichtigt. In der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 16/1830, S. 29) hat er ausgeführt, dass durch die Neuregelung eine Harmonisierung der unterhalts- und sozialrechtlichen Wirkungen des Kindergeldes herbeigeführt werden soll. Das Kindergeld wird im Sozialrecht nach Maßgabe des § 11 Abs. 1, S. 3 SGB II und des § 82 Abs. 1, S. 2 SGB XII dem Einkommen des minderjährigen Kindes zugerechnet und vermindert somit den Bedarf des Kindes. Als besonderen Vorteil der Neuregelung hat es der Gesetzgeber angesehen, dass durch die bedarfsdeckende Wirkung des Kindergeldes im Mangelfall eine höhere Verteilungsmasse für den betreuenden Elternteil zur Verfügung steht, was gleichzeitig zu einer höheren steuerlichen Entlastung aufgrund des Realsplittingvorteils führen kann (vgl. BT-Drucks., a. a. O.).

Wird das Kindergeld bedarfsdeckend angerechnet, stellt sich die Frage der ungerechtfertigten Partizipation des betreuenden Elternteils und gegebenenfalls weiterer Unterhaltsberechtigter auf der zweiten Rangstufe nicht. Wird das Kindergeld nämlich - wie im Regelfall (§ 64 Abs. 2 EStG, Obhutsprinzip) - an den betreuenden Elternteil ausgezahlt, hat er es in vollem Umfang für die Deckung des Bedarfs des Kindes zu verwenden (§ 1612b Abs. 1, S. 1 BGB n. F.). Damit wirkt sich das Kindergeld weder auf Seiten des Unterhaltsberechtigten noch auf Seiten des Unterhaltsverpflichteten Einkommenserhöhend aus. Die gem. §§ 1 BKKG, 62 Abs. 1 EStG bezweckte Entlastung der Eltern des minderjährigen Kindes wird dadurch erreicht, dass sich der Bedarf des unterhaltsberechtigten Kindes verringert und damit auch der zu leistende Barunterhalt.

Dass sich diese Entlastung auf Seiten des Unterhaltspflichtigen, der zugleich Ehegattenunterhalt schuldet, nicht bzw. nicht in vollem Umfang auswirkt, weil er sein bereinigtes Einkommen (nach Abzug des Kindesunterhalts) für die Deckung des Bedarfs der Unterhaltsberechtigten auf der zweiten Rangstufe zu verwenden hat, ist eine notwendige Konsequenz der gesetzlichen Neuregelung, die im Interesse der vom Gesetzgeber beabsichtigten Vereinfachung der Rechtsanwendung (vgl. BT-Drucks. 16/1830, S. 28) hinzunehmen ist. Die Gleichstellung von Kindergeld und Erwerbseinkommen im Rahmen der Bedarfsdeckung vermeidet Folgeprobleme bei der Behandlung steuerlicher Freibeträge (vgl. Borth, Unterhaltsrechtsänderungsgesetz, Rz. 341), bei der Frage, ob zwischen Bedarfsbestimmung und Leistungsfähigkeit zu unterscheiden ist und wie das Einkommen des Unterhaltspflichtigen bei der Feststellung der Einhaltung der Bedarfskontrollbeträge nach der Düsseldorfer Tabelle zu berechnen ist. Sie ist für den rechtssuchenden Bürger ohne weiteres verständlich und einfach nachvollziehbar, denn sie spiegelt das wider, was in einem funktionierenden Familienverband gelebt wird; auch dort wird nicht zwischen der Zweckbindung des Kindergeldes als vorweggenommene Steuervergütung (vgl. dazu Borth, a. a. O., Rz. 329) und den Unterhaltspflichten gegenüber den übrigen Familienmitgliedern unterschieden, sondern die durch das Kindergeld bewirkte finanzielle Entlastung kommt unmittelbar der gesamten Familie zugute, indem dadurch mehr verfügbares Einkommen generiert wird.

Die Anrechnung des Kindergeldes auf den Bedarf mit der Folge der Erhöhung des Ehegattenunterhalts führt auch nicht dazu, dass steuerrechtlich für das Kind bestimmte Mittel diesem vorenthalten werden, denn der primäre Verwendungszweck des Kindergeldes als Existenzsicherungsmittel des Kindes (vgl. BVerfG FamRZ 2003, 1370) ist dadurch gewahrt, dass das Kindergeld - wie oben ausgeführt - von dem betreuenden Elternteil zur Deckung des Bedarfs des Kindes zu verwenden ist.

Darüber hinaus bewirkt die Gleichstellung von Kindergeld und Einkommen des Kindes eine unterhaltsrechtliche Gleichbehandlung der minderjährigen mit den volljährigen Kindern. Für volljährige Kinder war schon nach altem Recht (vor Erlass des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes) anerkannt, dass dem Kindergeld eine bedarfsdeckende Wirkung zukommt (vgl. BGH FamRZ 2006, 99, 102 f.). Durchgreifende Gründe, volljährige und minderjährige Kinder bei der Anrechnung des Kindergeldes ungleich zu behandeln, bestehen aber nach der ab dem 1.1.2008 gültigen Rechtslage nicht mehr. Das Gesetz unterscheidet nur insofern zwischen volljährigen und minderjährigen Kindern, als bei minderjährigen Kindern nicht das volle, sondern nur das hälftige Kindergeld auf den Bedarf anzurechnen ist. Diese Unterscheidung beruht auf der Gleichwertigkeit von Bar- und Naturalunterhalt (§ 1606 Abs. 3, S. 2 BGB), die - wie auch beim Eigeneinkommen des minderjährigen Kindes - dazu führt, dass nur der auf den Barunterhalt entfallende Teil des Kindergeldes vom Barunterhaltsanspruch abgezogen wird. Mit der Volljährigkeit entfällt der Naturalunterhaltsanspruch und wird durch einen Anspruch auf Barunterhalt gegen beide Elternteile ersetzt, was die volle Anrechnung des Kindergeldes rechtfertigt. Der Umstand, dass sich beim minderjährigen Kind die Kindergeldanrechnung nur auf den Barunterhaltsanspruch auswirkt, während der auf die Betreuung entfallende Teil von der Anrechnung unberührt bleibt, stellt nach Auffassung des Senats keine verfassungsrechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung (i. S. v. Art. 3 Abs. 1 GG) dar, weil sie sich im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums hält (vgl. hierzu BVerfG, a. a. O.; DVBl 2007, 1435; FamRZ 2007, 1957).

(2) Bei dem Vorwegabzug des Kindesunterhalts für K2 und D ist der Senat von dem jeweiligen Mindestkindesunterhalt (§ 1612a Abs. 1 BGB n. F.) nach der 1. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle vom 1.1.2008 ausgegangen, da der darin festgelegte Bedarfskontrollbetrag, der eine ausgewogene Verteilung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen zwischen den unterhaltsberechtigten Kindern und den Ehegatten gewährleisten soll, nur gewahrt ist, wenn der Kindesunterhalt der 1. Einkommensgruppe entnommen wird.

(3) Bei der Ermittlung des Bedarfs der Klägerin ist der Senat der in Ziffer 24.2.3 HLL, Stand: 1.1.2008, vorgeschlagenen zweistufigen Berechnungsmethode gefolgt, nach der zunächst der Bedarf der Klägerin und der zweiten Ehefrau des Beklagten ohne Berücksichtigung des fiktiven Einkommens der Klägerin und sodann im zweiten Schritt der Unterhaltsanspruch der Klägerin unter Berücksichtigung des ihr im Verhältnis zum Beklagten zuzurechnenden fiktiven Einkommens nach Vorwegabzug des Bedarfs der zweiten Ehefrau des Beklagten zu ermitteln ist. Dadurch ist eine angemessene Verteilung des bereinigten Einkommens des Beklagten auf die im zweiten Rang (nunmehr) gleichrangig berechtigten Ehefrauen gewährleistet. Die Aufteilung des bereinigten Einkommens des Beklagten auf ihn, die Klägerin und seine Ehefrau im ersten Rechenschritt erfolgt im Verhältnis 4 / 3,3 / 2,7 (vgl. Zi. 24.2.2 HLL, Stand: 1.1.2008), wobei zu berücksichtigen ist, dass der Bedarf der Ehefrau des Beklagten infolge der bei ihr eintretenden Ersparnis aus der gemeinsamen Haushaltsführung mit dem Beklagen geringer ist, als der der Klägerin. Der Bedarf des Beklagten ist aufgrund des ihm zustehenden Erwerbstätigenbonus (der im zweiten Rechenschritt im Verhältnis zur Klägerin mit 1/7 zu veranschlagen ist) angemessen zu erhöhen.

bb) Wegen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Beklagten reduziert sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin auf 420 € monatlich.

Der Beklagte ist nicht in der Lage, mit dem ihm zur Verfügung stehenden Einkommen neben seinem eigenen Bedarf den Bedarf der Klägerin und seiner Ehefrau zu decken. Ihm verbleiben nach Abzug des ihm zu belassenden billigen Selbstbehalts von derzeit 1.000 € von seinem bereinigten Einkommen noch 880,95 €. Der zusammengerechnete Bedarf der Klägerin und der Ehefrau des Beklagten beträgt insgesamt 968 €. Es ist daher eine Mangelverteilung durchzuführen, wobei für die Ehefrau des Beklagten wegen der Ersparnis aus der gemeinsamen Haushaltsführung als Einsatzbetrag vom Existenzminimum von derzeit 560 € auszugehen ist (vgl. Zi. 23.2.3 HLL, Stand: 1.1.2008). Bei der Klägerin hat der Senat einen Mittelwert in Höhe von 810 € angesetzt, der zwischen dem Existenzminimum für Erwerbstätige (von 900 €) und dem für Nichterwerbstätige (von derzeit 770 €) liegt, weil die Klägerin aufgrund des relativ geringen Umfangs der ihr zuzurechnenden Erwerbstätigkeit nicht in gleicher Höhe zusätzliche Aufwendungen hätte, wie ein vollschichtig erwerbstätiger Unterhaltsberechtigter.

Ihr gegen den Beklagten zustehender Unterhaltsanspruch von 420 € berechnet sich für die Zeit ab Januar 2008 daher wie folgt:

Mangelfallberechnung

Einsatzbetrag für die 2. Ehefrau 560,00 € in % = 52,34%
Einsatzbetrag für die Klägerin (810 € / 300 € Eigeneinkommen) 510,00 €
gesamt: 1.070,00 € in % = 47,66%

Auf die Klägerin entfallen 47,66% von 880,95 € , das sind gerundet = 420,00 € ..." (OLG Hamm, Urteil vom 06.03.2008 - 2 UF 117/07)

***

Bei der Bestimmung der Höhe des bedarfsprägenden Einkommens im Rahmen der Ehegattenunterhaltsberechnung ist der Kindesunterhalt mit dem Zahlbetrag vom Einkommen in Abzug zu bringen. Bei einem minderjährigen Kind, das von einem Elternteil betreut wird, ist hierzu gemäß § 1621 b I Nr. 1 BGB in der ab den 01.01.2008 gültigen Fassung von dem Tabellenbetrag das hälftige Kindergeld abzusetzen (OLG Hamm, Urteil vom 24.01.2008 - 2 UF 166/07, NJW-RR 2008, 882 ff).

§ 1612 c Anrechnung anderer kindbezogener Leistungen

§ 1612b gilt entsprechend für regelmäßig wiederkehrende kindbezogene Leistungen, soweit sie den Anspruch auf Kindergeld ausschließen.

§ 1613 Unterhalt für die Vergangenheit

(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Der Unterhalt wird ab dem Ersten des Monats, in den die bezeichneten Ereignisse fallen, geschuldet, wenn der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt bestanden hat.

(2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen

1. wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
2. für den Zeitraum, in dem er
a) aus rechtlichen Gründen oder
b) aus tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 kann Erfüllung nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden, soweit die volle oder die sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde. Dies gilt auch, soweit ein Dritter vom Verpflichteten Ersatz verlangt, weil er anstelle des Verpflichteten Unterhalt gewährt hat.

Leitsätze/Entscheidungen:

Hat der Unterhaltsberechtigte seinen Unterhaltsanspruch bereits beziffert, nachdem er zunächst von dem Unterhaltspflichtigen Auskunft gemäß § 1613 Abs. 1 BGB begehrt hat, so kann er nicht rückwirkend einen höheren Unterhalt verlangen, wenn der Unterhaltspflichtige bei der erstmals erfolgten Bezifferung nicht mit einer Erhöhung zu rechnen brauchte (BGH, Beschluss vom 07.11.2012 - XII ZB 229/11).

*** (BGH)

Das mietfreie Wohnen beeinflusst nicht die Höhe des Kindesunterhalts. Die kostenfreie Zurverfügungstellung von Wohnraum wird vorrangig im unterhaltsrechtlichen Verhältnis zwischen den Eltern ausgeglichen. Ein unterhaltsrechtlicher Ausgleich kann auch darin bestehen, dass der Betreuungselternteil keinen Anspruch auf Trennungsunterhalt geltend machen kann, weil nach der Zurechnung des vollen Wohnwerts keine auszugleichende Einkommensdifferenz zwischen den Eltern mehr besteht. Die Eltern können eine - nach den Umständen des Einzelfalls gegebenenfalls auch konkludente - Vereinbarung darüber treffen, dass die Wohnungskosten durch den Naturalunterhalt des Barunterhaltspflichtigen abgedeckt werden. Für die Erfüllung des Barunterhaltsanspruchs (§ 362 BGB) aufgrund einer solchen Vereinbarung trifft den Barunterhaltsschuldner die Darlegungs- und Beweislast. Bevor die Haftungsquote für den anteiligen Mehrbedarf bestimmt wird, ist von den Erwerbseinkünften des betreuenden Elternteils der Barunterhaltsbedarf der Kinder nach den gemeinsamen Einkünften der Eltern abzüglich des hälftigen auf den Barunterhalt entfallenden Kindergelds und abzüglich des vom Kindesvater geleisteten Barunterhalts abzusetzen. In der verbleibenden Höhe leistet der betreuende Elternteil neben dem Betreuungsunterhalt restlichen Barunterhalt in Form von Naturalunterhalt. Die andere Hälfte des Kindergelds, die der betreuende Elternteil erhält, ist nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 29. September 2021 - XII ZB 474/20, FamRZ 2021, 1965; (BGH, Beschluss vom 18.05.2022 - XII ZB 325/20).

***

Ist die Abänderung eines Unterhaltsvergleichs wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage eröffnet, können im Rahmen der Anpassung auch Umstände, die bei der Unterhaltsbemessung außer Acht gelassen wurden, berücksichtigt werden, wenn diese in Anbetracht der (sonstigen) Vergleichsgrundlagen bei Vergleichsabschluss zu keinem anderen Ergebnis geführt hätten (Fortführung von Senatsbeschluss vom 15. Juli 2015 - XII ZB 369/14, FamRZ 2015, 1694). Bei der Konkurrenz gleichrangiger Ansprüche auf Kindesunterhalt kommt es allein auf die rechtliche Abstammung des unterhaltsberechtigten Kindes vom Unterhaltspflichtigen an. Ob ein rechtliches Kind auch leibliches Kind des Unterhaltspflichtigen ist, ist hierfür unerheblich. Den Unterhaltspflichtigen trifft keine unterhaltsrechtliche Obliegenheit zur Anfechtung der Vaterschaft. Müssen von konkurrierenden gleichrangigen Kindesunterhaltsverpflichtungen einzelne gemäß § 1613 Abs. 1 BGB nicht mehr erfüllt werden, steht das dadurch freigewordene Einkommen des Unterhaltspflichtigen im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB für anderweitigen Mindestkindesunterhalt zur Verfügung. Liegt ein Mangelfall vor, muss bei der Verteilung geprüft werden, ob die Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem gleichrangigen Berechtigten begrenzt ist. (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 22.05.2019 - XII ZB 613/16, FamRZ 2019, 1415; BGH, Beschluss vom 29.01.2020 - XII ZB 580/18)

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Mangelfall: Müssen von konkurrierenden gleichrangigen Kindesunterhaltsverpflichtungen einzelne gemäß § 1613 Abs. 1 BGB nicht mehr erfüllt werden, steht dieses Geld im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB für anderweitigen Mindestkindesunterhalt zur Verfügung. Dies gilt auch, soweit sich auf der Grundlage konkreter Umstände für die Zukunft prognostizieren lässt, dass einzelne gleichrangige Kindesunterhaltsansprüche nicht geltend gemacht werden (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02, BGHZ 162, 384 = FamRZ 2005, 1154; BGH, Beschluss vom 22.05.2019 - XII ZB 613/16).

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§ 1615l Abs. 3 BGB enthält eine Rechtsgrundverweisung auf § 1613 BGB, weshalb für die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit grundsätzlich die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB vorliegen müssen, also namentlich eine Aufforderung zur Auskunft oder eine Inverzugsetzung. Ebenso wie beim Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB ist auch ein Antrag auf künftigen Betreuungsunterhalt gemäß § 1615l BGB nur dann abzuweisen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres absehbar keine kind- und elternbezogenen Verlängerungsgründe mehr vorliegen (im Anschluss an BGH, 18. März 2009, XII ZR 74/08, BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770). Tatbestandliche Feststellungen des Beschwerdegerichts in einer Familienstreitsache können nicht mit der Verfahrensrüge aus §§ 74 Abs. 3 Satz 3, 71 Abs. 3 Nr. 2 lit. b FamFG oder mit einer entsprechenden verfahrensrechtlichen Gegenrüge des Rechtsbeschwerdegegners angegriffen werden, sondern allein mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 320 ZPO (im Anschluss an BGH Urteil vom 10. Mai 2011, II ZR 227/09, NJW 2011, 2292; BGH, Beschluss vom 02.10.2013 - XII ZB 249/12).

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Das Begehren eines Ehegatten, die Auflösung des Scheidungsverbundes vor einer abschließenden Entscheidung über eine Folgesache in der Rechtsmittelinstanz zu verhindern, vermag die für ein Rechtsmittel gegen den Scheidungsausspruch erforderliche Beschwer nicht zu begründen (im Anschluss an Senatsurteil vom 26. November 1986, IVb ZR 92/85, FamRZ 1987, 264). Die erstmals in der Revisionsinstanz erhobene Einrede nach Art. 5 HUP ist vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn die Anwendung des Haager Unterhaltsprotokolls und des danach berufenen Sachrechts auf einem Verfahrensfehler beruht, die der Einrede zugrundeliegenden Tatsachen unstreitig sind und auch die weiteren Voraussetzungen vorliegen, die eine ausnahmsweise Berücksichtigung neuer Tatsachen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Revisionsinstanz zulassen (im Anschluss an Senatsurteile vom 14. Oktober 2009, XII ZR 146/08, FamRZ 2009, 1990 Rn. 27 und vom 21. November 2001, XII ZR 162/99, FamRZ 2002, 318, 319 mwN). Gibt der aus dem Ausland stammende Unterhaltsberechtigte ehebedingt seine Erwerbstätigkeit auf und wird er später erwerbsunfähig, so ist die fiktive Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach Rückkehr in sein Heimatland so zu bemessen, als hätte er dort bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit durchgehend gearbeitet und einen entsprechenden Rentenanspruch erworben (im Anschluss an Senatsurteil vom 16. Januar 2013, XII ZR 39/10, FamRZ 2013, 534 Rn. 24). Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB ist ein Erwerbstätigkeitsbonus nicht zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 26.06.2013 - XII ZR 133/11).

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Die Berechtigung zur Forderung rückständigen Unterhalts auf Grund eines Auskunftsverlangens nach § 1613 Abs. 1 BGB (sog. Verzugswirkung) tritt unabhängig davon ein, ob im Zeitpunkt des Auskunftsverlangens ein Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB bestand oder nicht. Der Einwand der Verwirkung nach § 1579 BGB führt grundsätzlich nicht zur Versagung der Verfahrenskostenhilfe für den Unterhaltsberechtigten, weil die Feststellung der Rechtsfolgen der Verwirkung eine umfassende Billigkeitsabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der Interessen eventuell vorhandener minderjähriger Kinder voraussetzt, die in der Regel schon im summarischen Verfahren vorgenommen werden kann (OLG Hamm, Beschluss vom 17.11.2011 - 2 WF 129/11 zu §§ 1361, § 1579 Nr 7, 1605, 1613 I BGB).

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„... I. Der minderjährige Antragsteller beabsichtigt, den Antragsgegner, seinen Vater, u. a. auf Zahlung eines Betrages von 1.052,50 € als Sonderbedarf in Anspruch zu nehmen und sucht hierfür mit seinem im Mai 2010 bei Gericht eingegangenen Antrag um Verfahrenskostenhilfe nach. Insoweit handelt es sich um die Hälfte der Kosten, die für Klassenfahrten nach Österreich und zum Biggesee sowie für Schüleraustauschprojekte in England und in China entstanden und von der Kindesmutter, die Inhaberin der alleinigen elterlichen Sorge ist, getragen worden sind.

Das Amtsgericht hat (auch) insoweit den Verfahrenskostenhilfeantrag des Antragstellers zurückgewiesen. Bezüglich der Fahrt nach Österreich, die vom 29.1.bis zum 6.2.2009 stattfand, sei die Jahresfrist des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB verstrichen. Hinsichtlich der Fahrt nach China sei eine Notwendigkeit nicht vorgetragen. Hinsichtlich der Klassenfahrt zum Biggesee und des Englandaustausches handele es sich nicht um Sonderbedarf.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. Er macht geltend, bei den Kosten für Klassenfahrten handele es sich um Sonderbedarf, und zwar auch dann, wenn, wie hier, Unterhalt nach der fünften Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle gezahlt werde.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da der beabsichtigten Rechtverfolgung die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt, §§ 113 Abs. 1 S. 1 FamFG, 114 S. 1 ZPO.

1. Hinsichtlich der hälftigen Kosten der Skifreizeit in Österreich im Januar/Februar 2009 in Höhe von 187,50 € sowie der hälftigen Kosten für den China-Austausch in Höhe von 700 € ist die sofortige Beschwerde aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die der Senat Bezug nimmt, nicht begründet. Der Antragsteller hat sich in seiner Beschwerdebegründung mit diesem Teil des angefochtenen Beschlusses nicht auseinandergesetzt.

Ergänzend weist der Senat hinsichtlich der Kosten für die China-Reise darauf hin, dass Sonderbedarf Teil des Lebensbedarfs im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB ist und nicht der Finanzierung unnötiger Aufwendungen dient. Es muss sich um die Deckung notwendiger Lebensbedürfnisse handeln, wobei auf die Sicht eines objektiven Betrachters unter Berücksichtigung der konkreten Lebensumstände abzustellen ist (Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 6 Rn. 2, Büttner/Niepmann/Schwamb, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 11. Aufl., Rn. 325 m. w. N.). Dass diese Voraussetzungen hier zu bejahen wären, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Denn der erstmalig von der Schule angebotene Austausch mit China stellte, wie sich nicht zuletzt aus dem Schreiben der Schule vom 3.5.2010 ergibt, ein zusätzliches Angebot zu den bestehenden Schüleraustauschprojekten, etwa mit England, dar. Dieses Angebot ging deutlich über eine übliche Schulveranstaltung hinaus, was sich sowohl aus dem Angebotsinhalt (eine Woche Austausch, eine Woche touristische Rundreise) als auch aus dem Preis von 1.400 € ergab, so dass sich das Angebot von vorneherein nur an einen Teil der Schüler richtete und eine Teilnahme nicht als notwendig angesehen werden kann. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Antragsgegners, der als Beamter Bezüge nach der Besoldungsgruppe A 10 erhält, also nicht über ein außergewöhnlich hohes Einkommen verfügt. Eine Kostenbeteiligung des Antragsgegners wäre daher nur auf einvernehmlichem Weg zu erreichen gewesen.

2. Hinsichtlich der hälftigen Kosten für den Englandaustausch 2010 in Höhe von 100,- € und für die Fahrt zum Biggesee in Höhe von 65,- € folgt der Senat ebenfalls den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss. Es handelt sich insoweit nicht um Sonderbedarf i. S. v. § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB, da die Voraussetzungen dieser Vorschrift, nämlich das Vorliegen eines unregelmäßigen hohen Bedarfs, nicht gegeben sind.

Nach den gesetzlichen Voraussetzungen ist Sonderbedarf nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen geschuldet. Es muss sich hierbei um einen Bedarf handeln, der überraschend und der Höhe nach nicht abschätzbar auftritt. Unregelmäßig i. S. v. § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist dabei nur der Bedarf, der nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war und deswegen bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden konnte (BGH, Urteil vom 15.2.2006, XII ZR 4/04, FamRZ 2006, 612 ff.).

Hier fehlt es bereits am Merkmal des überraschenden Auftretens. Dies ist weder hinsichtlich des Englandaustausches noch hinsichtlich der Fahrt zum Biggesee der Fall. Der Englandaustausch ist an dem vom Antragsteller besuchten Gymnasium Bestandteil des regelmäßigen Schulprogramms für die jeweilige Klassenstufe. Entsprechendes gilt für die Klassenfahrt, hier zum Biggesee, die, als regelmäßig in der jeweiligen Klassenstufe stattfindend, vorhersehbar und damit nicht überraschend ist. Nach dem diesbezüglichen Schreiben der Schule aus September 2010 findet die Jahrgangsstufenfahrt 10 seit sieben Jahren statt. Der Anspruch auf den geltend gemachten Sonderbedarf scheidet daher - unabhängig von der Frage der außergewöhnlichen Höhe des Bedarfs - bereits deswegen aus, weil die geltend gemachten zusätzlichen Kosten mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen waren (vgl. BGH a. a. O., S. 613).

Auf die Frage, ob es sich bei den Kosten für den Englandaustausch 2010 in Höhe von insgesamt 200,- € und für die Fahrt zum Biggesee in Höhe von insgesamt 130,- € um einen außergewöhnlich hohen Bedarf i. S. v. § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB handelte, kommt es danach nicht an. Wann dies der Fall ist, ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der Höhe der laufenden Unterhaltsrente und der sonstigen Einkünfte des Berechtigten, dem Lebenszuschnitt der Beteiligten sowie dem Anlass und dem Umfang der besonderen Aufwendungen. Letztlich richtet sich die Frage, ob ein Bedarf außergewöhnlich hoch ist, danach, ob und inwieweit dem Berechtigten, wenn der Verpflichtete an sich leistungsfähig ist, bei einer Gesamtbetrachtung zugemutet werden kann, den Bedarf selbst zu bestreiten (BGH a. a. O.). Angesichts des nach der fünften Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle gezahlten Unterhalts und der Gesamtkosten von 330,- € neigt der Senat dazu, es für zumutbar zu halten, aus den laufenden Unterhaltszahlungen monatliche Rücklagen in Höhe von jeweils 27,50 € zu bilden.

3. Schließlich können die Kosten für die Fahrten hier auch nicht als Mehrbedarf geltend gemacht werden. Hinsichtlich der Skifreizeit Österreich und des Austausches England scheitert dies bereits an der rechtzeitigen Geltendmachung (vgl. § 1613 Abs. 1 S.1 BGB). Die Kosten von 130,- € für die Klassenfahrt Biggesee sind so gering, dass das Übliche nicht um ein Maß überschritten ist, dass eine Erfassung mit den Regelsätzen, hier nach der Einkommensgruppe 5 der Düsseldorfer Tabelle, nicht möglich wäre (vgl. Wendl/Klinkhammer, a. a. O. § 2 Rn. 1). ..." (OLG Hamm, Beschluss vom 21.12.2010 - II-2 WF 285/10)

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„... I. Es wird zunächst zur Sachdarstellung auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, durch das der Beklagte verurteilt wurde, für die Babyerstausstattung der Klägerin 2.268,-- € nebst Zinsen zu zahlen. Der Beklagte trägt vor:

Bei dem Sonderbedarfs für die Babyerstausstattung handelte es sich um einen Unterhaltsbedarf des Kindes, der frühestens mit der Geburt entstehe. Daher seien alle Aufwendungen, die noch vor der Geburt erfolgt seien, nicht erstattungsfähig. Zur Babyerstausstattung gehöre mit Sicherheit nicht die Umgestaltung der Wohnung in der Weise, dass ein Zimmer für das erwartete Kind abgetrennt worden sei. Nicht zur Babyerstausstattung würden auch Aufwendungen für die laufende Versorgung (z.B. Windeln, Babyöl, Babykosmetik und ähnliches) gehören. Ein Kinderhochstuhl gehöre ebenfalls nicht dazu, da das Kind frühestens ab dem 8. Monat sitzen könne. Außerdem sei noch der Babyhochstuhl der am 19.5.2004 geborenen Schwester der Klägerin vorhanden gewesen. Ohnehin werde bestritten, dass die Erstausstattung dieser Schwester der Klägerin nicht mehr vorhanden gewesen sei. Zum Teil müsse davon ausgegangen werden, dass die gekaufte Kleidung nicht für die Klägerin gewesen sei, da auf den Belegen der Firma … diese mit dem Zusatz „Girl" und nicht mit dem Zusatz „New Born" gekennzeichnet gewesen seien. Bei einer Kommode mit einer Höhe von 1,23 m und einer Tiefe von 0,48 cm könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um eine Wickelkommode handele. Bei den Positionen 27 und 28 der von der Klägerin vorgelegten Liste (Bl. 4, 5 d.A.) falle auf, dass hierzu Kaufbelege aus dem Jahre 2006 vorgelegt worden seien, und zwar zu einem Zeitpunkt, als die Klägerin noch nicht gezeugt gewesen sei. Eine Zusage seinerseits, dass die Klägerin nicht sparen müsse, sondern dass er sich bei der Erstattung der Erstausstattung großzügig zeigen werde, habe es nicht gegeben. Sozialhilferechtlich werde bei der Erstgeburt ein Zuschuss von 1.000,00 € bewilligt. Er sei lediglich bereit, Positionen in Höhe von insgesamt 775,32 € anzuerkennen (Bl. 127 d.A.). Er bestreite, dass die Mutter der Klägerin ein unter dem Selbstbehalt liegendes Einkommen gehabt habe. Es müsse auch bestritten werden, dass sie an ihren Onkel Miete zahle. Er selbst sei nicht leistungsfähig angesichts monatlicher Belastungen in Höhe von 1.900,00 € monatlich, u.a. auch aufgrund der Unterhaltszahlungen für das weitere nichteheliche Kind S... H…, geboren am ...7.1997, in Höhe von 269,00 € monatlich, eines Pkw-Kredits in Höhe von 567,00 € monatlich und weiterer Kredite in Höhe von 327,70 € monatlich, 300 € monatlich und 342,18 € monatlich. Daher könne er neben dem Unterhalt für die Klägerin nicht auch noch den geltend gemachten Sonderbedarf aufbringen, zumal der Unterhaltsrückstand für die Klägerin im Jahre 2007 auf 1.012,00 € aufgelaufen sei, da er vor der Feststellung der Vaterschaft keinen Unterhalt gezahlt habe. Deswegen sei er auch in dem den Kindesunterhalt betreffenden Verfahren lediglich zur Zahlung des Mindestunterhalts verpflichtet worden. Der Beklagte beantragt: Das Urteil des Amtsgerichts Worms vom 5.12.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit mehr als 775,32 € zuerkannt worden seien. Die Klägerin beantragt: Die Berufung zurückzuweisen. Sie hat zunächst Anschlussberufung mit dem Antrag eingelegt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Sonderbedarf in Höhe von 4.715,68 € nebst gesetzlichen Zinsen seit dem 19.12.2007 zu zahlen. Diese Anschlussberufung, die sie damit begründet hat, dass damit die Differenz zwischen dem von dem Beklagten akzeptierten Betrag von 775,00 € und nun geltend gemachten 5.491,90 € (Bl. 163 d.A.) eingeklagt werden solle, hat sie im Termin vom 21.4.2009 nach Verweigerung von Prozesskostenhilfe zurückgenommen. Hinsichtlich ihres Einkommens trägt sie vor, dass ihre Mutter bis zum Beginn des Mutterschutzes am 7.6.2007 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 1.145,00 € zuzüglich anteiligem Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalten habe. Sie habe dann in der Zeit vom 7.6.2007 bis 21.9.2007 ein Gesamtmutterschaftsgeld in Höhe von 1.391,00 € bezogen und ab Oktober 2007 ein Elterngeld in Höhe von monatlich 354,67 €. Unterhaltsvorschuss habe sie ab 1.12.2007 in Höhe von 125,00 € erhalten. Die erste Unterhaltszahlung durch den Beklagten sei erst im Juni 2008 erfolgt. Sie zahle auch 400,00 € Miete. Der Beklagte habe mehrfach zugesichert, dass er Aufwendungen für die Babyerstausstattung großzügig erstatten werde (Beweis: Vernehmung der Mutter der Klägerin). Aufgrund seines Auftretens und Lebenszuschnitts (großes Auto, Boot) sei sie auch davon ausgegangen, dass er leistungsfähig gewesen sei. Ihre Mutter habe daher auf seine Zusagen vertraut und die Erstausstattung gekauft, wobei sie sich zu einem großen Teil das dafür erforderliche Geld aus dem Bekanntenkreis geliehen habe. Es sei auch nicht üblich und sinnvoll, die Babyausstattung erst nach der Geburt des Kindes zu kaufen. Jedenfalls bei dem Kauf der Babyjacke am 13.2.2007 und des Babykleides am 14.2.2007 in W… sei der Beklagte dabei gewesen. Er habe sie bezüglich dieser Anschaffungen bestärkt und erklärt, dass er ihr das dafür ausgelegte Geld später erstatten werde. Er habe gerade kein Geld dabei. Nach der Geburt der Tochter M… am ...5.2004 habe ihre Mutter zunächst kein weiteres Kind bekommen wollen. Sie habe deswegen im Laufe der Zeit sämtliche für dieses Kind angeschafften Gegenstände an befreundete Mütter verschenkt. Teilweise seien die Sachen auch unbrauchbar gewesen. Der Kinderhochstuhl der Tochter M… würde jetzt noch von dieser benutzt. Der Beklagte sei auch durchaus leistungsfähig. Er habe ihr erklärt, dass er noch nebenberuflich arbeite. Nach seinen Angaben habe er z.B. für seinen Vorgesetzten eine 150 qm große Wohnung renoviert und verputzt, außerdem entgeltlich Hausmeistertätigkeiten und Gartenarbeiten bei seiner Vermieterin vorgenommen. Ab der Kenntnis von der Schwangerschaft hätte er auch Rücklagen bilden können.

II. Die Berufung des Beklagten ist überwiegend begründet. Der Beklagte ist lediglich verpflichtet, der Klägerin Kosten für die Säuglingserstausstattung in Höhe von 1.000,00 € zu erstatten. Die Erstausstattung eines Säuglings stellt Sonderbedarf im Sinne des § 1613 II 1 Ziffer 1 BGB dar (vgl. Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 6, Rn. 15; BVerfG, FamRZ 1999, 1342; OLG Oldenburg, FamRZ 1999, 1685; Palandt-Diederichsen, 68. Aufl., Rn. 20 zu § 1613 BGB).

An sich müssen für Sonderbedarf die Eltern anteilig aufkommen. Das Einkommen der Mutter liegt im Jahr der Geburt der Klägerin jedoch unter dem Selbstbehalt. Die von der Klägerin als Säuglingserstausstattung geltend gemachten Beträge sind bei weitem überzogen. Selbst wenn man die bereits vor der Zeugung der Klägerin behaupteten Anschaffungen, die Kosten für die laufende Versorgung (Windeln, Babyöl, Babykosmetik und ähnliches), Arztrechnungen für Mutter und Kind und die Ausstattung des Kinderzimmers herausrechnet, ist der geltend gemachte Aufwand immer noch unangemessen. Er entspricht in keinem Fall den Einkommensverhältnissen der Parteien. Soweit die Klägerin vorträgt, dass der Beklagte ihrer Mutter zugesichert habe, dass er Aufwendungen für die Babyerstausstattung großzügig erstatten werde, ist diese behauptete Erklärung zu unbestimmt. Selbst wenn sie erfolgt sein sollte, durfte die Mutter der Klägerin sich z.B. ohne konkrete Rücksprache mit dem Beklagten nicht für berechtigt halten, für ein Kinderbett, eine Kindermatratze, Lattenrost und Schoner insgesamt 1.293,79 € auszugeben. Zu diesem Zeitpunkt (17.12.2007 bzw. 18.1.2008) hätte ihr Vertrauen in die von ihr behauptete Erklärung des Beklagten auch schon nachhaltig erschüttert sein müssen. Nach ihrem Vortrag war er bei dem Kauf der Babyjacke am 13.2.2007 und des Babykleides am 14.2.2007 dabei und hat ihr erklärt, er werde die Ausgaben, die sich auf insgesamt 82,95 € belaufen haben, erstatten. Er habe lediglich zur Zeit kein Geld dabei. Nachdem diese Erstattung dann nicht erfolgt ist, hätte sie nachhaltige Bedenken hinsichtlich der behaupteten Zusage einer großzügigen Erstattung bekommen müssen. Der Beklagte hatte dann auch nach der Geburt der Klägerin zunächst keinen Kindesunterhalt gezahlt, sondern erst nach der Feststellung der Vaterschaft im Juni 2008 mit Zahlungen auf den Kindesunterhalt begonnen. Spätestens ab der ersten Verweigerung der Zahlung des Kindesunterhalts kann von einem schutzwürdigen Vertrauen der Mutter der Klägerin auf die behauptete Zahlungszusage des Beklagten nicht mehr ausgegangen werden. Trotzdem hat sie danach noch monatelang Ausgaben getätigt, die nach Auffassung des Senats überzogen sind (siehe Kauf des Kinderbetts als herausragendes Beispiel). Der Hochstuhl gehört nicht zur Babyerstausstattung, da ein Kind erst nach einigen Monaten sitzen kann. Dass es sich bei der Kommode (Höhe 1,23 m und Tiefe 0,48 m) um eine Wickelkommode handelt, ist nicht anzunehmen. Auch die Kosten für die Zimmerrenovierung gehören nicht zur Babyerstausstattung. Es ist zu berücksichtigen, dass auf den Basaren für Kinderkleidung, die oft in Zusammenhang mit Kindergärten oder karitativen Einrichtungen veranstaltet werden, Babyausstattung gekauft werden kann, die großenteils noch in gutem Zustand ist. Dies gilt vor allem für Babykleidung, da die Kinder schnell aus dieser herauswachsen. Diese Möglichkeiten müssten auch der Mutter der Klägerin bekannt gewesen sein, da es sich bei der Klägerin um ihr drittes Kind handelt. Es ist daher nicht nachzuvollziehen, dass sie alles neu gekauft und sich dafür Geld geliehen hat. Gerade, dass sie Geld von anderen Personen leihen musste, hat ihr zusätzlich verdeutlicht, dass sie sich auf die von ihr behauptete Zusage einer großzügigen Erstattung seitens des Beklagten nicht verlassen konnte. Angesichts dessen, dass die Möglichkeit besteht, zumindest große Teile der Säuglingserstausstattung gebraucht zu kaufen, hält der Senat einen finanziellen Aufwand von 1.000,00 € für die Säuglingserstausstattung für angemessen. Dies ist bereits doppelt so viel wie die vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in seinem Beschluss vom 3.3.2006 - L 10 B 106/06 AS ER - in Ansatz gebrachten 500,00 €. Das LSG Berlin-Brandenburg hat ausgeführt, dass die im Land Brandenburg geltenden Vorschriften für die Babyerstausstattung 310,74 € (Bekleidungs- und Hygienebedarf und Bettenausstattung) vorsehen. Zusätzlich werden weitere 100,00 € für einen gebrauchten Kinderwagen mit einer neuen Matratze, 100,00 € für ein gebrauchtes Kinderbett mit einer neuen Matratze und 15,00 € für einen Hochstuhl in Ansatz gebracht, den das Landessozialgericht abweichend vom Senat mit zur Babyerstausstattung zählt. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat weiter darauf hingewiesen, dass in der Hansestadt Hamburg mit einer Babypauschale von 500,00 € der gesamte geburtsbedingte Bedarf abgedeckt werden soll. Es ist daher nicht gerechtfertigt, von Kosten für eine Babyerstausstattung von mehr als 1.000,00 € auszugehen, soweit nicht überdurchschnittliche finanzielle Verhältnisse vorliegen. Von solchen überdurchschnittlichen finanziellen Verhältnissen kann hier nicht ausgegangen werden. Zu den Einkommensverhältnissen der Mutter der Klägerin wurden oben bereits Ausführungen gemacht. Der Beklagte hatte zwar im Jahre 2007 ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.364,00 €. Er musste jedoch im Jahr 2007 in erheblichem Umfang Kredite bedienen (vgl. Bl. 208 ff. d.A.) und außerdem bereits Unterhalt für ein weiteres nichteheliches Kind in Höhe von 269,00 € monatlich leisten. Der Senat geht allerdings davon aus, dass der Beklagte in Höhe des nun zuerkannten Sonderbedarfs von 1.000,00 € leistungsfähig war. In Höhe des anerkannten Betrages von 775,32 € hat er dies bereits mit seinem Berufungsantrag zugestanden. Nach der Erörterung im Termin hat er geäußert, dass er auch gegen den Betrag von 1.000,00 € letztlich keine Einwände habe. Damit hat er auch insoweit seine Leistungsfähigkeit zugestanden. Außerdem ist es einem Elternteil, der zur Leistung des Mindestunterhalts in der Lage ist, zumindest theoretisch möglich, eine Pauschale von 1000 € in 5 Monaten vor der Geburt, in denen noch kein laufender Kindesunterhalt zu zahlen ist, anzusparen. ...

Die Revision wird zugelassen weil die Frage, ob hinsichtlich der Säuglingserstausstattung im Regelfall die Festlegung einer Pauschalsumme möglich ist, grundsätzliche Bedeutung hat. ..."(OLG Koblenz , Urteil vom 12.05.2009 - 11 UF 24/09)

***

Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch besteht für die Vergangenheit aus dem Gedanken des Schuldnerschutzes nur in den Grenzen des § 1613 Abs. 1 BGB, also nur bei Rechtshängigkeit, Verzug oder Auskunftsbegehren. Die Annahme einer Abtretung ist konkludent darin zu sehen, dass die Klägerin die Abtretungserklärung im Termin vom 18.05.2007 zu den Gerichtsakten gereicht und damit gegenüber dem Beklagten als Gläubiger angezeigt hat. Die zwischen den Eltern verabredete Freistellung von Unterhaltsansprüchen stellt eine Erfüllungsübernahme dar. Die Erfüllungsübernahme begründet für den Schuldner einen Befreiungsanspruch, den der Beklagte der Klägerin entgegen halten kann (OLG Jena, Beschluss vom 03.07.2008 - 1 UF 141/08 zu BGB §§ 1601, 1613 I, 1614, 398, 151 1, NJW-RR 2008, 1678 ff).

§ 1614 Verzicht auf den Unterhaltsanspruch; Vorausleistung

(1) Für die Zukunft kann auf den Unterhalt nicht verzichtet werden.

(2) Durch eine Vorausleistung wird der Verpflichtete bei erneuter Bedürftigkeit des Berechtigten nur für den im § 760 Abs. 2 bestimmten Zeitabschnitt oder, wenn er selbst den Zeitabschnitt zu bestimmen hatte, für einen den Umständen nach angemessenen Zeitabschnitt befreit.

Leitsätze/Entscheidungen:

Eine Ersparnis, die der zwei oder mehr Kinder betreuende beamtete Elternteil durch eine Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes (etwa gemäß §§ 43 Abs. 1 Satz 2 NBhVO, 80 Abs. 5 Satz 5 NBG) erzielt, ist im Unterhaltsverfahren lediglich als Einkommen des betreuenden Elternteils zu berücksichtigen. Sie ist zwischen den Elternteilen auch dann nicht auszugleichen, wenn auch der andere Elternteil Beamter ist (Fortführung der Senatsurteile vom 3. November 1982, IVb ZR 322/81, FamRZ 1983, 49 und vom 11. Januar 1984, IVb ZR 10/82, FamRZ 1984, 374). Das bloße Unterlassen der Geltendmachung des Unterhalts oder der Fortsetzung einer begonnenen Geltendmachung kann das Umstandsmoment der Verwirkung nicht begründen (Anschluss an Senatsbeschluss vom 31. Januar 2018, XII ZB 133/17 und an Senatsurteil vom 9. Oktober 2013, XII ZR 59/12, NJW-RR 2014, 195; BGH, Beschluss vom 07.02.2018 - XII ZB 338/17):

„... aa) Über den Antrag der minderjährigen Kinder auf weiteren Unterhalt im Umfang ihrer Krankenversicherungsbeiträge war ohne materiell-rechtliche Bindung an die vom Antragsgegner einseitig erstellten Jugendamtsurkunden zu entscheiden (Senatsurteil vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 - FamRZ 2009, 314 Rn. 14 und Senatsbeschluss vom 7. Dezember 2016 - XII ZB 422/15 - FamRZ 2017, 370 Rn. 25).

bb) Zu Unrecht hat das Oberlandesgericht angenommen, dass die Ansprüche der Antragsteller auf ihre privaten Krankenversicherungsbeiträge für den Zeitraum von August 2014 bis einschließlich Januar 2016 verwirkt wären.

(1) Zwar ist das Oberlandesgericht im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass eine Verwirkung nach allgemeinen Grundsätzen in Betracht kommt, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen wird (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2018 - XII ZB 133/17 - zur Veröffentlichung bestimmt; Senatsurteile vom 22. November 2006 - XII ZR 152/04 - FamRZ 2007, 453, 455 und BGHZ 152, 217 = FamRZ 2002, 1698 mwN).

Zutreffend ist das Oberlandesgericht auch davon ausgegangen, dass bei Unterhaltsrückständen vieles dafür spricht, an das sogenannte Zeitmoment der Verwirkung keine strengen Anforderungen zu stellen, so dass das Zeitmoment auch dann erfüllt sein kann, wenn die Rückstände Zeitabschnitte betreffen, die etwas mehr als ein Jahr zurückliegen (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2018 - XII ZB 133/17 - zur Veröffentlichung bestimmt; Senatsurteile vom 22. November 2006 - XII ZR 152/04 - FamRZ 2007, 453, 455; BGHZ 152, 217 = FamRZ 2002, 1698 f. mwN und BGHZ 103, 62 = FamRZ 1988, 370, 372).

Das Oberlandesgericht verkennt indessen, dass nach diesen Maßstäben das Zeitmoment allenfalls für die Zeit von August bis November 2014 erfüllt sein könnte, weil die Antragsteller mit anwaltlichem Schreiben vom 26. November 2015 auf ihre Ansprüche zurückgekommen sind.

(2) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen zum reinen Zeitablauf besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2018 - XII ZB 133/17 - zur Veröffentlichung bestimmt; Senatsurteile vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12 - NJW-RR 2014, 195 Rn. 7, 11 mwN und BGHZ 152, 217 = FamRZ 2002, 1698, 1699).

Der Vertrauenstatbestand kann nicht durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2018 - XII ZB 133/17 - zur Veröffentlichung bestimmt und Senatsurteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12 - NJW-RR 2014, 195 Rn. 11 mwN). Dementsprechend kann ein bloßes Unterlassen der Geltendmachung des Anspruchs für sich genommen kein berechtigtes Vertrauen des Schuldners auslösen. Dies gilt nicht nur für eine bloße Untätigkeit des Gläubigers, sondern grundsätzlich auch für die von diesem unterlassene Fortsetzung einer bereits begonnenen Geltendmachung. Auch wenn der Gläubiger davon absieht, sein Recht weiter zu verfolgen, kann dies für den Schuldner nur dann berechtigterweise Vertrauen auf eine Nichtgeltendmachung hervorrufen, wenn das Verhalten des Gläubigers Grund zu der Annahme gibt, der Unterhaltsberechtigte werde diesen Unterhaltsanspruch endgültig nicht mehr geltend machen, insbesondere weil er seinen Rechtsstandpunkt aufgegeben hat (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2018 - XII ZB 133/17 - zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch Senatsurteil BGHZ 103, 62 = FamRZ 1988, 370, 373). Gemessen daran fehlt es vorliegend auch an der Verwirklichung des Umstandsmoments, denn die vom Oberlandesgericht angeführten Umstände waren nicht geeignet, ein berechtigtes Vertrauen des Antragsgegners zu begründen. Dass die Antragsteller ihre Ansprüche nach deren Zurückweisung durch den Antragsgegner zunächst nicht weiterverfolgten, ließ einen entsprechenden Rückschluss auf die künftige Nichtgeltendmachung nicht zu. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht daraus, dass zum damaligen Zeitpunkt bereits ein Kindesunterhaltsverfahren zwischen den Beteiligten rechtshängig gewesen sein soll, zumal insoweit Feststellungen zum Streitgegenstand fehlen.

Dass der Antragsgegner vor dem Oberlandesgericht erklärt hat, er habe damals zunächst gebildete Rücklagen aufgelöst, vermag ebenso wenig ein berechtigtes Vertrauen des Antragsgegners zu begründen, wobei es nicht darauf ankommt, inwieweit er sich auf die Nichtgeltendmachung bereits eingerichtet hatte.

cc) Der isolierte Drittwiderantrag des Antragsgegners ist entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts unzulässig.

Mit dem Drittwiderantrag wird die Mutter der Antragsteller auf Freistellung von den (künftigen und bis zur Rechtskraft der Entscheidung fälligen) Ansprüchen der Antragsteller auf Krankenversicherungsbeiträge, auf Mitwirkung an einer Übertragung des erhöhten Beihilfebemessungssatzes nach § 80 Abs. 5 Satz 5 NBG auf den Antragsgegner, hilfsweise auf Auskehrung der hälftigen Differenz dessen, was der Drittwiderantragsgegnerin verbleibe, wenn von ihrer durch den erhöhten Beihilfebemessungssatz in Bezug auf ihre eigene Krankenversicherung erzielten Ersparnis die Kosten der Antragsteller für den von dem Beihilfeanspruch nicht abgedeckten Krankenversicherungsanteil von 20 % abgezogen seien, in Anspruch genommen. Damit wird sie als Beteiligte in das Verfahren einbezogen, in dem sie bislang nicht Beteiligte war, ohne dass der Widerantrag auch die antragstellenden Kinder erfasst. Ein solcher isolierter Drittwiderantrag ist nach §§ 112 Nr. 1, 113 Abs. 1 FamFG, 33 ZPO analog nur zulässig, wenn die Gegenstände des Antrags und des Widerantrags tatsächlich und rechtlich eng miteinander verknüpft sind und weder schutzwürdige Interessen des Widerantragsgegners durch dessen Einbeziehung in den Rechtsstreit der Beteiligten verletzt werden (vgl. etwa BGH Beschluss vom 17. Dezember 2015 - III ZB 61/15 - ZfSch 2016, 225 Rn. 4, BGH Urteile vom 13. Juni 2008 - V ZR 114/07 - NJW 2008, 2852 Rn. 27 mwN und vom 13. März 2007 - VI ZR 129/06 - NJW 2007, 1753) noch schützenswerte Interessen des Antragstellers unberücksichtigt bleiben, die dadurch berührt sein können, dass der Verfahrensstoff sich ausweitet und das Verfahren länger dauern kann (vgl. BGH Urteil vom 7. November 2013 - VII ZR 105/13 - NJW 2014, 1670 Rn. 16).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist der isolierte Drittwiderantrag vorliegend unzulässig. Nach § 1614 Abs. 1 BGB kann für die Zukunft auf Kindesunterhalt nicht verzichtet werden. Zwar steht dies einer Freistellung von Unterhaltsansprüchen - auch solchen gemeinschaftlicher Kinder - nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 15. Januar 1986 - IVb ZR 6/85 - FamRZ 1986, 444, 445). Wegen des Verzichtsverbots in § 1614 Abs. 1 BGB ist jedoch ein rechtlicher und sachlicher Zusammenhang einer Freistellung oder eines familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs zwischen den Eltern mit den Unterhaltsansprüchen gemeinschaftlicher Kinder ausgeschlossen. Jedes Kind hat einen Anspruch auf die Titulierung seiner Unterhaltsansprüche, ohne dass es darauf ankommt, ob ein Elternteil eine Freistellung oder einen familienrechtlichen Ausgleich beanspruchen kann. Durch einen isolierten Drittwiderantrag auf Freistellung oder familienrechtlichen Ausgleich werden schützenswerte verfahrensrechtliche Interessen des Kindes verletzt. Denn damit wäre stets eine Ausweitung des Verfahrensstoffes verbunden, weil sich Kindesunterhaltsansprüche einerseits und Ansprüche auf Freistellung oder familienrechtlichen Ausgleich andererseits entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nach unterschiedlichen Kriterien bestimmen.

dd) Im Übrigen wäre der Drittwiderantrag des Antragsgegners entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts auch in der Sache nicht begründet.

(1) Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch ist in der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich für solche Fälle anerkannt, in denen ein Elternteil für den Unterhalt eines gemeinsamen Kindes aufgekommen ist und dadurch dessen Unterhaltsanspruch erfüllt hat, obwohl (auch) der andere Elternteil ganz oder teilweise unterhaltspflichtig war. Der Anspruch beruht auf der Unterhaltspflicht beider Eltern gegenüber ihrem Kind und ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Unterhaltslast im Verhältnis zwischen ihnen nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB entsprechend ihrem Leistungsvermögen gerecht zu verteilen (Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2017 - XII ZB 116/16 - FamRZ 2017, 611 Rn. 11 und vom 20. April 2016 - XII ZB 45/15 - FamRZ 2016, 1053 Rn. 11 mwN). Ein Unterfall des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs ist der - wegen der gesetzlichen Anrechnungsregelung in § 1612 b Abs. 1 BGB freilich nur in seltenen Fällen in Betracht kommende - Anspruch eines Elternteils auf Ausgleich des dem anderen Elternteil gezahlten Kindergelds, obwohl in diesem Fall nicht geleisteter Unterhalt, sondern eine vorweggenommene Steuervergütung bzw. eine staatliche Sozialleistung im Rahmen des Familienlastenausgleichs ausgeglichen werden soll. Über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch können auch solche staatlichen Leistungen ausgeglichen werden, die beiden Eltern zur Erleichterung des Kindesunterhalts zugutekommen sollen, aber nur einem Elternteil tatsächlich zugeflossen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2016 - XII ZB 45/15 - FamRZ 2016, 1053 Rn. 12 und Senatsurteil BGHZ 150, 12, 29 = FamRZ 2002, 536, 541). Diese Voraussetzungen liegen hier indessen nicht vor.

(a) Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Anspruch auf eine angemessene Kranken- und Pflegeversicherung zum angemessenen Lebensbedarf der Antragsteller gehört, so dass die privaten Krankenversicherungsbeiträge der Antragsteller für die Zeit ihrer Minderjährigkeit allein vom barunterhaltspflichtigen Antragsgegner zu tragen sind (vgl. Wendl/ Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 327).

(b) Der Senat hat zum Familienzuschlag bereits wiederholt entschieden, dass kindbezogene Bestandteile der Dienst- und Versorgungsbezüge, die ein beamteter Elternteil bezieht, zwischen den Elternteilen nicht auszugleichen sind, weil sie dem Kindergeld nicht vergleichbar sind. Der Ausgleich des staatlichen Kindergelds beruht entscheidend auf der Erwägung, dass es sich um eine öffentliche Sozialleistung handelt, auf die beide Elternteile bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen gleichermaßen Anspruch haben. Auf die kindbezogenen Zuschläge zu Dienstbezügen treffen diese Voraussetzungen nicht zu. Sie werden zwar wegen des Vorhandenseins von unterhaltsberechtigten Kindern gewährt, aber nur mit Rücksicht auf das mit dem Empfänger begründete Beamtenverhältnis. Aus diesem erwächst dem Dienstherrn die Verpflichtung, den Beamten Zeit seines Lebens angemessen zu alimentieren, wozu auch gehört, dass ihm bei Unterhaltspflichten gegenüber Kindern ein annähernd gleiches Lebensniveau gewährleistet wird wie einem kinderlosen Beamten. Es handelt sich daher bei der Gewährung der kindbezogenen Gehaltsbestandteile um die Erfüllung einer Verpflichtung des Dienstherrn gegenüber dem im Beamtenverhältnis stehenden Elternteil, nicht um eine öffentliche Sozialleistung, auf die beide Elternteile bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen gleichermaßen Anspruch haben. Ein gewisser unterhaltsrechtlicher Ausgleich erfolgt nur insoweit, als die kindbezogenen Bestandteile der Beamtenbezüge dem für die Unterhaltsbemessung relevanten Einkommen des Empfängers zuzurechnen sind, weil hierzu unbeschadet einer öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung grundsätzlich alle Einkünfte gehören, die einem Unterhaltsschuldner zufließen (vgl. Senatsurteile vom 3. November 1982 - IVb ZR 322/81 - FamRZ 1983, 49, 50 f. und vom 11. Januar 1984 - IVb ZR 10/82 - FamRZ 1984, 374, 376).

Der Gesetzgeber ist 1997 im Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung des Unterhaltsrechts minderjähriger Kinder (Kindesunterhaltsgesetz - KindUG) davon ausgegangen, dass eine Anrechnung kindbezogener Leistungen - etwa des Familienzuschlags - auch dann nicht geboten sei, wenn sowohl der barunterhaltspflichtige als auch der betreuende Elternteil im öffentlichen Dienst tätig sind. Zwar hätten dann grundsätzlich beide Elternteile Anspruch auf die kindbezogene Leistung, sie werde aber nur demjenigen ausbezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (vgl. etwa § 40 Abs. 5 BBesG). Anders als das Kindergeld flössen kindbezogene Bestandteile den Berechtigten zudem nur als Nettobeträge zu, so dass die Beträge nur individuell unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse zu ermitteln seien. Da die kindbezogene Leistung aber als Einkommen des Empfängers unterhaltsrechtlich berücksichtigt werde, erscheine es gerechtfertigt, diese kindbezogene Leistung darüber hinaus nicht auch noch beim Unterhaltsanspruch des Kindes zu berücksichtigen (vgl. BT-Drucks. 13/7338 S. 27, 28).

Dass der Gesetzgeber bei mehreren im öffentlichen Dienst Beschäftigten den kinderbezogenen Anteil am Familienzuschlag demjenigen zukommen lassen will, der die Betreuungsleistung für das Kind tatsächlich übernommen hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil dies der aus der Erziehung und tatsächlicher Betreuung folgenden erheblichen Belastung und damit dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) Rechnung trägt. Ein Ausgleich entsprechend der für das Kindergeld geltenden Regelung des § 1612 b BGB ist nicht von Verfassungs wegen geboten. Auch eine Verletzung des in Art. 33 Abs. 5 GG als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums verankerten Alimentationsprinzips sei nicht erkennbar (vgl. BVerfG FamRZ 2004, 524, 525).

(c) Diese Erwägungen gelten für den erhöhten Beihilfebemessungssatz, den die Mutter der Antragsteller gemäß §§ 43 Abs. 1 NBhVO, 80 Abs. 5 Satz 5 NBG erhält, entsprechend.

Auch der erhöhte Beihilfebemessungssatz wird der Mutter zwar wegen des Vorhandenseins von unterhaltsberechtigten Kindern gewährt, aber nur mit Rücksicht auf das mit ihr begründete Beamtenverhältnis. Denn beihilfeberechtigt sind nach § 80 Abs. 1 Satz 2 NBG nur Beamte und Ruhestandsbeamte sowie bestimmte Hinterbliebene. Bei dem erhöhten Beihilfebemessungssatz handelt es sich nicht um eine öffentliche Sozialleistung, auf die beide Elternteile bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen gleichermaßen Anspruch haben, sondern um die Erfüllung der Alimentationsverpflichtung des Dienstherrn gegenüber Beamten, die Kindern unterhaltspflichtig sind. Die Regelung in § 43 Abs. 1 Satz 2 NBhVO will einerseits sicherstellen, dass der erhöhte Beihilfebemessungssatz bei zwei beamteten Elternteilen nur einmal gewährt wird, und andererseits den finanziellen Folgen der tatsächlichen Personensorge Rechnung tragen.

Dass nach § 43 Abs. 1 Satz 2 NBhVO ausschließlich derjenige beamtete Elternteil in den Genuss des erhöhten Beihilfebemessungssatzes kommt, dem auch der Familienzuschlag zusteht, ist mit Art. 3 Abs. 1 GG und mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar. Bei der Regelung der Beamtenbesoldung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 33 Abs. 5 GG kommt dem Gesetzgeber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum zu, der nur überschritten wird, wenn die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist; mit anderen Worten, wo ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt, es sich also um Regelungen handelt, die unter keinem sachlich vertretbaren Gesichtspunkt gerechtfertigt erscheinen, so dass die Unsachlichkeit der getroffenen Regelung evident ist (vgl. etwa BVerfG NVwZ-RR 2004, 1 f. und BVerfG FamRZ 1986, 335; BVerwG NVwZ 2006, 352 Rn. 21 f.). Der Rahmen dieses Gestaltungsspielraums ist vorliegend nicht überschritten.

Durch die Bindung des erhöhten Beihilfebemessungssatzes an den Familienzuschlag kommt dieser ungeteilt dem Elternteil zu, der die Betreuung der Kinder übernommen hat, und knüpft damit an die vorgegebene Bedarfs- und Finanzierungsgemeinschaft an. Käme der erhöhte Beihilfebemessungssatz dagegen (teilweise) dem barunterhaltspflichtigen Elternteil zugute, der die Kinder nicht betreut, könnte nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Leistung (auch) dafür eingesetzt wird, den Lebensbedürfnissen der Kinder zugute zu kommen. Zwar würde die Teilhabe am erhöhten Beihilfebemessungssatz die unterhaltsrelevanten Einkünfte des nicht betreuenden Elternteils entsprechend erhöhen - was aber im Hinblick auf die Einkommensgruppen bei der Bestimmung des Bedarfs des Kindes nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung des Unterhaltsanspruchs der Kinder führen würde (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Januar 2017 - XII ZB 565/15 - FamRZ 2017, 437 Rn. 33 ff. und vom 15. Februar 2017 - XII ZB 201/16 - FamRZ 2017, 711 Rn. 11 ff.).

Die Regelung verletzt schließlich auch nicht das als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Alimentationsprinzip. Denn das Alimentationsprinzip gebietet dem Dienstherrn nicht, jegliche finanziellen Belastungen auszugleichen, die durch familiäre Friktionen auftreten (BVerwG NVwZ 2006, 352 Rn. 28; BVerfGE 53, 257, 306 ff.).

(2) Das Verlangen des Antragsgegners, die Krankenversicherungsbeiträge der Antragsteller nach § 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB in Form von Sachleistungen erbringen zu dürfen, hat das Oberlandesgericht mit zutreffender Begründung zurückgewiesen.

3. Die angefochtene Entscheidung kann danach keinen Bestand haben. Die Eventualanschlussrechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Der Senat kann in der Sache selbst abschließend entscheiden, da es weiterer Feststellungen nicht bedarf. ..."

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Die Beurteilung, ob eine unzulässige Unterschreitung des angemessenen Unterhalts und damit ein nach § 134 BGB unwirksamer Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt vorliegt, setzt voraus, dass zunächst die Höhe dieses angemessenen Unterhaltsanspruchs im hierfür erforderlichen Umfang festgestellt worden ist. Sonstige ehevertragliche Regelungen, die dem Unterhaltsberechtigten zum Vorteil gereichen können, sind in die Prüfung nicht einzubeziehen. Denn die Wirksamkeit der Regelung des Trennungsunterhalts ist isoliert zu betrachten und wird nicht durch Vereinbarungen zu anderen Gegenständen berührt (BGH, Beschluss vom 30.09.2015 - XII ZB 1/15).

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Aus einer von den Eltern vereinbarten Begrenzung des Kindesunterhalts, die schon mangels Beteiligung der betroffenen Kinder für diese keine Wirkung entfaltet, kann auf ein - konkludentes - Freistellungsversprechen der die Kinder betreuenden Mutter zu Gunsten des Vaters (über die Differenz zum gesetzlichen Unterhalt) nicht allein deswegen geschlossen werden, weil es der Mutter bewusst war, dass der gesetzliche Unterhalt durch die Vereinbarung nicht ausgeschöpft wird (BGH, Urteil vom 04.03.2009 - XII ZR 18/08).

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Kindesunterhalt - Abfindungszahlung - Verzicht (OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.10.2021 - 13 UF 64/18):

„... I. Der Antragsteller wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Abänderung eines Urteils des Oberlandesgerichts Dresden vom 02.11.2007, infolgedessen er verpflichtet war, an seine einkommens- und vermögenslose und bei ihrer Mutter lebende Tochter, die Antragsgegnerin, Unterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrages zu zahlen (Bl. 5). Nachdem die Mutter des Antragstellers für diesen zunächst die Unterhaltszahlungen übernahm, blieben nach deren Tod seit April 2017 weitere Zahlungen aus. Auf Rückstandsmahnung der Antragsgegnerin forderte der Antragsteller mit Schreiben vom 13.04.2017 die Antragsgegnerin auf, keine Ansprüche mehr geltend zu machen und auf die Zwangsvollstreckung zu verzichten. Dem kam die Antragsgegnerin erst mit Vollendung des 18. Lebensjahres am 11.03.2019 für die Zeit ab April 2019 nach. Der Antragsteller ist selbständiger Immobilienmakler, übt eine Nebentätigkeit als Hausmeister aus und lebt in seiner kreditfinanzierten Eigentumswohnung. Er hat sich für leistungsunfähig und seine Barunterhaltspflicht in Ansehung eines erheblich über seinen Einkünften liegenden Einkommens der Mutter der Antragsgegnerin für entfallen gehalten. Zudem habe die Mutter der Antragsgegnerin im Jahr 2001 bereits 50.000 DM erhalten, sodass der Unterhaltsanspruch erfüllt sei.

Der Antragsteller hat zuletzt sinngemäß beantragt (Bl. 308, 63, 83), das Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 02.11.2007, Az. 24 UF 516/06, dahingehend abzuändern, dass er der Antragsgegnerin ab April 2017 keinen Unterhalt mehr zu zahlen hat, sowie hilfsweise, dass er ab Mai 2017 nur noch Kindesunterhalt in Höhe von 120 € zu zahlen hat. Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 377) auf den der Senat wegen des weiteren Sach- und Streitstandes verweist, hat das Amtsgericht den Antrag unter Verweis auf die gesteigerte Erwerbsobliegenheit und ein für den Antragsteller fiktiv zu erzielendes Einkommen sowie mangelnde Leistungsfähigkeit der Mutter zurückgewiesen. Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt der Antragsteller seine erstinstanzlichen Anträge uneingeschränkt weiter. Das Amtsgericht habe seine Leistungsfähigkeit und die der Mutter der Antragsgegnerin falsch beurteilt, verkannt, dass die Unterhaltsschuld bereits erfüllt sei und seine Einwände zu Unrecht teilweise für präkludiert gehalten.

Der Antragsteller beantragt (Bl. 437) sinngemäß, unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Zossen vom 14.02.2018, das Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 02.11.2007, Az. 24 UF 516/06, dahingehend abzuändern, dass er der Antragsgegnerin ab April 2017 keinen Unterhalt mehr zu zahlen hat, sowie hilfsweise, dass er ab Mai 2017 nur noch Kindesunterhalt von nicht mehr als von 120 € zu zahlen hat. Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Antragsgegnerin verteidigt den angefochtenen Beschluss.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die Korrespondenz im Beschwerderechtszug. Er entscheidet, wie angekündigt, ohne mündliche Verhandlung (§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG), von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten war.

II. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers bleibt weitgehend ohne Erfolg. Zwar kann die Mutter der Antragsgegnerin diese im Beschwerdeverfahren nicht mehr vertreten, nachdem die Antragsgegnerin während des Beschwerdeverfahren volljährig geworden ist. Diese hat aber erklärt, das Verfahren weiter führen zu wollen. Zu Recht hat das Amtsgericht das Abänderungsbegehren für die Zeit der Minderjährigkeit der Antragsgegnerin abgewiesen.

Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt eine abweichende Beurteilung nur in Bezug auf die Pflicht des Antragstellers, seiner Tochter ab April 2019 Kindesunterhalt zu zahlen. Nachdem die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren erklärt hat, Unterhaltsansprüche ab Vollendung des 18. Lebensjahres nicht mehr geltend zu machen, war das Urteil des Oberlandesgerichts Dresden, wie erfolgt, dahingehend abzuändern, dass die Unterhaltspflicht des Antragstellers ab April 2019 entfällt, zumal die Antragsgegnerin ihre entsprechende Bedürftigkeit nicht dargelegt hat. Im Übrigen ist der Abänderungsantrag, wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat, für April 2017 bereits unzulässig, denn eine Herabsetzung des Unterhalts kann erst für die Zeit ab des ersten Monats des auf das Verzichtsverlangen, welches hier auf den 13.04.217 datiert ist, folgenden Monats verlangt werden (§ 238 Abs. 3. S. 3 FamFG).

Soweit der Abänderungsantrag hiernach für die Zeit ab Mai 2017 zulässig ist, ist er allerdings in Haupt- und Hilfsantrag für die Zeit bis zum Eintritt der Volljährigkeit der Antragsgegnerin unbegründet, denn eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse liegt tatsächlich nicht vor (§ 238 Abs. 4 FamFG).

Zutreffend hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Antragsteller seine Unterhaltspflicht nicht bereits durch Zahlung eines Abfindungsbetrages von 50.000 DM (= 25.564,59 €) auf eine Abfindungsvereinbarung mit der Mutter der Antragsgegnerin im Jahr 2001 (Bl. 9) teilweise erfüllt hat. Ein Verzicht auf zukünftigen Kindesunterhalt ist gemäß §§ 1614, 134 BGB unwirksam und zwar auch dann, wenn er durch eine Abfindungszahlung kompensiert wird (Viefhues in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 1614 BGB, Stand: 15.10.2019, Rn. 6). In der Abfindungsvereinbarung könnte daher allenfalls die Freistellung des Antragstellers von Kindesunterhaltsansprüchen der Antragsgegnerin durch die Kindesmutter gesehen werden. Derartige Vereinbarungen sind zwar zulässig, das Kind ist hieran aber nicht gebunden und kann trotzdem den Kindesunterhalt einklagen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1986 - IVb ZR 6/85 -, juris; Viehfus aaO, Rn. 35; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 03. Juli 2008 - 1 UF 141/08 -, Rn. 73, juris; OLG Stuttgart, FamRZ 2006, 866).

Zudem wäre der Antragsteller mit diesem Vorbringen auch gemäß § 238 Abs. 2 FamFG präkludiert, da er diesen Einwand bereits im Vorverfahren vor dem OLG Dresden hätte erheben können. Der Antragsteller beruft sich zwar darauf, dass die Zahlung zur Zeit der Entscheidung vor dem OLG Dresden noch nicht relevant gewesen sei, weil der gezahlte Betrag noch nicht verbraucht gewesen sei. Der Erfüllungseinwand, sein Durchgriff unterstellt, hätte aber dazu geführt, dass Unterhalt erst ab einem späteren Zeitpunkt, nämlich ab dem Zeitpunkt, zu dem der Betrag von 25.564,59 € aufgezehrt gewesen wäre, hätte tituliert werden können.

Unabhängig davon spricht gegen das Zustandekommen einer solchen Freistellungs- oder Abfindungsvereinbarung aus 2001 bereits der eigene Vortrag des Antragstellers (Bl. 736), wonach nämlich die Mutter der Antragsgegnerin offensichtlich nicht in der Lage gewesen sei, die Sache zu überschauen. Schließlich hat der Antragsteller vor und während des erstinstanzlichen Vorverfahrens monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von 110 € geleistet (Bl. 6R) und seine Mutter hat auf den Titel aus 2007 bis 2017 durchweg den laufenden Unterhalt gezahlt. Hierfür hätte keine Notwendigkeit bestanden, wenn der Unterhaltsanspruch nach den Vorstellungen des Antragstellers bereits durch anderweitige Erfüllung erloschen gewesen wäre.

Der Antragsteller ist für den hier in Rede stehenden Zeitraum von Mai 2017 bis März 2019 auch weiterhin in Höhe des titulierten Unterhaltsbetrages leistungsfähig (§ 1603 BGB).

Er verfügte zwar nach eigenen Angaben nach Abzug von Steuern, Kranken- und Pflegeversicherung und weiteren Vorsorgeaufwendungen über ein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 1007,08 € und ein Einkommen aus Nebentätigkeit als Hausmeister in 2017 in Höhe von 100 € und ab 2018 in Höhe von 120 € monatlich (Bl. 441), sodass er bei einem Selbstbehalt in Höhe von 1.080 € den geschuldeten Unterhalt nicht habe aufbringen können.

Auf sein tatsächliches Einkommen kann sich der Antragsteller aber nicht zurückziehen, da ihn gegenüber der zu jener Zeit noch minderjährigen Antragsgegnerin eine nach § 1603 Abs. 2 BGB verschärfte Erwerbsobliegenheit trifft. Diese rechtfertigt die Zurechnung eines erzielbaren Einkommens, wenn der Unterhaltsschuldner hinreichende Erwerbsbemühungen unterlässt (vgl. Nr. 9 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts). Die nach § 1603 Abs. 2 BGB gesteigerte Obliegenheit, seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen und einträgliche Erwerbstätigkeiten auszuüben, trifft auch den berufstätigen Unterhaltsschuldner, dessen vorhandenes Einkommen zur Erfüllung der Unterhaltspflichten nicht ausreicht, und legt ihm auf, sich um besser bezahlte Beschäftigungsmöglichkeiten zu bemühen (vgl. Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, 10. Aufl. § 2 Rn. 244 m.w.N.), wobei ihm regelmäßig auch eine Tätigkeit über 40 Wochenarbeitsstunden hinaus bis zu 48 Stunden nach Maßgabe von §§ 3, 9 Abs. 1 ArbZG einschließlich Nebentätigkeiten angesonnen werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Januar 2020 - 13 UF 184/19 -, Rn. 14, juris ; OLG Naumburg, FamRZ 2014, 133; Senat NZFam 2018, 1095, jew. m.w.N.).

Gemessen daran war der Antragsteller, der, wie er angibt, bisher 40 Stunden pro Woche als Immobilienmakler arbeitet und sich seine Zeit frei einteilen kann (Bl. 444), gehalten eine Nebentätigkeit im Umfang von 8 Stunden pro Woche auszuüben, wobei diese nicht auf den Bereich der Hausmeistertätigkeit zu beschränken ist, die der Antragsteller bisher ausübte. Vielmehr ist es dem Antragsteller zumutbar, auch jede andere Tätigkeit zum gesetzlichen Mindestlohn auszuüben, der in 2017 und 2018 8,84 € und in 2019 9,19 € betrug. Ausgehend davon wäre in 2017 und 2018 ein nicht zu versteuernder Hinzuverdienst von 306,45 € monatlich möglich gewesen und in 2019 von 318,59 €, sodass für 2017 und 2018 von einem Einkommen in Höhe von 1.313,53 € und in 2019 in Höhe von 1.325,67 € auszugehen ist.

Hinzuzurechnen sind, wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat, die in der Gewinnermittlung ausgewiesenen Miet- und Pachtkosten von jährlich 1.250 €, was einem monatlichen Betrag von 104,17 € entspricht. Dieser Betrag ist als Abzugsposten bereits im vom Antragsteller auf der Grundlage der Einkommensteuerbescheide ermittelten Einkommen von 1.007,08 € enthalten, fällt aber für den Antragsteller tatsächlich nicht an, denn er wendet den Betrag nicht für eine Anmietung auf. Es handelt sich um einen rein buchhalterischen Wert, der den Gewinn steuerlich mindert, ohne dass dem eine tatsächliche Ausgabe gegenüberstände. Zu Recht hat das Amtsgericht daher lediglich steuerlich gewinnschmälernde, in der Sache aber nicht aufgewandte Mietkosten dem Einkommen des Antragstellers hinzugerechnet.

In Summe ergibt sich daher für 2017 und 2018 ein monatliches Einkommen von 1.417,70 € und für 2019 in Höhe von 1.429,84 €.

Schließlich hat das Amtsgericht zutreffend dem Antragsteller auch einen Wohnvorteil in Höhe von 86 € zugerechnet und sich dabei auf die abzuändernde Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden berufen. Der Antragsteller ist mit seinem Einwand, das Oberlandesgericht habe 2007 den Mietwert unzutreffend mit 6,25 € pro qm angegeben, dieser habe tatsächlich nur 5,00 € bis 5,50 € pro qm betragen, gem. § 238 Abs. 2 FamFG präkludiert.

Für den Antragsteller ist daher in die Unterhaltsberechnung ein für Unterhaltszwecke einzusetzendes Einkommen in Höhe von 1.503,70 € für 2017 und 2018 und in Höhe von 1.515,84 € für 2019 einzustellen. Nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts von 1.080 € verbleibt in 2017 und 2018 ein Betrag von 423,70 € und in 2019 in Höhe von 435,84 €. Diese Beträge übersteigen den titulierten Betrag von 337 € in 2017 und 347 € ab 2018, sodass der Antragsteller weiterhin leistungsfähig war.

Der Unterhaltspflicht steht auch § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB nicht entgegen, wonach die Verpflichtung zum Unterhalts nicht eintritt, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter, hier in Gestalt der Mutter der Antragsgegnerin, vorhanden ist.

Die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils kann nach § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB entfallen, wenn er zur Unterhaltszahlung nicht ohne Beeinträchtigung seines angemessenen Unterhalts von 1300 € (Nr. 21.3.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts) in der Lage ist, während der betreuende Elternteil neben der Betreuung der Kinder auch den Barunterhalt leisten kann, ohne dadurch seinen eigenen angemessenen Unterhalt von 1300 € zu gefährden, und die Inanspruchnahme des nicht betreuenden Elternteils zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führen würde (vgl. (Senat, Beschluss vom 12. November 2018 - 13 UF 97/18 -, juris; Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, 10. Aufl., § 2 Rn. 398 m.w.N.). Ein solches erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern kann in Betracht kommen, wenn dem betreuenden Elternteil nach Deckung des Kindesunterhalts wenigstens 500 € mehr verbleiben als dem Barunterhaltspflichtigen (vgl. Senat aaO).

Nach Abzug von Verbindlichkeiten und Kindesunterhalt verfügte die Mutter der Antragsgegnerin in den Jahren 2017, 2018 bereits nicht über ein bereinigtes Einkommen, welches 1.300 € überstieg, sodass es auf die Höhe der Differenz zwischen den Einkommen der Eltern der Antragsgegnerin nicht ankommt.

Ausweislich der Lohnsteuerjahresbescheinigung für 2017 (Bl. 931), an deren Richtigkeit zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat, betrug das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen der Mutter der Antragsgegnerin im Jahr 2017 2.353,30 €. Hinzuzurechnen ist die Einkommensteuererstattung für 2015, die auf Monate umgelegt 605,04 € betrug (Bl. 675). In Summe ist bei der Mutter der Antragsgegnerin damit ein Einkommen in Höhe von 2.958,34 € anzusetzen. Hiervon abzuziehen sind 1.721,88 € für 5 % berufsbedingte Aufwendungen (117,67 €), Schulgeld (durchschnittlich monatlich 357,65 €), Lebensversicherung (51,12 €), zusätzliche Altersvorsorge (392 €), Kredit (150 €), Fahrkosten (76 € + 108 €) und Krankenversicherung für Mutter und Kind (469,44 €), (Bl. 691ff). Nachdem schließlich noch der Unterhaltsbetrag, der auf die Unterhaltspflicht der Mutter ihrer Tochter gegenüber entfällt, abzuziehen ist, den der Senat mit mindestens 364 € (100 % des Mindestunterhalts) ansetzt, sowie der auf den Antragsteller entfallende Betrag von 337 €, verbleibt nach allem ein Einkommen, welches deutlich unterhalb der Grenze von 1.300 € liegt (2.958,34 € - 1.721,88 € - 364 € - 337 € = 535,46 €). Der Einwand des Antragstellers, einzelne der monatlichen Ausgaben seien nicht angemessen oder berechtigt, verfängt nicht. Zum einen handelt es sich bei den Ausgaben teilweise, etwa beim Schulgeld, Versicherungen und Kredit, um Verpflichtungen, die die Mutter eingegangen ist, als der Unterhalt noch gezahlt wurde. Auch war die Mutter der Antragsgegnerin nicht verpflichtet, zu Gunsten des gesteigert erwerbspflichtigen Antragstellers ihren seit Jahren geübten und sichergestellten Lebensstandard dahingehend zu ändern, dass sie neben ihrer eigenen Unterhaltspflicht auch noch diejenige des Antragstellers erfüllen kann.

Eine Ersatzhaftung der Mutter der Antragsgegnerin gemäß § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB besteht auch im Jahr 2018 nicht. Ausweislich des Steuerbescheides für 2018 (Bl. 932) erzielte die Mutter der Antragsgegnerin Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit nur noch in Höhe von 14.032 €, monatlich mithin 1.169,33 €, sodass eine Ersatzhaftung gem. § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB ausscheidet. Das wäre aber auch nach eigenem letztem Vortrag des Antragstellers (Bl. 943 R) der Fall. Danach betrug das Nettoeinkommen der Mutter der Antragsgegnerin in 2018 37.000 € zzgl. Einkommensteuererstattung für 2016 von 7.300 €, mithin 44.300 €, was monatlich 3.692 € entspricht. Der Würdigung des Antragstellers, dem Betrag seien weitere 20.000 € aus der Entnahme eines in der Bilanz ausgewiesenen Darlehns ihrer Firma hinzurechnen, ist hingegen nicht zu folgen. Der Antragsteller unterstellt nach eigenen Worten der Mutter nur, dass die Entnahme erfolgte, um das eigene Einkommen im Unterhaltsverfahren zu reduzieren, ohne hierzu substantiiert vorzutragen oder seinen Vortrag zu belegen.

Ist damit insgesamt von einem durchschnittlichen monatlichen Einkommen in 2018 von 3.692 € auszugehen, reduziert sich dieses um 1.726,33 € wegen berufsbedingter Aufwendungen (154,17 €), Schulgeld (285 €), Lebensversicherung (51,12 €), zusätzliche Altersvorsorge (392 €), Kredit (150 €), Fahrkosten (76 € + 108 €) und Krankenversicherung für Mutter und Kind (510,04 €), (Bl. 691ff) und um weitere 370 € Unterhalt, der auf die Mutter entfällt, und 347 €, der auf den Antragsteller entfällt. Der verbleibende Betrag liegt mit 1.248,67 € unterhalb der Grenze von 1.300 € (3.692 € - 1.726,33 € - 370 € - 347 €).

Mangels anderweitigen Vortrags schreibt der Senat das Einkommen der Mutter betreffend für das Jahr 2019, in dem nur noch die Unterhaltspflicht des Antragstellers für die Monate Januar bis März in Rede steht, die Zahlen von 2018 fort, sodass auf die vorstehenden Erwägungen Bezug genommen werden kann.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG und dem aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO folgenden Gedanken; die ursprünglich in Streit gestandene Unterhaltsforderung für die Zeit auch ab Volljährigkeit der Antragsgegnerin hat weder den nach § 51 Abs. 1 S.1 FamFG festzusetzenden Gegenstandswert noch die aus diesem abzuleitenden Verfahrenskosten erhöht. Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 55 Abs.2, 51 Abs. 1, Abs. 2 FamGKG. Anlass die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht (§ 70 Abs. 2 FamFG). ..."

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Macht der frühere rechtliche Vater (sog. Scheinvater) auf ihn gemäß § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB übergegangene Ansprüche auf Kindesunterhalt gegen den rechtlichen Vater geltend, obliegt ihm die Darlegungs- und Beweislast anhand des konkret zu berechnenden Nettoeinkommens dafür, dass der Antragsgegner im Unterhaltszeitraum über Einkünfte verfügte, die einen Unterhaltsanspruch über den Mindestunterhalt hinaus rechtfertigen (so BGH vom 19. September 2018 - XII ZB 385/17, FamRZ 2019, 112, 114 [Rn. 28]). Die Inanspruchnahme für einen Zeitraum von rund 17 Jahren (1975 bis 1992) mehr als 23 Jahre nach der letzten Unterhaltszahlung kann auch in Höhe des insgesamt geschuldeten Mindestunterhalts für den Renteneinkünfte beziehenden unterhaltspflichtigen Vater eine unbillige Härte i.S.v. § 1613 Abs. 3 BGB darstellen, die es rechtfertigen kann, den Unterhaltsanspruch auf etwa die Hälfte des rechnerischen Mindestunterhalts zu reduzieren. Im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung nach § 1613 Abs. 3 BGB kommt es maßgeblich darauf an, ob und ggf. ab welchem Zeitraum der rechtliche Vater mit einer Inanspruchnahme auf Kindesunterhalt rechnen musste. Darüber hinaus ist in einer Gesamtbetrachtung auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Scheinvater mehr als die Hälfte des Unterhaltszeitraums mit dem unterhaltsberechtigten Kind und der Kindesmutter in familiärer Gemeinschaft zusammengelebt hat (vgl. BT-Drs. 18/10343, S. 16, 21 zur Reform des Scheinvaterregresses, OLG Celle, Beschluss vom 10.04.2019 - 21 UF 53/17).

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Auch ein rechtshängiger (hier: nachehelicher) Unterhaltsanspruch kann verwirkt werden. Das Zeitmoment der Verwirkung ist jedenfalls bei einem fast dreijährigen Verfahrensstillstand erfüllt. Die Untätigkeit des Unterhaltsgläubigers in einem derart langen Zeitraum darf bei dem Unterhaltsschuldner den Eindruck erwecken, der Unterhaltsanspruch werde trotz Rechtshängigkeit des Verfahrens nicht weiterverfolgt. Insoweit ist jedenfalls das Umstandsmoment der Verwirkung erfüllt, wenn das Gericht erkennbar nicht gewillt ist, dem Verfahren Fortgang zu geben, der Antrag des Unterhaltsgläubigers auf Verfahrenskostenhilfe noch nicht beschieden ist und die Erfolgsaussicht des Unterhaltsanspruchs unsicher ist (hier: wegen des Einwands, die Unterhaltsgläubigerin habe in einer verfestigten Lebensgemeinschaft gelebt; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.06.2018 - 8 UF 217/17).

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Das Auskunftsverlangen im Sinne von § 238 Abs. 3 Satz 3 FamFG entspricht demjenigen im Sinne von § 1613 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Es bedarf also der Aufforderung, über Einkünfte und Vermögen Auskunft zu erteilen zu dem Zwecke, ein Herabsetzungsbegehren bezüglich titulierten Unterhalts zu ermöglichen. Das Verzichtsverlangen im Sinne von § 238 Abs. 3 Satz 3 FamFG unterliegt spiegelbildlich den Voraussetzungen der Mahnung in § 1613 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB. Es ist eine sogenannte negative Mahnung erforderlich, also die Aufforderung an den Unterhaltgläubiger, teilweise oder vollständig auf den titulierten Unterhalt zu verzichten. Diesen Anforderungen genügt eine Mitteilung des Unterhaltsschuldners an den Unterhaltsgläubiger, in welcher der Unterhaltsschuldner schlüssig darlegt, dass nunmehr nur noch ein geringer Unterhalt geschuldet sei, und den Unterhaltsgläubiger ernsthaft zu der Erklärung auffordert, die Herabsetzung des Unterhalts zu akzeptieren (OLG Brandenburg, Beschluss vom 15.10.2013 - 3 WF 98/13).

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Anschreiben des Jugendamtes, das nach eigener Angabe von einem volljährigen Kind "um Berechnung seines Unterhaltsanspruches gebeten" wurde, unter der Bezeichnung "Jugendamt / Beistandschaft" an den unterhaltspflichtigen Elternteil wegen Auskunftserteilung bzw. Unterhaltsbezifferung schaffen nicht die Voraussetzungen nach § 1613 Abs. 1 BGB für eine Geltendmachung des Kindesunterhaltes für die Vergangenheit. Zum Umfang der Titulierung einer ursprünglich auf einen Prozentsatz des Regelbetrags nach § 1 RegelbetragVO lautenden Jugendamtsurkunde nach Umstellung zum 1. Januar 2008 und späterer Volljährigkeit des Berechtigten (OLG Celle, Beschluss vom 14.03.2013 - 10 WF 76/13).

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Zwar kann ein Unterhaltsvergleich auch rückwirkend abgeändert werden. Materiell-rechtlich erfordert eine rückwirkende Abänderung jedoch das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 1613 BGB (OLG Naumburg, Urteil vom 08.12.2009 - 3 UF 9/09):

„... Die Berufung des Beklagten und die unselbständige Anschlussberufung der Kläger sind zulässig. In der Sache haben sie nur teilweise im tenorierten Umfange Erfolg; im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet.

Hinsichtlich des erstinstanzlich zuerkannten Unterhaltsrückstandes für den Zeitraum 01.07.2007 bis 31.08.2008 hat die Berufung des Beklagten nur teilweise Erfolg, nämlich nur für den Zeitraum 01.07.2007 bis 31.12.2007und zwar bezüglich des Klägers zu 1. in Höhe von 402, 00 € (6 Monate * <267 € = 100% Regelbetrag Ost 3. Altersstufe abzüglich durch den Vergleich vom 10.11.2006 titulierter 200,00 €) und bezüglich der Klägerin zu 2. in Höhe von 396,00 € (6 Monate * <226,00 € = 100% Regelbetrag Ost 2.Altersstufe abzüglich den Vergleich vom 10.11.2006 titulierter 160,00 €).

Für den vorbezeichneten Zeitraum steht den Klägern ein Anspruch auf rückständigen Unterhalt nicht zu, da die Voraussetzungen nach § 1613 BGB nicht vorgelegen haben. Diese Regelung ist auch vorliegend anzuwenden. Die hier begehrte Abänderung des Prozessvergleichs vom 10.11.2006 erfolgt nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Für diesen gilt zwar die verfahrensrechtliche Zeitschranke des § 323 Abs. 3 Satz 1 ZPO grundsätzlich nicht, so dass er rückwirkend uneingeschränkt abänderbar ist; materiell-rechtlich erfordert eine rückwirkende Abänderung aber das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1613 BGB (BGH FamRZ 1983, 22 - 25). Danach liegen hier die Voraussetzungen nach § 1613 Abs. 1 BGB aber erst mit Zugang des anwaltlichen Schreibens der Kläger vom 08.01.2008 (Bl.15,45 d.A.), mit dem der Beklagte zur Auskunft aufgefordert worden ist, vor. Damit liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Beklagten auf rückständigen Unterhalt erst ab dem 1. Januar 2008 (§ 1613 Abs. 1 Satz 2 BGB) vor. Da hinsichtlich des Zeitraums vor dem 1. Januar 2008 im Übrigen auch die Voraussetzungen, nach denen ausnahmsweise gemäß § 1613 Abs. 2 BGB ohne das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 der genannten Vorschrift für die Vergangenheit Unterhalt geltend gemacht werden kann, nicht vorliegen, fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen dafür, dass der Unterhalt für den Zeitraum vom 01.07.2007 bis 31.12.2007 von den Klägern beansprucht werden kann. Das amtsgerichtliche Urteil ist deshalb auf die Berufung des Beklagten insoweit zu ändern. Im Übrigen ist der Beklagte zur Zahlung des für den Zeitraum 01.01.2008 bis 31.08.2008 von den Klägern begehrten Rückstands - Kläger zu 1. in Höhe von 662,00 € und Klägerin zu 2. in Höhe von 634,00 € - verpflichtet. Wegen der Berechnung des von dem Beklagten in diesem Zeitraum geschuldeten Unterhalts wird auf die nachfolgenden Ausführungen verwiesen.

Hinsichtlich des rückständigen Unterhalts für den Zeitraum 01.01.2008 bis 31.08.2008 und des laufenden Unterhalts ab dem 01.09.2008 ergeben sich wegen der zwischenzeitlich geänderten Tabellensätze, der höheren Altersstufen der Klägerin zu 2. ab dem 01.01.2010 und des weiteren Kindes des Beklagten ab März 2008, was das Amtsgericht noch nicht berücksichtigen konnte und im Hinblick auf die klageerweiternde Anschlussberufung ab dem Jahre 2009 geringfügige Veränderungen im tenorierten Umfang.

Das unterhaltsrelevante anrechenbare Einkommen des Beklagten beträgt gerundet 1.686,00 € und errechnet sich wie folgt:

(1) Das durchschnittliche Monatsnettoeinkommen des Beklagten beträgt gerundet 1.686,00 € .

Denn maßgeblich ist, was der Beklagte, der zum 01.07.2007 seine Anstellung gewechselt hat und nunmehr zu einem deutlich höheren Einkommen bei der Fa. C. beschäftigt ist, in dem unterhaltsrechtlich relevanten Zeitraum tatsächlich verdient hat. Sein altes, niedrigeres Einkommen ist deshalb uninteressant.

(2) Eine Nebentätigkeit muss der Beklagte nicht aufnehmen, denn dies ist ihm nicht zumutbar. So arbeitet der Beklagte an regelmäßig 21 Tagen im Monat im Wechselschichtsystem (3 Schichten), wobei an den Wochenenden sogar 12 Stunden-Schichten abzuleisten sind. Unter Beachtung dessen, dass das Wechselschichten-System als Chemiefacharbeiter an den Beklagten neben den körperlich anstrengenden Wechseln auch von einem Maß an hoher Verantwortung gekennzeichnet ist, bei dem eine ständige Konzentration verlangt wird, erscheint hier die Aufnahme einer zusätzlichen Nebentätigkeit schlicht unzumutbar. Daher ist dem Beklagten kein fiktives Nebeneinkommen zusätzlich zuzurechnen.

(3) Die vom Beklagten geltend gemachten pauschal errechneten berufsbedingten Fahrtkosten von 6,00 Euro arbeitstäglich sind nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen, verlangt doch Ziffer 10.2.1 der Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Naumburg für den Mangelfall, der hier bei Ansatz dieser Fahrtkosten vorläge, dass diese Kosten konkret dargelegt und nachgewiesen werden, was vorliegend nicht geschehen ist.

(4) Die vom Beklagten ab August 2008 nachgewiesenen Kosten von 60,00 € monatlich für die Hortunterbringung der in seinem Haushalt lebenden Tochter L. W. sind nicht, auch nicht in Höhe von 30,00 €, wie vom Beklagten geltend gemacht, in Abzug zu bringen, da im Hinblick darauf, dass der Beklagte mit der Mutter des Kindes zusammen lebt, die Notwendigkeit dieser Kosten als berufsbedingte Kosten des Beklagten nicht ersichtlich ist.

Danach stehen für den Unterhalt der drei Kinder des Beklagten nach Abzug des Selbstbehalts von 900,00 € insgesamt 786,00 € zur Verfügung.

Der Gesamtbedarf (Zahlbeträge)für das Jahr 2008 beträgt 735,00 € bzw. 778,00 € - Kläger zu 1./3.Altersst. 288,00 €, Klägerin zu 2./2.Altersst. 245,00 € und das weitere Kind/1.Alterst bzw. 2.Altersst 202,00 € bzw. 245,00 €. Zur Zahlung dieser Beträge ist der Beklagte unter Beachtung des Selbstbehalts in der Lage.

Der Gesamtbedarf für das Jahr 2009 beträgt 775,00 € / 772,00 € - Kläger zu 1. 295,00 € (7,00 € mehr als erstinstanzlich zuerkannt), Klägerin zu 2. 240,00 € (5,00 € weniger als erstinstanzlich zuerkannt) und das weitere Kind 240,00 € / 237,00 €. Auch hier wird der Selbstbehalt des Beklagten nicht unterschritten.

Der Gesamtbedarf ab Januar 2010 beläuft sich auf 830,00 € / 827,00 € - Kläger zu 1. 295,00 €, Klägerin zu 2. Jetzt 3.Altersst. 295,00 € und das weitere Kind 240,00 € / 237,00 €. Die zur Verfügung stehende Verteilungsmasse genügt nicht, um alle Unterhaltspflichten zu erfüllen. Es liegt somit ein Mangelfall vor. Dabei hat der Senat von einer Herabsetzung des Selbstbehalts des Beklagten wegen des Lebens in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft abgesehen, weil die Lebensgefährtin des Beklagten selbst nur über ein geringes Einkommen verfügt.

Der Unterhaltsanspruch der Klägers beträgt demnach jeweils 280,00 € gerundet (295 € *786 € / 830 € bzw. 827 €), somit für den Kläger zu 1. weniger und für die Klägerin zu 2. mehr als erstinstanzlich zuerkannt.

Entsprechend den oben errechneten Abweichungen war das angefochtene Urteil auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Kläger abzuändern. ..."

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Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch besteht für die Vergangenheit aus dem Gedanken des Schuldnerschutzes nur in den Grenzen des § 1613 Abs. 1 BGB, also nur bei Rechtshängigkeit, Verzug oder Auskunftsbegehren. Die Annahme einer Abtretung ist konkludent darin zu sehen, dass die Klägerin die Abtretungserklärung im Termin vom 18.05.2007 zu den Gerichtsakten gereicht und damit gegenüber dem Beklagten als Gläubiger angezeigt hat. Die zwischen den Eltern verabredete Freistellung von Unterhaltsansprüchen stellt eine Erfüllungsübernahme dar. Die Erfüllungsübernahme begründet für den Schuldner einen Befreiungsanspruch, den der Beklagte der Klägerin entgegen halten kann (OLG Jena, Beschluss vom 03.07.2008 - 1 UF 141/08 zu BGB §§ 1601, 1613 I, 1614, 398, 151 1, NJW-RR 2008, 1678 ff).


§ 1615 Erlöschen des Unterhaltsanspruchs

(1) Der Unterhaltsanspruch erlischt mit dem Tod des Berechtigten oder des Verpflichteten, soweit er nicht auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit oder auf solche im Voraus zu bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes des Berechtigten oder des Verpflichteten fällig sind.

(2) Im Falle des Todes des Berechtigten hat der Verpflichtete die Kosten der Beerdigung zu tragen, soweit ihre Bezahlung nicht von dem Erben zu erlangen ist.

Leitsätze/Entscheidungen:

Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1615 l II BGB vor der Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung eine hinreichend sichere Prognose für die Annahme besteht, dass die Billigkeitsvoraussetzungen für einen verlängerten Anspruch nach § 1615 l II 4 BGB vorliegen. Wegen der Anknüpfung an das frühere Einkommen der Mutter kann der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB den Anspruch der verheirateten Mutter auf Zahlung von Betreuungsunterhalt übersteigen (OLG Koblenz, Urteil vom 18. 3. 2009 - 9 UF 596/08, NJW 2009, 1974 ff):

Der Bekl. ist Vater des im Mai 2007 geborenen Kindes F. Das AG - FamG - hat den Bekl. verurteilt, an die Kl. (Kindesmutter) monatlichen Unterhalt von 300 Euro zu zahlen. Mit seiner Berufung begehrt der Bekl., bereits jetzt den Unterhaltsanspruch zu befristen bis Mai 2010. Das OLG hat die Berufung des Bekl. zurückgewiesen. ...

Eine Befristung der Unterhaltspflicht bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes der Parteien, also bis einschließlich Mai 2010, kommt nicht in Betracht. Der Unterhaltsanspruch der Kl. besteht auch für die folgende Zeit jedenfalls in Höhe von 300 Euro.

I. Eine zeitliche Begrenzung der Unterhaltspflicht des Bekl. scheidet aus. Nach § 1615 l II 3 bis 5 BGB in der seit dem 1. 1. 2008 geltenden Fassung besteht die Unterhaltspflicht gegenüber der Mutter für mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Bei der Entscheidung sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

Mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1615 l II BGB sind die Regelungen über den Betreuungsunterhalt der nicht verheirateten Mutter und den nachehelichen Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) weitgehend angeglichen worden. Nach der früheren Rechtslage kam eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts der nicht verheirateten Mutter nur in Fällen der groben Unbilligkeit in Betracht. Die Neuregelung wurde erforderlich, weil Art. 6 V GG eine gleiche Ausgestaltung des Betreuungsunterhalts bei der Betreuung und Erziehung nichtehelich oder ehelich geborener Kinder verlangt, soweit die Betreuung durch einen Elternteil aus kindbezogenen Gründen erforderlich ist. Eine Differenzierung zwischen dem Wohl ehelich oder außerehelich geborener Kinder ist verfassungswidrig (BGH, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 = FamRZ 2008, 1739; BVerfG, NJW 2007, 1735 = FamRZ 2007, 965).

Die Darlegungs- und Beweislast für die Verlängerung der Unterhaltspflicht trägt nach der Systematik des Gesetzes der Anspruchsteller, also die Unterhalt begehrende Mutter (Wendl/Staudigl/Pauling, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 7 Rdnr. 22; BGH, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 = FamRZ 2008, 1739; Peschel-Gutzeit, FPR 2008, 24 [27]). Sie muss darlegen und beweisen, dass es ihr wegen fehlender Betreuungsmöglichkeiten nicht möglich ist, neben der eigenen Betreuung des Kindes vollschichtig erwerbstätig zu sein. Ebenso muss derjenige, der Betreuungsunterhalt fordert, kindbezogene und gegebenenfalls elternbezogene Verlängerungsgründe dartun.

Die Frage, ob bei einer gerichtlichen Entscheidung über den Unterhalt nach § 1615 l II BGB vor der Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes eine Befristung vorzunehmen ist, wird nicht einheitlich beantwortet. Teilweise wird eine zeitliche Begrenzung mit der Begründung abgelehnt, im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung seien die Umstände, die für eine Verlängerung der Unterhaltspflicht zu berücksichtigen seien, noch nicht hinreichend erkennbar (Borth, UÄndG, 2008, Rdnrn. 364, 83; s. auch Peschel-Gutzeit, UnterhaltsR aktuell, 2008, § 8 Rdnr. 31). Nach Ansicht von Dose ist der Unterhalt dann unbefristet zuzusprechen, wenn ein teilweiser oder völliger Wegfall des Anspruchs noch nicht sicher prognostiziert werden kann (Dose, JAmt 2009, 1 [5]). Wie im Rahmen der Rechtsprechung zum früheren Betreuungsunterhalt müsse die Ungewissheit über die genaue Höhe und Dauer des künftigen Betreuungsunterhalts hinter der schon im Zeitpunkt der ersten Entscheidung absehbaren Fortdauer des Unterhaltsanspruchs dem Grunde nach zurückstehen. Nach der dritten Auffassung ist eine Befristung vorzunehmen, wenn nicht im Zeitpunkt der Entscheidung positiv festgestellt werden kann, dass die Billigkeitsvoraussetzungen für einen verlängerten Anspruch nach § 1615 l II 4 BGB vorliegen, wobei eine hinreichend sichere Prognose ausreichen soll (OLG Bremen, NJW 2008, 1745 = FamRZ 2008, 1281; Peschel-Gutzeit, FPR 2008, 24 [27]; s. auch Schilling, FPR 2008, 27 [30]; Weil, FamRB 2009, 51). Der Unterhalt begehrenden Mutter können dabei Erleichterungen bei der Darlegungs- und Beweisführung zuzubilligen sein (OLG Bremen, NJW 2008, 1745 = FamRZ 2008, 1281).

Die Streitfrage bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung, denn auch nach der letztgenannten, strengeren Auffassung, kommt eine Befristung der Unterhaltspflicht des Bekl. bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes nicht in Betracht. Es besteht nämlich eine hinreichend sichere Prognose für die Annahme, dass die Kl. im Juni 2010 ihre Erwerbstätigkeit nicht über den bereits jetzt ausgeübten Umfang von 60% einer Vollzeitstelle ausweiten kann.

Zwar steht derzeit nicht fest, dass eine besondere Betreuungsbedürftigkeit des Kindes auf Grund einer Erkrankung vorliegt. Nach dem Vortrag der Kl. besteht lediglich der Verdacht, dass das Kind F an Epilepsie erkrankt sein könnte. Gesicherte Erkenntnisse bestehen insoweit jedoch noch nicht.

Unabhängig vom Gesundheitszustand des Kindes ist der Kl. eine Ausweitung ihrer Tätigkeit in ihrem Beruf für die Zeit ab Juni 2010 neben der Kinderbetreuung nicht zumutbar. Die Kl. ist Krankenschwester und arbeitet im B.-Krankenhaus. Die Tätigkeit als Krankenschwester wird im Schichtdienst rund um die Uhr ausgeübt. Die Kl. arbeitet derzeit im Umfang von 60% einer Vollzeitstelle.

Eine vollschichtige Tätigkeit mit Früh-, Spät- und Nachtdiensten ist mit der Betreuung eines dreijährigen Kindes nicht vereinbar. Insoweit fehlen bereits ausreichende anderweitige Betreuungsmöglichkeiten. Die ordnungsgemäße Betreuung eines dreijährigen Kindes setzt im Übrigen eine hinreichende Kontinuität und Stetigkeit der Lebensumstände voraus. Ständig wechselnde Arbeitszeiten im Drei-Schichten-Dienst und in der Folge häufig wechselnde Betreuungspersonen sind mit dem Wohl eines Kindes in diesem Alter nicht vereinbar.

Die Auffassung des Bekl., es sei gerichtsbekannt, dass eine Vielzahl von Krankenschwestern einen Einsatz ausschließlich in Nachtdiensten wünsche, so dass die Kl. vollschichtig lediglich in der Früh- und Spätschicht arbeiten könne, trifft nicht zu. Bei dieser Behauptung handelt es sich um eine bloße Vermutung des Bekl., die lediglich im Einzelfall - je nach Zeit, Zusammensetzung der Mitarbeiter und Krankenhaus - zutreffen kann. Für die Billigkeitsprognose können aber nur diejenigen Umstände berücksichtigt werden, deren Vorliegen im relevanten Zeitpunkt (Juni 2010) bereits heute mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann.

Die Darlegungslast der Kl. geht nicht so weit, dass sie jeden denkbaren Umstand widerlegen müsste, der ihr in der Zeit ab Juni 2010 eine Vollzeittätigkeit ohne Schichtdienst oder mit anderen Arbeitszeiten ermöglichen könnte. Dasselbe gilt für die vom Bekl. angesprochene Möglichkeit eines Arbeitsplatzwechsels oder gar eines Berufswechsels.

Auf dieser Grundlage ist derzeit lediglich die Prognose hinreichend sicher, dass eine Ausweitung der Tätigkeit als Krankenschwester am Arbeitsplatz der Kl. eine Arbeit im Schichtdienst rund um die Uhr zur Folge hätte. Eine solche Tätigkeit ist mit der Betreuung eines dreijährigen Kindes nicht vereinbar, ohne dass es noch darauf ankäme, in welchem Umfang anderweitige Betreuungsmöglichkeiten bestehen.

Sollten sich in Zukunft die Grundlagen für diese Prognose ändern, steht dem Bekl. die Möglichkeit der Abänderungsklage offen.

II. Der Bekl. ist verpflichtet, ab Juni 2010 an die Kl. einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 300 Euro zu zahlen.

Bei der Berechnung des Unterhalts ist für beide Parteien auf das in den Gehaltsbescheinigungen ausgewiesene Arbeitsentgelt abzustellen. Die Lohnsteuerbescheinigungen weisen demgegenüber lediglich das zu versteuernde Einkommen aus.

Der Bedarf der Kl. richtet sich nach ihrem vor der Geburt des Kindes erzielten Einkommen, wobei schwangerschaftsbedingte Einkommensverringerungen außer Betracht bleiben müssen. Der Senat stellt deshalb auf das in der Abrechnung für Dezember 2006 ausgewiesene Entgelt von umgerechnet netto monatlich 1616 Euro ab. Hiervon sind monatlich 130 Euro Fahrtkosten für eine Entfernung zum Arbeitsplatz von 13 km abzusetzen (Nr. 10.2 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des OLG Koblenz - KoL). Es ergibt sich danach ein Betrag von 1486 Euro. Hiervon ist das von der Kl. erzielte Einkommen abzusetzen. Es kann offen bleiben, ob das erzielte Einkommen von monatlich 1076 Euro auch in der Zeit ab Juni 2010 teilweise überobligatorisch erwirtschaftet werden wird. Selbst wenn man das Einkommen in vollem Umfang in die Unterhaltsberechnung einstellt und hinsichtlich der berufsbedingten Aufwendungen lediglich die Pauschale von 5% in Abzug bringt, ergibt sich ein Bedarf der Kl., der den ausgeurteilten Betrag übersteigt.

Die Auffassung des AG, wonach der Unterhaltsanspruch der nicht verheirateten Mutter denjenigen einer verheirateten Mutter mit gleichem Einkommen nicht übersteigen dürfe, teilt der Senat nicht. Der Unterhaltsanspruch nach § 1615 II BGB bemisst sich nämlich gerade nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern allein nach dem früheren Einkommen der Mutter. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BGH auch dann, wenn die Eltern vor der Geburt längere Zeit zusammen gelebt haben, weil vorher noch kein Unterhaltsanspruch gegen den Vater bestand (BGH, NJW 2008, 3125 = FPR 2008, 509 = FamRZ 2008, 1739). Der Unterhaltsanspruch der Ehefrau richtet sich demgegenüber nach den ehelichen Lebensverhältnissen.

Der Bekl. ist in Höhe von 300 Euro leistungsfähig. Hinsichtlich seines Einkommens ist ebenfalls auf die Gehaltsabrechnungen, nicht aber auf die Lohnsteuerbescheinigung abzustellen. Der Senat geht von dem Betrag von 1683 Euro monatlich, wie ihn das AG unter Herausrechnung der Krankheitszeiträume ermittelt hat, aus. Hiervon sind unstreitig 100 Euro für berufsbedingte Aufwendungen abzuziehen.

Berücksichtigt in diesem Betrag ist der Beitrag des Bekl. zum D-Pensionsfonds von jährlich 220 Euro und der Beitrag zu den vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von jährlich 478,56 Euro. Dies ergibt einen Betrag für die Altersvorsorge von 698,56 Euro.

Nach Nr. 10.1.2. der Koblenzer Leitlinien ist eine weitere Vermögensbildung von bis zu 4% des Gesamtbruttoeinkommens als zusätzliche Altersvorsorge in der Regel anzuerkennen. Der Bekl. erzielte im Jahr 2007 ein Gesamtbruttoeinkommen von 30 662,35 Euro. 4% hiervon sind 1226,49 Euro. Unter Abzug der bereits berücksichtigten Altersvorsorge verbleibt ein anerkennungsfähiger Betrag von jährlich 527,93 Euro oder monatlich 43,99 Euro. Der Bekl. hat belegt, dass er Lebensversicherungen bei der D bedient, die diesen Betrag übersteigen.

Damit ergibt sich folgendes Einkommen des Bekl.:

Erwerbseinkommen 1683,00 Euro
Abzgl. berufsbedingte Aufwendungen 100,00 Euro
Abzgl. weitere zusätzliche Altersvorsorge 43,99 Euro
1539,01 Euro

Dies entspricht der 2. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle und ergibt für den Sohn F einen Zahlbetrag für den Kindesunterhalt in Höhe von 214 Euro. Es verbleibt damit ein Einkommen von 1325,01 Euro. Unter Berücksichtigung des dem Bekl. zustehenden Selbstbehalts von 1000 Euro (Nr. 21.3.2 der Koblenzer Leitlinien) ist der Bekl. in Höhe des titulierten Betrags leistungsfähig. ..."

*** (AG)

Ein Kind, welches nach § 1615 Abs. 2 BGB zur Zahlung der Beerdigungskosten seiner Mutter oder seines Vaters in Anspruch genommen wird, hat seine Leistungsfähigkeit detailliert darzulegen (AG Büdingen, Beschluss vom 15.05.2014 - 53 F 65/14 RI).


***

§ 1615 a Anwendbare Vorschriften für das Kind und seine nicht miteinander verheirateten Eltern

Besteht für ein Kind keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1, § 1593 und haben die Eltern das Kind auch nicht während ihrer Ehe gezeugt oder nach seiner Geburt die Ehe miteinander geschlossen, gelten die allgemeinen Vorschriften, soweit sich nichts anderes aus den folgenden Vorschriften ergibt.

§ 1615 l Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt

(1) Der Vater hat der Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren. Dies gilt auch hinsichtlich der Kosten, die infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung außerhalb dieses Zeitraums entstehen.

(2) Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu gewähren. Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

(3) Die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten sind entsprechend anzuwenden. Die Verpflichtung des Vaters geht der Verpflichtung der Verwandten der Mutter vor. § 1613 Abs. 2 gilt entsprechend. Der Anspruch erlischt nicht mit dem Tod des Vaters.

(4) Wenn der Vater das Kind betreut, steht ihm der Anspruch nach Absatz 2 Satz 2 gegen die Mutter zu. In diesem Falle gilt Absatz 3 entsprechend.

Leitsätze/Entscheidungen:

*** (BGH)

Es ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Tatsachengerichte im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon ausgehen, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe des Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrags vollständig für den Lebensbedarf der Familie verwendet worden ist. Der Unterhaltsbedarf kann in diesem Fall ohne Darlegung der konkreten Einkommensverwendung nach der Einkommensquote bemessen werden. Soweit das Einkommen darüber hinausgeht, hat der Unterhaltsberechtigte, wenn er dennoch Unterhalt nach der Quotenmethode begehrt, die entsprechende Verwendung des Einkommens für den Lebensbedarf darzulegen und im Bestreitensfall in vollem Umfang zu beweisen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. November 2017 - XII ZB 503/16, BGHZ 217, 24 = FamRZ 2018, 260). Als Familieneinkommen in diesem Sinn ist dabei das Einkommen anzusehen, das für den ehelichen Lebensbedarf der beiden Ehegatten zur Verfügung steht und damit insoweit unterhaltsrelevant ist. Die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten ist ausnahmsweise für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs des früheren Ehegatten zu berücksichtigen, soweit sie - etwa als Anspruch auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1615l BGB - bereits die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat (Fortführung von Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09, BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 und Senatsbeschluss vom 7. Mai 2014 - XII ZB 258/13, FamRZ 2014, 1183). Jedenfalls wenn der Unterhaltspflichtige eine unterhaltsrechtlich anzuerkennende zusätzliche Altersvorsorge betreibt, ist es geboten, dies auch dem Unterhaltsberechtigten durch eine entsprechende Erhöhung des Altersvorsorgeunterhalts zu ermöglichen (BGH, Beschluss vom 25.09.2019 - XII ZB 25/19).

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Schließt die Gläubigerin eines Anspruchs auf Betreuungsunterhalt aus § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB aufgrund einer fehlerhaften Beratung durch ihren Rechtsanwalt über den Fortbestand des Anspruchs bei Eheschließung die Ehe mit einem neuen Partner, kann der Wegfall des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt durch den Anspruch auf Familienunterhalt kompensiert werden (BGH, Urteil vom 16.03.2016 - XII ZR 148/14):

„... Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen unrichtiger anwaltlicher Auskunft.

Die Klägerin ist Mutter einer im Oktober 2010 nichtehelich geborenen Tochter. Sie beauftragte den Beklagten, der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht ist, mit der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen den Vater ihres Kindes.

In einer E-Mail vom 4. Mai 2011 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie in einer neuen Partnerschaft lebe und eine Heirat sowie weitere Kinder plane. Auf den Unterhalt nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB, der ihr bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres zustehe, wolle sie einerseits nicht verzichten, andererseits aber auch nichts mehr mit dem Kindesvater zu tun haben. Sie regte daher an, sich mit diesem auf eine Hochrechnung ihres Unterhalts für die drei Jahre zu einigen. Sollte dieser daran kein Interesse haben, sei sie auch gern bereit, bis zum Ablauf ihres Unterhaltsanspruchs in "wilder Ehe" mit getrennten Wohnungen zu leben, um "voll zu kassieren". Sie bat den Beklagten um Rat für das weitere Vorgehen.

Der Beklagte antwortete mit E-Mail vom 17. Mai 2011, der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB bestehe mindestens für die dreijährige Regelbetreuung der Tochter und dauere auch fort, wenn die Klägerin heiraten oder in anderer "Lebenspartnerschaft" leben sollte. Sie müsse nicht in "wilder Ehe" leben. Die Eheschließung ändere grundsätzlich nichts am Unterhaltsanspruch gegen den Kindesvater.

Die Klägerin heiratete daraufhin im August 2011. Ihr Ehemann ist leitender kaufmännischer Angestellter mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 7.200 €. Die Klägerin verlangt Schadensersatz wegen entgangenen Unterhalts nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB für die Zeit von der Eheschließung bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes in Höhe von 31.173 €.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin. ... Die Revision bleibt ohne Erfolg. ..."

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Bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit für die Zahlung von Elternunterhalt ist ein von dem Unterhaltspflichtigen zusätzlich geschuldeter Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB als - gemäß § 1609 Nr. 2 BGB vorrangige - sonstige Verpflichtung i.S.d. § 1603 Abs. 1 BGB von dessen Einkommen abzuziehen. Auf einen Familienselbstbehalt kann sich der in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebende Unterhaltspflichtige nicht berufen. Ein elternbezogener Grund zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts kann auch darin liegen, dass ein Elternteil das gemeinsame Kind im weiterhin fortdauernden Einvernehmen mit dem anderen persönlich betreut und deshalb voll oder teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Die Mitwirkung an einer solchen Gestaltung der nichtehelichen Gemeinschaft ist dem Pflichtigen im Verhältnis zu seinen unterhaltsberechtigten Eltern nach Treu und Glauben nur dann verwehrt, wenn sie rechtsmissbräuchlich erscheint (im Anschluss an Senatsurteil vom 25. April 2007, XII ZR 189/04, FamRZ 2007, 1081; BGH, Beschluss vom 09.03.2016 - XII ZB 693/14).

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Zur Verlängerung des Unterhalts nach § 1615l Abs. 2 BGB bei Betreuung eines behinderten Kindes. Die Belastung des betreuenden Elternteils durch die Wiederaufnahme eines anlässlich der Geburt eines nichtehelichen Kindes unterbrochenen Studiums stellt keinen elternbezogenen Grund für die Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1615l Abs. 2 BGB dar. Die Lebensstellung des nach den §§ 1615l Abs. 2, 1610 Abs. 1 BGB Unterhaltsberechtigten richtet sich danach, welche Einkünfte er ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes hätte. Sie ist deshalb nicht auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes festgeschrieben, so dass sich später ein höherer Bedarf ergeben kann (teilweise Aufgabe der Senatsurteile vom 16. Dezember 2009, XII ZR 50/08, BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 und vom 13. Januar 2010, XII ZR 123/08, FamRZ 2010, 444; BGH, Beschluss vom 10.06.2015 - XII ZB 251/14).

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§ 1615l Abs. 3 BGB enthält eine Rechtsgrundverweisung auf § 1613 BGB, weshalb für die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit grundsätzlich die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB vorliegen müssen, also namentlich eine Aufforderung zur Auskunft oder eine Inverzugsetzung. Ebenso wie beim Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB ist auch ein Antrag auf künftigen Betreuungsunterhalt gemäß § 1615l BGB nur dann abzuweisen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres absehbar keine kind- und elternbezogenen Verlängerungsgründe mehr vorliegen (im Anschluss an BGH, 18. März 2009, XII ZR 74/08, BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770). Tatbestandliche Feststellungen des Beschwerdegerichts in einer Familienstreitsache können nicht mit der Verfahrensrüge aus §§ 74 Abs. 3 Satz 3, 71 Abs. 3 Nr. 2 lit. b FamFG oder mit einer entsprechenden verfahrensrechtlichen Gegenrüge des Rechtsbeschwerdegegners angegriffen werden, sondern allein mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 320 ZPO (im Anschluss an BGH Urteil vom 10. Mai 2011, II ZR 227/09, NJW 2011, 2292; BGH, Beschluss vom 02.10.2013 - XII ZB 249/12).

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Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB werden grundsätzlich durch die Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind. Nacheheliche Entwicklungen wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (im Anschluss an BVerfG, 25. Januar 2011, 1 BvR 918/10, FamRZ 2011, 437). Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB ist der Halbteilungsgrundsatz zu beachten, was zu einem relativen Mangelfall führen kann, wenn dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt weniger verbleibt, als der Unterhaltsberechtigte mit dem Unterhalt zur Verfügung hat. Sonstige Verpflichtungen gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten, die nicht bereits den Bedarf des Unterhaltsberechtigten beeinflusst haben, sind entsprechend ihrem Rang zu berücksichtigen (im Anschluss an das Senatsurteil 18. Oktober 1989, IIb ZR 89/88, BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260). Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leis-tungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das schließt eine Berücksichtigung weiterer individueller Billigkeitserwägungen nicht aus.(BGH, Urteil vom 07.12.2011 - XII ZR 151/09 zu §§ 1578 Abs 1 S 1, § 1581 S 1, § 1609, § 1615l BGB)

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Die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB, wonach die Rechtswirkungen der Vaterschaft grundsätzlich erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können, kann im Regressprozess des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes in besonders gelagerten Einzelfällen auf die Weise durchbrochen werden, dass die Vaterschaft inzident festgestellt wird (im Anschluss an die Senatsurteile BGH, 16. April 2008, XII ZR 144/06, BGHZ 176, 327 = FamRZ 2008, 1424 und BGH, 22. Oktober 2008, XII ZR 46/07, FamRZ 2009, 32). Aus Treu und Glauben ergibt sich grundsätzlich ein Auskunftsanspruch, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der eine Teil in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und der andere Teil in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen (im Anschluss an die Senatsurteile BGH, 2. Juni 2010, XII ZR 124/08, BGHZ 186, 13 = FamRZ 2011, 21 und BGH, 7. Mai 2003, XII ZR 229/00, FamRZ 2003, 1836). Solches ist auch dann der Fall, wenn der Mann seine Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter anerkannt hatte. Die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters ihres Kindes berührt zwar das Persönlichkeitsrecht der Mutter nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. In Fällen, in denen die Mutter den Mann zur Abgabe eines Vaterschaftsanerkenntnisses veranlasst hatte, wiegt ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht aber regelmäßig nicht stärker als der Anspruch des Mannes auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG zur Durchsetzung seines Unterhaltsregresses nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung (BGH, Urteil vom 09.11.2011 - XII ZR 136/09 zu §§ 242, 1600d Abs 4, 1607 Abs 3, 1615l Abs 3 BGB, Art 1 Abs 1 GG u.a.).

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Der Unterhaltsberechtigte verliert den Ausbildungsunterhaltsanspruch gegenüber seinen Eltern nicht deshalb, weil er infolge einer Schwangerschaft und der anschließenden Kindesbetreuung seine Ausbildung verzögert beginnt. Das gilt jedenfalls insoweit, als der Unterhaltsberechtigte seine Ausbildung nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes - gegebenenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung einer angemessenen Übergangszeit - aufnimmt (BGH, Urteil vom 29.06.2011 - XII ZR 127/09 zu BGB §§ 1601, 1610, 1611, 1615 l; BAföG §§ 36, 37; ZPO § 265):

„... (2) Ebenso fehlt es an einer Obliegenheitsverletzung, wenn der Unterhaltsberechtigte infolge einer Schwangerschaft und der anschließenden Kindesbetreuung - wie hier - seine Ausbildung verzögert beginnt. Dies gilt jedenfalls insoweit, als der Unterhaltsberechtigte seine Ausbildung nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes - gegebenenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung einer angemessenen Übergangszeit - aufnimmt. Wie es sich verhält, wenn sich die Aufnahme der Ausbildung deshalb deutlich länger hinzieht, weil der Unterhaltsberechtigte mehrere Kinder betreut, kann hier dahinstehen.

(a) Der Senat hat zum Betreuungsunterhaltsanspruch u.a. aus § 1615 l BGB entschieden, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Basisunterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres nach § 1615 l BGB dem betreuenden Elternteil die freie Entscheidung eingeräumt hat, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren in vollem Umfang selbst betreuen oder andere Betreuungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen will (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123/08 - FamRZ 2010, 444 Rn. 25 mwN). Die bürgerlichrechtliche Wertung der Unterhaltsansprüche korrespondiert mit weiteren sozial- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, in denen die Vollendung des dritten Lebensjahres durch das Kind besondere Bedeutung erlangt. Nach § 24 Abs. 1 SGB VIII steht einem Kind von der Vollendung des dritten Lebensjahres an ein gesetzlich garantierter Kindergartenplatz zu. § 15 BEEG (zuvor § 15 BErzGG) räumt den Eltern Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres ihres Kindes ein. Bis dahin werden nach § 56 SGB VI Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet (vgl. Senatsurteile BGHZ 168, 245 = FamRZ 2006, 1362, 1365 und BGHZ 161, 124 = FamRZ 2005, 347, 348 f.). Aus alledem folgt die gesetzliche Wertung, dass es dem erziehungsberechtigten Elternteil in den ersten drei Lebensjahren des Kindes möglich sein muss, die Pflege und Erziehung des Kindes sicherzustellen, ohne daran durch eine eigene Erwerbstätigkeit gehindert zu sein; insoweit ist eine persönliche Betreuung durch einen Elternteil regelmäßig geboten (vgl. BGHZ 168, 245 = FamRZ 2006, 1362, 1364).

(b) Diese vom Gesetzgeber im Rahmen seiner Einschätzungskompetenz (s. BVerfG FamRZ 2007, 965, 972) liegende Grundentscheidung gilt nicht nur im Verhältnis des unterhaltsberechtigten zum unterhaltsverpflichteten Elternteil (§ 1615 l BGB bzw. § 1570 BGB), sondern strahlt auch auf das Unterhaltsrechtsverhältnis zwischen dem Unterhaltsberechtigten und seinen unterhaltspflichtigen Eltern aus. Der Senat hat bereits im Jahr 1984 entschieden, dass das Gesetz in § 1615 l BGB einen Anhaltspunkt dafür gibt, ob und unter welchen Umständen ein erwachsener Abkömmling wegen der Betreuung eines Kindes von der Erwerbsobliegenheit freigestellt ist, der er seinen Eltern gegenüber gemäß § 1602 Abs. 1 BGB grundsätzlich unterliegt (Senatsurteil vom 6. Dezember 1984 - IV b ZR 53/83 - FamRZ 1985, 273, 274; s. auch NK-BGB/Schilling 2. Aufl. § 1615 l Rn. 33 mwN).

Vorliegend ist jedoch nicht über den - im Wege der Ersatzhaftung zum Tragen kommenden - Unterhaltsanspruch der Mutter gegenüber ihren eigenen Eltern nach §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1607 Abs. 1 BGB wegen Kindesbetreuung zu entscheiden. Die streitgegenständliche Fallkonstellation verhält sich allein zu der Frage, ob die Mutter wegen der verzögerten Aufnahme ihrer Ausbildung einen an sich ohnehin geschuldeten, nunmehr lediglich zeitlich versetzten Anspruch auf Ausbildungsunterhalt verliert. Diese Frage ist zu verneinen. Denn jedenfalls fehlt es in Anbetracht des oben Gesagten an einer Obliegenheitsverletzung, wenn sich das unterhaltsberechtigte Kind bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres der Kindesbetreuung eines eigenen Kindes widmet, anstatt eine Ausbildung aufzunehmen (vgl. auch OLG Koblenz FamRZ 2004, 1892 zum Fall der Ausbildungsunterbrechung).

b) Den vorstehenden Grundsätzen wird das Berufungsurteil gerecht.

Die Klägerin hat 1981 ihr Abitur gemacht und anschließend ein freiwilliges soziales Jahr absolviert. Letzteres ist ihr im Rahmen einer Orientierungsphase zuzugestehen. Dass die Klägerin vor der Aufnahme ihrer Ausbildung schwanger geworden ist und anschließend ihr Kind betreut hat, ist ihr - wie oben dargetan - unterhaltsrechtlich nicht vorzuwerfen. Zwar hat die Klägerin nicht sofort nach Vollendung des dritten Lebensjahres ihres Kindes mit ihrem Studium begonnen, sondern erst im Oktober 2006. Dass das Berufungsgericht ihr insoweit eine Übergangszeit zugestanden hat, liegt indes im tatrichterlichen Ermessen und ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Dass der ausgeurteilte Unterhalt den Beklagten unzumutbar belasten könnte, ist vor dem Hintergrund der tatrichterlich getroffenen Feststellungen auch unter Berücksichtigung des Wegfalls der mit der Ausbildung einhergehenden und dem Beklagten zukommenden Zuwendungen und dem relativ langen Zeitraum bis zur Aufnahme des Studiums nicht ersichtlich. Es handelt sich um die erste Ausbildung der Klägerin, die der Beklagte zu finanzieren hat; zudem muss der Beklagte vergleichsweise niedrige Beträge für einen relativ kurzen Zeitraum (Juni 2008 bis August 2009) zahlen.

3. Auch hinsichtlich der Höhe des ausgeurteilten Unterhalts hält das Berufungsurteil einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Zwar hätte das Berufungsgericht das als Vorausleistung gewährte Darlehen nicht bedarfsmindernd in die Unterhaltsberechnung einstellen dürfen. Dieser Gesichtspunkt beschwert den Beklagten als Revisionsführer jedoch nicht. ..."

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Gemäß § 33 Abs. 1 SGB II in der bis Ende 2008 geltenden Fassung findet ein Anspruchsübergang nur insoweit statt, als der Unterhaltsberechtigte Leistungen nach dem SGB II empfangen hat. § 33 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der seit Anfang 2009 geltenden Fassung, wonach ein Anspruch auch übergeht, soweit Kinder unter Berücksichtigung von Kindergeld keine Leistungen empfangen haben und bei rechtzeitiger Leistung des anderen keine oder geringere Leistungen an die Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft erbracht worden wären, gilt nicht für Leistungen nach dem SGB II, die vor Inkrafttreten der Neuregelung erbracht worden sind (BGH, Urteil vom 01.12.2010 - XII ZR 19/09 zu SGB II §§ 9, 11, 28, 33).

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Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage ergibt sich regelmäßig schon aus der Nichterfüllung einer fälligen Forderung (im Anschluss an BGH Urteile vom 4. März 1993 - I ZR 65/91 - NJW-RR 1993, 1129, 1130 und vom 30. September 2009 - VIII ZR 238/08 - NJW 2010, 1135, 1136). Das Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwenden-de Recht vom 2. Oktober 1973 (HUÜ 73) ist auch auf Unterhaltsansprüche nach § 1615 l BGB anzuwenden, die auf der Familie mit dem gemeinsamen Kind beruhen. Die Anwendbarkeit des deutschen Rechts entfällt deswegen nicht nach Art. 7 HUÜ 73. Elterngeld wird grundsätzlich einkommensabhängig gezahlt, so dass es Lohnersatzfunktion hat und deswegen als Einkommen des bezugsberechtig-ten Elternteils zu berücksichtigen ist. Lediglich in Höhe von 300 € monatlich bleibt es nach § 11 Satz 1 BEEG unberücksichtigt (BGH, Urteil vom 10.11.2010 - XII ZR 37/09 zu BGB § 1615 l; Brüssel I-VO Art. 34 Nr. 1; HUÜ 73 Art. 1, 7).

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Voraussetzung eines Unterhaltsanspruchs nach § 1615 l Abs. 2 Satz 4 BGB ist, dass der Unterhaltsberechtigte kind- oder elternbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus vorträgt (BGH, Urteil vom 13.01.2010 - XII ZR 123/08).

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Der Unterhaltsbedarf wegen Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes bemisst sich jedenfalls nach einem Mindestbedarf in Höhe des Existenzminimums, der unterhaltsrechtlich mit dem notwendigen Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen (zur Zeit 770 €) pauschaliert werden darf (im Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 177, 272, 287 = FamRZ 2008, 1738, 1743). Hat der Unterhaltsberechtigte keine kind- oder elternbezogenen Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus vorgetragen, können solche nur insoweit berücksichtigt werden, als sie auf der Grundlage des sonst festgestellten Sachverhalts auf der Hand liegen (BGH, Urteil vom 16.12.2009 - XII ZR 50/08 zu BGB §§ 1615 l Abs. 2, 1610, 1570, 1578 Abs. 1 Satz 1).

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Die für die Höhe des Unterhaltsbedarfs nach § 1615 l Abs. 2, 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB relevante Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten ergibt sich auch dann, wenn er schon vor der Geburt des gemeinsamen Kindes mit dem anderen Elternteil zusammen gelebt hat, aus den Einkünften, die er ohne die Geburt des Kindes hätte. Auch in einem solchen Fall ist nicht ein Quotenunterhalt nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen innerhalb der nichtehelichen Lebensgemeinschaft geschuldet. Elternbezogene Gründe, die neben kindbezogenen Gründen für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1615 l Abs. 2 BGB sprechen können, kommen insbesondere dann in Betracht, wenn die Eltern mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und deswegen ein evtl. Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieser Familie zu berücksichtigen ist. Bei der Bemessung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils ist zu beachten, ob der ihm neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes in Verbindung mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde (BGH, Urteil vom 16.07.2008 - XII ZR 109/05 zu BGB §§ 1615 l Abs. 2, 1610, 1570 - siehe auch PM vom 17.07.2008).

*** (OLG)

Von einem nachhaltig erwirtschafteten, dauerhaft gesicherten Erwerbseinkommen der betreuenden, nicht verheirateten Mutter, das der Berechnung des Betreuungsunterhalts nach § 1615l Abs. 2 BGB zugrunde gelegt werden kann, ist auch dann auszugehen, wenn die betreuende Mutter nach erfolgreichem Abschluss ihrer Hochschulausbildung und der Beendigung einer fachlichen Weiterbildung ihre erste Stelle im erlernten Beruf antritt, soweit es sich dabei um eine unbefristete Stelle handelt und sie sich nicht mehr in der arbeitsrechtlichen Probezeit befindet. Dabei bleibt es auch dann, wenn sie bei Antritt der Stelle bereits mit dem zu betreuenden Kind schwanger ist und sie aufgrund von Krankheit und eines schwangerschaftsbedingten Beschäftigungsverbots bis zum Beginn der Elternzeit effektiv nur eine Woche erwerbstätig sein kann. Entscheidender Gesichtspunkt für die Frage, ob das erzielte Einkommen nachhaltig ist, ist weniger die tatsächliche Dauer der Tätigkeit, sondern maßgeblich ist vielmehr, ob erwartet werden kann, dass die Tätigkeit, aus der das zuletzt bezogene Einkommen generiert wurde, vom Berechtigten prognostisch mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Dauer ausgeübt werden kann bzw. ohne die Geburt des zu betreuenden Kindes mit großer Wahrscheinlichkeit hätte weiter ausgeübt werden können (KG Berlin, Beschluss vom 25.09. 2018 - 13 UF 33/18).

***

„... 1. a) Mit der zutreffenden Begründung des Amtsgerichts ist zur Ermittlung der Höhe des Betreuungsunterhalts nach § 1615 l BGB auf die nachhaltig gesicherte Lebensstellung der Kindesmutter gemäß §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB abzustellen.

aa) Die unterhaltsrechtliche Ausgangslage der Mutter eines nichtehelichen Kindes ist anders zu beurteilen als die der Mutter eines ehelichen Kindes. Denn bei der Mutter eines ehelichen Kindes knüpft der Unterhaltsanspruch gegen den Ehepartner an die ehelichen Lebensverhältnisse an, während derjenige gegen den Vater eines unehelichen Kindes an die Lebensstellung der Mutter anknüpft, wobei nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen einer Prognoseentscheidung darauf abzustellen ist, welche Einkünfte die Mutter ohne die Geburt und Betreuung des Kindes hätte (BGH, Beschluss vom 10.06.2015 - XII ZB 251/14 - FamRZ 2015, 1369, Rn. 34; Urteil vom 16.12.2009 - XII ZR 50/08 - BGHZ 184, 13, Rn. 15; Urteil vom 05.07.2006 - XII ZR 11/04 - BGHZ 168, 245, Rn. 43; OLG Köln, Beschluss vom 15.11.2000 - 27 WF 203/00; OLG Zweibrücken, Urteil vom 21.09.1999 - 5 UF 16/99 - Rn. 28 juris; Bömelburg in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage, § 7 Rn. 100; Viefhues in: juris PK-BGB, 8. Auflage, § 1615 l Rn. 139 f.; ders. in: Der Unterhaltsanspruch der unverheirateten Mutter nach § 1615 l BGB, FuR 2015, 686, 690; Hoffmann: Unterhalt wegen Betreuung eines nichtehelichen Kindes - ein Fallbeispiel, FF 2016, 393, 394).

bb) Von dem Anknüpfungspunkt für die Beurteilung des Betreuungsunterhalts gemäß § 1615 l BGB an die Lebensstellung vor Geburt und Betreuung zu unterscheiden ist die Darlegungsbedürftigkeit des Unterhaltsbedarfs (OLG Zweibrücken, Urteil vom 21.09.1999 - 5 UF 16/99 - juris Rn. 27; OLG Köln, a.a.O., Rn. 3). Diese Darlegung wird von der betreuenden Mutter verlangt. Indes bedeutet dies nicht, wie der Antragsgegner meint, dass der konkrete Bedarf wie beim Ehegattenunterhalt darzulegen ist. Abzustellen ist vielmehr, wie vorstehend dargelegt, auf das vor der Geburt erzielte nachhaltige Erwerbseinkommen, soweit nicht im Rahmen der vorgenannten Prognose ein anderes Einkommen zugrundezulegen ist, sowie auf die Vermögensverhältnisse (BGH, Beschluss vom 10.06.2015 - XII ZB 251/14 -, a.a.O., Rn. 34 juris; Urteil vom 16.12.2009 - XII ZR 50/08 -, a.a.O., Rn. 17 juris; Urteil vom 05.07.2006 - XII ZR 11/04 - FamRZ 2006, 1362, Rn. 43; OLG Köln, a.a.O.; Viefhues in: juris PK-BGB, 8. Auflage, § 1615 l Rn. 140; ders. in: FuR 2015, 686, 690; Bömelburg, a.a.O., § 7 Rn. 100).

b) Der Antragsgegner, der dahin argumentiert, der Betreuungsunterhalt gemäß § 1615 l BGB knüpfe an den Verwandtenunterhalt an, so dass der Bedarf darzulegen sei, und insbesondere bei guten wirtschaftlichen Verhältnisse der Anspruch von einer konkreten Bedarfsermittlung abhänge, verkennt diese unterschiedliche Ausgangslage, die im Übrigen auch dazu führt, dass die Mutter des nichtehelichen Kindes keinen Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt hat (Bömelburg, a.a.O., Rn 111). Soweit der Antragsgegner im nachgelassenen Schriftsatz auf die Bundestagsdrucksache V/2370 vom 07.12.1967 verweist, ergibt sich aus dieser nicht die von ihm gezogene Schlussfolgerung. Vielmehr weist die Gesetzesbegründung dort für den Bedarf der Kindesmutter auf die ohne Geburt und Betreuung ausgeübte Erwerbstätigkeit und den "infolgedessen" eingetretenen "Einkommensverlust" hin (BT-Drucks V/2370, Seite 57). Dies bestätigt den Willen des Gesetzgebers, für den Unterhaltsbedarf nach § 1615 l BGB an die Lebensstellung der Kindesmutter, und damit das vor der Geburt erzielte Einkommen (ggf. mit Prognose für die Zukunft) anzuknüpfen.

c) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Aufsatz Viefhues (Der Unterhaltsanspruch der unverheirateten Mutter nach § 1615 l BGB - Teil 2, FuR 2016, 27 ff.). Vielmehr knüpft auch dieser Autor im Teil 1 seines Aufsatzes (FuR 2015, 686, 690) zur Ermittlung des Unterhaltsbedarf daran an, welche Einkünfte der Unterhaltsberechtigte ohne die Geburt und Betreuung des gemeinsamen Kindes gehabt hätte, was sich mit der hier vertretenen Ansicht fügt.

d) Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.12.1997 - XII ZR 38/96 (FamRZ 1998, 426) wiederum beschäftigt sich mit der Frage, ob bei einem nachehelich geborenen Kind ein Unterhaltsanspruch nach §§ 1570, 1576 BGB oder nach § 1615 l BGB begründet ist; die Entscheidung verhält sich jedoch nicht dazu, dass der Unterhaltsbedarf im Rahmen des § 1615 l BGB nicht an die Lebensstellung der Mutter anknüpft.

e) Soweit vereinzelt auf den konkreten Lebenszuschnitt abgestellt wird (vgl. OLG Zweibrücken, a.a.O., juris Rn. 29), verkennt diese Ansicht die vorgenannten unterschiedlichen Ausgangslagen. Denn nur für den Fall, dass die Mutter des nichtehelichen Kindes ihren Unterhaltsbedarf aus einem ehelichen Verhältnis deckt bzw. für einem solchen Fall gleichgelagerte Fälle, ist eine konkrete Darlegung des jeweiligen (ehelichen) Lebenszuschnitts erforderlich, um den Unterhaltsbedarf, der sich nach der Lebensstellung bemisst, ermitteln zu können. Handelt es sich jedoch um eine zuvor (voll) erwerbstätige unverheiratete Mutter, verbleibt es dabei, dass sich der Unterhaltsbedarf an den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen vor der Geburt bzw. der zu prognostizierenden Einkommensentwicklung orientiert.

Maßgeblich ist daher das Einkommensniveau, soweit dies nicht dazu führt, dass dem Unterhaltsberechtigten aus eigenen Einkünften und Unterhaltszahlungen mehr zur Verfügung steht, als dem Unterhaltspflichtigen (BGH, Urteil vom 16.12.2009 - XII ZR 50/08 -, a.a.O., Rn. 17 juris). Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin mit Unterhaltszahlungen und sonstigen Einnahmen mehr zur Verfügung hätte, als der Antragsgegner, der sich in diesem Rahmen als uneingeschränkt leistungsfähig anerkennt, bestehen nicht.

2. Nach vorstehend dargestelltem Maßstab ist nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht auf das Erwerbseinkommen im Jahr 2015 vor der Geburt abgestellt hat. Einer Darlegung der Vermögensverhältnisse sowie der sonstigen Einnahmen (Vermietung, Kapitalanlage, Steuerrückerstattungen) bedarf es darüber hinaus nicht. Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Antragstellerin einen über den Erwerbsausfall aus abhängiger Beschäftigung hinausgehenden Unterhalt aus weiteren Einkünften geltend machen würde, was nicht der Fall ist.

Die Höhe des Bedarfs ermittelt sich mit den zutreffenden Feststellungen des Amtsgerichts aus dem nachhaltig erzielten Einkommen von unstreitig 78.900,00 EUR brutto/J. (Festgehalt). Dem hinzuzurechnen sind die Einmalzahlungen/Boni. Diese hängen vom Erfolg des Unternehmens sowie von der Leistung der Antragstellerin ab. Aufgrund der schwankenden Höhe kann indes mit den zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts nicht auf die zuletzt in 2015 (für 2014) ausgezahlten Boni abgestellt werden, ebenso wenig auf die in 2016 (für 2015) ausgezahlten. Vielmehr ist ein Durchschnitt zu bilden, den das Amtsgericht wie bei Selbständigen auf einen Dreijahreszeitraum erstreckt und in nicht zu beanstandender Weise mit 36.271,00 EUR jährlich errechnet hat. Hierbei fällt für die Berechnung des Durchschnitts mit der Argumentation des Amtsgerichts das Jahr 2012 aus.

Es ergibt sich folgende Berechnung, die sich hinsichtlich des Beschwerdegegenstands (die Anschlussbeschwerde ist durch Teilversäumnisbeschluss zurückzuweisen, dazu nachfolgend) lediglich auf den Zeitraum ab Januar 2017 bezieht:

a) Für das Jahr 2017 errechnet sich ein Unterhaltsbedarf von 5.400,87 EUR:

Brutto-Netto-Rechnung
Name der Variante II WEST_2017_01.VUZ
gültig in den alten Bundesländern und Berlin (West), erster Gültigkeitstag 01. 01. 2017

allgemeine Lohnsteuer
Jahrestabelle
Steuerjahr 2017

Bruttolohn: . . . . . . . . . . 115.609,00 Euro (78900,00 + 36271,00 + 438,00 = 115.609)
Sozialversicherungsbrutto 76.200,00 Euro
LSt-Klasse 1
Zusatzbeitrag zu KV (%) . . . . . . . . . 1
Lohnsteuer: . . . . . . . . . . -35.576,00 Euro
Solidaritätszuschlag . . . . . . . . . -1.956,68 Euro
Rentenversicherung (18,7 % / 2) . . . . . . -7.124,70 Euro
Arbeitslosenversicherung (3,0 % / 2) . . . . -1.143,00 Euro
Krankenversicherung: (14,6 % /2 + 1. %)*52.200,00 Euro -4.332,60 Euro
Pflegeversicherung (AN-Anteil 1,275 %) . . . -665,55 Euro

Nettolohn: . . . . . . . . . . . 64.810,47 Euro 64810,47 / 12 = . . . . . . . . . . 5.400,87 Euro

Das Jobticket ist ausweislich der letzten Abrechnungen (vgl. Bl. 206 ff. d.A.) nicht mehr bezahlt und abgebucht worden. Zudem hat die Antragstellerin erklärt, sie sei mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren. Ein Freibetrag lässt sich den Abrechnungen nicht entnehmen, so dass dieser auch nicht anzusetzen ist.

Nach Abzug der AVmG-Kürzung (125,03 EUR monatlich) verbleiben 5.275,84 EUR (ohne die von der Antragstellerin getragenen Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung (dazu nachfolgend).

b) Bedarfsdeckende Einnahmen

Im Jahr 2017 ist das Elterngeld weggefallen. Zudem steht nicht fest, ob und in welcher Höhe die Antragstellerin Bonuszahlungen erhalten wird. Diese können daher derzeit nicht festgestellt werden. Sollten Bonuszahlungen/Einmalzahlungen daher nachfolgend geleistet werden, sind diese sodann bedarfsdeckend in Abzug zu bringen.

Soweit sonstige Einnahmen (Vermietung, Kapitalerträge, Steuerrückerstattungen) erzielt worden sind, sind diese nicht bedarfsdeckend zu berücksichtigen. Zwar kommen derartige Einnahmen in Betracht, um den Unterhaltsbedarf der Antragstellerin zu decken. Indes trägt auch hier die Argumentation des Amtsgerichts. Denn wenn die sonstigen Einnahmen auch schon zur Zeit vor der Geburt vorhanden waren, mit anderen Worten den Unterhaltsbedarf zusätzlich gesteigert haben, kommt es nicht darauf an, ob diese auch weiterhin (nach der Geburt) erzielt werden. Denn sie sind berechnungsneutral. Soweit darauf abgestellt wird, der Unterhaltsbedarf werde durch sonstige Einkünfte gemindert (Bömelburg, a.a.O., § 7 Rn. 128 m.w.N.), ist dies daher dahin zu verstehen, dass nur diejenigen sonstigen Einnahmen, die über die bereits beim Unterhaltsbedarf berücksichtigte Höhe hinausgehen oder neu nach der Geburt hinzugekommen sind, bedarfsmindernd zu berücksichtigen sind. Mit anderen Worten: Nur wenn die sonstigen Einnahmen nach der Geburt höher sind als vor der Geburt, wäre der Überschuss bedarfsmindernd zu berücksichtigen. Vorliegend bestehen jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin nach der Geburt über höhere sonstige Einnahmen verfügt als vor der Geburt.

Eigene Einkünfte aus Erwerbstätigkeit erzielt die Antragstellerin derzeit nicht. Zu einer Erwerbstätigkeit ist die Antragstellerin im Übrigen allenfalls ab Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes verpflichtet. Hieran ändert der Umstand der zwischenzeitlich beanspruchten KiTa-Betreuung nichts.

c) Fiktive Einkünfte

Der Unterhaltsbedarf ist vorliegend nicht durch fiktive Einkünfte aufgrund von Versorgungsleistungen für einen neuen Lebensgefährten zu reduzieren. Zwar sind derartige Versorgungsleistungen als fiktive Vergütung anzurechnen. Sofern die Antragstellerin daher einem neuen Lebenspartner den Haushalt führte und dieser in der Lage wäre, ihr dafür ein Entgelt zu zahlen, müsste sie sich dieses ggf. auch fiktiv als eigenes Einkommen anrechnen lassen, was ihre Unterhaltsbedürftigkeit herabsetzen würde. (BGH, Urteil vom 16.07.2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, Rn. 53; Bömelburg, a.a.O., Rn. 130). Anhaltspunkte für die Erbringung von Versorgungsleistungen könnten sich aus dem mit Herrn T gemeinsam unterzeichneten Mietvertrag (Bl. 33 d.A.) ergeben. Die Antragsgegnerin hat jedoch glaubhaft in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat verneint, mit Herrn T in einem gemeinsamen Haushalt zu leben. Sie lebe lediglich mit dem gemeinsamen Sohn der Beteiligten in der angemieteten Wohnung. Vor diesem Hintergrund besteht kein Raum, der Antragstellerin eine fiktive Vergütung anzurechnen.

d) Krankenvorsorge

Die von der Antragstellerin zu tragenden Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungskosten sind für 2017 indes anders zu berechnen als das Amtsgericht dies getan hat. Sie errechnen sich nun, da die Beitragsbemessungsgrenze für 2017 in Höhe von 52.200,00 EUR durch den Unterhalt überschritten wird, aus eben diesem Grenzbetrag. Es sind daher 52.200,00 EUR x 17,35 % = 9.056,70 EUR : 12 = 754,73 EUR. Es errechnet sich sonach ein Unterhalt in Höhe von 5.275,84 EUR + 754,73 EUR = 6.030,57 EUR.

Der Unterhalt beträgt daher gerundet 6.031,00 EUR.

e) Verwertung des Vermögensstamms

Eine Verwertung eines ggf. vorhandenen Vermögensstamms vor seiner Inanspruchnahme kann der Antragsgegner derzeit nicht von der Antragstellerin verlangen.

Zwar muss der Unterhaltsberechtigte beim Betreuungsunterhalt gemäß §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1602 Abs. 2 BGB den Stamm seines Vermögens verwerten. Er muss daher vor Inanspruchnahme des nicht betreuenden Elternteils zunächst den Vermögensstamm bis hin zum Notgroschen angreifen. Dies gilt indes wegen der Verweisung auf § 1602 Abs. 2 BGB nur dann, soweit die Verwertung nicht unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre (Bömelburg, a.a.O., § 7 Rn. 138 ff.; Viefhues in: juris PK-BGB, 8. Auflage, § 1615 l Rn. 182).

Zur Bejahung der Verpflichtung zur Verwertung des Vermögensstamms bedarf es aber einer umfassenden Zumutbarkeits- und Billigkeitsprüfung (wie zuvor). Hierbei sind die wirtschaftliche Situation des Unterhaltsberechtigten und des -verpflichteten zu prüfen und ihre Vermögen zueinander in Relation zu setzen. Zu berücksichtigen ist daher, ob vorhandenes Vermögen der Alterssicherung dient und beim Unterhaltspflichtigen ein größeres Vermögen vorhanden und seine Altersversorgung gesichert ist (Bömelburg, a.a.O.). Auch wenn die Antragstellerin zu ihrer Vermögenssituation nicht vorgetragen hat und feststeht, dass sie über unklare Kapitaleinkünfte und eine Immobilie verfügt, hat das Amtsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf jegliche Kenntnis von der Einkommens- und Vermögenssituation des Antragsgegners, der offenbar wirtschaftlich sehr erfolgreich ist, über genügendes Einkommen verfügt, um leistungsfähig in dem streitbefangenen Umfang zu sein und über eine gesicherte Altersvorsorge verfügen dürfte, eine Verweisung der Antragstellerin auf die Verwertung ihres Vermögensstamms vor der Inanspruchnahme des Antragsgegners ausscheidet. Die Argumentation des Antragsgegners zur Darlegungs- und Beweislast der Antragstellerin verkennt, dass er sich seinerseits treuwidrig verhält, wenn er selbst keine Angaben zu seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen macht, gleichwohl die Antragstellerin auf Verwertung ihres Vermögens verweist. Denn selbst wenn die Antragstellerin entsprechende Angaben machen würde, wäre eine Zumutbarkeits- und Billigkeitsprüfung nach vorstehender Maßgabe mangels Darlegungen des Antragsgegners weiterhin nicht möglich.

Die Beschwerde hat nach alldem in Höhe von 305,00 EUR monatlich (6.336,00 EUR - 6.031,00 EUR) Erfolg. ..." (OLG Köln, Beschluss vom 21.02.2017 - 25 UF 149/16)

***

„... I. Die Beschwerde des Antragsgegners richtet sich gegen seine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten der Erstausstattung seines Sohnes sowie die Verpflichtung zur Bezahlung rückständigen und laufenden Unterhalts gemäß § 1615l BGB an die Kindsmutter.

Die jeweils verheirateten und sonst kinderlosen Beteiligten hatten eine außereheliche Beziehung, aus der der gemeinsame Sohn K., geboren am 4.7.2013, hervorging. Die Antragstellerin hatte sich vorübergehend (ab Mai 2011) wegen des Antragsgegners auch von ihrem Ehemann getrennt, wobei der Antragsgegner die außereheliche Beziehung nach Feststellen der Schwangerschaft aufgegeben hatte. Beide Elternteile leben mittlerweile (wieder) mit ihren jeweiligen Ehepartnern zusammen. Die Vaterschaft des Antragsgegners wurde nach Einholung eines Abstammungsgutachtens im Vaterschaftsanfechtungsverfahren 6 F 1274/13 vom AG Reutlingen festgestellt.

Die Antragstellerin war bis zur Geburt von K. und jetzt wieder seit 1.7.2015 berufstätig bei der K. GmbH & Co. KG, wo sie vor der Geburt des Sohnes rund 2.400,-- € netto monatsdurchschnittlich verdient hatte. Ihr Ehemann C. J. verfügt über ein geringeres monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen.

Der Antragsgegner hatte von Juni 2013 bis Mai 2014 seinen Angaben nach ein monatliches (Steuer-)bruttoeinkommen von rund 7.905,-- € (netto ca. 4.200,-- €) ohne Erfolgsprämie, ebenfalls bei der K. GmbH & Co. KG. Seine teilzeitbeschäftigte Ehefrau verdient bei der D. monatsdurchschnittlich netto ca. 900,-- €.

Die Antragstellerin lässt sich das Elterngeld in Höhe von 900,-- € in vollem Umfang auf ihren Bedarf anrechnen und macht von ihrem Restbedarf nur die Hälfte in Höhe von 750,-- € als Unterhaltsanspruch gegen die Antragsgegner geltend. Nach der erstinstanzlichen Entscheidung teilte sie dem Antragsgegner (Bl. 203) mit Schreiben vom 4.8.2015 mit, dass sie ab 1.7.2015 keine Unterhaltsansprüche mehr gegen den Antragsgegner geltend mache, da sie mittlerweile wieder einer vollschichtigen Berufstätigkeit nachgehe.

Das Familiengericht hat den Antragsgegner antragsgemäß zur Erstattung der Erstausstattungskosten und einem monatlichen Unterhalt in Höhe von 750,-- € sowie Unterhaltsrückständen für die Zeit von Juli 2013 bis Januar 2015 in Höhe von 3.540,-- € verpflichtet.

Dagegen richtet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde und beantragt die Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses und Zurückweisung der Anträge.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass der Ehemann der Antragstellerin im Hinblick auf den Familienunterhaltsanspruch gemäß § 1360 BGB vorrangig unterhaltsverpflichtet sei. Der Beschwerdeführer habe daher die bisherigen Unterhaltsleistungen überzahlt und insoweit auch einen Rückforderungsanspruch gegen die Antragstellerin gemäß § 812 BGB, mit dem er bezüglich der Erstausstattungsforderung aufrechne.

Im Übrigen sei der Antragsgegner im Hinblick auf den Unterhaltsbedarf seiner Ehefrau, der entsprechend § 1609 Ziff. 2 BGB gleichrangig zu befriedigen sei, nicht leistungsfähig. Aufgrund der langen Dauer seiner am 15.1.1999 geschlossenen Ehe sei demgegenüber der Unterhaltsanspruch der Beschwerdegegnerin nicht vorrangig. Der angefochtene Beschluss sei zeitlich zu begrenzen bis einschließlich 30.6.2015, da die Beschwerdegegnerin ab 1.7.2015 nicht mehr unterhaltsbedürftig sei.

Mit dem Beschwerdeabweisungsantrag beruft sich die Antragstellerin darauf, dass ein voriger Anspruch der Beschwerdegegnerin gegen ihren Ehemann auf Familienunterhalt daran scheitere, dass jener ein geringeres Einkommen erziele. Im Übrigen werde dem Zusammenleben mit ihrem Ehemann im Hinblick auf den Unterhaltsanspruch dadurch Rechnung getragen, dass lediglich die Hälfte des Bedarfs in Höhe von 750,-- € monatlich geltend gemacht werde. Der Beschwerdeführer sei auch leistungsfähig, da er bis einschließlich November 2014 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 630,-- € bezahlt habe.

Der Senat hat von einer weiteren mündlichen Verhandlung gemäß § 68 Abs. 3 FamFG mangels neuen Erkenntnisgewinnes abgesehen und die Beteiligten auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen.

II. Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig, jedoch unbegründet. Die Antragstellerin hat einen Unterhaltsanspruch gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB gegen den Antragsgegner, der weder aufgrund einer Vorrangigkeit des Familienunterhaltsanspruchs gemäß §§ 1360, 1360a BGB gegen den Ehemann der Antragstellerin noch wegen einer Gleichrangigkeit der unterhaltsberechtigten Ehefrau des Antragsgegners gemäß § 1609 Ziff. 2 oder dessen Leistungsunfähigkeit entfällt. Der Betreuungsunterhaltsanspruch wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes K. ist auch nicht durch die analoge Anwendung des § 1586 Abs. 1 BGB, eine entsprechende Anwendung des § 1608 BGB oder durch den Rechtsgedanken und die analoge Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB ausgeschlossen.

a) Ein Rangverhältnis der Unterhaltsansprüche in der Form, dass der Anspruch gegen den Ehemann gemäß § 1360 BGB der stärkere ist und der gegen den nichtehelichen Vater gemäß § 1615 l BGB dahinter zurücktritt, gibt es nicht. Vielmehr wird in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zur anteiligen Haftung analog § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB bei konkurrierenden Betreuungsunterhaltsansprüchen der Mutter ehelicher und nichtehelicher Kinder gegen den getrennt lebenden Ehemann einerseits und den nichtehelichen Vater andererseits (BGH FamRZ 1998, 541) von einem Grundsatz gleichrangiger Unterhaltspflicht ausgegangen (KG NZFam 2015, 721; BGH FamRZ 08, 1739). Anders als in dem vom KG entschiedenen Fall und den zitierten Entscheidungen des BGH zur Aufteilung der Verantwortlichkeit zwischen dem Ehemann und dem Vater sind die beteiligten Eltern hier in ihren jeweiligen Ehen kinderlos. Im vorliegenden Fall liegt es sogar so, dass, wenn die Antragstellerin kein Kind bekommen hätte, sie auch gegenüber ihrem Ehemann im Falle des Getrenntlebens nicht unterhaltsbedürftig und unterhaltsberechtigt geworden wäre, da sie weiterhin in vollem Umfang erwerbstätig und damit gegenüber ihrem Ehemann in höherem Maße leistungsfähig geblieben wäre. Gerade in diesem Fall ist eine Alleinhaftung des nichtehelichen Vaters sachgerecht (vgl. Viefhus in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., juris PK-BGB, 7. Auflage 2014, § 1615l BGB RZ 214 m.w.N.).

b) Der streitgegenständliche Unterhaltsanspruch der Antragstellerin scheidet auch nicht wegen ihrer nach der Schwangerschaft wieder aufgenommenen und bis heute bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann entsprechend § 1586 Abs. 1 BGB aus. Im Gegensatz zu der Anwendung des §1586 Abs. 1 BGB in Fällen, in denen das nichteheliche Kind in den Schutzbereich der Ehe durch eine spätere Heirat der Eltern einbezogen wird, liegt hier ein Fall vor, in dem das nichteheliche Kind gerade in eine weiterhin bestehende eheliche Beziehung drängt. Nach der insoweit zutreffenden Rechtsprechung des Kammergerichts( a.a.O.) würde die analoge Anwendung des § 1586 BGB auf Fälle, in denen ein Kind außerehelich gezeugt wird, dies aber gerade nicht zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft und Begründung einer neuen Lebensgemeinschaft mit dem Vater des außerehelich gezeugten Kindes führt, auf eine Doppelanalogie des § 1586 BGB hinauslaufen. § 1586 Abs. 1 BGB setzt nämlich nicht nur eine Wiederheirat voraus, an deren Stelle vorliegend die Fortsetzung der Ehe treten soll, sondern außerdem, dass ein anderweitiger Unterhaltsanspruch bereits besteht, der durch die Wiederheirat zum Erlöschen gebracht wird. Der Anspruch aus § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB wird hier aber nicht durch die Fortsetzung der Ehe der Antragstellerin mit dem Ehemann zum Erlöschen gebracht, sondern soll angesichts bestehender Ehe erst gar nicht zur Entstehung gelangen. Insoweit kommt es hier auch nicht nur auf die Interessen- und Versorgungslage der Mutter, sondern auch auf die Sicht des unstreitig nicht leistungsfähigen Ehemannes der Mutter an, der an der Zeugung des Kindes unbeteiligt war und die damit einhergehende finanziellen Belastungen hinnehmen muss, will er weitergehende Auswirkungen auf sein Familienleben - wie etwa die Trennung von der Kindesmutter - vermeiden (so KG a.a.O.).

c) Auch der in § 1608 Satz 1 BGB normierte grundsätzliche unterhaltsrechtliche Vorrang des Ehegattens der Antragstellerin ist hier aufgrund der in § 1615l Abs. 3 Satz 2 BGB lege specialiter festgelegten Vorrangstellung und primären Unterhaltsverpflichtung des nichtehelichen Vaters nachrangig.

d) Der im Verwirkungsgrund des § 1579 Nr. 2 BGB enthaltene Rechtsgedanke führt hier ebenfalls nicht zum Wegfall der Betreuungsunterhaltsanspruchs der Antragstellerin. Entgegen der Verwirkungsgründe im Ehegattenunterhaltsrecht setzt § 1615 l Abs. 2 BGB ein (früheres) Zusammenleben und eine daraus resultierende engere Verbundenheit der Eltern gerade nicht voraus (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2011, 735). Insbesondere fehlt es auch an einer groben Unbilligkeit im Sinne des § 1579 BGB, weil die beteiligten Eltern nach der Geburt des Kindes zu keinem Zeitpunkt in eheähnlicher Gemeinschaft zusammengelebt und ein solches Zusammenleben jedenfalls ab der Schwangerschaft der Antragstellerin auch nicht geplant hatten, so dass ein im Rahmen des § 1579 Nr. 2 BGB vorausgesetzten Herauslösen aus der ehelichen Solidarität durch eine neue bzw. hier die „alte" Lebensgemeinschaft gerade nicht vorliegt, weshalb sich eine analoge Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB verbietet (so auch OLG Nürnberg a.a.O.).

2. Mit dem Familiengericht (vgl. schon den Hinweisbeschluss vom 1.6.2015, Bl. 149) geht auch der Beschwerdesenat davon aus, dass der Unterhaltsanspruch der Ehefrau des Antragsgegners hier nachrangig ist, da die Voraussetzungen des § 1609 Ziff.2 BGB nicht vorliegen. Eine Gleichrangigkeit gemäß § 1609 Ziff. 2 BGB setzt sowohl das Bestehen einer Ehe von langer Dauer als auch die Feststellung von Nachteilen im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB voraus.

a) Nachdem, wie unter b) ausgeführt wird, ein ehebedingter Nachteil der Ehefrau des Antragsgegners hier weder dargetan noch ersichtlich ist, kann letztlich dahingestellt bleiben, ob es sich bei der am 15.1.1999 geschlossenen Ehe des Antragsgegners um eine solche von langer Dauer handelt, da sie bis zur Geburt von K. 14,5 Jahre lang dauerte und bis zur Entscheidung über den Unterhaltsanspruch 16,5 Jahre. Nach der Rechtsprechung (vgl. dazu OLG Celle FamRZ 2009, 348 m.w.N.) dürfte es sich bei der vorliegenden Ehe um eine im unteren Bereich der „langen Dauer" anzusiedelnden handeln, da eine Ehe erst ab etwa 15 Jahren als „lang" angesehen wird. Dies ist jedoch hier nicht entscheidungsrelevant, da der 2. Rang jedenfalls nur dann gewahrt ist, wenn über das Zeitmoment hinaus der unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingte Nachteile erlitten hat (so jedenfalls der BGH FamRZ 2008, 1911 im Fall eines gemäß §§ 1609 Nr. 2,3 nachrangigen -geschiedenen- Ehegatten).

b) Nichts anderes muss aber in dem Fall der konkurrierenden verheirateten und -wie hier- kinderlosen Ehefrau gelten. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Ehefrau selbst bei Vorliegen eines ehebedingten Nachteils, wie er jedoch gerade nicht dargelegt ist, im Gegensatz zur Antragstellerin mangels Kinderbetreuung in der Lage ist, einen möglichen Nachteil z.B. durch Ausweitung ihrer Berufstätigkeit auszugleichen. Bei der Feststellung des ehebedingten Nachteils soll die Rechtsprechung zu § 1578b BGB zu beachten sein und ein solcher Nachteil folglich vorliegen, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (vgl. Viefhus a.a.O. § 1609 RZ 49 und 53 m.w.N.).

Zum Bestehen eines ehelichen Nachteils bei seiner teilzeiterwerbstätigen Ehefrau hat der Beschwerdeführer nichts vorgetragen. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die 50jährige Ehefrau weder aus gesundheitlichen noch aus ehebedingten Gründen in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist. Nachdem somit die Voraussetzungen einer Gleichrangigkeit der Antragstellerin und der Ehefrau des Antragsgegners gemäß § 1609 Ziff. 2 BGB nicht vorliegen, kommt eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens des Antragsgegners auch nicht in Betracht, da eine solche nur im Fall der Gleichrangigkeit durchgeführt wird (vgl. Viefhus a.a.O. § 1615 l RZ 218 ff.).

3. Auch der Höhe nach gibt es keinen Anlass zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung, wobei die Zugrundelegung eines (nur hälftigen) Bedarfs in Höhe von 750,-- € in Anlehnung an das Einkommen der Antragstellerin vor der Geburt von K. und nicht entsprechend ihrer ehelichen Lebensverhältnisse sich zugunsten des Antragsgegners auswirkt. Darüber hinaus hat der Beschwerdesenat auch keine Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners und der Wahrung der erforderlichen Deckelung durch den Halbteilungsgrundsatz bei dem geltend gemachten Bedarf der Antragstellerin. Den eigenen Angaben des Antragsgegners nach verfügt er über monatsdurchschnittliche Nettoeinkünfte von 4.138,-- € (Bl. 92), abzüglich berufsbedingter

Aufwendungen somit in Höhe von 3.931,00 €
abzüglich Kindesunterhalt in Höhe von 390,00 €
zuzüglich Wohnwert in Höhe von 1.000,00 €
insgesamt 4.541,00 € monatlich.

Selbst bei der Berücksichtigung der behaupteten monatlichen Belastungen und Schulden des Antragsgegners in Höhe von 2.172,54 € ist der Antragsgegner damit noch leistungsfähig für den geltend gemachten Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 750,-- €.

4. Soweit der Antragsgegner die Zurückweisung des Unterhaltsanspruchs für den Zeitraum ab dem 1.7.2015 geltend macht, so hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren weder den Wegfall der Bedürftigkeit nach dem 1.7.2015 ausdrücklich geltend gemacht (Bl. 241) noch demgegenüber signalisiert, dass bei einem Wegfall des Bedarfs - wie behauptet - der titulierte Unterhaltsanspruch für diesen Zeitraum weiter verfolgt oder gar vollstreckt werden wird (vgl. Bl. 209). Insoweit besteht derzeit kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs. ..." (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.12.2015 - 18 UF 123/15)

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Dass die nichteheliche Mutter wegen der Geburt und der nachfolgenden Betreuung des Kindes ihr Studium unterbrochen hat, während der Vater in diesem Zeitraum sein Studium abschließen konnte, stellt keinen elternbezogenen Umstand dar, der aus Billigkeitsgründen eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts rechtfertigen würde (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.04.2014 - 2 UF 238/13).

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Ist im Vorprozess nur der - über den freiwillig vom Unterhaltspflichtigen gezahlten Betrag hinausgehende - Betrag tituliert worden, so ist der Unterhaltsanspruch des Unterhaltsberechtigten in Höhe des freiwillig geleisteten Sockelbetrages nicht Streitgegenstand des vorangegangenen Verfahrens, sondern nur ein für die damals zu treffende Entscheidung vorgreifliches Rechtsverhältnis gewesen, das als bloßes Urteilselement an der Rechtskraft des abzuändernden Beschlusses nicht teilgenommen hat (Anschluss an BGH, 7. Dezember 1994, XII ZB 112/94, FamRZ 1995, 729, BGH, 19. März 1986, IVb ZR 19/85, FamRZ 1986, 661 und BGH, 30. Januar 1985, IVb ZR 67/83, FamRZ 1985, 371). Im Rahmen des Unterhaltsanspruchs aus § 1615l Abs. 2 Sätze 4 und 5 BGB kommt es bei der Festlegung des Bedarfs des betreuenden Elternteils grundsätzlich ausnahmslos und unveränderlich auf dessen bei Geburt des Kindes erreichte Lebensstellung an. Der Bedarf kann daher auch dann nicht nach der aktuellen Situation des Unterhaltsberechtigten bestimmt werden, wenn er aufgrund einer bestehenden Erwerbsobliegenheit auf eine bedarfsdeckende Tätigkeit verwiesen wird (Anschluss an BGH, 13. Januar 2010, XII ZR 123/08, FamRZ 2010, 444; BGH, 16. Dezember 2009, XII ZR 50/08 und BGH, 16. Juli 2008, XII ZR 109/05, 357, FamRZ 2008, 1739). Eine Obliegenheit, sich rechtzeitig um eine Erwerbsmöglichkeit zu kümmern, besteht auch schon vor dem Zeitpunkt, zu dem die Erwerbsobliegenheit greift (Anschluss an BGH, 15. März 1995, XII ZR 269/94, FamRZ 1995, 871; (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11.07.2013 - 6 UF 24/13)

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Erwerbsobliegenheit einer Mutter eines Kleinkindes im Rahmen eigener Unterhaltsansprüche gegen die Eltern OLG Köln, Beschluss vom 26.03.2013 - 25 UF 241/12):

„... 1. Gemäß § 238 Abs. 1 S. 2 FamFG kann die Abänderung eines Unterhaltstitels zulässig begehrt werden, wenn der Antragsteller Tatsachen vorträgt, aus welchen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt. Das ist hier zwanglos mit Erreichen der Volljährigkeit der Antragsgegnerin der Fall.

2. Der fortbestehende Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin folgt aus §§ 1601 ff. BGB. Zutreffend weist der Antragsteller darauf hin, dass das unterhaltsberechtigte Kind, das trotz unstreitiger Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse an dem zuvor titulierten Unterhalt festhalten will, seine fortbestehende Unterhaltsberechtigung und Bedürftigkeit gegenüber einem Abänderungsbegehren darzulegen und zu beweisen hat (Wendl/Dose-Schmitz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage 2011, § 10 Rz. 247). Indessen besteht der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin hier bereits nach dem als unstreitig zugrunde zu legenden Sachverhalt fort. Eine Erwerbstätigkeit ist ihr derzeit nicht möglich und war ihr in der Vergangenheit nicht zumutbar.

a) In Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Amtsgericht - Familiengericht - zu Recht davon ausgegangen, dass der Gesetzheber mit der Einführung des Basisunterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres (§ 1615l Abs. 2 S. 3 BGB) dem betreuenden Elternteil die freie Entscheidung eingeräumt, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren in vollem Umfang selbst betreuen oder andere Betreuungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen will (BGH FamRZ 2010, 444 - zitiert nach Juris Tz. 25; BGH FamRZ 2011, 1560 - zitiert nach Juris Tz. 20). Nach Auffassung des Senats erlangt diese insbesondere auch im Interesse des Kindes bestehende Wertung Bedeutung nicht nur für den Unterhaltsanspruch der ein Kleinkind betreuenden Mutter gegen den Kindesvater; sie muss vielmehr auch im Verhältnis zum unterhaltsverpflichteten Elternteil der Kindesmutter Beachtung finden. Zwar unterscheidet sich der hier vorliegende Fall von demjenigen des § 1615l BGB dadurch, dass - worauf noch einzugehen sein wird - jedenfalls bis Februar 2013 der Kindesvater als mögliche Betreuungsperson in Betracht kam. Die Mutter auf eine Betreuung außerhalb der Partnerschaft zu verweisen hieße aber, das Kind gegenüber einem ehelich geborenen Kind schlechter zu stellen. Eine Entscheidung der Kindesmutter gegen eine Betreuung des Kindes außerhalb einer bestehenden Partnerschaft ist daher grundsätzlich zu respektieren. Soweit in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6. Dezember 1984 (IVb ZR 53/83 - FamRZ 1985, 273 - zitiert nach Juris Tz. 15) davon die Rede ist, es stehe im Verhältnis zu unterhaltsverpflichteten Eltern nicht im Belieben der Kindesmutter, ob sie selbst das Kind versorgen möchte, beruht dies auf der seinerzeit geltenden Formulierung des § 1615l Abs. 2 BGB ("weil das Kind andernfalls nicht versorgt werden könnte") und ist durch die aktuelle Gesetzeslage überholt.

Letztlich mögen die vorstehenden Erwägungen aber auf sich beruhen, denn nach den konkreten Umständen des Streitfalles kam eine Betreuung von Emilia außerhalb der Partnerschaft mit Herrn T auch während deren Bestehen nicht in Betracht. Unwidersprochen bringt die Antragsgegnerin vor, ihre Mutter sei zur Betreuung des Kindes weder bereit noch gesundheitlich in der Lage. Gleichfalls unwidersprochen ist, dass es der Antragsgegnerin bislang nicht gelungen ist, einen Kindergarten- oder Krippenplatz zu erhalten. Ein Rechtsanspruch auf eine Betreuungsmöglichkeit für ein unter dreijähriges Kind besteht nach derzeitiger Rechtslage im Land Nordrhein-Westfalen (noch) nicht. Soweit der Antragsteller schließlich die finanzielle Bezuschussung einer Tagesmutter durch die Agentur für Arbeit anspricht, wird diese Hilfe - die sich auf den kaum kostendeckenden Betrag von 130,-- EUR im Monat beläuft - gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 SGB III nur im Rahmen der Arbeitsförderung, also bei einer ihrerseits geförderten Maßnahme der Arbeitsverwaltung gewährt, nicht aber im Zusammenhang mit einer Aushilfstätigkeit zum Bestreiten des Lebensunterhalts.

b) Aus den vorstehenden Ausführungen ist freilich - wie bereits ausgeführt - nicht zu entnehmen, dass im Verhältnis zu dem unterhaltsverpflichteten Antragsteller eine Erwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin vollständig ausschiede. Eine solche wäre vielmehr in Betracht zu ziehen, wenn der Kindesvater zu ihrer Entlastung herangezogen werden könnte. Denn im Falle des Zusammenlebens der Kindeseltern - wie es hier nach dem unstreitigen Sachverhalt bis Ende Februar 2013 der Fall war - ist die Betreuung des Kindes gerade durch die Mutter auch durch die vorzitierten und vom Amtsgericht herangezogenen gesetzlichen Wertungen nicht gewährleistet. Vielmehr muss die Zeitspanne, in der Eltern im Wege der Ersatzhaftung nach §§ 1615l Abs. 3, 1607 BGB auf Unterhalt in Anspruch genommen werden können, für die Zeit von bis zu drei Jahren unter Zugrundelegung der konkrete Betreuungsmöglichkeiten für das Kind und den damit verknüpften Verdienstmöglichkeiten der unterhaltsberechtigten Mutter bemessen werden. Die Verdienstmöglichkeiten der nichtehelichen Mutter sind dabei auch unter Zugrundelegung ihres Alters und der vorhandenen Berufsausbildung anhand der tatsächlichen Umstände zu bewerten (vgl. insgesamt OLG Frankfurt/Main NJW 2009, 3105 - zitiert nach Juris Tz. 36 m.w.N.).

aa) Zu Beginn des Abänderungszeitraums (ab 1. Juli 2011) unterlag die Antragsgegnerin zunächst ohnehin einem Beschäftigungsverbot (§§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG). Unwidersprochen hat die Antragsgegnerin weiter vorgebracht, dass der Kindesvater unter der Woche zwischen 16:00 Uhr und 17:00 Uhr nach Hause gekommen sei. Das beschränkte - wovon die Beteiligten auch ausgegangen sind - die Antragsgegnerin wochentags auf eine Tätigkeit in den Abendstunden. Die Antragsgegnerin verfügt lediglich über einen Hauptschulabschluss, eine Ausbildung zur Servicekraft hat sie nicht beendet. Sie auf Arbeit in den Abendstunden zu verweisen, in denen der Vater ihrer Tochter das Kind beaufsichtigen konnte, hieße sie auf Arbeitsplätze im Gastronomiebereich bzw. auf Reinigungsstellen zu beschränken. Auch solche Stellen sind aber für Mütter, die ein Kleinkind zu versorgen haben und bei welchen deshalb zu erwarten steht, dass sie gelegentlich ausfallen, erfahrungsgemäß nur schwer zu erhalten. Zudem erachtet der Senat eine solche Tätigkeit im Anschluss an die - ihrerseits den vollschichtigen Einsatz der Mutter erfordernde - Betreuung eines Wickelkindes für unzumutbar (für eine ganz vergleichbare Konstellation ebenso OLG Frankfurt/Main a.a.O.).

Ob der Antragsgegnerin zugemutet werden konnte, an einem Tag am Wochenende einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, bedarf keiner Entscheidung. Denn mit einer solchen - ungelernten - Tätigkeit wäre ihr Bedarf nicht zu decken gewesen. Der Mindestlohn im Gebäudereinigerhandwerk betrug bis zum 31. Dezember 2012 8,82 EUR brutto; die Antragsgegnerin hätte aus einer solchen Tätigkeit an 46 Wochenenden im Jahr mithin monatlich 270,48 EUR brutto oder 214,72 EUR netto verdienen können. Der Senat hat keine Anhaltspunkte, dass die Verdienstmöglichkeiten in der Gastronomie besser wären. Mit einem solchen Verdienst wäre indessen ihr Bedarf - das bis Ende Juli 2012 gezahlte Elterngeld bleibt gemäß § 11 BEEG anrechnungsfrei - nicht zu decken gewesen.

bb) Ab Februar 2013 steht nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin der Kindesvater wegen der erfolgten Trennung als Betreuungsperson nicht mehr zur Verfügung. Ab diesem Zeitpunkt scheidet daher eine Erwerbsobliegenheit aus diesem Grunde aus.

3. Zutreffend hat das Amtsgericht - Familiengericht - auch dahin entschieden, dass eine Mithaftung der Mutter der Antragsgegnerin für den Barunterhalt nicht in Betracht kommt. Seit ihrem Arbeitsplatzwechsel (6. August 2012) ist noch nicht einmal ihr Selbstbehalt gewahrt. Zuvor hat sie zwar netto 1.321,89 EUR verdient, hatte aber auch - was im Grundsatz unstreitig ist - berufsbedingte Aufwendungen. Selbst wenn man diese mit dem Antragsteller entgegen dem Vorbringen der Antragsgegnerin auf nur 165 jährliche Arbeitstage (3/4 von 220) verteilen wollte, verblieben bei einer (aus Google-Maps ermittelten) Fahrtstrecke von 20 Kilometern zwischen dem Wohnort der Mutter zu ihrer Arbeitsstelle in L berufsbedingte Aufwendungen von monatlich 165,-- EUR. Unter deren Berücksichtigung würde der Selbstbehalt nur so geringfügig (nämlich um 6,89 EUR) überschritten, dass angesichts des verhältnismäßig geringen Zahlbetrags des Antragstellers eine quotale Mithaftung der Mutter ausschiede. Auf fiktive Einkünfte der Mutter muss sich hingegen die Antragsgegnerin - worauf das Amtsgericht zutreffend hinweist - nicht verweisen lassen (vgl. Wendl/Dose-Klinkhammer a.a.O., § 2 Rz. 567) ..."

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Eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs nach § 1615l BGB aus Billigkeitsgründen kommt nicht bereits deshalb in Betracht, weil am Wohnort der Mutter keine Ganztagsbetreuung in einer Betreuungseinrichtung zur Verfügung steht. Dies gilt insbesondere dann, wenn in geringer Entfernung günstigere Arbeits- und Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (OLG Oldenburg, Beschluss vom 14.07.2011 - 14 UF 49/11).

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Im Rahmen des Betreuungsunterhalts gem. § 1615 l Abs. 2 BGB wird der betreuenden Mutter in den ersten drei Lebensjahren des Kindes ausnahmslos keine Erwerbstätigkeit zugemutet. Ist sie gleichwohl - überobligatorisch - erwerbstätig, ist in entsprechender Anwendung von § 1577 Abs. 2 S. 2 BGB nach Billigkeitsgesichtspunkten über den Umfang der Anrechnung ihres Einkommens auf den Bedarf zu entscheiden. Befindet sich die betreuende Mutter noch in der Berufsausbildung, kann dies einer vollschichtigen Tätigkeit gleichkommen. Der Mindestbedarf richtet sich dann nach dem notwendigen Selbstbehalt für Erwerbstätige und nicht lediglich nach demjenigen für Nichterwerbstätige. Ist der Unterhaltspflichtige als Arzt voraussichtlich nur vorübergehend arbeitslos, kann es ihm zumutbar sein, den Unterhalt gem. § 1615 l Abs. 2 BGB aus dem Stamm seines Vermögens zu bestreiten. Ist die betreuende Mutter noch während der Schwangerschaft wieder zu ihrem bisherigen Freund zurückgekehrt, kann die frühere Dauer der Beziehung für das Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft entsprechend § 1579 Nr. 2 BGB nicht in entscheidender Weise mitberücksichtigt werden, wenn das zwischenzeitliche Verhältnis zum Unterhaltspflichtigen insoweit als Zäsur anzusehen ist.(OLG Hamm, Beschluss vom 03.11.2010 - 8 UF 138/10).

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Ein Unterhaltsanspruch nach § 1615 l II BGB ist nicht deshalb verwirkt, weil die Mutter in einer verfestigten Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner lebt; § 1579 Nr. 2 BGB ist auf den Unterhaltsanspruch der Mutter nicht entsprechend anwendbar (OLG Nürnberg, Urteil 05.08.2010 - 10 UF 702/10).

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„... I. Die Klägerin begehrt vom Beklagten Zahlung von Unterhalt für die Betreuung eines gemeinsamen, nicht aus einer Ehe hervorgegangenen Kindes für die Zeit ab September 2008.

Die Parteien hatten seit 2003 einen gemeinsamen Haushalt und lebten bis August 2008 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen. Am …11.2007 wurde der gemeinsame Sohn J… geboren. Der Beklagte hat die Vaterschaft anerkannt. Der Beklagte ist außerdem Vater der am ...10.1996 geborenen Tochter S…. Auch die Klägerin hat ein Kind aus einer früheren Verbindung, die am ….4.1996 geborene Tochter Je…. Der Beklagte zahlt für den Sohn J… Unterhalt.

Die Klägerin absolvierte im Anschluss an den Besuch der Polytechnischen Oberschule in der Zeit von 1987 bis 1989 eine Berufsausbildung zur Facharbeiterin für Elektronik. Danach arbeitete sie in ihrem Ausbildungsbetrieb, dem Halbleiterwerk F…, bis zum 30.10.1991. Auf Grund betriebsbedingter Kündigung war sie vom 1.11.1991 bis zum 31.7.1992 arbeitslos. Von August 1992 bis August 1994 nahm die Klägerin an einer vom Arbeitsamt geförderten Umschulung zur Zahnarzthelferin teil. Von Herbst 1994 bis zum Jahr 2004 war sie als Zahnarzthelferin in der Zahnarztpraxis … tätig. Von 2004 bis zum 31.12.2008 war sie ebenfalls als Zahnarzthelferin in der Zahnarztpraxis M… beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte unter dem 24.11.2008 das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2008. Die Klägerin war dann arbeitslos und absolvierte vom 25.5. bis zum 19.10.2009 eine vom Arbeitsamt geförderte Weiterbildung zur medizinischen Schreibkraft. Seither ist sie erneut arbeitslos.

Nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft im August 2008 forderte die Klägerin den Beklagten durch Anwaltsschreiben vom 10.9.2008 auf, zur Berechnung ihres Unterhaltsanspruchs gemäß § 1615 l Abs. 2 BGB Auskunft über sein Einkommen und Vermögen zu erteilen. Das vorliegende Gerichtsverfahren hat die Klägerin unter dem 16.10.2008 eingeleitet.

Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht den Beklagten verurteilt, an die Klägerin monatlichen Unterhalt wie folgt zu zahlen:

- 213 € für September und Oktober 2008 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 426 € seit 12.11.2008,
- 49 € für November 2008,
- 88 € für Januar 2009,
- 103 € für die Monate Februar bis März 2009,
- 163 € für die Monate April bis Dezember 2009,
- 249 € ab Januar 2010.

Darüber hinaus hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Beklagte ab dem zweiten Tag des Monats Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz schuldet, falls er mit der Zahlung der monatlichen Unterhaltsrente in Verzug gerät. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er trägt vor:

Das Amtsgericht habe der Klägerin einen Betreuungsunterhaltsanspruch zuerkannt, obwohl sie das Kind tatsächlich nicht betreue. Vielmehr werde das Kind in der Zeit vom 20.10.2008 bis 3.11.2010 für 50 Stunden in der Woche in der Kita betreut.

Der Bedarfsbemessung der Klägerin sei entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht das zuletzt erzielte Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit vor der Geburt des gemeinsamen Sohnes zugrunde zu legen.

Das von der Klägerin vor der Geburt des Kindes erzielte Einkommen habe das Amtsgericht mit einem unzutreffenden Betrag hinsichtlich der berufsbedingten Aufwendungen gekürzt.

Im Hinblick darauf, dass die Klägerin mit dem gemeinsamen Kind bis einschließlich Januar 2009 in seinem Haus gelebt habe, dafür aber nur geringe Kostenbeiträge erbracht habe, müsse von einer teilweisen Erfüllung der Unterhaltspflicht durch Naturalleistungen ausgegangen werden.

Er sei überdies nicht leistungsfähig. Dabei seien insbesondere die erheblichen berufsbedingten Aufwendungen zu berücksichtigen, die er im Jahr 2008 wegen seines Auslandseinsatzes in Moskau gehabt habe.

Hinsichtlich seines Wohnvorteils sei der vom Amtsgericht angenommene Wohnwert von 6 €/m² überhöht. Realistisch sei ein Quadratmeterpreis von 4,50 €. Vom Wohnwert müssten Rücklagen für Reparaturkosten in Höhe von 100 € monatlich abgesetzt werden. Neben der vom Amtsgericht abgezogenen Zinsrate sei auch die Tilgung als zusätzliche Altersvorsorge zu berücksichtigen.

Seine Tochter S… besuche seit September 2009 eine private Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe. Das Schulgeld betrage 75 € und sei von seinem Einkommen vorweg abzuziehen.

Da er im Hinblick auf die Betreuung der 12jährigen Tochter S… nicht verpflichtet sei, vollschichtig tätig zu sein, müsse von seinem Einkommen ein Betreuungsbonus von mindestens 150 € abgesetzt werden.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Ihr sei zwar eine Betreuung des Kindes von 50 Wochenstunden in der Kita durch den Landkreis … bewilligt worden. Tatsächlich habe sie sich aber zunächst wegen ihrer Arbeitslosigkeit in größerem Umfang um J… kümmern können.

Ihr Unterhaltsanspruch bestehe im Übrigen unabhängig davon, ob sie das Kind selbst betreue oder dieses fremd betreut werde. Die erweiterte Fremdbetreuung für J… sei notwendig gewesen, damit sie wieder ins Erwerbsleben eintreten könne. Auch für die Zeit ihrer Weiterbildung sei der Beklagte zur Unterhaltsleistung verpflichtet.

Bei der Berechnung ihres früheren Einkommens seien vom Arbeitgeber erstattete Fahrtkosten nicht abzuziehen. Die Fahrtkostenerstattung sei pauschal erfolgt.

Ein Wohnwert von 6 €/m² sei nicht überhöht. Erstinstanzlich sei sie von einem marktüblichen Mietzins von 8 €/m² ausgegangen.

S…s Mutter, Frau S… K…, übe seit 1.1.2010 eine selbstständige Beschäftigung aus und sei somit zur Zahlung von Kindesunterhalt leistungsfähig. Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat die Parteien angehört.

II. Die zulässige Berufung des Beklagten ist zum Teil begründet. Die Klägerin hat gegen ihn einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB nur in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang.

1. Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Betreuungsunterhalt besteht dem Grunde nach entgegen der Auffassung des Beklagten durchgängig, also auch für die Zeit der von der Klägerin absolvierten Weiterbildungsmaßnahme.

Gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB ist der Vater verpflichtet, der Mutter Unterhalt zu gewähren, soweit von ihr wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt, § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht, § 1615 l Abs. 2 Satz 4 BGB. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen, § 1615 l Abs. 2 Satz 5 BGB.

Für die Dauer der ersten drei Lebensjahre des Kindes hat der betreuende Elternteil die freie Wahl, ob er die Betreuung und Erziehung des Kindes in dieser Zeit selbst vornehmen möchte oder - um eine eigene Erwerbstätigkeit zu ermöglichen - staatliche Hilfen in Anspruch nimmt (BGH, FamRZ 2008, 1739, Tz. 97). Übt der betreuende Elternteil sein Wahlrecht dahin aus, dass er eine Erwerbstätigkeit aufnimmt und das Kind in einer Kita oder von einer Tagesmutter betreuen lässt, ist zu beachten, dass ein Betreuungsbedarf des Kindes auch über die durch Fremdbetreuung abgedeckten Zeiten hinaus besteht (vgl. BGH, FamRZ 2008, 1739, Tz. 103). Deshalb verliert eine Mutter etwa ihren Unterhaltsanspruch nicht, wenn sie neben der Kinderbetreuung ihr Studium fortsetzt (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 2000, 1522; Palandt/ Diederichsen, BGB 69. Aufl., § 1615 l, Rz. 12).

Im Übrigen kommt es darauf, ob ohne die Kindesbetreuung eine Erwerbstätigkeit ausgeübt würde, ob also die Kindesbetreuung die alleinige Ursache für die Nichterwerbstätigkeit ist, nicht mehr an (vgl. Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1615 l, Rz. 12). Die Mutter ist deswegen jederzeit berechtigt, eine Berufstätigkeit während der ersten drei Lebensjahre des Kindes aufzugeben und sich ganz dessen Pflege und Erziehung zu widmen (BGH, FamRZ 2005, 442). Entscheidend ist, dass von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Ob andere Gründe die Mutter an der Ausübung einer Erwerbsfähigkeit hindern, ist im Rahmen von § 1615 l BGB unbeachtlich. Denn andere Unterhaltstatbestände, wie sie die §§ 1572 und 1573 BGB, aber auch § 1575 BGB für den nachehelichen Unterhalt zusätzlich vorsehen, kennt § 1615 l BGB nicht (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2009 - XII ZR 50/08 -, BeckRS 2010, 01715, Tz. 54).

Nach alledem steht eine von der Mutter etwa ausgeübte vollschichtige Tätigkeit dem Anspruch auf Betreuungsunterhalt nicht grundsätzlich entgegen. Gleiches muss dann auch gelten, wenn die Mutter, wie im vorliegenden Fall, in dem zeitlichen Umfang, der einer vollschichtigen Tätigkeit entsprechen würde, an einer vom Arbeitsamt geförderten Weiterbildungsmaßnahme teilnimmt.

Vom Zeitpunkt der erneuten Arbeitslosigkeit an hat die Klägerin ohnehin wieder einen Unterhaltsanspruch, da sie bis zum dritten Geburtstag des Kindes jede Erwerbstätigkeit und damit auch jede Weiterbildung ohne Angabe von Gründen einstellen kann.

2. Die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit liegen vor. Mit Rücksicht auf das Anwaltsschreiben vom 10.9.2008 kann die Klägerin grundsätzlich Unterhalt ab September 2008 geltend machen, § 1613 Abs. 1 BGB.

3. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Unterhaltsbedarf der Klägerin nach den Einkünften zu bemessen, die sie auf Grund einer vollschichtigen Tätigkeit unmittelbar vor der Geburt des Kindes erzielt hat. Diese Einkünfte sind aber, anders als von der Klägerin angenommen, um die seinerzeit tatsächlich angefallenen berufsbedingten Aufwendungen zu bereinigen.

a) Das Maß des nach § 1615 l Abs. 2 BGB zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Anspruchsberechtigten. Denn nach § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB sind auf den Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils eines nicht ehelich geborenen Kindes die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten und somit auch § 1610 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden. Anders als beim Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt, bei denen der Bedarf von den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmt wird, §§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB, sind daher die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils für die Bedarfsbemessung grundsätzlich nicht maßgebend. Ausschlaggebend ist vielmehr, wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltsberechtigten Elternteils bis zur Geburt des gemeinsamen Kindes entwickelt hatten (BGH, Urteil vom 16.12.2009, a.a.O., Tz. 15). War der betreuende Elternteil bis zur Geburt des Kindes erwerbstätig, bemisst sich seine Lebensstellung nach seinem bis dahin nachhaltig erzieltem Einkommen. Der Unterhaltsbedarf ist deswegen an diesem Einkommensniveau auszurichten, soweit dies nicht dazu führt, dass dem Unterhaltsberechtigtem aus eigenen Einkünften und Unterhaltszahlungen insgesamt mehr zur Verfügung steht, als dem Unterhaltspflichtigen verbleibt (BGH, Urteil vom 16.12.2009, a.a.O., Tz. 17). War der Elternteil vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig oder hat nur geringfügige Einkünfte erzielt, so ist sein Unterhaltsbedarf jedenfalls mit einem Mindestbedarf in Höhe des Existenzminimums zu bemessen, der mit dem notwendigen Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen pauschaliert werden darf (BGH, Urteil vom 16.12.2009, a.a.O., Tz. 28 ff.).

Nach diesen Grundsätzen kommt es vorliegend auf das Einkommen an, das die Klägerin bis zur Geburt des Kindes am ….11.2007 als Zahnarzthelferin erzielt hat. Nicht maßgebend sind hingegen die Einkünfte der Klägerin im Jahr 2003, als sie noch nicht vollschichtig tätig gewesen ist. Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es dabei auf die Frage, inwieweit er sich an der Betreuung der Tochter Je… der Klägerin beteiligt hat, nicht an. Im Übrigen spricht angesichts eines Alters der am ….4.1996 geborenen Tochter Je… von mehr als 10 Jahren alles dafür, dass die Klägerin jedenfalls im Jahr 2007 auch ohne Betreuungsleistungen durch den Beklagten und sogar dann, wenn sie alleinerziehend gewesen wäre, einer vollschichtigen Tätigkeit hätte nachgehen können.

b) Das von der Klägerin vor der Geburt des Kindes J… erzielte Nettoeinkommen ist entsprechend den Feststellungen des Amtsgerichts mit rund 1.046 € monatlich anzunehmen. Dies entspricht den in den Verdienstbescheinigungen von Januar bis August 2007 aufgeführten monatlichen Netto-Verdiensten. Soweit sich aus den Verdienstbescheinigungen von September bis Dezember 2007 geringere Nettoeinkünfte ergeben, sind diese nicht maßgeblich, auch soweit sie aus der Zeit vor der Geburt des Kindes J… am ….11.2007 stammen. Denn diese Verdienstbescheinigungen, auch diejenige für September 2007, sind offensichtlich schon vom Mutterschutz der Klägerin beeinflusst.

c) Das bis zur Geburt erzielte Nettoeinkommen der Klägerin ist um die tatsächlich angefallenen berufsbedingten Aufwendungen zu bereinigen. Da sich das Maß des Betreuungsunterhalts nach der Lebensstellung der Mutter richtet, entspricht der Unterhaltsbedarf ihrem Verdienstausfall (Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1615 l, Rz. 24). Die Mutter soll auf der Ebene des Bedarfs so gestellt werden, als erzielte sie nach wie vor diejenigen Einkünfte, über die sie bei der Geburt des Kindes verfügt hat. Die Vorschrift des § 1615 l BGB dient aber nicht dazu, die Mutter im Vergleich zu der Situation bei Geburt des Kindes besser zu stellen. Wenn ihr seinerzeit das Nettoeinkommen im Hinblick auf berufsbedingte Aufwendungen nicht in vollem Umfang zur Verfügung gestanden hat, muss von einem um die entsprechenden berufsbedingten Aufwendungen verminderten Unterhaltsbedarf ausgegangen werden.

d) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist ihr Nettoeinkommen nicht lediglich um die Fahrtkostenpauschale von 64 € brutto zu bereinigen. Wie sie selbst bei ihrer Anhörung durch den Senat angegeben hat, hat sie den Weg zur Arbeit von ca. 20 km mit dem PKW zurückgelegt. Angesichts einer Fahrtkostenpauschale von 0,25 € je km (vgl. Nr. 10.2.2 der Unterhaltsleitlinie des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2005) ergeben sich so monatliche Fahrtkosten von rund 183 € (= 2 x 20 km x 0,25 € x 220 Arbeitstage : 12 Monate).

e) Nach alldem stellt sich der Unterhaltsbedarf der Klägerin auf 863 € (= 1046 € - 183 €).

4. Die Klägerin ist nicht in vollem Umfang unterhaltsbedürftig. Teilweise sind Eigeneinkünfte auf ihren Bedarf anzurechnen.

a) Soweit es das für die Zeit vom 4.12.2007 bis 3.11.2008 gewährte Elterngeld betrifft, hat das Amtsgericht die Vorschrift des § 11 BEEG nicht beachtet, wonach Unterhaltspflichten durch die Zahlung des Elterngeldes nur insoweit berührt werden, als die Zahlung 300 € monatlich übersteigt (vgl. auch Nr. 2.5 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008). Zu Beginn des Unterhaltszeitraums, also in den Monaten September und Oktober, sind daher nicht 660,75 €, sondern nur rund 361 € auf den Unterhaltsbedarf anzurechnen. Eine anteilige Berechnung für die ersten drei Tage des November 2008 scheidet aus, weil der sich insoweit ergebende Betrag offensichtlich unter der Grenze von 300 € liegt.

b) Die von der Klägerin im Unterhaltszeitraum erzielten Erwerbseinkünfte, ebenso das Arbeitslosengeld und das im Dezember 2008 bezogene Krankengeld, sind in vollem Umfang bedarfsdeckend anzurechnen.

Allerdings beruhen die Erwerbseinkünfte, da die Klägerin, wie bereits ausgeführt, angesichts des Alters des Kindes von unter drei Jahren zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht verpflichtet war, grundsätzlich auf überobligatorischer Tätigkeit. In einem solchen Fall hat die Anrechnung der Einkünfte in analoger Anwendung des § 1577 Abs. 2 BGB unter Beachtung der besonderen Umstände des Einzelfalles zu erfolgen; eine pauschale Beurteilung verbietet sich (BGH, FamRZ 2005, 442). Dabei kommt es darauf an, wie etwa die Kindesbetreuung mit den konkreten Arbeitszeiten unter Berücksichtigung erforderlicher Fahrzeiten zu vereinbaren ist und ob und gegebenenfalls zu welchen Zeiten das Kind anderweitig beaufsichtigt wird und insofern zeitweise nicht der Betreuung durch die Mutter bedarf. Auch ist zu prüfen, welche Hilfen der Mutter bei der Betreuung zur Verfügung standen und ob ihr dafür jedenfalls zusätzliche Betreuungskosten entstanden sind. Schließlich ist nicht ohne Bedeutung, ob die Mutter seit der Geburt des Kindes aus freien Stücken weiter erwerbstätig ist oder ob die Arbeitsaufnahme durch eine wirtschaftliche Notlage veranlasst war. Denn die freiwillige Ausübung einer Berufstätigkeit kann ein maßgebendes Indiz für eine vorhandene tatsächliche Arbeitsfähigkeit im konkreten Einzelfall sein (BGH, a.a.O.). Vorliegend sind solche Umstände, die bei einer Abwägung des Einzelfalles von Bedeutung wären, nicht vorgetragen. Vielmehr hat die Klägerin die volle Anrechnung ihrer Erwerbseinkünfte in den Monaten November und Dezember 2008 durch das Amtsgericht nicht beanstandet und keine Angaben zur Vereinbarkeit der Erwerbstätigkeit mit der Kindesbetreuung gemacht. Auch hat sie vorgetragen, dass sich die Parteien darüber einig gewesen seien, dass sie nach Vollendung des ersten Lebensjahres des Sohnes wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen werde. Daher kann es beim Ansatz des Amtsgerichts bleiben.

Nicht anders verhält es sich mit dem von der Klägerin bezogenen Arbeitslosengeld. Dieses stellt unterhaltsrechtlich bedeutsames Einkommen dar (vgl. Nr. 2.1. der zuletzt genannten Leitlinien). Gleiches gilt für das Krankengeld, dass die Klägerin nach den Feststellungen des Amtsgerichts im Dezember 2008 neben dem Erwerbseinkommen bezogen hat. Solche Lohnersatzleistungen beruhen nicht auf überobligatorischer Tätigkeit.

Anders ist es auch nicht im Hinblick auf den Bezug von Arbeitslosengeld während der Weiterbildungsmaßnahme in der Zeit vom 25.5. bis zum 19.10.2009. Mag die Klägerin insoweit zeitlich in derselben Weise beansprucht gewesen sein, wie es bei Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit der Fall gewesen wäre, so macht sie dies im vorliegenden Rechtstreit jedenfalls nicht geltend und trägt zur insoweit bestehenden Belastung im Hinblick auf die Kindesbetreuung nichts vor. Im Übrigen hätte die Klägerin auch dann, wenn sie an der Weiterbildungsmaßnahme nicht teilgenommen hätte, Arbeitslosengeld in annähernd derselben Höhe erhalten. An ihrer wirtschaftlichen Lage hätte sich nichts geändert und das Arbeitslosengeld wäre voll anzurechnen gewesen.

Das Arbeitslosengeld ist nicht, wie im angefochtenen Urteil geschehen, durchgängig mit rund 714 € anzusetzen. Aus dem im Berufungsverfahren vorgelegten Änderungsbescheid der Agentur für Arbeit … ergibt sich, dass der Zahlbetrag sich ab 25.5.2009 auf rund 719 € beläuft. Für das Jahr 2009 kann daher ein Durchschnittsbetrag von rund 717 € [=(714 € x 4 24/31 Monate + 719 € x 7 7/31 Monate) : 12 Monate] zu Grunde gelegt werden.

c) Während der Zeiten der Erwerbstätigkeit bzw. Weiterbildung sind vom Einkommen der Klägerin aber grundsätzlich die Aufwendungen für die Kitabetreuung des Kindes abzusetzen. Dies gilt ungeachtet der geänderten Rechtsprechung des BGH, wonach Kindergartenbeiträge in den Beträgen der Unterhaltstabelle nicht ausgewiesen sind, sondern es sich dabei, abgesehen von den Verpflegungskosten, um Mehrbedarf handelt (BGH, FamRZ 2009, 962). Denn wenn der entsprechende Mehrbedarf, wie vorliegend, nicht gesondert geltend gemacht wird, sich der Beklagte vielmehr darauf beschränkt, Tabellenunterhalt für das Kind zu leisten, ist die Klägerin durch die Kitabeiträge belastet, so dass grundsätzlich - jedenfalls für die Dauer der Erwerbstätigkeit und der Weiterbildungsmaßnahme - die Beiträge abzugsfähig sind.

Für die Monate November und Dezember 2008 ist das anzurechnende Erwerbseinkommen daher um den Beitrag für die Kita von rund 60 € zu bereinigen. Anders verhält es sich für die Dauer der Weiterbildungsmaßnahme. Nach dem im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheid der Agentur für Arbeit … vom 26.5.2009 (Bl. 211) hat die Arbeitsverwaltung für die berufliche Weiterbildungsmaßnahme nicht nur Fahrtkosten und Lehrgangskosten übernommen, sondern darüber hinaus auch Kinderbetreuungskosten in Höhe von 780 € erstattet. Damit sind bei monatlichen Kitagebühren von rund 60 € die Gebühren nicht nur für die Dauer der Maßnahme, sondern auch schon davor für die Zeit der Eingewöhnung in der Kita abgedeckt. Eine Belastung der Klägerin ist insoweit also nicht entstanden.

d) Weiterhin als bedarfsdeckendes Einkommen heranzuziehen ist die Abfindung, die die Klägerin anlässlich der Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses erhalten hat. Dabei kann mit dem Amtsgericht eine Verteilung des Abfindungsbetrages von 2.500 € auf 12 Monate, also monatlich rund 208 €, erfolgen. Dies ist von den Parteien nicht beanstandet worden und auch sachgerecht, zumal die sonst übliche Verteilung auf den Zeitraum, für den die Abfindung zur Aufstockung des bisherigen Einkommens ausreicht (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rz. 879), vorliegend angesichts der geringen Höhe der Abfindung dazu führen würde, dass die Abfindung schon vor Ablauf des Jahres 2009 verbraucht wäre (vgl. zur Handhabung bei einem verhältnismäßig geringen Einmalbetrag auch Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1, Rz. 71).

e) Das von der Klägerin seit Februar 2009 bezogene Wohngeld von monatlich 104 € ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht bedarfsdeckend heranzuziehen.

Wohngeld ist Einkommen, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt (vgl. Nr. 2.3 der zuletzt genannten Leitlinien sowie Wendl/Dose, a.a.O., § 1, Rz. 452). Die Klägerin zahlt nach ihren Angaben vor dem Senat eine monatliche Miete von 584 €. Der gewöhnliche Wohnbedarf im notwendigen Selbstbehalt beträgt 360 € (Nr. 21.2 der Leitlinien). Selbst wenn man insoweit mit Rücksicht auf die beiden bei der Klägerin lebenden Töchter eine Erhöhung vornähme, wäre der gewöhnliche Wohnbedarf jedenfalls mit nicht mehr als 480 € anzusetzen. Das Wohngeld von 104 € monatlich dient daher zur Deckung erhöhter Wohnkosten.

f) Somit sind folgende Einkünfte bedarfsdeckend anzurechnen:

- 361 € Elterngeld in den Monaten September bis Oktober 2008,
- 916 € (= 976 € Erwerbseinkommen - 60 € Kitagebühren) im November 2008,
- 1.081 € (= 975 € Erwerbseinkommen + 166 € Krankengeld - 60 € Kitagebühren) im Dezember 2008,
- 925 € (= 717 € Arbeitslosengeld + 208 € Abfindung) in den Monaten Januar bis Dezember 2009,
- 719 € Arbeitslosengeld ab Januar 2010.

g) Angesichts eines Unterhaltsbedarf der Klägerin von 863 € ergibt sich im Hinblick auf die soeben genannten zu berücksichtigenden Eigeneinkünfte ein ungedeckter Unterhaltsbedarf in der Zeit von November 2008 bis Dezember 2009 nicht. In den Monaten September und Oktober 2008 ist die Klägerin in Höhe von 501 € (= 862 € - 361 € Elterngeld) bedürftig. Ein höherer Unterhaltsanspruch als der vom Amtsgericht ausgeurteilte Betrag von 213 € kommt aber mangels Anschlussberufung nicht in Betracht. Ab Januar 2010 besteht ein ungedeckter Unterhaltsbedarf in Höhe von 144 € (= 863 € - 719 € Arbeitslosengeld).

5. Der Beklagte ist hinreichend leistungsfähig, der Klägerin Unterhalt in Höhe ihres ungedeckten Unterhaltsbedarfs zu zahlen. Sein notwendiger Selbstbehalt von 1.000 € (Nr. 21.4 der Leitlinien) ist gewahrt.

a) Sein Erwerbseinkommen hat der Beklagte in den Schriftsätzen vom 7. und 14.1.2010 nachvollziehbar und rechnerisch zutreffend dargelegt. Danach hat er im Jahr 2008 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von rund 2.364 € monatlich, im Jahr 2009 ein solches von rund 1.672 € monatlich erzielt. Geht man hinsichtlich der im Einkommen enthaltenen Spesen davon aus, dass eine Ersparnis eintritt, die mit einem Drittel der Nettobeträge zu bewerten und insoweit dem Einkommen zuzurechnen ist (Nr. 1.4 der Leitlinien), rechnet man also die im Einkommen enthaltenen Spesen mit einem Anteil von zwei Drittel heraus, verbleibt ein Nettoeinkommen von rund 1.696 € im Jahr 2008 und von rund 1.570 € im Jahr 2009.

Das Einkommen aus dem Jahre 2009 kann für das Jahr 2010 fortgeschrieben werden. Entgegen der von der Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 2.2.2010 geäußerten Auffassung bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Prognose dahin, dass der Beklagte, der sich im Jahr 2009 unstreitig nur für zwei Wochen im Auslandseinsatz aufhielt, im Jahr 2010 deutlich häufiger im Ausland tätig sein wird und auf dieser Grundlage ein höheres Einkommen erzielt. Dies gilt ungeachtet des Vortrags der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 17.2.2010. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber des Beklagten unter dem 4.11.2008 den Wunsch des Beklagten akzeptiert hat, auf Grund seiner familiären Situation nicht mehr dauerhaft Montagetätigkeiten ausführen zu können. Vor diesem Hintergrund ist die Erklärung des Beklagten im Senatstermin vom 19.1.2010 nachvollziehbar, wonach er nur noch ausnahmsweise im Ausland eingesetzt werde.

Das Erwerbseinkommen des Beklagten ist in vollem Umfang heranzuziehen. Der Ansatz eines Betreuungsbonus, wie ihn der Beklagte mit Rücksicht auf die Betreuung des Kindes S… geltend macht, scheidet aus. S… stand zu Beginn des Unterhaltszeitraums kurz vor ihrem 12. Geburtstag. In diesem Alter sind Kinder regelmäßig so selbständig, dass auch ein alleinerziehender Elternteil in der Lage ist, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dass hinsichtlich dieses Kindes ein besonderer Betreuungsaufwand zu berücksichtigen wäre, hat der Beklagte nicht geltend gemacht.

b) Über die soeben erfolgte unterhaltsrechtliche Korrektur der Spesen hinaus kommt eine Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen auf Seiten des Beklagten nicht in Betracht. Insoweit fehlt es an substanziiertem Vortrag bzw. einem Beweisantritt.

Erstmals mit Schriftsatz vom 7.1.2010 hat der Beklagte geltend gemacht, im Jahr 2008 seien erhebliche berufsbedingte Aufwendungen im Zusammenhang mit seinem Auslandseinsatz in Moskau angefallen. Er habe sich in Moskau im Jahr 2008 dauerhaft eine Wohnung anmieten müssen. Die Reisekosten seiner Auswärtstätigkeit hätten insgesamt 21.552 € betragen, wie sich aus dem Einkommenssteuerbescheid für 2008 ergäbe. Nach Abzug der Spesen verblieben noch von ihm getragene Aufwendungen von 9.534 €. Auch Aufwendungen für Arbeitsmittel seien steuerlich anerkannt worden. Dieser Vortrag reicht nicht aus. Unterhaltsrechtlich anzuerkennende berufsbedingte Aufwendungen können nicht ohne nähere Prüfung mit den steuerlich anerkannten Werbungskosten gleichgesetzt werden (BGH, FamRZ 2009, 762).

Der Abzug berufsbedingter Aufwendungen setzt voraus, dass die betreffenden Kosten notwendigerweise mit der Ausübung der Erwerbstätigkeit verbunden sind und sich eindeutig von denjenigen der privaten Lebensführung abgrenzen lassen. Dass bestimmte Aufwendungen steuerlich als Werbungskosten anerkannt werden, hat unterhaltsrechtlich nicht die entsprechende Bewertung zur Folge. Für die steuerliche Anerkennung reicht es regelmäßig aus, dass Kosten durch die Berufsausübung veranlasst sind. Dieses Kriterium ist unterhaltsrechtlich indessen nicht ausreichend; insofern ist zu fordern, dass die Kosten notwendig durch die Berufsausübung entstehen (BGH, FamRZ 2009, 762, Rz. 39). An der danach notwendigen Abgrenzung fehlt es vorliegend.

Mit Schriftsatz vom 14.1.2010 hat der Beklagte ergänzend darauf hingewiesen, sich im Dezember 2009 auf Veranlassung seines Arbeitgebers für zwei Wochen in Nigeria aufgehalten zu haben. Hinsichtlich etwaiger ihn in diesem Zusammenhang treffender Kosten hat er keine Angaben gemacht.

Mit Schriftsatz vom 18.1.2010 hat der Beklagte dann im Hinblick auf auswärtige Tätigkeiten im Jahr 2008 17 Positionen im Einzelnen aufgeführt. Soweit dort von Verpflegungspauschbeträgen die Rede ist, ist schon nicht klar, inwieweit es sich tatsächlich um den Beklagten treffende Aufwendungen handelt. Soweit der Beklagte hinsichtlich einzelner auswärtiger Tätigkeiten in Berlin Kosten aufführt, können diese schon deshalb keine Berücksichtigung finden, weil sie relativ geringfügig sind und ohne konkrete Darlegung davon ausgegangen werden muss, dass sie bereits dadurch Berücksichtigung gefunden haben, dass die dem Beklagten gezahlten Spesen mit einem Anteil von zwei Drittel aus dem Nettoeinkommen herausgerechnet worden sind.

Schließlich können auch die behaupteten Übernachtungskosten von 1.000 € monatlich keine Berücksichtigung finden. Dabei kann dahinstehen, ob die vorgelegten Quittungen hinreichend belegen, dass der Beklagte monatlich entsprechende Zahlungen geleistet hat. Angesichts des Bestreitens der Klägerin kann jedenfalls nicht zugunsten des Beklagten davon ausgegangen werden, dass er die Mietaufwendungen vom Arbeitgeber nicht erstattet erhalten hat. Beweis für seinen Vortrag, vom Arbeitgeber keine Zahlungen, die nicht in den Lohnabrechnungen enthalten wären, erhalten zu haben, hat der Beklagte nicht angetreten. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob der Beklagte, falls er für die Mietkosten tatsächlich selbst aufzukommen hätte, nicht etwa unterhaltsrechtlich gehalten wäre, sich eine preisgünstigere Wohnung zu suchen oder eine Übernachtungsmöglichkeit zu wählen, die es angesichts der Erwerbstätigkeit auch in Deutschland ermöglicht hätte, nur die konkret während der Aufenthalte in Moskau anfallenden Übernachtungskosten zu tragen.

Die mit Schriftsatz vom 18.1.2010 weiterhin aufgeführten Werbungskosten können keine Berücksichtigung finden, weil insoweit wiederum nur auf steuerliche Unterlagen, hier die Anlage zur Einkommenssteuererklärung, verwiesen wird, es folglich an der Abgrenzung zwischen nur steuerlich beachtlichen und auch unterhaltsrechtlich bedeutsamen Aufwendungen fehlt.

c) Als weiteres Einkommen auf Seiten des Beklagten sind die Steuererstattungen zu berücksichtigen. Insoweit gilt das sogenannte In-Prinzip, d. h. maßgeblich ist die tatsächliche Steuerlast im jeweiligen Jahr (vgl. Gerhardt, in: Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 7. Aufl., 6. Kapitel, Rz. 137). Allerdings ist eine Steuererstattung insoweit unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen, als sie auf Aufwendungen beruht, die unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennen sind (vgl. BGH, FamRZ 2007, 983, Tz. 31). Vor diesem Hintergrund können Steuererstattungen für das Jahr 2008 im Jahr 2009 nur in derselben Höhe Berücksichtigung finden, wie dies im Jahr 2008 für das Jahr 2007 angezeigt ist, nämlich in Höhe von rund 24 € monatlich, wie vom Beklagten im Schriftsatz vom 7.1.2010 zutreffend errechnet. Der Ansatz einer monatlichen Steuererstattung von rund 253 €, wie sie sich auf Grund des Steuerbescheids vom 23.12.2009 für das Jahr 2008 eigentlich ergäbe, scheidet aus, da die dort in die Berechnung eingeflossenen erheblichen Werbungskosten unterhaltsrechtlich, wie dargestellt, weitgehend keine Berücksichtigung finden können.

Angesichts eines Auslandseinsatzes von lediglich zwei Wochen im Jahr 2009 kann die Steuererstattung für das Jahr 2010 ebenfalls mit 24 € monatlich fortgeschrieben werden.

d) Als weiteres Einkommen auf Seiten des Beklagten ist der Wohnvorteil für das mietfreie Wohnen im eigenen Haus zu berücksichtigen (vgl. Nr. 5 der Leitlinien).

aa) Mit Rücksicht darauf, dass die Klägerin mit ihren beiden Kindern zunächst noch in der Wohnung des Beklagten gelebt hat, ist es sachgerecht, mit dem Amtsgericht einen Wohnvorteil auf Seiten des Beklagten erst für die Zeit ab Februar 2009 zu berücksichtigen.

bb) Die Wohnfläche des vom Beklagten bewohnten Eigenheimes beträgt unstreitig 116 m². Unter Berücksichtigung der Ausstattung des Hauses, wie sie der Beklagte ausweislich des Berichterstattervermerks vom 19.1.2010 bei seiner Anhörung vor dem Senat dargelegt hat und der im Internet abrufbaren Immobilieangebote in der Region ( www.i....de ) ist der Mietwert des Hauses mit dem Amtsgericht mit 6 €/m² anzusetzen. Es ergibt sich ein Wohnwert von 696 €.

cc) Von dem Vorteil mietfreien Wohnens sind grundsätzlich die mit dem Eigentumserwerb verbunden Kosten abzusetzen, weil der Eigentümer nur in Höhe der Differenz günstiger lebt als ein Mieter. Entsprechend sind grundsätzlich auch Kreditraten abzugsfähig. Der Tilgungsanteil der Kreditraten kann aber nicht berücksichtigt werden, wenn insoweit eine einseitige Vermögensbildung zulasten des Unterhaltsberechtigten stattfindet (BGH, FamRZ 2008, 963, Tz. 17 ff.). Der Tilgungsanteil der Kredite kann aber unter den Gesichtspunkt der zusätzlichen Altersvorsorge zu berücksichtigen sein (BGH, FamRZ 2008, 963, Tz. 21). Über die primäre Altersversorgung hinausgehend darf der Unterhaltsschuldner auch bei Inanspruchnahme nach § 1615 l BGB eine zusätzliche Altersvorsorge bis zu einer Höhe von 4 % des Gesamtbruttoeinkommens betreiben (BGH, FamRZ 2008,1739, Tz. 68; siehe auch Nr. 10.1 der Leitlinien).

Der Zinsanteil der Kreditrate beträgt hier unstreitig 532 €, der Tilgungsanteil 167 €. Letzterer Betrag kann allerdings nicht in vollem Umfang als zusätzliche Altersvorsorge Berücksichtigung finden. Insoweit findet eine Begrenzung auf 4 % des Bruttoeinkommens statt, wobei auf das Gesamtbruttoeinkommen des jeweiligen Vorjahres zurückgegriffen werden kann. Danach ergeben sich folgende Beträge:

- 111 € monatlich (= 33.271,52 € Gesamtbruttoeinkommen des Jahres 2007 x 4 % : 12 Monate) im Jahr 2008,
- 129 € monatlich (= 38.667,71 € Gesamtbruttoeinkommen des Jahres 2008 x 4 % : 12 Monate) im Jahr 2009,
- 97 € monatlich (= 29.247 € Gesamtbruttoeinkommen des Jahres 2009 x 4 % : 12 Monate) im Jahr 2010.

dd) Nicht berücksichtigungsfähig sind die Aufwendungen für die Gebäudeversicherung und die Grundsteuer. Denn vom Eigentümer zu tragende verbrauchsunabhängige Kosten können grundsätzlich nur dann von seinem Wohnvorteil abgezogen werden, wenn es sich um nicht umlagefähige Kosten im Sinne von § 556 Abs. 1 BGB, §§ 1, 2 BetrKV handelt (BGH, NJW 2009, 2523, Tz. 33 ff.; siehe auch Nr. 5 der Leitlinien). Grundsteuer und Versicherungsbeiträge werden üblicherweise auf den Mieter umgelegt (BGH, a.a.O., Tz. 36). Eine Berücksichtigungsfähigkeit scheidet danach aus.

ee) Ein pauschaler Abzug von 100 € für Reparaturaufwendungen, wie vom Beklagten geltend gemacht, kommt nicht in Betracht. Zur Finanzierung für Instandhaltungskosten können Rücklagen zwar gebildet werden, wenn es sich um konkrete unaufschiebbare Maßnahmen handelt, die zur ordnungsgemäßen Bewohnbarkeit der Immobilie erforderlich sind (BGH, FamRZ 2000, 351, 354; Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 1, Rz. 339). Vorliegend fehlt es aber an substanziiertem Vortrag zur Notwendigkeit einer solchen Rücklage.

ff) Nach alledem ergibt sich folgender Wohnvorteil:

- 53 € (= 696 € - 532 € Zinsen - 111 € Tilgung) im Jahr 2008
- 35 € (= 696 € - 532 € Zinsen - 129 € Tilgung) im Jahr 2009
- 67 € (= 696 € - 532 € Zinsen - 97 € Tilgung) im Jahr 2010

e) Neben der Immobilienversicherung ist auch die vom Beklagten angeführte Unfallversicherung nicht abzugsfähig. Zur Notwendigkeit des Abschlusses der Versicherung hat der Beklagte nichts vorgetragen. Sie gehört zum allgemeinen Lebensbedarf und ist daher nicht gesondert zu berücksichtigen (Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 1023).

f) Im Rahmen der Leistungsfähigkeit grundsätzlich abzugsfähig sind die Unterhaltsleistungen des Beklagten für seine beiden Kinder. Denn diese gehen der Klägerin im Rang vor, § 1609 Nr. 1, 2 BGB.

Das Amtsgericht hat insoweit 216 € für J… und 207 für S… abgesetzt. Der Betrag für J… entspricht dem Zahlbetrag für die Einkommensgruppe 2 (von 1.501 bis 1.900 €) ab 1.1.2008. Auch für S… ist das Amtsgericht offenbar von dem entsprechenden Zahlbetrag, der sich auf 307 € beläuft, ausgegangen, hat aber den Unterhalt in Höhe von 100 €, den S… von ihrer Mutter erhält, abgesetzt.

An sich erfüllt der Beklagte seine Verpflichtung, zum Unterhalt S…s beizutragen, schon durch Pflege und Erziehung des Kindes, § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB, während S…s Mutter allein barunterhaltspflichtig ist. Erbringt er bei Leistungsunfähigkeit der Mutter dem Kind Naturalunterhalt, erfüllt er zusätzlich eine der Mutter obliegende Verpflichtung und hat gegen diese einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch, und zwar in der Höhe, in der sich die Mutter am Unterhalt zu beteiligen hat (vgl. Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rz. 535). Das Einstehen für die Unterhaltspflicht der Mutter kann im Rahmen der Prüfung der eigenen Leistungsfähigkeit Berücksichtigung finden. Wäre die Mutter auf Grund ihrer eigenen Einkommensverhältnisse nur verpflichtet, dem Kind den Mindestunterhalt zu zahlen, kann auch nur der Mindestunterhalt in Abzug gebracht werden. Daher scheidet vorliegend angesichts der vom Beklagten vorgetragenen eingeschränkten Leistungsfähigkeit der Mutter eigentlich ein Unterhaltsbetrag für S… auf der Grundlage der Einkommensgruppe 2 aus. Doch selbst wenn man die Einkommensgruppe 2 für beide Kinder heranzieht, ist der Beklagte in vollem Umfang leistungsfähig.

Ob, wie die Klägerin geltend macht, S…s Mutter auf Grund der nun aufgenommenen selbständigen Tätigkeit in der Lage sein müsste, den Mindestunterhalt für S… allein aufzubringen, kann dahinstehen. Denn selbst dann, wenn man S…s Mutter weiterhin nur in Höhe von 100 € für leistungsfähig hielte, der Beklagte also den restlichen Unterhalt für S… aufbringen müsste, ist er hinreichend leistungsfähig, der Klägerin Betreuungsunterhalt in Höhe ihres ungedeckten Bedarfs, mangels Anschlussberufung begrenzt auf die vom Amtsgericht ausgeurteilten Beträge, zu zahlen. Gleiches gilt auch, wenn man die vom Amtsgericht angesetzten Zahlbeträge für die beiden Kinder mit Rücksicht auf die inzwischen erfolgten Anhebungen des Mindestunterhalts zum 1.1.2009 und 1.1.2010 fortschriebe, also im Jahr 2009 nach der Einkommensgruppe 2 von Zahlbeträgen in Höhe von 214 € für J… und 314 € für S… und im Jahr 2010 von 241 € für J… und 356 € für S… ausginge.

Unter Berücksichtigung der von S…s Mutter gezahlten 100 € entfielen auf den vom Beklagten zu leistenden Kindesunterhalt dann folgende Beträge:

- 423 € (= 216 € für J… + 207 € für S…) im Jahr 2008,
- 428 € (= 214 € für J… + 214 € für S…) im Jahr 2009,
- 497 € (= 241 € für J… + 256 € für S…) im Jahr 2010.

g) Nicht vom Einkommen des Beklagten abzusetzen ist das Schulgeld für S…. Zu der Notwendigkeit des Besuchs einer Privatschule trotz Vorhandenseins staatlicher Schulen hat der Beklagte nichts vorgetragen.

h) Nach alledem ergibt sich das folgende bereinigte Einkommen des Beklagten:

- 1.350 € (= 1.696 € Erwerbseinkommen + 24 € Steuererstattungen + 53 € Wohnvorteil - 423 € Kindesunterhalt) im Jahr 2008,
- 1.201 € (= 1.570 € Erwerbseinkommen + 24 € Steuererstattungen + 35 € Wohnvorteil - 428 € Kindesunterhalt) im Jahr 2009,
- 1.164 € (= 1.570 € Erwerbseinkommen + 24 € Steuererstattungen + 67 € Wohnvorteil - 497 € Kindesunterhalt) im Jahr 2010.

i) Angesichts eines angemessenen Selbstbehalts von 1.000 € stehen dem Beklagten für den Unterhalt der Klägerin daher folgende Beträge zur Verfügung:

- 350 € (= 1.350 € - 1.000 €) im Jahr 2008,
- 201 € (= 1.201 € - 1.000 €) im Jahr 2009,
- 164 € (= 1.164 € - 1.000 €) im Jahr 2010.

Damit ist der Beklagte in der Lage, für die Monate September und Oktober 2008 den vom Amtsgericht ausgeurteilten Betrag von 213 € zu zahlen. Gleiches gilt für den ungedeckten Bedarf der Klägerin in Höhe von 143 € ab Januar 2010. Für die Zeit von November 2008 bis Dezember 2009 ist die Klägerin ohnehin nicht bedürftig.

6. Die vorstehende Berechnung macht bereits deutlich, dass der unterhaltsberechtigten Klägerin aus eigenen Einkünften und Unterhaltszahlungen insgesamt nicht mehr zur Verfügung steht, als dem unterhaltspflichtigen Beklagten verbleibt. Denn durch den vom Beklagten zu zahlenden Unterhalt wird nur ein Unterhaltsbedarf der Klägerin von 862 € gedeckt, während dem Beklagten jedenfalls der billige Selbstbehalt von 1.000 € verbleibt.

7. Der Unterhaltsanspruch ist nicht bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes J… am ….11.2010 zu befristen.

Eine solche Befristung kommt allenfalls in Betracht, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung nicht festgestellt werden kann, dass nach Ablauf der Dreijahresfrist die Voraussetzungen für einen Billigkeitsunterhalt nach § 1615 l Abs. 2 Satz 4 BGB gegeben sei werden (vgl. hierzu OLG Bremen, FamRZ 2008, 1281; Hauß, FamRB 2007, 367, 368; Peschel-Gutzeit, FPR 2008, 24, 27; Schilling, FPR 2008, 27, 30; Wever, FamRZ 2008, 553, 558; Maurer, Anmerkung zu BGH, FamRZ 2008, 968, 975 einerseits und Borth, FamRZ 2008, 2, 10f. sowie Nr. 17.1.1 a.E. der Unterhaltsleitlinien des OLG Hamm, Stand 1.1.2009, andererseits; siehe zur vorausschauenden Beurteilung der Verhältnisse auch BGH, FamRZ 1997, 873, 875f.). Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist eine mögliche Befristung von den Parteien nicht angesprochen worden. Erstmals im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 2.2.2010 macht der Beklagte eine solche Befristung geltend. Damit wird der Klägerin aber die Möglichkeit genommen, ergänzend Umstände vorzutragen, die gegen eine Befristung sprechen könnten. Es hat daher wie in erster Instanz bei dem unbefristeten Ausspruch zu verbleiben. Der Beklagte ist hinsichtlich etwaiger Änderungen in der Betreuungssituation auf das Abänderungsverfahren zu verweisen.

8. Von einer (teilweisen) Erfüllung des Unterhaltsanspruchs kann nicht ausgegangen werden. Dass Barunterhalt geleistet worden sei, hat der Beklagte selbst nicht behauptet. Soweit er geltend macht, eine Erfüllung des Unterhaltsanspruchs sei bis Januar 2009 durch Wohnungsgewährung erfolgt, kann er damit nicht durchdringen. Dabei kann dahinstehen, ob eine kostenlose Wohnungsgewährung vorliegt oder, wie von der Klägerin behauptet, Miete gezahlt worden ist. Auch kann offenbleiben, unter welchen Voraussetzungen eine kostenlose Wohnungsgewährung überhaupt zu einer (teilweisen) Erfüllung eines Unterhaltsanspruchs führen kann. Denn vorliegend ist zu beachten, dass das Amtsgericht, von den Parteien unbeanstandet, dem Beklagten einen Wohnvorteil erst für die Zeit ab Februar 2009 zugerechnet hat. Damit ist dem Umstand, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Klägerin mit ihren beiden Töchtern im Haus des Beklagten gelebt hat, hinreichend Rechnung getragen.

9. Der Ausspruch zu den Zinsen ist abzuändern. Soweit das Amtsgericht über den konkret zuerkannten Zinsanspruch aus 426 € ab 12.11.2008 hinaus die Feststellung ausgesprochen hat, es würden weitere Zinsen geschuldet, fehlt es an einem Feststellungsinteresse.

10. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

11. Die Revision wird entgegen der Anregung in der Berufungserwiderung nicht zugelassen, da die Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die vorliegende Entscheidung steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. ..." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.03.2010 - 10 UF 63/09)

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Zum Unterhaltsanspruch einer Studentin gem. § 1615 l II BGB nach Vollendung des dritten Lebensjahres des betreuten Kindes. Setzt die Mutter eines nichtehelichen Kindes ihr Studium fort, steht ihr auch über das dritte Lebensjahr des von ihr betreuten Kindes hinaus ein Unterhaltsanspruch zu (OLG Nürnberg, Urteil vom 13. 8. 2009 - 10 UF 360/09, NJW 2010, 1084 f):

„....Die Parteien streiten um einen Unterhaltsanspruch nach § BGB § 1615l BGB. Sie sind die Eltern des im Dezember 2004 geborenen Kindes A. Der Junge lebt bei der Kl. und wird von ihr betreut und versorgt. Von Montag bis Freitag besucht er in der Zeit von 8.30 bis 16 Uhr eine Kindertagesstätte. Die Kl. ist Studentin. Sie hat zunächst zwei Semester Betriebswirtschaftslehre studiert. Anschließend hat sie fünf Semester ein Magisterstudium in den Fächern Spanisch und Englisch absolviert, bevor sie im Jahre 2004 in das Studienfach Lehramt für Realschule (Fächer: Deutsch und Englisch) gewechselt ist. Wegen der Betreuung des Sohnes hat sie sich sodann für vier Semester beurlauben lassen. Nunmehr befindet sie sich im sechsten Fachsemester Lehramt. Den Abschluss des Studiums hat sie für Juli 2010 ins Auge gefasst. Seit Juni 2008 übt die Kl. neben ihrem Studium an den Wochenenden eine Geringverdienertätigkeit aus. Sie verdient dabei monatlich zwischen 369 Euro und 396 Euro. Der Bekl. zahlt für den Sohn Kindesunterhalt von monatlich 258 Euro. Die Kl. begehrt ab August 2008 Unterhalt in Höhe von 770 Euro.

Das AG - FamG - hat unter Klageabweisung im Übrigen den Bekl. verurteilt, an die Kl. monatlichen Unterhalt nach § 1615 l II 4 und 5 BGB in Höhe von 428 Euro ab 1. 8. 2008 zu zahlen. Dabei hat es auf den mit 770 Euro angesetzten Bedarf der Kl. deren um die Erwerbspauschale und den Erwerbstätigenbonus gekürztes (fiktives) Einkommen angerechnet. Der Bekl. hat Berufung eingelegt. Er hält einen Unterhaltsanspruch nach § 1615 l II BGB für nicht gegeben. Nicht die Betreuung des Kindes, sondern das Studium der Kl. sei die Ursache für deren Nichterwerbstätigkeit. Der vom AG zugesprochene Unterhalt stelle sich de facto als vom Bekl. nicht geschuldeter Ausbildungsunterhalt dar, wobei sich die Studienzeit auf Grund des Studienfachwechsels der Kl. verlängert habe. Zudem lägen weder kindes- noch elternbezogene Belange vor, die eine Verlängerung der Unterhaltsverpflichtung über drei Jahre nach der Geburt des Kindes hinaus rechtfertigen würden. Zum einen sei eine Ganztagsbetreuung des Kindes gewährleistet; zum anderen sei auch kein eine Unterhaltspflicht begründender Vertrauenstatbestand geschaffen worden, insbesondere habe es keine gemeinsame Lebensplanung der Parteien gegeben. Auch dürfe nicht von einem Mindestbedarf von 770 Euro ausgegangen werden; maximal sei der nach der Düsseldorfer Tabelle von Eltern an Studenten zu zahlende Regelunterhaltsbetrag von 640 Euro anzusetzen. Von diesem Betrag seien neben dem - nur um die Erwerbspauschale zu kürzenden - (fiktiven) Eigeneinkommen die von der Kl. erst in der zweiten Instanz mitgeteilten BAföG-Leistungen - auch die darlehensweise gewährten - bedarfsmindernd abzuziehen. Die Berufung des Bekl. war teilweise erfolgreich. ...

II. Der Kl. steht gegen den Bekl. ein Unterhaltsanspruch nach § 1615 l II 4 und 5 BGB zu, allerdings nicht in der vom AG zuerkannten Höhe.

1. Dem steht nicht entgegen, dass die Kl. nicht wegen der Kinderbetreuung, sondern wegen ihres Studiums keine über den Umfang einer geringfügigen Beschäftigung hinausgehende Tätigkeit ausübt - dies wäre ihr im Hinblick auf die ganztägige (bis 17.30 Uhr ausdehnbare) Fremdbetreuung des Kindes in einer Kindertagesstätte grundsätzlich möglich.

Seit der Neufassung des § 1615 l II BGB durch das Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz vom 21. 8. 1995 (BGBl I, 1050) kann die nicht verheiratete Mutter vom Vater Unterhalt bereits dann verlangen, wenn von ihr wegen der Pflege und Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Seither galt nach der Rechtsprechung des BGH für diesen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nur noch ein eingeschränktes Kausalitätserfordernis; es kam nicht mehr darauf an, ob von der Mutter ohne die Kinderbetreuung eine (weitergehende) Erwerbstätigkeit ausgeübt würde bzw. werden könnte (vgl. z.B. BGH, NJW 1998, NJW Jahr 1998 Seite 1309 = FamRZ 1998, FAMRZ Jahr 1998 Seite 541; NJW 2005, NJW Jahr 2005 Seite 818 = FamRZ 2005, FAMRZ Jahr 2005 Seite 442). Zwar sind die zitierten Entscheidungen zu dem auf drei Jahre befristeten Unterhaltsanspruch ergangen. Diese Grundsätze sind jedoch auch auf den verlängerten Betreuungsunterhalt des § 1615 l III BGB a.F. übertragbar, da die Grundvoraussetzungen hierfür die gleichen waren und die Verlängerung ausschließlich davon abhängig war, ob die Versagung des Unterhaltsanspruchs grob unbillig wäre (hiervon ist u.a. das OLG Frankfurt a. M. in seiner Entscheidung vom 13. 10. 1999, NJW-RR 2000, NJW-RR Jahr 2000 Seite 1249 = FamRZ 2000, FAMRZ Jahr 2000 Seite 1522, ausgegangen).

Durch die Änderung des Unterhaltsrechts zum 1. 1. 2008 hat sich an dieser Beurteilung nichts geändert. Die Voraussetzungen für den „Basisbetreuungsunterhalt" sind gleich geblieben; nur die Verlängerung aus Billigkeitsgründen ist - unter Angleichung an § 1570 BGB - erleichtert worden.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass von der Kl. eine (weitergehende) Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

Die Kl. ist bereits durch ihr Studium weitgehend ausgelastet. Die Betreuung des jetzt vier Jahre und acht Monate alten Sohnes nimmt sie darüber hinaus, trotz ganztägiger Fremdbetreuung des Kindes in einer Kindertagesstätte, im beachtlichen Maße in Anspruch. Die Betreuung erschöpft sich bei Weitem nicht darin, das Kind zur Kindertagesstätte zu bringen und von dort wieder abzuholen. Vielmehr hat die Kl. in Anbetracht des Alters des Kindes zu Hause für eine engmaschige Beaufsichtigung zu sorgen und ist allein dadurch zeitlich bis zum Schlafengehen des Kindes um 20 Uhr gebunden.

Diese Inanspruchnahme durch Studium und Kindesbetreuung lässt es nicht zu, dass die Kl. über den am Wochenende zusätzlich ausgeübten Minijob hinaus einer weiteren Erwerbstätigkeit nachgeht. Damit sind die Voraussetzungen des § 1615 l II 2 BGB zu bejahen.

2. Was die Dauer des Unterhaltsanspruchs anbelangt, ist eine Verlängerung über den „Basisunterhalt" von drei Jahren hinaus aus Billigkeitsgründen geboten (§ 1615 l II 4, 5 BGB).

Zwar sind kindbezogene Gründe i.S. des § 1615 l II 5 BGB nicht vorhanden.

Wie sich aus der gesetzlichen Formulierung „insbesondere" ergibt, können jedoch auch sonstige (sog. „elternbezogene") Gründe für eine Verlängerung ausreichen.

Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass die Parteien - abgesehen von sporadischen Übernachtungen des Bekl. bei der Kl. - nicht zusammengelebt haben und ersichtlich auch keine gemeinsame, einen Vertrauenstatbestand begründende Lebensplanung hatten, so ist doch zu berücksichtigen, dass der Kl. Probleme erwachsen sind, die daraus resultierten, dass sie mitten im Studium schwanger wurde. Dass sie sich nach der Geburt des Kindes für zwei Jahre beurlauben ließ, um erst danach weiter zu studieren, ist verständlich; ein endgültiger Abbruch des Studiums konnte von ihr ernsthaft nicht verlangt werden, zumal der Abschluss des Studiums letztlich auch dem gemeinsamen Kind der Parteien zugute kommt. Auch wegen des Studienverlaufs kann ihr kein die Versagung von Unterhalt rechtfertigender Vorwurf gemacht werden. Insbesondere ist der Wechsel vom Magister- zum Lehramtsstudium nachvollziehbar; die Begründung, dass sich der Lehrerberuf besser mit der Kinderbetreuung vereinbaren lasse, erscheint plausibel.

Für diese Entwicklung hat der Bekl. angemessen einzustehen.

Auch ist anzuerkennen, dass die Kl. neben ihrer Belastung durch Studium und Kindesbetreuung noch einen Minijob ausübt. Diesem Engagement sollte auf Seiten des Bekl. für eine gewisse Übergangszeit ein vertretbarer finanzieller Beitrag zum Unterhalt der Kl. gegenüberstehen. Eine unzumutbare Belastung ist insoweit nicht erkennbar. Auch das vom Prozessbevollmächtigten des Bekl. im letzten Termin angesprochene Vorhaben des Bekl., eine Eigentumswohnung zu erwerben, wird dadurch nicht ernsthaft in Frage gestellt.

Nach allem ist daher der Kl. aus Billigkeitsgründen ein über die Drei-Jahres-Frist hinausgehender Unterhaltsanspruch zuzusprechen. Die Dauer ist allerdings zu begrenzen auf den für Juli 2010 zu erwartenden Abschluss des Studiums der Kl.

3. Soweit der Bekl. einwendet, er werde dadurch an Stelle der Eltern der Kl. zu „Ausbildungsunterhalt" herangezogen, ist auf den gesetzlich normierten Vorrang in § 1615 l III 2 BGB sowie die Ausgestaltung des § 1615 l II 2 BGB und die daraus herzuleitende Einschränkung des Kausalitätserfordernisses zu verweisen. (…)

4. Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (§ 1615 l III 1 i.V. mit § 1610 I BGB).

a) Dabei ist - entgegen der Auffassung des Bekl. - von einem Mindestbedarf auszugehen (hierzu neigt auch der BGH, NJW 2008, NJW Jahr 2008 Seite 3125 = FamRZ 2008, FAMRZ Jahr 2008 Seite 1739 m. Darstellung des Meinungsstands in Rspr. und Lit.).

Abzustellen ist auf den notwendigen Selbstbehalt Nichterwerbstätiger in Höhe von 770 Euro (vgl. auch Palandt/Diederichsen, BGB, 68. Aufl., § 1615l Rdnr. 24). Damit wird der vom Bekl. angeführte Pauschalbetrag der Düsseldorfer Tabelle überschritten, was im Hinblick darauf, dass der Bedarf einer Studentin mit Kleinkind den kinderloser Kommilitonen übersteigt, gerechtfertigt erscheint.

b) Bedarfsmindernd sind die von der Kl. tatsächlich erzielten Einkünfte aus geringfügiger Tätigkeit zu berücksichtigen.

Zwar wird man diese Tätigkeit der Kl. als überobligationsmäßig anzusehen haben (zur Nebentätigkeit von Studenten beim Kindesunterhalt vgl. Wendl/Staudigl, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1 Rdnr. 553; s. auch BGH, NJW 1995, NJW Jahr 1995 Seite 1215 = FamRZ 1995, FAMRZ Jahr 1995 Seite 475 m.w. Nachw.). Die analog § BGB § 1577 BGB § 1577 Absatz II BGB anzustellende Billigkeitsabwägung führt jedoch zur Anrechenbarkeit, zumal die Kl. bereits vor dem hier streitgegenständlichen Zeitraum eine Nebentätigkeit ausgeübt hat und während ihrer Erwerbstätigkeit - offensichtlich problemlos - durch ihre Eltern bei der Kindesbetreuung entlastet wird. Zudem wird durch die Anrechnung den beiderseitigen Interessen der Parteien angemessen Rechnung getragen.

Nachdem die Kl. Einkünfte in unterschiedlicher Höhe bezieht, legt der Senat den Mittelwert zu Grunde (369 Euro + 396 Euro : 2 = 382,50 Euro).

Hiervon in Abzug zu bringen sind die berufsbedingten Aufwendungen in Höhe von pauschal 5%, so dass sich ein anzurechnender Betrag von monatlich rund 363 Euro ergibt.

Ein - nur beim Quotenunterhalt zum Tragen kommender - Erwerbstätigenbonus ist hier, entgegen der Auffassung des AG, nicht zu berücksichtigen.

c) Anzurechnen auf den Bedarf der Kl. sind ferner BAföG-Leistungen, auch soweit sie als Darlehen bezogen wurden (vgl. BGH, NJW 1985, NJW Jahr 1985 Seite 2331) oder hätten bezogen werden können (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2010, NJW-RR Jahr 2010 Seite 8 = MDR 2009, MDR Jahr 2009 Seite 810).

Dabei handelt es sich um folgende Beträge:

8/2008 - 9/2008: 103 Euro mtl.
10/2008:198 Euro mtl.
11/2008 - 3/2009: 235 Euro mtl.
4/2009 - 3/2010: 167 Euro mtl.

Für die Zeit ab April 2010 kann nach dem Akteninhalt nicht von einem Bezug von BAföG-Leistungen ausgegangen werden, zumal die Förderhöchstdauer bereits einmal mit März 2009 angegeben war.

Gegebenenfalls ist diesbezüglich (wie auch bei sonstigen Veränderungen) ein Vorgehen nach § ZPO § 323 ZPO angezeigt.

d) Danach errechnen sich folgende Unterhaltsbeträge:

8/2008 - 9/2008: 2 x (770 Euro - 363 Euro - 103 Euro) = 608 Euro
10/2008: (770 Euro - 363 Euro - 198 Euro) = 209 Euro
11/2008 - 3/2009: 5 x (770 Euro - 363 Euro - 235 Euro) =860 Euro
4/2009 - 8/2009: 5 x (770 Euro - 363 Euro - 167 Euro) =1200 Euro

2877 Euro

9/2009 - 3/2010: je 240 Euro (770 Euro - 363 Euro - 167 Euro)
4/2010 - 7/2010: je 407 Euro (770 Euro - 363 Euro) ..."

***

Der Anrechnung fiktiver Einkünfte bei der Berechnung eines Anspruchs auf Kindesunterhalt steht § 1611 II BGB auch dann entgegen, wenn das minderjährige Kind eine vorangegangene Ausbildung abgebrochen hat und es sich um die Ersatzhaftung nach dem nichtehelichen Vater gem. §§ 1615l III, 1607 BGB handelt. Die Ersatzhaftung der Eltern der nichtehelichen Mutter erstreckt sich nach Maßgabe des § 1615l I BGB auf die Zeit von sechs Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt des Kindes, weil wegen der Beschäftigungsverbote nach §§ 3 II, 6 MuSchG die Berechtigte eine Erwerbstätigkeit nicht ausüben muss. Die Ersatzhaftung der Eltern der nichtehelichen Mutter ist in der Regel auf den Zeitraum begrenzt, in der nach § 1615l II BGB der nichteheliche Vater auf Unterhaltszahlungen in Anspruch genommen werden könnte. Die Frage, wie lang Eltern einer nichtehelichen Mutter auf eine Ersatzhaftung in Anspruch genommen werden können, ist nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung des in § 1602 BGB normierten Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit des volljährigen Kindes zu entscheiden. Dabei ist unter anderem darauf abzustellen, welchen Ausbildungsstand die Unterhaltsberechtigte hat, welche Kinderbetreuungsmöglichkeiten tatsächlich zur Verfügung stehen und welchen Beitrag der Vater des nichtehelichen Kindes zu dessen Betreuung leisten kann (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 04.06.2009 - 2 UF 328/08 zu BGB §§ 1602 II, 1607, 1611, 1615l I bis III):

„... Die Kl. ist die am 25. 1. 1989 geborene Tochter des Bekl. Sie nimmt diesen auf Zahlung von Kindesunterhalt für die Zeit vom 1. 9. 2006 bis zum 25. 1. 2007 in Anspruch und verlangt außerdem ab Februar 2007 Verwandtenunterhalt im Wege der Ersatzhaftung nach §§ 1607, 1615l III BGB. Die Kl. ist nach der Trennung ihrer Eltern 1991 im Haushalt der Großmutter väterlicherseits aufgewachsen, die seit 1993 auch die Vormundschaft für sie innehatte. Im November 2005 wechselte sie in den Haushalt ihrer Mutter. Unterhaltszahlungen für sie hat der Bekl. unter Hinweis auf die gesetzliche Vertretung durch die Großmutter nicht erbracht. Am 11. 9. 2006 ist die elterliche Sorge für die Kl. auf ihre Mutter zurückübertragen worden, die den Bekl. sodann wirksam zur Zahlung von Unterhalt aufgefordert hat. Da der Bekl. keine Zahlungen erbrachte, ist Klage erhoben worden. Der Bekl. ist selbstständiger Holzrückeunternehmer und im Nebenerwerb als Landwirt tätig. Er hat im Jahr 2004 ein bereinigtes Einkommen in Höhe von 19298,50 Euro, im Jahr 2005 in Höhe von 29744 Euro und im Jahr 2006 von 13917 Euro erwirtschaftet, so dass ihm durchschnittlich 1748 Euro zur Verfügung standen. Der Bekl. wohnt mietfrei in der eigenen Immobilie, die eine Wohnfläche von 150 m2 aufweist. Der Bekl. ist gegenüber der volljährigen Schwester der Kl. ebenfalls unterhaltspflichtig. Die Mutter der Kl. betreut drei minderjährige Kinder, die aus ihrer zweiten Ehe hervorgegangen sind; sie verdient monatlich etwa 400 Euro.

Die Kl. hat im Jahr 2005 eine Ausbildung zur Köchin begonnen, die sie unmittelbar vor dem Umzug zu ihrer Mutter abgebrochen hat. Sie plante zunächst den Besuch einer Berufsfachschule, um dort den Realschulabschluss nachzuholen und eine Ausbildung zur Kindergärtnerin zu absolvieren. Allerdings ist sie im Frühjahr 2006 schwanger geworden. Nach der Geburt ihrer Tochter im Januar 2007 ist sie mit dem Vater der Kindes, Herrn X, zusammengezogen. Seit der Geburt der Tochter erhält sie für sich kein Kindergeld mehr. Der Vater der Tochter befand sich seinerzeit noch in einer Ausbildung zum Metallbauer und hat hier bei vollschichtiger Tätigkeit im Jahr 2007 Bruttoeinkünfte in Höhe von insgesamt 5880 Euro erwirtschaftet. Nach Beendigung der Ausbildung zum Februar 2008 war er eine Zeitlang arbeitslos und lebte (mit der Kl.) von Transferleistungen. Als Weiterbildungsmaßnahme hat er während der Arbeitslosigkeit einen Schweißerlehrgang angefangen; diesen hat er abgebrochen, weil die Fahrtkosten zum Ausbildungsort nicht finanziert wurden. Er ist seit September 2008 über eine Zeitarbeitsfirma beschäftigt und arbeitet vollschichtig zu einem Bruttolohn von 7,63 Euro monatlich. Die Kl. bezieht seit dem 1. 2. 2008 Leistungen der Arbeitsförderung für sich und das Kind. Außerdem erhält sie Erziehungsgeld in Höhe von 300 Euro und geht seit dem 1. 9. 2008 einer Aushilfstätigkeit nach, die mit 100 Euro monatlich vergütet wird.

Das AG - FamG - hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl. hatte Erfolg. ...

II. Der Bekl. schuldet der Kl. Verwandtenunterhalt, solange sie aus besonderen Umständen nicht dazu in der Lage ist, sich aus eigener Kraft zu unterhalten, und solange sie den Vater ihrer Tochter nicht zu Unterhaltszahlungen heranziehen kann, §§ 1601, 1602 II, 1607, 1615l III BGB.

1. Für den Zeitraum, in dem die Kl. noch minderjährig war, gilt dies nach folgenden Erwägungen:

Das minderjährige Kind kann Unterhaltsansprüche geltend machen, wenn es bedürftig ist. § 1602 BGB bestimmt zum Verwandtenunterhalt allgemein, dass unterhaltsberechtigt derjenige ist, der außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten. Für minderjährige, unverheiratete Kinder gilt das gem. § 1602 II BGB mit der Maßgabe, dass ein Kind seinen Vermögensstamm nicht angreifen muss und Unterhalt verlangen kann, wenn die Früchte des Vermögens neben den Erträgen seiner Arbeit nicht ausreichen, um den Bedarf zu decken. Grundsätzlich besteht für das minderjährige Kind keine Erwerbsobliegenheit (Palandt/Diederichsen, BGB, 68. Aufl., § 1602 Rdnr. 5). Allerdings ist auch das minderjährige, arbeitsfähige Kind dazu verpflichtet, sich in Zeiten, in denen kein Schulbesuch ansteht und die vor Aufnahme einer Ausbildung stehen, durch geeignete Erwerbsbemühungen an seinem Unterhaltsaufwand zu beteiligen (Palandt/Diederichsen, § 1602 Rdnr. 5, § 1610 Rdnr. 19). Für eine maßvolle Überbrückungszeit gilt jedoch, dass die Obliegenheit der Aufnahme einer Nebentätigkeit nicht sogleich greift und die Eltern auf Unterhalt in Anspruch genommen werden können.

Das gilt allerdings nur in dem Umfang, in dem für das Kind eine tatsächliche Erwerbsmöglichkeit besteht. Ist das Kind aus tatsächlichen Gründen außer Stande, ein Einkommen zu erwirtschaften, dann bleiben die Eltern in der Pflicht, den Unterhalt sicherzustellen. Davon ist hier auszugehen, da die Pflicht des minderjährigen Kindes, seinen Unterhalt durch eigene Kraft sicherzustellen, nicht intensiver ausgeprägt sein kann, als die den Elternteil gegenüber minderjährigen Kindern treffende gesteigerte Erwerbsobliegenheit (so für die Erwerbsobliegenheit des volljährigen Kindes Palandt/Diederichsen, § 1602 Rdnr. 7). Im Ergebnis kommt es daher darauf an, welche reale Beschäftigungschance die Kl. hatte und ob sie tatsächliche Möglichkeiten ausschöpfen konnte, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.

Die Kl. war im September 2006 etwa im fünften Monat schwanger. Sie hatte eine Ausbildung zur Köchin abgebrochen und konnte auf keine anderen Qualifikationen zurückgreifen. Gemäß § 2 MuSchG ist der Arbeitsplatz einer Schwangeren besonders einzurichten und sie darf nicht mit Aufgaben betraut werden, bei denen sie ständig stehen oder gehen muss. Nimmt sie Aufgaben wahr, bei denen sie ständig sitzen muss, dann ist ihr Gelegenheit zu Unterbrechungen zu geben. Nach §§ 3, 4 MuSchG gelten weitere, teilweise absolute Beschäftigungsverbote, die die körperliche Belastung betreffen. Außerdem greifen Schonfristen (sechs Wochen vor und mindestens acht Wochen nach der Entbindung), während derer eine Arbeitsaufnahme nicht geschuldet ist. Dazu kommen die Arbeitszeiteinschränkungen nach §§ 8, 12 bis 18 JArbSchG, die für die Kl. als jugendliche Arbeitnehmerin gegolten haben, § 1 JArbSchG.

Bei dieser Sachlage ist nach Auffassung des Senats sicher davon auszugehen, dass die Kl. als ungelernte Arbeiterin keine Chance auf eine Anstellung in ein Arbeitsverhältnis oder die Aufnahme einer Aushilfstätigkeit gehabt hat. Gerade im ungelernten Bereich sind in großer Zahl Arbeitskräfte verfügbar, bei denen Arbeitgeber nicht mit derartigen Einschränkungen rechnen müssen. Eine reale Beschäftigungsmöglichkeit existierte daher nicht.

Der Kl. kann für die Zeit vor ihrem 18. Geburtstag daher auch nicht deswegen ein fiktives Einkommen unterstellt werden, weil sie eine Ausbildung abgebrochen hat und sich nicht sogleich um eine Aushilfsstelle bemühte, bevor sie schwanger wurde. Denn dies käme der Feststellung eines Verwirkungsgrundes wegen einer vorangegangenen Obliegenheitsverletzung gleich, die mit der Sperre des § 1611 II BGB für den Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes unvereinbar ist (dazu Palandt/Diederichsen, § 1611 Rdnr. 11). Anders als das AG ausgeführt hat, kann es deswegen einem minderjährigen Kind nicht dauerhaft zum Nachteil gereichen, dass eine Ausbildung abgebrochen wird und es sodann aus nachvollziehbaren anderen Gründen (zunächst) keine weitere Ausbildung beginnt. Es kommt allein darauf an, wie die tatsächlichen Einkommensverhältnisse und Erwerbsmöglichkeiten ausgestaltet sind. Aspekte wie eine fiktive Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder im Schwangerschaftsfall können nicht greifen.

Soweit der Bekl. sich also darauf berufen möchte, dass die Kl. mutwillig gehandelt hat und ihr gleichsam wegen des Fortwirkens der unüberdachten Entscheidung zum Ausbildungsabbruch auch noch im September des Folgejahres fiktiv Einkünfte daraus angerechnet werden müssten, kann er deswegen damit in der Zeit der Minderjährigkeit nicht durchdringen.

Auch Billigkeitserwägungen, die der Bekl. für sich beansprucht, können nicht zu einer anderen Bewertung führen, auch wenn mitbedacht wird, dass während der in § 1615l I BGB definierten Zeiten bereits die Ersatzhaftung nach §§ 1615l III, 1607 BGB zum Tragen kam. Hier ist dazu zu bedenken, dass der Bekl. in der Zeit, in der die Kl. der Vorwurf einer Obliegenheitsverletzung treffen kann, unter Berufung auf die nicht nachgewiesene wirksame Vertretung des Kindes und seine fehlende Vaterschaft keine Unterhaltszahlung für das minderjährige Kind erbrachte. Von einer Überschreitung des dem Vater einer minderjährigen Tochter zumutbaren Unterhaltsaufwands kann daher nicht ausgegangen werden.

2. Ab dem Monat Februar 2009 ist der Unterhalt für die Kl. als Unterhalt für das volljährige Kind nach Maßgabe der §§ 1601, 1602, 1607, 1610, 1615l III BGB zu gewähren. Auch hier greifen die Bedenken des Bekl. an der Unterhaltspflicht nicht durch.

Die Kl. ist ab dem Monat Februar 2007 volljährig und daher nur dann bedürftig i.S. von § 1602 BGB, wenn es ihr nicht zuzumuten ist, durch eigenen Erwerb ihren Bedarf zu erwirtschaften (a) und außerdem der Vater des im Januar 2007 geborenen Kindes außer Stande ist, für ihren Mindestunterhalt aufzukommen (b). Die Höhe des vom Bekl. geschuldeten Unterhalts kann durch eine Mithaftung der Mutter der Kl. begrenzt sein (c).

a) Es kommt ausschlaggebend darauf an, inwieweit die Kl. zur Sicherung ihres Bedarfs auf eine eigene Berufstätigkeit verwiesen werden kann.

(1) Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass die Betreuung eines Kindes unterhaltsbedürftig machen kann, wenn die Mutterschaft nicht - wofür hier Anhaltspunkte fehlen - letztlich nur Ausdruck schrankenloser Selbstverwirklichung ist und aus Scheu vor Arbeit dem Berufsleben vorgezogen wird (Palandt/Diederichsen, § 1602 Rdnr. 8). Unter welchen Voraussetzungen ein volljähriges Kind von seinen Eltern trotz eigener Arbeitsfähigkeit Unterhalt verlangen kann, weil es tatsächlich kein Erwerbseinkommen hat, ist auch dann nach dem im Bereich des § 1603 II BGB geltenden strengen Maßstab zu beurteilen, wenn Kleinkinder betreut werden (BGH, NJW 1985, 806 = FamRZ 1985, 273; OLG Hamm, FamRZ 1996, 1104; NJW-RR 1991, 580 = FamRZ 1990, 1385; OLG Oldenburg, NJW-RR 1992, 261 = FamRZ 1991, 1090). Der Auffassung jedoch, nach der eine Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber dem Kind, das auf Grund der Geburt und Betreuung eines eigenen Kindes bedürftig wird, ausscheidet, kann nicht gefolgt werden (so BGH, NJW 1985, 806 = FamRZ 1985, 27 unter Bezugnahme auf die verworfene Auffassung von Palandt/Diederichsen, 43. Aufl., § 1601 Rdnr. 2, § 1610 Rdnr. 2e; a.A. Dietzen, FamRZ 1989, 240).

(2) Ab wann das volljährige Kind nach der Geburt eines eigenen Kindes eine Obliegenheit dazu trifft, Erwerbseinkommen zu erwirtschaften, kann nicht einheitlich beantwortet werden. Einigkeit besteht darin, dass es zur Beurteilung dieser Frage darauf ankommt, inwieweit zumutbar Betreuungsmöglichkeiten für das Kind genutzt werden können. Vor allem dann, wenn der nichteheliche Vater eines Kindes zur Betreuung des Kindes zur Verfügung steht, kann die Mutter eines Kleinkindes frühzeitig gehalten sein, sich durch Arbeiten auch einfacher, unqualifizierter Art selbst zu unterhalten (BGH, NJW 1985, 806 = FamRZ 1985, 27; OLG Hamm, FamRZ 1996, 1104; NJW-RR 1991, 580 = FamRZ 1990, 1385; OLG Karlsruhe, FamRZ 1988, 200 [201]).

Für die Frage der Zumutbarkeit der Aufnahme einer Berufstätigkeit gibt § 1615l I BGB einen Anhaltspunkt dafür, wie lange der Unterhaltsanspruch insgesamt geltend gemacht werden kann (BGH, NJW 1985, 806 = FamRZ 1985, 27; OLG Düsseldorf, FamRZ 1989, 1226; OLG Oldenburg, NJW-RR 1992, 261 = FamRZ 1991, 1090). Danach ist für die Zeitspanne sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung ein Unterhaltsanspruch anzunehmen. Diese Eingrenzung korrespondiert im Übrigen auch mit den zitierten arbeitsschutzgesetzlichen Hindernissen, die einer Arbeitsaufnahme im Wege stehen. Denn hier normieren §§ 3 und 6 MuSchG Beschäftigungsverbote.

In dieser Zeit - die hier konkret bis zum 13. 3. 2007 andauerte - kann die Kl., die tatsächlich keine Entgeltfortzahlungen in Anspruch nehmen konnte, auch im Verhältnis zu dem unterhaltspflichtigen Bekl. nicht auf die Aufnahme einer Beschäftigung verwiesen werden, weil eine legale Beschäftigung bereits nicht möglich ist.

(3) Die Dauer der Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt kann sich im Übrigen an den in § 1615l II BGB normierten Zeitspannen orientieren. Hier geht der Gesetzgeber von der Möglichkeit aus, dass die Betreuung von Kindern der Aufnahme einer Berufstätigkeit entgegenstehen kann, bis das Kind das dritte Lebensjahr vollendet. Diese zeitliche Schranke muss im Ergebnis auch für die Eltern der Kl. gelten. Denn die Kl. ist auch im Verhältnis zu ihnen darauf verwiesen, sich nach Ablauf dieser Zeit um eine Stelle zu bemühen. Der Bekl. als ihr Vater kann im Wege der Ersatzhaftung nicht schlechter als der Vater des Kindes gestellt sein (BGH, NJW 1985, 806 = FamRZ 1985, 27; OLG Düsseldorf, FamRZ 1989, 1226).

Die Zeitspanne, in der Eltern im Wege der Ersatzhaftung nach §§ 1615l III, 1607 BGB auf Unterhalt in Anspruch genommen werden können, muss daher für die Zeit von bis zu drei Jahren unter Zugrundelegung der konkreten Betreuungsmöglichkeiten für das Kind und den damit verknüpften Verdienstmöglichkeiten der unterhaltsberechtigten Mutter bemessen werden (OLG Hamm, FamRZ 1996, 1104; OLG Oldenburg, NJW-RR 1992, 261 = FamRZ 1991, 1090). Die Verdienstmöglichkeiten der nichtehelichen Mutter sind dabei auch unter Zugrundelegung ihres Alters und der vorhandenen Berufsausbildung anhand der tatsächlichen Umstände zu bewerten.

Hier gilt deswegen Folgendes: Der Vater des Kindes der Kl. ist im Jahr 2007 vollständig einer Ausbildung nachgegangen, ausweislich des Leistungsänderungsbescheids der ARGE hat er zum 1. 2. 2008 die Ausbildung beendet und stand im Bezug von Leistungen nach dem SGB II.

Bis zum Februar 2008 war die Kl. bei der Betreuung des Kindes zum größten Teil auf sich verwiesen. In dieser Zeit hätte sie auch bei Berücksichtigung ihres geringen Alters daher eine Arbeitsaufnahme mit den Belangen des Kindes nicht vereinbaren können. Eine mit den Bedürfnissen des Kleinstkindes vereinbare Arbeitstätigkeit dürfte sie auch vor dem Hintergrund ihres schlechten Ausbildungsstandes nicht verwirklicht haben können. Sie hier auf Arbeit in den Abendstunden zu verweisen, in denen der Vater ihrer Tochter das Kind beaufsichtigen konnte, hieße sie auf Arbeitsplätze im Gastronomiebereich zu beschränken, deren Erreichbarkeit im ländlichen Raum erschwert ist. Das rechtfertigt es im vorliegenden Fall, die Unzumutbarkeit der Arbeitsaufnahme bis zum Februar 2008 anzunehmen.

Ab Februar 2008 stand auch der Vater des Kindes zur Betreuung zur Verfügung, denn auch an dem Schweißerlehrgang hat er nicht teilgenommen. Die jungen Eltern leben in einem Haushalt und können sich in Fragen der Betreuungszeiten ohne Weiteres absprechen. Die Betreuung der Tochter der Kl. durch den Kindesvater ist überdies keine Fremdbetreuung, deren Zumutbarkeit nach dem Maßstab des § 1615l II BGB grundsätzlich in Frage steht (OLG Hamm, FamRZ 1996, 1104).

Ab diesem Zeitpunkt kann daher nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Kl. außer Stande war, ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit sicherzustellen; sie hätte jedenfalls Vortrag dazu halten müssen, welche Bewerbungsbemühungen sie erfolglos angestellt hat. Bis zur Aufnahme einer Arbeitstätigkeit durch den Kindesvater im September 2008 ist im Übrigen davon auszugehen, dass es der Kl. und dem Vater ihres Kindes hätte gelungen sein können, Kinderbetreuung und Arbeitstätigkeit so aufeinander abzustimmen, dass auch die Kl. einer auskömmlichen Berufstätigkeit im Aushilfsbereich nachgehen kann. Deswegen führt die durch Arbeitsaufnahme des Kindesvaters eingetretene stärkere Heranziehung der Kl. zur Kinderbetreuung auch nicht etwa zu einem Wiederaufleben der Unterhaltsansprüche dem Bekl. gegenüber.

(4) Die Zurechnung fiktiver Einkünfte im Zeitraum bis zum Februar 2008 scheidet aus, weil sich die Kl. nicht vorwerfbar bedürftig gemacht hat, § 1611 BGB. Der Umstand, dass sie während der Minderjährigkeit eine Lehre abgebrochen hat, wirkt nicht dahin fort, dass sie auch für die Zeit der Volljährigkeit so gestellt wird, als habe sie Einkünfte.

b) Der Bekl. kann sich nicht darauf berufen, dass die Einkommensverhältnisse des Herrn X ausreichen, um den Unterhalt der Kl. mitzusichern. Für diesen ist unwidersprochen vorgetragen worden, dass er im Jahr 2007 lediglich 5880 Euro brutto eingenommen hat. Im Jahr 2008 bezog er zunächst Transferleistungen, ab September steht er in einem Arbeitsverhältnis. Hier verdient er in der Stunde 7,63 Euro, was im Jahr 2009 zu Nettoeinkünften in Höhe von höchstens 988,76 Euro führen kann, wie die nachfolgende Berechnung zeigt: ...

Darauf, dass der Vater des Kindes der Kl. im Wege einer gesteigerten Erwerbsobliegenheit so zu stellen ist, als habe er Einkünfte erwirtschaftet, kommt es nicht an. Zum einen bietet die nunmehr faktisch gegebene Einkommenslage einen Anhaltspunkt dafür, welche Einkünfte der Kindesvater gehabt hätte, wenn er nicht die geringer vergütete Ausbildung absolviert hätte. Daraus ergibt sich selbst fiktiv keine Leistungsfähigkeit. Außerdem gilt (wie das AG zutreffend feststellt), dass die Ersatzhaftung nach §§ 1615l III, 1607 BGB bereits dann eintritt, wenn erhebliche Schwierigkeiten in der Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs bestehen, § 1607 II BGB. Diese sind anzunehmen, wenn lediglich auf der Basis fiktiver Einkünfte Unterhaltsansprüche tituliert sind, weil hier regelmäßig eine Zwangsvollstreckung ins Leere geht (Palandt/Diederichsen, § 1607 Rdnr. 12).

c) Die Kl. hat die Haftungsquote des Bekl. auch richtig dargestellt. Die Einkünfte der Mutter sind nachgewiesen, sie liegen weit unter 1100 Euro. Der Bekl. kann nicht einwenden, dass die Mutter der Kl. so zu stellen sei, als habe sie ausreichend Einkommen, um sich an der Haftung für den Unterhalt der volljährigen Kl. zu beteiligen. Die Mutter der Kl. unterliegt im fraglichen Zeitraum keiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit, weil die Kl. weder minderjährig noch privilegiert i.S. des § 1613 II BGB ist. Damit haftet der Bekl. nach Maßgabe seiner eigenen Einkünfte allein auf eine etwaige Bedarfslücke der Kl. (Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt a.M., Nr. 13.3.). ...

2. In der Zeit, in der die Kl. noch minderjährig war (September 2006 bis Januar 2007), bemisst sich ihr Unterhaltsanspruch nach den Einkünften des Bekl. und der dritten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle. Der Bekl. gibt sein bereinigtes Einkommen mit 1748 Euro monatlich an, dazu kommt der Wohnvorteil in der eigenen Immobilie, der mit mindestens 290 Euro anzunehmen ist. Er verfügt daher über ein anrechnungsfähiges Einkommen in Höhe von 2038 Euro. Unter Berücksichtigung des Kindergeldes gem. § 1612b BGB a.F. war er daher seinerzeit zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 316 Euro verpflichtet. Für die Monate September 2006 bis Januar 2007 ist daher ein Unterhaltsrückstand in Höhe von 5 × 316 Euro aufgelaufen, das sind 1580 Euro. Zur Zahlung dieses Unterhaltsbetrags ist der Bekl. ohne Weiteres in der Lage, ohne dass sein Selbstbehalt gefährdet wäre.

3. Anhaltspunkt für den Bedarf der Kl. ab Eintritt der Volljährigkeit der Kl. ist der (Mindest-)Bedarf des aushäusig untergebrachten Kindes mit eigenem Hausstand, der im fraglichen Zeitraum mit 640 Euro bemessen war.

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass sie nicht allein lebt, sondern in einem Haushalt mit dem Vater ihrer Tochter. Da die Ersatzhaftung der Eltern der nichtehelichen Mutter hinter dem nichtehelichen Vater lediglich die Gewährung eines Billigkeitsunterhalts gebietet, stellt sich an sich die Frage einer Herabsetzung dieses Bedarfs (OLG Düsseldorf, FamRZ 1989, 1226). Da die Kl. mit der Geltendmachung von 486 Euro jedoch lediglich einen nach der Billigkeit nach sicherlich geschuldeten Unterhalt verlangt, haftet der Bekl. in diesem Zeitraum auf diesen Betrag. Er kann ihn - selbst einen Selbstbehalt von 1400 Euro unterstellt - auch in Ansehung der Unterhaltsverpflichtung gegenüber der weiteren Tochter aufbringen. Denn dieser gegenüber konnte er im fraglichen Zeitraum nur einen Selbstbehalt in Höhe von 1100 Euro verteidigen.

Der Abzug des der Kl. zugeflossenen Elterngeldes kommt nicht in Betracht, weil das Erziehungsgeld gem. § 9 BErzGG nicht als Einkommen anzurechnen ist (OLG Düsseldorf, FamRZ 1989, 1226). Etwa geflossene staatliche Transferleistungen sind nicht als bedarfsdeckend anzusehen, weil sie gegenüber der Unterhaltspflicht des Bekl. subsidiär sind. Das gilt auch, obwohl gem. § 33 II Nr. 3 SGB II kein Forderungsübergang auf den Träger der Sozialhilfe stattgefunden hat (OLG Brandenburg, NJW-RR 2003, 1515 = FamRZ 2004, 560).

Für die Monate Februar 2007 bis Januar 2008 ist daher ein weiterer Unterhaltsrückstand in Höhe von 12 × 486 Euro aufgelaufen (5832 Euro). ..."

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„... I. In einem gerichtlichen Vergleich vom 3. Mai 2006 hatte sich der Antragsteller verpflichtet, der Antragsgegnerin, seiner geschiedenen Ehefrau, ab Mai 2006 einen monatlichen Unterhalt von 320 EUR zu zahlen. Zum damaligen Zeitpunkt war der Antragsteller, der in einem Beamtenverhältnis bei der ... steht, nur der Antragsgegnerin unterhaltspflichtig. Die Antragsgegnerin bezog Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der Zusatzversorgung der ...

Der Antragsteller hat Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Abänderungsklage begehrt, mit der er das Ziel verfolgt, der Antragsgegnerin ab Mai 2008 keinen Unterhalt mehr zu schulden. Er macht geltend, er sei seinem am 3. Mai 2007 geborenen Sohn L. sowie dessen Mutter, die nicht erwerbstätig sei, unterhaltspflichtig geworden. Deshalb sei er nicht mehr in der Lage, der Antragsgegnerin, die den beiden anderen Unterhaltsgläubigern im Range nachgehe, Unterhalt zu leisten.

Das Amtsgericht hat dem Antragsteller nur insoweit PKH bewilligt, als es um die Zeit von Mai bis Juli 2008 geht, in der der Antragsteller die väterliche Elternzeit in Anspruch genommen hat und lediglich über Elterngeld verfügte. Ab August 2008 hat das Amtsgericht PKH mangels hinreichender Erfolgsaussicht versagt. Es ist der Auffassung, dass die Antragsgegnerin und die Mutter des Kindes L. unterhaltsrechtlich gleichrangig seien und der Antragsteller der Antragsgegnerin im vorliegenden Mangelfall immer noch einen Unterhalt von monatlich 311,51 EUR schulde, womit keine wesentliche Veränderung gegenüber dem Zeitpunkt des Vergleichs vom 3. Mai 2006 vorliege.

II. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die beabsichtigte Abänderungsklage bietet auch für die Zeit ab August 2008 die zur Bewilligung von PKH ausreichende Erfolgsaussicht.

Es ist bereits zweifelhaft, ob die Auffassung des Amtsgerichts zutrifft, dass die Antragsgegnerin und die Mutter des Kindes L. unterhaltsrechtlich gleichrangig sind. Den minderjährigen unverheirateten und privilegierten volljährigen Kindern, die gemäß § 1609 Nr. 1 BGB unterhaltsrechtlich im ersten Rang stehen, folgen im zweiten Rang Elternteile, die wegen Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind - dazu gehört hier die Mutter des Kindes L. jedenfalls ab August 2008 - sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer (§ 1609 Nr. 2 BGB). Die Annahme des Amtsgerichts, dass die Antragsgegnerin die letztgenannte Voraussetzung erfüllt, begegnet Bedenken. Schon nach früherem Recht wurde eine Ehe erst ab etwa 15 Jahren als „lang" angesehen (vgl. BGH FamRZ 1983, 886, 888). Davon dürfte auch nach dem seit Januar 2008 geltenden Recht als Untergrenze auszugehen sein, jedenfalls wenn - wie im vorliegenden Fall - aus der Ehe keine Kinder hervorgegangen sind und keine reine „Hausfrauenehe" vorliegt (vgl. Wendl/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 5 Rn. 116. Palandt/Brudermüller, BGB, Nachtrag zur 67. Aufl., § 1609 Rn. 16). Darüber hinaus sind nach § 1609 Nr. 2 BGB bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer auch (ehebedingte) Nachteile i. S. des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass der zweite Rang nur dann gewahrt ist, wenn über das Zeitmoment hinaus der unterhaltsberechtigte (geschiedene) Ehegatte ehebedingte Nachteile erlitten hat (so ausdrücklich BGH Urteil vom 30. Juli 2008 XII ZR 177/06, Rn. 65). Solche Nachteile sind hier jedoch weder von der insoweit darlegungspflichtigen Antragsgegnerin (vgl. BGH a. a. O Rn. 66) vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Die Tatsache, dass die Antragsgegnerin während der Ehe erkrankt und infolge dessen erwerbsunfähig geworden ist, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Antragsgegnerin (i. S. des § 1578 b Abs. 1 S. 2 BGB) durch die Ehe Nachteile erlitten hat.

Letztlich braucht die Rangfrage aber im Rahmen dieser Entscheidung nicht abschließend beantwortet zu werden. Denn es bestehen unabhängig davon bisher hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der jetzige Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin durch ihr eigenes Renteneinkommen gedeckt ist und ihr aus diesem Grund kein Unterhaltsanspruch mehr gegen den Antragsteller zusteht. Wie der BGH mit dem bereits zitierten Urteil vom 30. Juli 2008 entschieden hat, verringert sich der Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten, wenn das für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehende Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehegatten durch das Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter sinkt (a. a. O. Rn. 31). Dabei wirkt sich nicht nur der Unterhaltsanspruch eines minderjährigen Kindes, sondern auch der Anspruch einer neuen Ehefrau des Unterhaltspflichtigen bereits auf die Berechnung des Unterhaltsbedarfs des geschiedenen Ehegatten aus (a. a. O. Rn. 33). Entsprechendes muss auch für den Anspruch einer nach § 1615 l BGB unterhaltsberechtigten Mutter gelten. Dem gemäß ist die vorliegend vom Amtsgericht vorgenommene Berechnung des Bedarfs der Antragsgegnerin ohne Einbeziehung des Unterhaltsanspruchs der Mutter des Kindes L. im Ansatz unzutreffend. Vielmehr muss schon bei der Bemessung des jetzigen Unterhaltsbedarfs der Antragsgegnerin auch die hinzugetretene Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Mutter des Kindes L. berücksichtigt werden.

Für den Fall des Zusammentreffens eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten des Unterhaltspflichtigen hat sich der BGH (a. a. O. Rn. 39) für eine Verteilung des nach Abzug des vorrangigen Kindesunterhalts verbleibenden Einkommens des Pflichtigen zu je 1/3 auf den Pflichtigen selbst und die unterhaltsberechtigten Ehegatten ausgesprochen. Diese Dreiteilung ist auch dann geboten, wenn einer oder beide unterhaltsberechtigte Ehegatten eigene Einkünfte haben (a. a. O. Rn. 40). In diesem Fall bemisst sich der den beiden unterhaltsberechtigten Ehegatten zustehende Unterhaltsbedarf aus einem Drittel aller verfügbaren Mittel (a. a. O. Rn. 41). Ob diese Grundsätze - und ggf. mit welchen Einschränkungen - auf den hier vorliegenden Fall des Zusammentreffens einer geschiedenen Ehefrau und eines nach § 1615 l BGB unterhaltsberechtigten Elternteils zu übertragen sind, kann nicht bereits im Rahmen der PKHEntscheidung abschließend entschieden werden, sondern muss dem Hauptverfahren vorbehalten bleiben. Es spricht allerdings einiges dafür, dass eine Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten jedenfalls dann angemessen ist, wenn der sich dabei ergebende Unterhaltsbedarf der nach § 1615 l BGB unterhaltsberechtigten Mutter ihr vor der Schwangerschaft erzieltes Einkommen oder - wenn sie nicht erwerbstätig war - den absoluten Mindestbedarf eines nicht erwerbstätigen Volljährigen nicht übersteigt. Auch die Frage, ob dieser im Regelfall mit monatlich 770 EUR anzusetzende Mindestbedarf noch abgesenkt werden kann, wenn die nach § 1615 l BGB unterhaltsberechtigte Mutter - wie offenbar im vorliegenden Fall - mit dem Unterhaltspflichtigen in Haushaltsgemeinschaft lebt, kann nicht bereits im Rahmen dieser PKHEntscheidung abschließend beantwortet werden.

Das Amtsgericht hat das anrechenbare Einkommen des Antragstellers zu hoch veranschlagt. Für die Zeit ab August 2008 ist von dem gleichen Einkommen auszugehen, das der Antragsteller vor der Elternzeit, also von Januar bis April 2008, erzielt hat. Das waren - ohne Kindergeld - monatlich 2.552,03 EUR netto (Bl. 60 - 62 Hauptakte, Bl. 5 PKHHeft). Sonderzahlungen haben Landes und Kommunalbeamte in Niedersachsen derzeit nicht zu erwarten. Vom Nettoeinkommen abzusetzen sind 6,65 EUR vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers, 238,26 EUR Kranken und Pflegeversicherungsbeiträge für den Antragsteller und das Kind L. (Bl. 6 PKHHeft) sowie 5 % als Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen (115,36 EUR). Dann verbleiben monatlich 2.191,76 EUR. Damit ergibt sich nach der Düsseldorfer Tabelle ein Barunterhaltsanspruch des Kindes L. von monatlich 230 EUR (279 EUR abzüglich des hälftigen Kindergeldes). Das nach Abzug des Kindesunterhalts verbleibende Einkommen beträgt monatlich rund 1.962 EUR. Die Antragsgegnerin verfügt über anrechenbare Renten von monatlich rund 982 EUR (wobei die Erhöhung der gesetzlichen Rente zum 1. Juli 2008 noch unberücksichtigt geblieben ist). Die Mutter des Kindes L. hat - soweit bisher ersichtlich - kein Einkommen. Das für die Parteien und die Mutter von L. zur Verfügung stehende unterhaltsrechtlich relevante Gesamteinkommen beträgt somit monatlich (1.962 EUR + 982 EUR =) 2.944 EUR.

Bei einer Dreiteilung des Gesamteinkommens ergibt sich ein Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin von monatlich (2.944 EUR : 3 =) 981 EUR. Da ihr eigenes anrechenbares Einkommen monatlich 982 EUR beträgt, wäre ihr Unterhaltsbedarf damit in voller Höhe gedeckt. Ein Unterhaltsanspruch ergäbe sich für sie nur dann noch, wenn der Unterhaltsbedarf der Mutter von L. geringer als mit monatlich 982 EUR anzusetzen wäre. Das ist jedoch bisher nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, insbesondere im Hinblick darauf, dass sie nach Darstellung des Antragstellers allein einen Krankenversicherungsbedarf von monatlich rund 231 EUR hat. ..." (OLG Celle, Beschluss vom 10.10.2008 - 10 WF 322/08)

***

„... Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist nicht - wie im vorangegangenen Zeitraum von August bis Dezember 2007 - infolge der Mithaftung des nichtehelichen Vaters des Kindes D2 zu kürzen.

(1) Zwar müsste sich der Vater des nichtehelichen Kindes D2 rechnerisch mit einer Haftungsquote von rund 34% am Unterhalt der Klägerin beteiligen. Das entspricht dem Verhältnis der Haftungsquoten des nichtehelichen Vaters (von 214,79 €) und des Beklagten (von rund 420 €) zueinander, wobei auf seiten des Beklagten zu berücksichtigen ist, dass sich sein Haftungsanteil um den Unterhaltsanspruch seiner zweiten Ehefrau ab Januar 2008 von bisher 880,95 € auf rund 420 € verringert hat.

(2) Die nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls gebotene Korrektur der Haftungsanteile (vgl. BGH FamRZ 2007, 1303 ff.; OLG Bremen FamRZ 2006, 1207) führt jedoch dazu, dass sowohl der Beklagte als auch der Vater des nichtehelichen Kindes D2 bis zur Grenze ihrer Leistungsfähigkeit für den Betreuungsunterhalt der Klägerin haften.

Bei der wertenden Betrachtung ist zu berücksichtigen, dass der Bedarf der Klägerin im Rahmen des Betreuungsunterhalts gem. § 1615l BGB n. F. nicht nur durch die Höhe des ihr nach den ehelichen Lebensverhältnissen zustehenden Ehegattenunterhalts, sondern auch durch das erzielbare bedarfsprägende Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung in Höhe von 300 € monatlich geprägt wird mit der Folge, dass der von ihr nach § 1615l Abs. 2 BGB n. F. zu beanspruchende Betreuungsunterhalt insgesamt 720 € (420 € Ehegattenunterhalt + 300 € fiktives Eigeneinkommen) beträgt. Der Unterschied zur Höhe des ihr gegen den Beklagten zustehenden Ehegattenunterhalts rechtfertigt sich daraus, dass die Klägerin im Verhältnis zum nichtehelichen Vater des Kindes D2 gem. § 1615l Abs. 2, S. 3 BGB n. F. eine geringfügige Beschäftigung nicht ausüben muss, weil das von ihr betreute gemeinsame Kind D2 noch nicht einmal das erste Lebensjahr vollendet hat. Aus diesem Grunde ist es angemessen, den nichtehelichen Vater in Höhe des seinem Kind ursächlich zuzurechnenden Erwerbsnachteils von 300 € monatlich allein haften zu lassen.

Das rechtfertigt es jedoch nicht, den Beklagten gegenüber der Klägerin unterhaltsrechtlich zu entlasten, denn weder der Beklagte noch der Vater des nichtehelichen Kindes D2 sind mit ihrem Einkommen in der Lage, den Betreuungsunterhalt der Klägerin nach § 1615l Abs. 2 BGB n. F. von derzeit 720 € - der deutlich unter dem bei ihr anzusetzenden Existenzminimum von 810 € liegt - sicherzustellen. Dem Vater von D2 verbleiben nach Abzug des billigen Selbstbehalts von seinem bereinigten Einkommen noch verteilbare 214,79 €. Die Leistungsfähigkeit des Beklagten ist auf 420 € begrenzt. Das hat zur Folge, dass die Klägerin insgesamt nur 634,79 € Betreuungsunterhalt (nach § 1615l Abs. 2 BGB n. F.) und damit erheblich weniger, als sie zur Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz benötigt, beanspruchen kann. Unter diesen Umständen ist es geboten, dass der Beklagte, an die Klägerin ungekürzt - bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit - Unterhalt wegen der Betreuung des gemeinsamen ehelichen Kindes K2 leistet.

c) Da eine Abänderung des titulierten Ehegattenunterhalts zulasten der Klägerin für die Zeit ab Januar 2008 - wegen der nur unwesentlichen Abweichung von rechnerisch geschuldetem zu tituliertem Unterhalt (um 5 € monatlich) - bereits an der fehlenden Unzumutbarkeit des Festhaltens des Beklagten an der Regelung im abzuändernden Prozessvergleich (vgl. § 313 Abs. 1 BGB) scheitert, kommt es auf die Frage, ob aus der Übergangsregelung des § 36 Nr. 1 EGZPO zusätzliche Beschränkungen für die Abänderbarkeit des Unterhaltstitels herzuleiten sind, nicht an (vgl. dazu Borth, FamRZ 2008, 2, 9 f.). ..." (OLG Hamm, Urteil vom 06.03.2008 - 2 UF 117/07)

***

Zum Bedarf der ein nichteheliches Kind betreuenden Mutter, die kurz vor der Geburt das Zweite Juristische Staatsexamen abgelegt, dann eineinviertel Jahre mit dem Vater des Kindes zusammengelebt hat und von ihm unterhalten worden ist. Auch nach der Neufassung des § 1615l II BGB ist der Betreuungsunterhalt nur zeitlich befristet bis zum dritten Geburtstag des Kindes zuzusprechen, sofern nicht im Zeitpunkt der Entscheidung schon festgestellt werden kann, dass nach Ablauf der Drei-Jahres-Frist die Voraussetzungen für einen Billigkeitsunterhalt gegeben sein werden. Die über das dritte Lebensjahr des Kindes hinaus Unterhalt begehrende Mutter muss Umstände, die einer Ausweitung der ausgeübten Teilzeittätigkeit entgegenstehen, darlegen und gegebenenfalls beweisen; ihr können Erleichterungen bei der Darlegung und Beweisführung zuzubilligen sein (OLG Bremen, Beschluss vom 20. 2. 2008 - 4 WF 175/07 zu BGB §§ 1615l II, III, 1610 I, NJW 2008, 1745 ff):

„... Die Kl. und der Bekl. sind die Eltern des 2005 geborenen, bei der Kl. lebenden Kindes. Die Eltern waren und sind nicht miteinander verheiratet. Nachdem sie sich Anfang 2003 kennen gelernt hatten, haben sie zunächst eine Wochenendbeziehung geführt. Im April 2005 hat die Kl. ihr Zweites Juristisches Staatsexamen abgelegt. Sie ist sodann im Mai 2005 zum Bekl. gezogen und hat - mit dem zwei Monate später geborenen Kind - bis zur Trennung im August 2006 mit ihm zusammen gelebt. Während des Zusammenlebens mit dem Bekl. hatte die Kl., sieht man von dem bis zwei Monate nach der Geburt des Kindes gezahlten Mutterschaftsgeld ab, kein eigenes Einkommen. Sie hat vielmehr das gemeinsame Kind versorgt, sich in streitigem Umfang um den gemeinsamen Haushalt gekümmert und vom Einkommen des Bekl. gelebt, der niedergelassener Zahnarzt ist.

Soweit es den von der Kl. für die Zeit ab September 2006 verlangten Betreuungsunterhalt gem. § 1615l BGB angeht, hat der Bekl. diesen in Höhe von monatlich 800 Euro, begrenzt bis zum 13. 7. 2008, titulieren lassen. Die Kl. errechnet sich einen monatlichen Bedarf von 1500 Euro und meint, dieser Betrag stehe ihr auch nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes zu. Dementsprechend begehrt sie mit der eingereichten Klage, für die sie um Prozesskostenhilfe nachsucht, bis 13. 7. 2008 monatlich weitere 700 Euro und für die Zeit danach monatlich 1500 Euro.

Das FamG hat den Prozesskostenhilfeantrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht der eingereichten Klage abgelehnt. Die sofortige Beschwerde der Kl. hatte nur insoweit Erfolg, als es den Zeitraum bis zum 13. 7. 2008, also bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes, betrifft. ...

1. Entgegen der Annahme des FamG hat die Kl. einen monatlichen Bedarf von 1500 Euro schlüssig dargelegt.

Der Bedarf der ein nichteheliches Kind betreuenden Mutter richtet sich gem. §§ 1615l III 1, 1610 I BGB nach der Lebensstellung der Mutter. Maßgebend ist, in welchen wirtschaftlichen Verhältnissen sie bisher gelebt hat (BGH, NJW 2007, 2409 = FamRZ 2007, 1303 [1304]). War sie vor der Geburt des Kindes erwerbstätig, ist ihre Lebensstellung durch das erzielte Einkommen geprägt, sofern es sich dabei um ein nachhaltig, also nicht nur vorübergehend erzieltes Einkommen gehandelt hat. Aus dem Einkommen des Vaters des Kindes leitet sich die Lebensstellung der Mutter dagegen grundsätzlich nicht ab. Etwas anderes gilt nach wohl herschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur (etwa OLG Düsseldorf, FamRZ 2005, 1772 = BeckRS 2005, 13903; Wever, in: Schnitzler, Münchener Anwaltshdb. FamilienR, 2. Aufl. [2008], § 10 Rdnrn. 53f.; wohl auch BGH, NJW 2005, 818 = FamRZ 2005, 442 [443]), der der Senat folgt, dann, wenn die Mutter mit dem Vater des Kindes zusammengelebt hat und von ihm nachhaltig unterhalten worden ist. In einem solchen Fall kann sich der Bedarf der Mutter ausnahmsweise nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Vaters, an denen sie teilgehabt hat, richten.

Im vorliegenden Fall streiten die Parteien zunächst um die Frage, ob der Bedarf der Kl. - leitet man ihn aus ihrer eigenen Erwerbssituation ab - bestimmt wird durch das Referendareinkommen, das sie bis kurz vor der Geburt des Kindes erzielt hat und das sie mit netto knapp 800 Euro angibt, oder ob bedarfserhöhend zu berücksichtigen ist, dass die Kl. im Zeitpunkt der Geburt des Kindes das Zweite Juristische Staatsexamen bestanden hatte und ohne die Geburt voraussichtlich ein Erwerbseinkommen als Volljuristin hätte erzielen können (nach Behauptung der Kl. von mindestens 1500 Euro netto), zumal angesichts zweier Prädikatsexamina. Der Senat neigt zu der Auffassung, dass ein Einkommen, welches die Mutter vor der Geburt des Kindes zu keinem Zeitpunkt erzielt hat, nicht ihre Lebensstellung bestimmen kann, selbst wenn mit ihm mehr oder weniger sicher zu rechnen war (Abgrenzung zu Senat, Beschl. v. 19. 6. 2006 - 4 UF 17/06: Dort hatte die Mutter auf Grund eines vor der Schwangerschaft abgeschlossenen Arbeitsvertrags während der Schwangerschaft noch fünf Monate vollschichtig als Anwältin gearbeitet). Auf die Beantwortung dieser Frage kommt es aber im Ergebnis nicht an.

Denn nach Ansicht des Senats ist bei der Bedarfsbestimmung vorliegend auf die wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen, in denen die Kl. während des gemeinsamen Wohnens mit dem Bekl. bis zur Trennung im August 2006 gelebt hat, wie auch von der Kl. hilfsweise geltend gemacht. Aus ihnen ergibt sich ein Bedarf in der verlangten Höhe. Die Parteien haben insgesamt etwa eineinviertel Jahr zusammengelebt. Während dieser Zeit ist der erwerbstätige Bekl. für den Lebensunterhalt der nicht erwerbstätigen Kl. vollständig aufgekommen, sieht man von dem Mutterschaftsgeld von monatlich rund 425 Euro ab, das die Kl. bis Mitte September 2005 erhalten hat. Angesichts der nicht ganz geringen Dauer und der Umstände des eheähnlichen Zusammenlebens der Parteien in dieser Zeit wird man sagen können, dass die Kl. vom Bekl. nachhaltig unterhalten worden ist (vgl. zum Erfordernis der Nachhaltigkeit Wever/Schilling, FamRZ 2002, 581 [584f.]). Sie hat im Hinblick auf das geplante Zusammenleben als Familie ihre frühere Wohnung in Baden-Württemberg aufgegeben und ist zum Bekl. in seinen Wohnort in Nordrhein-Westfalen gezogen. Ersichtlich ging man seinerzeit davon aus, dass man gemeinsam von dem guten Einkommen des Bekl. leben würde und dass das Zusammenleben von längerer Dauer sein würde. Auf die vom Bekl. aufgeworfene Frage, ob die Kl. sich hinreichend um den gemeinsamen Haushalt gekümmert hat und ob, gegebenenfalls wie lange, das Zusammenleben harmonisch war, kommt es nicht an.

Der Annahme, die Lebensstellung der Kl. ergebe sich aus dem mehr als einjährigen gemeinsamen Leben und Wirtschaften mit dem Bekl., steht nicht entgegen, dass die Parteien ihre Lebensgemeinschaft erst zwei Monate vor der Geburt des Kindes eingegangen sind, so dass im Zeitpunkt der Geburt noch keine nachhaltige Unterhaltssicherung der Kl. durch den Bekl. gegeben war. Denn bei der Frage, ob der Unterhalt der Mutter durch das Einkommen des Vaters nachhaltig bestimmt worden ist, ist nach Ansicht des Senats auch eine Entwicklung zu berücksichtigen, die nach der Geburt des Kindes bis zu dem Zeitpunkt, von dem ab Unterhalt verlangt wird, stattgefunden hat.

Für die Bedarfsberechnung ist hier von einem unterhaltsrelevanten Nettoeinkommen des Bekl. von 4000 Euro auszugehen. Ein solches Einkommen stand dem Bekl. nach den nicht substanziiert bestrittenen Angaben der Kl. während des Zusammenlebens mindestens zur Verfügung. Soweit der Bekl., bezogen auf seine Leistungsfähigkeit, geltend macht, sein Einkommen sei jedenfalls vorübergehend gesunken, nachdem er nach der Trennung umgezogen und in eine andere Zahnarztpraxis gewechselt sei, wird er sich - sollten seine Angaben richtig sein - die Ausgleichszahlung, die er beim Ausscheiden aus seiner früheren Praxis erhalten hat, zum Zwecke der Aufstockung des gesunkenen Einkommens bis zur früheren Höhe zurechnen lassen müssen. Bei einem Nettoeinkommen von 4000 Euro ergibt sich auf Grund der hier, entsprechend der Handhabung beim Ehegattenunterhalt, gebotenen Quotenberechnung (vgl. Wever, in: Schnitzler, § 10 Rdnr. 55) nach Vorabzug des Kindesunterhalts ein den verlangten Betrag von 1500 Euro übersteigender Bedarf.

2. Für die Zeit ab Februar 2008 wird sich der der Kl. zustehende Betrag dadurch reduzieren, dass die Kl. nunmehr halbschichtig erwerbstätig ist. Das erzielte Einkommen, das sie mit voraussichtlich ca. 1450 Euro brutto angibt, ist - soweit es die Zeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes angeht - als solches aus überobligationsmäßiger Erwerbstätigkeit anzusehen, denn während der ersten drei Lebensjahre des Kindes trifft die betreuende Mutter nach § 1615l II BGB n.F. einschränkungslos keine Erwerbsobliegenheit (vgl. Wever, FamRZ 2008, 553 [554]; Schilling, FPR 2008, 27 [28]). Das Einkommen ist daher in entsprechender Anwendung des § 1577 II BGB nach Billigkeit anzurechnen (BGH, NJW 2005, 818 = FamRZ 2005, 442 mit Anm. Schilling). Auch hinsichtlich der 200 Euro, die die Kl. seit Juli 2007 aus einer Assistententätigkeit bezieht, wird die Frage einer teilweisen Anrechnung nach Billigkeit zu prüfen sein.

3. Allerdings verspricht die Klage insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, als sie auf Zahlung von Betreuungsunterhalt auch für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres des gemeinsamen Kindes der Parteien, also für die Zeit ab 14. 7. 2008, gerichtet ist. Während der ersten drei Lebensjahre des Kindes verlangter Betreuungsunterhalt ist nach Ansicht des Senats wie schon nach früherem Recht (vgl. OLG Oldenburg, NJW-RR 2000, 1249) auch nach der Neugestaltung des § 1615l BGB durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz nur zeitlich befristet bis zum dritten Geburtstag des Kindes zuzusprechen, sofern nicht im Zeitpunkt der Entscheidung festgestellt werden kann, dass nach Ablauf der Drei-Jahres-Frist die Billigkeitsvoraussetzungen für einen verlängerten Anspruch gem. § 1615l II 4 BGB n.F. gegeben sein werden, wobei eine hinreichend sichere Prognose ausreicht (Wever, FamRZ 2008, 553 [558]; so auch Schilling, FPR 2008, 27 [30]; Hauß, FamRB 2007, 367 [368], für § 1570 I BGB n.F.; a.A. Borth, UÄndG, 2008, Rdnrn. 364, 81ff.). Dies folgt daraus, dass auch nach der Neufassung des § 1615l II BGB der zeitliche „Basisunterhalt" (so die Formulierung in der Gesetzesbegr. zu § 1570 BGB n.F., BT-Dr 16/6980 = FamRZ 2007, 1947) mit Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes endet, sofern nicht Billigkeitsgründe einen verlängerten Anspruch erfordern. Ein verlängerter Anspruch kann also erst dann zugesprochen werden, wenn vom künftigen Vorliegen von Billigkeitsgründen ausgegangen werden kann.

Dass der Kl. auch nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes noch Betreuungsunterhalt zustehen wird, kann auf der Basis ihres bisherigen Vortrags nicht angenommen werden. Zwar wird sie ihren Bedarf durch die jetzt aufgenommene Teilzeittätigkeit nicht vollständig decken können. Ob von ihr eine Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit erwartet werden kann, hängt davon ab, ob dies im Hinblick auf die Möglichkeiten der Fremdbetreuung des Kindes und im Hinblick auf die Belange des Kindes im Übrigen möglich und zumutbar ist. Umstände, die einer Ausweitung ihrer Tätigkeit entgegenstehen, müsste die Kl. vortragen. Denn sie trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Umständen, die einen verlängerten Unterhaltsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit rechtfertigen (Wever, FamRZ 2008, 553 [556]; Hauß, FamRB 2007, 367 [368], und Viefhues, ZFE 2008, 44 [47], jeweils zu § 1570 I BGB n.F.), wenn ihr gegebenenfalls auch Erleichterungen bei der Darlegung und Beweisführung zuzubilligen sein werden (Wever, FamRZ 2008, 553 [556]). Da die Kl. ihr Begehren eines verlängerten Anspruchs jedoch nur mit dem Hinweis auf die abgesenkte Billigkeitsschwelle in § 1615l II 4 BGB n.F. bzw. dem auf die Entscheidung des BVerfG vom 28. 2. 2007 (NJW 2007, 1735 = FamRZ 2007, 965) begründet, ist die Klage insoweit unschlüssig. ..."

§ 1615 m Beerdigungskosten für die Mutter

Stirbt die Mutter infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung, so hat der Vater die Kosten der Beerdigung zu tragen, soweit ihre Bezahlung nicht von dem Erben der Mutter zu erlangen ist.

§ 1615 n Kein Erlöschen bei Tod des Vaters oder Totgeburt

Die Ansprüche nach den §§ 1615l, 1615m bestehen auch dann, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben oder wenn das Kind tot geboren ist. Bei einer Fehlgeburt gelten die Vorschriften der §§ 1615l, 1615m sinngemäß.

§ 1615 o Einstweilige Verfügung

(1) Auf Antrag des Kindes kann durch einstweilige Verfügung angeordnet werden, dass der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat oder der nach § 1600d Abs. 2 als Vater vermutet wird, den für die ersten drei Monate dem Kind zu gewährenden Unterhalt zu zahlen hat. Der Antrag kann bereits vor der Geburt des Kindes durch die Mutter oder einen für die Leibesfrucht bestellten Pfleger gestellt werden; in diesem Falle kann angeordnet werden, dass der erforderliche Betrag angemessene Zeit vor der Geburt zu hinterlegen ist.

(2) Auf Antrag der Mutter kann durch einstweilige Verfügung angeordnet werden, dass der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat oder der nach § 1600d Abs. 2 als Vater vermutet wird, die nach § 1615l Abs. 1 voraussichtlich zu leistenden Beträge an die Mutter zu zahlen hat; auch kann die Hinterlegung eines angemessenen Betrags angeordnet werden.

(3) Eine Gefährdung des Anspruchs braucht nicht glaubhaft gemacht zu werden.

*nach oben*

§ 11 SGB II Grundsicherung für Arbeitsuchende - zu berücksichtigendes Einkommen

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird.

(2) Vom Einkommen sind abzusetzen
1. auf das Einkommen entrichtete Steuern,
2. Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,
3. Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind; hierzu gehören Beiträge
a) zur Vorsorge für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig sind,
b) zur Altersvorsorge von Personen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind,
soweit die Beiträge nicht nach § 26 bezuschusst werden,
4. geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten,
5. die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,
6. für Erwerbstätige ferner ein Betrag nach § 30,
7. Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag,
8. bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, deren Einkommen nach dem Vierten Abschnitt des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder § 71 oder § 108 des Dritten Buches bei der Berechnung der Leistungen der Ausbildungsförderung für mindestens ein Kind berücksichtigt wird, der nach den Vorschriften der Ausbildungsförderung berücksichtigte Betrag.

Bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, ist an Stelle der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich abzusetzen. 3Beträgt das monatliche Einkommen mehr als 400 Euro, gilt Satz 2 nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige nachweist, dass die Summe der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 den Betrag von 100 Euro übersteigt.

(3) Nicht als Einkommen sind zu berücksichtigen
1. Einnahmen, soweit sie als
a) zweckbestimmte Einnahmen,
b) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege
einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären,
2. Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geleistet werden.

(3a) Abweichend von den Absätzen 1 bis 3 wird der Teil des Elterngeldes, der die nach § 10 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes anrechnungsfreien Beträge übersteigt, in voller Höhe berücksichtigt.

(4) Abweichend von den Absätzen 1 bis 3 wird der Teil des Pflegegeldes nach dem Achten Buch, der für den erzieherischen Einsatz gewährt wird,

1. für das erste und zweite Pflegekind nicht,
2. für das dritte Pflegekind zu 75 vom Hundert,
3. für das vierte und jedes weitere Pflegekind in voller Höhe berücksichtigt.

*nach oben*

§ 36 EGZPO - Übergangsvorschriften

1. Ist über den Unterhaltsanspruch vor dem 1.1.2008 rechtskräftig entschieden, ein vollstreckbarer Titel errichtet oder eine Unterhaltsvereinbarung getroffen worden, sind Umstände, die vor diesem Tag entstanden und durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts erheblich geworden sind, nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist.

2. Die in Nummer 1 genannten Umstände können bei der erstmaligen Änderung eine vollstreckbaren Unterhaltstitels nach dem 1.1.2008 ohne die Beschränkungen des § 323 Abs. 2 und des § 767 Abs. 2 der Zivilprozessordnung geltend gemacht werden.

3. Ist einem Kind der Unterhalt aufgrund eines vollstreckbaren Titels oder einer Unterhaltsvereinbarung als Prozentsatz des jeweiligen Regelbetrags nach der Regelbetrag- Verordnung zu leisten, gilt der Titel oder die Unterhaltsvereinbarung fort. An die Stelle des Regelbetrags tritt der Mindestunterhalt. An die Stelle des bisherigen Prozentsatzes tritt ein neuer Prozentsatz. Hierbei gilt:

a) Sieht der Titel oder die Vereinbarung die Anrechnung des hälftigen oder eines Teils des hälftigen Kindergelds vor, ergibt sich der neue Prozentsatz, indem dem bisher zu zahlenden Unterhaltsbetrag das hälftige Kindergeld hinzugerechnet wird und der sich so ergebende Betrag ins Verhältnis zu dem bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts geltenden Mindestunterhalt gesetzt wird; der zukünftig zu zahlende Unterhaltsbetrag ergib sich, indem der neue Prozentsatz mit dem Mindestunterhalt vervielfältigt und von dem Ergebnis das hälftige Kindergeld abgezogen wird.

b) Sieht der Titel oder die Vereinbarung die Hinzurechnung des hälftigen Kindergelds vor, ergibt sich der neue Prozentsatz, indem vom bisher zu zahlenden Unterhaltsbetrag das hälftige Kindergeld abgezogen wird und der sich so ergebende Betrag ins Verhältnis zu dem bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts geltenden Mindestunterhalt gesetzt wird; der zukünftig zu zahlende Unterhaltsbetrag ergibt sich, indem der neue Prozentsatz mit dem Mindestunterhalt vervielfältigt und dem Ergebnis das hälftige Kindergeld hinzugerechnet wird.

c) Sieht der Titel oder die Vereinbarung die Anrechnung des vollen Kindergelds vor, ist Buchstabe a anzuwenden, wobei an die Stelle des hälftigen Kindergelds das volle Kindergeld tritt.

d) Sieht der Titel oder die Vereinbarung weder eine Anrechnung noch eine Hinzurechnung des Kindergelds oder eines Teils des Kindergelds vor, ist Buchstabe a anzuwenden. Der sich ergebende Prozentsatz ist auf eine Dezimalstelle zu begrenzen. Die Nummern 1 und 2 bleiben unberührt.

4. Der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder im Sinne des § 1612a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches beträgt

a) für die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahrs (erste Altersstufe) 279,- Euro,
b) für die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahrs(zweite Altersstufe) 322,- Euro
c) für die Zeit vom 13. Lebensjahr an (dritte Altersstufe) 365,- Euro

jeweils bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Mindestunterhalt nach Maßgabe des § 1612a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den hier festgelegen Betrag übersteigt.

5. In einem Verfahren nach § 621 Abs. 1 Nr. 4, 5 oder Nr. 11 der Zivilprozessordnung können die in Nummer 1 genannten Umstände noch in der Revisionsinstanz vorgebracht werden. Das Revisionsgericht kann die Sache an das Berufungsgericht zurückverweisen, wenn bezüglich der neuen Tatsachen eine Beweisaufnahme erforderlich wird.

6. In den in Nummer 4 genannten Verfahren ist eine vor dem 1.1.2008 geschlossene mündliche Verhandlung auf Antrag wieder zu eröffnen.

7. Unterhaltsleistungen, die vor dem 1.1.2008 fällig geworden sind oder den Unterhalt für Ehegatten betreffen, die nach dem bis zum 30. Juni 1977 geltenden Recht geschieden worden sind, bleiben unberührt.

Hinweise:

Siehe dazu Gretel Diehl, Die Übergangsvorschrift des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes - § 36 EGZPO.

*nach oben*

§ 645 ZPO Statthaftigkeit des vereinfachten Verfahrens

(1) Auf Antrag wird der Unterhalt eines minderjährigen Kindes, das mit dem in Anspruch genommenen Elternteil nicht in einem Haushalt lebt, im vereinfachten Verfahren festgesetzt, soweit der Unterhalt vor Berücksichtigung der Leistungen nach § 1612b oder § 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs das 1,2-fache des Mindestunterhalts nach § 1612a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht übersteigt.

(2) Das vereinfachte Verfahren findet nicht statt, wenn zum Zeitpunkt der Zustellung des Antrags oder einer Mitteilung über seinen Inhalt an den Antragsgegner ein Gericht über den Unterhaltsanspruch des Kindes entschieden hat, ein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Schuldtitel errichtet worden ist.

Leitsätze/Entscheidungen:

Wird ein Antrag auf Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren teilweise zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen der §§ 645, 646 I ZPO insoweit fehlen, kann der Antragsteller unter den Voraussetzungen des § 652 ZPO gegen den erlassenen Festsetzungsbeschluss sofortige Beschwerde einlegen; § 646 II 3 ZPO steht der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde bei einer Teilzurückweisung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn ansonsten bei einer Aufsplitterung der Kompetenzen zur Entscheidung über ein Rechtsmittel des Antragstellers (Erinnerung) und des Antragsgegners (Beschwerde) in der gleichen Sache die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht (Fortführung von Senat, NJW 2008, 2708 = FamRZ 2008, 1433). Unterhaltsschulden sind beim Vorliegen des Schuldnerverzugs gem. § 288 I BGB wie andere Geldschulden zu verzinsen. Im vereinfachten Verfahren können gesetzliche Verzugszinsen ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Festsetzungsantrags (§ 647 I ZPO) auf den zu dieser Zeit rückständigen Unterhalt festgesetzt werden; die Festsetzung künftiger Verzugszinsen ist ausgeschlossen (BGH, Beschluss vom 28.05.2008 - XII ZB 34/05 zu ZPO §§ 645, 646, 652; BGB § 288).

§ 646 ZPO Antrag

(1) Der Antrag muss enthalten:

1. die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2. die Bezeichnung des Gerichts, bei dem der Antrag gestellt wird;
3. die Angabe des Geburtsdatums des Kindes;
4. die Angabe, ab welchem Zeitpunkt Unterhalt verlangt wird;
5. für den Fall, dass Unterhalt für die Vergangenheit verlangt wird, die Angabe, wann die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 oder 2 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingetreten sind;
6. die Angabe der Höhe des verlangten Unterhalts;
7. die Angaben über Kindergeld und andere zu berücksichtigende Leistungen (§ 1612b oder § 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs);
8. die Erklärung, dass zwischen dem Kind und dem Antragsgegner ein Eltern-Kind-Verhältnis nach den §§ 1591 bis 1593 des Bürgerlichen Gesetzbuchs besteht;
9. die Erklärung, dass das Kind nicht mit dem Antragsgegner in einem Haushalt lebt;
10. die Angabe der Höhe des KindesEinkommens;
11. die Erklärung, dass der Anspruch aus eigenem, aus übergegangenem oder rückabgetretenem Recht geltend gemacht wird;
12. die Erklärung, dass Unterhalt nicht für Zeiträume verlangt wird, für die das Kind Hilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, Sozialgeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Hilfe zur Erziehung oder Eingliederungshilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz oder Unterhalt nach § 1607 Abs. 2 oder 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erhalten hat, oder, soweit Unterhalt aus übergegangenem Recht oder nach § 94 Abs. 4 Satz 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, § 33 Abs. 2 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch oder § 7 Abs. 4 Satz 1 des Unterhaltsvorschussgesetzes verlangt wird, die Erklärung, dass der beantragte Unterhalt die Leistung an oder für das Kind nicht übersteigt;
13. die Erklärung, dass die Festsetzung im vereinfachten Verfahren nicht nach § 645 Abs. 2 ausgeschlossen ist.

(2) Entspricht der Antrag nicht diesen und den in § 645 bezeichneten Voraussetzungen, ist er zurückzuweisen. Vor der Zurückweisung ist der Antragsteller zu hören. Die Zurückweisung ist nicht anfechtbar.

(3) Sind vereinfachte Verfahren anderer Kinder des Antragsgegners bei dem Gericht anhängig, so ordnet es die Verbindung zum Zweck gleichzeitiger Entscheidung an.

Leitsätze/Entscheidungen:

Wird ein Antrag auf Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren teilweise zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen der §§ 645, 646 I ZPO insoweit fehlen, kann der Antragsteller unter den Voraussetzungen des § 652 ZPO gegen den erlassenen Festsetzungsbeschluss sofortige Beschwerde einlegen; § 646 II 3 ZPO steht der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde bei einer Teilzurückweisung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn ansonsten bei einer Aufsplitterung der Kompetenzen zur Entscheidung über ein Rechtsmittel des Antragstellers (Erinnerung) und des Antragsgegners (Beschwerde) in der gleichen Sache die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht (Fortführung von Senat, NJW 2008, 2708 = FamRZ 2008, 1433). Unterhaltsschulden sind beim Vorliegen des Schuldnerverzugs gem. § 288 I BGB wie andere Geldschulden zu verzinsen. Im vereinfachten Verfahren können gesetzliche Verzugszinsen ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Festsetzungsantrags (§ 647 I ZPO) auf den zu dieser Zeit rückständigen Unterhalt festgesetzt werden; die Festsetzung künftiger Verzugszinsen ist ausgeschlossen (BGH, Beschluss vom 28.05.2008 - XII ZB 34/05 zu ZPO §§ 645, 646, 652; BGB § 288).

§ 647 ZPO Maßnahmen des Gerichts

(1) Erscheint nach dem Vorbringen des Antragstellers das vereinfachte Verfahren zulässig, so verfügt das Gericht die Zustellung des Antrags oder einer Mitteilung über seinen Inhalt an den Antragsgegner. Zugleich weist es ihn darauf hin,

1. von wann an und in welcher Höhe der Unterhalt festgesetzt werden kann; hierbei sind zu bezeichnen:
a) die Zeiträume nach dem Alter des Kindes, für die die Festsetzung des Unterhalts nach dem Mindestunterhalt der ersten, zweiten und dritten Altersstufe in Betracht kommt;
b) im Fall des § 1612a des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch der Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts;
c) die nach § 1612b oder § 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu berücksichtigenden Leistungen;
2. dass das Gericht nicht geprüft hat, ob der verlangte Unterhalt das im Antrag angegebene Kindeseinkommen berücksichtigt;
3. dass über den Unterhalt ein Festsetzungsbeschluss ergehen kann, aus dem der Antragsteller die Zwangsvollstreckung betreiben kann, wenn er nicht innerhalb eines Monats Einwendungen in der vorgeschriebenen Form erhebt;
4. welche Einwendungen nach § 648 Abs. 1 und 2 erhoben werden können, insbesondere, dass der Einwand eingeschränkter oder fehlender Leistungsfähigkeit nur erhoben werden kann, wenn die Auskunft nach § 648 Abs. 2 Satz 3 in Form eines vollständig ausgefüllten Formulars erteilt wird und Belege über die Einkünfte beigefügt werden;
5. dass die Einwendungen, wenn Formulare eingeführt sind, mit einem Formular der beigefügten Art erhoben werden müssen, das auch bei jedem Amtsgericht erhältlich ist.

Ist der Antrag im Ausland zuzustellen, so bestimmt das Gericht die Frist nach Satz 2 Nr. 3.

(2) § 167 gilt entsprechend.

§ 648 ZPO Einwendungen des Antragsgegners

(1) Der Antragsgegner kann Einwendungen geltend machen gegen

1. die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens,
2. den Zeitpunkt, von dem an Unterhalt gezahlt werden soll,
3. die Höhe des Unterhalts, soweit er geltend macht, dass
a) die nach dem Alter des Kindes zu bestimmenden Zeiträume, für die der Unterhalt nach dem Mindestunterhalt der ersten, zweiten und dritten Altersstufe festgesetzt werden soll, oder der angegebene Mindestunterhalt nicht richtig berechnet sind;
b) der Unterhalt nicht höher als beantragt festgesetzt werden darf;
c) Leistungen der in den §§ 1612b, 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art nicht oder nicht richtig berücksichtigt worden sind.

Ferner kann er, wenn er sich sofort zur Erfüllung des Unterhaltsanspruchs verpflichtet, hinsichtlich der Verfahrenskosten geltend machen, dass er keinen Anlass zur Stellung des Antrags gegeben hat (§ 93). Nicht begründete Einwendungen nach Satz 1 Nr. 1 und 3 weist das Gericht mit dem Festsetzungsbeschluss zurück, desgleichen eine Einwendung nach Satz 1 Nr. 2, wenn ihm diese nicht begründet erscheint.

(2) Andere Einwendungen kann der Antragsgegner nur erheben, wenn er zugleich erklärt, inwieweit er zur Unterhaltsleistung bereit ist und dass er sich insoweit zur Erfüllung des Unterhaltsanspruchs verpflichtet. Den Einwand der Erfüllung kann der Antragsgegner nur erheben, wenn er zugleich erklärt, inwieweit er geleistet hat und dass er sich verpflichtet, einen darüber hinausgehenden Unterhaltsrückstand zu begleichen. Den Einwand eingeschränkter oder fehlender Leistungsfähigkeit kann der Antragsgegner nur erheben, wenn er zugleich unter Verwendung des eingeführten Formulars Auskunft über

1. seine Einkünfte,
2. sein Vermögen und
3. seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Übrigen

erteilt und über seine Einkünfte Belege vorlegt.

(3) Die Einwendungen sind zu berücksichtigen, solange der Festsetzungsbeschluss nicht verfügt ist.

Leitsätze/Entscheidungen:

Im vereinfachten Verfahren nach den §§ 645 ff. ZPO ist die sofortige Beschwerde nach § 652 Abs. 1 ZPO nur dann zulässig, wenn sie auf die Anfechtungsgründe des § 652 Abs. 2 ZPO gestützt wird. Eine in dem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss enthaltene Bestimmung, nach der die Festsetzung unter einer Bedingung steht und bis zu einem bestimmten Zeitpunkt befristet ist, stellt keinen zulässigen Einwand im Sinne des § 652 Abs. 2 ZPO dar (BGH, Beschluss vom 28.05.2008 - XII ZB 104/06 zu ZPO §§ 652, 648 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2).

§ 649 ZPO Festsetzungsbeschluss

(1) Werden keine oder lediglich nach § 648 Abs. 1 Satz 3 zurückzuweisende oder nach § 648 Abs. 2 unzulässige Einwendungen erhoben, wird der Unterhalt nach Ablauf der in § 647 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bezeichneten Frist durch Beschluss festgesetzt. In dem Beschluss ist auszusprechen, dass der Antragsgegner den festgesetzten Unterhalt an den Unterhaltsberechtigten zu zahlen hat. In dem Beschluss sind auch die bis dahin entstandenen erstattungsfähigen Kosten des Verfahrens festzusetzen, soweit sie ohne weiteres ermittelt werden können; es genügt, wenn der Antragsteller die zu ihrer Berechnung notwendigen Angaben dem Gericht mitteilt.

(2) In dem Beschluss ist darauf hinzuweisen, welche Einwendungen mit der sofortigen Beschwerde geltend gemacht werden können und unter welchen Voraussetzungen eine Abänderung im Wege der Klage nach § 654 verlangt werden kann.

§ 650 ZPO Mitteilung über Einwendungen

Sind Einwendungen erhoben, die nach § 648 Abs. 1 Satz 3 nicht zurückzuweisen oder die nach § 648 Abs. 2 zulässig sind, teilt das Gericht dem Antragsteller dies mit. Es setzt auf seinen Antrag den Unterhalt durch Beschluss fest, soweit sich der Antragsgegner nach § 648 Abs. 2 Satz 1 und 2 zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet hat. In der Mitteilung nach Satz 1 ist darauf hinzuweisen.

§ 651 ZPO Streitiges Verfahren

(1) Im Falle des § 650 wird auf Antrag einer Partei das streitige Verfahren durchgeführt. Darauf ist in der Mitteilung nach § 650 hinzuweisen.

(2) Beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so ist wie nach Eingang einer Klage weiter zu verfahren. Einwendungen nach § 648 gelten als Klageerwiderung.

(3) Der Rechtsstreit gilt als mit der Zustellung des Festsetzungsantrags (§ 647 Abs. 1 Satz 1) rechtshängig geworden.

(4) Ist ein Festsetzungsbeschluss nach § 650 Satz 2 vorausgegangen, soll für zukünftige wiederkehrende Leistungen der Unterhalt in einem Gesamtbetrag bestimmt und der Festsetzungsbeschluss insoweit aufgehoben werden.

(5) Die Kosten des vereinfachten Verfahrens werden als Teil der Kosten des streitigen Verfahrens behandelt.

(6) Wird der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach Zugang der Mitteilung nach § 650 Satz 1 gestellt, gilt der über den Festsetzungsbeschluss gemäß § 650 Satz 2 oder die Verpflichtungserklärung des Antragsgegners gemäß § 648 Abs. 2 Satz 1 und 2 hinausgehende Festsetzungsantrag als zurückgenommen.

§ 652 ZPO Sofortige Beschwerde

(1) Gegen den Festsetzungsbeschluss findet die sofortige Beschwerde statt.

(2) Mit der sofortigen Beschwerde können nur die in § 648 Abs. 1 bezeichneten Einwendungen, die Zulässigkeit von Einwendungen nach § 648 Abs. 2 sowie die Unrichtigkeit der Kostenentscheidung oder Kostenfestsetzung, sofern sie nach allgemeinen Grundsätzen anfechtbar sind, geltend gemacht werden. Auf Einwendungen nach § 648 Abs. 2, die nicht erhoben waren, bevor der Festsetzungsbeschluss verfügt war, kann die sofortige Beschwerde nicht gestützt werden.

Leitsätze/Entscheidungen:

Wird ein Antrag auf Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren teilweise zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen der §§ 645, 646 I ZPO insoweit fehlen, kann der Antragsteller unter den Voraussetzungen des § 652 ZPO gegen den erlassenen Festsetzungsbeschluss sofortige Beschwerde einlegen; § 646 II 3 ZPO steht der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde bei einer Teilzurückweisung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn ansonsten bei einer Aufsplitterung der Kompetenzen zur Entscheidung über ein Rechtsmittel des Antragstellers (Erinnerung) und des Antragsgegners (Beschwerde) in der gleichen Sache die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht (Fortführung von Senat, NJW 2008, 2708 = FamRZ 2008, 1433). Unterhaltsschulden sind beim Vorliegen des Schuldnerverzugs gem. § 288 I BGB wie andere Geldschulden zu verzinsen. Im vereinfachten Verfahren können gesetzliche Verzugszinsen ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Festsetzungsantrags (§ 647 I ZPO) auf den zu dieser Zeit rückständigen Unterhalt festgesetzt werden; die Festsetzung künftiger Verzugszinsen ist ausgeschlossen (BGH, Beschluss vom 28.05.2008 - XII ZB 34/05 zu ZPO §§ 645, 646, 652; BGB § 288).

Im vereinfachten Verfahren nach den §§ 645 ff. ZPO ist die sofortige Beschwerde nach § 652 Abs. 1 ZPO nur dann zulässig, wenn sie auf die Anfechtungsgründe des § 652 Abs. 2 ZPO gestützt wird. Eine in dem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss enthaltene Bestimmung, nach der die Festsetzung unter einer Bedingung steht und bis zu einem bestimmten Zeitpunkt befristet ist, stellt keinen zulässigen Einwand im Sinne des § 652 Abs. 2 ZPO dar (BGH, Beschluss vom 28.05.2008 - XII ZB 104/06 zu ZPO §§ 652, 648 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2).

§ 653 ZPO Unterhalt bei Vaterschaftsfeststellung

(1) Wird auf Klage des Kindes die Vaterschaft festgestellt, hat das Gericht auf Antrag den Beklagten zugleich zu verurteilen, dem Kind Unterhalt in Höhe des Mindestunterhalts und gemäß den Altersstufen nach § 1612a Abs. 1 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und unter Berücksichtigung der Leistungen nach § 1612b oder § 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu zahlen. Das Kind kann einen geringeren Unterhalt verlangen. 3Im Übrigen kann in diesem Verfahren eine Herabsetzung oder Erhöhung des Unterhalts nicht verlangt werden.

(2) Vor Rechtskraft des Urteils, das die Vaterschaft feststellt, wird die Verurteilung zur Leistung des Unterhalts nicht wirksam.

§ 654 ZPO Abänderungsklage

(1) Ist die Unterhaltsfestsetzung nach § 649 Abs. 1 oder § 653 Abs. 1 rechtskräftig, können die Parteien im Wege einer Klage auf Abänderung der Entscheidung verlangen, dass auf höheren Unterhalt oder auf Herabsetzung des Unterhalts erkannt wird.

(2) Wird eine Klage auf Herabsetzung des Unterhalts nicht innerhalb eines Monats nach Rechtskraft der Unterhaltsfestsetzung erhoben, darf die Abänderung nur für die Zeit nach Erhebung der Klage erfolgen. Ist innerhalb dieser Frist ein Verfahren nach Absatz 1 anhängig geworden, so läuft die Frist für den Gegner nicht vor Beendigung dieses Verfahrens ab.

(3) Sind Klagen beider Parteien anhängig, so ordnet das Gericht die Verbindung zum Zweck gleichzeitiger Verhandlung und Entscheidung an.

§ 655 ZPO Abänderung des Titels bei wiederkehrenden Unterhaltsleistungen

(1) Auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen gerichtete Vollstreckungstitel, in denen nach § 1612b oder § 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu berücksichtigende Leistungen festgelegt sind, können auf Antrag im vereinfachten Verfahren durch Beschluss abgeändert werden, wenn sich ein für die Berechnung dieses Betrags maßgebender Umstand ändert.

(2) Dem Antrag ist eine Ausfertigung des abzuändernden Titels, bei Urteilen des in vollständiger Form abgefassten Urteils, beizufügen. Ist ein Urteil in abgekürzter Form abgefasst, so genügt es, wenn außer der Ausfertigung eine von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Prozessgerichts beglaubigte Abschrift der Klageschrift beigefügt wird. Der Vorlage des abzuändernden Titels bedarf es nicht, wenn dieser von dem angerufenen Gericht auf maschinellem Weg erstellt worden ist; das Gericht kann dem Antragsteller die Vorlage des Titels aufgeben.

(3) Der Antragsgegner kann nur Einwendungen gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens, gegen den Zeitpunkt der Abänderung oder gegen die Berechnung der nach § 1612b oder § 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu berücksichtigenden Leistungen geltend machen. Ferner kann er, wenn er sich sofort zur Erfüllung des Anspruchs verpflichtet, hinsichtlich der Verfahrenskosten geltend machen, dass er keinen Anlass zur Stellung des Antrags gegeben hat (§ 93).

(4) Ist eine Abänderungsklage anhängig, so kann das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung der Abänderungsklage aussetzen.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt. Mit der sofortigen Beschwerde können nur die in Absatz 3 bezeichneten Einwendungen sowie die Unrichtigkeit der Kostenfestsetzung geltend gemacht werden.

(6) Im Übrigen sind auf das Verfahren § 323 Abs. 2, § 646 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 und 7, Abs. 2 und 3, die §§ 647 und 648 Abs. 3 und § 649 entsprechend anzuwenden.

§ 656 ZPO Klage gegen Abänderungsbeschluss

(1) Führt die Abänderung des Schuldtitels nach § 655 zu einem Unterhaltsbetrag, der wesentlich von dem Betrag abweicht, der der Entwicklung der besonderen Verhältnisse der Parteien Rechnung trägt, so kann jede Partei im Wege der Klage eine entsprechende Abänderung des ergangenen Beschlusses verlangen.

(2) Die Klage ist nur zulässig, wenn sie innerhalb eines Monates nach Zustellung des Beschlusses erhoben wird. § 654 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 gilt entsprechend.

(3) Die Kosten des vereinfachten Verfahrens werden als Teil der Kosten des Rechtsstreits über die Abänderungsklage behandelt.

§ 657 ZPO Besondere Verfahrensvorschriften

In vereinfachten Verfahren können die Anträge und Erklärungen vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. 2Soweit Formulare eingeführt sind, werden diese ausgefüllt; der Urkundsbeamte vermerkt unter Angabe des Gerichts und des Datums, dass er den Antrag oder die Erklärung aufgenommen hat.

§ 658 ZPO Sonderregelungen für maschinelle Bearbeitung

(1) In vereinfachten Verfahren ist eine maschinelle Bearbeitung zulässig. 2§ 690 Abs. 3 Satz 1 und 3 gilt entsprechend.

(2) Bei maschineller Bearbeitung werden Beschlüsse, Verfügungen und Ausfertigungen mit dem Gerichtssiegel versehen; einer Unterschrift bedarf es nicht.

§ 659 ZPO Formulare

(1) Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Verfahren durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die vereinfachten Verfahren einzuführen. Für Gerichte, die die Verfahren maschinell bearbeiten, und für Gerichte, die die Verfahren nicht maschinell bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

(2) Soweit nach Absatz 1 Formulare für Anträge und Erklärungen der Parteien eingeführt sind, müssen sich die Parteien ihrer bedienen.

§ 660 ZPO Bestimmung des Amtsgerichts

(1) Die Landesregierungen werden ermächtigt, die vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger durch Rechtsverordnung einem Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte zuzuweisen, wenn dies ihrer schnelleren und rationelleren Erledigung dient. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(2) Bei dem Amtsgericht, das zuständig wäre, wenn die Landesregierung oder die Landesjustizverwaltung das Verfahren nach Absatz 1 nicht einem anderen Amtsgericht zugewiesen hätte, kann das Kind Anträge und Erklärungen mit der gleichen Wirkung einreichen oder anbringen wie bei dem anderen Amtsgericht.

§ 790 ZPO Bezifferung dynamisierter Unterhaltstitel zur Zwangsvollstreckung im Ausland

(1) Soll ein Unterhaltstitel, der den Unterhalt nach § 1612a des Bürgerlichen Gesetzbuchs als Prozentsatz des Mindestunterhalts festsetzt, im Ausland vollstreckt werden, so ist auf Antrag der geschuldete Unterhalt auf dem Titel zu beziffern.

(2) Für die Bezifferung sind die Gerichte, Behörden oder Notare zuständig, denen die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels obliegt.

(3) Auf die Anfechtung der Entscheidung über die Bezifferung sind die Vorschriften über die Anfechtung der Entscheidung über die Erteilung einer Vollstreckungsklausel entsprechend anzuwenden.

§ 850 d ZPO Pfändbarkeit bei Unterhaltsansprüchen

(1) Wegen der Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes einem Verwandten, dem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, dem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner oder nach §§ 1615l, 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil zustehen, sind das Arbeitseinkommen und die in § 850a Nr. 1, 2 und 4 genannten Bezüge ohne die in § 850c bezeichneten Beschränkungen pfändbar. Dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden Berechtigten oder zur gleichmäßigen Befriedigung der dem Gläubiger gleichstehenden Berechtigten bedarf; von den in § 850a Nr. 1, 2 und 4 genannten Bezügen hat ihm mindestens die Hälfte des nach § 850a unpfändbaren Betrages zu verbleiben. Der dem Schuldner hiernach verbleibende Teil seines ArbeitsEinkommens darf den Betrag nicht übersteigen, der ihm nach den Vorschriften des § 850c gegenüber nicht bevorrechtigten Gläubigern zu verbleiben hätte. Für die Pfändung wegen der Rückstände, die länger als ein Jahr vor dem Antrag auf Erlass des Pfändungsbeschlusses fällig geworden sind, gelten die Vorschriften dieses Absatzes insoweit nicht, als nach Lage der Verhältnisse nicht anzunehmen ist, dass der Schuldner sich seiner Zahlungspflicht absichtlich entzogen hat.

(2) Mehrere nach Absatz 1 Berechtigte sind mit ihren Ansprüchen in der Reihenfolge nach § 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 16 des Lebenspartnerschaftsgesetzes zu berücksichtigen, wobei mehrere gleich nahe Berechtigte untereinander den gleichen Rang haben.

(3) Bei der Vollstreckung wegen der in Absatz 1 bezeichneten Ansprüche sowie wegen der aus Anlass einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu zahlenden Renten kann zugleich mit der Pfändung wegen fälliger Ansprüche auch künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen wegen der dann jeweils fällig werdenden Ansprüche gepfändet und überwiesen werden.

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